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SR 211.432.21 1 Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung1 (TVAV) vom 10. Juni 1994 (Stand am 1. Juli 2008) Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport,2 gestützt auf die Artikel 3 Absatz 3, 6a, 26 Absatz 2, 31 Absatz 2, 37 Absatz 3, 51 Absatz 3 und 56 Absatz 4 der Verordnung vom 18. November 19923 über die amtliche Vermessung (VAV),4 verordnet: 1. Titel: Grundsätze und Zuständigkeiten 1. Kapitel: Grundsätze Art. 1 Arbeitsgrundsatz Die Vermessungsarbeiten sind nach den Regeln der Kunst und unter Berücksichti- gung der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Art. 25 Kantonaler Umsetzungsplan Der kantonale Umsetzungsplan gibt Auskunft über Art, Umfang, Termine und Kosten der Arbeiten der amtlichen Vermessung, insbesondere über: a. die Arbeiten der Ersterhebung; b. die Arbeiten der Erneuerung; c. besondere Anpassungen von aussergewöhnlich hohem nationalem Interesse; d. die periodische Nachführung; e. den Ersatz von provisorischen Numerisierungen durch eine Ersterhebung oder Erneuerung; f. die generelle Kostenschätzung. AS 1994 1864 1 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 2 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 3 SR 211.432.2 4 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 5 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 211.432.21 Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 2 211.432.21 Art. 3 Einteilung in Toleranzstufen Das Territorium der Eidgenossenschaft wird für die amtliche Vermessung in Gebiete mit folgenden Toleranzstufen (TS) eingeteilt: TS 1: Stadtgebiete TS 2: Überbaute Gebiete und Bauzonen TS 3: Intensiv genutzte Landwirtschafts- und Forstwirtschaftsgebiete TS 4: Extensiv genutzte Landwirtschafts- und Forstwirtschaftsgebiete TS 5:6 Das Sömmerungsgebiet und unproduktive Gebiete Art. 3bis 7 Nummerierungsbereich Ein Nummerierungsbereich ist Bestandteil eines Identifikatoren-System mit zuge- ordneter Geometrie, das die Gültigkeitsbereiche eindeutiger Identifikatoren definiert. Die Nummerierungsbereiche werden vom Bund und den Kantonen vergeben. 2. Kapitel: Zuständigkeiten Art. 4 Eidgenössische Vermessungsdirektion8 Die Eidgenössische Vermessungsdirektion:9 a.10 … b. entscheidet im Einzelfall über die Befreiung von der Erhebungspflicht nach Artikel 10; c.11 sorgt für die Verbreitung und Weiterentwicklung des Datenmodells der amt- lichen Vermessung insbesondere für die Beschreibungssprache und den Transfermechanismus INTERLIS sowie für die entsprechende Dokumenta- tion (Art. 42); d.12 entscheidet über die einzureichenden Unterlagen für die einzelnen Leistun- gen (Art. 111) und für die Anerkennung (Art. 109) sowie die Zusicherung der Abgeltung und deren Auszahlung (Art. 111 und 112); 6 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 7 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 8 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 9 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 10 Aufgehoben durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 11 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 12 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 3 211.432.21 e. entscheidet über Teilzahlungen (Art. 112); f.13 legt die Grundsätze eindeutiger Benutzerschlüssel fest und vergibt die über- kantonalen Nummerierungsbereiche (Art. 3bis); g.14 schliesst mit der zuständigen kantonalen Stelle die Programmvereinbarung ab; h.15 entscheidet über eine vereinfachte Erhebung nach Artikel 24 Absatz 2. Art. 5 Kanton Der Kanton ist zuständig für:16 a. die Zuordnung der Toleranzstufen im Einzelfall (Art. 3 und 26); b. die Festlegung der Anforderungen an die Toleranzstufe 1 (Art. 3 und 25); c.17 die Beschreibung der kantonalen Erweiterungen zum Datenmodell des Bun- des in der Datenbeschreibungssprache INTERLIS (Art. 43); d. die Sicherstellung des Datenaustauschs über die amtliche Vermessungs- schnittstelle (Art. 44 und 45); e. die Genehmigung der Messanordnung und des Messverfahrens für die Infor- mationsebene «Fixpunkte» nach den Artikeln 48 und 52; f. den Entscheid über die Behandlung von Differenzen in den Liegenschaftsflä- chen beim Flächenvergleich nach Artikel 71 und bei der provisorischen Nu- merisierung; g.18 die Gewährleistung der Nachführung und Verwaltung der amtlichen Vermessung (Art. 80–88); h.19 die Ablösung des bestehenden Grundbuchplanes durch einen neuen Grund- buchplan bei einer provisorischen Numerisierung (Art. 91); i.20 die Bestimmung der bei der provisorischen Numerisierung zu erhebenden Objekte (Art. 95); 13 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 14 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003 (AS 2003 514). Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 15 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 16 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 17 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 18 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 19 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 20 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 4 211.432.21 j.21 vergibt die kantonsinternen Nummerierungsbereiche (Art. 3bis). Art. 622 Art. 6bis 23 2. Titel: Objektkatalog24 1. Kapitel: Objektkatalog und kantonale Erweiterungen25 Art. 726 Datenmodell der amtlichen Vermessung 1 Eine Informationsebene des Objektkatalogs (Art. 6 Abs. 2 VAV) besteht aus einem oder mehreren Themen; ein Thema besteht aus einem oder mehreren Objekten. Die Themen und Objekte der Informationsebenen werden wie folgt festgelegt: a. Informationsebene «Fixpunkte»: 1. Lage- und Höhenfixpunkte der Kategorie 1 (LFP1, HFP1), 2. Lage- und Höhenfixpunkte der Kategorie 2 (LFP2, HFP2), 3. Lage- und Höhenfixpunkte der Kategorie 3 (LFP3, HFP3); b. Informationsebene «Bodenbedeckung»: 1. Gebäude, 2. befestigte Flächen, unterteilt in: Strasse/Weg, Trottoir, Verkehrsinsel, Bahn, Flugplatz, Wasserbecken sowie übrige befestigte Flächen, 3. humusierte Flächen, unterteilt in: Acker/Wiese/Weide, Intensivkulturen (weiter unterteilt in Reben und übrige Intensivkulturen), Gartenanlage, Hoch-/Flachmoor sowie übrige humusierte Flächen, 4. Gewässer, unterteilt in: stehendes Gewässer, fliessendes Gewässer, Schilfgürtel, 5. bestockte Flächen, unterteilt in: geschlossener Wald, bestockte Weide bzw. Wytweide (weiter unterteilt in «dicht bestockte Weide» und «of- fen bestockte Weide» ) sowie übrige bestockte Flächen, 21 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 22 Aufgehoben durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 23 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003 (AS 2003 514). Aufgehoben durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 24 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 25 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 26 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 5 211.432.21 6. vegetationslose Flächen, unterteilt in: Fels, Gletscher/Firn, Geröll/Sand, Abbau/Deponie sowie übrige vegetationslose Flächen; c. Informationsebene «Einzelobjekte»: Mauer, unterirdisches Gebäude, übriger Gebäudeteil, eingedoltes Gewässer, wichtige Treppe, Tunnel/Unterführung/Galerie, Brücke/Passerelle, Bahn- steig, Brunnen, Reservoir (sofern kein Gebäude), Pfeiler, Unterstand, Silo/ Turm/Gasometer (sofern kein Gebäude), Hochkamin, Denkmal, Mast/ An- tenne, Aussichtsturm, Uferverbauung, Schwelle, Lawinenverbauung, massi- ver Sockel, Ruine/archäologisches Objekt, Landungssteg, einzelner Fels, schmale bestockte Fläche, Rinnsal, schmaler Weg, Hochspannungsfreilei- tung, oberirdische Druckleitung von Wasserkraftanlagen, Bahnge- leise, Luftseilbahn, Gondelbahn/Sesselbahn, Materialseilbahn, Skilift, Fähre, Grotte/Höhleneingang, Achse, wichtiger Einzelbaum, Bildstock/Kruzifix, Quelle, Bezugspunkt öffentlicher Institutionen sowie weitere Einzelobjekte; d. Informationsebene «Höhen»: flächendeckendes digitales Terrainmodell (DTM); e. Informationsebene «Nomenklatur»: Flurname, Ortsname, Geländename; f. Informationsebene «Liegenschaften»: 1. Liegenschaft, 2. selbstständiges und dauerndes Recht, 3. Bergwerk, 4. Grenzpunkt; g. Informationsebene «Rohrleitungen»: 1. Ölleitung, Gasleitung sowie weitere Leitungen, die dem Rohrleitungs- gesetz vom 4. Oktober 196327 unterstehen, 2. Signalpunkte zur Kennzeichnung der Lage der Leitungen; h. Informationsebene «Hoheitsgrenzen»: 1. Gemeindegrenzen, einschliesslich Hoheitsgrenzpunkte, 2. Bezirksgrenzen, 3. Kantonsgrenzen, 4. Landesgrenze; i. Informationsebene «dauernde Bodenverschiebungen»: dauernde Bodenver- schiebungen im Sinne von Artikel 660a des Zivilgesetzbuchs28; j. Informationsebene «Gebäudeadressen»: Gebäudeadressen gemäss Schweizer Norm SN 612040 (Ausgabe 2004-6)29; k. Informationsebene «administrative Einteilungen»: 1. Nummerierungsbereiche, 27 SR 746.1 28 SR 210 29 Der Text der Norm kann gegen Bezahlung bezogen werden bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV), Sulzerallee 70, 8404 Winterthur; www.snv.ch. Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 6 211.432.21 2. Planeinteilungen, 3. Toleranzstufeneinteilung, 4. Planrahmen: Angaben für die Beschriftung des Plans für das Grund- buch. 2 Für die verbindliche Beschreibung der Objekte und ihrer Attribute mit den für den Datenaustausch notwendigen Informationen gilt das Datenmodell im Anhang A. Art. 830 Spezielle Bedingungen für einzelne Objekte 1 Projektierte Objekte der Informationsebenen «Bodenbedeckung» und «Liegen- schaften» sowie des Themas «Gemeindegrenzen» sind Bestandteile des Objektkata- loges der amtlichen Vermessung. Für projektierte Gebäude wird zudem die Infor- mationsebene «Gebäudeadressen» geführt. Die Kantone regeln das Meldewesen.31 2 Wo HFP3 vorhanden sind, kann auf die Höhenbestimmung der LFP3 verzichtet werden. 3 Objekte der Informationsebenen «Einzelobjekte» und «Rohrleitungen» sind ent- sprechend ihrer Ausgestaltung als Flächen-, Linien- oder Punktobjekt zu unterschei- den. 4 Ausgewählte, qualifizierte Einzelpunkte können in den Informationsebenen «Bo- denbedeckung», «Einzelobjekte» oder «Rohrleitungen» eingegliedert werden. 5 Attribute, die vom Kanton festgelegt werden müssen, sind im Anhang A mit «Ver- gabe durch Kanton» bezeichnet. 6 Liegenschaften und Hoheitsgrenzen müssen durch Grenzpunkte oder Hoheits- grenzpunkte definiert sein. Art. 932 Kantonale Erweiterungen des Datenmodells des Bundes 1 Als Erweiterungen nach Artikel 10 VAV können die Kantone unter anderem weitere Informationsebenen, weitere Unterteilungen der Objekte nach Anhang A oder weitere Attribute der Objekte nach Anhang A festlegen. 2 Erweiterungen sind so weit zulässig, als sie die Anforderungen des Datenmodells des Bundes nicht verletzen und mit den Festlegungen des Departements bezüglich der normierten Datenbeschreibungssprache und der amtlichen Vermessungsschnitt- stelle (AVS) nach Artikel 6bis Absatz 2 VAV kompatibel sind. 30 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 31 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 32 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 7 211.432.21 2. Kapitel: Definitionen und Detaillierungsgrad 1. Abschnitt: Erhebungsvoraussetzungen Art. 10 Erhebungskriterien 1 Objekte nach Artikel 7 sind zu erheben, wenn sie: a. einer Bewilligungs- oder öffentlichen Auflagepflicht unterstehen; b. wichtige Funktionen erfüllen und für eine Vielzahl von Benutzern wichtige Informationen liefern; oder c. im Gelände als wichtige Orientierungshilfe dienen. 2 In begründeten Fällen kann die Eidgenössische Vermessungsdirektion33 Objekte nach Absatz 1 Buchstabe a von der Erhebungspflicht befreien. 3 Für Objekte, die den Kriterien nach Absatz 1 nicht entsprechen, gelten die Arti- kel 13–23. Art. 11 Geometrische Voraussetzungen 1 Als linienförmige geometrische Elemente sind der Kreisbogen und die Gerade zugelassen. 2 Kreisbogen und Gerade von gleichen Objekten dürfen sich wie folgt überschnei- den: a. innerhalb der Informationsebene «Bodenbedeckung»: 5 cm; b.34 innerhalb der Informationsebene «Einzelobjekte»: 5 cm; c. innerhalb der Informationsebene «Nomenklatur»: 20 cm; d. innerhalb der Informationsebene «Liegenschaften»: 5 cm; e.35 innerhalb der Informationsebene «Hoheitsgrenzen»: 5 cm; f.36 innerhalb der Informationsebene «dauernde Bodenverschiebun- gen»: 20 cm; g.37 innerhalb der Informationsebene «Gebäudeadressen»: 50 cm; h.38 innerhalb der Informationsebene «administrative Einteilungen»: 20 cm. 33 Ausdruck gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt. 34 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 35 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 36 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 37 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 38 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 8 211.432.21 Art. 12 Zusammenlegung von Linien 1 Linien von verschiedenen Objekten aus verschiedenen Informationsebenen dürfen bei der Erhebung zusammengelegt werden, wenn sie innerhalb des dreifachen Ge- nauigkeitswertes nach Artikel 29 liegen. 2 Linien der Informationsebene «Liegenschaften» und Linien der Informations- ebenen «Bodenbedeckung» und «Einzelobjekte», die im Gelände aus exakt defi- nierten Punkten bestehen, dürfen nicht zusammengelegt werden.39 2. Abschnitt: Informationsebene «Bodenbedeckung» Art. 13 Minimalfläche 1 Zu erheben sind Flächen, die ungefähr folgende Mindestgrösse aufweisen: a. TS 2 >100 m2 b. TS 3 >1000 m2 c. TS 4 und 5 >2500 m2 2 Vorbehalten bleiben die Artikel 14 Absatz 2 und 21. Art. 1440 Gebäude 1 Als Gebäude gelten: a. Gebäude im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b der Verordnung vom 9. Juni 201741 über das eidgenössische Gebäude- und Wohnungsregister; b. weitere auf Dauer angelegte, mit dem Boden fest verbundene überdachte Bauten, die einem bestimmten Zweck dienen. 2 Die Gebäudefläche wird durch die Hauptfassadenteile mit der jeweils äusseren grössten vertikalen Fläche gebildet. Fassadenversetzungen von mehr als 10 cm in den TS 2 und 3 und mehr als 50 cm in den TS 4 und 5 sind zu erheben. Einzelheiten entlang von Fassaden sind zu erheben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: a. Vor- und Rücksprünge, Pfeiler von mehr als 50 cm in den TS 2 und 3 und mehr als 100 cm in den TS 4 und 5; b. Auskragungen, Erker, Vorbauten von mehr als 50 cm in der TS 2 und mehr als 100 cm in den TS 3, 4 und 5. 39 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 40 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 41 SR 431.841. Der Verweis wurde in Anwendung von Art. 12 Abs. 2 des Publikationsge- setzes vom 18. Juni 2004 (SR 170.512) auf den 1. Juli. 2017 angepasst. Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 9 211.432.21 Art. 15 Befestigte Flächen Als befestigt gelten künstlich hergerichtete Flächen, insbesondere asphaltierte, beto- nierte, bekieste, gemergelte oder mit Steinen oder Platten belegte Flächen. Bei den befestigten Flächen werden insbesondere folgende Objekte unterschieden: a.42 Objekt «Strasse/Weg»: Flächen mit Erschliessungsfunktionen für den Fuss- gänger- und/oder den Fahrzeugverkehr, wie Strassen (eingeschlossen Park- streifen), Flurwege, Waldwege, Walderschliessungsstrassen, weitere Wege (mit verdichteter Bodenfläche) von öffentlichem Interesse und deren Ab- schlüsse wie Rinnsteine und Stellsteine; abis.43 Objekt «Trottoir»: Fläche mit Erschliessungsfunktion für den Fussgänger; ater.44 Objekt «Verkehrsinsel»: Fläche mit Verkehrsleitfunktion; b. Objekt «Bahn»: Das gesamte Geleisegebiet bis zum Übergang in andere Bo- denbedeckungsarten, eingeschlossen die Kofferung, die mit Schotter, Kies oder Sand belegten Flächen und die Bahnsteige, die zwischen oder neben den Geleisen liegen; c. Objekt «Flugplatz»: Künstlich befestigte Pisten, Rollwege und Abstellflä- chen für Flugzeuge; d. Objekt «Wasserbecken»: Die künstlichen Anlagen samt Umrandung, insbe- sondere Schwimm- und Sprungbecken öffentlicher Badeanstalten, Bassins (auf öffentlichem und privatem Grund), Klärbecken von Abwasserreini- gungsanlagen, Feuerweiher; e. Objekt «übrige befestigte Flächen»: Alle Flächen, die die Anforderungen nach dem ersten Absatz dieser Bestimmung erfüllen, keine Objekte nach den Buchstaben a–d dieser Bestimmung sind und die Minimalfläche nach Arti- kel 13 übersteigen, insbesondere die dem Fahrzeugverkehr dienenden Park- plätze, Verkehrserschliessungen zu Gebäuden, Abstell-, Rast- und Vorplätze oder Sportanlagen. Art. 16 Humusierte Flächen 1 Humusierte Flächen umfassen den gewachsenen Boden ohne die bestockten Flä- chen. 2 Zum Objekt «übrige Intensivkulturen» gehören insbesondere Obstkulturen oder Gärtnereien. 3 Zum Objekt «Gartenanlagen» gehören insbesondere Freizeitgärten, Parkanlagen, Kinderspielplätze, Gebüsche, Gartenbestockungen, Gartengebüsche, Rasen, Haus- umschwung. 42 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 43 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 44 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 10 211.432.21 4 Zum Objekt «übrige humusierte Fläche» gehören insbesondere Grünstreifen bei Verkehrsanlagen oder Bachborde. Art. 17 Gewässer 1 Gewässer umfassen alle Wasserflächen ohne die künstlichen Wasserbecken. 2 Zum Objekt «fliessendes Gewässer» gehören insbesondere Flüsse, Bäche und Kanäle, und zum Objekt «stehendes Gewässer» gehören insbesondere Seen und Weiher. Geometrisch werden diese in der Regel bei unbefestigten Ufern nach der an der Bodenbeschaffenheit erkennbaren Abgrenzung und bei befestigten Ufern nach der Befestigung abgegrenzt. Angrenzende Uferbefestigungen sind ihren Boden- bedeckungsarten zuzuordnen. 3 Zum Objekt «Schilfgürtel» gehören die mit Schilf bedeckten Flächen, die den Übergang zwischen dem offenen Gewässer und der landseitigen Bodenbedeckung bilden. In der Gewässerfläche stehende isolierte Schilfbestände werden nicht erho- ben. Art. 18 Bestockte Flächen 1 Bestockte Flächen umfassen den Wald im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Bun- desgesetzes vom 4. Oktober 199145 über den Wald (Waldgesetz, WaG). 2 Flächen, für die eine Aufforstungspflicht besteht (Art. 2 Abs. 2 Bst. c WaG), gelten als projektierte Objekte. 3 Die geometrische Abgrenzung des Waldes hat bei Bedarf mit den zuständigen Forstorganen zu erfolgen. 4 Grossflächige Windschutzhecken im nicht überbauten Gebiet sind als bestockte Flächen zu erheben. 5 Als Objekt «bestockte Weide» (Wytweide) gelten Flächen nach Artikel 2 der Waldverordnung vom 30. November 199246.47 6 Die Fläche des Objekts «bestockte Weide» wird rein kartografisch in die Objekte «dicht bestockte Weide» und «offen bestockte Weide» unterteilt.48 7 Zum Objekt «übrige bestockte Flächen» gehören Weidwälder, Bestockungen von Ufer- und Bachzonen, die Mischzonen zwischen Wald und Weide, Fels oder Geröll sowie Übergangszonen bei der klimatischen Waldgrenze, sofern die Flächen nicht den Objekten «geschlossener Wald» oder «bestockte Weide» zugeordnet werden können.49 45 SR 921.0 46 SR 921.01 47 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 48 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 49 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 11 211.432.21 Art. 19 Vegetationslose Flächen 1 Als vegetationslos gelten die land- und forstwirtschaftlich nicht nutzbaren Flächen. 2 Zum Objekt «übrige vegetationslose Flächen» gehören die Mischzonen zwischen Gras und Fels/Geröll, insbesondere verbuschte Flächen, verfelste Flächen, Über- gangszonen bei der klimatischen Pflanzengrenze. 3. Abschnitt: Informationsebene «Einzelobjekte»50 Art. 2051 Verhältnis zur Informationsebene «Bodenbedeckung» Die Informationsebene «Einzelobjekte» umfasst Objekte, die Merkmale der Boden- bedeckung enthalten, aufgrund ihrer Eigenschaft oder Ausdehnung aber keine oder nur eine unwesentliche flächenmässige Bedeutung haben. Art. 21 Objekte Der Informationsebene «Einzelobjekte» sind Objekte insbesondere zuzuordnen, wenn:52 a. sie nicht als Gebäude nach Artikel 14 gelten, beispielsweise unterirdische Gebäude, Erker oder Balkone; b. die Abgrenzung als Fläche nicht eindeutig möglich ist oder die Aufnahme als Flächenobjekt einen unverhältnismässigen Aufwand bringen würde, bei- spielsweise bei Rinnsalen, Trampelpfaden, unregelmässig verlaufenden Fusswegen und Bachläufen oder Bergbächen; c. sie linienhaft ausgeprägt sind, beispielsweise Geleiseachsen; oder d. sie im Plan für das Grundbuch durch Symbole dargestellt werden, beispiels- weise wichtige Einzelbäume. 4. Abschnitt: Informationsebene «Höhen» Art. 2253 Begriff und Inhalt 1 Die Informationsebene «Höhen» wird durch ein DTM gebildet. 2 Die Daten aus dem DTM müssen im 2-Meter-Gitter abgegeben werden können. 50 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 51 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 52 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 53 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 12 211.432.21 3 Der Referenzpunkt des 2-Meter-Gitters hat folgende Landeskoordinaten: a. im Bezugsrahmen LV03 y = 600 000.00 m (Rechtswert) und x = 200 000.00 m (Hochwert); b. im Bezugsrahmen LV95 E = 2 600 000.00 m (Rechtswert) und N = 1 200 000.00 m (Hochwert). 4 Die Kantone können die Daten zusätzlich in anderer aus dem DTM abgeleiteter Form anbieten. Art. 2354 3. Kapitel: Genauigkeit und Zuverlässigkeit 1. Abschnitt: Toleranzen Art. 24 Grundsatz 1 Die Genauigkeits- und Zuverlässigkeitsanforderungen richten sich nach den Tole- ranzstufen. 2 Über Gebiete mit sehr geringem Bodenwert und von beträchtlicher Ausdehnung, für die eine toleranzstufengemässe Genauigkeit und Zuverlässigkeit nicht erforder- lich ist, kann mit Zustimmung der Eidgenössischen Vermessungsdirektion eine vereinfachte Erhebung durchgeführt werden.55 Art. 25 Mindestanforderung der TS 1 1 Die Anforderungen der TS 1 (Stadtgebiete) müssen mindestens diejenigen der TS 2 erfüllen. 2 Artikel 28 bleibt vorbehalten. Art. 2656 Zuordnung 1 Der Kanton ordnet die TS im Einzelfall zu. 2 Er bezeichnet die Gebiete nach Artikel 24 Absatz 2. 54 Aufgehoben durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 55 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 56 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 13 211.432.21 2. Abschnitt: Genauigkeit Art. 27 Grundsatz Die Anforderungen an die Genauigkeit der Punkte der amtlichen Vermessung sind als mittlere Fehler (Standardabweichungen) definiert und beziehen sich auf die Anschlusspunkte. Sie gelten für Neuberechnungen. Art. 2857 Informationsebene «Fixpunkte» 1 Die absolute Lagegenauigkeit (grosse Halbachse der Konfidenzellipse [mittlere Fehlerellipse MFA, 1 Sigma] in cm) beträgt: Punktkategorie TS1 TS2 TS3 TS4 TS5 LFP2 3 3 3 8 8 LFP3 * 5 5 10 10 HFP 1/2/3** * 10 20 50 100 * gemäss kantonalen Vorschriften, mindestens aber wie TS2 ** gemäss Genauigkeitsanforderungen für die Informationsebenen «Bodenbedeckung» und «Einzelobjekte» 2 Die Höhengenauigkeit (Standardabweichung [mittlerer Fehler, 1 Sigma] für die Höhe MFH in cm) beträgt: Punktkategorie TS1 TS2 TS3 TS4 TS5 LFP2 4,5 4,5 4,5 12 12 LFP3** * 7,5 7,5 15 15 HFP2 (nivelliert) * 0,5 0,5 – – HFP2 (GNSS) 3,0 3,0 4,0 5,0 – HFP3 * 0,5 – – – * gemäss kantonalen Vorschriften, mindestens aber wie TS2 ** sofern keine HFP3 vorhanden sind 3 Die erreichten Genauigkeiten sind rechnerisch nach der Methode der kleinsten Quadrate nachzuweisen. Sie dürfen die Werte nach den Absätzen 1 und 2 nicht überschreiten. 4 Als Toleranzwert für die Beurteilung einzelner Koordinaten- resp. Höhenwider- sprüche gilt der dreifache Betrag der Werte nach den Absätzen 1 und 2. 57 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 14 211.432.21 Art. 29 Informationsebenen «Bodenbedeckung» sowie «Einzelobjekte»58 1 Die Lagegenauigkeit (Standardabweichung in cm) beträgt für einen im Gelände exakt definierten Punkt, insbesondere Gebäudeecke, Mauerpunkt: TS2 TS3 TS4 TS5 10 20 50 100 2 Bei Objekten, die im Gelände nicht genau festgelegt werden können, entspricht die Lagegenauigkeit der Feststellungsgenauigkeit.59 3 Die Lagegenauigkeit a priori der Mess- und Berechnungsmethode ist nachzuwei- sen. Art. 3060 Informationsebene «Höhen» 1 In den Gebieten bis 2000 m über Meer der TS 2–4 beträgt die Höhengenauigkeit des DTM für im Gelände genau definierte Terrains, beispielsweise Strassen: 80 cm (Standardabweichung 1σ). 2 In den Gebieten bis 2000 m über Meer der TS 2–4 beträgt die Höhengenauigkeit des DTM für im Gelände nicht genau definierte Terrains, beispielsweise steile Terrains oder Waldböden: 200 cm (Standardabweichung 1σ). 3 In den Gebieten über 2000 m über Meer und in den Gebieten der TS 5 beträgt die Höhengenauigkeit des DTM: 10 m (Standardabweichung 1σ). 4 Die Differenz zwischen einer direkt gemessenen Höhe und dem entsprechenden, aus dem DTM abgeleiteten Wert darf höchstens den dreifachen Betrag der Standard- abweichung nach den Absätzen 1–3 aufweisen. Art. 31 Informationsebenen «Liegenschaften» und «Rohrleitungen» 1 Die Lagegenauigkeit (Standardabweichung in cm) beträgt für einen im Gelände exakt definierten Punkt: TS2 TS3 TS4 TS5 3.5 7 15 35 2 Die Lagegenauigkeit (Standardabweichung in cm) beträgt für einen im Gelände nicht exakt definierten Grenzpunkt längs Strassenrändern, Bachufern, Kreten, usw.: TS2 TS3 TS4 TS5 20 35 75 150 58 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 59 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 60 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 15 211.432.21 3 Die Genauigkeit der Mess- und Berechnungsmethode und die a posteriori erreichte Lagegenauigkeit sind für jeden Punkt rechnerisch nachzuweisen. 4 Als Toleranzgrenze für die Beurteilung einzelner Widersprüche gilt die dreifache Standardabweichung, welche sich aus den Absätzen 1 oder 2 ergeben. Art. 3261 Informationsebene «Hoheitsgrenzen»62 Für die Hoheitsgrenzen gelten die gleichen Genauigkeitsanforderungen wie für die Informationsebene «Liegenschaften». 3. Abschnitt: Zuverlässigkeit Art. 3363 Grundsatz 1 Messungen und Berechnungen sind so durchzuführen, dass jeder einzelne Punkt durch unabhängige überschüssige Bestimmungsstücke genügend vor groben Fehlern geschützt ist. 2 Zum Schutz vor systematischen Fehlern müssen die Instrumente periodisch geprüft und geeicht werden. 3 Die Zuverlässigkeit ist für alle Punkte der Informationsebenen «Fixpunkte» (ohne Lagegenauigkeit der HFP), «Liegenschaften» und «Hoheitsgrenzen» sowie für Einzelpunkte nach Artikel 8 Absatz 4 nachzuweisen. Art. 34 Informationsebene «Fixpunkte» Die äussere Zuverlässigkeit jedes einzelnen Punktes ist durch geeignete statistische Kenngrössen nachzuweisen. Verfälschungen der Ergebnisse durch nicht erkennbare grobe Fehler dürfen den dreifachen Wert für die in Artikel 28 festgelegte Lage- bzw. Höhengenauigkeit nicht überschreiten. Art. 35 Informationsebene «Liegenschaften» Die äussere Zuverlässigkeit jedes einzelnen Punktes ist durch geeignete Kenngrös- sen nachzuweisen. Verfälschungen der Ergebnisse durch nicht erkennbare grobe Fehler dürfen den fünffachen Wert für die in Artikel 31 Absätze 1 und 2 festgelegte Lagegenauigkeit nicht überschreiten. 61 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 62 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 63 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 16 211.432.21 Art. 3664 Informationsebene «Hoheitsgrenzen»65 Für die Hoheitsgrenzen gelten die gleichen Anforderungen wie für die Informations- ebene «Liegenschaften». 4. Kapitel: Erneuerung Art. 37 Grundsätze 1 Die Erneuerung dient dazu, aus definitiv anerkannten Vermessungen alter Ordnung die Bestandteile der amtlichen Vermessung neuer Ordnung zu erstellen. 2 Es sind alle brauchbaren Bestandteile der Vermessung alter Ordnung beizuziehen und zu verwenden und nach den Vorschriften dieser Verordnung zu ergänzen und zu aktualisieren. 3 Die Bestimmungen über Definitionen und Detaillierungsgrad (Art. 10–23) sowie über die Genauigkeit und Zuverlässigkeit (Art. 27–36) sind unter Vorbehalt der Artikel 38–41 einzuhalten. Art. 38 Informationsebene «Fixpunkte» 1 Die Einhaltung der Genauigkeits- und Zuverlässigkeitsanforderungen nach neuer Ordnung muss aufgrund der vorhandenen Unterlagen des anerkannten Vermes- sungswerks nachgewiesen werden können. Andernfalls sind ergänzende Messungen und Berechnungen durchzuführen. 2 Fehlende Attribute sind zu ergänzen. 3 Die Dichte der bestehenden Fixpunkte ist den Anforderungen nach Artikel 49 anzupassen. Fehlende oder beschädigte Fixpunktzeichen sind wiederherzustellen, soweit sie übernommen werden. Sekundäre Fixpunktzeichen sind anzubringen, soweit sie notwendig sind. 4 Bei der etappenweisen Erneuerung der Informationsebenen sind diejenigen Fix- punkte zu erneuern, die für die Erneuerung der Daten der Etappe und deren Nach- führung notwendig sind. Art. 39 Informationsebene «Liegenschaften» 1 Die Einhaltung der Genauigkeits- und Zuverlässigkeitsanforderungen nach neuer Ordnung kann aufgrund der vorhandenen Unterlagen des anerkannten Vermes- sungswerks nachgewiesen werden. Als Unterlagen dienen insbesondere Feldbücher, Feldblätter, Berechnungen, Handrisse und Grundbuchpläne. 2 Fehlende oder beschädigte Grenzpunktzeichen müssen nicht wiederhergestellt werden. 64 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 65 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 17 211.432.21 Art. 40 Informationsebenen «Bodenbedeckung» und «Einzelobjekte»66 1 Fehlende Objekte sind zu ergänzen, überflüssige zu entfernen. 2 Zur Ergänzung dienen vorhandene aktuelle Unterlagen des anerkannten Vermes- sungswerks sowie weitere geeignete Unterlagen, beispielsweise Luftbilder oder Ausführungspläne. Art. 41 Informationsebene «Nomenklatur» 1 Wird die Nomenklatur überarbeitet, so ist das Vorgehen mit der Nomenklatur- kommission zu vereinbaren. 2 Wird die Nomenklatur anlässlich der Erneuerung nicht überarbeitet, so werden die im Zeitpunkt der Erneuerung gültigen, von der Nomenklaturkommission bereits frü- her genehmigten Nomenklaturen übernommen. 3. Titel: Normierte Datenbeschreibung der amtlichen Vermessung und AVS67 1. Kapitel:68 Allgemeines Art. 42 Definition 1 Zur Beschreibung des Datenmodells der amtlichen Vermessung dient die Be- schreibungssprache INTERLIS gemäss den Schweizer Normen SN 612030 (Aus- gabe 1998) und SN 612031 (Ausgabe 2006)69.70 2 Die AVS wird definiert durch das in INTERLIS beschriebene Datenmodell der amtlichen Vermessung (Anhang A) sowie die Beschreibung des entsprechenden Transferformats anhand des INTERLIS-Compilers. Art. 43 Kantonale Erweiterungen des Datenmodells des Bundes Der Kanton hat seine Erweiterungen in der Datenbeschreibungssprache INTERLIS zu beschreiben. 66 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 67 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 68 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 69 Der Text der Normen kann gegen Bezahlung bezogen werden bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV), Sulzerallee 70, 8404 Winterthur; www.snv.ch. 70 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 18 211.432.21 2. Kapitel: Datenaustausch Art. 44 Grundsatz 1 Wer Daten von der amtlichen Vermessung beziehen will, hat das Recht, sie über die AVS zu erhalten. 2 Wer Daten für die amtliche Vermessung liefert, hat das Recht, dass sie über die AVS übernommen werden. 3 Für den Datenaustausch sind die Medien, die Zeichensätze und die Protokolle zu vereinbaren. Art. 45 AVS-Tauglichkeit 1 Die Informatiksysteme, die für den Datenaustausch in der amtlichen Vermessung eingesetzt werden, müssen folgende Voraussetzungen erfüllen: a. Daten von der AVS übernehmen können; b. Daten auf die AVS liefern können; und c. Daten von der AVS übernehmen und bearbeitet wieder auf die AVS liefern können. 2 …71 4. Titel: Fixpunkte 1. Kapitel: Allgemeines Art. 46 Definition 1 Fixpunkte sind Anschlusspunkte der amtlichen Vermessung, die durch Messungen und Ausgleichungsverfahren im Bezugssystem der schweizerischen Landesvermes- sung bestimmt und im Feld durch Fixpunktzeichen dauerhaft und eindeutig gekenn- zeichnet sind. 2 Fixpunkte sind nach Lage und/oder Höhe bestimmt. Art. 47 Gliederung 1 Die Fixpunkte gliedern sich einerseits in solche der Landesvermessung und ande- rerseits in solche der amtlichen Vermessung. In der Regel werden von den Lagefix- punkten (LFP) die Lage-Koordinaten und die Meereshöhe, von den Höhenfixpunk- ten (HFP) die Meereshöhe, mit geringer Genauigkeit auch die Lage-Koordinaten bestimmt. 71 Aufgehoben durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 19 211.432.21 2 Die Lagefixpunkte gliedern sich in solche der Landesvermessung (Kategorie 1: LFP1) und solche der amtlichen Vermessung (Kategorie 2: LFP2 und Kategorie 3: LFP3). 3 Die Höhenfixpunkte gliedern sich in solche der Landesvermessung (Kategorie 1: HFP1) und solche der amtlichen Vermessung (Kategorie 2: HFP2 und Kategorie 3: HFP3). 4 Weitere, nicht dauerhaft gekennzeichnete Punkte, die für Detailaufnahmen, Abste- ckungen und Netzversteifungen notwendig sind, müssen den gleichen Bestim- mungsanforderungen genügen wie die LFP. Art. 48 Zuständigkeiten 1 Das Bundesamt für Landestopographie ist zuständig für die Ersterhebung, die Erneuerung und die Nachführung der Fixpunkte der Kategorie 1 sowie die Verifika- tion der Fixpunkte der Kategorie 2.72 2 Der Kanton ist zuständig für die Ersterhebung, die Erneuerung und die Nachfüh- rung der Fixpunkte der Kategorien 2 und 3 sowie für die Verifikation der Fixpunkte der Kategorie 3. 2. Kapitel: Dichte und Messanordnung Art. 49 Dichte der Lagefixpunkte 1 Die Anzahl der Lagefixpunkte pro Quadratkilometer richtet sich nach den Bedürf- nissen der Nachführung im Rahmen folgender Richtwerte: Gebietstyp LFP3/km2 (inkl. LFP2) Durchschnittlicher Punktabstand (gerundete Werte)73 TS 1 150 100 m TS 2 70 150 m TS 3 20 250 m TS 4 10 400 m TS 5 2 850 m 2 Die Punktdichte ist klein zu halten und soll höchstens 0.5 LFP1 und LFP2 pro Quadratkilometer betragen.74 3 In Gebieten mit bestehendem Fixpunktnetz ist die Punktdichte im Rahmen der Nachführung den Richtwerten nach Absatz 1 anzupassen. 72 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 73 Bei angenommener homogener Verteilung in einem Quadratmuster. 74 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 20 211.432.21 Art. 5075 Dichte der Höhenfixpunkte 1 Der Kanton legt die notwendige Dichte der HFP2 und HFP3 im Einzelfall fest. 2 Er erstellt bei Bedarf die notwendigen HFP2. Art. 51 Messanordnung 1 Messungen sind so anzuordnen, dass die Anforderungen an Genauigkeit und Zuverlässigkeit (Art. 28 und 34) eingehalten werden. 2 Bestehende benachbarte Fixpunkte sind in die Messanordnung einzubeziehen (Prinzip der Nachbarschaft). 3 Die Messanordnungen müssen so konzipiert werden, dass die Anschlusspunkte in Bezug auf Lage-Koordinaten und Meereshöhen kontrolliert sind.76 Art. 52 Genehmigung Bei der Ersterhebung und der Erneuerung muss die Messanordnung durch die nach Artikel 48 zuständige Stelle genehmigt werden. 3. Kapitel: Anbringen der Zeichen Art. 5377 1 Jeder Fixpunkt muss vor Messbeginn im Feld an einem möglichst stabilen Standort errichtet und dauerhaft gekennzeichnet werden. 2 Bei den LFP2 und den HFP2 müssen Punktprotokolle erstellt werden. 4. Kapitel: Auswertungen Art. 54 Mathematisches Modell 1 Die Berechnung erfolgt nach der Methode der kleinsten Quadrate. 2 Jede Messung muss mit einem realistischen mittleren Fehler a priori versehen werden. 3 Nach erfolgter Überprüfung gelten die Anschlusspunkte (Lage/Höhe) als fehlerlos. 75 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 76 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 77 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 21 211.432.21 Art. 55 Test der Messungen 1 Es ist der Nachweis zu erbringen, dass bei zwangsfreier Netzlagerung die standar- disierten Verbesserungen den vorgegebenen Grenzwert nicht überschreiten. 2 Als Grenzwert für die standardisierte Verbesserung gilt der Wert 3.5. Das Irrtums- risiko zweiter Art beträgt 5 Prozent. Art. 56 Qualitätsnachweis 1 Für jeden Punkt muss in der definitiven Ausgleichung der Nachweis erbracht wer- den, dass die Genauigkeits- und Zuverlässigkeitsanforderungen eingehalten werden. 2 Das Ausgleichungsprogramm muss, in Abhängigkeit der Punktkategorie und der Toleranzstufe, eine Statistik der erreichten Genauigkeits- und Zuverlässigkeitswerte liefern. Werte, die ausserhalb der Toleranz liegen, müssen speziell gekennzeichnet werden. 5. Kapitel: Meldedienst und periodische Nachführung Art. 57 Meldedienst 1 Das Bundesamt für Landestopographie meldet den Kantonen die an Fixpunkten der Kategorie 1 vorgenommenen Änderungen. 2 Festgestellte Schäden oder Gefährdungen von Fixpunkten der Kategorie 1 sind durch die Kantone dem Bundesamt für Landestopographie zu melden. 3 Die Kantone melden dem Bundesamt für Landestopografie die an Fixpunkten der Kategorie 2 vorgenommenen Änderungen.78 4 Die Vermessungsfachleute sind verpflichtet, Beschädigungen, Veränderungen und Gefährdungen von Fixpunkten der Kategorien 1 und 2 der Vermessungsaufsicht zu melden. Art. 58 Periodische Nachführung Zur Nachführung gehört eine periodische Begehung der Fixpunkte. 6. Kapitel: Sonderfälle Art. 5979 Gebiete mit dauernden Bodenverschiebungen In Gebieten mit dauernden Bodenverschiebungen wird unmittelbar vor der Vermes- sung ein den spezifischen Gegebenheiten angepasstes Fixpunktnetz aufgebaut. 78 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 79 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 22 211.432.21 Art. 60 Fixpunkte für besondere Zwecke Fixpunkte, die für besondere Zwecke ausserhalb der amtlichen Vermessung angelegt wurden, sind in die amtliche Vermessung aufzunehmen, wenn dies sinnvoll ist und sie deren Anforderungen erfüllen. 5. Titel: Auszüge und technische Dokumentation80 1. Kapitel: Geltungsbereich und Definitionen Art. 61 Geltungsbereich 1 Die Bestimmungen dieses Titels gelten für die Auszüge und die technische Doku- mentation nach Artikel 6a Absatz 3 VAV.81 2 Sie sind nicht anwendbar für den Plan für das Grundbuch und die Dokumente der provisorischen Numerisierung. Art. 6282 Auszüge Als Auszüge nach Artikel 6a Absatz 3 VAV gelten die Grundstückbeschreibung, der Mutationsplan und die Mutationstabelle sowie der Perimeterplan für Gebiete mit dauernden Bodenverschiebungen. Art. 6383 Technische Dokumentation Als technische Dokumentation nach Artikel 6a Absatz 3 VAV gelten die Prüfproto- kolle, die Originale der Messdokumentation, die Arbeitsunterlagen und Kontrolldo- kumente, der Flächenvergleich bei Erneuerung, die Planeinteilung und der Unter- nehmerbericht. Art. 64 Erstellung und Nachführung Anhang B bezeichnet für jede Informationsebene die Auszüge und Dokumentatio- nen, die zu erstellen und nachzuführen sind. 80 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 81 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 82 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 83 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 23 211.432.21 2. Kapitel: Auszüge für die Grundbuchführung Art. 6584 Grundstückbeschreibung 1 Die Grundstückbeschreibung umfasst: a. den Gemeindenamen; b. die Zuordnung zur Nummer des Plans für das Grundbuch; c. die Nummer und Fläche in Quadratmetern des Grundstücks oder des selb- ständigen und dauernden Rechtes; d. eine geeignete Information über die Lokalisierung der betroffenen Objekte wie Lokal- oder Strassenname; e. die Gebäudenummer oder einen anderen Identifikator für die Gebäude; und f. eine Liste der Objekte der Informationsebene «Bodenbedeckung». 2 Die Grundstückbeschreibung ist zu datieren. 3 Für den elektronischen Datenaustausch zwischen der amtlichen Vermessung und dem Grundbuch gelten die Vorschriften der Technischen Verordnung des EJPD und des VBS vom 6. Juni 200785 über das Grundbuch (TGBV). Art. 66 Mutationsplan und Mutationstabelle 1 Mutationsplan und Mutationstabelle geben Auskunft über Änderungen an Objekten der Informationsebene «Liegenschaften». 2 Der Mutationsplan enthält insbesondere: a. den Gemeindenamen und die Mutationsnummer; b. den alten und neuen Zustand der betroffenen Objekte mit grafischer Kenn- zeichnung projektierter Änderungen; c. die alten und neuen Objektnummern; d. eine geeignete Information über die Lokalisierung der betroffenen Objekte wie Lokal- oder Strassenname; e. die Nordrichtung, den Planmassstab; und f. das Erstellungsdatum und die Unterschrift des Ingenieur-Geometers oder der Ingenieur-Geometerin. 3 Die Mutationstabelle enthält insbesondere: a. den Gemeindenamen und die Mutationsnummer; b. die flächenmässigen Zu- und Abgänge der betroffenen Objekte; c. allfällige Rundungsdifferenzen und 84 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 85 [AS 2007 3353. AS 2013 9 Art. 25 ]. Siehe heute: die V vom 28. Dez. 2012 (SR 211.432.11). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 24 211.432.21 d. das Erstellungsdatum und die Unterschrift des Ingenieur-Geometers oder der Ingenieur-Geometerin. 4 Für den elektronischen Datenaustausch zwischen der amtlichen Vermessung und dem Grundbuch gelten die Vorschriften der TGBV86.87 Art. 6788 Perimeterplan für Gebiete mit dauernden Bodenverschiebungen Über Gebiete mit dauernden Bodenverschiebungen wird ein Perimeterplan angelegt. 3. Kapitel: Technische Dokumentation Art. 68 Prüfprotokoll Es sind Prüfprotokolle zu führen, die Auskunft geben über die Prüfung und Eichung der in der amtlichen Vermessung zum Einsatz gelangenden Datenerfassungs- und Datenausgabeinstrumente. Art. 69 Originalmessungen Originalmessungen sind zu dokumentieren. Die Art der Dokumentation ist freige- stellt. Art. 7089 Arbeitsunterlagen und Kontrolldokumente Als Arbeitsunterlagen gelten namentlich diejenigen technischen Dokumente, mit denen der Nachweis der Vollständigkeit, der Plausibilität (Richtigkeit der Daten und ihre widerspruchslose Einordnung im Datenbestand), der Qualität und der Kon- sistenz der Daten der amtlichen Vermessung nachgewiesen wird (Einpassprotokolle, Kontrollzeichnungen, Vektorpläne und dergleichen). Art. 71 Flächenvergleich bei der Erneuerung Bei der Erneuerung sind die alten und neuen Liegenschaftsflächen pro Plan einander gegenüberzustellen und deren Differenzen und Toleranzen auszuweisen. Art. 72 Planeinteilung Für die Einteilung der Pläne für das Grundbuch ist ein kleinmassstäblicher Plan zu erstellen. 86 [AS 2007 3353. AS 2013 9 Art. 25 ]. Siehe heute: die V vom 28. Dez. 2012 (SR 211.432.11). 87 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 88 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 89 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 25 211.432.21 Art. 73 Unternehmerbericht 1 Im Unternehmerbericht sind die wichtigsten, im Laufe der ausgeführten Vermes- sungsarbeiten getroffenen Massnahmen, Entscheidungen und Arbeitsresultate darzu- stellen. 2 Der Unternehmerbericht enthält insbesondere: a. die Ausgangslage und das Ziel der Vermessungsarbeiten; b. eine Beschreibung der Vermessungsarbeiten, der Methoden und der Resul- tate; c. Angaben zur Datenverwaltung und zur Nachführung; d. Wirtschaftlichkeitsüberlegungen über die Vermessungsarbeiten; e. eine Gesamtbeurteilung; und f. das Aktenverzeichnis. Art. 73a90 Gebühren Die einheitliche Gebühr nach Artikel 38 Absatz 1 VAV für die Beglaubigung eines analogen Auszugs beträgt 50 Franken für das erste und 5 Franken für jedes weitere Exemplar. 6. Titel: Landumlegungen (Art. 2 Abs. 2 VAV) Art. 74 Grundsätze der vereinfachten Erhebungen Bei der Informationsebene «Fixpunkte» kann die Punktdichte und bei der Informati- onsebene «Liegenschaften» die Genauigkeit und Zuverlässigkeit im Rahmen der Artikel 75, 76 und 77 reduziert werden. Art. 75 Informationsebene «Fixpunkte» Die Punktdichte des Fixpunktnetzes muss den Bedürfnissen des Umlegungsverfah- rens, insbesondere der Bestimmung des Perimeters, der Projektierung und Durch- führung der technischen Massnahmen und der wirtschaftlichen Erhebung der übri- gen Informationsebenen dienen. Art. 76 Informationsebene «Liegenschaften» in unvermessenen Gebieten 1 In unvermessenen Gebieten sind nur diejenigen Grenzen zu vermarken, die von der Landumlegung voraussichtlich nicht betroffen werden. 2 Die Kantone können die Genauigkeitsanforderungen nach Artikel 31 im Rahmen der Toleranzstufen herabsetzen. 90 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 26 211.432.21 3 Der Zuverlässigkeitsnachweis nach Artikel 35 ist nicht erforderlich. Art. 77 Informationsebene «Liegenschaften» in vermessenen Gebieten In vermessenen Gebieten kann die Informationsebene «Liegenschaften» nach den Vorschriften über die provisorische Numerisierung (Art. 89–108) bearbeitet werden. Art. 78 Arbeiten nach der Landumlegung Nach der Landumlegung sind: a. die Grenzen der Informationsebene «Liegenschaften» abzustecken, zu ver- pflocken und die Grenzzeichen gemäss den Vorschriften der VAV anzubrin- gen; und b. die Daten aller Informationsebenen so zu vervollständigen, dass sie die An- forderungen an die amtliche Vermessung erfüllen. Art. 79 Koordination bei kombiniertem Verfahren Die Eidgenössische Vermessungsdirektion koordiniert die Abgeltungen der vermes- sungstechnischen Arbeiten, wenn Vermessungen gleichzeitig mit einer land- oder forstwirtschaftlichen Landumlegung durchgeführt werden. 7. Titel: Verwaltung der amtlichen Vermessung, Archivierung und Historisierung91 1. Kapitel: Allgemeines Art. 8092 Begriff Die Verwaltung der amtlichen Vermessung umfasst die organisatorischen und tech- nischen Massnahmen zum Zweck der Datenverwaltung, der Aufbewahrung, der Archivierung, der Historisierung und der Sicherung der Bestandteile zur Erhaltung des Wertes der amtlichen Vermessung. Art. 81 Aufsicht Die Kantone überprüfen periodisch insbesondere die Datenverwaltung nach den Artikeln 83 und 84 und die Datensicherheit gemäss Artikel 85. 91 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 92 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 27 211.432.21 Art. 82 Verwaltungseinheit Die kleinste Verwaltungseinheit für Bestandteile der amtlichen Vermessung bildet die Gemeinde. 2. Kapitel: Verwaltung der Daten der amtlichen Vermessung93 Art. 83 Datenverwaltungsdokument Es sind Datenverwaltungsdokumente mit folgendem Mindestinhalt zu führen und laufend zu aktualisieren:94 a.95 Ausgangslage bei der Anlegung des numerischen Datenbestandes einer oder mehrerer Gemeinden mit einer Beurteilung der Qualität, Aktualität und Voll- ständigkeit der bisherigen Werke sowie mit einer Beschreibung der Doku- mentation, der Archivierungs- und der Historisierungsart der bestehenden Unterlagen; b. Verantwortlichkeit bei der Datenverwaltung; c. Zuständigkeit für Zugriffe und Änderungen; d. Übersicht über die betriebsinterne Organisation der Datennachführung; e.96 Beschrieb der technischen Dokumentation, die bei der Durchführung der amtlichen Vermessung erstellt wurde und bei der Nachführung zu erstellen ist, sowie Angaben zu deren Archivierung und Historisierung; f. Verhaltensanweisungen bei Datenfehlern und erkannten Widersprüchen im Datenbestand; g. Betriebsprotokoll. Art. 84 Kontrolle der Änderung am Datenbestand 1 Nach Änderungen am Datenbestand hat der Verantwortliche die Vollständigkeit, Konsistenz, Plausibilität sowie die Qualität zu kontrollieren und protokollarisch festzuhalten. 2 Mindestens die Plausibilitätskontrollen nach Absatz 1 müssen automatisiert erfol- gen. 93 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 94 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 95 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 96 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 28 211.432.21 Art. 85 Datensicherheit 1 Wer Daten der amtlichen Vermessung verwaltet, ist verpflichtet, angemessene Sicherungsmassnahmen nach anerkannten Grundsätzen und entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik zu ergreifen. 2 Es ist ein Informatiksicherheitskonzept zu führen, dessen Inhalt sich nach der gültigen Schweizer Norm SN 612010 richtet.97 3. Kapitel: Verwaltung der übrigen Bestandteile der amtlichen Vermessung98 Art. 86 Fixpunkt- und Grenzzeichen Die Kantone treffen die erforderlichen Massnahmen zum Schutz und für den Unter- halt der Fixpunkt- und der Grenzzeichen. Art. 8799 Pläne, Dokumente und Bestandteile alter Ordnung 1 Der Kanton erlässt die erforderlichen Weisungen über die Verwaltung: a. der Pläne für das Grundbuch; b. der weiteren zum Zwecke der Grundbuchführung erstellten Auszüge; und c. der technischen Dokumentation. 2 Er erlässt Weisungen über die Archivierung und Historisierung der Bestandteile der amtlichen Vermessung alter Ordnung. 4. Kapitel: Archivierung und Historisierung100 Art. 88 1 Die Archivierung und Historisierung der technischen Dokumentation stellt sicher, dass während der Aufbewahrungsfrist nach Absatz 2 sämtliche Änderungen nach- vollzogen werden können.101 2 Die Dokumentationen nach den Artikeln 68, 70 und 71 sind bis zur Genehmigung des Vermessungswerkes, diejenigen nach den Artikeln 69, 72 und 73 bis zur Erneue- rung der entsprechenden Informationsebenen aufzubewahren. 97 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 98 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 99 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 100 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 101 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 29 211.432.21 3 Die für die Bestimmung der Fixpunkte verwendeten Messungen und Berechnun- gen nach den Artikeln 54–56 sind vollständig und in geeigneter Form zu archivieren. 4 Die Kantone regeln die Archivierung und Historisierung der Auszüge nach den Artikeln 65–67. Vorbehalten bleiben die Vorschriften der TGBV102.103 8. Titel: Provisorische Numerisierung 1. Kapitel: Allgemeines Art. 89 Zweck 1 Die provisorische Numerisierung ist den Vermessungswerken alter Ordnung vor- behalten und dient: a. der Erhaltung des Vermessungswerkes; b. der Datensicherheit; c. der Abgabe digitaler Daten; und d. der Errichtung von Landinformationssystemen. 2 Die provisorische Numerisierung beschränkt sich in erster Linie auf die Umsetzung des Grundbuchplanes in digitale vektorielle Form. Art. 90104 Ersetzen der provisorischen Numerisierungen 1 Provisorisch numerisierte Werke werden durch eine Ersterhebung oder Erneuerung ersetzt. 2 Die Kantone legen den Zeitpunkt des Ersatzes in ihrem Umsetzungsplan fest. 2. Kapitel: Grundsätze Art. 91 Allgemeine Bestimmungen 1 Die Daten sind im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 VAV zu strukturieren und in der Datenbeschreibungssprache INTERLIS zu beschreiben.105 2 Die Genauigkeit des Grundbuchplanes ist zu bewahren. 3 Die Kantone entscheiden über die Ablösung des Grundbuchplanes durch einen neuen Grundbuchplan in gleichem oder kleinerem Massstab. Falls Daten in einem 102 [AS 2007 3353. AS 2013 9 Art. 25 ]. Siehe heute: die V vom 28. Dez. 2012 (SR 211.432.11). 103 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 104 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 105 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 30 211.432.21 grösseren Massstab publiziert werden, ist ein diesbezüglicher Vermerk, d. h. auf- grund welches Planmassstabes die Daten erhoben worden sind, anzubringen.106 4 Vorhandene Koordinatenwerte sind zu übernehmen, sofern sie die Qualitätsanfor- derungen alter Ordnung erfüllen. Art. 92 Informationsebene «Fixpunkte» 1 Das Fixpunktnetz wird in der Regel von der bestehenden Vermessung übernom- men. 2 In Gebieten mit fehlendem oder ungenügendem Netz der bestehenden Vermessung werden diejenigen Fixpunkte und Passpunkte bestimmt, die den Bezug zum geodäti- schen Bezugssystem herstellen und für die provisorische Numerisierung notwendig sind.107 Art. 93 Informationsebene «Liegenschaften»108 Die Daten werden aus dem Grundbuchplan erhoben. Art. 94 Informationsebenen «Bodenbedeckung», «Einzelobjekte» und «Rohrleitungen»109 1 Die Daten werden aus dem Grundbuchplan nur soweit erfasst, als sie noch aktuell sind. 2 Fehlende Objekte auf dem Grundbuchplan werden in der Regel nicht neu erhoben. Art. 95110 Umfang der Datenübernahme 1 Die Kantone bestimmen aufgrund des Datenmodells des Bundes und ihrer Erweite- rungen, wie weit der vorhandene Planinhalt zu übernehmen ist. 2 Die Qualität der Daten muss mit dem entsprechenden Attribut eindeutig gekenn- zeichnet werden. Art. 96 Planeinteilung Die bestehende Planeinteilung wird in der Regel beibehalten. 106 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 107 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 108 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 109 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 110 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 31 211.432.21 Art. 97 Planabgriff Der Planabgriff stützt sich auf den Originalplan. 3. Kapitel: Genauigkeits- und Zuverlässigkeitsanforderungen 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 98 Passpunkte Eine Transformation hat aufgrund einer höchstmöglichen Anzahl gut verteilter Pass- punkte (mindestens fünf Punkte) zu erfolgen. Extrapolationen sind zu vermeiden. Art. 99 Genauigkeit Die Genauigkeit bestimmt sich nach den Richtwerten der Artikel 101 und 103. Kön- nen diese nicht eingehalten werden, so ist das weitere Vorgehen mit der kantonalen Vermessungsaufsicht abzusprechen. Art. 100 Zuverlässigkeit Folgende Kontrollen sind auszuführen: a. Kontrollzeichnungen im Massstab und Format des Grundbuchplanes; b. Konsistenztest über den gesamten Perimeter für die Informationsebene «Lie- genschaften»; c. Vergleich der alten und neuen Liegenschaftsflächen. Die Kantone entschei- den über die Behandlung der Differenzen. 2. Abschnitt: Genauigkeit bei halbgrafischen und teilnumerischen Vermessungswerken Art. 101 Planeinpassung 1 Bei Kartonplänen müssen die Lagegenauigkeit (Standardabweichung) der Pass- punkte sowie der maximale Betrag des Restfehlervektors bei Transformationen (Einpassungen) die folgenden Richtwerte einhalten: 1 : 500 8,0 cm max. 24,0 cm 1 : 1000 16,0 cm max. 48,0 cm 1 : 2000 32,0 cm max. 96,0 cm 2 Bei Plänen auf Alu-Platten werden die Richtwerte nach Absatz 1 um 25 Prozent herabgesetzt. Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 32 211.432.21 Art. 102 Koordinatenvergleich von berechneten Punkten 1 Die Übereinstimmung der Koordinaten numerisierter und bereits berechneter Punkte ist zu kontrollieren. 2 Die Richtwerte nach Artikel 101 müssen eingehalten werden. Der maximale Wert entspricht dabei der grössten Differenz eines Einzelpunktes. 3. Abschnitt: Genauigkeit bei grafischen Vermessungswerken Art. 103 Planeinpassung Die Lagegenauigkeit (Standardabweichung) der Passpunkte sowie der maximale Betrag des Restfehlervektors müssen bei Transformationen (Einpassungen) die dop- pelten Richtwerte nach Artikel 101 einhalten. 4. Kapitel: Ablauf der Arbeiten Art. 104 Pflichtenheft Die Beschreibung der Arbeiten wird anhand der Ausgangsprodukte und einer Zu- standsanalyse des Vermessungswerks vor der Numerisierung in einem Pflichtenheft vertraglich festgelegt. Dieses regelt: a. die Vorbereitungsarbeiten (u. a. Planinventar); b. die eigentliche Numerisierung; c. die notwendigen Kontrollen (Qualität, Konsistenz, usw.); d. die Abschlussarbeiten; und e.111 die kantonalen Erweiterungen. Art. 105 Abzuliefernde Dokumente Es sind folgende Schlussdokumente abzuliefern: a. ein technischer Bericht, inkl. Zustandsanalyse des Vermessungswerkes vor der Numerisierung; b. eine Dokumentation zum Fixpunktnetz bei einer Neubestimmung; c. ein Prüfprotokoll der eingesetzten Geräte und Instrumente; d. eine Statistik der Planeinpassung mit Angabe der Lagegenauigkeit pro Pass- punkt und des maximalen Betrages; 111 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 33 211.432.21 e. Konsistenztests für die Informationsebene «Liegenschaften», pro Plan und für das ganze Operat; f. eine Gegenüberstellung der alten und neuen Liegenschaftsflächen pro Plan sowie ein Ausweis über die Differenzen und Toleranzen; g. Daten im Rasterformat (sofern vorhanden); h. Kontrollzeichnung und/oder neuer Grundbuchplan. 5. Kapitel: Nachführung Art. 106 Grundsatz 1 Alle Bestandteile des provisorisch numerisierten Werkes sind nachzuführen. 2 Die Wiederherstellung der Vermarkung von Grenzpunkten hat sich auf die Origi- nalvermessung abzustützen. Art. 107 Allgemeine Bestimmung Alle Mutationen müssen so in das Fixpunktnetz des der provisorischen Numerisie- rung zugrundeliegenden Referenzsystems integriert werden, dass das Prinzip der Nachbarschaft gewährleistet ist. Art. 108 Grenzmutationen Die aus der provisorischen Numerisierung ermittelten Koordinaten der Grenzpunkte sind durch berechnete Werte aus den vorhandenen, originären Messunterlagen zu ersetzen. 9. Titel: Anerkennung und Abgeltung 1. Kapitel: Anerkennung112 Art. 109113 1 Für die Anerkennung nach Artikel 30 VAV müssen bei der Eidgenössischen Ver- messungsdirektion eingereicht werden: a. das Gesuch um Anerkennung; b. im Bedarfsfall eine Bestätigung, dass die bei einer Vorprüfung nach Arti- kel 27 VAV festgestellten Mängel behoben wurden; 112 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 113 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 34 211.432.21 c. alle Unterlagen der kantonalen Genehmigung, einschliesslich des Berichts der kantonalen Vermessungsaufsicht über die Durchführung und Verifika- tion der amtlichen Vermessung; d. das Datenprüfungsprotokoll eines von der Eidgenössischen Vermessungsdi- rektion bezeichneten Prüfdienstes, das ausweist, dass die Daten der amtli- chen Vermessung formell fehlerfrei im Datenmodell des Bundes vorhanden sind; e. die Schlussabrechnung. 2 Die Eidgenössische Vermessungsdirektion kann in der Programmvereinbarung mit dem Kanton festlegen, dass weitere Unterlagen und Daten eingereicht werden müs- sen. 2. Kapitel: Abgeltung Art. 110114 Unterlagen Die Abgeltung wird gestützt auf die Unterlagen nach Artikel 109 abgerechnet. Art. 111115 Zusicherung der Abgeltung 1 Abgeltungen werden im Rahmen der Vereinbarungen nach Artikel 30bis.116 VAV zugesichert. 2 Die Vereinbarungen enthalten mindestens Aussagen über die Vertragsparteien, die gegenseitig zu erbringenden Leistungen, die Zahlungsvoraussetzungen und den Zahlungsmodus sowie den Leistungsnachweis. 3 Die Eidgenössische Vermessungsdirektion bezeichnet die für die einzelnen Leis- tungen abzuliefernden Unterlagen. Art. 112117 114 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 115 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003, in Kraft seit 1. April 2003 (AS 2003 514). 116 Dieser Art. ist heute aufgehoben. 117 Aufgehoben durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 35 211.432.21 10. Titel: Schlussbestimmungen 1. Kapitel: Aufhebung bisherigen Rechts Art. 113 Es werden aufgehoben: a. die Weisungen vom 29. August 1925118 für die Vermarkung, Parzellarver- messung und Nachführung des Gebietes der Schweizerischen Bundesbah- nen; b. die Weisungen vom 21. Mai 1927119 für die Erstellung von Plankopien im Massstab 1 : 1000 über das Bahngebiet; c. die Anleitung vom 18. Oktober 1927120 für die Anwendung der Polarkoordi- natenmethode mit optischer Distanzmessung bei Grundbuchvermessungen; d. die Anleitung vom 24. Dezember 1927121 für die Erstellung des Übersichts- planes bei Grundbuchvermessungen; e. die Weisungen vom 14. März 1932122 für die Nachführung der Vermes- sungsfixpunkte; f. die Weisungen vom 23. Dezember 1932123 für die Nachführung der Planko- pien im Massstab 1 : 1000 und der Vermessungsfixpunkte des Bahngebietes; g. die Weisungen vom 30. Juni 1967124 über die Verwendung des Personals bei Grundbuchvermessungen; h. das Reglement vom 30. Juni 1967125 für die Erteilung der Bewilligung an Geometer-Techniker HTL zur Tätigkeit in der Grundbuchvermessung; i. die Weisungen vom 28. November 1974126 für die Vervielfältigung und Nachführung des Übersichtsplanes bei Grundbuchvermessungen; k. die Weisungen vom 28. November 1974127 für die Anwendung der automa- tischen Datenverarbeitung in der Parzellarvermessung. 118 In der AS nicht veröffentlicht. 119 In der AS nicht veröffentlicht. 120 In der AS nicht veröffentlicht. 121 [BS 2 613; AS 1955 801 Art. 22, 1975 109 Art. 20 Abs. 1] 122 [BS 2 588] 123 [BS 2 622] 124 [AS 1967 1025] 125 [AS 1967 1028] 126 [AS 1975 109] 127 [AS 1975 115] Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 36 211.432.21 2. Kapitel: Übergangsbestimmungen Art. 114 Ersterhebung bei definitiv anerkannten Vermessungen 1 Definitiv anerkannte Vermessungen, die gemäss den vor dem 15. Dezember 1910 geltenden Vorschriften erstellt worden sind, müssen durch eine Ersterhebung nach neuer Ordnung ersetzt werden. 2 Andere definitiv anerkannte Vermessungen, die gemäss den vor dem 10. Juni 1919 geltenden Vorschriften erstellt worden sind, müssen durch eine Ersterhebung nach neuer Ordnung ersetzt werden, wenn: a. die ursprüngliche Bestimmung deren Polygonzüge und Detailpunkte die 1919 geltenden Toleranzen überschreitet; oder b. die Detailaufnahme in der Instruktionszone II gemäss Buchstabe a nach dem Messtischverfahren erfolgt ist. Art. 114bis 128 Art. 115 Weitergeltung alten Rechts Für Arbeiten, die nach alter Ordnung durch- oder weitergeführt werden, gelten wei- ter: a. die Anleitung vom 24. Dezember 1927129 für die Erstellung des Übersichts- planes bei Grundbuchvermessungen; b. die Weisungen vom 28. November 1974130 für die Vervielfältigung und Nachführung des Übersichtsplanes bei Grundbuchvermessungen; c. die Weisungen vom 28. November 1974131 für die Anwendung der automa- tischen Datenverarbeitung in der Parzellarvermessung. Art. 115a132 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 5. Juni 2008 Der Abschluss der technischen Änderungen, die durch die Änderung vom 21. Mai 2008133 der VAV und dieser Verordnung bedingt sind, wird in der Programmverein- barung festgelegt. 128 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 11. März 2003 (AS 2003 514). Aufgehoben durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, mit Wirkung seit seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 129 [BS 2 613; AS 1955 801 Art. 22, 1975 109 Art. 20 Abs. 1] 130 [AS 1975 109] 131 [AS 1975 115] 132 Eingefügt durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). 133 AS 2008 2745 Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 37 211.432.21 3. Kapitel: Inkrafttreten Art. 116 Diese Verordnung tritt am 1. Juli 1994 in Kraft. Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 38 211.432.21 Anhang A134 (Art. 7 Abs. 2, 8 Abs. 5, 9 Abs. 1) Datenmodell des Bundes in INTERLIS beschrieben 134 Dieser Anhang gilt in der Fassung vom 18. Dez. 2001. Der Text dieses Anhangs wird in der AS nicht veröffentlicht. Separatdrucke der Verordnung mit Einschluss des Anhangs A sind bei der Eidgenössischen Vermessungsdirektion, 3084 Wabern, erhältlich (AS 2003 514). Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 39 211.432.21 Anhang B135 (Art. 64) Auszüge für die Grundbuchführung und technische Dokumentation Ersterhebung Erneuerung laufende Nachführung periodische Nachführung Informationsebene: Fixpunkte – Prüfprotokolle Instrumente – Messanordnung – Vorschlag für Fixpunktzeichen – Originalmessungen – Originalberechnun- gen – Netzplan/ Vektorplan – Punktkarte/-plana – Punktprotokollea – Unternehmerbericht – Prüfprotokolle Instrumente – Messanordnung – Vorschlag für Fixpunktzeichen – Erneuerungs- messungen – Erneuerungs- berechnungen – Netzplan/ Vektorplan – Punktkarte/-plana – Punktprotokollea – Unternehmerbericht – Messanordnung – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen – Ausschnitt Netz- plan/Vektorplan – Punktkarte/-plana – Punkteprotokollea – Punktkarte/-plana – Punktprotokollea – Unternehmerbericht Informationsebene: Bodenbedeckung – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Originalmessungen – Originalberechnun- gen – Kontrolldokumente – Einpassprotokolle – Unternehmerbericht – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Erneuerungsmes- sungen – Erneuerungsbe- rechnungen – Kontrolldokumente – Einpassprotokolle – Unternehmerbericht – originale Arbeits- pläne – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen – Kontrolldokumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen – Kontrolldokumente – Unternehmerbericht 135 Fassung gemäss Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 40 211.432.21 Ersterhebung Erneuerung laufende Nachführung periodische Nachführung Informationsebene: Einzelobjekte – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Originalmessungen – Original- berechnungen – Einpassprotokolle – Unternehmerbericht – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Erneuerungs- messungen – Erneuerungs- berechnungen – Einpassprotokolle – Unternehmerbericht – originale Arbeits- pläne – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen – Unternehmerbericht Informationsebene: Höhen – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Originalmessungen – Original- berechnungen – Unternehmerbericht – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Erneuerungs- messungen – Erneuerungs- berechnungen – Unternehmerbericht – originale Arbeits- pläne – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen – Unternehmerbericht Informationsebene: Nomenklatur – Nomenklaturplan – Kontrolldokumente – Unternehmerbericht – Nomenklaturplan – Kontrolldokumente – Unternehmer- bericht – Auszug aus Nomenklaturplan mit altem/neuem Zustand – Kontrolldokumente Informationsebene: Liegenschaften – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Originalmessungen – Originalberechnun- gen – Kontrolldokumente – Einpassprotokolle – Liegenschaftsbe- schrieb – Unternehmerbericht – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Erneuerungs- messungen – Erneuerungsbe- rechnungen – Flächenvergleich – Kontrolldokumente – Einpassprotokolle – Liegenschaftsbe- schrieb – Unternehmerbericht – originale Arbeits- pläne – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen – Kontrolldokumente – Mutationsplan und -tabelle Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 41 211.432.21 Ersterhebung Erneuerung laufende Nachführung periodische Nachführung Informationsebene: Rohrleitungen – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Originalmessungen – Original- berechnungen – Einpassprotokolle – Unternehmerbericht – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Erneuerungs- messungen – Erneuerungs- berechnungen – Einpassprotokolle – Kontrolldokumente – Unternehmerbericht – originale Arbeits- pläne – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen Informationsebene: Hoheitsgrenzen – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Originalmessungen – Original- berechnungen – Einpassprotokolle – Unternehmerbericht – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Erneuerungs- messungen – Erneuerungs- berechnungen – Einpassprotokolle – Kontrolldokumente – Unternehmerbericht – originale Arbeits- pläne – Nachführungs- messungen – Nachführungsbe- rechnungen – Mutationsplan und -tabelle – Planausschnitt für die Eidgenössische Vermessungsdirek- tion alte/neue Hoheitsgrenzen Informationsebene: Dauernde Bodenverschiebungen – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Originalmessungen – Original- berechnungen – Einpassprotokolle – Unternehmerbericht – Perimeterplan – Prüfprotokolle Instrumente – originale Arbeits- pläne – Luftbilder – Erneuerungs- messungen – Erneuerungs- berechnungen – Einpassprotokolle – Kontrolldokumente – Unternehmerbericht – Perimeterplan – originale Arbeits- pläne – Nachführungs- messungen – Nachführungs- berechnungen – Mutationsplan und -tabelle – Perimeterplan Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 42 211.432.21 Ersterhebung Erneuerung laufende Nachführung periodische Nachführung Informationsebene: Gebäudeadressen – Lokalisationsplan und Lokalisations- verzeichnis – Unternehmerbericht – Lokalisationsplan und Lokalisations- verzeichnis – Unternehmerbericht – Lokalisationsplan und Lokalisations- verzeichnis Informationsebene: Administrative Einteilungen – Planeinteilunga – Kontrolldokumente – Unternehmerbericht – Planeinteilunga – Kontrolldokumente – Unternehmerbericht – Planeinteilunga – Kontrolldokumente a Als Dokument nachzuführen Technische Verordnung des VBS über die amtliche Vermessung 43 211.432.21 Anhang C136 136 Aufgehoben durch Ziff. I der V des VBS vom 5. Juni 2008, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2759). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 44 211.432.21
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Sachverhalt ab Seite 146 BGE 110 Ib 145 S. 146 Theodor Sager ist Eigentümer der in Lostorf gelegenen Parzelle Nr. 1098. Auf der gegen Süden abfallenden Parzelle befindet sich im oberen nördlichen Teil ein 3-7 m tiefer Streifen mit einer Bestockung. Daran schliessen sich weiter hangaufwärts gegen Norden ein sogenannter Waldweg und darüber der Wald an. Es wurde beabsichtigt, auf dieser Parzelle ein Einfamilienhaus zu erstellen. Im Baubewilligungsverfahren erhob Rainer Pflumm, Eigentümer der südlichen Nachbarparzelle, Einsprache mit der Rüge, das Projekt halte den nach kantonalem Recht erforderlichen Waldabstand nicht ein und der massgebliche Waldrand verlaufe südlich des bestockten Streifens. Auf Ersuchen der Bauverwaltung Lostorf prüfte das kantonale Forstdepartement den Verlauf des Waldrandes auf der fraglichen Parzelle. Darauf stellte der Regierungsrat des Kantons Solothurn mit Beschluss vom 8. Dezember 1981 fest, dass der massgebliche Waldrand nördlich des sogenannten Waldweges verlaufe. Gegen diesen Beschluss reichte Rainer Pflumm beim Bundesgericht Beschwerde ein. Er machte geltend, der Waldrand sei nicht gesetzmässig festgelegt worden. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt den Beschluss des Regierungsrates auf. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 1. a) Nach § 9 des Forstgesetzes des Kantons Solothurn haben Bauten gegenüber dem Wald einen Abstand von 30 m einzuhalten. Im vorliegenden Fall steht diese kantonale Waldabstandsbestimmung nicht in Frage. Streitig ist vielmehr, wo die Waldgrenze bzw. der Waldrand liegt und von wo aus demnach der kantonale Waldabstand zu messen ist. Der Regierungsrat hat im angefochtenen Entscheid festgestellt, dass der Waldrand nördlich des Waldweges verlaufe. Er stützte seinen Entscheid auf die Forstpolizeigesetzgebung des Bundes. Es handelt sich daher um eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG , welche nach Art. 97 OG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim BGE 110 Ib 145 S. 147 Bundesgericht angefochten werden kann ( BGE 108 Ib 509 , BGE 107 Ib 50 , 352, 355). Die als Einsprache bezeichnete Eingabe des Beschwerdeführers ist somit als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen. b) Die Parzelle des Beschwerdeführers ist nur durch eine Erschliessungsstrasse vom Grundstück getrennt, auf dem der Verlauf des Waldrandes streitig ist. Als Nachbar hat der Beschwerdeführer ein besonderes und schutzwürdiges Interesse an der richtigen Festlegung des Waldrandes. Er ist daher nach Art. 103 lit. a OG zur Beschwerde legitimiert (nicht veröffentlichte E. 1 von BGE 108 Ib 509 ). 2. Das Waldareal ist Schutzobjekt der eidgenössischen Forstgesetzgebung ( Art. 31 Abs. 1 FPolG ). Der Begriff des Waldes wird in Art. 1 FPolV näher umschrieben. Danach gilt als Wald jede mit Waldbäumen und -sträuchern bestockte Fläche, die Holz erzeugt oder geeignet ist, Schutz- und Wohlfahrtswirkungen auszuüben. Als Wald gelten auch unbestockte Flächen wie Holzlagerplätze und Waldstrassen ( Art. 1 Abs. 2 FPolV ); Aushiebe für forstliche Anlagen gelten nicht als Rodung ( Art. 25 Abs. 2 FPolV ). Dieser Waldbegriff, wie er in der Bundesgesetzgebung umschrieben ist, gilt grundsätzlich auch für die kantonale Gesetzgebung, wo diese an den Wald rechtliche Folgen anknüpft; insbesondere kann die kantonale Gesetzgebung den Waldbegriff nicht enger umschreiben als das Bundesrecht. Es ist daher im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Anwendung der kantonalen Waldabstandsbestimmungen nach dem eidgenössischen Forstpolizeirecht zu prüfen, ob die hier streitigen Flächen Wald darstellen. 4. Der Waldweg ist vom Grundeigentümer Theodor Sager im Einverständnis mit dem Forstdienst geschaffen worden. Er wird Holzabfuhrweg genannt und dient als Plattform zur Holzbearbeitung. (...) Entscheidend ist, dass die kantonale Forstbehörde die forstliche Zweckbestimmung des Weges anerkannt hat und ihn als "Waldstrasse" ( Art. 1 Abs. 2 FPolV ) oder als "forstliche Anlage" im Sinne von Art. 25 Abs. 2 FPolV betrachtet. Damit steht fest, dass ihr Einverständnis für die Erstellung dieser Anlage nicht als Zweckentfremdungsbewilligung, d.h. nicht als Rodungsbewilligung im Sinne von Art. 25 Abs. 1 FPolV , gemeint war und auch nicht gelten kann. Demzufolge sind die vom Grundeigentümer für die Anlage des Weges getätigten Aushiebe nicht als Rodung zu betrachten, welche die fragliche Fläche für immer ihrem Zweck entfremdet und das Waldareal entsprechend vermindert hätte. BGE 110 Ib 145 S. 148 Liegt aber keine bewilligte Rodung vor, so blieb die ausgehauene Fläche Teil des Waldareals. Soweit im angefochtenen Entscheid die Fläche des Waldweges, d.h. die Holzbearbeitungsplattform nicht zum Waldareal gezählt und der Waldrand bergseits des Waldweges festgesetzt wird, liegt eine Verletzung von Bundesrecht vor. 5. Der Regierungsrat hat die Bestockung, die unterhalb des Waldweges verblieben ist, nicht als Wald im Sinne von Art. 1 FPolV betrachtet, sondern als Hecke eingestuft, die unter dem Schutz kantonalen Rechtes stehe. Wie oben dargelegt worden ist, beurteilt sich die Waldqualität einer Bestockung nach der Bundesgesetzgebung. Es bleibt daher zu prüfen, ob die streitige Bestockung als Wald im Sinne von Art. 1 FPolV betrachtet werden muss. In dieser Hinsicht hat die kantonale Instanz den rechtserheblichen Sachverhalt nicht vollständig abgeklärt. Eine im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren durchgeführte genaue und vollständige forstliche Bestandesaufnahme hat nun die erforderlichen Einzelheiten festgestellt. (Ausführungen darüber, dass nach dem vom Bundesgericht eingeholten Bericht des eidgenössischen Forstinspektors der Streifen südlich des Waldweges Bestandteil des überliegenden Waldes ist.) Die Auffassung des eidgenössischen Forstinspektors erscheint überzeugend. Sie beruht auf einer genauen Bestandesaufnahme und Analyse der bestehenden Bestockung. Demgegenüber hat der Regierungsrat lediglich auf den Waldinventarplan abgestellt, ohne sich mit dem bestehenden Wuchs näher auseinanderzusetzen. Daher ist entgegen dem angefochtenen Entscheid die Bestockung unterhalb des Waldweges als Waldareal im Sinne von Art. 1 FPolV zu betrachten.
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Sachverhalt ab Seite 43 BGE 89 III 43 S. 43 A.- Fräulein Gachnang besass für eine Darlehensforderung von Fr. 10'000.-- gegen Tutzer einen auf dessen Liegenschaft lastenden, ihm selbst gehörenden Inhaberschuldbrief von Fr. 10'000.-- im 3. Range zu Faustpfand. In der von ihr angehobenen Betreibung auf Verwertung des Faustpfandes ersteigerte sie den Schuldbrief am 25. Oktober 1961 zum Preise von Fr. 1400.--, wovon Fr. 1209.90 als Nettoerlös auf ihre Darlehensforderung entfielen, die sich in der folgenden Zeit durch Abzahlungen bis zum 4. Dezember 1962 auf Fr. 7002.40 verringerte. B.- Das Pfandgrundstück gelangte seinerseits in einer von anderer Seite angehobenen Betreibung am 8. Dezember BGE 89 III 43 S. 44 1962 zur Versteigerung. Auch hier erhielt Fräulein Gachnang den Zuschlag, und zwar zum Höchstangebot von Fr. 51'000.-- . Auf ihren Schuldbrief im 3. Range, dessen Betrag in der Zwischenzeit auf Fr. 8000.-- herabgesetzt worden war, entfiel nach Abzug der vorgehenden Pfandforderungen ein Betrag von Fr. 7839.30, wovon Fr. 488.-- auf die Zinsen und Fr. 7351.30 auf das Schuldbriefkapital verlegt wurden. Für den Ausfall von Fr. 648.70 stellte das Betreibungsamt ihr am 28. Februar 1963 einen Pfandausfallschein aus. C.- Gestützt hierauf verlangte sie binnen Monatsfrist "Fortsetzung der Betreibung". Das Betreibungsamt entsprach diesem Begehren durch Zustellung einer Konkursandrohung. D.- Hierüber beschwerte sich der Schuldner in den kantonalen Instanzen ohne Erfolg. Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde vom 20. Mai 1963 zieht er an das Bundesgericht weiter mit dem erneuten Antrag, die Konkursandrohung sei aufzuheben. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 158 Abs. 2 SchKG gibt der Pfandausfallschein dem Gläubiger das Recht, binnen Monatsfrist die Betreibung je nach der Person des Schuldners auf Pfändung oder Konkurs zu führen. Der vorliegende Pfandausfallschein beruht auf dem Ergebnis einer Grundstücksverwertung, die nicht auf Begehren der Rekursgegnerin durchgeführt wurde. Gleichwohl war ihr nach Art. 120 VZG für den ungedeckt gebliebenen Betrag ihrer Schuldbriefforderung ein Pfandausfallschein mit voller gesetzlicher Wirkung auszustellen, da diese Forderung im rechtskräftigen Lastenverzeichnis anerkannt worden war, und zwar als fällig infolge einer auf den 31 . Mai 1962 erfolgten Kündigung (vgl. BGE 85 III 141 Erw. 2). 2. Der Schuldner hat den Pfandausfallschein als solchen nicht angefochten. Er will aber die Rechtswirkungen BGE 89 III 43 S. 45 des Art. 158 Abs. 2 SchKG deshalb nicht gelten lassen, weil unter den vorliegenden Umständen eine persönliche Schuldpflicht für den Ausfall nicht bestehe oder wenigstens ernsthafte Einwendungen gegen die Annahme einer solchen Schuldpflicht gegeben seien. Die Gläubigerin habe sich nämlich für ihr Darlehen volle Deckung verschafft, indem sie mittels des ersteigerten Schuldbriefes dann bei der Grundstücksverwertung einen die restliche Darlehensforderung übersteigenden Betrag erzielt habe. Dieser Betrachtungsweise ist nicht beizustimmen. Wie die Vorinstanz in richtiger Weise ausführt, bestand die von der Darlehensgläubigerin ersteigerte Schuldbriefforderung selbständig neben dem restlichen Darlehensbetrag, so dass nun auch der auf diesem Schuldbrief bei der Grundstücksverwertung entstandene Ausfall geltend gemacht werden kann, gleichgültig auf wieviel sich die restliche Darlehensschuld noch beläuft. Die Rekursgegnerin hatte den Schuldbrief zunächst bloss als Faustpfand erhalten; Eigentümer des Schuldbriefes war der Rekurrent geblieben. Eine Betreibung auf Grundpfandverwertung stand daher der Rekursgegnerin nicht zu; sie war darauf angewiesen, den Schuldbrief als Faustpfand verwerten zu lassen ( BGE 52 III 158 ). Ebenso wie ein Dritter konnte hiebei sie selbst den Schuldbrief ersteigern, mit der Folge, dass der Zuschlagspreis in seinem Reinbetrag als Erlös für die Darlehensforderung zu verwenden war. Durch diese Verwertung war anderseits das Faustpfandrecht abgelöst, so dass der Ersteigerer den Schuldbrief als nicht mehr verpfändeten Grundpfandtitel erwarb. Infolgedessen stand der Rekursgegnerin neben der restlichen Darlehensforderung die damit in keiner Weise mehr zusammenhängende Schuldbriefforderung zu, die, als es zur Grundstücksverwertung kam, im Lastenverzeichnis als fällige Forderung mit Grundpfandrecht im 3. Rang anerkannt wurde. Gegen die Geltendmachung des durch den Pfandausfallschein ausgewiesenen Grundpfandausfalles gemäss Art. 158 Abs. 2 SchKG lässt sich somit nichts BGE 89 III 43 S. 46 daraus herleiten, dass der auf diesen Schuldbrief entfallene Grundstückserlös die noch ausstehende Darlehensforderung übersteige. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die dem Schuldbrief eigene persönliche Schuldpflicht ( Art. 842 ZGB ) im vorliegenden Fall untergegangen sein sollte. Insbesondere ist nicht die Rede von der Einleitung eines Nachlassverfahrens, das zur Abfindung der Rekursgegnerin mit einer Nachlassdividende geführt hätte. AusBGE 64 III 172ff. kann der Rekurrent unter diesen Umständen nichts gegen die Konkursandrohung herleiten. Dem Rekurrenten ist freilich zuzugeben, dass die Verwertung eines Eigentümerpfandtitels als Faustpfand oder auch infolge Pfändung mitunter zu einem unbefriedigenden Ergebnis führt, sei es, dass bei der gesonderten Verwertung des Pfandtitels und dann nochmals bei einer spätern Grundstücksverwertung Ausfälle entstehen, sei es, dass der Ersteigerer des Pfandtitels dann bei der Grundstücksverwertung einen unangemessenen Gewinn erzielt (was namentlich dann, wenn der Pfandtitel ins Eigentum des Gläubigers, der ihn als Faustpfand besass, gelangt ist, als stossend erscheinen kann; vgl. OFTINGER, N. 141 und 141 a zu Art. 901 ZGB mit Hinweisen). Allein dies ist (was auch der soeben angeführte Autor anerkennt) eine unvermeidliche Folge der gesonderten Verwertung von Eigentümerpfandtiteln, die zu vollem Eigentums- und Gläubigerrecht auf den Ersteigerer, und sei es auch der betreibende Faustpfandgläubiger, übergehen. Eine solche gesonderte Verwertung ist grundsätzlich zulässig; insbesondere entspricht sie den mit dem Faustpfandrecht an Wertpapieren verbundenen Verwertungsbefugnissen, und im übrigen lässt sich in manchen Fällen eine nachfolgende Grundstückverwertung vermeiden, was namentlich im Interesse des Schuldners liegen kann (vgl. BGE 65 III 33 ff.). Immerhin tragen verschiedene Vorschriften des Betreibungs- und Konkursrechts Sorge dafür, dass Eigentümerpfandtitel nicht gesondert verwertet werden, wenn BGE 89 III 43 S. 47 es ohnehin zur Verwertung des Grundstücks kommen muss (vgl. Art. 76 KV, Art. 35 und 126 VZG ). Eine solche Sachlage war aber nicht gegeben, als der hier in Frage stehende Schuldbrief als Faustpfand verwertet wurde, wie denn auch der Steigerungserwerb der Rekursgegnerin unangefochten blieb.
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Sachverhalt ab Seite 549 BGE 138 III 548 S. 549 A. W. bezog ab 1. August 2007, seine Ehefrau S. ab 1. Februar 2008, Ergänzungsleistungen (EL) zur Altersrente der AHV. Mit Verfügung vom 1. Januar 2011 setzte die Ausgleichskasse Schwyz (nachfolgend: Ausgleichskasse) die Ergänzungsleistungen für 2011 auf monatlich Fr. 2'922.- und Fr. 3'121.- fest. Bei der Berechnung des Anspruchs berücksichtigte sie einnahmenseitig u.a. jeweils Fr. 66'663.- "Übriges Vermögen Schenkung". Mit Eingaben vom 13. und 19. Januar 2011 erhob G., der jüngere Sohn der beiden EL-Bezüger, Einsprache und beantragte, die 2007 von seinem Vater erworbene Liegenschaft sei zum Ertragswert (Fr. 216'217.-) und nicht zum Vermögenswert (Fr. 320'507.-) anzurechnen. Im Februar 2011 verstarb W. Mit Verfügung vom 8. März 2011 setzte die Ausgleichskasse die Ergänzungsleistung für S. ab 1. März 2011 neu auf monatlich Fr. 2'894.- fest, dies unter Anrechnung von Fr. 133'326.- "ÜbrigesVermögen Schenkung". Mit Einspracheentscheid vom 14. Juli 2011 bestätigte sie gegenüber der Erbengemeinschaft W. sel. die Verfügung vom 1. Januar 2011. B. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde der Erbengemeinschaft des W. sel. und von S. hob das Verwaltungsgericht des Kantons BGE 138 III 548 S. 550 Schwyz die Verfügung vom 8. März 2011 auf und wies die Sache an die Ausgleichskasse zurück, damit sie nach Vornahme ergänzender Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den EL-Anspruch der Ehefrau des Verstorbenen ab dem 1. März 2011 neu verfüge. Im Übrigen wies es das Rechtsmittel ab (Entscheid vom 27. Oktober 2011). C. Die Erbengemeinschaft des W. sel. und S. führen gemeinsam Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid seien dahingehend abzuändern, dass überhaupt kein Verzichtsvermögen angerechnet werden dürfe und die Sache sei zur entsprechenden Neufestsetzung der Ergänzungsleistungen für den Verstorbenen und seine Ehefrau, eventualiter zu ergänzenden Abklärungen an die Ausgleichskasse zurückzuweisen. Das kantonale Gericht und die Ausgleichskasse verzichten auf eine Stellungnahme. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat sich nicht vernehmen lassen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 7. Die Vorinstanz ist ohne Weiterungen davon ausgegangen, bei dem vom verstorbenen EL-Bezüger mit Kaufvertrag vom 31. Oktober 2007 entäusserten Grundstück Y., bestehend u.a. aus Wiesland mit Wohnhaus und einem Kleingebäude, Acker, Wiese, Weide, Hoch- und Flachmoor einschliesslich weiterer Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland, handle es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11). 7.1 7.1.1 Nach Art. 4 BGBB gelten für Grundstücke, die für sich allein oder zusammen mit andern Grundstücken ein landwirtschaftliches Gewerbe bilden, die besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes über die landwirtschaftlichen Gewerbe (Abs. 1). Die Bestimmungen über landwirtschaftliche Gewerbe gelten nicht für landwirtschaftliche Grundstücke, die: a. zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gemäss Artikel 8 gehören; b. (...; Abs. 3). Laut Art. 8 BGBB finden die Bestimmungen über die einzelnen landwirtschaftlichen Grundstücke auf ein landwirtschaftliches Gewerbe Anwendung, wenn es: a. seit mehr als sechs Jahren rechtmässig ganz oder weitgehend BGE 138 III 548 S. 551 parzellenweise verpachtet ist und diese Verpachtung im Sinne von Artikel 31 Absatz 2 Buchstaben e und f des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1985 über die landwirtschaftliche Pacht (LPG; SR 221.213.2) weder vorübergehenden Charakter hat noch aus persönlichen Gründen erfolgt ist; b. unabhängig von seiner Grösse wegen einer ungünstigen Betriebsstruktur nicht mehr erhaltungswürdig ist. Ein Grundstück gilt als landwirtschaftlich, das für die landwirtschaftliche oder gartenbauliche Nutzung geeignet ist ( Art. 6 Abs. 1 BGBB ). 7.1.2 Gemäss Art. 7 BGBB gilt als landwirtschaftliches Gewerbe eine Gesamtheit von landwirtschaftlichen Grundstücken, Bauten und Anlagen, die als Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion dient und zu deren Bewirtschaftung, wenn sie landesüblich ist, mindestens eine Standardarbeitskraft nötig ist. Der Bundesrat legt die Faktoren und die Werte für die Berechnung einer Standardarbeitskraft in Abstimmung mit dem Landwirtschaftsrecht fest (Abs. 1; vgl. Art. 2a der Verordnung vom 4. Oktober 1993 über das bäuerliche Bodenrecht [VBB; SR 211.412.110] ). Bei der Beurteilung, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe vorliegt, sind diejenigen Grundstücke zu berücksichtigen, die diesem Gesetz unterstellt sind (Art. 2 [Allgemeiner Geltungsbereich]; Abs. 3). Die Verpachtung einzelner Parzellen eines landwirtschaftlichen Gewerbes für sich allein betrachtet ändert nichts an dieser Eigenschaft (EDUARD HOFER, in: Das bäuerliche Bodenrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991, 2. Aufl. 2011, N. 37f zu Art. 7 BGBB ; vgl. BGE 111 II 487 E. 3a S. 492). Die Kantone können landwirtschaftliche Betriebe, welche die Voraussetzungen nach Artikel 7 hinsichtlich der Standardarbeitskräfte nicht erfüllen, den Bestimmungen über die landwirtschaftlichen Gewerbe unterstellen; die minimale Betriebsgrösse ist dabei in einem Bruchteil einer Standardarbeitskraft festzulegen und darf 0,75 Standardarbeitskräfte nicht unterschreiten ( Art. 5 lit. a BGBB ). Nach § 22 Abs. 2 des schwyzerischen Gesetzes vom 26. November 2003 über die Landwirtschaft (SRSZ 312.100) sind landwirtschaftliche Betriebe im Berggebiet gemäss Art. 1 Abs. 3 der Verordnung vom 7. Dezember 1998 über den landwirtschaftlichen Produktionskataster und die Ausscheidung von Zonen (Landwirtschaftliche Zonen-Verordnung; SR 912.1) den Bestimmungen über die landwirtschaftlichen Gewerbe unterstellt, sofern für ihre Bewirtschaftung mindestens 0,75 Standardarbeitskräfte (SAK) nötig sind ( Art. 5 lit. a BGBB ). Das Berggebiet im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Landwirtschaftliche Zonen-Verordnung umfasst die Bergzonen I-IV. BGE 138 III 548 S. 552 7.2 Vorliegend fragt sich, ob es sich beim Gegenstand des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2007 (Grundstück Y. und sechs weitere Parzellen mit Acker-, Wies- und Weidland) überhaupt um ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 BGBB oder um einen vom Kanton gestützt auf Art. 5 lit. a BGBB den diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen unterstellten landwirtschaftlichen Betrieb nach § 22 Abs. 2 des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes handelt, oder ob ein unter Art. 8 BGBB fallender Sachverhalt gegeben ist. Davon hängt entscheidend ab, ob im Zusammenhang mit der Veräusserung des gesamten landwirtschaftlichen Grundeigentums des verstorbenen EL-Bezügers (Ziff. 13 des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2007) ein Vermögensverzichtstatbestand im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG (SR 831.30) und Art. 17 Abs. 5 ELV (SR 831.301) gegeben ist: 7.2.1 Nach Art. 42 BGBB haben, wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe veräussert wird, die nachgenannten Verwandten des Veräusserers ein Vorkaufsrecht in folgender Rangordnung, wenn sie es selber bewirtschaften wollen und dafür geeignet erscheinen: 1. jeder Nachkomme; 2. (...; Abs. 1). Wird ein landwirtschaftliches Grundstück veräussert, so hat jeder Nachkomme des Veräusserers ein Vorkaufsrecht daran, wenn er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder wirtschaftlich über ein solches verfügt und das Grundstück im ortsüblichen Bewirtschaftungsbereich dieses Gewerbes liegt (Abs. 2). Gemäss Art. 44 BGBB können die Berechtigten das Vorkaufsrecht an einem landwirtschaftlichen Gewerbe zum Ertragswert und an einem landwirtschaftlichen Grundstück zum doppelten Ertragswert geltend machen. Ebenfalls hat der Pächter unter bestimmten Bedingungen ein Vorkaufsrecht, wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe oder ein landwirtschaftliches Grundstück veräussert wird. Das Vorkaufsrecht der Verwandten geht indessen vor ( Art. 47 BGBB ). Selbstbewirtschafter ist, wer den Boden selber bearbeitet und, wenn es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe handelt, dieses zudem persönlich leitet. Für die Selbstbewirtschaftung geeignet ist, wer die Fähigkeiten besitzt, die nach landesüblicher Vorstellung notwendig sind, um den landwirtschaftlichen Boden selber zu bearbeiten und ein landwirtschaftliches Gewerbe zu leiten ( Art. 9 Abs. 1 und 2 BGBB ). Den Boden im Sinne dieser Bestimmung selber bearbeiten bedeutet, die im Betrieb anfallenden Arbeiten auf dem Feld, im Stall, auf dem Hof (inkl. Administrativarbeiten) und im Zusammenhang mit der Vermarktung der Produkte zu einem wesentlichen Teil selber verrichten (ZBGR 87/2006 S. 273, 5A.20/2004 E. 3.2; BGE 115 II 181 BGE 138 III 548 S. 553 E. 2a S. 183 ff.). Die bearbeitete Fläche muss nicht notwendigerweise ein landwirtschaftliches Gewerbe sein (BRUNO BEELER, Bäuerliches Erbrecht gemäss dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht [BGBB] vom 4. Oktober 1991, 1998, S. 112 f.). Es kann auch ein für die landwirtschaftliche Nutzung geeignetes, landwirtschaftliches Grundstück im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BGBB sein (PAUL RICHLI, Landwirtschaftliches Gewerbe und Selbstbewirtschaftung - zwei zentrale Begriffe des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht, AJP 1993 S. 1067). Auch wer eine landwirtschaftliche Tätigkeit als Freizeitbeschäftigung ausübt, kann - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - als Selbstbewirtschafter gelten (Urteil 2C_855/2008 vom 11. Dezember 2009 E. 2.1). 7.2.2 Wird ein landwirtschaftliches Gewerbe verpachtet, bleibt das Vorkaufsrecht der Nachkommen bestehen, auch wenn sie es insofern nicht selber bewirtschaften können, als sie den Boden nicht im Sinne von Art. 9 BGBB selber bearbeiten können. Sie müssen jedoch dafür geeignet erscheinen. Dies ergibt sich zwingend aus der Rangordnung, wonach das Vorkaufsrecht der Verwandten demjenigen des Pächters vorgeht ( Art. 47 Abs. 3 BGBB ). Andernfalls könnte dieses Privileg durch Verpachtung des landwirtschaftlichen Gewerbes oder landwirtschaftlicher Grundstücke ausgehebelt werden. Umgekehrt wird die Rechtsposition des Pächters dadurch geschützt, dass bei Veräusserung des Pachtgegenstandes der Erwerber in den Pachtvertrag eintritt ( Art. 14 LPG "Kauf bricht Pacht nicht"; BGE 124 III 37 E. 2 S. 39). Gleiches muss umso mehr gelten, wenn nur ein Teil des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens verpachtet ist, der Erwerber den nicht verpachteten Teil selbst bewirtschaftet und er dazu geeignet ist. Auch in einem solchen Fall muss der Nachkomme gestützt auf Art. 44 BGBB das Vorkaufsrecht am landwirtschaftlichen Gewerbe zum Ertragswert geltend machen können. 7.2.3 Vorliegend steht fest, dass auf dem vom verstorbenen EL-Bezüger mit Kaufvertrag vom 31. Oktober 2007 u.a. veräusserten Grundstück Y., umfassend eine Fläche von 19'383 m2 (= 1,9383 ha), zwei Pachtverträge lasteten, wobei gemäss Angaben der Beschwerdeführerinnen das seit (...) verpachtete Land 1,8 ha misst. Unter der Annahme, dass das Kaufobjekt ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 BGBB oder ein vom Kanton gestützt auf Art. 5 lit. a BGBB den diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen unterstellter landwirtschaftlicher Betrieb nach § 22 Abs. 2 des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes war, hatte der Käufer Anspruch auf BGE 138 III 548 S. 554 Übernahme zum Ertragswert und damit zu einem tieferen Wert als der Verkehrswert nach Art. 17 Abs. 5 Satz 2 ELV . Ist dagegen von einem landwirtschaftlichen Gewerbe auszugehen, auf das nach Art. 8 BGBB die Bestimmungen über die einzelnen landwirtschaftlichen Grundstücke anzuwenden sind (HOFER, a.a.O., N. 2 f. zu Art. 8 BGBB ; Urteil 2C_ 200/2009 vom 14. September 2009 E. 2.1), hatte der Sohn des verstorbenen EL-Bezügers und Erwerber kein gesetzliches Vorkaufsrecht. Ein solches setzte voraus, dass er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder wirtschaftlich über ein solches verfügt und das Grundstück im ortsüblichen Bewirtschaftungsbereich dieses Gewerbes liegt ( Art. 42 Abs. 2 BGBB ), was nach Lage der Akten nicht zutrifft. Damit hatte er aber auch keinen Anspruch auf Übernahme zum (doppelten) Ertragswert und damit allenfalls zu einem tieferen Wert als der Verkehrswert nach Art. 17 Abs. 5 Satz 2 ELV . Es liegt bzw. läge insoweit eine (gemischte) Schenkung vor, woran der vereinbarte Gewinnanspruch nach Art. 41 Abs. 1 BGBB nichts ändert (FELIX SCHÖBI, Bäuerliches Bodenrecht. Eine Annäherung in drei Aufsätzen, 1994, S. 70). Der noch unter dem alten Recht ergangene BGE 120 V 10 , auf den sich die Beschwerdeführerinnen in diesem Zusammenhang berufen, ist überholt. 7.3 Nach dem Gesagten kann nicht abschliessend beurteilt werden, ob im Zusammenhang mit der Veräusserung des gesamten landwirtschaftlichen Grundeigentums des verstorbenen EL-Bezügers (Ziff. 13 des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2007) ein Vermögensverzichtstatbestand im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG und Art. 17 Abs. 5 ELV gegeben ist. Die Ausgleichskasse wird die notwendigen Abklärungen (vorab Qualifizierung des Kaufgegenstandes, allenfalls - in einem zweiten Schritt - des zuweisungsberechtigten Erben) vorzunehmen haben und danach die Ergänzungsleistung neu festsetzen (...).
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Erwägungen ab Seite 86 BGE 111 Ib 85 S. 86 Aus den Erwägungen: 2. Das Areal, auf das sich das Abbaugesuch bezieht, liegt etwa je zur Hälfte in der Industriezone der Gemeinde Schafisheim und im Land- und Forstwirtschaftsgebiet gemäss § 129 des Baugesetzes des Kantons Aargau vom 2. Februar 1971 (BauG). Es gilt nicht als Nutzungszone im Sinne des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes. Bauten und Anlagen in diesem Gebiet bedürfen daher einer Bewilligung gemäss Art. 24 RPG . Eine Baubewilligung für zonenkonforme Bauten gemäss Art. 22 RPG kann erst erteilt werden, wenn die Nutzungszone festgelegt ist ( BGE 109 Ib 126 E. 2). Die Kantone sind verpflichtet, die dem Raumplanungsgesetz entsprechenden Nutzungspläne bis zum 1. Januar 1988 zu erstellen ( Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG ). Das Bundesgericht anerkennt, dass sie ihre Verpflichtung, Nutzungspläne zu erlassen, in mehreren Schritten erfüllen können. Bestehendes kantonales Recht, welches das ausserhalb der Bauzonen gelegene Gebiet als "übriges Gemeindegebiet" oder - wie im Kanton Aargau - als "Land- und Forstwirtschaftsgebiet" bezeichnet, ist daher nicht bundesrechtswidrig, doch befreit es die Kantone und Gemeinden nicht davon, die vom Bundesrecht geforderten definitiven Nutzungszonen festzulegen ( Art. 2 RPG ; BGE 110 Ib 266 f. E. 4). BGE 111 Ib 85 S. 87 Bei dieser Rechtslage und dem gegebenen Stand der Raumplanung im Kanton Aargau kann der Auffassung des Bundesamtes für Raumplanung, wonach Art. 24 RPG auf das von der Beschwerdeführerin gestellte Kiesabbaugesuch nicht zur Anwendung komme, nicht gefolgt werden. In gleicher Weise, wie im übrigen Gemeindegebiet bis zur Festlegung der vom Bundesrecht geforderten Landwirtschaftszonen auch für Landwirtschaftsbauten eine Bewilligung nach Art. 24 RPG erforderlich ist, sofern das kantonale Recht dieses Gebiet nicht einer Landwirtschaftszone gleichstellt ( BGE 109 Ib 126 E. 2), sind Abbaugesuche ausserhalb der Bauzonen, solange keine Abbauzonen festgelegt sind, nach Art. 24 RPG zu prüfen und dürfen nur bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Dies entspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 108 Ib 366 ff. E. 5 und 6; nicht veröffentlichte Urteile vom 27. Juni 1984 i.S. Sand AG, E. 2, und vom 26. September 1984 i.S. Chur c. Kiesgrube Rheinmühle, E. 2; s. auch EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, Nrn. 18 und 19 zu Art. 24, S. 296). Ein entsprechendes Gesuch nicht zu behandeln, ginge nicht an. Dies käme einer unzulässigen befristeten Bausperre für eine standortgebundene Anlage gleich. Soll eine Bausperre angeordnet werden, erlaubt es das Bundesrecht den Kantonen, Planungszonen festzulegen ( Art. 27 RPG ). Machen sie hievon jedoch keinen Gebrauch und gibt ihnen das kantonale Recht keine sonstige bundesrechtskonforme Möglichkeit, ein Gesuch zurückzustellen, so käme die Nichtbehandlung des Begehrens einer Rechtsverweigerung gleich. Eine solche wäre auch im Hinblick auf die Anforderungen der Raumplanung nicht begründet, erlaubt doch die Anwendung von Art. 24 RPG , deren Interessen zu berücksichtigen. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht sowohl das Gesuch der Beschwerdeführerin als auch die übrigen Begehren, die es am gleichen Tag behandelt und in begrenztem Ausmass bewilligt hat, nach Art. 24 RPG beurteilt. Fragen kann sich einzig, ob das Gericht eine unterschiedliche Beurteilung hätte vornehmen müssen, soweit sich das Gesuch auf eingezontes Areal bezog. Dies zu tun, oblag ihm indessen nicht. Zutreffend weist das Gericht darauf hin, dass das Abbaubegehren ein untrennbares Ganzes bildet, legt doch die Beschwerdeführerin selbst dar, dass ein Abbau des eingezonten Landes undenkbar ist, wenn nicht die im Land- und Forstwirtschaftsgebiet gelegenen angrenzenden Parzellen miteinbezogen werden. Es ergibt sich dies auch schlüssig aus den eingereichten BGE 111 Ib 85 S. 88 Abbauplänen 1. und 2. Etappe. Aus der von ihm bejahten Unvereinbarkeit des Gesuches mit Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG hat das Gericht daher zu Recht die Ablehnung des Begehrens, auch soweit es sich auf Industriezonenareal bezieht, gefolgert. 3. Der Ausgang der Sache hängt somit davon ab, ob das Verwaltungsgericht zu Recht annehmen durfte, der Bewilligung des Begehrens der Beschwerdeführerin stünden überwiegende Interessen im Sinne von Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG entgegen. Ob das Verwaltungsgericht die hiefür nötige Interessenabwägung richtig vorgenommen hat, prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei, doch auferlegt es sich Zurückhaltung, soweit die Beurteilung von der Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken ( BGE 107 Ib 336 E. 2c mit Verweisungen). a) Das Gericht hat zur Begründung seines Standpunktes das Dekret des Grossen Rates vom 19. August 1980 über den Abbau von Steinen und Erden als bundesrechtskonforme Konkretisierung der zu berücksichtigenden Interessen beigezogen. Dies durfte es tun. Wenn das Bundesgericht von der "abschliessenden bundesrechtlichen Regelung nach Art. 24 Abs. 1 RPG " spricht ( BGE 108 Ib 132 E. 1a), besagt dies, dass die Kantone Bewilligungen für nicht zonenkonforme Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen nur erteilen dürfen, wenn sie den Anforderungen dieser für die zweckmässige Nutzung des Bodens und die geordnete Besiedlung des Landes zentralen Vorschriften entsprechen. Dass das kantonale Recht in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Raumplanung ( Art. 1 und 3 RPG ) die zu berücksichtigenden Interessen konkretisieren darf, entspricht der verfassungsrechtlichen Lage, wonach die Kantone in Respektierung der bundesrechtlichen Grundsätze die Raumplanung zu schaffen haben ( Art. 22quater Abs. 1 BV ). Auch steht die zwingende bundesrechtliche Festlegung der Bewilligungsvoraussetzungen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen der Anwendung des übrigen einschlägigen Rechts des Bundes, der Kantone und der Gemeinden, das bei der Ausführung des Vorhabens zu berücksichtigen ist, klarerweise nicht entgegen. b) Das Abbaudekret, das der Grosse Rat gestützt auf die entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ausreichende und eindeutige gesetzliche Grundlage des § 159 Abs. 2 BauG erlassen hat, will im Sinne der Ziele und Grundsätze der Raumplanung - s. insbesondere Art. 1 Abs. 2 lit. a und d sowie Art. 3 Abs. 2 RPG - einen BGE 111 Ib 85 S. 89 geordneten, die Landschaft schonenden Abbau von Steinen und Erden sicherstellen. Hiezu sieht es vor, dass Steine und Erden wie Kies, Sand, Lehm, Ton und dergleichen im selben Gebiet gleichzeitig nur an einer Stelle abgebaut werden dürfen. Mehrere Abbauberechtigte haben an einer Stelle gemeinsam abzubauen (§ 3 Abs. 1). Hiefür ist ein Gesamtabbau- und Wiederherrichtungsplan auszuarbeiten (§§ 4-6), welcher diejenigen Parzellen im gleichen Gebiet umfasst, für die vorentscheidweise die Zulässigkeit des Abbaues festgestellt worden ist (§ 4 Abs. 2). Bestehende Abbaustellen im gleichen Gebiet sind in den Gesamtabbauplan aufzunehmen (§ 5 Abs. 3). Es trifft zwar zu, dass diese den Zielen und Grundsätzen der Raumplanung entsprechende Regelung nicht ausdrücklich auf das bundesrechtliche Planungsinstrumentarium Bezug nimmt, wie das Bundesamt für Raumplanung feststellt. Doch schliesst dies ihre Berücksichtigung bei der Anwendung von Art. 24 RPG nicht aus. Auch steht das Dekret der sich aus der Planungspflicht ( Art. 2 RPG ) ergebenden nutzungsplanmässigen Festlegung der Abbauzonen nicht entgegen. Das Verwaltungsgericht hält fest, es könnten zwei aufeinander abgestimmte kommunale Zonenpläne oder ein kantonaler Raumnutzungsplan erstellt werden. Der Gemeinderat Schafisheim bestätigt in seiner Vernehmlassung, die Einwohnergemeindeversammlung vom Dezember 1984 habe die Einleitung des Nutzungsplanverfahrens für das übrige Gemeindegebiet beschlossen. c) Die Beschwerdeführerin bestreitet vorab, dass das Gebiet, in dem sie Kies abbauen wolle, schutzwürdig sei. Es trifft zu, dass das Verwaltungsgericht ausführt, die Ebene sei für sich allein betrachtet eher eintönig und durch die bestehenden Abbaustellen sowie einige industriell anmutende Landwirtschaftsbauten und die modernen Hoch- und Industriebauten im Norden von Schafisheim sowie am Westrand von Lenzburg beeinträchtigt. Doch steht diese bereits vorhandene Verunstaltung dem berechtigten Anliegen nicht entgegen, bestehende erhebliche Beeinträchtigungen zu beheben (§ 7 Abbaudekret) und im gleichen Gebiet verschiedene Abbaustellen mit den damit unvermeidlicherweise verbundenen nachteiligen Folgen wenn immer möglich zu verhindern (§ 3 Abbaudekret). Mit ihren Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin nicht in Abrede zu stellen, dass mehrere intensiv genutzte grosse Kiesgruben, die in einer zusammenhängenden Geländekammer zur BGE 111 Ib 85 S. 90 gleichen Zeit an verschiedenen Stellen betrieben werden, zu einer Verunstaltung der Landschaft führen. Es entspricht klarerweise dem Gebot, die Landschaft zu schonen und die nachteiligen Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen zu vermeiden oder gesamthaft gering zu halten (Art. 3 Abs. 2 und Abs. 4 lit. c RPG), wenn angeordnet wird, dass im selben Gebiet gleichzeitig nur an einer Stelle abgebaut werden darf und sich mehrere Abbauberechtigte hierüber zu verständigen haben. Mit einem solchen Vorgehen kann der Eingriff in tragbaren Grenzen gehalten werden. Die Verpflichtung, die ausgebauten Flächen landschaftsgerecht wiederherzurichten, bietet Gewähr dafür, dass die nicht zu vermeidenden sichtbaren Wunden, die der Landschaft zugefügt werden müssen, in ihrer Ausdehnung begrenzt und nicht dauernd bestehen bleiben. Eine entsprechende Regelung muss freilich in gleicher Weise das nicht minder bedeutsame, vom Bundesgericht stets anerkannte öffentliche Interesse an der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit dem unentbehrlichen Rohstoff Kies berücksichtigen (Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. e sowie Art. 3 Abs. 3 lit. d und Abs. 4 RPG ; BGE 104 Ib 224 E. 4b; BGE 103 Ib 59 E. 2b). Es mag sein, dass das Abbaudekret dieses Interesse zu wenig deutlich zum Ausdruck bringt. Doch haben die Vorinstanzen zutreffend festgestellt, es wolle den Kiesabbau nicht verhindern, sondern lediglich in geordnete Bahnen lenken. Sie haben das Dekret daher nicht vorbehaltlos angewendet, sondern das Kontinuitätsinteresse an der Kiesausbeutung berücksichtigt, indem sie die befristete weitere Ausbeutung zweier bestehender Gruben in begrenztem Ausmass gestattet haben in der Meinung, in der Zwischenzeit könne ein dem Abbaudekret entsprechender Abbauplan erarbeitet werden (Grube Zubler AG, Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 9. März 1984 i.S. Schafisheim gegen Regierungsratsbeschluss vom 14. November 1983; Grube Keiser, Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 9. März 1984 i.S. Hans Keiser Kies- und Sandwerk AG gegen Entscheid des Baudepartements vom 26. April 1983). Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, das Verwaltungsgericht habe das öffentliche Versorgungsinteresse mit Kies ungenügend berücksichtigt. Auch das private Interesse der Beschwerdeführerin an der Weiterführung ihres Betriebes ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Die Vorinstanzen haben ihm dadurch Rechnung getragen, dass sie eine Beteiligung der Matthys Kies AG an der BGE 111 Ib 85 S. 91
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Sachverhalt ab Seite 301 BGE 125 I 300 S. 301 Der in Kappel am Albis wohnhafte Abd-Allah Lucien Meyers (geb. 1949) stellte am 17. Dezember 1995 bei seiner Heimatgemeinde Hausen am Albis für sich und seine Familie das Gesuch, dereinst in deren Friedhof nach islamischem Ritus beigesetzt zu werden. Der Gemeinderat von Hausen a.A. hielt am 20. August 1996 fest, dass mit Ausnahme der Erstreckung der Ruhefrist auf unbestimmte Zeit alle Forderungen der Muslime, zum Teil allerdings mit Kompromissen seitens der Betroffenen, erfüllt werden könnten. Dem Gesuchsteller werde anerboten, für sich und seine Familie ein Familiengrab mitsamt vier Grabstellen auf die Dauer von vorerst 50 Jahren mit Verlängerungsmöglichkeit um weitere 20 Jahre zu mieten. Eine unbeschränkte Erstreckung der Ruhefrist müsse im gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch ebenso abgelehnt werden wie eine räumliche Zusammenfassung der Gräber für Muslime innerhalb der bestehenden Anlage bzw. die Schaffung eines ausschliesslich für Moslems bestimmten Friedhofs. Abd-Allah Lucien Meyers gelangte hiergegen erfolglos an den Bezirksrat Affoltern. Gegen dessen Entscheid vom 6. Januar 1997 rekurrierte er an den Regierungsrat des Kantons Zürich mit dem Antrag, den Gemeinderat Hausen a.A. anzuweisen, ihm und seiner Familie vier Grabstellen auf dem Gemeindefriedhof zur Verfügung zu stellen, unter Gewährung der räumlichen Gruppierung der islamischen Gräber, der ewigen Todesruhe sowie, soweit möglich, unter Berücksichtigung der übrigen, nicht zwingenden Bedingungen der islamischen Beerdigung. Der Regierungsrat wies den Rekurs am 17. September 1997 ab, soweit er darauf eintrat. Er bezweifelte, ob die von Abd-Allah Lucien Meyers als zwingend bezeichneten BGE 125 I 300 S. 302 Bedingungen der islamischen Bestattung tatsächlich für alle Muslime unabhängig vom Grad ihrer Gläubigkeit verbindlich seien, verzichtete aber darauf, die Frage näher abzuklären. Auf das Begehren, die nicht zwingenden Bestimmungen «soweit möglich» zu berücksichtigen, trat er mangels hinreichender Bestimmtheit des Ersuchens nicht ein. Im Übrigen hielt er fest, dass der durch Art. 53 Abs. 2 BV gewährleistete Anspruch auf schickliche Beerdigung nach den kantonalen Vorschriften nur gegenüber der Wohngemeinde bestehe, es aber in der Befugnis der Gemeinden liege, Grabbewilligungen auch an Auswärtige zu erteilen; beim Erlass diesbezüglicher Vorschriften bzw. bei der entsprechenden Bewilligungspraxis seien die Gemeinden in erster Linie an die Schranken des Willkürverbots und der Rechtsgleichheit gebunden. Ihnen sei es in diesem Rahmen nicht verwehrt, die Aufnahme vom vorhandenen Platzangebot abhängig zu machen oder Auswärtigen hinsichtlich allfälliger Sonderwünsche weniger weit entgegenzukommen als Ortsansässigen. Selbst wenn sich erwiese, dass die Gemeinde Hausen a.A. ihren eigenen Einwohnern islamischen Glaubens entgegen der kommunalen Regelung von Verfassungs wegen eine zeitlich unbeschränkte Grabnutzung zu gewähren hätte, wäre sie deshalb nicht verpflichtet, das gleiche Recht auch auswärts wohnhaften Muslimen einzuräumen. Ebenso wenig sei sie gehalten, für diese einen separaten Friedhof bzw. Friedhofteil zur Verfügung zu stellen. Die gerügten Grundrechtsverletzungen seien zum Vornherein unbehelflich, da ein Anspruch auf Bestattung nur in der Wohngemeinde bestehe. Im Übrigen wäre - so der Regierungsrat - der Rekurs auch dann abzuweisen, wenn der Bestattungsanspruch in dieser zur Diskussion stünde: Religionsgemeinschaften, welche die auf öffentlichen Friedhöfen gebräuchliche Bestattungsart aus religiösen Anschauungen oder Kultusgründen ablehnten, könnten sich nicht über eine Verletzung der Religions- und Kultusfreiheit beschweren, zumal der Kanton Zürich konfessionelle Sonderfriedhöfe zulasse. Zwar werde in Gemeinden, wo die Angehörigen der betreffenden Religionsgemeinschaft eine kleine Minderheit bildeten, ein Sonderfriedhof kaum je zur Verfügung stehen. Die Möglichkeit, in den öffentlichen Friedhöfen nach der Religionszugehörigkeit getrennte Grabfelder anzulegen, widerspreche aber der geltenden kantonalen Bestattungsverordnung. Soweit nur einzelne muslimische Familien betroffen seien, könne die aus religiösen Gründen gewünschte Abgrenzung im Rahmen der Belegung von Familiengräbern erreicht werden. Schliesslich bestehe die Möglichkeit, BGE 125 I 300 S. 303 dass sich die islamischen Glaubensangehörigen mehrerer Gemeinden zur Errichtung eines gemeinsamen eigenen Friedhofs zusammenschlössen, um alsdann die Grabnutzungsdauer selber zu regeln. Bei öffentlichen Friedhöfen betrage die durch das kantonale Recht vorgeschriebene minimale Ruhefrist 20 Jahre, wobei die Gemeinden diese Dauer insbesondere im Hinblick auf Privatgräber ausdehnen könnten. Die Einräumung eines Anspruchs auf eine zeitlich unbeschränkte Grabnutzung jedoch käme der Veräusserung einer im Gemeingebrauch stehenden Sache gleich, wogegen wichtige öffentliche Interessen sprächen. Mit Blick auf die Möglichkeit der Errichtung von Sonderfriedhöfen erweise sich die Nichtgewährung der ewigen Grabesruhe in öffentlichen Friedhöfen nicht als unverhältnismässig. Im Übrigen sei der Ablauf der Ruhefrist keineswegs mit einer Exhumation der Leiche verbunden. Abgeräumt werde lediglich der an der Oberfläche sichtbare Grabschmuck. Dem Begrabenen bleibe die Totenruhe in der Erde auch dann erhalten, wenn über ihm eine weitere Leiche der Erde übergeben werde. Eine derartige Wiederbelegung (ohne Exhumation) erscheine auch nach islamischem Ritus möglich. Insofern könne die ewige bzw. ungestörte Grabesruhe auch in einem öffentlichen Friedhof gewährt werden, wenn die Wiederbelegung unter Rücksichtnahme auf die in den bestehenden Gräbern bereits Bestatteten nach islamischem Brauch erfolge. Abd-Allah Lucien Meyers hat beim Bundesgericht hiergegen staatsrechtliche Beschwerde eingereicht mit dem Antrag, den Beschluss des Regierungsrats aufzuheben. Er macht geltend, dieser verletze Art. 4, 49, 50 und 53 Abs. 2 BV sowie Art. 9 in Verbindung mit Art. 14 EMRK und Art. 18 des Internationalen Paktes vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II; SR 0.103.2). Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt, Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. a) Der angefochtene Rekursentscheid ist gemäss Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 20. Mai 1998 kantonal letztinstanzlich ( Art. 86 Abs. 1 OG ). Ein anderes eidgenössisches Rechtsmittel als die staatsrechtliche Beschwerde ( Art. 84 Abs. 2 OG ) steht nur insoweit offen, als die Verletzung von Art. 53 Abs. 2 BV beim Bundesrat geltend zu machen wäre (Art. 73 Abs. 1 lit. a Ziff. 4 BGE 125 I 300 S. 304 VwVG). Da das Hauptgewicht der vorliegenden Eingabe indessen auf der behaupteten Missachtung von Art. 49 und 50 BV liegt, ist die entsprechende Rüge, wovon auch der Bundesrat ausgeht, im Sinne einer Kompetenzattraktion im vorliegenden Verfahren zu behandeln (vgl. BGE 119 Ia 178 E. 1 zur Abgrenzung hinsichtlich Art. 27 Abs. 3 BV ; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 284 und 312). b) Durch die teilweise Ablehnung des Gesuchs um Gewährung einer gemäss den islamischen Regeln ausgestalteten Grabstätte in einem öffentlichen Friedhof ist der Beschwerdeführer (potentiell) in verfassungsrechtlich geschützten Interessen betroffen und deshalb zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert ( Art. 88 OG ). Auch wenn sich die Verhältnisse bis zu seinem Ableben oder demjenigen seiner Familienmitglieder noch ändern können, verfügt er doch bereits heute über ein aktuelles praktisches Interesse daran, Klarheit hinsichtlich seines Grabanspruchs zu erhalten. Dass er den Anspruch ausschliesslich gegen seine Heimatgemeinde geltend gemacht hat, obwohl ihm ein solcher gegebenenfalls nur gegen seine Wohngemeinde zustünde (vgl. § 79 des Zürcher Gesetzes vom 4. November 1962 über das Gesundheitswesen [Gesundheitsgesetz] bzw. § 19 der kantonalen Verordnung vom 7. März 1963 über die Bestattungen [Bestattungsverordnung]), ändert hieran nichts: Ergäbe sich der von ihm geltend gemachte Anspruch aus Art. 53 Abs. 2 BV (in Verbindung mit Art. 49 und Art. 50 BV ), gälte dieser kraft Bundesrechts gegenüber allen möglichen künftigen Wohngemeinden. Der Regierungsrat hat sich in seiner Eventualbegründung als oberste kantonale Behörde im Sinne von Art. 53 Abs. 2 BV zudem eingehend mit der Frage auseinander gesetzt und insofern einen Feststellungsentscheid getroffen; unter diesen Umständen erschiene es überspitzt formalistisch, vom Beschwerdeführer noch zu verlangen, vorerst einen analogen Entscheid bei seiner derzeitigen Wohngemeinde zu erwirken. Die Frage nach der Schicklichkeit des Begräbnisses von Muslimen kann sich jederzeit in gleicher Art wieder stellen, weshalb auch ein öffentliches Interesse an deren Behandlung besteht. Die Beschwerde ist somit grundsätzlich an die Hand zu nehmen. 2. a) Nach Art. 53 Abs. 2 BV steht die Verfügung über die Begräbnisplätze den bürgerlichen Behörden zu, welche dafür zu sorgen haben, dass jeder Verstorbene schicklich beerdigt werden kann. Aus dieser Bestimmung ergibt sich ein über den Tod hinaus wirkendes verfassungsmässiges Recht jedes Einzelnen auf ein schickliches BGE 125 I 300 S. 305 Begräbnis ( BGE 97 I 221 E. 4b S. 229, mit Hinweisen; DETLEV CH. DICKE, in Kommentar BV, Art. 53 N. 10; PETER KARLEN, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Schweiz, Zürich 1988, S. 380 f.; ALBERT MÄCHLER, Das Begräbnisswesen nach schweizerischem Bundesrecht, Diss. Bern 1892, S. 43 ff., 59 ff.; WILHELM SPÖNDLIN, Rechtsverhältnisse an Friedhöfen, unter besonderer Berücksichtigung des zürcherischen Rechtes, Zürich 1910, S. 29/30). Das entsprechende Gebot beruht auf dem Gedanken, dass auch dem toten menschlichen Körper Achtung gebührt. Welche Bestattungsart und welche Handlungen als Ausdruck von Achtung oder Missachtung zu gelten haben, ist eine Frage der Sitte und des Ortsgebrauchs. Einen Verstoss gegen die Schicklichkeit kann etwa die Beerdigung zur Unzeit, die Verweigerung des Glockengeläutes oder eine diskriminierende räumliche Aussonderung des Grabplatzes darstellen (WALTHER BURCKHARDT, Kommentar zur schweizerischen Bundesverfassung, 3. Aufl., Bern 1931, S. 492 ff.; DICKE, a.a.O., Art. 53 N. 10; HÄFELIN/HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 4. Aufl., Zürich 1998, N. 1235 S. 419; KARLEN, a.a.O., S. 380; MÄCHLER, a.a.O., S. 44; SPÖNDLIN, a.a.O., S. 27; VEB 36/1972 Nr. 2 S. 13). Schicklichkeit bedeutet Gleichbehandlung, nicht in einem absoluten Sinne, aber im Sinne der Nichtdiskriminierung (NICCOLÒ RASELLI, Schickliche Beerdigung für «Andersgläubige», in: AJP 1996 S. 1105), was sich aus der Natur von Art. 53 Abs. 2 BV als Laisierungsvorschrift ergibt. Der Anspruch ist verletzt, «wenn dem Toten das verweigert wird, was der herrschende Gebrauch zur Ehre der Toten fordert» (BURCKHARDT, a.a.O., S. 492). Kultushandlungen (bzw. eine kirchliche Bestattung) sind für eine schickliche Beerdigung nicht erforderlich (MÄCHLER, a.a.O., S. 97; KARLEN, a.a.O., S. 380), während andererseits aber auch kein Verstoss gegen das entsprechende Gebot vorliegt, falls ein Toter nach einem speziellen Ritus seiner eigenen Religion beerdigt wird (VEB 36/1972 Nr. 2 S. 13/14). Der Staat darf die Durchführung eines religiösen Begräbnisses (aufgrund von Art. 49 und 50 BV ) nicht verbieten; er ist aber umgekehrt aufgrund von Art. 53 Abs. 2 BV nur verpflichtet, dafür zu sorgen, dass jeder Verstorbene (zumindest) schicklich beerdigt werden kann (BURCKHARDT, a.a.O., S. 492; KARLEN, a.a.O., S. 381/382; BGE 97 I 221 E. 4d S. 231). Eine abweichende Meinung vertritt RASELLI (a.a.O., S. 1108 ff.), indem er aus dem Gebot der schicklichen Beerdigung eine Pflicht der Behörden ableitet, dafür zu sorgen, dass für Angehörige einer religiösen Minderheit, die über keine eigenen Sonderfriedhöfe verfügt, die BGE 125 I 300 S. 306 Bestattung auf öffentlichen Friedhöfen nach den betreffenden speziellen religiösen Vorschriften erfolgen kann (vgl. auch Christoph Winzeler, Fremde Religionen in der Schweiz, ZSR NF 117/1998 I 260f.). Eine solche Leistungspflicht des Staates könnte allenfalls, was noch zu prüfen sein wird, im Lichte von Art. 49/50 BV bestehen, jedoch nicht (allein) aufgrund des in Art. 53 Abs. 2 BV statuierten Minimalanspruchs auf schickliche Beerdigung. Dieser hat neben der Religions- und Kultusfreiheit eigenständige Bedeutung. Die neue Bundesverfassung vom 18. April 1999 enthält keine entsprechende Bestimmung mehr, davon ausgehend, dass die explizite Garantie der Menschenwürde (Art. 7) auch das Recht auf ein schickliches Begräbnis in sich schliesse (vgl. BBl 1997 I 141; BGE 123 I 112 E. 4b S. 118 f.). b) Der Beschwerdeführer beruft sich vergeblich auf Art. 53 Abs. 2 BV für sein Anliegen, in einem öffentlichen Friedhof eine nach den Regeln des Islams ausgestaltete, d.h. insbesondere auf unbeschränkte Zeit garantierte Grabstätte zugesichert zu erhalten: Bezüglich der Durchführung des Begräbnisses und der Gestaltung der Grabstätte wird ihm nichts aufgezwungen oder zugemutet, was nach den hiesigen Anschauungen mit dem Gebot der Schicklichkeit oder der Menschenwürde nicht vereinbar wäre. Das gilt namentlich auch, was die Dauer der Aufrechterhaltung der Grabstätte betrifft. Dass das Grab nach Ablauf einer bestimmten Ruhezeit abgeräumt wird bzw. werden kann, hat nichts Entehrendes an sich, sondern entspricht der auf allen öffentlichen Friedhöfen der Schweiz geltenden Grundordnung (vgl. VEB 1930 Nr. 16 S. 30). Der Entscheid des Regierungsrats verletzt Art. 53 Abs. 2 BV deshalb - unabhängig von der Unzuständigkeit der angegangenen Bürgergemeinde (vgl. unten E. 4a) - nicht. 3. a) Die vom Beschwerdeführer ebenfalls angerufenen Grundrechte der Religions- und Kultusfreiheit ( Art. 49 und 50 BV , vgl. zu deren Inhalt BGE 123 I 296 E. 2b; BGE 119 Ia 178 E. 4b-c) haben ihrerseits vorab negative Funktion, indem sie die Ausübung des religiösen Glaubens vor ungerechtfertigten staatlichen Eingriffen schützen; sie verpflichten den Staat nur beschränkt dazu, dem Einzelnen die Ausübung dieser Freiheiten auch aktiv zu ermöglichen oder zu erleichtern (KARLEN, a.a.O., S. 173 ff.; BGE 97 I 221 E. 4d S. 230). Ein (bedingter) Anspruch auf staatliche Leistungen kann etwa bestehen, soweit eine zulässige Religionsausübung polizeilichen Schutz erfordert ( BGE 97 I 221 E. 4d S. 230; KARLEN, a.a.O., S. 176) oder die Durchführung einer Kultushandlung mit einem gesteigerten Gemeingebrauch öffentlichen BGE 125 I 300 S. 307 Grundes und mit entsprechenden Massnahmen zur Verkehrsregelung verbunden ist (KARLEN, a.a.O., S. 177, mit Hinweisen; BGE 108 Ia 41 ff.). Das Bedürfnis nach besonderen staatlichen Vorkehren besteht sodann bei Sonderstatusverhältnissen, die für den Einzelnen mit weitgehenden Freiheitsbeschränkungen verbunden sind, so dass der Staat zur Ermöglichung oder Erleichterung der Religionsausübung besondere Regelungen treffen und allenfalls sogar positive Leistungen erbringen muss (KARLEN, a.a.O., S. 178 ff.). So kann etwa ein Anspruch auf Dispens vom Schulunterricht bzw. Teilen davon bestehen, um speziellen religiösen Verpflichtungen nachzukommen, soweit dies mit den Bedürfnissen des Schulbetriebs vereinbar erscheint ( BGE 114 Ia 129 ff. [Laubhüttenfest]; 117 Ia 311 ff. [Schuldispens an Samstagen]; BGE 119 Ia 178 ff. [Befreiung vom Schwimmunterricht]). Im Strafvollzug müssen gemeinsame Gottesdienste auch für Häftlinge organisiert werden, die nicht den Landeskirchen angehören, falls dies ohne übermässige Belastung des Anstaltsbetriebs möglich ist ( BGE 113 Ia 304 ff.; vgl. zu diesem Themenkreis: URS JOSEF CAVELTI, Die Religionsfreiheit bei Sonderstatusverhältnissen, in: Religiöse Minderheiten und Recht, Freiburger Veröffentlichungen zum Religionsrecht, Freiburg 1998, S. 39 ff.). b) aa) Der Betrieb öffentlicher Friedhöfe ist mit derartigen Sonderstatusverhältnissen insofern vergleichbar, als es sich dabei ebenfalls um staatliche Einrichtungen handelt, die als solche grundrechtskonform ausgestaltet sein müssen. Art. 53 Abs. 2 BV schliesst nun aber nicht aus, dass neben den (in der Regel von den Gemeinden getragenen) öffentlichen Friedhöfen konfessionelle Sonderfriedhöfe bestehen, die den Angehörigen der betreffenden Religionsgemeinschaft vorbehalten bleiben (BURCKHARDT, a.a.O., S. 491; DICKE, a.a.O., Art. 53, N. 8; KARLEN, a.a.O., S. 379, 385; MÄCHLER, a.a.O., S. 55; SPÖNDLIN, S. 81 ff.). Diese Möglichkeit ist insbesondere für jene Religionsgemeinschaften von Bedeutung, deren spezifischen religiösen Anliegen in öffentlichen Friedhöfen nicht oder nicht hinreichend Rechnung getragen werden kann (KARLEN, a.a.O., S. 385). Als Beispiel hiefür können die jüdischen Friedhöfe genannt werden. Nach israelitischer Anschauung dürfen die Gebeine eines Toten nicht ausgegraben oder in ein anderes Grab verbracht werden, was mit dem in öffentlichen Friedhöfen betriebenen Gräberturnus unvereinbar ist und die Anlage eigener Friedhöfe erfordert (FRITZ WYLER, Die staatsrechtliche Stellung der israelitischen Religionsgenossenschaften in der Schweiz, Diss. Zürich 1929, S. 122; PETER REMUND, BGE 125 I 300 S. 308 Die rechtliche Organisation des Bestattungswesens im Aargau, Aarau 1948, S. 132; SPÖNDLIN, a.a.O., S. 85; KARLEN, a.a.O., S. 379; RASELLI, a.a.O., S. 1103). bb) Wieweit der in öffentlichen Friedhöfen vorgesehene Gräberturnus auch mit den religiösen Regeln des Islams in Konflikt geraten kann, wie dies der Beschwerdeführer geltend macht, bedarf vorliegend keiner weiteren Erörterungen (zum Bedürfnis nach islamischen Sonderfriedhöfen: vgl. JEAN- FRANÇOIS MAYER, La liberté religieuse en Suisse, in: Conscience et Liberté, 1998 No 55, S. 21 f.). Der angefochtene Rekursentscheid des zürcherischen Regierungsrats hält nämlich selbst dann vor der Verfassung stand, wenn auf die Ausführungen des Beschwerdeführers abgestellt wird: Die von den Gemeinden betriebenen öffentlichen Friedhöfe beruhen regelmässig auf dem Prinzip des Gräberturnus. Nach Ablauf bestimmter Ruhefristen werden die Gräber abgeräumt und neu belegt. Ohne diese Möglichkeit würden die öffentlichen Friedhöfe im Laufe der Zeit immer grössere Flächen einnehmen, oder aber der ordnungsgemässe Weiterbetrieb der bestehenden Friedhöfe wäre wegen Platzmangels gefährdet. Würden in öffentlichen Friedhöfen Grabstellen auf Wunsch hin bzw. gegen entsprechendes Entgelt auf unbeschränkte Zeit zur Verfügung gestellt, liefe dies auf eine permanente Sondernutzung hinaus, welche das zuständige Gemeinwesen in seinem Verfügungsrecht über die Friedhofanlage übermässig einschränkte. Wohl ist es in der Regel möglich, dass in öffentlichen Friedhöfen die Dauer eines Grabs durch Vertrag oder Konzession mehr oder weniger lang über die ordentliche Ruhefrist hinaus verlängert wird (SPÖNDLIN, a.a.O., S. 54 f.). Eine Verpflichtung des Gemeinwesens, bestimmte Gräber auf «ewige Zeit» zu bewahren, ginge jedoch über die in öffentlichen Friedhöfen bisher üblichen Sonderregelungen weit hinaus, und eine derartige Garantie dürfte vom Gemeinwesen im Hinblick auf nicht voraussehbare mögliche künftige Sachzwänge auch kaum vorbehaltlos abgegeben werden. Jedenfalls würde durch die Bewilligung «ewiger» Grabstätten ein wachsender Teil der Friedhofsfläche der ordentlichen, turnusgemässen Nutzung entzogen, was mit dem Konzept der öffentlichen Friedhöfe nicht vereinbar wäre; dies selbst dann nicht, wenn die auf unbeschränkte Zeit bewilligten Gräber, wie vom Beschwerdeführer angeregt, jeweils für die Belegung in mehreren horizontalen Schichten konzipiert würden. Die Beschränkung derartiger Ausnahmen auf Angehörige jener Religionsgemeinschaften, deren Regeln die Wiederbelegung von BGE 125 I 300 S. 309 Gräbern mehr oder weniger strikte ausschliessen, könnte zwar dazu führen, dass sich solche Fälle (schon wegen der damit verbundenen finanziellen Folgen) zahlenmässig in Grenzen hielten und die konzeptgemässe Nutzung des öffentlichen Friedhofs entsprechend wenig beeinträchtigt würde. Die Gewährung von Sonderrechten oder Sonderleistungen in öffentlichen Friedhöfen zugunsten bestimmter Konfessionen oder Religionen widerspräche jedoch als solche gerade wiederum dem Gebot der Gleichbehandlung (BURCKHARDT, a.a.O., S. 492; KARLEN, a.a.O., S. 179 f.). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer bereit wäre, ein der verlangten Sondernutzung entsprechendes Entgelt zu zahlen, ändert nichts. Wenn die besonderen Vorschriften einer Religionsgemeinschaft die Benützung eines öffentlichen Friedhofs wegen des dort geltenden Prinzips des Gräberturnus nicht erlauben, können die entsprechenden religiösen Anliegen nur im Rahmen eines Sonderfriedhofs realisiert werden (vgl. E. 3b/aa). Diese Lösung liegt umso näher, wenn die Vorschriften der betreffenden Religionsgemeinschaft, wie hier geltend gemacht, überdies eine räumliche Abtrennung von den Gräbern Andersgläubiger gebieten. Wenn aufgrund des heutigen Zustands Angehörige der islamischen Religion fernab der Schweiz in islamischen Ländern beigesetzt werden, mag dies für die Betroffenen mit hohen persönlichen und finanziellen Opfern verbunden sein, vor allem falls es sich um in der Schweiz niedergelassene Familien handelt. Es obliegt aber vorab der betreffenden Religionsgemeinschaft, sich um die Errichtung eigener (privater) Sonderfriedhöfe zu bemühen. Neben dem Erwerb eines geeigneten Areals dürfte dies auch raumplanerische und baurechtliche Massnahmen nötig machen. Ob und inwieweit bei der Realisierung eines solchen Vorhabens seitens der interessierten Glaubensgemeinschaft allenfalls gestützt auf Art. 49/50 BV eine behördliche Intervention oder Unterstützung im Sinne einer «Pflicht zur Verwirklichungsbeihilfe» (vgl. MARTIN PHILIPP WYSS, Vom Umgang mit dem Transzendenten, in: recht 16/1998 S. 178 ff.) verlangt werden könnte, ist vorliegend nicht näher zu prüfen, da kein derartiges Projekt zur Diskussion steht; im Rahmen der damit verbundenen Interessenabwägungen wäre dem konstitutiven Gehalt der Religionsfreiheit wohl zumindest in dem Sinne Rechnung zu tragen, als der Staat die entsprechende private Initiative nicht ohne triftige Gründe vereiteln dürfte. Der blosse Umstand, dass ein derartiger Sonderfriedhof den Angehörigen der islamischen Religion - jedenfalls im Kanton Zürich - bis anhin nicht zur Verfügung steht, BGE 125 I 300 S. 310 begründet dagegen noch keinen Anspruch auf ewige Grabstellen in öffentlichen Friedhöfen. Wohl mögen an der Befolgung der islamischen Regeln interessierte Personen durch die Nichtgewährung ewiger Grabstätten in öffentlichen Friedhöfen anders und stärker betroffen sein als Angehörige anderer Religionen, doch liegt hierin, weil die auferlegte Beschränkung (Gräberturnus) auf wichtigen sachlichen Gründen beruht und im Übrigen die Möglichkeit der Errichtung eigener Sonderfriedhöfe besteht, keine unzulässige Diskriminierung (a.M. RASELLI, a.a.O., S. 1109; vgl. auch WINZELER, a.a.O., S. 260 f.). Damit ist nicht gesagt, dass es einer Gemeinde verwehrt wäre, in öffentlichen Friedhöfen solchen Anliegen in Einzelfällen freiwillig zu entsprechen, soweit das Gebot der Gleichbehandlung der Religionen dafür Raum lässt, was hier keiner weiteren Abklärung bedarf. Jedenfalls verstösst die Ablehnung des Begehrens um ein «ewiges Grabrecht» in einem öffentlichen Friedhof nicht gegen die Garantien von Art. 49 und 50 BV . Die Verweigerung einer derartigen Sonderleistung, die sowohl den Rahmen des kommunalen Friedhofreglements wie auch das ihm zugrunde liegende Nutzungskonzept sprengt, bedarf entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch keiner expliziten formellgesetzlichen Grundlage. c) Nichts anderes ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer mitangerufenen Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 9 und 14) sowie des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (Art. 18): Zwar können sich aus diesen ebenfalls gewisse staatliche Leistungspflichten ergeben (vgl. FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., Kehl/Strassburg/Arlington 1996, Rz. 21 ff. zu Art. 9 EMRK u. Rz. 40 zu Art. 14 EMRK ; MARK E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK], Zürich 1993, Rz. 587; MARTIN PHILIPP WYSS, a.a.O., S. 180, mit weiteren Hinweisen), doch legt der Beschwerdeführer nicht dar (vgl. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ; BGE 113 Ia 225 E. 2 S. 230) und ist auch nicht ersichtlich, inwiefern diese Garantien hier über die vom Bundesgericht aus Art. 49 und 50 BV abgeleiteten hinausgingen (vgl. auch MARK E. VILLIGER, a.a.O., Rz. 579; PETER KARLEN, Umstrittene Religionsfreiheit, in ZSR NF 116/1997 I 199; BGE 123 I 296 E. 2b/aa S. 301; BGE 119 Ia 178 E. 3b S. 182 f.). 4. a) Im vorliegenden Fall konnte der (bezüglich der unbeschränkten Ruhefrist) abschlägige Bescheid der Gemeinde Hausen a.A. die angerufenen Verfassungs- und Konventionsgarantien, wie BGE 125 I 300 S. 311 der Regierungsrat zu Recht festhält, schon deshalb nicht verletzen, weil die Erfüllung des geltend gemachten Grabanspruches - wie bereits dargelegt - nach dem massgebenden kantonalen Recht (§ 79 des Gesundheitsgesetzes) nicht der angegangenen Bürgergemeinde (Heimatgemeinde), sondern der Wohngemeinde obläge. Der Beschwerdeführer hätte sich für den angestrebten Grundsatzentscheid an die für seinen Bestattungsanspruch heute zuständige Wohngemeinde wenden müssen. Wenn die Gemeinde Hausen a.A. freiwillig auch auswärts wohnhaften Personen Grabstätten gewährt, kann sie dieses Angebot im Rahmen des Gleichbehandlungsgebots und des Willkürverbots den ihr angezeigt erscheinenden Einschränkungen unterwerfen. Die Gemeinde Hausen a.A. hat sich, wie sich aus den Akten ergibt, ernsthaft bemüht, den Anliegen des Beschwerdeführers im Rahmen der geltenden Vorschriften so weit wie möglich entgegenzukommen. Die verfassungsrechtlichen Einwendungen sind daher, soweit es sich um den vom Regierungsrat geschützten Entscheid der Gemeinde Hausen a.A. handelt, zum Vornherein unbegründet. b) Nach dem Gesagten ist aber auch die im Rekursentscheid des Regierungsrats enthaltene Eventualbegründung für den Fall, dass der gleiche Grabanspruch gegenüber der Wohngemeinde geltend gemacht würde, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Da es sich dabei lediglich um Eventualausführungen handelt, die neben der Hauptbegründung (fehlende Zuständigkeit der Bürgergemeinde) keine tragende Bedeutung haben, dringt auch die Rüge, der Regierungsrat habe sich bei diesen Erwägungen, was die Möglichkeit der Wiederbelegung islamischer Gräber betreffe, auf dem Beschwerdeführer unbekannte Dokumente gestützt und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, nicht durch; dasselbe gilt für den Einwand, die Eventualerwägung beruhe auf einer unhaltbaren Beweiswürdigung. c) Inwiefern darin, dass der Regierungsrat auf lit. c des bei ihm gestellten Rekursbegehrens (Anweisung an die Gemeinde Hausen a.A., die Grabstellen «soweit möglich unter Berücksichtigung der andern, nicht zwingenden Bedingungen der islamischen Beerdigung» zu gewähren) mangels hinreichender Bestimmtheit dieses Antrags nicht eingetreten ist, ein Verstoss gegen Art. 4 BV liegen soll, legt der Beschwerdeführer nicht rechtsgenügend dar ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ), weshalb insofern auf seine Eingabe nicht weiter einzugehen ist.
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Sachverhalt ab Seite 567 BGE 140 III 567 S. 567 A. A.a In der von der A. AG beim Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Oberland West, gestützt auf einen Konkursverlustschein vom 4. Februar 2000 angehobenen Betreibung Nr. x über den Betrag von Fr. 2'175.25 sowie für den Verzugsschaden von Fr. 260.75 erhob B. am 21. August 2013 Rechtsvorschlag mit dem Vermerk "Rechtsvorschlag kein neues Vermögen". A.b Das Betreibungsamt forderte den Betriebenen daraufhin auf, seinen Rechtsvorschlag zu präzisieren und insbesondere mitzuteilen, ob er sich einzig auf die Einrede neuen Vermögens beziehe oder ob auch die in Betreibung gesetzte Forderung bestritten werde. B. reagierte nicht auf dieses Schreiben, worauf das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag dem Regionalgericht Oberland vorlegte. Mit Entscheid vom 7. November 2013 bewilligte die Gerichtspräsidentin den Rechtsvorschlag im Umfang von Fr. 2'175.25 nicht und stellte fest, dass neues Vermögen in dieser Höhe vorhanden sei. A.c Am 13. Dezember 2013 stellte die A. AG das Fortsetzungsbegehren, welchem das Betreibungsamt keine Folge gab, da der ordentliche Rechtsvorschlag nicht beseitigt worden sei. BGE 140 III 567 S. 568 B. Am 23. Januar 2014 wandte sich die A. AG an das Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, und verlangte die Anweisung an das Betreibungsamt, dem Fortsetzungsbegehren unverzüglich Folge zu geben. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass kein vorgängiges Rechtsöffnungsverfahren notwendig sei, da der Betriebene die Forderung nicht bestritten habe. Die betreibungsrechtliche Beschwerde wurde am 30. Mai 2014 abgewiesen. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 13. Juni 2014 ist die A. AG an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides und erneuert ihren Antrag, dass dem Fortsetzungsbegehren unverzüglich Folge zu leisten sei. Eventualiter sei die Sache zur Neuentscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Es sind die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt worden. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Fortsetzung der Betreibung setzt voraus, dass der Gläubiger über einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl verfügt ( Art. 88 SchKG ). Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt der Umfang bzw. Gegenstand des vom Betriebenen erhobenen Rechtsvorschlages. 2.1 Der Rechtsvorschlag ist an keine Form gebunden und bedarf - abgesehen von einigen Ausnahmen wie etwa in der Wechselbetreibung ( Art. 179 Abs. 1 SchKG ) - keiner Begründung oder Präzisierung ( Art. 75 Abs. 1 SchKG ). Der Betriebene kann sich damit einstweilen gegen den Fortgang der Betreibung wehren ( Art. 78 Abs. 1 SchKG ). Bestreitet er, zu neuem Vermögen gekommen zu sein, so hat er dies im Rechtsvorschlag ausdrücklich zu erklären; andernfalls ist diese Einrede verwirkt ( Art. 75 Abs. 2 SchKG ). Das Betreibungsamt legt den Rechtsvorschlag dem Richter des Betreibungsortes vor, welcher endgültig darüber entscheidet ( Art. 265a Abs. 1 SchKG ). In diesem summarischen Verfahren prüft der Richter einzig, ob neues Vermögen vorliegt oder nicht ( BGE 134 III 524 E. 1 S. 526). Richtet sich der Rechtsvorschlag auch gegen den Bestand der in Betreibung gesetzten Forderung, so ist dieser ebenfalls gerichtlich zu beseitigen, bevor die Betreibung ihre Fortsetzung finden kann. Diesfalls kann der Betreibende die Rechtsöffnung ( Art. 80 ff. SchKG ) verlangen, über die der Richter - bei gegebener (sachlicher) BGE 140 III 567 S. 569 Zuständigkeit - im selben (summarischen) Verfahren befindet ( Art. 251 lit. a und lit. d ZPO ; HUBER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 2. Aufl. 2010, N. 33 zu Art. 265a SchKG ; NÄF, in: SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 9 zu Art. 265a SchKG ). Hingegen prüft das Betreibungsamt bzw. die Aufsichtsbehörde auf dem Beschwerdeweg ( Art. 17 SchKG ), ob ein Rechtsvorschlag in formeller Hinsicht zulässig ist (vgl. BGE 36 I 319 E. 2 S. 321; BGE 124 III 279 E. 3b S. 380; MUSTER, Le retour à meilleure fortune: un état des lieux, BlSchK 2013 S. 13). 2.2 Gemäss den Feststellungen der kantonalen Aufsichtsbehörde hat der Betriebene nach Entgegennahme des Zahlungsbefehls fristgerecht Rechtsvorschlag erhoben. Daraufhin erläuterte ihm das Betreibungsamt das weitere Vorgehen und die möglichen Kostenfolgen. Zudem forderte es ihn auf zu präzisieren, worauf sich die Aussage "Rechtsvorschlag kein neues Vermögen" beziehen sollte. Das Betreibungsamt stellte ihm konkret die Frage, ob nur die Einrede des fehlenden neuen Vermögens erhoben werde oder ob auch der Bestand der Forderung bestritten werde. In der Lehre wird denn auch angeregt, den Betriebenen im Hinblick auf die Vermeidung unnötiger Verfahren zu einer klaren Äusserung anzuhalten (GUT/RAJOWER/SONNENMOSER, Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens, AJP 1998 S. 530/531) oder sogar nachzufragen, ob die Forderung anerkannt werde (NÄF, a.a.O., N. 3 zu Art. 265a SchKG ). Dieses Vorgehen scheint sinnvoll und mit der Regelung von Art. 265a SchKG vereinbar, auch wenn keine derartigen gesetzlichen Pflichten des Betreibungsamtes bestehen; genauso wenig ist der Betriebene gehalten, auf die Anfrage des Betreibungsamtes zu antworten. Daraus folgt, dass dem Betriebenen, der sich - wie im vorliegenden Fall - nicht hat vernehmen lassen, kein Rechtsnachteil droht. Im Ergebnis bleibt der Umfang des Rechtsvorschlages unklar und bedarf der Auslegung. Die Beschwerdeführerin stellt den Ablauf des Verfahrens nicht grundsätzlich in Frage. Soweit sie den Vorwurf einer offensichtlich falschen Sachverhaltsfeststellung erhebt, handelt es sich um Vorbringen zur Rechtsfrage, in welchem Umfang der Betriebene im konkreten Fall Rechtsvorschlag erhoben hat. 2.3 Bleibt unklar, ob mit dem Rechtsvorschlag nur die Einrede des fehlenden neuen Vermögens erhoben wird oder ob sich dieser auch gegen die in Betreibung gesetzte Forderung richtet, so befürwortet die Rechtsprechung und die Lehre teilweise den Grundsatz "in dubio pro debitore" (so in BGE 108 III 6 E. 3 S. 9; JEANDIN, in: BGE 140 III 567 S. 570 Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 4 zu Art. 265a SchKG ; NÄF, a.a.O., N. 3 zu Art. 265a SchKG ). Davon scheint auch die Vorinstanz auszugehen. Dieser Standpunkt ist indes von der Lehre auch kritisch hinterfragt worden. Zu Recht wird dabei betont, dass keine der am Betreibungsverfahren beteiligten Personen zum vornherein schutzwürdiger ist als die andere. Eine Auslegung nach dem Vertrauensprinzip (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 12 zu Art. 265a SchKG ; A. STAEHELIN, Billigkeit und Strenge im Zivilprozess und in der Zwangsvollstreckung, BJM 1967 S. 111), welche von der gesetzgeberischen Entscheidung ausgeht, dass der fristgerecht erhobene Rechtsvorschlag formfrei erfolgen kann, ist der Rechtsicherheit dienlicher und wird auch im Einzelfall dem sich unbeholfen ausdrückenden Laien durchaus gerecht (vgl. GUT/RAJOWER/SONNENMOSER, a.a.O., S. 530; BESSENICH, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 21 zu Art. 74 SchKG mit Hinweisen). Nichts anderes wurde bereits im Grundsatzentscheid aus dem Jahre 1902 festgehalten, wonach es genügt, wenn der Wille, gegen die Betreibung Einsprache zu erheben, "in gehörig erkennbarer" Weise dem Amt zur Kenntnis gebracht wird ( BGE 28 I 397 S. 399). 2.4 Nach den dargelegten Grundsätzen und nicht zuletzt aufgrund der Formfreiheit des Rechtsvorschlages erweist sich die von der kantonalen Aufsichtsbehörde vorgenommene Auslegung, dass der Satz "Rechtsvorschlag kein neues Vermögen" auch gegen die in Betreibung gesetzte Forderung gerichtet sei, als rechtskonform. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann dieser Vermerk allein wegen des Umstandes, dass der Schuldner die Forderung im Konkurs nicht bestritten hat, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er auf sein Recht, die Forderung vom Richter abzuklären zu lassen, verzichtet habe; die Vorinstanz konnte und durfte annehmen, dass der Schuldner "Rechtsvorschlag [ und ] kein neues Vermögen" gemeint hat. Da sich der Rechtsvorschlag des Schuldners nicht ausdrücklich nur auf das Fehlen neuen Vermögens beschränkt hat (vgl. KREN KOSTKIEWICZ, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, 2. Aufl. 2014, S. 385 Rz. 1465), ist das Fortsetzungsbegehren vom Betreibungsamt zu Recht zurückgewiesen worden.
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Erwägungen ab Seite 61 BGE 114 V 61 S. 61 Aus den Erwägungen: 2. a) Der Versicherte hat in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in formeller Hinsicht gerügt, dass der angefochtene Entscheid keinen Aufschluss über die Zusammensetzung der Vorinstanz gebe. Tatsächlich sind die an der Entscheidfindung beteiligten Mitglieder der kantonalen Rekurskommission nicht namentlich aufgeführt. Es fragt sich, ob darin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Für die Eröffnung ihres Entscheides hatte die Vorinstanz die Vorschriften von Art. 34-38 und 61 Abs. 2 und 3 VwVG zu beachten ( Art. 1 Abs. 3 VwVG ). Weder in einer dieser Verfahrensbestimmungen noch in denjenigen von Art. 85 Abs. 2 lit. a-h AHVG ist vorgeschrieben, dass die Angaben über die personelle Besetzung zum notwendigen Inhalt der Entscheidungen kantonaler Rekursbehörden gehören. Gemäss Art. 61 Abs. 2 VwVG hat BGE 114 V 61 S. 62
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Sachverhalt ab Seite 149 BGE 138 IV 148 S. 149 Am 27. März 2012 wurde X. festgenommen. Gleichentags beantragte die Staatsanwaltschaft Baden beim Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau, der Beschuldigte sei für die vorläufige Dauer von drei Monaten, d.h. bis zum 27. Juni 2012 in Untersuchungshaft zu versetzen. Das Zwangsmassnahmengericht wies diesen Antrag am 28. März 2012 ab und verfügte, X. sei aus der Haft zu entlassen. Der nicht an der Gerichtsverhandlung teilnehmenden Staatsanwaltschaft eröffnete es diesen Entscheid unverzüglich telefonisch. Daraufhin erhob die Staatsanwaltschaft innerhalb von weniger als zwei Stunden Beschwerde ans Obergericht des Kantons Aargau. Sie beantragte die Genehmigung der Untersuchungshaft und die Erteilung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde bzw. die vorläufige Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft. Am 29. März 2012 ordnete die Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz vorsorglich die vorläufige Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft an. Am 11. April 2012 hiess das Obergericht die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gut, hob die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 28. März 2012 auf und ordnete über X. die Untersuchungshaft für die Dauer von drei Monaten, d.h. bis zum 27. Juni 2012 an. Gegen diesen Entscheid hat X. am 30. April 2011 Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und er sofort aus der Haft zu entlassen. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Staatsanwaltschaft sei nicht berechtigt gewesen, gegen die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 28. März 2012 Beschwerde ans Obergericht zu erheben, weil sie nicht an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht teilgenommen habe. Demzufolge hätte die Vorinstanz auf die Beschwerde nicht eintreten dürfen. BGE 138 IV 148 S. 150 3.1 Nach Art. 222 StPO (SR 312.0) kann die verhaftete Person Entscheide über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft bei der Beschwerdeinstanz anfechten. Dasselbe Beschwerderecht steht nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der Staatsanwaltschaft zu. Das Bundesgericht hat zusammenfassend erwogen, aufgrund der in Art. 111 BGG statuierten Einheit des Verfahrens müsse derjenige, der zur Beschwerde ans Bundesgericht berechtigt sei, sich am Verfahren vor allen kantonalen Instanzen als Partei beteiligen können. Dazu verlange das öffentliche Interesse an einer funktionierenden Strafjustiz, dass die Staatsanwaltschaft ein Beschwerderecht gegen einen die Haft aufhebenden Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts besitze ( BGE 137 IV 230 E. 1 S. 232 mit Hinweisen). 3.2 Gemäss Art. 226 Abs. 5 StPO ist die beschuldigte Person unverzüglich freizulassen, wenn das Zwangsmassnahmengericht die Untersuchungshaft nicht anordnet. Dieses Recht auf unverzügliche Freilassung ergibt sich aus dem Grundrecht der persönlichen Freiheit ( Art. 10 Abs. 2 BV ), welches gestützt auf die Art. 31 BV und Art. 5 EMRK in strafrechtlichen Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden kann (vgl. auch Art. 36 BV ). Verfügt das Zwangsmassnahmengericht die sofortige Freilassung, obwohl nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ein Haftgrund nach Art. 221 StPO besteht, kann das die Fortführung des Strafverfahrens indessen erschweren oder gar vereiteln. Um dies zu verhindern, besteht ein Interesse, dass die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Beschwerde an die Beschwerdeinstanz nach Art. 393 StPO zumindest vorübergehend die Freilassung verhindern kann ( BGE 137 IV 230 E. 2.1 S. 233, BGE 137 IV 237 E. 2.1 S. 241). Zur Gewährleistung des Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft ist erforderlich, die Freilassung des Beschuldigten aufzuschieben, bis die Beschwerdeinstanz über die Fortdauer der Haft während des Beschwerdeverfahrens im Sinne von Art. 388 lit. b StPO wenigstens superprovisorisch entscheiden kann ( BGE 137 IV 237 E. 2.4 S. 244). Vor dem Hintergrund des Anspruchs des Beschuldigten auf unverzügliche Freilassung gemäss Art. 226 Abs. 5 StPO muss die Staatsanwaltschaft ihre Beschwerde unmittelbar nach Kenntnis des Haftentlassungsentscheids und grundsätzlich vor dem Zwangsmassnahmengericht ankündigen. Die Ankündigung hat zur Folge, dass die Haft nach dem Freilassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts bis zur sofortigen Beschwerdeerhebung durch die Staatsanwaltschaft BGE 138 IV 148 S. 151 fortbesteht. Um dem Erfordernis der unverzüglichen Beschwerdeerhebung im Anschluss an die Ankündigung nachzukommen, muss die Staatsanwaltschaft spätestens drei Stunden nach der Ankündigung beim Zwangsmassnahmengericht eine (wenigstens kurz) begründete Beschwerdeschrift einreichen und darin die Aufrechterhaltung der Haft beantragen. Diesfalls ist das Zwangsmassnahmengericht gehalten, den Beschuldigten weiter in Haft zu belassen und die Beschwerde mit dem Dossier und seiner allfälligen Stellungnahme verzugslos der Beschwerdeinstanz zu übermitteln ( BGE 138 IV 92 E. 3.3 S. 97). Nach dem Eingang der Beschwerde bei der Beschwerdeinstanz hat deren Verfahrensleitung die erforderlichen Anordnungen im Sinne von Art. 388 StPO zu erlassen. Solche Anordnungen müssen aus Gründen der Dringlichkeit meist ohne Anhörung der betroffenen Person als superprovisorische Verfügung ergehen. Sie sind anschliessend nach Gewährung des rechtlichen Gehörs zu bestätigen oder zu ändern. Eine von der Staatsanwaltschaft unmittelbar nach Kenntnis des Haftentlassungsentscheids, aber vor der tatsächlichen Entlassung des Beschuldigten eingereichte Beschwerde hat somit zur Folge, dass die Untersuchungshaft vorläufig weiterbesteht, bis die zuständige Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz (superprovisorisch) über weitere Massnahmen im Sinne von Art. 388 StPO entscheiden kann. Es handelt sich dabei in der Regel um eine Verlängerung der Haft um einige Stunden, was im Interesse der Erreichung des Untersuchungszwecks bei bestehenden Haftgründen und zur Gewährleistung eines wirksamen Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft mit Art. 226 Abs. 5 StPO vereinbar erscheint ( BGE 138 IV 92 E. 3.4 S. 98). 3.3 Das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau teilt der Staatsanwaltschaft einen negativen Entscheid, nämlich die Nichtanordnung der beantragten Untersuchungshaft, praxisgemäss vorab telefonisch mit, wenn die Staatsanwaltschaft wie vorliegend nicht an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht teilnimmt (vgl. Art. 225 Abs. 1 StPO ). Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, dass die StPO eine telefonische Eröffnung des (negativen) Haftanordnungsentscheids nicht ausdrücklich vorsieht. Die nicht an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht teilnehmende Staatsanwaltschaft hat denn auch keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass ihr ein solcher Entscheid vorab telefonisch mitgeteilt wird. Dies schliesst allerdings nicht aus, dass sich die beteiligten Behörden BGE 138 IV 148 S. 152 hinsichtlich des Vorgehens in solchen Fällen untereinander absprechen. Sofern der Entscheid der nicht persönlich an der Verhandlung vertretenen Staatsanwaltschaft wie von Art. 226 Abs. 2 StPO vorgeschrieben (zusätzlich) unverzüglich schriftlich eröffnet wird, steht einer vorgängigen telefonischen Mitteilung nichts entgegen. Dieses Vorgehen ermöglicht es der Staatsanwaltschaft, ihre Beschwerde sofort anzukünden, selbst wenn sie nicht persönlich an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht vertreten ist. Die vorläufige Fortdauer der Untersuchungshaft ist in einem solchen Fall mit Art. 226 Abs. 5 StPO vereinbar, sofern die Abwesenheit der Staatsanwaltschaft an der Verhandlung nicht zu Verzögerungen führt. Insbesondere muss die Staatsanwaltschaft auch bei einem solchen Vorgehen spätestens drei Stunden nach der (mündlichen) Eröffnung des Entscheids gegenüber der beschuldigten Person beim Zwangsmassnahmengericht eine (wenigstens kurz) begründete Beschwerdeschrift einreichen und darin die Aufrechterhaltung der Haft beantragen (vgl. E. 3.2 hiervor). 3.4 Vorliegend hat die nicht persönlich an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht vertretene Staatsanwaltschaft, nachdem ihr die Nichtanordnung der Untersuchungshaft vorab telefonisch mitgeteilt worden ist, innerhalb von drei Stunden nach der (mündlichen) Eröffnung des Entscheids gegenüber dem Beschwerdeführer eine begründete Beschwerdeschrift eingereicht und darin die Aufrechterhaltung der Haft beantragt. Dieses Vorgehen hat zu keinen weiteren Verzögerungen geführt und ist nach dem Gesagten nicht zu beanstanden. Damit erweist sich die Rüge des Beschwerdeführers, die Vorinstanz hätte nicht auf die Beschwerde eintreten dürfen, als unbegründet.
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Sachverhalt ab Seite 619 BGE 97 I 619 S. 619 A.- Im Dezember 1950 wurde die 1944 geschlossene Ehe des Max Abegg mit Margrit Kägi durch das Bezirksgericht Bülach geschieden und das einzige, 1945 geborene Kind Hans-Peter der Mutter zugeteilt. Diese ging im Januar 1953 mit Ernst Leu eine neue Ehe ein. Der Knabe Hans-Peter Abegg lebte seither in der Familie seines Stiefvaters, der in Glattbrugg eine Garage betreibt. Im Jahre 1962 stellte Frau Leu-Kägi beim Regierungsrat des Kantons Zürich das Gesuch, es sei ihrem Sohn zu gestatten, den Familiennamen in Leu zu ändern. Das Gesuch wurde dem Vater Max Abegg zur Stellungnahme unterbreitet. Dieser widersetzte sich der Namensänderung, worauf das Gesuch zurückgezogen wurde. Hans-Peter Abegg arbeitet seit einigen Jahren im Geschäft seines Stiefvaters Ernst Leu und soll dieses später übernehmen. Unter Hinweis hierauf sowie darauf, dass er allgemein unter dem Namen "Leu" bekannt sei und sich im nächsten Jahre verheiraten werde, ersuchte er am 15. Juli 1970 den Regierungsrat des Kantons Zürich, ihm die Änderung des Familiennamens in "Leu" zu bewilligen. Das Gesuch wurde den Gemeinderäten seiner beiden Heimatgemeinden sowie der Wohnsitzgemeinde zur Stellungnahme zugestellt. Alle empfahlen, dem Gesuch zu BGE 97 I 619 S. 620 entsprechen. Am 17. Dezember 1970 beschloss der Regierungsrat, dem Gesuchsteller die Änderung des Familiennamens in "Leu" zu bewilligen. Diese Namensänderung wurde im Amtsblatt des Kantons Zürich von 5. Januar 1971 veröffentlicht. Am 2. Juli 1971 schrieb Max Abegg an die Direktion des Innern des Kantons Zürich, er habe von der Namensänderung seines Sohnes Kenntnis erhalten und ersuche um eine Ausfertigung des regierungsrätlichen Entscheids. Sie wurde ihm am 5. Juli 1971 zugestellt. B.- Mit Eingabe vom 2. August 1971 erhebt Max Abegg staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV mit dem Antrag, der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 17. Dezember 1970 sei aufzuheben. Er machte geltend, der Regierungsrat habe ihm dadurch das rechtliche Gehör verweigert, dass er ihm vor seinem Entscheid keine Gelegenheit gegeben habe, zum Namensänderungsgesuch seines Sohnes Stellung zu nehmen ( BGE 83 I 239 , BGE 89 I 155 ). Der Umstand, dass sein Sohn volljährig sei, vermöge diese Unterlassung nicht zu rechtfertigen. Das Interesse und das Recht des Vaters, dass sein Kind seinen Namen behalte und er vor einer Namensänderung mindestens angehört werde, sei das gleiche, ob das Kind minderjährig oder volljährig sei. C.- Hans-Peter Leu beantragt, auf die Beschwerde wegen Verspätung nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Regierungsrat hat seinen Entscheid dem Beschwerdegegner sowie den Gemeinderäten seiner Heimatgemeinden und seiner Wohnsitzgemeinde mitgeteilt und ihn gemäss Art. 30 Abs. 2 ZGB /§ 47 zürch. EG/ZGB im kantonalen Amtsblatt vom 5. Januar 1971 veröffentlicht. Es fragt sich, ob die 30-tägige Frist zur staatsrechtlichen Beschwerde ( Art. 89 Abs. 1 OG ), für den Beschwerdeführer schon mit dieser Veröffentlichung oder erst mit der am 5. Juli 1971 erfolgten Zustellung einer Ausfertigung an ihn zu laufen begann. Sofern der Beschwerdeführer, wie er mit der Beschwerde geltend macht, einen Anspruch auf Anhörung zum Namensänderungsgesuch hatte, hätte ihm auch der Entscheid über dieses Gesuch persönlich mitgeteilt werden sollen. Die Veröffentlichung BGE 97 I 619 S. 621 im kantonalen Amtsblatt hätte diese persönliche Eröffnung oder Mitteilung nicht ersetzt. Es erscheint daher richtig, die Frist zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht schon von der Veröffentlichung des Entscheids oder der zufälligen Kenntnisnahme des Beschwerdeführers an beginnen zu lassen, sondern erst von der Zustellung einer Ausfertigung an ihn am 5. Juli 1971 (vgl. BGE 35 I 105 E. 1; BIRCHMEIER, Handbuch des OG S. 384 N. 2 b). Die am 2. August 1971 eingereichte Beschwerde ist somit rechtzeitig. 2. Im Jahre 1962 hat die Mutter des damals noch unmündigen Beschwerdegegners für diesen ein Namensänderungsgesuch gestellt, zu dem der Beschwerdeführer Stellung nehmen konnte und auch nahm. Sofern der leibliche Vater auch bei Mündigkeit des Kindes einen Anspruch auf Anhörung zu dessen Gesuch um Namensänderung haben sollte, wäre diesem Anspruch nicht schon durch seine Anhörung in jenem früheren, durch Rückzug des Gesuchs dahingefallenen Verfahren Genüge getan. Da das zweite Verfahren nicht einfach die Fortsetzung des früheren, sondern ein neues selbständiges Verfahren ist, hätte er vielmehr Anspruch, im neuen Verfahren wiederum angehört zu werden, wobei er Gründe und Tatsachen vorbringen könnte, die er im früheren Verfahren nicht geltend machte oder die erst seither eingetreten sind ( BGE 89 I 157 /58). 3. Die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts hat in BGE 76 II 342 E. 2 ausgeführt, es sei nicht nur ein Recht des Kindes, den Namen des Vaters zu führen, sondern auch ein Recht des Vaters, dass seine Kinder keinen andern Namen als den seinen erhalten. Daher sei, wenn für ein Kind ein Namensänderungsgesuch gestellt werde, auch das Interesse des Vaters zu berücksichtigen und ihm Gelegenheit zu geben, zum Gesuch Stellung zu nehmen; werde dies unterlassen, so könne der Vater dies freilich nicht mit der in Art. 30 Abs. 3 ZGB vorgesehenen Klage, sondern "höchstens mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV " rügen. Die staatsrechtliche Kammer hat sich dieser Auffassung angeschlossen, ohne sich mitihr auseinanderzusetzen. Sie hat, obwohl in BGE 76 II 339 E. 1 dem Vater ein klagbarer zivilrechtlicher Anspruch darauf, dass sein Kind seinen Namen behalte, abgesprochen wurde, in ständiger Rechtsprechung stillschweigend angenommen, er habe doch ein schutzwürdiges Interesse hieran, und im Hinblick auf dieses Interesse habe er grundsätzlich BGE 97 I 619 S. 622 einen unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Anspruch darauf, von dem für das Kind gestellten Namensänderungsgesuch und seiner Begründung Kenntnis zu erhalten und dazu im einzelnen Stellung zu nehmen ( BGE 83 I 239 und BGE 89 I 155 E. 2 je mit Hinweisen auf weitere, nicht veröffentlichte Urteile). Ferner betrachtete es, wiederum ohne nähere Begründung, den Vater als legitimiert, die nach seiner Anhörung bewilligte Namensänderung mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Willkür anzufechten (nicht veröffentl. Urteile vom 17. Juni 1964 i.S. Schwegler, vom 30. Juni 1965 i.S. Roth und vom 4. Mai 1966 i.S. Letter). In allen diesen Fällen handelte es sich um die Namensänderung von Kindern, die noch unmündig waren. Dass der Vater solcher Kinder zu dem von der Mutter für sie gestellten Namensänderungsgesuch angehört werden muss, wird weder vom Regierungsrat des Kantons Zürich noch vom Beschwerdegegner bestritten, so dass kein Anlass besteht, die dahingehende bisherige Rechtsprechung zu überprüfen; bemerkt sei immerhin, dass der in BGE 76 II 342 E. 2 geäusserten Auffassung, beim Fehlen der Eltern müssten die Grosseltern und Geschwister angehört werden, kaum gefolgt werden könnte. Streitig ist einzig die bisher vom Bundesgericht offenbar noch nie beurteilte Frage, ob der Vater unmittelbar aufgrund von Art. 4 BV Anspruch darauf hat, zu einem von seinem mündigen Sohn gestellten Namensänderungsgesuch Stellung nehmen zu können. 4. Der Entscheid hierüber hängt davon ab, ob zwischen dem Fall des unmündigen und dem des mündigen Kindes Unterschiede bestehen, im Hinblick auf die beim mündigen Kind ein Recht des Vaters auf Anhörung zu verneinen ist. a) Das Gesuch um Änderung des Namens des bei der Scheidung der Mutter zugeteilten Kindes kann von diesem, wenn es urteilsfähig ist, wohl nur mit Zustimmung der Mutter gestellt werden (EGGER N. 15 zu Art. 19 und N. 9 zu Art. 30 ZGB ) und wird in der Regel von der Mutter gestellt. Obwohl der Regierungsrat, der über das Gesuch entscheidet, von Amtes wegen zu prüfen hat, ob wichtige Gründe im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB vorliegen, erscheint es geboten, auch den Vater dazu anzuhören. Dieser hat - neben der Beitragspflicht nach Art. 156 Abs. 2 ZGB - ein Recht auf angemessenen persönlichen Verkehr mit dem Kinde ( Art. 156 Abs. 3 ZGB ), das ihm nur aus schwerwiegenden Gründen entzogen werden BGE 97 I 619 S. 623 darf (vgl. BGE 89 II 4 ff.). Sodann besteht bis zur Mündigkeit des Kindes die Möglichkeit, dass die elterliche Gewalt wegen Änderung der Verhältnisse wieder dem Vater zugeteilt wird ( Art. 157 ZGB ), so vor allem, wenn die Mutter stirbt oder ihr die elterliche Gewalt entzogen wird (vgl. BGE 47 II 383 Nr. 64, BGE 82 II 474 ). b) Diese weiterbestehenden Rechtsbeziehungen zwischen dem Vater und dem der Mutter zugeteilten Kinde fallen mit der Mündigkeit der Kinder dahin. Die Beitragspflicht hört grundsätzlich auf (vgl. BGE 61 II 216 E. 2), und das Recht des Vaters auf den persönlichen Verkehr wird zum sittlichen Recht, dem eine sittliche Pflicht des Kindes entspricht (BELZA, Das Verhältnis zwischen dem Kinde und dem geschiedenen Elternteil, dem das Kind nicht zugewiesen wurde, Diss. Freiburg 1946 S. 24). Soweit zwischen dem Vater und dem mündigen Kind rechtliche Beziehungen bestehen bleiben, sind sie gegenseitig, so die Unterstützungspflicht nach Art. 328 ZGB , das Erbrecht (Art. 457/58 ZGB) und die Rücksichts- und Beistandspflicht nach Art. 271 ZGB . Das Kind erlangt mit der Mündigkeit die Fähigkeit, alle Rechte und namentlich seine Persönlichkeitsrechte, zu denen auch das Recht auf den Namen gehört, unabhängig von den Eltern auszuüben. Es kann insbesondere völlig frei wichtige Entscheidungen treffen, die jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht auch für die Beziehungen zu den Eltern von grosser Bedeutung sind, wie Heirat, Auswanderung, Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit, Anerkennung eines ausserehelichen Kindes, Adoption usw. Es kann sich schliesslich ohne Zustimmung seiner Eltern selber adoptieren lassen und dadurch einen andern Namen als den seines Vaters erwerben ( Art. 268 Abs. 1 ZGB ). Angesichts dieser weitgehenden Selbständigkeit des mündigen Kindes im Verhältnis zu seinen Eltern rechtfertigt es sich nicht, dann, wenn es ein Gesuch um Namensänderung stellt, seinem Vater (und seiner Mutter) ein Mitspracherecht in der Form eines unmittelbar aus Art. 4 BV abgeleiteten Anspruchs auf Stellungnahme zum Gesuch und zu den darin als "wichtige Gründe" im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB geltend gemachten Umständen einzuräumen. Die vorliegende Beschwerde, mit der ein solcher Anspruch erhoben wird, ist daher abzuweisen.
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Sachverhalt ab Seite 116 BGE 110 II 116 S. 116 A.- A. H. und L. S. haben am 27. Dezember 1971 geheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Am 22. September 1981 erhob die Ehefrau Klage auf Trennung der Ehe für unbestimmte Zeit nach Massgabe der Art. 137, 142 und 146 ZGB . Sie forderte vom Ehemann einen monatlich vorschüssigen und indexierten Unterhaltsbeitrag von Fr. 800.-, verlangte die Anordnung der Gütertrennung und das Begleichen einer Sondergutsforderung von Fr. 8'500.- nebst ihrem Vorschlagsdrittel. Der Ehemann beantragte die Abweisung der Klage und widerklageweise die Scheidung der Ehe gemäss Art. 142 ZGB . Er erklärte sich bereit, der Ehefrau einen Vorschlagsdrittel von Fr. 3'867.70 auszuzahlen. BGE 110 II 116 S. 117 Das Bezirksgericht entsprach am 5. Oktober 1982 dem Ehetrennungsbegehren der Ehefrau und wies die Widerklage des Ehemannes ab. Es regelte die güterrechtlichen Fragen im Sinne der Parteianträge, sprach jedoch der Ehefrau keinen Unterhaltsbeitrag zu. B.- Das Obergericht des Kantons X. wies die Appellation der Ehefrau, mit welcher sie die Verpflichtung des Ehemannes zur Bezahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von Fr. 600.- während der Dauer der Ehetrennung sowie die Neuverteilung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung verlangt hatte, mit Urteil vom 1. Dezember 1983 ab. C.- Gegen das Urteil des Obergerichts reichte die Ehefrau Berufung beim Bundesgericht ein und forderte die Bezahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von Fr. 600.- nach Massgabe von Art. 160 Abs. 2 ZGB . Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Unterhaltspflicht des Ehemannes im Sinne von Art. 160 Abs. 2 ZGB besteht grundsätzlich auch, wenn die Ehegatten gerichtlich getrennt sind (LEMP, N. 17 zu Art. 160 ZGB ; BÜHLER/SPÜHLER, N. 12, 30 der Vorbemerkungen zu Art. 149-157 ZGB ; HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 3. Aufl., S. 103; BGE 95 II 72 E. 2a mit Hinweisen). Von dieser Unterhaltspflicht wird der Ehemann weder enthoben, wenn die Ehefrau eigenen Verdienst oder eigenes Vermögen hat, noch wenn Dritte für sie sorgen (LEMP, N. 20 zu Art. 160 ZGB ). Allerdings ist der Ehemann bloss unter der Voraussetzung unterhaltspflichtig, dass er leistungsfähig ist; das ist er nicht nur dann, wenn er ein Einkommen hat, sondern auch, wenn er bei gutem Willen ein solches haben könnte (LEMP, N. 21 zu Art. 160 ZGB ). b) Auf der anderen Seite besteht auch in getrennter Ehe die Beitragspflicht der Ehefrau aus ihrem Arbeitserwerb gemäss Art. 192 Abs. 2 ZGB . Dabei sind unter den vom Gesetz genannten Bedürfnissen des Haushaltes die ehelichen Lasten insgesamt zu verstehen (LEMP, N. 16 zu Art. 192 ZGB ). 3. Die Vorinstanz hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt ( Art. 63 Abs. 2 OG ), dass die Parteien schon vor der Heirat acht Jahre zusammengelebt haben und dass während dieser Zeit beide einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Abgesehen von einer kurzen krankheitsbedingten Unterbrechung, habe die Klägerin auch während der Ehe immer gearbeitet. Ihr Einkommen BGE 110 II 116 S. 118 sei stets grösser gewesen als die Einkünfte des Ehemannes, der seit einigen Jahren ein eigenes Geschäft betreibt. Die Klägerin verdient heute monatlich Fr. 2'880.-, während das Nettoeinkommen des Beklagten zwischen Fr. 2'000.- und Fr. 2'300.- beträgt. Unter diesen Umständen betrachtet es die Vorinstanz als stossend, wenn der Beklagte der von ihm getrennt lebenden Ehefrau noch einen Unterhaltsbeitrag entrichten müsste. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die getrennt lebende Ehefrau insofern entlastet werde, als sie nur noch einen reduzierten Haushalt zu besorgen habe. Zudem gehe im vorliegenden Fall die Klägerin auch güterrechtlich nicht leer aus, weil ihr der Beklagte aus Güterrecht noch Fr. 8'500.- und Fr. 3'867.70 schulde. Ein Unterhaltsanspruch der Klägerin, selbst in beschränktem Umfang, bestehe daher nicht. 4. Unter dem Gesichtswinkel der gleichberechtigten Partnerschaft von Mann und Frau, die insbesondere den Ehefrauen jüngeren und mittleren Alters eine gegenüber früher veränderte Rolle zuweist, lässt es sich in der Tat fragen, ob der Ehemann auch dann unterhaltspflichtig bleiben soll, wenn die Gattin während der ganzen Dauer der Ehe wirtschaftlich selbständig, ja sogar - wie im vorliegenden Fall, der allerdings eher als eine Ausnahme zu betrachten ist - besser gestellt war als der Mann. Bestand und Umfang der ehelichen Beistandspflicht, die gegenseitig ist, beruhen auf dem Wesen der Ehe als - auch in ökonomischer Hinsicht - enger Schicksalsgemeinschaft. Deshalb erfüllt der Ehemann, der während der Dauer der gerichtlichen Trennung einen Unterhaltsbeitrag leistet, nicht etwa eine Schadenersatzpflicht; und schon gar nicht liegt darin eine Bestrafung des sich pflichtwidrig verhaltenden Ehegatten. Dem Verschulden an den ehelichen Schwierigkeiten kommt somit bei der Beurteilung der Unterhaltspflicht während der Ehetrennung keine entscheidende Bedeutung zu (BÜHLER/SPÜHLER, N. 33 der Vorbemerkungen zu Art. 149-157 ZGB ). Allein, die Unterhaltspflicht des Ehemannes nach Massgabe von Art. 160 Abs. 2 ZGB ist grundsätzlicher Natur; sie besteht in getrennter Ehe nicht weniger als in ungetrennter (oben E. 2a). Ihr steht die nicht weniger grundsätzliche Pflicht der Ehefrau zur Beitragsleistung - auch und gerade in getrennter Ehe - gegenüber (oben E. 2b). So gesehen, kann das Einkommen der Ehefrau den Ehemann nur soweit entlasten, als es zur Beitragsleistung im Sinne von Art. 192 Abs. 2 ZGB beizuziehen ist. Die Ehefrau soll BGE 110 II 116 S. 119 jedoch ihren von Gesetzes wegen bestehenden Unterhaltsanspruch nicht deswegen einbüssen, weil sie während der Ehe erwerbstätig gewesen ist und aus freien Stücken die ehelichen Lasten wesentlich mitgetragen hat. Im übrigen verändern sich mit der gerichtlichen Trennung die Verhältnisse unter den Ehegatten insofern, als erhöhte eheliche Lasten eintreten und die Ehefrau daran einen geringeren Beitrag in der Gestalt der Haushaltführung zu leisten hat. Es rechtfertigt sich daher, von der Ehefrau einen Beitrag gemäss Art. 192 Abs. 2 ZGB zu verlangen, der etwas höher liegt, als dies bei ungetrennter Ehe zuträfe. Er kann im vorliegenden Fall auf ungefähr zwei Drittel ihres Einkommens festgesetzt werden; das sind höchstens Fr. 1'900.-. Vom Ehemann anderseits ist im Urteil der Vorinstanz gesagt worden, dass er seine Einkünfte noch bis etwa Fr. 2'500.- im Monat steigern könnte. Teilt man die Differenz der beiden Beträge, so ergibt sich ein Unterhaltsbeitrag zugunsten der in getrennter Ehe lebenden Ehefrau von monatlich Fr. 300.-. Die Festsetzung des Unterhaltsbeitrages in dieser Höhe trägt den beschränkten finanziellen Möglichkeiten des Beklagten Rechnung. Sie übersieht aber auch nicht, dass an sich keine Pflicht der Ehefrau zur Ausübung einer regelmässigen Erwerbstätigkeit besteht und dass bei deren Wegfall der Beklagte in noch weitergehendem Umfang zahlungspflichtig würde. Die Unterhaltspflicht des Ehemannes gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB ist vom Gesetzgeber gewollt; sie kann auch in einem etwas ausserhalb des Üblichen liegenden Fall wie dem vorliegenden vom Richter nicht ignoriert werden.
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Sachverhalt ab Seite 181 BGE 129 III 181 S. 181 A.- Am Nachmittag des 1. März 1997 begab sich A. zum Bauernhof von B., um dort ein Kalb zu besichtigen, das er eventuell übernehmen wollte. Im Verlaufe des Besuches wurde A. von B. dazu veranlasst, ihm bei der Umplatzierung eines schweren Rundholzes behilflich zu sein. Dieses Holz stand in einer Baugruppe an die Fassade des Wohnhauses angelehnt. Es sollte mit Hilfe eines von B. gelenkten Baggers "Menzi-Muck" bewegt werden. A. bestieg eine in die Baugrube gestellte Leiter, von wo aus er eine an der Schaufel des "Menzi-Muck" befestigte massive Kette um das Rundholz legen sollte. Bevor es dazu kam, stürzte er von der Leiter und verletzte sich schwer. B.- A. reichte im Juni 1999 beim Bezirksgericht Neutoggenburg Klage gegen B. ein mit dem Begehren, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger einen Schadenersatzbetrag und eine Genugtuung nach Ergebnis des Beweisverfahrens zuzüglich Zinsen seit Unfalldatum zu bezahlen. Der Kläger stellte zudem den Antrag, das Verfahren vorläufig auf die Haftungsfrage zu beschränken. Das Bezirksgericht wies die Klage mit Urteil vom 23. November 2000 ab. Der Kläger appellierte an das Kantonsgericht St. Gallen, das sein Rechtsmittel mit Entscheid vom 24. Oktober 2001 abwies. Das Kantonsgericht kam zum Ergebnis, es bestehe weder eine vertragliche noch eine ausservertragliche Haftung des Beklagten, da einerseits zwischen den Parteien kein Vertrag geschlossen worden sei und BGE 129 III 181 S. 182 anderseits das Verhalten oder die dem Beklagten allfällig vorwerfbaren Unterlassungen für den Sturz des Klägers oder dessen Verletzung nicht ursächlich gewesen seien. Eine gegen diesen Entscheid gerichtete kantonale Nichtigkeitsbeschwerde des Klägers wurde vom Kassationsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 11. Juni 2002 abgewiesen, soweit es darauf eintrat. C.- Mit Berufung beantragt der Kläger dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts vom 24. Oktober 2001 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Der Kläger rügt sodann, die Vorinstanz habe den Fall zu Unrecht nicht unter dem Aspekt der vertraglichen Haftpflicht geprüft. Sie habe einerseits übersehen, dass das Bundesgericht in BGE 61 II 95 ff. einen beinahe identischen Fall als Auftrag qualifiziert habe. Anderseits habe sie nicht beachtet, dass es zwischen vertraglicher und quasivertraglicher Haftpflicht gelagerte Fälle gebe, wo dem aus rein altruistischen Motiven Handelnden gestützt auf Art. 422 Abs. 1 OR eine Entschädigung für den bei der Hilfshandlung erlittenen Schaden gewährt werden könne. 3.1 Die Vorinstanz hat eine vertragliche Bindung der Parteien unter Verweis auf die Erwägungen des Bezirksgerichts verneint. Dieses ist zum Ergebnis gekommen, die Parteien hätten weder einen Rechtsbindungswillen geäussert noch durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, dass sie einen solchen Willen in Bezug auf die Hilfeleistung des Klägers bei der Umplatzierung des Rundholzes hatten. Im erstinstanzlichen Entscheid wurde die Behauptung des Klägers, seine Hilfeleistung sei Gegenstand einer Vertragspflicht gewesen, gestützt auf dessen eigene Aussagen abgelehnt. Der Kläger hatte bei der Parteieinvernahme ausgesagt, er habe freiwillig geholfen und der Beklagte habe ihm keine Anweisungen erteilt, da er selbst gewusst habe, was zu tun bzw. wie die Leiter zu stellen und die Kette umzulegen sei. Der Beklagte hat sodann nach den Erwägungen des Bezirksgerichts keinen Anlass gehabt, auf einen Rechtsbindungswillen des Klägers zu schliessen; weder habe der Kläger ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der von ihm gewährten Hilfe gehabt noch sei ein Interesse des Beklagten an fachmännischer Beratung und Unterstützung erkennbar. In Würdigung dieses BGE 129 III 181 S. 183 Sachverhalts ist das Bezirksgericht zum Schluss gekommen, zwischen den Parteien habe ein blosses Gefälligkeitsverhältnis bestanden, aus dem keine rechtlichen Verpflichtungen abgeleitet werden könnten. 3.2 In BGE 116 II 695 E. 2b/bb ist festgehalten worden, dass auch im Bereich der Arbeitsleistungen unverbindliche Gefälligkeiten vorkommen, die keine Vertragsbindung entstehen lassen und namentlich zu keiner Vertragshaftung des Leistenden bei Nicht- oder Schlechterfüllung führen. Ob Vertrag oder Gefälligkeit vorliegt, entscheidet sich gemäss diesem Urteil nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Art der Leistung, ihrem Grund und Zweck, ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung, den Umständen, unter denen sie erbracht wird, und der bestehenden Interessenlage der Parteien. Für einen Bindungswillen spricht ein eigenes, rechtliches oder wirtschaftliches Interesse des Leistenden an der gewährten Hilfe oder ein erkennbares Interesse des Begünstigten fachlich qualifiziert beraten oder unterstützt zu werden. An diesen Grundsätzen haben sich auch die kantonalen Gerichte orientiert. Sie haben insbesondere die Art der Arbeitsleistung, das fehlende wirtschaftliche Interesse des Klägers sowie das mangelnde Interesse des Beklagten an fachkundiger Unterstützung berücksichtigt und haben auf dieser Grundlage einen Rechtsbindungswillen der Parteien verneint. Sie haben die Umstände zutreffend gewürdigt und die massgebenden Grundsätze richtig angewandt. Insoweit liegt keine Verletzung von Bundesrecht vor. 3.3 Mit einer gewissen Berechtigung beruft sich der Kläger auf BGE 61 II 95 . In jenem Fall hatte ein Bauer seinen Nachbar gebeten, für ihn auf einen Birnbaum zu steigen und diesen zu schütteln. Dabei brach der Ast, auf welchem der Nachbar stand, und dieser zog sich durch den Sturz schwere Verletzungen zu. Das Bundesgericht ist damals vom Bestehen vertraglicher Bindungen ausgegangen, wobei lediglich streitig war, ob es sich um einen entgeltlichen oder einen unentgeltlichen Auftrag handelte. Für den zweiten Fall betrachtete das Bundesgericht Art. 422 Abs. 1 OR als anwendbar, wonach der Geschäftsherr nach gerichtlichem Ermessen für Schaden des Geschäftsführers haften soll. Damit hielt das Bundesgericht an einem früheren Urteil fest, wo ausgeführt worden war, dass in Bezug auf die gesetzliche Regelung des unentgeltlichen Auftrags ein durch den Richter zu korrigierendes Versehen des Gesetzgebers vorliege. Das Bundesgericht wies darauf hin, dass die gleiche Interessenlage die gleiche rechtliche Behandlung erheische. Der Regelung von Art. 422 Abs. 1 OR liege das Prinzip zu Grunde, dass niemandem BGE 129 III 181 S. 184 die Erfüllung einer Pflicht, die er altruistisch und nicht eigenen Vorteils wegen übernommen hat, nachteilig sein soll ( BGE 48 II 487 E. 3). Dass dieses Prinzip auch bei der Beurteilung von Gefälligkeitshandlungen ohne Rechtsbindungswillen gelten sollte, leuchtet aus Gründen rechtlicher Gleichbehandlung ohne weiteres ein. Im Folgenden ist deshalb zu prüfen, ob die Regel von Art. 422 Abs. 1 OR betreffend Schadenersatzpflicht des Geschäftsherrn analog auf solche Gefälligkeitsverhältnisse angewendet werden kann. 4. 4.1 Art. 422 Abs. 1 OR bestimmt für die - fremdnützige, echte - Geschäftsführung, dass der Geschäftsherr verpflichtet ist, den Schaden, welchen der Geschäftsführer durch die Geschäftsbesorgung erleidet, nach Ermessen des Richters zu ersetzen. Der Schadenersatzanspruch nach dieser Bestimmung setzt kein Verschulden des Geschäftsherrn voraus. Es handelt sich um eine Kausalhaftung, weshalb ausreicht, dass der Geschäftsführer im Rahmen der Geschäftsbesorgung und damit im Interesse des Geschäftsherrn tätig geworden ist; insbesondere wird nicht vorausgesetzt, dass das Verhalten des Geschäftsherrn für den Eintritt des Schadens ursächlich war (SCHMID, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, Freiburg 1992, Rz. 510). Indes wird in Lehre und Rechtsprechung zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht nur das Handeln im Interesse eines anderen den Haftungsgrund bildet, sondern gegebenenfalls auch der Umstand, dass sich der Geschäftsführer dabei in Gefahr begibt (WEBER, Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 2. Aufl., N. 11 zu Art. 422 OR ; URS LISCHER, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im schweizerischen Recht, Diss. Basel 1990, S. 90; JÖRG H. RÖSLER, Haftpflicht für Schäden aus Hilfeleistung, Diss. Bern 1981, S. 63; BGE 48 II 487 E. 3 S. 491 f.). In diesem Sinne enthält Art. 422 Abs. 1 OR auch das Element einer Risikohaftung. Diese beruht auf dem sowohl vertraglich wie ausservertraglich gültigen Prinzip, dass das Risiko schadensgeneigter, gefährlicher Tätigkeit von jenem zu tragen ist, in dessen Interesse und zu dessen Nutzen sie ausgeführt wird (HONSELL, Die Risikohaftung des Geschäftsherrn, Festgabe für Ulrich von Lübtow, Berlin 1980, S. 485 ff., S. 496 ff.; CANARIS, Risikohaftung bei schadensgeneigter Tätigkeit in fremdem Interesse, in: Recht der Arbeit, 1966, S. 41 ff., insbes. S. 43). Insoweit rechtfertigt sich auch die analoge Anwendung von Art. 422 Abs. 1 OR auf die Fälle von Gefälligkeitshandlungen ohne Rechtsbindungswillen. Die Haftung greift allerdings nur dann, wenn sich das der gefährlichen Tätigkeit immanente Risiko verwirklicht. Nicht BGE 129 III 181 S. 185 davon erfasst werden so genannte Zufallsschäden. Deshalb ist eine Haftung zu verneinen, falls sich nicht das besondere Tätigkeitsrisiko, sondern das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat (CANARIS, a.a.O., S. 43). 4.2 Art. 422 Abs. 1 OR sieht neben dem Ersatz des Schadens auch Auslagenersatz und die Befreiung von übernommenen Verbindlichkeiten vor. Diese beiden Ansprüche fallen bei Gefälligkeitshandlungen ohne Rechtsbindungswillen ausser Betracht. Es gilt hier das Gleiche wie im Fall des Geschäftsführers mit Schenkungswillen, wo die Liberalitätsabsicht die erwähnten Ansprüche ausschliesst (SCHMID, Die Geschäftsführung, Rz. 573 ff., insbes. Rz. 585-589; BUCHER, Obligationenrecht Besonderer Teil, 3. Aufl., S. 258). 4.3 Im vorliegenden Fall ist somit nach Ermessen des Gerichts zu entscheiden, ob und in welcher Höhe dem Kläger Schadenersatz zuzusprechen ist. Das bedeutet gemäss Art. 4 ZGB , dass alle erheblichen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. In der Lehre erwähnt werden etwa die Art der auf dem Spiele stehenden Interessen, das Verhältnis der mit der Tätigkeit zu wahrenden Werte zum erkennbaren Risiko, ein allenfalls von einer der Parteien zu vertretendes Gefährdungspotential und deren Vermögenslage (SCHMID, Zürcher Kommentar, N. 56 f. zu Art. 422 OR ; derselbe, Die Geschäftsführung, Rz. 513 ff.; HONSELL, a.a.O., S. 500; HOFSTETTER, Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. VII/6, Basel 2000, S. 265). 4.4 Die Vorinstanz hat sich nicht zur Frage des Schadenersatzanspruchs im dargelegten Sinne geäussert. Zudem fehlen Sachverhaltsfeststellungen, die es dem Bundesgericht erlauben würden, selbst über die Frage zu entscheiden. Unter diesen Umständen ist das angefochtene Urteil in Gutheissung der Berufung aufzuheben und die Sache in Anwendung von Art. 64 OG an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Neubeurteilung im Sinne der vorangehenden Erwägungen.
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Sachverhalt ab Seite 265 BGE 109 Ia 264 S. 265 A.- Die Gemeinden des Oberengadins bemühen sich, die Erstellung von Einkaufszentren in geordnete Bahnen zu lenken. Zu diesem Zweck erliessen sie aufeinander abgestimmte Massnahmen und Bestimmungen. Die Gemeinde Celerina/Schlarigna beschloss am 27. April 1981, ihr Baugesetz (BauG) durch Aufnahme eines neuen Kapitels 5 über den Bau und Betrieb von Einkaufszentren zu ergänzen. Die Bestimmungen, welche für das vorliegende Verfahren in erster Linie von Bedeutung sind, lauten wie folgt: Art. 63b (Abs. 1) Begriffe Einkaufszentren sind aus einem oder mehreren Geschäften bestehende Verkaufseinheiten des Detailhandels, die baulich oder organisatorisch eine BGE 109 Ia 264 S. 266 Einheit bilden und eine Netto-Ladenfläche von 200 m2 oder mehr aufweisen. Art. 63c (Abs. 1) Ortszentren Einkaufszentren mit einer Netto-Ladenfläche von 200-500 m2 dürfen ausschliesslich in der Dorfzone, der Dorferweiterungszone und in der Wohn-Gewerbezone D erstellt werden. Art. 63d (Abs. 1) Regionalzentren Einkaufszentren mit einer Netto-Ladenfläche von über 500 m2 dürfen nur bewilligt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 1. Es muss ein von der Standortgemeinde genehmigter, rechtskräftiger regionaler oder ein von der Regierung gestützt auf Art. 47 KRG erlassener kantonaler Nutzungsplan vorliegen, welcher die Erstellung eines Regionalzentrums am vorgesehenen Standort in Übereinstimmung mit dem regionalen Richtplan zulässt. 2. Das Regionalzentrum darf die im regionalen oder kantonalen Nutzungsplan festgelegte höchstzulässige Netto-Ladenfläche nicht überschreiten. 3. Das Regionalzentrum hat sich einwandfrei in das Siedlungs- und Verkehrskonzept der Grundordnung der Gemeinde einzufügen. Durch die Zulassung darf weder ein unerwünschter Siedlungskern geschaffen noch dürfen bestehende oder geplante Erschliessungsanlagen über den Gemeingebrauch hinaus beansprucht werden. 4. Der vorgesehene Standort muss mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein und in einer Bauzone liegen, in welcher mässig störende Betriebe zulässig sind. Zudem muss feststehen, dass durch den Betrieb die Ruhe benachbarter Wohngebiete sowie von Hotels, Heimen oder Schulen nicht gestört wird. Art. 63g und Art. 63h enthalten Vorschriften über die Gestaltung und Erschliessung von Einkaufszentren. B.- Die GITAG SA ist Eigentümerin der Parzellen Nrn. 706 und 707 in Celerina/Schlarigna. Die USEGO-Trimerco-Holding AG hat sich an den beiden Parzellen im Ausmass von insgesamt 7555 m2 ein Kaufsrecht gesichert. Sie plant, darauf ein Geschäftshaus zu errichten, welches eine Netto-Ladenfläche von 895 m2 umfassen soll. Am 5. März 1979 erliess der Gemeinderat von Celerina/Schlarigna zunächst für ein Jahr eine Bausperre für Einkaufszentren mit einer Netto-Ladenfläche von mehr als 500 m2, die in der Folge mehrfach verlängert wurde. Eine dagegen erhobene Beschwerde der genannten Grundeigentümerin wurde abgewiesen, letztinstanzlich vom Bundesgericht am 26. Januar 1982. Auf Ersuchen der Gemeinde genehmigte die Regierung des Kantons Graubünden am 28. Dezember 1981 die erwähnte Teilrevision BGE 109 Ia 264 S. 267 des BauG im wesentlichen. Gleichzeitig wies sie eine Beschwerde der GITAG SA und der USEGO-Trimerco-Holding AG ab, soweit darauf einzutreten war. C.- Gegen diesen Beschluss und die kommunale Baugesetzesänderung haben die GITAG SA und die USEGO-Trimerco-Holding AG staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Art. 22ter und 31 BV eingereicht. Sie beantragen, den Beschluss der Regierung sowie die Art. 63b Abs. 1, 63c, 63d, 63g und 63h der Baugesetzesergänzung der Gemeinde Celerina/Schlarigna betreffend Einkaufszentren aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Einschränkungen der Handels- und Gewerbefreiheit sind zulässig, soweit sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und Rechtsgleichheit beachten. Für Begrenzungen der Handels- und Gewerbefreiheit genügt freilich nicht jedes irgendwie geartete öffentliche Interesse. Sie sind nur dann verfassungsmässig, wenn sie auf polizeilichen, sozialpolitischen oder aber auf unmittelbar von den Kantonen zu treffenden Massnahmen der Raumplanung beruhen. Es ist dabei nicht auszuschliessen, dass nach Art. 22quater BV zulässige raumplanerische Massnahmen eine Einschränkung der gewerblichen und wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten nach sich ziehen und dementsprechend mit wirtschaftspolitischen Auswirkungen verbunden sein können. Eine solche Folge steht grundsätzlich zu Art. 31 BV nicht in Widerspruch, solange die Massnahme raumplanerisch bedingt ist und im Zielbereich von Art. 22quater BV liegt und sofern die Handels- und Gewerbefreiheit dadurch nicht völlig ihres Gehaltes entleert wird ( BGE 102 Ia 116 ). a) Die Beschwerdeführerinnen rügen, die Vorschrift von Art. 63d Abs. 1 Ziff. 2 BauG enthalte eine Bedürfnisklausel, indem der Gesamtbedarf an regionaler Ladenfläche und dessen räumliche Verteilung festgelegt werde. Diese Rüge geht fehl. Dass im Rahmen der Raumplanung bei der Ausscheidung der Bauzonen auf den Bedarf abzustellen ist, ergibt sich aus Art. 15 lit. b des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG). Danach umfassen Bauzonen das Land, das u.a. innert 15 Jahren benötigt BGE 109 Ia 264 S. 268 wird. Dies gilt nicht nur für die Bauzone insgesamt, sondern indirekt auch für die einzelnen Wohn-, Gewerbe- und anderen Zonen. Dabei darf nicht nur das Land für die Wohnnutzung, sondern auch jenes für gewerbliche Zwecke dem Bedarf entsprechend begrenzt werden. Aufgrund künftiger Planänderungen können später immer noch weitere Gebiete der entsprechenden Bauzone zugeschlagen werden ( Art. 21 Abs. 2 RPG ). Man kann auch nicht mit genügendem Grund einwenden, die Vorschrift beziehe sich nicht nur auf den raumplanerisch bedingten Baulandbedarf, sondern erlaube es, durch eine enge Umgrenzung der Standorte von Einkaufszentren das Angebot des Detailhandels direkt zu beeinflussen. Die Beschwerdeführerinnen scheinen zu verkennen, dass die Nutzungspläne keine Nutzungspflichten festlegen, sondern nur anordnen, was höchstens erlaubt ist (EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N. 3 zu Art. 14, S. 198). Sie legen lediglich einen Rahmen fest und überlassen es im übrigen dem Grundeigentümer, den Standort sowie die Ausgestaltung der geplanten Baute zu bestimmen und auch darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er überhaupt bauen will. Die Gemeinde führt in ihrer Vernehmlassung denn auch aus, der vorgesehene Plan werde grossräumig jene Bauzonen der einzelnen Gemeinden bezeichnen, in denen Regionalzentren grundsätzlich zugelassen sind, so dass dem Grundeigentümer und allfälligen Interessenten für ein Einkaufszentrum genügend Raum bleibe, um ihre Bauwünsche zu verwirklichen. Dabei ist die Gemeinde zu behaften. Unter diesen Umständen besteht im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle kein Anlass, wegen der entfernten Möglichkeit einer allzu engherzigen Ausgestaltung des künftigen regionalen oder kantonalen Nutzungsplanes einzuschreiten. b) Die Kritik der Beschwerdeführerinnen richtet sich auch gegen die in Art. 63d Abs. 1 Ziff. 2 BauG vorgesehene Höchstbegrenzung der zulässigen Verkaufsfläche. Eine solche Begrenzung lässt sich indes durchaus mit raumplanerischen Überlegungen begründen. Die besonderen geographischen, topographischen und witterungsmässigen Verhältnisse und die dünne, weit verstreute Besiedlung des Oberengadins vermögen eine gewisse Grössenbeschränkung der Einkaufszentren zu rechtfertigen. Werden beliebig grosse Laden-Komplexe zugelassen, besteht die Gefahr, dass die Versorgung der Bevölkerung in den verschiedenen Teilgebieten und Tälern in Frage gestellt wird, weil dort die unter weniger kostengünstigen Bedingungen arbeitenden BGE 109 Ia 264 S. 269 Kleinbetriebe nicht mehr existieren könnten ( BGE 102 Ia 117 ). Diese Konsequenz aber widerspräche den Geboten, die ausreichende Versorgungsbasis des Landes zu sichern ( Art. 1 Abs. 1 lit. d RPG ) und die Siedlungen nach den Bedürfnissen der Bevölkerung zu gestalten, insbesondere günstige Voraussetzungen für die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen sicherzustellen ( Art. 3 Abs. 3 lit. d RPG ). Eine Höchstbegrenzung der erlaubten Verkaufsfläche lässt sich zudem mit Argumenten verkehrstechnischer Art und solchen des Schutzes vor übermässigen Immissionen begründen (vgl. Art. 3 Abs. 3 lit. a und b, Abs. 4 lit. c RPG). Da im vorliegenden Fall die raumplanerischen Anliegen auch tatsächlich im Vordergrund stehen und nicht etwa unter dem Deckmantel der Raumplanung ein Eingriff in den wirtschaftlichen Wettbewerb bezweckt wird, sind die sich ergebenden Wettbewerbsbeschränkungen in Kauf zu nehmen, zumal die Handels- und Gewerbefreiheit dadurch keineswegs ihres Gehaltes entleert wird. 5. Soweit die angefochtenen Bestimmungen eigentumsbeschränkende Massnahmen enthalten, sind sie mit der in Art. 22ter BV festgelegten Eigentumsgarantie nur vereinbar, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen und im öffentlichen Interesse liegen. Kommen sie einer Enteignung gleich, so ist volle Entschädigung zu leisten ( BGE 108 Ia 35 ). a) Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, das in Art. 63d Abs. 1 Ziff. 1 BauG genannte Erfordernis eines besonderen regionalen oder kantonalen Nutzungsplanes laufe auf ein Bauverbot für solche Einkaufszentren hinaus. Vorweg ist festzustellen, dass es sowohl die besonderen örtlichen Verhältnisse des Oberengadins als auch die mit Einkaufszentren erfahrungsgemäss verbundenen raumplanerischen Probleme als sinnvoll erscheinen lassen, für Zentren in der Grössenordnung von mehr als 500 m2 einen Nutzungsplan zu verlangen. Es ist indes einzuräumen, dass die von der Gemeinde beschlossene Ergänzung des Baugesetzes so lange mangelhaft bleibt, als der erwähnte Nutzungsplan nicht vorliegt. Die Behörden der Gemeinde Celerina/Schlarigna sind sich offenbar darüber im klaren, dass ein unbefristetes Bauverbot während dieses Schwebezustandes unzulässig wäre, haben sie doch wiederholt die Anordnung befristeter Bausperren veranlasst. Mit diesem Vorgehen zeigen die Behörden, dass sie die Vorschrift von Art. 63d Abs. 1 Ziff. 1 BauG in verfassungskonformer Weise anwenden und nicht davon ausgehen, die Bestimmung erlaube der Gemeinde, bis zum Vorliegen des Nutzungsplanes an einem BGE 109 Ia 264 S. 270 unbefristeten Bauverbot festzuhalten. Bis es soweit ist, darf die Bewilligung für ein Einkaufszentrum gestützt auf Art. 63d Abs. 1 Ziff. 1 BauG nur verweigert werden, solange eine rechtsgültige Bausperre vorliegt (vgl. Art. 27 RPG ). Angesichts des verfassungskonformen Vorgehens der Gemeinde kann man es im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle bei diesem präzisierenden Hinweis bewenden lassen, ohne die genannte Bestimmung aufheben zu müssen. b) Nach Art. 63d Abs. 1 Ziff. 3 BauG hat sich das Regionalzentrum einwandfrei in das Siedlungs- und Verkehrskonzept der Grundordnung der Gemeinde einzufügen. Was die Beschwerdeführerinnen gegen diese inhaltlichen Anforderungen vorbringen, schlägt nicht durch. Damit wird vorgeschrieben, wie der regionale oder kantonale Nutzungsplan auszugestalten sei. Aus der generellen Verpflichtung gemäss Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 RPG ergibt sich, dass dessen Regelung auf die übrige Planung abzustimmen ist. Allfällige, daraus hervorgehende Eigentumsbeschränkungen können dann angefochten werden, wenn sie - zusammen mit dem Nutzungsplan - erlassen werden. Die Vorschrift von Art. 63d Abs. 1 Ziff. 4 BauG hält der abstrakten Normenkontrolle ebenfalls stand. Dass der vorgesehene Standort mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein muss, entspricht einem raumplanerischen Anliegen und lässt sich durchaus rechtfertigen (SALADIN/LANZ, Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit Einkaufszentren, ZBl 77/1976, S. 111). Das Erfordernis einer Lokalisierung der Einkaufszentren in einer Bauzone, in der mässig störende Betriebe zulässig sind, und das Verbot, die Ruhe benachbarter Wohngebiete sowie von Hotels, Heimen oder Schulen zu stören, entsprechen den Anforderungen an die Planung gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b und Art. 3 Abs. 3 lit. b RPG . c) Die Beschwerdeführerinnen bestreiten im besonderen, dass ein ausreichendes öffentliches Interesse gegeben sei, eine Sonderordnung für Ortszentren im Sinne von Art. 63c BauG zu erlassen. Vorweg ist festzuhalten, dass das Bundesgericht in konstanter Rechtsprechung bei der Überprüfung des ausreichenden öffentlichen Interesses Zurückhaltung walten lässt, soweit es um die Würdigung der örtlichen Verhältnisse geht, welche die Behörden des Kantons und der Gemeinde besser kennen und überblicken als das Bundesgericht ( BGE 107 Ib 336 , BGE 105 Ia 226 mit Hinweisen). Mag auch die untere Grenze im vorliegenden Fall tief angesetzt worden sein, so lässt es sich doch im Hinblick auf die im Oberengadin herrschenden örtlichen Verhältnisse rechtfertigen, Einkaufszentren BGE 109 Ia 264 S. 271 bereits ab einer Netto-Ladenfläche von 200 m2 den angefochtenen Sondervorschriften zu unterstellen. Jedenfalls kann nicht gesagt werden, die Gemeinde habe den ihr in diesem Bereich zustehenden Ermessensspielraum missachtet. Sie konnte mit Fug erwägen, dass sich ein Verzicht auf eine planerische Regelung selbst von kleinen Zentren nachteilig auf die im Oberengadin aus topographischen und witterungsbedingten Gründen unerlässliche dezentralisierte Versorgungsstruktur auswirken würde. Der Einwand der Beschwerdeführerinnen, eine Sondernormierung rechtfertige sich allenfalls für Detailgeschäfte von erheblicher Grösse, während sich solche mit einer Netto-Ladenfläche von unter 1000 m2 nicht anders auswirkten als andere Geschäfte und Einrichtungen (Büros, Praxen, Gewerbebetriebe, Restaurants, Kinos usw.), vermag im übrigen nicht zu überzeugen. Auch ein Zentrum mit einer Netto-Ladenfläche von 200-500 m2 ist auf Umsatz angewiesen und zieht daher notwendigerweise Verkehr an, und zwar mehr Verkehr als die Mehrzahl der von den Beschwerdeführerinnen genannten Beispiele. Auch die Kritik an der von den Beschwerdeführerinnen als belastend empfundenen Anordnung, wonach Ortszentren ausschliesslich in der Dorfzone, der Dorferweiterungszone und in der Wohn-Gewerbezone D erstellt werden dürfen, schlägt nicht durch. Vorweg ist festzuhalten, dass es sich dabei gemäss dem bei den Akten liegenden Zonenplan im Verhältnis zum gesamten Bauzonengebiet um ausgedehnte Flächen handelt. Sodann lässt sich gegen das Verbot derartiger Ladengeschäfte in Wohnzonen nichts einwenden. Solche Zentren gehören allein schon im Hinblick auf das zu erwartende Verkehrsaufkommen nicht in eine reine Wohnzone. Die Erhaltung der Wohngebiete für ihren angestammten Nutzungszweck entspricht im übrigen einem anerkannten öffentlichen Interesse ( BGE 108 Ia 148 ). Weiter ist es verständlich und durch genügende öffentliche Interessen der Ortsplanung (Wohnqualität, Immissionsschutz) ausgewiesen, wenn die Gemeinde Einkaufszentren in der Grösse von 200-500 m2 Netto-Ladenfläche nur in der Wohn-Gewerbezone D und nicht auch in der Wohn-Gewerbezone E mit geringerem Nutzungsmass (vgl. Art. 81 BauG) zulassen möchte. Man bedenke, dass sich Celerina/Schlarigna wie die meisten übrigen Engadiner Orte durch kleinräumige, enge Verhältnisse auszeichnet. Ebensowenig gehört ein entsprechendes Einkaufszentrum, das primär der Orts- und Quartierbevölkerung dienen soll, in die reine Gewerbezone, in der nur Wohnbauten für BGE 109 Ia 264 S. 272 Abwarts- und Betriebspersonal erstellt werden dürfen, dessen ständige Anwesenheit im Betrieb erforderlich ist (Art. 68 BauG). Die Gemeinde weist in ihrer Vernehmlassung mit überzeugenden Argumenten darauf hin, dass diese Zone den Gewerbebetrieben vorbehalten sein sollte, welche wegen der Emissionen, die sie verursachen, nicht in einer Wohnzone untergebracht werden können. Es ergibt sich somit, dass im Lichte der abstrakten Normenkontrolle und mit Rücksicht auf die lokalen Verhältnisse auch die Vorschriften über die Ortszentren als haltbar bezeichnet werden können. Bei dieser Sach- und Rechtslage erweisen sich auch die von den Beschwerdeführerinnen zu Art. 63b Abs. 1 BauG erhobenen allgemeinen Einwände gegen den Einbezug von Geschäften des Detailhandels in der Grössenordnung von 200 bis 1000 m2 Verkaufsfläche in die Sonderordnung für Einkaufszentren als unbegründet. d) Die Vorschriften von Art. 63c Abs. 2, Art. 63g und Art. 63h BauG sind nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen überflüssig, da alle ihre Ziele durch die bestehenden Bestimmungen des Baugesetzes bereits hinreichend sichergestellt seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass, selbst wenn die Gemeinde die von ihr verfolgten öffentlichen Interessen allein bei der Anwendung der ordentlichen Bauvorschriften wahren könnte, dies nicht dazu führen würde, dass im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle die Sondervorschriften aufzuheben wären. Soweit diese wiederholen, was ohnehin gilt, sind sie gewiss nicht unzulässig. Soweit sie aber strengere Anforderungen aufstellen - und dies tun sie hinsichtlich der Quartierplanpflicht -, sind sie durch ein ausreichendes öffentliches Interesse gedeckt, ohne dass die Beschwerdeführerinnen benachteiligt werden. Man beachte, dass Art. 63g Abs. 2 BauG es zulässt, auf das Erfordernis eines Quartierplanes zu verzichten, was eine verfassungskonforme Anwendung erlaubt. Beigefügt sei, dass die Gemeinde darauf zu achten haben wird, insbesondere bei kleinen Einkaufszentren, von der Bauherrschaft keine übermässigen Erschliessungskosten zu verlangen.
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Sachverhalt ab Seite 252 BGE 110 V 252 S. 252 A.- Peter Jecklin ist als Selbständigerwerbender der Ausgleichskasse "Musik und Radio" angeschlossen. Weil sich die Meldung der kantonalen Steuerverwaltung für die 19. Wehrsteuerperiode BGE 110 V 252 S. 253 wegen Steuerrekursverfahren verzögerte, schätzte die Ausgleichskasse das beitragspflichtige Erwerbseinkommen für die Beitragsjahre 1978 und 1979 im ausserordentlichen Verfahren ( Art. 24 AHVV ) selber ein und setzte die persönlichen Sozialversicherungsbeiträge fest. Am 16. März 1979 leistete Peter Jecklin Zahlungen von Fr. ... für 1978 und am 28. August 1979 von Fr. ... für 1979. Nach Eingang der Steuermeldung und gestützt darauf setzte die Ausgleichskasse die Beiträge im November 1980 definitiv fest und erstattete am 1. Dezember 1980 die zuviel entrichteten Beiträge von Fr. ... zurück. Das Begehren Peter Jecklins um Zusprechung von Vergütungszinsen wurde hingegen mit Verfügung vom 24. Juli 1981 abgelehnt, da auf zuviel bezahlten persönlichen Beiträgen keine Vergütungszinspflicht vorgesehen sei. B.- Gegen diese Verfügung reichte Peter Jecklin Beschwerde ein mit dem Begehren, es seien ihm auf den zuviel bezahlten Beiträgen ab 16. März bzw. ab 28. August 1979 Vergütungszinsen auszurichten. Mit Entscheid vom 13. April 1982 wies die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich die Beschwerde unter Hinweis auf Art. 41ter Abs. 3 AHVV ab. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert Peter Jecklin das im kantonalen Verfahren gestellte Begehren, wobei er in der Begründung im wesentlichen die Rechtmässigkeit der einschlägigen Vorschriften in der bundesrätlichen Verordnung und den bundesamtlichen Weisungen anzweifelt sowie eine Ungleichbehandlung der Selbständigerwerbenden und einen Verstoss gegen Treu und Glauben geltend macht. Die Ausgleichskasse enthält sich eines konkreten Antrags zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf deren Abweisung schliesst. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition, vgl. BGE 104 V 6 Erw. 1.) 2. Mit dem am 1. Januar 1979 in Kraft getretenen Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG (9. AHV-Revision; Gesetzesnovelle vom 24. Juni 1977) erhielt der Bundesrat die Kompetenz, Vorschriften über die Erhebung von Verzugszinsen und die Ausrichtung von Vergütungszinsen beim Bezug von Beiträgen zu erlassen. Der Bundesrat hat gestützt hierauf in Art. 41ter AHVV näher umschrieben, unter welchen Voraussetzungen die Verwaltung zur BGE 110 V 252 S. 254 Leistung von Vergütungszinsen verpflichtet ist. Diese Bestimmung lautet wie folgt: Abs. 1: Vergütungszinsen von 0,5 Prozent im Monat werden ausgerichtet von bezahlten, aber nicht geschuldeten Beiträgen von mindestens 3'000 Franken, welche die Ausgleichskasse zurückerstattet. Abs. 2: Vergütungszinsen werden ausgerichtet vom Ablauf des Kalenderjahres an, in dem die nicht geschuldeten Beiträge bezahlt wurden. Abs. 3: Keine Vergütungszinsen werden ausgerichtet, wenn der Selbständigerwerbende, dessen Beiträge im ausserordentlichen Verfahren festgesetzt wurden, oder wenn der Arbeitgeber, der die Beiträge gemäss Artikel 34 Absatz 3 entrichtet, zuviel Beiträge bezahlt hat. 3. Im kantonalen Verfahren verlangte der Beschwerdeführer für die Zeit vom 16. März 1979 bis 30. November 1980 einen Vergütungszins von Fr. ... auf den für das Beitragsjahr 1978 zuviel entrichteten persönlichen Beiträgen. Dies lehnte die Ausgleichskasse gemäss ihrer Vernehmlassung an die Vorinstanz allein schon mit dem Hinweis ab, Art. 41ter AHVV sei erst am 1. Januar 1979 in Kraft getreten. Somit fragt sich, ob die Vergütungszinsregelung nur für zuviel bezahlte und zurückerstattete Beiträge der Beitragsjahre ab 1979 gilt oder ob und inwieweit sie auch auf frühere Beitragsjahre Anwendung findet. a) Die Verordnungsnovelle vom 5. April 1978 enthält eine ausdrückliche Übergangsbestimmung nur hinsichtlich der Verzugszinsen (lit. a). Die aufgeworfene Frage ist deshalb nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Dabei hat der Richter zu prüfen, welche übergangsrechtliche Ordnung geboten ist, wobei er die nach Treu und Glauben berechtigte Erwartung der Normadressaten zu berücksichtigen hat. Von Bedeutung sind namentlich die Regeln über die Rückwirkung von Erlassen ( BGE 107 Ib 203 , BGE 99 V 203 ). In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts Geltung haben (ZAK 1983 S. 239 Erw. 2b). Neues Recht wirkt somit auf früher abgeschlossen eingetretene Sachverhalte nicht zurück, schliesst dies aber auch nicht aus (IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Bd. I, S. 95). Nach der Rechtsprechung ist eine gesetzliche Ordnung dann rückwirkend, wenn sie auf Sachverhalte angewendet wird, die sich abschliessend vor Inkrafttreten des neuen Rechts BGE 110 V 252 S. 255 verwirklicht haben. Eine solche Rückwirkung ist ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage nur möglich, wenn sich die Rückwirkung aus dem Gesetzesinhalt als klar gewollt ergibt und wenn sie durch triftige Gründe veranlasst und zeitlich beschränkt ist. Von dieser Rückwirkung im eigentlichen Sinne zu unterscheiden ist die sogenannte unechte Rückwirkung. Hier findet das neue Recht - gestützt auf Sachverhalte, die früher eingetreten sind und noch andauern - lediglich für die Zeit seit Inkrafttreten (ex nunc et pro futuro) Anwendung. Diese Rückwirkung ist grundsätzlich als zulässig zu erachten, sofern ihr nicht wohlerworbene Rechte entgegenstehen ( BGE 99 V 202 f. mit Hinweisen, bestätigt in BGE 103 V 41 Erw. 3a; vgl. auch BGE 107 Ib 196 Erw. 3b und 203, BGE 106 Ia 258 Erw. 3a, BGE 104 Ib 219 Erw. 6; IMBODEN/RHINOW, a.a.O., S. 104 ff.). b) Der Beschwerdeführer übte die selbständige Erwerbstätigkeit, welche die Beitragspflicht für das Jahr 1978 von Gesetzes wegen ( Art. 3 Abs. 1 und Art. 9 AHVG ; ZAK 1984 S. 388 Erw. 3a) zur Folge hatte, vor Inkrafttreten des Art. 41ter AHVV aus. Ebenfalls vorher erzielte er das Erwerbseinkommen, das für die Ermittlung der Beitragshöhe letztlich massgebend war (Durchschnitt der Jahre 1975/76; vgl. Art. 22 Abs. 1 und 2 AHVV ). Dass diese Tatsachen vor dem 1. Januar 1979 eintraten, spielt aber entgegen der Auffassung der Ausgleichskasse keine Rolle, geht es hier doch nicht um die Beitragspflicht als solche, sondern allein um die Frage des Vergütungszinses. Der Sachverhalt, der die Rechtsfolge in Gestalt von Vergütungszinsen bei einem monatlichen Zinssatz von 0,5 Prozent nach sich zieht, besteht in Art. 41ter Abs. 1 und 2 AHVV darin, dass der Versicherte Beiträge bezahlt hat (1), dass diese Beiträge sich später in einem bestimmten Mindestumfang (Fr. 3'000.--) als nicht geschuldet erweisen (2), dass die zuviel bezahlten Beiträge zurückerstattet werden (3) und dass die Rückerstattung erst nach Ablauf des Kalenderjahres erfolgt, in dem die Beiträge bezahlt wurden (4). Alle diese Merkmale verwirklichten sich beim Beschwerdeführer erst nach dem 1. Januar 1979, weshalb sich die Rückwirkungsfrage gar nicht stellt: Die Zahlung für das Beitragsjahr 1978 erfolgte am 16. März 1979; im November 1980 ergab sich, dass nur der Mindestbeitrag geschuldet ist, worauf die Ausgleichskasse die zuviel bezahlten Beiträge am 1. Dezember 1980 zurückerstattete. Einer Anwendung der Vergütungszinsregelung auf die für 1978 entrichteten Beiträge steht somit nichts entgegen. BGE 110 V 252 S. 256 Im Ergebnis nicht anders zu entscheiden ist, wenn das erste Sachverhaltsmerkmal (Beitragszahlung) vor dem 1. Januar 1979 eintritt, die übrigen (Feststellung, zuviel bezahlt zu haben; Rückerstattung) erst nachher. In diesem Falle ist die Vergütungszinsregelung ab Inkrafttreten anwendbar, und zwar nach den Grundsätzen der unechten Rückwirkung; denn der den Vergütungszins auslösende Sachverhalt verwirklicht sich nicht abschliessend vor Inkrafttreten des neuen Rechts, sondern dauert bis zu der unter neuem Recht erfolgten Rückerstattung an. Es wäre in der Tat mit den Erwartungen der Normadressaten nicht vereinbar, wenn auf allen nach dem 1. Januar 1979 vorgenommenen Rückerstattungen für zum Beispiel (Urteil Müller vom heutigen Tage) viele Jahre zuvor entrichtete Beiträge keine Vergütungszinspflicht der Verwaltung bestünde. Deshalb ist hier festzuhalten, dass Art. 41ter AHVV auf alle ab 1. Januar 1979 fällig werdenden Rückerstattungen anwendbar ist. Mit diesen Überlegungen lässt sich Rz. 68 des Kreisschreibens des BSV über Verzugs- und Vergütungszinsen, gültig ab 1. Januar 1979, nicht vereinbaren. 4. Sodann erhebt sich vorliegend die Grundsatzfrage, ob und inwieweit Art. 41ter AHVV gesetz- und verfassungsmässig ist. Dabei steht, weil hier der Vergütungszinsanspruch eines Selbständigerwerbenden streitig ist, dessen Abs. 3 im Vordergrund, soweit dieser die Selbständigerwerbenden anbelangt. a) Nach der Rechtsprechung kann das Bundesgericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Es unterwirft dieser Kontrolle insbesondere die auf eine gesetzliche Delegation gestützten (unselbständigen) Verordnungen des Bundesrates. Es prüft hiebei, ob solche Verordnungen sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Soweit das Gesetz ihn nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnungen. Die Ausführungsverordnung muss sich somit innerhalb der vom Gesetz gewollten Ordnung halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, ist dieser Spielraum für das Bundesgericht nach Art. 113 Abs. 3 / Art. 114 Abs. 3 BV verbindlich. Deshalb muss sich das Bundesgericht auf die Prüfung beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus dem BGE 110 V 252 S. 257 Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen, und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Hingegen ist zu prüfen, ob mit der bundesrätlichen Verordnung der im Gesetz genannte Zweck erfüllt werden kann und ob der Bundesrat sein Ermessen nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit ausgeübt hat. Dies kann bejaht werden, wenn die in der Verordnung vorgesehenen Mittel in einem vernünftigen Verhältnis zu dem im Gesetz vorgesehenen Zweck stehen. Die vom Bundesrat verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 4 BV , wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise hätten berücksichtigt werden sollen ( BGE 109 V 218 Erw. 5a, BGE 107 Ib 246 Erw. 4, je mit weiteren Hinweisen). b) Mit Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG hat der Gesetzgeber dem Bundesrat die Befugnis zum Erlass von Vorschriften über "die Erhebung von Verzugszinsen und die Ausrichtung von Vergütungszinsen" übertragen. Die Delegationsnorm enthält keine besonderen Einschränkungen hinsichtlich der Rechtssetzungsbefugnis, weshalb dem Bundesrat ein weitgehendes gesetzgeberisches Ermessen eingeräumt ist ( BGE 107 V 204 Erw. 3a). Aus der bundesrätlichen Botschaft zur 9. AHV-Revision vom 7. Juli 1976 (BBl 1976 III 1 ff.) ergibt sich, dass ursprünglich bloss eine Kann-Vorschrift vorgesehen war (Art. 14 Abs. 5 des Entwurfs; BBl 1976 III 95). Die nationalrätliche Kommission schlug indessen eine eigentliche Verpflichtung zu Verzugs- und Vergütungszinsen vor, worauf schliesslich Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG in der geltenden Fassung ins Gesetz eingefügt wurde (Protokoll der nationalrätlichen Kommission vom 14. Februar 1977 S. 29 f.; Amtl. Bull. 1977 N 307). Damit kommt die zweifache Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, einerseits eine grundsätzlich allgemeine Verzugs- und Vergütungszinspflicht einzuführen, anderseits den Bundesrat zum Erlass einer entsprechenden Regelung zu verpflichten. aa) Nach Auffassung des Beschwerdeführers steht Art. 41ter Abs. 3 AHVV damit in Widerspruch, weil er Vergütungszinsen auf Beiträgen Selbständigerwerbender praktisch ausschliesse. In diesem Zusammenhang drängen sich einige verfahrensmässige BGE 110 V 252 S. 258 Hinweise auf. Bei der Festsetzung der persönlichen Beiträge der Selbständigerwerbenden stützen sich die Ausgleichskassen auf die Angaben der kantonalen Steuerbehörden, die ihrerseits das für die Beitragsberechnung massgebende Erwerbseinkommen und das im Betrieb investierte Eigenkapital aufgrund der rechtskräftigen Steuerveranlagung ermitteln und den Ausgleichskassen melden ( Art. 63 Abs. 1 lit. a AHVG , Art. 23 Abs. 1 und 27 Abs. 1 und 2 AHVV). Tritt bei Steuerveranlagung und Meldung keine Verzögerung ein, können die Beiträge im ordentlichen Verfahren ohne weiteres sofort berechnet und verfügt werden, und zwar in definitiver Höhe ( Art. 22 AHVV ). Die Frage einer allfälligen Nachzahlung bzw. Rückerstattung kann sich demnach gar nicht stellen. Vergütungszinsen entfallen somit zum vornherein; hingegen sind Verzugszinsen denkbar, wenn der Versicherte mit der Entrichtung der verfügten Beiträge in Rückstand gerät ( Art. 41bis Abs. 1 und 3 lit. a AHVV ). Nun ist es allerdings möglich, dass die Steuerveranlagung und demzufolge auch die Steuermeldung sich verzögern, was in der Regel bei Beschreiten des Steuerjustizverfahrens zutrifft, in welchem Verfahren der Versicherte seine Interessen bezüglich gewisser Belange der AHV-rechtlichen Beitragspflicht in erster Linie zu vertreten hat ( BGE 102 V 30 Erw. 3a). In diesem Falle haben die Ausgleichskassen das Erwerbseinkommen im ausserordentlichen Verfahren vorläufig selber einzuschätzen und gestützt darauf die Beiträge zu berechnen, wie dies denn auch beim Beschwerdeführer geschehen ist ( Art. 24 AHVV ). Nach späterem Eingang der Steuermeldung sind die Beiträge alsdann definitiv festzusetzen und je nach Höhe der bisherigen Zahlungen gegebenenfalls nachzufordern oder zurückzuerstatten. Dabei schliesst Art. 41ter Abs. 3 AHVV jeglichen Vergütungszinsanspruch aus, während Verzugszinsen bei nicht rechtzeitiger Nachzahlung möglich sind ( Art. 41bis Abs. 1 und 3 lit. c AHVV ). Grundsätzlich gleich wie eben beschrieben verhält es sich, wenn das ausserordentliche Verfahren zufolge Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder Änderung der Einkommensgrundlagen Anwendung findet ( Art. 25 AHVV ). Auch hier kommt es zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen ( BGE 107 V 131 Erw. 4a). Die Beiträge sind darum zunächst ebenfalls provisorisch zu ermitteln und nach Eingang der Steuermeldung endgültig festzusetzen ( Art. 25 Abs. 1 und 5 AHVV ); dabei führt Art. 41ter Abs. 3 AHVV im Falle einer Beitragsrückerstattung wiederum zur Verneinung eines Vergütungszinsanspruchs. BGE 110 V 252 S. 259 bb) Aus dem Vorstehenden folgt, dass Vergütungszinsen auf zurückerstatteten Beiträgen Selbständigerwerbender mit Art. 41ter Abs. 3 AHVV praktisch ausgeschlossen werden. Sie sind allenfalls dann denkbar, wenn im ordentlichen Verfahren festgesetzte Beiträge später aufgrund einer zweiten, berichtigenden Meldung der Steuerbehörde (Rz. 31 des Anhangs 3 zur Wegleitung des BSV über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen) nach unten korrigiert und zurückerstattet werden oder wenn ein Wiedererwägungsverfahren der Ausgleichskasse aus andern Gründen zum gleichen Ergebnis führt. Somit beschränken sich die Vergütungszinsen bei Selbständigerwerbenden auf relativ seltene Ausnahmefälle, wogegen die wichtigsten und häufigsten Rückerstattungsfälle davon ausgenommen sind. Es kann jedoch nicht der Sinn der vom Gesetzgeber grundsätzlich allgemein eingeführten Vergütungszinspflicht sein, dass sie auf Verordnungsstufe derart umfassend eingeschränkt wird und dass die wichtigsten und häufigsten Fälle zum vornherein ausgenommen werden. Art. 41ter Abs. 3 AHVV engt den - als Gegenstück zur sehr umfassenden Verzugszinspflicht der Versicherten aufgestellten - Grundsatz der vom Gesetz nicht eingeschränkten Vergütungszinspflicht der Verwaltung in unzulässiger und vom Zweck des Gesetzes nicht gedeckter Weise ein. Der weitgehende gesetzgeberische Ermessensbereich des Verordnungsgebers ist damit eindeutig überschritten. c) In seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nimmt das BSV einlässlich dazu Stellung, ob Art. 41ter Abs. 3 AHVV vor Art. 4 BV standhält. Im wesentlichen bringt es vor, es lasse sich beim ausserordentlichen Verfahren nach Art. 24 AHVV kaum vermeiden, dass zuviel oder zuwenig Beiträge gefordert werden. Weil darum nach Eingang der Steuermeldung ein Ausgleich zugunsten oder zuungunsten des Versicherten stattzufinden habe, müssten bei einer umfassenden Zinsenregelung regelmässig Vergütungszinsen ausgerichtet oder Verzugszinsen verlangt werden. Davon habe der Bundesrat jedoch absehen wollen, zum einen aus administrativen Erwägungen, zum andern im Hinblick auf den bloss vorläufigen Charakter der nach Art. 24 AHVV festgesetzten Beiträge. Dieser Verzicht betreffe im übrigen nicht nur die Vergütungs-, sondern auch die Verzugszinsen. Sodann habe es der Versicherte in der Hand, gegen seiner Meinung nach zu hohe vorläufige Zahlungen den Beschwerdeweg zu beschreiten. Mit dieser Argumentation übersieht das BSV, dass zum ausserordentlichen Verfahren, auf das Art. 41ter Abs. 3 AHVV Bezug BGE 110 V 252 S. 260 nimmt, nicht allein die Fälle des Art. 24 AHVV gehören, sondern auch jene des Art. 25 AHVV . Ausserhalb dieses Verfahrens kommen aber nach den vorherigen Ausführungen praktisch nur wenig Fälle in Betracht, in denen Art. 41ter Abs. 3 AHVV Vergütungszinsen nicht zum vornherein ausschliesst. Indem die vom Gesetz anvisierten Normalfälle von Vergütungszinsen ausgenommen werden, während die (normale) Vergütungszinsfolge bloss in eher selteneren Rückerstattungsfällen eintritt, weicht Art. 41ter Abs. 3 AHVV nicht allein vom grundsätzlich allgemeinen und uneingeschränkten Vergütungszinsgebot des Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG ab, sondern er beinhaltet auch eine rechtsungleiche Behandlung der Selbständigerwerbenden, deren Beiträge die Ausgleichskasse im ausserordentlichen Verfahren festsetzen muss. Denn ein vernünftiger Grund lässt sich für die in der Verordnung getroffene Unterscheidung nicht finden. Dass im ausserordentlichen Verfahren der Ausgleich von zu hohen vorläufigen Beitragszahlungen praktisch immer Vergütungszinsen nach sich zöge, wenn Art. 41ter Abs. 3 AHVV nicht bestünde, ist im Gegensatz zum BSV kein Anlass, gerade für diesen Normalfall eine generelle Ausnahme zu Lasten der Versicherten vorzusehen. Im übrigen entfallen Vergütungszinsen unter Umständen schon deshalb, weil die Verordnung einen Mindestbetrag der Rückerstattung verlangt und zudem den Zinsenlauf erst mit Ablauf des Kalenderjahres nach den vorläufigen Zahlungen beginnen lässt ( Art. 41ter Abs. 1 und 2 AHVV ). Zwar ist der Hinweis des BSV richtig, dass bei einem Ausgleich zugunsten der Ausgleichskasse nach vorausgegangenem ausserordentlichen Verfahren Verzugszinsen erst für die Zeit nach dem Erlass der betreffenden Nachzahlungsverfügung möglich sind ( Art. 41bis Abs. 3 lit. c AHVV ; dazu BGE 107 V 129 ). Indessen ist der Umstand, dass hier der - wirtschaftlich stärkere - Sozialversicherungsträger gegenüber dem - wirtschaftlich schwächeren - Versicherten aus welchem Anlass auch immer auf Verzugszinsen verzichtet, keine überzeugende Begründung dafür, es bei den Vergütungszinsen "analog" zu halten. Für den im konkreten Einzelfall rückerstattungsberechtigten Versicherten ist es nämlich keine Kompensation, wenn in andern Fällen nachzahlungsverpflichtete Versicherte von Verzugszinsen befreit sind. Administrative Überlegungen können dem nicht entgegengehalten werden. Der Gesetzgeber war sich der Tatsache sehr wohl bewusst, dass die Verzugs- und Vergütungszinsregelung administrative Umtriebe BGE 110 V 252 S. 261 ergeben werde, nahm dies aber in Kauf (BBl 1976 III 28; Protokoll der nationalrätlichen Kommission vom 14. Februar 1977 S. 29). Auch der vom BSV angeführte bloss vorläufige Charakter der im ausserordentlichen Verfahren ermittelten Beiträge ist keine Rechtfertigung für eine sowohl dem Sinne des Gesetzes als auch dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot widersprechende Ausnahmeregelung. Wohl werden solche Beiträge der Höhe nach lediglich "vorläufig" ermittelt. Die Beitragsverfügung, welche gegebenenfalls zu erlassen ist ( BGE 107 V 131 Erw. 4a; ZAK 1978 S. 308) und im Falle des Beschwerdeführers offenbar auch erlassen wurde, ist aber eine ganz normale Verfügung, die - unter dem alleinigen Vorbehalt eines Ausgleichs aufgrund der späteren Steuermeldung - die gleichen Rechtswirkungen (insbesondere hinsichtlich Rechtskraft und Vollstreckbarkeit) entfaltet wie eine im ordentlichen Beitragsfestsetzungsverfahren getroffene Verfügung ( BGE 109 V 73 Erw. 2b; ZAK 1982 S. 187). Der Hinweis des BSV ist sodann auch deshalb nicht stichhaltig, weil die nach dem Gesagten rechtsverbindlich getätigten Zahlungen unter Umständen zu recht hohen Rückerstattungen führen können, wie gerade der vorliegende Fall aufzeigt. Dass ein Versicherter an sich die Möglichkeit hat, gegen allzu hohe vorläufige Zahlungen sich auf dem Beschwerdeweg zur Wehr zu setzen, ist ebenfalls kein Anlass, auf Beitragsrückerstattungen der hier streitigen Art Vergütungszinsen generell vorzuenthalten. Das diesbezügliche Vorbringen des BSV liefe letztlich darauf hinaus, den Versicherten, der verfügungsgemäss Beiträge in - wie sich dann im nachhinein ergibt - zu hohem Umfange entrichtet, für die seinerzeit unterlassene Beschwerde gewissermassen zu bestrafen. d) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Art. 41ter Abs. 3 AHVV , insoweit er die Beiträge Selbständigerwerbender betrifft, vor Gesetz und Verfassung nicht standhält und darum nicht anwendbar ist. Wie es sich mit der in der gleichen Vorschrift getroffenen Ausnahmeregelung hinsichtlich der paritätischen Beiträge der Arbeitgeber verhält, kann - weil hier nicht streitig - offenbleiben. Steht aber Art. 41ter Abs. 3 AHVV nicht entgegen, so hat der Beschwerdeführer grundsätzlich Anspruch auf Vergütungszinsen auf den für die Beitragsjahre 1978/79 zurückerstatteten Beiträgen. Der Mindestbetrag gemäss Art. 41ter Abs. 1 AHVV ist klarerweise erfüllt; ganz abgesehen davon liesse sich dieser Grenzbetrag aber ohnehin deshalb nicht in Zweifel ziehen, weil er und der daraus BGE 110 V 252 S. 262 folgende Ausschluss von Rückerstattungsfällen mit vergleichsweise kleinem Vergütungszinsbetrag aus Gründen der administrativen Vereinfachung gerechtfertigt ist. Dasselbe gilt für Art. 41ter Abs. 2 AHVV , wonach beim Beginn des Zinsenlaufs nicht an die einzelnen Beitragszahlungen angeknüpft wird, sondern an den Ablauf des Kalenderjahres, in dem die nicht geschuldeten Beiträge entrichtet wurden. Ebensowenig lässt sich die auf der Stufe der Verwaltungsweisungen getroffene Regelung beanstanden, dass der Vergütungszins bis zum Ende des der Rückerstattung vorangegangenen Kalendermonats läuft (Rz. 56 des Kreisschreibens über Verzugs- und Vergütungszinsen). Weil die Beiträge 1979 bezahlt wurden (16. März bzw. 28. August 1979) und die Rückerstattung am 1. Dezember 1980 erfolgte, hat der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. November 1980 Anspruch auf Vergütungszinsen. Es ist Aufgabe der Ausgleichskasse, darüber noch zu verfügen, weshalb die Sache an sie zurückgewiesen wird.
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Sachverhalt ab Seite 460 BGE 131 III 459 S. 460 Die Liegenschaft Kornmarktgasse 2 ist in fünf Stockwerkeinheiten aufgeteilt. Bei der ersten Stockwerkeinheit (Nr. 1) handelt es sich um auf das Erdgeschoss und das 1. Obergeschoss des Gebäudes verteilte Geschäftsräumlichkeiten, in welchen sich früher ein Café (Café "Kornmarkt") und heute eine Modeboutique befindet. Bei den weiteren vier Stockwerkeinheiten (Nrn. 2 bis 5) handelt es sich um Wohnungen oder Büros bzw. Praxisräume. Sie befinden sich im 2. bis 6. Stockwerk des Gebäudes. Der Klägerin K. gehört die Stockwerkeinheit Nr. 3 im vierten Obergeschoss; sie betreibt eine Kupferstich-Galerie und wohnt auch dort. Verschiedene Mitglieder der beklagten Stockwerkeigentümergemeinschaft Kornmarktgasse 2 oder deren Mieter haben auf Erdgeschosshöhe an der Fassade des Gebäudes Reklameeinrichtungen (Leuchtschriften und Schaukästen) angebracht. So verfügt die Klägerin über einen Schaukasten links neben dem Eingang zum Gebäude. Für die Inanspruchnahme der Fassade bezahlen sie jedes Jahr einen Beitrag in den Erneuerungsfonds der Beklagten. Kein solcher Beitrag wird jedoch vom Eigentümer bzw. von der Mieterin der Stockwerkeinheit Nr. 1 verlangt, obwohl an der Fassade des Gebäudes auch Reklameeinrichtungen für das vormalige Café bzw. die heutige Modeboutique angebracht waren bzw. sind. Die Klägerin unterbreitete der Verwaltung der Beklagten den Antrag, es sei an der Stockwerkeigentümerversammlung ein dem Gleichbehandlungsgebot entsprechender Beschluss zu fassen, wonach alle Nutzerinnen und Nutzer einen von der Beklagten festzulegenden und dem Gleichbehandlungsgebot nicht widersprechenden Beitrag für die Fassadennutzung in den Erneuerungsfonds zu leisten haben, sofern für die Fassadennutzung ein zu leistender BGE 131 III 459 S. 461 Beitrag beschlossen wird. Die Stockwerkeigentümerversammlung vom 29. Januar 2002 wies den Antrag mit allen gegen die Stimme der Klägerin ab. Die Klägerin focht den Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft an. Die kantonalen Gerichte wiesen ihre Klage ab. Das Bundesgericht weist die Berufung der Klägerin ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Hauptstreitpunkt bildet die Geltung von Rechtsmissbrauchsverbot und Gleichbehandlungsgebot im Verhältnis unter Stockwerkeigentümern. 5.1 Gemäss Art. 75 i.V.m. Art. 712m Abs. 2 ZGB können nur solche Beschlüsse beim Gericht angefochten werden, die das Gesetz oder die Statuten verletzen. Die Anfechtungsmöglichkeit hat hingegen nicht zum Zweck, die Angemessenheit und Zweckmässigkeit der Beschlüsse der Stockwerkeigentümergemeinschaft überprüfen zu lassen (WERMELINGER, Das Stockwerkeigentum, Zürich/ Basel/Genf 2004, N. 202, und MEIER-HAYOZ/REY, Berner Kommentar, 1988, N. 129, je zu Art. 712m ZGB ). 5.2 Unter dem Gesetz sind zunächst die Bestimmungen über das Stockwerkeigentum ( Art. 712a ff. ZGB zum Teil in Verbindung mit dem Miteigentums- und Vereinsrecht) zu verstehen. Diese enthalten mehrere Verfahrensvorschriften , welche die Gleichheit der Stockwerkeigentümer gewährleisten und den Machtmissbrauch durch die Mehrheit verhindern sollen. Alle Beschlüsse, welche das Gesetz keinem andern Mehr unterstellt, sind - unter Vorbehalt einer anders lautenden reglementarischen Bestimmung - mit einfachem Mehr nach Köpfen zu fassen (Art. 67 Abs. 2 i.V.m. Art. 712m Abs. 2 ZGB ; ausdrücklich, z.B. Art. 647a Abs. 2, Art. 647c oder Art. 649b Abs. 2 ZGB ). Ausschlaggebend ist grundsätzlich der Wille der Mehrheit. Mit dem Eintritt in die Stockwerkeigentümergemeinschaft unterwirft sich jeder Eigentümer diesem Grundsatz und anerkennt, dass die Mehrheit auch dann bindend entscheidet, wenn sie nicht Lösungen trifft, die seinem Willen entsprechen (vgl. BGE 102 II 265 E. 3 S. 269). Bestimmte Beschlüsse unterstellt das Gesetz dem qualifizierten Mehr nach Köpfen und Wertquoten (z.B. Art. 647b Abs. 1, Art. 647d Abs. 1, Art. 647e Abs. 2 oder Art. 712g Abs. 3 ZGB ). BGE 131 III 459 S. 462 Mit einem solchen Mehrheitserfordernis werden die Eigentümer bevorzugt, welche einen grösseren wirtschaftlichen Anteil am Stockwerkeigentum halten; damit wird dessen sachenrechtliche Komponente betont. Schliesslich können bestimmte Beschlüsse gemäss Gesetz nur einstimmig gefasst werden, weil ein Mehrheitsbeschluss deren Tragweite nicht genügend Rechnung trägt (z.B. Art. 647e Abs. 1, Art. 648 Abs. 2 oder Art. 712g Abs. 2 ZGB ). Das Erfordernis der Einstimmigkeit gewährt jedem Mitglied ein Vetorecht und damit einen umfassenden Minderheitenschutz. Die Einstimmigkeit entspricht nicht einem demokratischen Entscheidverständnis, weshalb sie ausserordentlichen Fällen vorbehalten bleibt (vgl. zum Ganzen: WERMELINGER, a.a.O., N. 163 ff. zu Art. 712m ZGB mit weiteren Beispielen). Die Klägerin macht nicht geltend, das Obergericht habe eine Verfahrensbestimmung des Stockwerkeigentumsrechts verletzt. Vielmehr ist unbestritten, dass der angefochtene Beschluss der Beklagten vom 29. Januar 2002 mit einfachem Mehr nach Köpfen und Anteilen zu fällen war und dass er korrekt zustande kam. Die Klägerin konnte ihre Stimme anlässlich der Stockwerkeigentümerversammlung gleich wie die andern Stockwerkeigentümer einbringen. Sie hat den Beschluss der Gemeinschaft daher grundsätzlich hinzunehmen. 5.3 Der Normenkomplex, der das Stockwerkeigentum ordnet, enthält nach dem Gesagten zahlreiche Bestimmungen, die in verfahrensmässiger Hinsicht das Gleichbehandlungsgebot und den Schutz von Minderheiten gewährleisten sollen. Er enthält aber kein auf den Inhalt der Beschlüsse bezogenes allgemeines Rechtsmissbrauchsverbot und Gleichbehandlungsgebot. Unter dem Gesetz im Sinne von Art. 75 ZGB ist freilich nicht nur die Ordnung des Stockwerkeigentums, sondern die ganze Rechtsordnung zu verstehen (MEIER-HAYOZ/REY, a.a.O., N. 128 zu Art. 712m ZGB ), die auch aus den aus Art. 2 ZGB abgeleiteten oder ungeschriebenen Grundsätzen besteht (HEINI/SCHERRER, Basler Kommentar, 2002, N. 12, und RIEMER, Berner Kommentar, 1990, N. 35 ff., je zu Art. 75 ZGB ). Art. 2 Abs. 2 ZGB gewährt offenbarem Rechtsmissbrauch keinen Rechtsschutz. Aus dieser Bestimmung haben Lehre und Rechtsprechung unter anderem das Gebot schonender Rechtsausübung abgeleitet. Es hat seinen Ursprung im Sachenrecht und bedeutet, dass rechtsmissbräuchlich handelt, wer von mehreren in etwa BGE 131 III 459 S. 463 gleichwertigen Möglichkeiten, die ihm zur Ausübung eines Rechts offen stehen, ohne sachlichen Grund gerade diejenige wählt, welche für einen anderen besondere Nachteile mit sich bringt (HAUSHEER/ JAUN, Die Einleitungstitel des ZGB, Bern 2003, N. 101 f. zu Art. 2 ZGB , mit Hinweisen auf die weiteren Kommentare). Das Stockwerkeigentum ist aber nicht nur ein Institut des Sachenrechts, sondern es ist mit der Stockwerkeigentümergemeinschaft auch körperschaftsähnlich organisiert ( BGE 111 II 330 E. 6 S. 338; BGE 125 II 348 E. 2 S. 350). Bei körperschaftlich organisierten Personenverbänden und im Gesellschaftsrecht hat das Gebot schonender Rechtsausübung eine besondere Ausprägung zugunsten der Minderheit erfahren. Es gebietet, dass die zuständige Mehrheit die ihr eingeräumte Macht im Hinblick auf entgegengesetzte Interessen der Minderheit nicht missbrauchen darf, indem sie diese ohne sachlichen Grund verletzt ( BGE 117 II 290 E. 4e S. 300; vgl. auch BGE 121 III 219 E. 1a S. 222 und E. 3 S. 238; HAUSHEER/JAUN, a.a.O., N. 104 zu Art. 2 ZGB , mit Hinweis auf die grundlegenden Arbeiten von MEIER-HAYOZ/ZWEIFEL, Der Grundsatz der schonenden Rechtsausübung im Gesellschaftsrecht, Festschrift Westermann, Karlsruhe 1974, S. 383 ff., und FULVIO PELLI, Der Grundsatz der schonenden Rechtsausübung als Schranke der Ermessensfreiheit der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft, Diss. Zürich 1978). Das Rechtsmissbrauchsverbot legt daher Schranken der Mehrheitsmacht fest und erkennt der Minderheit unentziehbare Schutzrechte zu (MEIER-HAYOZ/REY, a.a.O., N. 66, und WERMELINGER, a.a.O., N. 173, je zu Art. 712m ZGB ; vgl. FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 39 N. 25 S. 459). Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen des Obergerichts haben verschiedene Mitglieder der Beklagten einschliesslich der Klägerin auf Erdgeschosshöhe an der Gebäudefassade Reklameeinrichtungen (Leuchtschriften und Schaukästen) angebracht. Dafür bezahlen sie alle jedes Jahr einen Beitrag in den Erneuerungsfonds. Kein Beitrag wird einzig vom Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 1 einverlangt. Daraus erhellt, dass die Mehrheit der Stockwerkeigentümer entgegen ihren Interessen einem einzigen Minderheitseigentümer eine Vorzugsbehandlung zukommen lässt und nicht ihre eigenen Interessen der Minderheit aufzwingt. Es trifft aufgrund dieses Sachverhalts auch nicht zu, dass die Klägerin als Minderheit anders behandelt würde als die Mehrheit, welche vielmehr gleich wie sie Beiträge an den BGE 131 III 459 S. 464 Erneuerungsfonds leistet. Bei dieser Sachlage kann nicht bestätigt werden, dass im vorliegenden Fall die Mehrheit ihre Interessen der Minderheit aufgezwungen habe. 5.4 Kann in der konkreten Situation nicht gesagt werden, eine Mehrheit der Stockwerkeigentümer habe zu ihrem eigenen Vorteil der Minderheit eine Benachteiligung aufgezwungen, bleibt die Frage nach der Geltung eines Gleichbehandlungsgebots, das nicht nur die Minderheit schützt, sondern allgemein von der Stockwerkeigentümergemeinschaft gleiche Behandlung der Eigentümer verlangt. 5.4.1 Das Bundesgericht hat in BGE 111 II 330 E. 6 S. 338 ausgeführt, es liessen sich zwar Argumente finden, um dem Grundsatz der Gleichbehandlung auch innerhalb der körperschaftsähnlich organisierten Stockwerkeigentümergemeinschaft zum Durchbruch zu verhelfen. Es hat dann aber offen gelassen, ob dieser Grundsatz auch unter Stockwerkeigentümern gelte. Die Klägerin leitet aus dem Gleichbehandlungsgebot weitergehende Rechte ab als aus einem blossen Rechtsmissbrauchsverbot. Die Frage ist deshalb zu prüfen. Die Beklagte bestreitet einen für Stockwerkeigentümergemeinschaften anwendbaren Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Obergericht ist davon ausgegangen, das Gebot der Gleichbehandlung habe auch für Stockwerkeigentümergemeinschaften Geltung, sei hier aber nicht verletzt (LGVE 2004 I Nr. 17 S. 36 ff.). 5.4.2 Das Gleichbehandlungsgebot ist kein ungeschriebener Grundsatz des Sachenrechts (vgl. REY, Die Grundlagen des Sachenrechts, 2. Aufl., Bern 2000, S. 71 ff.; STEINAUER, Les droits réels, I, 3. Aufl., Bern 1997, S. 38 ff.). Auch im Vertragsrecht gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht in allgemeiner Weise. Vielmehr ist dort vom Grundsatz der Vertragsfreiheit auszugehen. Mit Bezug auf den vereinbarten Vertragsinhalt sind danach grundsätzlich beliebige Differenzierungen zwischen den einzelnen Vertragspartnern erlaubt ( BGE 129 III 276 E. 3.1 S. 281 ff. mit Hinweisen). Auch Grundeigentümer können unter sich Verträge abschliessen, ohne an das Gleichbehandlungsgebot gebunden zu sein. Für körperschaftlich organisierte Gesellschaften, insbesondere im Vereinsrecht ( BGE 108 II 15 E. 4c S. 23; RIEMER, a.a.O., N. 164 zu Art. 70 und N. 36 zu Art. 75 ZGB ), im Genossenschaftsrecht (GUHL/KUMMER/ DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., Zürich 2000, § 77 N. 29 ff. S. 841) und im Gesellschaftsrecht gilt der BGE 131 III 459 S. 465 Grundsatz der Gleichbehandlung dagegen seit jeher als ungeschriebener allgemeiner Grundsatz ( BGE 69 II 246 E. 1 S. 248 ff.; BGE 95 II 157 E. 4 S. 162 ff.; BGE 102 II 265 E. 1 S. 267; BGE 117 II 290 E. 4e S. 300 mit Hinweisen). Teils ist er ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen worden ( Art. 706 Abs. 2 Ziff. 3 OR für Aktiengesellschaften; Art. 854 OR für Genossenschaften). 5.4.3 Wie bereits ausgeführt, sind die Stockwerkeigentümer körperschaftsähnlich organisiert. Sie können sich deshalb dem Gebot der Gleichbehandlung nicht verschliessen (so auch MEIER-HAYOZ/ REY, a.a.O., N. 128 zu Art. 712m ZGB ; REY, Schweizerisches Stockwerkeigentum, 2. Aufl., Zürich 2001, S. 92 Anm. 340; WEBER, Minderheitenschutz beim Stockwerkeigentum, in: ZBGR 60/1979 S. 144 ff., S. 164 ff. Ziff. 3.3). Allerdings darf die Freiheit der für einen Beschluss zuständigen Mehrheit durch das Anfechtungsrecht eines einzelnen Stockwerkeigentümers nicht leichthin beschränkt werden. Der Respekt vor dem Mehrheitsprinzip ruft vielmehr nach einer gewissen Zurückhaltung bei der Überprüfung solcher Beschlüsse (vgl. DUBS/TRUFFER, Basler Kommentar, 2002, N. 15a zu Art. 706 OR ). Unterscheidungen zwischen Stockwerkeigentümern sind daher zulässig und oftmals nötig. Eine Unterscheidung verstösst erst dann gegen das Gleichbehandlungsgebot, wenn es dafür keinen sachlichen Grund gibt. Zudem muss die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung ein gewisses erhebliches Mindestmass erreichen (WEBER, a.a.O., S. 166 Ziff. 3.3 und S. 168 f. Ziff. 3.4.3). 5.4.4 Das Gebot der Gleichbehandlung im genannten Sinn gilt insbesondere für die Nutzung der gemeinschaftlichen Teile, wozu die Aussenfassade gehört ( Art. 712b Abs. 2 Ziff. 2 ZGB ). Die Klägerin beruft sich diesbezüglich zusätzlich auf Art. 9 des Reglements der Stockwerkeigentümergemeinschaft vom 8. Februar 1979. Das Reglement gehört zu den Statuten im Sinne von Art. 75 ZGB , deren Verletzung anfechtbar ist (MEIER-HAYOZ/REY, a.a.O., N. 128 zu Art. 712m ZGB ; REY, Stockwerkeigentum, a.a.O., S. 92 f. N. 350). Nach Art. 9 des Reglements ist jeder Stockwerkeigentümer berechtigt, die gemeinschaftlichen Teile des Gebäudes, d.h. alle diejenigen Teile, die nicht als Sonderrechte ausgeschieden sind, sowie die gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen zu benutzen, soweit dies mit dem gleichen Recht jedes anderen und mit den Interessen der Gemeinschaft vereinbar ist. Auch diese statutarische Regelung bringt den Gedanken der BGE 131 III 459 S. 466 Gleichbehandlung zum Ausdruck. Sie äussert sich allerdings nicht zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Sondernutzungsrechte, welche das gleiche Recht jedes andern an der gemeinsamen Aussenfassade definitionsgemäss ausschliessen, zulässig sind. Es bleibt daher dabei, dass die gestellte Rechtsfrage nach dem ungeschriebenen Grundsatz der Gleichbehandlung zu beantworten ist. 5.4.5 Art. 1 des Stockwerkeigentümerreglements vom 8. Februar 1979 legt fest, dass die Stockwerkeinheit Nr. 1 "als Laden, resp. Café oder Restaurantbetrieb benützt" werden darf, während die Stockwerkeinheiten Nrn. 2 bis 5 "nur als Wohnungen oder Büros, resp. Praxisräume ... benützt werden" dürfen. Die Stockwerkeinheit Nr. 1 befindet sich im Erdgeschoss, wo die Reklamen angebracht sind, während die Einheiten Nrn. 2 bis 5 in oberen Stockwerken gelegen sind, wo die Fassade keine Reklamen aufweist. Die unterschiedliche Zwecksetzung und die unterschiedliche Lage der Stockwerkeinheiten geben einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Regelung der Fassadennutzung ab. Die im Reglement vorgesehene gewerbliche Nutzung der Stockwerkeinheit Nr. 1 schliesst die Werbemöglichkeit an der Aussenfassade zwangsläufig mit ein. Zu einem Ladengeschäft oder Restaurantbetrieb gehört gleichsam begriffsnotwendig ein Aushänge- oder Wirtshausschild. Da die Stockwerkeinheit Nr. 1 zudem von Beginn an für die gewerbliche und keine andere Nutzung bestimmt gewesen ist, kann auch gesagt werden, die übrigen Stockwerkeinheiten, deren Zweckbestimmung weiter gefasst ist und namentlich ein blosses Wohnen beinhaltet, seien nicht zwingend auf Fassadenwerbung angewiesen, sondern nur für den Fall, dass sie reglementskonform als Büros oder Praxisräume genutzt werden. Es lässt sich deshalb mit vor dem Gleichbehandlungsgebot haltbaren Gründen ausführen, in der reglementskonformen Nutzung des Erdgeschosses als Laden sei eine entschädigungslose Nutzung der Fassade auf Erdgeschosshöhe zu Reklamezwecken inbegriffen, während die gleiche entschädigungslose Nutzung der Fassade den Obergeschossen nicht zustehe. Die Rüge ist daher unbegründet. Bei diesem Ergebnis ist unerheblich, ob die Entschädigung für die Fassadennutzung schon bei der Bestimmung der Wertquote der Stockwerkeinheit Nr. 1 berücksichtigt worden ist, wie die erste Instanz angenommen und die zweite Instanz offen gelassen hat. 5.5 Aus den dargelegten Gründen verletzt der angefochtene Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft weder BGE 131 III 459 S. 467 Verfahrensvorschriften noch das Rechtsmissbrauchsverbot oder das Gleichbehandlungsgebot.
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0.231.171.1 1 Übersetzung WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger (WPPT) Abgeschlossen in Genf am 20. Dezember 1996 Von der Bundesversammlung genehmigt am 5. Oktober 20071 Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 31. März 2008 In Kraft getreten für die Schweiz am 1. Juli 2008 (Stand am 7. Juli 2022) Die Vertragsparteien, in dem Wunsch, den Rechtsschutz für ausübende Künstler und Hersteller von Ton- trägern in möglichst wirksamer und gleichmässiger Weise fortzuentwickeln und aufrechtzuerhalten, in Erkenntnis der Notwendigkeit, neue internationale Vorschriften einzuführen, damit für die durch wirtschaftliche, soziale, kulturelle und technische Entwicklungen entstehenden Fragen angemessene Lösungen gefunden werden können, im Hinblick auf die tiefgreifenden Auswirkungen der Entwicklung und Annäherung der Informations- und Kommunikationstechnologien auf die Produktion und Nut- zung von Darbietungen und Tonträgern, in Erkenntnis der Notwendigkeit, ein Gleichgewicht zwischen den Rechten der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller und dem umfassenderen öffentlichen Interesse, insbesondere Bildung, Forschung und Zugang zu Informationen, zu wah- ren, sind wie folgt übereingekommen: Kapitel I Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Verhältnis zu anderen Übereinkünften 1. Die zwischen den Vertragsparteien bestehenden Pflichten aus dem am 26. Okto- ber 19612 in Rom geschlossenen Internationalen Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (nachstehend «Rom-Abkommen») werden durch diesen Vertrag nicht beeinträchtigt. 2. Der durch diesen Vertrag vorgesehene Schutz lässt den Schutz der Urheberrechte an Werken der Literatur und Kunst unberührt und beeinträchtigt ihn in keiner Weise. Daher darf keine Bestimmung dieses Vertrags in einer Weise ausgelegt werden, die diesem Schutz Abbruch tut. AS 2008 2515; BBl 2006 3389 1 Art. 1 Abs. 1 Bst. a des BB vom 5. Okt. 2007 (AS 2008 2497). 2 SR 0.231.171 0.231.171.1 Urheberrecht 2 0.231.171.1 3. Dieser Vertrag steht weder in Verbindung mit anderen Verträgen, noch berührt er Rechte oder Pflichten aus anderen Verträgen. Art. 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Vertrags: a. sind «ausübende Künstler» Schauspieler, Sänger, Musiker, Tänzer und an- dere Personen, die Werke der Literatur und Kunst oder Ausdrucksformen der Volkskunst aufführen, singen, vortragen, vorlesen, spielen, interpretieren oder auf andere Weise darbieten; b. bedeutet «Tonträger» die Festlegung der Töne einer Darbietung oder anderer Töne oder einer Darstellung von Tönen ausser in Form einer Festlegung, die Bestandteil eines Filmwerks oder eines anderen audiovisuellen Werks ist; c. bedeutet «Festlegung» die Verkörperung von Tönen oder von Darstellungen von Tönen in einer Weise, dass sie mittels einer Vorrichtung wahrgenom- men, vervielfältigt oder wiedergegeben werden können; d. bedeutet «Hersteller von Tonträgern» die natürliche oder juristische Person, die die erste Festlegung der Töne einer Darbietung oder anderer Töne oder der Darstellung von Tönen eigenverantwortlich veranlasst; e. bedeutet «Veröffentlichung» einer festgelegten Darbietung oder eines Ton- trägers das Angebot einer genügenden Anzahl von Vervielfältigungsstücken der festgelegten Darbietung oder des Tonträgers an die Öffentlichkeit mit Zustimmung des Rechtsinhabers; f. bedeutet «Sendung» die drahtlose Übertragung von Tönen oder von Bildern und Tönen oder deren Darstellungen zum Zwecke des Empfangs durch die Öffentlichkeit; die Übertragung über Satellit ist ebenfalls «Sendung»; die Übertragung verschlüsselter Signale ist eine «Sendung», soweit die Mittel zur Entschlüsselung der Öffentlichkeit von dem Sendeunternehmen oder mit dessen Zustimmung zur Verfügung gestellt werden; g. bedeutet «öffentliche Wiedergabe» einer Darbietung oder eines Tonträgers die öffentliche Übertragung der Töne einer Darbietung oder der auf einem Tonträger festgelegten Töne oder Darstellungen von Tönen auf einem ande- ren Wege als durch Sendung. Im Sinne von Artikel 15 umfasst «öffentliche Wiedergabe» das öffentliche Hörbarmachen der auf einem Tonträger fest- gelegten Töne oder Darstellungen von Tönen. Art. 3 Schutzberechtigte nach dem Vertrag 1. Die Vertragsparteien gewähren den ausübenden Künstlern und Herstellern von Tonträgern, die Angehörige anderer Vertragsparteien sind, den in diesem Vertrag vorgesehenen Schutz. 2. Als Angehörige anderer Vertragsparteien gelten die ausübenden Künstler und Hersteller von Tonträgern, die nach den Kriterien des Rom-Abkommens schutz- berechtigt wären, wenn alle Parteien dieses Vertrags Vertragsstaaten des Rom- Abkommens wären. Die Vertragsparteien wenden hinsichtlich dieser Berechti- WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger 3 0.231.171.1 gungskriterien die entsprechenden Begriffsbestimmungen in Artikel 2 dieses Ver- trags an. 3. Jede Vertragspartei, die von den Möglichkeiten des Artikels 5 Absatz 3 des Rom- Abkommens oder für die Zwecke des Artikels 5 des Rom-Abkommens von Arti- kel 17 des Abkommens Gebrauch macht, richtet nach Massgabe dieser Bestimmun- gen eine Notifikation an den Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO). Art. 4 Inländerbehandlung 1. Jede Vertragspartei gewährt den Angehörigen anderer Vertragsparteien im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 die Behandlung, die sie ihren eigenen Angehörigen in Bezug auf die nach diesem Vertrag ausdrücklich gewährten ausschliesslichen Rechte und das Recht auf angemessene Vergütung gemäss Artikel 15 gewährt. 2. Die Verpflichtung nach Absatz 1 gilt nicht, soweit eine andere Vertragspartei von den Vorbehalten nach Artikel 15 Absatz 3 Gebrauch macht. Kapitel II Rechte der ausübenden Künstler Art. 5 Persönlichkeitsrechte 1. Unabhängig von ihren wirtschaftlichen Rechten haben ausübende Künstler auch nach Abtretung dieser Rechte in Bezug auf ihre hörbaren Live-Darbietungen oder auf Tonträgern festgelegten Darbietungen das Recht auf Namensnennung, sofern die Unterlassung der Namensnennung nicht durch die Art der Nutzung der Darbietung geboten ist, und können gegen jede Entstellung, Verstümmelung oder sonstige Änderung ihrer Darbietungen, die ihrem Ruf abträglich wäre, Einspruch erheben. 2. Die Rechte der ausübenden Künstler nach Absatz 1 bestehen nach ihrem Tod mindestens bis zum Erlöschen der wirtschaftlichen Rechte fort und können von den Personen oder Institutionen wahrgenommen werden, die nach dem Recht der Ver- tragspartei, in deren Gebiet der Schutz beansprucht wird, hierzu befugt sind. Die Vertragsparteien, deren Recht zum Zeitpunkt der Ratifikation dieses Vertrags oder des Beitritts zu diesem Vertrag keinen Schutz für sämtliche in Absatz 1 genannten Rechte der ausübenden Künstler nach deren Ableben vorsieht, können bestimmen, dass einige dieser Rechte nach dem Tod nicht fortbestehen. 3. Die Möglichkeiten des Rechtsschutzes zur Wahrung der nach diesem Artikel gewährten Rechte bestimmen sich nach dem Recht der Vertragspartei, in deren Gebiet der Schutz beansprucht wird. Art. 6 Wirtschaftliche Rechte der ausübenden Künstler an ihren nicht festgelegten Darbietungen Ausübende Künstler haben in Bezug auf ihre Darbietungen das ausschliessliche Recht zu erlauben: Urheberrecht 4 0.231.171.1 i. die Sendung und die öffentliche Wiedergabe ihrer nicht festgelegten Darbie- tungen, sofern es sich nicht bereits um eine gesendete Darbietung handelt; und ii. die Festlegung ihrer nicht festgelegten Darbietungen. Art. 7 Vervielfältigungsrecht Ausübende Künstler haben das ausschliessliche Recht, jede unmittelbare oder mit- telbare Vervielfältigung ihrer auf Tonträger festgelegten Darbietungen zu erlauben. Art. 8 Verbreitungsrecht 1. Ausübende Künstler haben das ausschliessliche Recht zu erlauben, dass das Original und Vervielfältigungsstücke ihrer auf Tonträgern festgelegten Darbietungen durch Verkauf oder sonstige Eigentumsübertragung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 2. Dieser Vertrag berührt nicht die Freiheit der Vertragsparteien, gegebenenfalls zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen sich das Recht nach Absatz 1 nach dem ersten mit Erlaubnis des ausübenden Künstlers erfolgten Verkaufs des Originals oder eines Vervielfältigungsstücks oder der ersten sonstigen Eigentumsübertragung erschöpft. Art. 9 Vermietrecht 1. Ausübende Künstler haben das ausschliessliche Recht, die gewerbsmässige Vermietung des Originals und der Vervielfältigungsstücke ihrer auf Tonträgern fest- gelegten Darbietungen nach Massgabe der Rechtsvorschriften der Vertragsparteien zu erlauben, auch wenn das Original und die Vervielfältigungsstücke bereits mit allgemeiner oder ausdrücklicher Erlaubnis des ausübenden Künstlers verbreitet worden sind. 2. Eine Vertragspartei, in deren Gebiet seit dem 15. April 1994 eine Regelung in Kraft ist, die für ausübende Künstler eine angemessene Vergütung für die Vermie- tung von Vervielfältigungsstücken ihrer auf Tonträger festgelegten Darbietungen vorsieht, kann diese Regelung unbeschadet der Bestimmungen von Absatz 1 beibe- halten, sofern die gewerbsmässige Vermietung von Tonträgern das ausschliessliche Vervielfältigungsrecht der ausübenden Künstler nicht erheblich beeinträchtigt. Art. 10 Recht auf Zugänglichmachung festgelegter Darbietungen Ausübende Künstler haben das ausschliessliche Recht zu erlauben, dass ihre auf Tonträgern festgelegten Darbietungen drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlich- keit an Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger 5 0.231.171.1 Kapitel III Rechte der Tonträgerhersteller Art. 11 Vervielfältigungsrecht Die Hersteller von Tonträgern haben das ausschliessliche Recht, jede unmittelbare oder mittelbare Vervielfältigung ihrer Tonträger zu erlauben. Art. 12 Verbreitungsrecht 1. Die Hersteller von Tonträgern haben das ausschliessliche Recht zu erlauben, dass das Original und Vervielfältigungsstücke ihrer Tonträger durch Verkauf oder sons- tige Eigentumsübertragung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 2. Dieser Vertrag berührt nicht die Freiheit der Vertragsparteien, gegebenenfalls zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen sich das Recht nach Absatz 1 nach dem ersten mit Erlaubnis des Tonträgerherstellers erfolgten Verkaufs des Originals oder eines Vervielfältigungsstücks oder der ersten sonstigen Eigentumsübertragung erschöpft. Art. 13 Vermietrecht 1. Die Hersteller von Tonträgern haben das ausschliessliche Recht, die gewerbs- mässige Vermietung des Originals und der Vervielfältigungsstücke ihrer Tonträger zu erlauben, auch wenn das Original und die Vervielfältigungsstücke bereits mit allgemeiner oder besonderer Erlaubnis des Herstellers verbreitet worden sind. 2. Eine Vertragspartei, in deren Gebiet seit dem 15. April 1994 eine Regelung in Kraft ist, die für Tonträgerhersteller eine angemessene Vergütung für die Vermie- tung von Vervielfältigungsstücken ihrer Tonträger vorsieht, kann diese Regelung unbeschadet der Bestimmungen von Absatz 1 beibehalten, sofern die gewerbsmäs- sige Vermietung von Tonträgern das ausschliessliche Vervielfältigungsrecht der Tonträgerhersteller nicht erheblich beeinträchtigt. Art. 14 Recht auf Zugänglichmachung von Tonträgern Die Hersteller von Tonträgern haben das ausschliessliche Recht zu erlauben, dass ihre Tonträger drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise der Öffentlichkeit zu- gänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit an Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Kapitel IV Gemeinsame Bestimmungen Art. 15 Vergütungsrecht für Sendung und öffentliche Wiedergabe 1. Werden zu gewerblichen Zwecken veröffentliche Tonträger unmittelbar oder mittelbar für eine Sendung oder öffentliche Wiedergabe benutzt, so haben aus- Urheberrecht 6 0.231.171.1 übende Künstler und Tonträgerhersteller Anspruch auf eine einzige angemessene Vergütung. 2. Die Vertragsparteien können in ihren Rechtsvorschriften bestimmen, dass der ausübende Künstler oder der Tonträgerhersteller oder beide von dem Benutzer die Zahlung der einzigen angemessenen Vergütung verlangen. Die Vertragsparteien können Rechtsvorschriften erlassen, die in Ermangelung einer Vereinbarung zwi- schen dem ausübenden Künstler und dem Tonträgerhersteller die Bedingungen festlegen, nach denen die einzige angemessene Vergütung zwischen ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern aufzuteilen ist. 3. Jede Vertragspartei kann in einer beim Generaldirektor der WIPO hinterlegten Notifikation erklären, dass sie die Bestimmungen in Absatz 1 nur in Bezug auf bestimmte Nutzungsarten anwenden oder die Anwendung in einer anderen Weise einschränken wird oder dass sie diese Bestimmungen überhaupt nicht anwenden wird. 4. Tonträger, die drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit an Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, gelten im Sinne dieses Artikels als zu gewerb- lichen Zwecken veröffentlicht. Art. 16 Beschränkungen und Ausnahmen 1. Die Vertragsparteien können in ihren Rechtsvorschriften in Bezug auf den Schutz der ausübenden Künstler und der Hersteller von Tonträgern Beschränkungen und Ausnahmen gleicher Art vorsehen, wie sie in ihren Rechtsvorschriften im Zusam- menhang mit dem Schutz des Urheberrechts an Werken der Literatur und Kunst vorgesehen sind. 2. Die Vertragsparteien begrenzen die Beschränkungen und Ausnahmen in Bezug auf die in diesem Vertrag vorgesehenen Rechte auf bestimmte Sonderfälle, die weder die normale Verwertung der Darbietung oder des Tonträgers beeinträchtigen noch die berechtigten Interessen der ausübenden Künstler oder Tonträgerhersteller unzumutbar verletzen. Art. 17 Schutzdauer 1. Die Dauer des den ausübenden Künstlern nach diesem Vertrag zu gewährenden Schutzes beträgt mindestens 50 Jahre, gerechnet vom Ende des Jahres, in dem die Darbietung auf einem Tonträger festgelegt wurde. 2. Die Dauer des den Tonträgerherstellern nach diesem Vertrag zu gewährenden Schutzes beträgt mindestens 50 Jahre, gerechnet vom Ende des Jahres, in dem der Tonträger veröffentlicht wurde, oder, falls er innerhalb von 50 Jahren nach seiner Festlegung nicht veröffentlicht wurde, 50 Jahre, gerechnet vom Ende des Jahres, in dem er festgelegt wurde. WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger 7 0.231.171.1 Art. 18 Pflichten in Bezug auf technische Vorkehrungen Die Vertragsparteien sehen einen hinreichenden Rechtsschutz und wirksame Rechtsbehelfe gegen die Umgehung wirksamer technischer Vorkehrungen vor, von denen ausübende Künstler oder Tonträgerhersteller im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Rechte nach diesem Vertrag Gebrauch machen und die Handlungen in Bezug auf ihre Darbietungen oder Tonträger einschränken, die der betreffende ausübende Künstler oder Tonträgerhersteller nicht erlaubt hat oder die gesetzlich nicht zulässig sind. Art. 19 Pflichten in Bezug auf Informationen für die Wahrnehmung der Rechte 1. Die Vertragsparteien sehen hinreichende und wirksame Rechtsbehelfe gegen Personen vor, die wissentlich eine der nachstehenden Handlungen vornehmen, obwohl ihnen bekannt ist oder in Bezug auf zivilrechtliche Rechtsbehelfe den Um- ständen nach bekannt sein muss, dass diese Handlung die Verletzung eines unter diesen Vertrag fallenden Rechts herbeiführen, ermöglichen, erleichtern oder ver- bergen wird: i. unbefugte Entfernung oder Änderung elektronischer Informationen für die Wahrnehmung der Rechte; ii. unbefugte Verbreitung, Einfuhr zur Verbreitung, Sendung, öffentliche Wie- dergabe oder Zugänglichmachung von Darbietungen, Vervielfältigungsstü- cken festgelegter Darbietungen oder Tonträgern in Kenntnis des Umstands, dass elektronische Informationen für die Wahrnehmung der Rechte unbefugt entfernt oder geändert wurden. 2. Im Sinne dieses Artikels sind «Informationen für die Wahrnehmung der Rechte» Informationen, die den ausübenden Künstler, seine Darbietung, den Hersteller des Tonträgers, den Tonträger, den Inhaber eines Rechts an der Darbietung oder an dem Tonträger identifizieren, oder Informationen über die Nutzungsbedingungen einer Darbietung oder eines Tonträgers oder Zahlen oder Codes, die derartige Informa- tionen darstellen, wenn irgendeines dieses Informationselemente an einem Verviel- fältigungsstück einer festgelegten Darbietung oder einem Tonträger angebracht ist oder im Zusammenhang mit der öffentlichen Wiedergabe oder Zugänglichmachung einer festgelegten Darbietung oder eines Tonträgers erscheint. Art. 20 Formvorschriften Der Genuss und die Ausübung der in diesem Vertrag vorgesehenen Rechte unterlie- gen keinerlei Formvorschriften. Art. 21 Vorbehalte Mit Ausnahme des Artikels 15 Absatz 3 sind Vorbehalte zu diesem Vertrag nicht zulässig. Urheberrecht 8 0.231.171.1 Art. 22 Anwendung in zeitlicher Hinsicht 1. Die Vertragsparteien wenden Artikel 18 der Berner Übereinkunft3 entsprechend auf die nach diesem Vertrag vorgesehenen Rechte der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller an. 2. Unbeschadet des Absatzes 1 kann eine Vertragspartei die Anwendung des Arti- kels 5 dieses Vertrags auf Darbietungen beschränken, die nach Inkrafttreten dieses Vertrags für die betreffende Vertragspartei stattgefunden haben. Art. 23 Rechtsdurchsetzung 1. Die Vertragsparteien verpflichten sich, in Übereinstimmung mit ihren Rechtsord- nungen die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Anwendung dieses Vertrags sicherzustellen. 2. Die Vertragsparteien stellen sicher, dass in ihren Rechtsordnungen Verfahren zur Rechtsdurchsetzung verfügbar sind, um ein wirksames Vorgehen gegen jede Verlet- zung von unter diesen Vertrag fallenden Rechten zu ermöglichen, einschliesslich Eilverfahren zur Verhinderung von Verletzungshandlungen und Rechtsbehelfen zur Abschreckung von weiteren Verletzungshandlungen. Kapitel V Verwaltungs- und Schlussbestimmungen Art. 24 Die Versammlung 1. a. Die Vertragsparteien haben eine Versammlung. b. Jede Vertragspartei wird durch einen Delegierten vertreten, der von Stellver- tretern, Beratern und Sachverständigen unterstützt werden kann. c. Die Kosten jeder Delegation werden von der Vertragspartei getragen, die sie entsandt hat. Die Versammlung kann die WIPO um finanzielle Unterstüt- zung bitten, um die Teilnahme von Delegationen von Vertragsparteien zu er- leichtern, die nach der bestehenden Übung der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Entwicklungsländer angesehen werden oder die Län- der im Übergang zur Marktwirtschaft sind. 2. a. Die Versammlung behandelt Fragen, die die Erhaltung und Entwicklung sowie die Anwendung und Durchführung dieses Vertrags betreffen. b. Die Versammlung nimmt in Bezug auf die Zulassung bestimmter zwischen- staatlicher Organisationen als Vertragspartei die ihr nach Artikel 26 Ab- satz 2 übertragene Aufgabe wahr. c. Die Versammlung beschliesst die Einberufung einer diplomatischen Kon- ferenz zur Revision dieses Vertrags und erteilt dem Generaldirektor der 3 SR 0.231.12/.15 WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger 9 0.231.171.1 WIPO die notwendigen Weisungen für die Vorbereitung einer solchen Kon- ferenz. 3. a. Jede Vertragspartei, die ein Staat ist, verfügt über eine Stimme und stimmt nur in ihrem Namen ab. b. Eine Vertragspartei, die eine zwischenstaatliche Organisation ist, kann an- stelle ihrer Mitgliedstaaten an der Abstimmung teilnehmen und verfügt über eine Anzahl von Stimmen, die der Anzahl ihrer Mitgliedstaaten entspricht, die Vertragspartei dieses Vertrags sind. Eine zwischenstaatliche Organisa- tion kann nicht an der Abstimmung teilnehmen, wenn einer ihrer Mitglied- staaten sein Stimmrecht ausübt und umgekehrt. 4. Die Versammlung tritt nach Einberufung durch den Generaldirektor der WIPO alle zwei Jahre einmal zu einer ordentlichen Tagung zusammen. 5. Die Versammlung gibt sich eine Geschäftsordnung, in der unter anderem die Einberufung ausserordentlicher Tagungen, die Voraussetzungen für die Beschluss- fähigkeit und vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Vertrags die Mehrheitserfor- dernisse für die verschiedenen Arten von Beschlüssen geregelt sind. Art. 25 Das Internationale Büro Das Internationale Büro der WIPO nimmt die Verwaltungsaufgaben im Rahmen dieses Vertrags wahr. Art. 26 Qualifikation als Vertragspartei 1. Jeder Mitgliedstaat der WIPO kann Vertragspartei dieses Vertrags werden. 2. Die Versammlung kann beschliessen, jede zwischenstaatliche Organisation als Vertragspartei zuzulassen, die erklärt, für die durch diesen Vertrag geregelten Berei- che zuständig zu sein, über diesbezügliche Vorschriften, die für alle ihre Mitglied- staaten bindend sind, zu verfügen und in Übereinstimmung mit ihrer Geschäftsord- nung ordnungsgemäss ermächtigt worden zu sein, Vertragspartei zu werden. 3. Die Europäische Gemeinschaft, die auf der Diplomatischen Konferenz, auf der dieser Vertrag angenommen wurde, die in Absatz 2 bezeichnete Erklärung abge- geben hat, kann Vertragspartei dieses Vertrags werden. Art. 27 Rechte und Pflichten nach dem Vertrag Sofern dieser Vertrag nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, gelten für jede Vertragspartei alle Rechte und Pflichten nach diesem Vertrag. Art. 28 Unterzeichnung des Vertrags Dieser Vertrag liegt bis zum 31. Dezember 1997 zur Unterzeichnung durch jeden Mitgliedstaat der WIPO und durch die Europäische Gemeinschaft auf. Urheberrecht 10 0.231.171.1 Art. 29 Inkrafttreten des Vertrags Dieser Vertrag tritt drei Monate nach Hinterlegung der dreissigsten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde beim Generaldirektor der WIPO in Kraft. Art. 30 Inkrafttreten des Vertrags für eine Vertragspartei Dieser Vertrag bindet: i. die dreissig Staaten im Sinne von Artikel 29 ab dem Tag, an dem dieser Ver- trag in Kraft getreten ist; ii. jeden anderen Staat nach Ablauf von drei Monaten nach Hinterlegung seiner Urkunde beim Generaldirektor der WIPO; iii. die Europäische Gemeinschaft nach Ablauf von drei Monaten nach Hinterle- gung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde, wenn diese Urkunde nach Inkrafttreten dieses Vertrags nach Artikel 29 hinterlegt worden ist, oder drei Monate nach Inkrafttreten dieses Vertrags, wenn die Urkunde vor Inkraft- treten des Vertrags hinterlegt worden ist; iv. jede andere zwischenstaatliche Organisation, die als Vertragspartei dieses Vertrags zugelassen wird, nach Ablauf von drei Monaten nach Hinterlegung ihrer Beitrittsurkunde. Art. 31 Kündigung des Vertrags Dieser Vertrag kann von jeder Vertragspartei durch eine an den Generaldirektor der WIPO gerichtete Notifikation gekündigt werden. Die Kündigung wird ein Jahr nach dem Tag wirksam, an dem die Notifikation beim Generaldirektor der WIPO ein- gegangen ist. Art. 32 Vertragssprachen 1. Dieser Vertrag wird in einer Urschrift in englischer, arabischer, chinesischer, französischer, russischer und spanischer Sprache unterzeichnet, wobei jeder Wort- laut gleichermassen verbindlich ist. 2. Ein amtlicher Wortlaut in einer anderen als der in Absatz 1 genannten Sprachen wird durch den Generaldirektor der WIPO auf Ersuchen einer interessierten Ver- tragspartei nach Konsultation mit allen interessierten Vertragsparteien erstellt. «Interessierte Vertragspartei» im Sinne dieses Absatzes bedeutet einen Mitgliedstaat der WIPO, dessen Amtssprache oder eine von dessen Amtssprachen betroffen ist, sowie die Europäische Gemeinschaft und jede andere zwischenstaatliche Organisa- tion, die Vertragspartei dieses Vertrags werden kann, wenn eine ihrer Amtssprachen betroffen ist. WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger 11 0.231.171.1 Art. 33 Verwahrer Verwahrer dieses Vertrags ist der Generaldirektor der WIPO. (Es folgen die Unterschriften) Urheberrecht 12 0.231.171.1 Vereinbarte Erklärungen Zu Art. 1 Abs. 2 Artikel 1 Absatz 2 präzisiert das Verhältnis zwischen Rechten an Tonträgern im Sinne dieses Vertrags und dem Urheberrecht an in Tonträgern verkörperten Werken. In Fällen, in denen sowohl die Zustimmung des Urhebers eines in einen Tonträger eingefügten Werks als auch die Zustimmung des ausübenden Künstlers oder Her- stellers, der Rechte an dem Tonträger besitzt, erforderlich ist, wird das Erfordernis der Zustimmung des Urhebers nicht deshalb hinfällig, weil auch die Zustimmung des ausübenden Künstlers oder Herstellers erforderlich ist und umgekehrt. Artikel 1 Absatz 2 hindert einen Vertragsstaat nicht daran, einem ausübenden Kün- stler oder Tonträgerhersteller ausschliessliche Rechte zu gewähren, die über die nach diesem Vertrag zu gewährenden Rechte hinausgehen. Zu Art. 2 Bst. b Die Tonträgerdefinition in Artikel 2 Buchstabe b lässt nicht darauf schliessen, dass Rechte an einem Tonträger durch ihre Einfügung in ein Filmwerk oder in ein ande- res audiovisuelles Werk in irgendeiner Weise beeinträchtigt werden. Zu Art. 2 Bst. e, 8, 9, 12 und 13 Die in diesen Artikeln im Zusammenhang mit dem Verbreitungs- und Vermietrecht verwendeten Ausdrücke «Vervielfältigungsstücke» und «Original und Vervielfäl- tigungsstücke» beziehen sich ausschliesslich auf Vervielfältigungsstücke, die als körperliche Gegenstände in Verkehr gebracht werden können. Zu Art. 3 Der Verweis in den Artikeln 5 Buchstabe a und 16 Buchstabe a Ziffer iv des Rom-Abkommens auf «Angehöriger eines anderen vertragschliessenden Staates» bezeichnet, wenn er sich auf diesen Vertrag bezieht, im Hinblick auf eine zwischen- staatliche Organisation, die Partei dieses Vertrags ist, einen Angehörigen, einer der Staaten, die Mitglieder dieser Organisation sind. Zu Art. 3 Abs. 2 Im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 bedeutet Festlegung die Fertigstellung des Master- Bands. WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger 13 0.231.171.1 Zu den Art. 7, 11 und 16 Das in den Artikeln 7 und 11 niedergelegte Vervielfältigungsrecht mit den in Arti- kel 16 aufgeführten zulässigen Ausnahmen findet in vollem Umfang im digitalen Bereich Anwendung, insbesondere auf die Verwendung von Darbietungen und Tonträgern in digitaler Form. Die elektronische Speicherung einer geschützten Darbietung oder eines geschützten Tonträgers in digitaler Form gilt als Verviel- fältigung im Sinne dieser Artikel. Zu Art. 15 Der Umfang der Sende- und Wiedergaberechte, die ausübende Künstler und Tonträ- gerhersteller im Zeitalter der Digitaltechnik in Anspruch nehmen können, ist in Artikel 15 nicht vollständig geregelt. Die Delegationen waren nicht in der Lage, einen Konsens über die verschiedenen Vorschläge zu den unter bestimmten Voraus- setzungen zu gewährenden Ausschliesslichkeitsrechten oder zu Rechten, die ohne die Möglichkeit eines Vorbehalts gewährt werden, herbeizuführen und haben diese Frage daher einer künftigen Regelung vorbehalten. Artikel 15 steht der Gewährung des Rechts nicht entgegen, das dieser Artikel den Interpreten der Volkskunst und den Tonträgerherstellern, die Volkskunst aufzeich- nen, einräumt, wenn diese Tonträger nicht zu gewerblichen Zwecken veröffentlicht worden sind. Zu Art. 16 Die vereinbarte Erklärung zu Artikel 10 (Beschränkungen und Ausnahmen) des WIPO-Urheberrechtsvertrags gilt mutatis mutandis ebenfalls für Artikel 16 (Be- schränkungen und Ausnahmen) des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträ- ger. Zu Art. 19 Die vereinbarte Erklärung zu Artikel 12 (Pflichten in Bezug auf Informationen für die Wahrnehmung der Rechte) des WIPO-Urheberrechtsvertrags gilt mutatis mutan- dis ebenfalls für Artikel 19 (Pflichten in Bezug auf Informationen für die Wahr- nehmung der Rechte) des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger. Urheberrecht 14 0.231.171.1 Geltungsbereich am 7. Juli 20224 Vertragsstaaten Ratifikation Beitritt (B) Nachfolge- erklärung (N) Inkrafttreten Afghanistan 9. November 2020 B 9. Februar 2021 Albanien 17. Mai 2001 B 20. Mai 2002 Algerien 31. Oktober 2013 B 31. Januar 2014 Argentinien 19. November 1999 20. Mai 2002 Armenien 6. Dezember 2004 B 6. März 2005 Aserbaidschan 11. Januar 2006 B 11. April 2006 Australien* 26. April 2007 B 26. Juli 2007 Bahrain 15. September 2005 B 15. Dezember 2005 Barbados 13. September 2019 B 13. Dezember 2019 Belarus 15. Juli 1998 20. Mai 2002 Belgien* 30. Mai 2006 30. August 2006 Belize 9. November 2018 B 9. Februar 2019 Benin 16. Januar 2006 B 16. April 2006 Bosnien und Herzegowina 25. August 2009 B 25. November 2009 Botsuana 27. Oktober 2004 B 27. Januar 2005 Brunei 2. Februar 2017 B 2. Mai 2017 Bulgarien 29. März 2001 B 20. Mai 2002 Burkina Faso 19. Juli 1999 20. Mai 2002 Cabo Verde 22. Februar 2019 B 22. Mai 2019 Chile* 11. April 2001 20. Mai 2002 China* 9. März 2007 B 9. Juni 2007 Hongkong 23. September 2008 1. Oktober 2008 Macau* 9. März 2007 6. November 2013 Cook-Inseln 19. März 2019 B 19. Juni 2019 Costa Rica* 23. Mai 2000 20. Mai 2002 Dänemark* 12. März 2009 14. März 2010 Färöer 30. Januar 2018 30. April 2018 Deutschland* 14. Dezember 2009 14. März 2010 Dominikanische Republik 10. Oktober 2005 B 10. Januar 2006 Ecuador 21. Juni 2000 20. Mai 2002 El Salvador 20. Oktober 1998 B 20. Mai 2002 Estland 14. Dezember 2009 14. März 2010 Europäische Union 14. Dezember 2009 14. März 2010 Finnland* 14. Dezember 2009 14. März 2010 Frankreich* 14. Dezember 2009 14. März 2010 Gabun 6. Dezember 2001 B 20. Mai 2002 Georgien 4. Juli 2001 B 20. Mai 2002 Ghana 16. November 2012 16. Februar 2013 4 AS 2009 2503; 2010 1457; 2013 1373; 2017 3725; 2019 2185; 2021 607, 2022 403. Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereichs ist auf der Publikationsplattform des Bundes- rechts «Fedlex» unter folgender Adresse veröffentlicht (www.fedlex.admin.ch/de/treaty). WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger 15 0.231.171.1 Vertragsstaaten Ratifikation Beitritt (B) Nachfolge- erklärung (N) Inkrafttreten Griechenland 14. Dezember 2009 14. März 2010 Guatemala 8. Oktober 2002 B 8. Januar 2003 Guinea 25. Februar 2002 B 25. Mai 2002 Honduras 20. Februar 2002 B 20. Mai 2002 Indien* 25. September 2018 B 25. Dezember 2018 Indonesien 15. November 2004 15. Februar 2005 Irland 14. Dezember 2009 14. März 2010 Italien 14. Dezember 2009 14. März 2010 Jamaika 12. März 2002 B 12. Juni 2002 Japan* 9. Juli 2002 B 9. Oktober 2002 Jordanien 24. Februar 2004 B 24. Mai 2004 Kanada 13. Mai 2014 13. August 2014 Kasachstan 12. August 2004 12. November 2004 Katar 28. Juli 2005 B 28. Oktober 2005 Kirgisistan 15. Mai 2002 B 15. August 2002 Kiribati 22. März 2021 B 22. Juni 2021 Kolumbien 29. November 2000 20. Mai 2002 Komoren 25. Januar 2021 B 25. April 2021 Korea (Süd-)* 18. Dezember 2008 B 18. März 2009 Kroatien 3. Juli 2000 20. Mai 2002 Lettland 22. März 2000 B 20. Mai 2002 Liechtenstein 30. Januar 2007 B 30. April 2007 Litauen 26. Januar 2001 B 20. Mai 2002 Luxemburg 14. Dezember 2009 14. März 2010 Madagaskar 24. November 2014 B 24. Februar 2015 Malaysia 27. September 2012 B 27. Dezember 2012 Mali 22. Oktober 2001 B 20. Mai 2002 Malta 14. Dezember 2009 B 14. März 2010 Marokko 20. April 2011 B 20. Juli 2011 Mexiko 17. November 1999 20. Mai 2002 Moldau 13. März 1998 20. Mai 2002 Mongolei 25. Juli 2002 25. Oktober 2002 Montenegro 4. Dezember 2006 N 3. Juni 2006 Neuseeland* 17. Dezember 2018 B 17. März 2019 Tokelau 17. Dezember 2018 17. März 2019 Nicaragua 6. Dezember 2002 B 6. März 2003 Niederlande 14. Dezember 2009 14. März 2010 Nigeria 4. Oktober 2017 4. Januar 2018 Nordmazedonien* 20. Dezember 2004 B 20. März 2005 Oman 20. Juni 2005 B 20. September 2005 Österreich 14. Dezember 2009 14. März 2010 Panama 17. März 1999 20. Mai 2002 Paraguay 29. November 2000 B 20. Mai 2002 Urheberrecht 16 0.231.171.1 Vertragsstaaten Ratifikation Beitritt (B) Nachfolge- erklärung (N) Inkrafttreten Peru 18. April 2002 B 18. Juli 2002 Philippinen 4. Juli 2002 B 4. Oktober 2002 Polen 21. Juli 2003 B 21. Oktober 2003 Portugal 14. Dezember 2009 14. März 2010 Rumänien 1. Februar 2001 20. Mai 2002 Russland* 5. November 2008 B 5. Februar 2009 San Marino 2. Juni 2020 B 2. September 2020 São Tomé und Príncipe 27. Januar 2020 B 27. April 2020 Schweden* 14. Dezember 2009 14. März 2010 Schweiz* 31. März 2008 1. Juli 2008 Senegal 18. Februar 2002 20. Mai 2002 Serbien 13. März 2003 B 13. Juni 2003 Singapur* 17. Januar 2005 B 17. April 2005 Slowakei 14. Januar 2000 20. Mai 2002 Slowenien 19. November 1999 20. Mai 2002 Spanien 14. Dezember 2009 14. März 2010 St. Lucia 24. November 1999 B 20. Mai 2002 St. Vincent und die Grenadinen 12. November 2010 B 12. Februar 2011 Tadschikistan 24. Mai 2011 B 24. August 2011 Togo 21. Februar 2003 21. Mai 2003 Trinidad und Tobago 28. August 2008 B 28. November 2008 Tschechische Republik 10. Oktober 2001 B 20. Mai 2002 Türkei 28. August 2008 B 28. November 2008 Uganda 28. Januar 2022 B 28. April 2022 Ukraine 29. November 2001 B 20. Mai 2002 Ungarn 27. November 1998 20. Mai 2002 Uruguay 28. Mai 2008 28. August 2008 Usbekistan 17. April 2019 B 17. Juli 2019 Vanuatu 6. Mai 2020 B 6. August 2020 Vereinigte Arabische Emirate 9. März 2005 B 9. Juni 2005 Vereinigte Staaten 14. September 1999 20. Mai 2002 Vereinigtes Königreich 14. Dezember 2009 14. März 2010 Gibraltar 2. März 2022 B 17. Mai 2022 Guernsey 1. Januar 2021 1. Januar 2021 Insel Man 1. Januar 2021 1. Januar 2021 Vietnam* 1. April 2022 B 1. Juli 2022 Zypern 2. September 2005 B 2. Dezember 2005 * Vorbehalte und Erklärungen. Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht, mit Ausnahme der- jenigen der Schweiz. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite der Weltorganisation für geistiges Eigentum: www.wipo.int/ > Français > Savoirs > Traités administrés par l’OMPI eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staats- verträge, 3003 Bern bezogen werden. WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger 17 0.231.171.1 Erklärung Schweiz Die Schweiz notifiziert gemäss Artikel 3 Absatz 3 des Vertrages, dass sie von den Möglichkeiten nach Artikel 5 Absatz 3 des Rom-Abkommens macht und anstelle des Merkmals der ersten Festlegung das Merkmal der ersten Veröffentlichung an- wenden wird. Urheberrecht 18 0.231.171.1 Kapitel I Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Verhältnis zu anderen Übereinkünften Art. 2 Begriffsbestimmungen Art. 3 Schutzberechtigte nach dem Vertrag Art. 4 Inländerbehandlung Kapitel II Rechte der ausübenden Künstler Art. 5 Persönlichkeitsrechte Art. 6 Wirtschaftliche Rechte der ausübenden Künstler an ihren nicht festgelegten Darbietungen Art. 7 Vervielfältigungsrecht Art. 8 Verbreitungsrecht Art. 9 Vermietrecht Art. 10 Recht auf Zugänglichmachung festgelegter Darbietungen Kapitel III Rechte der Tonträgerhersteller Art. 11 Vervielfältigungsrecht Art. 12 Verbreitungsrecht Art. 13 Vermietrecht Art. 14 Recht auf Zugänglichmachung von Tonträgern Kapitel IV Gemeinsame Bestimmungen Art. 15 Vergütungsrecht für Sendung und öffentliche Wiedergabe Art. 16 Beschränkungen und Ausnahmen Art. 17 Schutzdauer Art. 18 Pflichten in Bezug auf technische Vorkehrungen Art. 19 Pflichten in Bezug auf Informationen für die Wahrnehmung der Rechte Art. 20 Formvorschriften Art. 21 Vorbehalte Art. 22 Anwendung in zeitlicher Hinsicht Art. 23 Rechtsdurchsetzung Kapitel V Verwaltungs- und Schlussbestimmungen Art. 24 Die Versammlung Art. 25 Das Internationale Büro Art. 26 Qualifikation als Vertragspartei Art. 27 Rechte und Pflichten nach dem Vertrag Art. 28 Unterzeichnung des Vertrags Art. 29 Inkrafttreten des Vertrags Art. 30 Inkrafttreten des Vertrags für eine Vertragspartei Art. 31 Kündigung des Vertrags Art. 32 Vertragssprachen Art. 33 Verwahrer Vereinbarte Erklärungen Geltungsbereich am 7. Juli 2022 Erklärung
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Sachverhalt ab Seite 17 BGE 112 II 16 S. 17 A.- Die beiden Knaben wurden bei der Grossmutter mütterlicherseits und hernach bei zwei weiteren Verwandten der Mutter untergebracht. Anfang 1984 teilte der Vormund dem Vater L. mit, er beabsichtige, die Söhne in die Obhut der Mutter zu geben. Hiegegen beschwerte sich L. bei der Vormundschaftskommission der Stadt Bern, welche die Beschwerde abwies. Eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde des L. hiess der Regierungsstatthalter des Kantons Bern gut, was die Mutter L., den Amtsvormund sowie die Vormundschaftskommission der Stadt Bern zur Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Bern veranlasste. Dieser wies die Beschwerden am 22. Mai 1985 ab. B.- Frau L., der Amtsvormund und die Vormundschaftskommission der Stadt Bern reichten beim Bundesgericht Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrats des Kantons Bern ein. Sie verlangten die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Rückweisung der Streitsache zu neuer Entscheidung an den Regierungsrat. BGE 112 II 16 S. 18 Das Bundesgericht trat auf die Nichtigkeitsbeschwerde der Vormundschaftskommission der Stadt Bern nicht ein, hiess aber die Nichtigkeitsbeschwerde der Frau L. und des Amtsvormundes gut mit folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Die Beschwerdeführer rügen eine falsche Anwendung von Art. 315a Abs. 3 ZGB in dem Sinne, dass nicht diese Vorschrift anwendbar sei, welche die vormundschaftlichen Behörden zur Abänderung der vom Richter getroffenen Kindesschutzmassnahmen ermächtigt, sondern die Zuständigkeitsvorschriften des Vormundschaftsrechts, aufgrund deren der Vormund gehandelt habe. Damit wird eine Verletzung der Vorschriften des eidgenössischen Rechts über die sachliche Zuständigkeit der Behörden gerügt, wofür nach Massgabe von Art. 68 Abs. 1 lit. b OG die Nichtigkeitsbeschwerde zur Verfügung steht. Nicht beanstandet werden kann mit der Nichtigkeitsbeschwerde die Anwendung von Bundeszivilrecht, insofern mehr als die Zuständigkeitsfrage zum Gegenstand der Beschwerde gemacht wird. b) Der Regierungsrat des Kantons Bern spricht der Vormundschaftskommission der Stadt Bern die Legitimation im vorliegenden Verfahren ab; denn sie sei nicht als Partei, sondern als Rechtsmittelinstanz im kantonalen Verfahren in Erscheinung getreten. Vor dem Regierungsrat sei die Vormundschaftskommission nur durch die Kostenauflage berührt gewesen und habe in diesem Rahmen Parteirechte beanspruchen können. Vor Bundesgericht jedoch komme ihr keine Parteistellung zu. In der Tat hat die Vormundschaftskommission der Stadt Bern am 6. April 1984 über eine Beschwerde des Vaters L. entschieden, der sich damit gegen die Unterbringung seiner Söhne wandte. Die Vormundschaftskommission hat somit als Beschwerdeinstanz entschieden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung ( BGE 109 Ib 79 , mit Hinweisen), welche die Legitimation zur Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht nur bejaht, wenn die Vormundschaftsbehörde nach kantonalem Recht als antragstellende Partei und nicht als in erster Instanz verfügende Behörde aufgetreten ist, muss daher im vorliegenden Fall der Vormundschaftskommission der Stadt Bern die Legitimation versagt bleiben. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass der Frage der Parteistellung der Vormundschaftskommission im Verfahren vor dem Regierungsrat des Kantons Bern keine besondere Beachtung geschenkt worden BGE 112 II 16 S. 19 ist. Ebensowenig spielt es eine Rolle, dass ihr in jenem Verfahren Kosten auferlegt wurden; denn diese Kosten bilden nicht Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde ist demnach insoweit nicht einzutreten, als sie von der Vormundschaftskommission der Stadt Bern erhoben worden ist. 2. Der Regierungsrat des Kantons Bern hat sich im angefochtenen Entscheid die Auffassung des Regierungsstatthalters von Bern zu eigen gemacht, dass - ungeachtet des nach wie vor gültigen Entzugs der elterlichen Gewalt - durch die Unterbringung der Knaben bei deren Mutter die Stellung des Vaters L. unmittelbar berührt werde. Werde aber der andere Elternteil unmittelbar berührt, so verbiete Art. 315a Abs. 3 ZGB einen Eingriff in die grundsätzliche Zuständigkeit des Zivilrichters dadurch, dass die vormundschaftlichen Behörden die von jenem getroffenen Kindesschutzmassnahmen ändern. Der Regierungsrat räumt zwar ein, dass die Unterbringung der Kinder bei der Mutter nicht schon als solche die Rechtsstellung des Vaters verändere; denn die Verantwortung für Pflege und Erziehung liege nach wie vor ausschliesslich beim Vormund, und das Besuchsrecht des Vaters bleibe ungeschmälert. Indessen sei nicht zu übersehen, dass wegen des gespannten Verhältnisses zwischen den Eltern dem Vater die Ausübung des Besuchsrechts faktisch erschwert werde von dem Augenblick an, wo die Knaben bei der Mutter untergebracht sind. Anderseits gewinne der Anspruch der Mutter auf persönlichen Verkehr, den der Scheidungsrichter festgelegt habe, durch den Plazierungsentscheid. Auch wirke sich die Unterbringung der Kinder bei der Mutter präjudizierend auf eine allfällige Abänderung des Scheidungsurteils aus. Neben der erheblichen tatsächlichen Veränderung, hat die Vorinstanz weiter ausgeführt, beeinflusse die Plazierung der Kinder bei der Mutter deren rechtliche Stellung hinsichtlich der Vertretungsbefugnis des Vormundes unmittelbar. Zwar könne nicht generell gesagt werden, die Unterbringung von Kindern, deren Eltern der Scheidungsrichter die elterliche Gewalt entzogen hat, bei einem Elternteil berühre die Stellung des anderen Elternteils. Im vorliegenden Fall aber habe der Regierungsstatthalter die faktische und rechtliche Stellung des Vaters als unmittelbar berührt betrachtet und mit sachlich vernünftigen Überlegungen seinen Entscheid begründet. Er habe die Beschwerde des Vaters gutgeheissen, ohne das Gesetz zu verletzen oder sein Ermessen zu missbrauchen. BGE 112 II 16 S. 20 3. Die Beschwerdeführer wenden ein, mit dem angefochtenen Entscheid übersehe der Regierungsrat des Kantons Bern, dass nicht die vormundschaftliche Behörde die Unterbringung der Kinder bei ihrer Mutter angeordnet habe, sondern der Vormund. Damit werde in unzulässiger Weise ein Sachverhalt unter Art. 315a ZGB subsumiert, werde doch durch diese Bestimmung die Kompetenz des Richters auf der einen Seite und der vormundschaftlichen Behörden auf der anderen Seite zum Erlass von Kindesschutzmassnahmen abgegrenzt. Demgegenüber finde auf die Plazierung, die der Vormund hier angeordnet habe, Art. 405 ZGB Anwendung, welcher es dem Vormund zur Pflicht mache, für Unterhalt und Erziehung des unmündigen Bevormundeten das Angemessene anzuordnen. Unter Vorbehalt der Mitwirkung der vormundschaftlichen Behörden stünden dem Vormund zu diesem Zwecke die gleichen Rechte zu wie den Eltern. Doch selbst wenn Art. 315a ZGB auf den vorliegenden Fall grundsätzlich Anwendung finden sollte, bringen die Beschwerdeführer sodann vor, könne nicht von einer Abänderung der durch den Scheidungsrichter getroffenen Kindesschutzmassnahmen gesprochen werden, durch welche die Stellung des anderen Elternteils unmittelbar berührt werde. 4. Die Vorbringen der Beschwerdeführer laufen somit im wesentlichen darauf hinaus, die Unterbringung der Knaben bei ihrer Mutter, welche der Vormund veranlasst hat, stelle keine Kindesschutzmassnahme im Sinne der Art. 307 ff. ZGB - mit der ausschliesslichen Kompetenz der Vormundschaftsbehörde zu ihrer Anordnung - dar. Daran ist soviel richtig, dass in der Unterbringung der Kinder der Vollzug einer vom Scheidungsrichter angeordneten Kindesschutzmassnahme - nämlich der Entziehung der elterlichen Gewalt und der dadurch notwendig gewordenen Bevormundung - zu erblicken ist. So gesehen, findet die Anordnung des Vormundes ihre Stütze nur mittelbar in Art. 315 Abs. 1 ZGB und unmittelbar in den Art. 367 und 405 ZGB . Die Unterbringung der Kinder bei einer dafür geeigneten Pflegefamilie wird an sich denn auch von keiner Seite als eine Kindesschutzmassnahme bezeichnet, durch welche die vom Richter getroffenen Kindesschutzmassnahmen (im Sinne von Art. 315a Abs. 3 ZGB ) abgeändert würden. Es geht somit nicht um einen Konflikt zwischen den vom Richter angeordneten Kindesschutzmassnahmen und diesen allenfalls widersprechenden Anordnungen der Vormundschaftsbehörde. Vielmehr spitzt sich die hier zu beurteilende Streitsache auf die BGE 112 II 16 S. 21 Frage zu, ob beim Vollzug der vom Richter getroffenen Kindesschutzmassnahmen gewisse Grenzen zu beachten seien. Eine solche Grenze sieht der Vater darin, dass ihm die Unterbringung der Knaben bei deren Mutter unzulässig erscheint angesichts der Tatsache, dass der Scheidungsrichter beiden Elternteilen die elterliche Gewalt über die Kinder entzogen hat. Sollte der Scheidungsrichter mit seiner Kindesschutzmassnahme solche Grenzen gesetzt haben und sollten diese vom Vormund mit Billigung der Vormundschaftsbehörde nicht beachtet worden sein, so mag sich allerdings die Frage stellen, ob die Anordnung des Vormundes im Ergebnis einer Abänderung der vom Scheidungsrichter getroffenen Kindesschutzmassnahme gleichkomme und daher von Art. 315a Abs. 3 ZGB erfasst werde. 5. Der Vormund darf, auch wenn beiden Eltern durch das Scheidungsurteil die elterliche Gewalt entzogen wurde, die Kinder einem der Elternteile zur Pflege und Erziehung überlassen (Kommentar BÜHLER/SPÜHLER, N. 196 zu Art. 156 ZGB , mit weiteren Hinweisen). Das kann allerdings nicht absolut gelten, liegt doch ein gewisser Widerspruch darin, wenn mit dem Entzug der elterlichen Gewalt die Eltern als unfähig erklärt werden, die elterlichen Rechte und Pflichten gegenüber den Kindern richtig auszuüben, und in der Folge diese trotzdem bei einem Elternteil untergebracht werden (Kommentar HEGNAUER, N. 58 zu aArt. 285 ZGB). Eine solche Übertragung der Obhut kann deshalb gleichzeitig mit dem Entzug der elterlichen Gewalt grundsätzlich nur auf Zusehen hin erfolgen, und es ist dafür Sorge zu tragen, dass das Kindeswohl gewährleistet ist (HEGNAUER, a.a.O., N. 57 zu aArt. 285 ZGB). Indessen mag es vorkommen, dass sich die Verhältnisse bei den Eltern nachträglich in einer Weise geändert haben, dass der Unterbringung beim Vater oder bei der Mutter in einem Zeitpunkt, wo - wie hier - sich die Frage der Obhut aus nicht in der Person der Eltern liegenden Gründen neu stellt, aus der Sicht des Kindeswohls keine schwerwiegenden Hindernisse entgegenstehen. Diese Auffassung scheint auch der Regierungsrat des Kantons Bern zu teilen. Er ist jedoch der Meinung, die Übertragung der Obhut über die Kinder bedürfe in jedem Fall der Zustimmung des Scheidungsrichters, welcher den Entzug der elterlichen Gewalt und die Bevormundung angeordnet hat. Wie die Materialien zum revidierten Kindesrecht zeigen, hat aber der Gesetzgeber neben die Befugnisse des Scheidungsrichters in Art. 315a Abs. 3 ZGB auch jene der vormundschaftlichen Behörden gestellt, damit Veränderungen BGE 112 II 16 S. 22 der Verhältnisse ohne Komplikationen und vor allem ohne Zeitaufschub Rechnung getragen werden kann (BBl 1974 II, S. 86 f.). Dies soll nicht nur in dem vom Gesetzgeber insbesondere ins Auge gefassten Fall möglich sein, wo zum Schutze des Kindes sofort (stärkere) vorsorgliche Massnahmen zu ergreifen sind, sondern auch in einem Fall wie dem vorliegenden, wo die Änderung der Verhältnisse bei einem Elternteil es rechtfertigen mag, die vom Scheidungsrichter getroffene Kindesschutzmassnahme zu lockern. Solche Anpassung an die veränderten Verhältnisse steht nur unter dem Vorbehalt - wie Art. 315a Abs. 3 ZGB unmissverständlich festhält -, dass dadurch die Stellung des anderen Elternteils nicht unmittelbar berührt wird. 6. Nach der Ansicht der Vorinstanz ist nicht daran zu zweifeln, dass die Übertragung der Obhut auf die Mutter der Kinder die Stellung des Vaters unmittelbar berührt. Immerhin räumt der Regierungsrat ein, dass die unmittelbare Betroffenheit des anderen Elternteils nicht in jedem Fall, wo Kinder beim einen Elternteil untergebracht werden, bejaht werden könne; vielmehr sei im Einzelfall zu prüfen, welche faktischen und rechtlichen Wirkungen die Übertragung der Obhut zeitige. Der Regierungsrat des Kantons Bern verkennt indessen die Bedeutung von Art. 315a Abs. 3 ZGB , wenn er die Stellung des anderen Elternteils schon deshalb als unmittelbar berührt betrachtet, weil das Besuchsrecht des Vaters gegenüber der geschiedenen Frau möglicherweise nicht mehr so reibungslos ausgeübt werden kann wie gegenüber Dritten, bei denen die Kinder untergebracht sind. Viel weniger noch lässt sich die Behauptung, der andere Elternteil sei unmittelbar berührt, mit dem Vorbringen aufstellen, die Tatsache der mütterlichen Obhut wirke sich präjudizierend auf ein späteres Abänderungsurteil aus. Der Gesetzgeber spricht ausdrücklich von unmittelbaren Auswirkungen auf die Stellung des anderen Elternteils. Das träfe gewiss zu, wenn - unter Ausschluss des anderen Elternteils - die elterliche Gewalt des einen Elternteils wiederhergestellt oder wenn das Besuchsrecht geändert würde (vgl. die Beispiele unmittelbarer Betroffenheit im Kommentar BÜHLER/SPÜHLER, N. 29 zu Art. 157 ZGB ). Im vorliegenden Fall jedoch, wo es um die Unterbringung der Kinder bei der Mutter geht, welcher die elterliche Gewalt entzogen worden ist, kann nicht die Rede davon sein, dass der Vater in seiner rechtlichen Stellung durch diese Anordnung unmittelbar betroffen wäre.
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Sachverhalt ab Seite 176 BGE 112 Ib 176 S. 176 Frau R. und die Eheleute M. wandten sich im März 1984 als Eigentümer bzw. Mieter zweier Grundstücke in Rothenthurm an das Eidgenössische Militärdepartement (EMD) und ersuchten dieses um Einleitung eines Verfahrens zur Enteignung nachbarlicher Abwehrrechte. Sie machten geltend, seit einiger Zeit würden in BGE 112 Ib 176 S. 177 nächster Nähe ihrer Liegenschaften in zunehmendem Masse Schiessübungen, insbesondere auch Nachtschiessen, durchgeführt, die zivilrechtlich nicht geduldet werden müssten. Hierauf teilte das EMD den Gesuchstellern mit, dass es nicht bereit sei, ein Enteignungsverfahren einleiten zu lassen, da nichts für die Annahme übermässiger Immissionen spreche. Soweit es überhaupt Beeinträchtigungen gebe - während des bereits seit zwanzig Jahren dauernden Schiessbetriebes seien nämlich nie Reklamationen eingegangen - seien diese nicht übermässig und daher von den Betroffenen entschädigungslos zu dulden. Frau R. und die Eheleute M. haben die Weigerung des Departementes, bei der Eidgenössischen Schätzungskommission um Verfahrenseröffnung zu ersuchen, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten, welche vom Bundesgericht gutgeheissen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. In der Sache selbst machen die Beschwerdeführer als Grundeigentümer bzw. Mieter geltend, sie seien übermässigen Immissionen - verursacht durch den Schiessbetrieb auf dem Schiessplatz Cholmattli - ausgesetzt und würden dadurch in ihren Nachbarrechten verletzt. Das EMD bestreitet, dass in nachbarliche Abwehransprüche eingegriffen werde, stellt jedoch nicht in Abrede, dass es für die Gesuchsteller ausgeschlossen sei, diesen Streitpunkt gestützt auf Art. 679 und 684 ZGB mit nachbarrechtlicher Klage dem Zivilrichter zu unterbreiten. Dieser Weg stünde nur offen, wenn die Lärmeinwirkungen nicht notwendige oder doch leicht vermeidbare Folge des Schiessbetriebes, also Ergebnis eines unzweckmässigen, mit den öffentlichen Interessen nicht vereinbaren Gebrauchs der Anlagen wären, was von keiner Seite behauptet wird. Für die Beschwerdeführer besteht daher einzig die Möglichkeit, mit ihren Ansprüchen an den Enteignungsrichter, die Eidgenössische Schätzungskommission, zu gelangen (vgl. BGE 107 Ib 388 f. E. 2a, BGE 66 I 40 ; VPB 14 Nr. 46 S. 79 ff., 19-20 Nr. 180 S. 350 ff.); diese Gelegenheit muss ihnen entgegen der Meinung des EMD auch gewährt werden. a) Das Bundesgericht hat schon vor der Aufnahme von Art. 22ter in die Bundesverfassung festgehalten, dass die Eigentumsgarantie die Kantone verpflichte, ein gerichtliches Verfahren vorzusehen, in dem die von einer materiellen Enteignung Betroffenen ihre Ansprüche geltend machen könnten ( BGE 80 I 244 , BGE 112 Ib 176 S. 178 BGE 81 I 347 ff.; vgl. auch BGE 101 Ib 283 , BGE 98 Ia 33 ). Der Weg zum Richter muss in gleicher Weise gewährleistet sein, wenn eine formelle Expropriation in Frage steht. Da wie dargelegt das Enteignungsverfahren nur auf Begehren des Enteigners eingeleitet werden kann, ist dieser verpflichtet, seinerseits die Voraussetzungen zur Verfahrenseröffnung durch die Eidgenössische Schätzungskommission zu schaffen, und zwar im Falle angeblicher Nachbarrechtsverletzungen auch dann, wenn er den Eingriff bestreitet, weil die Schätzungskommission nicht nur über die Höhe der allfälligen Entschädigung, sondern auch darüber zu entscheiden hat, ob überhaupt nachbarliche Abwehransprüche bestünden und in sie eingegriffen worden sei ( BGE 108 Ib 494 , BGE 101 Ib 58 , 289, BGE 94 I 299 ). Übrigens findet heute der Anspruch des Bürgers, Entschädigungsbegehren für Eingriffe des Enteigners in Nachbar- und andere Rechte einem Gericht unterbreiten zu können, eine weitere Grundlage in Art. 6 EMRK . Gemäss der autonomen Auslegung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte stellen die - nach schweizerischem Recht öffentlichrechtlichen - Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Enteignung und über die Höhe der Enteignungsentschädigung "des contestations sur des droits et des obligations de caractère civil" im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK dar, für welche dieser den Zugang zum Gericht garantiert ( BGE 111 Ib 231 ff. E. 2e mit Hinweisen auf die entsprechenden Entscheide des Europäischen Gerichtshofes; THÜRER, Europäische Menschenrechtskonvention und schweizerisches Verwaltungsverfahren, ZBl 87/1986 S. 251). b) Das EMD bestreitet, dass allenfalls auftretende Immissionen übermässig seien und dass die Beschwerdeführer als "Nachbarn" des Schiessplatzes gelten könnten. Diese Einwendungen sind jedoch im Verfahren, das den möglicherweise Lärmgeschädigten zur Forderungsanmeldung dient, fehl am Platz. Der Zugang zum Enteignungsrichter kann vom Werkeigentümer nicht mit dem Argument verweigert werden, dass kein nachbarlicher Abwehranspruch eingeschränkt worden sei, es insbesondere an der Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit, der Spezialität der Einwirkungen oder der Schwere des Schadens fehle - also aus Gründen, die sich auf die materielle Berechtigung der geltend gemachten Begehren beziehen, über die gerade die Schätzungskommission zu befinden hat. Nach der Rechtsprechung darf das Unternehmen nur ausnahmsweise die Verfahrenseröffnung ablehnen, wenn die erhobenen Forderungen verjährt oder verwirkt sind, da sich das BGE 112 Ib 176 S. 179 Bundesgericht auf Beschwerde des Gesuchstellers über diese Rechtsfragen mit voller Kognition aussprechen kann und damit der Rechtsweg garantiert bleibt ( BGE 110 Ib 379 mit Hinweisen auf weitere Urteile); das gleiche gilt für den Fall, dass sofort feststeht, dass die Schätzungskommission von der Sache her für die Beurteilung der gestellten Begehren nicht zuständig sein kann ( BGE 112 Ib 126 E. 3). c) Das EMD gibt schliesslich zu bedenken, ein allzu leichter Zugang zu den Schätzungskommissionen könnte zu unzähligen, zum Teil missbräuchlich eingeleiteten Verfahren führen. Diese Befürchtung ist vielleicht nicht vollständig unbegründet, für den Ausgang des Verfahrens jedoch unerheblich. Übrigens liegt im Umstand, dass das EMD hier als Enteigner das Seine für die Verfahrenseröffnung zu unternehmen hat, damit die Gesuchsteller ihre Forderungen dem Richter unterbreiten können, keinerlei Anerkennung dieser Begehren. In diesem Zusammenhang kann auch daran erinnert werden, dass in Fällen wie dem vorliegenden das Verfahren im Interesse der Enteigneten eingeleitet und deshalb zu prüfen sein wird, ob und inwieweit die Regel, wonach grundsätzlich der Enteigner die Verfahrenskosten zu tragen hat, ebenfalls anzuwenden ist (vgl. BGE 111 Ib 98 f.).
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Sachverhalt ab Seite 94 BGE 83 II 93 S. 94 A.- Am 11. Oktober 1951 trat die 17jährige M. R. aus I. (Holstein) in der Bäckerei G. in Bern eine Stelle als Haushalthilfe an, wo der 19jährige Paul X. aus D. seine Bäckerlehre vollendete. Die beiden, im Hause G. wohnenden jungen Leute fingen bald ein Liebesverhältnis an und pflegten vom Dezember 1951 an auf ihren Zimmern häufig Geschlechtsverkehr. Anfangs Frühjahr 1952 stellte der Arzt bei M. R. eine Schwangerschaft im dritten Monat fest. Sie machte hievon dem X., der nach beendigter Lehrzeit am 1. April 1952 Bern verlassen hatte, Mitteilung. Nach kurzem Aufenthalt bei seinen Eltern in D. nahm er in Bern eine andere Stelle an und setzte das Verhältnis mit M. R. fort. Es wurde in Aussicht genommen, dass das Mädchen vorderhand in Bern bleibe, dann zur Niederkunft sich in seine Heimat begebe und nachher in die Schweiz zurückkehre. Nach der Erklärung der Kindsmutter nahm ihr X. damals das Versprechen ab, ihn nicht als Vater anzugeben, wogegen er sich verpflichtete, sie nicht im Stiche zu lassen und sich um das Kind zu kümmern. X. hatte seine Freundin mit seiner Familie bekannt gemacht, und diese hatte sie häufig in D. empfangen. Als Frau G. die Schwangerschaft ihrer Angestellten bemerkte, riet sie ihr, sich an den Amtsvormund der Stadt Bern zu wenden. M. R. tat dies jedoch nicht, worauf Frau G. dem Vater X. Mitteilung machte mit der Begründung, die Beziehungen der beiden seien beobachtet worden. BGE 83 II 93 S. 95 Der Vater X., der vom intimen Verkehr der jungen Leute Kenntnis hatte, kam nach Bern und stellte M. R. unter vier Augen, dann in Gegenwart der Frau G. zur Rede, ob das erwartete Kind von seinem Sohn sei. Die Schwangere verneinte dies. Am 9. Oktober 1952 verliess M. R. die Familie G. und kehrte, nach einem kurzen Aufenthalt bei den Eltern X. in D., nach I. zu ihrer Mutter heim. Am 7. Dezember 1952 gebar sie in Kiel das Mädchen Dagmar. Auch gegenüber dem Jugendamt der Stadt I. weigerte sie sich, den Namen des Vaters anzugeben. Vor und nach der Niederkunft blieb sie mit X. und seinen Eltern in Briefwechsel, der in sehr herzlichem Tone gehalten ist und darauf schliessen lässt, dass die Familie über die intimen Beziehungen des Sohnes mit der Kindsmutter im Bilde war und annahm, dieser könne sich an dem Kinde nicht desinteressieren. X. selbst versicherte ihr, er werde sie nicht im Stiche lassen und ihr im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten Geld schicken, behaftete sie aber nach wie vor bei ihrer Schweigepflicht. Auch die Mutter X. ermahnte sie zur Geduld unter Hinweis auf die beschränkten finanziellen Verhältnisse des Sohnes und der Familie. Die Kindsmutter erhielt im Jahre 1953 folgende Geldsendungen: 26. März 1953 20 DM vom Sohne X. 16. April 1953 17 DM vom Sohne X. 23. Juli 1953 19 DM vom Vater X. 3. Sept. 1953 14 DM vom Vater X. B.- Angesichts der Geringfügigkeit dieser Hilfe sah sich die Kindsmutter trotz ihrem Versprechen Ende Sommer 1953 veranlasst, sich an das Jugendamt I. zu wenden und X. als Vater zu nennen. Das Jugendamt schrieb am 7. September 1953 an den Vater X. und setzte dem Sohne bis Ende September Frist, sich formell zu Unterhaltsbeiträgen an das Kind zu verpflichten. Am 26. September 1953 bestätigte der Vater X. von Locarno aus den Empfang BGE 83 II 93 S. 96 dieses Schreibens und ersuchte um Erstreckung der Frist um einen Monat unter Hinweis darauf, dass er nicht vor der Rückkehr aus den Ferien mit seinem Sohne Rücksprache nehmen könne. In einem Briefe vom 27. Oktober 1953, dem Jugendamt I. am 2. November zugekommen, schrieb der Vater X. u.a.: "In Beantwortung Ihrer Zuschrift vom 7. September 1953 muss ich Ihnen leider die Mitteilung machen, dass ich mich zu dieser Vaterschaft nicht einverstanden erklären kann. Auch mein Sohn, der zu dieser Zeit in der gleichen Stelle wie M.R. in Bern in Stellung war, bestreitet die Vaterschaft. M. R. hat damals, als ich von Familie G. in Bern Mitteilung von der Schwangerschaft erhielt, mir gegenüber und auch unter Zeugen ausgesagt, dass mein Sohn als Schwängerer nicht in Frage käme. Ich habe sie damals dringend ermahnt, mir die Wahrheit zu sagen: sie blieb bei ihrer Aussage, mein Sohn sei nicht der Vater des zu erwartenden Kindes." Daraufhin lud das Jugendamt I. am 19. November die Kindsmutter auf den 21. November zur Stellungnahme zu dieser Antwort vor. Dabei erklärte M. R., sie habe dem Vater X. gegenüber die Vaterschaft des Sohnes nur deshalb verneint, weil dieser ihr versprochen habe, sie nicht im Stich zu lassen unter der Bedingung, dass sie ihn, namentlich seinen Eltern gegenüber, nicht als Vater angebe. Erst als X. seine Zusagen nicht gehalten, habe sie sich durch die Not gezwungen gesehen, über ihr Versprechen hinweg- und gegen ihn vorzugehen. Mit Schreiben vom 29. November 1953 wandte sich das Jugendamt I. direkt an X. und fragte ihn an, ob er die Vaterschaft in urkundlicher Form anerkennen oder es auf einen Vaterschaftsprozess ankommen lassen wolle; gefordert wurde ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 40 DM. Darauf antwortete X. am 17. Dezember 1953, er könne sich mit der Anerkennung des Kindes nicht einverstanden erklären; er bzw. sein Vater würden einen Rechtsanwalt und die Vormundschaftsbehörde zu Rate ziehen; über deren Stellungnahme werde er dem Jugendamt bis Ende des Jahres, spätestens bis Mitte Januar 1954 berichten. BGE 83 II 93 S. 97 Am 13. Januar 1954 lehnte Rechtsanwalt Hayoz namens des X. jede Verpflichtung ab. Dieser gab an, ein einziges Mal mit der Kindsmutter Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, der jedoch nicht zur Schwängerung habe führen können. Die Kindsmutter habe seinem Vater erklärt, das Kind stamme nicht von ihm. C.- Unterm 30. Januar 1954 reichte das Jugendamt I. namens des Kindes eine Vaterschaftsklage beim Zivilamtsgericht Bern ein, das sie am 3. Februar an den Präsidenten des zuständigen Amtsgerichts weiterleitete. Nach einem Vorverfahren betr. Bewilligung des Armenrechts für Mutter und Kind, in welchem der Beklagte sich von Anfang an auf die Verwirkung der Vaterschaftsklage gemäss Art. 308 ZGB berief, und fruchtlosem Friedensrichtervorstand erfolgte am 24. Mai 1954 die Zustellung der Klage für Mutter und Kind. Der Beklagte erhob die Einreden der Klageverwirkung, der erheblichen Zweifel an der Vaterschaft ( Art. 314 Abs. 2 ZGB ) und des unzüchtigen Lebenswandels der Kindsmutter (Art. 315). D.- Das Amtsgericht schützte die Einrede der Verwirkung bezüglich beider Klägerinnen und wies die Klage ab. In teilweiser Gutheissung der Appellation derselben hat das Kantonsgericht des Kantons Freiburg mit Urteil vom 30. Mai 1956 die Klage der Mutter zufolge Verwirkung abgewiesen, dagegen diejenige des Kindes Dagmar geschützt und den Beklagten zur Leistung monatlicher Unterhaltsbeiträge von Fr. 50.- bis zum vollendeten 18. Altersjahr desselben und zu den Kosten beider Instanzen verurteilt. In seinen Erwägungen verwirft das Kantonsgericht die Einreden aus Art. 314 Abs. 2 und 315 ZGB als unbegründet. Hinsichtlich der Verwirkung führt es aus, der Beklagte habe durch sein eigenes Verhalten die Klägerinnen zur Versäumung der Klagefrist veranlasst. Insbesondere durch seine Briefe und Geldzahlungen habe er die Kindsmutter in den Glauben versetzt, er anerkenne seine Vaterschaft und sei bereit, die sich daraus ergebenden BGE 83 II 93 S. 98 Pflichten zu erfüllen, ohne durch ein Urteil dazu gezwungen zu werden. Die Berufung auf Art. 308 ZGB stelle daher gegenüber dem Kinde einen Rechtsmissbrauch dar, nachdem für dieses eine als Klage im Sinne des Gesetzes zu würdigende Rechtsvorkehr immerhin schon am 30. Januar 1954 getroffen worden sei. Dagegen sei für die Kindsmutter aus unerfindlichen Gründen erst am 15./17. April 1954 durch Ladung zum Sühneversuch Klage erhoben worden; ihren Ansprüchen gegenüber dürfe sich deshalb der Beklagte auf die Verwirkung berufen. E.- Mit der vorliegenden Berufung mit dem Antrag auf Abweisung auch der Klage des Kindes wendet sich der Beklagte einzig gegen die Ablehnung der Einrede der Klageverwirkung, lässt also die Verwerfung der Einreden aus Art. 314 Abs. 2 und 315 ZGB stillschweigend gelten. Das berufungsbeklagte Kind trägt auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils an. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts stellt die Geltendmachung der Klageverwirkung gemäss Art. 308 ZGB dann einen Rechtsmissbrauch dar, wenn der Vaterschaftsbeklagte durch sein eigenes Verhalten die Klägerin zu der sich schliesslich als falsch erweisenden Meinung verleitete, die Klage sei überflüssig, und sie damit zur Unterlassung fristgerechter Klageerhebung veranlasste ( BGE 46 II 90 ff., BGE 49 II 319 ff.). Dabei kommt nichts darauf an, ob der Beklagte während des Laufs der Klagefrist geradezu darauf ausging, die rechtzeitige Einreichung der Klage zu hintertreiben. Die Anrufung der Verwirkung gilt vielmehr schon dann als offenbarer Rechtsmissbrauch, wenn jener ohne Arglist durch seine Stellungnahme zur Vaterschaft ernstlichen Grund zur Annahme gab, er anerkenne sie und die daraus folgenden Pflichten. Der Dolus, welcher die Anwendung des Art. 2 Abs. 2 ZGB bzw. die Gewährung der replicatio doli rechtfertigt, braucht nicht im damaligen irreführenden Verhalten des Beklagten zu BGE 83 II 93 S. 99 liegen, sondern ist darin zu erblicken, dass er jetzt aus jenem Verhalten die Einrede der Verwirkung herleitet ( BGE 49 II 322 oben). Die Voraussetzung, dass der behauptete Vater der Klägerschaft ernstlichen Anlass zur Meinung, eine Klage erübrige sich, gegeben habe, kann indessen nur dann als erfüllt betrachtet werden, wenn eine vermeintlich gültige Anerkennung, sei es des Kindes mit Standesfolge im Sinne von Art. 303 ZGB , sei es blosser Alimentationspflicht, erfolgt war, oder jedenfalls nach den Umständen nicht irgendwelche unbestimmte, dem späteren Gutfinden des Vaters anheimgestellte, sondern ziffermässig bestimmte Leistungen erwartet werden durften. Hat man es dagegen nur mit unbestimmt gehaltenen Versprechungen oder gar nur mit einem auf eine bloss stillschweigende Vaterschaftsanerkennung deutenden Verhalten des Schwängerers zu tun, so kann nicht mit Fug gesagt werden, die Erhebung der Vaterschaftsklage habe überflüssig scheinen müssen. Zu mehr aber hat sich in casu der Beklagte auch zur Zeit seines entgegenkommendsten Verhaltens nie herbeigelassen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat X. nie die Leistung bestimmter Zahlungen in Aussicht gestellt, sondern im Gegenteil seine Zusagen und Vertröstungen in ganz vagen Ausdrücken gehalten und allgemein eine Gleichgültigkeit an den Tag gelegt, die vernünftigerweise die Erwartung einer gehörigen Erfüllung der einem ausserehelichen Vater obliegenden Verpflichtungen geradezu ausschloss; die vier geleisteten, kaum nennenswerten Zahlungen waren schon gar nicht dazu angetan, seine Emstellung in anderem Licht erscheinen zu lassen. Jedenfalls aber hat der Beklagte seine Absicht, keine bestimmte Verpflichtung anzuerkennen, so zeitig kundgetan, dass die Erhebung der Klage binnen der gesetzlichen Frist durchaus noch möglich war. Nachdem der Vater X. am 26. September 1953 dem Jugendamt von I. in Aussicht gestellt hatte, die Sache mit dem Sohne zu besprechen, schrieb er am 27. Oktober, dieser bestreite die Vaterschaft. BGE 83 II 93 S. 100 Die Vorinstanz nimmt an, dass diese Erklärung des Vaters im Einverständnis mit dem Beklagten erfolgt sei. Etwas anderes anzunehmen, nämlich dass der Sohn sich zu den Konsequenzen der Vaterschaft positiver einstelle, hatte auch das Jugendamt keinen Anlass. Das bisherige Verhalten des Beklagten, mochte es noch einiger Hoffnung Raum gelassen haben, konnte daher angesichts dieser unmissverständlichen Erklärung vom 27. Oktober keinen Grund mehr bieten, eine Klage als unnötig anzusehen. Vom Empfang des ablehnenden Bescheides (2. November 1953) bis zum Ablauf der Verwirkungsfrist (7. Dezember 1953) blieb nun aber dem Jugendamt noch genügend Zeit, um die Vaterschaftsklage zu erheben oder erheben zu lassen. Dass es sie erst später eingereicht hat, erklärt die Vorinstanz damit, dass das Jugendamt von der - dem deutschen Recht (abgesehen von der Verjährung des Anspruchs auf Kindbettkosten, § 1715 Abs. 3 BGB) unbekannten - Klagefrist des Art. 308 keine Kenntnis gehabt habe. Die kurze Verwirkungsfrist geht freilich von der Voraussetzung des Vorhandenseins eines Beistandes für das Kind gemäss Art. 311 aus, der dann von der Vormundschaftsbehörde verhalten wird, für die Wahrung der Frist zu sorgen. Vorliegend hat die Kindsmutter den Rat der Frau G., ihre Schwangerschaft der Amtsvormundschaft in Bern anzuzeigen, nicht befolgt und das Jugendamt I. die Sache selber geführt, statt sie rechtzeitig der deutschen Gesandtschaft in der Schweiz zu übergeben. Die Folgen weder jener Unkenntnis des Gesetzes noch dieser Unterlassungen können den Beklagten treffen; sie bilden keinen Grund zur Anwendung des Art. 2 Abs. 2 ZGB ( BGE 46 II 93 unten). Zu Unrecht nimmt die Vorinstanz an, auch bei Kenntnis der Verwirkungsfrist hätte das Jugendamt aus Gründen, die der Beklagte zu verantworten habe, mit der Einreichung der Klage zuwarten dürfen, weil dieser die Kindsmutter veranlasst habe, seinem Vater wahrheitswidrig zu erklären, der Sohn komme nicht als Erzeuger in Frage; diese dem BGE 83 II 93 S. 101 Jugendamt erst durch den Brief des Vaters vom 27. Oktober 1953 bekannt gewordene Angabe der Kindsmutter habe zu weiterer Abklärung des Sachverhaltes vor Einreichung einer Klage Anlass gegeben. Nach der eindeutigen Ablehnung der Vaterschaft mit dem Briefe vom 27. Oktober hätte sich als vorprozessuale Massnahme bei Kenntnis des drohenden Fristablaufs einzig noch die Einvernahme der Kindsmutter rechtfertigen lassen. Wäre diese unverzüglich erfolgt, so hätte die Zeit immer noch zur fristgemässen Klageerhebung gereicht. Statt dessen hat das Jugendamt die Kindsmutter erst am 19. November vorgeladen und nach deren am 21. November erfolgten Einvernahme erst noch den Versuch gemacht, durch einen Brief vom 29. November 1953 den Beklagten zur Anerkennung der Vaterschaft zu bewegen. Diese nicht anders als durch die - von der Vorinstanz ja festgestellte - Unkenntnis der Verwirkungsfrist erklärliche Saumseligkeit der Klägerschaft kann nicht dem Beklagten zur Last gelegt werden. Ob dieser selber von der Verwirkungsfrist Kenntnis gehabt hat oder nicht, ist ohne Belang. Auch der bösgläubige Schuldner kann sich wie auf die Verjährung, so auf die Verwirkung berufen, ohne dass ihm Rechtsmissbrauch entgegengehalten werden könnte ( BGE 58 II 146 ; VON TUHR/SIEGWART S. 664); nur die positive Verursachung der Fristversäumnis durch sein eigenes Verhalten, diese aber auch ohne Arglist, vermag jene Gegeneinrede zu rechtfertigen. Dieses Erfordernis ist, wie dargetan, hier nicht gegeben, nachdem der Schwängerer rechtzeitig genug Farbe bekannt hat, dass für die fristgerechte Klageerhebung noch Zeit blieb.
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951.311 1 Verordnung über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagenverordnung, KKV) vom 22. November 2006 (Stand am 1. Januar 2022) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf das Bundesgesetz vom 23. Juni 20061 über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG; im Folgenden Gesetz genannt), beschliesst: 1. Titel: Allgemeine Bestimmungen 1. Kapitel: Zweck und Geltungsbereich Art. 12 Art. 1a3 Investmentclub (Art. 2 Abs. 2 Bst. f KAG) Unabhängig von seiner Rechtsform muss ein Investmentclub die folgenden Voraus- setzungen erfüllen: a. Die Mitgliedschaftsrechte sind in dem für die gewählte Rechtsform mass- gebenden konstitutiven Dokument aufgeführt. b. Die Mitglieder oder ein Teil der Mitglieder fällen die Anlageentscheide. c. Die Mitglieder werden regelmässig über den Stand der Anlagen informiert. d. Die Zahl der Mitglieder darf 20 nicht überschreiten. Art. 1b4 Operative Gesellschaften (Art. 2 Abs. 2 Bst. d KAG) 1 Als operative Gesellschaften, die eine unternehmerische Tätigkeit ausüben, gelten für die Zwecke der Anwendung des Gesetzes und unabhängig von ihrer Rechtsform Unternehmen: AS 2006 5787 1 SR 951.31 2 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 3 Ursprünglich Art. 1 4 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 951.311 Kreditinstitute 2 951.311 a. die ihren satzungsmässigen oder tatsächlichen Sitz in der Schweiz haben oder in der Schweiz niedergelassen sind, soweit sich ihr satzungsmässiger Sitz in einem anderen Staat befindet; b. die eine Tätigkeit gewerbsmässig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert; und c. deren Hauptzweck die Führung eines Dienstleistungs-, Fabrikations- oder Handelsgewerbes ist. 2 Insbesondere als operative Gesellschaften gelten Unternehmen, die: a. Immobilien entwickeln oder errichten; b. Güter und Handelswaren produzieren, kaufen, verkaufen oder tauschen; c. sonstige Dienstleistungen ausserhalb des Finanzsektors anbieten. 3 Als operative Gesellschaften gelten auch Unternehmen, die sich im Rahmen ihrer operativen Tätigkeit fremder Dienstleister oder gruppeninterner Gesellschaften bedienen, soweit die unternehmerischen Entscheidungen dauerhaft im laufenden Geschäftsbetrieb durch die ausdrückliche Vereinbarung von Gestaltungs-, Len- kungs- und Weisungsrechten bei dem Unternehmen selbst verbleiben. 4 Nicht als operative Gesellschaften gelten Gesellschaften nach Artikel 13 Absatz 2 Buchstaben c und d des Gesetzes, welche die Kontrolle der Stimmrechte an Unter- nehmen übernehmen oder Einsitz im Organ für die Oberleitung, Aufsicht und Kon- trolle ihrer Beteiligungen nehmen. 5 Operative Gesellschaften können zusätzlich zu ihren unternehmerischen Tätigkei- ten auch Investitionen zu Anlagezwecken tätigen. Diese dürfen jedoch zum Haupt- zweck lediglich eine untergeordnete Neben- oder Hilfstätigkeit darstellen. Art. 1c5 Art. 2 Investmentgesellschaft (Art. 2 Abs. 3 KAG) Neu gegründete Investmentgesellschaften, deren Emissionsprospekt die Kotierung an einer Schweizer Börse vorsieht, werden kotierten Gesellschaften gleichgestellt, sofern die Kotierung binnen eines Jahres vollzogen ist. Art. 3 und 46 5 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 6 Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kollektivanlagenverordnung 3 951.311 2. Kapitel: Kollektive Kapitalanlagen Art. 57 Begriff der kollektiven Kapitalanlage (Art. 7 Abs. 3 und 4 KAG) 1 Als kollektive Kapitalanlagen gelten, unabhängig von ihrer Rechtsform, Vermö- gen, die von mindestens zwei voneinander unabhängigen Anlegerinnen oder Anle- gern zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage aufgebracht und fremdverwaltet werden. 2 Anlegerinnen und Anleger sind voneinander unabhängig, wenn sie rechtlich und tatsächlich voneinander unabhängig verwaltete Vermögen aufbringen. 3 Für Konzerngesellschaften derselben Unternehmensgruppe im Sinne von Artikel 3 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. November 20198 (FINIV) gilt das Erfordernis der Unabhängigkeit der Vermögen im Sinne von Absatz 2 nicht. 9 4 Das Vermögen einer kollektiven Kapitalanlage kann von einem einzigen Anleger aufgebracht werden (Einanlegerfonds), wenn es sich um einen Anleger im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe b, e oder f des Finanzdienstleistungsgesetzes vom 15. Juni 201810 (FIDLEG) handelt. 11 5 Die Beschränkung des Anlegerkreises auf die Anlegerin oder den Anleger nach Absatz 4 ist in den massgebenden Dokumenten nach Artikel 15 Absatz 1 des Geset- zes offenzulegen. Art. 612 Art. 6a13 Anlegerinnen und Anleger (Art. 10 Abs. 3ter KAG) Der Finanzintermediär: a. informiert die Anlegerinnen und Anleger im Sinne von Artikel 10 Ab- satz 3ter des Gesetzes, dass sie als qualifizierte Anlegerin oder Anleger gel- ten; b. klärt sie über die damit einhergehenden Risiken auf; und 7 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 8 SR 954.11 9 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 10 SR 950.1 11 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 12 Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 13 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kreditinstitute 4 951.311 c. weist sie auf die Möglichkeit hin, schriftlich oder in anderer Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, erklären zu können, nicht als qualifizierte Anlegerin oder Anleger gelten zu wollen. 3. Kapitel: Bewilligung und Genehmigung 1. Abschnitt: Allgemein Art. 7 Bewilligungsunterlagen (Art. 13 und 14 KAG) Wer eine Bewilligung nach Artikel 13 des Gesetzes beantragt, muss der FINMA folgende Dokumente unterbreiten: a.14 die Statuten und das Organisationsreglement im Fall der SICAV und der SICAF; b. den Gesellschaftsvertrag im Fall der Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen; c.15 die einschlägigen Organisationsdokumente im Fall des Vertreters ausländi- scher kollektiver Kapitalanlagen. Art. 816 Befreiung von der Bewilligungspflicht (Art. 13 Abs. 3 KAG) Von der Bewilligungspflicht für Vertreter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen befreit ist, wer eine Bewilligung als Fondsleitung hat. Art. 917 Art. 1018 Guter Ruf, Gewähr und fachliche Qualifikation (Art. 14 Abs. 1 Bst. a, abis und b KAG) 1 Die für die Verwaltung und die Geschäftsführung verantwortlichen Personen müssen aufgrund ihrer Ausbildung, Erfahrung und ihrer bisherigen Laufbahn für die vorgesehene Tätigkeit ausreichend qualifiziert sein. 2 Bei der Beurteilung der Anforderungen sind unter anderem die vorgesehene Tätig- keit beim Bewilligungsträger sowie die Art der beabsichtigten Anlagen zu berück- sichtigen. 14 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 15 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 16 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 17 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, mit Wirkung seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 18 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kollektivanlagenverordnung 5 951.311 Art. 1119 Art. 12 Betriebsorganisation (Art. 14 Abs. 1 Bst. c KAG) 1 Die Geschäftsleitung muss aus mindestens zwei Personen bestehen. Diese müssen an einem Ort Wohnsitz haben, wo sie die Geschäftsführung tatsächlich und verant- wortlich ausüben können. 2 Die für den Bewilligungsträger unterschriftsberechtigten Personen müssen kollek- tiv zu zweien zeichnen. 3 Der Bewilligungsträger muss seine Organisation in einem Organisationsreglement festlegen.20 4 Er hat das seiner Tätigkeit angemessene und entsprechend qualifizierte Personal zu beschäftigen. 5 Die FINMA kann, sofern Umfang und Art der Tätigkeit es erfordern, eine interne Revision verlangen. 6 Sie kann in begründeten Fällen von diesen Anforderungen Abweichungen gewähren. Art. 12a21 Riskmanagement, internes Kontrollsystem und Compliance (Art. 14 Abs. 1ter KAG) 1 Der Bewilligungsträger muss ein zweckmässiges und angemessenes Riskmanage- ment, ein internes Kontrollsystem (IKS) und eine Compliance gewährleisten, welche die gesamte Geschäftstätigkeit erfassen. 2 Das Riskmanagement muss so organisiert sein, dass sich alle wesentlichen Risiken hinreichend feststellen, bewerten, steuern und überwachen lassen. 3 Der Bewilligungsträger trennt die Funktionen des Riskmanagements, des internen Kontrollsystems und der Compliance funktional und hierarchisch von den operati- ven Geschäftseinheiten, insbesondere von der Funktion der Anlageentscheide (Port- foliomanagement). 4 Die FINMA kann in begründeten Fällen von diesen Anforderungen Abweichungen gewähren. Art. 12b22 Übertragung von Aufgaben (Art. 14 Abs. 1ter KAG) 1 Eine Übertragung von Aufgaben liegt vor, wenn die SICAV und die Vertreter von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen einen Dienstleistungserbringer beauftra- 19 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 20 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 21 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 22 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kreditinstitute 6 951.311 gen, selbstständig und dauernd eine wesentliche Aufgabe ganz oder teilweise wahr- zunehmen, und sich dadurch die der Bewilligung zugrunde liegenden Umstände ändern. 2 Als wesentliche Aufgaben gelten: a. bei einer SICAV: die Aufgaben nach Artikel 26 KAG; b. bei einem Vertreter von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen: die Auf- gaben nach Artikel 124 KAG. Art. 12c23 Übertragbare Aufgaben (Art. 14 Abs. 1ter KAG) 1 Die SICAV und die Vertreter von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen dürfen Dritten nur Aufgaben übertragen, die nicht in der Entscheidungskompetenz des Organs für die Geschäftsführung oder für die Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle liegen müssen. 2 Durch die Übertragung darf die Angemessenheit der Betriebsorganisation nicht beeinträchtig werden. 3 Die Betriebsorganisation gilt insbesondere nicht mehr als angemessen, wenn die SICAV oder der Vertreter von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen: a. nicht über die notwendigen personellen Ressourcen und Fachkenntnisse zur Auswahl, Instruktion, Überwachung und Risikosteuerung des Dritten ver- fügt; oder b. nicht über die notwendigen Weisungs- und Kontrollrechte gegenüber dem Dritten verfügt. Art. 12d24 Übertragung von Aufgaben: Verantwortlichkeit und Vorgehen (Art. 14 Abs. 1ter KAG) 1 Die SICAV oder der Vertreter von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen bleiben für die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Pflichten verantwortlich und wahren bei der Übertragung von Aufgaben die Interessen der Anlegerinnen und Anleger. 2 Sie vereinbaren mit dem Dritten schriftlich oder in anderer Form, die den Nach- weis durch Text ermöglicht, welche Aufgaben übertragen werden. In der Vereinba- rung ist insbesondere Folgendes zu regeln: a. die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten; b. allfällige Befugnisse zur Weiterübertragung; c. die Rechenschaftspflicht des Dritten; 23 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 24 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kollektivanlagenverordnung 7 951.311 d. die Kontrollrechte der SICAV und des Vertreters von ausländischen kol- lektiven Kapitalanlagen. 3 Die SICAV und Vertreter von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen halten in ihren Organisationsgrundlagen die übertragenen Aufgaben sowie Angaben zur Möglichkeit der Weiterübertragung fest. 4 Die Übertragung ist so auszugestalten, dass die SICAV oder der Vertreter von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen, die interne Revision, die Prüfgesellschaft und die FINMA die übertragene Aufgabe einsehen und prüfen können. Art. 13 Finanzielle Garantien (Art. 14 Abs. 1 Bst. d KAG) Ausreichende finanzielle Garantien liegen vor, wenn der Bewilligungsträger die massgeblichen Bestimmungen betreffend Mindestkapital oder Mindesteinlage einhält. Art. 13a25 Dokumente ausländischer kollektiver Kapitalanlagen (Art. 15 Abs. 1 Bst. e KAG) Für ausländische kollektive Kapitalanlagen müssen der FINMA folgende Doku- mente zur Genehmigung unterbreitet werden: a. der Prospekt; b.26 das Basisinformationsblatt nach den Artikeln 58–63 und 66 FIDLEG27; c. der Kollektivanlagevertrag der vertraglichen kollektiven Kapitalanlagen; d. die Statuten und das Anlagereglement oder der Gesellschaftsvertrag von ge- sellschaftsrechtlich organisierten kollektiven Kapitalanlagen; e. andere Dokumente, die für eine Genehmigung nach dem anwendbaren aus- ländischen Recht notwendig wären und denjenigen für schweizerische kol- lektive Kapitalanlagen gemäss Artikel 15 Absatz 1 des Gesetzes entsprechen. Art. 14 Änderung von Organisation und Dokumenten (Art. 16 KAG) 1 Für Änderungen in der Organisation ist eine Bewilligung der FINMA einzuholen. Der FINMA sind die Dokumente nach Artikel 7 zu unterbreiten. 2 Änderungen der Dokumente gemäss Artikel 15 des Gesetzes sind der FINMA zur Genehmigung zu unterbreiten, ausgenommen: a. die entsprechenden Dokumente ausländischer kollektiver Kapitalanlagen; 25 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 26 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 27 SR 950.1 Kreditinstitute 8 951.311 b. die Änderung der Höhe der Kommanditsumme des Gesellschaftsvertrags der Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen; c.28 die Änderungen der genehmigungspflichtigen Dokumente einer inländischen kollektiven Kapitalanlage, die ausschliesslich Bestimmungen über Verkaufs- und Vertriebsrestriktionen betreffen und die im Rahmen von ausländischen Gesetzen, Staatsverträgen, zwischenstaatlichen oder aufsichtsrechtlichen Vereinbarungen und dergleichen erforderlich sind. Art. 15 Meldepflichten (Art. 16 KAG) 1 Die Bewilligungsträger mit Ausnahme der Depotbank melden: a. die Änderung der für die Verwaltung und Geschäftsführung verantwortli- chen Personen; b. Tatsachen, die geeignet sind, den guten Ruf oder die Gewähr für eine ein- wandfreie Geschäftsführung der für die Verwaltung und Geschäftsführung verantwortlichen Personen in Frage zu stellen, namentlich die Einleitung von Strafverfahren gegen sie; c. die Änderung der qualifiziert Beteiligten, ausgenommen die Anlegeraktionä- rinnen und -aktionäre der SICAV und die Kommanditärinnen und Kom- manditäre der Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen; d. Tatsachen, die geeignet sind, den guten Ruf der qualifiziert Beteiligten in Frage zu stellen, namentlich die Einleitung von Strafverfahren gegen sie; e. Tatsachen, die eine umsichtige und seriöse Geschäftstätigkeit der Bewilli- gungsträger aufgrund des Einflusses der qualifiziert Beteiligten in Frage stel- len; f. Änderungen hinsichtlich der finanziellen Garantien (Art. 13), insbesondere das Unterschreiten der Mindestanforderungen. 2 Die Depotbank meldet den Wechsel der mit den Aufgaben der Depotbank betrau- ten leitenden Personen (Art. 72 Abs. 2 KAG). 3 Zu melden sind ferner Änderungen des Prospekts sowie des Basisinformations- blatts nach den Artikeln 58–63 und 66 FIDLEG29.30 4 Die Vertreter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen, die nicht ausschliesslich qualifizierten Anlegerinnen und Anlegern angeboten werden, müssen melden:31 28 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 29 SR 950.1 30 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 31 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kollektivanlagenverordnung 9 951.311 a.32 Massnahmen einer ausländischen Aufsichtsbehörde gegen die kollektive Ka- pitalanlage, namentlich den Entzug der Genehmigung; b.33 Änderungen der Dokumente ausländischer kollektiver Kapitalanlagen ge- mäss Artikel 13a. c.34 ... 5 Die Meldung ist der FINMA unverzüglich zu erstatten. Diese stellt die Gesetzes- konformität fest. Art. 16 Voraussetzungen für das vereinfachte Genehmigungsverfahren (Art. 17 KAG) 1 Das vereinfachte Genehmigungsverfahren kann nur durchgeführt werden, wenn das Fondsreglement: a. einer Vorlage entspricht, welche die FINMA als Mindeststandard anerkannt hat, wie Musterreglemente und -prospekte einer Branchenorganisation; oder b. einem Standard entspricht, welchen die FINMA gegenüber dem jeweiligen Bewilligungsträger als verbindlich anerkannt hat. 2 Die FINMA bestätigt dem Gesuchsteller den Eingang des Gesuchs. 3 Sind zur Beurteilung des Gesuchs weitere Informationen erforderlich, so kann die FINMA den Gesuchsteller auffordern, diese nachzureichen. Art. 17 Fristen im vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 17 KAG) 1 Offene kollektive Kapitalanlagen für qualifizierte Anlegerinnen und Anleger gelten nach Ablauf folgender Fristen als genehmigt: a. Effektenfonds, Immobilienfonds und übrige Fonds für traditionelle Anlagen: nach Eingang des Gesuchs; b. übrige Fonds für alternative Anlagen: vier Wochen nach Eingang des Ge- suchs. 2 Die FINMA genehmigt offene kollektive Kapitalanlagen, die sich ans Publikum richten, spätestens innerhalb folgender Fristen: a. Effektenfonds: vier Wochen nach Eingang des Gesuchs; b. Immobilienfonds und übrige Fonds für traditionelle Anlagen: sechs Wochen nach Eingang des Gesuchs; c. übrige Fonds für alternative Anlagen: acht Wochen nach Eingang des Ge- suchs. 32 Fassung gemäss Anhang Ziff. 6 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363). 33 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 34 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, mit Wirkung seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 10 951.311 3 Die Frist beginnt einen Tag nach Eingang des Gesuchs zu laufen. 4 Verlangt die FINMA weitere Informationen, so ist der Fortlauf der Frist ab dem Zeitpunkt der Aufforderung bis zum Eingang der Informationen bei der FINMA aufgeschoben. Art. 18 Nachträgliche Änderung von Dokumenten (Art. 17 KAG) 1 Die FINMA kann für kollektive Kapitalanlagen für qualifizierte Anlegerinnen und Anleger bis drei Monate nach der vereinfachten Genehmigung eine nachträgliche Änderung der Dokumente verlangen. 2 Die Anlegerinnen und Anleger sind: a. auf die Möglichkeit einer Änderung vorgängig aufmerksam zu machen; b. über nachträgliche Änderungen in den Publikationsorganen zu informieren. 2. Abschnitt: ...35 Art. 1936 Art. 20 Kapitalbestandteile (Art. 14 Abs. 1 Bst. d KAG)37 1 Das Kapital entspricht bei der Aktiengesellschaft und der Kommandit-Aktien- gesellschaft dem Aktien- und Partizipationskapital, bei der Gesellschaft mit be- schränkter Haftung dem Stammkapital. 2 Bei Personengesellschaften entspricht das Kapital:38 a. den Kapitalkonten; b. der Kommandite; und c. den Guthaben der unbeschränkt haftenden Gesellschafter. 3 Die Kapitalkonten und die Guthaben der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin- nen und Gesellschafter können nur dem Kapital zugerechnet werden, sofern aus einer Erklärung hervorgeht, dass:39 35 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 36 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 37 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 38 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 39 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kollektivanlagenverordnung 11 951.311 a. sie im Falle der Liquidation, des Konkurses oder des Nachlassverfahrens den Forderungen aller übrigen Gläubigerinnen und Gläubiger im Rang nachge- hen; und b. eine Verpflichtung vorliegt:40 1. sie weder mit eigenen Forderungen zu verrechnen noch aus eigenen Vermögenswerten sicherzustellen, 2. keinen der Kapitalbestandteile gemäss Absatz 2 Buchstaben a und c ohne vorgängige Zustimmung der Prüfgesellschaft so weit herabzuset- zen, dass das Mindestkapital unterschritten wird. 4 Die Erklärung nach Absatz 3 ist unwiderruflich. Sie ist schriftlich oder in anderer Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, abzugeben und bei einer zugelasse- nen Prüfgesellschaft zu hinterlegen.41 Art. 2142 Art. 22 Anrechenbare eigene Mittel (Art. 14 Abs. 1 Bst. d KAG) 1 Juristische Personen können an die eigenen Mittel anrechnen: a. das einbezahlte Aktien- und Partizipationskapital bei der Aktien- und der Kommanditaktiengesellschaft und das Stammkapital bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung; b. die gesetzlichen und anderen Reserven; c. den Gewinnvortrag; d. den Gewinn des laufenden Geschäftsjahres nach Abzug des geschätzten Ge- winnausschüttungsanteils, sofern eine prüferische Durchsicht des Zwischen- abschlusses mit einer vollständigen Erfolgsrechnung vorliegt; e. stille Reserven, sofern sie auf einem besonderen Konto ausgeschieden und als eigene Mittel gekennzeichnet werden. Ihre Anrechenbarkeit ist im Prüf- bericht43 zu bestätigen. 2 Personengesellschaften können an die eigenen Mittel anrechnen:44 a. die Kapitalkonten; b. die Kommandite; 40 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 41 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 42 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 43 Ausdruck gemäss Anhang Ziff. 6 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363). 44 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 12 951.311 c.45 ... d. die Guthaben der unbeschränkt haftenden Gesellschafter, wenn die Voraus- setzungen nach Artikel 20 Absatz 3 erfüllt sind. 3 ...46 4 Die eigenen Mittel nach den Absätzen 1 und 2 müssen mindestens 50 Prozent der insgesamt erforderlichen eigenen Mittel ausmachen. Art. 23 Abzüge bei der Berechnung der eigenen Mittel (Art. 14 Abs. 1 Bst. d KAG) Bei der Berechnung der eigenen Mittel sind abzuziehen: a. der Verlustvortrag und der Verlust des laufenden Geschäftsjahres; b. ein ungedeckter Wertberichtigungs- und Rückstellungsbedarf des laufenden Geschäftsjahres; c.47 ... d. immaterielle Werte (inklusive Gründungs- und Organisationskosten sowie Goodwill) mit Ausnahme von Software; e. bei der Aktiengesellschaft und bei der Kommanditaktiengesellschaft die von ihnen auf eigenes Risiko gehaltenen Aktien der Gesellschaft; f. bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung die von ihr auf eigenes Risiko gehaltenen Stammanteile der Gesellschaft; g.48 der Buchwert der Beteiligungen. Art. 2449 Art. 24a50 Art. 25–2851 45 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 46 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 47 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 48 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 49 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 50 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 51 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kollektivanlagenverordnung 13 951.311 Art. 2952 Art. 29a–29f53 Art. 3054 Art. 30a55 4. Kapitel: Wahrung der Anlegerinteressen56 Art. 31 Treuepflicht (Art. 20 Abs. 1 Bst. a KAG) 1 Personen, die kollektive Kapitalanlagen verwalten, aufbewahren oder vertreten, sowie ihre Beauftragten dürfen von kollektiven Kapitalanlagen Anlagen auf eigene Rechnung nur zum Marktpreis erwerben und ihnen Anlagen aus eigenen Beständen nur zum Marktpreis veräussern.57 2 Sie haben für an Dritte delegierte Leistungen auf die ihnen gemäss Fondsregle- ment, Gesellschaftsvertrag, Anlagereglement oder Vermögensverwaltungsvertrag zustehende Entschädigung zu verzichten, sofern diese nicht zur Bezahlung der Leistung des Dritten verwendet wird. 3 Werden Anlagen einer kollektiven Kapitalanlage auf eine andere Anlage des gleichen oder eines ihm nahe stehenden Bewilligungsträgers übertragen, so dürfen keine Kosten belastet werden. 4 Personen, die kollektive Kapitalanlagen verwalten, aufbewahren oder vertreten, sowie ihre Beauftragten dürfen keine Ausgabe- oder Rücknahmekommission erhe- ben, wenn sie Zielfonds erwerben, die:58 a. sie unmittelbar oder mittelbar selbst verwalten; oder b. von einer Gesellschaft verwaltet werden, mit der sie verbunden sind durch: 52 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, mit Wirkung seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 53 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 54 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 55 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 56 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 57 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 58 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kreditinstitute 14 951.311 1. eine gemeinsame Verwaltung, 2. Beherrschung, oder 3. eine wesentliche direkte oder indirekte Beteiligung.59 5 Für die Erhebung einer Verwaltungskommission bei Anlagen in Zielfonds nach Absatz 4 gilt Artikel 73 Absatz 4 sinngemäss.60 6 Die Aufsichtsbehörde regelt die Einzelheiten. Sie kann die Absätze 4 und 5 auch für weitere Produkte anwendbar erklären.61 Art. 32 Besondere Treuepflicht bei Immobilienanlagen (Art. 20 Abs. 1 Bst. a, 21 Abs. 3 und 63 KAG) 1 Personen, die kollektive Kapitalanlagen verwalten, aufbewahren oder vertreten, sowie ihre Beauftragten berechnen die Honorare an natürliche oder juristische Personen, die ihnen nahestehen und die für Rechnung der kollektiven Kapitalanlage bei der Planung, der Erstellung, dem Kauf oder dem Verkauf eines Bauobjektes mitwirken, ausschliesslich zu branchenüblichen Preisen.62 2 Der Schätzungsexperte überprüft die Honorarrechnung vor deren Begleichung und erstattet nötigenfalls Bericht an den Bewilligungsträger und die Prüfgesellschaft. 3 Werden Immobilienanlagen einer kollektiven Kapitalanlage auf eine andere An- lage des gleichen oder eines ihm nahe stehenden Bewilligungsträgers übertragen, so dürfen keine Vergütungen für Kaufs- und Verkaufsbemühungen belastet werden. 4 Die Leistungen der Immobiliengesellschaften an die Mitglieder ihrer Verwaltung, die Geschäftsführung und das Personal sind auf die Vergütungen anzurechnen, auf welche die Fondsleitung und die SICAV nach dem Fondsreglement Anspruch haben. Art. 32a63 Ausnahmen vom Verbot von Geschäften mit nahestehenden Personen (Art. 63 Abs. 3 und 4 KAG) 1 Die FINMA kann nach Artikel 63 Absatz 4 des Gesetzes in begründeten Einzel- fällen Ausnahmen vom Verbot von Geschäften mit nahestehenden Personen nach Artikel 63 Absätze 2 und 3 des Gesetzes bewilligen, wenn: a. diese Möglichkeit in den massgebenden Dokumenten der kollektiven Kapi- talanlage vorgesehen ist; b. die Ausnahme im Interesse der Anlegerinnen und Anleger ist; 59 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 28. Jan. 2009, in Kraft seit 1. März 2009 (AS 2009 719). 60 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 28. Jan. 2009, in Kraft seit 1. März 2009 (AS 2009 719). 61 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 28. Jan. 2009, in Kraft seit 1. März 2009 (AS 2009 719). 62 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 63 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 15 951.311 c. zusätzlich zu der Schätzung der ständigen Schätzungsexperten des Immobi- lienfonds ein von diesen beziehungsweise deren Arbeitgeber und von der Fondsleitung oder SICAV sowie der Depotbank des Immobilienfonds unab- hängiger Schätzungsexperte gemäss Artikel 64 Absatz 1 des Gesetzes die Marktkonformität des Kaufs- und Verkaufspreises des Immobilienwertes sowie der Transaktionskosten bestätigt. 2 Nach Abschluss der Transaktion erstellt die Fondsleitung oder die SICAV einen Bericht, der Folgendes enthält: a. Angaben zu den einzelnen übernommenen oder übertragenen Immobilien- werten und deren Wert am Stichtag der Übernahme oder Abtretung; b. die Schätzberichte der ständigen Schätzungsexperten; c. den Bericht über die Marktkonformität des Kaufs- oder Verkaufspreises der Schätzungsexperten nach Absatz 1 Buchstabe c . 3 Die Prüfgesellschaft bestätigt im Rahmen ihrer Prüfung der Fondsleitung oder der SICAV die Einhaltung der besonderen Treuepflicht bei Immobilienanlagen; 4 Im Jahresbericht der kollektiven Kapitalanlage werden die bewilligten Geschäfte mit nahestehenden Personen erwähnt. 5 Für Immobilienwerte, an denen die Fondsleitung, die SICAV oder diesen naheste- hende Personen Bauprojekte durchführen lassen, darf die FINMA keine Ausnahmen vom Verbot von Geschäften mit nahestehenden Personen bewilligen.64 Art. 32b65 Interessenkonflikte (Art. 20 Abs. 1 Bst. a KAG) Personen, die kollektive Kapitalanlagen verwalten, aufbewahren oder vertreten, sowie ihre Beauftragten müssen wirksame organisatorische und administrative Massnahmen zur Feststellung, Verhinderung, Beilegung und Überwachung von Interessenkonflikten treffen, um zu verhindern, dass diese den Interessen der Anle- gerinnen und Anleger schaden. Lassen sich Interessenkonflikte nicht vermeiden, so sind diese den Anlegerinnen und Anlegern gegenüber offenzulegen. Art. 33 Sorgfaltspflicht (Art. 20 Abs. 1 Bst. b KAG) 1 Personen, die kollektive Kapitalanlagen verwalten, aufbewahren oder vertreten, sowie ihre Beauftragten sorgen für eine wirksame Trennung der Tätigkeiten des Entscheidens (Vermögensverwaltung), der Durchführung (Handel und Abwicklung) und der Administration.66 64 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 65 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 66 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kreditinstitute 16 951.311 2 Die FINMA kann in begründeten Einzelfällen Ausnahmen gestatten oder die Trennung weiterer Funktionen anordnen. Art. 3467 Informationspflicht (Art. 20 Abs. 1 Bst. c und 23 KAG) 1 Personen, die kollektive Kapitalanlagen verwalten, aufbewahren oder vertreten, sowie ihre Beauftragten weisen die Anlegerinnen und Anleger insbesondere auf die mit einer bestimmten Anlageart verbundenen Risiken hin. 2 Sie legen sämtliche Kosten offen, die bei der Ausgabe und Rücknahme von Antei- len und bei der Verwaltung der kollektiven Kapitalanlage anfallen. Zudem legen sie die Verwendung der Verwaltungskommission sowie die Erhebung einer allfälligen erfolgsabhängigen Kommission (Performance Fee) offen. 3 Die Informationspflicht hinsichtlich Entschädigungen beim Vertrieb von kol- lektiven Kapitalanlagen umfasst Art und Höhe aller Kommissionen und anderen geldwerten Vorteilen, mit denen diese Tätigkeit entschädigt werden soll. 4 Personen, die kollektive Kapitalanlagen verwalten, aufbewahren oder vertreten, sowie ihre Beauftragten gewährleisten bei der Ausübung von Mitgliedschafts- und Gläubigerrechten die Transparenz, welche den Anlegerinnen und Anlegern den Nachvollzug von deren Ausübung ermöglicht. Art. 34a68 2. Titel: Offene kollektive Kapitalanlagen 1. Kapitel: Vertraglicher Anlagefonds 1. Abschnitt: Mindestvermögen (Art. 25 Abs. 3 KAG) Art. 35 1 Der Anlagefonds beziehungsweise das Teilvermögen eines Umbrella-Fonds ist innert eines Jahres nach Genehmigung durch die FINMA zur Zeichnung (Lancie- rung) aufzulegen. 2 Der Anlagefonds beziehungsweise das Teilvermögen eines Umbrella-Fonds muss spätestens ein Jahr nach Lancierung über ein Nettovermögen von mindestens 5 Millionen Franken verfügen. 3 Die FINMA kann die Fristen auf ein entsprechendes Gesuch hin erstrecken. 67 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 68 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kollektivanlagenverordnung 17 951.311 4 Nach Ablauf der Frist gemäss den Absätzen 2 und 3 meldet die Fondsleitung eine Unterschreitung unverzüglich der FINMA. 2. Abschnitt: Fondsvertrag Art. 35a69 Mindestinhalt des Fondsvertrags (Art. 26 Abs. 3 KAG) 1 Der Fondsvertrag enthält insbesondere folgende Angaben: a. die Bezeichnung des Anlagefonds sowie die Firma und den Sitz der Fonds- leitung, der Depotbank und des Verwalters von Kollektivvermögen; b. den Anlegerkreis; c. die Anlagepolitik, die Anlagetechniken, die Risikoverteilung sowie die mit der Anlage verbundenen Risiken; d. die Unterteilung in Teilvermögen; e. die Anteilsklassen; f. das Kündigungsrecht der Anlegerinnen und Anleger; g. das Rechnungsjahr; h. die Berechnung des Nettoinventarwertes und der Ausgabe- und Rücknahme- preise; i. die Verwendung des Nettoertrags und der Kapitalgewinne aus der Veräusse- rung von Sachen und Rechten; j. die Art, die Höhe und die Berechnung aller Vergütungen, die Ausgabe- und Rücknahmekommissionen sowie die Nebenkosten für den An- und Verkauf der Anlagen (Courtagen, Gebühren, Abgaben), die dem Fondsvermögen o- der den Anlegerinnen und Anlegern belastet werden dürfen; k. die Laufzeit des Vertrags und die Voraussetzungen der Auflösung; l. die Publikationsorgane; m. die Voraussetzungen des Rückzahlungsaufschubs sowie des Zwangsrück- kaufs; n.70 die Stellen, bei denen der Fondsvertrag, der Prospekt, das Basisinformati- onsblatt nach den Artikeln 58–63 und 66 FIDLEG71 sowie der Jahres- und Halbjahresbericht kostenlos bezogen werden können; o. die Rechnungseinheit; p. die Umstrukturierung. 69 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 70 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 71 SR 950.1 Kreditinstitute 18 951.311 2 Bei der Genehmigung des Fondsvertrags prüft die FINMA ausschliesslich die Bestimmungen nach Absatz 1 Buchstaben a–g und stellt deren Gesetzeskonformität fest. 3 Auf Antrag der Fondsleitung prüft die FINMA bei der Genehmigung eines vertrag- lichen Anlagefonds sämtliche Bestimmungen des Fondsvertrags und stellt deren Gesetzeskonformität fest, sofern dieser im Ausland angeboten werden soll und das ausländische Recht es verlangt.72 4 Die FINMA kann den Inhalt des Fondsvertrags unter Berücksichtigung der inter- nationalen Entwicklungen konkretisieren. Art. 36 Richtlinien der Anlagepolitik (Art. 26 Abs. 3 Bst. b KAG) 1 Der Fondsvertrag umschreibt die zulässigen Anlagen: a. nach ihrer Art (Beteiligungsrechte, Forderungsrechte, derivative Finanzin- strumente; Wohnbauten, kommerziell genutzte Liegenschaften; Edelmetalle; Massenwaren usw.); b. nach Ländern, Ländergruppen, Branchen oder Währungen. 2 Für übrige Fonds nach den Artikeln 68 ff. des Gesetzes enthält er zudem die den Besonderheiten und Risiken der jeweiligen Anlagen entsprechenden Angaben in Bezug auf deren Charakteristik und Bewertung. 3 Der Fondsvertrag umschreibt die zulässigen Anlagetechniken und -instrumente. Art. 3773 Vergütungen und Nebenkosten (Art. 26 Abs. 3 KAG) 1 Dem Fondsvermögen oder allfälligen Teilvermögen können belastet werden: a. die Verwaltungskommission für die Vergütung der Tätigkeit der Fondslei- tung; b. die Verwahrungskommission und andere Kosten für die Vergütung der De- potbanktätigkeit einschliesslich der Kosten für die Aufbewahrung des Fondsvermögens durch Dritt- oder Sammelverwahrer; c. die Verwaltungskommission sowie allfällige erfolgsabhängige Kommissio- nen für die Vergütung des Verwalters von Kollektivvermögen; d.74 allfällige Vertriebskommissionen für die Vergütung der Vertriebstätigkeit; e.75 die Gesamtheit der in den Absätzen 2 und 2bis aufgeführten Nebenkosten; 72 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 73 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 74 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 75 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kollektivanlagenverordnung 19 951.311 f.76 Kommissionen nach Absatz 2ter. 2 Sofern der Fondsvertrag dies ausdrücklich vorsieht, können folgende Nebenkosten dem Fondsvermögen oder den Teilvermögen belastet werden: a. Kosten für den An- und Verkauf von Anlagen, namentlich marktübliche Courtagen, Kommissionen, Steuern und Abgaben, sowie Kosten für die Überprüfung und Aufrechterhaltung von Qualitätsstandards bei physischen Anlagen; b.77 ... c. Abgaben der Aufsichtsbehörde für die Gründung, Änderung, Liquidation, Fusion oder Vereinigung des Fonds oder allfälliger Teilvermögen; d. Jahresgebühr der Aufsichtsbehörde; e. Honorare der Prüfgesellschaft für die jährliche Revision sowie für Beschei- nigungen im Rahmen von Gründungen, Änderungen, Liquidation, Fusion oder Vereinigung von Fonds oder allfälliger Teilvermögen; f. Honorare für Rechts- und Steuerberater im Zusammenhang mit Gründungen, Änderungen, Liquidation, Fusion oder Vereinigung von Fonds oder allfälli- ger Teilvermögen sowie der allgemeinen Wahrnehmung der Interessen des Fonds und seiner Anlegerinnen und Anleger; g. Notariats- und Handelsregisterkosten für die Eintragung von Bewilligungs- trägern der Kollektivanlagegesetzgebung ins Handelsregister; h. Kosten für die Publikation des Nettoinventarwerts des Fonds oder seiner Teilvermögen sowie sämtliche Kosten für Mitteilungen an die Anlegerinnen und Anleger einschliesslich der Übersetzungskosten, welche nicht einem Fehlverhalten der Fondsleitung zuzuschreiben sind; i. Kosten für den Druck juristischer Dokumente sowie Jahres- und Halbjahres- berichte des Fonds; j. Kosten für eine allfällige Eintragung des Fonds bei einer ausländischen Auf- sichtsbehörde, namentlich von der ausländischen Aufsichtsbehörde erhobene Kommissionen, Übersetzungskosten sowie die Entschädigung des Vertreters oder der Zahlstelle im Ausland; k. Kosten im Zusammenhang mit der Ausübung von Stimmrechten oder Gläu- bigerrechten durch den Fonds, einschliesslich der Honorarkosten für externe Beraterinnen und Berater; l. Kosten und Honorare im Zusammenhang mit im Namen des Fonds eingetra- genem geistigen Eigentum oder mit Nutzungsrechten des Fonds; m. Vergütung der Mitglieder des Verwaltungsrates der SICAV und Kosten für die Haftpflichtversicherung; 76 Eingefügt durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 77 Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kreditinstitute 20 951.311 n. alle Kosten, die durch die Ergreifung ausserordentlicher Schritte zur Wah- rung der Anlegerinteressen durch die Fondsleitung, den Verwalter von Kol- lektivvermögen oder die Depotbank verursacht werden. 2bis Bei Immobilienfonds können zusätzlich folgende Nebenkosten dem Fondsver- mögen oder den Teilvermögen belastet werden, sofern der Fondsvertrag dies aus- drücklich vorsieht: a. Kosten für den An- und Verkauf von Immobilienanlagen, namentlich markt- übliche Vermittlungskommissionen, Berater- und Anwaltshonorare, Notar- und andere Gebühren sowie Steuern; b. marktübliche an Dritte bezahlte Courtagen im Zusammenhang mit Erstver- mietungen von Immobilien; c. marktübliche Kosten für die Verwaltung der Liegenschaften durch Dritte; d. Liegenschaftsaufwand, insbesondere Unterhalts- und Betriebskosten ein- schliesslich Versicherungskosten, öffentlich-rechtliche Abgaben sowie Kos- ten für Service- und Infrastrukturdienstleistungen, sofern dieser marktüblich ist und nicht von Dritten getragen wird; e. Honorare der unabhängigen Schätzungsexperten sowie allfälliger weiterer Experten für den Interessen der Anlegerinnen und Anleger dienende Abklä- rungen; f. Beratungs- und Verfahrenskosten im Zusammenhang mit der allgemeinen Wahrnehmung der Interessen des Immobilienfonds und seiner Anlegerinnen und Anleger.78 2ter Die Fondsleitung eines Immobilienfonds kann für ihre eigenen Bemühungen im Zusammenhang mit den folgenden Tätigkeiten eine Kommission erheben, sofern der Fondsvertrag dies ausdrücklich vorsieht und die Tätigkeit nicht von Dritten ausgeübt wird: a. Kauf und Verkauf von Grundstücken auf der Basis des Kaufs- oder des Ver- kaufspreises; b. Erstellung von Bauten, bei Renovationen und Umbauten auf der Basis der Baukosten; c. Verwaltung der Liegenschaften auf der Basis der jährlichen Bruttomietzins- einnahmen.79 3 Der Fondsvertrag gibt die Vergütungen und Nebenkosten in einer einheitlichen und umfassenden Übersicht an und gliedert sie nach Art, maximaler Höhe und Berechnung. 4 Die Verwendung der Bezeichnung «All-in-fee» ist nur zulässig, sofern diese sämt- liche Vergütungen mit Ausnahme der Ausgabe- und Rücknahmekommissionen, aber einschliesslich der Nebenkosten umfasst. Wird die Bezeichnung «Pauschal- 78 Eingefügt durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 79 Eingefügt durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kollektivanlagenverordnung 21 951.311 kommission» benutzt, ist ausdrücklich aufzuführen, welche Vergütungen und Ne- benkosten nicht darin enthalten sind. 5 Die Fondsleitung, der Verwalter von Kollektivvermögenund die Depotbank kön- nen nur dann Retrozessionen zur Deckung der Vertriebstätigkeit des Fonds bezah- len, wenn dies im Fondsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Art. 3880 Ausgabe- und Rücknahmepreis; Zuschläge und Abzüge (Art. 26 Abs. 3 KAG) 1 Den Anlegerinnen und Anlegern können belastet werden: a. die pauschalisierten Nebenkosten, die bei Ausgabe, Rücknahme oder Um- tausch von Anteilen für den An- und Verkauf der Anlagen entstehen; b. eine Kommission für Zeichnungen, Umwandlungen oder Rückzahlungen an den Vertreiber zur Deckung der mit dem Vertrieb verbundenen Kosten. 2 Der Fondsvertrag umschreibt auf verständliche und transparente Weise die Kom- missionen, die den Anlegerinnen und Anlegern belastet werden können, sowie deren Höhe und Berechnungsweise. Art. 39 Publikationsorgane (Art. 26 Abs. 3 KAG)81 1 Im Prospekt des Anlagefonds sind ein oder mehrere Publikationsorgane zu be- zeichnen, in denen die vom Gesetz und von der Verordnung geforderten Informa- tionen den Anlegerinnen und Anlegern zur Verfügung gestellt werden. Als Publika- tionsorgane können Printmedien oder öffentlich zugängliche und von der FINMA anerkannte elektronische Plattformen bezeichnet werden.82 2 Sämtliche publikationspflichtigen Tatbestände, bei welchen Anlegerinnen und Anlegern ein Einwendungsrecht bei der FINMA zusteht, sowie die Auflösung eines Anlagefonds sind in den dafür vorgesehenen Publikationsorganen zu veröffent- lichen. Art. 40 Anteilsklassen (Art. 26 Abs. 3 Bst. k und 78 Abs. 3 KAG) 1 Die Fondsleitung kann mit Zustimmung der Depotbank und Genehmigung der FINMA Anteilsklassen schaffen, aufheben oder vereinigen. Sie orientiert sich dabei namentlich an folgenden Kriterien: Kostenstruktur, Referenzwährung, Währungs- absicherung, Ausschüttung oder Thesaurierung der Erträge, Mindestanlage oder Anlegerkreis. 80 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 81 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 82 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 22 951.311 2 Die Einzelheiten werden im Prospekt geregelt. Darin ist namentlich das Risiko, dass eine Klasse unter Umständen für eine andere haften muss, offen zu legen. 3 Die Fondsleitung publiziert die Schaffung, Aufhebung oder Vereinigung von Anteilsklassen in den Publikationsorganen. Nur die Vereinigung gilt als Änderung des Fondsvertrags und unterliegt Artikel 27 des Gesetzes. 4 Artikel 112 Absatz 3 Buchstaben a–c ist sinngemäss anwendbar. 5 Die Anteile oder Anteilsklassen eines inländischen «Exchange Traded Fund» (ETF) müssen dauernd an einer bewilligten schweizerischen Börse kotiert sein. Handelt es sich bei einer ausländischen kollektiven Kapitalanlage, die zum Angebot an nicht qualifizierte Anlegerinnen und Anleger in der Schweiz genehmigt ist, um einen ETF, so müssen mindestens die in der Schweiz für nicht qualifizierte Anlege- rinnen und Anleger angebotenen Anteile oder Anteilsklassen dauernd an einer bewilligten schweizerischen Börse kotiert sein.83 Art. 41 Änderung des Fondsvertrages; Publikationspflicht, Einwendungsfrist, Inkrafttreten und Barauszahlung (Art. 27 Abs. 2 und 3 KAG) 1 Die Fondsleitung hat jede Änderung des Fondsvertrags in den Publikationsorganen des jeweiligen Anlagefonds in der vom Gesetz vorgesehenen Form zu publizieren. In der Publikation informiert die Fondsleitung die Anlegerinnen und Anleger in klarer und verständlicher Weise darüber, auf welche Fondsvertragsänderungen sich die Prüfung und die Feststellung der Gesetzeskonformität durch die FINMA erstre- cken.84 1bis Die FINMA kann von Gesetzes wegen erforderliche Änderungen, welche die Rechte der Anlegerinnen und Anleger nicht berühren oder ausschliesslich formeller Natur sind, von der Publikationspflicht ausnehmen.85 2 Die Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen die Änderung des Fondsvertra- ges beginnt am Tag nach der Veröffentlichung in den Publikationsorganen zu lau- fen. 2bis Bei der Genehmigung der Fondsvertragsänderung prüft die FINMA ausschliess- lich die Änderungen der Bestimmungen nach Artikel 35a Absatz 1 Buchstaben a–g und stellt deren Gesetzeskonformität fest.86 2ter Hat die FINMA bei der Genehmigung eines Fondsvertrags nach Artikel 35a Absatz 3 sämtliche Bestimmungen geprüft und deren Gesetzeskonformität festge- stellt, so prüft sie auch bei der Änderung dieses Fondsvertrags alle Bestimmungen 83 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 84 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 85 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 86 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 23 951.311 und stellt deren Gesetzeskonformität fest, sofern der Anlagefonds im Ausland ange- boten werden soll und das ausländische Recht es verlangt.87 3 Die FINMA legt in ihrem Entscheid das Datum des Inkrafttretens der Fondsver- tragsänderung fest. Art. 42–5088 2. Kapitel: Investmentgesellschaft mit variablem Kapital 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 5189 Selbst- und fremdverwaltete SICAV (Art. 36 Abs. 3 KAG) 1 Die selbstverwaltete SICAV führt die Administration selber aus. Sie darf die Portfolioverwaltung nach Artikel 36 Absatz 3 des Gesetzes an einen Verwalter von Kollektivvermögendelegieren, der einer anerkannten Aufsicht untersteht. 2 Die fremdverwaltete SICAV delegiert die Administration an eine bewilligte Fonds- leitung. Die Administration beinhaltet auch den Vertrieb der SICAV. Zusätzlich delegiert die fremdverwaltete SICAV die Portfolioverwaltung an dieselbe Fondslei- tung oder an einen Verwalter von Kollektivvermögen, der einer anerkannten Auf- sicht untersteht. 3 Vorbehalten bleibt Artikel 64. Art. 5290 Zweck (Art. 36 Abs. 1 Bst. d KAG) Die SICAV darf ausschliesslich ihr Vermögen beziehungsweise ihre Teilvermögen verwalten. Namentlich ist es ihr verboten, Dienstleistungen im Sinne der Artikel 26 und 34 des Finanzinstitutsgesetzes vom 15. Juni 201891 (FINIG) für Dritte zu er- bringen. Art. 53 Mindestvermögen (Art. 36 Abs. 2 KAG) Für das Mindestvermögen der SICAV gilt Artikel 35 sinngemäss. 87 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 88 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 89 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 90 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 91 SR 954.1 Kreditinstitute 24 951.311 Art. 5492 Mindesteinlage 1 Für die selbstverwaltete SICAV und die fremdverwaltete SICAV, welche die Administration an eine bewilligte Fondsleitung und die Portfolioverwaltung an einen anderen Verwalter von Kollektivvermögendelegiert, müssen die Unternehmeraktio- närinnen und -aktionäre im Zeitpunkt der Gründung eine Mindesteinlage von 500 000 Franken einzahlen. 2 Delegiert die fremdverwaltete SICAV die Administration und die Portfoliover- waltung an dieselbe bewilligte Fondsleitung, so müssen die Unternehmeraktionärin- nen und -aktionäre im Zeitpunkt der Gründung eine Mindesteinlage von 250 000 Franken einzahlen. 3 Die Mindesteinlage ist dauernd einzuhalten. 4 Die SICAV meldet der FINMA unverzüglich eine Unterschreitung. Art. 55 Begriff und Höhe der eigenen Mittel (Art. 39 KAG) 1 Als eigene Mittel werden die einbezahlten Einlagen der Unternehmeraktionärinnen und -aktionäre angerechnet. 2 Von den eigenen Mitteln abzuziehen sind: a. der den Unternehmeraktionärinnen und -aktionären zurechenbare Bilanzver- lust; b. der den Unternehmeraktionärinnen und -aktionären zurechenbare Wert- berechtigungs- und Rückstellungsbedarf; c. immaterielle Werte (inklusive Gründungs- und Organisationskosten sowie Goodwill) mit Ausnahme von Software. 3 Die selbstverwaltete SICAV berechnet die Höhe der notwendigen eigenen Mittel sinngemäss nach Artikel 59 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. November 201993 (FINIV).94 3bis Die fremdverwaltete SICAV, welche die Administration einer bewilligten Fondsleitung und die Portfolioverwaltung einem Verwalter von Kollektivvermögen überträgt, berechnet die Höhe der notwendigen eigenen Mittel sinngemäss nach Artikel 59 FINIV. Von diesem Betrag kann sie 20 Prozent abziehen.95 3ter Die FINMA kann die fremdverwaltete SICAV, welche die Portfolioverwaltung an eine Bank im Sinne des Bankengesetzes vom 8. November 193496 oder an ein 92 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 93 SR 954.11 94 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 95 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 96 SR 952.0 Kollektivanlagenverordnung 25 951.311 Wertpapierhaus im Sinne des FINIG97 mit Sitz in der Schweiz überträgt, von der Pflicht befreien, das Vermögen mit eigenen Mitteln zu unterlegen.98 4 Überträgt die fremdverwaltete SICAV die Administration und die Portfolioverwal- tung derselben bewilligten Fondsleitung, so muss sie das Vermögen nicht mit eige- nen Mitteln unterlegen (Art. 59 Abs. 4 FINIV).99 5 Das vorgeschriebene Verhältnis zwischen eigenen Mitteln und Gesamtvermögen der selbstverwalteten SICAV sowie der fremdverwalteten SICAV, welche die Ad- ministration an eine bewilligte Fondsleitung und die Portfolioverwaltung an einen Verwalter von Kollektivvermögen delegiert, ist dauernd einzuhalten.100 6 Die SICAV meldet der FINMA unverzüglich die fehlenden eigenen Mittel. 7 Die FINMA regelt die Einzelheiten. Art. 56 Nettoemissionspreis zum Zeitpunkt der Erstemission (Art. 40 Abs. 4 KAG) Alle Aktien haben, unabhängig davon, ob sie unterschiedlichen Kategorien angehö- ren, zum Zeitpunkt der Erstemission ihrer Kategorie denselben Nettoemissionspreis. Dieser entspricht dem von den Anlegerinnen und Anlegern zu zahlenden Ausgabe- preis bei der Emission abzüglich allfälliger Vergütungen und Nebenkosten. Art. 57101 Art. 58 Ausgabe und Rücknahme von Aktien (Art. 42 Abs. 1 und 3 KAG) 1 Die Artikel 37 und 38 gelten sinngemäss. 2 Unternehmeraktionärinnen und -aktionäre können ihre Aktien zurückgeben, sofern: a. das angemessene Verhältnis zwischen Einlagen und Gesamtvermögen der SICAV auch nach der Rücknahme eingehalten ist; und b. die Mindesteinlage nicht unterschritten wird. Art. 59 Anlage in eigenen Aktien (Art. 42 Abs. 2 und 94 KAG) Anlagen eines Teilvermögens in anderen Teilvermögen derselben SICAV stellen keine Anlage in eigenen Aktien dar. 97 SR 954.1 98 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 99 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 100 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 101 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, mit Wirkung seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 26 951.311 Art. 60 Publikationsorgane (Art. 43 Abs. 1 Bst. f KAG) Artikel 39 gilt sinngemäss. Art. 61 SICAV mit Anteilsklassen (Art. 40 Abs. 4 und 78 Abs. 3 KAG) 1 Sofern die Statuten es vorsehen, kann die SICAV mit der Genehmigung der FINMA Anteilsklassen schaffen, aufheben oder vereinigen. 2 Artikel 40 gilt sinngemäss. Die Vereinigung bedarf der Zustimmung der General- versammlung. 3 Das Risiko, dass eine Anteilsklasse für eine andere haften muss, ist im Prospekt offen zu legen. Art. 62 Stimmrechte (Art. 40 Abs. 4, 47 und 94 KAG) 1 Aktionärinnen und Aktionäre sind stimmberechtigt für: a. das Teilvermögen, an dem sie beteiligt sind; b. die Gesellschaft, wenn der Entscheid die SICAV als Ganzes betrifft. 2 Weicht der einem Teilvermögen zurechenbare Stimmanteil deutlich von dem diesem Teilvermögen zurechenbaren Vermögensanteil ab, so können die Aktionä- rinnen und Aktionäre an der Generalversammlung gemäss Absatz 1 Buchstabe b über die Zerlegung oder Zusammenlegung der Aktien einer Aktienkategorie ent- scheiden. Die FINMA muss diesem Entscheid zu seiner Gültigkeit zustimmen. 3 Die FINMA kann die Zerlegung oder die Zusammenlegung von Aktien einer Aktienkategorie anordnen. Art. 62a102 Depotbank (Art. 44a KAG) Für die Depotbank gelten Artikel 15 Absatz 2 dieser Verordnung und Artikel 53 FINIV103 sinngemäss. Art. 62b104 Inhalt des Anlagereglements (Art. 43 und 44 KAG) 1 Der Inhalt und die Genehmigung des Anlagereglements richten sich nach den Bestimmungen über den Fondsvertrag, soweit das Gesetz oder die Statuten nichts anderes vorsehen. 102 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 103 SR 954.11 104 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 27 951.311 2 Die SICAV informiert die Aktionärinnen und Aktionäre mit der Einberufung der Generalversammlung in der in den Statuten vorgeschriebenen Form darüber:105 a. welche Änderungen des Anlagereglements die FINMA geprüft hat; und b. für welche dieser Änderungen die FINMA festgestellt hat, dass sie gesetzes- konform sind. 3 Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss für die Statuten, sofern diese Inhalte des Anlagereglements regeln. 2. Abschnitt: Organisation Art. 63 Generalversammlung (Art. 50 und 94 KAG) 1 Die Statuten können für einzelne Teilvermögen Generalversammlungen vorsehen, wenn es um Entscheide geht, welche lediglich diese Teilvermögen betreffen. 2 Aktionärinnen und Aktionäre, die zusammen über mindestens 10 Prozent der Stimmen sämtlicher beziehungsweise einzelner Teilvermögen verfügen, können die Traktandierung eines Verhandlungsgegenstandes an der Generalversammlung der SICAV beziehungsweise der Teilvermögen verlangen. 3 Die Generalversammlung der SICAV beziehungsweise der Teilvermögen ist zuständig für die Änderung des Anlagereglements, sofern die Änderung: a. nicht von Gesetzes wegen erforderlich ist; b.106 die Rechte der Aktionärinnen und Aktionäre berührt; oder c. nicht ausschliesslich formeller Natur ist. 4 Die SICAV veröffentlicht in den Publikationsorganen die von der Generalver- sammlung beschlossenen und von der FINMA genehmigten wesentlichen Änderun- gen des Fondsreglements mit dem Hinweis auf die Stellen, wo die Änderungen im Wortlaut kostenlos bezogen werden können. 5 Die Bestimmung über die wichtigen Beschlüsse der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft (Art. 704 OR107) findet keine Anwendung.108 Art. 64 Verwaltungsrat (Art. 51 KAG) 1 Der Verwaltungsrat hat folgende Aufgaben: 105 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 106 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2008, in Kraft seit 1. März 2008 (AS 2008 571). 107 SR 220 108 Eingefügt durch Anhang Ziff. 6 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363). Kreditinstitute 28 951.311 a. die Wahrnehmung der Aufgaben nach Artikel 716a des Obligationen- rechts109; b. die Festlegung der Grundsätze der Anlagepolitik; c.110 die Bezeichnung der Depotbank oder eines Instituts gemäss Artikel 44a Ab- satz 2 des Gesetzes; d. die Schaffung neuer Teilvermögen, sofern die Statuten dies vorsehen; e.111 die Ausarbeitung des Prospekts und des Basisinformationsblatts; f. die Administration. 2 Die Aufgaben nach Absatz 1 Buchstaben a–c können nicht delegiert werden. 3 In einer selbstverwalteten SICAV können die Aufgaben nach Absatz 1 Buchsta- ben d und e sowie Teile der Administration nach Absatz 1 Buchstabe f, namentlich das Risk-Management, die Ausgestaltung des internen Kontrollsystems (IKS) und die Compliance, nur an die Geschäftsleitung delegiert werden. 4 Für die Organisation der selbstverwalteten SICAV gelten die Artikel 51 Absatz 1, 52 Absatz 1 und 53 FINIV112 sinngemäss.113 Art. 65114 Übertragung von Aufgaben (Art. 36 Abs. 3 und 51 Abs. 5 KAG) Die Artikel 32 und 35 FINIG115 sind sinngemäss auf die Übertragung von Aufgaben anwendbar. Art. 66116 109 SR 220 110 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 111 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 112 SR 954.11 113 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 114 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 115 SR 954.1 116 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, mit Wirkung seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 29 951.311 3. Kapitel: Arten der offenen kollektiven Kapitalanlagen und Anlagevorschriften 1. Abschnitt: Gemeinsame Bestimmungen Art. 67 Einhaltung der Anlagevorschriften (Art. 53 ff. KAG) 1 Die prozentualen Beschränkungen dieses Kapitels beziehen sich, soweit nichts anderes bestimmt wird, auf das Fondsvermögen zu Verkehrswerten; sie müssen ständig eingehalten werden. 2 Werden die Beschränkungen durch Marktveränderungen überschritten, so müssen die Anlagen unter Wahrung der Interessen der Anlegerinnen und Anleger innerhalb einer angemessenen Frist auf das zulässige Mass zurückgeführt werden. 3 Effektenfonds und übrige Fonds müssen die Anlagebeschränkungen sechs Monate nach der Lancierung erfüllen. 4 Immobilienfonds müssen die Anlagebeschränkungen zwei Jahre nach der Lancie- rung erfüllen. 5 Die FINMA kann die Fristen der Absätze 3 und 4 auf Gesuch der Fondsleitung und der SICAV erstrecken. Art. 68 Tochtergesellschaften und zulässige Anlagen (Art. 53 ff. KAG) 1 Die Fondsleitung und die SICAV dürfen für die Verwaltung der kollektiven Kapi- talanlagen Tochtergesellschaften einsetzen, deren ausschliesslicher Zweck das Halten von Anlagen für die kollektive Kapitalanlage ist. Die FINMA regelt die Einzelheiten. 2 Die SICAV darf bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben, das für die unmittelbare Ausübung ihrer betrieblichen Tätigkeit unerlässlich ist. Die FINMA regelt die Einzelheiten. Art. 69 Gegenstand von Umbrella-Fonds (Art. 92 ff. KAG) 1 Umbrella-Fonds dürfen nur Teilvermögen der gleichen Fondsart umfassen. 2 Als Fondsarten gelten: a. Effektenfonds; b. Immobilienfonds; c. übrige Fonds für traditionelle Anlagen; d. übrige Fonds für alternative Anlagen. 3 Bei kollektiven Kapitalanlagen mit Teilvermögen gelten die Anlagebeschränkun- gen und -techniken für jedes Teilvermögen einzeln. Kreditinstitute 30 951.311 2. Abschnitt: Effektenfonds Art. 70 Zulässige Anlagen (Art. 54 Abs. 1 und 2 KAG) 1 Zulässig sind Anlagen in: a. Effekten nach Artikel 71; b. derivativen Finanzinstrumenten nach Artikel 72; c. Anteilen an kollektiven Kapitalanlagen, welche die Anforderungen nach Ar- tikel 73 erfüllen; d. Geldmarktinstrumenten nach Artikel 74; e. Guthaben auf Sicht und auf Zeit mit Laufzeiten bis zu zwölf Monaten bei Banken, die ihren Sitz in der Schweiz oder in einem Mitgliedstaat der Euro- päischen Union haben oder in einem anderen Staat, wenn die Bank dort ei- ner Aufsicht untersteht, die derjenigen in der Schweiz gleichwertig ist. 2 Nicht zulässig sind: a. Anlagen in Edelmetallen, Edelmetallzertifikaten, Waren und Warenpapie- ren; b. Leerverkäufe von Anlagen nach Absatz 1 Buchstaben a–d. 3 In anderen als in Absatz 1 genannten Anlagen dürfen höchstens 10 Prozent des Fondsvermögens angelegt werden. 4 ...117 Art. 71 Effekten (Art. 54 KAG) 1 Als Effekten gelten Wertpapiere und Wertrechte im Sinne von Artikel 54 Absatz 1 des Gesetzes, die ein Beteiligungs- oder Forderungsrecht oder das Recht verkörpern, solche Wertpapiere und Wertrechte durch Zeichnung oder Austausch zu erwerben, namentlich Warrants. 2 Anlagen in Effekten aus Neuemissionen sind nur zulässig, wenn deren Zulassung an einer Börse oder einem anderen geregelten, dem Publikum offen stehenden Markt in den Emissionsbedingungen vorgesehen ist. Sind sie ein Jahr nach dem Erwerb noch nicht an der Börse oder an einem anderen dem Publikum offen stehenden Markt zugelassen, so sind die Titel innerhalb eines Monats zu verkaufen. 3 Die FINMA kann die für einen Effektenfonds zulässigen Anlagen nach dem je- weils geltenden Recht der Europäischen Gemeinschaften konkretisieren.118 117 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 118 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 31 951.311 Art. 72 Derivative Finanzinstrumente (Art. 54 und 56 KAG) 1 Derivative Finanzinstrumente sind zulässig, wenn: a. ihnen als Basiswerte Anlagen im Sinne von Artikel 70 Absatz 1 Buchstaben a–d, Finanzindizes, Zinssätze, Wechselkurse, Kredite oder Währungen zu Grunde liegen; b. die zu Grunde liegenden Basiswerte gemäss Fondsreglement als Anlagen zulässig sind; und c. sie an einer Börse oder an einem anderen geregelten, dem Publikum offen stehenden Markt gehandelt werden. 2 Bei Geschäften mit OTC-Derivaten (OTC-Geschäften) müssen zusätzlich die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: a. Die Gegenpartei ist ein beaufsichtigter, auf dieses Geschäft spezialisierter Finanzintermediär. b. Die OTC-Derivate sind täglich handelbar oder eine Rückgabe an den Emit- tenten ist jederzeit möglich. Zudem sind sie zuverlässig und nachvollziehbar bewertbar. 3 Das mit derivativen Finanzinstrumenten verbundene Gesamtengagement eines Effektenfonds darf 100 Prozent des Nettofondsvermögens nicht überschreiten. Das Gesamtengagement darf 200 Prozent des Nettofondsvermögens nicht überschreiten. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit der vorübergehenden Kreditaufnahme im Umfang von höchstens 10 Prozent des Nettofondsvermögens (Art. 77 Abs. 2) darf das Gesamtengagement insgesamt 210 Prozent des Nettofondsvermögens nicht überschreiten. 4 Warrants sind wie derivative Finanzinstrumente zu behandeln. Art. 73 Anlagen in anderen kollektiven Kapitalanlagen (Zielfonds) (Art. 54 und 57 Abs. 1 KAG) 1 Die Fondsleitung und die SICAV dürfen nur in Zielfonds anlegen, wenn: a. deren Dokumente die Anlagen in anderen Zielfonds ihrerseits insgesamt auf 10 Prozent begrenzen; b. für diese in Bezug auf Zweck, Organisation, Anlagepolitik, Anlegerschutz, Risikoverteilung, getrennte Verwahrung des Fondsvermögens, Kreditauf- nahme, Kreditgewährung, Leerverkäufe von Wertpapieren und Geldmarktin- strumenten, Ausgabe und Rücknahme der Anteile und Inhalt der Halbjahres- und Jahresberichte gleichwertige Bestimmungen gelten wie für Effekten- fonds; c. die Zielfonds im Sitzstaat als kollektive Kapitalanlagen zugelassen sind und dort einer dem Anlegerschutz dienenden, der schweizerischen gleichwerti- gen Aufsicht unterstehen, und die internationale Amtshilfe gewährleistet ist. 2 Sie dürfen höchstens: Kreditinstitute 32 951.311 a. 20 Prozent des Fondsvermögens in Anteilen desselben Zielfonds anlegen; und b.119 30 Prozent des Fondsvermögens in Anteilen von Zielfonds anlegen, die nicht den massgebenden Richtlinien der Europäischen Union entsprechen (Orga- nismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, OGAW), aber diesen oder schweizerischen Effektenfonds nach Artikel 53 des Gesetzes gleichwertig sind. 3 Für die Anlagen in Zielfonds gelten die Artikel 78–84 nicht. 4 Darf gemäss Fondsreglement ein wesentlicher Teil des Fondsvermögens in Ziel- fonds angelegt werden, so: a.120 müssen das Fondsreglement und der Prospekt Angaben darüber enthalten, wie hoch die Verwaltungskommissionen maximal sind, die von der investie- renden kollektiven Kapitalanlage selbst wie auch von den Zielfonds zu tra- gen sind; b. ist im Jahresbericht anzugeben, wie hoch der Anteil der Verwaltungskom- missionen maximal ist, den die investierende kollektive Kapitalanlage einer- seits und die Zielfonds andererseits tragen. Art. 73a121 Master-Feeder-Strukturen (Art. 54 und 57 Abs. 1 KAG) 1 Ein Feeder-Fonds ist eine kollektive Kapitalanlage, die abweichend von Artikel 73 Absatz 2 Buchstabe a mindestens 85 Prozent des Fondsvermögens in Anteilen desselben Zielfonds (Master-Fonds) anlegt. 2 Der Master-Fonds ist eine schweizerische kollektive Kapitalanlage derselben Art wie der Feeder-Fonds, ist selber kein Feeder-Fonds und hält keine Anteile an einem solchen. 3 Ein Feeder-Fonds kann bis zu 15 Prozent seines Fondsvermögens in flüssige Mittel (Art. 75) oder derivative Finanzinstrumente (Art. 72) anlegen. Die derivativen Finanzinstrumente dürfen ausschliesslich zum Zweck der Absicherung verwendet werden. 4 Die FINMA regelt die Einzelheiten. Art. 74 Geldmarktinstrumente (Art. 54 Abs. 1 KAG) 1 Die Fondsleitung und die SICAV dürfen Geldmarktinstrumente erwerben, wenn diese liquide und bewertbar sind sowie an einer Börse oder an einem anderen gere- gelten, dem Publikum offen stehenden Markt gehandelt werden. 119 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 120 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 121 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 33 951.311 2 Geldmarktinstrumente, die nicht an einer Börse oder an einem anderen geregelten, dem Publikum offen stehenden Markt gehandelt werden, dürfen nur erworben wer- den, wenn die Emission oder der Emittent Vorschriften über den Gläubiger- und den Anlegerschutz unterliegt und wenn die Geldmarktinstrumente begeben oder garan- tiert sind von: a. der Schweizerischen Nationalbank; b. der Zentralbank eines Mitgliedstaates der Europäischen Union; c. der Europäischen Zentralbank; d. der Europäischen Union; e. der Europäischen Investitionsbank; f. der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD); g. einem anderen Staat einschliesslich dessen Gliedstaaten; h. einer internationalen Organisation öffentlich-rechtlichen Charakters, der die Schweiz oder mindestens ein Mitgliedstaat der Europäischen Union ange- hört; i. einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft; j. einem Unternehmen, dessen Effekten an einer Börse oder an einem anderen geregelten, dem Publikum offen stehenden Markt gehandelt werden; k.122 einer Bank, einem Wertpapierhaus oder einem sonstigen Institut, das einer Aufsicht untersteht, die derjenigen in der Schweiz gleichwertig ist. Art. 75 Flüssige Mittel (Art. 54 Abs. 2 KAG) Als flüssige Mittel gelten Bankguthaben sowie Forderungen aus Pensionsgeschäften auf Sicht und auf Zeit mit Laufzeiten bis zu zwölf Monaten. Art. 76 Effektenleihe (Securities Lending) und Pensionsgeschäft (Repo, Reverse Repo) (Art. 55 Abs. 1 Bst. a und b KAG) 1 Effektenleihe und Pensionsgeschäft sind nur im Hinblick auf eine effiziente Ver- waltung des Fondsvermögens zulässig. Die Depotbank haftet für die marktkon- forme, einwandfreie Abwicklung der Effektenleihe und des Pensionsgeschäftes. 2 Banken, Broker, Versicherungseinrichtungen und Effektenclearing-Organisationen dürfen bei der Effektenleihe als Borger herangezogen werden, sofern sie auf die Effektenleihe spezialisiert sind und Sicherheiten leisten, die dem Umfang und dem Risiko der beabsichtigten Geschäfte entsprechen. Unter den gleichen Bedingungen darf das Pensionsgeschäft mit den genannten Instituten abgewickelt werden. 122 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kreditinstitute 34 951.311 3 Die Effektenleihe und das Pensionsgeschäft sind in einem standardisierten Rah- menvertrag zu regeln. Art. 77 Aufnahme und Gewährung von Krediten; Belastung des Fondsvermögens (Art. 55 Abs. 1 Bst. c und d sowie Abs. 2 KAG) 1 Zulasten eines Effektenfonds dürfen: a. keine Kredite gewährt und keine Bürgschaften abgeschlossen werden; b. höchstens 25 Prozent des Nettofondsvermögens verpfändet oder zur Siche- rung übereignet werden. 2 Effektenfonds dürfen für höchstens 10 Prozent des Nettofondsvermögens vorüber- gehend Kredite aufnehmen. 3 Die Effektenleihe und das Pensionsgeschäft als Reverse Repo gelten nicht als Kreditgewährung im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a. 4 Das Pensionsgeschäft als Repo gilt als Kreditaufnahme im Sinne von Absatz 2, es sei denn, die erhaltenen Mittel werden im Rahmen eines Arbitrage-Geschäfts für die Übernahme von Effekten gleicher Art und Güte in Verbindung mit einem entgegen- gesetzten Pensionsgeschäft (Reverse Repo) verwendet. Art. 78 Risikoverteilung bei Effekten und Geldmarktinstrumenten (Art. 57 KAG) 1 Die Fondsleitung und die SICAV dürfen einschliesslich der derivativen Finanz- instrumente höchstens 10 Prozent des Fondsvermögens in Effekten oder Geld- marktinstrumenten desselben Emittenten anlegen. 2 Der Gesamtwert der Effekten und Geldmarktinstrumente der Emittenten, bei welchen mehr als 5 Prozent des Fondsvermögens angelegt sind, darf 40 Prozent des Fondsvermögens nicht übersteigen. Diese Begrenzung findet keine Anwendung auf Guthaben auf Sicht und auf Zeit gemäss Artikel 79 und auf Geschäfte mit OTC- Derivaten gemäss Artikel 80, bei welchen die Gegenpartei eine Bank nach Arti- kel 70 Absatz 1 Buchstabe e ist. Art. 79 Risikoverteilung bei Guthaben auf Sicht und auf Zeit (Art. 57 KAG) Fondsleitung und SICAV dürfen höchstens 20 Prozent des Fondsvermögens in Guthaben auf Sicht und auf Zeit bei derselben Bank anlegen. In diese Limite sind sowohl die Anlagen in Bankguthaben (Art. 70 Abs. 1 Bst. e) als auch die flüssigen Mittel (Art. 75) einzubeziehen. Art. 80 Risikoverteilung bei OTC-Geschäften und Derivaten (Art. 57 KAG) 1 Fondsleitung und SICAV dürfen höchstens 5 Prozent des Fondsvermögens in OTC-Geschäften bei derselben Gegenpartei anlegen. Kollektivanlagenverordnung 35 951.311 2 Ist die Gegenpartei eine Bank nach Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe e, so erhöht sich diese Limite auf 10 Prozent des Fondsvermögens. 3 Die derivativen Finanzinstrumente und die Forderungen gegen Gegenparteien aus OTC-Geschäften sind in die Risikoverteilungsvorschriften nach den Artikeln 73 und 78–84 einzubeziehen. Dies gilt nicht für Derivate auf Indizes, welche die Vorausset- zungen nach Artikel 82 Absatz 1 Buchstabe b erfüllen. 4 Werden Forderungen aus OTC-Geschäften durch Sicherheiten in Form von liqui- den Aktiva abgesichert, so werden diese Forderungen bei der Berechnung des Ge- genparteirisikos nicht berücksichtigt. Die FINMA regelt die Einzelheiten zu den Anforderungen an die Sicherheiten. Sie trägt dabei den internationalen Standards Rechnung.123 Art. 81 Gesamtbeschränkungen (Art. 57 KAG) 1 Anlagen, Guthaben und Forderungen gemäss den Artikeln 78–80 desselben Emit- tenten dürfen insgesamt 20 Prozent des Fondsvermögens nicht übersteigen. 2 Anlagen und Geldmarktinstrumente gemäss Artikel 78 derselben Unternehmens- gruppe dürfen insgesamt 20 Prozent des Fondsvermögens nicht übersteigen. 3 Die Beschränkungen nach den Artikeln 78–80 und 83 Absatz 1 dürfen nicht ku- muliert werden. 4 Bei Umbrella-Fonds gelten diese Beschränkungen für jedes Teilvermögen einzeln. 5 Gesellschaften, die aufgrund internationaler Rechnungslegungsvorschriften einen Konzern bilden, gelten als einziger Emittent. Art. 82 Ausnahmen für Indexfonds (Art. 57 KAG) 1 Die Fondsleitung und die SICAV dürfen höchstens 20 Prozent des Fondsvermö- gens in Effekten oder Geldmarktinstrumenten desselben Emittenten anlegen, wenn: a. das Fondsreglement die Nachbildung eines von der FINMA anerkannten In- dex für Beteiligungs- oder Forderungsrechte vorsieht (Indexfonds); und b. der Index hinreichend diversifiziert und für den Markt, auf den er sich be- zieht, repräsentativ ist und in angemessener Weise veröffentlicht wird. 2 Die Limite erhöht sich auf 35 Prozent für Effekten oder Geldmarktinstrumente desselben Emittenten, die auf geregelten Märkten stark dominieren. Diese Aus- nahme kann nur für einen einzigen Emittenten beansprucht werden. 3 Die Anlagen nach diesem Artikel sind bei der Einhaltung der Limite von 40 Prozent nach Artikel 78 Absatz 2 nicht zu berücksichtigen. 123 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 4 Ziff. 1 der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2321). Kreditinstitute 36 951.311 Art. 83 Ausnahmen für öffentlich garantierte oder begebene Anlagen (Art. 57 Abs. 1 KAG) 1 Die Fondsleitung und die SICAV dürfen höchstens 35 Prozent des Fondsvermö- gens in Effekten oder Geldmarktinstrumenten desselben Emittenten anlegen, sofern diese begeben oder garantiert werden von: a. einem OECD-Staat; b. einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft aus der OECD; c. einer internationalen Organisation öffentlich-rechtlichen Charakters, der die Schweiz oder ein Mitgliedstaat der Europäischen Union angehört. 2 Mit Bewilligung der FINMA dürfen sie bis 100 Prozent des Fondsvermögens in Effekten oder Geldmarktinstrumenten desselben Emittenten anlegen. In diesem Fall sind folgende Regeln zu berücksichtigen: a. Die Anlagen sind in Effekten oder Geldmarktinstrumente aus mindestens sechs verschiedenen Emissionen aufgeteilt. b. Höchstens 30 Prozent des Fondsvermögens werden in Effekten und Geld- marktinstrumenten derselben Emission angelegt. c. Im Prospekt und in den Werbeunterlagen werden auf die spezielle Bewilli- gung der FINMA hingewiesen sowie die Emittenten aufgeführt, bei denen mehr als 35 Prozent des Fondsvermögens angelegt werden können. d. Im Fondsreglement sind die Emittenten aufgeführt, bei denen mehr als 35 Prozent des Fondsvermögens angelegt werden können, und die entspre- chenden Garanten. 3 Die FINMA erteilt die Bewilligung, wenn dadurch der Schutz der Anlegerinnen und Anleger nicht gefährdet wird. 4 Die Anlagen nach diesem Artikel sind bei der Einhaltung der Limite von 40 Prozent nach Artikel 78 Absatz 2 nicht zu berücksichtigen. Art. 84 Beschränkung der Beteiligung an einem einzigen Emittenten (Art. 57 Abs. 2 KAG) 1 Weder die Fondsleitung noch die SICAV darf Beteiligungsrechte erwerben, die insgesamt mehr als 10 Prozent der Stimmrechte ausmachen oder die es ihnen erlau- ben, einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsleitung eines Emittenten auszu- üben. 2 Die FINMA kann eine Ausnahme gewähren, sofern die Fondsleitung oder die SICAV nachweist, dass sie den wesentlichen Einfluss nicht ausübt. 3 Die Fondsleitung und die SICAV dürfen für das Fondsvermögen höchstens erwer- ben: a. je 10 Prozent der stimmrechtslosen Beteiligungspapiere, der Schuldver- schreibungen oder der Geldmarktinstrumente desselben Emittenten; b. 25 Prozent der Anteile an anderen kollektiven Kapitalanlagen, welche die Anforderungen nach Artikel 73 erfüllen. Kollektivanlagenverordnung 37 951.311 4 Die Beschränkung nach Absatz 3 gilt nicht, wenn sich im Zeitpunkt des Erwerbs der Bruttobetrag der Schuldverschreibungen, der Geldmarktinstrumente oder der Anteile an anderen kollektiven Kapitalanlagen nicht berechnen lässt. 5 Die Beschränkungen nach den Absätzen 1 und 3 sind nicht anwendbar auf Effek- ten und Geldmarktinstrumente, die von einem Staat oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft aus der OECD oder von internationalen Organisationen öffentlich- rechtlichen Charakters, denen die Schweiz oder ein Mitgliedstaat der Europäischen Union angehören, begeben oder garantiert werden. Art. 85 Besondere Informationspflichten im Prospekt (Art. 75 KAG) 1 Im Prospekt ist anzugeben, in welche Kategorien von Anlageinstrumenten inves- tiert wird und ob Geschäfte mit derivativen Finanzinstrumenten getätigt werden. Werden Geschäfte mit derivativen Finanzinstrumenten getätigt, so ist zu erläutern, ob diese Geschäfte als Teil der Anlagestrategie oder zur Absicherung von Anlage- positionen getätigt werden und wie sich deren Einsatz auf das Risikoprofil des Effektenfonds auswirkt. 2 Dürfen die Fondsleitung oder die SICAV das Fondsvermögen hauptsächlich in andere Anlagen als solche nach Artikel 70 Absatz 1 Buchstaben a und e investieren oder bilden sie einen Indexfonds (Art. 82), so ist im Prospekt und in den Werbe- unterlagen besonders darauf hinzuweisen. 3 Weist das Nettofondsvermögen eines Effektenfonds aufgrund der Zusammenset- zung der Anlagen oder der angewandten Anlagetechniken eine erhöhte Volatilität beziehungsweise Hebelwirkung auf, so ist im Prospekt und in den Werbeunterlagen besonders darauf hinzuweisen. 3. Abschnitt: Immobilienfonds Art. 86 Zulässige Anlagen (Art. 59 Abs. 1 und 62 KAG) 1 Die Anlagen von Immobilienfonds oder Immobilien-SICAV sind im Fondsregle- ment ausdrücklich zu nennen.124 2 Als Grundstücke nach Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes gelten fol- gende Grundstücke, die gestützt auf die Anmeldung der Fondsleitung, der SICAV oder der von der SICAV beauftragten Fondsleitung gemäss Absatz 2bis eingetragen sind:125 a. Wohnbauten; 124 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 125 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kreditinstitute 38 951.311 b. Liegenschaften, die ausschliesslich oder zu einem überwiegenden Teil kom- merziellen Zwecken dienen; überwiegend ist der kommerzielle Anteil, wenn der Ertrag daraus mindestens 60 Prozent des Liegenschaftsertrages ausmacht (kommerziell genutzte Liegenschaften); c. Bauten mit gemischter Nutzung, die sowohl Wohn- als auch kommerziellen Zwecken dienen; eine gemischte Nutzung liegt vor, wenn der Ertrag aus dem kommerziellen Anteil mehr als 20 Prozent, aber weniger als 60 Prozent des Liegenschaftsertrages ausmacht; d. Stockwerkeigentum; e. Bauland (inkl. Abbruchobjekte) und angefangene Bauten; f. Baurechtsgrundstücke. 2bis Die Grundstücke sind auf den Namen der Fondsleitung oder der SICAV unter Anmerkung der Zugehörigkeit zum Immobilienfonds im Grundbuch eingetragen. Hat der Immobilienfonds oder die SICAV, auf dessen oder deren Name das Grund- stück eingetragen ist, Teilvermögen, so muss angemerkt sein, zu welchem Teilver- mögen das Grundstück gehört.126 3 Als weitere Anlagen sind zulässig: a. Schuldbriefe oder andere vertragliche Grundpfandrechte; b. Beteiligungen an und Forderungen gegen Immobiliengesellschaften nach Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe b des Gesetzes; c. Anteile an anderen Immobilienfonds (einschliesslich Real Estate Investment Trusts) sowie Immobilieninvestmentgesellschaften und -zertifikate, die an einer Börse oder an einem anderen geregelten, dem Publikum offen stehen- den Markt gehandelt werden, gemäss Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c des Gesetzes; d. ausländische Immobilienwerte gemäss Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe d des Gesetzes. 4 Unbebaute Grundstücke eines Immobilienfonds müssen erschlossen und für eine umgehende Überbauung geeignet sein sowie über eine rechtskräftige Baubewilli- gung für deren Überbauung verfügen. Mit der Ausführung der Bauarbeiten muss vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der jeweiligen Baubewilligung begonnen werden kön- nen.127 Art. 87 Risikoverteilung und Beschränkungen (Art. 62 KAG) 1 Immobilienfonds müssen ihre Anlagen auf mindestens zehn Grundstücke verteilen. Siedlungen, die nach den gleichen baulichen Grundsätzen erstellt worden sind, sowie aneinander grenzende Parzellen gelten als ein einziges Grundstück. 126 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 127 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 39 951.311 2 Der Verkehrswert eines Grundstückes darf nicht mehr als 25 Prozent des Fonds- vermögens betragen. 3 Es gelten folgende Anlagebeschränkungen bezogen auf das Fondsvermögen: a. Bauland, einschliesslich Abbruchobjekte, und angefangene Bauten bis höchstens 30 Prozent; b.128 Baurechtsgrundstücke bis höchstens 30 Prozent; c. Schuldbriefe und andere vertragliche Grundpfandrechte bis höchstens 10 Prozent; d. Anteile an anderen Immobilienfonds und Immobilieninvestmentgesellschaf- ten nach Artikel 86 Absatz 3 Buchstabe c bis höchstens 25 Prozent. 4 Die Anlagen nach Absatz 3 Buchstaben a und b dürfen zusammen höchstens 40 Prozent des Fondsvermögens betragen.129 5 Die FINMA kann in begründeten Einzelfällen Abweichungen zulassen. Art. 88 Beherrschender Einfluss der Fondsleitung und der SICAV bei gewöhnlichem Miteigentum (Art. 59 Abs. 2 KAG) 1 Die Fondsleitung und die SICAV üben einen beherrschenden Einfluss aus, wenn sie über die Mehrheit der Miteigentumsanteile und Stimmen verfügen. 2 Sie haben sich in einer Nutzungs- und Verwaltungsordnung nach Artikel 647 Absatz 1 des Zivilgesetzbuches (ZGB)130 alle in den Artikeln 647a–651 ZGB vorge- sehenen Rechte, Massnahmen und Handlungen vorzubehalten. 3 Das Vorkaufsrecht nach Artikel 682 ZGB darf vertraglich nicht aufgehoben wer- den. 4 Miteigentumsanteile an Gemeinschaftsanlagen im Zusammenhang mit Grund- stücken der kollektiven Kapitalanlage, die zu einer Gesamtüberbauung gehören, müssen keinen beherrschenden Einfluss ermöglichen. In diesen Fällen darf das Vorkaufsrecht nach Absatz 3 vertraglich aufgehoben werden. Art. 89 Verbindlichkeiten; kurzfristige festverzinsliche Effekten und kurzfristig verfügbare Mittel (Art. 60 KAG) 1 Als Verbindlichkeiten gelten aufgenommene Kredite, Verpflichtungen aus dem Geschäftsgang sowie sämtliche Verpflichtungen aus gekündigten Anteilen. 2 Als kurzfristige festverzinsliche Effekten gelten Forderungsrechte mit einer Lauf- zeit oder Restlaufzeit bis zu zwölf Monaten. 128 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 129 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 130 SR 210 Kreditinstitute 40 951.311 3 Als kurzfristig verfügbare Mittel gelten Kasse, Post-131 und Bankguthaben auf Sicht und Zeit mit Laufzeiten bis zu zwölf Monaten sowie fest zugesagte Kreditlimi- ten einer Bank bis zu 10 Prozent des Nettofondsvermögens. Die Kreditlimiten sind der Höchstgrenze der zulässigen Verpfändung nach Artikel 96 Absatz 1 anzurech- nen. Art. 90 Sicherstellung von Bauvorhaben (Art. 65 KAG) Zur Sicherstellung von bevorstehenden Bauvorhaben können festverzinsliche Ef- fekten mit einer Laufzeit oder Restlaufzeit von bis zu 24 Monaten gehalten werden. Art. 91132 Derivative Finanzinstrumente (Art. 61 KAG) Zur Absicherung von Zins-, Währungs-, Kredit- und Marktrisiken sind derivative Finanzinstrumente zulässig. Dabei kommen die für Effektenfonds geltenden Best- immungen (Art. 72) sinngemäss zur Anwendung. Art. 91a133 Nahestehende Personen (Art. 63 Abs. 2 und 3 KAG) 1 Als nahestehende Personen gelten insbesondere: a. die Fondsleitung, die SICAV, die Depotbank und deren Beauftragte, na- mentlich von diesen beauftragte Architektinnen und Architekten und Bau- unternehmerinnen und Bauunternehmer; b. die Mitglieder des Verwaltungsrates und die Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter der Fondsleitung oder der SICAV; c. der Verwaltungsrat und die Mitglieder der Geschäftsleitung sowie die mit der Überwachung der Immobilienfonds beauftragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Depotbank; d. die Prüfgesellschaft und die mit der Prüfung der Immobilienfonds betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; e. die Schätzungsexperten; f. die nicht zu 100 Prozent zum Immobilienfonds gehörenden Immobilienge- sellschaften sowie die Mitglieder des Verwaltungsrates und die Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter dieser Immobiliengesellschaften; 131 Infolge des BRB vom 7. Juni 2013 der die Anstalt Post in die spezialgesetzliche Schwei- zerische Post AG umgewandelt und die PostFinance in eine privatrechtliche Aktiengesell- schaft ausgegliedert hat, ist der Hinweis auf die Postguthaben seit dem 26. Juni 2013 ge- genstandslos. 132 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 133 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 41 951.311 g. die mit der Verwaltung der Immobilienwerte beauftragten Liegenschaftsver- waltungen sowie die Mitglieder des Verwaltungsrates und die Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter dieser Liegenschaftsverwaltungen; h. die qualifiziert Beteiligten im Sinne von Artikel 14 Absatz 3 des Gesetzes der oben in Buchstaben a–g erwähnten Gesellschaften. 2 Beauftragte nach Absatz 1 Buchstabe a gelten nicht als nahestehende Personen, wenn nachgewiesen werden kann, dass sie weder direkten noch indirekten Einfluss auf die Fondsleitung oder die SICAV nehmen oder genommen haben und die Fonds- leitung oder die SICAV in der Sache nicht auf andere Weise befangen ist. Art. 92 Bewertung von Grundstücken bei Erwerb oder Veräusserung (Art. 64 KAG) 1 Grundstücke, welche die Fondsleitung oder die SICAV erwerben wollen, sind vorgängig schätzen zu lassen.134 2 Für diese Schätzung besichtigt der Schätzungsexperte die Grundstücke. 3 Bei einer Veräusserung kann auf eine neue Schätzung verzichtet werden, wenn: a. die bestehende Schätzung nicht älter 3 Monate ist; und b. sich die Verhältnisse nicht wesentlich geändert haben.135 4 Die Fondsleitung und die SICAV müssen eine Veräusserung unter oder den Er- werb über dem Schätzungswert gegenüber der Prüfgesellschaft begründen. Art. 93 Bewertung der zur kollektiven Kapitalanlage gehörenden Grundstücke (Art. 64 KAG)136 1 Der Verkehrswert der Grundstücke, die zum Immobilienfonds gehören, ist auf den Abschluss jedes Rechnungsjahres durch die Schätzungsexperten überprüfen zu lassen. 2 Die Besichtigung der Grundstücke durch die Schätzungsexperten ist mindestens alle drei Jahre zu wiederholen. 3 Die Schätzungsexperten haben ihre Schätzungsmethode gegenüber der Prüfgesell- schaft zu begründen. 4 Übernehmen die Fondsleitung und die SICAV den Schätzungswert nicht unverän- dert in ihre Rechnung, so haben sie dies gegenüber der Prüfgesellschaft zu begrün- den. 134 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 135 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 136 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 42 951.311 Art. 94 Prüfung und Bewertung bei Bauvorhaben (Art. 64 und 65 KAG)137 1 Die Fondsleitung und die SICAV lassen bei Bauvorhaben durch mindestens einen Schätzungsexperten prüfen, ob die voraussichtlichen Kosten marktkonform und angemessen sind. 2 Nach Fertigstellung der Baute lassen die Fondsleitung und die SICAV den Ver- kehrswert durch mindestens einen Schätzungsexperten schätzen. Art. 95 Publikationspflicht (Art. 67 KAG)138 1 Die Fondsleitung und die SICAV veröffentlichen in den Publikationsorganen den Verkehrswert des Fondsvermögens und den sich daraus ergebenden Inventarwert der Fondsanteile gleichzeitig mit dessen Bekanntgabe an die mit dem regelmässigen börslichen oder ausserbörslichen Handel der Immobilienfondsanteile betraute Bank oder das damit betraute Wertpapierhaus.139 2 Bei Immobilienfonds, die an einer Börse oder an einem anderen geregelten, dem Publikum offen stehenden Markt gehandelt werden, sind zusätzlich die massgeben- den börsenrechtlichen Bestimmungen zu beachten. Art. 96 Sonderbefugnisse (Art. 65 KAG) 1 Bei der Verpfändung der Grundstücke und der Sicherungsübereignung der Pfand- rechte nach Artikel 65 Absatz 2 des Gesetzes darf die Belastung aller Grundstücke im Durchschnitt nicht mehr als ein Drittel des Verkehrswertes betragen.140 1bis Zur Wahrung der Liquidität kann die Belastung vorübergehend und ausnahms- weise auf die Hälfte des Verkehrswertes erhöht werden, sofern: a. das Fondsreglement dies vorsieht; und b. die Interessen der Anlegerinnen und Anleger gewahrt bleiben.141 1ter Die Prüfgesellschaft nimmt im Rahmen der Prüfung des Immobilienfonds zu den Voraussetzungen gemäss Absatz 1bis Stellung.142 2 Lassen die Fondsleitung und die SICAV Bauten erstellen oder führen sie Gebäude- sanierungen durch, so dürfen sie für die Zeit der Vorbereitung, des Baus oder der 137 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 138 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 139 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 140 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 141 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 142 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 43 951.311 Gebäudesanierung der Ertragsrechnung des Immobilienfonds für Bauland und angefangene Bauten einen Bauzins zum marktüblichen Satz gutschreiben, sofern dadurch die Kosten den geschätzten Verkehrswert nicht übersteigen. Art. 97 Ausgabe von Immobilienfondsanteilen (Art. 66 KAG) 1 Die Ausgabe von Anteilen ist jederzeit möglich. Sie darf nur tranchenweise erfol- gen. 2 Die Fondsleitung und die SICAV bestimmen mindestens: a. die geplante Anzahl der neu auszugebenden Anteile; b. das geplante Bezugsverhältnis für die bisherigen Anlegerinnen und Anleger; c. die Emissionsmethode für das Bezugsrecht. 3 Die Schätzungsexperten überprüfen zur Berechnung des Inventarwertes und zur Festlegung des Ausgabepreises den Verkehrswert jedes Grundstückes. Art. 98 Vorzeitige Rücknahme von Immobilienfondsanteilen (Art. 66 KAG) Die Fondsleitung und die SICAV können die während eines Rechnungsjahres ge- kündigten Anteile nach Abschluss desselben vorzeitig zurückzahlen, wenn: a.143 die Anlegerin oder der Anleger dies bei der Kündigung schriftlich oder in anderer Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, verlangt; b. sämtliche Anlegerinnen und Anleger, die eine vorzeitige Rückzahlung ver- langt haben, befriedigt werden können. 4. Abschnitt: Übrige Fonds für traditionelle und alternative Anlagen Art. 99 Zulässige Anlagen (Art. 69 KAG) 1 Als Anlagen von übrigen Fonds sind namentlich zugelassen: a. Effekten; b. Anteile an kollektiven Kapitalanlagen; c. Geldmarktinstrumente; d. Guthaben auf Sicht und auf Zeit mit Laufzeiten bis zu zwölf Monaten; e. Edelmetalle; f. derivative Finanzinstrumente, denen als Basiswerte Effekten, kollektive Ka- pitalanlagen, Geldmarktinstrumente, derivative Finanzinstrumente, Indizes, 143 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kreditinstitute 44 951.311 Zinssätze, Wechselkurse, Kredite, Währungen, Edelmetalle, Commodities oder ähnliches zu Grunde liegen; g. strukturierte Produkte, die sich auf Effekten, kollektive Kapitalanlagen, Geld- marktinstrumente, derivative Finanzinstrumente, Indizes, Zinssätze, Wechsel- kurse, Währungen, Edelmetalle, Commodities oder ähnliches beziehen. 2 Für übrige Fonds für alternative Anlagen kann die FINMA weitere Anlagen wie Commodities, Rohstoffe und die entsprechenden Rohstofftitel zulassen.144 3 Anlagen gemäss Artikel 69 Absatz 2 des Gesetzes sind im Fondsreglement aus- drücklich zu nennen. 4 Für Anlagen in Anteile an kollektiven Kapitalanlagen gilt Artikel 73 Absatz 4 sinngemäss. Art. 100 Anlagetechniken und Beschränkungen (Art. 70 Abs. 2 und 71 Abs. 2 KAG) 1 Übrige Fonds für traditionelle Anlagen dürfen: a. Kredite in der Höhe von höchstens 25 Prozent des Nettofondsvermögens aufnehmen; b.145 höchstens 60 Prozent des Nettofondsvermögens verpfänden oder zur Siche- rung übereignen; c. ein Gesamtengagement von höchstens 225 Prozent des Nettofondsvermö- gens eingehen; d. Leerverkäufe tätigen. 2 Übrige Fonds für alternative Anlagen dürfen: a. Kredite in der Höhe von höchstens 50 Prozent des Nettofondsvermögens aufnehmen; b.146 höchstens 100 Prozent des Nettofondsvermögens verpfänden oder zur Siche- rung übereignen; c. ein Gesamtengagement von höchstens 600 Prozent des Nettofondsvermö- gens eingehen; d. Leerverkäufe tätigen. 3 Das Fondsreglement nennt die Anlagebeschränkungen ausdrücklich. Es regelt zudem Art und Höhe der zulässigen Leerverkäufe. 144 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 145 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2008, in Kraft seit 1. März 2008 (AS 2008 571). 146 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2008, in Kraft seit 1. März 2008 (AS 2008 571). Kollektivanlagenverordnung 45 951.311 Art. 101 Abweichungen (Art. 69–71 KAG) Die FINMA kann im Einzelfall Abweichungen zulassen von den Bestimmungen über: a. die zulässigen Anlagen; b. die Anlagetechniken; c. die Beschränkungen; d. die Risikoverteilung. Art. 102 Risikohinweis (Art. 71 Abs. 3 KAG) 1 Der Hinweis auf die besonderen Risiken (Warnklausel) bedarf der Genehmigung der FINMA. 2 Die Warnklausel muss auf der ersten Seite des Fondsreglements, des Prospekts sowie des Basisinformationsblatts nach den Artikeln 58–63 und 66 FIDLEG147 angebracht und stets in der Form verwendet werden, in der sie von der FINMA genehmigt wurde.148 4. Kapitel: Gemeinsame Bestimmungen 1. Abschnitt: Depotbank Art. 102a149 Organisation (Art. 72 KAG) 1 Die Depotbank muss eine für die Erfüllung ihrer Aufgaben geeignete Organisation haben und Personal beschäftigen, das ihrer Tätigkeit angemessen und entsprechend qualifiziert ist. 2 Sie verfügt für die Erfüllung ihrer Tätigkeit als Depotbank über mindestens drei Vollzeitstellen mit Zeichnungsberechtigung. Art. 103 Informationspflicht (Art. 72 Abs. 2 KAG) Die Depotbank teilt der Prüfgesellschaft die mit den Aufgaben der Depotbank be- trauten leitenden Personen mit. 147 SR 950.1 148 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 149 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 46 951.311 Art. 104 Aufgaben (Art. 73 KAG) 1 Die Depotbank hat folgende Aufgaben: a. Sie ist für die Konto- und Depotführung der kollektiven Kapitalanlagen ver- antwortlich, kann aber nicht selbstständig über deren Vermögen verfügen. b. Sie gewährleistet, dass ihr bei Geschäften, die sich auf das Vermögen der kollektiven Kapitalanlage beziehen, der Gegenwert innert der üblichen Fris- ten übertragen wird. c. Sie benachrichtigt die Fondsleitung oder die kollektive Kapitalanlage, falls der Gegenwert nicht innert der üblichen Frist erstattet wird, und fordert von der Gegenpartei Ersatz für den betroffenen Vermögenswert, sofern dies möglich ist. d. Sie führt die erforderlichen Aufzeichnungen und Konten so, dass sie jeder- zeit die verwahrten Vermögensgegenstände der einzelnen kollektiven Kapi- talanlagen voneinander unterscheiden kann. e. Sie prüft bei Vermögensgegenständen, die nicht in Verwahrung genommen werden können, das Eigentum der Fondsleitung oder der kollektiven Kapi- talanlage und führt darüber Aufzeichnungen.150 2 Bei Immobilienfonds bewahrt sie die unbelehnten Schuldbriefe sowie die Aktien von Immobiliengesellschaften auf. Für die laufende Verwaltung von Immobilien- werten kann sie Konten von Dritten führen lassen. 3 Bei kollektiven Kapitalanlagen mit Teilvermögen ist für sämtliche Aufgaben dieselbe Depotbank verantwortlich. Art. 105 Wechsel der Depotbank; Einwendungsfrist, Inkrafttreten und Barauszahlung (Art. 74 KAG) 1 Artikel 41 ist für den Wechsel der Depotbank eines vertraglichen Anlagefonds sinngemäss anwendbar. 2 Der Beschluss zum Wechsel der Depotbank wird unverzüglich in den Publika- tionsorganen der SICAV veröffentlicht. Art. 105a151 Aufgaben bei Delegation der Verwahrung (Art. 73 Abs. 2 und 2bis KAG) Überträgt die Depotbank die Aufbewahrung des Fondsvermögens einem Dritt- oder Zentralverwahrer im In- oder Ausland, so prüft und überwacht sie, ob dieser:152 150 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 151 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 152 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kollektivanlagenverordnung 47 951.311 a. über eine angemessene Betriebsorganisation, finanzielle Garantien und die fachlichen Qualifikationen verfügt, die für die Art und die Komplexität der Vermögensgegenstände, die ihm anvertraut wurden, erforderlich sind; b. einer regelmässigen externen Prüfung unterzogen und damit sichergestellt wird, dass sich die Finanzinstrumente in seinem Besitz befinden; c. die von der Depotbank erhaltenen Vermögensgegenstände so verwahrt, dass sie von der Depotbank durch regelmässige Bestandesabgleiche zu jeder Zeit eindeutig als zum Fondsvermögen gehörend identifiziert werden können; d. die für die Depotbank geltenden Vorschriften hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer delegierten Aufgaben und der Vermeidung von Interessenkollisionen einhält. 2. Abschnitt: ... Art. 106 und 107153 Art. 107a154 Art. 107b–107e155 3. Abschnitt: Stellung der Anlegerinnen und Anleger156 Art. 108 Einzahlung; Verurkundung von Anteilen (Art. 78 Abs. 1 und 2 KAG) 1 Als Zahlstelle ist eine Bank im Sinne des Bankengesetzes vom 8. November 1934157 vorzusehen.158 2 Sofern das Fondsreglement die Auslieferung von Anteilscheinen vorsieht, verur- kundet die Depotbank auf Verlangen der Anlegerin oder des Anlegers deren oder 153 Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 154 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Juni 2011 (AS 2011 3177). Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 155 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 156 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 157 SR 952.0 158 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 48 951.311 dessen Rechte in Wertpapieren (Art. 965 OR159) ohne Nennwert, die auf den Namen lauten und als Ordrepapiere (Art. 967 und 1145 OR) ausgestaltet sind.160 3 Anteilscheine dürfen erst nach Bezahlung des Ausgabepreises ausgegeben werden. 4 Die Ausgabe von Fraktionsanteilen ist nur bei Anlagefonds erlaubt. Art. 109 Ausnahmen vom Recht auf jederzeitige Rückgabe (Art. 79 KAG) 1 Das Fondsreglement einer kollektiven Kapitalanlage mit erschwerter Bewertung oder beschränkter Marktgängigkeit kann vorsehen, dass die Kündigung nur auf bestimmte Termine, jedoch mindestens viermal im Jahr, erklärt werden kann. 2 Die FINMA kann auf begründeten Antrag das Recht auf jederzeitige Rückgabe in Abhängigkeit von Anlagen und Anlagepolitik einschränken. Dies gilt namentlich bei: a. Anlagen, die nicht kotiert sind und an keinem anderen geregelten, dem Pub- likum offen stehenden Markt gehandelt werden; b. Hypothekaranlagen; c. Private-Equity-Anlagen. 3 Wird das Recht auf jederzeitige Rückgabe eingeschränkt, so ist dies im Fondsreg- lement, im Prospekt und im Basisinformationsblatt ausdrücklich zu nennen.161 4 Das Recht auf jederzeitige Rückgabe darf höchstens fünf Jahre ausgesetzt werden. 5 Die Fondsleitung und die SICAV können im Fondsreglement eine anteilige Kür- zung der Rücknahmeanträge bei Erreichen eines bestimmten Prozentsatzes oder Schwellenwerts für einen bestimmten Zeitpunkt (Gating) vorsehen, wenn ausserge- wöhnliche Umstände vorliegen und wenn dies im Interesse der verbleibenden Anle- gerinnen und Anleger ist. Der verbleibende Teil der Rücknahmeanträge ist als für den nächsten Bewertungstag eingegangen zu betrachten. Die Einzelheiten sind im Fondsreglement offen zu legen. Die FINMA genehmigt die Aufnahme eines Gating im Fondsreglement.162 6 Der Entscheid über den Aufschub oder das Gating sowie dessen Aufhebung ist der Prüfgesellschaft und der FINMA unverzüglich mitzuteilen. Er ist auch den Anlege- rinnen und Anlegern in angemessener Weise mitzuteilen.163 159 SR 220 160 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 161 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 162 Eingefügt durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 163 Eingefügt durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kollektivanlagenverordnung 49 951.311 Art. 110 Aufschub der Rückzahlung (Art. 81 KAG) 1 Das Fondsreglement kann vorsehen, dass die Rückzahlung vorübergehend und ausnahmsweise aufgeschoben wird, wenn: a. ein Markt, welcher Grundlage für die Bewertung eines wesentlichen Teils des Fondsvermögens bildet, geschlossen ist oder der Handel an einem sol- chen Markt beschränkt oder ausgesetzt ist; b. ein politischer, wirtschaftlicher, militärischer, monetärer oder anderer Not- fall vorliegt; c. wegen Beschränkungen des Devisenverkehrs oder Beschränkungen sonsti- ger Übertragungen von Vermögenswerten Geschäfte für die kollektive Ka- pitalanlage undurchführbar werden; d. zahlreiche Anteile gekündigt werden und dadurch die Interessen der übrigen Anlegerinnen und Anleger wesentlich beeinträchtigt werden können. 2 Der Entscheid über den Aufschub ist der Prüfgesellschaft und der FINMA unver- züglich mitzuteilen. Er ist auch den Anlegerinnen und Anlegern in angemessener Weise mitzuteilen. Art. 111 Zwangsrückkauf (Art. 82 KAG) 1 Der Zwangsrückkauf im Sinne von Artikel 82 des Gesetzes ist nur im Ausnahme- fall zulässig. 2 Die Gründe für einen Zwangsrückkauf sind im Fondsreglement zu nennen. 4. Abschnitt: Offene kollektive Kapitalanlagen mit Teilvermögen Art. 112 Teilvermögen (Art. 92–94 KAG) 1 Die Fondsleitung und die SICAV erstellen für eine kollektive Kapitalanlage mit Teilvermögen ein einziges Fondsreglement. Dieses enthält deren Bezeichnung sowie die Zusatzbezeichnungen der einzelnen Teilvermögen. 2 Haben die Fondsleitung oder die SICAV das Recht, weitere Teilvermögen zu eröffnen, bestehende aufzulösen oder zu vereinigen, so ist im Fondsreglement be- sonders darauf hinweisen. 3 Die Fondsleitung und die SICAV weisen zudem im Fondsreglement darauf hin, dass: a. Vergütungen nur demjenigen Teilvermögen belastet werden, dem eine be- stimmte Leistung zukommt; b. Kosten, die nicht eindeutig einem Teilvermögen zugeordnet werden können, den einzelnen Teilvermögen im Verhältnis zum Fondsvermögen belastet werden; Kreditinstitute 50 951.311 c. Anlegerinnen und Anleger nur am Vermögen und Ertrag desjenigen Teilver- mögens berechtigt sind, an dem sie beteiligt sind beziehungsweise dessen Aktien sie halten; d. für die auf das einzelne Teilvermögen entfallenden Verbindlichkeiten nur das betreffende Teilvermögen haftet. 4 Kommissionen, die Anlegerinnen und Anlegern beim Wechsel von einem Teil- vermögen zu einem andern belastet werden, sind im Fondsreglement ausdrücklich zu nennen. 5 Artikel 115 ist bei der Vereinigung von Teilvermögen sinngemäss anwendbar. Art. 113164 5. Abschnitt: Umstrukturierung und Auflösung Art. 114 Voraussetzungen für die Umstrukturierung (Art. 92 und 95 Abs. 1 KAG) 1 Anlagefonds oder Teilvermögen können von der Fondsleitung vereinigt werden, sofern: a. die entsprechenden Fondsverträge dies vorsehen; b. sie von der gleichen Fondsleitung verwaltet werden; c.165 die entsprechenden Fondsverträge bezüglich folgender Anforderungen grundsätzlich übereinstimmen: 1. Anlagepolitik, Anlagetechniken, Risikoverteilung sowie mit der Anla- gepolitik verbundene Risiken, 2. Verwendung des Nettoertrages und der Kapitalgewinne aus der Ver- äusserung von Sachen und Rechten, 3. Art, Höhe und Berechnung aller Vergütungen, die Ausgabe- und Rück- nahmekommissionen sowie die Nebenkosten für den An- und Verkauf von Anlagen, wie Courtagen, Gebühren, Abgaben, die dem Fondsver- mögen oder den Anlegern belastet werden dürfen, 4. Laufzeit des Vertrages und die Voraussetzung der Auflösung; d. am gleichen Tag die Vermögen der beteiligten Anlagefonds bewertet, das Umtauschverhältnis berechnet und die Vermögenswerte und Verbindlich- keiten übernommen werden; e. weder den Anlagefonds beziehungsweise Teilvermögen noch den Anlegerin- nen und Anlegern daraus Kosten erwachsen. 164 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 165 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kollektivanlagenverordnung 51 951.311 2 ...166 3 Die FINMA kann die Vereinigung von Anlagefonds und die Vermögensübertra- gung einer SICAV, insbesondere im Fall von Immobilienfonds, von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig machen. Art. 115 Verfahren für die Vereinigung kollektiver Kapitalanlagen (Art. 95 Abs. 1 Bst. a und b KAG) 1 Bei der Vereinigung zweier Anlagefonds erhalten die Anlegerinnen und Anleger des übertragenden Anlagefonds Anteile am übernehmenden Anlagefonds in entspre- chender Höhe. Der übertragende Anlagefonds wird ohne Liquidation aufgelöst. 2 Der Fondsvertrag regelt das Verfahren der Vereinigung. Er enthält insbesondere Bestimmungen über: a. die Information der Anlegerinnen und Anleger; b. die Prüfungspflichten der Prüfgesellschaft bei der Vereinigung. 3 Die FINMA kann einen befristeten Aufschub der Rückzahlung bewilligen, wenn die Vereinigung voraussichtlich mehr als einen Tag in Anspruch nimmt. 4 Die Fondsleitung meldet der FINMA den Abschluss der Vereinigung. 5 ...167 Art. 115a168 Vermögensübertragung, Umwandlung und Spaltung Bei der Vermögensübertragung einer SICAV sowie bei der Spaltung und bei der Umwandlung einer offenen kollektiven Kapitalanlage kommen die Artikel 114 und 115 sinngemäss zur Anwendung. Art. 116 Auflösung einer kollektiven Kapitalanlage (Art. 96 und 97 KAG) 1 Die kollektive Kapitalanlage wird aufgelöst und darf unverzüglich liquidiert wer- den, wenn: a. die Fondsleitung oder die Depotbank gekündigt hat; b. die Unternehmeraktionärinnen und -aktionäre einer SICAV die Auflösung beschlossen haben. 2 Hat die FINMA die Auflösung der kollektiven Kapitalanlage verfügt, so muss sie unverzüglich liquidiert werden. 3 Vor der Schlusszahlung muss die Fondsleitung oder die SICAV die Bewilligung der FINMA einholen. 166 Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 167 Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 168 Eingefügt durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kreditinstitute 52 951.311 4 Der Handel von Anteilen an der Börse ist auf den Zeitpunkt der Auflösung einzu- stellen. 5 Die Kündigung des Depotbankvertrags zwischen der SICAV und der Depotbank ist der FINMA und der Prüfgesellschaft unverzüglich zu melden. 3. Titel: Geschlossene kollektive Kapitalanlagen 1. Kapitel: Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen Art. 117169 Zweck (Art. 98 Abs. 1 KAG) 1 Die Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen darf ausschliesslich ihr Vermögen verwalten. Namentlich ist es ihr verboten, Dienstleistungen im Sinne der Artikel 26 und 34 FINIG170 für Dritte zu erbringen oder unternehmerische Aktivitä- ten zur Verfolgung kommerzieller Zwecke aufzunehmen.171 2 Sie investiert in Risikokapital von Unternehmen und Projekten und kann deren strategische Ausrichtung bestimmen. Sie kann auch in Anlagen gemäss Artikel 121 investieren. 3 Sie kann zu diesem Zweck: a. die Kontrolle der Stimmrechte an Unternehmen übernehmen; b. zur Gewährleistung der Interessen der Kommanditäre Einsitz im Organ der Oberleitung, der Aufsicht und der Kontrolle ihrer Beteiligungen nehmen. Art. 118 Komplementäre (Art. 98 Abs. 2 KAG) 1 ...172 2 Hat die Gesellschaft einen Komplementär, so muss er über ein einbezahltes Akti- enkapital von mindestens 100 000 Franken verfügen. Hat sie mehrere Komplemen- täre, so müssen sie zusammen über ein einbezahltes Aktienkapital von mindestens 100 000 Franken verfügen. 3 Für die Komplementäre gelten die Bewilligungs- und Meldepflichten nach den Artikeln 14 Absatz 1 und 15 Absatz 1 sinngemäss. 169 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 170 SR 954.1 171 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 172 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, mit Wirkung seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kollektivanlagenverordnung 53 951.311 Art. 119 Gesellschaftsvertrag (Art. 9 Abs. 3 und 102 KAG)173 1 Die Komplementäre können die Anlageentscheide sowie weitere Tätigkeiten delegieren, soweit dies im Interesse einer sachgerechten Verwaltung liegt. 2 Sie beauftragen ausschliesslich Personen, die für eine einwandfreie Ausführung der Tätigkeit qualifiziert sind, und stellen die Instruktion, Überwachung und Kon- trolle der Durchführung des Auftrages sicher. 3 Die geschäftsführenden Personen der Komplementäre können sich als Komman- ditärinnen oder Kommanditäre an der Gesellschaft beteiligen, sofern: a. der Gesellschaftsvertrag es vorsieht; b. die Beteiligung aus ihrem Privatvermögen stammt; und c. die Beteiligung bei der Lancierung gezeichnet wird. 3bis ...174 4 Der Gesellschaftsvertrag regelt die Einzelheiten und ist in einer Amtssprache zu erstellen. Die FINMA kann im Einzelfall eine andere Sprache zulassen.175 Art. 120 Risikokapital (Art. 103 Abs. 1 KAG) 1 Risikokapital dient in der Regel der direkten oder indirekten Finanzierung von Unternehmungen und Projekten in grundsätzlicher Erwartung eines überdurch- schnittlichen Mehrwertes verbunden mit einer überdurchschnittlichen Verlustwahr- scheinlichkeit. 2 Die Finanzierung kann insbesondere erfolgen über: a. Eigenkapital; b. Fremdkapital; c. Mischformen von Eigen- und Fremdkapital wie Mezzanine-Finanzierungen. Art. 121 Andere Anlagen (Art. 103 Abs. 2 KAG) 1 Zulässig sind insbesondere: a.176 Bau-, Immobilien- und Infrastrukturprojekte; b. alternative Anlagen; 173 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 174 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 175 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 176 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 54 951.311 c.177 weitere Anlagen, insbesondere Anlagen in Immobilien oder Infrastruktur; d.178 Mischformen sämtlicher nach den Artikeln 120 und Artikel 121 möglichen Anlagen. 2 Der Gesellschaftsvertrag regelt die Einzelheiten. 3 Zulässig sind nur Bau-, Immobilien- und Infrastrukturprojekte von Personen, die weder direkt noch indirekt verbunden sind mit: a. dem Komplementär; b. den für die Verwaltung und Geschäftsführung verantwortlichen Personen; oder c. den Anlegerinnen und Anlegern.179 4 Der Komplementär, die für die Verwaltung und Geschäftsführung verantwortli- chen Personen und die ihnen nahestehenden natürlichen und juristischen Personen sowie die Anlegerinnen und Anleger einer Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen dürfen von dieser Immobilienwerte und Infrastrukturwerte überneh- men oder abtreten, sofern: a. die Marktkonformität des Kaufs- und Verkaufspreises der Immobilienwerte und Infrastrukturwerte sowie der Transaktionskosten durch einen unabhän- gigen Schätzungsexperten bestätigt wird; und b. die Gesellschafterversammlung der Transaktion zugestimmt hat.180 2. Kapitel: Investmentgesellschaft mit festem Kapital Art. 122 Zweck (Art. 110 KAG) 1 Die Investmentgesellschaft mit festem Kapital darf nur ihr eigenes Vermögen verwalten. Sie bezweckt hauptsächlich die Erzielung von Erträgen oder Kapitalge- winnen und verfolgt keine unternehmerische Tätigkeit im eigentlichen Sinn. Na- mentlich ist es ihr verboten, Dienstleistungen im Sinne der Artikel 26 und 34 FINIG181 für Dritte zu erbringen.182 2 Sie darf die Anlageentscheide sowie Teilaufgaben delegieren, soweit dies im Interesse einer sachgerechten Verwaltung liegt. 177 Eingefügt durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 178 Eingefügt durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 179 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 180 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 181 SR 954.1 182 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kollektivanlagenverordnung 55 951.311 Art. 122a183 Mindesteinlage (Art 110 Abs. 2 KAG) 1 Im Zeitpunkt der Gründung müssen Aktien im Umfang von mindestens 500 000 Franken bar liberiert werden. 2 Die Mindesteinlage ist dauernd zu halten. 3 Die SICAF meldet der FINMA unverzüglich eine Unterschreitung der Mindest- einlage. Art. 122b184 Eigene Aktien der Organe (Art 110 Abs. 2 KAG) Die Organe müssen dauernd wie folgt eigene Aktien in Prozenten des Gesamtver- mögens der SICAF halten, höchstens jedoch 20 Millionen Franken: a. 1 Prozent für den Teil, der 50 Millionen Franken nicht übersteigt; b. ¾ Prozent für den Teil, der 50 Millionen, nicht aber 100 Millionen Franken übersteigt; c. ½ Prozent für den Teil, der 100 Millionen, nicht aber 150 Millionen Franken übersteigt; d. ¼ Prozent für den Teil, der 150 Millionen, nicht aber 250 Millionen Franken übersteigt; e. ⅛ Prozent für den Teil, der 250 Millionen Franken übersteigt. Art. 123 Zulässige Anlagen (Art. 110 KAG) 1 Die Bestimmungen über die zulässigen Anlagen für übrige Fonds sind sinngemäss anwendbar. 2 Die FINMA kann weitere Anlagen zulassen. Art. 124 Publikationsorgane (Art. 112 KAG) Artikel 39 gilt sinngemäss. Art. 125 Zwangsrückkauf (Art. 113 Abs. 3 KAG) Artikel 111 gilt sinngemäss. 183 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 184 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 56 951.311 Art. 126 Änderungen der Statuten und des Anlagereglements (Art. 115 Abs. 3 KAG) Die SICAF veröffentlicht in den Publikationsorganen die von der Generalver- sammlung beschlossenen und von der FINMA genehmigten wesentlichen Änderun- gen der Statuten und des Anlagereglements mit dem Hinweis auf die Stellen, wo die Änderungen im Wortlaut kostenlos bezogen werden können. 4. Titel: Ausländische kollektive Kapitalanlagen 1. Kapitel: Genehmigung Art. 127 Bezeichnung der ausländischen kollektiven Kapitalanlage (Art. 120 Abs. 2 Bst. c und 122 KAG)185 Trägt eine ausländische kollektive Kapitalanlage eine Bezeichnung, die zu Täu- schung oder Verwechslung Anlass gibt oder geben kann, so kann die FINMA einen erläuternden Zusatz vorschreiben. Art. 127a186 Werbung für ausländische kollektive Kapitalanlagen (Art. 120 Abs. 1 und 4 KAG) Das Werben für ausländische kollektive Kapitalanlagen löst die Pflichten nach Artikel 120 Absätze 1 und 4 des Gesetzes aus. Art. 128187 Vertretungsvereinbarung und Zahlstellenvereinbarung (Art. 120 Abs. 2 Bst. d KAG) 1 Die Fondsleitung einer ausländischen kollektiven Kapitalanlage oder die ausländi- sche Fondsgesellschaft, deren kollektive Kapitalanlage in der Schweiz zum Angebot an nicht qualifizierte Anlegerinnen und Anleger genehmigt ist, hat nachzuweisen, dass sie: a. eine schriftliche Vertretungsvereinbarung oder eine Vertretungsvereinbarung in anderer Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, abgeschlossen hat; b. eine schriftliche Zahlstellenvereinbarung oder eine Zahlstellenvereinbarung in anderer Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, abgeschlossen hat. 2 Die Depotbank hat nachzuweisen, dass sie eine schriftliche Zahlstellenvereinba- rung oder eine Zahlstellenvereinbarung in anderer Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, abgeschlossen hat. 185 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2008, in Kraft seit 1. März 2008 (AS 2008 571). 186 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 187 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kollektivanlagenverordnung 57 951.311 3 Für das Angebot ausländischer kollektiver Kapitalanlagen in der Schweiz regelt die Vertretungsvereinbarung namentlich: a. die Rechte und Pflichten der Fondsleitung oder der Fondsgesellschaft nach Absatz 1 und des Vertreters im Sinne von Artikel 124 Absatz 2 des Geset- zes, insbesondere seine Melde-, Publikations- und Informationspflichten so- wie die Verhaltensregeln; b. die Art und Weise, in der die kollektive Kapitalanlage in der Schweiz ange- boten wird; c. die Pflicht der Fondsleitung oder der Fondsgesellschaft nach Absatz 1 zur Rechenschaftsablegung gegenüber dem Vertreter, namentlich hinsichtlich Änderungen des Prospekts und der Organisation der ausländischen kol- lektiven Kapitalanlage. 4 Die FINMA veröffentlicht eine Liste der Länder, mit denen sie eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch nach Artikel 120 Absatz 2 Buchstabe e des Gesetzes abgeschlossen hat. Art. 128a188 Pflichten des Vertreters (Art. 124 Abs. 2 KAG) 1 Der Vertreter einer ausländischen kollektiven Kapitalanlage verfügt für die Erfül- lung der Pflichten gemäss Artikel 124 des Gesetzes über eine angemessene Organi- sation. 2 Die FINMA regelt die Einzelheiten betreffend die Organisation und die Pflichten des Vertreters ausländischer kollektiver Kapitalanlagen.189 Art. 129190 Vereinfachtes und beschleunigtes Verfahren (Art. 120 Abs. 3 KAG) Die FINMA kann im Einzelfall für ausländische kollektive Anlagen ein vereinfach- tes und beschleunigtes Genehmigungsverfahren vorsehen, sofern solche Anlagen bereits von einer ausländischen Aufsichtsbehörde genehmigt wurden und das Ge- genrecht gewährleistet ist. Art. 129a191 Ausnahmen (Art. 120 Abs. 4 KAG) Ausländische kollektive Kapitalanlagen, die qualifizierten Anlegerinnen und Anle- gern nach Artikel 5 Absatz 1 des Finanzdienstleistungsgesetzes vom 15. Juni 188 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 189 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 190 Fassung gemäss Anhang Ziff. 6 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363). 191 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kreditinstitute 58 951.311 2018192 (FIDLEG) im Rahmen eines auf Dauer angelegten Anlageberatungsverhält- nisses im Sinne von Artikel 3 Buchstabe c Ziffer 4 FIDLEG angeboten werden, müssen die Voraussetzungen von Artikel 120 Absatz 2 Buchstabe d des Gesetzes nicht erfüllen. Art. 129b193 Mitarbeiterbeteiligungspläne (Art. 120 Abs. 5 KAG) Als Mitarbeiterbeteiligungspläne gelten Arbeitnehmerbeteiligungspläne gemäss Artikel 5 FINIV194. Art. 130 Dahinfallen der Genehmigung (Art. 15 und 120 KAG) Die Genehmigung für ausländische kollektive Kapitalanlagen nach den Artikeln 15 und 120 des Gesetzes fällt dahin, wenn die Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes der kollektiven Kapitalanlage die Genehmigung entzieht. 2. Kapitel: Vertreter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen Art. 131195 Mindestkapital und Sicherheitsleistung (Art. 14 Abs. 1 Bst. d KAG) 1 Der Vertreter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen muss über ein Mindestkapi- tal von 100 000 Franken verfügen. Dieses muss voll einbezahlt sein und ist dauernd einzuhalten. 2 Die FINMA kann Personengesellschaften gestatten, anstelle des Mindestkapitals eine Sicherheit, namentlich eine Bankgarantie oder eine Bareinlage, auf einem Sperrkonto bei einer Bank zu hinterlegen, die dem Mindestkapital entspricht. 3 Sie kann in begründeten Fällen einen anderen Mindestbetrag festlegen. 4 Im Übrigen gilt Artikel 20 sinngemäss. Art. 131a196 Pflichten des Vertreters beim Angebot von Anteilen an qualifizierte Anlegerinnen und Anleger (Art. 120 Abs. 4 KAG) Der Vertreter stellt sicher, dass die Anlegerinnen und Anleger die massgebenden Dokumente der ausländischen kollektiven Kapitalanlage bei ihm beziehen können. 192 SR 950.1 193 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 194 SR 954.11 195 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 196 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kollektivanlagenverordnung 59 951.311 Art. 132 Berufshaftpflichtversicherung (Art. 14 Abs. 1 Bst. d KAG) Der Vertreter schliesst eine seiner Geschäftstätigkeit angemessene Berufshaft- pflichtversicherung ab von mindestens 1 Million Franken, abzüglich des Mindest- kapitals beziehungsweise der effektiven Sicherheitsleistung gemäss Artikel 131. Art. 133 Publikations- und Meldevorschriften (Art. 75–77, 83 Abs. 4 und 124 Abs. 2 KAG)197 1 Der Vertreter einer ausländischen kollektiven Kapitalanlage veröffentlicht die Dokumente nach den Artikeln 13a und 15 Absatz 3 sowie den Jahres- und Halbjah- resbericht in einer Amtssprache oder auf Englisch. Die FINMA kann die Publikation in einer anderen Sprache zulassen, sofern sich die Publikation nur an einen bestimm- ten Anlegerkreis richtet.198 2 In den Publikationen und in der Werbung sind anzugeben: a. das Herkunftsland der kollektiven Kapitalanlage; b. der Vertreter; c. die Zahlstelle; d.199 der Ort, wo die Dokumente nach den Artikeln 13a und 15 Absatz 3 sowie der Jahres- und Halbjahresbericht bezogen werden können. 2bis Wird anstelle des Basisinformationsblatts ein gleichwertiges ausländisches Dokument nach Anhang 10 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. November 2019200 verwendet, so können die Informationen nach Absatz 2 in einem Anhang zum Basisinformationsblatt enthalten sein.201 3 Der Vertreter einer ausländischen kollektiven Kapitalanlage reicht der FINMA die Jahres- und Halbjahresberichte unverzüglich ein, meldet ihr Änderungen der Doku- mente gemäss Artikel 13a unverzüglich und veröffentlicht diese in den Publikati- onsorganen. Die Artikel 39 Absatz 1 und 41 Absatz 1 zweiter Satz gelten sinnge- mäss.202 4 Er veröffentlicht die Nettoinventarwerte von Anteilen in regelmässigen Abständen. 197 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 198 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 199 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). 200 SR 950.11 201 Eingefügt durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 202 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013, in Kraft seit 1. März 2013 (AS 2013 607). Kreditinstitute 60 951.311 5 Die Publikations- und Meldevorschriften gelten nicht für ausländische kollektive Kapitalanlagen, die ausschliesslich qualifizierten Anlegerinnen und Anlegern ange- boten werden.203 5. Titel: Prüfung und Aufsicht204 1. Kapitel: Prüfung205 Art. 134206 Prüfung der Depotbank (Art. 126 Abs. 1 und 6 KAG) 1 Die Prüfgesellschaft der Depotbank prüft, ob die Depotbank die aufsichtsrecht- lichen und die vertraglichen Bestimmungen einhält. 2 Stellt die Prüfgesellschaft der Depotbank eine Verletzung von aufsichtsrechtlichen oder vertraglichen Bestimmungen oder sonstige Missstände fest, so benachrichtigt sie die FINMA sowie die Prüfgesellschaft der Fondsleitung oder der Investment- gesellschaft mit variablem Kapital (SICAV). Art. 135207 Prüfbericht (Art. 126 Abs. 1 und 6 KAG) 1 Die Prüfgesellschaft der Depotbank legt in einem separaten Prüfbericht dar, ob die Depotbank die aufsichtsrechtlichen und die vertraglichen Bestimmungen einhält. 2 Sie hat allfällige Beanstandungen zudem im Prüfbericht nach Artikel 27 Absatz 1 des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 2007208 der Depotbank aufzuneh- men. 3 Sie stellt den Prüfbericht nach Absatz 1 folgenden Adressatinnen zu: a. der Fondsleitung oder der SICAV; b. der FINMA; c. der Prüfgesellschaft der Fondsleitung oder der SICAV. 4 Die Prüfgesellschaft der Fondsleitung oder der SICAV berücksichtigt die Ergeb- nisse des Berichts über die Prüfung der Depotbank im Rahmen ihrer eigenen Prü- fungen. 203 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Fassung gemäss An- hang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 204 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 der Finanzmarktprüfverordnung vom 5. Nov. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 4295). 205 Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 der Finanzmarktprüfverordnung vom 5. Nov. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 4295). 206 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 der Finanzmarktprüfverordnung vom 5. Nov. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 4295). 207 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 der Finanzmarktprüfverordnung vom 5. Nov. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 4295). 208 SR 956.1 Kollektivanlagenverordnung 61 951.311 5 Sie kann bei der Prüfgesellschaft der Depotbank zusätzliche Angaben anfordern, die sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben benötigt. Art. 136209 Art. 137210 Rechnungsprüfung (Art. 126 Abs. 5 und 6 KAG) 1 Bei der Rechnungsprüfung kollektiver Kapitalanlagen werden die Angaben nach den Artikeln 89 Absatz 1 Buchstaben a–h und 90 des Gesetzes geprüft. 2 Die FINMA kann bei der Rechnungsprüfung der in Artikel 126 Absatz 1 des Gesetzes genannten Personen, der verwalteten Anlagefonds sowie jeder zu den Immobilienfonds oder zu den Immobilieninvestmentgesellschaften gehörenden Immobiliengesellschaft die Einzelheiten betreffend Form, Inhalt, Periodizität, Fris- ten und Adressaten der Berichterstattung sowie betreffend Durchführung der Prü- fung regeln. Art. 138–140211 2. Kapitel: Aufsicht212 Art. 141 Fortführung der kollektiven Kapitalanlage (Art. 96 KAG) 1 Liegt die Fortführung des Anlagefonds im Interesse der Anlegerinnen und Anleger und findet sich eine geeignete neue Fondsleitung oder Depotbank, so kann die FINMA die Übertragung des Fondsvertrags mit Rechten und Pflichten auf diese verfügen. 2 Tritt die neue Fondsleitung in den Fondsvertrag ein, so gehen die Forderungen und das Eigentum an den zum Anlagefonds gehörenden Sachen und Rechten von Geset- zes wegen auf die neue Fondsleitung über. 3 Liegt die Fortführung der SICAV im Interesse der Anlegerinnen und Anleger und findet sich eine geeignete neue SICAV, so kann die FINMA die Übertragung des Vermögens auf diese verfügen. 209 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 210 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 der Finanzmarktprüfverordnung vom 5. Nov. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 4295). 211 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 6 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363). 212 Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 der Finanzmarktprüfverordnung vom 5. Nov. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 4295). Kreditinstitute 62 951.311 Art. 142 Form der einzureichenden Dokumente (Art. 1 und 144 KAG) 1 Die FINMA kann insbesondere für die folgenden Dokumente regeln, in welcher Form sie ihr zuzustellen sind: a. Bewilligungs- und Genehmigungsgesuche nach den Artikeln 13 und 15 des Gesetzes sowie dazugehörige Dokumente; b. Prospekte und Basisinformationsblätter; c. Meldungen von Änderungen nach Artikel 16 des Gesetzes sowie dazugehö- rige Dokumente; d. Jahres- und Halbjahresberichte.213 2 Sie kann einen Dritten als Zustellungsempfänger bezeichnen. 6. Titel: Schluss- und Übergangsbestimmungen Art. 143214 Art. 144215 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 6. November 2019 (Art. 95 Abs. 4 Bst. b FIDLEG) 1 Für kollektive Kapitalanlagen, die vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 6. November 2019 Privatkundinnen und Privatkunden angeboten wurden, können vereinfachte Prospekte sowie wesentliche Informationen für die Anlegerinnen und Anleger bis zum 31. Dezember 2022 weiterhin nach den Vorgaben der Anhänge 2 in der Fassung vom 1. März 2013216 und 3 in der Fassung vom 15. Juli 2011217 ver- wendet werden.218 2 Werden wesentliche Informationen für die Anlegerinnen und Anleger nach An- hang 3 in der Fassung vom 15. Juli 2011 verwendet, so sind sie einschliesslich der angemessen überarbeiteten Darstellung der bisherigen Wertentwicklung der kol- lektiven Kapitalanlage bis zum 31. Dezember von der Fondsleitung und der SICAV innert der ersten 35 Werktage des folgenden Jahres zu veröffentlichen. 3 Fondsleitungen und SICAV müssen der FINMA die angepassten Fondsverträge und Anlagereglemente innert zwei Jahren ab Inkrafttreten der Änderung vom 6. 213 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 214 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. Juni 2011, mit Wirkung seit 15. Juli 2011 (AS 2011 3177). 215 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 216 AS 2013 607 217 AS 2011 3177 218 Fassung gemäss Ziff. II der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 835). Kollektivanlagenverordnung 63 951.311 November 2019 zur Genehmigung einreichen. In besonderen Fällen kann die FINMA diese Frist erstrecken.219 4 Ausnahmen, welche die FINMA von Fall zu Fall Fondsleitungen von Anlagefonds für institutionelle Anleger mit professioneller Tresorerie nach Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung über die Anlagefonds (Art. 10 Abs. 5 KAG) gewährt hat, gelten unver- ändert weiter. 5 Für strukturierte Produkte, die vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 6. Novem- ber 2019 Privatkundinnen und Privatkunden angeboten wurden, können vereinfachte Prospekte bis zum 31. Dezember 2022 weiterhin nach den Vorgaben von Artikel 4 in der Fassung vom 1. März 2013220 verwendet werden.221 6 Die Pflicht zur Information der Anlegerinnen und Anleger nach Artikel 6a ist beim ersten Kundenkontakt, auf jeden Fall aber innert zwei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung zu erfüllen. Art. 144a und 144b222 Art. 144c223 Art. 145 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2007 in Kraft. 219 Fassung gemäss Ziff. II der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 835). 220 AS 2013 607 221 Fassung gemäss Ziff. II der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 835). 222 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Juni 2011 (AS 2011 3177). Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). 223 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. Febr. 2013 (AS 2013 607). Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 9 der Finanzinstitutsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4633). Kreditinstitute 64 951.311 Anhang 1224 (Art. 106) 224 Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kollektivanlagenverordnung 65 951.311 Anhang 2225 225 Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). Kreditinstitute 66 951.311 Anhang 3226 226 Aufgehoben durch Anhang 11 Ziff. 1 der Finanzdienstleistungsverordnung vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4459). 1. Titel: Allgemeine Bestimmungen 1. Kapitel: Zweck und Geltungsbereich Art. 1 Art. 1a Investmentclub Art. 1b Operative Gesellschaften Art. 1c Art. 2 Investmentgesellschaft Art. 3 und 4 2. Kapitel: Kollektive Kapitalanlagen Art. 5 Begriff der kollektiven Kapitalanlage Art. 6 Art. 6a Anlegerinnen und Anleger 3. Kapitel: Bewilligung und Genehmigung 1. Abschnitt: Allgemein Art. 7 Bewilligungsunterlagen Art. 8 Befreiung von der Bewilligungspflicht Art. 9 Art. 10 Guter Ruf, Gewähr und fachliche Qualifikation Art. 11 Art. 12 Betriebsorganisation Art. 12a Riskmanagement, internes Kontrollsystem und Compliance Art. 12b Übertragung von Aufgaben Art. 12c Übertragbare Aufgaben Art. 12d Übertragung von Aufgaben: Verantwortlichkeit und Vorgehen Art. 13 Finanzielle Garantien Art. 13a Dokumente ausländischer kollektiver Kapitalanlagen Art. 14 Änderung von Organisation und Dokumenten Art. 15 Meldepflichten Art. 16 Voraussetzungen für das vereinfachte Genehmigungsverfahren Art. 17 Fristen im vereinfachten Genehmigungsverfahren Art. 18 Nachträgliche Änderung von Dokumenten 2. Abschnitt: ... Art. 19 Art. 20 Kapitalbestandteile Art. 21 Art. 22 Anrechenbare eigene Mittel Art. 23 Abzüge bei der Berechnung der eigenen Mittel Art. 24 Art. 24a Art. 25–28 Art. 29 Art. 29a–29f Art. 30 Art. 30a 4. Kapitel: Wahrung der Anlegerinteressen Art. 31 Treuepflicht Art. 32 Besondere Treuepflicht bei Immobilienanlagen Art. 32a Ausnahmen vom Verbot von Geschäften mit nahestehenden Personen Art. 32b Interessenkonflikte Art. 33 Sorgfaltspflicht Art. 34 Informationspflicht Art. 34a 2. Titel: Offene kollektive Kapitalanlagen 1. Kapitel: Vertraglicher Anlagefonds 1. Abschnitt: Mindestvermögen Art. 35 2. Abschnitt: Fondsvertrag Art. 35a Mindestinhalt des Fondsvertrags Art. 36 Richtlinien der Anlagepolitik Art. 37 Vergütungen und Nebenkosten Art. 38 Ausgabe- und Rücknahmepreis; Zuschläge und Abzüge Art. 39 Publikationsorgane Art. 40 Anteilsklassen Art. 41 Änderung des Fondsvertrages; Publikationspflicht, Einwendungsfrist, Inkrafttreten und Barauszahlung Art. 42–50 2. Kapitel: Investmentgesellschaft mit variablem Kapital 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 51 Selbst- und fremdverwaltete SICAV Art. 52 Zweck Art. 53 Mindestvermögen Art. 54 Mindesteinlage Art. 55 Begriff und Höhe der eigenen Mittel Art. 56 Nettoemissionspreis zum Zeitpunkt der Erstemission Art. 57 Art. 58 Ausgabe und Rücknahme von Aktien Art. 59 Anlage in eigenen Aktien Art. 60 Publikationsorgane Art. 61 SICAV mit Anteilsklassen Art. 62 Stimmrechte Art. 62a Depotbank Art. 62b Inhalt des Anlagereglements 2. Abschnitt: Organisation Art. 63 Generalversammlung Art. 64 Verwaltungsrat Art. 65 Übertragung von Aufgaben Art. 66 3. Kapitel: Arten der offenen kollektiven Kapitalanlagen und Anlagevorschriften 1. Abschnitt: Gemeinsame Bestimmungen Art. 67 Einhaltung der Anlagevorschriften Art. 68 Tochtergesellschaften und zulässige Anlagen Art. 69 Gegenstand von Umbrella-Fonds 2. Abschnitt: Effektenfonds Art. 70 Zulässige Anlagen Art. 71 Effekten Art. 72 Derivative Finanzinstrumente Art. 73 Anlagen in anderen kollektiven Kapitalanlagen (Zielfonds) Art. 73a Master-Feeder-Strukturen Art. 74 Geldmarktinstrumente Art. 75 Flüssige Mittel Art. 76 Effektenleihe (Securities Lending) und Pensionsgeschäft (Repo, Reverse Repo) Art. 77 Aufnahme und Gewährung von Krediten; Belastung des Fondsvermögens Art. 78 Risikoverteilung bei Effekten und Geldmarktinstrumenten Art. 79 Risikoverteilung bei Guthaben auf Sicht und auf Zeit Art. 80 Risikoverteilung bei OTC-Geschäften und Derivaten Art. 81 Gesamtbeschränkungen Art. 82 Ausnahmen für Indexfonds Art. 83 Ausnahmen für öffentlich garantierte oder begebene Anlagen Art. 84 Beschränkung der Beteiligung an einem einzigen Emittenten Art. 85 Besondere Informationspflichten im Prospekt 3. Abschnitt: Immobilienfonds Art. 86 Zulässige Anlagen Art. 87 Risikoverteilung und Beschränkungen Art. 88 Beherrschender Einfluss der Fondsleitung und der SICAV bei gewöhnlichem Miteigentum Art. 89 Verbindlichkeiten; kurzfristige festverzinsliche Effekten und kurzfristig verfügbare Mittel Art. 90 Sicherstellung von Bauvorhaben Art. 91 Derivative Finanzinstrumente Art. 91a Nahestehende Personen Art. 92 Bewertung von Grundstücken bei Erwerb oder Veräusserung Art. 93 Bewertung der zur kollektiven Kapitalanlage gehörenden Grundstücke Art. 94 Prüfung und Bewertung bei Bauvorhaben Art. 95 Publikationspflicht Art. 96 Sonderbefugnisse Art. 97 Ausgabe von Immobilienfondsanteilen Art. 98 Vorzeitige Rücknahme von Immobilienfondsanteilen 4. Abschnitt: Übrige Fonds für traditionelle und alternative Anlagen Art. 99 Zulässige Anlagen Art. 100 Anlagetechniken und Beschränkungen Art. 101 Abweichungen Art. 102 Risikohinweis 4. Kapitel: Gemeinsame Bestimmungen 1. Abschnitt: Depotbank Art. 102a Organisation Art. 103 Informationspflicht Art. 104 Aufgaben Art. 105 Wechsel der Depotbank; Einwendungsfrist, Inkrafttreten und Barauszahlung Art. 105a Aufgaben bei Delegation der Verwahrung 2. Abschnitt: ... Art. 106 und 107 Art. 107a Art. 107b–107e 3. Abschnitt: Stellung der Anlegerinnen und Anleger Art. 108 Einzahlung; Verurkundung von Anteilen Art. 109 Ausnahmen vom Recht auf jederzeitige Rückgabe Art. 110 Aufschub der Rückzahlung Art. 111 Zwangsrückkauf 4. Abschnitt: Offene kollektive Kapitalanlagen mit Teilvermögen Art. 112 Teilvermögen Art. 113 5. Abschnitt: Umstrukturierung und Auflösung Art. 114 Voraussetzungen für die Umstrukturierung Art. 115 Verfahren für die Vereinigung kollektiver Kapitalanlagen Art. 115a Vermögensübertragung, Umwandlung und Spaltung Art. 116 Auflösung einer kollektiven Kapitalanlage 3. Titel: Geschlossene kollektive Kapitalanlagen 1. Kapitel: Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen Art. 117 Zweck Art. 118 Komplementäre Art. 119 Gesellschaftsvertrag Art. 120 Risikokapital Art. 121 Andere Anlagen 2. Kapitel: Investmentgesellschaft mit festem Kapital Art. 122 Zweck Art. 122a Mindesteinlage Art. 122b Eigene Aktien der Organe Art. 123 Zulässige Anlagen Art. 124 Publikationsorgane Art. 125 Zwangsrückkauf Art. 126 Änderungen der Statuten und des Anlagereglements 4. Titel: Ausländische kollektive Kapitalanlagen 1. Kapitel: Genehmigung Art. 127 Bezeichnung der ausländischen kollektiven Kapitalanlage Art. 127a Werbung für ausländische kollektive Kapitalanlagen Art. 128 Vertretungsvereinbarung und Zahlstellenvereinbarung Art. 128a Pflichten des Vertreters Art. 129 Vereinfachtes und beschleunigtes Verfahren Art. 129a Ausnahmen Art. 129b Mitarbeiterbeteiligungspläne Art. 130 Dahinfallen der Genehmigung 2. Kapitel: Vertreter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen Art. 131 Mindestkapital und Sicherheitsleistung Art. 131a Pflichten des Vertreters beim Angebot von Anteilen an qualifizierte Anlegerinnen und Anleger Art. 132 Berufshaftpflichtversicherung Art. 133 Publikations- und Meldevorschriften 5. Titel: Prüfung und Aufsicht 1. Kapitel: Prüfung Art. 134 Prüfung der Depotbank Art. 135 Prüfbericht Art. 136 Art. 137 Rechnungsprüfung Art. 138–140 2. Kapitel: Aufsicht Art. 141 Fortführung der kollektiven Kapitalanlage Art. 142 Form der einzureichenden Dokumente 6. Titel: Schluss- und Übergangsbestimmungen Art. 143 Art. 144 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 6. November 2019 Art. 144a und 144b Art. 144c Art. 145 Inkrafttreten Anhang 1 Anhang 2 Anhang 3
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2e01e271-6d23-44c1-8a00-440f5eb227b2
Sachverhalt ab Seite 113 BGE 140 V 113 S. 113 A. Q. war als Abteilungsleiterin in der Firma G. GmbH tätig. Am 17. Mai 2009 stürzte sie beim Start eines Gleitschirmfluges. Sie erlitt dabei eine sensomotorisch komplette Tetraplegie unterhalb des vierten Halswirbelkörpers. Am 9. Oktober 2009 meldete sich Q. bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich (nachfolgend: IV-Stelle) sprach ihr verschiedene Hilfsmittel zu. Mit Verfügung vom 29. Dezember 2011 anerkannte sie auch den Anspruch auf eine ganze Rente ab 1. Mai 2010 (Invaliditätsgrad von 100 %). Am 9. Februar 2012 beantragte Q. eine Hilflosenentschädigung. Mit Verfügung vom 12. Juni 2012 BGE 140 V 113 S. 114 verneinte die IV-Stelle einen Anspruch, weil die Swica Versicherungen AG eine Hilflosenentschädigung der obligatorischen Unfallversicherung ausrichte, was unangefochten blieb. Wegen des fehlenden Bezugs einer Hilflosenentschädigung der IV verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 21. Mai 2012 den Anspruch auf einen Assistenzbeitrag. B. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen die Verfügung vom 21. Mai 2012 erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 20. August 2013 ab. C. Q. führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Die IV-Stelle sei zu verpflichten, Assistenzbeiträge der Invalidenversicherung auszurichten. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf Vernehmlassung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Anspruch auf einen Assistenzbeitrag haben Versicherte, wenn ihnen eine Hilflosenentschädigung der IV nach Artikel 42 Absätze 1-4 ausgerichtet wird und sie zu Hause leben und volljährig sind ( Art. 42 quater Abs. 1 IVG ). Der Beitrag wird gewährt für Hilfeleistungen, die von der versicherten Person benötigt und regelmässig von einer natürlichen Person (Assistenzperson) erbracht werden, die von der versicherten Person oder ihrer gesetzlichen Vertretung im Rahmen eines Arbeitsvertrages angestellt wird ( Art. 42 quinquies lit. a IVG ). 4. Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung ist klar. Ihr Sinn und Zweck ergibt sich aus der Botschaft vom 24. Februar 2010 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket; BBl 2010 1817). Gleichzeitig zur finanziellen Konsolidierung der IV erfolgt ein kostenneutraler Umbau des Leistungssystems im Bereich der Hilflosenentschädigung. Zur Förderung einer eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Lebensführung soll eine neue Leistung - der Assistenzbeitrag - eingeführt werden. Menschen mit einer Behinderung, welche für die Hilfe zur Alltagsbewältigung Drittpersonen anstellen, erhalten dazu einen Assistenzbeitrag von 30 Franken pro Stunde. Mit dieser Massnahme werden die Voraussetzungen verbessert, trotz einer Behinderung zu Hause wohnen zu können und pflegende BGE 140 V 113 S. 115 Angehörige zu entlasten. Gleichzeitig mit der Einführung des Assistenzbeitrags werden die Ansätze der Hilflosenentschädigung im Heim halbiert (BBl 2010 1820). Dabei drängt sich nach der Aussage des Bundesrates angesichts des zwischen Invaliden- und Unfallversicherung unterschiedlichen Leistungsniveaus die Einführung eines Assistenzbeitrags im UVG nicht auf. Die Leistungen bei einem UVG-versicherten Unfall sind beträchtlich umfangreicher als in der Invalidenversicherung. So wird eine zur Rente der IV komplementäre UVG-Rente (insgesamt maximal 9'450 Fr.), die ergänzende Rente der beruflichen Vorsorge und die UVG-Hilflosenentschädigung (maximal 2'076 Fr.) geleistet. Darüber hinaus übernimmt die Unfallversicherung die Kosten der medizinisch notwendigen Pflege sowie eventuell Hauspflegebeiträge. In Ausnahmefällen bezahlt auch die Krankenversicherung einzelne Massnahmen der Grundpflege (BBl 2010 1866 Ziff. 1.3.4). Im Ständerat wurde vonseiten der Kommission bekräftigt, dass ein Assistenzbeitrag ausschliesslich an Bezügerinnen und Bezüger einer Hilflosenentschädigung der IV ausgerichtet werde (AB 2010 S 659). Im Nationalrat passierte die Anpassung ohne Diskussion. 5. Die Rüge, das kantonale Gericht lege Art. 42 quater IVG nicht verfassungs- und EMRK-konform aus, übersieht, dass der klare Rechtssinn einer bundesgesetzlichen Norm nicht durch eine verfassungs- oder konventionskonforme Auslegung beiseite geschoben werden kann (statt vieler: BGE 119 V 121 E. 5b S. 130, bestätigt z.B. im Urteil 8C_713/2010 vom 23. März 2011 E. 3, nicht publ. in: BGE 137 V 121 , aber in: SVR 2011 FZ Nr. 2 S. 7). Ferner sollte mit der Neuregelung der kostenneutrale Umbau des Leistungssystems im Bereich der Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung vollzogen werden. Gleichzeitig mit der Einführung des Assistenzbeitrags wurden deshalb die Ansätze der Hilflosenentschädigung im Heim halbiert ( Art. 42 ter Abs. 2 IVG ). Wenn nun ein IV-Assistenzbeitrag zur Hilflosenentschädigung der UV gefordert wird, würden aus der Invalidenversicherung Mittel abgeführt, die nach der legislatorischen Absicht im System verbleiben müssen. Bei der UV-Versicherung handelt es sich um eine eigenständige Versicherung mit eigenen Regelungen und einem klar abgegrenzten Leistungsbereich. Dass dort keine Anpassungen vorzunehmen sind, hat der Bundesrat damit begründet, dass die Leistungen bei einem UVG-versicherten Unfall beträchtlich umfangreicher sind als aus der IV. Wenn die Beschwerdeführerin anregt, dass bei der Ermittlung des Assistenzbudgets auch BGE 140 V 113 S. 116 die vom UVG übernommenen Leistungen für die medizinische Pflege abzuziehen wären, ist ihr entgegenzuhalten, dass solches im Gesetz keine Stütze findet (Art. 42 quater Abs. 1 lit. a und Art. 42 sexies Abs. 1 lit. a-c IVG ). 6. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung von Art. 8 Abs. 2 BV . Sie werde diskriminiert, wenn sie als UVG-versicherte schwer Hilflose von Leistungen ausgeschlossen werde, die andere Behinderte in vergleichbarer Situation erhielten. Die Rüge ist haltlos, da die Beschwerdeführerin als UVG-Versicherte weit bessergestellt ist als die Bezügerin einer IV-Hilflosenentschädigung, welcher Assistenzbeiträge zustehen. 7. Was die Rüge einer Verletzung von Art. 8 i.V.m. Art. 14 EMRK betrifft, geht es nicht um den Ausschluss von Leistungen gegenüber einer bestimmten Gruppe von Behinderten. Wie in der Botschaft festgehalten wurde, sind die Leistungen bei einem UVG-versicherten Unfall beträchtlich umfangreicher als in der IV. Die Beschwerdeführerin erhält mehr, als wenn sie nur den Assistenzbeitrag ausgerichtet erhielte. Denn dann müssten bei der Ermittlung des Assistenzbudgets auch die von der Unfallversicherung oder der Krankenkasse übernommenen Pflegeleistungen und ebenso die höhere Hilflosenentschädigung der Unfallversicherung abgezogen werden. Es kann also keine Rede davon sein, dass der staatliche UVG-Versicherungszwang dazu führt, dass die Beschwerdeführerin nun wesentlich weniger Leistungen erhalten soll, als eine Nicht-UVG-Versicherte.
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Sachverhalt ab Seite 147 BGE 85 III 146 S. 147 A.- Gegen Organe der rekurrierenden Bank sind seit 1957 Strafuntersuchungen namentlich wegen Übertretung bankgesetzlicher Vorschriften hängig. Am 13. August 1959 wurde der eine Direktor, Max Kaufmann, wegen Kollusionsgefahr in Haft gesetzt, worüber das Polizeirichteramt Zug in der Presse eine Mitteilung erscheinen liess. Nach der Einvernahme des aus dem Ausland zurückgekehrten BGE 85 III 146 S. 148 andern Direktors, Albert Zürcher, wurde Direktor Kaufmann am Sonntag, dem 16. August, aus der Haft entlassen. Die Bank hielt in der darauffolgenden Woche zwar ihre Schalter weiterhin offen; an den Eingangstüren war jedoch folgende Bekanntmachung angeschlagen: "Konto-Korrent, Einlagehefte, Sparhefte, Depositen-Konto, Kassa-Obligationen. Auf Grund der am letzten Wochenende erfolgten Publikation befürchten wir einen sogenannten ,Run'. Aus vorsorglichen Gründen und zur Abwendung von Privilegien werden bis auf weiteres keine Kapitalrückzüge vorgenommen." Demgemäss verweigerte die Bank jede solche Kapitalauszahlung. Gläubiger, die auf schriftlichem Wege Kapital abzuheben wünschten, erhielten ein vervielfältigtes Schreiben zugestellt, dem zu entnehmen war: "Wir besitzen Ihre Zuschrift vom ... und teilen Ihnen höflich mit, dass in letzter Zeit von gewisser Seite mindestens sehr tendenziöse, kreditschädigende Publikationen erschienen sind. Zur Selbstverteidigung und zur rechtsgleichen Wahrung aller Gläubigerinteressen haben wir zur Abwendung eines sogenannten ,Run' auf unsere Bank vorübergehend jede Auszahlung zu Lasten der Anlage-Konti gesperrt. Wir hoffen, den Zahlungsdienst, wenn die Sache einmal etwas abgeebnet ist, in circa drei bis vier Wochen wieder aufnehmen zu können." Unter dem 19. August 1959 erliess die Bank folgende Mitteilung an die Presse: "... 3. Seit Jahren liegt unsere Bank im Rechtsstreit mit der eidg. Bankenkommission wegen der Bewertung einzelner Aktivpositionen. Die Bankbilanzen sind Jahr für Jahr durch die aktienrechtliche Kontrollstelle geprüft und für richtig befunden worden. Die Verbindlichkeiten der Bank sind gemäss diesen Bilanzen und Kontrollberichten durch die vorhandenen Aktiven gedeckt. B.- Indessen hatten bereits am 18. August 1959 fünf Gläubiger der Bank beim Kantonsgericht Zug als der einzigen kantonalen Instanz nach Art. 36 Abs. 5 BankG die sofortige Eröffnung des Konkurses über die Schuldnerin wegen Einstellung der Zahlungen ( Art. 190 Ziff. 2 SchKG ) verlangt. BGE 85 III 146 S. 149 C.- Nach Durchführung einer Parteiverhandlung und Einvernahme des Direktors Kaufmann eröffnete das Kantonsgericht am 25. August 1959, 17 Uhr, über die Bank den Konkurs. Als Konkursverwaltung bezeichnete das Gericht die von der eidgenössischen Bankenkommission vorgeschlagene Schweizerische Treuhandgesellschaft in Zürich. D.-
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Erwägungen ab Seite 368 BGE 127 V 368 S. 368 Aus den Erwägungen: 4. Während Verwaltung und Vorinstanz der Berechnung des Vermögensverzehrs den gesamten Verkehrswert der Liegenschaften Nr. 47 und 48, Grundbuch Z, von Fr. 103'900.- (Grundstückschätzung BGE 127 V 368 S. 369 der Schätzungskommission vom 20. Januar 1989) zu Grunde gelegt haben, vertritt die Beschwerdeführerin die Meinung, als Liegenschaftsvermögen sei bloss ein Fünftel von Fr. 103'900.-, eventuell von Fr. 153'600.- (Schätzung vom 4. Dezember 1998), anzurechnen. Die Beschwerdeführerin erbte von ihrer Mutter die Grundstücke Nr. 46 (43 m2 Garten) und Nr. 48 (Stall mit 187 m2 Gebäudegrundfläche und Umschwung) sowie 1/2 Miteigentumsanteil an Grundstück Nr. 47 (Wohnhaus mit 110 m2 Gebäudegrundfläche und Umschwung; Grundbuchauszug Gemeinde Z vom 27. Juli 1998). Dafür wurden ihr im Erbteilungsvertrag, der am 15. Februar 1985 unter den fünf Miterben geschlossen wurde, insgesamt Fr. 20'000.- an ihren Erbteil angerechnet. Im gleichen Erbteilungsvertrag räumten sich die fünf Geschwister gegenseitig ein im Grundbuch vorzumerkendes Vorkaufsrecht ( Art. 959 Abs. 1 ZGB ) an sämtlichen geerbten Grundstücken ein. Ferner wurde festgehalten, mit Ausnahme des Grundstücks Nr. 165-4 (ca. 720 m2 Wiese) seien die Grundstücke zum Ertragswert eingeschätzt worden. Die Erben räumten sich (folglich) gegenseitig ein Gewinnbeteiligungsrecht während 25 Jahren ein. Entgegen den Angaben in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurden die Gewinnbeteiligungsrechte nicht im Grundbuch vorgemerkt (Grundbuchauszug vom 27. Juli 1998). 5. Im Folgenden zu prüfen ist demnach, ob bei der Berechnung des Reinvermögens im Rahmen der Ermittlung des anrechenbaren Vermögensverzehrs im Sinne von Art. 3c Abs. 1 lit. c ELG die von der Beschwerdeführerin zu Gunsten der Miterben vereinbarten Gewinnbeteiligungsrechte als wertvermindernder Faktor vom Verkehrswert der nicht zu eigenen Wohnzwecken dienenden Grundstücke ( Art. 17 Abs. 4 ELV ) in Abzug zu bringen seien. a) Ergänzungsleistungen werden ausgerichtet, um Bezügerinnen und Bezügern von Renten der Alters- und Hinterlassenen- oder der Invalidenversicherung das Existenzminimum zu gewährleisten, ohne dass die Versicherten Sozialhilfe beziehen müssen (Art. 112 Abs. 6 in Verbindung mit Art. 196 Ziff. 10 BV ). Mit den Leistungen gemäss ELG soll somit der gegenwärtige Grundbedarf, sollen die laufenden Lebensbedürfnisse gedeckt werden. Aus diesem Grunde werden denn auch sämtliche Vermögenswerte, über welche die Anspruch erhebende Person frei verfügen kann, ungeachtet ihrer Bestimmung zum anrechenbaren Vermögen gezählt ( BGE 122 V 24 Erw. 5a mit Hinweisen; AHI 2001 S. 292 Erw. 4b), und es wird den BGE 127 V 368 S. 370 Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen zugemutet, einen Teil ihres Vermögens zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu verwenden ( Art. 3c Abs. 1 lit. c, Art. 5 Abs. 3 lit. b ELG ). Da es sich bei den im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Grundstücken um Vermögenswerte handelt, über welche sie frei verfügen kann (Veräusserung, hypothekarische Belastung), sind sie zum vollen Verkehrswert zum Reinvermögen zu rechnen. Die (befristete) rein obligatorische Verpflichtung der Beschwerdeführerin, einen bei Veräusserung der Grundstücke allenfalls erzielten Gewinn mit ihren Geschwistern zu teilen, ändert daran nichts. Denn diesem sich in Zukunft eventuell verwirklichenden Umstand kommt im hier massgebenden Bewertungszeitpunkt (1. Januar des Bezugsjahres oder Zeitpunkt des Anspruchsbeginns gemäss Art. 23 Abs. 1 bzw. Abs. 4 ELV in Verbindung mit Art. 3a Abs. 7 lit. d ELG ) keine Bedeutung zu. Im Falle einer tatsächlichen Realisierung der Gewinnbeteiligungsverpflichtung (Veräusserung der Grundstücke vor Ablauf der 25-jährigen Befristung; Veräusserungswert liegt über dem seinerzeit angerechneten Ertragswert; Gewinnbeteiligungsrechte werden von den Geschwistern ausgeübt) ist (ohnehin) eine neue, auf den dannzumaligen Vermögensverhältnissen beruhende EL-Berechnung durchzuführen ( Art. 25 ELV ). Angesichts dieser jederzeit gegebenen Anpassungsmöglichkeit bedarf es im Gebiete der Ergänzungsleistungen - anders als bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung, welcher grundsätzlich definitive Wirkung zukommt ( BGE 125 III 50 ) - keiner Berücksichtigung rein hypothetischer Belastungen oder - wie hier - bloss latenter Schulden durch Gewinnbeteiligungsrechte im Zusammenhang mit Grundstücken. Das unmittelbar hievor angeführte Urteil des Bundesgerichts zeigt überdies deutlich, mit welchen praktischen Schwierigkeiten sich die EL-Behörden im Zusammenhang mit der Bewertung einer Gewinnbeteiligungsverpflichtung vor einer allfälligen künftigen Grundstückveräusserung konfrontiert sähen. b) Zu keinem anderen Ergebnis führen die in BGE 120 V 187 angestellten Überlegungen. aa) In diesem Grundsatzurteil gelangte das Eidg. Versicherungsgericht zum Schluss, ein Rechtsgeschäft, mit dem jemand eine ihm gehörende Sache oder eine ihm zustehende Forderung (in casu eine Lebensversicherungspolice) dem Gläubiger eines Dritten verpfändet, um dadurch die Bezahlung der vom Dritten eingegangenen Schulden zu sichern, stelle einen bedingten Verzicht im Sinne des (bis Ende 1997 gültig gewesenen) Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG dar BGE 127 V 368 S. 371 (welcher wörtlich dem seit 1. Januar 1998 geltenden Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG entspricht). Zweifelsohne ist der Verzicht nur virtuell, solange sich die Bedingung nicht verwirklicht hat, was aber am Problem nichts ändert: Jede Schenkung kann mit einer Bedingung verknüpft werden; entscheidend ist allein, ob der Versicherte im Zeitpunkt, in dem sein anrechenbares Einkommen zur Ermittlung eines allfälligen EL-Anspruchs festgesetzt wird, über nach den gesetzlichen Bestimmungen zu berücksichtigendes Vermögen und daraus fliessenden Ertrag verfügt oder nicht. Dem Grund oder der genauen Rechtsnatur der gegenüber einem Dritten eingegangenen Verpflichtung kommt demnach keine Bedeutung zu. Unerheblich ist auch, ob die der Verpflichtung zu Grunde liegende Bedingung sich vor oder nach der Zusprechung einer Ergänzungsleistung verwirklicht. Sobald der Gläubiger vom Garanten die Erfüllung seiner Verpflichtung verlangen kann, hat dieser die Verfügungsfreiheit über seine Vermögenswerte bis zu jenem Betrag verloren, der von ihm in Erfüllung seiner Sicherheitsleistung gefordert wird. Dies soll es gegebenenfalls erlauben, Einkommenselemente oder Vermögensbestandteile zu berücksichtigen, welche nach einer EL-Zusprechung verschwunden sind, beispielsweise infolge einer Bürgschaft oder einer anderen, noch vor Erlass der leistungsgewährenden EL-Verfügung eingegangenen Verpflichtung zu Gunsten eines Dritten ( BGE 120 V 191 Erw. 3b). bb) Diese Erwägungen sind nur zum Teil auf den vorliegend zu beurteilenden Fall übertragbar. So kann der Beschwerdeführerin angesichts der dargelegten Umstände (Erw. 4 hievor), die zur gegenseitigen Einräumung von Gewinnbeteiligungsrechten unter den Geschwistern im Rahmen der Erbteilung führten, in keiner Weise eine (bedingte) Verzichtshandlung im Sinne von Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG vorgeworfen werden. Die adäquate Gegenleistung ist in der Anrechnung der ererbten Grundstücke zum Ertragswert statt zum Verkehrswert zu erblicken. Dass hier kein Vermögensverzicht vorliegt, darf indes nicht zum aus BGE 120 V 187 ff. abgeleiteten Umkehrschluss verleiten, wonach die obligatorische Gewinnbeteiligungsverpflichtung der Beschwerdeführerin schon vor einer Veräusserung der Grundstücke als wertvermindernder Faktor in Abschlag zu bringen wäre. Denn die vorliegende Ausgangslage präsentiert sich insofern völlig anders als diejenige, welche dem zitierten Grundsatzentscheid zu Grunde lag, als die Verwirklichung der vorerst virtuellen Verpflichtung (infolge einer Veräusserungshandlung) allein von der Beschwerdeführerin und nicht von einer BGE 127 V 368 S. 372 Drittperson (etwa einer Bank als Pfandgläubigerin; vgl. BGE 120 V 188 unten) abhängt. Im Gegensatz zum im publizierten Entscheid beurteilten Sachverhalt (dort verloren die EL-Ansprecherinnen die Verfügungsfreiheit über die verpfändete Lebensversicherungspolice, sobald die Gläubigerbank ihres Sohnes bzw. Neffen auf die Pfandsicherheit zurückgriff) erhält die Beschwerdeführerin zudem bei der Veräusserung ihrer Grundstücke nicht etwa einen um die Gewinnbeteiligungsrechte der Miterben reduzierten, sondern den vollen Verkaufserlös. Erst in einer zweiten, von der Grundstückveräusserung unabhängigen und von dieser klar zu trennenden Phase hat die Beschwerdeführerin ihre Geschwister im Rahmen der anlässlich der Erbteilung getroffenen Vereinbarung am erzielten Gewinn zu beteiligen. Die Erwägungen in BGE 120 V 187 sind jedoch insoweit auf den zu beurteilenden Fall übertragbar, als auch hier entscheidend darauf abzustellen ist, dass die Beschwerdeführerin im Bewertungszeitpunkt nach Art. 23 Abs. 1 oder 4 ELV frei über (unbewegliches) Vermögen verfügen kann, welches - unabhängig von den Motiven für die Einräumung der Gewinnbeteiligungsrechte - deshalb zum vollen Verkehrswert im Sinne von Art. 17 Abs. 4 ELV in die EL-Berechnung einzubeziehen ist. Die sich vorliegend stellende Rechtsfrage anders zu beantworten würde die Gefahr in sich bergen, dass künftig Einkommenselemente oder Vermögensbestandteile durch das Eingehen von Bürgschaften oder anderen Verpflichtungen zu Gunsten eines Dritten im Rahmen einer EL-Berechnung zum Verschwinden gebracht werden könnten, was der dargelegte Grundsatzentscheid gerade verhindern wollte ( BGE 120 V 192 Erw. 3b).
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Erwägungen ab Seite 186 BGE 130 V 185 S. 186 Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Die Vorinstanz hat es abgelehnt, die umstrittenen Aufwendungen als Zahnarztkosten gemäss Art. 3d Abs. 1 lit. a ELG anzuerkennen. Sie führte diesbezüglich aus, darunter fielen die nicht in den Leistungsbereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung fallenden, eigentlichen zahnärztlichen Behandlungen mit Einschluss der Zahnbehandlungskosten (Zahnarztkosten, Kosten der zahntechnischen Arbeiten, Material und Medikamente) sowie der Kosten für Zahnersatz (Kronen, Brücken, Prothesen). Diese Vorkehren dienten der Erhaltung des Gebisses und damit der Kaufähigkeit sowie der Behandlung von Zahn- und Mundhöhlenkrankheiten. Die beantragte Sanierung der Amalgamfüllungen stelle jedoch nicht eine Zahnbehandlung zum Zwecke der Erhaltung des Gebisses oder der Kaufunktion dar. Vielmehr werde eine Reduktion der Quecksilberbelastung sowie der behaupteten, damit in Zusammenhang stehenden Beschwerden des Versicherten angestrebt. Letzterer verlange somit die Übernahme von Kosten für die Behandlung einer Allgemeinerkrankung durch Amalgamsanierung. Dies widerspreche jedoch der mit der 3. ELG-Revision eingeführten neuen Konzeption der Krankheitskosten. Vor der Einführung des Obligatoriums durch das am 1. Januar 1996 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Krankenversicherung, KVG, sei ein Teil der Bezüger und Bezügerinnen von Ergänzungsleistungen nicht krankenversichert gewesen, weshalb die entsprechenden Krankheitskosten im Rahmen einer verfügbaren Quote ersetzt worden seien. Mit der Einführung des Krankenversicherungsobligatoriums habe die Übernahme dieser Kosten im Rahmen der Ergänzungsleistungen auf die Kostenbeteiligungen nach Art. 64 KVG sowie weitere, davon nicht gedeckte Kosten gemäss der abschliessenden Liste nach Art. 3d Abs. 1 ELG beschränkt werden können. Damit sei eine Einschränkung der durch Ergänzungsleistungen zu ersetzenden Krankheitskosten einhergegangen. Aus dieser Entwicklung erhelle, dass die Behandlung einer Allgemeinerkrankung, welche nicht in die Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung falle, auch nicht über den Ersatz von Zahnarztkosten durch die Ergänzungsleistungen zu übernehmen sei, zumal es vorliegend nicht um die Erhaltung der Zahnfunktion gehe. Anders zu BGE 130 V 185 S. 187 entscheiden würde eine Erweiterung des abschliessend zu verstehenden Kataloges gemäss Art. 17-19a der Krankenpflegeleistungsverordnung (KLV) darstellen, was nicht zulässig sei. Unter diesen Umständen könne offen bleiben, ob die angeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Amalgamfüllungen - zumindest teilweise - verursacht worden seien und sich eine Sanierung derselben als zweckmässig erweisen würde. 4.2 Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, die vorinstanzliche Auslegung finde im Wortlaut der relevanten Bestimmungen keine Stütze und sei vor allem mit Sinn und Zweck der Ergänzungsleistungen nicht vereinbar. Danach solle namentlich das Absinken des Einkommens unter die Grenze eines angemessenen Existenzbedarfs wegen versicherungsmässig ungedeckter Krankheitskosten verhindert werden. Deshalb hätten Gesetz- und Verordnungsgeber die nicht unter die Pflichtleistungen der Krankenkassen fallenden Zahnarztkosten ausdrücklich miteinbezogen. In dieser Situation sei es unzulässig, auf eine allgemeine Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) abzustellen. 4.3 (Auslegung des Gesetzes; vgl. BGE 128 V 118 f. Erw. 3b mit Hinweisen) 4.3.1 Nach dem Wortlaut von Art. 3d Abs. 1 lit. a ELG ist den Bezügern einer jährlichen Ergänzungsleistung ein Anspruch einzuräumen auf die Vergütung von ausgewiesenen, im laufenden Jahr entstandenen Kosten für den Zahnarzt. Art. 8 Abs. 1 ELKV (erlassen gestützt auf Art. 3d Abs. 4 ELG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 ELV ) schränkt diesen Anspruch dahin gehend ein, dass die Kosten für einfache, wirtschaftliche und zweckmässige Zahnbehandlungen vergütet werden. Die durch einen Zahnarzt vorzunehmende Amalgamsanierung stellt nach dem üblichen Sprachgebrauch sowohl eine Behandlung durch den Zahnarzt als auch eine Zahnbehandlung dar. Der Wortlaut der erwähnten Normen legt somit eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach Massgabe von Art oder Zweck der zahnärztlichen Behandlung nicht nahe. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat denn auch mit Bezug auf die ähnlich lautenden Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG und Art. 6 ELKV in der bis 31. Dezember 1995 gültig gewesenen Fassung die Möglichkeit einer Übernahme der Kosten der zur Behandlung eines gesundheitlichen Leidens medizinisch indizierten, durch einen Zahnarzt auszuführenden Amalgamsanierung grundsätzlich bejaht ( BGE 123 V 67 Erw. 5 mit Hinweis auf das nicht veröffentlichte Urteil S. vom 25. August BGE 130 V 185 S. 188 1992, P 63/91). Das grammatikalische Auslegungselement spricht somit für das Bestehen eines Vergütungsanspruchs; vorausgesetzt wird lediglich, dass es sich um eine einfache, wirtschaftliche und zweckmässige Vorkehr handelt. 4.3.2 Die durch die Vorinstanz postulierte Einschränkung ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte von Art. 3d ELG . Es trifft zwar zu, dass die Botschaft zur am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen 3. ELG-Revision (BBl 1997 I 1197 ff.) die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten in einen Zusammenhang mit der Einführung des Krankenversicherungsobligatoriums durch das seit 1. Januar 1996 geltende KVG stellt. Konkret wird ausgeführt, mit der Einführung des Obligatoriums entfielen die bisherigen Vergütungen der Ergänzungsleistung für Krankheitskosten von Personen, welche nicht krankenversichert seien. Die Ergänzungsleistung könne sich inskünftig auf die Übernahme der Krankenkassenselbstbehalte, von Zahnarztkosten, von durch die Krankenversicherung nicht gedeckten SPITEX-Kosten und von Hilfsmittelkosten beschränken (BBl 1997 I 1208). Daraus lässt sich aber nicht schliessen, dass die Pflicht zur Vergütung von krankenversicherungsrechtlich nicht gedeckten Kosten zahnärztlicher Behandlungen hätte eingeschränkt werden sollen. Auch die Erläuterungen zu Art. 3d ELG (BBl 1997 I 1214) enthalten keine derartige Aussage; vielmehr wird erklärt, die Arzt- und Arzneikosten müssten nicht mehr gesondert erwähnt werden, da sie nunmehr durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung getragen würden, sodass sich die Ergänzungsleistungen auf die Übernahme von Selbstbehalt und Franchise beschränken könnten. Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurde die fragliche Einschränkung ebenfalls nicht diskutiert. 4.3.3 Ergänzungsleistungen werden ausgerichtet, um Bezügerinnen und Bezügern von Renten der Alters- und Hinterlassenen- oder der Invalidenversicherung das Existenzminimum zu gewährleisten, ohne dass die Versicherten Sozialhilfe beziehen müssen (vgl. Art. 112 Abs. 2 lit. b in Verbindung mit Art. 196 Ziff. 10 BV ). Mit den Leistungen gemäss ELG soll somit der gegenwärtige Grundbedarf, sollen die laufenden Lebensbedürfnisse gedeckt werden ( BGE 127 V 369 Erw. 5a; vgl. auch BGE 122 V 24 Erw. 5a mit Hinweisen). Aus dieser der ergänzungsleistungsrechtlichen Regelung zu Grunde liegenden Ziel- und Zwecksetzung lässt sich ebenfalls nicht ableiten, der Begriff der "Kosten für Zahnarzt" gemäss Art. 3d Abs. 1 BGE 130 V 185 S. 189 lit. a ELG und Art. 19 Abs. 1 lit. a ELV bzw. der Zahnbehandlungskosten gemäss Art. 8 Abs. 1 ELKV sei in der durch die Vorinstanz befürworteten, einschränkenden Weise auszulegen. Vielmehr können die zur Behandlung einer Allgemeinerkrankung notwendigen zahnärztlichen Massnahmen ohne weiteres dem gegenwärtigen Grundbedarf zugeordnet werden, wobei Art und Umfang der vergütungsfähigen Leistungen durch das Erfordernis der einfachen, wirtschaftlichen und zweckmässigen Vorkehr bestimmt und begrenzt werden. 4.3.4 Was den systematischen Gesichtspunkt anbelangt, unterscheidet das Gesetz in Art. 3 ELG zwischen der jährlichen Ergänzungsleistung einerseits und der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten andererseits. Die Letzteren werden in Art. 3d Abs. 1 ELG aufgezählt. Der dortige abschliessende (AHI 2002 S. 74 f. Erw. 4) Katalog sieht unter anderem vor, dass die Kostenbeteiligungen nach Art. 64 KVG zu vergüten sind ( Art. 3d Abs. 1 lit. f ELG ). Darunter fallen auch die Kostenbeteiligungen für zahnärztliche Leistungen, die ausnahmsweise - gemäss Art. 31 Abs. 1 lit. a bis c KVG - von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung getragen werden. Wenn nun Art. 3d Abs. 1 lit. a ELG ausserdem die Kosten für den Zahnarzt nennt, so handelt es sich dabei offensichtlich um jene anteilmässig weit überwiegenden Aufwendungen, welche die Krankenversicherung nicht zu ersetzen hat. Durch die beiden Normen werden grundsätzlich alle notwendigen ärztlichen und zahnärztlichen Behandlungen erfasst. Ein genereller Ausschluss bestimmter Massnahmen ist weder darin noch im gestützt auf entsprechende Delegationsbestimmungen erlassenen Art. 8 ELKV vorgesehen. Wäre beabsichtigt gewesen, zahnärztliche Eingriffe, welche der Behandlung einer Allgemeinerkrankung dienen, aus dem Leistungskatalog auszuschliessen, hätte dies im Gesetz (oder allenfalls in der Verordnung) ausdrückliche Erwähnung finden müssen. 4.3.5 In AHI 2002 S. 74 f. Erw. 4 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht die Aufzählung der vergütungsfähigen Krankheits- und Behinderungskosten in Art. 3d ELG als abschliessend bezeichnet. Aus diesem Grund verneinte es einen Anspruch auf Vergütung von Aufwendungen für nicht obligatorisch krankenversicherte psychotherapeutische Behandlungen. In Bezug auf die vorliegende Konstellation lässt sich daraus jedoch nichts ableiten, BGE 130 V 185 S. 190 haben doch die Kosten für den Zahnarzt im Gegensatz zu jenen der Psychotherapie in den Katalog von Art. 3d ELG Aufnahme gefunden. 4.3.6 Zusammenfassend ergibt sich, dass unter Art. 3d Abs. 1 lit. a ELG grundsätzlich alle Zahnarztkosten fallen, einschliesslich der Aufwendungen für Vorkehren zur Behandlung von Allgemeinerkrankungen. Diese sind zu vergüten, sofern und soweit die Voraussetzungen der Einfachheit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit erfüllt sind ( Art. 8 Abs. 1 Satz 1 ELKV ), wobei ausserdem ein Kostenvoranschlag einzureichen und dessen Genehmigung einzuholen ist, wenn die Kosten der Massnahme, wie hier, voraussichtlich die Summe von Fr. 3000.- übersteigen werden ( Art. 8 Abs. 3 ELKV ). Dieses Auslegungsergebnis ist auch mit der vom BSV herausgegebenen Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL), Randziffer 5037 ff., vereinbar, werden doch darin die Leistungen von Zahnärzten für die Behandlung einer Allgemeinerkrankung nicht ausgeschlossen. Das BSV hat sich denn auch in seiner Vernehmlassung nicht auf diesen Standpunkt gestellt, sondern die Zweckmässigkeit der Massnahme verneint.
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Sachverhalt ab Seite 524 BGE 99 Ia 524 S. 524 A.- Am 10. Mai 1972 beantragte der Gemeinderat von Reinach dem Einwohnerrat, dem sofortigen Bau einer Fussgängerunterführung an der Austrasse zuzustimmen und den erforderlichen Kredit in der Höhe von Fr. 305 000.-- zu bewilligen. Der Einwohnerrat wies die Vorlage am 25. Mai an den Gemeinderat zurück, damit er prüfe, ob sich die direkten "Verkehrsverursacher" zur Hälfte an den Kosten beteiligen würden. Es fanden sich indes nur zwei private Unternehmen bereit, Beiträge von zusammen Fr. 40 000.-- zu leisten. Am 2. Oktober 1972 beantragte der Gemeinderat dem Einwohnerrat erneut, dem sofortigen Bau der Unterführung zuzustimmen; es wurde nunmehr ein Kredit von Fr. 265 000.-- verlangt. Der Einwohnerrat lehnte am 23. November 1972 den Antrag des Gemeinderats mit 32 zu 1 Stimmen ab. B.- Gegen diesen Beschluss ergriffen 340 Stimmberechtigte rechtzeitig das Referendum. Der Gemeinderat setzte die Abstimmung auf den 4. März 1973 an. Gegen den Beschluss des Gemeinderats, die Vorlage über den Bau der Unterführung der Volksabstimmung zu unterbreiten, erhoben Ruggle und drei weitere Stimmbürger beim Regierungsrat Beschwerde, wobei sie das Begehren um aufschiebende Wirkung stellten. Gestützt auf ein Schreiben der Direktion des Innern widerrief der Gemeinderat die auf den 4. März 1973 angesetzte Volksabstimmung. BGE 99 Ia 524 S. 525 Der Regierungsrat wies die Beschwerde am 20. März 1973 ab. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus: Während nach den Gesetzen anderer Kantone das Referendum gegen "Beschlüsse" des Gemeindeparlaments ergriffen werden könne, sei in § 121 Abs. 1 des Gemeindegesetzes des Kantons Basel-Landschaft (GG) nicht von "Beschlüssen", sondern von "Geschäften" die Rede. Damit wolle zum Ausdruck gebracht werden, dass die Stimmbürger auf ein durch Referendum gestelltes Verlangen hin nicht nur über annehmende Beschlüsse des Einwohnerrats, sondern über das Geschäft als solches befinden könnten. Auch im Kanton Zürich unterstünden sowohl Beschlüsse eines Gemeindeparlaments über die Annahme einer Vorlage, als auch solche über die Ablehnung und die Rückweisung dem fakultativen Referendum. Der kantonale Gesetzgeber könne die Volksrechte in Gemeindeangelegenheiten im Rahmen des Bundesrechts und der Kantonsverfassung beliebig ausgestalten. Den Stimmberechtigten stehe zwar auch der Weg der Initiative offen. Dieses Verfahren sei aber schwerfälliger und nehme erheblich mehr Zeit in Anspruch. Das Institut des Referendums gegen negative Parlamentsbeschlüsse sei deshalb im Hinblick auf den Zeitgewinn und die Verfahrensökonomie durchaus sinnvoll und den kleinen Verhältnissen der Gemeinde angepasst. C.- Gegen den Beschluss des Regierungsrats erhoben Ruggle und Konsorten Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Dieses hiess die Beschwerde am 30. Mai 1973 gut und hob den Beschluss des Regierungsrats auf. Zur Begründung führte es u.a. aus: In der schweizerischen Rechtsliteratur herrsche allgemein die Ansicht vor, das Referendum sei nur gegen annehmende Beschlüsse des Parlaments möglich. Es müsse geprüft werden, ob das Referendumsrecht im Kanton Basel-Landschaft weiterreiche als im Bund und in den übrigen Kantonen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei die Auslegung nicht ausgeschlossen, dass auch ablehnende Beschlüsse des Einwohnerrats dem fakultativen Referendum unterstünden. Während in § 120 Abs. 2 GG bestimmt werde, die Gemeindeordnung könne weitere Beschlüsse des Einwohnerrats dem obligatorischen Referendum unterstellen, sei in § 121, der vom fakultativen Referendum handle, nicht von Beschlüssen, sondern von Geschäften die Rede. In den Erläuterungen zur Volksabstimmung über das Gemeindegesetz habe man ausgeführt, das fakultative BGE 99 Ia 524 S. 526 Referendum könne bei zahlreichen anderen Beschlüssen des Einwohnerrats ergriffen werden. Daraus lasse sich ableiten, dass man die Ausdrücke "Beschlüsse" und "Geschäfte" habe gleichstellen wollen und die Wahl des zweiten Ausdrucks auf eine redaktionelle Unaufmerksamkeit zurückzuführen sei. Diese Annahme werde durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Dem obligatorischen Referendum seien nur positive Beschlüsse unterstellt, und es verhalte sich trotz des unklaren Wortlautes von § 121 Abs. 1 GG beim fakultativen Referendum nicht anders. Wenn man annähme, das fakultative Referendum könne auch gegen negative Beschlüsse des Einwohnerrats ergriffen werden, so wäre damit nichts erreicht. Der positive Ausgang der Abstimmung über das Referendumsbegehren würde nur bedeuten, dass etwas unternommen werden müsse, doch wäre dem Abstimmungsergebnis nicht zu entnehmen, was genau zu geschehen habe. Im übrigen gälten für das fakultative Referendum einerseits, die Gesetzes- oder Verwaltungsinitiative anderseits nach den §§ 121 Abs. 1 und 122 GG die gleichen Erfordernisse. Wenn die Stimmbürger etwas erreichen wollten, das der Einwohnerrat abgelehnt habe, stehe ihnen stets der Weg der Initiative offen, die ihrer Natur nach dazu bestimmt sei, eine positive Neuerung vorzuschlagen, während das Referendum dazu diene, eine vom Einwohnerrat beschlossene positive Neuerung zu verhindern. D.- Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts führen Rosmarie und Fridolin Röösli-Strahm gemäss Art. 85 lit. a OG staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, der Entscheid sei aufzuheben und es sei anzuordnen, dass das gegen den Beschluss des Einwohnerrats von Reinach eingereichte Referendum den Stimmbürgern zur Abstimmung vorgelegt werde. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit nötig, aus den folgenden Erwägungen. E.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft und der Einwohnerrat von Reinach haben auf Gegenbemerkungen verzichtet. Ruggle und Konsorten stellen den Antrag, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Vor dem Erlass des neuen Gemeindegesetzes waren die Gemeinden des Kantons Basel-Landschaft durchwegs nach dem Prinzip der direkten Demokratie organisiert. In diesem System BGE 99 Ia 524 S. 527 ist der Gemeinderat die Exekutive. Oberstes Organ ist die Gemeindeversammlung, d.h. die Versammlung der stimmberechtigten Bürger, die alle wesentlichen Beschlüsse zu fassen hat. In grössern Gemeinden lässt sich dieses System kaum mehr durchführen. Nach dem Vorbild anderer Kantone sieht deshalb das neue Gemeindegesetz des Kantons Basel-Landschaft als wichtigste Neuerung vor, dass Einwohnergemeinden mit mehr als zweitausend Stimmberechtigten die sogenannte ausserordentliche Gemeindeorganisation einführen können. An die Stelle der Gemeindeversammlung tritt hier ein Gemeindeparlament, der sogenannte Einwohnerrat. Ihm stehen im wesentlichen die gleichen Befugnisse zu wie bei der ordentlichen Gemeindeorganisation der Gemeindeversammlung. Die Einwohnergemeinde Reinach hat die ausserordentliche Gemeindeorganisation eingeführt. In Gemeinden mit ausserordentlicher Organisation unterliegen Änderungen der Gemeindeordnung nach dem Beschluss des Einwohnerrats der Urnenabstimmung. Die Gemeindeordnung kann weitere Beschlüsse des Einwohnerrats dem obligatorischen Referendum unterstellen (§ 120 GG). Unter dem Marginale "Fakultatives Referendum" bestimmt § 121 GG: "1 Die übrigen dem Einwohnerrat zustehenden Geschäfte sind unter Vorbehalt von Absatz 2 der Gesamtheit der Stimmberechtigten zu unterbreiten, wenn ein Drittel der anwesenden Mitglieder des Einwohnerrates oder innert dreissig Tagen fünf Prozent der Stimmberechtigten ein entsprechendes Begehren stellen. In jedem Falle genügen die Unterschriften von dreihundert Stimmberechtigten. 2 Vom fakultativen Referendum sind die Wahlen, die Genehmigung der Voranschläge und der Jahresrechnungen, die Festsetzung des Steuerfusses sowie die sich aus der Oberaufsicht über die Verwaltung ergebenden Geschäfte ausgenommen. Ebenso ist das fakultative Referendum ausgeschlossen, wenn es sich um dringliche Geschäfte handelt und mindestens zwei Drittel der anwesenden, jedenfalls aber die Hälfte sämtlicher Mitglieder des Einwohnerrates dem Ausschluss zustimmen." 4. Zu entscheiden ist, ob der Beschluss des Reinacher Einwohnerrates, mit dem dieser den Antrag des Gemeinderates auf Erstellung einer Personenunterführung ablehnte, nach § 9 der Gemeindeordnung (GO) bzw. § 121 GG dem fakultativen Referendum untersteht. Die Beschwerdeführer sind mit dem Regierungsrat der Ansicht, das sei der Fall. Für diese Auslegung des Gesetzes BGE 99 Ia 524 S. 528 lassen sich beachtliche Gründe ins Feld führen. Aus den Erläuterungen des Regierungsrats zur Abstimmung über das Gemeindegesetz ergibt sich die Sorge des Gesetzgebers, dass die Einbusse an politischen Rechten, die bei der ausserordentlichen Gemeindeorganisation mit dem Übergang zur indirekten Demokratie verbunden ist, nicht allzu gross wird. Von daher gesehen liesse es sich rechtfertigen, das Referendumsrecht nicht zu beschränken, sondern auch gegen negative Beschlüsse des Einwohnerrats zuzulassen. Nach Auffassung des Regierungsrates können zwar dem obligatorischen Referendum (§ 120 GG) nur positive Beschlüsse unterstehen. In § 120 Abs. 2 GG ist indessen von Beschlüssen die Rede, während nach § 121 Abs. 1 die "übrigen dem Einwohnerrat zustehenden Geschäfte" dem fakultativen Referendum unterstellt sind. Das kann als Hinweis dafür gewertet werden, dass die Anfechtungsmöglichkeit beim fakultativen Referendum anders als beim obligatorischen über die (positiven) Beschlüsse hinausreichen und auch negative Entscheide des Einwohnerrats erfassen soll. An sich ist es dem kantonalen Gesetzgeber unbenommen, das fakultative Referendum in den Gemeinden auch gegen negative Entscheide des Einwohnerrats zuzulassen, wobei zunächst dahingestellt sein mag, ob ein solches Volksrecht noch als Referendum zu qualifizieren wäre. Der Regierungsrat hat sich darauf berufen, nach der Rechtslehre könne im Kanton Zürich auch gegen ablehnende Beschlüsse des dem Baselbieter Einwohnerrat entsprechenden Grossen Gemeinderats das fakultative Referendum ergriffen werden. Diese Auffassung trifft nur in sehr beschränktem Masse zu. Wie das Verwaltungsgericht richtig ausführt, wird in der schweizerischen Rechtslehre kaum die Ansicht vertreten, das Referendum könne sich auch gegen negative Beschlüsse richten. Einzig METTLER (Das Zürcher Gemeindegesetz, S. 301) ist der Meinung, nach zürcherischem Recht sei das fakultative Referendum gegen ablehende Beschlüsse des Grossen Gemeinderats zulässig. Dass das der Zürcher Praxis entspräche, ist nicht dargetan, und in der Literatur wird die Auffassung METTLERS abgelehnt (GEILINGER, Die Institutionen der direkten Demokratie im Kanton Zürich, Diss. 1947 S. 159; HEINIGER, Der Gemeinderat, Diss. 1957 S. 236 N. 15). Die für die gegenteilige Ansicht angeführten Autoren (STREIFF, Die Gemeindeorganisation mit Urnenabstimmung im Kanton Zürich, Diss. 1959 S. 208 ff. und ETTER, Die Gewaltendifferenzierung BGE 99 Ia 524 S. 529 in der zürcherischen Gemeinde, Diss. 1967 S. 128) befassen sich nur mit der sog. nachträglichen Urnenabstimmung. Für die Institution des Referendums wird die Frage auch von diesen Autoren indirekt verneint. Abgesehen davon ist es von geringer Bedeutung, welche Ordnung im Kanton Zürich gilt und wie die entsprechenden Vorschriften dort ausgelegt werden, denn diese Ordnung weicht in wesentlichen Punkten von derjenigen des Kantons Basel-Land ab. 5. a) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, wird zwar in der schweizerischen Rechtslehre kaum ausdrücklich gesagt, das Referendum könne sich nur auf positive Beschlüsse beziehen, doch wird allgemein von dieser Annahme ausgegangen (vgl. AUBERT, Le referendum populaire, ZSR 1972 S. 484/5; BURCKHARDT, Komm. zur Bundesverfassung, 3. A. S. 707 und die im angefochtenen Urteil zitierten Autoren). Dass sich z.B. im Bund das fakultative Referendum nur gegen positive Beschlüsse richten kann, ergibt sich daraus, dass ihm nur Bundesgesetze und allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse unterstehen. GIACOMETTI führt in allgemeiner Weise aus, wenn das fakultative Referendum nicht ergriffen werde, so sei die bedingte Rechtsverbindlichkeit der vom Parlament angenommenen Vorlage zu einer unbedingten geworden, das Referendum habe somit einen negativen Charakter (Das Staatsrecht der Kantone, S. 438). Würde man das fakultative Referendum auch gegen negative Beschlüsse zulassen, so hätte es insoweit einen positiven Charakter. Das ist aber seinem Wesen fremd. Als wesentliche Volksrechte, mit denen der Stimmbürger dem Parlament gegenüber seinen Willen durchsetzen kann, kennt das schweizerische Recht Initiative und Referendum. Während die Initiative regelmässig dazu dient, etwas Neues zu schaffen, soll mit dem Referendum dem Volk die Möglichkeit gegeben werden, eine vom Parlament beschlossene Neuerung abzulehnen. Historisch ist das fakultative Referendum aus dem Volks-Veto herausgewachsen (DIETSCHI, Das Volks-Veto in der Schweiz, Diss. 1926 S. 147 und 152 ff.). Wie dieses hat es negativen Charakter, was bedeutet, dass ihm nur positive Beschlüsse des Parlaments unterstehen können. Dass nach sozusagen einhelliger schweizerischer Rechtsauffassung das fakultative Referendum negativen Charakter hat und deshalb nur gegen positive Beschlüsse ergriffen werden kann, ist im zu beurteilenden Fall nicht ohne Bedeutung, denn § 121 GG bezeichnet das hier in Frage stehende BGE 99 Ia 524 S. 530 Volksrecht als fakultatives Referendum. Darunter ist an sich das zu verstehen, was in der Schweiz allgemeiner Rechtsanschauung entspricht. Eine andere Auslegung würde sich nur dann rechtfertigen, wenn sich klar ergäbe, dass man im Gemeindegesetz des Kantons Basel-Landschaft den Begriff des Referendums weitergefasst und damit ein Institut geschaffen hätte, das nach allgemeiner Ansicht insoweit nicht mehr Referendum wäre, als sich das Begehren auch gegen einen negativen Parlamentsbeschluss richten könnte. b) Dem obligatorischen Referendum unterstehen, wie der Regierungsrat mit Recht anerkennt, nur positive Beschlüsse des Einwohnerrates. Während in § 120 Abs. 2 GG von weitern "Beschlüssen" die Rede ist, welche die Gemeindeordnung dem obligatorischen Referendum unterstellen kann, sieht § 121 Abs. 1 für die übrigen dem Einwohnerrat zustehenden "Geschäfte" das fakultative Referendum vor. Daraus könnte geschlossen werden, das fakultative Referendum reiche weiter als das obligatorische und könne sich auch gegen negative Beschlüsse richten. Der unterschiedlichen Terminologie kann aber wohl keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. § 121 Abs. 2 nimmt bestimmte Beschlüsse vom fakultativen Referendum aus und schliesst daran folgende Regel an: "Ebenso ist das fakultative Referendum ausgeschlossen, wenn es sich um dringliche Geschäfte handelt und mindestens zwei Drittel der anwesenden, mindestens aber die Hälfte aller Mitglieder des Einwohnerrats dem Ausschluss zustimmen." Hier wird der Ausdruck "Geschäfte" im gleichen Sinn gebraucht, den der Ausdruck "Beschlüsse" in § 120 Abs. 2 hat, denn es ist klar, dass nur bei positiven Beschlüssen das Referendum wegen Dringlichkeit ausgeschlossen sein kann. Das lässt vermuten, mit dem in § 121 Abs. 1 verwendeten Ausdruck "Geschäfte" habe man das fakultative Referendum nicht auf negative Beschlüsse ausdehnen wollen. Zumindest ergibt sich aus der unterschiedlichen Ausdrucksweise nicht mit genügender Klarheit, dass entgegen der allgemeinen schweizerischen Rechtsanschauung das fakultative Referendum auch gegen negative Beschlüsse gerichtet werden kann. Das fakultative Referendum ist nach § 49 GG bei der ordentlichen Gemeindeorganisation gegen "Beschlüsse" der Gemeindeversammlung vorgesehen. Es ist kaum einzusehen, weshalb das gleiche Recht bei der ausserordentlichen Gemeindeorganisation weitere Entscheide erfassen BGE 99 Ia 524 S. 531 sollte. In den Gesetzesberatungen wurde denn auch, soweit zu ersehen, nie der Gedanke ausgesprochen, das Referendum sei gegenüber Entscheiden des Einwohnerrats in weitergehendem Mass zulässig als gegenüber solchen der Gemeindeversammlung. Die Materialien des Gesetzes sind zwar an sich für die Auslegung nicht massgebend, doch können sie immerhin zur Interpretation herangezogen werden ( BGE 97 I 148 , BGE 95 I 510 /11 mit Verweisungen). In den Erläuterungen des Regierungsrats zur Volksabstimmung über das Gemeindegesetz wurde dargelegt, welche Parlamentsbeschlüsse dem obligatorischen Referendum unterstehen. Im Anschluss daran führte die Regierung aus, das fakultative Referendum könne bei zahlreichen anderen Beschlüssen des Einwohnerrats ergriffen werden. Der Regierungsrat hat demnach der unterschiedlichen Ausdrucksweise der §§ 120 und 121 GG offenbar keine materielle Bedeutung beigemessen. Wenn sich auch aus den Protokollen der landrätlichen Vorberatungskommission keine eindeutigen Schlüsse ziehen lassen, so ist immerhin darauf hinzuweisen, dass ein Mitglied die Ansicht vertrat, wenn der Einwohnerrat negativ beschliesse, gebe es keine Volksabstimmung, was, soweit ersichtlich, unwidersprochen blieb (Votum Waldner, Protokoll S. 267). Wie das Verwaltungsgericht unter weiterem Hinweis auf die Entstehungsgeschichte darlegte, ist zu vermuten, dass die unterschiedliche Terminologie nur redaktionelle, nicht aber materielle Bedeutung hat. Zumindest ergibt sich nicht mit Klarheit, dass mit der Wahl des Wortes "Geschäfte" zum Ausdruck gebracht werden wollte, das fakultative Referendum könne auch gegen negative Beschlüsse des Einwohnerrats ergriffen werden. c) Auch eine teleologische Auslegung des § 121 Abs. 1 GG führt zum gleichen Ergebnis. Wenn das Referendum gegen einen negativen Beschluss erhoben werden könnte, wäre unklar, worüber der Bürger eigentlich abstimmen müsste. Das Verwaltungsgericht nimmt an, der Bürger hätte darüber zu befinden, ob er mit dem Beschluss des Einwohnerrats einverstanden sei oder nicht. Diese Ansicht mag als folgerichtig erscheinen, denn es sind die Parlamentsbeschlüsse, die dem fakultativen Referendum unterstehen. Wie das Verwaltungsgericht ausführt, wäre aber eine solche Lösung nicht sinnvoll. Würde die Bürgerschaft den negativen Beschluss des Einwohnerrats ablehnen, so wäre damit der Weg für die Erstellung der Personenunterführung BGE 99 Ia 524 S. 532 noch nicht frei. Das Volk hätte vielmehr nur zum Ausdruck gebracht, dass es entgegen dem Beschluss des Einwohnerrats den Bau der Unterführung wünscht, doch müsste nach der Abstimmung zunächst eine Vorlage ausgearbeitet werden, aus der sich Art der Ausführung und Kostenfolge ergäben. Dabei wäre wiederum fraglich, ob der Einwohnerrat gehalten ist, eine solche Vorlage gegen seine eigene Überzeugung zu beschliessen. Auf jeden Fall wäre das Verfahren sehr umständlich, und das Ziel einfacher auf dem Weg der Initiative zu erreichen. Der Überlegung des Regierungsrats, das fakultative Referendum gegen negative Beschlüsse sei zuzulassen, weil das Verfahren einfacher sei als jenes der Initiative, ist demnach der Boden entzogen, wenn man mit dem Verwaltungsgericht davon ausgeht, der Bürger habe sich in der Referendumsabstimmung nur darüber auszusprechen, ob er mit dem negativen Beschluss des Einwohnerrats einverstanden ist oder nicht. Demgegenüber war der Gemeinderat gemäss seiner Fragestellung an die Stimmberechtigten der Ansicht, wenn sich das fakultative Referendum gegen einen negativen Beschluss des Einwohnerrats richte, habe der Stimmbürger über den vom Einwohnerrat abgelehnten Antrag des Gemeinderats zu befinden. Diese Lösung mag naheliegen, doch kann dagegen eingewendet werden, es sei systemwidrig, dass der Bürger über eine Vorlage der Exekutive, nicht des Gemeindeparlaments zu befinden hat. Der Einwohnerrat würde dabei insoweit übergangen, als er zu den Modalitäten der Ausführung und dem Kreditbedarf für die Unterführung im ganzen Verfahren nicht hätte Stellung nehmen können. Die Beschwerdeführer scheinen diesen Mangel erkannt zu haben. Sie führen aus, dem Stimmberechtigten sei der Antrag des Gemeinderats mit allfälligen Korrekturen des Einwohnerrats zum Entscheid vorzulegen. Sie schweigen sich aber darüber aus, wie sie sich eine solche Lösung praktisch vorstellen. Wollte man sie verwirklichen, so müsste der Einwohnerrat auch dann, wenn er einen Antrag des Gemeinderats überhaupt ablehnt, im Sinn eines Eventualbeschlusses stets bestimmen, welche Korrekturen er an der Vorlage des Gemeinderats vornehmen würde, falls es nicht bei seinem ablehnenden Beschluss bleibt, sondern dagegen das Referendum ergriffen wird. Das wäre aber eine ungewöhnliche, ja durchaus absonderliche Ordnung. Wenn der Gesetzgeber ein solches Verfahren hätte vorsehen wollen, so hätte er es ausdrücklich vorschreiben müssen. Wie man auch BGE 99 Ia 524 S. 533 die Abstimmungsfrage formulieren würde, jede Lösung hätte ihre schwerwiegenden Nachteile. Vor allem wäre die wichtige Frage völlig offen, worüber eigentlich der Bürger abstimmen soll, wenn das fakultative Referendum gegen einen negativen Beschluss des Einwohnerrats zustandekam. Daraus wird ersichtlich, dass es nicht dem Sinn des Gesetzes entspricht, ein solches Referendum zuzulassen. d) Nach § 120 Abs. 1 GG unterliegen Änderungen der Gemeindeordnung nach dem Beschluss des Einwohnerrats der Urnenabstimmung, und nach Abs. 2 kann die Gemeindeordnung weiter Beschlüsse des Einwohnerrats dem obligatorischen Referendum unterstellen. Unter diesen Beschlüssen sind solche von grosser Tragweite zu verstehen. Die Reinacher Gemeindeordnung sieht denn auch in diesem Sinn u.a. vor, dass Beschlüsse über eine Ausgabe von mehr als 2 Millionen Franken dem obligatorischen Referendum unterstehen (§ 8 GO). Das gilt aber nur für positive Beschlüsse, denn dem obligatorischen Referendum sind, wie der Regierungsrat mit Recht anerkennt, lediglich solche Beschlüsse unterstellt. Nach Ansicht der Beschwerdeführer könnte man wohl auch gegen negative Beschlüsse über Ausgaben von mehr als zwei Millionen Franken das fakultative Referendum ergreifen. Es wäre dann allerdings durchaus ungewöhnlich, dass dieselbe Vorlage je nach der positiven oder negativen Natur des Einwohnerrats-Beschlusses dem obligatorischen oder dem fakultativen Referendum unterstünde. Auch das spricht für die Ansicht des Verwaltungsgerichts. 6. Die gleiche Zahl von Stimmberechtigten, die das Referendum ergreifen können, haben auch die Möglichkeit, eine Initiative zu lancieren (§§ 121 Abs. 1 und 122 GG). Die Beschwerdeführer hätten demnach den Bau der Personenunterführung mit einer Initiative verlangen können, und da sie offenbar den Antrag des Gemeinderates auch in den Einzelheiten und hinsichtlich der Kostenfolge für richtig hielten, wäre ihnen freigestanden, unter Übernahme dieses Antrages eine sogenannte formulierte oder ausgearbeitete Initiative einzureichen. Der Regierungsrat scheint letztlich das Referendum gegen negative Beschlüsse des Einwohnerrats deshalb zugelassen zu haben, weil der Weg der Initiative viel länger sei als jener des Referendums, da sich der Einwohnerrat nach § 123 GG ein Jahr Zeit lassen könne, bis er zu dem Begehren Stellung nehme BGE 99 Ia 524 S. 534 und es für die Volksabstimmung freigebe. Abgesehen davon, dass zwischen dem Beschluss des Einwohnerrats und der Referendumsabstimmung auch eine gewisse Zeit verstreicht, ist die in § 123 gesetzte Frist eine Maximalfrist. Liegt bereits ein Vorschlag des Gemeinderats und eine diesem entsprechende ausgearbeitete Initiative von Stimmbürgern vor, so wird es dem Einwohnerrat regelmässig möglich sein, die Sache rasch zu behandeln, so dass die Volksabstimmung bereits nach kurzer Zeit stattfinden kann. Da der Einwohnerrat im hier zu beurteilenden Fall den Antrag des Gemeinderats mit 32 zu 1 Stimmen abgelehnt hatte, ist zu vermuten, dass er nach Einreichung einer entsprechenden Initiative einfach den Antrag auf Ablehnung gestellt hätte, so dass die Volksabstimmung schon sehr bald hätte angesetzt werden können. In den Fällen, in denen ein fakultatives Referendum gegen einen negativen Beschluss des Einwohnerrats in Frage käme, verhält es sich immer so, dass bereits eine ausgearbeitete Vorlage des Gemeinderats vorliegt, mit der sich der Einwohnerrat schon beschäftigt hat. In diesen Fällen wird in aller Regel die Behandlung einer dem Gemeinderats-Antrag entsprechenden Initiative wenig Zeit in Anspruch nehmen. Das Zeitmoment, das für den Regierungsrat eine massgebende, wenn nicht ausschlaggebende Rolle gespielt zu haben scheint, legt es deshalb keineswegs nahe, das Referendum gegen negative Beschlüsse zuzulassen. Vielmehr drängt es sich auf, das der Stimmbürger in solchen Fällen von dem Recht Gebrauch macht, das nach allgemeiner Rechtsanschauung für solche Begehren zur Verfügung steht, nämlich vom Initiativrecht. Auf diesem Weg kann er ohne grössere Umtriebe und praktisch ohne Zeitverlust zu dem angestrebten Ziel gelangen.
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Sachverhalt ab Seite 390 BGE 119 V 389 S. 390 A.- Urs N. und Josef Z. gründeten 1985 als Kollektivgesellschaft die Firma N. + Z. Gemäss Publikation vom 4. Mai 1987 im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) erlosch diese Kollektivgesellschaft "infolge Auflösung und beendigter Liquidation", indem ihre Aktiven und Passiven auf die neugegründete Firma N. + Z. AG "gemäss Sacheinlagevertrag vom 16. April 1987 und Übernahmebilanz per 31. Januar 1987" übertragen wurden, in welcher AG Urs N. und Josef Z. sowie, neu an der Unternehmenstätigkeit beteiligt, Emil D. als Verwaltungsräte amteten. Der Geschäftsgang der neugegründeten AG nahm rapide einen schlechten Verlauf, indem sie bereits im Sommer 1987 um Nachlassstundung ersuchen musste, welche aber nichts ergab, so dass der Konkursrichter des Bezirkes O. durch Verfügung vom 2. Dezember 1987 über sie den Konkurs eröffnete. Der Konkurs über die AG wurde im ordentlichen Verfahren durchgeführt mit Auflage des Kollokationsplanes im Mai 1988 und Aufstellung der Verteilungsliste Ende 1990. Am 3. Januar 1991 übermittelte das Konkursamt der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen den Verlustschein infolge Konkurses, welcher auswies, dass die Kasse mit der von ihr eingegebenen Forderung von Fr. 119'882.65, nach Erhalt einer Teilzahlung von Fr. 60'373.60, im Betrag von Fr. 59'509.05 zu Verlust gekommen war. Da ein Teil der Verbindlichkeiten der konkursiten AG Schulden der früheren Kollektivgesellschaft gewesen waren - was insbesondere auch auf Beitragsforderungen der Ausgleichskasse zutrifft -, hielten sich die Gläubiger an Urs N. und Josef Z. in ihrer Eigenschaft als frühere Kollektivgesellschafter schadlos, so dass diesen nichts anderes übrigblieb, als selber den Konkurs zu erklären, nämlich am 7. Dezember 1987 (Z.) und am 1. Februar 1988 (N.). In beiden Fällen kam es jedoch zu gerichtlichen Bestätigungen von am 20. Juni 1989 abgeschlossenen Nachlassverträgen im Konkurs, welche für die in der 5. Klasse kollozierten Forderungen je eine Nachlassdividende von 20% vorsahen (Entscheide des Bezirksgerichts U. vom 20. Oktober 1989 und des Bezirksgerichts O. vom 12. Dezember 1989), so dass die Konkurse widerrufen wurden. Die Ausgleichskasse hatte sich weder an den Privatkonkursen noch folglich an den gerichtlich genehmigten Nachlassverträgen im Konkurs beteiligt. Aufgrund von Beitragsübersichten und -auszügen der Jahre 1980 bis 1989 stellte die Ausgleichskasse fest, dass ihr Kollektivgesellschaft und AG insgesamt Fr. 121'011.15 an paritätischen Beiträgen (einschliesslich Nebenkosten) schuldig geblieben waren, worauf sie BGE 119 V 389 S. 391 mit Verfügungen vom 9. Mai 1989 Urs N., Josef Z. und Emil D. zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe dieses Betrages verpflichtete. B.- Nachdem Urs N., Josef Z. und Emil D. hiegegen je hatten Einspruch einlegen lassen, wandte sich die Ausgleichskasse mit drei Schadenersatzklagen an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen. Nach Durchführung eines zweifachen Schriftenwechsels hiess das kantonale Gericht die Schadenersatzklagen gegen Urs N. und Josef Z. im Umfange von Fr. 15'500.-- teilweise gut; die Klage gegen Emil D. wies es ab (Entscheide vom 5. März 1992). C.- In allen drei Fällen führt einzig die Ausgleichskasse Verwaltungsgerichtsbeschwerde, jeweils mit dem Rechtsbegehren auf Aufhebung der kantonalen Gerichtsentscheide und Verurteilung von Urs. N. und Josef Z. auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von jeweils Fr. 52'913.30, im Falle Emil D's auf Zahlung von Fr. 26'685.75. Auf die im wesentlichen gleich begründeten Verwaltungsgerichtsbeschwerden der Kasse wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen. Das gleiche gilt für die Vernehmlassungen von Urs N., Josef Z. und Emil D., die auf Abweisung der Beschwerden schliessen und für die Stellungnahmen des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV), in denen Gutheissung beantragt wird. Urs N., Josef Z. und Emil D. wurde Gelegenheit gegeben, sich gegenseitig als Mitinteressierte zu den Beschwerden des andern zu äussern. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Obwohl das kantonale Gericht drei getrennte Entscheide erlassen hat, sind die vorliegenden Kassenbeschwerden in einem Verfahren zu vereinigen und durch ein Urteil zu erledigen. Denn die entscheidwesentlichen Erwägungen der Vorinstanz lauten im wesentlichen gleich, ebenso Begründung und Einwendungen der Kasse hiegegen. Auch die Vorbringen in den Vernehmlassungen und die Sichtweise des BSV sind in allen drei Fällen praktisch identisch, weil sich in den drei Fällen die gleichen grundsätzlichen Rechtsfragen stellen. 2. a) Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidg. Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Richter Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich BGE 119 V 389 S. 392 Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG ). b) Weil der Schadenersatzprozess nach Art. 52 AHVG gemäss ständiger Rechtsprechung (nicht veröffentlichtes Urteil E. vom 27. Dezember 1987 und seitherige Urteile) nicht unter den Begriff der Abgabestreitigkeiten im Sinne von Art. 114 OG fällt, somit enge Kognition nach Art. 104/5 OG (Erw. 2a) gilt, woran festzuhalten ist, sind die Einwendungen in der Vernehmlassung des Josef Z. teilweise prozessual unzulässig. Da er (ebenso wie Urs N.) die vorinstanzlichen Entscheide, welche ihn und Urs N. zu je Fr. 15'500.-- Schadenersatz verurteilt haben, nicht anfocht, liegt aufgrund der Anträge der einzig Verwaltungsgerichtsbeschwerde führenden Ausgleichskasse bloss im Streit, ob das kantonale Gericht diese beiden Beschwerdegegner zu mehr als Fr. 15'500.-- Schadenersatz hätte verurteilen sollen, nämlich zu Fr. 52'913.30, wie beantragt. Weil Art. 114 OG nicht anwendbar ist und die Beschwerdegegner Urs N. und Josef Z. keine Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht haben, besteht prozessual keine Möglichkeit, zu Lasten der beschwerdeführenden Kasse über ihren Antrag hinauszugehen. Somit ist auf die vorinstanzliche Verurteilung von Urs N. und Josef Z. zu Schadenersatz bis zum Umfang von Fr. 15'500.-- nicht einzugehen. 3. Das kantonale Gericht hat in für das Eidg. Versicherungsgericht im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG verbindlicher (Erw. 2a) und im übrigen unbestrittener Weise festgestellt, dass die Ausgleichskasse folgende ausstehende bundesrechtliche Beitragsforderungen hatte: - Fr. 63'282.75 von der Kollektivgesellschaft N. + Z.; - Fr. 37'772.25 von der N. + Z. AG. Fest steht ebenfalls, dass die Ausgleichskasse aufgrund der endgültigen Verteilung an ihre im Konkurs der N. + Z. AG eingegebene Forderung von Fr. 119'882.65 Deckung im Umfang von Fr. 60'373.60 erhielt, so dass ein Verlustschein über Fr. 59'509.05 resultierte. Auch dies hat das kantonale Gericht verbindlich und im übrigen ebenfalls unbestritten festgestellt. 4. Das kantonale Gericht ist, nach Darlegung der rechtlichen Grundlagen zu Art. 52 AHVG , in folgenden Schritten vorgegangen: In ihrer Eigenschaft als Verwaltungsräte der N. + Z. AG hat das kantonale Gericht eine Ersatzpflicht der drei Beschwerdegegner für den BGE 119 V 389 S. 393 durch die Kollektivgesellschaft N. + Z. verursachten Schaden in Höhe von Fr. 63'282.75 verneint. Bezüglich der von der N. + Z. AG schuldig gebliebenen Beiträge von Fr. 37'772.25 hat es dagegen eine Verletzung der Organpflichten bejaht, jedoch diesbezüglich einen Schadenseintritt verneint, weil die Ausgleichskasse ja letztlich aus dem Konkurs der N. + Z. AG mehr an Dividende herausbekommen habe (Fr. 60'373.60), als die AG ihr an Beiträgen schuldig geblieben sei (Fr. 37'772.25). Zu diesem Teilergebnis konnte das kantonale Versicherungsgericht nur aus der Überlegung heraus gelangen, dass die Kollokation der Kassenforderung im Konkurs der AG in dem Umfange unrichtig war, als es sich um Beitragsschulden der Vorgängerin (Kollektivgesellschaft) handelte (insgesamt, einschliesslich der FAK-Beiträge von Fr. 14'262.65, welche das kantonale Gericht im kantonalen Haftungsprozess ausklammerte, Fr. 77'545.40). Daher hätte die Kollokation, so die Vorinstanz, auf den Betrag von Fr. 42'337.25 beschränkt bleiben müssen. Diese Argumentation führte zur Befreiung aller drei Beschwerdegegner von der Ersatzpflicht, soweit es um Schaden im Zusammenhang mit der AG geht. Für die früheren Kollektivgesellschafter Urs N. und Josef Z. prüfte das kantonale Gericht sodann die Frage der Schadenersatzpflicht in dieser Eigenschaft für die Beiträge, welche die aufgelöste Kollektivgesellschaft der Ausgleichskasse schuldig geblieben war. Das kantonale Gericht warf zunächst die Frage auf, ob Urs N. und Josef Z. zwei oder fünf Jahre für die Verbindlichkeiten der Kollektivgesellschaft (Art. 591 Abs. 1 oder Art. 592 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 181 OR ) haften würden. Da nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts Sozialversicherungsbeiträge "nicht nach der Regel von Art. 181 OR an den Übernehmer übergehen und somit keine anderen Sicherheiten mehr zur Verfügung stehen", erscheine die Anwendung der fünfjährigen Verwirkungsfrist nach Art. 591 Abs. 1 OR als sachgerecht. Unabhängig von der Frage der Haftungsverjährung hätte die Ausgleichskasse, so die Vorinstanz, den Beitragsausstand aus der Kollektivgesellschaft von Fr. 63'282.75 zunächst in Privatkonkursverfahren gegen die beiden Gesellschafter durchsetzen müssen. Erst nach Abschluss eines solchen Konkursverfahrens hätte sich entschieden, ob der Ausgleichskasse ein Schaden und damit eine Schadenersatzforderung entstanden sei. "Es kann somit nicht gesagt werden, dass hinsichtlich dieser Beitragsforderung der Schadeneintritt mit dem Konkurs des Nachfolgeunternehmens, der N. + Z. AG, erfolgte. Der Schadeneintritt bei dieser Beitragsforderung ist gänzlich unabhängig vom Konkurs der N. + Z. AG, da dieses BGE 119 V 389 S. 394 Unternehmen nicht Beitragsschuldner war." Auch wenn sich Beitrags- und Schadenersatzforderung gegen die gleichen Personen richteten, so sei zwischen den beiden Ansprüchen rechtlich und begrifflich genau zu unterscheiden. Die Ausgleichskasse habe daher auch bei Identität von Beitrags- und Schadenersatzschuldner immer zunächst die Beitragsforderung durchzusetzen. Erst wenn sich zeige, dass sie dabei zu Schaden komme, entstehe ein Schadenersatzanspruch gemäss Art. 52 AHVG . Weil die Ausgleichskasse es unterlassen habe, ihre Beitragsforderung in den Privatkonkursen von Urs N. und Josef Z. einzugeben, müsse die Schadenersatzklage "im Umfang der Nachlassdividende von Fr. 25'313.10 (2 x 20% von Fr. 63'282.75) zur Zeit abgewiesen werden. Nicht ausgeschlossen ist, dass die Klägerin nach entsprechenden Vollstreckungsbemühungen den Schadennachweis später führen kann." Der Ausgleichskasse sei anderseits in Höhe des Differenzbetrages zwischen der Dividende aus dem Nachlassvertrag und der Beitragsforderung bereits heute ein Schaden entstanden. Der Verzicht auf die Ausschöpfung des Konkursprivilegs stelle indessen eine teilweise Einwilligung des Geschädigten in die Verursachung des Schadens dar. Es würde Treu und Glauben zuwiderlaufen und wäre auch eine Umgehung betreibungsrechtlicher Vorschriften, wenn die Ausgleichskasse ihren Forderungsausfall in Form von Schadenersatz doch wieder decken könnte. Das fehlerhafte Verhalten der Ausgleichskasse, welches zum Beitragsverlust führe oder dazu beitrage, sei deshalb als Herabsetzungsgrund zu würdigen. Das aus dem Konkurs der AG erzielte Betreffnis (Konkursdividende) von Fr. 60'373.60 diene in seinem überschiessenden Teil von Fr. 18'036.35 "rechnerisch gesehen der Tilgung der Beitragsschuld in Höhe von Fr. 77'545.40 (einschliesslich FAK-Beiträge)" der Kollektivgesellschaft. Dieser Überschuss sei anteilmässig auf die paritätischen Sozialversicherungsbeiträge von Fr. 63'282.75 und auf die FAK-Beiträge von Fr. 14'262.65 aufzuteilen. Damit entfalle auf die Beitragsforderung der Ausgleichskasse noch ein Anteil von Fr. 14'719.--, um welchen Betrag sich der Schaden von Fr. 37'969.65 reduziere. Vom verbleibenden Ausfall von Fr. 23'251.-- gehe im Sinne eines Herabsetzungsgrundes ein Drittel zu Lasten der Klägerin, weshalb sie gerundet von Urs N. und Josef Z. noch je Fr. 15'500.-- Schadenersatz verlangen könne. Dieser Schadenersatzanspruch auf verbleibend Fr. 15'500.-- sei rechtzeitig geltend gemacht und nicht verwirkt. Diesbezüglich seien auch die materiellen Haftungsvoraussetzungen (Widerrechtlichkeit, Verschulden usw.) erfüllt. BGE 119 V 389 S. 395 5. Zu prüfen ist somit zunächst, ob Urs N., Josef Z. und Emil D. in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsräte der N. + Z. AG als Ersatzpflichtige in Betracht fallen, insoweit es um den Ersatz von Schaden geht, welcher daraus resultiert, dass die frühere Kollektivgesellschaft N. + Z. Beiträge im Umfange von Fr. 63'282.75 nicht bezahlte. a) In dem von den Verfahrensbeteiligten erwähnten BGE 112 V 152 , wo es um die Schadenersatzpflicht der Organe einer AG ging, welche eine nicht im Handelsregister eingetragene Einzelfirma mit Aktiven und Passiven übernommen hatte, entschied das Eidg. Versicherungsgericht: "Il reste toutefois à examiner le problème de l'étendue du dommage dont la caisse de compensation est en droit de demander la réparation. La juridiction cantonale admet que ce dernier englobe également les cotisations paritaires dues mais non versées par l'entreprise Z; elle considère que, dans la mesure où elle a repris l'actif et le passif de cette entreprise, X S.A. est devenue responsable de l'ensemble des dettes de celle-ci. Par conséquent, il ne se justifierait pas d'opérer "une réduction sur le montant arrêté par la caisse au titre des engagements de l'entreprise Z". De leur côté, les recourants contestent toute reprise par X S.A. de la dette de cotisations en question, faisant valoir que les statuts de la société prévoyaient expressément, sur ce point, "un effet rétroactif au 1er janvier 1980 sans plus". Il n'est cependant pas nécessaire de se prononcer sur cette controverse, car la solution retenue ici par les premiers juges ne peut pas être confirmée quant à son résultat. Sans doute est-il vrai que celui qui acquiert une entreprise avec actif et passif devient responsable des dettes envers les créanciers dès que l'acquisition a été portée par lui à leur connaissance ou qu'il l'a publiée dans les journaux (art. 181 al. 1 CO; cf. également, en ce qui concerne plus particulièrement les dettes de cotisations, ATFA 1965 p. 11). Mais, à elle seule, l'application de cette disposition ne permettrait pas de conclure que les recourants doivent être tenus à réparation en leur qualité d'anciens administrateurs de la société reprenante. Selon le système légal, la responsabilité de droit public instituée par l'art. 52 LAVS est le corollaire des obligations que l'employeur - c'est-à-dire celui qui verse à des personnes obligatoirement assurées une rémunération au sens de l'art. 5 al. 2 LAVS (cf. art. 12 al. 1 LAVS) - assume, notamment, en matière de perception des cotisations et de versement des prestations (BINSWANGER, Kommentar zum AHVG, note 1 ad art. 52; ATF 96 V 124; voir également le message du Conseil fédéral relatif à un projet de loi sur l'assurance-vieillesse et survivants, FF 1946 II 437 et 529). Cette norme ne vise donc pas n'importe quel dommage invoqué par une caisse de compensation: par définition, ce dernier doit être la conséquence d'un acte ou d'une omission relevant des tâches que la loi attribue à l'employeur. En matière de cotisations, qui représente le champ d'application principal de l'art. 52 LAVS, l'employeur responsable ne peut donc être que la personne (physique ou morale) qui était chargée, en tant qu'organe d'exécution de la loi, BGE 119 V 389 S. 396 de la perception des cotisations et du règlement des comptes, conformément à l'art. 14 al. 1 LAVS en corrélation avec les art. 34 ss RAVS (cf. RCC 1985 p. 608 consid. 5b). Or, dans le cas particulier, X S.A. n'avait à l'évidence aucune obligation découlant de la LAVS en matière de retenue et de paiement des cotisations d'assurances sociales dues sur les rémunérations versées par l'entreprise Z. C'est dire que le non-paiement d'une partie de ces cotisations n'a rien à voir avec la qualité d'employeur de X S.A. Cela suffit à exclure, sur le point ici en discussion, une responsabilité - subsidiaire - des recourants, fondée sur l'art. 52 LAVS ( BGE 112 V 154 Erw. 5)." b) aa) Die Vorinstanz hat dazu unter Hinweis auf KNUS, Die Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers in der AHV, Diss. Zürich 1989, S. 18 f., Anmerkung 45, erwogen, diese Auffassung sei nicht unbestritten geblieben; doch sprächen für sie gleichwohl gewichtige rechtliche Gründe, bestehe doch kein Anlass, vom Prinzip abzuweichen, wonach sich die öffentlichrechtliche Organstellung nach Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV nicht mittels privatrechtlicher Vereinbarung auf eine andere juristische oder natürliche Person übertragen lasse. bb) Die Ausgleichskasse wendet gegen diese vorinstanzliche Betrachtungsweise ein, damit werde ermöglicht, "durch privatrechtliche Vereinbarung eine Gesellschaft aufzulösen und dadurch deren AHV-rechtliche Arbeitgeberstellung ändern zu lassen, bevor alle damit verbundenen öffentlichrechtlichen Pflichten erfüllt" seien. Dieses "unbefriedigende Resultat" spreche gegen ein Vorgehen ausschliesslich nach privatrechtlichen Regeln. Die Erfüllung der AHV-rechtlichen Arbeitgeberpflichten lasse sich nur durchsetzen, "wenn der Übernehmer nicht nur die offenen Beitragsschulden seines Vorgängers, sondern auch alle übrigen AHV-rechtlichen Pflichten zu übernehmen" habe, wenn also "der Übernehmer in die AHV-rechtliche Arbeitgeberstellung seines Vorgängers eintreten" müsse. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die Möglichkeit, durch privatrechtliche Vereinbarung die AHV-rechtliche Arbeitgeberstellung von einer aufzulösenden juristischen Person oder Personengesellschaft auf eine andere Person zu übertragen, der Durchsetzung der Beitragsabrechnungs- und Beitragsablieferungspflicht hinderlich sein solle. Missbräuchen (z.B. Übertragung von Aktiven und Passiven einschliesslich Beitragsschulden einer aufzulösenden Kollektivgesellschaft auf eine bereits zahlungsunfähige AG) könne dadurch begegnet werden, dass die bisher Verantwortlichen, soweit nicht ohnehin Organe der übernehmenden AG, "als Arbeitgeber im Sinne BGE 119 V 389 S. 397 der zu Art. 52 AHVG entwickelten Praxis für den Schaden haftbar gemacht werden, den sie durch die Übergabe der Aktiven und Passiven einer aufgelösten Gesellschaft an eine andere Gesellschaft, die aber offensichtlich nicht in der Lage ist, den übernommenen (Beitragsablieferungs)pflichten (...) nachzukommen, (mit-)verursacht haben". cc) Das BSV teilt diese Auffassung der Ausgleichskasse und unterstützt sie mit zwei zusätzlichen Argumenten: - Abgesehen von der BGE 112 V 154 Erw. 5 zugrunde liegenden "handelsrechtlichen Lösung", wonach anlässlich der Geschäftsübernahme nach Art. 181 OR immer nur die einzelnen Forderungen und Pflichten auf den Erwerber übergingen, nicht aber Schuldverhältnisse als solche, die der Veräusserer mit Dritten abgeschlossen hat, halte das Zivilrecht nun aber ausserdem "eine arbeitsvertragliche Lösung" bereit: Nach Art. 333 Abs. 1 OR würden unter den dort genannten Voraussetzungen die Arbeitsverhältnisse (d.h. die ganzen Schuldverhältnisse) auf den Erwerber übergehen; somit träfen den Übernehmer alle Arbeitgeberpflichten, nicht nur die zufolge von Art. 181 OR abgetretenen; - ferner erscheine eine Berücksichtigung der erwähnten Übernahme der gesamten Schuldverhältnisse auch deswegen angezeigt, weil kein rechtlich relevanter Unterschied zu der vom Eidg. Versicherungsgericht jüngst bejahten Haftung des Verwaltungsrats bestehe, wonach er für die - bei seiner Mandatsübernahme bereits verfallenen - Sozialversicherungsbeiträge, welche die AG als Arbeitgeberin schuldet, einstehen muss; dies unter Hinweis auf ZAK 1992 S. 249 Erw. 7b. c) Die vom BSV unterstützte Argumentation der Ausgleichskasse gibt keinen Anlass, von der mit BGE 112 V 154 Erw. 5 eingeleiteten und bisher nie in Frage gestellten Rechtsprechung abzuweichen. Aufsichtsbehörde und Durchführungsstelle übersehen, dass mit der Auflösung einer juristischen Person oder, wie hier, Personengesellschaft die gegenüber der Ausgleichskasse beitragsabrechnungs- und beitragsablieferungspflichtige Arbeitgeberin im Sinne von Art. 12 AHVG ausfällt. Das bedeutet, dass sämtliche paritätischen Beiträge, welche der Arbeitgeber nach Art. 14 Abs. 1 AHVG der Ausgleichskasse bis zu diesem Zeitpunkt schuldet, zunächst keinem Rechtssubjekt mehr zugerechnet werden können. Hat eine juristische Person oder Personengesellschaft im Zeitpunkt ihrer Auflösung nicht sämtliche von ihr bis zu diesem Datum geschuldeten, fällig gewordenen Beitragsforderungen der Ausgleichskasse beglichen, BGE 119 V 389 S. 398 so steht fest, dass diese Arbeitgeberin ihrer öffentlichrechtlichen Pflicht der Beitragsabrechnung und -ablieferung nicht nachgekommen ist und nicht mehr wird nachkommen können. Damit liegt ein Verstoss gegen die Arbeitgeber- und gegebenenfalls Arbeitgeberorganpflichten vor. Die übernehmende neue Arbeitgeberin hat sich diese vorher verwirklichte Verletzung der AHV-rechtlichen Vorschriften schadenersatzrechtlich nicht anrechnen zu lassen. Darin liegt der grundlegende Unterschied zu der vom BSV erwähnten mit ZAK 1992 S. 249 Erw. 7b eingeleiteten Rechtsprechung. Hier geht es nicht um den Wegfall einer juristischen Person/Personengesellschaft mit Arbeitgeberqualität im Sinne von Art. 12 und 14 AHVG , sondern um den Tatbestand, dass jemand (z.B. durch Eintritt in den Verwaltungsrat einer AG) neu Organ einer seit je bestehenden abrechnungspflichtigen Arbeitgeberin wird und kraft Konstituierung als Organ dafür zu sorgen hat, dass nebst den laufenden auch die verfallenen paritätischen Beiträge dieser Arbeitgeberin entrichtet werden. 6. a) Können nach dem Gesagten die drei Beschwerdegegner in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsräte der AG nicht als Ersatzpflichtige für denjenigen Teil des Schadens betrachtet werden, welcher der Ausgleichskasse dadurch entstand, dass die aufgelöste Kollektivgesellschaft Beiträge schuldig geblieben war, so fragt sich weiter, ob die Vorinstanz zu Recht das im Konkurs der AG von der Ausgleichskasse erzielte Betreffnis einzig auf denjenigen Schadensteil angerechnet hat, welcher der Ausgleichskasse dadurch entstand, dass die AG paritätische Beiträge schuldig geblieben war. Das kantonale Gericht hat dazu erwogen: "Gestützt auf die erwähnte höchstrichterliche Rechtsprechung (gemeint ist BGE 112 V 152 ) ist aber festzustellen, dass die Forderung der Klägerin in diesem Konkurs offensichtlich falsch kolloziert worden ist. Da die konkursite N. + Z. AG nicht auch für die Beitragsschulden ihrer Vorgängerin in Höhe von Fr. 77'545.40 belangt werden konnte, hätte die Kollokation grundsätzlich auf den Betrag von Fr. 42'337.25 beschränkt bleiben müssen. Die unrichtige Kollokation hat zur Folge, dass die Klägerin in diesem Konkurs von seiten der konkursiten N. + Z. AG in Höhe von Fr. 60'373.60 befriedigt worden ist. Es ist ihr deshalb kein Schaden entstanden, da die Beitragsschuld der N. + Z. AG in Höhe von Fr. 37'772.50 voll gedeckt worden ist. Keine Rolle kann spielen, dass eine Befriedigung in dieser Höhe rechtlich gesehen nicht ausgewiesen wäre. Entscheidend ist allein, dass die Klägerin in dieser Höhe tatsächlich Befriedigung gefunden hat. Eine Grundlage für eine Schadenersatzforderung nach Art. 52 AHVG besteht deshalb nicht, soweit es um die von der N. + Z. AG geschuldeten BGE 119 V 389 S. 399 Beiträge geht." b) Dieser Auffassung der Vorinstanz, welche die entscheidende Weichenstellung für die wiedergegebene Verfahrenserledigung ist (Erw. 4), kann nicht beigepflichtet werden. Denn das kantonale Gericht geht zu Unrecht davon aus, dass Beitragsschulden nicht von einem Arbeitgeber auf den anderen übertragen werden können. Das steht nicht im Widerspruch zu dem in Erw. 5 Gesagten, weil auch in diesem Zusammenhang die Beitrags- von der Schadenersatzpflicht begrifflich zu unterscheiden ist. In BGE 112 V 152 hat das Eidg. Versicherungsgericht nur entschieden, dass die öffentlichrechtliche Arbeitgeberstellung und die damit einhergehenden Pflichten nicht auf eine zweite neu gegründete Arbeitgeberin übertragen werden können. Hievon ist sehr wohl, wie die Vorinstanz es selber in anderem Zusammenhang richtigerweise tut, die Beitragsforderung der Ausgleichskasse zu unterscheiden. Nun trifft zwar zu, dass das gesamte AHV-Recht keine Vorschriften über die Beitragssukzession (Beitragsnachfolge) enthält, wie sie im Steuerrecht weit verbreitet und oftmals ausdrücklich vorgesehen sind (vgl. Art. 12 Abs. 2 BdBSt ; MASSHARDT, Wehrsteuerkommentar, S. 48 f.). Zudem sichert das Steuerrecht die Einbringlichkeit der vom Steuernachfolger übernommenen Steuerschuld dadurch, dass bei juristischen Personen deren Organe und bei den Kollektiv- und Kommanditgesellschaften deren unbeschränkt haftende Gesellschafter für die Bezahlung des geschuldeten Steuerbetrages zu sorgen oder Sicherheit dafür zu leisten haben, bevor über das Liquidationsergebnis verfügt werden kann ( Art. 121 BdBSt ; MASSHARDT, a.a.O., S. 447 f.). Trotz dieses Fehlens analoger Vorschriften über die Beitragsnachfolge im AHV-Recht hat das Eidg. Versicherungsgericht schon früh, einem praktischen Bedürfnis folgend, angenommen, dass kraft analoger Anwendung von Art. 181 Abs. 1 OR im öffentlichrechtlichen Bereich AHV-Beitragsschulden übertragbar sind und dass im Rahmen einer Geschäftsübernahme die übernehmende Arbeitgeberin für die von der Rechtsvorgängerin geschuldeten Beiträge einzustehen hat (EVGE 1963 S. 183 f. Erw. 2 i.f. mit Hinweis auf das unveröffentlichte Urteil Martelli vom 6. März 1956, bestätigt in EVGE 1965 S. 11); eine Rechtsprechung, welche übrigens in die Verwaltungspraxis Eingang gefunden hat (Rz. 1037 der vom BSV herausgegebenen Wegleitung über den Bezug der Beiträge in der AHV/IV/EO). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz unterliegt es somit keinem Zweifel, dass Beitragsschulden im Rahmen einer Geschäftsübernahme, wie sie hier vorliegt, übertragbar sind. Dabei behält die Beitragsforderung der Ausgleichskasse, entgegen der Auffassung der BGE 119 V 389 S. 400 Vorinstanz, das 2.-Klasse-Konkursprivileg nach Art. 219 SchKG . Dies hat das Bundesgericht beispielsweise in dem in Semaine judiciaire 1985 S. 557 publizierten Urteil Boulaz SA entschieden, wonach "le classement des créances colloquées doit être effectué en fonction de la nature de ces créances, non des personnes qui les produisent". Das entspricht auch der Doktrin, sagt doch AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes, 4. Aufl., ausdrücklich: Privilegiert ist - nach schweizerischem Recht - nicht der Gläubiger persönlich (wie z.B. nach gemeinem Recht), sondern die Forderung an sich; das Privileg haftet an der Forderung. Dies hat zur Folge, dass durch Abtretung die Forderung samt dem Privileg auf den neuen Gläubiger übergeht (a.a.O., S. 344 N. 56). Beim Schuldnerwechsel im Rahmen einer Geschäftsübernahme nach Art. 181 OR kann es sich nicht anders verhalten. c) Sind somit die verfallenen Beitragsschulden der Kollektivgesellschaft N. + Z. rechtswirksam auf ihre Rechtsnachfolgerin, die N. + Z. AG, übertragen worden, und zwar als AHV-rechtliche Beitragsverbindlichkeiten, so kann keine Rede davon sein, dass die Beitragsforderung der Ausgleichskasse, welche sie im Konkurs der N. + Z. AG anmeldete, im Umfange der von der Kollektivgesellschaft N. + Z. geschuldeten Beiträge unrichtig kolloziert worden ist. Es geht daher nicht an, die Konkursdividende auf die von der AG verursachten Beitragsschulden anzurechnen. Vielmehr ist die Konkursdividende nach der Regel des Art. 87 OR auf die früher fällig gewordenen Beitragsverbindlichkeiten anzurechnen. Das sind hier die Beitragsschulden, welche die aufgelöste Kollektivgesellschaft unbeglichen gelassen hat. Folglich ist die Ausgleichskasse in bezug auf jene Beitragsausstände, welche die AG verursacht hat, gänzlich zu Verlust gekommen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist der Ausgleichskasse somit diesbezüglich ein Schaden entstanden. Die Sache ist an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es prüfe, ob hinsichtlich dieses Schadens die weiteren Voraussetzungen aller oder einzelner der drei Beschwerdegegner für eine Haftung gemäss Art. 52 AHVG , einschliesslich der Verwirkung nach Art. 82 AHVV , erfüllt sind. 7. Was den Beitragsausfall anbelangt, welchen die Ausgleichskasse dadurch erlitten hat, dass die von der Kollektivgesellschaft geschuldeten Beiträge weder von ihr noch von der Rechtsnachfolgerin bezahlt worden sind, beträgt der entsprechende Schadensposten (bundesrechtlich) infolge der Anrechnung des Konkursbetreffnisses nur noch rund Fr. 3'000.--. Nichtsdestotrotz sind BGE 119 V 389 S. 401 Urs N. und Josef Z. hiefür voll ersatzpflichtig, sofern die materiellen Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind. Der Auffassung der Vorinstanz, die Ausgleichskasse hätte die Beitragsforderung gegenüber der aufgelösten Kollektivgesellschaft zunächst gegen die Gesellschafter durchzusetzen versuchen sollen, fehlt jede Grundlage; denn die Gesellschafter sind nicht - auch nicht subsidiär - beitragspflichtig. Vielmehr werden sie schadenersatzpflichtig, wenn die von ihnen konstituierte Personengesellschaft als beitragspflichtiger Arbeitgeber untergeht und verfallene Beitragsschulden zurücklässt. Die Ausgleichskasse durfte daher direkt die Schadenersatzpflicht gegen Urs N. und Josef Z. geltend machen, was sie vorliegend getan hat. 8. (Kostenpunkt)
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1452501b-d2ac-4917-9a8d-8bfa2090bb1a
Sachverhalt ab Seite 423 BGE 136 III 423 S. 423 A. A.a A. wurde am 24. Januar 2000 als eheliches Kind von Z. und B. geboren. Die Eltern trennten sich ein halbes Jahr nach der Geburt und wurden mit Urteil des Gerichtskreises II Biel-Nidau vom 19. September 2006 geschieden. Dabei wurde die elterliche Sorge der Mutter (geboren 1982) zugesprochen; der Vater verzichtete gemäss Scheidungskonvention auf ein Besuchsrecht, währenddem die Mutter keine Unterhaltsansprüche stellte. Seit der Trennung seiner Eltern wuchs A. bei den Grosseltern mütterlicherseits, X. und Y. (geboren 1939 bzw. 1948), auf, die vollumfänglich für seine Pflege und Erziehung sorgen. Das seit mehreren Jahren dauernde Pflegeverhältnis hat nie zu Beanstandungen Anlass gegeben. Die Mutter von A. wechselte nach der Trennung mehrmals den Wohnort. Im Jahre 2006 unternahm sie einen Selbstmordversuch; in der Folge konnte sie mit Hilfe ihrer Eltern in deren Nähe ziehen und eine Lehre im elterlichen Unternehmen machen. A.b Am 4. Mai 2007 stellten X. und Y. bei der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern (nachfolgend: JGK) das Gesuch um Adoption ihres Enkels A. Zur Begründung trugen sie vor, dass A. seit der Trennung seiner Eltern bei ihnen aufgewachsen sei und sie für ihn seither wie ein eigenes Kind gesorgt hätten. Die BGE 136 III 423 S. 424 Eltern von A. erteilten die Zustimmung zur Adoption. In der Folge (gestützt auf ein Rechtsmittelverfahren) wurde A. durch eine Fachperson angehört und eine Stellungnahme der weiteren leiblichen Kinder der Gesuchsteller eingeholt. Mit Entscheid vom 16. November 2009 wies die JGK das Adoptionsgesuch ab. B. Gegen den Entscheid der JGK appellierten X. und Y. Mit Entscheid vom 8. Februar 2010 wies das Obergericht des Kantons Bern (Appellationshof, 2. Zivilkammer) die Appellation und das Adoptionsgesuch ab. C. X. und Y. führen mit Eingabe vom 17. März 2010 Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführer 1 und 2 beantragen dem Bundesgericht, den obergerichtlichen Entscheid aufzuheben und die Adoption ihres Enkels A. zu bewilligen. Eventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde in Zivilsachen ab. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Anlass zur Beschwerde gibt die Verweigerung der Adoption des Kindes A. durch seine Grosseltern bzw. die Beschwerdeführer. Nach Art. 264 ZGB darf ein Kind adoptiert werden, wenn ihm die künftigen Adoptiveltern während wenigstens eines Jahres Pflege und Erziehung erwiesen haben und nach den gesamten Umständen zu erwarten ist, die Begründung eines Kindesverhältnisses diene seinem Wohl, ohne andere Kinder der Adoptiveltern in unbilliger Weise zurückzusetzen. Vorliegend steht fest, dass die Beschwerdeführer dem Kind bereits während mehrerer Jahre klaglose Pflege und Erziehung erwiesen haben, die anderen leiblichen Kinder der Beschwerdeführer (d.h. nebst der Mutter des Kindes eine weitere Tochter und zwei Söhne) das Adoptionsgesuch unterstützen und die leiblichen Eltern des Kindes mit der Adoption einverstanden sind. Die beschwerdeführenden Grosseltern werfen der Vorinstanz im Wesentlichen vor, die Adoption zu Unrecht mit dem Argument verweigert zu haben, dass der Altersunterschied zu A. zu gross sei und die leibliche Mutter eine sozial-psychische Bindung zum Kind habe. 3.1 Zu Recht haben die kantonalen Instanzen angenommen, dass die Adoption eines Kindes durch seine Grosseltern erlaubt ist. Bei der Adoption eines verwandten Kindes liegen allerdings BGE 136 III 423 S. 425 ausserordentliche Umstände vor. Für deren Würdigung ist ausschliesslich das Kindeswohl massgebend ( BGE 135 III 80 E. 3.3 S. 84), und ein entsprechendes Adoptionsgesuch ist mit besonderer Aufmerksamkeit zu prüfen ( BGE 119 II 1 E. 3b S. 3; MEIER/STETTLER, Droit de la filiation, 4. Aufl. 2009, Rz. 273 S. 135). Es ist anerkannt, dass eine derartige Adoption mit besonderen Risiken behaftet ist (vgl. LAMMERANT, L'adoption et les droits de l'homme en droit comparé, Brüssel 2001, S. 238 Rz. 195). Das Bundesgericht schreitet mit Bezug auf die Würdigung des Kindeswohls (vgl. Art. 4 ZGB ) durch die kantonalen Instanzen nur dann ein, wenn grundlos von den in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abgegangen wird, wenn Tatsachen berücksichtigt werden, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn umgekehrt Umstände ausser Betracht geblieben sind, die hätten beachtet werden müssen (Urteil 5A_619/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 5.1, in: FamPra.ch 2009 S. 499; vgl. BGE 126 III 223 E. 4a S. 227/228). 3.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, die Vorinstanz habe unrichtig bzw. unzureichend berücksichtigt, dass die Kindsmutter von ihren Eltern (den Beschwerdeführern) abhängig und nach wie vor nicht in der Lage sei, für das Kind "zu sorgen" oder die "Erziehung zu übernehmen"; sie verfüge nicht über die "charakterlichen Voraussetzungen zur Erziehung", sondern lebe in einer unstabilen Lebenssituation, welche unter anderem im Jahre 2006 zu einem Selbstmordversuch geführt habe. Sodann sei "erstaunlich", dass sich das Gemeinwesen der Adoption widersetzen könne, obwohl alle Beteiligten - gerade auch die Mutter - mit der Adoption einverstanden seien. Diese Vorbringen sind unbehelflich. Vorliegend geht es nicht um die Erziehungsfähigkeiten der Mutter. Sie wird in der Ausübung ihrer elterlichen Sorge seit langem durch die Beschwerdeführer als Pflegeeltern vertreten (vgl. Art. 300 ZGB ). Es ist auch nicht über die Entziehung der elterlichen Sorge von der Mutter von A. (vgl. Art. 311 und Art. 312 ZGB ) und die Übertragung auf die Grosseltern (vgl. zum Vorrecht der Verwandten Art. 380 ZGB ) zu entscheiden. Diese Massnahmen bleiben bis zur Mündigkeit von A. möglich. Wenn die Beschwerdeführer geltend machen, A. müsste "im Heim aufwachsen", wenn sie als Grosseltern nicht für ihn sorgen würden, so blenden sie aus, dass mit der Adoption die rechtliche Beziehung zu seiner leiblichen Mutter gerade endgültig aufgehoben wird. Ebenso wenig kann der grosse Einsatz der Grosseltern - wie sie ausführen - eine "Legitimierung" für die Adoption darstellen. Dieser liegt BGE 136 III 423 S. 426 zwar im Interesse des Kindes und kann (wie beschrieben) zu familienrechtlichen Massnahmen führen. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang aber allein, ob es im Interesse des Kindes liegt, das rechtliche Band zu den leiblichen Eltern zu durchtrennen und durch ein solches zu den Grosseltern zu ersetzen (vgl. HEGNAUER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1964, N. 15 zu Art. 264 ZGB ). 3.3 Einem Adoptionsgesuch der Grosseltern ist in der Regel nicht zu entsprechen, wenn die leibliche Mutter bzw. der leibliche Vater im Haushalt der Grosseltern oder in deren Nähe wohnt und sie oft besucht ( BGE 119 II 1 E. 4b S. 4). Der Abbruch persönlicher Beziehungen ist zwar keine förmliche Adoptionsvoraussetzung (BIDERBOST, in: Handkommentar zum Schweizerischen Privatrecht, 2007, N. 17 zu Art. 264 ZGB ), aber eine Familiengemeinschaft, in der die leiblichen Eltern auch nach der Adoption ihres Kindes tatsächlich dessen Entwicklung mitverfolgen können, ist in hohem Masse konfliktgefährdet (FRANK, Grenzen der Adoption, Rechtsvergleichende Untersuchung zur Schutzbedürftigkeit faktischer Eltern-Kind-Verhältnisse, 1978, S. 136; MEULDERS-KLEIN, Le printemps des grands-parents et le droit, in: Mélanges Grossen, 1992, S. 178). Das Bundesgericht hat - gestützt auf die in BGE 119 II 1 ff. festgelegten Grundsätze - in einem Urteil aus dem Jahre 1998 betreffend eine Enkeladoption betont, dass die Qualifikation der bestehenden Beziehung (partnerschaftlich, autoritär, etc.) zwischen dem zu Adoptierenden und seiner Mutter nicht ausschlaggebend sei (Urteil 5C.146/1998 vom 27. Juli 1998 E. 4). Ebenso wurden die Adoption eines Bruders (Urteil 5A_619/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 5.3, in: FamPra.ch 2009 S. 500) oder die Bewilligung des Adoptionspflegeverhältnisses für einen Neffen verweigert (Urteil 5A.35/2004 vom 4. Februar 2005 E. 4.2, in: FamPra.ch 2005 S. 949), weil ein Bestehen bzw. Fortdauern wesentlicher Beziehungen zu den leiblichen Eltern bzw. zu einem Elternteil feststanden. 3.3.1 Im angefochtenen Urteil wird nichts über das Bestehen einer Beziehung von A. zu seinem leiblichen Vater erwähnt. Nach den Ausführungen der Beschwerdeführer sollen keine entsprechenden persönlichen Beziehungen bestehen und gehe aus den Akten hervor, dass die leibliche Mutter keine Mutter-Kind-Beziehung aufgebaut habe. Was die Beziehung zwischen A. und seiner Mutter anbelangt, so hat das Obergericht - für das Bundesgericht verbindlich - festgestellt, dass die beiden sich regelmässig sehen, die Mutter in der Nähe wohnt und diese immer wieder, wenn auch vielleicht nur BGE 136 III 423 S. 427 zum Essen, Kontakt mit A. hat. Anlässlich der Anhörung hat A. zu verstehen gegeben, dass er mit seiner leiblichen Mutter ("Mama") gut auskomme. Wenn das Obergericht gestützt auf diese tatsächlichen Umstände auf das Bestehen einer gelebten sozial-psychischen Beziehung zwischen A. und seiner Mutter geschlossen und gefolgert hat, diese Beziehung spreche gegen die Annahme, dass die Adoption durch die Grosseltern im Interesse des Kindes liegt, kann insoweit nicht von einer Rechtsverletzung gesprochen werden. 3.3.2 Nach Lehre und Rechtsprechung kann sich eine Adoption als im Interesse des Kindes erweisen, wenn die leibliche Mutter bzw. der leibliche Vater angesichts des jugendlichen Alters oder des geistigen Zustandes überhaupt nicht fähig ist, eine normale soziale und psychische Beziehung zum Kind aufzubauen ( BGE 119 II 1 E. 4b S. 4; HEGNAUER, a.a.O., N. 17 zu Art. 264 ZGB ). Darauf berufen sich die Beschwerdeführer und machen geltend, die Mutter von A. sei bei der Geburt äusserst jung (knapp 18 Jahre alt) gewesen, sei dies auch heute noch und in erster Linie mit sich selbst beschäftigt. Die Vorinstanz hat indessen festgestellt, dass keine Anhaltspunkte für eine gravierende psychische Abnormität der Mutter vorlägen. Sie habe ein Handelsdiplom erworben, mache eine Weiterbildung und arbeite im Betrieb der Eltern; sie könne sich (mit 28 Jahren) im Berufsalltag behaupten und normale soziale Kontakte pflegen. Unter diesen Umständen geht der Vorwurf, das Obergericht habe eine grundsätzliche Beziehungs un fähigkeit der Mutter zu ihrem Kind übergangen, fehl. Insoweit besteht kein Anlass, in das Ermessen des kantonalen Gerichts einzugreifen, wenn dieses erwogen hat, die bestehende Beziehung zwischen A. und seiner leiblichen Mutter spreche gegen die Adoption. 3.4 Die Beschwerdeführer bezeichnen die Überlegung der Vorinstanz, die leibliche Mutter verspüre vielleicht eines Tages doch das Bedürfnis, sich intensiver um ihren Sohn zu kümmern, als reine Spekulation. 3.4.1 Im Falle einer Verwandtenadoption zu Lebzeiten der leiblichen Eltern ist eine Prognose über die Entwicklung des persönlichen Kontaktes zwischen Mutter und Kind in der Tat kaum möglich (vgl. FRANK, a.a.O., S. 137, 173). Zu Recht haben daher die kantonalen Behörden untersucht, welche äusseren Umstände die Adoption von A. durch seine Grosseltern wirklich notwendig machen, denn je mehr die Freigabe eines Kindes von äusseren Umständen BGE 136 III 423 S. 428 erzwungen war, umso eher kann sie vom - grösser werdenden - Kind verstanden werden und desto weniger beeinträchtigt sie das Selbstwertgefühl des Adoptierten (DETTENBORN/WALTER, Familienrechtspsychologie, 2002, S. 275). Auf diese entscheidende Überlegung des Obergerichts gehen die Beschwerdeführer nicht ein. Ihr Hinweis, die Beziehung der leiblichen Mutter zu A. sei "äusserst locker", währenddem die Beziehung zu ihnen als Grosseltern "viel enger" sei, ist unbehelflich. Damit ist nicht dargetan, dass das Obergericht mit Blick auf mögliche zukünftige Entwicklungen das Interesse von A. das Kindesverhältnis zu seiner Mutter aufzuheben und durch ein solches zu den Grosseltern zu ersetzen bzw. seine Mutter rechtlich zur Schwester werden zu lassen, missachtet habe. 3.4.2 Die Beschwerdeführer kritisieren in diesem Zusammenhang, dass die Vorinstanz den Äusserungen der Mutter nicht allzu grosses Gewicht beigemessen habe. Das Obergericht habe nicht beachtet, dass die Mutter die Verantwortung für ein Kind gar nicht suche und (im Schreiben vom 17. Dezember 2009 an die JKG) darauf hingewiesen habe, dass "die Eltern an ihre Stelle" getreten seien. Die Beschwerdeführer übergehen allerdings, dass die Benennung der eigentlichen Motive zur Freigabe des Kindes schwierig zu ergründen sind, wie oft in Fällen psychischer Überforderung, oder wenn das Elternhaus der Mutter die erzieherischen Kompetenzen abspricht (DETTENBORN/WALTER, a.a.O., S. 269). Darauf hat die Erstinstanz für den konkreten Fall hingewiesen. Auch die Vorinstanz durfte dies berücksichtigen, zumal der Beschwerdeführer 1 in der Appellationsschrift erklärt, bereits seine Mutter habe sich nicht um ihn (Beschwerdeführer 1) gekümmert und seine Tochter, die Mutter von A. habe den "gleichen Charakter", insbesondere was die Beziehungsprobleme mit Männern betreffe, obwohl sie in einer intakten Familie aufgewachsen sei. Sodann wird im angefochtenen Entscheid eine gewisse Abhängigkeit der Mutter von A. von ihren Eltern, den Beschwerdeführern festgestellt und hat die Mutter (jedenfalls mit dem Selbstmordversuch im Jahre 2006) psychische Probleme zum Ausdruck gebracht. Ferner schliesst die Mutter (im erwähnten Schreiben vom 17. Dezember 2009) nicht aus, "für A. da zu sein, wenn meinen Eltern etwas zustossen würde". Wenn das Obergericht demnach eine vorsichtige Würdigung der Äusserungen der leiblichen Mutter vorgenommen und miterwogen hat, dass sie sich später vielleicht wieder vermehrt um A. kümmern will, hält sich dies im Rahmen des Ermessens, über welches die Vorinstanz verfügt. BGE 136 III 423 S. 429 3.5 Sodann hat das Obergericht - entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer - die Bewilligung zur Adoption nicht allein wegen des Altersunterschiedes verweigert. Es hat zum Altersunterschied von 61 bzw. 52 Jahren jedoch seine Bedenken zum Ausdruck gebracht ("es drängt sich die Frage auf ...") . Dies ist nicht zu beanstanden. HEGNAUER hat bei einer Enkeladoption den Altersunterschied von 53 und 49 Jahren als gross, aber gerechtfertigt bezeichnet, weil das Kind im betreffenden Fall rechtlich vaterlos und die Mutter früh gestorben war und sich in einer ungesicherten Situation befand (ZVW 1994 S. 123). Wenn hier das Obergericht den Altersunterschied für die Adoption als eher problematisch erachtet hat, ist dieses Kriterium - gerade vor dem Hintergrund der bestehenden Beziehung zwischen der Mutter und dem Kind - nicht in sachwidriger Weise gewürdigt worden. Die Beschwerdeführer bringen weiter vergeblich vor, die Vorinstanz habe die durch die Adoption bessere finanzielle Absicherung von A. nicht berücksichtigt. Aus den Erwägungen der JGK - auf welche das Obergericht verwiesen hat - geht hervor, dass finanzielle bzw. erbrechtliche Wirkungen der Adoption des Kindes nur sekundäre Bedeutung haben (vgl. HEGNAUER, a.a.O., N. 60 zu Art. 264 ZGB ). Sodann sei die Befürchtung, dass die leiblichen Eltern sich bei frühem Versterben der Grosseltern "Zugang zu den (dem Grosskind vererbten) Vermögenswerten verschaffen", unbegründet, zumal entsprechende Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögen (Art. 324 f. ZGB) angeordnet werden könnten. Dies lassen die Beschwerdeführer beiseite; sie legen nicht dar, inwiefern das Obergericht hier für das Kindeswohl wesentliche Gesichtspunkte übergangen habe. 3.6 Schliesslich werfen die Beschwerdeführer dem Obergericht eine Verletzung des Willkürverbotes und Gehörsanspruches (Art. 9 bzw. Art. 29 Abs. 2 BV ) vor, u.a. weil es den Antrag auf ihre persönliche Anhörung, eine persönliche Anhörung der leiblichen Mutter und eine zweite Anhörung von A. abgewiesen habe. 3.6.1 Die Beschwerdeführer machen geltend, ihre persönliche Anhörung könne aufzeigen, dass sie in der Lage seien, A. zu erziehen, und die zweite Anhörung des Kindes könne belegen, dass die Beziehung während der Dauer des Verfahrens zwischen ihnen und A. noch tiefer geworden sei und wie sich das Kind entwickelt habe. Die Vorbringen gehen fehl. Die Vorinstanz hat die Beweisanträge mit der Begründung abgewiesen, dass die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdeführer nicht in Frage stehe und unbestritten sei, dass sie BGE 136 III 423 S. 430 vollumfänglich in der Lage seien, für das Kind zu sorgen, und dass A. eine enge und gute Bindung zu ihnen habe. Die Beschwerdeführer übergehen, dass der Sachverhalt insoweit als abgeklärt betrachtet wurde, und legen nicht dar, inwiefern es für die Nichtabnahme weiterer Beweismittel durch das Obergericht an einer sachlichen Begründung fehle (vgl. BGE 114 II 291 E. 2a S. 291). 3.6.2 Sodann hat bereits die JGK festgehalten, dass Gegenstand des Berichts ("Abklärungsbericht Familienpflegeplätze") des Regionalen Sozialdienstes Büren vom 12. Februar 2008 die Eignung der Beschwerdeführer als Pflegeeltern gewesen sei, und nichts enthalte, was den Schluss zulasse, A. ginge es mit einer Adoption besser als ohne. Inwiefern die Würdigung dieses Berichts, welche das Obergericht zu seiner eigenen gemacht hat, in tatsächlicher Hinsicht offensichtlich unhaltbar bzw. willkürlich sei (vgl. BGE 128 I 81 E. 2 S. 86), legen die Beschwerdeführer nicht dar. Entgegen ihrer Darstellung hat das Obergericht den Wunsch der Mutter, A. zur Adoption freizugeben, berücksichtigt. Es hat festgehalten, dass beide Eltern die Zustimmung zur Adoption gegeben haben, so dass von willkürlicher Sachverhaltsfeststellung nicht gesprochen werden kann. 3.7 Zusammenfassend ergibt sich, dass dem Obergericht keine schematische Entscheidfindung vorgeworfen werden kann. Seine Würdigung der konkreten Verhältnisse (vgl. Art. 268a ZGB ) mit Blick auf das Kindeswohl hält vor den bundesrechtlichen Voraussetzungen zur Adoption ( Art. 264 ZGB ) stand. Das kantonale Gericht hat sein Ermessen nicht verletzt, wenn es keine hinreichenden Umstände erblickt hat, welche das Interesse von A. am Erlöschen des Kindesverhältnisses zur leiblichen Mutter an der Begründung eines neuen Kindesverhältnisses zu den Grosseltern überwiegen lassen. Andere Rechtsverletzungen werden nicht hinreichend begründet, im Übrigen auch nicht, inwiefern die EMRK den Beschwerdeführern ein Recht auf Adoption eines Kindes garantiere und dieses Recht verletzt worden sei.
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37de948f-8677-4a59-9c11-49821894b557
SR 742.104.1 1 Verordnung über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (Alpentransit-Verordnung, AtraV) vom 28. Februar 2001 (Stand am 1. März 2001) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf die Artikel 17 Absatz 2 und 21 des Bundesbeschlusses vom 4. Oktober 19911 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpen- transversale (Alpentransit-Beschluss), verordnet: 1. Kapitel: Organisation und Aufgaben 1. Abschnitt: Ersteller Art. 1 Zuständigkeiten 1 Die Projekte des NEAT-Konzeptes nach Artikel 5bis des Alpentransit-Beschlusses werden von den folgenden Unternehmungen (Ersteller) realisiert: a. Achse Gotthard: Schweizerische Bundesbahnen (SBB), wobei Projektierung und Erstellung dieses Werks einer Projektorganisation zu übertragen ist. b. Achse Lötschberg: BLS Lötschbergbahn AG (BLS), wobei Projektierung und Erstellung dieses Werks einer Projektorganisation zu übertragen ist. c. Anschluss Ostschweiz (Zimmerberg-Basistunnel und Verbindung zwischen der linken Zürichsee- und der Gotthardlinie): SBB, wobei Projektierung und Erstellung dieses Werks oder Teilen davon der Projektorganisation nach Buchstabe a zu übertragen ist. d. Ausbauten Strecke St. Gallen–Arth-Goldau: SBB, Schweizerische Südost- bahn (SOB) und Bodensee-Toggenburg-Bahn (BT). e. Ausbau Surselva: Rhätische Bahn (RhB) und Furka Oberalp Bahn (FO). 2 Die SBB und die BLS realisieren zudem die Anpassungen des übrigen Eisenbahn- netzes nach Artikel 9 des Alpentransit-Beschlusses. 3 Die Ersteller setzen die Weisungen und Vorgaben der Bundesbehörden um und berücksichtigen die Interessen der künftigen Betreiber. AS 2001 985 1 SR 742.104 742.104.1 Eisenbahnen 2 742.104.1 Art. 2 Verwendung der Kredite 1 Bei der Planung und Erstellung der Projekte des NEAT-Konzepts sind die Ersteller zum haushälterischen Einsatz der vom Bund zur Verfügung gestellten Finanzmittel verpflichtet. 2 Die Ersteller haben permanent Massnahmen zur Einhaltung der jeweiligen Objekt- kredite nach dem Alpentransit-Finanzierungsbeschluss vom 8. Dezember 19992 zu prüfen und vorbehältlich einer genehmigungspflichtigen Projektänderung umzuset- zen. Die entsprechenden Arbeiten sind zu dokumentieren. 3 Ist absehbar, dass die jeweiligen Objektkredite nicht eingehalten werden können, sind die Ersteller zur Vorlage von Kompensationsmassnahmen an das Bundesamt für Verkehr (Bundesamt) verpflichtet. Sie zeigen dabei insbesondere die Konse- quenzen auf die Bestellung des Bundes auf. Art. 3 Rechnungsführung 1 Der jeweilige Ersteller hat für die Projektierung und Erstellung der Projekte nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a - c eine eigene Rechnung zu führen. 2 Soweit die Weisungen nach Artikel 9 oder weitere, gestützt auf das Eisenbahnge- setz vom 20. Dezember 19573 oder das Bundesgesetz vom 20. März 19984 über die Schweizerischen Bundesbahnen ergangene Erlasse nichts Abweichendes bestimmen, richtet sich die Rechnungsführung nach dem Obligationenrecht5. Art. 4 Beschaffungswesen Die Vergaben der Ersteller von Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträgen im Rah- men des Alpentransit-Beschlusses unterstehen wie die entsprechenden Beschaffun- gen der SBB der Bundesgesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen. Art. 5 Akteneinsicht und Auskunftserteilung; Meldepflicht 1 Die Ersteller gewähren den Aufsichtsbehörden des Bundes volle Akteneinsicht und erteilen ihnen vollständig Auskunft. Mit Ermächtigung der jeweiligen Aufsichts- behörde haben auch deren Berater und Beraterinnen sowie Experten und Expertin- nen nach den Artikeln 10 und 14 Anspruch auf Einsichtnahme und Auskunftsertei- lung. 2 In Ereignisfällen mit erheblichen Auswirkungen auf Leistungen, Kosten und Termine haben die Ersteller das Bundesamt unverzüglich zu benachrichtigen und über die getroffenen und geplanten Massnahmen zu informieren. Einzelheiten wer- den in den Weisungen nach Artikel 9 geregelt. 2 BBl 2000 146 3 SR 742.101 4 SR 742.31 5 SR 220 Alpentransit-Verordnung 3 742.104.1 Art. 6 Information 1 Im Rahmen der Projektierung und Erstellung der jeweiligen Projekte des NEAT- Konzepts informieren und konsultieren die Ersteller regelmässig die betroffenen Kantone, Regionen und Gemeinden. Das Bundesamt und nötigenfalls weitere Bun- desstellen sind einzubeziehen. 2 Nach Absprache mit dem Bundesamt sorgt der jeweilige Ersteller betreffend die ihm übertragenen Projekte für die Information und die Öffentlichkeitsarbeit. Art. 7 Vereinbarungen zwischen Bund und Erstellern 1 Der Bund regelt seine Beziehungen zu den Erstellern in Vereinbarungen. 2 Die Vereinbarungen umfassen insbesondere die Bestellungen des Bundes für die Projekte nach Artikel 1. 3 Die Vereinbarungen bedürfen der Genehmigung durch den Bundesrat. 2. Abschnitt: Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Art. 8 Aufgaben Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika- tion (Departement) hat insbesondere folgende Aufgaben: a. Es vertritt die Interessen des Bundes als Besteller der Projekte des NEAT- Konzepts. b. Es erlässt Weisungen zur Projektaufsicht, zur Projektsteuerung und zur Berichterstattung. c. Es leitet unter Einbezug der betroffenen Bundesstellen die Verhandlungen zum Abschluss der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Erstellern, soweit es diese Aufgabe nicht dem Bundesamt überträgt. Art. 9 Weisungen des Departements 1 Die Weisungen des Departements zur Projektaufsicht, Projektsteuerung und Berichterstattung beinhalten insbesondere Vorgaben: a. zur einheitlichen und transparenten Strukturierung des NEAT-Projekts; b. zur Struktur und Führung der Rechnung; c. zur Form, zum Inhalt und zur Periodizität der Berichterstattung. 2 Das Bundesamt ist nach Absprache mit dem Departement befugt, bei den Projek- ten nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben d und e die Anforderungen der Weisungen in begründeten Einzelfällen in angemessener Weise zu reduzieren. Eisenbahnen 4 742.104.1 Art. 10 Beratungsorgan und Kommissionen 1 Das Departement kann zur Wahrnehmung seiner Aufgaben und für die Vorberei- tung wichtiger Entscheide ein Beratungsorgan einsetzen. 2 Es kann nach Massgabe der Kommissionenverordnung vom 3. Juni 19966 Kom- missionen einsetzen. 3. Abschnitt: Bundesamt für Verkehr Art. 11 Aufgaben 1 Das Bundesamt nimmt alle mit der Realisierung der Projekte des NEAT-Konzepts verbundenen Aufgaben des Bundes zur Projektsteuerung, Projektaufsicht und Berichterstattung gemäss Alpentransit-Beschluss wahr, soweit hierfür nicht andere Bundesstellen zuständig sind. 2 Seine Aufgaben umfassen insbesondere: a. die Umsetzung der Weisungen des Departements zur Projektsteuerung, Pro- jektaufsicht und Berichterstattung; b. die Bewirtschaftung und Kontrolle der vom Parlament genehmigten Kredite zuhanden des Bundesrats einschliesslich der Mittelzuteilung innerhalb der Objektkredite nach dem Alpentransit-Finanzierungsbeschluss vom 8. De- zember 19997; c. die Verwaltung des Fonds für die Eisenbahngrossprojekte nach dem Fonds- reglement vom 9. Oktober 19988, insbesondere die Vorbereitung der Bean- tragung der jährlichen Fondsentnahmen durch den Bundesrat an das Parla- ment; d. die Festlegung des Teuerungsindexes nach Artikel 12; e. die Berichterstattung an die NEAT-Aufsichtsdelegation (Art. 20 Abs. 3 und 4 des Alpentransit-Beschlusses) und weitere parlamentarische Kommissio- nen. f. den Entscheid über die Realisierung von Kompensationsmassnahmen; g. die Instruktion der Genehmigungsverfahren auf Stufe Sachplan und Vorpro- jekt sowie im Auftrag des Departements der Auflageprojekte; h. die Koordination zwischen den Erstellern; i. die Koordination der Projekte des NEAT-Konzepts mit den Aufgabenberei- chen weiterer Bundesstellen; 3 Im Übrigen nimmt das Bundesamt bei der Verwirklichung der Projekte des NEAT- Konzepts seine ordentliche Aufsichtstätigkeit nach der Eisenbahngesetzgebung wahr. 6 SR 172.31 7 BBl 2000 146 8 SR 742.140 Alpentransit-Verordnung 5 742.104.1 Art. 12 Teuerung 1 Das Bundesamt bestimmt den Teuerungsindex nach Anhörung der Ersteller im Einvernehmen mit der Eidgenössischen Finanzverwaltung. 2 Bei Bau- und Dienstleistungsaufträgen in der Ausführung ist die Teuerung aufzu- rechnen, die ab Preisbasis des Vertrages effektiv eingetreten ist. Art. 13 Information und Öffentlichkeitsarbeit 1 Das Bundesamt informiert und konsultiert regelmässig die betroffenen Kantons- regierungen. 2 Es sorgt in geeigneter Weise für die Information und Öffentlichkeitsarbeit betref- fend das NEAT-Konzept; im Bedarfsfall spricht es sich mit dem Departement ab. Art. 14 Externe Unterstützung Das Bundesamt kann zur Wahrnehmung seiner Aufgaben Arbeits- und Experten- gruppen einsetzen und nach Bedarf weitere externe Unterstützung beiziehen. 4. Abschnitt: Eidgenössische Finanzkontrolle Art. 15 Koordination der Kontrolltätigkeiten des Bundes 1 Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) entscheidet über die Abstimmung ihres jährlichen Prüfprogramms mit den geplanten Kontrolltätigkeiten des Bundesamtes. 2 Die EFK und das Bundesamt informieren sich gegenseitig über die Prüfergebnisse. Art. 16 Koordination mit Kontrolltätigkeiten Dritter 1 Unter der Leitung der EFK streben das Bundesamt und die EFK eine Koordination ihrer Kontrolltätigkeiten mit den Prüfprogrammen der Revisionsstellen der Ersteller an. 2 Über die Prüfergebnisse findet ein regelmässiger Informationsaustausch statt. 2. Kapitel: Verfahren 1. Abschnitt: Sachplan AlpTransit und Vorprojekte Art. 17 Gegenstand 1 Der Sachplan umfasst die wesentlichen räumlichen Elemente, insbesondere die Linienführungen, der genehmigten Vorprojekte sowie der weiteren Bestandteile des NEAT-Konzepts nach Artikel 8bis des Alpentransit-Beschlusses. Eisenbahnen 6 742.104.1 2 Die formellen und materiellen Anforderungen des Sachplans AlpTransit richten sich nach Artikel 15 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 20009. 3 Das Vorprojekt umfasst: a. einen technischer Bericht mit Begründung der gewählten Variante sowie in den Fällen nach Artikel 19 eine Gegenüberstellung der Varianten; b. ein Bauprogramm; c. einen Übersichtsplan 1:50 000; d. Situationspläne 1:10 000; e. Längenprofile 1:1000/100; f. charakteristische Querprofile 1:200; g. Normal-Querprofile 1:50; h. geologische Längenprofile und Horizontalschnitte; i. einen raumplanerischen Bericht über die Vereinbarkeit des Vorprojekts mit den Zielen, Grundsätzen und Planungen im Sinne des Raumplanungs- gesetzes vom 22. Juni 197910; k. einen Bericht über die Umweltverträglichkeitsprüfung 2. Stufe einschliess- lich Materialbewirtschaftungskonzept und ein Pflichtenheft für die Umwelt- verträglichkeitsprüfung 3. Stufe (Hauptuntersuchung); und l. eine Kostenschätzung mit möglichen Mehr- oder Minderkosten von höchs- tens 20 Prozent. Art. 18 Detaillierungsgrad 1 Das Vorprojekt ist mit den Bundesstellen und den Kantonen so zu bereinigen, dass im Plangenehmigungsverfahren keine Abweichungen von mehr als 100 m von der Linienführung der offenen Strecken sowie den wesentlichen Anschluss- und Termi- nalbereichen zu erwarten sind. Sind bei der unterirdischen Linienführung grössere Abweichungen zu erwarten, sind diese aufzuzeigen und zu begründen. 2 Das Vorprojekt muss den massgebenden Bestimmungen der Eisenbahngesetz- gebung und den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Art. 19 Varianten 1 Die Ersteller können nach Absprache mit dem Bundesamt Varianten vorlegen, wenn die Linienführung mit Bundesstellen und Kantonen vor der Ausarbeitung des Vorprojekts nicht bereinigt werden kann. 2 Für den gleichen Streckenabschnitt dürfen höchstens zwei Varianten eines Vorpro- jekts vorgelegt werden. 9 SR 700.1 10 SR 700 Alpentransit-Verordnung 7 742.104.1 3 Die beiden Varianten müssen denselben Planungsstand aufweisen. Die vorgesehe- nen Linienführungen sind einander gegenüberzustellen, namentlich bezüglich der Kosten, der betrieblichen, technischen und zeitlichen Folgen sowie der Auswirkun- gen auf Raum und Umwelt. Art. 20 Verfahren 1 Gegenstand der Anhörung von Kantonen und Gemeinden sowie der Mitwirkung der Bevölkerung bilden der Sachplanentwurf und die Unterlagen der Vorprojekte nach Artikel 17. 2 Das Sachplan- bzw. das Vorprojektgenehmigungsverfahren richten sich vorbehält- lich der nachstehenden Bestimmungen nach dem Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 197911 sowie der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 200012. Art. 21 Einbezug der Kantone, Gemeinden und Bundesstellen 1 Die Frist zur Vernehmlassung beträgt für die Kantone in der Regel drei Monate; sie kann aus wichtigen Gründen um einen Monat verlängert werden. 2 Der Kanton hört die betroffenen Gemeinden und Planungsregionen an und äusserst sich in seiner Vernehmlassung an das Bundesamt auch zu deren Stellungnahmen. 3 Der Sachplanentwurf sowie die Voprojektunterlagen werden gleichzeitig wie dem Kanton den betroffenen Bundesbehörden zugestellt. Diese nehmen binnen eines Monats nach Übermittlung der kantonalen Vernehmlassungen zuhanden des Bun- desamtes Stellung. Art. 22 Mitwirkung der Bevölkerung 1 Die Bevölkerung erhält die Möglichkeit, nach Artikel 4 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197913 im Sachplan- bzw. Vorprojektgenehmigungsverfahren mitzu- wirken. 2 Der Sachplanentwurf und die Vorprojekte werden zu diesem Zweck während 30 Tagen in den betroffenen Gemeinden öffentlich zur Einsichtnahme aufgelegt. 3 Stellungnahmen zum Sachplanentwurf und zu den Vorprojekten sind binnen der in der Publikation genannten Frist beim Bundesamt einzureichen. Art. 23 Genehmigung 1 Der Sachplan und das Vorprojekt werden dem Bundesrat zusammen zur Genehmi- gung vorgelegt. 2 Der Bundesrat kann ausnahmsweise Teile des Vorprojekts und des Sachplans genehmigen, wenn: 11 SR 700 12 SR 700.1 13 SR 700 Eisenbahnen 8 742.104.1 a. sie die Linienführung in noch nicht bereinigten Abschnitten nicht präjudizie- ren; und b. ihre Realisierung eine unerlässliche Voraussetzung für die Einhaltung des Zeitplanes beim Bau der neuen Linien ist. 2. Abschnitt: Auflageprojekte Art. 24 Verbindlichkeit des Vorprojektes Die Auflageprojekte sind im Rahmen der genehmigten Vorprojekte zu erarbeiten. Art. 25 Verfahren 1 Das Verfahren zur Genehmigung der Auflageprojekte richtet sich nach dem Eisen- bahngesetz vom 20. Dezember 195714 und der Verordnung vom 2. Februar 200015 über das Plangenehmigungsverfahren für Eisenbahnanlagen. 2 Die Plangenehmigung eines Auflageprojekts setzt die vorgängige Genehmigung des Vorprojekts voraus. 3. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 26 Aufhebung bisherigen Rechts Folgende Verordnungen werden aufgehoben: 1. Verordnung vom 30. November 199216 über die Zuständigkeiten der mit der Ausführung der Alpentransit-Beschlüsse beauftragten Bundesorgane und Eisenbahnen; 2. Verordnung vom 20. Januar 199317 über die Genehmigung der Projekte nach Alpentransit-Beschluss; und 3. Verordnung vom 1. September 199318 über die Sonderrechnungen zum Bau der schweizerischen Eisenbahnalpentransversale. Art. 27 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. März 2001 in Kraft. 14 SR 742.101 15 SR 742.142.1 16 [AS 1993 54, 1994 406, 1999 704 Ziff. II 22] 17 [AS 1993 719] 18 [AS 1993 2527]
de
1876898f-dc04-431f-a040-eaa283b0058d
Sachverhalt ab Seite 232 BGE 135 V 232 S. 232 A. Die Freizügigkeitsstiftung X. (nachfolgend: Freizügigkeitsstiftung) löste am 28. Februar 2006 das seit kurzem bestehende Freizügigkeitskonto des D. vorzeitig auf und zahlte die Austrittsleistung von Fr. 106'329.30 nach dessen Weisungen aus. Seine Ehefrau P. erhob am 3. April 2006 Klage auf Scheidung. In diesem Verfahren bestritt die Freizügigkeitsstiftung die Existenz einer teilbaren Austrittsleistung, während die Ehefrau geltend machte, die Saldierung des Freizügigkeitskontos sei ohne ihre Zustimmung erfolgt. Mit BGE 135 V 232 S. 233
de
730a8c51-4b59-453a-82d8-1f0b79208455
Microsoft Word - 742.141.1.de.doc 1 Verordnung über Bau und Betrieb der Eisenbahnen (Eisenbahnverordnung, EBV) vom 23. November 1983 (Stand am 1. Januar 2021) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf die Artikel 17 Absatz 2 und 97 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 19571 (EBG), Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe c des Elektrizitätsgesetzes vom 24. Juni 19022 (EleG) und Artikel 9 des Trolleybus-Gesetzes vom 29. März 19503,4 verordnet: 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen 1. Abschnitt: Gegenstand, Zweck und Geltungsbereich5 Art. 1 Gegenstand, Zweck und Geltungsbereich 1 Diese Verordnung regelt die Planung, den Bau, den Betrieb, die Instandhaltung sowie den Rückbau von: a. Bauten, Anlagen und Fahrzeugen der Eisenbahnen; b. elektrischen Teilen von Trolleybusanlagen und -fahrzeugen.6 2 Sie bezweckt insbesondere die Sicherheit der Eisenbahnen. 3 Sie gilt für alle dem EBG unterstehenden Eisenbahnen sowie für die elektrischen Teile von Trolleybusanlagen und -fahrzeugen.7 AS 1983 1902 1 SR 742.101 2 SR 734.0 3 SR 744.21 4 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 5 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 6 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 7 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 742.141.1 Eisenbahnen 2 742.141.1 2. Abschnitt: Sicherheit8 Art. 29 Grundsätze, anerkannte Regeln der Technik, Stand der Technik 1 Die Bauten, Anlagen, Fahrzeuge und ihre Teile müssen so geplant und gebaut werden, dass sie sicher betrieben und sachgerecht instand gehalten werden können. 2 Die Ausführungsbestimmungen bezeichnen die technischen Normen, die geeignet sind, Vorschriften der Eisenbahngesetzgebung zu konkretisieren. Soweit möglich bezeichnen sie europäisch harmonisierte Normen. 3 Sind keine technischen Normen bezeichnet worden oder fehlen sie, so sind die anerkannten Regeln der Technik anzuwenden. 4 Darüber hinaus ist der Stand der Technik zu berücksichtigen, wenn dadurch ein Risiko mit verhältnismässigem Aufwand weiter reduziert werden kann. 5 Sind Teile oder Werkstoffe für die Sicherheit wesentlich, so muss nachgewiesen werden können, dass ihre Eigenschaften und ihr Zustand den Anforderungen nach diesem Artikel entsprechen. Art. 2a10 Prüfung der Sicherheit durch das BAV Das Bundesamt für Verkehr (BAV) prüft die sicherheitsrelevanten Aspekte nach Artikel 17c EBG risikoorientiert: a. auf der Grundlage von Konformitätsbescheinigungen (Art. 15k und 15l), Prüfberichten Sachverständiger (Art. 6 Abs. 3, 8a Abs. 4 und 15m) oder Si- cherheitsbewertungsberichten (Art. 8c Abs. 2); oder b. indem es Stichproben vornimmt. Art. 3 Berücksichtigung anderer Interessen 1 Den Belangen der Raumplanung, des Umweltschutzes und des Natur- und Heimat- schutzes ist bereits bei der Planung und Projektierung Rechnung zu tragen. 2 Die Bedürfnisse der Behinderten sind angemessen zu beachten. Art. 411 Ergänzende Vorschriften Ergänzend zu dieser Verordnung sind insbesondere anwendbar: 8 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 9 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 10 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011 (AS 2011 6233). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 11 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). Eisenbahnverordnung 3 742.141.1 a.12 Verordnung vom 2. Februar 200013 über das Plangenehmigungsverfahren für Eisenbahnanlagen (VPVE); b. Störfallverordnung vom 27. Februar 199114; c. Verordnung vom 23. Dezember 199915 über den Schutz vor nichtionisieren- der Strahlung; d.16 Stromversorgungsverordnung vom 14. März 200817. Art. 518 Abweichungen von den Vorschriften 1 Das BAV kann in Ausnahmefällen Abweichungen von Vorschriften dieser Verord- nung und ihrer Ausführungsbestimmungen anordnen, um Gefahren für Menschen, Sachen oder wichtige Rechtsgüter abzuwenden.19 2 Es kann in Einzelfällen Abweichungen bewilligen, wenn der Gesuchsteller nach- weist, dass die Interoperabilität im grenzüberschreitenden und im nationalen Verkehr dadurch nicht beeinträchtigt wird und: a. der gleiche Grad an Sicherheit gewährleistet ist; oder b. kein inakzeptables Risiko entsteht und alle verhältnismässigen risikoreduzie- renden Massnahmen ergriffen werden.20 3 Es kann Plangenehmigungs- und Betriebsbewilligungsgesuche auf Grundlage der Vorschriften bewilligen, die bei Eingang des vollständigen Gesuchs gelten, sofern die Sicherheit und die Interoperabilität nicht beeinträchtigt werden.21 12 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 13 SR 742.142.1 14 SR 814.012 15 SR 814.710 16 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). 17 SR 734.71 18 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 19 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 20 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 21 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). Eisenbahnen 4 742.141.1 Art. 5a22 Sicherheitsgenehmigung 1 Das Gesuch der Infrastrukturbetreiberin um Erteilung oder Erneuerung einer Si- cherheitsgenehmigung nach Artikel 8a EBG muss hinsichtlich des Sicherheitsmana- gementsystems den Anforderungen nach Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2016/79823 und nach Anhang II der Delegierten Verordnung (EU) 2018/76224 entsprechen.25 1bis Entspricht das Gesuch zusätzlich den Anforderungen nach Anhang I der vorge- nannten Verordnung, so erstreckt sich die Sicherheitsgenehmigung auch auf folgen- de Tätigkeiten: a. Fahrten zur Instandhaltung der eigenen Infrastruktur; b. Interventionsfahrten; c. Rangierdienstleistungen auf eigener Infrastruktur; d. Fahrten im Rahmen einer vom BAV übertragenen Systemführerschaft; e. Instruktionsfahrten.26 2 Will die Infrastrukturbetreiberin den Betrieb oder die Infrastruktur so ändern, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Sicherheitsgenehmigung überprüft werden müssen, so muss sie das BAV rechtzeitig darüber unterrichten; dies gilt insbesondere dann, wenn sich Art oder Umfang des Betriebs wesentlich ändert. 3 Das BAV entscheidet über das Gesuch um Erteilung oder Erneuerung der Sicher- heitsgenehmigung innerhalb von vier Monaten nach Eingang. Art. 5b27 Sicherheitsbescheinigung 1 Das Gesuch des Eisenbahnverkehrsunternehmens um Erteilung oder Erneuerung einer Sicherheitsbescheinigung nach Artikel 8e EBG muss hinsichtlich des Sicher- heitsmanagementsystems den Anforderungen nach Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2016/79828 und nach Anhang I der Delegierten Verordnung (EU) 2018/76229 22 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 23 Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Eisenbahnsicherheit (Neufassung), Fassung gemäss ABl. L 138 vom 26.5.2016, S. 102. 24 Delegierte Verordnung (EU) 2018/762 der Kommission vom 8. März 2018 über gemein- same Sicherheitsmethoden bezüglich der Anforderungen an Sicherheitsmanagementsys- teme gemäss der Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1158/2010 und (EU) Nr. 1169/2010, Fassung gemäss ABl. L 129 vom 25.5.2018, S. 26. 25 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 26 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 27 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 28 Siehe Fussnote zu Art. 5a Abs. 1. 29 Siehe Fussnote zu Art. 5a Abs. 1. Eisenbahnverordnung 5 742.141.1 entsprechen und die Angaben nach Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2018/76330 enthalten.31 2 Will das Eisenbahnverkehrsunternehmen den Betrieb so ändern, dass die Voraus- setzungen für die Erteilung der Sicherheitsbescheinigung überprüft werden müssen, so muss es das BAV rechtzeitig darüber unterrichten; dies gilt insbesondere dann, wenn sich Art oder Umfang des Betriebs wesentlich ändert. 3 Das BAV entscheidet über das Gesuch um Erteilung oder Erneuerung der Sicher- heitsbescheinigung innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Gesuchsunterlagen.32 4 Es entzieht die Sicherheitsbescheinigung, wenn sie im ersten Jahr nach ihrer Ertei- lung nicht in der vorgesehenen Weise genutzt wurde.33 Art. 5c34 Sicherheitsmanagementsystem und ergänzende Nachweise 1 Der Gesuchsteller muss mit seinem Sicherheitsmanagementsystem nach Artikel 8a Absatz 2 oder Artikel 8e Absatz 2 EBG sicherstellen, dass die Vorschriften ein- gehalten und alle Risiken, die mit dem Betrieb verbunden sind, kontrolliert und gesteuert werden. 2 Soweit der Gesuchsteller nicht aufzeigt, wie sein Sicherheitsmanagementsystem die Anforderungen nach Artikel 5a Absatz 1 oder Artikel 5b Absatz 1 erfüllt, muss er ergänzende Nachweise erbringen. Art. 5d35 Erleichterungen 1 Ein Eisenbahnunternehmen kann die Gesuche um Erteilung oder Erneuerung einer Sicherheitsgenehmigung und einer Sicherheitsbescheinigung gemeinsam stellen und die Erfüllung der Voraussetzungen für die Erteilung gemeinsam nachweisen, wenn die Sicherheitsbescheinigung nur für den Eisenbahnverkehr auf eigener Infrastruktur gelten soll. 30 Durchführungsverordnung (EU) 2018/763 der Kommission vom 9. April 2018 über die praktischen Festlegungen für die Erteilung von einheitlichen Sicherheitsbescheinigungen an Eisenbahnunternehmen gemäss der Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parla- ments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 653/2007 der Kommission, Fassung gemäss ABl. L 129 vom 25.5.2018, S. 49. 31 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 32 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 33 Fassung gemäss Ziff. I 5 der OBI-Verordnung vom 13. Mai 2020, in Kraft seit 1. Juli 2020 (AS 2020 1915). 34 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 35 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). Eisenbahnen 6 742.141.1 2 Ein Anschlussgleisbenutzer darf ohne Sicherheitsbescheinigung über den An- schlusspunkt hinausfahren, sofern: a. er sich auf der Grundlage der von der Infrastrukturbetreiberin zur Verfügung gestellten Informationen vergewissert hat, dass das Fahrzeug mit der Strecke kompatibel ist; und b. die Infrastrukturbetreiberin bestätigt hat, dass der Fahrweg zwischen dem Anschlussgleis und dem benutzten Bahnhofgleis spurbewirkten Flanken- schutz gegenüber den möglichen Zugfahrstrassen aufweist.36 Art. 5e37 Verfahren des BAV Das Verfahren des BAV zur Erteilung und Erneuerung richtet sich: a. bei der Sicherheitsgenehmigung für Infrastrukturbetreiberinnen: nach Arti- kel 12 der Richtlinie 2016/79838; b. bei der Sicherheitsbescheinigung für Eisenbahnverkehrsunternehmen: nach Artikel 10 der Richtlinie 2016/798 sowie nach Artikel 6 und nach Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) 2018/76339. Art. 5f40 Europäische und ausländische Sicherheitsgenehmigungen und - bescheinigungen 1 Verfügt ein Eisenbahnunternehmen über eine Sicherheitsbescheinigung der Eisen- bahnagentur der Europäischen Union (Agentur), so kann das BAV darauf verzichten, zu überprüfen, ob Anforderungen eingehalten werden, deren Einhaltung aus dieser Sicherheitsbescheinigung hervorgeht. 2 Ausländische Sicherheitsgenehmigungen und -bescheinigungen können vom BAV für grenznahe Strecken und Fahrten darauf anerkannt werden, ohne dass dafür ein zwischenstaatliches Abkommen über die gegenseitige Anerkennung solcher Geneh- migungen und Bescheinigungen erforderlich ist. Art. 5g41 Sicherheitsbericht der Eisenbahnunternehmen Die Eisenbahnunternehmen müssen dem BAV jährlich bis zum 31. Mai über das vorhergehende Kalenderjahr einen Sicherheitsbericht mit den Angaben nach Arti- 36 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 37 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013 (AS 2013 1659). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 38 Siehe Fussnote zu Art. 5a Abs. 1. 39 Siehe Fussnote zu Art. 5b Abs. 1. 40 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013 (AS 2013 1659). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 41 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013 (AS 2013 1659). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnverordnung 7 742.141.1 kel 9 Absatz 6 der Richtlinie (EU) 2016/79842 sowie Artikel 18 Absatz 1 der Durch- führungsverordnung (EU) Nr. 402/201343 vorlegen. Art. 5h44 Jahresbericht des BAV45 1 Das BAV veröffentlicht jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit als Aufsichts- behörde. 2 Der Bericht enthält mindestens die Angaben nach Artikel 19 der Richtlinie (EU) 2016/79846.47 Art. 5i48 Register der zugelassenen Fahrzeuge 1 Die Halter müssen in das Register der zugelassenen Fahrzeuge nach Artikel 17a EBG die in Ziffer 1 des Anhangs zum Beschluss der Kommission 2011/107/EU49 als obligatorisch gekennzeichneten Daten ihrer Fahrzeuge eintragen. 2 Sie können die übrigen in Ziffer 1 des Anhangs vorgesehenen Daten in das Regis- ter eintragen. 3 Die Zugriffsrechte richten sich nach Ziffer 3.3 des Anhangs. 4 Nicht in das Register einzutragen sind Dienstfahrzeuge (Art. 57), die: a. sowohl auf Schienen als auch auf der Strasse verkehren können (Zweiwege- fahrzeuge); b. ein- und ausgleisbar sind.50 42 Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Eisenbahnsicherheit (Neufassung), Fassung gemäss ABl. L 138 vom 26.5.2016, S. 102. 43 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013 der Kommission vom 30. April 2013 über die gemeinsame Sicherheitsmethode für die Evaluierung und Bewertung von Risiken und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 352/2009, ABl. L 121 vom 3.5.2013, S. 8; geän- dert durch Durchführungsverordnung (EU) 2015/1136 der Kommission vom 13. Juli 2015, ABl. L 185 vom 14.7.2015, S. 6. 44 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 45 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 46 Siehe Fussnote zu Art. 5g. 47 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 48 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 49 Beschluss 2011/107/EU der Kommission vom 10. Febr. 2011 zur Änderung der Entschei- dung 2007/756/EG zur Annahme einer gemeinsamen Spezifikation für das nationale Ein- stellungsregister, ABl. L 43 vom 17.2.2011 S. 33. 50 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). Eisenbahnen 8 742.141.1 Art. 5ibis 51 Art. 5j52 Instandhaltung von Fahrzeugen 1 Die nach Artikel 17b EBG für die Instandhaltung von Fahrzeugen verantwortliche Stelle muss ein Instandhaltungssystem betreiben, das den Anforderungen von Arti- kel 14 Absätze 2 und 3 sowie Anhang III der Richtlinie (EU) 2016/79853 entspricht. 2 Ist diese Stelle für die Instandhaltung von Güterwagen verantwortlich, die auf interoperablen Strecken verkehren, so muss sie dafür nach der Durchführungsver- ordnung (EU) 2019/77954 zertifiziert sein. Von der Zertifizierungspflicht ausge- nommen sind Eisenbahnverkehrsunternehmen für die Instandhaltung der eigenen Güterwagen. 3 Wer Grund zur Annahme hat, dass die verantwortliche Stelle den Anforderungen nicht genügt, muss die Zertifizierungsstelle darüber informieren. Die Zertifizierungs- stelle informiert das BAV unverzüglich über getroffene Massnahmen. Art. 5k55 Kontrollverfahren Für Eisenbahnunternehmen und die für die Instandhaltung von Fahrzeugen verant- wortlichen Personen gelten die in den Artikeln 3–5 und dem Anhang der Verordnung (EU) Nr. 1078/201256 enthaltenen Pflichten über das Kontrollverfahren. 3. Abschnitt: Planung, Bau und Betrieb57 Art. 658 Plangenehmigung für Bauten und Anlagen 1 Der Plangenehmigung nach Artikel 18 EBG unterliegen die Pläne aller Bauten und Anlagen, die ganz oder überwiegend dem Bau und Betrieb einer Eisenbahn dienen 51 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019 (AS 2019 3571). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, mit Wirkung seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 52 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013 (AS 2013 1659). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 53 Siehe Fussnote zu Art. 5g. 54 Durchführungsverordnung (EU) 2019/779 der Kommission vom 16. Mai 2019 mit Durch- führungsbestimmungen für ein System zur Zertifizierung von für die Instandhaltung von Fahrzeugen zuständigen Stellen gemäss der Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 445/2011 der Kommission, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 360. 55 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013 (AS 2013 1659). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 56 Verordnung (EU) Nr. 1078/2012 der Kommission vom 16. November 2012 über eine gemeinsame Sicherheitsmethode für die Kontrolle, die von Eisenbahnunternehmen und Fahrwegbetreibern, denen eine Sicherheitsbescheinigung beziehungsweise Sicher- heitsgenehmigung erteilt wurde, sowie von den für die Instandhaltung zuständigen Stellen anzuwenden ist, Fassung gemäss ABl. L 320 vom 17.11.2012, S. 8. 57 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 58 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. April 2000, in Kraft seit 1. Mai 2000 (AS 2000 1386). Eisenbahnverordnung 9 742.141.1 (Eisenbahnanlagen). Das Plangenehmigungsverfahren richtet sich nach der VPVE59.60 2 Mit der Plangenehmigung stellt das BAV fest, dass die genehmigten Unterlagen die Erstellung einer vorschriftskonformen Baute oder Anlage erlauben. 3 Das BAV kann Unterlagen selbst prüfen, oder durch fachlich kompetente, unab- hängige Personen (Sachverständige) prüfen lassen sowie vom Gesuchsteller Nach- weise und Prüfberichte Sachverständiger verlangen.61 4 Es kann im Rahmen der Plangenehmigung festlegen, für welche Bauten oder Anlagen oder Teile davon Sicherheitsnachweise nach Artikel 8a einzureichen sind.62 5 ...63 6 Die Plangenehmigung für Bauten und Anlagen gilt als Baubewilligung. Art. 6a64 Zwischenverfügungen zu Fahrzeugen Der Gesuchsteller kann beim BAV vor Beginn und während des Baus des Fahrzeugs selbstständig anfechtbare Zwischenverfügungen beantragen: a. zu Pflichtenheft und Typenskizze; b. zu anderen Teilaspekten des Fahrzeugs, von denen die Typenzulassung ab- hängt. Art. 6b65 Probefahrten 1 Das BAV bewilligt Probefahrten des Fahrzeugs auf der Eisenbahninfrastruktur, sofern die Probefahrten für die Erteilung der Betriebsbewilligung erforderlich sind und der Gesuchsteller dem BAV nachweist, dass die Sicherheit gewährleistet ist. 59 SR 742.142.1 60 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 61 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 62 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 63 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, mit Wirkung seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 64 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998 (AS 1999 1083). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 65 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). Eisenbahnen 10 742.141.1 2 Die Infrastrukturbetreiberinnen haben bei Probefahrten die in Artikel 21 Absätze 3 und 5 der Richtlinie (EU) 2016/79766 sowie die in Artikel 6 der Durchführungsver- ordnung (EU) 2018/54567 genannten Pflichten. Art. 768 Typenzulassung 1 Das Gesuch um eine Typenzulassung nach Artikel 18x EBG kann gestellt werden, sofern sie geeignet ist, Bewilligungsverfahren zu vereinfachen. 2 Soweit der Gesuchsteller im Rahmen eines Plangenehmigungs- oder Betriebsbe- willigungsverfahrens für den Bewilligungsgegenstand oder Teile davon über Typen- zulassungen verfügt und er die Konformität mit dem Typ erklärt, geht das BAV davon aus, dass der typenzugelassene Teil des Bewilligungsgegenstands den zum Zeitpunkt der Erteilung der Typenzulassung geltenden Vorschriften entspricht. 3 Der Gesuchsteller muss im Rahmen des Plangenehmigungs- oder Betriebsbewilli- gungsgesuchs darlegen, dass die Typenzulassung auf den vorgesehenen Betrieb beziehungsweise auf die vorgesehenen Einsatzbedingungen anwendbar ist. 4 Die Konformitätserklärung für Fahrzeuge, die auf interoperablen Strecken (Art. 15a Abs. 1) eingesetzt werden sollen, richtet sich nach Artikel 15 der Richtlinie (EU) 2016/79769 und nach Anhang VI der Durchführungsverordnung (EU) 2019/25070.71 Art. 872 Betriebsbewilligung 1 Eine Betriebsbewilligung nach Artikel 18w EBG ist erforderlich für die Inbetrieb- nahme: a. einer Eisenbahnanlage nach signifikanten Änderungen (Art. 8c); b. neuer oder wesentlich geänderter Fahrzeuge. 66 Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union (Neufassung), Fassung gemäss ABl. L 138 vom 26.5.2016, S. 44. 67 Durchführungsverordnung (EU) 2018/545 der Kommission vom 4. April 2018 über die praktischen Modalitäten für die Genehmigung für das Inverkehrbringen von Schienen- fahrzeugen und die Genehmigung von Schienenfahrzeugtypen gemäss der Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates, Fassung gemäss ABl. L 90 vom 6.4.2018, S. 66. 68 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 69 Siehe Fussnote zu Art. 6b Abs. 2. 70 Durchführungsverordnung (EU) 2019/250 der Kommission vom 12. Februar 2019 über die Muster der EG-Erklärungen und -Bescheinigungen für Eisenbahn- Interoperabilitätskomponenten und -Teilsysteme, das Muster der Typenkonformitäts- erklärung für Schienenfahrzeuge und über die EG-Prüfverfahren für Teilsysteme gemäss der Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Auf- hebung der Verordnung (EU) Nr. 201/2011 der Kommission, Fassung gemäss ABl. L 42 vom 13.2.2019, S. 9. 71 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 72 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). Eisenbahnverordnung 11 742.141.1 2 In den übrigen Fällen entscheidet das BAV bei der Plangenehmigung darüber, ob die Inbetriebnahme eine Betriebsbewilligung erfordert. 3 Ist eine Betriebsbewilligung erforderlich, so muss das Eisenbahnunternehmen dem BAV einen Sicherheitsnachweis nach Artikel 8a einreichen. 4 Nach dessen Prüfung erteilt es die Betriebsbewilligung, wenn die übrigen Auflagen der Plangenehmigung oder der Typenzulassung erfüllt sind. 5 Ist keine Betriebsbewilligung erforderlich, so kann das BAV die Umsetzung der Auflagen jederzeit an der Anlage oder am Fahrzeug selbst überprüfen, das Eisen- bahnunternehmen zur Bestätigung auffordern oder die Prüfung durch eine sachver- ständige Person anordnen. 6 Das Eisenbahnunternehmen muss den Kontrollorganen das für die Untersuchung und Erprobung nötige Personal, das Material und die Pläne kostenlos zur Verfügung stellen und jede notwendige Auskunft erteilen. 7 Das BAV erlässt für Eisenbahnanlagen Richtlinien über Art, Beschaffenheit, Inhalt und Anzahl der einzureichenden Unterlagen. Art. 8a73 Sicherheitsnachweis 1 Der Sicherheitsnachweis nach Artikel 18w Absatz 2 EBG ist durch Fachleute zu erstellen und durch diese zu unterzeichnen.74 2 Das BAV prüft die Vollständigkeit des Sicherheitsnachweises. Zudem prüft es anhand des Sicherheitsnachweises, ob die im Sicherheitsbericht aufgezeigten Mass- nahmen umgesetzt sind. 3 Es kann Sicherheitsnachweise überprüfen, indem es Feststellungen an der Anlage selbst vornimmt. 4 Es verlangt in der Regel bei Vorhaben mit hoher Sicherheitsrelevanz Prüfungen durch Sachverständige. Es verzichtet insbesondere dann auf solche Prüfungen, wenn sie nicht dazu beitragen können, Fehler mit Auswirkungen auf die Sicherheit zu vermeiden.75 Art. 8b76 Sicherheitsbericht des Eisenbahnunternehmens 1 Das Eisenbahnunternehmen muss bei allen Vorhaben, für die eine Plangenehmi- gung oder eine Betriebsbewilligung erforderlich ist, sowie für alle übrigen signifi- kanten Änderungen des Eisenbahnsystems einen Sicherheitsbericht erstellen. 73 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 12. April 2000, in Kraft seit 1. Mai 2000 (AS 2000 1386). 74 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 75 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 76 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 16. Juni 2003 (AS 2003 2482). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). Eisenbahnen 12 742.141.1 2 Der Sicherheitsbericht beruht auf einer Sicherheitsanalyse, in der die Risiken ermittelt werden, welche aus dem Vorhaben für Bau und Betrieb entstehen können; dabei sind alle sicherheitsrelevanten Aspekte des Fahrzeugs oder der Eisenbahnan- lage und ihrer Umgebung zu berücksichtigen. 3 Im Sicherheitsbericht wird dargelegt, wieweit es sich um eine signifikante Ände- rung (Art. 8c Abs. 1) handelt, mit welchen Massnahmen den Risiken begegnet und wie sichergestellt werden kann, dass das geplante Vorhaben den Vorschriften ent- sprechen wird und der Sicherheitsnachweis (Art. 8a) erbracht werden kann. Art. 8c77 Signifikante Änderungen 1 Bei innovativen oder komplexen Vorhaben mit hoher Sicherheitsrelevanz (signi- fikanten Änderungen) muss das Eisenbahnunternehmen das Risikomanagement- verfahren nach Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/201378 durch- führen.79 2 Die ordnungsgemässe Anwendung des Risikomanagementverfahrens sowie dessen Ergebnisse sind von einer Risikobewertungsstelle in einem Sicherheitsbewertungs- bericht zu beurteilen. Art. 8d80 Überprüfung durch das BAV 1 Das Eisenbahnunternehmen muss dem BAV mit dem Bewilligungsgesuch seinen Sicherheitsbericht und gegebenenfalls den Sicherheitsbewertungsbericht vorlegen. 2 Das BAV überprüft die Berichte risikoorientiert mit Stichproben. Art. 981 Überwachung 1 Das BAV überwacht die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen. Gegebenenfalls ordnet es die Herstellung des vorschriftsgemässen Zustandes an. 2 Es kann Kontrollen durchführen sowie Unterlagen, Nachweise und Gutachten verlangen, soweit dies für seine Aufsichtstätigkeit erforderlich ist. 3 Nach sicherheitsrelevanten Ereignissen kann es im Rahmen seiner Aufsichtstätig- keit technisch-betriebliche Abklärungen zu den Ursachen und Umständen durchfüh- ren oder anordnen. Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit der Unfalluntersuchungs- stelle nach Artikel 15a EBG. 77 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 16. Juni 2003 (AS 2003 2482). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 78 Siehe Fussnote zu Art. 5g. 79 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 80 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 81 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). Eisenbahnverordnung 13 742.141.1 4 Verfügt ein Eisenbahnunternehmen über eine Sicherheitsbescheinigung oder eine Sicherheitsgenehmigung, so richtet sich das BAV bei der Überwachung nach der Delegierten Verordnung (EU) 2018/76182.83 Art. 1084 Verantwortlichkeiten 1 Die Eisenbahnunternehmen sind für die vorschriftsgemässe Planung, den vor- schriftsgemässen Bau, den sicheren Betrieb und die Instandhaltung der Bauten, Anlagen und Fahrzeuge verantwortlich. 2 Sie müssen bestehende Bauten, Anlagen und Fahrzeuge neuen Erkenntnissen, veränderten Rahmenbedingungen oder geänderten Vorschriften anpassen, soweit es die Sicherheit zwingend erfordert. 3 Sie sorgen für eine energieoptimierte Auslegung ihrer Bauten, Anlagen und Fahr- zeuge sowie für einen energieeffizienten Betrieb.85 4 Bei elektrischen Anlagen tritt der Betriebsinhaber nach Artikel 46 an die Stelle des Eisenbahnunternehmens. Art. 11 Betriebsorganisation Betriebsorganisation und Personalbestand der Bahnunternehmen müssen den Eigen- heiten der Bahn sowie dem technischen Stand der Anlagen und Fahrzeuge entspre- chen und die Instandhaltung gewährleisten. Art. 11a86 Fahrdienstvorschriften 1 Das BAV erlässt die schweizerischen Fahrdienstvorschriften. Es berücksichtigt dabei auch die anschlussgleisspezifischen Anforderungen.87 2 Es kann zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Verkehrs auf kurzen, grenz- nahen Strecken die Fahrdienstvorschriften des angrenzenden Staates für anwendbar erklären. 82 Delegierte Verordnung (EU) 2018/761 der Kommission vom 16. Februar 2018 zur Festle- gung gemeinsamer Sicherheitsmethoden für die Aufsicht durch die nationalen Sicher- heitsbehörden nach Ausstellung einer einheitlichen Sicherheitsbescheinigung oder Ertei- lung einer Sicherheitsgenehmigung gemäss der Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2012 der Kommission, Fassung gemäss ABl. L 129 vom 25.5.2018, S. 16. 83 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 84 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 85 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). 86 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 1999 (AS 1999 1083). 87 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 5 der Gütertransportverordnung vom 25. Mai 2016, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2016 1859). Eisenbahnen 14 742.141.1 Art. 1288 Betriebsvorschriften 1 Die Eisenbahnunternehmen erlassen die für den Betrieb und die Instandhaltung notwendigen Betriebsvorschriften. Sie achten auf deren Praxistauglichkeit und Benutzerfreundlichkeit. 2 Sie sorgen dafür, dass die Betriebsvorschriften dem BAV als Grundlage für dessen Aufsichtstätigkeit zur Verfügung stehen.89 Betriebsvorschriften, die von den vom BAV gestützt auf Artikel 17 Absatz 3 EBG erlassenen Fahrdienstvorschriften abwei- chen, sind mindestens drei Monate vor der beabsichtigten Inkraftsetzung dem BAV zur Genehmigung zu unterbreiten. 3 Die Eisenbahnunternehmen sorgen dafür, dass die notwendigen Unterlagen den Anwenderinnen und Anwendern zur Verfügung stehen. 4 Für Netzbenutzerinnen sind diejenigen Betriebsvorschriften verbindlich, die in Bezug auf die Nutzung der Strecke Regeln enthalten:90 a. welche öffentlich-rechtliche Auflagen umsetzen; b. über das bei einer bestimmten Geschwindigkeit erforderliche Bremsverhält- nis (inkl. Feststellbremse) sowie die erlaubten Längs- und Querkräfte; c. über das Verwenden thermischer Triebfahrzeuge in Tunnels; d. zum einzuhaltenden Lichtraumprofil; e. zur zulässigen Radsatzlast und Meterlast; f. über das Verkehren von Fahrzeugen mit grossem Achsstand und von Zügen mit Überlänge; g. über die maximale Stromentnahme aus der Fahrleitung; h. über die anzuwendende Dienstsprache; i. zur elektromagnetischen Verträglichkeit. 5 Das BAV sorgt für möglichst einheitliche Vorschriften für den Betrieb.91 Art. 12a92 Prüfungen vor dem Einsatz eines Fahrzeugs Eisenbahnverkehrsunternehmen und Infrastrukturbetreiberinnen führen vor dem Einsatz eines Fahrzeugs die in Artikel 23 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 2016/79793 genannten Prüfungstätigkeiten durch. 88 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 89 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 90 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 91 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 92 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 93 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. Eisenbahnverordnung 15 742.141.1 Art. 12abis 94 Technisch-betriebliche Empfehlungen Die Infrastrukturbetreiberin erlässt technisch-betriebliche Empfehlungen für die Benützung der Infrastruktur. Die Empfehlungen dienen dazu, Betriebsstörungen zu minimieren und die Netzbenutzerinnen auf mögliche Schadenfälle aufmerksam zu machen. Sie enthalten insbesondere Hinweise: a. zur Traktion auf grossen bzw. langen Steigungen; b. zum Verschleiss der Infrastruktur; c. zur optimalen Zugslänge und zu Zughakenlasten, Fahrcharakteristik, Entglei- sungssicherheit; d. zum Schutz der Güter gegen Ladungsverschiebung und Beschädigung. Art. 12b95 Datenbearbeitung durch das BAV 1 Zum Zweck der Verkehrsplanung kann das BAV von den Eisenbahnunternehmen streckenbezogene Daten nach Anhang 3 verlangen. 2 Diese Daten dürfen auch für Studien und Statistiken verwendet und dafür auch an andere Stellen des Bundes oder der Kantone weitergegeben werden. Art. 13 Instandhaltungsgrundsätze96 1 Instandhaltung und Erneuerung müssen den für die Betriebssicherheit erforder- lichen Zustand der Bauten, Anlagen und Fahrzeuge gewährleisten. 2 Die Instandhaltung ist so zu organisieren, dass a. die gesetzlichen und die betriebsinternen Vorschriften eingehalten werden; b. die Verantwortlichen jederzeit den Zustand der Bauten, Anlagen und Fahr- zeuge überblicken. 3 Die Instandhaltung ist zu planen und durch Arbeitsabläufe und -anweisungen zu regeln. Art. 1497 Personal für Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung 1 Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung dürfen nur entsprechend ausgebildetem Personal übertragen werden. 2 Bei elektrischen Anlagen, elektrischen Teilen von Schienenfahrzeugen und elektri- schen Teilen von Trolleybusanlagen und -fahrzeugen muss die fachliche Leitung einer sachverständigen Person mit elektrotechnischer Bildung (elektrotechnische 94 Ursprünglich Art. 12a. Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 1999 (AS 1999 1083). 95 Eingefügt durch Ziff. I 5 der V vom 4. Nov. 2009 (erste Phase der Bahnreform 2), in Kraft seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 5959). 96 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 97 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). Eisenbahnen 16 742.141.1 Berufslehre, gleichwertige betriebsinterne Ausbildung oder Studium im Bereich der Elektrotechnik) übertragen werden, die Erfahrung im Umgang mit Starkstromanla- gen hat und die örtlichen Verhältnisse und die zu treffenden Schutzmassnahmen kennt. 3 Soweit die Sicherheit des Betriebes besondere Anforderungen stellt, sind Dienst- kenntnisse und Gesundheitszustand des Personals periodisch zu überprüfen. 4 Die Eisenbahnunternehmen ernennen für die Leitung von Betrieb und Instandhal- tung mindestens eine verantwortliche Person sowie eine Stellvertretung. Art. 15 Meldungen über Betrieb und Instandhaltung 1 Die Eisenbahnunternehmen orientieren das BAV über den Zustand ihrer Bauten, Anlagen und Fahrzeuge. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) bestimmt, welche Meldungen sie dem BAV periodisch übermitteln müssen.98 1bis Die Bahnunternehmen orientieren die für die Aufsicht über die amtliche Vermes- sung zuständige kantonale Stelle innert 30 Tagen über Veränderungen, die eine Nachführung der amtlichen Vermessung notwendig machen.99 2 Im Übrigen gilt die Verordnung vom 17. Dezember 2014100 über die Sicherheits- untersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen.101 1a. Kapitel:102 Interoperabilität 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 15a Geltungsbereich (Art. 23b Abs. 2 EBG) 1 Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten für den Neubau, Änderungen und Erneu- erungen sowie den Betrieb der: a. normalspurigen Strecken, soweit diese nicht in Anhang 5 aufgeführt sind (in- teroperable Strecken); b.103 auf den interoperablen Strecken eingesetzten Fahrzeuge, ausgenommen Spe- zialfahrzeuge (Art. 56–58). 98 Fassung gemäss Ziff. I 5 der V vom 4. Nov. 2009 (erste Phase der Bahnreform 2), in Kraft seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 5959). 99 Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 der V vom 21. Mai 2008, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2745). 100 SR 742.161 101 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). 102 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 103 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). Eisenbahnverordnung 17 742.141.1 2 Auf den interoperablen Strecken ausserhalb des interoperablen Hauptnetzes nach Anhang 6 muss die Einhaltung der technischen Spezifikationen Interoperabilität (TSI) nur so weit nachgewiesen werden, als dies zur Gewährleistung des Verkehrs von Fahrzeugen erforderlich ist, welche den TSI entsprechen. Das BAV erlässt Richtlinien über den Nachweis. 3 Soweit es für die Herstellung der Interoperabilität erforderlich ist, verfügt das BAV, bis wann welche Strecken und Fahrzeuge bestimmten Anforderungen der TSI entsprechen müssen. Art. 15b Grundlegende Anforderungen, technische Ausführungsbestimmungen (Art. 23f Abs. 1 EBG) 1 Die grundlegenden Anforderungen an das Eisenbahnsystem, Teilsysteme und Interoperabilitätskomponenten einschliesslich der Schnittstellen richten sich nach Anhang III der Richtlinie (EU) 2016/797104.105 2 Als technische Ausführungsbestimmungen gelten die in Anhang 7 aufgeführten TSI. 3 Soweit keine Sonderfälle vorliegen oder Abweichungen von TSI bewilligt wurden, gehen die TSI den übrigen Bestimmungen der EBV vor. Art. 15c106 Inbetriebnahme von Teilsystemen (Art. 23c Abs. 1 EBG) Neue Teilsysteme der Bereiche Infrastruktur, Energie, Zugsteuerung, Zugsicherung, Signalgebung und Fahrzeuge (strukturelle Teilsysteme nach Anhang II der Richtlinie (EU) 2016/797107) dürfen nur in Betrieb genommen werden, wenn das BAV eine Betriebsbewilligung für die Eisenbahnanlage oder das Fahrzeug erteilt hat, deren oder dessen Bestandteil sie sind. Art. 15d Änderungen (Art. 23d EBG) 1 Eine Betriebsbewilligung für die Änderung eines strukturellen Teilsystems ist insbesondere bei signifikanten Änderungen und bei Umrüstungen im Bereich des interoperablen Hauptnetzes nach Anhang 6 erforderlich. 2 Eine Betriebsbewilligung für die Änderung eines Fahrzeugs ist erforderlich, sofern Artikel 21 Absatz 12 der Richtlinie (EU) 2016/797108 dies vorsieht.109 104 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 105 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 106 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 107 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 108 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 109 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). Eisenbahnen 18 742.141.1 Art. 15e Abweichungen von den TSI (Art. 23f Abs. 3 EBG) 1 Die Einhaltung der TSI ist bei Neubauten, Umrüstungen und Erneuerungen inso- weit erforderlich, als kein Ausnahmegrund nach Artikel 7 der Richtlinie (EU) 2016/797110 vorliegt.111 2 Das BAV kann auf Gesuch hin Abweichungen von bestimmten Anforderungen der TSI bewilligen, wenn ein Ausnahmegrund nach Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/797 vorliegt.112 3 ...113 4 Bei Fahrzeugen kann das BAV Abweichungen von den TSI auch dann bewilligen, wenn deren Einhaltung nicht für den Einsatz auf interoperablen Strecken erforderlich ist und der Gesuchsteller den Nachweis nach Artikel 5 Absatz 2 erbringt. Art. 15f Infrastrukturregister (Art. 23l EBG) 1 Die Trassenvergabestelle führt ein Register mit den für das Befahren der Infrastruk- tur erforderlichen Informationen, das den Anforderungen des Anhangs zur Durch- führungsverordnung (EU) 2019/777114 entspricht (Infrastrukturregister).115 2 Die Infrastrukturbetreiberinnen müssen die für den Netzzugang erforderlichen Angaben in das Infrastrukturregister eintragen. 3 Das BAV erlässt Richtlinien über die Registerführung, insbesondere über die Netzabgrenzung. Die Trassenvergabestelle regelt nach Anhörung des BAV und der Infrastrukturbetreiberinnen die Einzelheiten der Informationsübermittlung. Sie sorgt für die Information der Eigentümer und Betreiber von Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr und Anschlussgleisen.116 110 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 111 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 112 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 113 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 114 Durchführungsverordnung (EU) 2019/777 der Kommission vom 16. Mai 2019 zu gemein- samen Spezifikationen für das Eisenbahn-Infrastrukturregister und zur Aufhebung des Durchführungsbeschlusses 2014/880/EU der Kommission, Fassung gemäss ABl. L 139 vom 27.5.2019, S. 312. 115 Fassung gemäss Ziff. I 5 der OBI-Verordnung vom 13. Mai 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 1915). 116 Fassung gemäss Ziff. I 5 der OBI-Verordnung vom 13. Mai 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 1915). Eisenbahnverordnung 19 742.141.1 Art. 15g Europäisches Register genehmigter Fahrzeugtypen (Art. 23l EBG) 1 Das BAV teilt dem Europäischen Register genehmigter Fahrzeugtypen die in Anhang II des Durchführungsbeschlusses 2011/665/EU117 genannten Daten innert der in dessen Anhang I genannten Fristen mit.118 2 Das Register ist für die nationalen Sicherheitsbehörden und die Agentur zugäng- lich. Es wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sobald die Daten durch die Agentur validiert worden sind.119 2. Abschnitt: Betriebsbewilligung Art. 15h Erforderliche Nachweise (Art. 23c Abs. 2 EBG)120 Das Eisenbahnunternehmen muss dem Gesuch um eine Betriebsbewilligung fol- gende Unterlagen beilegen: a. den Sicherheitsnachweis; b. Unterlagen über die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen, der TSI und der übrigen massgebenden Vorschriften. Art. 15i Sicherheitsnachweis für Infrastruktur (Art. 23c Abs. 4 EBG)121 1 Das Eisenbahnunternehmen muss zum Nachweis der Sicherheit und Vorschrifts- konformität des Vorhabens folgende Unterlagen einreichen: a. Konformitätsbescheinigungen; b. Prüfberichte der Sachverständigen; c. Nachweis der vorschriftskonformen Ausführung. 2 Das BAV kann weitere Unterlagen zum Nachweis der Einhaltung der Vorschriften verlangen. 117 Durchführungsbeschluss 2011/655/EU der Kommission vom 4. Okt. 2011 über das Euro- päische Register genehmigter Schienenfahrzeugtypen, ABl. L 264 vom 8.10.2011, S. 32, geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2019/776 der Kommission vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 108. 118 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4961). 119 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4961). 120 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 121 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). Eisenbahnen 20 742.141.1 Art. 15ibis 122 Sicherheitsnachweis für Fahrzeuge (Art. 23c Abs. 4 EBG) Das Eisenbahnunternehmen muss zum Nachweis der Sicherheit und Vorschrifts- konformität des Vorhabens die Unterlagen nach Artikel 21 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/797123 sowie nach den Artikeln 28–30 und Anhang 1 der Durchführungs- verordnung (EU) 2018/545124 einreichen. Art. 15j125 Konformitätsbewertung (Art. 23j EBG) 1 Die Konformitätsbewertung von Interoperabilitätskomponenten richtet sich nach Artikel 10 der Richtlinie (EU) 2016/797126, nach den TSI, nach den Artikeln 4 und 5 und Anhang I des Beschlusses 2010/713/EU127 sowie nach Anhang V der Durchfüh- rungsverordnung (EU) 2019/250128. 2 Die Konformitätsbewertung von Teilsystemen richtet sich nach Artikel 15 und Anhang IV der Richtlinie (EU) 2016/797, nach den TSI, nach Artikel 6 und Anhang I des Beschlusses 2010/713/EU sowie nach den Anhängen IV und V der Durchfüh- rungsverordnung (EU) 2019/250. Art. 15k Bescheinigung der Konformität mit den TSI (Art. 23j Abs. 1 EBG) 1 Eine Bescheinigung der Konformität mit den TSI durch eine benannte Stelle (Art. 15r) ist erforderlich für: a. jede Interoperabilitätskomponente; b. jedes strukturelle Teilsystem. 2 Die Konformitätsbescheinigung muss die Übereinstimmung der Interoperabili- tätskomponenten oder Teilsysteme und ihrer Schnittstellen mit den grundlegenden Anforderungen bescheinigen, soweit diese durch TSI konkretisiert sind. 3 Auf den normalspurigen Strecken ausserhalb des interoperablen Hauptnetzes nach Anhang 6 kann die Konformität mit den anwendbaren Bestimmungen der TSI statt durch benannte Stellen auch durch benannte beauftragte Stellen (Art. 15v Abs. 2) oder durch Sachverständige bescheinigt werden. 122 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 123 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 124 Siehe Fussnote zu Art. 6b Abs. 2. 125 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 126 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 127 Beschluss 2010/713/EU der Kommission vom 9. November 2010 über Module für die Verfahren der Konformitäts- und Gebrauchstauglichkeitsbewertung sowie der EG- Prüfung, die in den gemäss Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates angenommenen technischen Spezifikationen für die Interoperabilität zu verwenden sind, Fassung gemäss ABl. L 319 vom 4.12.2010, S. 1. 128 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. Eisenbahnverordnung 21 742.141.1 4 Werden Teile durch Teile desselben Typs ersetzt, so ist keine Bescheinigung der Konformität mit den TSI erforderlich, sofern das Teilsystem vor dem Inkrafttreten der massgeblichen TSI in Betrieb genommen wurde. Art. 15l Bescheinigung der Konformität mit notifizierten nationalen Vorschriften 1 Eine Konformitätsbescheinigung einer benannten beauftragten Stelle ist für jedes strukturelle Teilsystem erforderlich, das sich auf den Strecken des interoperablen Hauptnetzes nach Anhang 6 befindet oder hierauf eingesetzt wird. 2 Sie bescheinigt die Übereinstimmung des Teilsystems und seiner Schnittstellen mit den grundlegenden Anforderungen, soweit diese durch notifizierte nationale Vor- schriften konkretisiert sind. Art. 15m Prüfberichte Sachverständiger 1 Werden die folgenden Anforderungen durch andere Vorschriften als TSI oder notifizierte nationale Vorschriften spezifiziert und handelt es sich um Vorhaben mit hoher Sicherheitsrelevanz, so sind Prüfberichte Sachverständiger erforderlich zum Nachweis: a. der Sicherheit und Vorschriftskonformität der Teilsysteme und ihrer Schnitt- stellen; b. der technischen Kompatibilität des Teilsystems; c. der sicheren Integration des Teilsystems in das Gesamtsystem. 2 Das BAV kann zusätzliche Prüfberichte Sachverständiger verlangen, sofern dies zum Nachweis der Sicherheit erforderlich erscheint. Art. 15n Nachweis der vorschrifts- und verfügungskonformen Ausführung 1 Der Gesuchsteller muss gegenüber dem BAV erklären, dass das Bewilligungs- objekt: a. gemäss den Vorschriften und der Verfügung des BAV ausgeführt wurde; und b. sicher betrieben werden kann. 2 Er muss zum Nachweis der vorschriftskonformen Ausführung dem BAV folgende Erklärungen einreichen: a. für strukturelle Teilsysteme nach Anhang II Ziffer 1 Buchstabe a der Richtli- nie (EU) 2016/797129: EG-Prüferklärungen nach Artikel 15 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/797 und nach den Anhängen II und III der Durchfüh- rungsverordnung (EU) 2019/250130; 129 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 130 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. Eisenbahnen 22 742.141.1 b. für Interoperabilitätskomponenten: EG-Erklärungen nach Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2016/797 und nach Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2019/250.131 Art. 15o132 Anerkennung europäischer und ausländischer Bewilligungen 1 Von der Agentur oder einer ausländischen Behörde für den Betrieb auf interoperab- len Strecken zugelassene Fahrzeuge benötigen keine zusätzliche Bewilligung des BAV, wenn sie vollständig durch TSI spezifiziert sind. 2 Bei Fahrzeugen, für die ergänzende nationale Bestimmungen gelten, wird die Einhaltung der TSI sowie übereinstimmender nationaler Anforderungen nicht über- prüft, soweit dies aus der Betriebsbewilligung der Agentur oder einer ausländischen Behörde hervorgeht. Art. 15p Prüfungen des BAV bei der Infrastruktur133 1 Das BAV überprüft, ob der Gesuchsteller alle für den Sicherheitsnachweis der Infrastruktur erforderlichen Dokumente eingereicht hat. Es prüft insbesondere, ob:134 a. die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen einschliesslich aller TSI und ergänzenden nationalen Vorschriften bezüglich des Bewilligungsobjekts und seiner Schnittstellen nachgewiesen ist; b. hierdurch die Vorschriftskonformität und Sicherheit des Gesamtsystems voll- ständig nachgewiesen ist. 2 Ist die Vorschriftskonformität oder Sicherheit des Gesamtsystems durch den Si- cherheitsnachweis für das Bewilligungsobjekt nicht vollständig nachgewiesen, so verlangt das BAV die erforderlichen Ergänzungen. Es kann insbesondere ergänzende Prüfberichte Sachverständiger verlangen. 3 Das BAV überprüft den Sicherheitsnachweis risikoorientiert mit Stichproben. Es überprüft insbesondere: a. die Prüfberichte der Sachverständigen; b. die technische Kompatibilität und die sichere Integration des Bewilligungs- objekts in das Gesamtsystem. 131 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 132 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 133 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 134 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). Eisenbahnverordnung 23 742.141.1 Art. 15pbis 135 Prüfungen des BAV bei Fahrzeugen Das BAV überprüft gemäss Artikel 21 Absatz 8 der Richtlinie (EU) 2016/797136, ob der Gesuchsteller alle für den Sicherheitsnachweis der Fahrzeuge erforderlichen Dokumente eingereicht hat, insbesondere: a. prüft es die Vollständigkeit des Antrags gemäss Artikel 32 der Durchfüh- rungsverordnung (EU) 2018/545137; b. bewertet es den Antrag gemäss den Artikeln 38–40 sowie den Anhängen II und III der Durchführungsverordnung (EU) 2018/545; c. stuft es Probleme gemäss Artikel 41 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/545 ein und geht es bei begründeten Zweifeln gemäss Artikel 42 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/545 vor; d. entscheidet es gemäss Artikel 43 Absätze 1–6 und den Artikeln 45–49 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/545. Art. 15q Entscheid des BAV 1 Das BAV entscheidet nach Eingang der vollständigen Gesuchsunterlagen über: a. das Gesuch um Betriebsbewilligung für ein Fahrzeug innerhalb von zwei Monaten; b. über andere Gesuche innerhalb von vier Monaten. 2 Gegen Entscheide über Gesuche um Betriebsbewilligung für ein Fahrzeug kann der Gesuchsteller innerhalb eines Monats beim BAV Einsprache erheben. Das BAV entscheidet über die Einsprache innerhalb von zwei Monaten. 3 Entscheidet das BAV nicht innerhalb von fünf Monaten nach Eingang über ein vom Gesuchsteller für vollständig erklärtes Gesuch um Erteilung einer Betriebsbe- willigung für ein Fahrzeug, so darf es der Gesuchsteller danach in Betrieb nehmen. 1b. Kapitel:138 Unabhängige Prüfstellen 1. Abschnitt: Benannte Stellen Art. 15r Anforderungen 1 Benannte Stellen müssen für den betreffenden Fachbereich: 135 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 136 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 137 Siehe Fussnote zu Art. 6b Abs. 2. 138 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). Eisenbahnen 24 742.141.1 a. nach der Akkreditierungs- und Bezeichnungsverordnung vom 17. Juni 1996139 akkreditiert sein und gegen die Folgen der Haftpflicht eine Versiche- rung nachweisen; oder b. von der Schweiz im Rahmen eines internationalen Abkommens anerkannt sein und eine auch in der Schweiz gültige Versicherung gegen die Folgen der Haftpflicht nachweisen. 2 Im Übrigen gelten für die benannten Stellen die Artikel 30–34 der Richtlinie (EU) 2016/797140.141 Art. 15s Rechte und Pflichten 1 Die benannten Stellen haben die in den Artikeln 34, 41 und 42 sowie in Anhang IV der Richtlinie (EU) 2016/797142, in den TSI sowie im Beschluss 2010/713/EU143 vorgesehenen Rechte und Pflichten.144 2 Insbesondere unterrichten sie das BAV in den vorgesehenen Fällen unverzüglich über die Einschränkung, Aussetzung, Aufhebung und Verweigerung der Erteilung von Konformitätsbescheinigungen sowie darüber, dass nicht konforme Interoperabi- litätskomponenten oder Teilsysteme in Verkehr gebracht wurden. 2. Abschnitt: Risikobewertungsstellen, benannte beauftragte Stellen und Sachverständige Art. 15t Fachliche Anforderungen 1 Risikobewertungsstellen, benannte beauftragte Stellen und Sachverständige müssen im Prüfungsbereich Fachkenntnisse und Erfahrung haben, die der Komplexität und der Sicherheitsrelevanz des zu prüfenden Vorhabens angemessen sind. 2 Sie müssen eine geeignete Ausbildung nachweisen und vergleichbare Prüfungs- objekte selbst realisiert oder begutachtet haben. 3 Für Risikobewertungsstellen gelten zudem die in Anhang II der Durchführungsver- ordnung (EU) Nr. 402/2013145 genannten Anforderungen.146 139 SR 946.512 140 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 141 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 142 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 143 Siehe Fussnote zu Art. 15j Abs. 1. 144 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 145 Siehe Fussnote zu Art. 5g. 146 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnverordnung 25 742.141.1 4 Für Risikobewertungsstellen, die für ausschliesslich den Inlandsmarkt betreffende Änderungen beigezogen werden, gilt Artikel 12 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013.147 5 Für benannte beauftragte Stellen gelten zudem die in Artikel 45 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/797148 genannten Anforderungen.149 Art. 15u Unabhängigkeit 1 Die Personen, die eine Aufgabe für eine der in Artikel 15t genannten Stellen oder Personen ausüben, dürfen sich nicht vorher in anderer Funktion mit dem Bewilli- gungsobjekt befasst haben. 2 Sie müssen in ihrer Entscheidungsfindung unabhängig sein. Insbesondere dürfen sie diesbezüglich weder Weisungen unterworfen sein, noch darf ihre Vergütung vom Ergebnis abhängig sein. 3 Für Risikobewertungsstellen gelten zudem die in Kapitel 4.1 der Norm ISO/IEC 17020:2012150 genannten Anforderungen.151 Art. 15ubis 152 Pflichten der benannten beauftragten Stellen Die benannten beauftragten Stellen haben die in Artikel 45 Absätze 2 und 3 der Richtlinie (EU) 2016/797153 genannten Pflichten. Art. 15v Anerkennung 1 Risikobewertungsstellen, die Sicherheitsbewertungen nach Artikel 8c Absatz 2 vornehmen wollen, können sich vom BAV anerkennen lassen. 2 Benannte beauftragte Stellen, die Konformitätsbescheinigungen nach Artikel 15l Absatz 2 ausstellen, müssen vom BAV anerkannt sein. 3 Das BAV stellt mit der Anerkennung fest, dass die Risikobewertungsstelle oder die benannte beauftragte Stelle für bestimmte Bereiche die fachlichen Anforderungen erfüllt. 147 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019 (AS 2019 3571). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 148 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. 149 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 150 ISO/IEC 17020:2012 Konformitätsbewertung - Anforderungen an den Betrieb verschie- dener Typen von Stellen, die Inspektionen durchführen. Die Norm kann gegen Bezahlung bezogen werden bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV), Sulzerallee 70, 8404 Winterthur; www.snv.ch. 151 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 152 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 153 Siehe Fussnote zu Art. 7 Abs. 4. Eisenbahnen 26 742.141.1 4 Es erteilt die Anerkennung für benannte beauftragte Stellen für höchstens zehn Jahre und für Risikobewertungsstellen für höchstens fünf Jahre. Es kann die Aner- kennung erneuern, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung erfüllt sind.154 5 Es entzieht die Anerkennung, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr erfüllt sind.155 6 Es veröffentlicht eine Liste der Stellen und ihrer Prüfungsbereiche. Art. 15w Juristische Personen Juristische Personen können als Risikobewertungsstellen, benannte beauftragte Stellen oder Sachverständige tätig sein, sofern sie Personen beschäftigen, die die fachlichen Anforderungen und das Erfordernis der Unabhängigkeit erfüllen. Art. 15x Beizug, Anforderungen und Arbeitsweise Das BAV erlässt Richtlinien über den Beizug, die Anforderungen und die Arbeits- weise der Stellen und Sachverständigen nach Artikel 15t. Art. 15y Haftung und Versicherung 1 Die Stellen und Sachverständigen nach Artikel 15t müssen gegen die Folgen der Haftpflicht versichert sein. 2 Sie müssen mit dem Auftraggeber den Umfang ihrer Haftung sowie der erforder- lichen Haftpflichtversicherung vereinbaren. 3 Sie dürfen die Haftung für ihre Berichte oder Bescheinigungen nicht unverhältnis- mässig einschränken. Art. 15z Prüfungen Das BAV überprüft projektspezifisch: a. bei nicht anerkannten Stellen nach Artikel 15t, ob sie die fachlichen Anfor- derungen erfüllen; b. bei anerkannten Stellen nach Artikel 15t, ob die Anerkennung den konkreten Prüfungsauftrag umfasst; c. ob die Unabhängigkeit gewährleistet ist; d. risikoorientiert mit Stichproben Sicherheitsbewertungsberichte, Konformi- tätsbescheinigungen anerkannter Stellen und Prüfberichte Sachverständiger. 154 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 155 Fassung gemäss Ziff. I 5 der OBI-Verordnung vom 13. Mai 2020, in Kraft seit 1. Juli 2020 (AS 2020 1915). Eisenbahnverordnung 27 742.141.1 2. Kapitel: Bauten und Anlagen156 1. Abschnitt: Geometrische Gestaltung der Fahrbahn Art. 16 Spurweite Das Grundmass der Spurweite beträgt: Normalspur 1435 mm Meterspur 1000 mm Schmalspur Spezialspur 1200, 800, 750 mm Schmalspur Art. 17 Trassierungselemente Bahnlinien sind für eine ausgeglichene Fahrgeschwindigkeit zu trassieren. Die Trassierungselemente (Kurven, Längsneigung, Querneigung, vertikale Ausrundungs- radien) müssen den Betriebsverhältnissen der Bahn entsprechen und sollen der Sicherheit, dem Fahrkomfort und der Wirtschaftlichkeit Rechnung tragen. 2. Abschnitt: Sicherheitsabstände Art. 18157 Lichtraumprofil, weitere Räume 1 Das Lichtraumprofil umfasst den von der Grenzlinie fester Anlagen umschriebenen Raum und die Sicherheitsräume nach Anhang 1. 2 Die Grenzlinie fester Anlagen wird anhand einer ideellen Bezugslinie nach Anhang 1 bestimmt; diese Bezugslinie wird vom BAV im Einvernehmen mit den Eisenbahn- unternehmen festgelegt. In den von der Grenzlinie fester Anlagen umschriebenen Raum dürfen, mit Ausnahme der funktionsbedingt notwendigen Teile der Oberlei- tung, keine festen Gegenstände hineinragen. 3 Sicherheitsräume des Lichtraumprofils sind: a. der Fensterraum; b. der Raum für den Schlupfweg; c. der Raum für den Dienstweg in der erforderlichen Breite; d. der Raum für offene Türen; und e. der Oberleitungsraum. 156 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 157 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnen 28 742.141.1 4 Weitere Sicherheitsräume sowie Räume für weitere betriebliche und technische Bedürfnisse sind im Einzelfall festzulegen. 5 Die Eisenbahnunternehmen bestimmen für zusammenhängende Teile des Eisen- bahnnetzes das der jeweiligen Nutzung entsprechende Lichtraumprofil und unter- breiten es dem BAV zur Genehmigung. Art. 19158 Abstände zwischen und neben den Gleisen 1 Massgebend für den minimalen Abstand zwischen parallelen Gleisachsen, den minimalen Abstand einer Gleisachse zu Bauten und Anlagen sowie den frei zu haltenden Raum neben einem Gleis sind die Erfordernisse: a. des Lichtraumprofils; b. der weiteren Sicherheitsräume sowie der Räume für weitere betriebliche und technische Bedürfnisse; und c. der Aerodynamik. 2 Der minimale Abstand zwischen zwei parallelen Gleisachsen ohne dazwischenlie- gende Sicherheitsräume, Bauten oder Anlagen ist so festzulegen, dass sich die Grenzlinien fester Anlagen nicht überschneiden. Für hohe Fahrgeschwindigkeiten ist ein entsprechend grösserer Abstand festzulegen. 3 Zwischen und neben den Gleisen sowie zwischen den Gleisen und den Bauten und Anlagen sind die Sicherheitsräume für das Personal freizuhalten. Für Sicherheits- räume für betriebliche Tätigkeiten gilt zudem Artikel 71. 4 Bei notwendigen zusätzlichen Sicherheitsräumen sind die minimalen Abstände im Einzelfall festzulegen, dies insbesondere: a. bei Sicherheitsräumen für Reisende, die zwischen den Fahrzeugen ein- und aussteigen müssen; b. bei Freiverlade-, Rampen- und Anschlussgleisen. Art. 20159 Art. 21 Abstände auf Perrons160 1 Auf Perrons sind Stützen, Masten und dergleichen so zu stellen, dass der Personen- verkehr sowie der Gepäck- und der Postumlad möglichst wenig behindert werden.161 2 Wo regelmässig ein- und ausgestiegen wird, ist zwischen längeren Hindernissen und der Grenzlinie fester Anlagen ein Raum für Reisende vorzusehen. 158 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 159 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, mit Wirkung seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 160 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 1999 (AS 1999 1083). 161 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 1999 (AS 1999 1083). Eisenbahnverordnung 29 742.141.1 3 Der Abstand zwischen der Perronkante und der Grenzlinie fester Anlagen soll möglichst klein gehalten sein.162 Art. 22 Sicherheitszeichen Die Grenzpunkte der Nutzlänge von Stationsgleisen sind mit Sicherheitszeichen zu kennzeichnen. Ausgenommen sind Strassenbahnen und Anlagen mit signalmässig gesicherten Rangierfahrstrassen. Art. 23 Abstände von Strassen 1 Wo Bahnlinie und Strasse parallel verlaufen, ist für Neuanlagen von Bahnen oder Strassen zwischen dem Rand des nächsten Fahrstreifens und der nächsten Gleisachse genügend Abstand einzuhalten. 2 ...163 3 Das Bahntrassee muss gegenüber einer parallel verlaufenden Strasse sichtbar abge- grenzt sein. Art. 24 Freihalten des Bahntrassees Neben dem Bahntrassee dürfen keine Bäume, Stangen oder Konstruktionen stehen, die dem Wind und den Witterungseinflüssen nicht genügend Widerstand leisten und auf die Eisenbahnanlage164 stürzen könnten. 3. Abschnitt: Unterbau, Kunstbauten und Schutzeinrichtungen165 Art. 25 Unterbau Der Unterbau ist auf den zu erwartenden Verkehr und eine hohe Lebensdauer auszu- richten. Art. 26 Bahnbrücken 1 Brücken und ähnlich beanspruchte Bauwerke sind nach den für die einzelnen Bahnarten und Belastungsformen festgelegten Normen zu bemessen. Für Sonderfälle sind die Belastungsannahmen im Einvernehmen mit dem BAV zu treffen. 162 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 1999 (AS 1999 1083). 163 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, mit Wirkung seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 164 Ausdruck gemäss Ziff. I 5 der V vom 4. Nov. 2009 (erste Phase der Bahnreform 2), in Kraft seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 5959). Diese Änd. wurde im ganzen Erlass berück- sichtigt. 165 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). Eisenbahnen 30 742.141.1 2 Brücken sind so auszubilden, dass sie die Lasten entgleister Fahrzeuge ohne grös- seren Schaden an den Haupttragelementen aufnehmen können. 3 Die Gleisbettung auf der Brücke ist derjenigen der anschliessenden Strecke anzu- gleichen. Art. 27166 Bauten an, über und unter der Eisenbahn 1 Bauten an, über und unter der Eisenbahn sind so zu erstellen oder zu schützen, dass sie für Reisende sowie Benützer der Bauten einen angemessenen Schutz gegen die Gefahren entgleister und abkommender Schienenfahrzeuge aufweisen. 2 Erhöht sich das Anprallrisiko für eine bestehende Baute durch Änderung der Ei- senbahninfrastruktur oder des Eisenbahnbetriebs erheblich, so muss das Eisenbahn- unternehmen für einen angemessenen Schutz sorgen. 3 Erhöht sich das Anprallrisiko für eine bestehende Baute durch Änderung der Baute oder ihrer Nutzung erheblich, so muss der Eigentümer für einen angemessenen Schutz sorgen. 4 Wo die Gefahr droht, dass Strassenfahrzeuge oder davon abkommende Ladungen auf das Eisenbahntrassee geraten können, muss der Eigentümer der Strassen- oder Eisenbahnanlage, der die Gefahr verursacht, für geeignete Schutzeinrichtungen sorgen. 5 Rohrleitungsanlagen an, über und unter der Eisenbahn sind so zu erstellen, dass statische, dynamische, elektrische oder elektrochemische Einwirkungen die Sicher- heit der Eisenbahn nicht beeinträchtigen. Art. 28167 Tunnel, andere unterirdische Eisenbahnanlagen und Galerien 1 In Tunneln, anderen unterirdischen Eisenbahnanlagen und Galerien sind spezifi- sche Massnahmen zur Rettung von Personen zu treffen. 2 In Tunneln und Galerien sind in regelmässigen Abständen Schutznischen für das Personal anzubringen und gut sichtbar zu kennzeichnen. Es darf darauf verzichtet werden, wenn die Sicherheit des Personals mit anderen Massnahmen gewährleistet ist. Art. 29 Schutzmassnahmen gegen elektrische Einflüsse Es sind geeignete Schutzmassnahmen gegen die Gefahren und schädigenden Ein- flüsse des elektrischen Stromes zu treffen. 166 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 167 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). Eisenbahnverordnung 31 742.141.1 Art. 30168 4. Abschnitt: Oberbau Art. 31169 Gleisbau und -material Das UVEK170 bezeichnet die Reglemente, Normalien und Pflichtenhefte, die für das Oberbaumaterial und dessen Verlegung gelten. Art. 32 Weichen 1 Die Weichen müssen eine einwandfreie Führung und einen möglichst ruhigen Lauf der Räder aller auf der betreffenden Strecke fahrenden Fahrzeuge gewährleisten. 2 ...171 Art. 33 Zahnstangen von Zahnradbahnen 1 Kein Belastungs- oder Abnützungszustand darf die vorgeschriebene Bruchsicher- heit der Zahnstange, die Eingriffsverhältnisse sowie die Entgleisungssicherheit der Fahrzeuge beeinträchtigen. 2 Die Zahnstangenstrecken sind so festzulegen, dass in jedem Fall sicher ein- und ausgefahren sowie angehalten werden kann. 5. Abschnitt: Stationen Art. 34 Allgemeines 1 Die Stationen sind so anzulegen, dass die Durchfahrgleise mit Streckengeschwin- digkeit befahren werden können. 2 Die Neigung der Gleise in Stationen, auf denen Züge zusammengestellt, getrennt oder Wagen abgestellt werden, soll nicht grösser als 2 Promille sein.172 3 Die Zugänge zu den Perrons sollen wenn möglich kein Überschreiten der Gleise erfordern.173 168 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 12. Nov. 2003, mit Wirkung seit 14. Dez. 2003 (AS 2003 4289). 169 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 1999 (AS 1999 1083). 170 Ausdruck gemäss Ziff. I 5 der V vom 4. Nov. 2009 (erste Phase der Bahnreform 2), in Kraft seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 5959). Diese Änd. wurde im ganzen Erlass berück- sichtigt. 171 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, mit Wirkung seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 172 Die Berichtigung vom 15. Mai 2018 betrifft nur den französischen Text (AS 2018 1861). 173 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 1999 (AS 1999 1083). Eisenbahnen 32 742.141.1 4 Perrons sind so zu gestalten und auszurüsten, dass sie von der Öffentlichkeit sicher benützt werden können.174 5 Die Stationsnamen sind für die Reisenden gut sichtbar anzuschreiben. Art. 35 Gleisabschluss Die Gleisenden sind mit Abschlüssen zu versehen. Art. 36 Stationsbauten 1 Stationen sind entsprechend ihrer betrieblichen Bedeutung mit den nötigen Dienst- räumen auszurüsten. 2 Den Reisenden soll ein Warteraum zur Verfügung stehen. Bei Strassenbahnen und Bahnen mit dichter Zugfolge kann darauf verzichtet werden. 3 Bei der Gestaltung der Stationsbauten sind die Gefahren der Fahrleitungsanlage zu berücksichtigen. 6. Abschnitt:175 Sicherung und Signalisation von Bahnübergängen Art. 37 Begriff Bahnübergänge sind höhengleiche Kreuzungen von Bahngleisen auf unabhängigem Bahnkörper mit Strassen oder Wegen. Art. 37a Verbot Auf Streckenabschnitten und in Stationen mit einer zugelassenen Höchstgeschwin- digkeit von mehr als 160 km/h sind keine Bahnübergänge zugelassen. Art. 37b Allgemeines 1 Bahnübergänge sind entsprechend der Verkehrsbelastung und der Gefahrensitua- tion entweder aufzuheben oder so mit Signalen oder Anlagen auszurüsten, dass sie sicher befahren und betreten werden können. 2 Die Signalisation und die Verkehrsregelung am Bahnübergang werden durch die Betriebsart der Bahn bestimmt. 174 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 175 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998 (AS 1999 1083). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Nov. 2003, in Kraft seit 14. Dez. 2003 (AS 2003 4289). Eisenbahnverordnung 33 742.141.1 Art. 37c Signale und Anlagen 1 Bahnübergänge sind mit Schranken- oder Halbschrankenanlagen auszurüsten.176 2 An Bahnübergängen mit Halbschrankenanlagen sind die Trottoirs mit Schlagbäu- men auszurüsten. 3 Folgende Ausnahmen von Absatz 1 sind möglich: a.177 An Bahnübergängen, wo das Anbringen von Schranken- oder Halbschran- kenanlagen einen unverhältnismässigen Aufwand erfordern würde und kein oder nur schwacher Fussgängerverkehr herrscht, können auf der einen Seite des Bahntrassees Blinklichtsignale und auf der anderen Seite eine Halb- schrankenanlage erstellt werden. b.178 An Bahnübergängen mit schwachem Strassenverkehr kann eine Blinklicht- signalanlage oder eine Bedarfsschrankenanlage erstellt werden. bbis.179 An Bahnübergängen über eingleisige Strecken mit sehr schwachem Stras- senverkehr und genügenden Sichtverhältnissen kann eine Lichtsignalanlage ohne Schlagbäume mit fehlersicherer Sperrung des Strassenverkehrs erstellt werden. c.180 An Bahnübergängen können, falls die Sichtverhältnisse genügend sind oder die Schienenfahrzeuge bei zeitweise ungenügenden Sichtverhältnissen zweckdienliche Achtungssignale abgeben, Andreaskreuze als einziges Signal angebracht werden, sofern: 1. die Strasse oder der Weg nur für den Fussgängerverkehr geöffnet und dieser schwach ist, 2. der Strassenverkehr schwach und der Schienenverkehr langsam ist, oder 3. die Strasse oder der Weg nur der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung dient (Feldweg), keine bewohnte Liegenschaft erschliesst und aufgrund der Signalisation nur einem beschränkten Personenkreis offensteht; die Infrastrukturbetreiberin hat diesen Personenkreis zu instruieren. d.181 Werden die Gleise nach den Bestimmungen der Fahrdienstvorschriften über den Strassenbahnbetrieb befahren, so genügt das Signal «Strassenbahn» nach Artikel 10 Absatz 4 der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979182. Dieses ist wenn nötig mit einer Lichtsignalanlage zu ergänzen. 176 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 177 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 178 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 179 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 180 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 181 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 182 SR 741.21 Eisenbahnen 34 742.141.1 e.183 Werden die Gleise ausschliesslich für Rangierbewegungen benützt, so müs- sen weder Signale noch Anlagen erstellt werden, wenn während der Ran- gierbewegungen der Strassenverkehr durch Betriebspersonal geregelt wird. 4 Anstelle von Blinklichtsignalen können Lichtsignale eingesetzt werden, sofern der Bahnübergang: a. mit einer Bahnübergangsanlage ohne Schlagbäume versehen ist und in einer durch Lichtsignale geregelten Verzweigung liegt; oder b. beidseits des Bahntrassees mit einer Schranken- oder Bedarfsschrankenan- lage versehen ist.184 4bis An Bahnübergängen mit Halbschrankenanlagen dürfen die Blinklichtsignale durch Lichtsignale ergänzt werden, sofern der Bahnübergang in einer durch Licht- signale geregelten Verzweigung liegt.185 5 ...186 6 Die für die Gewährleistung der Sicherheit am Bahnübergang erforderlichen stras- senseitigen Vorsignale und Markierungen werden nach der SSV angebracht. Art. 37d187 Bahnübergangsanlagen Für Anlagen zur Steuerung und Überwachung von Bahnübergängen gelten die Artikel 38 und 39. Ausgenommen sind Lichtsignalanlagen zur Ergänzung von Bahn- übergängen nach Artikel 37c Absatz 3 Buchstabe d. Art. 37e188 Art. 37f189 Ersatzmassnahmen bei Aufhebungen von Bahnübergängen Wird durch die Aufhebung eines Bahnüberganges ein Teil des in den kantonalen Plänen enthaltenen Fuss- und Wanderwegnetzes nicht mehr frei begehbar, so richtet sich der Ersatz nach Artikel 7 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1985190 über Fuss- und Wanderwege (FWG). 183 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 184 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 185 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 186 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, mit Wirkung seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 187 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 188 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, mit Wirkung seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 189 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 190 SR 704 Eisenbahnverordnung 35 742.141.1 7. Abschnitt: Sicherungsanlagen und Telematikanwendungen191 Art. 38192 Grundsätze 1 Sicherungsanlagen und Telematikanwendungen sind so zu planen, zu erstellen, zu betreiben und instand zu halten, dass ein sicherer und zuverlässiger Eisenbahnbetrieb ermöglicht wird. 2 Für Telematikanwendungen gelten die Bestimmungen dieses Abschnitts nur für Anwendungen, die in direktem Zusammenhang mit der Sicherheit und der Zuverläs- sigkeit des Eisenbahnbetriebs stehen. 3 Sicherungsanlagen und Telematikanwendungen können sowohl Teile der Infra- struktur als auch der Fahrzeuge sein. Eigenschaften, Betrieb und Instandhaltung dieser Sicherungsanlagen und Telematikanwendungen sind aufeinander abzustim- men.193 4 Das BAV kann, soweit es dem Ziel der Sicherheit der Eisenbahnen oder anderen übergeordneten Zielen dient verfügen: a. auf welchen Strecken und Fahrzeugen welche Arten von Sicherungsanlagen und Telematikanwendungen zum Einsatz kommen; b. inwieweit die Sicherungsanlagen und Telematikanwendungen mit anderen Anlagen oder Anwendungen und mit Fahrzeugen kompatibel sein müssen.194 Art. 39195 Sicherungsanlagen 1 Fahrten auf Gleisanlagen sind mit Sicherungsanlagen zu steuern und zu sichern. 2 Sicherungsanlagen sind so zu planen, zu erstellen, zu betreiben und instand zu halten, dass die Steuerung und Sicherung der Zugfahrten und Rangierbewegungen sicher und zuverlässig erfolgen. Dabei: a. sind die betrieblichen Verhältnisse sowie die bahnsystemtechnischen und baulichen Gegebenheiten zu berücksichtigen; b. sind die voraussehbaren Gefährdungen zu berücksichtigen; c. ist eine hohe Verfügbarkeit zu gewährleisten; d. ist zu gewährleisten, dass der Eisenbahnbetrieb konform zu den Betriebspro- zessen und -vorschriften gesteuert und überwacht werden kann. 191 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 192 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 193 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 194 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 195 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). Eisenbahnen 36 742.141.1 3 Sicherungsanlagen dienen insbesondere der: a. Fahrwegsteuerung und -sicherung; b. Signalisierung; c. Zugbeeinflussung; d. Umstellung und Sicherung von Weichen; e. Gleisfreimeldung und Zugortung; f. Steuerung und Überwachung von Bahnübergängen. Art. 40196 Zugkontrolleinrichtungen 1 Die Infrastrukturbetreiberinnen können Zugkontrolleinrichtungen zur Kontrolle, ob die Fahrzeuge den Anforderungen eines sicheren Betriebs genügen, einsetzen. Diese kontrollieren die durchfahrenden Züge auf Unregelmässigkeiten wie Heissläufer, Festbremser, Ladeverschiebungen, Überlasten, Profilverletzungen, Brandherde, Austritt von Chemikalien und unzulässige Anpresskraft von Stromabnehmern. 2 Das Erfordernis von Zugkontrolleinrichtungen sowie deren Standorte, Art, Ausbau und Vernetzung richten sich nach den Gefährdungen, den betrieblichen Verhältnis- sen sowie den verkehrstechnischen und baulichen Gegebenheiten. 3 Die Infrastrukturbetreiberinnen des Normalspurnetzes koordinieren Planung, Bau und Betrieb ihrer Zugkontrolleinrichtungen. Sie erstellen ein netzweites Konzept und unterbreiten es dem BAV zur Genehmigung. 8. Abschnitt: Personenwarnsysteme im Gleisbereich197 Art. 41198 1 Warnsysteme für Arbeiten im Gleisbereich müssen gewährleisten, dass: a. das Personal auf den Arbeitsstellen bei Einhaltung der Vorschriften vor Ge- fährdungen durch den Eisenbahnbetrieb geschützt wird; und b. die Sicherheit des Eisenbahnbetriebs im Bereich der Arbeitsstellen nicht be- einträchtigt wird. 2 Für mobile Warnsysteme ist eine Betriebsbewilligung des BAV erforderlich. 196 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 197 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). 198 Ursprünglich Art. 44. Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Nov. 2009, in Kraft seit 1. Juli 2010 (AS 2009 5991). Eisenbahnverordnung 37 742.141.1 9. Abschnitt: Elektrische Anlagen199 Art. 42200 Anforderungen an die Sicherheit 1 Elektrische Anlagen von Eisenbahnen sowie elektrische Teile von Trolleybusanla- gen sind so zu planen, zu bauen, zu betreiben und instand zu halten, dass Personen und Sachen bei bestimmungsgemässem Betrieb sowie bei voraussehbaren Störungen vor Gefährdungen geschützt werden. Die elektrischen Anlagen sind in Anhang 4 näher umschrieben.201 2 Es sind alle verhältnismässigen Schutzmassnahmen zur Vermeidung von Gefähr- dungen zu treffen. 3 Die sicherheitstechnischen und bahnbetrieblichen Anforderungen gehen anderen, insbesondere ästhetischen Anforderungen, vor. Art. 43202 Anforderungen an den Störschutz Elektrische Anlagen sowie daran angeschlossene Anlagen oder Anlagenteile müssen so geplant, gebaut, betrieben und instand gehalten werden, dass in allen Betriebszu- ständen: a. der Betrieb anderer elektrotechnischer Anlagen und Einrichtungen nicht in unzumutbarer Weise gestört wird; b. ihr Betrieb nicht durch andere elektrotechnische Anlagen und Einrichtungen in unzumutbarer Weise gestört wird. Art. 44203 Planung und Bau Die Vorschriften dieser Verordnung und ihre Ausführungsbestimmungen sind auf die folgenden elektrischen Anlagen oder Anlagenteile anwendbar: a. Bahnstromerzeugungs- und -umformungsanlagen; b. Bahnstromverteilungsanlagen; c. Fahrleitungsanlagen; d. Bahnrückstrom- und Erdungsanlagen; e.204 übrige bahnspezifische elektrische Anlagen; 199 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 200 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 201 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). 202 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 203 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 204 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnen 38 742.141.1 f. Schutztechnik und Leittechnikanlagen; g.205 ... Art. 45206 Arbeiten an elektrischen Anlagen oder in deren Nähe 1 An elektrischen Anlagen oder in deren Nähe darf nur gearbeitet werden, wenn das ausführende Personal vor Gefährdungen durch den elektrischen Strom geschützt ist. Insbesondere sind das Kurzschliessen und Erden oder das Kurzschliessen und Ver- binden mit der Rückleitung so vorzunehmen, dass eine Gefährdung vermieden wird. 2 Das Personal muss für die auszuführenden Arbeiten ausgebildet und ausgerüstet sein. 3 Bei der Planung und Ausführung der Arbeiten müssen Sicherheitsabstände und besondere Sicherheitsmassnahmen eingehalten werden. Art. 46207 Betrieb und Instandhaltung der elektrischen Anlagen 1 Der verantwortliche Betreiber einer elektrischen Anlage (Betriebsinhaber) ge- währleistet den sicheren Betrieb und die Instandhaltung der elektrischen Anlage und der entsprechenden elektrischen Arbeitsmittel. 2 Er macht alle für den Anlagebetrieb notwendigen technischen Betriebsunterlagen auf geeignete Weise zugänglich und achtet auf deren Praxistauglichkeit und Benut- zerfreundlichkeit. Er stellt sie dem BAV auf Verlangen zur Verfügung. Betriebsun- terlagen, die von hoheitlichen Vorschriften abweichen, sind mindestens drei Monate vor der beabsichtigten Inkraftsetzung dem BAV zur Genehmigung zu unterbrei- ten.208 3 Er sorgt mit Vorgaben, Massnahmen und Nachweisen dafür, dass Gefährdungen vermieden werden. Er dokumentiert die Vorgaben, Massnahmen und Nachweise und legt sie dem BAV auf Verlangen vor. 4 Er legt gemeinsam mit den an seiner elektrischen Anlage oder in deren Nähe tätig werdenden Dritten die Schutzmassnahmen zur Vermeidung von Gefährdungen fest. 205 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). 206 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 207 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 208 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnverordnung 39 742.141.1 3. Kapitel:209 Fahrzeuge 1. Abschnitt: Grundlegende Anforderungen Art. 47 Belastungsannahmen sowie Begrenzung der Fahrzeuge und Ladungen 1 Fahrzeuge sind so zu planen, zu erstellen, zu betreiben und instand zu halten, dass ein sicherer und zuverlässiger Eisenbahnbetrieb auf der zu befahrenden Infrastruktur möglich ist. 2 Die Begrenzung der Fahrzeuge und Ladungen bestimmt sich nach der Bezugslinie gemäss Anhang 1. 2. Abschnitt: Interoperable Fahrzeuge Art. 48 1 Interoperable Fahrzeuge sind Fahrzeuge, die auf interoperablen Strecken (Art. 15a Abs. 1 Bst. a) eingesetzt werden. 2 Für interoperable Fahrzeuge gelten die Bestimmungen des 1a. Kapitels. Aus- genommen sind Spezialfahrzeuge (Art. 56–58). 3 Das BAV veröffentlicht die notifizierten nationalen technischen Vorschriften (Art. 23f Abs. 2 EBG). 3. Abschnitt: Nicht interoperable Fahrzeuge Art. 49 Allgemeines 1 Nicht interoperable Fahrzeuge sind Fahrzeuge, die auf nicht interoperablen Stre- cken eingesetzt werden. 2 Normalspurige Fahrzeuge, die nur in einem eng begrenzten Einsatzgebiet wie in einem Bahnhof oder auf einem Anschlussgleis interoperable Strecken befahren, können auf Gesuch hin bei Erfüllung der Anforderungen dieses Abschnitts zugelas- sen werden, soweit diese der Interoperabilität innerhalb des Einsatzgebiets nicht entgegenstehen. Art. 50 Elektrische Teile und Systeme 1 Elektrische Teile und Systeme von Fahrzeugen sind so zu planen, zu bauen, zu betreiben und instand zu halten, dass Personen und Sachen bei bestimmungsgemäs- sem Betrieb sowie bei voraussehbaren Störungen vor Gefährdungen geschützt wer- den. 209 Ursprünglich vor Art. 46. Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). Eisenbahnen 40 742.141.1 2 Triebfahrzeuge und Steuerwagen sind mit einer Sicherheitssteuerung auszurüsten. Sie sind auf die Sicherungsanlagen und Telematikanwendungen abzustimmen. Die Anforderungen an die auf den Fahrzeugen installierten Sicherungsanlagen und Telematikanwendungen richten sich nach den Artikeln 38 und 39. Art. 51 Mechanische Teile und Systeme 1 Mechanische Teile und Systeme von Fahrzeugen sind so zu planen, zu bauen, zu betreiben und instand zu halten, dass es zu keinen Gefährdungen von Personen und Sachen kommt und dass sie den Beanspruchungen während der geplanten Lebens- dauer gewachsen sind. 2 Führerstände und Personenabteile von Fahrzeugen sind hinsichtlich ihres Defor- mationsverhaltens so zu gestalten, dass Personen und Sachen bei bestimmungs- gemässem Betrieb sowie bei voraussehbaren Störungen vor Gefährdungen geschützt werden. Art. 52 Bremssysteme 1 Die Bremsen der Fahrzeuge müssen das sichere Fahren mit der zulässigen Ge- schwindigkeit erlauben und jederzeit das sichere Anhalten der Fahrzeuge gewährleis- ten. 2 Die Bremskraft muss auf die im Mittel verfügbare Reibung zwischen Rad und Schiene abgestimmt sein. 3 Die Bremswirkung darf durch Abnützung, Spiel und andere Systeme nicht beein- trächtigt werden. Sie muss im Stillstand prüfbar sein. 4 Eine Feststellbremse muss das unbeabsichtigte Wegrollen der Fahrzeuge verhin- dern. Art. 53 Türsysteme 1 Einstiegstüren müssen auf den Betrieb abgestimmt sein, ohne Gefährdung benützt werden können, zuverlässig wirkende Verschlüsse aufweisen und gegen unbeabsich- tigtes Öffnen gesichert sein. 2 Türen müssen den geschlossenen Zustand im Führerstand anzeigen und Schutz- funktionen gegen das Festklemmen von Personen aufweisen. 3 Die seitlichen Schiebetüren der Gepäckwagen und -abteile sind mit einer Einrich- tung zu versehen, die ein unbeabsichtigtes Schliessen verhindert. Im geöffneten Zustand muss eine Geländerstange eingelegt werden können. 4 Die Übergangstüren an den Zugenden müssen gegen unbeabsichtigtes Öffnen gesi- chert werden können. Eisenbahnverordnung 41 742.141.1 Art. 54 Besondere Anforderungen an Zahnradbahnen 1 Die Sicherheit der Fahrzeuge und Zugskompositionen von Zahnradbahnen vor Entgleisung muss auf der ganzen Strecke in allen voraussehbaren Extremfällen gewährleistet sein. 2 Das UVEK regelt die besonderen Anforderungen an: a. Zug- und Stossvorrichtungen: 1. gekuppelter Fahrzeuge, 2. nicht gekuppelter Fahrzeuge; b. Bremsen: 1. von Triebfahrzeugen, 2. von Zugskompositionen, 3. von Wagen, 4. beim Ziehen von Wagen, 5. bei Mehrfachtraktion; c. Sicherheitseinrichtungen von Zugskompositionen. Art. 55 Besondere Anforderungen an Strassenbahnfahrzeuge Das UVEK legt die besonderen Anforderungen an Strassenbahnfahrzeuge in folgen- den Bereichen fest: a. Bremsen; b. Kollisionsschutz. 4. Abschnitt: Spezialfahrzeuge Art. 56 Allgemeines 1 Als Spezialfahrzeuge gelten Dienstfahrzeuge sowie Dampffahrzeuge und histori- sche Fahrzeuge. 2 Spezialfahrzeuge können sowohl auf interoperablen wie auf nicht interoperablen Strecken eingesetzt werden. 3 Sie sind so zu planen, zu bauen, zu betreiben und instand zu halten, dass Personen und Sachen bei bestimmungsgemässem Betrieb sowie bei voraussehbaren Störungen vor Gefährdungen geschützt werden. 4 Sie werden bei Erfüllung der Anforderungen des 3. Abschnitts zugelassen, soweit diese der Interoperabilität innerhalb des Einsatzgebiets nicht entgegenstehen. Art. 57 Dienstfahrzeuge 1 Dienstfahrzeuge sind Spezialfahrzeuge, die insbesondere für Bau-, Instandhaltungs- , Inspektions- und Interventionstätigkeiten auf Eisenbahnanlagen eingesetzt werden. Eisenbahnen 42 742.141.1 2 Werden Dienstfahrzeuge als Arbeitsgerät eingesetzt, so sind die dazu notwendigen Sicherheitsnachweise zu erstellen. Art. 58 Dampffahrzeuge und historische Fahrzeuge 1 Dampffahrzeuge und historische Fahrzeuge sind so zu betreiben und instand zu halten, dass ein sicherer Eisenbahnbetrieb auf der zu befahrenden Infrastruktur möglich ist. Für Stellen, die für die Instandhaltung der Fahrzeuge verantwortlich sind, besteht keine Zertifizierungspflicht.210 2 Dampffahrzeuge sind so zu planen, zu bauen, zu betreiben und instand zu halten, dass den spezifischen Gefahren der Dampf- und Druckkessel Rechnung getragen wird. 3 Für den Einbau neuer Systeme in historische Fahrzeuge und den Umbau von Sys- temen in solchen Fahrzeugen sind die im Zeitpunkt des Ein- oder Umbaus gültigen Vorschriften massgebend. 4 Im Übrigen gelten die Artikel 50–55. Art. 59–70 Aufgehoben 4. Kapitel: Bahnbetrieb 1. Abschnitt: Voraussetzungen für den Bahnbetrieb Art. 71211 Sicherheitsräume für betriebliche Tätigkeiten Die Sicherheitsräume für die betrieblichen Tätigkeiten gemäss den vom BAV ge- stützt auf Artikel 17 Absatz 3 EBG erlassenen Fahrdienstvorschriften sind bei der Planung sowie dem Neu- und Umbau von Bauten und Anlagen im Hinblick auf einen sicheren, zuverlässigen und entwicklungsfähigen Bahnbetrieb vorzusehen. Art. 72212 Betriebspersonal auf den Bahnhöfen Der Einsatz von Betriebspersonal auf den Bahnhöfen richtet sich nach den Anforde- rungen an die Regelung und Sicherung des Zug- und Rangierverkehrs. Dabei sind insbesondere die Anforderungen an die Sicherheit, die bauliche und technische Ausrüstung der Anlagen sowie Art und Umfang des abgewickelten Verkehrs (insbe- sondere Zahl der Reisenden sowie Art und Menge der Güter) zu berücksichtigen. 210 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 211 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). 212 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). Eisenbahnverordnung 43 742.141.1 Art. 73 Bezeichnung der Eisenbahnanlagen und Züge 1 Die einzelnen Teile der Eisenbahnanlagen sind zur Orientierung der Reisenden und für dienstliche Zwecke zu kennzeichnen. 2 Jeder Zug ist entsprechend seiner Aufgabe zu bezeichnen. Art. 74 Ausschluss Unbefugter An den für die Sicherheit wichtigen Einsatzorten – wie Stellwerk, Relaisraum, Füh- rerstand – darf sich nur das für die Bedienung, Kontrollen und Instandhaltungs- arbeiten instruierte Personal aufhalten. Ausnahmen bedürfen der ausdrücklichen Bewilligung des Bahnunternehmens. 2. Abschnitt: Bilden und Bedienen der Züge Art. 75213 Bilden der Züge 1 Ein Zug darf nur aus Fahrzeugen gebildet werden, deren Beschaffenheit und La- dung die Voraussetzungen eines sicheren Betriebes erfüllen. 2 Bestehen Zweifel bezüglich physikalischer Grenzen oder der Betriebssicherheit der einzusetzenden Züge, sind vor Betriebsaufnahme Probe- bzw. Messfahrten durchzu- führen. Art. 76 Fahrgeschwindigkeit214 1 Die höchstzulässige Fahrgeschwindigkeit ist nach folgenden Gesichtspunkten fest- zulegen: a. Streckenverhältnisse; b. Sicherungsanlagen und Weichen; c. Bauart der Fahrzeuge; d. Zusammensetzung des Zuges; e. Bremsen; f. betriebliche Verhältnisse. 2 Das UVEK legt die generellen Höchstgeschwindigkeiten (insbesondere aufgrund von Neigung, Anlagen, Fahrzeugen) in den Ausführungsbestimmungen fest.215 213 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 1999 (AS 1999 1083). 214 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 215 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). Eisenbahnen 44 742.141.1 3 Für die Festlegung der Höchstgeschwindigkeiten pro Zug oder Rangierbewegung im operativen Betrieb sind zusätzlich die gestützt auf Artikel 17 Absatz 3 EBG vom BAV erlassenen Fahrdienstvorschriften und die Betriebsvorschriften der Infrastruk- turbetreiberin und des Eisenbahnverkehrsunternehmens massgebend.216 Art. 77 Bremsordnung 1 Die Funktionsfähigkeit der automatischen Bremse ist nach dem Bilden der Züge und in der Regel nach Änderungen in deren Zusammensetzung zu prüfen. 2 Die Wirkung der Bremsen eines Zuges muss den betrieblichen Erfordernissen ent- sprechen. 3–5 ...217 Art. 78218 Art. 78a und 78b219 Art. 79220 Zugbegleitung Die Begleitung der Züge richtet sich nach der technischen Ausrüstung der Fahr- zeuge, den Streckenverhältnissen und allfälligen zusätzlichen Bedürfnissen des Dienstes. Sie ist in den Betriebsvorschriften zu regeln. Art. 80 Massnahmen mit Rücksicht auf die Reisenden 1 Reisenden offenstehende Personenwagen sind zur Nachtzeit, in Tunneln auch tags- über, zu beleuchten. 2 Die Reisenden sind über besondere Vorkommnisse rechtzeitig zu informieren. 216 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 217 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 16. Nov. 2011, mit Wirkung seit 1. Juli 2012 (AS 2011 6233). 218 Aufgehoben durch Ziff. I 5 der V vom 4. Nov. 2009 (erste Phase der Bahnreform 2), mit Wirkung seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 5959). 219 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998 (AS 1999 1083). Aufgehoben durch Ziff. I 5 der V vom 4. Nov. 2009 (erste Phase der Bahnreform 2), mit Wirkung seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 5959). 220 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 1999 (AS 1999 1083). Eisenbahnverordnung 45 742.141.1 5. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 81221 Ausführungsbestimmungen Das UVEK erlässt die Ausführungsbestimmungen. Es berücksichtigt dabei auch die anschlussgleisspezifischen Anforderungen. Art. 82 Aufhebung bisherigen Rechts Es werden aufgehoben: a. die Verordnung vom 19. März 1929222 betreffend Bau und Betrieb der schweizerischen Nebenbahnen; b. die Verordnung vom 12. November 1929223 über die Begrenzung des lichten Raumes und der Fahrzeuge der schweizerischen Normalspurbahnen; c. die Verordnung vom 14. Juli 1910224 betreffend den Unterhalt des Roll- materials der schweizerischen Hauptbahnen; d. die Verordnung vom 19. Februar 1929225 betreffend Festsetzung der höchs- ten Fahrgeschwindigkeiten auf den schweizerischen Hauptbahnen; e. die Verordnung vom 24. April 1929226 betreffend die Einführung der durch- gehenden Güterzugsbremse im Bereiche der Schweizerischen Bundesbahnen und der normalspurigen Privatbahnen. Art. 83227 Art. 83a228 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. Mai 2013: Sicherheitsgenehmigung 1 Eine Sicherheitsgenehmigung nach Artikel 5a benötigen Infrastrukturbetreiberin- nen: a. die normalspurige Strecken betreiben: erstmals ab dem 1. Juli 2015; b. die nicht normalspurige Strecken betreiben: erstmals ab dem 1. Juli 2016. 2 Das Gesuch muss zwölf Monate vor dem geplanten Betrieb eingereicht werden. 221 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 5 der Gütertransportverordnung vom 25. Mai 2016, in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2016 1859). 222 [BS 7 121] 223 [BS 7 43] 224 [BS 7 84] 225 [BS 7 88] 226 [BS 7 42] 227 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). 228 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1998 (AS 1999 1083). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). Eisenbahnen 46 742.141.1 Art. 83b229 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. Mai 2013: Sicherheitsbescheinigung 1 Eisenbahnverkehrsunternehmen, die über eine Sicherheitsbescheinigung verfügen, benötigen ab dem 1. Januar 2014 eine Sicherheitsbescheinigung nach Artikel 5b. 2 Eisenbahnverkehrsunternehmen, die ausschliesslich eigene Strecken befahren, benötigen eine Sicherheitsbescheinigung nach Artikel 5b für: a. normalspurige Strecken: erstmals ab dem 1. Januar 2015; b. nicht normalspurige Strecken: erstmals ab dem 1. Januar 2016. 3 Das Gesuch muss zwölf Monate vor dem geplanten Betrieb eingereicht werden. Art. 83c230 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. Mai 2013: Berichterstattung Der jährliche Bericht der Eisenbahnunternehmen nach Artikel 5g ist erstmals für das erste volle Kalenderjahr nach Erteilung der Sicherheitsbescheinigung oder -genehmigung einzureichen. Art. 83d231 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. Mai 2013: Instandhaltung von Güterwagen 1 Für Güterwagen, die ausschliesslich in der Schweiz eingesetzt werden, gilt die Zertifizierungspflicht nach Artikel 5j Absatz 1 ab dem 1. Juli 2014. 2 Die Anerkennung von nicht zertifizierten Instandhaltungsstellen richtet sich nach den Übergangsbestimmungen von Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 445/2011232. Art. 83e233 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. Mai 2013: Interoperabilität 1 Gesuche für Vorhaben, die sich am 1. Juli 2013 in einem fortgeschrittenen Ent- wicklungsstadium befinden und bis zum 31. Dezember 2014 eingereicht werden, werden auf Antrag nach den Bestimmungen beurteilt, die bis zum 30. Juni 2013 galten, soweit die Sicherheit und die Interoperabilität dem nicht entgegenstehen. 2 Normalspurige Fahrzeuge können bis zum 31. Dezember 2017 nach den Vor- schriften zugelassen werden, die für den Einsatz auf nicht interoperablen Strecken gelten. 229 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 230 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 231 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). 232 Siehe Fussnote zu Art. 5j Abs. 1. 233 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Mai 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1659). Eisenbahnverordnung 47 742.141.1 3 ...234 4 Das BAV kann schon vor Inkrafttreten entsprechender internationaler Abkommen Konformitätsbescheinigungen nach Artikel 15k von ausländischen Konformitätsbe- wertungsstellen anerkennen. 5 Bescheinigungen der Konformität mit notifizierten Vorschriften nach Artikel 15l können bis zum 31. Dezember 2015 auch durch nicht anerkannte unabhängige Prüf- stellen erbracht werden. 6 Das BAV kann bis zum 31. Dezember 2015 in begründeten Fällen auf Gesuch hin auf einen Prüfbericht Sachverständiger nach Artikel 15m verzichten und selbst risikoorientiert mit Stichproben den Erstellernachweis überprüfen, sofern es die fachlichen Anforderungen erfüllt und keine anerkannten Sachverständigen konkur- renziert. 7 Es meldet der Europäischen Kommission erstmals bis zum 31. Dezember 2015, welche nationalen Anforderungen in den TSI als Sonderfall berücksichtigt werden sollten oder abweichender nationaler Bestimmungen bedürfen. Art. 83f235 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 19. September 2014: Aufhebung und Anpassung von Bahnübergängen 1 Entspricht ein Bahnübergang nicht den Artikeln 37a–37d in der Fassung vom 19. September 2014, so ist er aufzuheben oder anzupassen. Das Gesuch um Aufhe- bung oder Anpassung ist bis spätestens 31. Dezember 2014 bei der zuständigen Behörde einzureichen. 2 Der Bahnübergang ist innerhalb eines Jahres, nachdem die rechtskräftige Plange- nehmigungsverfügung oder Baubewilligung vorliegt, aufzuheben oder anzupassen. 3 Aufhebungen und Anpassungen, die nach Artikel 1a Absatz 1 VPVE236 genehmi- gungsfrei durchgeführt werden können, sind bis spätestens 31. Dezember 2014 abzuschliessen. 4 An Bahnübergängen mit ungenügenden Sichtverhältnissen müssen unverzüglich alle verhältnismässigen risikoreduzierenden Massnahmen ergriffen werden. Für diese Massnahmen ist kein Gesuch nach Artikel 5 Absatz 2 erforderlich. Art. 83g237 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 18. November 2015 1 Fahrzeuge, die am 1. Januar 1999 in der Schweiz in Betrieb waren, gelten als zugelassen und werden in das Register nach Artikel 5i aufgenommen.238 234 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4961). 235 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 19. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Nov. 2014 (AS 2014 3169). 236 SR 742.142.1 237 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 18. Nov. 2015, Abs. 3 in Kraft seit 1. Jan. 2016, Abs. 1 und 2 seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). 238 Die Berichtigung vom 18. Okt. 2016 betrifft nur den französichen Text (AS 2016 3537). Eisenbahnen 48 742.141.1 2 Bestehende Triebfahrzeuge mit Umrichtern müssen bis zum 31. Dezember 2021 so umgebaut werden, dass sie sich bei einer Frequenz von über 87 Hertz gegenüber dem Bahnstromnetz passiv verhalten. 3 Das BAV baut das Infrastrukturregister nach Artikel 15f bis zum 30. Juni 2017 auf. Die Infrastrukturbetreiberinnen müssen die erforderlichen Angaben bis zum 15. März 2018 eintragen. Art. 83h239 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 6. November 2019 1 Nach bisherigem Recht erteilte oder anerkannte Betriebsbewilligungen behalten ihre Gültigkeit. 2 Solange die Infrastrukturbetreiberin die für den Netzzugang erforderlichen Anga- ben nicht nach Artikel 15f Absatz 2 in das Infrastrukturregister eingetragen hat, muss sie die Kompatibilität der Fahrzeuge mit der zu befahrenden Infrastruktur auf Basis der vom Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verfügung gestellten Daten prüfen. Sie muss die Prüfung unentgeltlich innert zehn Werktagen durchführen und dem Eisen- bahnverkehrsunternehmen mitteilen, welche Fahrzeuge mit der zu befahrenden Infrastruktur kompatibel sind. 3 Bis zum 15. Juni 2020 eingereichte Gesuche um Betriebsbewilligungen für Fahr- zeuge werden auf Antrag nach den bis zum 30. November 2019 geltenden Bestim- mungen beurteilt, sofern dies für die Erteilung einer ausländischen Betriebsbewilli- gung erforderlich ist. 4 Bis zum 15. Juni 2020 eingereichte Gesuche um Sicherheitsbescheinigungen wer- den auf Antrag nach den bis zum 30. November 2019 geltenden Bestimmungen beurteilt, sofern das Eisenbahnunternehmen über eine ausländische Sicherheitsbe- scheinigung verfügt. Art. 83i240 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 12. Juni 2020 Die Anerkennung von Risikobewertungsstellen, die vor dem 1. November 2020 anerkannt wurden, gilt bis zum 31. Juli 2022. Art. 84 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1984 in Kraft. 239 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Dez. 2019 (AS 2019 3571). 240 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnverordnung 49 742.141.1 Anhang 1241 (Art. 18 Abs. 1 und 2 sowie 47 Abs. 2) Lichtraumprofil, Bezugslinie: Begriffe und Anordnung der Sicherheitsräume Legende: 1 Raum für Fahrzeuge und Ladungen 2 Raum für Stromabnehmer 3 Oberleitungsraum 4 Begrenzung der Fahrzeuge bzw. Ladungen und des Stromabnehmers 5 Kinematischer Raumbedarf, der durch den Fahrzeugbauer zu berücksichtigen ist 6 Bezugslinie 7 Kinematischer Raumbedarf, der durch die Infrastrukturbetreiberin zu berücksichtigen ist bS Breite des Raumes für den Schlupfweg bF Breite des Fensterraums bD Breite des Raumes für den Dienstweg 8 Grenzlinie fester Anlagen 9 Raum für den Schlupfweg 10 Fensterraum 11 Raum für den Dienstweg in der erforderlichen Breite 12 Raum für offene Türen 13 Lichtraumprofil (Grenzlinie fester Anlagen und Sicherheits- räume des Lichtraumprofils) 14 Standfläche 15 Gleismittellinie des Achsensys- tems des Lichtraumprofils be elektrischer Schutzabstand h Höhe der Standfläche 241 Fassung gemäss Ziff. II Abs. 1 der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnen 50 742.141.1 Zusätzliche Räume nach Artikel 18 Absatz 4 sind in dieser Zeichnung nicht berücksichtigt. Eisenbahnverordnung 51 742.141.1 Anhang 2242 242 Eingefügt durch Ziff. II der V vom 25. Nov. 1998 (AS 1999 1083). Aufgehoben durch Ziff. II Abs. 1 der V vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2016 (AS 2015 4961). Eisenbahnen 52 742.141.1 Anhang 3243 (Art. 12b Abs. 1) Streckenbezogene Daten Als streckenbezogene Daten gelten: a. Passagierzahlen; b. Gütertonnagen, Brutto-, Netto- und Netto-Nettotonnagen; c. Gütergruppen; d. Verkehrsart (Wagenladungsverkehr, Kombinierter Verkehr etc.); e. Zugzahlen; f. Zugstypen. 243 Eingefügt durch Ziff. I 5 der V vom 4. Nov. 2009 (erste Phase der Bahnreform 2), in Kraft seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 5959). Eisenbahnverordnung 53 742.141.1 Anhang 4244 (Art. 42 Abs. 1) Elektrische Anlagen Elektrische Anlagen sind feste oder mobile elektrische Anlagen und Anlagenteile von Eisenbahnanlagen oder von Trolleybusanlagen. Sie umfassen: a. Bahnstromerzeugungs- und -umformungsanlagen, insbesondere ganz oder überwiegend dem Eisenbahnbetrieb dienende: 1. Kraftwerke, 2. rotierende Umformer und statische Umrichter, 3. Kompensationsanlagen, 4. Energiespeicher; b. Bahnstromverteilungsanlagen, insbesondere ganz oder überwiegend dem Ei- senbahnbetrieb dienende Anlagen und Anlagenteile zwischen den Bahnstro- merzeugungs- und -umformungsanlagen und den Fahrleitungsanlagen wie: 1. Unterwerke sowie Unterwerk-Schaltposten, 2. Transformatorenstationen, 3. Gleichrichterstationen, 4. Kabel- und Freileitungen samt Tragwerken, mit Ausnahme der Fahrlei- tungsanlagen; c. Fahrleitungsanlagen, insbesondere: 1. die Fahrleitung, 2. Speise-, Hilfs- und Umgehungsleitungen, soweit sie der Bahnstromver- sorgung dienen, 3. Gründungen, Tragwerke und alle anderen Komponenten, die der Halte- rung, Seitenführung, Abspannung oder Isolierung der Leiter dienen, 4. Schalter, einschliesslich integrierter Überwachungs- und Schutzeinrich- tungen, die an den Tragwerken befestigt sind, 5. Fahrleitungs-Schaltposten, 6. Übertragungsleitungen, deren Rückstrompfad die Bahnrückstromanlage ist; d. Bahnrückstrom- und Erdungsanlagen, insbesondere: 1. die Gesamtheit der Bahnrückstromleiter, 2. ganz oder überwiegend dem Eisenbahnbetrieb dienende Erder und die Verbindungen derselben zu leitfähigen Teilen; 244 Eingefügt durch Ziff. II der V vom 16. Nov. 2011 (AS 2011 6233). Bereinigt gemäss Ziff. II Abs. 1 der V vom 29. Mai 2013 (AS 2013 1659), Ziff. II Abs. 2 der V vom 18. Nov. 2015 (AS 2015 4961) und vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnen 54 742.141.1 e. übrige bahnspezifische elektrische Anlagen, das heisst weitere elektrische Anlagen und Anlagenteile, die sich ausserhalb der Fahrzeuge befinden und aufgrund besonderer technischer oder betrieblicher Verhältnisse nach den Anforderungen für Eisenbahnanlagen erstellt oder betrieben werden müssen, um einen vorschriftsgemässen Eisenbahnbetrieb zu erlauben und für diesen den grösstmöglichen Nutzen zu erzielen, insbesondere: 1. Anlagen, die ganz oder überwiegend Bahnstrom führen, 2. elektrische Teile der Weichenheizungen, die mit Bahnstrom- oder aus dem allgemeinen Landesnetz versorgt werden, 3. Anlagen zur Einspeisung stehender Schienen- oder Trolleybusfahr- zeuge, 4. Sicherungsanlagen und Telematikanwendungen (einschliesslich Anla- gen zur Steuerung und Überwachung von Bahnübergängen) und deren Stromversorgungsanlagen, soweit sie Teil der Infrastruktur sind, 5. Personenwarnsysteme im Gleisbereich und deren Stromversorgungsan- lagen, 6. Stromversorgungen allgemeiner Art ab dem Bahnstromsystem (zwi- schen Bahnstromerzeugungsanlage und Niederspannungs-Leistungs- schalter); f. Schutztechnik und Leittechnikanlagen: 1. Schutztechnik umfasst insbesondere die Gesamtheit der Einrichtungen und Massnahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anderen anorma- len Betriebszuständen in einem Elektrizitätsnetz der Eisenbahn, welche die Fehlerbeseitigung, die Beseitigung der anormalen Zustände und die Signalisierung oder Anzeige bewirken. 2. Leittechnikanlagen umfassen im Zusammenhang mit dem Bahnstrom- versorgungsnetz insbesondere die ganz oder überwiegend dem Eisen- bahnbetrieb dienende Netzleittechnik und die örtlichen Leitsysteme. Sie schliessen die zugehörige Datenfernübertragung ein. Eisenbahnverordnung 55 742.141.1 Anhang 5245 (Art. 15a Abs. 1) Nicht interoperable normalspurige Strecken Renens VD–Lausanne Flon Fleurier–St-Sulpice Worblaufen–Zollikofen Luzern–Horw Emmenbrücke-Hübeli (Abzw)–Hochdorf Hochdorf–Beinwil am See Beinwil am See–Lenzburg Zürich-Giesshübel (Abzw)–Uetliberg Etzwilen–Ramsen–Grenze (-Singen) Chur–Domat/Ems Rorschach–Heiden Arth-Goldau–Rigi–Vitznau Niederbipp–Oberbipp Wohlen–Villmergen 245 Eingefügt durch Ziff. II Abs. 2 der V vom 29. Mai 2013 (AS 2013 1659). Fassung gemäss Ziff. II Abs. 1 der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnen 56 742.141.1 Anhang 6246 (Art. 15a Abs. 2) Interoperables Hauptnetz Lausanne–Vevey Vevey–Les Paluds (Abzw)–St-Maurice St-Maurice–Martigny Martigny–Sierre–St. German (Abzw) St. German (Abzw)–Visp–Brig Brig–Grenze–Iselle (–Domodossola) Genève-Aéroport–St-Jean (Abzw) St-Jean (Abzw)-Genève St-Jean (Abzw)–Jonction (Abzw)–Chêne-Bougeries (Grenze) Genève–Châtelaine (Abzw)–La Plaine-Front. (–Bellegarde) Châtelaine (Abzw)–Jonction (Abzw) Genève–Genève-Eaux-Vives–Chêne-Bougeries (Grenze) Genève–Morges–Lonay-Préverenges Lonay-Préverenges–Denges-Echandens Denges-Echandens–Renens VD Renens VD–Lausanne Lonay-Préverenges–Lausanne-Triage Lausanne-Triage–Renens VD Lausanne-Triage–Bussigny Daillens (Abzw)–Le Day Le Day–Vallorbe Vallorbe–Front. (–Frasne) Denges-Echandens–Lécheires (Abzw) Lécheires (Abzw)–Bussigny Renens VD–Lausanne Sébeillon–Lausanne Renens VD–Bussigny Bussigny–Cossonay–Daillens (Abzw) Daillens (Abzw)–Chavornay 246 Eingefügt durch Ziff. II Abs. 2 der V vom 29. Mai 2013 (AS 2013 1659). Fassung gemäss Ziff. II Abs. 1 der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnverordnung 57 742.141.1 Chavornay–Yverdon Yverdon–Auvernier Auvernier–Neuchâtel-Vauseyon Neuchâtel-Vauseyon–Neuchâtel Neuchâtel–Cornaux–Biel/Bienne Basel SBB–Ruchfeld (Abzw) Lausanne–Puidoux Puidoux–Palézieux Palézieux–Romont Romont–Fribourg/Freiburg Fribourg/Freiburg–Flamatt Flamatt–Bern Weyermannshaus–Bern Biel/Bienne–Biel/Bienne RB Biel/Bienne RB–Biel Mett (Abzw) Bern–Bern Wylerfeld–Wankdorf (Abzw)–Ostermundigen Ostermundigen–Gümligen Gümligen–Thun Löchligut (Abzw)–Wankdorf (Abzw)–Ostermundigen Spiez–Wengi-Ey (Abzw) Wengi-Ey (Abzw)–Frutigen Frutigen–Lötschberg-Tunnel–Brig Wengi-Ey (Abzw)–Frutigen Nordportal (Abzw) Frutigen Nordportal (Abzw)–Lötschberg-Basistunnel–St. German (Abzw) Frutigen–Frutigen Nordportal (Abzw) Thun–Spiez Biel/Bienne–Biel Mett (Abzw) Biel Mett (Abzw)–Lengnau Lengnau–Solothurn West Solothurn West–Solothurn Solothurn–Niederbipp Niederbipp–Oensingen Oensingen–Olten Solothurn–Ausbaustrecke–Wanzwil (Abzw) Bern–Bern Wylerfeld–Löchligut (Abzw) Eisenbahnen 58 742.141.1 Löchligut (Abzw)–Zollikofen Zollikofen–Mattstetten (Abzw) Mattstetten (Abzw)–Burgdorf Burgdorf–Herzogenbuchsee–Langenthal Langenthal–Rothrist Rothrist–Aarburg-Oftringen–Olten Löchligut (Abzw)–Grauholz-Tunnel–Äspli (Abzw) Äspli (Abzw)–Neubaustrecke–Wanzwil (Abzw) Wanzwil (Abzw)–Rothrist Rothrist–Born-Tunnel–Olten Äspli (Abzw)–Mattstetten (Abzw) Rothrist–Kriegsschleife–Zofingen Basel SBB–Muttenz Muttenz–Pratteln Pratteln–Liestal Liestal–Sissach Sissach–Hauenstein-Basistunnel–Olten Nord (Abzw) Olten Nord (Abzw)–Olten Muttenz–Adler-Tunnel–Liestal Basel SBB RB–Birsfelden Hafen Basel SBB RB–Gellert (Abzw)–Infrastrukturgrenze SBB–Basel Bad Bf Basel Bad Bf–Basel Bad Bf RB W 568 Basel Bad Bf RB W 568–Infrastrukturgrenze HBS–Basel Kleinhüningen Hafen Basel Bad Bf RB W 568–Basel Bad Rbf Staatsgrenze Muttenz–Gellert (Abzw) Pratteln–Basel SBB RB Basel SBB RB–Ruchfeld (Abzw) Basel SBB RB–Basel SBB GB Basel SBB GB–Basel SBB Ruchfeld (Abzw)–Basel GB Olten–Aarburg-Oftringen–Zofingen Zofingen–Sursee Sursee–Hübeli (Abzw)–Emmenbrücke Emmenbrücke–Fluhmühle (Abzw)–Gütsch (Abzw)–Luzern Eisenbahnverordnung 59 742.141.1 Olten Nord (Abzw)–Verbindungslinie–Olten Ost (Abzw)–Dulliken Basel SBB–Basel St. Johann Basel St. Johann–Basel St. Johann Hafen Basel St. Johann–Grenze (–St-Louis) Basel SBB–Gellert (Abzw)–Infrastrukturgrenze SBB–Basel Bad Bf Weil am Rhein Staatsgrenze–Basel Bad Bf Basel Bad Bf–Grenzach Staatsgrenze Basel Bad Bf–Riehen Staatsgrenze Olten–Olten Ost (Abzw)–Dulliken Dulliken–Aarau Däniken Ost–Eppenbergtunnel–Wöschnau Aarau–Rupperswil Rupperswil–Brugg AG Immensee–Arth-Goldau Arth-Goldau–Rynächt Rynächt–Gotthard-Basistunnel–Pollegio Nord Pollegio Nord–Giubiasco Giubiasco–Galleria Mte Ceneri–Taverne-Torricella S. Antonino/Giubiasco ovest–Ceneri-Basistunnel–Vezia (Abzw) Taverne-Torricella–Lugano Lugano–Mendrisio–Balerna Balerna–Chiasso Giubiasco–Cadenazzo Cadenazzo–Ranzo-S. A.–Confine (–Pino-T.–Luino) Taverne-Torricella–Lugano Vedeggio Balerna–Chiasso Sm Rupperswil–Lenzburg Lenzburg–Gexi (Abzw) Gexi (Abzw)–Othmarsingen Othmarsingen–Gruemet (Abzw) Gruemet (Abzw)–Heitersberg-Tunnel–Killwangen-Spreitenbach Gexi (Abzw)–Hendschiken Hendschiken–Wohlen Wohlen–Rotkreuz Eisenbahnen 60 742.141.1 Rotkreuz–Immensee Hendschiken–Othmarsingen Othmarsingen–Lupfig Lupfig–Brugg Süd (Abzw) Brugg Süd (Abzw) –Brugg AG Brugg Nord (Abzw)–Verbindungslinie–Brugg Süd (Abzw) Thalwil–Zimmerberg-Tunnel–Sihlbrugg Sihlbrugg–Albis-Tunnel–Zug Rotkreuz–Fluhmühle (Abzw)–Gütsch (Abzw)–Luzern Arth-Goldau–Zug Pratteln–Stein-Säckingen Stein-Säckingen–Bözberg-Tunnel–Brugg Nord (Abzw) Brugg Nord (Abzw) –Brugg AG Zürich Altstetten–Zürich Herdern–Zürich Vorbahnhof Nord–Zürich HB Würenlos–Killwangen-Spreitenbach Killwangen-Spreitenbach–Rangierbahnhof Limmattal Rangierbahnhof Limmattal–Dietikon Dietikon–Zürich Mülligen–Zürich Altstetten Zürich Altstetten–Hard (Abzw)–Zürich Oerlikon Killwangen-Spreitenbach–Zürich Altstetten Zürich Altstetten–Zürich HB Zürich Altstetten–Zürich Hardbrücke–Zürich HB (Gl. 41-44) Zürich Altstetten–Zürich GB Zürich GB–Zürich Aussersihl (Abzw) Wallisellen–Zürich Oerlikon Zürich Oerlikon–Zürich Wipkingen–Zürich HB Winterthur–Effretikon Effretikon–Hürlistein (Abzw) –Bassersdorf Bassersdorf–Zürich Flughafen–Opfikon (Abzw) Brüttenertunnel (Bassersdorf/Dietlikon – Tössmühle (Winterthur) Opfikon (Abzw)–Zürich Oerlikon Zürich Oerlikon–Hard (Abzw)–Zürich Hardbrücke–Zürich HB Effretikon–Hürlistein (Abzw)–Dietlikon Dietlikon–Wallisellen Eisenbahnverordnung 61 742.141.1 Opfikon (Abzw)–Kloten–Bassersdorf Schaffhausen–Neuhausen Neuhausen–Eglisau Eglisau–Bülach Bülach–Oberglatt Oberglatt–Glattbrugg Glattbrugg–Zürich Oerlikon Zürich Oerlikon–Hard (Abzw)–Zürich Hardbrücke–Zürich HB (Gl. 41-44) Zürich Oerlikon–Weinbergtunnel–Zürich HB (Gl. 31–34 und A-Gruppe) (Durch- messerlinie) Glattbrugg–Opfikon Süd (Abzw)–Zürich Seebach Schaffhausen–Infrastrukturgrenze Gemeinschaftsbahnhof–Thayngen Staatsgrenze St. Margrethen–Grenze (–Lustenau) Winterthur–Winterthur Grüze–Wil Wil–Gossau SG Gossau SG–St. Gallen St. Gallen–St. Gallen St. Fiden St. Gallen St. Fiden–Rorschach Rorschach–St. Margrethen Zürich HB–Zürich Aussersihl (Abzw) Zürich HB (Gl. 31–34 und A-Gruppe)–Kohlendreieckbrücke–Zürich Vorbahnhof– Letzigrabenbrücke–Zürich Altstetten (Durchmesserlinie) Zürich Aussersihl (Abzw)–Zürich Wiedikon Zürich Wiedikon–Thalwil Zürich Aussersihl (Abzw)–Zimmerberg-Basistunnel–Litti Eisenbahnen 62 742.141.1 Anhang 7247 (Art. 15b Abs. 2) Technische Spezifikationen Interoperabilität 1. Verordnung (EU) Nr. 1299/2014 der Kommission vom 18. November 2014 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems «Infrastruktur» des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union, ABl. L 356 vom 12.12.2014, S. 1; geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2019/776 vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 108. 2. Verordnung (EU) Nr. 454/2011 der Kommission vom 5. Mai 2011 über die Technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) zum Teilsystem «Te- lematikanwendungen für den Personenverkehr» des transeuropäischen Ei- senbahnsystems, ABl. L 123 vom 12.5.2011, S. 11; zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2019/775 vom 16.5. 2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 103. 3. Verordnung (EU) 2016/919 der Kommission vom 27. Mai 2016 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität der Teilsysteme «Zugsteue- rung, Zugsicherung und Signalgebung» des Eisenbahnsystems in der Europä- ischen Union, ABl. L 158 vom 15.06.2016, S. 1; geändert durch Durchfüh- rungsverordnung (EU) 2019/776 vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 108. 4. Durchführungsverordnung (EU) 2019/773 der Kommission vom 16. Mai 2019 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsys- tems «Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung» des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2012/757/EU, Fas- sung gemäss ABl. L 139 I vom 27.05.2019, S. 5. 5. Verordnung (EU) Nr. 321/2013 der Kommission vom 13. März 2013 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems «Fahr- zeuge – Güterwagen» des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union und zur Aufhebung der Entscheidung 2006/861/EG der Kommission, ABl. L 104 vom 12.4.2013, S. 1; zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2019/776 vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 108. 6. Verordnung (EU) Nr. 1300/2014 der Kommission vom 18. November 2014 über die technischen Spezifikationen für die Interoperabilität bezüglich der Zugänglichkeit des Eisenbahnsystems der Union für Menschen mit Behin- derung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität, ABl. L 356 vom 12.12.2014, S. 110; geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2019/772 vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 1. 247 Eingefügt durch Ziff. II Abs. 2 der V vom 29. Mai 2013 (AS 2013 1659). Fassung gemäss Ziff. II Abs. 1 der V vom 12. Juni 2020, in Kraft seit 1. Nov. 2020 (AS 2020 2859). Eisenbahnverordnung 63 742.141.1 7. Verordnung (EU) Nr. 1301/2014 der Kommission vom 18. November 2014 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems «Energie» des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union, Abl. L 356 vom 12.12.2014, S. 179; zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2019/776 vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 108. 8. Verordnung (EU) Nr. 1302/2014 der Kommission vom 18. November 2014 über eine technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems «Fahrzeuge — Lokomotiven und Personenwagen» des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union, ABl. L 356 vom 12.12.2014, S. 228; zuletzt geän- dert durch Durchführungsverordnung (EU) 2019/776 vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 108. 9. Verordnung (EU) Nr. 1303/2014 der Kommission vom 18. November 2014 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität bezüglich der «Si- cherheit in Eisenbahntunneln» im Eisenbahnsystem der Europäischen Union, ABl. L 356 vom 12.12.2014, S. 394; zuletzt geändert durch Durchführungs- verordnung (EU) 2019/776 vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 108. 10. Verordnung (EU) Nr. 1304/2014 der Kommission vom 26. November 2014 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems «Fahrzeuge — Lärm» sowie zur Änderung der Entscheidung 2008/232/EG und Aufhebung des Beschlusses 2011/229/EU, ABl. L 356 vom 12.12.2014, S. 421; geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2019/774 vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 89. 11. Verordnung (EU) Nr. 1305/2014 der Kommission vom 11. Dezember 2014 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität zum Teilsystem «Telematikanwendungen für den Güterverkehr» des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 62/2006 der Kommission, ABl. L 356 vom 12.12.2014, S. 438, zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2019/778 vom 16.5.2019, ABl. L 139 I vom 27.5.2019, S. 356. Eisenbahnen 64 742.141.1
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Sachverhalt ab Seite 770 BGE 130 III 769 S. 770 A. Der Nachlassrichter des Bezirks Bülach gewährte der Swisscargo AG am 8. Oktober 2001 die provisorische bzw. am 5. Dezember 2001 die definitive Nachlassstundung und bestätigte am 19. Juni 2002 den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. Die Nachlassliquidatorin Transliq AG wies mit Verfügung Nr. 448 vom 16. Juni 2003 die von der Société d'exploitation AOM AIR LIBERTE (nachfolgend: Gläubigerin) angemeldete Forderung (Nr. 448) von Fr. 684'648'536.40 ab und liess diese in dem am 30. Juni 2003 aufgelegten Kollokationsplan nicht zu. Gegen die Verfügung und den Kollokationsplan erhob die Gläubigerin Beschwerde und verlangte, die Kollokationsverfügung sei aufzuheben und die angemeldete Forderung sei im Kollokationsplan pro memoria vorzumerken. Zur Begründung hielt sie im Wesentlichen fest, dass sie für diese Forderung am 8. November 2001 beim Handelsgericht in Paris eine Klage gegen die Swisscargo AG erhoben habe. Die streitige Forderung bilde bereits Gegenstand eines Prozesses und sei daher im Kollokationsplan gemäss Art. 63 der Verordnung vom 13. Juli 1911 über die Geschäftsführung der Konkursämter (KOV; SR 281.32) lediglich pro memoria vorzumerken. B. Das Bezirksgericht Bülach als untere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen wies die Beschwerde mit Beschluss vom 26. November 2003 ab. Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde wies die von der Gläubigerin erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 7. Juni 2004 ebenfalls ab und setzte die Frist zur Erhebung der Kollokationsklage neu an. C. Die Gläubigerin hat den Beschluss der oberen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 21. Juni 2004 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt, der angefochtene Beschluss und die Kollokationsverfügung seien aufzuheben und die Nachlassliquidatorin sei anzuweisen, die Forderung Nr. 448 im Kollokationsplan pro memoria vorzumerken. Weiter verlangt sie aufschiebende Wirkung und die Neuansetzung der Frist zur Erhebung der Kollokationsklage. Die obere Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung auf Gegenbemerkungen ( Art. 80 OG ) verzichtet. Die Nachlassliquidatorin beantragt die Abweisung der Beschwerde. Mit Präsidialverfügung vom 25. Juni 2004 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen BGE 130 III 769 S. 771 Aus den Erwägungen: 1. Verfügungen der Liquidationsorgane bei der Durchführung des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung können mit Beschwerde angefochten werden (Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Aufl., 2003, § 55 Rz. 27). Die vorliegende Beschwerde richtet sich nicht gegen den Inhalt der Kollokationsverfügung, sondern gegen das Recht der Liquidatorin, eine solche zu treffen. Dies kann ohne weiteres Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sein ( BGE 37 I 571 S. 572; BGE 93 III 84 E. 1 S. 87). Die Beschwerde ist grundsätzlich zulässig. 2. 2.1 Die obere Aufsichtsbehörde hat im Wesentlichen erwogen, dass im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits im Prozess liegende Forderungen nicht - wie in Art. 63 KOV vorgesehen - pro memoria kolloziert werden könnten, wenn der Prozess im Ausland hängig sei. In diesem Fall würde die Anwendung der genannten Bestimmung dazu führen, dass der Prozess am ausländischen Gerichtsstand weiterzuführen sei, was mit dem ausschliesslichen schweizerischen Gerichtsstand für Kollokationsklagen nicht vereinbar sei; ebenso wenig könne Art. 63 KOV einen Einfluss auf die internationale Zuständigkeit haben, wenn man die Kollokationsklage als materiellrechtliche Klage auffasse. Die Prüfung, ob die Forderung im Kollokationsplan zuzulassen sei, sei dem (schweizerischen Kollokations-) Richter vorbehalten, der über die eigene internationale Zuständigkeit zu entscheiden habe. Die obere Aufsichtsbehörde hat gefolgert, dass im Rahmen der Durchführung des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung eine analoge Anwendung von Art. 63 KOV für Prozesse im Ausland entfalle und sich daher die Frage nach dem massgeblichen Zeitpunkt, in welchem die streitige Forderung im Prozess liegen müsse, erübrige. Sie ist zum Ergebnis gelangt, dass die Liquidatorin eine Kollokationsverfügung über die angemeldete Forderung treffen durfte. 2.2 Die Beschwerdeführerin hält demgegenüber im Wesentlichen fest, dass Art. 63 KOV auch dann gelte, wenn der Prozess über die streitige Forderung im Ausland hängig sei; auch in diesem Fall ersetze dieser Prozess den Kollokationsprozess. Die analoge Anwendung von Art. 63 KOV beim Liquidationsvergleich ergebe, dass der massgebliche Zeitpunkt, in welchem die streitige Forderung BGE 130 III 769 S. 772 bereits Gegenstand eines Prozesses bilde, derjenige der Bestätigung des Nachlassvertrages sei, da die Gewährung der Nachlassstundung - anders als die Konkurseröffnung - der Einleitung von gerichtlichen Schritten gegen den Schuldner nicht entgegenstehe. Folglich sei die streitige Forderung, über die nach Gewährung der Nachlassstundung, aber vor Bestätigung des Nachlassvertrages in Paris ein Prozess eingeleitet worden sei, im Kollokationsplan lediglich pro memoria vorzumerken. 3. 3.1 Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin am 8. November 2001, also nach Gewährung der provisorischen Nachlassstundung (8. Oktober 2001), aber vor Bestätigung des Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung (19. Juni 2002), über die streitige Forderung beim Handelsgericht in Paris Klage gegen die Nachlassschuldnerin erhoben hat. Die Beschwerdeführerin hält zu Recht fest, dass die Liquidatorin zur Feststellung der am Liquidationsergebnis teilnehmenden Gläubiger und ihrer Rangstellung einen Kollokationsplan zu erstellen hat ( Art. 321 Abs. 1 SchKG ). Hiefür gelten nicht allein die gesetzlichen Vorschriften des Konkursverfahrens ( Art. 321 Abs. 2 SchKG mit Verweisung auf Art. 244 bis 251 SchKG), sondern sinngemäss auch die einschlägigen Vorschriften der KOV (vgl. BGE 115 III 144 E. 2 S. 145). Strittig und zu prüfen ist, ob Art. 63 KOV auch gilt, wenn der Prozess - wie hier - im Ausland hängig ist oder ob die Liquidatorin gemäss Art. 245 SchKG über die Anerkennung der Forderung entscheiden darf. 3.2 Gemäss Art. 63 KOV sind streitige Forderungen, welche im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits Gegenstand eines Prozesses bilden, im Kollokationsplan zunächst ohne Verfügung der Konkursverwaltung lediglich pro memoria vorzumerken (Abs. 1). Wird der Prozess weder von der Masse noch von einzelnen Gläubigern nach Art. 260 SchKG fortgeführt, so gilt die Forderung als anerkannt, und die Gläubiger haben kein Recht mehr, ihre Kollokation nach Art. 250 SchKG anzufechten (Abs. 2). Wird der Prozess dagegen fortgeführt, so wird er im Ergebnis zum Kollokationsprozess ( BGE 128 III 291 E. 4c/bb S. 294) und erfolgt je nach dessen Ausgang die Streichung der Forderung oder ihre definitive Kollokation, welche von den Gläubigern ebenfalls nicht mehr angefochten werden kann (Abs. 3). 3.2.1 Das Bundesgericht hat in BGE 93 III 84 E. 3 S. 89 offen gelassen, ob Art. 207 SchKG , wonach Prozesse, in denen der BGE 130 III 769 S. 773 Schuldner Partei ist und die den Bestand der Konkursmasse berühren, bei Konkurseröffnung einzustellen sind, und Art. 63 KOV auf Prozesse im Ausland anwendbar sind. In der Lehre wird die Frage unterschiedlich beantwortet. Nach der einen Ansicht sind Art. 207 SchKG und Art. 63 KOV auch auf Prozesse im Ausland anwendbar, andernfalls ergäbe sich eine unnötige Wiederholung von Prozessen (Fritzsche/Walder, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. II, S. 301, § 49 Rz. 15 Anm. 28). Nach anderer Auffassung sind die beiden auf den Prozess zugeschnittenen Vorschriften gemäss dem Territorialitätsprinzip auf das Gebiet der Schweiz beschränkt und liegt es allein in der Macht des ausländischen Richters, ob er den schweizerischen Konkurs beachten und seinen Prozess sistieren will (Hierholzer, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 76 zu Art. 247 SchKG ). Für Gilliéron ist Art. 207 SchKG auf Prozesse im Ausland nicht direkt anwendbar und die Anwendung von Art. 63 KOV davon abhängig, ob der ausländische Staat die mögliche Fortführung des Prozesses durch die Masse oder Abtretungsgläubiger anerkenne (Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 16 zu Art. 207 SchKG ). Nach Ansicht von Sprecher dient Art. 63 KOV einzig der Prozessökonomie und ist diese Bestimmung losgelöst von einer allfälligen Anwendbarkeit von Art. 207 SchKG anzuwenden, sofern der ausländische Prozess in der Schweiz anerkennungsfähig ist (Schweizerischer Konkurs und ausländischer Prozess, in: Spühler [Hrsg.], Internationales Zivilprozess- und Verfahrensrecht III, Zürich 2003, S. 32, mit Hinweis auf BGE 112 III 36 E. 3a S. 39). 3.2.2 In der Lehre wird zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsprechung für die in BGE 93 III 84 erhobene Frage keine einschlägige Antwort bietet (GILLIÉRON, a.a.O.; HIERHOLZER, a.a.O., N. 76 zu Art. 247 SchKG ). In BGE 112 III 36 (E. 3a S. 39) wurde Art. 63 KOV zwar auf einen in Düsseldorf/Deutschland hängigen Prozess angewendet. Indessen findet sich im Urteil keine Antwort, weshalb Art. 207 SchKG und Art. 63 KOV auf Prozesse im Ausland anwendbar sein sollen, so dass die Frage an dieser Stelle zu prüfen ist. 3.2.3 Es trifft zu, dass Art. 63 KOV lediglich von Forderungen spricht, welche "Gegenstand eines Prozesses bilden", ohne dass territoriale oder andere Einschränkungen gemacht werden, und es Zweck dieser Bestimmung ist, "um des Gewinnes an Zeit und Geld BGE 130 III 769 S. 774 Willen den Konkursgläubigern zu ersparen, im Anschluss an die Auflegung des Kollokationsplanes einen bereits teilweise instruierten Prozess von neuem anzufangen" ( BGE 54 III 162 S. 164; BGE 113 III 132 E. 4b S. 133; betreffend das Sühneverfahren vor Konkurseröffnung). Allein Art. 63 KOV hat seine gesetzliche Grundlage in Art. 207 SchKG ( BGE 88 III 42 E. 1 S. 44; vgl. BGE 37 I 571 S. 572; BGE 83 III 75 S. 76 f.; BGE 118 III 40 E. 5a S. 42; Amonn/Walther, a.a.O., § 46 Rz. 14). Diese Bestimmung trifft mit Bezug auf Prozesse, die bereits bei der Konkurseröffnung hängig sind, eine besondere Ordnung: Weil der Gemeinschuldner mit der Konkurseröffnung jede Verfügungsgewalt über sein Vermögen verliert, können auch keine Klagen, die sich auf die im Konkurs zu tilgenden Passiven beziehen, gegen ihn angehoben ( BGE 54 III 263 S. 265; BGE 118 III 40 E. 4 S. 41) bzw. weitergeführt werden, weshalb hängige Prozesse, in denen der Schuldner Partei ist und die den Bestand der Konkursmasse berühren, bei Konkurseröffnung einzustellen sind. Daraus ergibt sich eine Einschränkung der Normen betreffend die Kollokation dahingehend, dass über Konkursforderungen, die Gegenstand eines solchen Prozesses bilden, keine Kollokationsverfügung zu treffen und kein Kollokationsverfahren durchzuführen ist ( BGE 88 III 42 E. 1 S. 45). Die in diesem Sinn in Art. 63 KOV getroffene Regelung beruht daher auf Art. 207 SchKG . Die Einstellung der Prozesse von Gesetzes wegen wirkt nur gegenüber Richtern und Behörden im Inland. Ist aber der französische Richter (mangels anderslautender staatsvertraglicher Regeln) nicht verpflichtet, den schweizerischen Konkurs zu beachten und den Prozess gemäss Art. 207 SchKG zu sistieren, besteht keine gesetzliche Grundlage, die hoheitliche Kompetenz der schweizerischen Konkursverwaltung ( Art. 245 SchKG ) zu beschneiden und ihre Kollokationsverfügung der Anfechtung durch eine Klage gemäss Art. 250 SchKG zu entziehen. Da sich Art. 207 SchKG nur auf Prozesse im Inland bezieht (Blumenstein, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, S. 703 f. Anm. 32), gilt dies auch für Art. 63 KOV . Im Übrigen werden in der Schweiz hängige Prozesse gegen eine im Ausland in Konkurs gefallene juristische Person aufgrund des Territorialitätsprinzips ebenfalls nicht eingestellt (Wohlfart, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 13 zu Art. 207 SchKG ). Da die Anwendbarkeit von Art. 207 SchKG Voraussetzung für das Vorgehen nach Art. 63 KOV ist, kann schliesslich nicht entscheidend sein, ob der BGE 130 III 769 S. 775 ausländische Staat die Fortführung des Prozesses durch die Masse oder Abtretungsgläubiger anerkennt. Folglich hat die Konkursverwaltung eine angemeldete Forderung ohne Rücksicht auf den im Zeitpunkt der Konkurseröffnung hängigen Prozess im Ausland zu erwahren (HIERHOLZER, a.a.O., N. 34 zu Art. 247 SchKG ). 3.3 Nach dem Dargelegten ergibt sich, dass Art. 63 KOV bei Prozessen im Ausland nicht anwendbar ist. Damit fällt ausser Betracht, diese Bestimmung analog im Rahmen der Durchführung des Liquidationsvergleichs anzuwenden. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, wenn die obere Aufsichtsbehörde im vorliegenden Fall zum Ergebnis gelangt ist, dass die Liquidatorin gestützt auf Art. 245 i.V.m. Art. 321 Abs. 2 SchKG über die Anerkennung der von der Beschwerdeführerin angemeldeten Forderung entscheiden durfte. Die Beschwerde ist demnach abzuweisen. Es erübrigt sich, darüber zu befinden, zu welchem Zeitpunkt bei Anwendbarkeit von Art. 63 KOV im Nachlassverfahren eine streitige Forderung Gegenstand eines Prozesses bilden muss, damit sie im Kollokationsplan lediglich pro memoria vorzumerken ist.
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Erwägungen ab Seite 159 BGE 128 III 159 S. 159 Aus den Erwägungen: 3. b) Beim Konkubinatsverhältnis darf der Beitrag, der zulasten des Lebenspartners an die Kosten des gemeinsamen Haushaltes berücksichtigt wird, deren Hälfte nicht übersteigen, da sich sonst die Gläubiger aus dem Gut einer anderen Person befriedigen könnten, ohne dass der Schuldner dieser gegenüber einen Anspruch auf Unterhalt hat ( BGE 109 III 101 E. 2 S. 102; vgl. VONDER MÜHLL, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 24 zu Art. 93 SchKG ; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 115 zu Art. 93 SchKG ). Vorliegend hat das Betreibungsamt bei der Ermittlung der pfändbaren Lohnquote des Beschwerdeführers nicht einen (höchstens) hälftigen Anteil am gemeinsamen Grundnotbedarf und an der Miete berücksichtigt, sondern auch auf das Einkommen und Existenzminimum der Konkubinatspartnerin abgestellt und das Existenzminimum des Beschwerdeführers im Verhältnis seines Nettoeinkommens zu demjenigen der Konkubinatspartnerin verringert. Wenn die Aufsichtsbehörde zur Auffassung gelangt ist, das Betreibungsamt habe eine proportionale Aufteilung des Existenzminimums des Konkubinatspaares vornehmen dürfen, sind in Ausübung des in Art. 93 SchKG eingeräumten Ermessens zu Unrecht wesentliche Kriterien übergangen bzw. unwesentliche beachtet worden; dies stellt eine Verletzung von Bundesrecht dar ( Art. 19 Abs. 1 SchKG ).
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Erwägungen ab Seite 170 BGE 124 III 170 S. 170 Aus den Erwägungen: 3. Gemäss Art. 91 Abs. 5 SchKG sind Behörden in den Fällen, wo beim Schuldner eine Pfändung vollzogen wird, im gleichen Umfang auskunftspflichtig wie der Schuldner. BGE 124 III 170 S. 171 a) Diese uneingeschränkte Auskunftspflicht von Behörden, welche - wie jene von Dritten gemäss Art. 91 Abs. 4 SchKG - mit der Revision vom 16. Dezember 1994 Eingang im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs gefunden hat, war im Vernehmlassungsverfahren zum Teil heftig kritisiert worden (BBl 1991 III 75). Sie gab jedoch in der parlamentarischen Beratung keinen Anlass mehr zur Kritik; vielmehr wurde den Art. 89-91 SchKG , auf Antrag der Kommissionen, in beiden Räten diskussionslos zugestimmt (AB 1993 N 22, 1993 S 648). Man kann deshalb davon ausgehen, dass der Gesetzgeber unterschiedslos alle Behörden vor Augen hatte, als er die Auskunftspflicht verankerte, und dass er - in Kenntnis der vorausgegangenen Kontroverse wie auch in Kenntnis der bereits bestehenden Vorschriften insbesondere des Sozialversicherungsrechts zur Schweigepflicht ( Art. 50 AHVG [SR 831.10], Art. 209bis AHVV [SR 831.101], Art. 97 AVIG [SR 837.0], Art. 125 AVIV [SR 837.02] - die im Bereich der Sozialversicherung tätigen Ämter von der Auskunftspflicht gegenüber Betreibungsämtern nicht ganz oder teilweise ausgeschlossen wissen wollte. b) Der Widerstand, welcher jetzt von den Sozialversicherungsanstalten den um Auskunft ersuchenden Betreibungsämtern entgegengesetzt wird, scheint sich nicht zuletzt aus dem erwähnten Gutachten des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten vom 9. April 1997 zu nähren. Obwohl jenes Gutachten die Normenkollision zwischen dem Arbeitslosenversicherungsgesetz und der dazugehörigen Verordnung zum Gegenstand hat, während in dem vom Betreibungsamt Zürich 4 vorgelegten Fall die Alters- und Hinterlassenenversicherung im Vordergrund steht, drängt sich daher eine Auseinandersetzung mit den Argumenten des Datenschutzbeauftragten auf: Mit seinem Rechtsstandpunkt, dass Art. 91 Abs. 5 SchKG eine generelle Norm sei, welche den vom Datenschutzrecht bei der Bekanntgabe von besonders schützenswerten Personendaten und Persönlichkeitsprofilen gestellten Anforderungen an die Normdichte nicht genüge, scheint der Datenschutzbeauftragte zu übersehen, dass die Vorschrift nur im Rahmen des Pfändungsvollzugs zur Anwendung gelangt - womit Zweck und Umfang der Bearbeitung präzisiert sind, wie dies der Datenschutzbeauftragte verlangt - und dass sich deshalb die von einer Sozialversicherungsanstalt verlangte Auskunft in aller Regel auf die Höhe der Leistungen beschränkt, welche von der Sozialversicherung an den Schuldner ausbezahlt werden. Die Tatsache des Leistungsbezugs an sich, die man allenfalls als besonders schützenswert im Sinne von Art. 17 Abs. 2 des BGE 124 III 170 S. 172 Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) betrachten mag, ist dem um Auskunft ersuchenden Betreibungsamt bereits bekannt. Insoweit vermag daher der Datenschutz gar nichts mehr auszurichten. Leistungen der Sozialversicherung sind in aller Regel keine Massnahmen der sozialen Hilfe (MAURER/VOGT, Kommentar zum schweizerischen Datenschutzgesetz, N. 16 zu Art. 3 DSG ), welche einer so rigorosen Schweigepflicht rufen, wie sie der Datenschutzbeauftragte gestützt auf Art. 97 AVIG und Art. 125 AVIV für die Leistungen der Arbeitslosenversicherung fordert. Umso weniger ist es der bei der Alters- und Hinterlassenenversicherung versicherte Lohn, über den im vorliegenden Fall das Betreibungsamt Auskunft haben wollte. Nicht zu überzeugen vermag schliesslich auch das Argument, die Gesetzgebung zur Arbeitslosenversicherung - und zu der im vorliegenden Fall betroffenen Alters- und Hinterlassenenversicherung - sei lex specialis gegenüber Art. 91 Abs. 5 SchKG . Man könnte genausogut die umgekehrte Auffassung vertreten (vgl. dazu Häfelin/Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Auflage Zürich 1993, Rz. 179, die erkannt haben, dass die Feststellung in welchem Verhältnis zwei Rechtsnormen zueinander stehen, oft nicht nur eine rein logisch feststellbare Beziehung betrifft, sondern bereits Ausdruck einer Wertung ist). 4. a) Nachdrücklich ist nun aber auf Art. 19 Abs. 1 lit. a DSG hinzuweisen, wonach Bundesorgane Personendaten nicht nur bekanntgeben dürfen, wenn dafür Rechtsgrundlagen im Sinne von Art. 17 DSG bestehen, sondern auch, wenn die Daten für den Empfänger im Einzelfall zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe unentbehrlich sind. Es liegt auf der Hand, dass der Betreibungsbeamte, der zum Vollzug einer Pfändung schreitet, eine gesetzliche Aufgabe erfüllt. Er muss die tatsächlichen Verhältnisse, die zur Ermittlung des pfändbaren Erwerbseinkommens nötig sind, von Amtes wegen abklären ( BGE 119 III 70 E. 1; BGE 112 III 19 E. 2d, 79 E. 2, mit weiteren Hinweisen). Nicht verweigert werden kann die Auskunft mit dem Argument, die Leistung der Sozialversicherung sei unpfändbar, wie dies insbesondere hinsichtlich der Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung und der Invalidenversicherung zutrifft ( Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG ). Zur Bestimmung der pfändbaren Quote ist vom Gesamteinkommen des Schuldners auszugehen; und das sind sowohl die BGE 124 III 170 S. 173 Einkünfte, die nach Art. 92 SchKG gänzlich unpfändbar sind, als auch diejenigen, die nach Art. 93 SchKG beschränkt pfändbar sind (AMONN/GASSER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Auflage Bern 1997, § 23 N. 53; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillites et concordat, 3. Auflage Lausanne 1993, S. 186, II. A). - Siehe auch unten E. 5b. b) Vergeblich setzt die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich Art. 19 Abs. 1 DSG die Bestimmung von Art. 19 Abs. 4 lit. b DSG entgegen, wonach das Bundesorgan die Bekanntgabe von Personendaten ablehnt, einschränkt oder sie mit Auflagen verbindet, wenn gesetzliche Geheimhaltungspflichten oder besondere Datenschutzvorschriften es verlangen. Schon unter altem Recht ist - hinsichtlich des Bankgeheimnisses - festgestellt worden, dass Auskunft nicht unter Berufung auf die Schweigepflicht verweigert werden kann, wenn der Schuldner selber zur Auskunft gegenüber dem Betreibungsamt verpflichtet ist ( BGE 109 III 22 E. 1; BGE 104 III 42 E. 4c S. 50; BGE 103 III 91 E. 1, mit weiteren Hinweisen). Für die Literatur zum revidierten Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs besteht kein Zweifel, dass sich Dritte nicht hinter einem Berufsgeheimnis verschanzen können und dass auch im Bereich der Sozialversicherung tätige Ämter zur Auskunft gegenüber dem Betreibungsamt verpflichtet sind (AMONN/GASSER, a.a.O., § 22 N. 35f.; PAUL ANGST, Das revidierte Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz [SchKG], in: Schriftenreihe SAV, Band 13, Bern 1995, S. 26; GUIDO NÜNLIST, Wegleitung zum neuen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht [SchKG), 4. Auflage Bern/Stuttgart/Wien 1997, S. 67). c) Wie die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich in ihrer Vernehmlassung selber erklärt, hätte die von ihr verlangte Auskunft auch beim Arbeitgeber oder beim Steueramt eingeholt werden können. Somit hätte die Sozialversicherungsanstalt - wenn man ihrer Argumentation folgte - Auskunft über Personendaten verweigert, die sich andernorts dem Datenschutz entziehen. Der Arbeitgeber ist im vorliegenden Fall offenbar deshalb nicht um Auskunft angegangen worden, weil wirtschaftliche Identität des Arbeitgebers mit dem Schuldner besteht, dessen Angaben das Betreibungsamt Zürich 4 misstraut. d) Schliesslich ist auch noch zu bedenken, dass die pfändbaren Einkünfte des Schuldners nach Ermessen des Betreibungsamtes festgesetzt werden, wenn weder er noch die angefragte Sozialversicherungsanstalt Auskunft erteilt. Dem Schuldner, der die Einkommenspfändung BGE 124 III 170 S. 174 als zu hoch betrachtet, steht zwar der Beschwerdeweg gemäss Art. 17 ff. SchKG offen; aber er riskiert zu straucheln, weil ihm von den Aufsichtsbehörden eine Verletzung der Mitwirkungspflicht ( Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG ) entgegengehalten wird. Überdies kann der Schuldner wegen Auskunftsverweigerung mit den Verfahrenskosten oder gar einer Busse belegt werden (Art. 20a Abs. 1 zweiter Satz SchKG; BGE 120 III 103 ). Im Bereich des Sozialversicherungsrechts tätige Ämter, welche die Auskunft gegenüber dem Betreibungsamt verweigern, handeln also damit keineswegs im Interesse des Schuldners. 5. a) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass Art. 91 Abs. 5 SchKG nicht nur das Betreibungsamt ermächtigt, bei eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Behörden die Auskünfte einzuholen, welcher es für den Pfändungsvollzug bedarf; vielmehr leitet sich unmittelbar aus dieser Norm auch die Pflicht der Behörden - insbesondere auch der im Bereich des Sozialversicherungsrechts tätigen Ämter - ab, dem Betreibungsamt Auskunft zu erteilen. Es ist daher nicht erforderlich, dass zur Erlangung der Auskunft noch ein zusätzlicher Verwaltungsweg durchschritten und am Ende gar Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben wird. Das Betreibungsamt Zürich 4 befürchtet nicht unbegründetermassen, dass widerborstige Schuldner aus einer solchen arbeits- und zeitaufwendigen Auseinandersetzung des Betreibungsamtes mit den Verwaltungsbehörden Nutzen ziehen würden. b) Was den Umfang der Auskunft anbetrifft, ist daran zu erinnern, dass bei der Berechnung des Notbedarfs des Schuldners und seiner Familie neben dem persönlichen Einkommen des Schuldners auch dasjenige seiner Familienangehörigen gebührend in Rechnung gestellt werden muss ( BGE 116 III 75 E. 2a; BGE 114 III 12 E. 3; AMONN/GASSER, a.a.O., § 23 N. 59; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, N. 67 zu Art. 163 ZGB ). Zu Unrecht hat daher im vorliegenden Fall das Bezirksgericht Zürich die Verfügung des Betreibungsamtes Zürich 4 insoweit aufgehoben, als damit die Bekanntgabe des Lohnes der Ehefrau verlangt wurde. In diesem Punkt ist der Zirkulationsbeschluss der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs aufzuheben. 6. Als unzulässig erweist sich die Verfügung des Betreibungsamtes Zürich 4 einzig insoweit, als damit gegenüber der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich die Verzeigung beim Polizeirichteramt der Stadt Zürich angedroht wurde. Sowohl aus der systematischen BGE 124 III 170 S. 175 Auslegung von Art. 91 Abs. 4 und 5 SchKG als auch aus dem Wortlaut von Art. 91 Abs. 5 SchKG und Art. 324 Ziff. 5 StGB ergibt sich, dass die Straffolge der letzteren Bestimmung nur Dritte treffen kann. Ja eine solche Strafandrohung, welche den Aufgabenbereich eines Amtes oder eines Beamten betrifft, ist ganz allgemein unzulässig; denn im öffentlichrechtlichen Verhältnis bestehen ausreichende disziplinarische Zwangsmittel, um unbotmässigem Handeln zu begegnen (unveröffentlichter Entscheid des Kassationshofes vom 10. Dezember 1996, 6S.400/1996; PETER STADLER, Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen [ Art. 292 StGB ], Zürcher Diss. 1990, S. 75). Von diesem Punkt abgesehen, ist - wie sich aus den Erwägungen dieses Urteils ergibt - die Verfügung des Betreibungsamtes Zürich 4 vom 2. April 1997 bundesrechtskonform.
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742.161 1 Verordnung über die Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen (VSZV) vom 17. Dezember 2014 (Stand am 1. Februar 2015) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf die Artikel 15a Absätze 1 und 5, 15b Absatz 6, 15c und 95 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 19571 (EBG), auf Artikel 12 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 19902 über die Anschlussgleise, auf Artikel 5 Absatz 2 des Seeschifffahrtsgesetzes vom 23. September 19533 und auf die Artikel 25 Absätze 1 und 5, 26 Absatz 6 und 26a Absatz 1 des Luftfahrtgesetzes vom 21. Dezember 19484 (LFG), in Ausführung der Verordnung (EU) Nr. 996/20105 in der für die Schweiz gemäss Ziffer 3 des Anhangs zum Abkommen vom 21. Juni 19996 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr jeweils verbindlichen Fassung und der Richtlinie 2004/49/EG7 in der für die Schweiz gemäss Anhang 1 zum Abkommen vom 21. Juni 19998 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse jeweils verbindlichen Fassung, verordnet: AS 2015 215 1 SR 742.101 2 SR 742.141.5 3 SR 747.30 4 SR 748.0 5 Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Okt. 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Richtlinie 94/56/EG, ABl. L 295 vom 12.11.2010, S. 35–50. 6 SR 0.748.127.192.68 7 Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheits- bescheinigung (Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit), ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44; zuletzt geändert durch Richtlinie 2009/149/EG, ABl. L 313 vom 28.11.2009, S. 65. 8 SR 0.740.72 742.161 Eisenbahnen 2 742.161 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Gegenstand 1 Diese Verordnung regelt die Meldung und die Untersuchung von Zwischenfällen: a. bei Eisenbahnunternehmen, bei Seilbahn-, Automobil-, Trolleybus- und Schifffahrtsunternehmen mit Bundeskonzession sowie auf Anschlussgleisen (öffentlicher Verkehr); b. in der Zivilluftfahrt im Inland und von schweizerischen Luftfahrzeugen im Ausland; c. in der Seeschifffahrt mit im Schweizerischen Seeschiffsregister eingetra- genen Seeschiffen. 2 Sie regelt die Organisation und die Aufgaben der Schweizerischen Sicherheitsun- tersuchungsstelle (SUST). Art. 2 Zweck und Gegenstand der Untersuchung 1 Die Untersuchung dient der Verhütung von weiteren Zwischenfällen. 2 Untersucht werden die technischen, betrieblichen, menschlichen, organisatorischen und systemischen Ursachen und Umstände, die zum Zwischenfall geführt haben. Art. 3 Zwischenfälle Als Zwischenfälle gelten: a. im öffentlichen Verkehr: Ereignisse nach den Artikeln 15 und 16; b. in der Zivilluftfahrt: Unfälle und Störungen nach Artikel 2 der Verordnung (EU) Nr. 996/2010; c. in der Seeschifffahrt: Ereignisse, die den Flaggenstaat nach Artikel 94 Ziffer 7 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 19829 zu einer Untersuchung verpflichten. Art. 4 Öffentlicher Verkehr: Besondere Begriffe Im Bereich öffentlicher Verkehr bedeuten: a. Unfall: Ereignis, das die tödliche oder schwere Verletzung einer Person, einen erheblichen Sachschaden oder einen Störfall im Sinne der Störfall- verordnung vom 27. Februar 199110 zur Folge hat; b. schwerer Vorfall: Ereignis, das beinahe zu einem Unfall geführt hätte, der nicht durch automatische Sicherheitsvorkehrungen verhindert worden wäre; 9 SR 0.747.305.15 10 SR 814.012 Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen. V 3 742.161 c. tödliche Verletzung: Verletzung, die eine Person aufgrund eines Unfalls erlitten hat und die innert 30 Tagen nach dem Unfall zum Tod führt; d. schwere Verletzung: Verletzung, die eine Person aufgrund eines Unfalls erlitten hat und deren Behandlung einen Krankenhausaufenthalt von mehr als 24 Stunden erfordert; e. leichte Verletzung: Verletzung einer Person, die eine ambulante ärztliche Behandlung erfordert; f. erheblicher Sachschaden: Sachschaden, der die unmittelbare Folge eines Unfalls ist und den Betrag von 50 000 Franken bei Seilbahnen oder von 180 000 Franken bei allen übrigen Verkehrsmitteln übersteigt; g. wesentliche Störung: Störung, die den Betrieb einer Strecke für mindestens sechs Stunden unterbricht; h. aussergewöhnliches Ereignis: Ereignis, das auf ein technisches Versagen von sicherheitsrelevanten Anlagen oder auf mangel- oder fehlerhafte Sicher- heitsmassnahmen oder auf sicherheitsrelevante menschliche Fehlhandlungen zurückzuführen ist; i. Gefahrgutereignis: Ereignis nach Abschnitt 1.8.5 der Ordnung für die inter- nationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID)11, Anhang C zum Übereinkommen vom 9. Mai 198012 über den internationalen Eisenbahnver- kehr (COTIF) in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. Juni 199913; j. Signalfall: Ereignis, bei dem ein Teil eines Zuges oder einer Rangierbewe- gung über den zulässigen Endpunkt der Fahrt hinausfährt. Art. 5 Zivilluftfahrt: Entsprechung von Ausdrücken Für die korrekte Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 996/2010, auf die diese Ver- ordnung verweist, gelten die folgenden Entsprechungen von Ausdrücken: Ausdruck in der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 Ausdruck in dieser Verordnung Abschlussbericht Schlussbericht Schwere Störung Schwerer Vorfall Zeugen Personen, die sachdienliche Auskünfte geben können 11 Das RID wird weder in der AS noch in der SR veröffentlicht. Separatdrucke mit Einschluss der Änderungen können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Verkauf Bundespublikationen, 3003 Bern, oder direkt bei der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF), www.otif.org, bezogen werden. 12 SR 0.742.403.1 13 SR 0.742.403.12 Eisenbahnen 4 742.161 2. Abschnitt: Organisation und Aufgaben der SUST Art. 6 Stellung Die SUST ist eine ausserparlamentarische Kommission nach den Artikeln 57a–57g des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199714. Art. 7 Zusammensetzung Die SUST setzt sich zusammen aus drei bis fünf unabhängigen Fachleuten aus den einschlägigen Bereichen des Verkehrswesens. Art. 8 Untersuchungsdienst Die SUST verfügt über ein Fachsekretariat (Untersuchungsdienst). Art. 9 Unabhängigkeit 1 Die SUST und ihre Mitglieder handeln weisungsungebunden. 2 Die SUST trifft die organisatorischen Vorkehren zur Wahrung ihrer Interessen und zur Verhinderung von Interessenkollisionen. Art. 10 Aufgaben der SUST Die SUST hat folgende Aufgaben: a. Sie untersucht Zwischenfälle im Verkehrswesen. b. Sie organisiert sich selbst und den Untersuchungsdienst, soweit die Organi- sation nicht durch diese Verordnung oder die Einsetzungsverfügung geregelt ist. c. Sie bestimmt die Ziele und die Schwerpunkte ihrer Tätigkeiten. d. Sie stellt die Leitung des Untersuchungsdienstes und dessen übriges Perso- nal an. e. Sie bezeichnet die Meldestelle. f. Sie sorgt dafür, dass die für die Untersuchungen erforderlichen Untersu- chungsleiterinnen und -leiter sowie Fachspezialistinnen und -spezialisten zur Verfügung stehen. g. Sie überwacht den Untersuchungsdienst. h. Sie genehmigt den Schlussbericht (Art. 47). i. Sie entscheidet über Einsprachen gegen im Rahmen der Untersuchung erlas- sene Verfügungen (Art. 15b Abs. 4 EBG, Art. 26 Abs. 4 LFG). j. Sie sorgt für ein wirksames Qualitätssicherungssystem. 14 SR 172.010 Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen. V 5 742.161 k. Sie erstellt für jedes Geschäftsjahr einen Jahresbericht über ihre Tätigkeit, insbesondere über die Zielerreichung, unterbreitet ihn dem Bundesrat zur Kenntnisnahme und veröffentlicht ihn anschliessend. Art. 11 Aufgaben der Leitung des Untersuchungsdienstes Die Leitung des Untersuchungsdienstes hat folgende Aufgaben: a. Sie erarbeitet die Grundlagen für Entscheide der SUST und berichtet ihr regelmässig über die Tätigkeiten des Untersuchungsdienstes, bei besonderen Vorkommnissen ohne Verzug. b. Sie erfüllt alle Aufgaben, die nicht einer anderen Stelle zugewiesen sind. Art. 12 Aufgaben der Meldestelle 1 Die Meldestelle nimmt Meldungen von Zwischenfällen jederzeit entgegen. 2 Sie leitet die Meldungen sofort an den Untersuchungsdienst weiter. Art. 13 Personal des Untersuchungsdienstes Das Personal des Untersuchungsdienstes, einschliesslich der Leitung, untersteht dem Bundespersonalrecht. Art. 14 Amtsgeheimnis 1 Die Mitglieder der SUST und das Personal des Untersuchungsdienstes sowie die externen Sachverständigen wahren das Amtsgeheimnis. 2 Für die Mitglieder der SUST gilt das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation als vorgesetzte Behörde, die für die Entbin- dung vom Amtsgeheimnis zuständig ist (Art. 320 Ziff. 2 des Strafgesetzbuches15). 3. Abschnitt: Meldepflichten Art. 15 Öffentlicher Verkehr: Meldungen an die Meldestelle 1 Die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs melden der Meldestelle unverzüglich: a. Unfälle; b. schwere Vorfälle; c. aussergewöhnliche Ereignisse; d. vermutete oder ausgeführte Sabotage; e. Brände von Fahrzeugen; f. Untergang, Kollisionen und Grundberührungen von Schiffen. 15 SR 311.0 Eisenbahnen 6 742.161 2 Nicht gemeldet werden müssen offensichtliche Selbsttötungen und Selbsttötungs- versuche sowie Zwischenfälle auf öffentlichen Strassen, die auf eine Verletzung der Strassenverkehrsregeln zurückzuführen sind. 3 Eisenbahnverkehrsunternehmen, die an einem Zwischenfall auf dem Netz einer Infrastrukturbetreiberin beteiligt sind, melden diesen Zwischenfall der betroffenen Infrastrukturbetreiberin. Diese leitet die Meldung unverzüglich an die Meldestelle weiter. Art. 16 Öffentlicher Verkehr: Meldungen an das BAV 1 Die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs melden dem Bundesamt für Verkehr (BAV): a. Ereignisse nach Artikel 15 Absatz 1; b. Ereignisse mit leichten Verletzungen; c. Ereignisse mit Sachschaden über 100 000 Franken; d. wesentliche Störungen; e. Gefahrgutereignisse; f. grössere Explosionen und Brände von sicherheitsrelevanten Anlagen; g. Selbsttötungen sowie Selbsttötungsversuche, sofern diese mindestens eine leichte Verletzung zur Folge haben. 2 Überdies sind dem BAV folgende Ereignisse zu melden: a. von den Eisenbahnunternehmen: 1. Entgleisungen bei Zug- oder Rangierfahrten, 2. Zusammenstösse mit anderen Fahrzeugen oder Hindernissen bei Zug- oder Rangierfahrten, 3. Entlaufen von Schienenfahrzeugen, 4. Signalfälle; b. von den Seilbahnunternehmen: 1. Risse und Entgleisungen von Seilen, 2. Abstürze und Entgleisungen von Fahrzeugen, 3. Zusammenstösse mit anderen Fahrzeugen, mit der Infrastruktur oder mit externen Hindernissen, 4. Schäden aufgrund von Profilüberschreitungen, 5. Versagen von Beschleunigungs- oder Verzögerungseinrichtungen beim Ein- und Ausfahren sowie von Bremsen und Klemmvorrichtungen, 6. Abstürze von Personen aus Fahrzeugen. 3 Die Ereignisse müssen innerhalb von 30 Tagen gemeldet werden. Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen. V 7 742.161 Art. 17 Zivilluftfahrt: Meldepflicht 1 Zwischenfälle in der Zivilluftfahrt sind der Meldestelle unverzüglich durch folgen- de beteiligte Personen oder Stellen zu melden: a. die Eigentümerinnen und Eigentümer der Luftfahrzeuge; b. die Halterinnen und Halter der Luftfahrzeuge; c. die Flugbetriebsunternehmen; d. das Luftfahrtpersonal; e. die Organe der Flugsicherung; f. die Flugplatzhalterinnen und -halter; g. die Polizeidienststellen; h. die Zollorgane; i. das Bundesamt für Zivilluftfahrt. 2 Zwischenfälle von Ultraleichtflugzeugen, Hängegleitern, Fallschirmen, Drachen, Drachenfallschirmen und Fesselballonen sind nicht zu melden. Art. 18 Seeschifffahrt: Meldepflicht Das Schweizerische Seeschifffahrtsamt, die Schiffsführung, die schweizerischen Seereedereien sowie die von der Schweiz anerkannten Klassifikationsgesellschaften melden Zwischenfälle nach Artikel 3 Buchstabe c unverzüglich der Meldestelle. Art. 19 Meldung an ausländische Behörden 1 Die SUST meldet Zwischenfälle auf schweizerischem Hoheitsgebiet, an denen ausländische Unternehmen beteiligt sind, den zuständigen Behörden in den Sitz- staaten dieser Unternehmen. 2 Die Meldung darf keine besonders schützenswerten Personendaten nach Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199216 über den Datenschutz enthalten. 4. Abschnitt: Untersuchungsverfahren Art. 20 Untersuchungsgegenstand 1 Die SUST untersucht die Zwischenfälle, für die eine Pflicht zur Meldung an die Meldestelle besteht. 2 Sie untersucht Zwischenfälle im Ausland nur, wenn: a. die Untersuchung über einen Zwischenfall eines schweizerischen Luftfahr- zeuges oder eines in der Schweiz hergestellten Luftfahrzeuges in einem fremden Staat den schweizerischen Behörden überlassen wird; 16 SR 235.1 Eisenbahnen 8 742.161 b. sich der Zwischenfall ausserhalb eines staatlichen Hoheitsgebietes ereignet hat; oder c. sich keine ausländische Untersuchungsbehörde um die Untersuchung küm- mert. 3 Sie untersucht Zwischenfälle mit Luftfahrzeugen, die einer zoll- oder polizeidienst- lichen Verwendung dienten, nur, wenn zu vermuten ist, dass eine Untersuchung wichtige Erkenntnisse zur Verhütung von weiteren Zwischenfällen bringen kann. 4 Sie kann andere Zwischenfälle untersuchen, wenn zu vermuten ist, dass eine Untersuchung wichtige Erkenntnisse zur Verhütung von weiteren Zwischenfällen bringen kann. Art. 21 Einleitung der Untersuchung 1 Der Untersuchungsdienst leitet die Untersuchung ein. 2 Er bestimmt die für die Untersuchungsleitung verantwortliche Person. Er kann dieser Person weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beiordnen oder externe Sachverständige beiziehen. Art. 22 Ausstand 1 Personen, deren Mitwirkung bei der Untersuchung vorgesehen ist, treten in den Ausstand, wenn sie: a. in der Sache ein persönliches Interesse haben; b. bei einem beteiligten Unternehmen angestellt, Mitglied von dessen Lei- tungsorganen oder mit dessen Rechnungsprüfung betraut sind; c. in gerader oder in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert oder durch Ehe, Verlobung oder Kindesannahme verbunden sind mit: 1. einer Eigentümerin, einem Eigentümer, einer Halterin, einem Halter, einer Betreiberin, einem Betreiber eines Verkehrsmittels oder einer Verkehrsinfrastruktur, das oder die am Zwischenfall beteiligt oder davon betroffen ist, 2. einer leitenden Angestellten, einem leitenden Angestellten oder einem Mitglied der Leitungsorgane eines beteiligten Unternehmens, 3. einer am Zwischenfall beteiligten oder davon betroffenen Person, 4. einer anderen am Ausgang des Verfahrens interessierten Person; d. aus anderen Gründen in der Sache befangen sind. 2 Sind sie an einem beteiligten Unternehmen beteiligt, so haben sie dies der Leitung des Untersuchungsdienstes zu melden. 3 Ist der Ausstand streitig, so entscheidet die SUST. Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen. V 9 742.161 Art. 23 Koordination mit Strafverfolgungs- und Administrativbehörden 1 Die Untersuchung erfolgt unabhängig von einem Straf- oder einem Administrativ- verfahren. 2 Die Strafverfolgungs- und die Administrativbehörden sowie die SUST koordinie- ren ihre Tätigkeiten. 3 Sie stellen einander Untersuchungsunterlagen wie Auswertungen und Aufzeich- nungen unentgeltlich zur Verfügung. Art. 24 Verwendung von Auskünften in Strafverfahren Die von einer Person im Rahmen einer Sicherheitsuntersuchung erteilten Auskünfte dürfen in einem Strafverfahren nur mit deren Einverständnis verwendet werden. Art. 25 Zivilluftfahrt: Koordination mit militärischen Instanzen Sind schweizerische Militärluftfahrzeuge an einem Zwischenfall beteiligt, so koor- dinieren die Untersuchungsleitung und die zuständigen militärischen Instanzen ihre Tätigkeiten. Art. 26 Aufnahme von Personalien Die Strafverfolgungsbehörden und die Verantwortlichen der beteiligten Unter- nehmen und gegebenenfalls die Flugplatzleitung halten die Namen und Adressen von Personen fest, die sachdienliche Auskünfte geben könnten. Art. 27 Sicherungsmassnahmen und Bewachungspflicht 1 Der Untersuchungsdienst ordnet die nötigen Sicherungsmassnahmen an, insbeson- dere die Bewachung der Unfallstelle, und entscheidet über die Freigabe der Unfall- stelle. Massnahmen der Strafverfolgungsbehörden bleiben vorbehalten. 2 Die Strafverfolgungsbehörden sowie die für die Sicherungs- und Rettungsarbeiten zuständigen Personen sorgen dafür, dass abgesehen von den zur Sicherung und Rettung notwendigen Arbeiten keine Veränderungen an der Unfallstelle vorgenom- men werden. 3 Leichen dürfen nur mit dem Einverständnis des Untersuchungsdienstes sowie der Strafverfolgungsbehörde geborgen werden. In Fällen von offensichtlicher Selbst- tötung, von denen ausschliesslich Unternehmen des öffentlichen Verkehrs betroffen sind, ist das Einverständnis des Untersuchungsdienstes nicht erforderlich. 4 Veränderungen an der Unfallstelle sind zu dokumentieren. 5 Bildaufzeichnungen, Tonaufzeichnungen, Funktionszustände der Sicherungsein- richtungen und weitere Daten, die der Klärung der Ursachen und Umstände des Zwischenfalls dienen könnten, sind unverzüglich zu sichern. Eisenbahnen 10 742.161 Art. 28 Zutritt zur Unfallstelle 1 Bis der Untersuchungsdienst tätig wird, entscheidet die Strafverfolgungsbehörde, wer Zutritt zur Unfallstelle hat. Danach entscheidet der Untersuchungsdienst im Einvernehmen mit der Strafverfolgungsbehörde. 2 Die für die Sicherungs- und Rettungsarbeiten zuständigen Personen und die Straf- verfolgungsbehörden haben ohne Einschränkung Zutritt. 3 Den Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Bundesbehörden, den bevoll- mächtigten Personen eines fremden Staates sowie weiteren Personen, die ein recht- liches Interesse am Ausgang der Untersuchung glaubhaft machen können, ist der Zutritt zu gewähren, wenn dadurch der Gang der Untersuchung nicht gestört wird. Art. 29 Untersuchungshandlungen 1 Der Untersuchungsdienst nimmt die notwendigen Untersuchungshandlungen vor. Er kann auf Untersuchungshandlungen verzichten, wenn diese in Bezug auf die zu erwartenden Ergebnisse unverhältnismässig hohe Kosten verursachen würden. 2 Er kann externe Sachverständige mit der Bearbeitung von besonderen Fachfragen beauftragen. 3 Er kann von den beteiligten Unternehmen oder den Organen der Flugsicherung elektronische Aufzeichnungen in einer Form verlangen, in der sie ohne besonderen technischen Aufwand lesbar sind. 4 Die Originale der Aufzeichnungen sind aufzubewahren. Sie dürfen erst mit Bewil- ligung des Untersuchungsdienstes und der zuständigen Strafbehörde gelöscht wer- den. Art. 30 Öffentlicher Verkehr: Unterstützungspflichten der Eisenbahnunternehmen 1 Die beteiligten Eisenbahnunternehmen haben, soweit notwendig und möglich, den Transport von Mitgliedern des Untersuchungsdienstes sowie weiteren an der Unter- suchung mitwirkenden Personen von der nächsten erreichbaren Station bis zur Unfallstelle zu organisieren. 2 Sie haben dem Untersuchungsdienst das für die Untersuchungshandlungen an der Unfallstelle unmittelbar notwendige Personal sowie die technischen Hilfsmittel unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. 3 Für nachfolgende Untersuchungen sowie für Versuchsfahrten haben sie die Infra- struktur, das Personal, die technischen Hilfsmittel und die notwendigen Unterlagen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen. V 11 742.161 Art. 31 Vorladung 1 Der Untersuchungsdienst kann Personen vorladen, die sachdienliche Auskünfte geben können. Form und Inhalt der Vorladung richten sich nach Artikel 201 der Strafprozessordnung17 (StPO). 2 Die Vorladung wird mindestens drei Tage vor dem festgelegten Termin zugestellt. Bei der Festlegung des Zeitpunkts wird auf die Abkömmlichkeit der vorzuladenden Personen angemessen Rücksicht genommen. 3 In dringenden Fällen oder mit dem Einverständnis der vorzuladenden Person kann von den Anforderungen an Form und Frist abgewichen werden. Art. 32 Durchsuchungen 1 Der Untersuchungsdienst kann Gegenstände, Aufzeichnungen sowie Häuser, Wohnungen und andere nicht allgemein zugängliche Räume durchsuchen. 2 Er kann eine Durchsuchung nur mit Einwilligung der berechtigten Person vorneh- men; ausgenommen sind Aufzeichnungen. 3 Die Einwilligung der berechtigten Person ist nicht notwendig, wenn Anlass zur Vermutung besteht, dass dem Untersuchungsdienst wesentliche Informationen zur Aufklärung von Zwischenfällen vorenthalten werden. 4 Für die Durchsuchungen gelten die Artikel 245–247 sowie 248 Absätze 1, 2 und 4 StPO18. 5 Über ein Entsiegelungsgesuch des Untersuchungsdienstes entscheidet das Bundes- verwaltungsgericht innerhalb eines Monats. Der Entscheid ist endgültig. Art. 33 Beschlagnahmungen 1 Der Untersuchungsdienst kann Unfallgegenstände, deren Bestandteile und weitere sachdienliche Gegenstände beschlagnahmen. 2 Für die Durchführung der Beschlagnahmungen gelten die Artikel 264 Absätze 1 und 3, 265 Absätze 1, 2 und 4, 266 Absätze 1 und 2 sowie 267 Absätze 5 und 6 StPO19. Art. 34 Medizinische Untersuchungen 1 Der Untersuchungsdienst kann Personen, die beim Führen eines beteiligten Ver- kehrsmittels mitwirkten, medizinisch auf ihren körperlichen oder geistigen Zustand untersuchen lassen. 2 Eingriffe in die körperliche Integrität können angeordnet werden, wenn sie weder besondere Schmerzen bereiten noch die Gesundheit gefährden. 3 Für die Durchführung der Untersuchungen gilt Artikel 252 StPO20. 17 SR 312.0 18 SR 312.0 19 SR 312.0 20 SR 312.0 Eisenbahnen 12 742.161 Art. 35 Autopsien 1 Der Untersuchungsdienst lässt in einem Institut für Rechtsmedizin eine Autopsie vornehmen, wenn bei einem Unfall Personen, die beim Führen eines beteiligten Verkehrsmittels mitwirkten, getötet worden oder als Folge des Unfalls später gestor- ben sind. 2 Er kann die Autopsie von anderen infolge des Unfalls verstorbenen Personen anordnen. 3 Er informiert vorab die zuständige Strafbehörde über die Freigabe der Leiche. Art. 36 Einholen von Gutachten 1 Der Untersuchungsdienst kann Gutachten einholen. 2 Es gelten die Artikel 182, 183 Absatz 1, 184 mit Ausnahme von Absätzen 2 Buch- stabe f und 7, 185 mit Ausnahme der polizeilichen Vorführung in Absatz 4, 187, 189 und 190 StPO21. Art. 37 Seeschifffahrt: Zwangsmassnahmen Die in dieser Verordnung vorgesehenen Zwangsmassnahmen (Art. 31–36) finden in der Seeschifffahrt nur insoweit Anwendung, als für sie eine Grundlage im Seeschiff- fahrtsgesetz vom 23. September 1953 besteht. Art. 38 Freigabe von Unfallgegenständen Über die Freigabe von Unfallgegenständen oder deren Bestandteilen entscheidet der Untersuchungsdienst. Anordnungen der Strafbehörden bleiben vorbehalten. Art. 39 Von interessierten Personen und Stellen vorgeschlagene Untersuchungshandlungen 1 Interessierte Personen und Stellen können dem Untersuchungsdienst vorschlagen, bestimmte Untersuchungshandlungen vorzunehmen. 2 Es besteht kein Anspruch auf bestimmte Untersuchungshandlungen. Art. 40 Recht auf Verweigerung der Aussage Der Untersuchungsdienst macht Personen, die sachdienliche Auskünfte geben kön- nen, auf ihr Recht auf Verweigerung der Aussage aufmerksam. Art. 41 Protokoll 1 Die Anhörungen von Personen, die sachdienliche Auskünfte geben können, wer- den zusammenfassend protokolliert. Die angehörten und die anhörenden Personen unterschreiben die Protokolle. Unterschreibt eine angehörte Person nicht, so ist der Grund dafür im Protokoll anzumerken. 21 SR 312.0 Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen. V 13 742.161 2 Anstelle eines zusammenfassenden Protokolls kann die Anhörung auf Tonträger aufgezeichnet werden. Von der auf Tonträger aufgezeichneten Anhörung wird eine Abschrift erstellt, soweit dies für die Untersuchung notwendig ist. 3 Ort, Datum, Beginn und Ende der Anhörung sind im Protokoll oder auf dem Ton- träger festzuhalten. Art. 42 Aktennotiz 1 Die Untersuchung der Unfallgegenstände, Augenscheine, Massnahmen zur Rekon- struktion des Hergangs des Zwischenfalls, Informationsgespräche und weitere Untersuchungshandlungen werden in Aktennotizen festgehalten. 2 Die Aktennotizen sind mit dem Datum ihrer Erstellung zu versehen und von der Untersuchungsleitung oder der beauftragten Person zu unterzeichnen. Art. 43 Vorbericht 1 Sobald der Hergang eines Zwischenfalls in den wesentlichen Zügen erkennbar ist, erstattet der Untersuchungsdienst einen Vorbericht. Dieser enthält mindestens Angaben über die beteiligten Personen und Verkehrsmittel, den Hergang und die Untersuchungsleitung. 2 Der Vorbericht wird dem beteiligten Personal, den Halterinnen und Haltern, den Eigentümerinnen und Eigentümern sowie den Betreiberinnen und Betreibern der beteiligten Verkehrsmittel, dem zuständigen Departement, dem zuständigen Bun- desamt und der zuständigen Strafverfolgungsbehörde zur Orientierung zugestellt. Für die Nennung von Namen gilt Artikel 54. 3 Die Orientierung der zuständigen ausländischen Behörden und Organisationen richtet sich nach dem internationalen Recht. Art. 44 Zwischenbericht Der Untersuchungsdienst teilt wesentliche Untersuchungsergebnisse, die für die Verhütung von Zwischenfällen von Bedeutung sind und Sofortmassnahmen erfor- dern könnten, dem zuständigen Departement und dem zuständigen Bundesamt in einem Zwischenbericht mit den entsprechenden Empfehlungen unverzüglich mit. Art. 45 Summarische Untersuchung und summarischer Bericht: Allgemeines 1 Der Untersuchungsdienst kann eine Untersuchung abschliessen, wenn aufgrund der ersten Untersuchungshandlungen feststeht, dass weitere Untersuchungshandlungen keine zweckdienlichen Erkenntnisse erbringen. 2 Er kann sich bei der summarischen Untersuchung auf die Befragung der Beteilig- ten und von weiteren betroffenen Personen beschränken. 3 Er erstellt einen summarischen Bericht. Dieser gibt Auskunft über die beteiligten Personen, die beteiligten Verkehrsmittel und den Hergang des Zwischenfalls. 4 Er veröffentlicht den Bericht im Internet. Eisenbahnen 14 742.161 Art. 46 Summarische Untersuchung und summarischer Bericht: Zivilluftfahrt 1 Zwischenfälle von Luftfahrzeugen mit einer höchstzulässigen Abflugmasse von weniger als 2250 kg werden nur summarisch untersucht. 2 Sie werden jedoch vollständig untersucht, wenn: a. jemand eine tödliche oder eine schwere Verletzung erlitten hat; b. anzunehmen ist, dass mangelnde Lufttüchtigkeit, soweit sie sich nicht aus- schliesslich auf das Fahrwerk bezieht, zum Zwischenfall geführt hat; c. es sich um gewerbsmässige Flüge oder Schulungsflüge handelt und das Luftfahrzeug erheblich beschädigt worden ist; d. die vollständige Untersuchung des Zwischenfalls nach Auffassung des Untersuchungsdienstes besonders nützlich ist; e. bei Zwischenfällen ausländischer Luftfahrzeuge die ausländische Unter- suchungsbehörde eine vollständige Untersuchung verlangt. 3 Zwischenfälle von Motorseglern, Segelflugzeugen, Freiballonen und Luftfahrzeu- gen der Sonderkategorie Eigenbau werden nur summarisch untersucht, ausser wenn jemand eine tödliche oder eine schwere Verletzung erlitten hat. Der Untersuchungs- dienst kann die vollständige Untersuchung anordnen, wenn sie nach seiner Auffas- sung für die Unfallverhütung besonders nützlich ist. Art. 47 Schlussbericht 1 Der Untersuchungsdienst fasst die Ergebnisse der Untersuchung in einem Schluss- bericht zusammen. 2 Der Schlussbericht gibt Auskunft über: a. die beteiligten und die betroffenen Personen, Unternehmen, Verkehrsmittel und Verkehrsinfrastrukturen; b. den Hergang des Zwischenfalls sowie dessen Ursachen und Umstände; c. das Ausmass der Personen- und der Sachschäden; d. die Ergebnisse der Untersuchungshandlungen und der Gutachten. 3 Wurden Sicherheitsmängel festgestellt, so enthält der Schlussbericht entsprechende Sicherheitsempfehlungen. 4 Der Untersuchungsdienst stellt den Entwurf des Schlussberichts den von der Untersuchung direkt Betroffenen und an ihr direkt Beteiligten, dem zuständigen Departement und dem zuständigen Bundesamt zur Stellungnahme zu. 5 Stellungnahmen können innert 60 Tagen ab Zustellung des Entwurfs des Schluss- berichts eingereicht werden 6 Er erstellt unter Berücksichtigung der Stellungnahmen den Schlussbericht und unterbreitet ihn der SUST zur Genehmigung. Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen. V 15 742.161 7 Er stellt den Schlussbericht den Personen und Stellen zu, die bereits den Entwurf des Schlussberichts erhalten haben. Art. 48 Sicherheitsempfehlungen 1 Die SUST richtet die Sicherheitsempfehlungen an das zuständige Bundesamt und setzt das zuständige Departement über die Empfehlungen in Kenntnis. Bei dring- lichen Sicherheitsproblemen informiert sie umgehend das zuständige Departement. Sie kann zu den Umsetzungsberichten des Bundesamts zuhanden des zuständigen Departements Stellung nehmen. 2 Die Bundesämter unterrichten die SUST und das zuständige Departement perio- disch über die Umsetzung der Empfehlungen oder über die Gründe, weshalb sie auf Massnahmen verzichten. 3 Das zuständige Departement kann Aufträge zur Umsetzung von Empfehlungen an das zuständige Bundesamt richten. Art. 49 Wiederaufnahme der Untersuchung Werden innerhalb von zehn Jahren nach Genehmigung des Schlussberichts neue wesentliche Tatsachen bekannt, so nimmt der Untersuchungsdienst von sich aus oder auf Antrag die Untersuchung wieder auf. Art. 50 Kosten der Untersuchung 1 Die Untersuchungskosten können den verursachenden Personen auferlegt werden: a. bei vorsätzlichem Handeln: zu 50–75 Prozent; b. bei grobfahrlässigem Handeln: zu 25–50 Prozent. 2 Die Kosten polizeilicher Aufgaben im Zusammenhang mit einem Zwischenfall gelten nicht als Untersuchungskosten, sofern der Untersuchungsdienst diese Aufga- ben nicht ausdrücklich den Polizeiorganen aufgetragen hat. Art. 51 Akteneinsicht 1 Akteneinsicht verlangen können: a. die vom Untersuchungsverfahren direkt Betroffenen; b. das zuständige Bundesamt; c. die kantonalen Strafbehörden; d. die an der Untersuchung beteiligte Personen, die einen fremden Staat reprä- sentieren. 2 Die Akteneinsicht darf beschränkt, verweigert oder aufgeschoben werden, solange das Interesse der Untersuchung nach dieser Verordnung oder einer laufenden ande- ren Untersuchung es erfordert. Eisenbahnen 16 742.161 3 Ist die Untersuchung abgeschlossen, so stellt der Untersuchungsdienst die Akten auf Verlangen den zuständigen Untersuchungs-, Gerichts- und Verwaltungsbehör- den für deren Verfahren zur Verfügung. Art. 52 Fristen 1 Untersuchungen von Zwischenfällen sind innerhalb von 12 Monaten abzuschlies- sen. 2 Für Zwischenfälle mit Grossluftfahrzeugen oder Seeschiffen gilt eine Frist von 18 Monaten. Als Grossluftfahrzeug gilt ein Luftfahrzeug, das eine höchstzulässige Abflugmasse von mindestens 5700 kg aufweist, in der Lufttüchtigkeitskategorie Standard, Unterkategorie Transport eingeteilt ist oder über mehr als zehn Sitzplätze für Fluggäste und Besatzung verfügt. 3 Kann die Frist nicht eingehalten werden, so meldet die Untersuchungsleitung dies der Leitung des Untersuchungsdienstes und begründet die Verzögerung. Die Leitung des Untersuchungsdienstes setzt eine angemessene Nachfrist. 5. Abschnitt: Veröffentlichungen Art. 53 Berichte und Zusammenfassungen der SUST 1 Die SUST veröffentlicht die Vor-, Zwischen- und Schlussberichte. 2 Sie veröffentlicht periodisch, jedoch mindestens einmal jährlich, eine Zusammen- fassung der summarischen Berichte. 3 Sie veröffentlicht mindestens einmal jährlich eine Zusammenfassung der Sicher- heitsempfehlungen. Darin berichtet sie auch über den Stand der Umsetzung. 4 Sie veröffentlicht ihre Berichte und Zusammenfassungen im Internet. 5 Sie stellt ihre Berichte und Zusammenfassungen in den jeweiligen Bereichen von Amtes wegen folgenden Personen und Stellen zu: a. den Unternehmen des öffentlichen Verkehrs sowie den entsprechenden Instandhaltungsbetrieben; b. im Bereich der Zivilluftfahrt: 1. den Flugbetriebsunternehmen, 2. den Flugschulen, 3. den Unterhaltsbetrieben, 4. den Fluglehrerinnen und Fluglehrern, 5. den Organen der Flugsicherung, 6. den Flugplatzleitungen; c. im Bereich der Seeschifffahrt: den schweizerischen Seereedereien; Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen. V 17 742.161 d. weiteren Personen und Organisationen, die sich mit Fragen der Flug- oder Verkehrssicherheit befassen; e. den zuständigen Behörden des Bundes und der Kantone. Art. 54 Datenschutz 1 In den Berichten und Zusammenfassungen der SUST dürfen keine Personen mit Namen genannt werden. 2 Davon ausgenommen sind die Namen der beteiligten Unternehmen, Flugschulen, Unterhalts- und Instandhaltungsbetriebe sowie der Herstellerinnen der beteiligten Verkehrsmittel und ihrer Bestandteile, der Sicherungsanlagen sowie der Infrastruk- turen und ihrer Bestandteile Art. 55 Statistik 1 Die SUST veröffentlicht jährlich Statistiken über Zwischenfälle. 2 Sie liefert die Informationen über Zwischenfälle: a. im Bereich der Zivilluftfahrt an die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (International Civil Aviation Organization, ICAO), die Europäische Zivil- luftfahrt-Konferenz (European Civil Aviation Conference, ECAC) und die Europäische Agentur für Flugsicherheit (European Aviation Safety Agency, EASA); b. im Bereich der Seeschifffahrt an die Internationale Seeschifffahrts-Organi- sation (International Maritime Organization, IMO). Art. 56 Informationen zur Unfallverhütung Die SUST kann allgemeine sachdienliche Informationen zur Unfallverhütung erstel- len und veröffentlichen. Art. 57 Ausländische Berichte 1 Die SUST leitet ausländische Berichte über Zwischenfälle, an denen Verkehrsmit- tel schweizerischer Unternehmen beteiligt sind, weiter an das zuständige Bundesamt und andere zuständige Behörden des Bundes sowie an alle Unternehmen und Per- sonen, die daran ein Interesse glaubhaft gemacht haben. 2 Sie veröffentlicht die Berichte im Internet. Eisenbahnen 18 742.161 6. Abschnitt: Strafbarkeit der Unterlassung von Meldungen Art. 58 1 Wer die Meldepflicht nach Artikel 15 Absatz 1 oder 3 verletzt, wird nach Artikel 86a Absatz 1 Buchstabe e EBG bestraft. 2 Wer die Meldepflicht nach Artikel 17 Absatz 1 verletzt, wird nach Artikel 91 Absatz 1 Buchstabe i LFG bestraft. 7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 59 Aufhebung anderer Erlasse Die folgenden Erlasse werden aufgehoben: 1. Organisationsverordnung SUST vom 23. März 201122; 2. Unfalluntersuchungsverordnung vom 28. Juni 200023; 3. Verordnung vom 23. November 199424 über die Untersuchung von Flug- unfällen und schweren Vorfällen. Art. 60 Änderung anderer Erlasse Die Änderung anderer Erlasse wird im Anhang geregelt. Art. 61 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2015 in Kraft. 22 [AS 2011 4589, 2011 4573 Art. 2 Bst. a] 23 [AS 2000 2103, 2006 4705 Ziff. II 68, 2011 4573 Art. 2 Bst. b 4575] 24 [AS 1994 3037, 1999 2495, 2011 4573 Art. 2 Bst. c 4579] Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen. V 19 742.161 Anhang (Art. 60) Änderung anderer Erlasse Die nachstehenden Verordnungen werden wie folgt geändert: …25 25 Die Änderungen können unter AS 2015 215 konsultiert werden. Eisenbahnen 20 742.161 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Gegenstand Art. 2 Zweck und Gegenstand der Untersuchung Art. 3 Zwischenfälle Art. 4 Öffentlicher Verkehr: Besondere Begriffe Art. 5 Zivilluftfahrt: Entsprechung von Ausdrücken 2. Abschnitt: Organisation und Aufgaben der SUST Art. 6 Stellung Art. 7 Zusammensetzung Art. 8 Untersuchungsdienst Art. 9 Unabhängigkeit Art. 10 Aufgaben der SUST Art. 11 Aufgaben der Leitung des Untersuchungsdienstes Art. 12 Aufgaben der Meldestelle Art. 13 Personal des Untersuchungsdienstes Art. 14 Amtsgeheimnis 3. Abschnitt: Meldepflichten Art. 15 Öffentlicher Verkehr: Meldungen an die Meldestelle Art. 16 Öffentlicher Verkehr: Meldungen an das BAV Art. 17 Zivilluftfahrt: Meldepflicht Art. 18 Seeschifffahrt: Meldepflicht Art. 19 Meldung an ausländische Behörden 4. Abschnitt: Untersuchungsverfahren Art. 20 Untersuchungsgegenstand Art. 21 Einleitung der Untersuchung Art. 22 Ausstand Art. 23 Koordination mit Strafverfolgungs- und Administrativbehörden Art. 24 Verwendung von Auskünften in Strafverfahren Art. 25 Zivilluftfahrt: Koordination mit militärischen Instanzen Art. 26 Aufnahme von Personalien Art. 27 Sicherungsmassnahmen und Bewachungspflicht Art. 28 Zutritt zur Unfallstelle Art. 29 Untersuchungshandlungen Art. 30 Öffentlicher Verkehr: Unterstützungspflichten der Eisenbahnunternehmen Art. 31 Vorladung Art. 32 Durchsuchungen Art. 33 Beschlagnahmungen Art. 34 Medizinische Untersuchungen Art. 35 Autopsien Art. 36 Einholen von Gutachten Art. 37 Seeschifffahrt: Zwangsmassnahmen Art. 38 Freigabe von Unfallgegenständen Art. 39 Von interessierten Personen und Stellen vorgeschlagene Untersuchungshandlungen Art. 40 Recht auf Verweigerung der Aussage Art. 41 Protokoll Art. 42 Aktennotiz Art. 43 Vorbericht Art. 44 Zwischenbericht Art. 45 Summarische Untersuchung und summarischer Bericht: Allgemeines Art. 46 Summarische Untersuchung und summarischer Bericht: Zivilluftfahrt Art. 47 Schlussbericht Art. 48 Sicherheitsempfehlungen Art. 49 Wiederaufnahme der Untersuchung Art. 50 Kosten der Untersuchung Art. 51 Akteneinsicht Art. 52 Fristen 5. Abschnitt: Veröffentlichungen Art. 53 Berichte und Zusammenfassungen der SUST Art. 54 Datenschutz Art. 55 Statistik Art. 56 Informationen zur Unfallverhütung Art. 57 Ausländische Berichte 6. Abschnitt: Strafbarkeit der Unterlassung von Meldungen Art. 58 7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 59 Aufhebung anderer Erlasse Art. 60 Änderung anderer Erlasse Art. 61 Inkrafttreten Anhang Änderung anderer Erlasse
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Sachverhalt ab Seite 30 BGE 109 Ia 30 S. 30 Louis Wohlfahrt ist Eigentümer eines am Ufer der Birs gelegenen Grundstücks in Birsfelden. Die Parzelle liegt etwa zu zwei Dritteln in der Wohnzone und mit der restlichen, an die Birs anstossenden Fläche - dem sogenannten Birsvorland - in der Zone für Grünflächen und öffentliche Anlagen. Auf Anfrage teilte der Gemeinderat Birsfelden dem Grundeigentümer mit, dass bei einer Überbauung des Wohnzonenanteils das Birsvorland nicht in die Berechnung der Ausnützungsziffer einbezogen werden dürfe. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft abgewiesen. Louis Wohlfahrt gelangte hierauf an das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, das seinen Standpunkt schützte, den angefochtenen Regierungsratsbeschluss aufhob und damit eine Anrechnung des Birsvorlandes zuliess. Die Gemeinde Birsfelden führt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass es sich beim Birsvorland nicht um Baugebiet handelt, das von Privaten überbaut werden kann. Damit stellt sich die Frage, ob es bei der BGE 109 Ia 30 S. 31 Berechnung der Ausnützungsziffer gleichwohl berücksichtigt werden darf. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf Land, das baulich nicht ausnützbar ist, in der Regel nicht in die Berechnung der Ausnützungsziffer einbezogen werden. So sind neben den Verkehrsflächen bzw. Erschliessungsanlagen im weitesten Sinn auch Wald, öffentliche Gewässer, Land in der Freihaltezone und Flächen, die mit einem planungsrechtlichen Bauverbot belegt sind, nicht anrechenbar. Eine Ausnahme wäre nur aufgrund einer ausdrücklichen Vorschrift zulässig ( BGE 108 Ia 121 /122 E. 3b; BGE 104 Ia 334 /335 E. 5b, d; BGE 98 Ia 582 ff. E. 4; vgl. BGE 92 I 104 ff.; unveröffentlichte Urteile vom 22. September 1976 i.S. Bosshard, E. 5a; vom 10. Juli 1974 i.S. Fridlin). b) Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts enthält das Zonenreglement der Gemeinde Birsfelden ZR in § 7 eine ausdrückliche Vorschrift, die den Einbezug des Birsvorlandes zur Berechnung der Ausnützungsziffer für das Grundstück des Beschwerdegegners zulässt. Die Beschwerdeführerin rügt auch diese Feststellung als willkürlich. § 7 ZR hat folgenden Wortlaut: Bebauungsziffer Das Zonenreglement versteht unter Bebauungsziffer das Verhältnis zwischen höchstzulässiger überbaubarer Fläche und Gesamtfläche eines Grundstückes. Bei der Berechnung der Bebauungsziffer werden kleine eingeschossige Nebenbauten wie Garagen, Gartenhäuschen, Schuppen usw. bis zum Ausmass von insgesamt 25 m2 Grundfläche nicht zur bebauten Fläche gerechnet. Bei Gärtnereibetrieben werden Gewächshäuser nicht zur bebauten Fläche gerechnet. Dieser Paragraph befindet sich im Abschnitt "III. allgemeine Vorschriften für die Wohnzonen (§ 2, Zonen 2-4)" des Zonenreglements. Daraus folgt, dass die im ersten Abs. genannte "Gesamtfläche eines Grundstückes" nur insoweit zur Berechnung der Ausnützungsziffer herangezogen werden darf, als sie tatsächlich in einer der Wohnzonen 2-4 gemäss § 2 ZR liegt. Über die Zone 8 "Grünflächen, öffentliche Anlagen" enthalten die §§ 74 und 75 ZR die massgebende Spezialregelung. Das Birsvorland gehört nicht zur Wohnzone 3, sondern zur Grünzone 8. Schon deshalb kann § 7 ZR nicht auf den streitigen Uferstreifen angewendet werden. Die für die Wohnzonen 2-4 geltende Bestimmung von § 7 ZR lässt sich angesichts von Systematik und Wortlaut des Zonenreglements auch nicht analog dahin auslegen, sie gestatte den Einbezug von BGE 109 Ia 30 S. 32 Bauverbotsgebiet in die Nutzungsberechnung des in der Wohnzone W 3 gelegenen Grundstücksteils. Eine Vorschrift des kommunalen Rechts, die eine solche Anrechnung gestatten würde, besteht somit nicht. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts ist sachlich nicht haltbar. c) Im angefochtenen Urteil stellt das Verwaltungsgericht fest, die Regelung in § 7 ZR stehe im Einklang mit der Vorschrift von § 17 des basel-landschaftlichen Gesetzes über den Wasserbau und die Nutzung der Gewässer vom 2. September 1974 (WBauG). Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen diese Rechtsauffassung. § 17 WBauG lautet: § 17 Ablösung der Unterhaltspflicht 1 Tritt der Anstösser einen Uferstreifen von angemessener Breite kostenlos an die Öffentliche Hand ab, wird er von der Unterhaltspflicht befreit. 2 Das abgetretene Land wird bei der Berechnung der Nutzungsziffer der Stammparzelle mitberücksichtigt. § 17 Abs. 2 WBauG stellt eine dem Wasserbaupolizeirecht eigene Sonderregelung dar, welche die Abtretung von Uferland an die Öffentlichkeit fördern soll. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann daraus, dass § 7 Abs. 1 ZR mit § 17 Abs. 2 WBauG im Einklang steht, nichts zu Gunsten des Beschwerdegegners abgeleitet werden. Die Möglichkeit, nach § 17 WBauG abgetretenes Land in die Berechnung der Ausnützungsziffer der Stammparzelle einzubeziehen, kann nur dann bestehen, wenn sowohl die abgetretene als auch die verbleibende Fläche in der Bauzone liegen. Etwas anderes lässt sich dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht entnehmen, ist doch die Anwendbarkeit von § 7 ZR - wie dargelegt (E. 6b) - auf die Wohnzonen beschränkt. Diese Auffassung scheint denn auch der Beschwerdegegner zu teilen, indem er die Anwendbarkeit von § 17 WBauG bejaht, weil seiner Ansicht nach "das Birsvorland eindeutig Bauland ist" (Vernehmlassung vom 17. Mai 1982, S. 13). Da es sich beim Birsvorland jedoch nicht um Bauland handelt (E. 5), fällt die Anwendbarkeit von § 17 Abs. 2 WBauG auf den vorliegenden Fall dahin. Für den Einbezug des Birsvorlandes in die Ausnützungsberechnung fehlt es somit auch an einer Grundlage im kantonalen Recht. d) Wie dargelegt, stellen weder § 7 Abs. 1 ZR noch § 17 Abs. 2 WBauG Ausnahmeregeln dar, die eine Berücksichtigung von Nichtbauland bei der Berechnung der Ausnützungsziffer zuliessen; die Bestimmungen ermöglichen nur den Einbezug von Baugebiet. BGE 109 Ia 30 S. 33 Eine Vorschrift, die eine Anrechnung des Birsvorlandes ausdrücklich gestatten würde, ist weder im Recht der Gemeinde Birsfelden noch in jenem des Kantons Basel-Landschaft ersichtlich. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichts beruht auf einer mit sachlichen Gründen nicht vertretbaren Auslegung des kantonalen und kommunalen Rechts. Abgesehen davon zeigt der vorliegende Fall, dass eine Anrechnung des Birsvorlandes zu einem fragwürdigen Ergebnis führen würde. Schon auf der Parzelle GB Nr. 622 wäre ein für die Zone W 3 sehr grosser Baukubus zulässig. In jenem Gebiet am Birsufer unterhalb der Bärengasse verläuft die landeinwärts gelegene Grenze der Ufergrundstücke nicht parallel zum Ufer, sondern in Richtung Südosten in einem spitzen Winkel zu diesem. Der Abstand vom Ufer zur Grenze verjüngt sich, während der Uferschutzstreifen des Birsvorlandes gemäss Zone 8 gleich breit bleibt. Die kleinsten Parzellen im Südosten befinden sich zum kleineren Teil in der Zone W 3 und zum grösseren Teil im Birsvorland. Die vom Beschwerdegegner angestrebte Anrechnung der Bauverbotsfläche liesse eine Nutzung der im Baugebiet verbleibenden Grundstückteile zu, die mit dem in der Zone W 3 Zulässigen in keinem ver- nünftigen Verhältnis mehr stünde. Es müssten Kuben bewilligt werden, die trotz Einhaltung der Vorschriften über die Abstände und die Bauhöhe bzw. die Stockwerkzahlen dem eigentlichen Zweck der Bau- und Zonenordnung widersprächen. Das aber kann weder der kantonale noch der kommunale Gesetzgeber gewollt haben.
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Sachverhalt ab Seite 338 BGE 143 III 337 S. 338 A. A. (Betroffene) wurde am 10. Januar 2017 auf Anordnung eines SOS Arztes wegen Selbst- und Fremdgefährdung vor dem Hintergrund einer bekannten paranoiden Schizophrenie fürsorgerisch in die Klinik B. eingewiesen. Die fürsorgerische Unterbringung ist später durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde U. (KESB) bestätigt worden. Laut Behandlungsplan vom 10. Januar 2017 ist die medizinische Behandlung der Betroffenen mit 400 mg Solian sowie einer Baldrianwurzel- und Pestwurz-Mischung vorgesehen. Da die Situation infolge eines Strangulationsversuchs eskalierte, wurde die Betroffene am Abend des 10. Januar 2017 geschlossen isoliert. Am 11. Januar 2017 lehnte sie die Behandlung mit 400 mg Solian ab, weshalb gleichentags eine Zwangsmedikation der Betroffenen erfolgte. Gemäss den obergerichtlichen Feststellungen verfügte Dr. med. D., Oberarzt der Klinik, am 12. Januar 2017 die Behandlung der Betroffenen ohne ihre Zustimmung. Der Verfügung lässt sich entnehmen, dass die Behandlung ab dem 11. Januar 2017 erfolgt, wobei eine Befristung der Massnahme nicht vermerkt ist. Auf dem Formular werden Massnahmegründe und -ziele, jedoch keine Massnahme erwähnt. Die besagte Verfügung ist am 13. Januar 2017 vom Oberarzt unterzeichnet worden. B. Mit Eingabe vom 16. Januar 2017 beantragte die Betroffene, es sei die Verabreichung von Psychopharmaka gegen ihren Willen zu untersagen. Ihr Rechtsbeistand legte der Eingabe die vom erwähnten Oberarzt am 13. Januar 2017 unterzeichnete Verfügung vom 12. Januar 2017 bei, welche ihm die Klinik gefaxt hatte. Mit Urteil vom 20. Januar 2017 erklärte das Einzelgericht des Bezirksgerichts Meilen die von der Klinik mit Entscheid vom 12. Januar 2017 angeordnete Massnahme als zulässig. Die Betroffene gelangte dagegen am 6. Februar 2017 an das Obergericht des Kantons Zürich mit dem Begehren, die Zwangsmedikation sei unverzüglich zu untersagen. Mit Beschluss vom 27. Februar 2017 trat das Obergericht auf die Beschwerde nicht ein. C. Die Betroffene (Beschwerdeführerin) hat am 2. April 2017 (Postaufgabe) beim Bundesgericht gegen den Beschluss des Obergerichts Beschwerde erhoben; sie beantragt, auf den Beschwerdeantrag vom BGE 143 III 337 S. 339 6. Februar 2017 betreffend Aufhebung der Zwangsbehandlung sei einzutreten. Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Klinik ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt den angefochtenen Beschluss auf und weist die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Mit Bezug auf die hier als Erstes strittige Frage der Zwangsbehandlung hat das Obergericht im Wesentlichen erwogen, im vorliegenden Fall sei eine Verfügung des Chefarztes betreffend Behandlung der Beschwerdeführerin ohne Zustimmung ( Art. 434 ZGB ) nicht ergangen. Der inhaltslose "Zwangsmassnahmen-Entscheid" des Oberarztes vom 12. Januar 2017 sei offenbar im Zusammenhang mit der Zwangsbehandlung vom 11. Januar 2017 eröffnet worden, welche nicht Gegenstand des auf Untersagung künftiger Zwangsmedikation abzielenden zweitinstanzlichen Beschwerdeantrages bilde. Die Zwangsbehandlung sei laut Oberärztin einmalig und notfallmässig angeordnet worden. Für eine weitere Zwangsbehandlung bilde der "Entscheid" vom 12. Januar 2017 keine Grundlage. Insoweit fehle es an einer anfechtbaren Verfügung, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten sei, soweit die Beschwerdeführerin damit die Untersagung der Zwangsmedikation beantrage. 2.2 Die Beschwerdeführerin macht zusammengefasst geltend, ihr würden mehrmals pro Tag Medikamente gegen ihren Willen verabreicht. Auch ohne Verfügung nach Art. 434 ZGB , die nachweislich erfolglos angefordert worden sei, stellten die tägliche Einschliessung und die Verabreichung vom Medikamenten ohne Zustimmung Realakte dar. Sowohl die Beschwerde an das Bezirksgericht als auch die Eingabe an das Obergericht hätten diese einzelnen Verfügungen angesprochen. Fehl gehe daher die Behauptung, es mangle an einem Anfechtungsobjekt. Mit diesen Ausführungen wirft die Beschwerdeführerin dem Obergericht vor, Art. 434 ZGB falsch ausgelegt zu haben. 2.3 Die Klinik ist der Ansicht, es seien keine Zwangsmassnahmen nach Art. 434 ZGB getroffen worden. 2.4 Im vorliegenden Fall ist strittig, ob eine Behandlung ohne Zustimmung angeordnet worden ist. Für die Beantwortung dieser BGE 143 III 337 S. 340 Frage ist nicht von Belang, ob die Beschwerdeführerin die Medikamente nunmehr freiwillig einnimmt, was abgesehen davon bestritten ist: Aus der Tatsache, dass jemand die Medikamente angeblich freiwillig einnimmt, kann nicht geschlossen werden, es sei keine Behandlung ohne Zustimmung angeordnet worden. Denn eine Anordnung der Behandlung ohne Zustimmung bedeutet nicht zwingend, dass diese auch vollstreckt werden muss. Die Frage der Anordnung der Behandlung ohne Zustimmung ist mit anderen Worten von jener der Vollstreckung der Anordnung zu unterscheiden. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, es lägen verschiedene, einer Verfügung gleichgestellte, anfechtbare Realakte vor. Im vorliegenden Fall steht indes die am 12. Januar 2017 ergangene Verfügung des Oberarztes im Raum. Im Folgenden ist daher in erster Linie die Rechtsfrage zu beantworten, ob diese Verfügung eine Anordnung der Behandlung ohne Zustimmung im Sinn von Art. 434 ZGB und damit eine anfechtbare Verfügung ( Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB ) darstellt. Dabei kann der Sachverhalt, soweit erforderlich, in Anwendung von Art. 105 Abs. 2 BGG ergänzt werden. Der Behandlungsplan vom 10. Januar 2017 ist in die Auslegung miteinzubeziehen. 2.4.1 Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin zur Behandlung ihrer psychischen Störung in der Klinik untergebracht ist ( Art. 426 ZGB ). Wird eine Person zur Behandlung einer psychischen Störung in einer Einrichtung untergebracht, so erstellt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt unter Beizug der betroffenen Person und gegebenenfalls ihrer Vertrauensperson einen schriftlichen Behandlungsplan ( Art. 433 Abs. 1 ZGB ). Fehlt die Zustimmung der betroffenen Person zur Behandlung, kann die Chefärztin oder der Chefarzt der Abteilung die im Behandlungsplan vorgesehenen medizinischen Massnahmen unter bestimmten, im Gesetz wiedergegebenen Voraussetzungen ( Art. 434 Abs. 1 Ziff. 1-3 ZGB ) schriftlich anordnen. Die Anordnung wird der betroffenen Person und ihrer Vertrauensperson verbunden mit einer Rechtsmittelbelehrung schriftlich mitgeteilt ( Art. 434 Abs. 2 ZGB ). 2.4.2 Im vorliegenden Fall sieht der Behandlungsplan der Klinik vom 10. Januar 2017 für die Beschwerdeführerin eine medikamentöse Behandlung ihrer paranoiden Schizophrenie mit Solian 400 mg sowie mit einer Baldrian- und Pestwurz-Mischung vor. In der in den Akten enthaltenen Anordnung einer medizinischen Massnahme ohne Zustimmung (Zwangsmassnahmen-Entscheid) vom 12. Januar 2017, BGE 143 III 337 S. 341 die sich ausdrücklich auf Art. 434 Abs. 1 ZGB stützt, werden für die Beschwerdeführerin medizinische Massnahmen ohne Zustimmung ab dem 11. Januar 2017 für eine unbestimmte Dauer verfügt. Der Entscheid ist am 13. Januar 2017 von Oberarzt Dr. med. D. unterzeichnet worden. Auch wenn nach dem Wortlaut des Gesetzes ( Art. 434 Abs. 1 ZGB ) nur die Chefärztin oder der Chefarzt der Abteilung die Behandlung ohne Zustimmung schriftlich anordnen kann, darf der entsprechende Entscheid auch von einer leitenden Ärztin bzw. von einem leitenden Arzt stellvertretend getroffen werden (vgl. dazu: Votum Stähelin, AB 2007 S 838). Entsprechendes ist vorliegend geschehen, hat doch ein Oberarzt die Verfügung unterzeichnet. Zwar trifft zu, dass sich die Verfügung insbesondere nicht zur Art der gegen den Willen der Beschwerdeführerin angeordneten Massnahme äussert. Das ist indes nicht von Bedeutung, sind doch mit der Anordnung der Behandlung der betroffenen Person ohne Zustimmung von Gesetzes wegen die im Behandlungsplan vorgesehenen medizinischen Massnahmen gemeint ( Art. 434 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 433 Abs. 1 ZGB ). Vorliegend kann demnach nur die medizinische Behandlung der Beschwerdeführerin mit den im Behandlungsplan vorgesehenen Medikamenten angeordnet werden und in Tat und Wahrheit angeordnet worden sein. Für eine andere Massnahme ist die Anordnung von Art. 434 ZGB von Gesetzes wegen nicht vorgesehen. 2.4.3 Nun fällt auf, dass die angeordnete Behandlung ab dem 11. Januar 2017 unbefristet verfügt worden ist. Das Gesetz äussert sich nicht ausdrücklich zur Frage, ob die Anordnung der Behandlung ohne Zustimmung sich immer nur auf einen einzelnen Behandlungsschritt bezieht oder ob auch eine über längere Zeit andauernde, aus mehreren Eingriffen bestehende Behandlung als Ganzes angeordnet werden kann. Soweit ersichtlich wurde diese Frage auch im Gesetzgebungsverfahren nicht diskutiert. Die Behandlung stellt ein Ganzes dar. Der Umstand, dass die Anordnung aufgrund des Behandlungsplanes erfolgt, spricht dafür, dass auch eine Behandlung, die über längere Zeit verschiedene Interventionen vorsieht, mit einem einzigen Entscheid angeordnet werden kann. Es erschiene zwecklos und unpraktikabel, immer nur einzelne Teile anzuordnen (dazu ausführlich und überzeugend: GEISER/ETZENSBERGER, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 5. Aufl. 2014, N. 27 zu Art. 434/435 ZGB). Im vorliegenden Fall ist eine Behandlung mit Medikamenten vorgesehen. Die Unterbringung in der Einrichtung zur Behandlung der BGE 143 III 337 S. 342 psychischen Störung ( Art. 426 ZGB ) ist aufzuheben, sobald ihre Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind (vgl. Art. 426 Abs. 3 ZGB ). Die Behandlung in der Klinik wird fortgeführt, solange sie nötig ist. Von daher vermag nicht einzuleuchten, weshalb hier mehrere Anordnungen erforderlich wären. 2.4.4 Gemäss verbindlicher Feststellung ist die Verfügung dem Anwalt der Beschwerdeführerin am 13. Januar 2017 per Fax mitgeteilt worden. Eine andere Eröffnung des Massnahmeentscheides ist nicht auszumachen. Die Beschwerdeführerin hat die Anordnung der Zwangsbehandlung und deren Fortführung am 16. Januar 2017, also innert der Frist von 10 Tagen beim Bezirksgericht Meilen angefochten ( Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 und Abs. 2 ZGB ) und die besagte Verfügung beigelegt. Nicht strittig ist zudem, dass die Beschwerdeführerin den abweisenden Entscheid des Einzelrichters am Bezirksgericht fristgerecht an das Obergericht des Kantons Zürich weitergezogen hat. 2.5 Mit der Anordnung der Behandlung ohne Zustimmung der betroffenen Person ist diese verpflichtet, sie zu dulden. Eine andere Disposition in der Verfügung gemäss Art. 434 ZGB vorbehalten, ist das Klinikpersonal ermächtigt, die zur Durchsetzung der Behandlung erforderlichen Zwangsmassnahmen zu treffen (GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., N. 26 zu Art. 434/435 ZGB; a.M. DANIEL ROSCH, in: Erwachsenenschutzrecht, Einführung und Kommentar zu Art. 360 ff. ZGB und VBVV, 2. Aufl. 2015, N. 13 zu Art. 433-435 ZGB , der eine allenfalls in der Anordnung der Behandlung enthaltene Vollstreckungsverfügung verlangt). 2.6 Im Lichte dieser tatsächlichen durch die Akten belegten Umstände und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben steht somit fest, dass das zuständige Organ für die Beschwerdeführerin ab dem 11. Januar 2017 für unbestimmte Zeit eine Behandlung ohne ihre Zustimmung mit Medikamenten ( Art. 434 ZGB ) angeordnet hat. Diese Massnahme unterliegt der Vollstreckung, falls die verordneten Medikamente nicht freiwillig eingenommen werden. Damit weist der Zwangsmassnahmen-Entscheid vom 12. Januar 2017 sämtliche Merkmale einer Verfügung auf, wie sie vom Verwaltungsrecht aufgestellt worden sind (dazu: BGE 130 V 388 E. 2.3 S. 391). Die Vorinstanz hat demnach zu Unrecht die gegenteilige Rechtsauffassung vertreten. Ihr Entscheid, auf das Begehren um Aufhebung der BGE 143 III 337 S. 343 Behandlung ohne Zustimmung nicht einzutreten, erweist sich damit als bundesrechtswidrig. 2.7 Zum gleichen Ergebnis führt die Auffassung der Beschwerdeführerin, mangels schriftlicher Verfügung liege ein sogenannter Realakt vor. Dieser wird zwar grundsätzlich nicht als Anfechtungsobjekt betrachtet, unterliegt aber dennoch einer gerichtlichen Überprüfung, wenn er in geschützte Rechtspositionen eingreift (vgl. dazu: BGE 130 I 369 E. 6.1 S. 377 ff.; BGE 128 II 156 E. 4b S. 165). Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdeführerin im abgeschlossenen "Viertel" untergebracht und muss mit einer Verlegung in das Isolierzimmer rechnen, falls sie die verordneten Medikamente nicht freiwillig einnimmt. Im Ergebnis liegt damit eine Zwangsbehandlung als Realakt vor, der in die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin eingreift und somit der gerichtlichen Überprüfung im Sinn von Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB unterliegt (zum Begriff der Zwangsbehandlung: Urteile 5A_666/2013 vom 7. Oktober 2013 E. 3.2; 5P.366/2002 vom 26. November 2002 E. 3). (...)
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Sachverhalt ab Seite 203 BGE 108 Ia 203 S. 203 Dr. Med. Otto Bernhardsgrütter macht den Landwirt Alfred Frei für die Folgen eines Reitunfalls haftbar. Er klagt auf Fr. 104'242.05 nebst Zins, weil er wegen einer schweren Knieverletzung neun Wochen voll und vier Wochen zur Hälfte arbeitsunfähig gewesen sei und dabei einen Verdienstausfall als frei praktizierender Arzt und als Inhaber, Leiter und Lehrer einer Arztgehilfinnenschule erlitten habe. Das Bezirksgericht Arbon wies die Klage ab; der Beklagte sei zwar Tierhalter im Sinne von Art. 56 OR gewesen, habe jedoch alle gebotene Sorgfalt angewandt; der Unfall sei ausschliesslich vom Kläger verschuldet. Das Obergericht liess demgegenüber die Halterfrage offen, bejahte dagegen die Haftung des Beklagten aus Verschulden gemäss Art. 41 OR und verneinte ein Selbstverschulden des Klägers. Am 26. Mai 1981 erklärte es den Beklagten als voll haftbar, beschränkte aber seinen Entscheid vorläufig auf ein Teilurteil über die Haftungsfrage, weil bezüglich der Höhe des Schadens zu erwarten sei, dass sich die Parteien BGE 108 Ia 203 S. 204 hierüber nach rechtskräftiger Beurteilung der Haftungsfragen gütlich einigen könnten. Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV beantragt der Beklagte, dieses Teilurteil aufzuheben. Der Kläger und das Obergericht beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Gegen das Urteil des Obergerichts hat der Beklagte zudem Berufung eingereicht. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der angefochtene Entscheid erging wohl letztinstanzlich, er ist aber kein Endentscheid, weil das Obergericht lediglich die Haftung des Beklagten bejaht, ohne zugleich betragsmässig über die Klageforderung zu entscheiden. Es handelt sich demnach um einen letztinstanzlichen Zwischenentscheid, welcher nach Art. 87 OG nur dann mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV angefochten werden kann, wenn er für den Beschwerdeführer einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat. Diese Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeit dient der Prozessökonomie. Sie soll verhindern, dass das kantonale Verfahren unnötig unterbrochen wird; auch soll das Bundesgericht im gleichen Prozess nicht mehrmals angerufen werden können. Der nicht wiedergutzumachende Nachteil, welcher demgegenüber die Anfechtung von Zwischenentscheiden erlaubt, muss nach der Rechtsprechung ein solcher rechtlicher Natur sein; eine nur tatsächliche Beeinträchtigung wie beispielsweise eine Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt nicht ( BGE 106 Ia 228 f., 233 f. mit Hinweisen). Danach wäre die vorliegende Beschwerde nicht zulässig, weil der Beschwerdeführer seine Rügen auch noch im Anschluss an den Endentscheid des Obergerichts erheben könnte. a) Indes ficht der Beschwerdeführer den Zwischenentscheid des Obergerichts zugleich mit Berufung an. Dies ist nach Art. 50 OG zulässig, wenn dadurch sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein so bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann, dass die gesonderte Anrufung des Bundesgerichts gerechtfertigt erscheint. Vorliegend sind streitig das Ausmass der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und der Verdienstausfall des Beschwerdegegners als freiberuflich tätiger Spezialarzt und Leiter einer Arztgehilfinnenschule, wozu beide Parteien sich auf Expertisen berufen. Erfüllt ist auch das BGE 108 Ia 203 S. 205 zweite Erfordernis, indem die Gutheissung der Berufung zur Abweisung der Klage führen könnte. Das setzt indessen, jedenfalls in der Regel, die Behandlung der staatsrechtlichen Beschwerde voraus ( Art. 57 Abs. 5 OG ); dem steht jedoch wie dargelegt die Rechtsprechung zu Art. 87 OG entgegen. b) In diesem offensichtlichen Konflikt verdient Art. 50 OG , der die Anfechtung von Zwischenentscheiden unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich zulässt, den Vorrang. Es kann nicht angenommen werden, diese Berufungsmöglichkeit entfalle, wenn zugleich staatsrechtliche Beschwerde erhoben ist. Das muss zur Behandlung der staatsrechtlichen Beschwerde führen, sei es, dass in diesen Fällen auf das Erfordernis eines besonders gearteten rechtlichen Nachteils im Sinn der Rechtsprechung verzichtet wird, sei es, dass dieser im Verlust des Berufungsrechts aus Art. 50 OG erblickt wird. Die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts, welche in der Sache ebenfalls betroffen ist, hat dieser Betrachtungsweise zugestimmt. Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten.
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SR 814.681 1 Verordnung über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA) vom 26. September 2008 (Stand am 1. Januar 2016) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 32e Absätze 1, 2 und 5 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 19831 (USG) und auf Artikel 57 Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19972, verordnet: 1. Kapitel: Gegenstand Art. 1 Diese Verordnung regelt: a. die Erhebung einer Abgabe auf der Ablagerung von Abfällen im Inland und auf der Ausfuhr von Abfällen zur Ablagerung im Ausland; b. die Verwendung des Abgabeertrags für Abgeltungen für: 1. die Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Stand- orten, 2. die Untersuchung von Standorten, die sich als nicht belastet erweisen. 2. Kapitel: Abgabe Art. 2 Abgabepflicht 1 Inhaber und Inhaberinnen von Deponien müssen auf der Ablagerung von Abfällen im Inland eine Abgabe entrichten. 2 Wer Abfälle zur Ablagerung ausführt, muss eine Abgabe entrichten. Die Abgabe- pflicht gilt auch für Abfälle, die nach einer Ausfuhr zur Verwertung oder Behand- lung im Ausland abgelagert werden. Sie entfällt, sofern der abgelagerte Anteil weniger als 15 Prozent der ausgeführten Abfallmenge beträgt. 3 …3 AS 2008 4771 1 SR 814.01 2 SR 172.010 3 Aufgehoben durch Anhang 6 Ziff. 10 der Abfallverordnung vom 4. Dez. 2015, mit Wir- kung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5699). 814.681 Schutz des ökologischen Gleichgewichts 2 814.681 Art. 3 Abgabesatz 1 Der Abgabesatz für im Inland abgelagerte Abfälle beträgt: a. bei Deponien des Typs B: 5 Fr./t; b. bei den Deponien der Typen C, D und E: 16 Fr./t.4 2 Der Abgabesatz für im Ausland abgelagerte Abfälle beträgt: a. bei Untertagedeponien: 22 Fr/t; b. bei anderen Deponien: so viel, wie er bei Ablagerung der Abfälle auf einer Deponie im Inland betragen würde. 3 …5 Art. 4 Entstehung der Abgabeforderung Die Abgabeforderung entsteht im Zeitpunkt der Ablagerung im Inland oder im Zeitpunkt der Ausfuhr. Art. 5 Abgabedeklaration 1 Die Abgabepflichtigen müssen dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) jeweils bis zum 28. Februar für die im vorangegangenen Kalenderjahr entstandenen Abgabefor- derungen eine Abgabedeklaration einreichen. 2 Die Deklaration muss alle Angaben enthalten, die zur Festsetzung des Abgabe- betrags erforderlich sind. Sie erfolgt auf einem amtlichen Formular; das BAFU kann andere Formen zulassen. Inhaber und Inhaberinnen von Deponien müssen dem Kanton eine Kopie der Deklaration zustellen. 3 Die Deklaration dient als Grundlage für die Festsetzung der Abgabe; eine amtliche Prüfung bleibt vorbehalten. 4 Die Abgabepflichtigen müssen die Unterlagen für die Deklaration während min- destens zehn Jahren aufbewahren. 5 Bei verspäteter oder unvollständiger Deklaration ist auf dem geschuldeten Abgabe- betrag ein Verzugszins von jährlich 3,5 Prozent zu entrichten. Art. 6 Abgabeveranlagung6 1 Das BAFU setzt den Abgabebetrag mit Verfügung fest. 2 Hat die abgabepflichtige Person trotz Mahnung ihre Abgabedeklaration dem BAFU nicht eingereicht oder können die für die Festsetzung des Abgabebetrags erforderlichen Angaben mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermit- 4 Fassung gemäss Anhang 6 Ziff. 10 der Abfallverordnung vom 4. Dez. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5699). 5 Aufgehoben durch Anhang 6 Ziff. 10 der Abfallverordnung vom 4. Dez. 2015, mit Wir- kung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5699). 6 Fassung gemäss Anhang 6 Ziff. 10 der Abfallverordnung vom 4. Dez. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5699). Abgabe zur Sanierung von Altlasten. V 3 814.681 telt werden, nimmt das BAFU die Abgabeveranlagung nach pflichtgemässem Er- messen vor.7 3 Das BAFU kann sich dabei auf Ergebnisse eigener Kontrollen, Angaben des Kan- tons sowie Erfahrungszahlen abstützen.8 Art. 6a9 Zahlungsfrist 1 Die Zahlungsfrist beträgt 30 Tage. 2 Bei verspäteter Zahlung ist ein Verzugszins von jährlich 3,5 Prozent geschuldet. Art. 7 Nachforderung Hat das BAFU einen Abgabebetrag irrtümlich zu niedrig festgesetzt, so fordert es den fehlenden Betrag innerhalb von zwei Jahren nach Eröffnung der Verfügung nach. Art. 8 Verjährung 1 Die Abgabeforderung verjährt zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist. 2 Die Verjährung wird unterbrochen und beginnt neu zu laufen: a. wenn die abgabepflichtige Person die Abgabeforderung anerkennt; b. durch jede Amtshandlung, mit der die Abgabeforderung bei der abgabe- pflichtigen Person geltend gemacht wird. 3 Die Abgabeforderung verjährt in jedem Fall 15 Jahre nach Ablauf des Kalender- jahres, in dem sie entstanden ist. 3. Kapitel: Abgeltungen 1. Abschnitt: Abgeltungsvoraussetzungen Art. 9 Grundsatz 1 Der Bund gewährt den Kantonen nach Massgabe von Artikel 32e Absätze 3 und 4 USG Abgeltungen für die: a. Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten; b. Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten bei Schiessanlagen; und 7 Fassung gemäss Anhang 6 Ziff. 10 der Abfallverordnung vom 4. Dez. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5699). 8 Fassung gemäss Anhang 6 Ziff. 10 der Abfallverordnung vom 4. Dez. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5699). 9 Eingefügt durch Anhang 6 Ziff. 10 der Abfallverordnung vom 4. Dez. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5699). Schutz des ökologischen Gleichgewichts 4 814.681 c. Untersuchung von Standorten, die sich als nicht belastet erweisen. 2 Er gewährt auch Abgeltungen für einen räumlich eindeutig abgrenzbaren Teil eines belasteten Standortes, wenn dieser die Abgeltungsvoraussetzungen erfüllt und wei- tere Massnahmen nicht erschwert oder verunmöglicht werden. Art. 10 Besondere Abgeltungsvoraussetzungen für Untersuchungs- und Überwachungsmassnahmen 1 Für Massnahmen zur Untersuchung und Überwachung belasteter Standorte werden Abgeltungen nur gewährt, wenn: a. mit diesen Massnahmen nach dem 1. Juli 1997 begonnen worden ist; b. ein Abgeltungsgesuch für eine vor dem 1. November 2006 durchgeführte Massnahme bis zum 31. Dezember 2010 beim BAFU eingereicht wird. 2 Kann der Verursacher eines belasteten Standortes nicht ermittelt werden oder ist er zahlungsunfähig (Art. 32e Abs. 3 Bst. b Ziff. 1 USG), so werden Abgeltungen für Untersuchungs- und Überwachungsmassnahmen gewährt: a. bei anrechenbaren Untersuchungs- oder Überwachungskosten über 250 000 Franken: nur, wenn eine rechtskräftige Verfügung über die Kostenverteilung vorliegt; b. bei anrechenbaren Untersuchungs- oder Überwachungskosten bis 250 000 Franken: nur, wenn eine sachgerechte Begründung der Kostenverteilung vorliegt. 3 Für Massnahmen zur Untersuchung von Standorten, die sich als nicht belastet erweisen, werden Abgeltungen nur gewährt, wenn mit den Untersuchungen nach dem 1. November 2006 begonnen worden ist. Art. 11 Besondere Abgeltungsvoraussetzungen für Sanierungsmassnahmen 1 Für Sanierungsmassnahmen gewährt der Bund Abgeltungen nur, wenn: a. mit diesen Massnahmen nach dem 1. Juli 1997 begonnen worden ist; b. ein Abgeltungsgesuch für eine vor dem 1. November 2006 durchgeführte Massnahme bis 31. Dezember 2010 beim BAFU eingereicht wird. 2 Kann der Verursacher eines belasteten Standortes nicht ermittelt werden oder ist er zahlungsunfähig (Art. 32e Abs. 3 Bst. b Ziff. 1 USG), so werden Abgeltungen an Sanierungsmassnahmen gewährt: a. bei anrechenbaren Sanierungskosten über 250 000 Franken: nur, wenn eine rechtskräftige Verfügung über die Kostenverteilung vorliegt; b. bei anrechenbaren Sanierungskosten bis 250 000 Franken: nur, wenn eine sachgerechte Begründung der Kostenverteilung vorliegt. Abgabe zur Sanierung von Altlasten. V 5 814.681 2. Abschnitt: Anrechenbare Kosten Art. 12 Anrechenbare Kosten bei nicht sanierungsbedürftigen Standorten 1 Als anrechenbare Untersuchungskosten gelten bei nicht sanierungsbedürftigen Standorten die Kosten für folgende Massnahmen: a. Feststellung der Nichtbelastung von im Kataster eingetragenen oder für den Eintrag vorgesehenen Standorten; b. Voruntersuchung von untersuchungsbedürftigen Standorten nach Artikel 7 der Altlasten-Verordnung vom 26. August 199810 (AltlV). 2 Als anrechenbare Überwachungskosten gelten bei nicht sanierungsbedürftigen Standorten die Kosten für folgende Massnahmen nach Artikel 13 Absatz 1 AltlV: a. Projektierung der Überwachungsmassnahmen; b. Erstellung, Betrieb, Unterhalt und Rückbau der Einrichtungen zur Überwa- chung; c. Probenahmen und Analytik. Art. 13 Anrechenbare Kosten bei sanierungsbedürftigen Standorten Als anrechenbare Sanierungskosten gelten bei sanierungsbedürftigen Standorten die Kosten für folgende Massnahmen: a. Voruntersuchung (Art. 7 AltlV11) und Detailuntersuchung (Art. 14 AltlV) sowie Überwachung (Art. 13 Abs. 2 Bst. b AltlV) entsprechend Artikel 12 Absatz 2; b. Ausarbeitung eines Sanierungsprojekts (Art. 17 AltlV); c. Dekontamination einschliesslich Entsorgung von Abfällen (Art. 16 Bst. a AltlV); d. Erstellung, Betrieb, Unterhalt und Rückbau von Anlagen und Einrichtungen zur langfristigen Verhinderung und Überwachung der Ausbreitung umwelt- gefährdender Stoffe (Art. 16 Bst. b AltlV); e. Nachweis, dass die Sanierungsziele erreicht worden sind (Art. 19 Abs. 1 AltlV). 3. Abschnitt: Verfahren Art. 14 Anhörung des BAFU 1 Der Kanton hört das BAFU an, bevor er eine Untersuchungs-, Überwachungs- oder Sanierungsmassnahme anordnet. 10 SR 814.680 11 SR 814.680 Schutz des ökologischen Gleichgewichts 6 814.681 2 Einer Anhörung des BAFU nach Absatz 1 bedarf es nicht, wenn eine der Voraus- setzungen nach Artikel 16 Absatz 3 erfüllt ist. Art. 15 Abgeltungsgesuch Der Kanton reicht beim BAFU ein Abgeltungsgesuch ein. Dieses muss enthalten: a. den Nachweis, dass die Massnahmen die Voraussetzungen nach den Arti- keln 9–11 erfüllen; b. die wesentlichen Grundlagen und Elemente des Projektes; c. die behördliche Beurteilung, ob die Massnahmen umweltverträglich und wirtschaftlich sind und ob sie dem Stand der Technik entsprechen; d. die voraussichtlichen Massnahmekosten und die voraussichtlichen anrechen- baren Kosten; e. eine Kopie der Verfügung über die Kostenverteilung oder gegebenenfalls eine sachgerechte Begründung der Kostenverteilung, wenn der Verursacher nicht ermittelt werden kann oder zahlungsunfähig ist. Art. 16 Zusicherung und Auszahlung der Abgeltungen 1 Sind die Voraussetzungen für die Abgeltung erfüllt, so sichert das BAFU im Rah- men der vorhandenen Mittel eine Abgeltung zu und legt den voraussichtlichen Abgeltungsbetrag fest. 2 Es verfügt die Auszahlung der Abgeltungen, wenn: a. eine vom Kanton geprüfte Zusammenstellung der gesamten tatsächlich ent- standenen anrechenbaren Kosten der Massnahmen vorliegt; b. der Abgabeertrag die benötigten Mittel deckt. 3 Ist mit den Massnahmen vor der Zusicherung begonnen worden, kann das BAFU in Anwendung von Artikel 26 Absatz 3 zweiter Satz des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199012 eine Abgeltung insbesondere gewähren, wenn: a. eine Untersuchungs-, Überwachungs- oder Sanierungsmassnahme weniger als 250 000 Franken kostet; oder b. sich während laufender Baumassnahmen oder während laufender Massnah- men nach der AltlV13 neue Erkenntnisse über die Belastung des Standortes oder die Kosten der notwendigen Massnahmen ergeben. 4 Deckt der Abgabeertrag nicht alle benötigten Mittel, so berücksichtigt das BAFU bei der Auszahlung in erster Priorität die Projekte, die aus Gründen des Umwelt- schutzes dringlich gewesen sind oder bei denen im Verhältnis zum Aufwand ein erheblicher ökologischer Nutzen erzielt worden ist. Zurückgestellte Projekte werden in den nachfolgenden Jahren in erster Priorität berücksichtigt. 12 SR 616.1 13 SR 814.680 Abgabe zur Sanierung von Altlasten. V 7 814.681 4. Kapitel: Vollzug Art. 17 Zuständigkeiten 1 Das BAFU vollzieht diese Verordnung und informiert jährlich über die Abgabe- erhebung und die Abgeltungen. 2 Es kann die amtliche Prüfung der Abgabedeklaration (Art. 5 Abs. 3) ganz oder teilweise geeigneten öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder Privaten übertragen. Diese Prüfung wird mit Mitteln des Abgabeertrages finanziert. 3 Die Kantone unterstützen das BAFU beim Vollzug dieser Verordnung. Insbeson- dere informieren sie das BAFU unverzüglich, wenn sie feststellen, dass abgabe- pflichtige Personen unvollständige oder falsche Angaben gemacht haben. Art. 1814 5. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 19 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts Die Aufhebung und die Änderung bisherigen Rechts werden im Anhang geregelt. Art. 2015 Übergangsbestimmung Der Abgabesatz nach Artikel 3 Absatz 1 gilt ab dem 1. Januar 2017. Bis zum 1. Januar 2017 beträgt der Abgabesatz für im Inland abgelagerte Abfälle: a. bei Deponien des Typs B: 3 Fr./t; b. bei Deponien des Typs C: 17 Fr./t; c. bei Deponien der Typen D und E: 15 Fr./t. Art. 21 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2009 in Kraft. 14 Aufgehoben durch Ziff. I 7.3 der V vom 9. Nov. 2011 (Überprüfung der ausserparlamen- tarischen Kommissionen), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 5227). 15 Fassung gemäss Anhang 6 Ziff. 10 der Abfallverordnung vom 4. Dez. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5699). Schutz des ökologischen Gleichgewichts 8 814.681 Anhang (Art. 19) Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts I Die Verordnung vom 5. April 200016 über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten wird aufgehoben. II Die nachstehenden Verordnungen werden wie folgt geändert: …17 16 [AS 2000 1398, 2007 4525 Ziff. II 6] 17 Die Änderungen können unter AS 2008 4771 konsultiert werden.
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Sachverhalt ab Seite 40 BGE 95 III 39 S. 40 Schällibaum, der im Zusammenhang mit Darlehensverträgen Lohnabtretungen vorgenommen hat, ersuchte das Betreibugsamt Rheineck am 14. Juli 1969 gestützt auf Art. 226 e Abs. 2 OR um Festsetzung des ihm nach Art. 93 SchKG zu belassenden Lohnbetrags (Kompetenzbetrags). Das Betreibungsamt berechnete den Notbedarf des Gesuchstellers und seiner Familie am 17. Juli 1969 auf Fr. 1767.50 und bezeichnete unter Zugrundelegung eines monatlichen Einkommens von Fr. 2025.-- einen Lohnbetrag von Fr. 257.50 pro Monat als zedierbar. Die Beschwerde des Gesuchstellers gegen diese Verfügung wurde von der untern und von der obern kantonalen Aufsichtsbehörde abgewiesen. Im Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde vom 5. September 1969 wird u.a. ausgeführt, die fälligen Steuern des Gesuchstellers seien bei der Festsetzung des Notbedarfs im Sinne des Art. 93 SchKG , auf den Art. 226 e Abs. 2 OR verweise, nicht mitzuberücksichtigen; die vom Gesuchsteller aufgeworfene Frage der Gültigkeit seiner Lohnabtretungen sei nicht von den Betreibungsbehörden, sondern allenfalls vom ordentlichen Richter zu beurteilen. Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde hat der Gesuchsteller an das Bundesgericht weitergezogen. Er verlangt die Berücksichtigung seiner Steuerschulden pro 1969 und ersucht um Prüfung der Rechtsgültigkeit seiner Lohnabtretungen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab. Erwägungen Erwägungen: 2. Art. 226 e OR gehört zu den Bestimmungen über den Abzahlungsvertrag ( Art. 226 a - m OR ) und behandelt die Abtretung von Ansprüchen (insbesondere künftiger Lohnforderungen) des Käufers ( Art. 226 e Abs. 1 OR ). Er gilt nach Art. 226 m Abs. 1 OR für alle Rechtsgeschäfte und Verbindungen von solchen, soweit die Parteien damit die gleichen wirtschaftlichen BGE 95 III 39 S. 41 Zwecke wie bei einem Kauf auf Abzahlung verfolgen (und ist nach Art. 228 OR auch auf den Vorauszahlungsvertrag im Sinne von Art. 227 a OR anwendbar). Nach Art. 226 m Abs. 2 OR sind die Art. 226 a - 1 (unter Vorbehalt der in Art. 226 m Abs. 3 und 4 vorgesehenen Ausnahmen) namentlich sinngemäss anzuwenden "für die Gewährung von Darlehen zum Erwerb beweglicher Sachen, wenn der Verkäufer dem Darleiher die Kaufpreisforderung ... abtritt oder wenn Verkäufer und Darleiher in anderer Weise zusammenwirken, um dem Käufer die Kaufsache gegen eine nachträgliche Leistung des Entgeltes in Teilzahlungen zu verschaffen". Der Rekurrent hat seine Lohnabtretungen nach seiner eigenen Darstellung im Zusammenhang mit Darlehensgeschäften vorgenommen. Die Vorinstanz hat nicht geprüft, und aus den Akten ist nicht ersichtlich, ob es sich dabei um Darlehen im Sinne von Art. 226 m Abs. 2 OR handelte und ob allenfalls Art. 226 m Abs. 3 oder 4 OR eingreife. Diese Fragen können indes offen bleiben. Der in Art. 226 e Abs. 1 OR für den Geltungsbereich der Art. 226 a ff. OR ausgesprochene Grundsatz, dass künftige Lohnforderungen nur abgetreten werden können, soweit sie pfändbar sind, gilt nämlich allgemein, da er sich schon aus Art. 27 ZGB und Art. 20 OR ergibt ( BGE 85 I 31 lit.h mit Hinweisen; JEANPRETRE, La cession de salaire, SJZ 1967 S. 17 ff., insbesondere 20/21, mit weitern Hinweisen auf das Schrifttum und die kantonale Rechtsprechung). Es rechtfertigt sich daher, den Art. 226 e Abs. 2 OR , wonach das Betreibungsamt auf Ansuchen der Beteiligten den nach Art. 93 SchKG dem Käufer zu belassenden Kompetenzbetrag festsetzt, auf Abtretungen künftiger Lohnforderungen, die nicht mit einem von den Vorschriften über den Abzahlungsvertrag erfassten Geschäft zusammenhängen, entsprechend anzuwenden. Anders lässt sich der allgemeine Grundsatz, dass künftige Lohnforderungen nicht abtretbar sind, soweit sie für den Unterhalt des Schuldners und seiner Familie unumgänglich notwendig sind, praktisch nicht durchführen. Auf dieser Überlegung beruht Art. 325 Abs. 3 OR in der Fassung des bundesrätlichen Entwurfs vom 25. August 1967 für ein Bundesgesetz über die Revision des Zehnten Titels und des Zehnten Titels bis des OR (AS 1967 II S. 428 ff.), wo im Zusammenhang mit dem in Abs. 1 ausgesprochenen Grundsatze, dass künftige Lohnforderungen vom Arbeitnehmer nur soweit gültig abgetreten BGE 95 III 39 S. 42 oder verpfändet werden können, als sie pfändbar sind, allgemein bestimmt wird, auf Ersuchen eines Beteiligten setze das Betreibungsamt am Wohnort des Arbeitnehmers den unpfändbaren Betrag fest (vgl. AS 1967 II S. 337). Solange nicht feststeht, welcher Betrag pfändbar und daher abtretbar ist, weiss der Arbeitgeber nicht, welchen Teil des Lohns er dem Arbeitnehmer auszuzahlen und welchen Teil er dem Zessionar oder Pfandgläubiger zur Verfügung zu stellen hat. Diese Unsicherheit ist für alle Beteiligten untragbar und muss bis zum Inkrafttreten der neuen Bestimmungen über den Arbeitsvertrag in Fällen, für die Art. 226 e Abs. 2 OR nicht unmittelbar gilt, durch entsprechende Anwendung dieser Bestimmung beseitigt werden. 3. Da Art. 226 e Abs. 2 OR ausdrücklich auf Art. 93 SchKG verweist, ist der dem Lohnempfänger zu belassende Kompetenzbetrag bei der Abtretung künftiger Lohnforderungen nach den gleichen Grundsätzen zu bemessen wie bei der Lohnpfändung. Nach diesen Grundsätzen fallen Steuerschulden bei der Berechnung des Notbedarfs nicht in Betracht ( BGE 69 III 41 ). Das Gemeinwesen geniesst für seine Steuerforderungen kein Vorrecht gegenüber andern Gläubigern. 4. Der Vorinstanz ist auch darin beizustimmen, dass es nicht Sache des Betreibungsamtes und der Aufsichtsbehörden sein kann, bei Anwendung von Art. 226 e Abs. 2 OR die Gültigkeit der erfolgten Lohnabtretungen zu prüfen. Es handelt sich dabei um materiellrechtliche Fragen, die gegebenenfalls der ordentliche Richter zu entscheiden hat. Der Arbeitgeber, dem die Lohnabtretungen angezeigt wurden, hat die Möglichkeit, die den Kompetenzbetrag übersteigenden Lohnbeträge im Falle des Streits darüber, wem sie zustehen, nach Art. 168 Abs. 1 OR gerichtlich zu hinterlegen (vgl. BGE 95 III 12 ), worauf die Empfänger von Lohnabtretungen unter sich und mit dem Abtretenden darüber prozessieren können, wer auf diese Beträge Anspruch hat.
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Sachverhalt ab Seite 19 BGE 97 III 18 S. 19 Gekürzter Tatbestand: E. erwirkte am 9. März 1970 gegen H. für eine Forderung von über Fr. 38 000.-- einen Arrestbefehl, der als Arrestgegenstände ein Auto Commodore, verschiedene Einrichtungsgegenstände und eine Liegenschaft nannte. Am 10. März 1970 belegte der Betreibungsbeamte St. diese Gegenstände mit Arrest, ohne sie zu schätzen. Nachdem E. am 11. April 1971 in der Betreibung für die Arrestforderung (Nr. 36) das Fortsetzungsbegehren gestellt hatte, erliess der Betreibungsbeamte St. am 14. April 1970 eine Pfändungsankündigung, wonach die Pfändung am 17. April 1970 in der Wohnung des Schuldners erfolgen sollte. Ein Pfändungsprotokoll und eine Pfändungsurkunde des Betreibungsbeamten St. liegen für die Betreibung Nr. 36 nicht vor. Am 28. Juli/11 August/25. August 1970 gingen beim Betreibungsamt die Fortsetzungsbegehren der Gläubiger in den Arrestbetreibungen Nr. 77, 113 und 52 gegen H. ein. Nach den vorliegenden Pfändungsurkunden pfändete St. für diese Betreibungen im wesentlichen die seinerzeit auf Verlangen von E. arrestierten Gegenstände, ohne sie zu schätzen. Am 4. September 1970 wurde der Betreibungsbeamte St. durch den Betreibungsbeamten W. ersetzt. Dieser holte am 8. September 1970 die von St. versäumte Schätzung der gepfändeten Gegenstände nach und stellte in der von ihm am 9./10. September 1970 ausgefertigten, dem abwesenden Schuldner durch die Post zugestellten Pfändungsurkunde für die Betreibungen Nr. 36, 77, 113 und 52 fest, als erste Gruppe gelte die Betreibung Nr. 36; die zweite Gruppe umfasse die Betreibungen Nr. 77, 113 und 52. Er merkte vor, dass das Auto Commodore von der Aufina AG zu Eigentum angesprochen werde, und setzte den Gläubigern und dem Schuldner Frist zur Bestreitung dieser Ansprache. Ferner liess er die Pfändung der Liegenschaft im Grundbuch vormerken und gab der Grundpfandgläubigerin davon Kenntnis. Die Pfändung von Mobiliar meldete er dem Mobiliarversicherer. In einem Beschwerdeverfahren stellte die kantonale Aufsichtsbehörde am 1. Dezember 1970 fest, die vom Betreibungsbeamten St. in den Betreibungen Nr. 36, 77, 113 und 52 vorgenommenen Pfändungen seien nichtig; die gültige Pfändung sei in diesen Betreibungen am 8. September 1970 erfolgt; alle diese Betreibungen gehörten daher zur gleichen Gruppe. BGE 97 III 18 S. 20 Auf Rekurs des E. hin weist das Bundesgericht die Sache zur Vervollständigung des Tatbestandes und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Vorinstanz ist der Meinung, der Betreibungsbeamte St. habe dadurch, dass er die gepfändeten Gegenstände (insbesondere die Liegenschaft) nicht schätzte, die Eigentumsansprache der Aufina AG am gepfändeten Automobil nicht vormerkte, das Widerspruchsverfahren darüber nicht einleitete und die vorgeschriebenen Anzeigen an die Grundpfandgläubiger und die Versicherer unterliess, so schwerwiegende Fehler begangen, dass die von ihm vorgenommenen Pfändungen nicht bloss anfechtbar, sondern schlechthin nichtig seien. Die Pfändungen wären jedoch wegen der Versäumnisse des Betreibungsbeamten St. nur dann nichtig, wenn die unterbliebenen Massnahmen zum Vollzug der Pfändungen gehört hätten und wenn durch ihre Unterlassung nicht bloss die Interessen und Rechte der am Verfahren unmittelbar beteiligten Personen, also der Gläubiger und des Schuldners, sondern auch Interessen von Dritten oder öffentliche Interessen beeinträchtigt worden wären ( BGE 93 III 87 mit Hinweisen; IMBODEN, Nichtige Betreibungshandlungen, BlSchK 1944 S. 135/36). Das ist nicht der Fall. a) Die in Art. 97 Abs. 1 SchKG und für Grundstücke ausserdem in Art. 8 und 9 Abs. 1 VZG vorgeschriebene Schätzung gehört zur Pfändung. Sie ist notwendig, damit das Betreibungsamt einerseits für eine genügende Deckung der in Betreibung gesetzten Forderungen samt Zinsen sorgen und anderseits die Pfändung auf das hiefür nötige Mass beschränken kann ( Art. 9 Abs. 2 SchKG ; Art. 8 VZG ; BGE 73 III 55 , BGE 82 III 125 ) und damit der Gläubiger gegebenenfalls in die Lage kommt, einen Arrest zu erwirken oder die Anfechtungsklage zu erheben (Art. 115 Abs. 2, 271 Ziff. 5 und 285 SchKG). Eine weitere Bedeutung hat sie seit der Revision der Bestimmungen über die Voraussetzungen des Zuschlags ( Art. 126 SchKG ) durch das Bundesgesetz vom 28. September 1949 nicht mehr. Sie hat also nur den Interessen der Gläubiger und des Schuldners zu dienen. Interessen Dritter oder öffentliche Interessen werden durch eine unsachgemässe Schätzung oder durch die Unterlassung einer Schätzung nicht verletzt. Eine Pfändung darf also weder deswegen, weil die Schätzung nicht sachgemäss BGE 97 III 18 S. 21 erfolgte, noch wegen Unterbleibens einer Schätzung von Amtes wegen als nichtig erklärt werden. Sie darf wegen solcher Mängel nicht einmal auf Beschwerde hin aufgehoben werden. Vielmehr ist in solchen Fällen die Schätzung neu vorzunehmen (vgl. BGE 93 III 22 E. 4) oder nachzuholen (vgl. BGE 73 III 55 , wo die Nachholung der vom Betreibungsamt versäumten Schätzung eines arrestierten Grundstücks angeordnet wurde). b) Die in Art. 106 Abs. 1 und 112 Abs. 1 SchKG vorgeschriebene Vormerkung einer dem Amt bekanntgebenen Drittansprache in der Pfändungsurkunde gehört nicht zum Pfändungsvollzug als solchem, sondern es handelt sich um eine zu dieser Betreibungshandlung hinzutretende Massnahme, die bis zur Verteilung des Erlöses (vgl. Art. 107 Abs. 4 SchKG ) nachgeholt werden kann. Der Umstand, dass das Amt diese Vormerkung unterlässt und das Widerspruchsverfahren nicht einleitet, macht also die Pfändung als solche nicht ungültig. c) Die Mitteilung der Pfändung eines Grundstücks an das Grundbuchamt zwecks Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung ( Art. 101 SchKG , Art. 15 lit. a VZG ) und die Anzeigen an die Grundpfandgläubiger ( Art. 102 Abs. 2 SchKG , Art. 15 lit. b VZG ) und an die Versicherer ( Art. 56 VVG , Art. 1 der Verordnung betr. die Pfändung, Arrestierung und Verwertung von Versicherungsansprüchen nach dem VVG, Art. 15 lit. c VZG ) sind Sicherungsmassnahmen, deren Unterlassung die Gültigkeit der Pfändung als solcher nicht beeinträchtigt (vgl. BGE 94 III 80 /81). Die von der Vorinstanz angeführten Gründe vermögen daher die Nichtigerklärung der vom Betreibungsbeamten St. vollzogenen Pfändungen nicht zu rechtfertigen. 3. Dass der Betreibungsbeamte St. in der Betreibung Nr. 36 am 17. April 1970 eine gültige Pfändung vollzogen habe, ist jedoch aus andern Gründen zweifelhaft. Bei den von St. erstellten Betreibungsakten liess sich nämlich, wie schon erwähnt, weder ein Pfändungsprotokoll noch eine Pfändungsurkunde für die Betreibung Nr. 36 finden. Der einzige den Akten zu entnehmende Hinweis auf eine in dieser Betreibung am 17. April 1970 vollzogene Pfändung liegt in der Pfändungsankündigung vom 14. April 1970. (Ob diese Ankündigung, deren Originalausfertigung bei den Akten liegt, den Schuldner erreicht hat, ist nicht bekannt, aber im vorliegenden Zusammenhang auch nicht entscheidend, da eine nicht gehörig angekündigte BGE 97 III 18 S. 22 Pfändung nach der Rechtsprechung wegen dieses Mangels nicht schlechthin nichtig, sondern nur unter gewissen Voraussetzungen auf Beschwerde des Schuldners hin aufzuheben ist; vgl. BGE 77 III 106 /107 mit Hinweisen, BGE 79 III 152 , BGE 89 IV 80 /81). Was die von der Vorinstanz übernommene Feststellung des Betreibungsbeamten W., die Pfändung sei am 17. April 1970 "auf Grund der Arresturkunde vollzogen" worden, bedeuten soll, ist nicht klar. Namentlich ist nicht abgeklärt, ob sich der Betreibungsbeamte St. damals entsprechend der Ankündigung in die Wohnung des Schuldners begab, ob er diesen dort antraf oder nicht und ob er dem Schuldner mündlich oder schriftlich oder allenfalls durch eine öffentliche Bekanntmachung ( Art. 66 Abs. 4 SchKG ) mitteilte, dass bestimmte - klar bezeichnete - Gegenstände gepfändet seien und dass ihm folglich bei Straffolge verboten sei, ohne Bewilligung des Betreibungsamtes über diese Gegenstände zu verfügen ( Art. 96 Abs. 1 SchKG ). Eine solche Mitteilung an den Schuldner ist für den Pfändungsvollzug wesentlich (vgl. BGE 93 III 36 , BGE 94 III 80 E. 3a; was hier für die Lohn- und Verdienstpfändung gesagt wurde, gilt für die Sachpfändung entsprechend). Unterbleibt diese Mitteilung, so liegt überhaupt keine Pfändung vor. Die Vorinstanz hat also in diesem Punkte den Tatbestand zu vervollständigen, wozu die Befragung des frühern Betreibungsbeamten St. nötig sein dürfte. Sollte sich ergeben, dass St. die erwähnte Mitteilung an den Schuldner unterliess, oder sollte sich nicht zuverlässig feststellen lassen, dass diese - bisher durch nichts belegte, insbesondere nicht gehörig beurkundete - Mitteilung erfolgt und damit das Mindesterfordernis einer Pfändung erfüllt sei, so bliebe es bei der Feststellung, dass vor dem 8. September 1970 in der Betreibung Nr. 36 keine gültige Pfändung vollzogen wurde, sowie bei den von der Vorinstanz hieraus gezogenen Folgerungen. Wäre dagegen am 17. April 1970 eine gültige Pfändung erfolgt, so käme dem Rekurrenten gegenüber den Gläubigern der Betreibungen Nr. 77, 113 und 52 das von ihm beanspruchte Gruppenvorrecht zu. Art. 281 SchKG vermöchte in diesem Falle den Gläubigern der Betreibungen Nr. 77, 113 und 52 nicht zu helfen, da die Arreste zugunsten dieser Gläubiger nicht vor, sondern erst nach dem 17. April 1970 vollzogen wurden.
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Erwägungen ab Seite 19 BGE 102 IV 18 S. 19 Aus den Erwägungen: Art. 139 Ziff. 2 StGB zählt die Fälle des schweren Raubes auf und nennt als ersten Tatbestand die Bedrohung mit dem Tod. Der gleiche Sachverhalt wird schon vom Grundtatbestand des Art. 139 Ziff. 1 erfasst, wo als einfacher Räuber u.a. bestraft wird, wer eine Person mit einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben bedroht. Dieser Widerspruch erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, indem Ziffer 1 nachträglich eine Änderung erfuhr, ohne dass Ziffer 2 entsprechend angepasst wurde ( BGE 72 IV 57 ). Um diese Ungereimtheit zu beheben, ist der qualifizierte Tatbestand der Ziff. 2 Abs. 2 einschränkend auszulegen. Die Vorinstanz ist der Meinung, dass die Möglichkeit der Verwirklichung der Todesdrohung kein genügendes Kriterium für die Abgrenzung zu Ziffer 1 darstelle und deshalb ausserdem die Bereitschaft des Täters, die Drohung notfalls wahrzumachen, gefordert werden müsse. Sie leitet dieses Merkmal aus der Generalklausel (Ziff. 2 Abs. 4) ab, nach der auch die subjektiven Seiten des Falles zu berücksichtigen seien (vgl. dazu z.B. BGE 100 IV 222 ). Das Bundesgericht hat indessen bereits entschieden, dass es auf die Bereitschaft oder Absicht des Täters, die Todesdrohung zu verwirklichen, nicht ankomme, und zwar gestützt auf die Entstehungsgeschichte und die Tatsache, dass in keiner andern Bestimmung des StGB die Strafbarkeit der Drohung vom Willen des Täters abhängig gemacht werde, ferner auch aus der praktischen Überlegung heraus, dass die Verwirklichungsabsicht im Falle der Bestreitung schwer nachzuweisen wäre ( BGE 72 IV 58 ). An dieser Auffassung ist umso mehr festzuhalten, als das Gesetz auch die anderen, in Ziffer 2 genannten besonderen Qualifikationsgründe (Verübung einer schweren Körperverletzung, bandenmässige Begehung) durch objektive Merkmale umschreibt und damit zum Ausdruck bringt, dass sie für sich allein genügen, um daraus auf die besondere Gefährlichkeit des Täters zu schliessen. In BGE 72 IV 58 wurde nur entschieden, dass stets einfacher BGE 102 IV 18 S. 20 Raub nach Art. 139 Ziff. 1 StGB vorliege, wenn die Drohung mit dem Tod zum vorneherein nicht wahrgemacht werden könne, der Täter also bloss durch eine Täuschung Todesangst hervorrufe. Daraus folgt noch nicht und wurde im erwähnten Entscheid auch nicht gesagt, dass jedes Mal, wenn der Täter über die Mittel zur Verwirklichung der Drohung verfüge, ein schwerer Raub im Sinne der Ziffer 2 anzunehmen sei. Diese Bestimmung setzt voraus, dass die Tat die besondere Gefährlichkeit des Täters offenbare ( BGE 72 IV 58 ), ein Merkmal, das auch dann nicht immer gegeben zu sein braucht, wenn die Todesdrohung an sich ausführbar ist, z.B. wenn die Drohung aus irgendwelchen Gründen nicht ernst genommen wird oder wenn ihre Ausführung zusätzliche Vorkehren, etwa die Beseitigung von Hindernissen, erfordert. Die Voraussetzung der besondern Gefährlichkeit des Täters ist jedoch als erfüllt zu betrachten, wenn er die Todesdrohung objektiv unmittelbar verwirklichen kann und das Opfer nach den Umständen, insbesondere nach der Art der Drohung, tatsächlich einer grossen Todesgefahr ausgesetzt ist, diese also hochgradig ist. Schoch brachte eine Bankkundin durch einen überraschenden Griff von hinten in seine unmittelbare Gewalt und bedrohte sie gleichzeitig mit dem Tod, indem er die Spitze eines langen Küchenmessers an ihre Kehle setzte, um das Bankpersonal zur Herausgabe des geforderten Geldes zu zwingen. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz befand sich die Geisel in einem Schreckzustand, und das Bankpersonal kam aus Furcht um das Leben der Geisel der Forderung des Angeklagten unverzüglich nach. Dass die Bedrohte in hohem Grade in Todesgefahr schwebte, ergibt sich daraus, dass schon eine unbedachte Bewegung des Täters oder des Opfers hätte genügen können, diesem eine lebensgefährliche Verletzung zuzufügen. Die Tat fällt demzufolge unter Art. 139 Ziff. 2, nicht Ziff. 1, wie die Vorinstanz angenommen hat.
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Sachverhalt ab Seite 436 BGE 122 III 436 S. 436 Im Konkurs der R. AG soll die ausseramtliche Konkursverwaltung im Verlauf des Verfahrens angeblich einen Grossteil der Aktiven der Gemeinschuldnerin - inklusive die Rechte an drei Patenten - an die A. AG verkauft haben. Mit Kollokationsverfügung vom 13. August 1996 wies die Konkursverwaltung u.a. den von der C. Ltd. geltend gemachte Aussonderungsanspruch für drei Patente ab und setzte der C. Ltd. eine Frist von zehn Tagen zur Anhebung der Aussonderungsklage nach Art. 242 Abs. 2 SchKG an. Eine von der C. Ltd. gegen diese Fristansetzung erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission des Obergerichtes des Kantons Thurgau mit Beschluss vom 2. September 1996 ab. BGE 122 III 436 S. 437 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Nach Art. 242 Abs. 1 SchKG verfügt die Konkursverwaltung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten als Eigentum angesprochen werden; hält sie den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten nach Art. 242 Abs. 2 SchKG eine Frist von zehn Tagen zur Anhebung der Klage an. Um über die Herausgabe beweglicher Sachen zu verfügen und Dritten, deren Eigentumsansprache für unbegründet gehalten wird, Frist anzusetzen, muss sich die betreffende Sache im ausschliesslichen Gewahrsam der Masse befinden ( BGE 93 III 96 E. 3 S. 102 f.). Andernfalls obliegt es der Masse oder gegebenenfalls den Abtretungsgläubigern nach Art. 260 SchKG , gegen den Dritten, der Gewahrsam an den Vermögenswerten hat, auf Herausgabe der Sache zu klagen ( BGE 110 III 87 E. 2a S. 90 mit Hinweis). Für die Bestimmung des Gewahrsams kommt es im Konkursverfahren auf den Zeitpunkt der Konkurseröffnung an, in welchem Zeitpunkt der Gemeinschuldner die Verfügungsgewalt über sein Vermögen verliert ( Art. 197 SchKG ); damit verhält es sich im Konkurs analog zum Widerspruchsverfahren nach Art. 106 bis 109 SchKG, wo auf den Zeitpunkt abgestellt wird, in dem der Betriebene seine tatsächliche Verfügungsgewalt durch Pfändung ( Art. 96 SchKG ) oder Arrestierung ( Art. 275 SchKG ) verliert (vgl. BGE 110 III 87 E. 2c S. 92 f. mit Hinweisen). b) Die Rekurrentin hält dafür, dass der vorliegende Sachverhalt nicht unter diese Rechtsprechung falle; vielmehr sei für die Frage, ob eine Frist nach Art. 242 Abs. 2 SchKG anzusetzen sei und sie demnach Aussonderungsklage erheben müsse, BGE 24 I 719 ff. massgebend. In diesem Urteil hat das Bundesgericht entschieden, dass für die Frage der Parteirollenverteilung der Zeitpunkt, in dem der Streit angehoben werde, und nicht jener der Konkurseröffnung oder der Inventaraufnahme massgebend sei; in diesem Fall hatte die Masse zwar mit der Konkurseröffnung den Gewahrsam über die Sache erlangt, sich dieser aber danach begeben, weshalb die dem Gläubiger gegenüber verfügte Fristansetzung nach Art. 242 Abs. 2 SchKG aufgehoben wurde (E. 2 S. 723 f.). Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die faktischen Verhältnisse zwischen Konkurseröffnung und Einleitung des Aussonderungsprozesses verändert hatten. c) Die Frage, ob BGE 110 III 97 ff. einer eigentlichen Praxisänderung gleichkomme und insoweit der dem BGE 24 I 273 ff. zugrundeliegende BGE 122 III 436 S. 438 Sachverhalt heute anders beurteilt werden müsste - wie dies die Vorinstanz geltend macht und von der Rekurrentin bestritten wird -, kann im vorliegenden Fall indessen offenbleiben. Einerseits ist unbestritten, dass die Masse mit der Konkurseröffnung den Gewahrsam an den Patenten erlangt hatte. Anderseits unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt von dem von den Parteien angerufenen Entscheid. Während in dem vom Bundesgericht in BGE 24 I 723 ff. entschiedenen Fall die Konkursverwaltung die umstrittenen Sachen dem Eigentumsansprecher zur freien Verfügung herausgegeben und dieser dadurch die faktische Verfügungsgewalt darüber erlangt hatte, verkaufte die Konkursverwaltung die Sachen im vorliegenden Fall an eine Drittperson. Hat aber die Konkursverwaltung Gegenstände in ihrem Vermögen einem Dritten veräussert, wird die Forderung auf den an Stelle der Sache getretenen Erlös nicht zu einer einfachen Massaforderung, die erst nach Deckung der Kosten Anspruch auf Befriedigung hätte; vielmehr ist die eingezogene - eventuell das Recht auf die noch ausstehende - Gegenleistung vor der Befriedigung der Massagläubiger aus der Konkursmasse auszuscheiden (JAEGER, Schuldbetreibung und Konkurs, Band II, Zürich 1911, N. 3.A. zu Art. 242 a.E.; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 3. Auflage, Lausanne 1993, S. 332, § 2 III). Als Surrogat der vom Dritten angesprochenen, zwischenzeitlich aber veräusserten Gegenstände fällt die entsprechende Gegenleistung des Dritterwerbers als für den Ansprecher auszuscheidende Vermögenswerte in die Konkursmasse, so dass sich diese Gegenleistung im Gewahrsam der Konkursverwaltung befindet. Der Rekurrentin ist zwar beizupflichten, dass die Konkursverwaltung den Gewahrsam nach der Konkurseröffnung freiwillig aufgegeben hat, doch übersieht sie, dass der Konkursverwaltung im Gegenzug der Gewahrsam an der Gegenleistung zugefallen ist. Aus diesem Grund ist auf jeden Fall das Verfahren nach Art. 242 SchKG durchzuführen; es trifft somit nicht zu, dass die Fristansetzung nach Art. 242 Abs. 2 SchKG zur Anhebung der Aussonderungsklage keinen Sinn mehr mache, da sich der Aussonderungsanspruch nunmehr gegen die eingezogene bzw. noch ausstehende Gegenleistung richtet. Es ist daher in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass die Konkursverwaltung eine Verfügung über den Anspruch getroffen und der Beschwerdeführerin Frist zur Klage angesetzt hat. Die Beschwerde erweist sich deshalb als unbegründet.
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Sachverhalt ab Seite 560 BGE 127 III 559 S. 560 Die Bank Y. verbürgte sich im Jahre 1992 für mietvertragliche Verpflichtungen einer neu zu gründenden Gesellschaft gegenüber der Vermieterin, der X. AG. Der Höchstbetrag der Bürgschaft belief sich auf Fr. 463'000.- und ihre Dauer war bis zum 1. August 1994 befristet. Die Hauptschuldnerin kam ihren Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nicht nach. Die Vermieterin liess sich daher für ausstehende Mietzinse einen per 31. Dezember 1993 fälligen Eigenwechsel über Fr. 342'289.20 ausstellen. Dieser wurde bis zum Fälligkeitstermin nicht honoriert. In der Folge leitete die Vermieterin gegen die Hauptschuldnerin Wechselbetreibung ein, in welcher am 1. Februar 1994 der Zahlungsbefehl zugestellt wurde. Die Hauptschuldnerin ersuchte daraufhin um Nachlassstundung. Die Vermieterin ihrerseits stellte ein Konkursbegehren. Am 1. März 1994 wurde das Konkurseröffnungsverfahren bis zum Entscheid über die Nachlassstundung sistiert. Die Vermieterin wies den Bürgen mit Schreiben vom 11. Juli 1994 darauf hin, dass sie ihn in Anspruch nehme. Am 20. Juli 1994 erklärte sich dieser ausserstande, die Ansprüche zu befriedigen, weil der Konkurs über die Hauptschuldnerin nicht eröffnet sei. Nachdem das Nachlassstundungsgesuch der Hauptschuldnerin abgewiesen worden war, wurde am 7. Dezember 1994 der Konkurs über sie eröffnet. Die Vermieterin meldete am 3. März 1995 sämtliche Mietzinsforderungen im Konkurs an. Am 22. März 1995 reichte die Vermieterin beim Amtsgericht Luzern-Stadt Klage gegen die heutige Bank Y. ein und verlangte die Bezahlung von Fr. 463'000.-. In einem ersten Verfahren wiesen das Amtsgericht Luzern-Stadt und das Luzerner Obergericht die Bürgschaftsforderung mit der Begründung ab, die Klägerin habe mit der Einreichung der Klage gegen die Bürgin nach der Konkurseröffnung über die Hauptschuldnerin zu lange zugewartet, um dem Erfordernis des rechtzeitig eingeschlagenen und ohne BGE 127 III 559 S. 561 erhebliche Unterbrechung verfolgten Rechtswegs gemäss Art. 510 Abs. 3 OR zu genügen. Eine hiergegen erhobene Berufung hiess das Bundesgericht mit Urteil vom 14. Juli 1999 teilweise gut und wies die Streitsache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück ( BGE 125 III 322 ). Es erwog im Wesentlichen, das gesetzlich verankerte Beschleunigungsgebot betreffe nur die Haupt-, nicht auch die Bürgschaftsforderung. Ohne anders lautende Vereinbarung genüge daher grundsätzlich, wenn der Gläubiger dem Bürgen binnen vier Wochen nach beendetem Vorgehen gegen den Hauptschuldner anzeige, die Bürgschaft zu beanspruchen. Einer fristgebundenen Klageanhebung bedürfe es zur Rechtsverfolgung gegenüber dem Bürgen nicht. Die Klägerin habe die Bürgschaft folglich rechtzeitig im Sinne des Gesetzes in Anspruch genommen. Das Obergericht wies die Sache zu neuer Beurteilung an das Amtsgericht zurück, welches die Klage am 13. Juni 2000 erneut abwies. Gleich entschied das Obergericht am 20. März 2001. Die Klägerin führt auch gegen diesen Entscheid Berufung beim Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Fr. 463'000.-. Eventualiter verlangt sie die Rückweisung der Streitsache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Bei einer nur für eine bestimmte Zeit eingegangenen Bürgschaft verliert der Gläubiger nach Art. 510 Abs. 3 OR seinen Anspruch gegenüber dem Bürgen, wenn er die Hauptforderung nicht binnen vier Wochen nach Ablauf der Frist rechtlich geltend macht und den Rechtsweg ohne erhebliche Unterbrechung verfolgt. Die von der Beklagten zu vertretende Bürgschaft wurde auf den 1. August 1994 befristet. Sie fällt somit unter die genannte Bestimmung. 2. a) Das Obergericht stellte für das Bundesgericht verbindlich fest, die Hauptschuldnerin habe zwar mehrere Eigenwechsel ausgestellt, doch decke nur derjenige über Fr. 342'289.20 die durch die Bürgschaft gesicherte Mietzinsforderung der Klägerin gegenüber der Hauptschuldnerin. BGE 127 III 559 S. 562 b) Nach Auffassung des Obergerichts ist die Klägerin durch die rechtliche Eintreibung der Wechselforderung über Fr. 342'289.20 gegenüber der Hauptschuldnerin ihrer Obliegenheit zur rechtzeitigen Verfolgung der durch die Bürgschaft gesicherten Mietzinsforderung nicht nachgekommen. Damit habe sie ihre Ansprüche gegenüber der Bürgin verwirkt ( Art. 510 Abs. 3 OR ). Das Obergericht folgte dabei der Auffassung des Amtsgerichts, die Klägerin habe mit der Wechselforderung eine zweite "zweckidentische", von der Hauptforderung aber losgelöste und damit eine nichtverbürgte Forderung rechtlich verfolgt. Sie habe insoweit zwar die Wechselforderung innert der Frist von Art. 510 Abs. 3 OR geltend gemacht, nicht aber die verbürgte Mietzinsforderung. c) Die Klägerin bringt vor, sie habe die Voraussetzung der rechtzeitigen Verfolgung der verbürgten Mietzinsforderung im Sinne von Art. 510 Abs. 3 OR durch Prosequierung der Wechselforderung gegenüber der Hauptschuldnerin erfüllt. Die vom Obergericht vertretene Auffassung, dass durch den Eigenwechsel eine andere, von der Mietzinsforderung unabhängige und daher nicht verbürgte Forderung begründet worden sei, verletze Bundesrecht. 3. a) Die rechtliche Struktur des Eigenwechsels unterscheidet sich von derjenigen des gezogenen Wechsels. Der gezogene Wechsel ist eine unwiderrufliche Anweisung, die den besonderen Formalien des Wechselrechts unterliegt, wodurch namentlich die Umlauffähigkeit gewährleistet wird. Seine Begebung hat als liberatorisches Rechtsgeschäft Zahlungs-, d.h. Erfüllungsfunktion. Der eigene Wechsel unterscheidet sich vom gezogenen dadurch, dass sich der Aussteller selbst zur Zahlung der Wechselsumme verpflichtet. Er ist ein abstraktes Schuldbekenntnis im Sinne von Art. 17 OR , das ebenfalls den Regeln des Wertpapierrechts unterliegt. Der Eigenwechsel ist eine Schuldanerkennung in Wechselform (GUHL/DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., S. 915; JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, Wertpapierrecht, S. 146 und 170; MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, Wertpapierrecht, 2. Aufl., S. 204 f.; GRÜNINGER/HUNZIKER/NOTTER, Basler Kommentar, Vorbemerkungen zu Art. 990-1099 OR , N. 15 f.; MERZ, Der Einfluss des Wechsels auf das Grundgeschäft und der Wechselbereicherungsanspruch, Diss. Bern 1932, S. 51 f.). b) Die Begebung eines gezogenen Wechsels als qualifizierte Zahlungsanweisung erfolgt vermutungsweise zahlungshalber und nicht an Erfüllungs statt ( Art. 116 Abs. 2 OR ; BGE 42 III 496 E. 2; AEPLI, Zürcher Kommentar, N. 34 zu Art. 116 OR mit weiteren BGE 127 III 559 S. 563 Hinweisen; SCHRANER, Zürcher Kommentar, Vorbemerkungen zu Art. 68-96 OR , N. 122). Soweit diese Rechtswirkung ausdrücklich auch für die Begebung eines Eigenwechsels beansprucht wird (MERZ, a.a.O., S. 53), wird der Grundsatz übersehen, dass der Eigenwechsel als blosses Zahlungsversprechen im Allgemeinen keine Erfüllungswirkungen zeitigt, namentlich kein liberatorisches Rechtsgeschäft darstellt. Als solches erscheint die Hingabe eines Eigenwechsels ausnahmsweise bloss, wenn sie entgegen der negativen Vermutung in Art. 116 OR novierende Wirkung zeitigt und damit an Erfüllungs statt erfolgt (WEBER, Berner Kommentar, Einleitung und Vorbemerkungen zu Art. 68-96 OR , N. 146; im Ergebnis gleich SCHRANER, a.a.O., Vorbemerkungen zu Art. 68-96 OR , N. 97). Die nicht novierende Begebung eines Eigenwechsels bewirkt demgegenüber nur eine vorübergehende Modifikation am Leistungsinhalt des Grundverhältnisses, indem sie dem Aussteller gegenüber dem Wechselnehmer bis zum Verfalldatum des Wechsels die dilatorische Einrede der Stundung der Grundforderung verschafft ( BGE 42 III 496 E. 2; JÄGGI, Zürcher Kommentar, N. 107 zu Art. 965 OR ; THOMAS VON BALLMOOS, Der wertpapierrechtliche Verkehrsschutz, Diss. Bern 1993, S. 90; MERZ, a.a.O., S. 21). Die Ausstellung eines Eigenwechsels dient daher vorwiegend dem Kreditinteresse des Schuldners. Umgekehrt wird der Gläubiger in eine günstigere Lage versetzt: unmittelbar durch die Vorteile der formellen Wechselstrenge (Wechselbetreibung, Umkehr der Beweislast für zugelassene Einreden) und mittelbar durch die materielle Wechselstrenge (Einredeausschluss zu Gunsten des gutgläubigen Dritterwerbers), wodurch die wechselbekleidete Forderung eine verbesserte Umlaufsfähigkeit erfährt (JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, a.a.O., S. 135; MERZ, a.a.O., S. 29, Fn. 1). c) Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz beabsichtigten die Parteien mit der Begebung des Eigenwechsels keine Novation der Mietzinsschuld. Damit wurde diese nicht aufgehoben und die Frage stellt sich nicht, ob der Bürge bereits mit der Neuerung befreit wurde (so die herrschende Lehre und Rechtsprechung: BGE 60 II 332 E. 2; BGE 64 II 284 E. 2b; GIOVANOLI, Berner Kommentar, N. 3 und 11 zu Art. 509 OR ; PESTALOZZI, Basler Kommentar, N. 7 zu Art. 509 OR ; kritisch BECK, Das neue Bürgschaftsrecht, N. 25 zu Art. 509 OR ). 4. a) Wie jedes Schuldbekenntnis im Sinne von Art. 17 OR beinhaltet der Eigenwechsel vorerst bloss eine unbedingte und unwiderrufliche Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Gläubiger BGE 127 III 559 S. 564 ohne Angabe des Verpflichtungsgrundes. Diese Schuldanerkennung ist indessen nicht in dem Sinne abstrakt, dass sie vom vorbestandenen Grundverhältnis losgelöst erfolgt. Die Ausstellung eines Eigenwechsels begründet keine vom Rechtsgrund der ursprünglichen Schuld gelöste Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und erstem Nehmer (JÄGGI, Zürcher Kommentar, N. 107 zu Art. 965 OR ). Die Forderung des ersten Nehmers aus dem Wechsel ist vielmehr identisch mit der Forderung aus dem der Schuldanerkennung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis (WIELAND, Der Wechsel und seine civilrechtlichen Grundlagen, S. 61). Der Eigenwechsel erzeugt zwischen Aussteller und Remittent stets nur Beweisabstraktheit im formellen, rein urkundenrechtlichen Sinn (JÄGGI, a.a.O., N. 104-107 zu Art. 965 OR ; MERZ, a.a.O., S. 4; VON BÜREN, Die Beschränkung der Einreden des Wechselschuldners, S. 2; CLAUDIA SIEBER, Schweizerischer Wechsel - U.S. Bill of Exchange und Promissory Note, Diss. Zürich 1995, S. 151 f.). Die Bedeutung seiner Abstraktheit erschöpft sich hier in der Beweislastverschiebung (MERZ, a.a.O., S. 52). Dies entspricht dem Astraktheitsbegriff von Art. 17 OR , wonach ohne gegenteilige Abrede der Schuldner keinem materiellen Einredenaussschluss ausgesetzt ist ( BGE 105 II 183 E. 4a; SCHMIDLIN, Berner Kommentar, N. 22 f. und N. 50 f. zu Art. 17 OR ; JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, a.a.O., S. 26 f., 62 f., 138 und 217 f.; FURTER, Basler Kommentar, N. 10 zu Art. 979 OR ; VON BALLMOOS, a.a.O., S. 91; SIEBER, a.a.O., S. 152). Vorbehältlich einer Novationsabrede bleibt daher die ursprüngliche Forderung mit ihren Nebenrechten - wie namentlich einer Bürgschaft - durch die Ausstellung eines Wechsels unberührt, womit die Wechselverbindlichkeit auch späteren Änderungen der ursprünglichen Forderung unterworfen ist. Dem Aussteller stehen daher gegenüber dem ersten Nehmer sämtliche Einreden und Einwendungen aus dem Grundgeschäft offen (JÄGGI, a.a.O., N. 102 zu Art. 965 OR ; JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, a.a.O., S. 216). b) Liegt der Eigenwechsel ununterbrochen oder mittels Rückindossierung wiederum beim ersten Nehmer, besteht folglich von Privatrechts wegen materiell nur eine Forderung, und zwar die Grundforderung aus dem unterliegenden Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner (WIELAND, a.a.O., S. 61). Diese Rechtslage ändert sich erst, wenn die Wechselforderung über den Kreis der unmittelbaren Kontrahenten hinausgelangt, d.h. mit seiner Indossierung an einen gutgläubigen Dritten. Erst in dessen Händen ist der Wechsel mehr als bloss formelle Umhüllung BGE 127 III 559 S. 565 der causa (WIELAND, a.a.O., S. 65). Ihm gegenüber ist eine Anfechtung der Wechselforderung durch den Aussteller wegen Mängeln des Grundverhältnisses ausgeschlossen, weil durch das Indossament ein davon unabhängiges Versprechen entsteht ( Art. 1007 OR ; JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, a.a.O., S. 63; VON BÜREN, a.a.O., S. 6; WIELAND, a.a.O., S. 65 und 71; OTT, Das Vertrauensprinzip und die Lehre vom Einredenausschluss im Wechselrecht, in: SJZ 75/1979 S. 153 ff., 154). Erst mit der Indossierung des Eigenwechsels entsteht neben der Forderung zwischen Aussteller und erstem Nehmer eine zweite, von der Grundforderung losgelöste aber zweckidentische Forderung zwischen Indossatar und Aussteller (MERZ, a.a.O., S. 55). Vor der Indossierung ist die Zweiung der Forderungen bloss eine latente oder bedingte. Das Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner könnte sich durch die Ausstellung eines Eigenwechsels nur dann ändern, wenn es dadurch materiell-abstrakt würde und zufolge einer Beschränkung der Einreden aus dem Grundgeschäft die in der Urkunde nicht genannte Bürgenhaftung ausschlösse. Die materielle Wechselstrenge als Einredeabstraktheit der Wechselforderung gemäss Art. 1007 OR ist jedoch nicht eine Folge der Wertpapiereigenschaft, sondern des Indossaments oder des Umlaufs des Wechsels (VON BÜREN, a.a.O., S. 11; OTT, a.a.O., S. 154). Das im Wechsel verurkundete Versprechen aus dem Skripturakt richtet sich allein an gutgläubige Dritterwerber (WIELAND, a.a.O., S. 84 f.; GUHL/DRUEY, a.a.O., S. 904). Nur ihnen gegenüber ist das Wechselversprechen skripturrechtlich vom Grundverhältnis losgelöst. Eine weitergehende Einredeabstraktheit lässt sich dagegen dem Wechselrecht nicht entnehmen. Es besteht denn auch kein Grund, diesen Verkehrsschutz in irgendeiner Weise auf die kausal verbundenen Parteien auszudehnen. c) Im Ergebnis wird daher mit der Prosequierung der im Eigenwechsel verbrieften Forderung durch den ersten Nehmer nichts anderes verfolgt als die Grundforderung, wenn auch auf prozessual sicherere und bequemere Weise (MERZ, a.a.O., S. 27 f.). Mithin kann insoweit der Auffassung der Vorinstanz nicht gefolgt werden. Die Bürgenhaftung ging durch die Ausstellung des Eigenwechsels nicht unter, weil dadurch keine von der ursprünglichen Mietzinsschuld gelöste Rechtsbeziehung zwischen der Hauptschuldnerin und der Klägerin als erster Nehmerin entstand. Mit der rechtlichen Verfolgung des Eigenwechsels durch die Klägerin wurde somit weder die Identität der Grundforderung aus dem Mietverhältnis noch die BGE 127 III 559 S. 566 Bürgenhaftung aufgegeben. Vielmehr erfüllte die Klägerin die Voraussetzungen von Art. 510 Abs. 3 OR , als sie die verbürgte Grundforderung auf dem Weg der Wechselbetreibung und dem anschliessenden Begehren auf Konkurseröffnung innerhalb der gesetzlichen Frist rechtlich geltend machte. Daran ändert nichts, dass die Klägerin jedenfalls nach erfolglosem Einlösungsversuch des Eigenwechsels nach der zutreffenden Rechtsauffassung des Obergerichts ohne weiteres berechtigt gewesen wäre, auch gestützt auf die Grundforderung gegenüber der Hauptschuldnerin rechtlich vorzugehen. Eine derartige Pflicht bestand jedoch entgegen der Ansicht des Obergerichts nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass im Verhältnis der Mietparteien stets nur eine, und zwar die durch die Bürgenhaftung gesicherte Mietzinsforderung bestand. 5. Der hier vertretenen Auffassung steht auch die ratio legis von Art. 510 Abs. 3 OR nicht entgegen. Die zeitliche Strenge in der Verfolgung der Hauptforderung rechtfertigt sich aus dem Interesse des Bürgen an einer Klärung von Grundsatz und Umfang seiner Haftung, aus der Tendenz zur Erleichterung seiner Befreiung von einer in aller Regel einseitig eingegangenen Verpflichtung und aus der Schwierigkeit der Schadensbestimmung bei unterlassener oder verzögerter Geltendmachung der Hauptforderung ( BGE 125 III 322 E. 3b). Diese Interessen aber werden in der hier zu beurteilenden Konstellation ebenso gut wenn nicht besser gewahrt, wenn der Gläubiger seine Forderung auf dem raschen Weg der Wechselbetreibung verfolgt anstatt unbesehen des zusätzlichen wertpapierrechtlichen Zahlungsversprechens aus dem Grundgeschäft vorzugehen. Mithin stehen auch bürgschaftsrechtliche Überlegungen dieser Auffassung nicht entgegen.
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aae77d7e-7d8a-4129-9168-4b108fa2a3b0
732.17 1 Verordnung über den Stilllegungsfonds und den Entsorgungsfonds für Kernanlagen (Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung, SEFV) vom 7. Dezember 2007 (Stand am 1. Januar 2022) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf die Artikel 81 Absatz 5, 82 Absatz 2 und 101 des Kernenergiegesetzes vom 21. März 20031 (KEG),2 verordnet: 1. Abschnitt: Sitz Art. 1 Der Stilllegungsfonds und der Entsorgungsfonds für Kernanlagen (Fonds) haben ihren Sitz in Bern. 2. Abschnitt: Kosten Art. 2 Stilllegungskosten 1 Als Stilllegungskosten gelten alle Kosten, die bei der Stilllegung von Kernanlagen entstehen. 2 Zu den Stilllegungskosten gehören namentlich die Kosten für: a. die anlagetechnische Vorbereitung für die Stilllegung; b. den Einschluss, den Unterhalt und die Bewachung der Anlage; c. die Dekontamination oder Demontage und Zerkleinerung der aktivierten und kontaminierten Teile; d. den Transport und die Entsorgung der bei der Stilllegung anfallenden radio- aktiven Abfälle; e. den Abbruch aller technischen Einrichtungen und der Gebäude und die De- ponie der inaktiven Abfälle; f. die Dekontamination des Geländes; g. Planung, Projektierung, Projektleitung und Überwachung; AS 2008 241 1 SR 732.1 2 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 732.17 Kernenergie 2 732.17 h. Strahlen- und Arbeitsschutzmassnahmen; i. behördliche Bewilligungen und Aufsicht; j. Versicherungen; k. Verwaltungskosten. Art. 3 Entsorgungskosten 1 Als Entsorgungskosten gelten alle Kosten, die für die Entsorgung der radioaktiven Betriebsabfälle und der abgebrannten Brennelemente nach endgültiger Ausserbe- triebnahme von Kernkraftwerken anfallen.3 2 Zu den Entsorgungskosten gehören namentlich die Kosten für: a. den Transport und die Entsorgung der radioaktiven Betriebsabfälle; b. den Transport, die Wiederaufarbeitung und die Entsorgung der abgebrannten Brennelemente; c. eine Beobachtungsphase von 50 Jahren für ein geologisches Tiefenlager; d. Planung, Projektierung, Projektleitung, Bau, Betrieb, Rückbau und Über- wachung von Entsorgungsanlagen; e. Strahlen- und Arbeitsschutzmassnahmen; f. behördliche Bewilligungen und Aufsicht; g. Versicherungen; h. Verwaltungskosten. Art. 44 Festlegung der voraussichtlichen Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten 1 Die beitragspflichtigen Eigentümer einer Kernanlage erstellen alle fünf Jahre jeweils für ihre Anlage eine Studie zur voraussichtlichen Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten (Kostenstudie), erstmals bei der Inbetriebnahme. 2 Die Kosten werden gestützt auf die Stilllegungsplanungen, das Entsorgungspro- gramm und aktuelle technisch-wissenschaftliche Erkenntnisse sowie auf die im Zeitpunkt der Berechnung gültigen Preise ermittelt. 2bis Für die Ermittlung der Kosten ist eine Methode zu wählen, die dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht und die Zuschläge für Prognoseungenauigkei- ten, Chancen und Gefahren sowie einen generellen Sicherheitszuschlag berücksich- tigt.5 3 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 4 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 5 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 3 732.17 3 Bei der Berechnung der Stilllegungs- und Entsorgungskosten von Kernkraftwerken ist eine Betriebsdauer von 50 Jahren anzunehmen. Gestützt auf die Angaben des Eigentümers kann die Verwaltungskommission des Stilllegungs- und des Entsor- gungsfonds für Kernanlagen (Kommission) die Annahme einer davon abweichenden Betriebsdauer anordnen. 4 Die Kostenstudie wird in Bezug auf die für die Sicherheit relevanten Aspekte vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) und in Bezug auf die Kos- tenberechnung von unabhängigen Fachleuten überprüft. Diese prüfen insbesondere, ob die Kosten und die Zuschläge realistisch eingeschätzt werden.6 4bis Das Kostenkomitee erstellt aufgrund der Überprüfung nach Absatz 4 einen zusammenfassenden Prüfbericht zuhanden der Kommission. Es beantragt darin die Festlegung der voraussichtlichen Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten.7 4ter Die Kommission ersucht das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), innerhalb von drei Monaten zu den Kosten- studien und zum Prüfbericht Stellung zu nehmen.8 5 Die Kommission legt gestützt auf die Kostenstudien, die Überprüfung nach Ab- satz 4 und den Prüfbericht sowie in Kenntnis der Stellungnahme des UVEK die voraussichtliche Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten für jede Kernanlage fest.9 Art. 4a10 Vorzeitige Neuberechnung der Stilllegungs- und Entsorgungskosten 1 Die Stilllegungs- und Entsorgungskosten sind schon vor Ablauf der Fünf-Jahres- frist nach Artikel 4 Absatz 1 neu zu berechnen, wenn infolge unvorhergesehener Umstände eine wesentliche Änderung der Kosten zu erwarten ist. 2 Die Kommission kann eine Verschiebung der Neuberechnung auf die nächste ordentliche Kostenstudie genehmigen, falls diese Studie in absehbarer Zeit ohnehin ansteht. Art. 5 Verwaltungskosten der Fonds 1 Als Verwaltungskosten gelten insbesondere: a.11 die Taggelder und Entschädigungen für die Mitglieder der Kommission, des Kommissionsausschusses und der Komitees sowie der Fach- und Arbeits- gruppen; 6 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). 7 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 8 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 9 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 10 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 11 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). Kernenergie 4 732.17 b.12 die Kosten der Geschäfts- und der Revisionsstelle; c. die Entschädigung beigezogener Fachleute; d. die Aufwendungen des Bundes für Aufsichtstätigkeiten über den Still- legungs- und den Entsorgungsfonds; e. sonstige von der Kommission beschlossene, für die Erfüllung ihrer Auf- gaben erforderliche Ausgaben; f. Gerichtskosten und Parteientschädigungen zu Lasten der Fonds; g. Versicherungskosten für Organe und Kommissionsmitglieder. 2 Nicht als Verwaltungskosten gelten die Kosten für die Vermögensbewirtschaftung. 3. Abschnitt: Beitragspflicht und Festlegung der Beiträge Art. 6 Beitragspflicht 1 Beiträge an den Stilllegungsfonds sind zu leisten durch den Eigentümer einer Kernanlage: a. in der Energie vorwiegend zur Nutzung erzeugt wird; b. die der Zwischenlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen und radio- aktiven Abfällen aus Kernkraftwerken dient. 2 Beiträge an den Entsorgungsfonds sind durch den Eigentümer eines Kernkraftwer- kes zu leisten. 3 Von der Beitragspflicht sind für ihre Kernanlagen befreit: a. die Institutionen aus dem Bereich der Eidgenössischen Technischen Hoch- schulen; b. die kantonalen Universitäten. Art. 713 Dauer der Beitragspflicht 1 Die Beitragspflicht für den Stilllegungs- und den Entsorgungsfonds beginnt mit der Inbetriebnahme der Kernanlage. 2 Sie endet mit dem Abschluss der Stilllegung der jeweiligen Kernanlage (Art. 29 Abs. 1 KEG). 12 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 13 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 5 732.17 Art. 814 Massgeblicher Zeitraum für die Beitragszahlung 1 Die Beiträge sind während der Betriebsdauer bis zur endgültigen Ausserbetrieb- nahme eines Kernkraftwerks oder einer anderen Kernanlage einzubezahlen. Vorbe- halten bleibt die Pflicht, nach endgültiger Ausserbetriebnahme Beiträge einzubezah- len. 2 Unter endgültiger Ausserbetriebnahme ist zu verstehen: a. bei einem Kernkraftwerk: die endgültige Einstellung des Leistungsbetriebs; b. bei einer anderen Kernanlage: die endgültige Einstellung des Betriebs. 3 Als Berechnungsgrundlage wird für die Kernkraftwerke eine Betriebsdauer von 50 Jahren angenommen. Die Kommission kann die Berechnungsgrundlage gestützt auf die Stellungnahme des ENSI zum Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb nach den Artikeln 34 Absatz 4 und 34a der Kernenergieverordnung vom 10. De- zember 200415 anpassen.16 4 Die für die Entsorgungsanlagen anzunehmende Betriebsdauer ist im Entsorgungs- programm festzulegen. Art. 8a17 Berechnung und Bemessung der Beiträge 1 Die Beiträge sind so zu berechnen, dass bei endgültiger Ausserbetriebnahme das jeweilige Fondskapital unter Berücksichtigung der Anlagerendite und der Teue- rungsrate die voraussichtlichen Stilllegungs- und Entsorgungskosten decken kann. 2 Die Höhe der Beiträge bemisst sich nach: a. dem jeweiligen Fondsvermögen; b. den festgelegten Stilllegungs- und Entsorgungskosten; c. den Verwaltungskosten der Fonds; d. der Anlagerendite des Fondskapitals sowie der Teuerungsrate. 3 Für die Berechnung ist ein finanzmathematisches Modell zu verwenden; die Be- rechnung ist für jede Anlage einzeln auszuführen. 4 Die Anlagerendite und die Teuerungsrate sind in Anhang 1 festgelegt. Bei wesent- lichen Änderungen der Rahmenbedingungen passt das UVEK im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement und dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung den Anhang 1 an. 14 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). 15 SR 732.11 16 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 17 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014 (AS 2014 2231). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). Kernenergie 6 732.17 Art. 9 Veranlagung und Zwischenveranlagung bis zur endgültigen Ausserbetriebnahme18 1 Die Kommission legt zu Beginn einer fünfjährigen Veranlagungsperiode gestützt auf die berechneten Stilllegungs- bzw. Entsorgungskosten die Jahresbeiträge fest. 2 Sie nimmt eine Zwischenveranlagung vor, wenn: a.19 eine Neuberechnung der Stilllegungs- oder Entsorgungskosten eine Abwei- chung von mehr als 10 Prozent von der letzten Kostenstudie ergibt; b. der Ist-Wert des Fondskapitals aufgrund der Entwicklungen auf den Fi- nanzmärkten den Soll-Wert des Fondskapitals an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen um mehr als 10 Prozent unterschreitet; c. die Bemessungsgrundlagen nach Artikel 8a Absatz 2 angepasst werden.20 2bis Der Ist-Wert und der Soll-Wert des Fondskapitals werden gemäss Anhang 2 ermittelt.21 3 Bei einer Zwischenveranlagung kann die Kommission die Jahresbeiträge für den Rest der Veranlagungsperiode neu festlegen.22 4 Die Beiträge werden jährlich erhoben. Die Kommission setzt den Zahlungstermin fest. 5 Die Kommission kann Raten festlegen. 6 Die Beitragspflichtigen können Vorauszahlungen leisten. Art. 9a23 Veranlagung und Zwischenveranlagung nach der endgültigen Ausserbetriebnahme 1 Findet die endgültige Ausserbetriebnahme während einer Veranlagungsperiode statt, so nimmt die Kommission für den Rest der Veranlagungsperiode eine Zwi- schenveranlagung vor. 2 …24 18 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 19 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). 20 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 21 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014 (AS 2014 2231). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 22 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 23 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 24 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 7 732.17 3 Müssen aufgrund einer Veranlagung oder Zwischenveranlagung nach der endgül- tigen Ausserbetriebnahme Beiträge erhoben werden, so kann die Kommission Zah- lungsfristen von bis zu fünf Jahren gewähren.25 4 Die Dauer der Veranlagungsperiode bleibt unverändert, auch wenn eine Anlage während dieser Periode endgültig ausser Betrieb genommen wird. 5 Im Übrigen ist Artikel 9 sinngemäss anwendbar. Art. 9b26 Abrechnung am Ende der Beitragspflicht 1 Am Ende der Beitragspflicht wird zuhanden der Beitragspflichtigen eine Abrech- nung erstellt. 2 Schulden die Beitragspflichtigen am Ende der Beitragspflicht noch Beiträge, so sind diese innert fünf Jahren zu entrichten. Art. 9c27 Vorzeitige endgültige Ausserbetriebnahme 1 Wird ein Kernkraftwerk endgültig ausser Betrieb genommen, bevor es eine Be- triebsdauer von 50 Jahren erreicht hat, so gilt für die Artikel 8, 8a, 9 und 9a als Zeitpunkt der endgültigen Ausserbetriebnahme der Zeitpunkt, in dem eine Betriebs- dauer von 50 Jahren erreicht worden wäre.28 2 Ist das Kernkraftwerk Eigentum einer Aktiengesellschaft, deren Aktiven nicht ausreichen, um die ausstehenden Beiträge zu decken, so ist Absatz 1 nur dann an- wendbar, wenn die Aktiengesellschaft eine entsprechende Sicherstellung ihrer Anteilseignerinnen und -eigner beibringt. Art. 10 Form der Beiträge Mit Zustimmung der Kommission können die Beiträge geleistet werden: a. in Form von Wertschriften; b. bis zu einem Viertel in Form von Versicherungsansprüchen gegenüber ei- nem zum Geschäftsbetrieb in der Schweiz zugelassenen Versicherungs- unternehmen oder in Form von Garantien zu Gunsten der Fonds. Art. 11 Versicherungsansprüche und Garantien 1 Versicherungsansprüche und Garantien können als Beiträge anerkannt werden, wenn: a. sie den Fonds einen unwiderruflichen und unbedingten Anspruch gewähren; 25 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). 26 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 27 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 28 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). Kernenergie 8 732.17 b. der Anspruch der Fonds gegen den Versicherer oder Garanten nicht unter- geht, falls der Beitragspflichtige seinen Verpflichtungen gegen den Ver- sicherer oder Garanten nicht nachkommt; c. der Versicherer oder Garant Gewähr für seine längerfristige Zahlungsfähig- keit bietet; d. der Versicherer auf sein Kündigungsrecht nach Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 2. April 190829 über den Versicherungsvertrag unwiderruflich verzich- tet hat. 2 Nicht anerkannt werden namentlich: a. Versicherungsansprüche, die nur bei unfallbedingter Stilllegung entstehen; b. Versicherungsansprüche, die bei unfallbedingter Stilllegung nicht entstehen; c. Garantien von beitragspflichtigen Eigentümern. 3 Wird der Versicherer oder der Garant zahlungsunfähig, so hat der Beitragspflich- tige innerhalb eines Jahres den bisher durch Versicherungsansprüche oder Garantien gedeckten Betrag als Einlage zu entrichten; er kann stattdessen innerhalb von sechs Monaten mit Zustimmung der Kommission eine neue Versicherung oder Garantie beibringen. 4 Bei Kündigung der Versicherung oder der Garantie hat der Beitragspflichtige den bisher durch Versicherungsansprüche oder Garantien gedeckten Betrag auf das Ende der Kündigungsfrist als Einlage zu entrichten; er kann stattdessen auf das Ende der Kündigungsfrist mit Zustimmung der Kommission eine neue Versicherung oder Garantie beibringen. Art. 12 Anteil der Versicherungsansprüche und Garantien Der Anteil der Versicherungsansprüche und Garantien darf pro Beitragspflichtigen einen Viertel seines angesammelten Kapitals nicht überschreiten. 4. Abschnitt: Ansprüche Art. 13 Angesammeltes Kapital 1 Die Ansprüche des beitragspflichtigen Eigentümers am angesammelten Kapital setzen sich zusammen aus: a. den für die entsprechende Anlage getätigten Einlagen; b. dem Erfolgsanteil; c. dem Nennwert der Versicherungsansprüche und Garantien. 2 Vom angesammelten Kapital werden abgezogen: a. die von den Fonds für die betreffende Anlage geleisteten Zahlungen; 29 SR 221.229.1 Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 9 732.17 b. der auf die betreffende Anlage fallende Anteil an den Verwaltungskosten. 3 Die Erfolgsanteile umfassen Zinsen, Dividenden und weitere Erträge sowie Ge- winne und Verluste auf den Fondsvermögen. Sie werden für jeden Eigentümer per 31. Dezember des Rechnungsjahres berechnet und seinem Konto gutgeschrieben bzw. belastet. 4 …30 Art. 13a31 Rückerstattung Überschüssiges Fondskapital wird den Beitragspflichtigen nach der Schlussabrech- nung nach Artikel 78 Absatz 2 KEG zurückerstattet. Art. 1432 Kreditrahmen 1 Die Kommission legt jeweils den Kreditrahmen für die Auszahlung von Fondsmit- teln für die nachfolgende fünfjährige Veranlagungsperiode nach Artikel 9 Absatz 1 fest. Dafür stützt sie sich auf: a.33 die von ihr festgelegte voraussichtliche Höhe der Stilllegungs- und Entsor- gungskosten; b. die Kostenstudie. 2 Sie kann den zuvor festgelegten Kreditrahmen in Ausnahmefällen anpassen. Art. 14a34 Antrag auf Auszahlung von Fondsmitteln 1 Die Eigentümer beantragen die Auszahlung von Fondsmitteln ab dem Zeitpunkt, ab dem für sie Stilllegungs- beziehungsweise Entsorgungskosten entstehen, jährlich mittels Eingabe eines Kostenplans bei der Kommission. 2 Die Kommission genehmigt den Kostenplan und leistet 80 Prozent der bewilligten Fondsmittel, exklusive Mehrwertsteuer, in Raten an die Eigentümer. Art. 14b35 Verfahren zur Auszahlung von Fondsmitteln 1 Die Eigentümer erstellen jeweils zuhanden der Kommission eine Jahresendabrech- nung der aufgelaufenen und von ihnen bezahlten Stilllegungs- und Entsorgungskos- ten. 30 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, mit Wirkung seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 31 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014 (AS 2014 2231). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). 32 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). 33 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 34 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). 35 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). Kernenergie 10 732.17 2 Die Kommission genehmigt die Jahresendabrechnung und gleicht Differenzbeträge zwischen bereits geleisteten Auszahlungen und den tatsächlich aufgelaufenen Kos- ten aus. 3 Auszahlungen von Fondsmitteln erfolgen nur, wenn die betreffenden Eigentümer mit den Beitragszahlungen nicht in Verzug sind. 4 Der Eigentümer kann wählen, ob die Bezahlung seiner Einlage belastet oder mit seinen Versicherungsansprüchen und Garantien verrechnet wird. 5 Die Kommission legt die Einzelheiten des Auszahlungsprozesses sowie die Anfor- derungen an den Kostenplan und die Jahresendabrechnung in einer Richtlinie fest. 5. Abschnitt: Anlagepolitik Art. 15 Vermögensanlage und Rechnungsführung 1 Die Mittel der Fonds sind so anzulegen, dass ihre Sicherheit sowie eine angemes- sene Anlagerendite und die Zahlungsbereitschaft je Kernanlage gewährleistet sind. 1bis Die beiden Fonds können gemeinsam verwaltet werden.36 2 Für jeden Fonds wird gesondert Rechnung geführt. Art. 16 Anlagebeschränkung 1 Die Mittel der Fonds dürfen nicht angelegt werden in: a. die beitragspflichtigen Unternehmen; b. Unternehmen, deren Beteiligung an beitragspflichtigen Unternehmen 20 Prozent übersteigt; c. schweizerische Unternehmen, die auf Grund von Strombezugsrechten Strom aus Kernkraftwerken liefern oder beziehen und weiterliefern. 2 Die Beschränkungen nach Absatz 1 gelten nicht für die Anlage von Fondsmitteln in Kollektivanlagen wie z.B. indexgebundene Vermögensanlagen und Anlagen in Fondsprodukte. 6. Abschnitt: Währung und Rechnungswesen Art. 17 Währung Grundlage für die Berechnung der Kosten, der Beiträge und der Ansprüche ist der Schweizer Franken. 36 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 11 732.17 Art. 18 Rechnungswesen 1 Das Rechnungsjahr entspricht dem Kalenderjahr. 2 Die Fondsrechnungen werden nach den Vorschriften des Obligationenrechts37 (OR) über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung (Art. 957–962a OR) geführt. Nicht anwendbar sind die Artikel 961–961d OR38. Die Rechnungsle- gung muss die Vermögenslage und die jährlichen Fondsergebnisse so darstellen, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil bilden können. Sie muss Aufschluss über die jährlichen Fondsergebnisse geben.39 3 Wertschriften werden zu Kursen bilanziert, wie sie von den Banken bei der Depot- bewertung ermittelt werden. 4 …40 7. Abschnitt:41 Rückstellungen für Entsorgungskosten vor der endgültigen Ausserbetriebnahme der Kernkraftwerke Art. 19 1 Die Eigentümer unterbreiten der Kommission für die Entsorgungskosten, die vor der endgültigen Ausserbetriebnahme der Kernkraftwerke anfallen, den Rückstel- lungsplan zur Genehmigung. 1bis Sie berechnen den Rückstellungsplan sinngemäss mit dem finanzmathemati- schen Modell zur Berechnung der Beiträge unter Berücksichtigung der Parameter nach Anhang 1.42 2 Sie legen der Kommission zudem den Prüfbericht der Revisionsstelle über die Einhaltung der Rückstellungspläne und die zweckgebundene Verwendung von Rückstellungen vor. 37 SR 220 38 Berichtigung vom 12. Aug. 2014 (AS 2014 2487). 39 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 40 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, mit Wirkung seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 41 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 42 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). Kernenergie 12 732.17 8. Abschnitt: Organisation Art. 2043 Organe Die Organe der Fonds sind: a. die Kommission; b. der Kommissionsausschuss; c. das Anlagekomitee; d. das Kostenkomitee; e. die Geschäftsstelle; f. die Revisionsstelle. Art. 20a44 Wahl und Amtsdauer 1 Die Mitglieder der Kommission und die Revisionsstelle werden vom Bundesrat gewählt. 2 Die Mitglieder der Komitees und die Geschäftsstelle werden von der Kommission gewählt. 3 Die Amtsdauer beträgt jeweils vier Jahre und richtet sich nach der Legislaturperio- de des Nationalrats. Sie beginnt am 1. Januar und endet am 31. Dezember. 4 Das Mandat von Mitgliedern der Kommission und der Komitees sowie der Ge- schäftsstelle und der Revisionsstelle, die während der Amtsdauer gewählt werden, endet mit deren Ablauf. 5 Für Mitglieder der Kommission und der Komitees gilt sinngemäss die Amtszeitbe- schränkung nach Artikel 8i der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverord- nung vom 25. November 199845 (RVOV). Art. 20b46 Vertretung in der Kommission und in den Komitees 1 Die Eigentümer haben Anspruch auf eine angemessene Vertretung, höchstens aber auf einen Drittel der Sitze in der Kommission und in den Komitees. 2 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UVEK, des ENSI und von Unternehmen, die im Auftrag des Stilllegungs- und des Entsorgungsfonds bei der Prüfung der Kosten- studien mitgewirkt haben, sind nicht als Mitglieder der Kommission oder der Komi- tees wählbar. 43 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 44 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 45 SR 172.010.1 46 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 13 732.17 3 Für die Vertretung der Geschlechter und der Sprachregionen in der Kommission und in den Komitees gelten die Artikel 8c Absatz 1 und 8cbis Absatz 1 RVOV47 sinngemäss. Von diesen Vorgaben kann aus Gründen der Qualifikation ausnahms- weise abgewichen werden. Art. 2148 Grösse und Zusammensetzung der Kommission, des Kommissionsausschusses und der Komitees 1 Die Kommission hat höchstens zehn Mitglieder. 2 Der Kommissionsausschuss hat vier Mitglieder und setzt sich zusammen aus: a. der Präsidentin oder dem Präsidenten der Kommission; b. einem Kommissionsmitglied, das von den Eigentümern vorgeschlagen wird; und c. den Vorsitzenden des Anlage- und des Kostenkomitees. 3 Das Anlage- und das Kostenkomitee haben jeweils 8–12 Mitglieder. Beide Komi- tees setzen sich zusammen aus Kommissionsmitgliedern und weiteren von der Kommission gewählten Fachleuten. 4 Das Präsidium und das Vizepräsidium der Kommission sowie den Vorsitz des Kommissionaussschusses und der Komitees führt jeweils ein unabhängiges Kom- missionsmitglied (Art. 21a Abs. 1). Art. 21a49 Unabhängigkeit 1 Mitglieder der Kommission, des Kommissionsausschusses und der Komitees, die nicht die Eigentümer vertreten (unabhängige Mitglieder), dürfen zu den Eigentü- mern in keiner Beziehung stehen, die den Anschein der Voreingenommenheit erwe- cken kann.50 2 Will ein solches Mitglied eine Tätigkeit aufnehmen, die mit seiner Unabhängigkeit unvereinbar sein könnte, so holt es vorgängig die Empfehlung der Kommission ein. In Zweifelsfällen ersucht die Kommission das UVEK um eine Beurteilung. Art. 21b51 Verschwiegenheit 1 Die Beratungen der Kommission, des Kommissionsausschusses, der Komitees sowie der Fach- und Arbeitsgruppen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. 47 SR 172.010.1 48 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 49 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 50 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 51 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015 (AS 2015 4043). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). Kernenergie 14 732.17 2 Die Mitglieder der Kommission, des Kommissionsausschusses und der Komitees sowie die übrigen an Sitzungen teilnehmenden Personen unterstehen den für die Angestellten des Bundes geltenden Vorschriften über die Amtsverschwiegenheit und die Zeugnispflicht. 3 Zuständige Behörde nach Artikel 320 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches52 ist das UVEK. 4 Die Pflicht zur Verschwiegenheit bleibt auch für ausgeschiedene Mitglieder beste- hen. Art. 21c53 Entschädigung 1 Soweit diese Verordnung nichts anderes bestimmt, richtet sich die Entschädigung der Mitglieder der Kommission, des Kommissionsausschusses und der Komitees sinngemäss nach den Artikeln 8l–8t RVOV54 für marktorientierte Kommissionen der Kategorie M2/A. Bei Teilzeitpensen legt das UVEK den Beschäftigungsgrad fest. 2 Für die Vorsitzenden des Kommissionsausschusses und der Komitees gelten die Ansätze für eine Präsidentin oder einen Präsidenten. 3 Für unabhängige Mitglieder kann das UVEK die Ansätze höchstens um 50 Prozent erhöhen. Art. 21d55 Ausstandsgründe 1 Die unabhängigen Mitglieder der Kommission, des Kommissionsausschusses und der Komitees treten in den Ausstand, wenn ein Interessenkonflikt im Zusammen- hang mit ihrer Person oder ihren Arbeit- beziehungsweise Auftraggebern besteht. 2 Die Mitglieder der Kommission, des Kommissionsausschusses und der Komitees, welche die Eigentümer vertreten, treten in den Ausstand, wenn ein Interessenkon- flikt besteht: a. bei Rechtsstreitigkeiten mit Beteiligung der vertretenen Eigentümer und dem Stilllegungs- oder dem Entsorgungsfonds; oder b. im Zusammenhang mit ihrer Person. Art. 2256 Fach- und Arbeitsgruppen 1 Die Kommission kann Fach- und Arbeitsgruppen bilden, die sich aus Kommissi- onsmitgliedern, Komiteemitgliedern und beigezogenen Fachleuten zusammensetzen. 52 SR 311.0 53 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015 (AS 2015 4043). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 54 SR 172.010.1 55 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 56 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 15 732.17 2 Die Eigentümer haben Anspruch auf eine angemessene Vertretung, höchstens aber auf einen Drittel der Sitze in der jeweiligen Fach- und Arbeitsgruppe. 3 Den Vorsitz der Fach- und Arbeitsgruppen führt jeweils ein unabhängiges Kom- missionsmitglied. 4 Die Fach- und Arbeitsgruppen erarbeiten Entscheidungsgrundlagen für die Kom- mission. Art. 22a57 Gemeinsamer Auftrag Die Mitglieder der Kommission, des Kommissionsausschusses und der Komitees streben bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten eine ausreichende Finanzierung des Stilllegungs- und des Entsorgungsfonds an. Art. 23 Aufgaben der Kommission58 Die Kommission hat insbesondere folgende Aufgaben: a.59 Sie legt die Vorgaben für die Erstellung der Kostenstudie im Einzelfall fest. abis.60 Sie leitet und koordiniert die Überprüfung der Kostenstudie. ater.61 Sie legt die voraussichtliche Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten im Einzelfall fest. b. Sie legt das finanzmathematische Modell zur Berechnung der Beiträge, den Finanzplan und das Budget für die Stilllegungs- und Entsorgungskosten fest. c. Sie legt die Beiträge der Eigentümer an die Fonds fest. d. Sie beschliesst über die Annahme von Wertschriften, Versicherungsansprü- chen und Garantien. e.62 Sie beschliesst über Höhe und Zeitpunkt des Ausgleichs von Fehlbeträgen. f. Sie gewährt Vorschüsse der Fonds unter sich. g. Sie beantragt dem UVEK63 zuhanden des Bundesrates Vorschüsse des Bun- des. h. Sie stellt fest, dass ein Eigentümer seinen Verpflichtungen vollständig nach- gekommen ist. 57 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 58 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 59 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 60 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 61 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015 (AS 2015 4043). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 62 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 63 Ausdruck gemäss Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). Die Änd. wurde im ganzen Erlass berücksichtigt. Kernenergie 16 732.17 i.64 Sie genehmigt den Rückstellungsplan für die vor der endgültigen Ausserbe- triebnahme der Kernkraftwerke anfallenden Entsorgungskosten. j. Sie prüft die angefallenen Stilllegungs-, Entsorgungs- und Verwaltungskos- ten und belastet sie den Fonds. k. Sie bewilligt die Zahlung von Entsorgungskosten, die bisher nicht Teil der Kostenschätzung waren. l. Sie beschliesst über Höhe und Zeitpunkt von Rückerstattungen gemäss Arti- kel 78 Absatz 2 des Kernenergiegesetzes vom 21. März 2003. m. Sie legt das Fondsvermögen an. n.65 Sie erlässt die Anlagerichtlinien. o. Sie ernennt die Geschäftsstelle. p. Sie bestimmt die Depotstellen und ernennt die Vermögensverwalter. q.66 Sie wählt die Mitglieder des Anlage- und des Kostenkomitees. qbis.67 Sie wählt das Mitglied des Kommissionsausschusses, das von den Eigen- tümern vorgeschlagen wird (Art. 21 Abs. 2 Bst. b). qter.68 Sie zieht bei Bedarf Fachleute bei. r.69 Sie überwacht die Tätigkeiten der Geschäftsstelle, des Kommissionsaus- schusses und der von ihr eingesetzten Komitees sowie Fach- und Arbeits- gruppen. s.70 Sie erteilt dem Bundesamt für Energie (BFE) alle für den Vollzug der Auf- sicht erforderlichen Auskünfte. t.71 Sie erstellt die Jahresberichte und Jahresrechnungen und unterbreitet die Jah- resberichte dem Bundesrat zur Genehmigung. 64 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 65 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 66 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 67 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 68 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 69 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 70 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 71 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 17 732.17 Art. 23a72 Aufgaben des Kommissionsausschusses und der Komitees 1 Der Kommissionsausschuss und die Komitees erarbeiten Entscheidungsgrundlagen für die Kommission. 2 Der Kommissionsausschuss führt insbesondere die laufenden Geschäfte im Auf- trag der Kommission und bereitet ihre Beschlüsse vor. 3 Das Anlagekomitee ist inbesondere zuständig für die Aufsicht über die Vermö- gensbewirtschaftung und für die Erarbeitung und Umsetzung der Anlagestrategie. 4 Das Kostenkomitee ist insbesondere zuständig für die Aufsicht über die Erstellung der Kostenstudie und für deren Überprüfung. Art. 24 Zeichnungsberechtigung 1 Für die Fonds zeichnet die Präsidentin bzw. der Präsident oder die Vizepräsidentin bzw. der Vizepräsident zusammen mit einem anderen Kommissionsmitglied. 2 Die Kommission kann weitere Zeichnungsberechtigungen erteilen. Art. 25 Sitzungen, Beschlussfähigkeit, Abstimmungen 1 Die Kommission wird durch die Präsidentin bzw. den Präsidenten oder bei Ver- hinderung durch die Vizepräsidentin bzw. den Vizepräsidenten einberufen. Die Sitzungen finden statt, so oft es die Geschäfte erfordern, mindestens aber einmal im Jahr, oder wenn dies von mindestens einem Drittel der Mitglieder verlangt wird. 2 Die Kommission ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder anwesend sind. Die Beschlüsse werden mit dem einfachen Mehr der Anwesenden gefasst. Die Präsidentin bzw. der Präsident stimmt mit und hat bei Stimmengleich- heit den Stichentscheid. 3 Beschlüsse können auf dem Zirkularweg mit dem einfachen Mehr gefasst werden, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder innerhalb der angesetzten Frist ihre Stimme abgeben und wenn kein Mitglied die mündliche Verhandlung des Gegen- stands verlangt. Solche Beschlüsse sind im Protokoll der nächsten Kommissionssit- zung festzuhalten. 4 Jedes Mitglied kann sich an einer Sitzung durch ein anderes Mitglied mit Voll- macht zur Stimmabgabe vertreten lassen. Ein Mitglied darf höchstens ein anderes Mitglied vertreten. Art. 26 Geschäftsstelle 1 Die Geschäftsstelle hat insbesondere folgende Aufgaben: a. Sie führt die Rechnungen und erledigt den Zahlungsverkehr, sofern die Kommission die Zuständigkeit nicht anders bestimmt. 72 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). Kernenergie 18 732.17 b. Sie bereitet die Sitzungen der Kommission vor und vollzieht deren Be- schlüsse. c. Sie verfasst die Protokolle. 2 Die Kommission kann der Geschäftsstelle weitere Aufgaben zuweisen. Art. 2773 Revisionsstelle 1 Auf die Revisionsstelle und die Revision sind die Vorschriften des Aktienrechts zur ordentlichen Revision sinngemäss anwendbar. 2 Die Revisionsstelle erstattet der Kommission und dem UVEK zuhanden des Bun- desrats über das Ergebnis der Prüfung Bericht. 3 Sie bestätigt nach Vorliegen neuer Kostenstudien und vor der Beitragsveranlagung die Plausibilität des finanzmathematischen Modells, prüft dessen korrekte Funkti- onsweise sowie die Übernahme der Daten aus den Kostenstudien. Art. 28 Kosten Die Taggelder und Reiseentschädigungen für die Mitglieder der Kommission sowie die Kosten der Geschäftsstelle, der Revisionsstelle und der Fachleute sowie für die von der Kommission erteilten Aufträge gehen zu Lasten der Fonds. 9. Abschnitt: Aufsicht und Rechtspflege Art. 2974 Aufsicht Die Fonds unterstehen der Aufsicht des Bundesrats. Art. 29a75 Zuständigkeiten 1 Der Bundesrat hat folgende Zuständigkeiten: a. Er wählt die Mitglieder der Kommission und deren Präsidentin oder Präsi- denten sowie deren Vizepräsidentin oder Vizepräsidenten. b. Er wählt die Revisionsstelle. c. Er genehmigt die Jahresberichte. d. Er erteilt der Kommission Entlastung. e. Stellt er Fehlentwicklungen fest, so kann er namentlich Mitglieder der Kommission und die Revisionsstelle abberufen oder ersetzen. 73 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). 74 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 75 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 19 732.17 2 Das UVEK hat folgende Zuständigkeiten: a. Es erlässt ein Reglement über die Organisation der Fonds, die Grundsätze und Ziele der Vermögensanlage sowie über den Anlagerahmen. b. und c.76 ... d.77 Es legt auf Vorschlag der Kommission das Anforderungsprofil für die Mit- glieder der Kommission, die Vorsitzenden des Anlage- und des Kostenkomi- tees und für deren Mitglieder sowie das Mitglied nach Artikel 23 Buchsta- be qbis fest. 3 Das BFE ist zuständig für Vorbereitung und Vollzug der Entscheidungen des Bundesrats und des UVEK. Art. 30 Berichterstattung Die Kommission stellt dem UVEK zuhanden des Bundesrats und den beitragspflich- tigen Eigentümern die Jahresberichte für jeden Fonds zu. Diese enthalten die Jahres- rechnungen und die Berichte der Revisionsstelle und informieren über die Grundsät- ze und Ziele der Vermögensanlage. Art. 31 Rechtsmittel Das Verfahren für den Erlass und die Anfechtung von Verfügungen der Fonds richtet sich nach der Gesetzgebung über das Bundesverwaltungsverfahren und die Bundesrechtspflege. 10. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 3278 Art. 33 Aufhebung bisherigen Rechts Folgende Erlasse werden aufgehoben: 1. Stilllegungsfondsverordnung vom 5. Dezember 198379; 2. Entsorgungsfondsverordnung vom 6. März 200080; 3. Reglement des UVEK vom 21. Februar 198581 für den Stilllegungsfonds für Kernanlagen; 76 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 77 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Nov. 2019 (AS 2019 4213). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). 78 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, mit Wirkung seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 79 [AS 1983 1871, 1996 2782, 2001 78, 2006 4705 Ziff. II 59] 80 [AS 2000 1027, 2006 4705 Ziff. II 60] 81 [AS 1985 327, 1994 1757, 1996 3433, 2004 643] Kernenergie 20 732.17 4. Reglement des UVEK vom 15. Oktober 200182 für den Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke. Art. 33a83 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 25. Juni 2014 Die fünfjährige Veranlagungsperiode nach Artikel 9 Absatz 1 wird nach dem In- krafttreten der Änderung vom 25. Juni 2014 dieser Verordnung weitergeführt. Art. 33b84 Änderung anderer Erlasse …85 Art. 34 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2008 in Kraft. 82 [AS 2002 66, 2004 645] 83 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Juni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2231). 84 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 7. Okt. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 4043). 85 Die Änderung kann unter AS 2015 4043 konsultiert werden. Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung 21 732.17 Anhang 186 (Art. 8a Abs. 3 und 19 Abs. 1bis) Anlagerendite und Teuerungsrate Der Beitragsberechnung nach Artikel 8a Absätze 1 und 2 werden zugrunde gelegt: 1. eine Anlagerendite von 2,1 Prozent (nach Abzug der Kosten für die Vermö- gensbewirtschaftung inkl. Bankgebühren und Umsatzabgaben); 2. eine Teuerungsrate von 0,5 Prozent. 86 Eingefügt durch Ziff. II der V vom 7. Okt. 2015 (AS 2015 4043). Fassung gemäss Ziff. II Abs. 1 der V vom 6. Nov. 2019 (AS 2019 4213). Bereinigt durch Ziff. II der V vom 24. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 821). Kernenergie 22 732.17 Anhang 287 (Art. 8a Abs. 2, 9 Abs. 2 und 2bis) Begriffe sowie Regeln zur Ermittlung der Fondswerte In dieser Verordnung bedeuten: 1 Barwert: der heutige Wert eines in der Zukunft erwarteten Geldbetrags. 1.1 Der Barwert wird durch Abzinsung des künftigen Geldbetrags mit einem Kapitalzinssatz nach der folgenden Formel ermittelt: PV: Barwert Ct: Geldbetrag im Zeitpunkt r: Kapitalzinssatz (entspricht der Anlagerendite nach Art. 8a Abs. 2) Δt: Zeitspanne (in Jahren) zwischen dem Zeitpunkt, an dem der Geldbetrag Ct anfällt, und dem Referenzjahr der Barwertberechnung 1.2 Der Barwert der zukünftigen Kosten wird ermittelt, indem man für jedes zu- künftige Kostenelement (= Geldbetrag Ct) den Barwert gemäss der Formel nach Ziffer 1.1 ermittelt und diese einzelnen Barwerte anschliessend zu ei- nem (Gesamt-)Barwert aufsummiert. 2 Ist-Wert: der Wert eines Fondsanteils, der pro Kernanlage und Fonds per Bi- lanzstichtag ausgewiesen wird. 3 … 4 Soll-Wert: 4.1 vor der endgültigen Ausserbetriebnahme: der Wert per Bilanzstichtag, der basierend auf dem Soll-Wert am Ende der vorangehenden Veran- lagungsperiode über die angenommene Restbetriebsdauer einer Kernanlage mittels konstanter jährlicher Beiträge (unter Berücksichtigung der Anlager- endite) bis zur Ausserbetriebnahme zum Zielwert führt; 4.2 nach der endgültigen Ausserbetriebnahme: der Barwert der zukünftigen Kosten nach aktueller Kostenstudie am Ende des jeweiligen Kalenderjahres bis zum Abschluss der Stilllegung- oder der Entsorgungsarbeiten, unter Ein- bezug von Anlagerendite und Teuerungsrate nach Anhang 1. 5 Zielwert: der Wert, der im Zeitpunkt der endgültigen Ausserbetriebnahme einer Kernanlage erreicht sein muss. 87 Ursprünglich Anhang. Eingefügt durch Ziff. II der V vom 25. Juni 2014 (AS 2014 2231). Bereinigt gemäss Ziff. II Abs. 2 der V vom 6. Nov. 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 4213). 1. Abschnitt: Sitz Art. 1 2. Abschnitt: Kosten Art. 2 Stilllegungskosten Art. 3 Entsorgungskosten Art. 4 Festlegung der voraussichtlichen Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten Art. 4a Vorzeitige Neuberechnung der Stilllegungs- und Entsorgungskosten Art. 5 Verwaltungskosten der Fonds 3. Abschnitt: Beitragspflicht und Festlegung der Beiträge Art. 6 Beitragspflicht Art. 7 Dauer der Beitragspflicht Art. 8 Massgeblicher Zeitraum für die Beitragszahlung Art. 8a Berechnung und Bemessung der Beiträge Art. 9 Veranlagung und Zwischenveranlagung bis zur endgültigen Ausserbetriebnahme Art. 9a Veranlagung und Zwischenveranlagung nach der endgültigen Ausserbetriebnahme Art. 9b Abrechnung am Ende der Beitragspflicht Art. 9c Vorzeitige endgültige Ausserbetriebnahme Art. 10 Form der Beiträge Art. 11 Versicherungsansprüche und Garantien Art. 12 Anteil der Versicherungsansprüche und Garantien 4. Abschnitt: Ansprüche Art. 13 Angesammeltes Kapital Art. 13a Rückerstattung Art. 14 Kreditrahmen Art. 14a Antrag auf Auszahlung von Fondsmitteln Art. 14b Verfahren zur Auszahlung von Fondsmitteln 5. Abschnitt: Anlagepolitik Art. 15 Vermögensanlage und Rechnungsführung Art. 16 Anlagebeschränkung 6. Abschnitt: Währung und Rechnungswesen Art. 17 Währung Art. 18 Rechnungswesen 7. Abschnitt: Rückstellungen für Entsorgungskosten vor der endgültigen Ausserbetriebnahme der Kernkraftwerke Art. 19 8. Abschnitt: Organisation Art. 20 Organe Art. 20a Wahl und Amtsdauer Art. 20b Vertretung in der Kommission und in den Komitees Art. 21 Grösse und Zusammensetzung der Kommission, des Kommissionsausschusses und der Komitees Art. 21a Unabhängigkeit Art. 21b Verschwiegenheit Art. 21c Entschädigung Art. 21d Ausstandsgründe Art. 22 Fach- und Arbeitsgruppen Art. 22a Gemeinsamer Auftrag Art. 23 Aufgaben der Kommission Art. 23a Aufgaben des Kommissionsausschusses und der Komitees Art. 24 Zeichnungsberechtigung Art. 25 Sitzungen, Beschlussfähigkeit, Abstimmungen Art. 26 Geschäftsstelle Art. 27 Revisionsstelle Art. 28 Kosten 9. Abschnitt: Aufsicht und Rechtspflege Art. 29 Aufsicht Art. 29a Zuständigkeiten Art. 30 Berichterstattung Art. 31 Rechtsmittel 10. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 32 Art. 33 Aufhebung bisherigen Rechts Art. 33a Übergangsbestimmung zur Änderung vom 25. Juni 2014 Art. 33b Änderung anderer Erlasse Art. 34 Inkrafttreten Anhang 1 Anlagerendite und Teuerungsrate Anhang 2 Begriffe sowie Regeln zur Ermittlung der Fondswerte
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Erwägungen ab Seite 91 BGE 110 IV 91 S. 91 Aus den Erwägungen: 1. Nach den für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist folgender Sachverhalt zu beurteilen: Der Polizeibeamte W. machte zur Beschwerdegegnerin eine abschätzige Bemerkung über ihre Erziehungsmethoden. Sinngemäss sagte er, 17 Jahre habe sie als Mutter jetzt Zeit gehabt, ihre Söhne zu erziehen; jetzt sehe man, was daraus geworden sei. (Nach den Angaben von Polizist W. lautete seine Äusserung: Er würde sich schämen, wenn er solche Kinder auf die Welt gesetzt hätte.) Wegen dieser Bemerkung wurde Frau R. zornig, bezeichnete W. als jungen "Schnuderi" und holte zu einem Schlag aus. Andere Polizeifunktionäre verhinderten, dass es zu einer tätlichen Auseinandersetzung kam. BGE 110 IV 91 S. 92 2. Art. 285 StGB dient dem Schutz der öffentlichen Gewalt. Der tatbestandsmässige Angriff richtet sich gegen eine Amtshandlung. Angriffe gegen einen im Dienst befindlichen Beamten, die ihn aber nicht in seiner amtlichen Funktion treffen und seine Tätigkeit als Träger öffentlicher Gewalt nicht tangieren, sondern aus persönlichen Gründen erfolgen, fallen nicht unter diese Strafnorm. Der hier zu beurteilende Sachverhalt ereignete sich zwar während der Dienstzeit des Polizeibeamten W., aber der Anlass für das Ausholen zum Schlag war nicht eine amtliche Handlung des Bedrohten, sondern eine persönliche Bemerkung, welche die Beschwerdegegnerin als beleidigend empfand. Es besteht auch nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass ihr Vorgehen gegen den sie durch eine abschätzige Bemerkung provozierenden Polizisten dessen amtliche Tätigkeit behindern oder beeinträchtigen sollte. Gegen eine solche Retorsion eines Betroffenen auf eine unsachliche persönliche Bemerkung ist ein Polizeibeamter durch Art. 285 StGB nicht geschützt, wie umgekehrt Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen durch einen Beamten nicht als Amtsmissbrauch ( Art. 312 StGB ) zu ahnden sind, soweit jener zwar während der Dienstzeit, aber nicht in Form einer Amtshandlung solche Verfehlungen begeht ( BGE 108 IV 50 ). Das Obergericht sprach daher richtigerweise die Beschwerdegegnerin von der Anklage der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte frei.
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Sachverhalt ab Seite 89 BGE 123 V 88 S. 89 A.- W. (geb. 1949) trat am 16. Januar 1990 eine Stelle als Buffetdame im Restaurant X zu einem Bruttolohn von Fr. 3'500.-- im Monat an. Auf den 3. Februar 1990 kündigte sie die Stelle. Am 16. Februar 1990 (und damit innerhalb der Nachdeckungsfrist von Art. 10 Abs. 3 BVG ) erlitt sie einen Unfall. Mit Verfügung vom 14. Oktober 1993 sprach ihr die Ausgleichskasse des Kantons Bern aufgrund eines Invaliditätsgrades von 50% mit Wirkung ab 1. Februar 1991 eine halbe einfache Invalidenrente zu, welche sie für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 1991 auf Fr. 600.-- und für die Zeit vom 1. Januar bis 29. Februar 1992 auf Fr. 675.-- im Monat festsetzte. In der Folge kam die Invalidenversicherung (IV) für eine berufliche Umschulung auf und zahlte vom 1. März 1992 bis 31. Januar 1993 ein Taggeld aus. Mit Wirkung ab 1. Februar 1993 richtete sie erneut eine halbe einfache Invalidenrente von nunmehr Fr. 752.-- im Monat aus. Von der obligatorischen Unfallversicherung bezog W. Taggelder aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit von 100% vom 17. Februar 1990 bis 31. März 1992, von 50% vom 17. Februar bis 31. Oktober 1993 und von 25% vom 1. November bis 31. Dezember 1993. Mit Verfügung vom 17. Mai 1994 sprach ihr die Solida, Unfallversicherung Schweizerischer Krankenkassen AG, ab 1. Januar 1994 eine monatliche Invalidenrente von Fr. 744.-- aufgrund eines Invaliditätsgrades von 25% zu. Ab dem 17. Februar 1993 bis Ende Juni 1994 bezog W. Arbeitslosenentschädigungen von Fr. 40.80 im Tag. Am 4. Juli 1994 nahm sie eine Teilzeitbeschäftigung im Reinigungsdienst Y auf. Die Betriebliche Altersvorsorge Wirte (im folgenden BAV Wirte), bei welcher W. berufsvorsorgerechtlich versichert war, sprach ihr ab 1. Januar 1993 eine "Komplementär-Rente" von Fr. 79.-- im Monat zu. Dabei berief sie sich auf Art. 34 BVG und Art. 24 BVV 2 , wonach die anrechenbaren Einkünfte eines Bezügers von Sozialversicherungsleistungen 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes nicht übersteigen dürfen. Die Berechnung der Überentschädigung nahm sie in der Weise vor, dass sie von einem monatlichen Bruttolohn bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit von Fr. 3'500.-- und einem entgangenen Verdienst von Fr. 1'750.-- (= 50%) ausging und von 90% dieses Verdienstes (Fr. 1'575.--) die Renten der IV von Fr. 752.-- und der obligatorischen Unfallversicherung von Fr. 744.-- in Abzug brachte. BGE 123 V 88 S. 90 B.- Die am 21. November 1994 eingereichte Klage, mit welcher W. beantragen liess, es sei ihr eine ungekürzte halbe Rente mit Wirkung ab 1. Februar 1991 zuzusprechen, wurde vom Verwaltungsgericht des Kantons Bern für die Zeit von Februar 1991 bis Oktober 1994 dahingehend gutgeheissen, dass die BAV Wirte verpflichtet wurde, der Klägerin ab 1. Februar 1991 eine halbe Invalidenrente von monatlich Fr. 380.-- auszurichten unter gleichzeitiger Feststellung, dass der Anspruch bis zum 31. Dezember 1991 zufolge Überversicherung entfallen ist und die seit 1. Februar 1991 nach Gesetz und Reglement vorzunehmenden Erhöhungen der Rente vorbehalten bleiben (Entscheid vom 13. September 1995). C.- Die BAV Wirte erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei festzustellen, dass der Beschwerdegegnerin ab 1. Februar 1991 kein Anspruch auf Invalidenleistungen zustehe. Vertreten durch den Schweizerischen Invaliden-Verband lässt sich W. in dem Sinne vernehmen, dass der vorinstanzliche Entscheid in Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde dahin zu ändern sei, dass bei der Festsetzung des mutmasslich entgangenen Verdienstes auch die Teuerung zu berücksichtigen sei. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) äussert sich zur Sache, enthält sich jedoch eines Antrages. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin nach Art. 23 ff. BVG und Art. 9 des Reglementes der BAV Wirte in der ab 1. Januar 1985 gültigen und auf den 1. Januar 1989 geänderten Fassung Anspruch auf eine Invalidenleistung hat. Unbestritten ist nunmehr auch, dass der Rentenbeginn auf den 1. Februar 1991 festzusetzen ist. Die Parteien stimmen schliesslich darin überein, dass sich die Rente bei einem Ansatz von 40% des versicherten Lohnes von Fr. 22'800.-- und einem Invaliditätsgrad von 50% auf Fr. 380.-- im Monat beläuft. Streitig und im folgenden zu prüfen ist, inwieweit die Leistung zufolge Überentschädigung entfällt. 2. a) Nach Art. 34 Abs. 2 BVG erlässt der Bundesrat Vorschriften zur Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile des Versicherten oder seiner Hinterlassenen beim Zusammentreffen mehrerer Leistungen. Die Bestimmung hält des weitern u.a. fest, dass beim Zusammentreffen von Leistungen nach diesem Gesetz mit solchen nach dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die BGE 123 V 88 S. 91 Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Militärversicherung vom 19. Juni 1992 grundsätzlich die Leistungen der Unfallversicherung oder der Militärversicherung vorgehen. Unter dem Titel "Ungerechtfertigte Vorteile" hat der Bundesrat in Art. 24 BVV 2 nähere Vorschriften zur Überentschädigung in der beruflichen Vorsorge erlassen. Nach Abs. 1 der Bestimmung kann die Vorsorgeeinrichtung die Hinterlassenen- und Invalidenleistungen kürzen, soweit sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen. Als anrechenbare Einkünfte gelten gemäss Abs. 2 Leistungen gleicher Art und Zweckbestimmung, die der anspruchsberechtigten Person aufgrund des schädigenden Ereignisses ausgerichtet werden, wie Renten oder Kapitalleistungen mit ihrem Rentenumwandlungswert in- und ausländischer Sozialversicherungen und Vorsorgeeinrichtungen, mit Ausnahme von Hilflosenentschädigungen, Abfindungen und ähnlichen Leistungen. Bezügern von Invalidenleistungen wird überdies das weiterhin erzielte Erwerbseinkommen angerechnet. b) Das Reglement der am Recht stehenden Vorsorgeeinrichtung enthält in Art. 12 Bestimmungen über das "Verhältnis zu anderen Versicherungen". Nach Abs. 1 dieser Vorschrift gehen die Leistungen der AHV/IV, der Unfallversicherung und der Militärversicherung vor. Gemäss Abs. 2 entfällt ein Anspruch aus der Basisversicherung der Vorsorgeeinrichtung, wenn die Leistungen der Unfallversicherung oder der Krankentaggeldversicherung 80% des entgangenen Verdienstes erreichen. Abs. 3 bestimmt, dass die Vorsorgeeinrichtung ihre Leistungen herabsetzt, soweit die Leistungen aus der Basisversicherung zusammen mit Leistungen von anderer Seite 90% des entgangenen Verdienstes übersteigen. Abs. 2 der Reglementsbestimmung stützt sich auf die Art. 25 Abs. 1 und 24 Abs. 2 BVV 2 in der bis Ende 1992 gültig gewesenen Fassung der Verordnung und kann unter der Herrschaft des am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Rechts (Verordnungsänderung vom 28. Oktober 1992, AS 1992 2234) nicht mehr Anwendung finden. Im übrigen stimmen die reglementarischen Vorschriften mit der Verordnungsregelung überein. Zu prüfen ist daher nur, ob die Vorsorgeeinrichtung die Invalidenleistung aufgrund der am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen koordinationsrechtlichen Bestimmungen der BVV 2 zu Recht auf Fr. 79.-- festgesetzt hat. BGE 123 V 88 S. 92 3. Streitig ist zunächst der mutmasslich entgangene Verdienst, welcher der Ermittlung der Überentschädigung zugrundezulegen ist. a) Die beschwerdeführende Vorsorgeeinrichtung ist bei der Überentschädigungsberechnung von der Hälfte von 90% des Bruttolohnes bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ausgegangen. Sie begründet dies damit, dass im Falle der Teilinvalidität eine Aufteilung der beruflichen Vorsorge in einen invaliden und einen validen Teil vorzunehmen sei. Für den invaliden Teil gehöre die Beschwerdegegnerin weiterhin zum Versichertenbestand der Vorsorgeeinrichtung; dagegen sei die Vorsorgeeinrichtung für den validen Teil nicht mehr zuständig, weshalb dieser Teil nicht in den massgebenden Verdienst einbezogen werden dürfe. Die Vorsorgeeinrichtung habe lediglich den Ausfall im Rahmen des entgangenen Verdienstes zu ersetzen. Es gehe daher nicht an, die Überentschädigungsberechnung auf dem vollen Verdienst vorzunehmen, da der BVG-Versicherer diesfalls auch Ausfälle für den aktiven Teil zu übernehmen hätte, wenn die versicherte Person ihre Restarbeitsfähigkeit nicht oder nicht genügend verwerte. Die Vorsorgeeinrichtung beruft sich sinngemäss auf Art. 15 BVV 2 , wonach das Altersguthaben in zwei gleiche Teile aufzuteilen ist, wenn dem Versicherten eine halbe Invalidenrente zugesprochen wird. Die eine Hälfte wird als Alterskonto invalider Versicherter nach Art. 14 BVV 2 behandelt, während die andere Hälfte dem Altersguthaben eines voll erwerbstätigen Versicherten gleichgestellt und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach den Art. 29 und 30 BVG (nunmehr Art. 3-5 FZG ; Änderung der BVV 2 vom 9. Dezember 1996, AS 1996 3452) behandelt wird. Gegenstand dieser Regelung bilden das Altersguthaben und die Austrittsleistung im Falle der Teilinvalidität. Es lässt sich hieraus allenfalls schliessen, dass dem Teilinvaliden nur dasjenige Erwerbseinkommen ersetzt werden soll, das zufolge der Teilinvalidität entfällt. Es kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden, dass im Rahmen der Überentschädigungsberechnung nur von der Hälfte des Valideneinkommens auszugehen ist. Die gegenteilige Auffassung der Vorsorgeeinrichtung widerspricht der gesetzlichen Regelung, welche zwischen der Festsetzung des berufsvorsorgerechtlichen Leistungsanspruchs als solchem und der Frage der Überentschädigung sowie der Leistungskoordination mit anderen Versicherungen unterscheidet. Sie hätte zur Folge, dass Art. 24 Abs. 2 letzter Satz BVV 2 überflüssig wäre, weil kein Raum für die Anrechnung eines (effektiven oder hypothetischen) Einkommens mehr bliebe. Dies kann aber nicht Sinn der gesetzlichen Ordnung sein. BGE 123 V 88 S. 93 Die Überentschädigungsberechnung hat demnach in der Weise zu erfolgen, dass von dem bei völliger Erwerbsunfähigkeit mutmasslich entgangenen Verdienst ausgegangen wird und hierauf die bei teilweiser Arbeits- und Erwerbsfähigkeit noch erzielten (bzw. noch erzielbaren; vgl. dazu Erw. 4 hienach) Erwerbseinkommen in Abzug gebracht werden. Dem entspricht sowohl die Regelung der Überentschädigungsberechnung in der obligatorischen Unfallversicherung ( Art. 40 UVG und Art. 51 Abs. 3 UVV ; BGE 117 V 400 ; MAURER, Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 538 Fn. 1398a) als auch diejenige in der Militärversicherung (Art. 72 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 77 MVG und Art. 32 Abs. 1 lit. c MVV ; SCHLAURI, Beiträge zum Koordinationsrecht der Sozialversicherungen, St. Gallen 1995, S. 86). b) Der Beschwerdeführerin kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie daran festhält, dass der mutmasslich entgangene Verdienst dem AHV-Lohn im Zeitpunkt des versicherten Ereignisses entspricht. Massgebend ist nach der gesetzlichen Regelung nicht der vor Eintritt der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit effektiv erzielte Verdienst, sondern das hypothetische Einkommen, welches der Versicherte erzielen würde, wenn er nicht invalid geworden wäre ( BGE 122 V 154 Erw. 3c mit Hinweisen). Entscheidend ist das Einkommen, welches der Versicherte ohne die Invalidität im Zeitpunkt erzielen könnte, da sich die Kürzungsfrage stellt (nicht veröffentlichtes Urteil M. vom 28. Mai 1996). Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz den mutmasslich entgangenen Verdienst in Anlehnung an das von der IV angenommene Valideneinkommen auf Fr. 45'500.-- (13 x Fr. 3'500.--) festgesetzt. Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, im angegebenen Monatslohn von Fr. 3'500.-- sei der 13. Monatslohn bereits enthalten, so dass der entgangene Verdienst einem Jahreslohn von Fr. 42'000.-- (12 x Fr. 3'500.--) entspreche. Sie beruft sich auf die Angaben der Arbeitgeberin im Fragebogen zuhanden der IV vom 11. April 1991, welchem sich diesbezüglich jedoch nichts Konkretes entnehmen lässt. Wie es sich hinsichtlich des streitigen 13. Monatslohnes verhält, kann indessen offenbleiben. Weil der mutmasslich entgangene Verdienst mit dem berufsvorsorgerechtlich versicherten Verdienst nicht identisch ist und bei der Überentschädigungsberechnung auf das hypothetische Einkommen ohne Invalidität im Zeitpunkt, da sich die Kürzungsfrage stellt, abzustellen ist, besteht diesbezüglich ein gewisser Ermessensspielraum. Dieses Ermessen hat die Vorinstanz in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt, wenn sie den BGE 123 V 88 S. 94 mutmasslich entgangenen Jahresverdienst auf Fr. 45'500.-- festgesetzt hat, zumal dieser Wert auch dem von der IV-Stelle im Rahmen der Invaliditätsbemessung ermittelten Valideneinkommen entspricht. Anderseits besteht kein Anlass, den mutmasslich entgangenen Verdienst für die Folgezeit höher anzusetzen, wie es die Beschwerdegegnerin verlangt. Denn es besteht kein hinreichender Grund zur Annahme, dass sich die Verhältnisse bezüglich des mutmasslich entgangenen Verdienstes in der Zeit vom 1. Februar 1991 bis 31. Oktober 1994 im Sinne von Art. 24 Abs. 5 BVV 2 wesentlich geändert hätten (vgl. BGE 122 V 154 Erw. 3c). Im übrigen weist die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass die Renten nach Massgabe der gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen der Teuerung angepasst werden ( Art. 36 BVG ; Verordnung über die Anpassung der laufenden Hinterlassenen- und Invalidenrenten an die Preisentwicklung vom 16. September 1987, SR 831.426.3). 4. Zu prüfen ist des weitern, ob bei Teilinvalidität im Rahmen der Überentschädigungsberechnung lediglich effektiv erzielte oder - wie die Beschwerdeführerin geltend macht - auch zumutbarerweise erzielbare Erwerbseinkommen anzurechnen sind. a) Gemäss Art. 24 Abs. 2 letzter Satz BVV 2 wird bei Bezügern von Invalidenleistungen "das weiterhin erzielte Erwerbseinkommen angerechnet". Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung sind nur effektiv erzielte, nicht jedoch auch zumutbarerweise erzielbare Erwerbseinkommen anzurechnen. Dies im Gegensatz zur Regelung in der Militärversicherung, wo nach Art. 32 Abs. 1 lit. c MVV Erwerbseinkünfte anrechenbar sind, die der teilweise erwerbsfähige Bezüger einer Rente der Militärversicherung und der Invalidenversicherung oder der Unfallversicherung "erzielt oder zumutbarerweise noch erzielen könnte". Aus den Materialien ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Wortlaut von Art. 24 Abs. 2 letzter Satz BVV 2 nicht dem Willen des Verordnungsgebers entspricht. In den Erläuterungen zum gleichlautenden Art. 19 Abs. 2 des Verordnungsentwurfs vom 2. August 1983 (S. 38) führt das BSV aus: "Ist der Invalide erwerbstätig, so wird ihm sein Erwerbseinkommen angerechnet.". Es wird damit klarerweise davon ausgegangen, dass nur effektiv erzielte, nicht aber zumutbarerweise erzielbare Erwerbseinkommen anzurechnen sind, worauf der Bundesrat auch im Rahmen der Verordnungsänderung vom 28. Oktober 1992 nicht zurückgekommen ist. Dass die geltende Regelung gesetzwidrig ist, wird von der Beschwerdeführerin zu BGE 123 V 88 S. 95 Recht nicht geltend gemacht. Fraglich und im folgenden zu prüfen ist lediglich, ob sich die Anrechenbarkeit zumutbarerweise erzielbarer Erwerbseinkommen aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergibt. b) Unter Berufung auf ein generelles Überentschädigungsverbot wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass im Rahmen von Art. 24 Abs. 2 BVV 2 auch ein zumutbarerweise erzielbares, im konkreten Fall aber nicht realisiertes Resterwerbseinkommen zu berücksichtigen ist (so MOSER, Die Zweite Säule und ihre Tragfähigkeit, Basel 1993, S. 256; SCHLAURI, a.a.O., S. 65 ff.; PETER, Die Koordination von Invalidenrenten, Diss. Freiburg 1996, S. 348 ff.). Ein allgemeines Überentschädigungsverbot in dem Sinne, dass die Versicherungsleistungen insgesamt den eingetretenen Schaden nicht übersteigen dürfen, besteht nach der Rechtsprechung jedoch nicht. Der Ausschluss von Überentschädigungen sowie anderer als ungerechtfertigt erachteter Leistungskumulationen bedarf vielmehr einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage ( BGE 113 V 148 Erw. 7c mit Hinweisen). Eine solche Grundlage besteht in der beruflichen Vorsorge lediglich insofern, als der Bundesrat nach Art. 34 Abs. 2 BVG Vorschriften zu erlassen hat "zur Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile des Versicherten oder seiner Hinterlassenen beim Zusammentreffen mehrerer Leistungen". Das Gesetz hat es damit dem Verordnungsgeber überlassen, näher zu konkretisieren, was im Rahmen der beruflichen Vorsorge als ungerechtfertigter Vorteil zu betrachten ist, welchem Auftrag der Bundesrat mit dem Erlass von Art. 24 BVV 2 nachgekommen ist. Nach dieser Bestimmung sind aber nur effektiv erzielte, nicht dagegen zumutbarerweise erzielbare Erwerbseinkommen anrechenbar. Von einem allgemeinen Rechtsgrundsatz kann auch insofern nicht gesprochen werden, als es an einem einheitlichen Überentschädigungsbegriff fehlt und die einzelnen Sozialversicherungszweige unterschiedliche Kürzungsgrenzen und Anrechnungsvorschriften kennen (vgl. hiezu SCHLAURI, a.a.O., S. 62 ff.). Unterschiedliche Regelungen bestehen auch hinsichtlich der Bedeutung einer Resterwerbsfähigkeit bei Teilinvaliden. Während in der Militärversicherung zumutbarerweise erzielbare Erwerbseinkommen Teilinvalider angerechnet werden ( Art. 32 Abs. 1 lit. c MVV ), ist dies in der obligatorischen Unfallversicherung nach Rechtsprechung und Verwaltungspraxis nicht der Fall ( BGE 117 V 394 ff.; Empfehlung Nr. 3/92 der ad hoc-Kommission Schaden UVG vom 25. Juni 1992/29. Juni 1994). Der Entwurf vom 27. September 1990 zu einem Bundesgesetz über den Allgemeinen BGE 123 V 88 S. 96 Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) sieht diesbezüglich keine Regelung vor, sondern delegiert die Frage an den Verordnungsgeber (Art. 76 E-ATSG). Auch unter dem Gesichtspunkt einer harmonisierenden Auslegung des Sozialversicherungsrechts besteht daher kein Anlass, über den klaren Wortlaut von Art. 24 Abs. 2 letzter Satz BVV 2 hinaus nicht nur effektiv erzielte, sondern auch zumutbarerweise erzielbare Erwerbseinkommen anzurechnen. Dies um so weniger, als anlässlich der auf den 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Verordnungsänderung vom 28. Oktober 1992 von einer diesbezüglichen Ergänzung der Bestimmung abgesehen wurde, wogegen in der Militärversicherung mit der auf den gleichen Zeitpunkt in Kraft getretenen Verordnungsänderung gleichen Datums (AS 1992 2100) eine entsprechende Erweiterung eingeführt wurde (Art. 9a Abs. 2 lit. c alt MVV). c) Mehrere Autoren begründen die Anrechenbarkeit eines zumutbarerweise erzielbaren Einkommens des weitern mit der Schadenminderungspflicht des Versicherten (PETER, a.a.O., S. 348; SCHLAURI, a.a.O., S.67; ferner SCHAER, Grundzüge des Zusammenwirkens von Schadenausgleichssystemen, Basel 1984, S. 266 Rz. 782). Mit Bezug auf die obligatorische Unfallversicherung und die altrechtliche Krankenversicherung hat das Eidg. Versicherungsgericht hiezu festgestellt, dass die Schadenminderungspflicht als allgemeiner Grundsatz des Sozialversicherungsrechts bei der Leistungsfestsetzung regelmässig und zwingend zu berücksichtigen ist, nicht aber zusätzlich bei der Ermittlung der Überentschädigung, weil dies in den meisten Fällen auf eine ungerechtfertigte doppelte Berücksichtigung des aus einer verbleibenden Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit erzielbaren Einkommens hinausliefe. Zudem käme damit ein sachfremdes und weitgehend unbestimmbares Element in die Überversicherungsberechnung, welche einen rein rechnerischen Vorgang darstellt ( BGE 117 V 394 ff.; RKUV 1994 Nr. K 953 S. 303 ff.). Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise für den Bereich der beruflichen Vorsorge. Zwar kann es dem Grundsatz der Schadenminderungspflicht zuwiderlaufen, wenn die Folgen einer Verletzung dieser Pflicht über eine Mehrzahl von Versicherern mehr oder weniger beseitigt werden (vgl. zur Leistungskürzung wegen Selbstverschuldens: BGE 122 V 306 ff.). Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass auch die Schadenminderungspflicht keinen einheitlichen Begriffsinhalt aufweist und ihr je nach Rechtsgebiet eine BGE 123 V 88 S. 97 unterschiedliche Tragweite zukommt (vgl. zur IV: LOCHER, Die Schadenminderungspflicht im IVG vom 19. Juni 1959, in: Festschrift 75 Jahre EVG, Bern 1992, S. 407 ff.; MEYER-BLASER, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern 1985, S. 131 ff.). Bei der Konkretisierung der Schadenminderungspflicht steht dem Gesetz- und Verordnungsgeber deshalb ein weiter Ermessensspielraum zu. Gegen dieses Ermessen verstösst es nicht, wenn - wie in der beruflichen Vorsorge gemäss BVG - der Schadenminderungspflicht eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen wird, je nachdem ob es um den Leistungsanspruch als solchen oder um die Frage der Überentschädigung beim Zusammentreffen mit Leistungen anderer Versicherer geht. Es besteht daher auch unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht kein Anlass, vom klaren Wortlaut von Art. 24 Abs. 2 letzter Satz BVV 2 abzugehen und nicht realisierte, zumutbarerweise aber erzielbare Erwerbseinkommen in die Überentschädigungsberechnung einzubeziehen. 5. Nach dem Gesagten erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet. Gemäss der im übrigen unbestrittenen Berechnung der Vorinstanz hat die Vorsorgeeinrichtung der Beschwerdegegnerin ab 1. Februar 1991 eine Invalidenrente von monatlich Fr. 380.-- auszurichten, unter Vorbehalt der gesetzlichen und reglementarischen Rentenerhöhungen für die Folgezeit, wobei der Anspruch für das Jahr 1991 zufolge Überversicherung entfällt.
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Erwägungen ab Seite 92 BGE 143 V 91 S. 92 Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Die berufliche Vorsorge soll zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen ( Art. 113 Abs. 2 lit. a BV und Art. 1 Abs. 1 BVG ; BGE 137 V 20 E. 5.2.4 S. 29). Die Kumulation von Leistungen verschiedener Sozialversicherungen kann nicht nur zu einer mit dieser Zielsetzung der Zweiten Säule nicht vereinbaren Überversicherung führen, sondern auch die Kosten des Sozialversicherungswesens weiter erhöhen und zudem unter Umständen ein Hindernis für die Wiedereingliederung darstellen, was es zu vermeiden gilt. Nach Art. 34a Abs. 1 BVG und der Überschrift zu Art. 24 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2; SR 831.441.1) geht es beim Verbot der Überentschädigung darum, ungerechtfertigte Vorteile zu verhindern. Die versicherte Person soll finanziell nicht besser, sondern höchstens so gestellt werden, wie wenn sich das Risiko Invalidität nicht verwirklicht hätte (BGE, a.a.O., mit Hinweisen; SVR 2015 BVG Nr. 9 S. 29, 9C_714/2013 E. 2.1). 3.2 Die Vorsorgeeinrichtung kann die Hinterlassenen- und Invalidenleistungen kürzen, soweit sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90 % des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen ( Art. 24 Abs. 1 BVV 2 ). Eine dieser Bestimmung entsprechende Regelung findet sich in lit. F des hier anwendbaren Reglements 1997 der Sammelstiftung. BGE 143 V 91 S. 93 Unter dem Begriff "mutmasslich entgangener Verdienst" im Sinne von Art. 24 Abs. 1 BVV 2 ist das hypothetische Einkommen zu verstehen, welches die versicherte Person ohne Invalidität erzielen könnte, und zwar im Zeitpunkt, in dem sich die Kürzungsfrage stellt ( BGE 137 V 20 E. 5.2.3.1 S. 27 mit Hinweisen). Nach der gesetzlichen Konzeption der Invalidenleistungen aus Erster und Zweiter Säule sind die Festlegungen der IV-Stelle bezüglich Entstehung, Höhe und Beginn des Rentenanspruchs grundsätzlich für die Invalidenrente der obligatorischen beruflichen Vorsorge massgebend und verbindlich. Das im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren festgelegte Valideneinkommen muss dem Grundsatz nach auch in der berufsvorsorgerechtlichen Überentschädigungsberechnung Berücksichtigung finden. Ausgangspunkt ist daher der Grundsatz der Kongruenz von Valideneinkommen und mutmasslich entgangenem Verdienst im Sinne von Art. 24 Abs. 1 BVV 2 ( BGE 140 V 399 E. 5.2.1 S. 401; BGE 137 V 20 E. 2.2 S. 23). Im Sinne einer Vermutung ist davon auszugehen, dass das von der IV-Stelle festgelegte Valideneinkommen dem mutmasslich entgangenen Verdienst nach Art. 24 Abs. 1 BVV 2 entspricht. Die Annahme einer überproportionalen (d.h. über die Lohn- und Preisentwicklung hinausgehenden) Einkommensentwicklung muss auf Lebensgeschehnissen gründen, die schon in der Zeit vor Eintritt des versicherten Ereignisses ihren Anfang genommen haben, es sei denn, die Einkommenserhöhung habe von der Natur des ihr zugrundeliegenden Motivs her überhaupt erst nach dem versicherten Ereignis eintreten können (SVR 2015 BVG Nr. 9 S. 29, 9C_714/2013 E. 2.3). 4. 4.1 Nach Art. 24 Abs. 5 BVV 2 kann die Vorsorgeeinrichtung die Voraussetzungen und den Umfang einer Überentschädigungskürzung jederzeit überprüfen und ihre Leistungen anpassen, wenn die Verhältnisse sich wesentlich ändern. Als wesentliche Änderung der Verhältnisse gilt eine Leistungsanpassung in der Grössenordnung von mindestens 10 % zugunsten oder zuungunsten der rentenbeziehenden Person ( BGE 125 V 163 E. 3b S. 164 f.; BGE 123 V 193 E. 5d S. 201, BGE 123 V 211 E. 6c/bb). Im Falle einer solchen Änderung ist die Vorsorgeeinrichtung zur Neuberechnung ihrer Invalidenrente verpflichtet; die Anpassung der Leistungen ist nicht dem freien Ermessen der Vorsorgeeinrichtung anheimgestellt ( BGE 125 V 163 ). Als ein Faktor der Überentschädigungsberechnung ist der einmal bestimmte mutmasslich entgangene Verdienst nach dem Gesagten in der Folgezeit nur BGE 143 V 91 S. 94 dann neu festzulegen, wenn hinreichender Grund für die Annahme besteht, dass sich die Verhältnisse im Sinne von Art. 24 Abs. 5 BVV 2 wesentlich geändert hätten ( BGE 123 V 193 E. 5d S. 201). Im vorliegenden Fall stellt sich indessen mit Blick auf BGE 137 V 20 E. 5.2.3.1 S. 27 (vgl. E. 3.2 hiervor) die Frage, ob bei Hinzutreten eines weiteren Kinderrentenanspruchs (welcher für sich genommen die koordinierten BVG-Leistungen um über 10 % hätte ansteigen lassen [vgl. auch Urteil 9C_865/2008 vom 30. Dezember 2008 E. 2.3]) die (früher bestimmten) Faktoren der Überentschädigungsberechnung frei überprüft und angepasst werden dürfen (woraus hier insgesamt eine Leistungsherabsetzung von mehr als 10 % resultiert). Oder mit anderen Worten: Ist bei wesentlicher Änderung eines einzelnen Berechnungsfaktors im Sinne von Art. 24 Abs. 5 BVV 2 zur umfassenden Prüfung der Überentschädigung ohne Bindung an frühere Beurteilungen zu schreiten? 4.2 Wie bereits erwähnt (E. 3.2 hiervor), ist von einer grundsätzlichen Kongruenz von Valideneinkommen und mutmasslich entgangenem Verdienst im Sinne von Art. 24 Abs. 1 BVV 2 auszugehen. Dasselbe gilt für Invalideneinkommen und zumutbarerweise noch erzielbarem Erwerbseinkommen nach Art. 24 Abs. 2 zweiter Satz BVV 2, weshalb das von den IV-Organen festgelegte Invalideneinkommen dem Grundsatz nach auch in der berufsvorsorgerechtlichen Überentschädigungsberechnung zu berücksichtigen ist ( BGE 141 V 351 E. 5.1 S. 354; BGE 140 V 399 E. 5.2.1 S. 401; BGE 134 V 64 E. 4.1.3 S. 70). Und schliesslich müssen Soziallohnkomponenten, welche bei der Invaliditätsbemessung nach Art. 16 ATSG nicht angerechnet werden, im Rahmen der Überentschädigungsberechnung gemäss Art. 24 BVV 2 ebenfalls ausser Acht bleiben ( BGE 141 V 351 ). Die gesetzliche Konzeption der weitgehenden materiellrechtlichen Koordination zwischen Erster und Zweiter Säule, wie sie in der angeführten Rechtsprechung zum Ausdruck gelangt, ist für die Beantwortung der sich hier stellenden Rechtsfrage ebenfalls wegweisend. Nachdem bei Vorliegen eines Revisionsgrundes im Sinne von Art. 17 ATSG der Rentenanspruch nach ständiger Rechtsprechung von den IV-Behörden in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht allseitig und ohne Bindung an frühere Beurteilungen zu prüfen ist ( BGE 141 V 9 ; BGE 139 V 28 E. 3.3.1 S. 30; BGE 117 V 198 E. 4b S. 200; SVR 2015 IV Nr. 8 S. 23, 9C_378/2014 E. 4.2), lässt sich dieser Grundsatz analog auf die berufsvorsorgerechtliche Anpassung einer Überentschädigungskürzung nach Art. 24 Abs. 5 BVV 2 übertragen: Erfährt ein BGE 143 V 91 S. 95 einzelner Berechnungsfaktor eine wesentliche, d.h. an sich eine Leistungsanpassung von mindestens 10 % bewirkende Änderung, prüft die Vorsorgeeinrichtung allseitig und ohne Bindung an früher ermittelte Faktoren, ob und in welchem Umfange eine Überentschädigung vorliegt. Ähnlich wie bei der Revision von IV-Renten, wo die umfassende Prüfung nach einer Tatsachenänderung ergeben kann, dass ein anderes Anspruchselement zu einer Rentenheraufsetzung, -herabsetzung oder -aufhebung führt (AHI 2002 S. 162, I 652/00), kann im Rahmen der allseitigen Prüfung der Überentschädigungskürzung ein nunmehr neu beurteilter Berechnungsfaktor die mindestens 10%ige Leistungsanpassung kompensieren oder - wie im vorliegenden Fall - sogar überkompensieren. Für sich allein betrachtet hätte die zusätzliche Kinderrente zu einer Erhöhung der BVG-Rentenleistungen von mehr als 10 % geführt. Unter Zugrundelegung des von der Sammelstiftung ohne überproportionale Lohnentwicklung neu ermittelten mutmasslichen entgangenen Verdienstes ergibt sich eine über 10%ige Verminderung der koordinierten Rentenleistungen aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge. Der BVG-Invalidenrentenanspruch bleibt davon unberührt. Dieser kann ausschliesslich im Rahmen des unverändert geltenden BGE 141 V 405 E. 3.6 S. 411 f. angepasst werden. (...)
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Erwägungen ab Seite 243 BGE 127 V 242 S. 243 Aus den Erwägungen: 4. a) Seit 1. Januar 1996 ist die Krankenpflegeversicherung für alle Personen mit Wohnsitz in der Schweiz obligatorisch. Durch das neue Krankenversicherungsgesetz (KVG) sind die Versicherten zur Deckung der Kosten des medizinischen Grundbedarfs nicht auf irgendwelche Zusatzversicherungen angewiesen. Das System der gesetzlichen Pflichtleistungen, die Zulassung von Leistungserbringern und die Tarifordnung sind so ausgestaltet, dass eine zeitgemässe und umfassende medizinische Grundversorgung auf Kosten der sozialen Krankenversicherung möglich ist (Botschaft des Bundesrates über die Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 163; GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 3). b) Im Zusammenhang mit der 3. EL-Revision wurden daher verschiedene Änderungen der bisherigen Regelung vorgenommen: Nach Art. 3 ELG bestehen die Ergänzungsleistungen u.a. aus der Vergütung von Krankheitskosten. Es werden gestützt auf Art. 3d Abs. 1 lit. a-f ELG ausgewiesene, im laufenden Jahr entstandene Kosten für Zahnarzt, Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause sowie in Tagesstrukturen, für Diät, Transporte zur nächst gelegenen Behandlungsstelle, Hilfsmittel und die Kostenbeteiligung nach Art. 64 KVG (Franchise, Selbstbehalt) vergütet. Gemäss Art. 3d Abs. 4 ELG bezeichnet der Bundesrat die Krankheits- und Behinderungskosten, die vergütet werden können. Gemäss neuem Art. 19 ELV hat er diese Kompetenz an das Eidg. Departement des Innern (EDI) delegiert. Das EDI hat am 29. Dezember 1997 die entsprechende Verordnung über die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen (ELKV) neu erlassen. Nach Art. 3 ELKV besteht ein Anspruch auf Vergütung der Kosten nur im Rahmen und Umfang des Betrages nach Art. 3d ELG und soweit die Kosten nicht auf Grund der Bestimmungen anderer Versicherungen, insbesondere der Kranken- oder Unfallversicherung, vergütet werden. Art. 6 ELKV bestimmt, dass die Ergänzungsleistung die Beteiligung nach Art. 64 KVG an Kosten für Leistungen, welche die obligatorische Krankenversicherung nach Art. 24 KVG übernimmt, vergütet. c) Nach der erfolgten 3. EL-Revision bestehen die Ergänzungsleistungen aus der jährlichen Ergänzungsleistung, welche monatlich ausbezahlt wird, und der Vergütung von Krankheits- und BGE 127 V 242 S. 244 Behandlungskosten ( Art. 3 ELG ). Eine Vergütung von Arzneikosten durch die Ergänzungsleistung ist nurmehr im Rahmen von Franchise und Selbstbehalt möglich ( Art. 3d Abs. 1 lit. f ELG in Verbindung mit Art. 3 ELKV ). Dies setzt voraus, dass die Krankenkasse Leistungen aus der obligatorischen Krankenversicherung übernimmt ( Art. 6 ELKV ), denn nur in diesem Fall haben sich die Versicherten an den Kosten der für sie erbrachten Leistungen im Rahmen von Franchise und Selbstbehalt zu beteiligen ( Art. 64 KVG ). Die Ergänzungsleistung ersetzt damit dem Versicherten bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 830 Franken ( Art. 7 ELKV ) jenen Anteil an den Krankheitskosten, den die Krankenversicherung wegen der Kostenbeteiligung durch Franchise und Selbstbehalt nicht übernimmt. An Arzneimittel, welche nicht in den Leistungsbereich der obligatorischen Krankenversicherung fallen, richtet auch die Ergänzungsleistung keine Vergütung aus (CARIGIET/KOCH, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, Supplement, Zürich 2000, S. 125). In diesem Sinne ist Ziff. 16 der Merkblätter "Ergänzungsleistungen zur AHV und IV" zu verstehen, welche besagt, Kosten könnten nur übernommen werden, wenn sie nicht bereits durch eine Versicherung (vorliegend Krankenkasse) gedeckt sind (vgl. BGE 123 V 256 f. Erw. 2b).
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Erwägungen ab Seite 216 BGE 124 II 215 S. 216 Erwägungen: 1. Am 16. Februar 1998 stellten die Schweizerischen Bundesbahnen, vertreten durch die AlpTransit, Altdorf, bei der Präsidentin der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 9, das Gesuch um Eröffnung eines kombinierten eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungs- und Enteignungsverfahrens für den Bau der Gotthard-Basislinie, Teilabschnitt Erstfeld. Die Schätzungskommissions-Präsidentin gab diesem Begehren am 23. Februar 1998 statt. Sie erklärte in ihrer Verfügung das Verfahren für eröffnet und forderte die Gemeinden Erstfeld, Silenen, Gurtnellen und Schattdorf sowie den Kanton Uri auf, die Pläne und Verzeichnisse während dreissig Tagen öffentlich aufzulegen und ihr nach Ablauf der Einsprachefrist die eingegangenen Einsprachen zu übermitteln. Gegen die Verfügung der Präsidentin der Schätzungskommission haben sowohl Z. als auch G., beide wohnhaft in Erstfeld, mit getrennten Eingaben Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Die beiden Beschwerden können - wie sich im folgenden zeigt - gemeinsam behandelt werden. 2. Entscheide der Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommissionen über Gesuche um Eröffnung eines Enteignungsverfahrens unterstehen der Verwaltungsgerichtsbarkeit, falls sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können ( Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 und 45 VwVG ). Diese Voraussetzung wird anders als im staatsrechtlichen Verfahren schon dann als erfüllt betrachtet, wenn der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Aufhebung oder Abänderung der Verfügung hat ( BGE 112 Ib 417 E. 2c). Ein solches Interesse kann jedoch nur insoweit bejaht werden, als der Beschwerdeführer Einwendungen erhebt, die sich auf die Eröffnungsverfügung selbst und die darin geregelten Belange beziehen und später nicht mehr vorgebracht werden können. Werden dagegen Rügen gegen die Enteignung selbst vorgebracht, wofür - wie im folgenden dargelegt - den Enteigneten noch ein besonderer Rechtsweg offensteht, so erweisen sich die Beschwerden gegen die Verfahrenseröffnung als verfrüht bzw. unzulässig, da insofern die Eröffnungsverfügung mit keinem nicht wieder gutzumachenden Nachteil verbunden sein kann (vgl. sinngemäss BGE 108 Ib 376 ). 3. Gemäss den Bestimmungen von Art. 30 Abs. 1 lit. a und b sowie Art. 35 des Bundesgesetzes über die Enteignung (EntG; SR 711), welche im kombinierten eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungs- BGE 124 II 215 S. 217 und Enteignungsverfahren anwendbar sind (vgl. Art. 12 Abs. 1 des Bundesbeschlusses über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale vom 4. Oktober 1991 [SR 742.104] in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 des Bundesbeschlusses über das Plangenehmigungsverfahren für Eisenbahn-Grossprojekte vom 21. Juni 1991 [SR 742.100.1]), können innert der Frist der öffentlichen Auflage Einsprache gegen die Enteignung erhoben und Planänderungsgesuche sowie Begehren nach den Artikeln 7-10 EntG angemeldet werden. Nach der Rechtsprechung hat mithin der Enteignete im Einspracheverfahren auch die Möglichkeit, das Vorliegen der formellrechtlichen Bedingungen für eine Enteignung zu bestreiten, wie materiellrechtlich geltend zu machen, die in Art. 1 EntG umschriebenen Voraussetzungen zur Ausübung des Enteignungsrechtes seien nicht gegeben (vgl. BGE 109 Ib 130 E. 2a; BGE 108 Ib 376 E. 2, mit Hinweisen). Ebenso kann eingewendet werden, es mangle an der für das projektierte Werk erforderlichen spezialgesetzlichen Genehmigung (vgl. BGE 114 Ib 142 E. 3a, mit Hinweisen, und sinngemäss BGE 115 Ib 424 E. 6b S. 438). Können diese Argumente aber im enteignungsrechtlichen Einspracheverfahren vorgebracht werden, so sind sie - soweit nicht geradezu ein Nichtigkeitsgrund angerufen wird - bei der Verfahrenseröffnung ausgeschlossen. Die Schätzungskommission wäre denn auch zur Beurteilung von Einwendungen gegen die Enteignung gar nicht zuständig. Wohl hat der Präsident einer Eidgenössischen Schätzungskommission vor Einleitung der Enteignung summarisch zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben seien. Diese Prüfung beschränkt sich jedoch im wesentlichen darauf, ob der Gesuchsteller überhaupt mit dem Enteignungsrecht ausgestattet sei oder noch ausgestattet werden könne und ob die Unterlagen den gesetzlichen Anforderungen genügten (vgl. BGE 109 Ib 130 E. 2b; BGE 115 Ib 13 E. 3; s.a. BGE 104 Ib 337 E. 3d). Dagegen ist es dem Schätzungskommissions-Präsidenten zum Beispiel verwehrt, bei der Prüfung eines Begehrens um Eröffnung des Enteignungsverfahrens darüber zu befinden, ob der Gesuchsteller unter den verschiedenen möglichen Arten des Landerwerbs richtig gewählt habe, insbesondere ob er der vom Gesetzgeber aufgestellten Rangfolge - der Bevorzugung des freihändigen Landerwerbs vor der Landumlegung und schliesslich der Enteignung (vgl. Art. 3 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 [SR 742.101]) - genügend Beachtung geschenkt habe. Der Entscheid über diese Frage wie über die BGE 124 II 215 S. 218 weiteren Einwände gegen die Enteignung ist der Einsprachebehörde vorbehalten ( BGE 116 Ib 241 E. 3a S. 246 mit zahlreichen Hinweisen; s.a. BGE 104 Ib 79 E. 1c und BGE 105 Ib 94 E. 5a). 4. Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, dass die SBB nicht über das Enteignungsrecht verfügten oder ein zur Enteignung erforderliches Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Sie wenden auch nichts gegen die Ansetzung der dreissigtägigen Auflagefrist ein (vgl. Art. 30 Abs. 2 EntG ). Z. verlangt vielmehr eine Verlegung der geplanten Stromleitung und stellt damit ein Planänderungsbegehren, während G. bemerkt, er sei mit einem Landabtausch einverstanden, weshalb sich eine Enteignung erübrige. Planänderungsbegehren und Einwendungen gegen die Art des Landerwerbs sind jedoch wie geschildert im Einspracheverfahren anzubringen und im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen. Auf die beiden Beschwerden kann daher nicht eingetreten werden. 5. Abschliessend stellt sich die Frage, ob die beiden Beschwerden direkt als Einsprachen entgegenzunehmen seien. Dies abzuklären, ist Sache der Präsidentin der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 9, an die die eingereichten Rechtsschriften zu überweisen sind (vgl. Art. 32 Abs. 5 OG ; BGE 108 Ib 376 E. 2).
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Sachverhalt ab Seite 491 BGE 139 III 491 S. 491 A. Auf Begehren der Z. AG eröffnete das Kantonsgericht Zug über die X. GmbH in der Betreibung Nr. x des Betreibungsamtes Zug mit Entscheid vom 12. Februar 2013 den Konkurs. Am 21. Februar 2013 erhob die X. GmbH Beschwerde und am 14. März 2013 reichte sie ein Schreiben ein, wonach sämtliche Ausstände beglichen worden seien. Ausserdem stellte sie am 4. April 2013 ein Fristwiederherstellungsgesuch und sie ergänzte auch ihre Beschwerde. BGE 139 III 491 S. 492 Mit Entscheid vom 8. April 2013 trat das Obergericht des Kantons Zug auf die Beschwerde nicht ein, setzte aber das Datum der Konkurseröffnung zufolge gewährter aufschiebender Wirkung neu auf den 8. April 2013 fest. B. Gegen diesen Entscheid hat die X. GmbH am 10. April 2013 eine Beschwerde erhoben mit dem Begehren um dessen Aufhebung, eventualiter um Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung. Mit Präsidialverfügung vom 25. April 2013 wurde die aufschiebende Wirkung in dem Sinn erteilt, als der Konkurs eröffnet bleibt, jedoch bis zum bundesgerichtlichen Entscheid Vollstreckungsmassnahmen zu unterbleiben haben, bereits getroffene Sicherungsmassnahmen aber aufrechterhalten bleiben. Am 10. Mai 2013 wurde eine Beschwerdeergänzung zu den Akten gereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eingetreten ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Mit der SchKG-Revision 1994 wurde die bis dahin den Kantonen überlassene Novenrechtsregelung im zweitinstanzlichen Konkursverfahren bundesrechtlich normiert. Die ab 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2010 gültige Fassung von Art. 174 Abs. 2 SchKG (AS 1995 1267) lautete wie folgt: "Das obere Gericht kann die Konkurseröffnung aufheben, wenn der Schuldner mit der Einlegung des Rechtsmittels seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden beweist, dass inzwischen:" (Nennung dreier alternativer Konkursaufhebungsgründe). Im Zusammenhang mit der Einführung der ZPO wurde der Passus "mit der Einlegung des Rechtsmittels" gestrichen. Die seit 1. Januar 2011 gültige Fassung von Art. 174 Abs. 2 SchKG (AS 2010 1850) lautet: "Die Rechtsmittelinstanz kann die Konkurseröffnung aufheben, wenn der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden beweist, dass inzwischen:" (Nennung dreier alternativer Konkursaufhebungsgründe). 4.1 Mit Bezug auf die bis Ende 2010 gültig gewesene Fassung wurde in BGE 136 III 294 festgehalten, dass kraft der Umschreibung "mit der Einlegung des Rechtsmittels" das Gesetz selbst eine zeitliche Schranke für das Beibringen von Unterlagen setze (E. 3.1) und dass für die Konkursaufhebungsgründe gemäss Art. 174 Abs. 2 Ziff. 1-3 SchKG massgeblich sei, was auch für das Beibringen der BGE 139 III 491 S. 493 Urkunden zu ihrem Beweis gelte, dass mithin die Gründe sich innert der Rechtsmittelfrist verwirklicht haben müssten (E. 3.2). Anlass der vorliegenden Beschwerde ist die Frage, ob die Änderung von Art. 174 Abs. 2 SchKG lediglich redaktioneller Natur oder ob bewusst eine materielle Änderung mit Bezug auf das Novenrecht vorgenommen worden ist. Die jüngst publizierte Rechtsprechung müsste ersterenfalls weitergelten, letzterenfalls wäre sie nicht mehr aktuell. 4.2 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben ( BGE 136 III 23 E. 6.6.2.1 S. 37; BGE 136 V 195 E. 7.1 S. 203; BGE 137 V 434 E. 3.2 S. 427). 4.3 Kernfrage ist vorliegend, ob der neuen Fassung der Bestimmung ein auf materielle Rechtsänderung gerichteter Wille des Gesetzgebers zugrunde liegt (vgl. E. 4.1 a.E.). Die Prüfung muss deshalb ihren Ausgangspunkt bei der Konsultation der Materialien und damit bei der historischen Auslegung finden. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass ihr Auskunftsgesuch vom 8. Mai 2013 beim Bundesamt für Justiz nichts habe zu Tage fördern können, was auf den Willen des Gesetzgebers schliessen lassen würde. Den Materialien lassen sich denn auch keine klaren Anhaltspunkte für eine Willensäusserung entnehmen. Während der Passus "mit der Einlegung des Rechtsmittels" im Vorentwurf der Expertenkommission für eine neue ZPO vom Juni 2003 noch enthalten war (vgl. S. 110), fehlt er im Entwurf des Bundesrates vom 18. Juni 2006 (vgl. BBl 2006 7413, 7522 zu Art. 174 Entwurf). Ersichtlich ist, dass der Rekurs gemäss dem Vorentwurf noch beschränkt Noven zuliess (vgl. Art. 306 VE-ZPO), nämlich im Rahmen BGE 139 III 491 S. 494 von Art. 215 Abs. 2 und 3 VE-ZPO. Demgegenüber sind Noven in der heutigen Beschwerde grundsätzlich unzulässig (vgl. Art. 326 Abs. 1 ZPO ), weshalb mit Bezug auf die Konkurseröffnung und die Arresteinsprache ein Vorbehalt nötig wurde. Die Botschaft vom 28. Juni 2006 schweigt sich zum Verhältnis dieser Normen und insbesondere auch zur Streichung der Wortfolge "mit Einlegung des Rechtsmittels" in Art. 174 Abs. 2 SchKG aus; sie erwähnt einzig den Vorbehalt in Art. 326 Abs. 2 ZPO zugunsten der Konkurseröffnung und der Arresteinsprache (BBl 2006 7221, 7379 zu Art. 324 E-ZPO), ohne auf die vorliegend interessierende temporale Frage einzugehen. In den Räten gab die Änderung des Wortlautes von Art. 174 Abs. 2 SchKG zu keinen Voten Anlass. Die fehlenden Hinweise in der Botschaft und Äusserungen im Parlament sprechen eher gegen einen auf Rechtsänderung gerichteten Willen des Gesetzgebers, denn angesichts der grossen Tragweite müssten sich hierzu eigentlich positive Aussagen in den Materialien finden lassen. Vom Standpunkt, dass keine materielle Änderung stattgefunden hat, geht jedenfalls auch die seither ergangene Rechtsprechung aus, wobei zugegebenermassen kein Bezug auf den geänderten Wortlaut genommen wird: Im Urteil 5A_230/2011 vom 12. Mai 2011 E. 3.2.1 wurde festgehalten, die ZPO habe keinen Einfluss auf das in Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 von Art. 174 SchKG geregelte Novenrecht, welches beibehalten worden sei und der ZPO vorgehe. Sodann wurde im Urteil 5A_711/2012 vom 17. Dezember 2012 E. 5.2 (freilich unter Bezugnahme auf ein vor der Änderung des Wortlautes ergangenes Urteil) auf die finanzielle Situation des Schuldners abgestellt, wie sie bei Ablauf der kantonalen Beschwerdefrist bestanden hatte. Auch in der seit der Änderung erschienen Literatur wird, soweit sie sich zum Novenrecht im oberinstanzlichen Konkursverfahren äussert, kein Bezug auf die Gesetzesänderung genommen: JOLANTA KREN KOSTKIEWICZ (Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, 2012, Rz. 1045) hält unter Verweis auf den zitierten BGE 136 III 294 fest, dass echte Noven keine Berücksichtigung mehr finden könnten, wenn sie erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist entstanden seien. Dahin gehen auch die Ausführungen von NICOLAS JEANDIN (in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4 zu Art. 326 ZPO ) sowie von PIERRE-ROBERT GILLIÉRON (Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 5. Aufl. 2012), welche je bemerken, dass im Zusammenhang mit der Beschwerde gegen das Konkurserkenntnis Noven vorgebracht werden können. BGE 139 III 491 S. 495 Soweit ersichtlich als Einziger äussert sich MARTIN STERCHI (in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 7 zu Art. 326 ZPO ) zum Problem. Er hält fest, dass in der bundesrätlichen Vorlage der fragliche Passus klammheimlich gestrichen worden sei und sich diesbezüglich keine Hinweise finden liessen. Er gelangt zum Ergebnis, dass die Weglassung auf eine materielle Änderung schliessen lassen könnte, dass sie sich aber auch so erklären lasse, dass Art. 174 SchKG nunmehr als lex specialis zum Rechtsmittelverfahren der ZPO zu betrachten sei und sich die Modalitäten ausschliesslich nach jenem Gesetz richteten, mithin sinngemäss nach Art. 317 Abs. 1 lit. a ZPO . Darauf wird in E. 4.4 noch zurückzukommen sein. Nach dem Gesagten muss die historische Auslegung als ergebnislos bezeichnet werden. 4.4 Aufgrund einer grammatikalischen und teleologischen Auslegung geht die Beschwerdeführerin davon aus, dass es sich um eine bewusste Änderung handeln muss und echte Noven demzufolge während des ganzen oberinstanzlichen Verfahrens vorgebracht werden können. Eine auf die neue Fassung des Abs. 2 beschränkte grammatikalische Auslegung führt freilich zu keinem klaren Bild, kann sich doch das Wort "inzwischen" ebenso gut auf die Beschwerde wie auf den zu fällenden Entscheid beziehen. Im Rahmen der systematischen Auslegung ist allerdings der ganze Art. 174 SchKG zu betrachten. Dessen Abs. 1 lautet wie folgt: "Der Entscheid des Konkursgerichts kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind." Mit dem Wort "dabei" knüpft der die (unechte) Noven regelnde zweite Satz klarerweise an den die Frist regelnden ersten Satz an. Unechte Noven sind mithin nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes zwingend innerhalb der Beschwerdefrist vorzubringen. Eine systematische Gesetzesauslegung lässt nicht zu, dass die unter Abs. 1 fallenden unechten Noven nur innerhalb der Beschwerdefrist vorgebracht werden können, die von Abs. 2 geregelten echten Noven indes bis zum oberinstanzlichen Entscheid zulässig wären. Dies zeigt sich exemplarisch am vorliegenden Fall: Die Beschwerdeführerin macht in dem von ihr vorgetragenen Sachverhalt geltend, dass für die Tilgung der Konkursforderung bereits am 29. Januar 2013 BGE 139 III 491 S. 496 eine Zahlung von Fr. 4'000.- an das Betreibungsamt geleistet worden sei, freilich an das falsche, weil der Inhaber der Firma irrig davon ausgegangen sei, dass für das betreffende Verfahren das Betreibungsamt an seinem Wohnsitz statt am Sitz der Firma zuständig sei, und sie bringt weiter vor, dass diese Zahlung im Sinn von Art. 12 Abs. 1 SchKG befreiende Wirkung gehabt habe. Wäre dem so, dass auch die Zahlung an ein falsches Betreibungsamt befreiende Wirkung hätte, würde es sich um ein unechtes Novum handeln (Zahlung am 29. Januar, erstinstanzliches Konkurserkenntnis am 12. Februar), welches nach den vorstehenden Erwägungen nur mit der Beschwerde bzw. innerhalb der Beschwerdefrist hätte vorgebracht werden können. Würde hingegen die befreiende Wirkung erst mit dem Eintreffen des Geldes auf dem "richtigen" Betreibungsamt befreiende Wirkung im Sinn von Art. 12 Abs. 1 SchKG zeitigen, weil nur dieses "für Rechnung des Gläubigers" handeln kann, so ginge es angesichts des Eintreffens des überwiesenen Betrages auf dem zuständigen Amt am 14. März 2013 um ein echtes Novum. Nun kann es aber nicht von solchen Zufälligkeiten abhängen, wie lange ein Novum vorgebracht werden kann. Eine systematische Auslegung lässt deshalb, wie gesagt, keine andere Möglichkeit, als dass auch echte Noven (weiterhin) mit der Beschwerde selbst bzw. innerhalb der Beschwerdefrist von zehn Tagen vorzubringen sind und sich auch die Konkursaufhebungsgründe von Art. 174 Abs. 2 Ziff. 1-3 SchKG innerhalb dieser Frist verwirklicht haben müssen. Angesichts dieses Resultates, wonach Abs. 1 ausschlaggebend für die Auslegung von Abs. 2 sein muss, ist insbesondere auch nicht auf die Regelung von Art. 317 ZPO zurückzugreifen, wie dies MARTIN STERCHI vorschlägt (vgl. E. 4.3). Die dortige Regelung beschlägt die Berufung und sie knüpft an das Verschulden. Demgegenüber besteht für die Beschwerde grundsätzlich ein Novenverbot ( Art. 326 Abs. 1 ZPO ), wobei andere gesetzliche Regelungen, wie namentlich Art. 174 SchKG , vorbehalten sind ( Art. 326 Abs. 2 ZPO ). Im Übrigen findet bei der Beschwerde in der Regel keine mündliche Verhandlung statt (vgl. Art. 327 Abs. 2 ZPO ; Botschaft BBl 2006 7221, 7379 zu Art. 325 E-ZPO), d.h. die Parteien haben sich grundsätzlich in der Beschwerde und Beschwerdeantwort zu äussern. Im Rahmen der systematischen Auslegung ist der Vollständigkeit halber zu erwähnen, dass damit möglicherweise eine Uneinheitlichkeit mit der Novenregelung im Zusammenhang mit der Arresteinsprache verbunden sein könnte: So ist das Obergericht des Kantons BGE 139 III 491 S. 497 Zürich im Fall, welcher BGE 138 III 382 zugrunde lag, implizit davon ausgegangen, dass hier Noven gemäss Art. 278 Abs. 3 SchKG bis zum oberinstanzlichen Entscheid möglich seien (vgl. Vorbringen des Beschwerdeführers in E. 3.2.1 sowie Ausführungen des Obergerichts in nicht publ. E. 2 [Urteil 5A_59/2012 vom 26. April 2012]; freilich ging es in jenem Fall letztlich um eine Revision und nicht um eine Beschwerde). Ohne vorliegend Stellung zur Novenrechtslage bei der Arresteinsprache zu nehmen und spezifisch auf den Wortlaut von Art. 278 Abs. 3 SchKG einzugehen, würde es sich hierbei aber so oder anders nicht um eine neue Erscheinung handeln; vielmehr würde eine Inkongruenz nicht ausgemerzt. 4.5 Am zwingenden Ergebnis der systematischen Auslegung vermag die teleologische nichts zu ändern. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, Sinn und Zweck der Bestimmung sei, unnötige Konkurse zu verhindern, was sich insbesondere auch aus der Botschaft zur SchKG-Revision 1994 ergebe, so trifft es zwar zu, dass sich der Gesetzgeber im Rahmen der damaligen Revision ausführlich mit dem Novenrecht beschäftigte. Indes verabschiedete er dabei genau denjenigen Gesetzeswortlaut, nach welchem kein Zweifel bestehen konnte, dass auch echte Noven innerhalb der zehntägigen Beschwerdefrist vorzubringen waren. Demgegenüber geht es bei den per 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Änderungen nicht um eine Revision, sondern um eine Anpassung an die nunmehr geltende bundesrechtliche ZPO, weshalb in diesem Zusammenhang teleologische Überlegungen ohnehin nicht im Zentrum stehen können. Mithin hat es bei der bereits im Urteil 5A_230/2011 vom 12. Mai 2011 E. 3.2.1 (vgl. E. 4.3) geäusserten Ansicht zu bleiben, dass das Novenrecht gemäss Art. 174 SchKG auch mit dem Inkrafttreten der ZPO beibehalten worden sei. Mit Blick auf die Bedenken der Beschwerdeführerin darf im Übrigen daran erinnert werden, dass dem Konkurserkenntnis zahlreiche Betreibungsphasen vorangehen. Zuerst ist das Einleitungsverfahren zu durchlaufen, damit der Gläubiger einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl erhält. Sodann kann er frühestens nach 20 Tagen das Fortsetzungsbegehren einreichen ( Art. 88 Abs. 1 SchKG ), worauf der Schuldner mit der Konkursandrohung ( Art. 159 SchKG ) eine weitere Warnung erhält des Inhalts, dass der Gläubiger das Konkursbegehren stellen kann ( Art. 160 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG ). Dies ist frühestens nach 20 Tagen ab Zustellung der Konkursandrohung möglich ( Art. 166 Abs. 1 SchKG ) und eröffnet das Konkursverfahren, BGE 139 III 491 S. 498 welches nicht schriftlich durchgeführt werden kann ( Art. 256 Abs. 1 ZPO ), sondern zwingend eine mündliche Konkursverhandlung beinhaltet, welche dem Schuldner angezeigt wird ( Art. 168 SchKG ). Wehrt sich der Schuldner an der Verhandlung nicht oder bleibt er dieser fern, so hat er im Rahmen der Beschwerde abermals die Möglichkeit, die Konkursforderung zu tilgen, sofern er gleichzeitig seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht ( Art. 174 Abs. 2 SchKG ). Überdies besteht die Möglichkeit zur Fristwiederherstellung (dazu nicht publ. E. 6). Damit sind genügend Sicherungen eingebaut, dass es nicht zu ungerechtfertigten Konkursen kommt. Ein darüber hinausgehender Schutz ist nicht angezeigt.
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Sachverhalt ab Seite 65 BGE 89 III 65 S. 65 A.- In Gruppe Nr. 86, der die Firma Comot AG als Gläubigerin angehört, vollzog das Betreibungsamt von Basel-Stadt am 7. Januar 1963 gegen den Schuldner Bruno Schmitter eine Lohnpfändung auf die Dauer eines Jahres BGE 89 III 65 S. 66 in Höhe von Fr. 357.-- monatlich. Am 5. September 1963 betrieben die drei Kinder des Schuldners diesen für rückständige Unterhaltsbeiträge betreffend die Zeit vom 1. August 1962 bis 31. August 1963 (= 13 Monate à Fr. 240.--). Am 7. Oktober 1963 erwirkten sie eine Notbedarfspfändung in Gruppe Nr. 4268, von der der Lohn des Schuldners bis 6. Oktober 1964 erfasst wurde. Das Betreibungsamt teilte daraufhin den Gläubigern der Gruppe Nr. 86, denen am 15./16. Oktober 1963 eine Abschrift jenes Nachtrags vom 7. Oktober 1963 zugestellt worden war, mit, dass die verfügten Lohnabzüge "vorweg allen bestehenden und künftigen Lohnpfändungen vorgehend", den Alimentengläubigern der Gruppe Nr. 4268 "in voller Höhe laufend bis zur Deckung des Notbedarfs von Fr. 3170.--" auszuweisen seien. . Gegen diese Verfügung des Betreibungsamtes erhob die Comot AG Beschwerde mit dem Antrag, es sei das Betreibungsamt anzuweisen, den Pfändungsnachtrag vom 7. Oktober 1963 dahin abzuändern, dass den Gläubigern der Gruppe Nr. 86 mindestens die Differenz zwischen dem gerichtlich festgestellten monatlichen Alimentenbetrag und der gepfändeten monatlichen Lohnquote zukomme. B.- Die Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt erteilte dem Betreibungsamt die Weisung, den privilegierten Notbedarf der Gläubiger in Betreibung Nr. 36490 auf 12 Monate à Fr. 240.-- = Fr. 2880.-- festzusetzen und die Verfügung vom 7. Oktober 1963 entsprechend zu berichtigen. Im übrigen wies es die Beschwerde ab. C.- Mit dem vorliegenden Rekurs hält die Comot AG an ihrem Beschwerdeantrag fest. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1 . - Nach ständiger Rechtsprechung sind Unterhaltsbeiträge an Familienmitglieder bei der Ermittlung des Existenzminimums des Schuldners als Notbedarfsausgaben BGE 89 III 65 S. 67 mit zu berücksichtigen, soweit der Alimentengläubiger, was im Zweifelsfall vermutet wird, die Beiträge zur Bestreitung seines Unterhalts wirklich benötigt und vorausgesetzt, dass der Schuldner sie auch tatsächlich zahlt ( BGE 71 III 177 , BGE 84 III 31 ). Ist bei einer früheren Lohnpfändung die Alimentenschuld nicht in Rechnung gestellt worden und wird sie hinterher in Betreibung gesetzt, so muss das Betreibungsamt in der neuen Betreibung den Betrag pfänden, auf den es diese Beitragspflicht bei Festsetzung der pfändbaren Lohnquote in der ersten Betreibung geschätzt hätte ( BGE 84 III 31 , fernerBGE 67 III 150und BGE 80 III 68 ). Obwohl sich grundsätzlich der eine Lohnpfändung verlangende Alimentengläubiger eine früher zugunsten eines gewöhnlichen Gläubigers vollzogene Lohnpfändung muss entgegenhalten lassen, wirkt somit die Alimentenschuld, einmal in Betreibung gesetzt, unmittelbar notbedarferhöhend. Dieser Privilegierung von Alimentenforderungen vor gewöhnlichen Forderungen liegt der Gedanke zugrunde, dass dem Alimentengläubiger immer der für seinen Unterhalt notwendige Betrag vorbehalten werden muss ( BGE 80 III 65 , BGE 84 III 31 ). Damit ist aber auch gesagt, dass sich das genannte Privileg nur insoweit rechtfertigt, als es durch diesen Zweck gedeckt ist. Das Bundesgericht hat deswegen Alimentenforderungen, die, weil längere Zeit zurückliegend, nicht mehr den laufenden Unterhaltsbedürfnissen des Gläubigers dienen, sondern ein eigentliches Kapital darstellen, ausgeschlossen ( BGE 62 III 89 , BGE 64 III 132 , BGE 75 III 52 ) und das Privileg auf die im letzten Jahre vor Anhebung der Betreibung verfallenen Unterhaltsbeiträge beschränkt (statt vieler BGE 86 III 13 , BGE 87 III 8 ). Die der Begünstigung des Alimentengläubigers gesetzte zweckbedingte Schranke würde nun aber zweifellos überschritten, wollte man, wie das die Vorinstanz getan hat, dem genannten Gläubiger ein Vorrecht in dem Sinne einräumen, dass er für seine rückständigen Forderungen des letzten Jahres gleich etwa dem Gläubiger pfandversicherter BGE 89 III 65 S. 68 Forderungen ( Art. 219 SchKG ) in vollem Umfang vorweg zu befriedigen wäre. Tatsächlich würde der Alimentengläubiger in Fällen wie dem vorliegenden, wo der periodische Lohnabzug den für den entsprechenden Zeitabschnitt festgesetzten Alimentenbetrag übersteigt, mehr erhalten, als er zur Deckung seiner laufenden Unterhaltsbedürfnisse bedarf. Das ihm durch die Rechtsprechung eingeräumte Privileg reicht jedoch, wie gesagt, nur so weit, dass das Betreibungsamt bei einer Alimentenbetreibung, trotz einer früher vollzogenen Pfändung, in welche die Alimentenforderung nicht einbezogen war, denjenigen Betrag zu pfänden hat, auf den es die periodische Beitragspflicht bei Ermittlung des Notbedarfs des Schuldners und damit der pfändbaren Lohnquote in der ersten Betreibung bemessen hätte (in diesem Sinne auch das nicht veröffentlichte Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 7. März 1961 i.S. Bergundthal E. 4). Im übrigen gilt als Regel, dass auch der Alimentengläubiger sich eine früher vollzogene Lohnpfändung muss entgegenhalten lassen. 2. Im vorliegenden Fall rügt daher die Rekurrentin mit Recht eine Verletzung dieser Grundsätze. Es war unzulässig, die verfügten Lohnabzüge, "vorweg allen bestehenden Lohnpfändungen vorgehend", dem Alimentengläubiger "in voller Höhe laufend bis zur Deckung des Notbedarfs von Fr. 2880. -" zuzuerkennen. Das Betreibungsamt Basel-Stadt wird daher seine Verfügung vom 7. Oktober 1963 dahin abändern müssen, dass vom monatlichen Lohnabzug Fr. 240.-- den Alimentengläubigern der Gruppe Nr. 4268 und die Restanz den Gläubigern der Gruppe Nr. 86 auszuweisen sind.
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Erwägungen ab Seite 181 BGE 105 IV 181 S. 181 Aus den Erwägungen: 4. Zutreffend gewürdigt hat die Vorinstanz auch den Einwand der Beschwerdeführer, sie seien in Kenntnis des italienischen Rechts, wonach erst drei oder vier Täter eine Bande bildeten, bewusst nur zu zweit aufgetreten, um dem Vorwurf der Bandenmässigkeit zu entgehen; es fehle mithin bezüglich der Bandenmässigkeit am notwendigen Vorsatz. a) Sollten die Beschwerdeführer tatsächlich aus diesem Grunde auf die Mitwirkung weiterer Komplizen verzichtet haben, so würde gerade auch dadurch ihre besondere Gefährlichkeit bestätigt. Sie delinquierten mit kühler Planung, die auch die Möglichkeit einer Verhaftung einbezog. Sie wollten BGE 105 IV 181 S. 182 sich für diesen Fall eine günstigere Position vor Gericht verschaffen, wie allenfalls auch die bereits erwähnten unbewaffneten Einbrecher. Gleichzeitig wollten sie aber auf die Vorteile eines Zusammenwirkens nicht verzichten. b) Ob Bandenmässigkeit gegeben ist, ist eine Rechtsfrage. Der Täter muss nicht wissen, dass nach der Rechtsprechung bereits zwei Personen zur Bildung einer Bande im Sinne von Art. 137 Ziff. 2 StGB genügen. Wesentlich für die Bejahung des Vorsatzes ist vielmehr, ob der Täter die Tatsachen kannte und wollte, aus denen das Gericht den rechtlichen Schluss auf bandenmässige Tatbegehung zieht. Dass dies auf B. und S. zutrifft, hat die Vorinstanz verbindlich festgestellt. Zu Recht behaupten die Beschwerdeführer nicht, das Obergericht sei bei seinem Entscheid von einem falschen Vorsatzbegriff ausgegangen. c) Soweit die Beschwerdeführer mit ihrer Rüge sinngemäss Rechtsirrtum geltend machen, ist sie unhaltbar. Art. 20 StGB besagt nicht, dass der Täter aufgrund jener Bestimmung zu bestrafen sei, die er mit seiner Tat zu verletzen glaubte. Auf Rechtsirrtum kann sich vielmehr nur berufen, wer aus zureichenden Gründen annahm, er sei zur Tat berechtigt gewesen. Dass die Beschwerdeführer angenommen hätten, in der Schweiz sei das Stehlen zu zweit erlaubt, behaupten sie zu Recht nicht.
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Sachverhalt ab Seite 39 BGE 112 Ia 39 S. 39 Am 18. Juni 1981 parkierte H. seinen Personenwagen in der Wilfriedstrasse in Zürich auf einem markierten und mit einer Parkuhr versehenen Parkfeld, ohne die vorgeschriebene Gebühr von 20 Rp. für eine Stunde zu bezahlen. Nachdem er dafür vom Polizeirichteramt der Stadt Zürich am 20. August 1981 mit Fr. 20.-- gebüsst worden war und der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich den Schuldspruch bestätigt hatte, hob das Obergericht des Kantons Zürich das Urteil auf und wies die Sache BGE 112 Ia 39 S. 40 zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung an den Einzelrichter zurück. Am 2. März 1983 parkierte H. in der Seefeldstrasse in Zürich erneut auf einem gebührenpflichtigen Parkfeld, ohne die Parkuhr durch Einwurf einer Münze in Gang zu setzen. Das Polizeirichteramt bestrafte ihn deswegen am 20. April 1983 mit Fr. 40.-- Busse. H. verlangte erneut gerichtliche Beurteilung, worauf der Einzelrichter die beiden Verfahren vereinigte und ihn am 8. September 1983 "der wiederholten Widerhandlung gegen Art. 27 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 48 Abs. 6 SSV (Nichtingangsetzen der Parkuhr)" schuldig sprach und mit einer Busse von Fr. 60.-- bestrafte. Gegen dieses Urteil führte H. kantonale Nichtigkeitsbeschwerde, doch wies das Obergericht das Rechtsmittel mit Entscheid vom 24. Oktober 1984 im Hauptpunkt ab. Dagegen erhob H. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 und 37 Abs. 2 BV sowie Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Kassationshof mit Urteil vom 14. März 1985 abgewiesen (vgl. BGE 111 IV 87 ). Das Bundesgericht weist auch die staatsrechtliche Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer beruft sich in erster Linie auf eine Verletzung von Art. 37 Abs. 2 BV . Die Einrichtung von Parkflächen mit Parkuhren soll nach dem Beschwerdeführer deshalb mit Art. 37 Abs. 2 BV unvereinbar sein, weil durch diese Bestimmung jegliche Gebührenerhebung für die zum Gemeingebrauch gehörende Benützung der öffentlichen Strassen grundsätzlich untersagt sei. Ausnahmen seien zwar zulässig; doch bedürften diese einer ausdrücklichen Bewilligung durch die Bundesversammlung. Eine solche Ausnahmebewilligung sei für die Ausscheidung gebührenpflichtiger Parkplätze und für die entsprechende Signalisation "Parkieren gegen Gebühr" (Art. 48 Abs. 6 der Verordnung über die Strassensignalisation, SSV) nie erteilt worden. a) Art. 37 Abs. 2 BV lautet: "Für den Verkehr auf Strassen, die im Rahmen ihrer Zweckbestimmung der Öffentlichkeit zugänglich sind, dürfen keine Gebühren erhoben werden. Die Bundesversammlung kann in besonderen Fällen Ausnahmen bewilligen." Nach konstanter Rechtsprechung begründet Art. 37 Abs. 2 BV ein Individualrecht, dessen Verletzung durch staatsrechtliche Beschwerde BGE 112 Ia 39 S. 41 gerügt werden kann (vgl. hierzu BGE 89 I 537 E. 4a). Wie das Bundesgericht wiederholt entschieden hat, gehört zu dem nach dieser Bestimmung jedermann unentgeltlich offenstehenden "Verkehr" mit Fahrzeugen nicht nur der fahrende, sondern - in gewissem Umfange - auch der ruhende Verkehr, soweit er sich im Rahmen der Zweckbestimmung der Strasse hält und im Sinne von Art. 37 Abs. 2 BV als Gemeingebrauch erscheint. Hierzu zählt auch das kurzfristige Abstellen von Fahrzeugen. Denn soweit es sich beim Verkehr in Ortschaften und Städten nicht um blossen Durchgangsverkehr handelt, hat er regelmässig das Erreichen eines bestimmten Zieles zum Zweck. Das Parkieren von Fahrzeugen gehört daher ebenfalls zum "Verkehr", soweit es eine gewisse Dauer nicht überschreitet und im Sinne von Art. 37 Abs. 2 BV noch als Gemeingebrauch erscheint ( BGE 89 I 538 /39; vgl. auch BGE 100 IV 100 E. 2a; BGE 81 I 190 E. 6b; zur Frage, inwiefern das Abstellen von Fahrzeugen über längere Zeit, beispielsweise während eines halben oder ganzen Tages, noch zum Gemeingebrauch zählt, vgl. BGE 89 I 539 ). b) Wie das Bundesgericht wiederholt erkannt hat, steht das Verbot der Gebührenerhebung auf öffentlichen Strassen der Einführung gebührenpflichtiger Parkplätze nicht grundsätzlich entgegen. Art. 37 Abs. 2 BV untersagt dem Gemeinwesen nur, für den Verkehr auf Strassen, der sich im Rahmen des Gemeingebrauchs hält, Gebühren zu erheben. Er verbietet jedoch nicht, gewisse Teile der bestehenden Strassenfläche, die bisher dem rollenden Verkehr und dem gebührenfreien Parkieren offenstanden, auszuscheiden und als gebührenpflichtige Parkplätze zu kennzeichnen. Werden bestimmte Strassenflächen ausgeschieden und in gebührenpflichtige Parkplätze umgewandelt, so liegt darin eine Änderung des Zweckes, indem bisher dem "Verkehr" im Sinne von Art. 37 Abs. 2 BV offenstehende Strassenflächen einer besonderen Art der Nutzung, dem zeitlich beschränkten Parkieren gegen Gebühr, zugeführt werden. Diese Änderung der Zweckbestimmung hat zur Folge, dass Art. 37 Abs. 2 BV auf die so genutzten Parkflächen nicht mehr anwendbar ist ( BGE 89 I 540 ). Das Verbot der Gebührenerhebung auf öffentlichen Strassen steht daher der Möglichkeit der Einführung gebührenpflichtiger Parkplätze als Verkehrsmassnahme nicht grundsätzlich entgegen. Werden solche Parkflächen geschaffen, so wird dadurch das unentgeltliche Parkieren ebensowenig verunmöglicht wie der freie Durchgangsverkehr, zumal keine Verpflichtung besteht, gebührenpflichtige Parkplätze zu benutzen BGE 112 Ia 39 S. 42 (vgl. ausser dem zitierten Entscheid auch BGE 100 IV 100 ; BGE 94 IV 31 E. 3). Ein Vorbehalt wurde nur insofern angebracht, als es nicht angeht, die gesamte Strassenfläche dem "Verkehr" im Sinne von Art. 37 Abs. 2 BV zu entziehen und einer besonderen Art der Nutzung, wie sie das zeitlich beschränkte Parkieren gegen Gebühr darstellt, zuzuführen. Daher hat das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung für die Einführung gebührenpflichtiger Parkplätze verlangt, dass in angemessenem Abstand genügend Parkplätze vorhanden sind, auf denen Fahrzeuge unentgeltlich abgestellt werden können ( BGE 89 I 541 ; vgl. auch BGE 100 IV 100 E. 2a; BGE 94 IV 31 E. 3). Allerdings ist, wie das Bundesgericht bereits in BGE 100 IV 100 festgehalten hat, der Begriff der angemessenen Entfernung nicht zu eng auszulegen. Denn mit der Zunahme des Motorfahrzeugverkehrs in den letzten Jahren und den dadurch bedingten schwierigen Platzverhältnissen namentlich in den Stadtzentren kann auch das Gemeinwesen nicht verpflichtet werden, dass es bereits in unmittelbarer Nähe gebührenpflichtiger Parkplätze unentgeltliche Abstellflächen schaffen müsste. Dies rechtfertigt sich um so mehr, als mit öffentlichen Verkehrsmitteln praktisch jeder Bestimmungsort in den Stadtzentren leicht erreicht werden kann. Der Beschwerdeführer bestreitet denn auch selber nicht, dass in angemessenem Abstand von der Wilfriedstrasse bzw. Seefeldstrasse Parkplätze vorhanden sind, auf denen Fahrzeuge unentgeltlich abgestellt werden können. Er macht lediglich geltend, dass solche Abstellplätze nicht in genügender Anzahl vorhanden seien. Was als genügende Anzahl anzusehen ist, bestimmt sich indessen aufgrund einer Vielzahl von Kriterien, wie namentlich auch nach der Zahl der gebührenpflichtigen im Verhältnis zur Anzahl der gebührenfreien Parkplätze. Diesbezüglich lässt jedoch die staatsrechtliche Beschwerde substantiierte und vor allem schlüssige Ausführungen vermissen. Bei dieser Sachlage erübrigt sich die Prüfung der Frage, ob die dargestellte Praxis nicht in dem Sinne weiterzuentwickeln ist, dass die Erhebung von Parkgebühren (insbesondere im Sinne von Kontrollgebühren, vgl. nachfolgend E. 2) zulässig ist auch unabhängig davon, ob in angemessenem Abstand von den gebührenpflichtigen Parkplätzen gebührenfreie Abstellflächen anzutreffen sind. Es erscheint in der Tat fraglich, ob das Gemeinwesen heute noch verpflichtet werden kann, bereits in angemessener Nähe unentgeltliche Parkplätze zur Verfügung zu stellen, wenn andererseits namentlich BGE 112 Ia 39 S. 43 in den grösseren Städten nur durch besondere Massnahmen (wie zum Beispiel den Bau von Schnellstrassen, die Einrichtung von Parkhäusern oder die Schaffung verkehrsfreier Zonen) dem zunehmenden Verkehrsaufkommen und der Parkplatznot beizukommen ist. c) Was der Beschwerdeführer im übrigen vorbringt, rechtfertigt es nicht, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Zudem steht hier lediglich die Verfassungsmässigkeit der Parkuhrengebühren, wegen deren Nichtbezahlung der Beschwerdeführer gebüsst wurde, in Frage. Nicht zu entscheiden ist daher, ob bereits die Einrichtung sog. "Blauer Zonen" genügen würde, um den ohnehin knappen Parkraum einer grösseren Zahl wechselnder Benützer zur Verfügung zu stellen, wie der Beschwerdeführer geltend macht. (Gegenüber der Beschränkung der Parkierungszeit durch "Blaue Zonen" weisen Parkuhren unbestreitbar den Vorteil auf, dass die Dauer des zulässigen Parkierens den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasst werden kann.) Zu Recht behauptet der Beschwerdeführer auch nicht, durch die Schaffung "Blauer Zonen" liesse sich das Problem der Parkplatznot in der Stadt Zürich ohne weiteres lösen, so dass die Einrichtung gebührenpflichtiger Parkplätze nicht als das richtige Mittel zur Verwirklichung dieses Zieles bezeichnet werden könne. Die Rüge, wonach im Falle des Beschwerdeführers die Erhebung von Parkuhrengebühren gegen die in Art. 37 Abs. 2 BV gewährleistete Strassenfreiheit verstossen soll, hält demnach nicht stand. 2. Der Beschwerdeführer bemängelt ferner das Fehlen einer formellgesetzlichen Grundlage für die Gebührenerhebung. Er macht geltend, das Bundesgesetz über den Strassenverkehr (SVG) enthalte keine Bestimmungen über gebührenpflichtige Parkplätze und auch eine kantonalrechtliche Grundlage existiere im Falle der Parkuhrengebühren der Stadt Zürich nicht. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bedürfen öffentliche Abgaben grundsätzlich der Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn, d.h. in einem dem Referendum unterstehenden generell-abstrakten Erlass ( BGE 109 Ib 315 E. 6a; BGE 107 Ia 32 E. 2c mit weiteren Hinweisen). Die in den Kantonsverfassungen gewährleistete Gewaltentrennung zwischen gesetzgebender und vollziehender Behörde sowie der Grundsatz der Gesetzmässigkeit aller Abgaben sind daher verletzt, wenn wesentliche Elemente einer Abgabe nicht durch den Gesetzgeber festgelegt werden. Der vollziehenden Behörde kann indessen die Kompetenz übertragen BGE 112 Ia 39 S. 44 werden, nach hinreichend im Gesetz bestimmten Kriterien die absolute Höhe der Abgabe festzulegen, sofern Subjekt, Objekt und Bemessungsgrundlage der Abgabe in einem formellen Gesetz umschrieben sind ( BGE 109 Ib 315 E. 6a; BGE 106 Ia 202 E. 2a mit Verweisungen). Das Bundesgericht handhabt allerdings den Grundsatz der Gesetzmässigkeit aller Abgaben im Gebührenrecht nicht mit aller Strenge. So galt seit jeher eine Ausnahme für Kanzleigebühren (vgl. ausser den bereits zitierten Entscheiden BGE BGE 104 Ia 115 E. 3). Unter Kanzleigebühren sind Abgaben für einfache Tätigkeiten der Verwaltung zu verstehen, die ohne besonderen Prüfungs- und Kontrollaufwand erbracht werden und sich in ihrer Höhe in einem bescheidenen Rahmen halten (BGE BGE 107 Ia 32 E. 2c). Sie sind jederzeit unter dem Gesichtspunkt des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips überprüfbar, weshalb auf eine formellgesetzliche Grundlage für solche Gebühren verzichtet werden kann. Ebenso hat das Bundesgericht in jüngerer Zeit bei Gebühren, die stark technischen Charakter aufweisen oder rasch wechselnden Verhältnissen unterworfen sind, auf das Erfordernis einer formellgesetzlichen Grundlage verzichtet, da sich der Betroffene hinsichtlich solcher Gebühren jederzeit auf das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip berufen kann ( BGE 106 Ia 202 E. 2a; BGE 105 Ia 145 E. 5a mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage auch bei gewissen Benützungsgebühren, also Abgaben für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen, abgeschwächt, soweit dieses Erfordernis lediglich auf eine Wiederholung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes sowie des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzipes hinausliefe. Es liess sich also von der Erwägung leiten, dass in solchen Fällen die Gebühr schon aufgrund der Verfassung einen bestimmten Rahmen nicht überschreiten dürfe ( BGE 104 Ia 116 mit Verweisungen). Ganz allgemein ergibt sich aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, dass im Abgaberecht bei den Anforderungen, die an die gesetzliche Grundlage gestellt werden, nach der Natur der in Frage stehenden Leistung zu differenzieren ist ( BGE 105 Ia 145 E. 5a; BGE 104 Ia 117 E. 4). Daher dürfen die Anforderungen an die gesetzliche Grundlage dort herabgesetzt werden, wo dem Bürger die Überprüfung der Gebühr auf ihre Rechtmässigkeit anhand von verfassungsrechtlichen Prinzipien, insbesondere des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips, ohne weiteres möglich ist, nicht aber dort, wo der Gesetzesvorbehalt diese Schutzfunktion erfüllt. Das Legalitätsprinzip BGE 112 Ia 39 S. 45 darf weder seines Sinnes entleert, noch andererseits in einer Weise überspannt werden, dass es mit der Rechtswirklichkeit und den Praktikabilitätserfordernissen in einen unlösbaren Widerspruch gerät ( BGE 104 Ia 117 E. 4). Es kommt daher für die Frage, ob Parkuhrengebühren einer Grundlage in einem formellen Gesetz bedürfen, vor allem auf die rechtliche Natur solcher Gebühren an. b) In BGE 81 I 177 hat das Bundesgericht die für das Parkieren auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz zu entrichtende Gebühr als Entgelt für die Benützung einer öffentlichen Einrichtung bezeichnet, ohne jedoch zur Rechtsnatur dieser Gebühr ausdrücklich Stellung zu nehmen (S. 187, 191). In einem weiteren Urteil in BGE 89 I 541 hat es die Frage offengelassen, ob die Gebühr als Entgelt für die Benützung der Parkuhr als einer Kontrolleinrichtung oder (auch) für die Benützung des Parkfeldes aufzufassen sei. In den übrigen Entscheiden, die sich mit der Zulässigkeit von Parkingmetergebühren befassen (vgl. BGE 100 IV 98 ; BGE 94 IV 28 ), hat es die Frage nach der Rechtsnatur dieser Gebühr nicht mehr ausdrücklich aufgeworfen. Doch wird in der Lehre die Parkuhrengebühr überwiegend als Kontrollgebühr, also als Entgelt für die der Kontrolle der Parkuhren dienenden Amtshandlungen, bezeichnet (so IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. II, Nr. 110 B VI b, S. 781; F. WICKI, Die öffentliche Strasse und ihre Benützung, Diss. Freiburg 1967, S. 99 f.; W. MÜLLER, Die öffentliche Strasse und ihre Benützung nach aargauischem Verwaltungsrecht, Diss. Freiburg 1973, S. 172 f.; vgl. auch H. WERREN, Zur rechtlichen Analyse der Parkplatzbenützung, Diss. Zürich 1986, S. 38 ff., besonders Anm. 125). c) Bei der Einführung gebührenpflichtiger Parkplätze handelt es sich um eine örtliche Verkehrsmassnahme, und zwar um eine funktionelle Verkehrsbeschränkung im Sinne des Art. 3 Abs. 4 SVG , zu deren Erlass gemäss Abs. 2 der genannten Bestimmung grundsätzlich die Kantone befugt sind, die diese Kompetenz an die Gemeinden delegieren können ( BGE 111 IV 88 E. 2 mit weiteren Hinweisen). Es geht darum, der Parkraumnot vorwiegend in den Städten und grösseren Ortschaften entgegenzusteuern und den beschränkten Parkraum einer grösseren Zahl wechselnder Benützer zugänglich zu machen. Rechtlich qualifiziert sich daher die Parkuhrengebühr als Kontrollgebühr, die dem Benützer der Parkfläche als Gegenleistung für die Aufstellung, Wartung und Kontrolle der Parkuhr sowie für das Ausscheiden und Signalisieren entsprechender Parkflächen auferlegt wird, worauf im allgemeinen BGE 112 Ia 39 S. 46 schon die geringe Höhe solcher Gebühren - hier 20 Rp. pro Stunde (Wilfriedstrasse) - hinweist. Dieser Betrag reicht kaum aus, um sämtliche im Zusammenhang mit der Einrichtung, Wartung und Kontrolle der Parkuhren entstehenden Kosten zu decken. Ob Abgaben, die für Dauerparkieren (beispielsweise während eines halben oder ganzen Tages) erhoben werden, noch als Kontrollgebühren zu bezeichnen sind oder ob sie als Benützungsgebühren eine Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlichen Bodens darstellen (so P. SAXER, Das Parkierungsproblem in rechtlicher Sicht, ZBl 63/1962 S. 4 f.), ist hier nicht zu entscheiden. Es genügt die Feststellung, dass jedenfalls das kurzfristige Parkieren zu dem jedermann als Gemeingebrauch unentgeltlich offenstehenden "Verkehr" im Sinne von Art. 37 Abs. 2 BV gehört und die Schaffung gebührenpflichtiger Parkplätze für das kurzfristige Abstellen von Fahrzeugen an Strassen lediglich ein Mittel der Verkehrsregelung, eine örtliche Verkehrsmassnahme im Sinne von Art. 3 Abs. 4 SVG , darstellt. Es kann daher insoweit bei den für solches Parkieren erhobenen Gebühren von einer Benützungsgebühr nicht gesprochen werden. d) Handelt es sich aber bei den von der Stadt Zürich erhobenen Parkuhrengebühren um Kontrollgebühren, so dürfen die Anforderungen an die gesetzliche Grundlage für die Erhebung solcher Gebühren nicht überspannt werden. Es rechtfertigt sich, die vom Bundesgericht für Kanzleigebühren und gewisse technische Gebühren befolgte Praxis, wonach eine formellgesetzliche Grundlage nicht erforderlich ist, auch auf Parkuhrengebühren anzuwenden, die - wie hier - eindeutig Kontrollgebühren darstellen. Soweit daher der Beschwerdeführer eine Verankerung der strittigen Parkingmetergebühr in einem Gesetz im formellen Sinn verlangt, stösst seine Beschwerde ins Leere. Es genügt vielmehr, dass der Parkuhrentarif der Stadt Zürich von der für die Anordnung entsprechender örtlicher Verkehrsmassnahmen im Sinne von Art. 3 Abs. 4 SVG zuständigen kantonalen oder kommunalen Behörde im Rahmen ihrer Kompetenzen erlassen wurde. Dass diese Voraussetzung für die im Falle des Beschwerdeführers erhobenen Parkuhrengebühren nicht erfüllt sei, wird mit der vorliegenden Beschwerde nicht geltend gemacht. Nicht weiter zu prüfen ist daher, ob der Polizeivorstand der Stadt Zürich, von dem offenbar der damals gültige Parkuhrentarif ausging, nach dem kantonalen und kommunalen Recht zum Erlass entsprechender örtlicher Verkehrsanordnungen zuständig war.
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Sachverhalt ab Seite 135 BGE 130 I 134 S. 135 Am 25. Juni 2002 stellte der Regierungsrat des Kantons Appenzell Ausserrhoden fest, die in Form einer allgemeinen Anregung eingereichte Volksinitiative "12 autofreie Sonntage" habe mit 482 gültigen Unterschriften mehr als die 300 erforderlichen auf sich vereinigt und sei daher zustande gekommen. Sie hat folgenden Wortlaut: "Im Kanton Appenzell A.Rh. werden zwölf autofreie Sonntage eingeführt. Während dieser ist jeglicher motorisierter Privatverkehr verboten. Die Detailbestimmungen können sich an den autofreien Sonntagen der Siebzigerjahre oder an der aktuellen nationalen Initiative orientieren." Gestützt auf ein vom Regierungsrat in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten von Prof. Dr. René Schaffhauser, welches zum Schluss kam, die Initiative sei bundesrechtswidrig, erklärte sie der Kantonsrat am 24. März 2003 auf Antrag des Regierungsrates mit 58 gegen 2 Stimmen für ungültig. Mit Stimmrechtsbeschwerde vom 12. Mai 2003 beantragt Tim Walker "als Stimmbürger und Mitglied des Initiativkomitees" im Wesentlichen, diesen Beschluss des Kantonsrates aufzuheben und ihn anzuweisen, sie ganz oder eventuell teilweise den Stimmberechtigten zur Abstimmung vorzulegen. BGE 130 I 134 S. 136 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 55 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 30. April 1995 (KV/AR) entscheidet der Kantonsrat über die Gültigkeit einer Initiative. Nach dessen Abs. 2 ist eine solche u.a. dann ganz oder teilweise ungültig, wenn sie übergeordnetem Recht widerspricht. Der Kantonsrat ist, gestützt auf das Gutachten Schaffhauser, auf das er ausdrücklich vorbehaltlos abstellt, zur Auffassung gelangt, der Kanton verfüge nicht über die Kompetenz, zeitlich beschränkte generelle Fahrverbote für das ganze Kantonsgebiet zu erlassen. Eine Auslegung der Initiative, mit welcher sie ganz oder wenigstens teilweise mit dem übergeordneten Recht in Einklang gebracht werden könnte, sei nicht ersichtlich, weshalb sie auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes "in dubio pro populo" vollständig ungültig erklärt werden müsse. Der Beschwerdeführer bestreitet dies und macht geltend, der Kanton sei durchaus befugt, wenigstens auf einem erheblichen Teil des kantonalen Strassennetzes Sonntagsfahrverbote zu erlassen. Es ist daher - und zwar frei - zu prüfen, ob das Bundesrecht den Kantonen die Freiheit belässt, auf ihrem Gebiet Sonntagsfahrverbote, wie sie die zu beurteilende Initiative anstrebt, einzuführen. 3. 3.1 Nach Art. 82 BV erlässt der Bund Vorschriften über den Strassenverkehr (Abs. 1) und übt die Oberaufsicht über Strassen von gesamtschweizerischer Bedeutung aus, wobei er bestimmt, welche Durchgangsstrassen für den Verkehr offen bleiben müssen. Im vorab gestützt auf den inhaltlich unverändert in Art. 82 BV überführten Art. 37 bis aBV (Botschaft des Bundesrates über eine neue Verfassung vom 20. November 1996, BBl 1997 I 258 ff.) erlassenen Strassenverkehrsgesetz bestimmt Art. 2 Abs. 1 lit. b unter dem Titel "Befugnisse des Bundes": " 1 Der Bundesrat ist ermächtigt, nach Anhören der Kantone: a. (...) b. für alle oder einzelne Arten von Motorfahrzeugen zeitliche, für die ganze Schweiz geltende Fahrverbote zu erlassen; c. (..)." Die kantonalen Befugnisse sind wie folgt geregelt: "Art. 3 Befugnisse der Kantone und Gemeinden BGE 130 I 134 S. 137 1 Die kantonale Strassenhoheit bleibt im Rahmen des Bundesrechts gewahrt. 2 Die Kantone sind befugt, für bestimmte Strassen Fahrverbote, Verkehrsbeschränkungen und Anordnungen zur Regelung des Verkehrs zu erlassen. Sie können diese Befugnis den Gemeinden übertragen unter Vorbehalt der Beschwerde an eine kantonale Behörde. 3 Der Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr kann auf Strassen, die nicht dem allgemeinen Durchgangsverkehr geöffnet sind, vollständig untersagt oder zeitlich beschränkt werden; Fahrten im Dienste des Bundes bleiben jedoch gestattet. Vorbehalten ist die Beschwerde an das Bundesgericht wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger. 4 Andere Beschränkungen oder Anordnungen können erlassen werden, soweit der Schutz der Bewohner oder gleichermassen Betroffener vor Lärm und Luftverschmutzung, die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen, die Sicherheit, die Erleichterung oder die Regelung des Verkehrs, der Schutz der Strasse oder andere in den örtlichen Verhältnissen liegende Gründe dies erfordern. Aus solchen Gründen können insbesondere in Wohnquartieren der Verkehr beschränkt und das Parkieren besonders geregelt werden. Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über solche Massnahmen ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht zulässig. Gemeinden sind zur Beschwerde berechtigt, wenn Verkehrsmassnahmen auf ihrem Gebiet angeordnet werden. 5 Massnahmen für die übrigen Fahrzeugarten und Strassenbenützer richten sich, soweit sie nicht zur Regelung des Motorfahrzeug- und Fahrradverkehrs erforderlich sind, nach kantonalem Recht. 6 In besondern Fällen kann die Polizei die erforderlichen Massnahmen treffen, namentlich den Verkehr vorübergehend beschränken oder umleiten." Art. 5 bestimmt über die "Signale und Markierungen" Folgendes: " 1 Beschränkungen und Anordnungen für den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr müssen durch Signale oder Markierungen angezeigt werden, sofern sie nicht für das ganze Gebiet der Schweiz gelten. 2 (...) 3 Im Bereich der für Motorfahrzeuge oder Fahrräder offenen Strassen dürfen nur die vom Bundesrat vorgesehenen Signale und Markierungen verwendet und nur von den zuständigen Behörden oder mit deren Ermächtigung angebracht werden." 3.2 Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b SVG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 SVG ist klarerweise einzig der Bund bzw. der Bundesrat befugt, per Rechtssatz für das ganze Hoheitsgebiet geltende Beschränkungen des Motorfahrzeug- und Fahrradverkehrs anzuordnen, ohne diese auf dem Strassennetz auszuschildern. Den Kantonen ist es BGE 130 I 134 S. 138 demgegenüber untersagt, den motorisierten Verkehr auf ihrem Gebiet per Rechtssatz generell zu beschränken. Sie können dies nach Art. 3 Abs. 2 SVG nur für "bestimmte Strassen" tun und müssen Verkehrsbeschränkungen, von hier nicht interessierenden Ausnahmen für polizeiliche Massnahmen nach Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 6 SVG abgesehen, als Totalfahrverbote im Sinne von Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 SVG oder als funktionelle Verkehrsbeschränkungen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SVG verfügen, publizieren (vgl. BGE 104 IV 24 E. 3 S. 26) und mit den vom Bundesrat dafür vorgesehenen Signalen und Markierungen an Ort und Stelle kund tun ( BGE 101 Ia 73 , BGE 101 Ia 565 E. 3 S. 571; Urteil des Bundesgerichts 1P.203/1992 vom 6. April 1994, publ. in: URP 1994 S. 494; zur Abgrenzung von Totalfahrverboten nach Art. 3 Abs. 3 SVG und funktionellen Verkehrsbeschränkungen nach Art. 3 Abs. 4 SVG : VPB 60/1996 S. 732; zu den verfahrensrechtlichen Anforderungen an Massnahmen nach Art. 3 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 6 SVG : BGE 121 I 334 E. 6b S. 345 mit Hinweisen auf die Literatur). 3.3 Die umstrittene Initiative verlangt, was sich aus ihrem klaren Wortlaut und den Verweisen auf die autofreien Sonntage der Siebzigerjahre sowie die am 18. Mai 2003 von den Schweizer Stimmbürgern verworfene Initiative "für einen autofreien Sonntag pro Jahreszeit - ein Versuch für vier Jahre (Sonntags-Initiative)" (vgl. die bundesrätliche Botschaft vom 1. Dezember 1999 dazu in BBl 2000 S. 503 ff.) ergibt, dass der Kanton an 12 Sonntagen pro Jahr den motorisierten Privatverkehr in möglichst weit gehender Weise auf einem möglichst grossen Teil des kantonalen Strassennetzes unterbindet und die Strassen der Bevölkerung zum "freien Gemeingebrauch" (BBl 2000 S. 504) für Veranstaltungen aller Art zur Verfügung stellt. In seiner Beschwerde führt der Beschwerdeführer dazu aus, dass Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot für Ärzte, Feuerwehr, Polizei und eventuell für den unbedingt notwendigen Berufsverkehr vom Initiativ-Komitee ausdrücklich als zulässig betrachtet würden; der öffentliche Verkehr unterliege keinen Einschränkungen, und es sei zudem denkbar, dass die Transportunternehmungen zusätzliche, ausserfahrplanmässige Verbindungen anbieten dürften. Für ein solches Sonntagsfahrverbot muss u.a. festgelegt werden, an welchen Sonntagen es gilt, wer vom Verbot ausgenommen ist und was für eine Verkehrsordnung an diesen Tagen gelten soll, an denen die Strassen zwar einerseits dem (nicht motorisierten) BGE 130 I 134 S. 139 Publikum zur freien Benutzung zur Verfügung stehen sollen, an denen anderseits aber trotzdem ein eingeschränkter motorisierter Strassenverkehr möglich sein soll. Es ist offenkundig, dass eine solche grundsätzlich für das ganze Kantonsgebiet geltende Regelung nur per Rechtssatz erlassen werden kann. Es ist schlechterdings ausgeschlossen, sie zu verfügen, zu publizieren und anschliessend sämtliche Strassen (ausgenommen allenfalls die Durchgangsstrassen nach Art. 3 Abs. 3 SVG ) mit den entsprechenden Verkehrssignalen und Markierungen zu kennzeichnen; auf diese Weise lässt sich die Initiative von vornherein weder ganz noch teilweise umsetzen. Diese verlangt vielmehr, dass der Kanton Appenzell Ausserrhoden das von ihr angestrebte Sonntagsfahrverbot auf gesetzgeberischem Weg einführt und setzt damit - zu Unrecht (oben E. 3.2) - voraus, dass er über die entsprechende Rechtssetzungskompetenz verfügt. 3.4 Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass das Bundesrecht einerseits den rechtssatzmässigen Erlass von ohne entsprechende Signalisationen allgemein geltenden Verkehrsbeschränkungen dem Bund vorbehält, den Kantonen anderseits die Kompetenz einräumt, für bestimmte Strassen auf ihrem Gebiet Verkehrsbeschränkungen mittels Verfügung und Signalisation anzuordnen. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass der Kanton Appenzell Ausserrhoden nicht befugt ist, die für die Einführung eines kantonalen Sonntagsfahrverbotes erforderlichen Rechtssätze zu erlassen. Unter diesen Umständen spielt die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, inwieweit die Kompetenz des Kantons für den Erlass von Totalfahrverboten im Sinn von Art. 3 Abs. 3 SVG auf Durchgangsstrassen, die dem allgemeinen Durchgangsverkehr geöffnet sind, eingeschränkt ist und ob der Bundesrat bei der Bezeichnung dieser Durchgangsstrassen im Kanton Appenzell Ausserrhoden zu weit gegangen ist, für den Ausgang des Verfahrens keine Rolle und kann offen bleiben. Der Kantonsrat hat das Stimmrecht des Beschwerdeführers nicht verletzt, indem er die Initiative als bundesrechtswidrig einstufte und ungültig erklärte.
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Sachverhalt ab Seite 247 BGE 105 II 247 S. 247 A.- Monika H., geb. X., wurde am 12. Juli 1973 von Johann H. geschieden. Mit Beschluss vom 9. Oktober 1973 bewilligte ihr der Regierungsrat des Kantons Thurgau, weiterhin den Namen H. zu tragen. Am 10. Juni 1975 gebar Monika H. den Sohn Roman X. Dieser wurde am 10. Februar 1978 von seinem Vater Ferdinand Vincenz R., BGE 105 II 247 S. 248 der verheiratet ist, aber keine ehelichen Kinder hat, anerkannt. Roman X. wird zusammen mit den aus der Ehe H.-X. hervorgegangenen Kindern Lilian Monika H. (geb. 1963) und Christian Arnold H. (geb. 1965) im Haushalt von Monika H. und Ferdinand R., die miteinander im Konkubinat leben, aufgezogen. B.- Am 16. Mai 1979 stellten Monika H. und Ferdinand R. beim Regierungsrat des Kantons Thurgau das Gesuch, es sei Roman X. zu bewilligen, den Familiennamen R. zu tragen. Mit Beschluss vom 18. Juni 1979 wies der Regierungsrat das Gesuch ab. C.- Mit der vorliegenden Berufung ans Bundesgericht halten Monika H. und Ferdinand R. an ihrem Gesuch fest. Der Regierungsrat beantragt die Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Nach Art. 44 lit. a OG in der Fassung vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Januar 1978, ist gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide, mit denen eine beantragte Namensänderung verweigert wird, im Gegensatz zur Rechtslage, wie sie früher bestand, die Berufung ans Bundesgericht zulässig ( BGE 105 II 66 ). b) Als Inhaberin der elterlichen Gewalt und damit als gesetzliche Vertreterin des Kindes ist Monika H. zweifellos zur Stellung des Namensänderungsgesuchs befugt. Dagegen dürfte Ferdinand R., der die elterliche Gewalt nicht innehat und der deshalb nur im eigenen Namen auftreten kann, hiezu nicht legitimiert sein, da die Namensänderung grundsätzlich nur vom Namensträger selbst verlangt werden kann (EGGER, N. 9 zu Art. 30 ZGB ). Wie es sich damit verhält, braucht indessen nicht entschieden zu werden, da ohnehin auf das Gesuch des Kindes, vertreten durch seine Mutter, einzutreten ist. 2. Nach dem revidierten Art. 30 Abs. 1 ZGB kann einer Person durch die Regierung ihres Wohnsitzkantons die Änderung des Namens bewilligt werden, wenn wichtige Gründe vorliegen. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist eine Ermessensfrage, die von der Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist ( Art. 4 ZGB ). Als Berufungsinstanz prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei, ob wichtige Gründe für eine Namensänderung gegeben sind, während es sich zu dieser BGE 105 II 247 S. 249 Frage früher nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür äussern konnte. Immerhin hat es sich dabei - wie immer bei der Überprüfung von Ermessensentscheiden - eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen. Es schreitet daher nur ein, wenn die kantonale Behörde bei ihrer Entscheidung Umstände berücksichtigt hat, die nach dem Sinn des Gesetzes keine Rolle spielen durften, oder wenn sie wesentliche Gesichtspunkte ausser acht gelassen hat ( BGE 105 II 66 E. 2). 3. Wichtige Gründe im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB liegen vor, wenn das Interesse des Namensträgers an einem neuen Namen dasjenige der Verwaltung und der Allgemeinheit an der Unveränderlichkeit des einmal erworbenen und in die Register eingetragenen Namens sowie an eindeutiger Kennzeichnung und Unterscheidung des Einzelnen überwiegt (H. ROGGWILLER, Der "wichtige Grund" und seine Anwendung in ZGB und OR, Diss. Zürich 1956, S. 91/92). Der Kennzeichnungsfunktion des Namens kommt jedoch bei einem Kleinkind, dessen gesellschaftliche Kontakte sich auf seine engsten Angehörigen beschränken, geringere Bedeutung zu als bei einem Erwachsenen, so dass die Namensänderung eher bewilligt werden kann. In seiner staatsrechtlichen, auf Willkürkognition beschränkten Rechtsprechung hat das Bundesgericht angenommen, dass einem ausserehelichen Kind die Namensänderung durch Anpassung des Namens an die Familie der Pflegeeltern zu gestatten ist, um den Makel der unehelichen Geburt möglichst zu verdecken, wenn beide Pflegeeltern damit einverstanden sind, das Pflegschaftsverhältnis dauernder Natur ist, im Interesse des Kindes liegt und auch keine Möglichkeit besteht, diese Anpassung auf andere Weise (z.B. durch Adoption) vorzunehmen ( BGE 96 I 429 ff., BGE 70 I 220 E. 3). Dieser Grundsatz muss um so mehr bei freier Prüfung gelten, wie sie dem Bundesgericht heute zukommt. 4. Im vorliegenden Fall wird das Kind im Haushalt seiner Eltern aufgezogen, die miteinander im Konkubinat leben. Der Vater hat es anerkannt und sorgt für es, indem er für die Bedürfnisse dieses Haushalts aufkommt. Roman X. hat somit die gleiche Stellung wie ein Pflegekind, dem es nach der erwähnten Rechtsprechung gestattet ist, den Namen seines Pflegevaters anzunehmen. Der Regierungsrat weist freilich darauf hin, Ferdinand R. habe es in der Hand, seinen Namen auf andere Weise auf seinen Sohn zu übertragen, indem er sich scheiden BGE 105 II 247 S. 250 lassen und danach Monika H. heiraten könne. Ob eine Scheidungsklage, die nach dem angefochtenen Entscheid erst in Aussicht stehen soll, Erfolg haben wird, ist indessen angesichts der Umstände, in denen R. lebt, äusserst zweifelhaft, sofern sich dessen Ehefrau ihr widersetzen sollte. Es kann daher nicht gesagt werden, Roman X. könne den Namen seines Vaters auf andere Weise als durch Namensänderung erwerben. Im übrigen kann dieser Voraussetzung, wie das Bundesgericht mit Urteil vom heutigen Tag in Sachen D. ( BGE 105 II 241 ff.) entschieden hat, keine absolute Bedeutung zukommen, zumal wenn es sich beim Gesuchsteller wie hier um ein Kind handelt, das die Standesänderung, die allenfalls einen Namenswechsel auf andere Weise als durch behördliche Bewilligung bewirken würde, nicht selbst herbeiführen kann. Roman X. erfüllt somit grundsätzlich die Anforderungen, die in der Rechtsprechung an das Namensänderungsgesuch eines Pflegekindes, das den Namen seines Pflegevaters erwerben möchte, gestellt werden. Fragen kann sich höchstens, ob auch das Erfordernis der Dauerhaftigkeit des Pflegschaftsverhältnisses gegeben ist. Es ist einzuräumen, dass ein Konkubinatsverhältnis anders als die Ehe von Pflegeeltern jederzeit aufgelöst werden kann. Verlässt der Vater nachträglich Mutter und Kind, so verliert die Namensänderung ihre Rechtfertigung und führt zu neuen Unannehmlichkeiten, weil das Kind dann wiederum nicht den Namen des Elternteils trägt, bei dem es wohnt. Im vorliegenden Fall besteht indessen kein Anlass, an der Dauerhaftigkeit des Konkubinats zu zweifeln. Der Gesuchsteller ist mehr als vier Jahre alt, was voraussetzt, dass die Verbindung seiner Eltern schon mindestens fünf Jahre gedauert hat. Dies und der Umstand, dass der Vater das Kind sofort nach Inkrafttreten des neuen Kindesrechts anerkannt hat, dass er seinen Namen auf es übertragen will und dass er in ihm bereits seinen künftigen Geschäftsnachfolger sieht, lässt darauf schliessen, dass das Verhältnis dauerhafter Natur ist (vgl. hiezu BGE 96 I 429 /430). Der rechtlich prekäre Charakter des Konkubinats steht daher der Namensänderung nicht im Wege. 5. Der Regierungsrat begründet die Abweisung des Namensänderungsgesuchs zur Hauptsache damit, es gehe nicht an, dem Kind, das ein verheirateter Mann mit einer Dritten gezeugt habe, den Familiennamen des Vaters zu geben, wenn dessen Ehe noch bestehe und sich das Kind nicht unter elterlicher Gewalt des Vaters befinde; zu einer solchen Namensänderung BGE 105 II 247 S. 251 könne eine Behörde, die den Grundsatz, dass eine gesetzlich geschlossene Ehe den staatlichen Schutz verdiene, auch nur einigermassen beachte, nicht Hand bieten. Mit diesem Argument hat sich das Bundesgericht indessen bereits in seiner staatsrechtlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt. Es hat es als willkürlich bezeichnet, das Namensänderungsgesuch eines bei seinen nicht verheirateten Eltern aufwachsenden Kindes anders zu behandeln als dasjenige eines Pflegekindes. Gründe der öffentlichen Ordnung stünden einem solchen Gesuch nicht entgegen. Einem Kind, das ein Interesse daran habe, den Namen seines Vaters zu tragen, dürften die Fehler seiner Eltern, für die es nicht verantwortlich ist, nicht entgegengehalten werden ( BGE 96 I 429 /430 E. 2b, d). Gerade darauf läuft aber die Auffassung des Regierungsrats im vorliegenden Fall hinaus. Wie im erwähnten Entscheid weiter ausgeführt wird, trifft es auch nicht zu, dass durch die Namensänderung das Konkubinat öffentlich anerkannt und das Institut der Ehe als solches untergraben wird. Durch die Verweigerung der Namensänderung würde die Tatsache nicht aus der Welt geschafft, dass der Gesuchsteller im Ehebruch erzeugt wurde und dass er im Haushalt seiner im Konkubinat lebenden Eltern aufwächst. Im Gegenteil würde die Öffentlichkeit dadurch, dass Vater und Sohn nicht den gleichen Namen tragen, ständig auf die illegitime Abstammung des Kindes aufmerksam gemacht, die noch heute, obwohl das neue Kindesrecht das eheliche und das aussereheliche Kindesverhältnis grundsätzlich gleichgestellt hat, in weiten Kreisen als gesellschaftlicher Makel betrachtet wird. Dieser Makel, den der Gesuchsteller nicht zu vertreten hat, kann durch die beantragte Namensänderung wenn nicht beseitigt, so doch in seinen Auswirkungen gemildert werden. 6. Der Regierungsrat weist weiter darauf hin, die beantragte Namensänderung widerspreche dem neuen Kindesrecht. Dieses habe den Grundsatz aufgestellt, dass das ausserhalb einer Ehe geborene Kind, gleichgültig ob es von seinem Vater anerkannt worden sei oder nicht, den Familiennamen seiner Mutter führen solle. Eine Ausnahme bestehe gemäss Art. 271 Abs. 3 ZGB nur dann, wenn das Kind unter der elterlichen Gewalt des Vaters aufwachse, was hier nicht der Fall sei. Diese letztere Bestimmung bezieht sich indessen auf den Erwerb des Bürgerrechts und nicht auf denjenigen des Namens. Sie besagt nicht, dass das Kind unverheirateter Eltern nur dann den BGE 105 II 247 S. 252 Namen seines Vaters annehmen kann, wenn es unter dessen elterlicher Gewalt steht. Die Regel des Art. 270 Abs. 2 ZGB , wonach das Kind unverheirateter Eltern von Gesetzes wegen den Namen der Mutter erhält, beruht auf dem Gedanken, dass ein solches Kind normalerweise bei der Mutter aufwächst, zu der es engere Beziehungen hat als zum Vater. Verhält es sich jedoch ausnahmsweise anders, so soll es dem Kind offenstehen, durch Namensänderung den Namen des Elternteils zu erwerben, bei dem es aufwächst (BBl 1974 II S. 50/51 und der im Entwurf des Bundesrats vorgeschlagene Art. 30 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB ; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, S. 99). Mit dieser Begründung liesse sich im vorliegenden Fall freilich auch rechtfertigen, dem Kind den Namen der Mutter, also H., zu geben, den auch seine Stiefgeschwister tragen und den es tragen würde, wenn es nach dem Inkrafttreten des neuen Kindesrechts geboren wäre ( Art. 270 Abs. 2 ZGB im Gegensatz zu Art. 324 Abs. 1 aZGB; zum alten Recht vgl. BGE 100 II 290 ff.). Diese Möglichkeit, zu der auch der Regierungsrat Hand bieten würde, schliesst es indessen nicht aus, dass wichtige Gründe dafür bestehen, dem Gesuchsteller den Erwerb des väterlichen Namens zu bewilligen. Die Einheit des Namens innerhalb der "Familie" des Gesuchstellers lässt sich so oder so nicht herstellen. 7. Dass der beantragten Namensänderung erhebliche private Interessen entgegenständen, behauptet der Regierungsrat zu Recht nicht. Insbesondere hat Ferdinand R. anders als der Vater im erwähnten BGE 96 I 425 ff. keine ehelichen Kinder, die allenfalls dadurch betroffen sein könnten, dass der Gesuchsteller den gleichen Namen trägt wie sie, wodurch der Anschein einer Verwandtschaft erweckt wird, die in Wirklichkeit nicht besteht. Das Interesse der Ehefrau von R. daran, dass der Gesuchsteller nicht für ihr Kind gehalten werde, hat gegenüber dem Interesse des Gesuchstellers, den gleichen Namen wie sein Vater tragen zu dürfen, zurückzutreten (vgl. BGE 96 I 431 ). 8. Der Regierungsrat hat das Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB somit zu Unrecht verneint. Die Berufung ist daher gutzuheissen und dem Gesuchsteller zu bewilligen, den Familiennamen R. zu tragen.
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Sachverhalt ab Seite 167 BGE 134 III 166 S. 167 A. Die Documed AG (Beschwerdeführerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Basel. Ihr Geschäftszweck ist unter anderem der Betrieb eines medizinisch-pharmazeutischen Verlags. Sie gibt seit dem Jahre 1979 das "Arzneimittel-Kompendium der Schweiz" heraus. Das Arzneimittelkompendium enthält einerseits Fachinformationen, das heisst Informationen über die Medikamente, die sich an die Abgabeberechtigten richten, andererseits Patienteninformationen, die den Informationen auf den Beipackzetteln der Arzneimittel entsprechen. Es wird von der Beschwerdeführerin in Zusammenarbeit mit den Arzneimittelherstellern bzw. -importeuren publiziert, die damit einer gemäss Art. 13 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November BGE 134 III 166 S. 168 2001 über die Anforderungen an die Zulassung von Arzneimitteln (Arzneimittel-Zulassungsverordnung, AMZV; SR 812.212.22) bestehenden Pflicht nachkommen. Das Kompendium ist seit 1998 auf den Websites www.documed.ch sowie www.kompendium.ch aufgeschaltet und dort unentgeltlich abrufbar. Daneben erscheint es weiterhin in Buchform, in der es unentgeltlich an die zur Abgabe von Medikamenten berechtigten Personen abgegeben wird. A. (Beschwerdegegner 1) ist Inhaber und Geschäftsführer der Firma ywesee GmbH (Beschwerdegegnerin 2) in Zürich. Zweck der Firma bildet die Gestaltung, Programmierung sowie das Hosting von Internetlösungen. Die Beschwerdegegnerin 2 betreibt unter der Domain "oddb.org" eine Datenbank mit Arzneimittelinformationen. Über diese Website sind die im Kompendium der Beschwerdeführerin enthaltenen Fach- und Patienteninformationen ebenfalls abrufbar. Die Beschwerdeführerin wirft den Beschwerdegegnern vor, sie hätten dadurch, dass sie systematisch die von ihr betriebene Datenbank aufgerufen und dieselben Patienten- und Fachinformationen wie die Beschwerdeführerin für ihre Datenbank verwendet hätten, deren Urheberrechte sowie lauterkeitsrechtlichen Schutzansprüche verletzt. B. Am 16. Januar 2004 erhob die Beschwerdeführerin beim Zivilgericht Basel-Stadt Klage wegen Verletzung von Art. 10 URG und Art. 5 lit. c UWG gegen den Beschwerdegegner 1, wobei später die Ausdehnung des Verfahrens auf die Beschwerdegegnerin 2 bewilligt wurde. Mit Urteil vom 8. Mai 2007 wies das Zivilgericht Basel-Stadt die Klage ab. C. Die Beschwerdeführerin stellt mit Beschwerde in Zivilsachen folgende Rechtsbegehren: 1. Es sei das Urteil des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 8. Mai 2007 (Aktenzeichen P 2004/7) vollumfänglich aufzuheben. 2. Es seien die Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin gemäss Klagebegründung vom 11. Februar 2005 gutzuheissen, d.h. 2.1 Es sei festzustellen, dass die Übernahme der Daten und der Anordnung der Daten des Arzneimittelkompendiums der Schweiz ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin durch die Beschwerdegegner und die Festlegung, öffentliche entgeltliche oder unentgeltliche Vertreibung, das Anbieten oder die sonst wie BGE 134 III 166 S. 169 geartete Nutzung das Urheberrecht der Beschwerdeführerin verletzt sowie unlauteren Wettbewerb darstellt. 2.2 Es sei den Beschwerdegegnern zu untersagen, in Verletzung von Art. 10 URG und Art. 5 Bst. c UWG die Daten und die Anordnung der Daten des Arzneimittelkompendiums der Schweiz ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin auf Datenträger zu übertragen, in irgendwelcher Form festzulegen und öffentlich entgeltlich oder unentgeltlich zu verbreiten, anzubieten oder sonst wie zu nutzen. 2.3 Das Urteil sei auf Kosten der Beschwerdegegner in solidarischer Verbundenheit in den folgenden pharmazeutischen und medizinischen Zeitschriften zu publizieren: - Schweizerische Ärztezeitung - Rx-World - Supplementa zum Schweizerischen Arzneimittelkompendium Documed AG. 2.4 Es seien die Beschwerdegegner in solidarischer Verbundenheit zur Zahlung von Schadenersatz in der Höhe von CHF 20'000.- an die Beschwerdeführerin, zusätzlich Verzugszinsen von 5 % ab Datum der Klageanhebung, zu verurteilen. Mehrforderung wird durch die Beschwerdeführerin ausdrücklich vorbehalten. 3. Eventualiter zu 2. sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen." A. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Umstritten ist, ob es sich bei den Texten des Arzneimittelkompendiums um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt. 2.1 Werke sind, unabhängig von ihrem Wert oder Zweck, geistige Schöpfungen der Literatur und Kunst, die individuellen Charakter haben ( Art. 2 Abs. 1 URG [SR 231.1]). Dazu gehören insbesondere literarische, wissenschaftliche und andere Sprachwerke ( Art. 2 Abs. 2 lit. a URG ). Bei den Texten des Arzneimittelkompendiums handelt es sich um Sprachwerke im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. a URG . Sprachwerke geniessen urheberrechtlichen Schutz, wenn sie als geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter anzusehen sind. Der urheberrechtliche Schutz hängt gemäss der Legaldefinition vom individuellen Charakter der geistigen Schöpfung ab. Originalität im Sinne einer persönlichen Prägung durch den Urheber oder BGE 134 III 166 S. 170 die Urheberin ist nach dem revidierten Gesetz nicht erforderlich. Vorausgesetzt wird, dass der individuelle Charakter im Werk selbst zum Ausdruck kommt. Massgebend ist die Werk-Individualität und nicht die Urheber-Individualität ( BGE 130 III 168 E. 4.4 S. 172, BGE 130 III 714 E. 2.1; ROLAND VON BÜREN/MICHAEL A. MEER, Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht [SIWR], Bd. II/1, 2. Aufl., Basel 2006, S. 70 ff.). 2.2 Die Vorinstanz stellte zunächst klar, dass es nicht um den Inhalt der Texte der Arzneimittelinformationen gehe. Dieser sei offensichtlich urheberrechtlich nicht schützbar, weil es sich dabei um Informationen handle, die nicht monopolisierbar seien. Dies werde von den Parteien nicht bestritten. Nicht geltend gemacht werde sodann, dass eine bestimmte äusserliche, grafische Gestaltung der Texte die Schutzwürdigkeit begründen würde. Umstritten sei jedoch, ob die Formulierung der Texte, also deren sprachliche Gestaltung Urheberrechtsschutz erlangen könne. Die Vorinstanz bejahte, dass es sich dabei um eine "geistige Schöpfung" im Sinne von Art. 2 Abs. 1 URG handle, sie verneinte aber den individuellen Charakter derselben. Bei der Beurteilung des individuellen Charakters ging die Vorinstanz von den beiden Bundesgerichtsentscheiden BGE 130 III 168 und BGE 130 III 714 aus, in denen sich das Bundesgericht zur Schutzfähigkeit von Fotografien geäussert und namentlich auf die von MAX KUMMER geprägte Theorie der "statistischen Einmaligkeit" Bezug genommen hatte. Gestützt auf die Erwägung im zweitgenannten Entscheid, wonach das Bundesgericht den individuellen Charakter der dort zu beurteilenden Fotografie verneinte, weil ihre Gestaltung nicht vom "allgemein Üblichen" abweiche ( BGE 130 III 714 E. 2.3 S. 720), folgerte die Vorinstanz, dass die statistische Einmaligkeit in dem Sinn nicht ausreiche, dass die gleiche Kombination der Wortfolgen sich zufällig kein zweites Mal ereignen könne. Zusätzlich müsse verlangt werden, dass diese Einmaligkeit einer Unterscheidbarkeit in wesentlichen Merkmalen entspreche. Diese Voraussetzung sei dann nicht gegeben, wenn die Gestaltung in allen Teilen dem Alltäglichen, Üblichen entspreche. 2.3 Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz stelle damit Anforderungen an die Schutzvoraussetzung der Individualität, die dem Bundesrecht und namentlich der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprächen. 2.3.1 Auf den ersten Blick könnte das Kriterium der statistischen Einmaligkeit dahingehend verstanden werden, dass die rein BGE 134 III 166 S. 171 statistische Einmaligkeit des Vorhandenseins eines Ereignisses oder einerSache genüge, um die Werk-Individualität zu bejahen (vgl. dagegen BGE 130 III 714 E. 2.3 S. 719). So will offenbar die Beschwerdeführerin das Kriterium der statistischen Einmaligkeit verstehen und zur alleinigen Voraussetzung der Werkindividualität erheben. Indessen ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für das Vorliegen der statistischen Einmaligkeit als Voraussetzung der Werk-Individualität nicht die rein statistische Einmaligkeit "des Vorhandenseins eines Ereignisses oder einer Sache" gefordert, sondern die statistische Einmaligkeit der Werk gestaltung , die sich vom allgemein Üblichen abheben muss ( BGE 130 III 714 E. 2.3 S. 719 f. bezüglich der Gestaltung einer Fotografie, insbesondere mit Hinweis auf Alois Troller, Immaterialgüterrecht, Bd. I, 3. Aufl., Basel 1983, S. 387; vgl. dazu den Urteilskommentar von HANS PETER WALTER in: ZBJV 141/2005 S. 795 ff., 797). Danach mangelt es einer Fotografie am individuellen Charakter, wenn ihre Gestaltung sich nicht vom allgemein Üblichen abhebt. Dann ist sie nicht einmalig, weil die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass bei gleicher Aufgabenstellung die gleiche bzw. im Wesentlichen gleiche Fotografie resultierte. Auf Sprachwerke übertragen bedeutet dies, dass die sprachliche Gestaltung eines Textes, die nicht vom allgemein Üblichen abweicht, die erforderliche Individualität nicht erreicht. Entsprechendes wird auch in der Literatur ausgeführt: So entfällt nach Denis Barrelet/ Willi Egloff ein Urheberrechtsschutz, wenn der Text zwar statistisch einmalig ist, insgesamt aber doch als banale Zusammenstellung von Alltagsredewendungen oder als durch die Sachlogik vorgegeben erscheint (Barrelet/Egloff, Das neue Urheberrecht, 2. Aufl., Bern 2000, N. 13 zu Art. 2 URG ; ähnlich Kamen Troller, Grundzüge des schweizerischen Immaterialgüterrechts, 2. Aufl., Basel 2005, S. 134 und 146). Es sind die Vielzahl persönlicher Entscheidungen des Urhebers, überraschende und ungewöhnliche Kombinationen, welche die Individualität des Werks ausmachen. Individualität grenzt sich ab von der Banalität oder routinemässiger Arbeit (IVAN CHERPILLOD, in: Müller/Oertli [Hrsg.], Urheberrechtsgesetz, Kommentar, Bern 2006, N. 30 und 31 zu Art. 2 URG ). 2.3.2 Die Vorinstanz schloss, die statistische Einmaligkeit allein genüge für den urheberrechtlichen Schutz nicht und es müsse als zusätzliche Voraussetzung verlangt werden, dass diese Einmaligkeit in einer Unterscheidbarkeit in wesentlichen Merkmalen BGE 134 III 166 S. 172 entspreche, was nicht gegeben sei, wenn die Gestaltung in allen Teilen dem Alltäglichen, Üblichen entspreche. Damit hat sie nach dem in vorstehender Erwägung 2.3.1 Ausgeführten keine zusätzliche Voraussetzung zum Vorliegen der statistischen Einmaligkeit im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aufgestellt, sondern erläutert, wie das Kriterium der statistischen Einmaligkeit von ihr verstanden wird. Im Ergebnis decken sich ihre Anforderungen an die Schutzvoraussetzung der Individualität des Werks mit denen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die verlangt, dass die Gestaltung des Sprachwerks sich vom Alltäglichen, allgemein Üblichen abhebt, so dass es als ausgeschlossen erscheint, dass bei gleicher Aufgabenstellung von einem Dritten das gleiche oder im Wesentlichen gleiche Werk geschaffen würde. Dies verkennt die Beschwerdeführerin, wenn sie der Vorinstanz vorwirft, Art. 2 URG verletzt zu haben, indem sie neben dem von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verlangten Kriterium der statistischen Einmaligkeit zusätzliche und erhöhte Anforderungen an die Individualität gestellt habe. Die Rüge erweist sich daher als unbegründet. 2.4 Die Vorinstanz erwog, bei den strittigen Fach- und Patienteninformationen handle es sich um wissenschaftliche Texte, die zum Zweck hätten, Fachpersonen beziehungsweise Patienten über die wesentlichen Eigenschaften eines Arzneimittels aufzuklären. Der Inhalt der betreffenden Informationen sei im Anhang zur Arzneimittel-Zulassungsverordnung detailliert geregelt (Anhang 4 Ziff. 3, Anhang 5.1 Ziff. 3, Anhang 5.2 Ziff. 3 und Anhang 5.3 Ziff. 4 AMZV). In den genannten Bestimmungen werde in Bezug auf die Fachinformationen detailliert der Aufbau derselben geregelt einschliesslich der Reihenfolge der zu nennenden Eigenschaften; in Bezug auf die Patienteninformation seien darüber hinaus sogar die Formulierungen der Überschriften wie auch einzelne Textblöcke vorgegeben. Während die Fachinformationen zum Teil nur aus stichwortartigen Aufzählungen bestünden, seien die Patienteninformationen stets als vollständige Sätze formuliert, enthielten aber im Wesentlichen dieselben Informationen. Die sogenannten "Pseudo-Fachinformationen" stellten freiwillige Informationen dar, welche die Beschwerdeführerin auf Wunsch der Zulassungsinhaber des Medikaments erstelle. Dabei handle es sich jedoch um eine reine Umgestaltung der Patienteninformationen, welche ebenfalls nach festen Regeln vorzunehmen sei. Auch hier sei der Inhalt durch Regelungen, allgemeinen medizinischen BGE 134 III 166 S. 173 Sprachgebrauch und wissenschaftliche Fakten weitestgehend vorgegeben. Die strittigen Texte seien nach festen Regeln zu formulieren. Die Autoren hätten kaum je eine Einzelentscheidung zu fällen. Sie hätten sich vielmehr an die Vorgaben zu halten und den Text so zu formulieren, wie dies von der zuständigen Behörde und den Benutzern der Textsammlung erwartet werde. Den Texten gehe somit der individuelle Charakter ab. 2.5 Dieser Beurteilung ist beizupflichten. Mit Blick auf die detaillierten gesetzlichen Vorgaben zu Inhalt und Aufbau der Informationen und aufgrund der Zweckgebundenheit der Informationen, des allgemeinen medizinischen Sprachgebrauchs sowie der sachlichen Logik ist der gestalterische Spielraum sowohl bezüglich der Auswahl und Anordnung der Textbestandteile als auch in sprachlicher Hinsicht derart gering, dass den Fach- und Patienteninformationen kein selbständiges, vom Üblichen abweichendes sprachliches Gepräge gegeben werden kann. Diesen muss daher ein urheberrechtlicher Schutz selbst bei niedrigen Anforderungen an die Individualität versagt bleiben. Der Beschwerdeführerin gelingt es denn auch nicht, ein selbständiges, vom Üblichen abweichendes sprachliches Gepräge der Informationen aufzuzeigen. Sie verweist zur Illustration der angeblichen statistischen Einmaligkeit lediglich auf den Vergleich der Texte für Originalpräparate und Generika und führt das Beispiel der Fachinformationen zu Ponstan und Mephadolor an, das zeige, dass die Arzneimitteltexte bereits in Bezug auf einzelne Abschnitte voneinander fundamental differierten. Indessen genügt dieser Vergleich nicht, um die Individualität der Arzneimittelinformationen zu begründen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, Generika und Originalpräparate seien hinsichtlich ihrer Zusammensetzung, Eigenschaften und Indikationen (stets) identisch, findet in den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz keine Stütze, sodass die Beschwerdeführerin damit mangels Sachverhaltsrüge im Sinne von Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG nicht zu hören ist (vgl. dazu BGE 133 II 249 E. 1.4.3; BGE 133 III 350 E. 1.3, BGE 133 III 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Auch lässt sich nicht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung sagen, dass es sich beim Originalpräparat und dem Generikum stets exakt um identische Medikamente handelt, auch wenn sie auf den gleichen Wirkstoffen beruhen mögen. Vor allem aber ist nicht dargetan, dass die angeführten Texte aus dem gleichen Jahr stammen, bei gleichen Vorgaben und gleichem Wissensstand. Vielmehr wird BGE 134 III 166 S. 174 im Kompendium, das bei den Akten liegt (25. Aufl. 2004), angemerkt, dass die Informationen zu Ponstan auf dem Stand November 1994 und diejenigen zu Mephadolor auf dem Stand Juli 2000 beruhen. Die Vergleichbarkeit ist daher nicht gegeben, und das Beispiel vermag die sprachlich eigenständige Gestaltung der Texte nicht zu belegen. Im Ergebnis folgt, dass den Texten der Arzneimittelinformationen die erforderliche Individualität abgeht, weshalb ihnen kein urheberrechtlicher Schutz zukommt (zustimmend von Büren/Meer, a.a.O., S. 95; das Beispiel ohne Kritik erwähnend CHERPILLOD, a.a.O., N. 44 zu Art. 2 URG ). (...) 4. (...) 4.2 Vorliegend stand für die Vorinstanz fest, dass die übernommenen Texte der Arzneimittelinformationen ein marktreifes Arbeitsergebnis sind, und dass der Download der Daten ein technisches Reproduktionsverfahren im Sinne von Art. 5 lit. c UWG (SR 241) darstellt. Hingegen verneinte sie die Voraussetzung, dass die Übernahme und Verwertung der Daten durch die Beschwerdegegner "ohne angemessenen eigenen Aufwand" erfolgt sei. Dabei ging sie von den vom Bundesgericht in BGE 131 III 384 E. 4.4 zum Kriterium des "angemessenen eigenen Aufwands" dargestellten Grundsätzen aus und hielt insbesondere fest, dass danach auch die Amortisierung des Aufwands des Erstkonkurrenten zu berücksichtigen sei. Sie erwog, die Vertriebsberechtigten, die gegenüber der Swissmedic verpflichtet seien, die Arzneimittelinformationen in einer vollständigen Sammlung publizieren zu lassen, kämen nicht darum herum, mit der Beschwerdeführerin einen Vertrag abzuschliessen, in welchem sie sich zu Zahlungen an Letztere verpflichteten. Durch diese Zahlungen würden die Bemühungen der Beschwerdeführerin abgegolten, welche diese mit der Aufbereitung der Sammlung der Arzneimittelinformationen habe. Weil die Swissmedic verlange, dass die Sammlung in Buchform den daran hauptsächlich Interessierten gratis abgegeben werde und dass die auf dem Internet einsehbaren Daten unentgeltlich konsultiert werden könnten, könne davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin mit den entsprechenden Zahlungen ihre gesamten Entwicklungskosten von den Lieferanten der Daten, den Vertriebsberechtigten der Medikamente, erhältlich machen könne. Wohl sei anzunehmen, dass sie mit dem Verkauf von Büchern und BGE 134 III 166 S. 175 Datenträgern zusätzlich gewisse Erträge erzielen könne. Jedoch sei nicht anzunehmen, dass diese Einkünfte derart ins Gewicht fielen, dass sie die Höhe der von den Datenlieferanten erhobenen Beiträge massgeblich beeinflussten. Sei aber anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin ihre Entwicklungskosten zum Zeitpunkt der Übernahme bereits angemessen habe amortisieren können, so seien diese Kosten bei der Gegenüberstellung des Aufwands der Parteien im Sinne von Art. 5 lit. c UWG nicht zu berücksichtigen. Dann aber stünde der Aufwand für die Übernahme der Daten durch die Beschwerdegegner nicht in einem unangemessenen Verhältnis zum Aufwand der Beschwerdeführerin beziehungsweise zu Kosten auf ihrer Seite, die noch nicht amortisiert seien. 4.3 Die Beschwerdeführerin rügt in grundsätzlicher Hinsicht, die von der Vorinstanz praktizierte Ausdehnung des Amortisationsgedankens zur Aufwandbemessung verletze Art. 5 lit. c UWG . Soweit die Amortisationstheorie nicht gänzlich abzulehnen sei, müsse ihre Bedeutung auf eine Befristung des lauterkeitsrechtlichen Schutzes beschränkt werden. Es trifft zu, dass der Amortisationsgedanke vorab im Zusammenhang mit der Frage einer zeitlichen Beschränkung des aus Art. 5 lit. c UWG fliessenden Schutzes diskutiert wird, und einzelne Autoren eine Befristung ablehnen (Pedrazzini/Pedrazzini, Unlauterer Wettbewerb, 2. Aufl., Bern 2002, S. 201 Rz. 9.45.; Alois Troller, Immaterialgüterrecht, Bd. II, 3. Aufl., Basel 1985, S. 958). Andere sprechen sich hingegen mit guten Gründen für eine zeitliche Beschränkung aus, wobei für die Schutzdauer auf die ausreichende Gelegenheit zur Amortisation zurückgegriffen wird (Carl Baudenbacher, Lauterkeitsrecht, Kommentar zum UWG, Basel 2001, N. 69-75 zu Art. 5 UWG ; MARKUS FIECHTER, Der Leistungsschutz nach Art. 5 lit. c UWG , Diss. St. Gallen 1992, S. 172 ff., insbes. S. 198 m.w.H.) und ebenso das Bundesgericht ( BGE 118 II 459 E. 4b S. 466; vgl. auch E. 3d S. 464 f., wo es die Frage noch offenliess). Ein ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteil des Übernehmers und damit die Unlauterkeit seines Handelns entfallen, wenn es dem Erstkonkurrenten möglich war, die getätigte Investition zu amortisieren. Der Amortisationsgedanke findet aber auch seine Berechtigung bei der Frage der Aufwandbemessung. Bereits die Botschaft zum UWG hält dies fest: "Das Kriterium des angemessenen Aufwands BGE 134 III 166 S. 176 ermöglicht danach auch die Berücksichtigung der Amortisierung des Aufwands des Erstkonkurrenten für die Schaffung des übernommenen Produkts" (Botschaft vom 18. Mai 1983 zu einem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, BBl BGE 1983 II 1071 ). Das Bundesgericht hat diese Aussage übernommen ( BGE 131 III 384 E. 4.4.1 S. 392). Ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem Aufwand des Erstkonkurrenten und demjenigen des Übernehmers besteht nicht mehr, wenn der Erstkonkurrent seine Kosten bereits abschreiben konnte. Dann endet der aus Art. 5 lit. c UWG fliessende Schutz, und es ist nicht unlauter, wenn ein solches Arbeitsergebnis übernommen wird (vgl. LUCAS DAVID, Ist der Numerus clausus der Immaterialgüterrechte noch zeitgemäss-, AJP 1995 S. 1403 ff., 1408). Mit anderen Worten fällt die Berücksichtigung des Amortisationsgedankens bei der Aufwandbemessung mit der Bestimmung des zeitlichen Schutzes zusammen, wenn anzunehmen ist, dass der Erstkonkurrent seine Investition im Zeitpunkt der Übernahme bereits amortisiert hat. Die Vorinstanz hat mithin Art. 5 lit. c UWG nicht verletzt, indem sie bei der Aufwandgegenüberstellung berücksichtigte, dass die Beschwerdeführerin die Kosten für ihre Tätigkeit bereits angemessen amortisiert hatte.
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Sachverhalt ab Seite 168 BGE 130 III 168 S. 168 A. Der am 6. Februar 1945 in Jamaika geborene und am 11. Mai 1981 in Miami verstorbene Bob Marley war ein weltweit bekannter Sänger von Reggae-Musik. Im Jahre 1978 gab er zusammen mit seiner Gruppe ein Open-Air-Konzert in Santa Barbara in Kalifornien. Der Schweizer Fotograf X. besuchte dieses Konzert und machte mehrere fotografische Aufnahmen. Eines dieser Schwarzweissfotos zeigt Bob Marley von der linken Seite vor unscharfem Hintergrund. Sichtbar ist der Oberkörper des Sängers, der in der linken Hand ein Mikrofon nahe vor den geöffneten Mund hält. Auffallend ist die Frisur von Bob Marley, dessen Haare ungefähr einen Viertel des ganzen Fotos ausfüllen. Die schwarzen langen BGE 130 III 168 S. 169 Haare sind in zahlreiche Strähnen (Rasta-Locken) gedreht, die - aufgrund einer schnellen Kopfbewegung - konzentrisch vom Kopf abstehen und so an die Umrisse des Wurzelstocks eines Baumes erinnern. Eine dieser Strähnen befindet sich etwa auf Augenhöhe in horizontaler Lage und wirft einen vom Ohr bis zur Nasenspitze reichenden, relativ breiten schwarzen Schatten auf das sonst hellfarbige Gesicht des Sängers. Das beschriebene Foto wurde von X. unter Umständen, die zwischen den Parteien streitig sind, der Keystone Press AG übergeben und bei deren Niederlassung in London archiviert. Nachdem die Londoner Niederlassung von "The Hulton-Deutsch Collection" übernommen worden war, überliess diese das Foto der Y. AG mit Sitz im Kanton Zürich zur Herstellung von Postern. B. Im September 2000 erhob X. beim Obergericht des Kantons Zürich Klage gegen die Y. AG mit verschiedenen auf das Urheberrecht abgestützten Begehren. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie erhob verschiedene rechtliche und tatsächliche Einwände sowie die Einrede der Verjährung. Mit Urteil vom 13. März 2003 wies das Obergericht die Klage ab. In der Urteilsbegründung erklärte es die Einrede der Verjährung für unbegründet und nahm zu den rechtlichen Einwänden der Beklagten insoweit Stellung, als es sich deren Auffassung anschloss, dass dem Foto des Klägers keine Werkqualität im Sinne von Art. 2 URG (SR 231.1) zukomme. C. Mit Berufung beantragt der Kläger dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung und zur Behandlung der gestellten Rechtsbegehren an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Streitsache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Gemäss Art. 2 URG sind Werke geistige Schöpfungen der Literatur und Kunst, die individuellen Charakter haben, wobei es auf deren Wert und Zweck nicht ankommt (Abs. 1). Zu diesen Werken gehören gemäss Gesetz insbesondere auch fotografische, filmische und andere visuelle oder audiovisuelle Werke (Abs. 2 BGE 130 III 168 S. 170 lit. g). In der Botschaft des Bundesrates vom 19. Juni 1989 zum Urheberrechtsgesetz vom 9. Oktober 1992 (BBl 1989 III 477 ff., S. 520 f.) wird darauf hingewiesen, dass der Werkbegriff im Laufe der Gesetzgebungsarbeiten über die literarischen und künstlerischen Ausdrucksformen hinaus auf sämtliche geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter ausgedehnt, dann aber aufgrund von in der Vernehmlassung erhobener Kritik auf Schöpfungen im Gebiet von Literatur und Kunst eingeschränkt worden sei. Es wird zudem festgehalten, dass die Definition auf den von der schweizerischen Lehre und Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien aufbaue und somit im Vergleich zum alten Urheberrechtsgesetz nichts am Anwendungsbereich des Urheberrechts geändert worden sei (ebenso Urteil des Bundesgerichts 4C.448/1997 vom 25. August 1998, E. 3, publ. in: sic! 2/1999 S. 119 ff.; BARRELET/EGLOFF, Das neue Urheberrecht, 2. Aufl., Bern 2000, N. 1 und 2 zu Art. 2 URG ). 4.1 In der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum früheren Urheberrechtsgesetz wurde das urheberrechtlich geschützte Werk als "eigenartige Geistesschöpfung von individuellem Gepräge" definiert, wobei die Gestaltung des Werkes "der Ausdruck einer neuen, originellen geistigen Idee oder die Verkörperung eines Gedankens ist, für die es einer individuellen geistigen Idee bedurfte" ( BGE 106 II 71 E. 2a; 75 II 355 E. 2a S. 359 f., je mit Hinweisen). Wiederholt wurde festgehalten, dass der ästhetische Wert und die Bedeutung des Werkes weder zu beurteilen noch zu berücksichtigen seien ( BGE 110 IV 102 E. 2; BGE 106 II 71 E. 2a; 75 II 355 E. 2a S. 360). Neuere Entscheide wiesen schliesslich darauf hin, dass an das Mass der geistigen Leistung, an den Grad der Individualität oder Originalität nicht stets gleich hohe Anforderungen zu stellen seien; das verlangte individuelle Gepräge hänge vielmehr vom Spielraum des Schöpfers ab; wo ihm von vornherein der Sache nach wenig Raum bleibe, werde der urheberrechtliche Schutz schon gewährt, wenn bloss ein geringer Grad selbständiger Tätigkeit vorliege ( BGE 113 II 190 E. 2a S. 196 mit Hinweisen; BGE 117 II 466 E. 2a S. 468). 4.2 In der Lehre bildete das Aufkommen der modernen Kunst Anlass, die in der Rechtsprechung und in der damaligen schweizerischen Literatur verwendete Definition des urheberrechtlich geschützten Werkes in bestimmten Teilen in Frage zu stellen. Kritisiert wurde vor allem die Voraussetzung der "eigenartigen Schöpfung" BGE 130 III 168 S. 171 bzw. der "persönlichen Prägung" und die Berücksichtigung der Umstände bei der Entstehung des Werkes. Die Diskussion über den urheberrechtlichen Werkbegriff wurde massgebend angeregt von MAX KUMMER, der in seiner im Jahre 1968 erschienen Monografie "Das urheberrechtlich schützbare Werk" die Auffassung vertrat, dass der urheberrechtliche Schutz in Bezug auf den erforderlichen Abstand zu bereits Bestehendem allein von einer bestimmt verstandenen, als "statistische Einmaligkeit" bezeichneten (S. 38 und S. 80) Individualität des Werkes selbst abhängig zu machen sei. Dieser Auffassung hat sich die schweizerische und zum Teil auch die ausländische Lehre angeschlossen (vgl. ALOIS TROLLER, Die Bedeutung der statistischen Einmaligkeit im urheberrechtlichen Denken, in: Recht und Wirtschaft heute, Festschrift Kummer, Bern 1980, S. 268 ff.; ELMAR HEIM, Die statistische Einmaligkeit im Urheberrecht de lege lata und de lege ferenda, Diss. Freiburg 1971, S. 28 ff.; KARSTEN SCHMIDT, Urheberrechtlicher Werkbegriff und Gegenwartskunst - Krise oder Bewährung eines gesetzlichen Konzepts? -, Archiv für Urheber- Film- Funk- und Theaterrecht [UFITA] 77/1976 S. 1 ff., 22 ff.). 4.3 Der Begriff der statistischen Einmaligkeit hat auch Eingang in die Rechtsprechung kantonaler Gerichte gefunden; insbesondere bei der Beurteilung der Werkqualität von Fotografien. So verweigerte das Obergericht des Kantons Zürich im Jahre 1983 der fotografischen Abbildung eines leicht nach vorne gebeugten und sich auf einen Tisch stützenden Mannes, der ein Aktenstück in der Hand hält, den Urheberrechtsschutz. Dieser Aufnahme fehle die statistische Einmaligkeit. Weder im Gesicht des Mannes noch in seiner Haltung komme etwas Besonderes zum Ausdruck. Bildausschnitt und Proportionen seien alltäglich, der Aufnahmewinkel normal; ebenso bestünden keine besonderen Lichteffekte oder Farbzusammensetzungen (Urteil des Obergerichts Zürich vom 30. Juni 1983, publ. in: SMI 1985 S. 221 ff.). Demgegenüber wurde, ebenfalls unter Bezugnahme auf das Kriterium der statistischen Einmaligkeit, in einem St. Galler Entscheid die Werkqualität einer Porträtfotografie bejaht. Nach diesem Urteil ist die statistische Einmaligkeit bei einer Fotografie anhand der gestalterischen Elemente wie spezifische Beleuchtung, Kontraste, Tiefenschärfe, Motivwahl, Lichtführung, Wahl des Ausschnittes oder der Perspektive, Wahl oder Zusammenstellung einzelner abgebildeter Objekte oder Verhältnis zwischen Lichtkontrasten zu BGE 130 III 168 S. 172 bestimmen. Bei der beurteilten Porträtaufnahme bejahte das Kantonsgericht die Werkqualität mit der Begründung, die Lichtverhältnisse und die Lichtkontraste, insbesondere die Tiefenschärfe, liessen - abgesehen vom Eindruck, den das Objekt selbst erwecke - deutlich erkennen, dass nicht einfach ein Schnappschuss, ein banales mechanisches Knipsen zur Diskussion stehe, sondern ein entsprechender Gestaltungswille der Fotografin zum Ausdruck komme (Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 24. November 1999, publ. in: sic! 3/2000 S. 188 ff.). 4.4 Der Begriff der statistischen Einmaligkeit wurde auch in Urteilen des Bundesgerichts aus den Jahren 1987 und 1993 verwendet. Darin wurde festgehalten, dass Originalität und Individualität oder statistische Einmaligkeit als Wesensmerkmale des geschützten Werkes zu betrachten seien (Urteil C.273/1986 vom 26. Januar 1987, E. 2, publ. in: SMI 1989 S. 68 ff.; Urteil 6S.694/1992 vom 2. März 1993, E. 3b, in französischer Übersetzung abgedruckt in JdT 1996 I 242 ff.). Ähnliche Formulierungen - allerdings ohne Erwähnung der "statistischen Einmaligkeit" - finden sich in anderen Urteilen des Bundesgerichts, und zwar auch in solchen, die in Anwendung des revidierten Urheberrechtsgesetzes ergangen sind (vgl. BGE 125 III 328 E. 4b S. 331; Urteil 4C.86/2000 vom 13. Juni 2000, E. 3c/bb, publ. in: sic! 8/2001 S. 729). Soweit in den beiden zuletzt zitierten Urteilen der Begriff der Originalität verwendet wird, ist indessen zu beachten, dass die Legaldefinition des revidierten Gesetzes den Schutz ausschliesslich vom individuellen Charakter des Werkes abhängig macht und sich insoweit an die Auffassung KUMMERS anlehnt. Originalität im Sinne einer persönlichen Prägung durch den Urheber ist nach dem revidierten Gesetz nicht erforderlich. Zudem wird vorausgesetzt, dass der individuelle Charakter im Werk selbst zum Ausdruck kommt (BBl 1 BGE 989 III 521 ). Massgebend ist die Werk-Individualität und nicht die Urheber-Individualität (SCHMIDT, a.a.O., S. 10 und 22). In diesem Sinne ist die bereits zitierte Äusserung in der Botschaft (oben E. 4) zu relativieren, dass das revidierte Gesetz hinsichtlich der Umschreibung des Werkbegriffs auf den Abgrenzungskriterien der damaligen Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichts aufbaue. 4.5 Wesensmerkmal des urheberrechtlich geschützten Werkes ist neben dem individuellen Charakter das Vorliegen einer geistigen Schöpfung der Literatur oder Kunst. Als geistige Schöpfung muss das Werk auf menschlichem Willen beruhen; es muss Ausdruck BGE 130 III 168 S. 173 einer Gedankenäusserung sein (BBl 1989 III 521). Bei der Fotografie ist diese Anforderung problematisch, weil der mechanische, durch den Fotoapparat geleistete Anteil an der Erzeugung und Individualisierung des Werkes den menschlichen Anteil überwiegen kann. Die Fotografie wird deswegen in der Literatur als Sorgenkind des Urheberrechts bezeichnet. MAX KUMMER hat erfolglos die Schaffung eines Sonderrechtes für die Fotografie gefordert (a.a.O., S. 210 f.; ebenso HAENNI, Le photographe et ses droits d'auteur, S. 10). Andere Autoren vertreten dagegen die Auffassung, die Eigenheit der Fotografie, mechanisches Abbild der Wirklichkeit zu sein (so die Formulierung von KUMMER, a.a.O., S. 208), stehe der Anwendung der Regeln des Urheberrechtsgesetzes, das die Fotografie in Art. 2 Abs. 2 lit. g ausdrücklich unter den geschützten Werken erwähnt, nicht entgegen. Nach ALOIS TROLLER bestehen bei der Fotografie Gestaltungsmöglichkeiten, welche zu einer individuellen, geschützten Abbildung führen können. Entscheidend ist nach seiner Auffassung die statistische Einmaligkeit der Bildgestaltung und nicht jene des Vorhandenseins eines Ereignisses oder einer Sache. Gemäss schweizerischem Recht seien, was oft übersehen werde, nur die individuellen Werke der Fotografie geschützt, nicht aber blosse Lichtbilder, die auch andere in gleicher Weise zustande brächten (Immaterialgüterrecht, Bd. I, 3. Aufl., Basel 1983, S. 387). Ähnliche Äusserungen finden sich bei anderen Autoren und Autorinnen. Es besteht in der Literatur insoweit Einigkeit, als einerseits banale Knipsbilder vom Schutz ausgeschlossen werden und andererseits die Möglichkeit, der Fotografie individuellen Charakter zu verleihen, in deren Gestaltung gesehen wird, zum Beispiel durch die Wahl des abgebildeten Objekts, des Bildausschnitts und des Zeitpunkts des Auslösens, durch den Einsatz eines bestimmten Objektivs, von Filtern oder eines besonderen Films, durch die Einstellung von Schärfe und Belichtung sowie durch die Bearbeitung des Negativs (BARRELET/EGLOFF, Das neue Urheberrecht, 2. Aufl., Bern 2000, N. 19 zu Art. 2 URG ; VON BÜREN, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. II/1, Basel 1995, S. 109 f.; REHBINDER, Schweizerisches Urheberrecht, 3. Aufl., Bern 2000, S. 98 f.; ACKERMANN/BURI, Der Fotografenvertrag als Konsumentengeschäft, in: recht 16/1998 S. 144 ff., 152 f.; HUG KETTMEIR, Urheberrecht an der Fotografie nach schweizerischem Recht, UFITA 136/1998 S. 151 ff., 161 f.; MACCIACCHINI, Urheberrecht vs. Meinungsfreiheit am Beispiel der Fotografie, in: BGE 130 III 168 S. 174 Medialex 2002 S. 24 ff., 27; KAMEN TROLLER, Manuel du droit suisse des biens immatériels, Bd. I, 2. Aufl., Basel 1996, S. 293). Im Übrigen wird in der Lehre zutreffend darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung einer Fotografie als Schnappschuss, soweit sie als Beschreibung eines fototechnischen Vorgangs gemeint ist, nichts über deren urheberrechtliche Schützbarkeit aussagt (VON BÜREN, a.a.O., S. 110). Das leuchtet bereits darum ein, weil andernfalls jede fotografische Abbildung eines sich schnell bewegenden Objektes vom Urheberrechtsschutz ausgenommen wäre. Überdies kann auch die gedankliche Vorbereitung eines Schnappschusses im Sinne einer Zurechtlegung vor dem geistigen Auge oder die reflektierte Auswahl einer Fotografie aus einer Reihe von Schnappschüssen eine geistige Leistung darstellen und, sofern sich diese im Werk niederschlägt, urheberrechtlichen Schutz begründen. 5. 5.1 Wie bereits festgehalten wurde, ist die Vorinstanz zum Ergebnis gekommen, dass der Kläger die an sich bestehenden fotografischen Gestaltungsmittel nicht in einmaliger Weise eingesetzt hat. Nach ihrer Auffassung ist für die Erzielung eines guten Ergebnisses nicht mehr als die Fertigkeit eines geübten Fotografen erforderlich gewesen. Damit hat die Vorinstanz indessen nur eine von mehreren nach der vorangehenden Erwägung gegebenen Möglichkeiten in Betracht gezogen, der Fotografie individuellen Charakter zu verleihen. Welche fototechnischen Mittel zur Gestaltung der Fotografie eingesetzt worden sind, kann nicht allein entscheidend sein. Massgebend ist das erzielte Ergebnis, das für sich selbst der Anforderung gerecht werden muss, Ausdruck einer Gedankenäusserung mit individuellem Charakter zu sein. Soweit in der Lehre die Gestaltungsmöglichkeiten anhand der fototechnischen Mittel exemplifiziert werden (oben E. 4.5), ist das nicht anders zu verstehen. Die Benutzung einer bestimmten Technik führt nicht automatisch zum Urheberrechtsschutz. Andererseits gilt aber auch, dass eine Fotografie nicht grundsätzlich vom Schutz ausgenommen werden darf, weil keine besonderen fototechnischen Mittel verwendet worden sind, wie am Beispiel des Schnappschusses bereits erörtert worden ist. Dass es dem Kläger als gewöhnlichem Zuschauer und Zuhörer des Konzertes von Bob Marley nicht möglich war, die fotografischen Aufnahmen mit diesem zu inszenieren, kann sich deshalb nicht zu Ungunsten des Klägers auswirken. Übertriebene Anforderungen stellt die Vorinstanz schliesslich auch, wenn BGE 130 III 168 S. 175 sie verlangt, dass der Kläger den Schnappschuss auf eine so besondere Art hätte planen müssen, dass er wegen dieser Planung als geistige Schöpfung mit individuellem Charakter erscheinen würde. Diese Auffassung widerspricht dem Prinzip, dass die Fotografie für sich allein, unabhängig von den Umständen ihrer Entstehung zu beurteilen ist (BBl 1989 III 521). Das Vorliegen einer solchen Planung wird im Übrigen selten aus der Fotografie selbst ersichtlich sein. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass das Obergericht bei der Beurteilung der Werkqualität auf Grundsätze abgestellt hat, die dem Bundesrecht widersprechen. 5.2 In anderer Hinsicht ist dem Obergericht dagegen zuzustimmen. Es hält fest, dass die Fotografie von Bob Marley ansprechend und interessant sei, und bezeichnet als Grund dafür die besondere Mimik und Haltung des Abgebildeten, vor allem die fliegenden Rasta-Locken und ihre an eine Skulptur gemahnenden Formen, wobei ein besonderer Akzent durch den Schatten gesetzt werde, den eine horizontal fliegende Locke auf das Gesicht werfe. Damit hat das Obergericht selbst gerade die wesentlichen Merkmale herausgearbeitet, welche der Fotografie des Klägers individuellen Charakter verleihen. Anzufügen ist noch, dass auch die Anordnung der einzelnen Bildkomponenten und der jeweilige Raum, den sie im Verhältnis zueinander ausfüllen, ebenso wie die Verteilung von Licht und Schatten zur individuellen Gestaltung der Fotografie beitragen. Dazu kommt schliesslich, dass auch die Schutzvoraussetzung des Wirkens eines menschlichen Gestaltungswillens erkennbar ist. Dieser manifestiert sich in der Wahl des Bildausschnittes und dem Zeitpunkt des Auslösens der Bildaufnahme während eines bestimmten Bewegungsablaufs des Sängers. Aus diesen Gründen ist die vom Kläger aufgenommene Fotografie als urheberrechtlich geschütztes Werk, als geistige Schöpfung der Kunst mit individuellem Charakter im Sinne von Art. 2 URG zu beurteilen. Das angefochtene Urteil, das zum gegenteiligen Ergebnis kam, ist aufzuheben.
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Sachverhalt ab Seite 162 BGE 139 IV 161 S. 162 A. X. stand seit 1. April 2003 im Dienst der Bundespolizei. Er wurde unter anderem wegen Missbrauchs der elektronischen Zeiterfassung am 21. August 2008 fristlos entlassen. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) hiess am 3. April 2009 eine gegen die fristlose Entlassung gerichtete Beschwerde teilweise gut und hielt fest, dass das Arbeitsverhältnis ordentlich auf den 31. Dezember 2008 aufgelöst war. Am 7. Juli 2009 reichte das Bundesamt für Polizei (Fedpol) beim Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland Strafanzeige wegen Betrugs ein. Dieses sprach X. mit Strafmandat vom 20. August 2009 diesbezüglich schuldig. Es warf ihm vor, während mindestens 9,5 Stunden von seinem Arbeitsplatz abwesend gewesen zu sein, ohne ausgestempelt zu haben. Gegen das Strafmandat erhob X. Einspruch. Am 26. Januar 2011 verurteilte das Regionalgericht Bern-Mittelland X. wegen mehrfachen Betrugs sowie wegen (jeweils mehrfacher) einfacher und grober Verkehrsregelverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 25.- bei einer Probezeit von zwei Jahren, zu einer Verbindungsbusse von Fr. 500.- sowie zu einer Übertretungsbusse von Fr. 1'900.-. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung wies das Obergericht des Kantons Bern am 20. September 2011 ab. B. X. erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 20. September 2011 sei aufzuheben, und er sei vom Vorwurf des Betrugs freizusprechen. Eventualiter sei die Strafuntersuchung diesbezüglich einzustellen. Subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das gleichzeitig gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zog der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. März 2012 zurück. C. Das Obergericht des Kantons Bern beantragt in seiner Vernehmlassung sinngemäss, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Im Übrigen verweist es auf den angefochtenen Entscheid. Die BGE 139 IV 161 S. 163 Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Der Beschwerdeführer replizierte am 12. November 2012, nachdem sein Gesuch um Fristerstreckung am 7. November 2012 abgewiesen worden war. Mit der Replik ist er (in Abweisung des Wiedererwägungsgesuchs) nicht zu hören. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, ihn wegen Betrugs zu Lasten der Eidgenossenschaft verurteilt zu haben, ohne dass die nötige Ermächtigung nach Art. 15 des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG; SR 170.32) rechtzeitig vorgelegen habe. Gemäss Art. 15 Abs. 2 VG hätte unverzüglich nach der Strafanzeige des Fedpols vom 7. Juli 2009 um Ermächtigung nachgesucht werden müssen. Selbst wenn man annehmen wollte, dass dies im kantonalen Berufungsverfahren nachgeholt werden könnte, sei dies erst einen Tag vor der Berufungsverhandlung und damit verspätet erfolgt. Zudem habe er erst mit der schriftlichen Begründung des Urteils vom 20. September 2011 von der Ermächtigung erfahren. Er habe keine Gelegenheit gehabt, sich zur Ermächtigungsverfügung zu äussern. Der Beschwerdeführer rügt unter anderem eine Verletzung von Art. 15 Abs. 1 und 2 VG . 2.2 Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer als ehemaliger Angestellter der Bundespolizei unter den Anwendungsbereich des Verantwortlichkeitsgesetzes fällt und der vorgeworfene Betrug einen Amtsbezug aufweist. Die erste Instanz fällte ihren Entscheid am 26. Januar 2011. Am 7. Februar 2011 meldete der Beschwerdeführer Berufung an. Die erste Instanz hielt in ihrer schriftlichen Begründung fest, die unterbliebene Ermächtigung könne durch die Rechtsmittelinstanz eingeholt werden. Sie überwies die Akten am 1. April 2011 an die Vorinstanz. Diese wies unter anderem am 4. Mai 2011 Beweisanträge der Verteidigung ab und lud am 15. Juni 2011 die Verfahrensbeteiligten auf den 20. September 2011 zur Berufungsverhandlung vor. Am 15. September 2011 ersuchte sie das EJPD um Ermächtigung im Sinne von Art. 15 VG . Die Ermächtigungsverfügung datiert vom 19. September 2011. Am 20. September 2011 fand die Berufungsverhandlung statt und wurde der vorinstanzliche Entscheid gefällt. BGE 139 IV 161 S. 164 2.3 Art. 15 Abs. 1 VG sieht vor, dass die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, der Ermächtigung des EJPD bedarf. Die Bestimmung bezweckt den Schutz des Beamten vor Belästigung durch ungerechtfertigte Strafanzeigen und gleichzeitig einen reibungslosen Gang der Verwaltung ( BGE 112 Ib 350 E. 2c S. 352; BGE 110 IV 46 E. 3b S. 48; je mit Hinweis; Botschaft vom 29. Juni 1956 zum Entwurf eines neuen Verantwortlichkeitsgesetzes, BBl 1956 I 1398 Ziff. IV.2.; CHRISTOF RIEDO, Der Strafantrag, 2004, S. 55 f.). Diese Ziele können selbstredend nur erreicht werden, wenn die Ermächtigung zu Beginn eines Strafverfahrens eingeholt wird. Art. 15 Abs. 2 VG hält entsprechend fest, dass kantonale Strafverfolgungsbehörden darum "unverzüglich" ("immédiatement", "immediatamente") zu ersuchen haben. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern besteht die Ermächtigungsvoraussetzung unabhängig davon, ob die Strafanzeige durch eine Privatperson oder eine Behörde des Bundes respektive durch den Arbeitgeber des Beschuldigten erfolgt. Eine entsprechende Ausnahme sieht das Verantwortlichkeitsgesetz nicht vor. Es liegt nicht im Ermessen der kantonalen Strafverfolgungsbehörden, darüber zu entscheiden, in welchen Fällen von der Ermächtigung abgesehen werden kann. Ebenso wenig ist darin eine "reine Formalität" zu erblicken. Dies gilt zumindest, wenn die Verweigerung einer Ermächtigung durchaus im Raum steht ( Art. 15 Abs. 3 VG ). Wird das Ermächtigungsverfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt und nach (umfangreichen) Untersuchungshandlungen eingeleitet, wird die Schutzfunktion von Art. 15 VG unterlaufen. Verweigert die zuständige Behörde die Ermächtigung, so sind der Beschuldigte und die betroffene staatliche Institution regelmässig stärker tangiert als nach bloss dringlichen sichernden Massnahmen ( Art. 15 Abs. 2 VG ) respektive nach den nötigen Erhebungen im Hinblick auf das Bewilligungsverfahren. Der Beschwerdeführer bringt zudem vor, die Wahrscheinlichkeit, dass die Ermächtigung erteilt werde, sei nach einer erstinstanzlichen Verurteilung wesentlich grösser. Dies ist im Sinne eines "Fait accompli" nicht von der Hand zu weisen, selbst wenn eine Ermächtigungsverweigerung in jenem Zeitpunkt nicht "fast unmöglich" ist. Mithin erhöht sich der Druck, die Ermächtigung zu erteilen. Das kann sich insbesondere bei einem gemäss Art. 15 Abs. 3 VG leichten Fall zum Nachteil des Beschuldigten BGE 139 IV 161 S. 165 auswirken. Diese Bestimmung sieht bei gewissen Voraussetzungen die Verweigerung der Ermächtigung vor. Sie will eine unbillige doppelte, das heisst strafrechtliche und disziplinarische Ahndung von leichten Fällen vermeiden. Nach HAUENSTEIN wird die Ermächtigung selbst bei einem leichten Fall trotz vorhandenem Verweigerungsgrund erteilt, wenn erst die Rechtsmittelinstanz um die Ermächtigung nachsucht. Ein leichtes Vermögensdelikt liegt nach dem genannten Autor bei Deliktsbeträgen bis zu Fr. 500.- (per Ende 1994) vor (ROLAND HAUENSTEIN, Die Ermächtigung in Beamtenstrafsachen des Bundes, 1995, S. 160 ff. und 169 f.). 2.4 Dem Beschwerdeführer wird ein Deliktsbetrag von Fr. 554.40 zur Last gelegt. Mithin ist grundsätzlich von einem leichten Fall auszugehen. Der Beschwerdeführer wurde durch die Kündigung per Ende 2008 und vor der Anzeigeerstattung disziplinarisch zur Verantwortung gezogen. Diese Umstände legen prima vista die Erfüllung der Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 3 VG und ein Absehen von der Strafverfolgung nahe. Die über zwei Jahre nach Eröffnung der Strafuntersuchung (3. August 2009) im Rahmen des kantonalen Berufungsverfahrens (in dessen Verlauf bereits weitere prozessleitende Entscheide ergingen, E. 2.2 hievor) eingeholte Ermächtigung der Bundesanwaltschaft ist verspätet und in diesem Sinne mangelhaft. 2.5 Umstritten sind die Rechtsfolgen einer verspäteten Ermächtigung. Das Verantwortlichkeitsgesetz beantwortet die Frage nicht, ebenso wenig die Schweizerische Strafprozessordnung in Art. 303 StPO . Nach dem klaren Gesetzeswortlaut ist die Ermächtigung zur Strafverfolgung im Voraus und möglichst frühzeitig einzuholen. Dies folgt auch aus der teleologischen Auslegung (E. 2.3 hievor). Gleichwohl handelt es sich um eine positive Prozessvoraussetzung mit relativer Sperrwirkung (NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl. 2005, Rz. 535 ff.). Das Bundesgericht hat in BGE 110 IV 46 E. 3b S. 47 f. erwogen, dass eine verspätete Ermächtigung nicht die Nichtigkeit des Strafurteils zur Folge hat, wenn sie zu Beginn des Verfahrens vor der oberen kantonalen Instanz eingeholt wird und dieser die volle rechtliche und tatsächliche Kognition zusteht. Auch HAUENSTEIN (a.a.O., S. 91) stellt auf den Beginn des Rechtsmittelverfahrens ab und bejaht in diesem Fall eine Heilung des Mangels (vgl. zudem ROBERT ROTH, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 34 f. zu Art. 7 StPO , und HAUSER/SCHWERI/ BGE 139 IV 161 S. 166 HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, § 19 Rz. 2, welche auf den obgenannten Bundesgerichtsentscheid verweisen und eine Heilung im Rechtsmittelverfahren bejahen, ohne näher auf den spätesten Zeitpunkt einzugehen; vgl. auch CORNELIA HÜRLIMANN, Die Eröffnung einer Strafuntersuchung im ordentlichen Verfahren gegen Erwachsene im Kanton Zürich, 2006, S. 118 f.). Nach RIEDO/FALKNER hingegen sind die Erhebungen, die über das für das Ermächtigungsverfahren Erforderliche hinausgehen, nichtig. Die Ermächtigung hat nach der Meinung dieser Autoren vor Beginn des (erstinstanzlichen) gerichtlichen Verfahrens zu erfolgen (RIEDO/FALKNER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 29 zu Art. 303 StPO ). Auch MAURER stellt betreffend den spätesten Zeitpunkt grundsätzlich auf den Beginn des gerichtlichen Verfahrens vor erster Instanz ab (THOMAS MAURER, Das bernische Strafverfahren, 2. Aufl. 2003, S. 334). Es besteht keine Veranlassung, von BGE 110 IV 46 abzuweichen. Dass bei fehlender Ermächtigung der Mangel zu Beginn eines Rechtsmittelverfahrens (bei voller rechtlicher und tatsächlicher Kognition der Rechtsmittelinstanz) in keinem Fall geheilt werden kann, erscheint sachlich nicht gerechtfertigt und übertrieben streng. Gleichwohl ist mit Blick auf den Zweck des Ermächtigungsverfahrens weiterhin zu verlangen, dass die obere Instanz unverzüglich und damit zu Beginn des Rechtsmittelverfahrens tätig wird. Eine noch spätere Ermächtigung, insbesondere unmittelbar vor dem zweitinstanzlichen Erkenntnis, lässt den Schutzgedanken der Bestimmung von Art. 15 VG ins Leere laufen. 2.6 Die Ermächtigungsverfügung der Bundesanwaltschaft lag der Vorinstanz erst einen Tag vor der am 20. September 2011 durchgeführten Hauptverhandlung vor (E. 2.2 hievor). Dadurch wurde der Mangel, dass die Ermächtigung entgegen Art. 15 VG nicht zu Beginn des Strafverfahrens eingeholt worden war, nicht geheilt. Dies gilt umso mehr, als die fehlende Ermächtigung der ersten Instanz bekannt war und im Rahmen ihrer schriftlichen Erwägungen thematisiert wurde. Solches geht bereits aus dem Inhaltsverzeichnis der Urteilsbegründung hervor. Diese Akten gingen der Vorinstanz am 6. April 2011 zu. Ungeachtet dessen erliess sie am 4. Mai 2011 und 25. Mai 2011 Entscheide in Bezug auf die Verfahrenssprache und Beweisanträge und gelangte sie erst am 15. September 2011 an die Ermächtigungsbehörde. BGE 139 IV 161 S. 167 Der Verfahrensfehler führt zur Nichtigkeit des vorinstanzlichen Schuldspruchs wegen Betrugs ( BGE 110 IV 46 E. 3b S. 47 mit Hinweis auf das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 19. März 1940, in: ZR 39/1940 Nr. 88). Es stellt sich die Frage, ob die Vorinstanz die fehlende Prozessvoraussetzung nachzuholen und das Rechtsmittelverfahren zu wiederholen hat. Bestätigte die Bundesanwaltschaft in einem solchen Fall ihren Entscheid vom 19. September 2011 respektive erteilte sie erneut die Ermächtigung zur Strafverfolgung, so wäre dieser Entscheid endgültig ( Art. 15 Abs. 4 VG ). Die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers wären nicht in einem grösseren Ausmass gewahrt. Vielmehr erführe der Beschwerdeführer durch die Wiederholung des Rechtsmittelverfahrens und die damit in aller Regel einhergehende Belastung eine Benachteiligung. Zu berücksichtigen ist, dass dem Beschwerdeführer ein relativ geringer Deliktsbetrag angelastet wird, grundsätzlich von einem leichten Fall im Sinne von Art. 15 Abs. 3 VG auszugehen ist und in Anwendung dieser Bestimmung mit Blick auf die ausgesprochene Kündigung die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafverfolgung gegeben erscheinen. Weiter ist in Rechnung zu stellen, dass die durchgeführte Strafverfolgung und die erstinstanzliche Verurteilung ohne Ermächtigung sowie das Zuwarten der Vorinstanz bis unmittelbar vor der Hauptverhandlung, wenn nicht ein "Fait accompli" geschaffen, so zumindest die Wahrscheinlichkeit einer nachträglichen Ermächtigungserteilung wesentlich erhöht haben. Dies darf dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos, wer im konkreten Fall Anzeigeerstatter war. Anzufügen bleibt, dass die Vorinstanz erst wenige Tage vor der Hauptverhandlung das Ermächtigungsverfahren einleitete. Diese Säumnis haben beide gerichtlichen Instanzen und nicht etwa der Beschwerdeführer zu vertreten. Obgleich die erste Instanz vom Mangel Kenntnis hatte, ist nicht ersichtlich, dass sie die Vorinstanz im Rahmen der Aktenüberweisung ausdrücklich auf die fehlende und von Amtes wegen einzuholende Ermächtigung aufmerksam gemacht hat. Hingegen hat sie die fehlende Prozessvoraussetzung in ihrer Urteilsmotivation zur Sprache gebracht. Unter Berücksichtigung der genannten Umstände ist es sachgerecht, von einer nicht nachholbaren Prozessvoraussetzung auszugehen. Der Beschwerdeführer ist so zu stellen, wie wenn ein dauerndes Prozesshindernis bestünde, respektive die fragliche positive Prozessvoraussetzung definitiv nicht erfüllbar wäre. Wie zu entscheiden wäre, wenn BGE 139 IV 161 S. 168 kein leichter Fall im Sinne von Art. 15 Abs. 3 VG vorläge, kann offenbleiben. 2.7 Im Berufungsverfahren finden die Bestimmungen des erstinstanzlichen Hauptverfahrens sinngemäss Anwendung (vgl. Art. 379 StPO ). Die Verfahrensleitung prüft im Hauptverfahren, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind und Verfahrenshindernisse bestehen ( Art. 329 Abs. 1 lit. b und c StPO ). Kann ein Urteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das Verfahren ein ( Art. 329 Abs. 4 StPO ; vgl. auch Art. 329 Abs. 5 StPO ). Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren über das Eintreten, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei Prozesshindernisse oder fehlende Prozessvoraussetzungen geltend macht (vgl. Art. 403 Abs. 1 lit. c StPO ). Stellt die Berufungsinstanz ein Prozesshindernis fest, ergeht analog zu Art. 329 Abs. 4 StPO eine Einstellung des Verfahrens (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 9 zu Art. 403 StPO ; vgl. HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, a.a.O., § 41 Rz. 15). Die Vorinstanz wird das Verfahren betreffend den Betrugsvorwurf einzustellen und die Strafe für die übrigen Delikte neu festzusetzen haben. Es erübrigt sich, die weiteren Rügen näher zu prüfen.
de
dd98d966-77b8-4133-95fd-98bf56405fe9
Sachverhalt ab Seite 52 BGE 129 V 51 S. 52 A.- Der 1936 geborene, am 12. August 1999 durch Suizid verstorbene T. war bei der Visana im Rahmen einer Einzeltaggeldversicherung unter anderem für ein Taggeld von Fr. 2.- mit einer Wartezeit von 3 Tagen und ein Krankentaggeld von Fr. 150.- mit einer Wartezeit von 60 Tagen versichert. Mit Schreiben vom 24. August 1999 ersuchte die Witwe des Verstorbenen unter Hinweis auf ein ärztliches Zeugnis des Dr. med. G. vom 20. August 1999 um Ausrichtung von Krankentaggeld im Betrag von Fr. 83'714.- für die Zeit vom 10. Dezember 1997 bis 12. August 1999. Mit Verfügung vom 14. März 2000 teilte die Visana mit, sie anerkenne den Leistungsanspruch ab 24. Februar bis 12. August 1999 unter Anrechnung der Wartefrist von 3 bzw. 60 Tagen, sofern eine krankheitsbedingte finanzielle Einbusse ausgewiesen sei; weiter gehende Leistungen könnten wegen verspäteter Meldung nicht mehr erbracht werden. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 21. August 2000 fest. B.- Die von den Erbinnen des Verstorbenen hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft ab (Entscheid vom 18. Juni 2001). C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lassen die Erbinnen des T. beantragen, die Visana sei zu verpflichten, Leistungen aus der Taggeldversicherung auch für die Zeit vom 10. Dezember 1997 bis 24. Februar 1999 auszurichten; eventuell sei die Sache zur ergänzenden medizinischen Abklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Visana schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. BGE 129 V 51 S. 53 D.- Am 28. August 2002 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht eine parteiöffentliche Beratung durchgeführt. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Das versicherte Taggeld wird vom Versicherer mit dem Versicherungsnehmer vereinbart ( Art. 72 Abs. 1 KVG ). Der Gesetzgeber hat in Art. 72 KVG einige zwingende Bestimmungen namentlich zum Anspruchsbeginn (Abs. 2), zur Dauer des Anspruchs (Abs. 3), zur Kürzung der Leistung bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit (Abs. 4) und bei Überentschädigung (Abs. 5) erlassen. Die Detailgestaltung hat er dagegen weit gehend der Vertragsautonomie der Beteiligten überlassen ( BGE 125 V 116 Erw. 2e, BGE 124 V 205 Erw. 3d). Diese (Vertrags-)Autonomie muss sich indessen an den allgemeinen Rechtsgrundsätzen orientieren, wie sie sich aus dem Bundessozialversicherungsrecht und dem übrigen Verwaltungsrecht sowie der Bundesverfassung ergeben. Namentlich hat sie sich an die wesentlichen Prinzipien der sozialen Krankenversicherung zu halten, vorab an die Grundsätze der Gegenseitigkeit, der Verhältnismässigkeit und der Gleichbehandlung ( Art. 13 Abs. 2 lit. a KVG in Verbindung mit Art. 68 Abs. 3 KVG ; für das alte Recht vgl. statt vieler BGE 113 V 215 Erw. 3b mit Hinweisen; vgl. auch GEBHARD EUGSTER, Zum Leistungsrecht der Taggeldversicherung nach KVG, in: LAMal-KVG, Recueil de travaux en l'honneur de la Société suisse de droit des assurances, Lausanne 1997, S. 551). Der Taggeldanspruch entsteht, wenn die versicherte Person mindestens zur Hälfte arbeitsunfähig ist ( Art. 72 Abs. 2 Satz 1 KVG ). Die Arbeitsunfähigkeit ist in der Regel gegeben, wenn eine Person ihre bisherige Tätigkeit infolge des Gesundheitszustandes nicht mehr oder nur noch beschränkt oder nur unter der Gefahr, ihren Gesundheitszustand zu verschlimmern, auszuüben vermag ( BGE 114 V 283 Erw. 1c, BGE 111 V 239 Erw. 1b; RKUV 1998 Nr. KV 45 S. 430). 1.2 Das KVG und dessen Verordnung enthalten - abgesehen vom hier nicht anwendbaren Art. 111 KVV - keine Bestimmungen über die Pflicht zur Meldung eines Krankheitsfalles oder der eingetretenen Arbeitsunfähigkeit. Entsprechend haben sie auch keine Sanktionen bei Verletzung der Anzeigepflicht vorgesehen. Nach der zum KUVG ergangenen Rechtsprechung ist es bei fehlender gesetzlicher BGE 129 V 51 S. 54 Bestimmung Sache der Krankenkassen, in ihren Statuten oder Reglementen zum Zwecke rechtzeitiger Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktionen die Anzeigepflicht vorzuschreiben und die Folgen von deren Verletzung festzulegen. Ordnungsvorschriften, wonach Leistungen bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemässen Meldung verweigert werden, wenn vom Versicherten die rechtzeitige Meldung vernünftigerweise verlangt werden kann, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht als grundsätzlich nicht bundesrechtswidrig betrachtet. Erscheint dagegen eine Pflichtverletzung nach den Umständen als entschuldbar, so darf damit in der Regel keine Sanktion verbunden werden; zudem darf die Sanktion nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen ( BGE 104 V 10 Erw. 2 und RKUV 1990 Nr. K 829 S. 4 Erw. 2a, je mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung ist auch unter der Herrschaft des auf den 1. Januar 1996 in Kraft getretenen KVG anwendbar ( BGE 127 V 154 ). 1.3 Die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) für die freiwillige Taggeldversicherung nach KVG der Visana in der Fassung vom 1. Januar 1997 bestimmen im Kapitel "3. Leistungen" unter dem Titel "Wie machen Sie die Leistungen geltend ?", dass Krankheiten und Unfälle der Visana innert einer Woche nach Ablauf der Wartefrist zu melden sind (Ziff. 3.10 Abs. 1 AVB). Erfolgt die Meldung nach Ablauf der Meldefrist, so sind die Leistungen erst ab dem Meldetag geschuldet. Ist die verspätete Meldung auf wichtige, entschuldbare Gründe zurückzuführen, so anerkennt die Kasse den Leistungsbeginn bis höchstens ein halbes Jahr vor dem Meldetag (Ziff. 3.10 Abs. 2 AVB). 2. 2.1 Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, die AVB seien nicht anwendbar, weil der Hinweis auf der Rückseite der Versicherungspolice, wonach sich die Leistungen nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen und den gesetzlichen Bestimmungen bemessen, nicht klar sei. Insbesondere sei nicht ersichtlich, welche Bestimmungen bei der freiwilligen Taggeldversicherung zur Anwendung kämen. Während auf der Vorderseite der Police bei den Zusatzversicherungen nach Versicherungsvertragsgesetz auf die massgebende Ausgabe der AVB verwiesen werde, sei dies mit Bezug auf die Taggeldversicherung nach KVG nicht der Fall. Im vorinstanzlichen Verfahren brachten sie zudem vor, bei den Unterlagen des Verstorbenen hätten sich keine AVB der Krankenkasse befunden. BGE 129 V 51 S. 55 2.2 Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben können der versicherten Person statutarische Vorschriften nur entgegengehalten werden, wenn sie ihr vorgängig zur Kenntnis gebracht worden sind (RSKV 1969 Nr. 47 S. 85; vgl. betreffend Statutenänderungen auch BGE 124 V 206 Erw. 4b, BGE 120 V 35 Erw. 2c, je mit Hinweisen). Ferner sind Kassenbestimmungen so auszulegen, wie sie der Versicherte bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit verstehen durfte und musste; eine mangelnde Klarheit darf sich nicht zum Nachteil des Versicherten auswirken ( BGE 119 V 152 Erw. 4, BGE 118 V 51 Erw. 3 und RKUV 1992 Nr. K 895 S. 134 Erw. 1b/bb). Im Urteil K. vom 9. Oktober 2001 (K 70/01) hat das Eidgenössische Versicherungsgericht festgehalten, bei fehlendem Nachweis einer ordnungsgemässen Bekanntgabe der Meldepflicht falle eine Leistungsverweigerung wegen verspäteter Meldung nur unter dem Gesichtspunkt einer Verwirkung des Leistungsanspruchs oder eines Leistungsverzichts in Betracht. Mangels ausdrücklicher Bestimmungen im KVG gelte dabei analog der Regelung in anderen Bereichen der Sozialversicherung eine absolute Verwirkungsfrist von fünf Jahren. 2.3 Rechtsgrundlagen der mit der Visana abgeschlossenen freiwilligen Taggeldversicherung bilden die AVB und das KVG sowie dessen Ausführungsbestimmungen (Ziff. 1.1 AVB). Auf der Rückseite der Versicherungspolice vom 12. Oktober 1998 wurde der Versicherte ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Leistungen nach den AVB und den gesetzlichen Bestimmungen bemessen würden, wobei die Versicherungspolice allein keine verbindliche Auskunft über den genauen Leistungsanspruch gebe. Dieser Hinweis ist klar und unmissverständlich. Wenn mit Bezug auf die Versicherungen nach Versicherungsvertragsgesetz zusätzlich auf die für den Leistungsanspruch gültige AVB-Ausgabe verwiesen wird, können die Beschwerdeführerinnen daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. Entsprechend anders lautet nämlich auch die Information auf der Rückseite der Police. Nach den Ausführungen der Kasse werden die Versicherten anlässlich des Abschlusses der freiwilligen Taggeldversicherung auf die gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen aufmerksam gemacht, und sie müssen sich mit diesen einverstanden erklären. Ob dies mit Bezug auf den Verstorbenen, der gemäss Versicherungspolice seit 1. Dezember 1977 Kassenmitglied war, tatsächlich der Fall war, kann nicht überprüft werden, da das Antragsformular nicht bei den Akten liegt. Ebenfalls nicht bekannt BGE 129 V 51 S. 56 ist, ob die damaligen Kassenbestimmungen bereits eine Ziff. 3.10 AVB in der ab 1. Januar 1997 gültigen Fassung entsprechende Bestimmung enthielten. War dies tatsächlich der Fall, müssen die Beschwerdeführerinnen sich diesen Umstand entgegenhalten lassen. Hat ein Versicherter nämlich während rund 20 Jahren einer Taggeldversicherung mit entsprechenden Pflichten und Verletzungsfolgen angehört, kann nachträglich nicht geltend gemacht werden, die neuen AVB, die nichts anderes enthalten, seien ihm nicht mitgeteilt worden. Nachdem die Vorinstanz den Sachverhalt in diesem Punkt nicht näher geprüft hat, rechtfertigt es sich, die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es die erforderlichen Abklärungen nachhole. 2.4 Für den Fall, dass die kasseninternen Bestimmungen seit 1977 bezüglich der Meldepflichten und der Sanktion bei deren Verletzung eine Änderung oder Ergänzung erfahren haben sollten, gilt es darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung nicht genügt, wenn den Versicherten lediglich die Möglichkeit eingeräumt wird, die Versicherungsbedingungen jederzeit bei der Kasse einzusehen, da den einzelnen Mitgliedern nicht zugemutet werden kann, sich mehr oder weniger regelmässig nach allfälligen Änderungen zu erkundigen ( BGE 120 V 35 Erw. 2a mit Hinweisen). Ziff. 2.9 lit. a AVB der Visana sieht vor, dass Änderungen der Versicherungsbedingungen der Taggeldversicherung nach KVG in verbindlicher Form in ihrem offiziellen Publikationsorgan erfolgen. Eine solche Veröffentlichung im kasseneigenen Publikationsorgan genügt nach der Rechtsprechung grundsätzlich den Anforderungen an die gehörige Bekanntgabe kasseninternen Rechts ( BGE 120 V 35 Erw. 2c mit Hinweisen). Für den Nachweis der erfolgten Zustellung gilt der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ( BGE 120 V 37 Erw. 3c). Steht die Bekanntgabe der kasseninternen Bestimmungen nach diesem sozialversicherungsrechtlichen Regelbeweisgrad fest, kann der Versicherte selbst mit dem Einwand nicht gehört werden, die Kassenzeitschrift nicht gelesen zu haben (RKUV 1990 Nr. K 833 S. 31). Sofern die vorzunehmenden Abklärungen ergeben, dass die bei Vertragsabschluss gültig gewesenen Kassenbestimmungen keine der streitigen Ziff. 3.10 AVB entsprechende Regelung enthielten, wird die Vorinstanz somit weiter zu prüfen haben, ob dem Versicherten die spätere Änderung rechtsgenüglich eröffnet worden ist. Sollte es am Nachweis einer ordnungsgemässen Bekanntgabe fehlen (vgl. hiezu BGE 120 V 33 ), fiele eine Leistungsbeschränkung bis 24. Februar 1999 aus diesem Grunde ausser Betracht. BGE 129 V 51 S. 57 3. Streitig und zu prüfen ist des Weitern die Rechtmässigkeit der Beschränkung der Leistungen auf ein halbes Jahr vor dem Meldetag durch die Krankenkasse. 3.1 Ziff. 3.10 Abs. 2 AVB (in der Fassung vom 1. Januar 1997) enthält zwei verschiedene Regelungen. Nach Satz 1 sind die Leistungen erst ab dem Meldetag geschuldet, wenn die Meldung nach Ablauf der Meldefrist erfolgt ist. Gemäss Ziff. 3.10 Abs. 2 Satz 2 AVB wird bei Vorliegen wichtiger entschuldbarer Gründe der Leistungsbeginn bis höchstens ein halbes Jahr vor dem Meldetag anerkannt. Die Vorinstanz hat diese Kassenbestimmung als rechtmässig betrachtet. Die von der Kasse bejahte Frage, ob mit Bezug auf den Verstorbenen entschuldbare Gründe gegeben sind, hat sie ausdrücklich offen gelassen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen verstösst die Regelung der Visana gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip. Laut dem in BGE 127 V 154 veröffentlichten Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts dürfe eine verspätete Anmeldung zum Bezug von Krankentaggeld keine Sanktionen nach sich ziehen, wenn die Verspätung auf entschuldbaren Gründen beruhe. Obwohl kein Verschulden vorliege, seien ihnen Leistungen für eine Dauer von rund 14 Monaten vorenthalten worden. Eine solche Sanktion sei auch deshalb unverhältnismässig, weil sie weitaus einschneidender sei als die in der Taggeldversicherung nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) oder in den übrigen Zweigen der Sozialversicherung getroffenen Regelungen. 3.2 In RSKV 1973 Nr. 171 S. 101 Erw. 2 führte das Eidgenössische Versicherungsgericht aus, erscheine eine Pflichtverletzung nach den Umständen als entschuldbar, so dürften damit aus Gründen der Rechtsgleichheit und insbesondere nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit keine Sanktionen verbunden werden. In BGE 99 V 132 Erw. 1 hielt das Gericht fest, wenn die Meldepflicht vor allem der Abklärung und Kontrolle diene, rechtfertige es sich, in einem Versicherungszweig, wo die Zahl der Krankheitsfälle und der Unfälle sehr gross sei und wirksame Kontrollen nachträglich oft nicht mehr durchgeführt werden könnten, sich an den Begriff der Anspruchsverwirkung zu halten. Unter Hinweis auf das obige in RSKV 1973 Nr. 171 S. 98 ff. publizierte Urteil fügte es sodann bei, dem Verschulden werde dennoch Rechnung getragen, in dem Sinne nämlich, als eine nicht schuldhafte verspätete Meldung in der Regel keine Sanktion nach sich ziehe und die Sanktion umso leichter ausfalle, je geringer die Verspätung sei. Nach BGE 127 V 154 Erw. 4b BGE 129 V 51 S. 58 können die Versicherer in ihren Statuten und Reglementen für den Fall einer verspäteten Anzeige der Arbeitsunfähigkeit unter denselben Voraussetzungen wie unter dem alten Recht Sanktionen vorsehen. Diese Möglichkeit ziele darauf ab, die den Kassen und ihren Vertrauensärzten obliegende Kontroll- und Überwachungspflicht zu erleichtern, was umso einfacher sei, je früher sie vom versicherten Ereignis in Kenntnis gesetzt würden. Das Eidgenössische Versicherungsgericht gibt in BGE 127 V 154 Erw. 4a die unter der Herrschaft des KUVG gültig gewesene Rechtsprechung wieder, wonach in der Regel keine Sanktion verhängt werden darf, wenn eine Pflichtverletzung nach den Umständen als entschuldbar erscheint. Die Sanktion müsse zudem das Verhältnismässigkeitsprinzip respektieren. In Erwägung 4b wird diese Rechtsprechung als unter dem KVG weiterhin anwendbar erklärt und unter Hinweis auf RKUV 1990 Nr. K 829 S. 4 erneut zitiert, allerdings ohne den in jenem Urteil enthaltenen Zusatz "in der Regel". Daraus kann indessen nicht geschlossen werden, das Eidgenössische Versicherungsgericht habe seine Rechtsprechung dahin gehend präzisieren wollen, dass beim Vorliegen entschuldbarer Gründe überhaupt keine Sanktionen mehr vorgesehen werden dürften. Abgesehen davon, dass sich im Entscheid selber für eine Praxisänderung keine Begründung finden lässt, ist aufgrund des Verweises auf RKUV 1990 Nr. K 829 S. 4, gemäss welchem beim Vorliegen entschuldbarer Umstände "in der Regel" keine Sanktionen verhängt werden dürfen, davon auszugehen, dass in Erwägung 4b in fine des neueren Urteils die Wendung "in der Regel" versehentlich weggelassen worden ist. In einem späteren Urteil (K. vom 9. Oktober 2001, K 70/01) hat das Gericht die Rechtsprechung sodann erneut dahin gehend zusammengefasst, dass die Kassen befugt seien, ihre Leistungen bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemässen Meldung zu verweigern, wenn von der versicherten Person die rechtzeitige Meldung vernünftigerweise verlangt werden könne. Erscheine eine Pflichtverletzung nach den Umständen als entschuldbar, so dürften damit in der Regel keine Sanktionen verbunden werden; zudem dürfe die Sanktion nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen. 3.3 Aus der angeführten Rechtsprechung kann - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen - nicht geschlossen werden, eine zeitliche Einschränkung der Leistungspflicht bei unverschuldet verspäteter Anzeige sei unzulässig. Diese besagt nämlich nicht, es seien in einem solchen Fall keinerlei Sanktionen zugelassen, BGE 129 V 51 S. 59 sondern es dürften "in der Regel" keine Sanktionen verhängt werden. Die Praxis lässt es damit zu, eine länger dauernde Meldepflichtverletzung als nicht mehr durch die Regel gedeckt zu betrachten, wonach bei entschuldbarer Pflichtverletzung keine Sanktion erfolgen darf. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Sanktion verhältnismässig zu sein hat; denn nur wo eine Sanktion grundsätzlich zulässig ist, muss geprüft werden, ob sie dem Verhältnismässigkeitsprinzip entspricht. Je geringer die Verspätung ist, desto leichter hat demnach die Sanktion auszufallen. Wenn nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts bei entschuldbarer Meldepflichtverletzung in der Regel keine Sanktion statthaft ist, muss es als eine Ausnahme von dieser Regel zulässig sein, eine zeitliche Einschränkung der Leistungspflicht bei verspäteter Anzeige vorzusehen, die über das Mass hinausgeht, in welchem sich verspätete Anmeldungen gewöhnlich bewegen. Wenn die Visana in ihren Kassenbestimmungen statuiert, dass sie den Leistungsbeginn höchstens ein halbes Jahr vor der Meldung anerkennt, und wenn diese Regelung als Sanktion angesehen wird, so hält sie sich im Rahmen der Rechtsprechung, von welcher abzuweichen kein Anlass besteht. Vor diesem Hintergrund ist es daher unerheblich, ob der Versicherte sich auf entschuldbare Gründe berufen kann. In einer solchen Regelung liegt keine Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips, da sie darauf abzielt, den Kassen die Kontrolle zu erleichtern und Streitigkeiten über den rückwirkend zu erstellenden Beweis einer unter Umständen bereits weit zurückliegenden und nur aufgrund nachträglich erstellter Arztzeugnisse beurteilbarer Arbeitsunfähigkeit zu verhindern. Eine Bundesrechtswidrigkeit liesse sich in einer solchen Lösung ebenfalls nicht erkennen, da sie unter die vom Gesetzgeber den Kassen im Bereich der freiwilligen Taggeldversicherung belassenen umfassenden Regelungsfreiheit fällt (vgl. auch nachstehende Erwägung 4.2). Daraus erhellt, dass, selbst wenn die streitige Kassenbestimmung als verschuldensabhängige Sanktion zu qualifizieren wäre - wovon die Beschwerdeführerinnen ausgehen -, diese nach dieser Konzeption weder gegen die Rechtsprechung verstossen noch das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzen oder sich als bundesrechtswidrig erweisen würde. 4. 4.1 Bei näherer Betrachtung erscheint es indessen fraglich, ob die Kasse mit ihrer Ordnung tatsächlich eine Sanktion vorsehen wollte. Es liegt vielmehr die Annahme näher, bei der Regelung von BGE 129 V 51 S. 60 Ziff. 3.10 Abs. 2 Satz 2 AVB handle es sich gar nicht um eine verschuldensabhängige Sanktion, sondern um eine Verwirkungsfolge bei unverschuldet verspäteter Anzeige der Arbeitsunfähigkeit. Bei dieser Betrachtungsweise spielt das Problem Sanktion und Verschulden keine Rolle; es geht einzig um die Einhaltung einer Verwirkungsfrist, unabhängig davon, aus welchem Grund die Mitteilung nicht früher erfolgt ist. Mit der Zulässigkeit solcher Kassenbestimmungen hatte sich das Eidgenössische Versicherungsgericht bisher - soweit ersichtlich - nicht zu befassen. Nachstehend ist daher zu prüfen, wie es sich bei dieser Konzeption mit der Rechtmässigkeit der streitigen Bestimmung verhält. 4.2 In diesem Zusammenhang gilt es vorerst nochmals in Erinnerung zu rufen, dass die Kassen im Rahmen ihrer Vertragsautonomie keine Versicherungsbedingungen aufstellen dürfen, die zwingenden Bestimmungen des KVG und allgemeinen verfassungs-, verwaltungs- oder sozialversicherungsrechtlichen Prinzipien widersprechen ( BGE 113 V 215 Erw. 3b). Diese altrechtliche Praxis hat auch unter dem KVG weiterhin Geltung. Wie in Erwägung 1.2 vorstehend bereits ausgeführt, enthalten KVG und KVV keine Bestimmung, welche die Folgen einer entschuldbaren Versäumnis der Krankheitsmeldung regelt oder der Kasse die Aufnahme einer entsprechenden Regelung verbieten würde. Da der Gesetzgeber im KVG weder eine relative noch eine absolute Verwirkungsfrist vorgesehen hat, verstösst eine Statutenbestimmung, welche bei verspäteter Meldung eine Verwirkungsfolge vorsieht, nicht gegen das Krankenversicherungsgesetz. Welche Regelungen in anderen Zweigen der Sozialversicherung mit Bezug auf die verspätete Anzeige getroffen wurden, braucht nicht geprüft zu werden, nachdem der Krankenversicherungsgesetzgeber für die freiwillige Taggeldversicherung bewusst auf eine Normierung verzichtet und diese der Kassenautonomie überlassen hat. Ebenso wenig kommt Art. 45 VVG , der die unverschuldete Vertragsverletzung im Privatversicherungsrecht zum Inhalt hat, zur Anwendung. Es bleibt daher zu prüfen, ob Ziff. 3.10 Abs. 2 Satz 2 AVB gegen einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, namentlich das Willkürverbot, das Gebot rechtsgleicher Behandlung und das Verhältnismässigkeitsprinzip verstösst. 4.3 Die Krankenversicherer haben im Rahmen des Gesetzes und der Statuten dafür zu sorgen, dass nur Leistungen erbracht werden, auf die der Versicherte tatsächlich Anspruch hat; sie haben daher jederzeit das Recht und gegebenenfalls die Pflicht, die Angaben des BGE 129 V 51 S. 61 Versicherten und auch diejenigen des Arztes zu überprüfen ( BGE 107 V 103 mit Hinweisen; RKUV 1987 Nr. K 738 S. 253). Die Überwachungs- und Kontrollfunktion kommt nach dem KVG den Vertrauensärzten der Kassen zu, deren Stellung gegenüber dem bisherigen Recht ausgebaut wurde ( Art. 57 Abs. 4 Satz 2 KVG ; BGE 127 V 47 Erw. 2d). Die ihnen obliegende Kontrollaufgabe können die Kassen nur wahrnehmen, wenn sie rechtzeitig vom anspruchsbegründenden Sachverhalt Kenntnis haben. Sie müssen, sofern ihnen dies notwendig erscheint, die Umstände des Falles und dessen Folgen sofort abklären können, um sich vor ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen und allenfalls die Möglichkeiten der Schadensminderung voll auszuschöpfen. Dabei soll der Versicherer die Arbeitsunfähigkeit nicht nur aufgrund von Arztzeugnissen beurteilen können, die naturgemäss umso unzuverlässiger werden, je länger die Zeit, für welche die Aussagen zutreffen sollen, zurückliegt, sondern auch anhand des nach aussen in Erscheinung tretenden Verhaltens des Versicherten, d.h. ob er auch tatsächlich arbeitsunfähig ist. Unerheblich ist, ob der Kasse tatsächlich ein direkter Schaden entstanden ist. Nach der Rechtsprechung liefe es der Wahrung einer gewissen Ordnung und Disziplin in der Krankenversicherung zuwider, wenn eine verspätete Krankmeldung nur geahndet würde, wenn sie der Kasse einen Schaden verursacht ( BGE 96 V 11 Erw. 2; RKUV 1990 Nr. K 829 S. 8 Erw. 3c). 4.4 Da nach einem gewissen Zeitablauf die Möglichkeit des Einschreitens der Versicherung zur Feststellung des Sachverhalts und zur Ergreifung von schadensmindernden Massnahmen nicht mehr gegeben ist, verstösst die Beschränkung der Leistungspflicht auf ein halbes Jahr vor der Meldung nicht gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip. Vielmehr rechtfertigen es die sich stellenden Beweisprobleme, für Fälle einer unverschuldet verspäteten Mitteilung eine zeitliche Limite zu ziehen. Die Leistungsbegrenzung lässt sich zudem mit sachlichen Gründen vertreten, weshalb sie auch nicht als willkürlich bezeichnet werden kann. Sie hat ihre Grundlage in einer verspäteten Meldung, welche eine rechtzeitige Wahrnehmung der dem Krankenversicherer zustehenden Kontrollfunktionen erschwert oder gar verhindert. Sodann liegt auch keine Verletzung des Gebots der rechtsgleichen Behandlung vor. Die Visana sieht für alle Versicherten eine einheitliche Lösung vor. Da sie von Gesetzes wegen in der freiwilligen Taggeldversicherung frei ist, für den Fall einer verspäteten Anzeige einer Arbeitsunfähigkeit eine Regelung zu treffen, braucht nicht geprüft zu werden, wie BGE 129 V 51 S. 62 andere Kassen vorgehen würden. Dass unter Umständen je nach der Ordnung der verschiedenen Kassen unterschiedliche Rechtspositionen der Versicherten eintreten können, ist bei diesen Gegebenheiten in Kauf zu nehmen. Entscheidend ist einzig, dass innerhalb einer Kasse keine rechtsungleichen Behandlungen bestehen, wofür mit Bezug auf die Visana keine Anhaltspunkte vorliegen. 4.5 Erweist sich Art. 3.10 AVB somit als rechtmässig, kann eine ergänzende medizinische Abklärung unterbleiben. 5. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens haben die Beschwerdeführerinnen Anspruch auf Parteientschädigung ( Art. 159 Abs. 2 OG ).
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Sachverhalt ab Seite 454 BGE 95 I 453 S. 454 A.- Die Einwohnergemeinde Köniz erliess am 6. Dezember 1964 nach durchgeführtem Publikations- und Auflageverfahren den Baulinienplan "Zentrum Liebefeld 1964". Der Regierungsrat des Kantons Bern erteilte diesem am 18. Mai 1965 die Genehmigung und gewährte das Enteignungsrecht. Von diesem Plan und den zugehörigen Vorschriften wird die Beschwerdeführerin insofern betroffen, als sie von ihrer Parzelle No. 2834 an der Schwarzenburgstrasse einen 2 m breiten Streifen für die Erstellung eines Gehweges sowie den an der Nordgrenze des Grundstückes verlaufenden privaten Kohlenweg an die Gemeinde abzutreten hat. Entlang der Schwarzenburgstrasse werden in einem Abstand von 5 m und am Kohlenweg in einem solchen von 6 m zur neuen Grenze Baulinien gelegt. Bisher bestanden am Kohlenweg private Wegdienstbarkeiten zu Gunsten der anstossenden Parzellen No. 2687 und 2538. Der Weg wird in seiner Lage und Fahrbahnbreite nicht verändert. Dagegen wird auf der Nachbarparzelle No. 2538 ein 2 m breiter Parkstreifen und ein ebenso breites Trottoir angefügt. Die Beschwerdeführerin hat gegen den Bebauungsplan keine Einsprache erhoben. Dagegen verlangte sie eine Entschädigung für das abzutretende Land von ca. 700 m2 zum Ausbau des Kohlenweges sowie eine solche wegen Wertverminderung ihrer Parzelle infolge der Baulinien. Die erstinstanzliche Enteignungs-Schätzungskommission sprach ihr folgende Entschädigungen zu: für das Terrain des Kohlenweges Fr. 180.--/m2, für den Zustandswert des Strassenkoffers und des Oberbaues des Kohlenweges Fr. 13 000.--, für Inkonvenienzen infolge des Ausbaues des Kohlenweges Fr. 10 000.--, für die Verminderung der Überbaubarkeit, bedingt durch die Baulinie am Kohlenweg Fr. 125.--/m oder Fr. 37 000.--, schliesslich für das entlang der Schwarzenburgstrasse abzutretende Land Fr. 150.--/m2 oder Fr. 20 250.--. B.- Beide Parteien zogen den Entscheid an das kantonale Verwaltungsgericht weiter. Mit Urteil vom 27. Januar 1969 erhöhte dieses die für die Abtretung entlang der Schwarzenburgstrasse zu entrichtende Entschädigung auf Fr. 350.--/m2 BGE 95 I 453 S. 455 oder Fr. 47 250.--. Die Entschädigung für das Terrain des Kohlenweges reduzierte es dagegen auf Fr. 50.-/m2 oder Fr. 26 250.-- und die Inkonvenienzen bewertete es gleich wie die Schätzungskommission. Eine Entschädigung für die Baulinie entlang des Kohlenweges wurde abgewiesen. C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt die Genossenschaft Zentralschweizer Metzgermeister, der Entscheid des Verwaltungsgerichtes sei aufzuheben, soweit er die Entschädigung für das Terrain des Kohlenweges im Ausmass von 525 m2, das durch die Baulinie längs des Kohlenweges geschaffene Bauverbot und die Inkonvenienzen betreffe. Es sei festzustellen, dass die Ziehung der Baulinie längs des Kohlenweges eine materielle Enteignung darstelle. Die Sache sei deshalb zu neuer Entscheidung und Zusprechung einer angemessenen Entschädigung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Es wird eine Verletzung von Art. 4 BV sowie der Eigentumsgarantie gerügt. Erwägungen Aus der Erwägungen: 2. Der Enteignete wird für die abzutretenden Rechte voll entschädigt, wenn der ihm durch den Entzug des Rechtes entstehende Schaden voll ausgeglichen wird, sodass er wegen der Enteignung nicht reicher und nicht ärmer wird. Das Enteignungsgesetz enthält die Grundsätze, nach welchen die Entschädigung zu ermitteln ist. Bei gänzlicher Enteignung soll die Entschädigung so bemessen werden, dass der Enteignete imstande ist, sich angemessenen Ersatz zu beschaffen (Art. 12 EG). Dabei ist auch der erfahrungsgemäss erzielbare Ertrag zu berücksichtigen. Dem Enteigneten sind alle weitern vermögenswerten Nachteile zu ersetzen, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Erfahrung mit der Enteignung verbunden und nicht in der Entschädigung für den Verlust des Grundstückes inbegriffen sind (Art. 13). Bei teilweiser Enteignung bemisst sich die Entschädigung eines Grundstückes, sofern nicht Gründe für eine andere Berechnungsart dargetan sind, nach der Differenz der Werte des Besitzstandes vor und nach der Enteignung. Im übrigen finden aufsie sinngemässdie Entschädigungsgrundsätze für dieTotalenteignung Anwendung (Art. 14). Zu entschädigen ist also bei der Abtretung der Verkehrswert BGE 95 I 453 S. 456 des enteigneten Rechts, d.h. der Wert, der im Fall der Veräusserung erzielt werden könnte. Ausser im Wege der Differenzmethode kann er auch nach der Vergleichs- oder statistischen Methode, oder durch Bestimmung des Ertragswertes ermittelt werden, letzteres soweit das Gesetz nicht vorschreibt, dass Verkehrswert, Minderwert und Inkonvenienzen gesondert festzusetzen und auseinanderzuhalten sind. Die Methode der Ertragsberechnung führt zu einem objektiven Wert, wenn sie zu ermitteln sucht, welchen Gebrauch ein Käufer von der enteigneten Sache machen würde, zu einem subjektiven Wert dagegen, wenn sie auf den Wert abstellt, den der Enteignete selbst daraus hätte ziehen können. Weichen die beiden Werte voneinander ab, so bestimmt sich die Entschädigung nach dem grösseren. Da der Eigentümer nicht gleichzeitig beide Werte realisieren kann, dürfen diese auch nicht kumuliert werden. Damit wird die mehrfache Berücksichtigung von wertmehrenden und wertmindernden Faktoren ausgeschlossen. 4. Prüft man das Ergebnis des angefochtenen Entscheides vom Standpunkt der Differenzmethode, so ergibt sich folgendes: Bei der Überführung eines Privatweges in das öffentliche Eigentum behält der Eigentümer für den Regelfall alle mit dem Weg verbundenen Vorteile und wird von gewissen Nachteilen entlastet (WIEDERKEHR, Die Expropriationsentschädigung S. 48). So wird es sich auch hier verhalten. Die Beschwerdeführerin hat für den Unterhalt des Weges zugestandenermassen jährlich etwa Fr. 500.-- aufgewendet. Das Verwaltungsgericht stellt dies nicht in Abrede, noch schätzt es die Aufwendungen höher ein. Es bestand deshalb kein Anlass, hierüber Beweise abzunehmen. Der Wert des enteigneten Grundstückes vermindert sich durch die Abtretung von privatem Strassenland dann, wenn der Weg infolge der Öffentlicherklärung eine bestimmte Nutzungsmöglichkeit einbüsst. Das Verwaltungsgericht nimmt an, das Strassengrundstück habe dem industriellen Betrieb der Beschwerdeführerin als Abstell-, Park- und Manövrierplatz gedient, sodass sie durch den Entzug des Privatweges eine zu entschädigende Einbusse erleide. Ob diese Annahme den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, ist durchaus zweifelhaft. Die freie Nutzung des Kohlenweges durch die Beschwerdeführerin war schon bisher beeinträchtigt durch die Befugnisse der beiden dienstbarkeitsberechtigten BGE 95 I 453 S. 457 Grundeigentümer. Dass diese Belastung nicht sehr gering war, geht aus der Eingabe der Beschwerdeführerin an die Gemeinde vom 25. November 1964 hervor. Sie bezeichnete darin die Beibehaltung der bisherigen Wegbreite als "völlig unzeitgemäss", weil offenbar übersehen worden sei, dass durch den Kohlenweg nicht bloss der Lastwagenverkehr der Beschwerdeführerin selbst, sondern auch derjenige der Kohlenlager A.-G. fliesse, sodass für andere Benützer kaum mehr Raum bleiben würde. Im Fall einer Überbauung eines der beiden berechtigten Grundstücke hätte eine entsprechende Mehrbelastung in Kauf genommen werden müssen. Die Rechte der Beschwerdeführerin am Weg als Park- und Wendeplatz waren also schon zivilrechtlich prekär, weil sie vor den Befugnissen der Dienstbarkeitsberechtigten zurückzutreten hatten. Es ist nicht dargetan, dass sich hieran - abgesehen von der Überführung des Weges in das öffentliche Eigentum - etwas Wesentliches ändern werde. Die Gemeinde hat den Gemeingebrauch nicht eingeschränkt und auch für die Zukunft ist eine derartige Einschränkung nicht wahrscheinlich. Durch die Verbreiterung des Weges um einen Gehweg und einen Parkstreifen von je 2 m werden inskünftig die Verhältnisse noch verbessert und die Beschwerdeführerin wird inskünftig den Weg solange und in dem Umfang unter dem Titel des Gemeingebrauches in Anspruch nehmen können, als dies den übrigen Verkehr nicht stört. Nur die juristische Bezeichnung hat also geändert; die tatsächlichen Verhältnisse, unter denen die Beschwerdeführerin den Kohlenweg als Park- und Wendeplatz verwenden konnte, sind die gleichen geblieben. Unter diesen Umständen hält es schwer, mit dem Verwaltungsgericht anzunehmen, das Vermögen der Beschwerdeführerin erleide durch die Enteignung eine Einbusse; noch weniger überzeugend aber wäre die Annahme, der Wert dieser Einbusse übersteige den Wert der Entlastung, der nach dem Zugeständnis der Beschwerdeführerin sich aufjährlich Fr. 500.-- belief. Aus diesen Gründen ist die Feststellung des Verwaltungsgerichtes, das Vermögen der Beschwerdeführerin werde durch die Enteignung des Kohlenweges und dessen Überführung in das Eigentum der Gemeinde nicht vermindert, offenbar nicht willkürlich. 5. Auch vom Standpunkt der Bestimmung der Entschädigung BGE 95 I 453 S. 458 für den Weg nach der statistischen oder Vergleichsmethode erweist sich die Annahme des Verwaltungsgerichtes, der Kohlenweg habe einen Verkehrswert von Fr. 50.-/m2, als für die Beschwerdeführerin günstig und in keiner Weise als willkürlich. Voraussetzung für diese Berechnung wäre das Vorhandensein von Vergleichsmaterial, also die Feststellung, wie viel für gleichartiges, mit Wegdienstbarkeiten belastetes und für die eigenen Bedürfnisse benötigtes Land unter gleichen oder änhlichen Umständen bezahlt wurde. Weder die Beschwerdeführerin noch das Verwaltungsgericht sind in der Lage, derartige Vergleichsgrundstücke zu nennen. Das bestätigt die Richtigkeit der Schlussfolgerung, welche das Verwaltungsgericht bei Anwendung der Differenzmethode gezogen hat, dass nämlich derartiges Strassenland keinen Verkehrswert besitzt und dessen Abtretung daher auch keine Vermögenseinbusse zur Folge hat. Eine Privatstrasse hätte nur dann einen Verkehrswert, wenn sie anderweitig nutzbar wäre, ein Käufer damit rechnen dürfte, dass er aus dem Grundstück einen über den verbleibenden Gemeingebrauch hinausgehenden Nutzen ziehen oder das Strassengebiet sonst anderweitig verwenden könnte. So kann es sich bei Flurwegen verhalten, die ihre bisherige Funktion verloren haben, wenn die sie umgebenden Bauten bereits durch Strassen erschlossen sind. Die Beschwerdeführerin glaubt freilich, der Kohlenweg hätte verlegt und überbaut oder er hätte als Abstellplatz benützt werden können. Es kann auf sich beruhen, ob eine anderweitige Verwendung dem Strassenareal einen selbständigen Verkehrswert verliehen hätte. Denn es ist durchaus fraglich, ob die Strasse von einem Dritten solchen Zwecken hätte dienstbar gemacht werden können. Die Beschwerdeführerin vermag jedenfalls nicht darzutun, wie der Weg ohne Wertverminderung für die Berechtigten hätte verlegt werden können. Das Verwaltungsgericht stellt fest, der Kohlenweg hätte ohne Zustimmung der Dienstbarkeitsberechtigten weder überbaut noch verlegt werden können. Diese Annahme ist, weit entfernt willkürlich zu sein, offenbar zutreffend. Denn die Berechtigten sind auf die Erschliessung ihrer Grundstücke durch den Kohlenweg angewiesen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Strassenareal BGE 95 I 453 S. 459 habe trotzdem einen Verkehrswert von Fr. 50.-/m2, und es rechtfertige sich ausserdem, der Beschwerdeführerin für den Strassenkoffer und den Oberbau eine Entschädigung von Fr. 13 000.-- sowie eine Inkonvenienzenentschädigung von Fr. 10 000.-- zuzusprechen, weil für überbaubares Land in der Umgebung Preise bis zu Fr. 350.--/m2 bezahlt wurden, verkennt, dass überbaubares Land und nicht überbaubares Strassenareal, das auch sonst nicht verwendbar ist, nicht miteinander verglichen werden können, und dass auch eine wesentlich tiefere Bewertung dem Wesen des Preisvergleichs nicht gerecht zu werden vermag. Der dem Entscheid zu Grunde gelegte Wert von Fr. 50.-/m2 kann also nicht einen Verkehrswert darstellen. 6. Die Beschwerde ist auch nicht begründet, wenn für die Bestimmung der Entschädigung auf eine Ertragswertberechnung abgestellt wird. Der gegenwärtige oder bei besserer Verwendung eines Grundstückes erzielbare Ertrag bestimmt dessen objektiven Wert. Der Kohlenweg, der durch seine Existenz den anstossenden Grundstücken diente, warf bisher keinen Ertrag ab; er erforderte im Gegenteil jährliche Aufwendungen von etwa Fr. 500.--, hatte also von der Ertragsrechnung her gesehen einen negativen Wert. Dass seine Aufhebung sich in einer Entwertung der Grundstücke auswirken würde, denen er diente, ändert nichts. Dieser mittelbare Nutzwert lässt sich nicht verselbständigen und er wird auch durch die Überführung des Eigentums am Strassenareal in die öffentliche Hand nicht beeinträchtigt. Indem das Verwaltungsgericht der Beschwerdeführerin eine Entschädigung von Fr. 10 000.--dafür zuspricht, dass sie nicht mehr Eigentümerin und in der weitern Verfügung über den Weg beschränkt ist, nimmt es als erwiesen an, dass der Kohlenweg für die Beschwerdeführerin einen subjektiven Wert besitze. Die Beschränkung, für welche es die Vergütung zuspricht, erblickt es in der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin inskünftig vermehrt auf andere Benützer des Weges Rücksicht nehmen muss. Das erscheint, wie bereits ausgeführt wurde, durchaus fragwürdig, ginge jedoch nicht zulasten der Beschwerdeführerin. Entscheidend ist jedoch, dass der subjektive Wert dem Verkehrswert gegenüberzustellen wäre, sodass nicht zu prüfen ist, ob er allenfalls den Betrag von BGE 95 I 453 S. 460 Fr. 10 000.-- übersteige, sondern ob er höher ist als der zugesprochene Betrag zuzüglich die aus dem Wegfall der Unterhaltspflicht entstehende Entlastung. Die vom Verwaltungsgericht zugesprochenen Summen sind jedoch weit höher als was die Beschwerdeführerin für den Verlust einer Rechtsstellung verlangen kann, die bereits bisher prekär war, und die in Zukunft unter einem andern Rechtstitel wird ausgeübt werden können. Unter dem Titel des subjektiven Schadens hätte eine Entschädigung deshalb verweigert werden dürfen. Der Widerspruch in den Berechnungen des objektiven Wertes des Enteignungsobjektes entfällt dann, wenn von den richtigen Voraussetzungen ausgegangen wird. Wenn die Anwendung der Differenzmethode zeigt, dass der Wert der Parzelle der Beschwerdeführerin durch die Abtretung des Areals des Kohlenweges nicht beeinflusst wird, so ergibt die statistische Methode, dass für das Strassenareal keine Nachfrage besteht und es daher keinen selbständigen Wert aufweist. Auch bei Zuhilfenahme der Ertragsberechnung wird offenbar, dass ein objektiver Ertragswert fehlt, dass der Kohlenweg für die Beschwerdeführerin auch keinen subjektiven Ertragswert besitzt, jedenfalls aber Anhaltspunkte dafür fehlen, dass dieser höher sein könnte als die vom Verwaltungsgericht der Beschwerdeführerin zugesprochene Vergütung. Die Beschwerdeführerin hat somit für den Kohlenweg offensichtlich eine volle Entschädigung erhalten. 7. Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, die entlang dem Kohlenweg gelegte Baulinie wirke sich für sie als materielle Enteignung aus, für welche sie entschädigt werden müsse. Das Verwaltungsgericht hat eine materielle Enteignung verneint und die verlangte Entschädigung abgewiesen. Eine materielle Enteignung ist anzunehmen, wenn dem Eigentümer entweder ein bisher ausgeübter oder wirtschaftlich verwerteter Gebrauch des Bodens untersagt wird; ferner, sofern das Verbot die Benützung der Sache in ausserordentlich hohem und empfindlichen Masse einschränkt, und nur ein einziger oder einzelne wenige Eigentümer so betroffen werden, dass sie ein allzu grosses Opfer zu Gunsten des Gemeinwesens bringen müssten, wenn sie keine Entschädigung erhielten ( BGE 89 I 385 mit Verweisungen). Dem Fall, wo in das Eigentum in ausserordentlich schwerer Weise eingegriffen wird, sodass dem Eigentümer eine wesentliche aus dem Eigentum BGE 95 I 453 S. 461 folgende Befugnis entzogen wird, und eine Entschädigung immer geschuldet ist, steht also der andere gegenüber, wo dem Eigentümer zwar keine wesentlichen aus dem Grundeigentum folgenden Befugnisse entzogen werden, er aber in der Ausübung seiner Eigentumsrechte erheblich eingeschränkt wird und eine Entschädigung nur dann beanspruchen könnte, wenn er mit deren Ablehnung im Verhältnis zu andern Grundeigentümern rechtsungleich behandelt würde ( BGE 91 I 339 ). Die Belastung des Grundeigentums mit Baulinien führt als baupolizeiliche Massnahme in der Regel nicht zu einer Ersatzpflicht. Sie erfüllt den Tatbestand der materiellen Enteignung nur, wenn sie für den Eigentümer im Sinne der Rechtsprechung eine besondere Belastung darstellt, wie etwa dann, wenn sie zur Schaffung besonderer Parkierungsflächen, Haltestellen für öffentliche Verkehrsmittel, Traminseln usw. dienen soll, oder wenn das Grundstück durch zwei oder mehrere Baulinien so zerschnitten wird, dass darauf nicht mehr oder nicht mehr wirtschaftlich gebaut werden kann ( BGE 93 I 343 ; IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung Bd. 1 Note 357 III. d; WIEDERKEHR a.a.O. S. 83; SAUTTER, Expropriationsentschädigung und Baulinie in: Rechtsprobleme von Stadtgemeinden, 1961, S. 137; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. Mai 1967, abgedruckt in Blätter für zürcherische Rechtsprechung Bd. 66, 1967, No. 172). An derartige Eigentumsbeschränkungen hat sich der Eigentütümer regelmässig auch dann zu halten, wenn keine Baulinien gezogen werden. Denn die zweckmässige Überbauung einer an einen Weg stossenden Liegenschaft ist regelmässig nur möglich, wenn die Baute vom Strassenrand zurückgenommen wird. Das gilt im besondern, wenn der Bauherr Abstellplätze zu schaffen hat. Die von der Beschwerdeführerin zu beachtende Baulinie erfüllt keine der beiden Voraussetzungen für eine materielle Enteignung. Sie liegt 6 m von der Grenze zum Kohlenweg zurück und hat zur Folge, dass rund 500 m2 der 10 038 m2 haltenden Parzelle oder ungefähr der 20. Teil derselben nicht überbaut werden kann. Sie ist zwar neu. Doch hätte die Beschwerdeführerinauch ohneBaulinie die normalen Grenzabstände von 7 m auf der Längsseite und 5 m seitlich beachten müssen (Art. 31 der Bauordnung). Der Behauptung der Beschwerdeführerin, dass unter Umständen auf die Grenze hätte gebaut BGE 95 I 453 S. 462 werden dürfen (Art. 31 lit. e und 36 der Bauordnung), ist entgegenzuhalten, dass dies nur möglich wäre, wenn bereits ein Gebäude auf dem benachbarten Grundstück an der March stünde, eine Voraussetzung, die hier nicht zutrifft. Ausserdem bedürfte es nach Art. 36 BO für Ausnahmen von der Bauordnung in der Industriezone einer baupolizeilichen Bewilligung, mit deren Erteilung nicht zum vornherein gerechnet werden darf, insbesondere dann nicht, wenn dem Eigentümer zum Bau genügend Land zur Verfügung steht. Es kommt hinzu, dass der Bauherr nach Art. 70 des Gesetzes über den Bau und Unterhalt der Strassen vom 2. Februar 1964 für genügend Abstellplätze zu sorgen hat, und dass solche Abstellplätze regelmässig nicht im Grundstück, sondern auf der der Strasse zu gerichteten Seite erstellt werden, wo sie von den Besuchern der Liegenschaft benützt werden können. Die Beschwerdeführerin hätte also auch bisher nicht an die Weggrenze bauen können, ohne die normale Benützung des Kohlenweges zu verunmöglichen. Die Beschränkung der Baufreiheit durch die auf das Grundstück der Beschwerdeführerin gelegte Baulinie stellt danach keine in Betracht fallende, zu Entschädigung berechtigende Einschränkung dar, sodass dafür eine Entschädigung nicht geschuldet ist.
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Sachverhalt ab Seite 302 BGE 104 II 302 S. 302 Karl Gloor ist Eigentümer der beiden Parzellen Nrn 449 und 450 im Weiler Tonhueb, Gemeinde Hefenhofen, die mit Wohnhäusern überbaut sind und keinen direkten Zugang zur Gemeindestrasse haben. Er beansprucht ein Fuss- und Fahrwegrecht BGE 104 II 302 S. 303 über die angrenzende Parzelle Nr. 448 des Jakob Diem. Am 6. April 1977 reichte er gestützt auf eine Weisung des Friedensrichteramtes Uttwil vom 11. März 1977 beim Bezirksgericht Arbon Klage ein mit folgendem Rechtsbegehren: "1. Es sei festzustellen, dass zu Gunsten von Parzelle Nr. 449/450 im Grundbuch Hefenhofen und zu Lasten von Parzelle Nr. 448 im Grundbuch Hefenhofen ein nördlich der Scheune Nr. 223 und südlich des Schopfes Nr. 232 von der Gemeindestrasse in gerader Richtung zu Parz. Nr. 449 verlaufendes Fuss- und Fahrwegrecht besteht; 2. es sei demnach das Grundbuchamt Uttwil anzuweisen, die Servitut gemäss Rechtsbegehren 1 zu Gunsten von Parzelle Nr. 449/450 und zu Lasten von Parzelle 448 im Grundbuch Hefenhofen einzutragen." Gloor berief sich auf Ersitzung nach früherem thurgauischem Privatrecht, auf Ausübung der beanspruchten Dienstbarkeit seit unvordenklicher Zeit und auf ausserordentliche Ersitzung im Sinne von Art. 662 in Verbindung mit Art. 731 Abs. 3 ZGB . Das Bezirksgericht Arbon hiess die Klage mit Urteil vom 23. November 1977 gut. Das Obergericht des Kantons Thurgau schützte eine gegen dieses Urteil eingereichte Berufung und wies die Klage ab. Mit rechtzeitig eingereichter Berufung stellt der Kläger dem Bundesgericht folgende Anträge: "1. Die Berufung sei gutzuheissen und das Urteil des Obergerichts des Kt. Thurgau vom 29. Juni/9. August 1978 aufzuheben. 2. Die Klage sei zu schützen, und es sei demnach 2.1. festzustellen, dass zu Gunsten von Parz. Nr. 449/450 im Grundbuch Hefenhofen und zu Lasten von Parz. Nr. 448 im Grundbuch Hefenhofen ein nördlich der Scheune Nr. 223 und südlich des Schopfes Nr. 232 von der Gemeindestrasse in gerader Richtung zu Parz. Nr. 449 verlaufendes Fuss- und Fahrwegrecht besteht; 2.2. das Grundbuchamt anzuweisen, die Servitut gemäss Rechtsbegehren 1 zu Gunsten von Parz. Nr. 449/450 und zu Lasten von Parz. Nr. 448 im Grundbuch Hefenhofen einzutragen. 3. Eventuell sei die Streitsache zur Feststellung des Notweganspruchs in der Linienführung gemäss Rechtsbegehren Ziff. 2.1. an die Vorinstanz zurückzuweisen." Der Beklagte und das Obergericht beantragen Abweisung der Berufung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Sodann wird mit der Berufung der ebenfalls von beiden kantonalen Instanzen verworfene Standpunkt wieder aufgenommen, die Dienstbarkeit sei durch ununterbrochene BGE 104 II 302 S. 304 und unangefochtene Ausübung seit unvordenklicher Zeit entstanden. Ob und allenfalls inwiefern das geltende Bundeszivilrecht diesen Entstehungsgrund für eine Dienstbarkeit kenne und zulasse (vgl. dazu LIVER, N. 141-148 zu Art. 731 ZGB und BGE 74 I 48 f. E. 3, je mit weiteren Hinweisen), mag indessen offen bleiben. Die Vorinstanz führt aus, dass nach Lehre und Rechtsprechung ununterbrochene und unangefochtene Ausübung der Dienstbarkeit während zwei Generationen bzw. während 80 Jahren erforderlich gewesen wäre, dass aber der Kläger einen entsprechenden Beweis nicht erbracht habe, und zwar auch nicht für den Fall, dass die erwähnte Dauer nicht vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zivilgesetzbuches an, sondern ab heute zurückzurechnen sein sollte. Die obergerichtliche Feststellung, eine 80jährige Ausübung des Fuss- und Fahrwegrechts sei nicht bewiesen, ist tatsächlicher Natur und demnach für das Bundesgericht verbindlich, zumal der Kläger nicht behauptet, sie sei unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen, und auch nichts auf ein offensichtliches Versehen hindeutet (vgl. Art. 63 Abs. 2 OG ). Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Vorinstanz auch dadurch kein Bundesrecht verletzt, dass sie vom Erfordernis einer 80jährigen Ausübungsdauer ausging. 3. Der Kläger ist schliesslich der Ansicht, das strittige Fuss- und Fahrwegrecht sei jedenfalls unter der Herrschaft des Zivilgesetzbuches - im Sinne von Art. 662 in Verbindung mit Art. 731 Abs. 3 ZGB - ersessen worden, da für Hefenhofen kein bereinigtes Register bestehe, das auch über die auf einem Grundstück lastenden altrechtlichen Dienstbarkeiten erschöpfend Aufschluss gebe, und das Grundstück des Beklagten somit im Sinne von Art. 662 Abs. 1 ZGB als "nicht im Grundbuch aufgenommen" zu gelten habe. Er befindet sich damit in Einklang mit einem Teil von Lehre und Rechtsprechung (vgl. LIVER, N. 94 und 162-165 zu Art. 731 ZGB ; LIVER, Das Eigentum, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1 S. 155; BROGGINI, Intertemporales Privatrecht, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. I S. 506; TOBLER, Die dinglichen Rechte des Zivilgesetzbuches, dargestellt am Beispiel der Leitungen, Berner Diss. 1953, S. 80;, Urteile des Kantonsgerichtsausschusses von Graubünden vom 30. Juni 1944, 10. Januar 1951 und 21. März 1967, wiedergegeben in: Praxis des Kantonsgerichtes von Graubünden 1944 Nr. 28, 1951 Nr. 27 und 1967 Nr. 29; Urteil des BGE 104 II 302 S. 305 Kantonsgerichtes Wallis vom 25. Mai 1971, wiedergegeben in: SJZ 71/1975 S. 12 Nr. 6). Die vom Kläger und der erwähnten Lehre und Rechtsprechung vertretene Auffassung wird indessen dem - beispielsweise in den Art. 41 Abs. 2 und 46 SchlT ZGB zum Ausdruck kommenden - Gedanken nicht gerecht, die Wirkungen des eidgenössischen Grundbuches - wenn auch unter Umständen nur schrittweise - möglichst schnell eintreten zu lassen. So ist einer kantonalen Publizitätseinrichtung, die die Voraussetzungen erfüllt, wenigstens bezüglich der Zeit seit dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches Grundbuchwirkung im Sinne von Art. 48 Abs. 1 und 2 SchlT ZGB zuzuerkennen, solange die Bereinigung der einzutragenden altrechtlichen Dienstbarkeiten noch aussteht und die Wirkung zugunsten des gutgläubigen Dritten noch nicht eintreten kann ( Art. 48 Abs. 3 SchlT ZGB ). Das Grundstück des Beklagten ist im provisorischen Grundbuch eingetragen, das mit Wirkung ab 1. Januar 1912 angelegt wurde und unter anderem ein Eigentümerverzeichnis sowie ein Manual und Protokoll über die Dienstbarkeiten und Grundlasten umfasst (vgl. § 129, § 131 in Verbindung mit § 128 Abs. 1 lit. b und § 132 des thurgauischen Gesetzes betreffend die Einführung des schweizerischen Zivilgesetzbuches; EG zum ZGB). Jedes Grundstück ist von Amtes wegen in dieses Grundbuch aufzunehmen (§ 132 EG zum ZGB), und § 128 Abs. 4 EG zum ZGB bestimmt, dass den Eintragungen in das Manual bezüglich Entstehung, Übertragung, Umänderung und Untergang der dinglichen Rechte Grundbuchwirkung zukomme. Daraus erhellt, dass im Kanton Thurgau seit dem 1. Januar 1912 Dienstbarkeiten, für die das Bundeszivilrecht die Eintragung verlangt, anders nicht mehr begründet werden können und dass das provisorische Grundbuch somit lückenlos über diese unter der Herrschaft des Zivilgesetzbuches errichteten beschränkten dinglichen Rechte Aufschluss gibt. In diesem Umfang ist dem thurgauischen Grundbuch deshalb Grundbuchwirkung im Sinne von Art. 48 Abs. 1 und 2 SchlT ZGB zuzuerkennen. Dass dem kantonalen Zivilrecht das Eintragungsprinzip fremd gewesen sein soll, vermag daran entgegen der Ansicht des Klägers nichts zu ändern. Die Vorinstanz hat nach dem Gesagten zu Recht dafür gehalten, das Grundstück des Beklagten habe als im Sinne von Art. 662 ZGB in das Grundbuch aufgenommen zu gelten, so BGE 104 II 302 S. 306 dass für eine ausserordentliche Ersitzung des vom Kläger beanspruchten Fuss- und Fahrwegrechts seit dem 1. Januar 1912 kein Raum mehr sei (im gleichen Sinne auch verschiedene Urteile aus den Kantonen Zürich, Luzern und St. Gallen - deren Publizitätseinrichtungen ähnlich ausgestaltet sind wie im Thurgau -, wiedergegeben in: ZBGR 42/1961, S. 206; SJZ 58/1962, S. 232 Nr. 139; St. Gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 1976, Nr. 22; dazu auch HUBER/MUTZNER, System und Geschichte des schweizerischen Privatrechts, 2. A., S. 268; PFISTER, Die Ersitzung nach schweizerischem Recht, Zürcher Diss. 1931, S. 56 Anm. 10). 4. Im kantonalen Verfahren hat der Kläger hilfsweise die Einräumung eines Notwegrechts zu Lasten des beklagtischen Grundstücks verlangt. Das Obergericht hat es abgelehnt, auf dieses Begehren einzutreten, weil der Kläger die Entschädigungsfrage nicht zum Gegenstand des Prozesses gemacht habe. Diese Betrachtungsweise verstösst nicht gegen Bundesrecht. Wohl hat das Bundesgericht in BGE 101 II 320 E. 5 ausgeführt, die Begründung eines Notwegrechts setze nicht die vorgängige Bezahlung einer Entschädigung voraus. Es hat darin aber klargestellt, dass die Entschädigung spätestens bei der Eintragung des Notwegrechts im Grundbuch zu leisten sei. Auch der Wortlaut von Art. 694 Abs. 1 ZGB , wonach ein Notweganspruch nur gegen volle Entschädigung zuerkannt werden kann, setzt voraus, dass die Entschädigungsfrage spätestens mit dem Urteil über den Notweganspruch geregelt wird. Liegt darüber keine Vereinbarung vor und hat der Ansprecher die Entschädigungsfrage nicht zum Gegenstand des Prozesses gemacht, so ist der Richter zwangsläufig ausserstande, einen Notweganspruch abschliessend zu beurteilen. Die Berufung erweist sich somit auch in diesem Punkt als unbegründet.
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075cd035-0740-490f-8848-85f43ee7aec9
Sachverhalt ab Seite 28 BGE 99 II 28 S. 28 A.- Anton Broder erwarb im Jahre 1969 die in der Gemeinde Valzeina gelegene Hüschiweid, die auf eine Länge von ca. 800 m an das Stamserälpli grenzt, das heute im Eigentum der Erben des Andreas Hartmann steht. Beide Liegenschaften bestehen aus Weide und Wald. Die Rechtsvorgänger Broders hatten die Hüschiweid bewirtschaftet BGE 99 II 28 S. 29 und mit Vieh bestossen. Um zu verhindern, dass das Vieh sich auf das Stamserälpli verlaufe und dort Schaden anrichte, hatten sie auf der Grenze gegen das Stamserälpli einen etwa 800 m langen Zaun errichtet. Anton Broder, der nicht Landwirt ist, unterhielt nach dem Erwerb der Hüschiweid den Zaun nicht mehr. Am 6. Juli 1970 verlangte Andreas Hartmann beim Kreisamt Seewis, es sei gegen Anton Broder ein Amtsbefehl zu erlassen, damit dieser den Zaun längs der beiden Liegenschaften unterhalte. Das Kreisamt lehnte das Gesuch ab und wies den Gesuchsteller auf den Zivilweg. Hartmann leitete in der Folge beim Kreisamt Seewis ein Verfahren betreffend ausserordentliche Ersitzung ein, in dem er beantragte, es sei zugunsten des Stamserälpli und zulasten der Hüschiweid eine Zaunpflicht entlang der Grundstückgrenze als Grundlast im Grundbuch der Gemeinde Valzeina einzutragen. Broder erhob dagegen Einsprache, worauf ihm das Kreisamt Seewis eine bis zum 2. April 1971 laufende Frist zur Klageerhebung beim ordentlichen Richter ansetzte. B.- Am 29. März 1971 stellte Anton Broder beim Vermittleramt Seewis ein Sühnbegehren gegen Andreas Hartmann. Nach erfolglosem Sühnversuch leitete Broder beim Bezirksgericht Unterlandquart Klage ein mit dem Rechtsbegehren, es sei gerichtlich festzustellen, dass das vom Beklagten zugunsten des Stamserälpli und zulasten der Hüschiweid beanspruchte beschränkt dingliche Recht auf Zäunung nicht bestehe und es sei demzufolge der vom Beklagten anbegehrte Eintrag im Grundbuch der Gemeinde Valzeina zu verweigern. Am 15. August 1971 starb Andreas Hartmann, worauf seine Erben in den Prozess eintraten. Das Bezirksgericht Unterlandquart wies die Klage am 13. Oktober 1971 ab, im wesentlichen mit der Begründung: Die Rechtsvorgänger des Klägers hätten seit 1935 ununterbrochen gezäunt; Andreas Hartmann habe diese Leistung während über dreissig Jahren unangefochten entgegengenommen und damit die Zäunungspflicht zugunsten des Stamserälpli und zulasten der Hüschiweid als Grundlast (ausserordentlich) ersessen. Gegen dieses Urteil erhob der Kläger Berufung. Das Kantonsgericht Graubünden hiess mit Urteil vom 22./23. Juni 1972 die Berufung gut und stellte fest, dass zulasten der Hüschiweid und zugunsten des Stamserälpli keine Grundlast im Sinne einer BGE 99 II 28 S. 30 Zäunungspflicht bestehe. Zur Begründung führte das Gericht im wesentlichen aus: Grundlasten könnten zwar (auch ausserordentlich) ersessen werden, doch seien an derartige Ersitzungen strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere tauge jener Rechtsbesitz nicht zur Ersitzung, welcher mit der Erfüllung von Verpflichtungen gegeben sei, die sich für den Nachbarn aus unmittelbar gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen ergäben. Ein Grundeigentümer habe sich bei der Ausübung seines Eigentums schon von Gesetzes wegen jeder übermässigen Einwirkung auf das Eigentum des Nachbarn zu enthalten. Die Zäunungspflicht sei hier nur die Folge dieser nachbarrechtlichen Obliegenheiten. Sie gebe dem Eigentümer des Stamserälpli keinen Anspruch darauf, dass der Eigentümer der Hüschiweid einen Zaun errichte, sondern nur darauf, dass er mögliche Störungen unterlasse. Der Rechtspflicht des Klägers, Störungen zu unterlassen, stehe also nicht ein subjektives Recht der Beklagten auf Leistung gegenüber. Die Leistungspflicht könne somit auch nicht Gegenstand einer Grundlast sein. Wenn infolge Änderung der Eigentumsausübung die bisher bestehende Gefahr übermässiger Einwirkungen auf das Stamserälpli aufhöre, entfalle auch die Zäunungspflicht, bzw. die Rechtspflicht des Klägers, Massnahmen zu treffen, um die entsprechenden Einwirkungen zu verhindern. - Auf Grund der Zeugenaussagen stehe eindeutig fest, dass die jeweiligen Eigentümer der Hüschiweid nur darum den Zaun erstellt hätten, damit das Vieh sich nicht auf das Stamserälpli verlaufe und dort Schaden anrichte. Eine Zäunungspflicht bestehe somit nur unter der Voraussetzung, dass die Hüschiweid mit Vieh bestossen werde. Die über dreissigjährige ununterbrochene und unangefochtene Entgegennahme der Zäunung durch Hartmann gebe diesem keinen Rechtsbesitz an der Leistung. Ohne solchen Rechtsbesitz, bzw. ohne tatsächliche Ausübung eines Rechts, sei aber eine Ersitzung nicht möglich. C.- Gegen dieses Urteil erklären die Beklagten Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag auf Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt die Abweisung der Berufung. Das Kantonsgericht macht in seiner Vernehmlassung Ausführungen zum Streitwert und zur Rechtsfrage. Es weist ferner darauf hin, dass es vom Standpunkt der Gerechtigkeit und Billigkeit aus stossend wäre, wenn ein Grundeigentümer, der während dreissig Jahren einen Zaun unterhielt, um Nachbarn BGE 99 II 28 S. 31 vor Schaden zu bewahren, sich zur Belohnung dafür die dingliche Belastung seines Grundstücks mit einer Grundlast gefallen lassen müsste. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Eine Einfriedung kann mannigfachen Zwecken dienen; sie kann zum Beispiel bestimmt sein, das Entlaufen des weidenden Viehs oder das Eindringen von Wild oder fremdem Vieh zu verhindern, fremden Personen den Zutritt oder den Einblick zu verwehren, gefährliche Stellen zur Verhütung von Unfällen abzuschirmen, den Kulturen einen Windschutz zu verschaffen, das Erdreich vor Abschwemmungen zu bewahren usw. (dazu LEEMANN und HAAB, je N. 1 zu Art. 697 ZGB ). Im vorliegenden Fall stellt die Vorinstanz auf Grund einer Würdigung der Zeugenaussagen "eindeutig fest, dass die jeweiligen Eigentümer der Hüschiweid nur darum den Zaun erstellten, damit sich ihr Vieh nicht auf das Nachbargrundstück verlaufe und dort Schaden anrichte", bzw. dass die Zäunung "nur erfolgte, damit das Vieh sich nicht auf das Stamserälpli verlaufe und dort Schaden anrichte". Dies ist eine im Rahmen der Beweiswürdigung getroffene Feststellung tatsächlicher Art. Dass sie unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustandegekommen sei oder offensichtlich auf Versehen beruhe, behaupten die Beklagten nicht. Das Bundesgericht ist deshalb an diese Feststellung gebunden und hat sie seinem Entscheid zugrunde zu legen ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Soweit die Beklagten in der Berufungsschrift geltend machen, die Zäunung diene auch insoweit den wirtschaftlichen Bedürfnissen ihres Grundstücks, als sie verhindert habe, dass Vieh vom Stamserälpli auf die Hüschiweid gelange, wenden sie sich gegen verbindliche Feststellungen der Vorinstanz und versuchen sie, dem Entscheid einen andern als den vom Kantonsgericht festgestellten Tatbestand zugrunde zu legen. Dies ist nicht zulässig. Es ist im vorliegenden Verfahren also davon auszugehen, dass die Rechtsvorgänger des Klägers den Zaun einzig und allein deshalb errichteten, um zu verhindern, dass ihr Vieh aus ihrem Grundstück weglaufe, das heisst dass es aus der Hüschiweid auf das Stamserälpli eindringe und dort Schaden anrichte. Zu prüfen ist, ob eine zu diesem (einzigen) Zweck errichtete Einfriedung überhaupt Gegenstand einer Grundlast sein könne. 3. a) Das Recht zur Einfriedung des Grundeigentums BGE 99 II 28 S. 32 wird im Gesetz zwar nicht ausdrücklich erwähnt, gilt aber als selbstverständlich und als bundesrechtlich gewährleistet ( BGE 56 I 271 ; LEEMANN, N. 3 und HAAB, N. 2 zu Art. 697 ZGB ; NEUENSCHWANDER, Die Leistungspflichten der Grundeigentümer im französischen Code civil und im schweizerischen ZGB unter besonderer Berücksichtigung des Nachbarrechts, Diss. Bern 1966, S. 338). Über die Einfriedungspflicht befinden die Kantone ( Art. 697 Abs. 2 ZGB ; BGE 88 II 268 E. 5). Soweit sie darüber Bestimmungen erlassen haben, sehen sie die Einfriedungspflicht in der Regel vor für Grundstücke mit Weidebetrieb (LEEMANN, N. 11 und HAAB, N. 3 zu Art. 697 ZGB ; NEUENSCHWANDER, a.a.O. S. 346 ff). Das angefochtene Urteil sagt nicht, dass das kantonale Recht den Rechtsvorgängern des Klägers vorgeschrieben habe, ihr Grundstück einzuzäunen. Nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beklagten hat der Kanton Graubünden keine Vorschriften über die Zaunpflicht erlassen. Dass eine entsprechende Pflicht sich aus kommunalen Bestimmungen ergäbe, ist den Akten nicht zu entnehmen. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Einfriedungspflicht aber auch aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen hervorgehen. b) Der Grundeigentümer darf seine aus dem Grundeigentum erwachsenden Befugnisse nicht unbegrenzt, sondern nur innerhalb jener Schranken ausüben, welche die Rechtsordnung im Interesse der Öffentlichkeit und des nachbarlichen Zusammenlebens aufgestellt hat. Seine Eigentumsherrschaft reicht nur soweit, als sie mit den ihm obliegenden Pflichten vereinbar ist. Der Eigentumsinhalt wird nicht nur umschrieben durch die Art. 667 ff. ZGB , sondern durch die ganze Rechtsordnung. Diese gebietet dem Grundeigentümer ganz allgemein, seinen Grund und Boden so zu bewerben, dass Schädigungen Dritter ausgeschlossen sind (MEIER-HAYOZ, N. 22 zu Art. 641 und N. 76 zu Art. 679 ZGB ; LEEMANN, N. 6 und 10 und HAAB, N. 4 zu Art. 679 ZGB ; KOLB, Die Haftung des Grundeigentümers nach Art. 679 ZGB , ZSR 1952 S. 106 a, 121 a und 122 a). Insbesondere braucht sich der Nachbar keine ungerechtfertigte Einwirkung auf sein Grundstück gefallen zu lassen ( Art. 641 Abs. 2 ZGB ). Ungerechtfertigt und von der Rechtsordnung schlechthin verpönt ist eine Einwirkung immer dann wenn sie eine unmittelbare ist und somit einer Besitzesstörung im Sinne von Art. 928 ZGB gleichkommt (z.B. das Betreten eines Grundstücks), BGE 99 II 28 S. 33 es sei denn, der Störer könne sich zu seiner Rechtfertigung auf eine besondere gesetzliche Vorschrift oder auf ein dingliches oder vertragliches Recht berufen ( BGE 95 II 401 , BGE 88 II 265 ; MEIER-HAYOZ, N. 63 zu Art. 641 ZGB ; HAAB, N. 11 zu Art. 684 ZGB ; KOLB, a.a.O. S. 141 a; BACHMANN, Die nachbarliche Überschreitung des Grundeigentumsrechts, Diss. Bern 1937, S. 86). Entsteht durch eine solche Einwirkung auf dem Nachbargrundstück ein Schaden, so hat der Nachbar nach Art. 41 OR Anspruch auf Schadenersatz (STARK, N. 46 zu Art. 928 ZGB mit Verweisungen). Eine unmittelbare Einwirkung auf das Nachbargrundstück kann auch durch das Eindringen von Tieren bewirkt werden. Wer sein Vieh auf fremdem Boden weiden lässt, verletzt daher das Eigentumsrecht des Nachbarn und macht sich nach Art. 56 OR haftbar (MEIER-HAYOZ, N. 19 zu Art. 679 ZGB ; L'HUILLIER, La responsabilité du propriétaire foncier selon l'art. 679 du CCS, ZSR 1952 S. 22 a). c) Die Rechtsvorgänger des Klägers waren somit verpflichtet, beim Bestossen der Hüschiweid mit Vieh darauf zu achten, dass das Nachbargrundstück nicht beeinträchtigt werde. Wie sie das taten, war ihre Sache. Sie hätten Hirten anstellen und diese Tag und Nacht darüber wachen lassen können, dass ihr Vieh sich nicht auf das angrenzende Stamserälpli verlaufe. Wenn sie statt dessen einen Zaun errichteten, erfüllten sie auf diese Weise die ihnen von der Rechtsordnung vorgeschriebene Pflicht, ihr Eigentum so zu bewerben, dass daraus den Nachbarn kein Schaden erwächst. Die Erstellung des Zaunes durch die Rechtsvorgänger des Klägers stellte demnach eine Sicherungsvorkehr dar, die bei der damaligen Art der Eigentumsnutzung (Weidenlassen von Vieh ohne dauernde Beaufsichtigung) durch die allgemeine Rechtsordnung vorgeschrieben war. 4. Nach Rechtsprechung und Lehre kann die Unterlassung von Handlungen, die ohnehin schon durch das Gesetz (z.B. durch das Nachbarrecht) eindeutig verboten sind, nicht zum Gegenstand einer Dienstbarkeit gemacht werden, weil der Berechtigte kein Interesse daran haben kann, ein Recht, das ihm schon von Gesetzes wegen eindeutig zusteht, noch als Dienstbarkeit zu erwerben oder zu sichern (LIVER, N. 90 und 93 ff. zu Art. 730 ZGB mit Verweisungen; PFISTER, Der Inhalt der Dienstbarkeit, ZSR 1933 S. 341 ff; vgl. auch BGE 84 I 131 ; DESCHENAUX, Les restrictions légales de la propriété BGE 99 II 28 S. 34 foncière et le registre foncier, ZBGR 1957 S. 329; AUER, Die Prüfungspflicht des Grundbuchverwalters, Diss. Bern 1932 S. 65). Analog verhält es sich mit der Grundlast. Pflichten, die ohne Zweifel schon von Rechts wegen bestehen, können demnach nicht zum Gegenstand einer Grundlast gemacht werden. Das Grundbuch soll nicht mit Eintragungen belastet werden, die lediglich bereits bestehende gesetzliche Pflichten bestätigen. In diesem Sinne hat der Bundesrat schon im Jahre 1918 entschieden (SJZ 1917/18 S. 243 f). Im vorliegenden Fall war den Rechtsvorgängern des Klägers die Erstellung des Zauns schon durch die allgemeine Rechtsordnung vorgeschrieben. Diese Pflicht kann daher nicht Gegenstand einer Grundlast sein. Somit hat die Vorinstanz die Klage zu Recht gutgeheissen. Ob eine Grundlast (ausserordentlich) ersessen werden könne, muss unter diesen Umständen nicht geprüft werden.
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Sachverhalt ab Seite 235 BGE 96 I 234 S. 235 A.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich erliess am 3. Juli 1969 gestützt auf § 182 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch (EGZGB) eine "Verordnung zum Schutze des Bachsertales" (im folgenden: Schutzverordnung). Darin wird praktisch das gesamte Gebiet der Gemeinde Bachs "zur Erhaltung der Landschaft in ihrer Gesamtwirkung und zur Wahrung der ländlichen Eigenart des Ortsbildes des Dorfes Bachs" als geschützt erklärt (§ 1 der Schutzverordnung). Das Schutzgebiet ist in vier Zonen eingeteilt: I. Zone: Naturschutzgebiet II. Zone: Landwirtschaftsgebiet III. Zone: Baugebiet (Bauten mit Bewilligung der Baudirektion) IV. Zone: Wald. Der Schutzverordnung ist ein Zonenplan beigegeben, der Bestandteil der Verordnung ist (§ 2 der Schutzverordnung). Gemäss § 5 ff. der Schutzverordnung sind im Landwirtschaftsgebiet (Zone II) Bauten nur zulässig, soweit sie für die Ausübung der herkömmlichen Land- und Waldwirtschaft notwendig sind und sich zudem gut in das Landschaftsbild einfügen. Dabei bedürfen alle Vorkehrungen und Einrichtungen, die im Landschaftsbild in Erscheinung treten, einer Bewilligung der Direktion der öffentlichen Bauten. Was das Baugebiet (Zone III) anbelangt, so bestimmt § 10 der Schutzverordnung, dass Bauten mit Bewilligung der Direktion der öffentlichen Bauten zulässig seien, dass aber die in § 8 festgelegten Bach- und Waldabstände zu beachten seien. - Die Gemeinde Bachs zählt gegenwärtig 430 Einwohner, wovon nicht ganz die Hälfte auf Aussenhöfen wohnt. Das im Zonenplan ausgeschiedene Baugebiet umfasst einschliesslich des heute bereits überbauten Gebiets 25 ha und soll es ermöglichen, rund 1000 Personen in Einfamilienhäusern anzusiedeln. Die neu geschaffenen Baugebiete liegen - am Südhang westlich von Neu-Bachs und nördlich der Kantonsstrasse Bachs-Kaiserstuhl/AG (Baugebiet I), BGE 96 I 234 S. 236 - westlich der Verbindungsstrasse Alt-Bachs-Kantonsstrasse, im wesentlichen auf ebenem Gelände (Baugebiet II), - südlich von Alt-Bachs auf einem leicht nach Norden geneigten Gelände (Baugebiet III). Das Baugebiet II soll sich nach Ansicht der kantonalen Behörden auch zur Ansiedlung von gewerblichen Betrieben eignen. B.- Die Gemeinde Bachs führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV und der Gemeindeautonomie (Art. 48 KV). Sie stellt folgende Anträge: "1. Die Verordnung zum Schutze des Bachsertales vom 3. Juli 1969 mit zugehörigem Zonenplan sei aufzuheben. 2. Eventuell: Die Verordnung zum Schutze des Bachsertales vom 3. Juli 1969 mit zugehörigem Zonenplan seien mit Bezug auf die III. Zone (Bauten mit Bewilligung der Direktion der öffentlichen Bauten) aufzuheben. 3. Eventuell: Der Bestandteil der Verordnung zum Schutze des Bachsertales vom 3. Juli 1969 bildende Zonenplan sei insoweit aufzuheben, als die sogenannte "Eichgass" (= Tobel im Südwesten des Dorfteiles Alt-Bachs, beim Eichhof) der Zone I (Naturschutzgebiet) zugeschieden wird." Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit notwendig, aus den nachfolgenden Erwägungen. C.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. D.- Eine Instruktionskommission des Bundesgerichts hat am 9. März 1970 mit den Parteien einen Augenschein durchgeführt. Für dessen Ergebnis wird auf die nachstehenden Erwägungen verwiesen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Eine Gemeinde ist nach ständiger Rechtsprechung zur Autonomiebeschwerde legitimiert, wenn der kantonale Erlass oder Entscheid sie in ihrer Eigenschaft als Trägerin hoheitlicher Gewalt trifft und sie mit hinreichender Begründung eine Verletzung der Gemeindeautonomie rügt ( BGE 95 I 36 mit Hinweisen). Nach Art. 48 zürch. KV sind die Gemeinden befugt, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der Verfassung und Gesetze selbständig zu ordnen. Die Beschwerdeführerin gehört zu denjenigen zürcherischen Gemeinden, deren Gebiet dem kantonalen Baugesetz für Ortschaften mit städtischen BGE 96 I 234 S. 237 Verhältnissen vom 23. April 1893 (BG) unterstellt ist und die nach § 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 68 a dieses Gesetzes ermächtigt sind, eine Bauordnung mit oder ohne Zonenplan zu erlassen (vgl. BGE 93 I 157 ff., insbesondere 161 [Volketswil]). Die angefochtene Schutzverordnung vom 3. Juli 1969 schränkt diese Befugnisse erheblich ein; sie trifft die Beschwerdeführerin mithin als Gesetzgeberin und damit als Trägerin hoheitlicher Gewalt. Die Autonomiebeschwerde ist deshalb zulässig. 2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Regierungsrat habe ihr dadurch, dass er sie vor dem Erlass der Schutzverordnung nicht angehört habe, das rechtliche Gehör verweigert. Käme dieser Rüge selbständige Bedeutung zu, so könnte darauf nicht eingetreten werden, denn die Gemeinde ist nach ständiger Rechtsprechung nicht zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV legitimiert ( BGE 94 I 455 f. mit Hinweisen; vgl. auch das heutige Urteil i.S. Commune de Villars-sur-Glâne, Erw. 2 a). Die Beschwerdeführerin erhebt den Vorwurf der Gehörsverweigerung jedoch ausdrücklich im Zusammenhang mit der behaupteten Verletzung der Gemeindeautonomie; er ist deshalb materiell zu prüfen. Die Beschwerdeführerin geht davon aus, der Gemeinde wie dem Bürger stehe im Rechtsetzungsverfahren mindestens dann ein Anspruch auf rechtliches Gehör zu, wenn dabei in schwerwiegender Weise in den Autonomiebereich eingegriffen bzw. einschneidende Eigentumsbeschränkungen erlassen würden. Was das in Art. 4 BV begründete rechtliche Gehör des Bürgers bzw. Grundeigentümers anbelangt, so hat das Bundesgericht in seinem Urteil vom 11. September 1963 i.S. Basler Terraingesellschaft AG (abgedruckt in ZBl 65/1964, S. 216 ff.) erkannt, es bestehe in bezug auf die materielle Rechtsetzung im Sinne des Erlasses genereller und abstrakter Normen grundsätzlich kein derartiger Anspruch; es rechtfertige sich jedoch, die Grundeigentümer im Zusammenhang mit dem Erlass eines städtischen Bebauungsplans mit Rücksicht auf dessen fehlende Abstraktheit anzuhören, und zwar unbekümmert darum, ob es sich bei diesem Zonenplan um einen allgemein verbindlichen Erlass oder um eine Summe von Einzelverfügungen handle. Dabei hat das Bundesgericht insbesondere darauf hingewiesen, dass der Grundeigentümer in der Lage sei, wesentliches zur Sachabklärung und damit zu einer angemessenen Lösung beizutragen. BGE 96 I 234 S. 238 Im BGE 90 I 338 /39 (Verordnung zum Schutze des Sempachersees) hat sich das Bundesgericht indessen gefragt, ob die im Zusammenhang mit dem Erlass eines städtischen Bebauungsplans angestellten Überlegungen ohne weiteres auf den Erlass einer Schutzverordnung mit regionaler Bedeutung und entsprechend zahlreichen betroffenen Grundeigentümern übertragen werden dürften und ob an der im erwähnten Basler Entscheid begründeten Rechtsprechung angesichts der dagegen vorgebrachten Kritik überhaupt festgehalten werden könne. Es hat jedoch beide Fragen mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des damals zu beurteilenden Falles offen lassen können. - Ob und gegebenenfalls wie eine Gemeinde anzuhören ist, wenn kantonale planungsrechtliche Vorschriften erlassen werden, die ihr Gebiet zum Gegenstand haben und die in ihren Autonomiebereich eingreifen, hat das Bundesgericht bisher nicht entschieden (im Zusammenhang mit der Eintretensfrage offen gelassen im BGE vom 16. Oktober 1968 i.S. Commune de Grandson, Erw. 8, nicht publ.). Anders als in den Entscheiden i.S. Basler Terraingesellschaft (ZBl 65/1964 S. 216 ff.) und Sempachersee ( BGE 90 I 334 ff.) stehen sich in solchen Fällen ausschliesslich öffentliche Interessen gegenüber, nämlich das Planungsinteresse des Kantons einerseits und das Interesse der Gemeinde an der Erfüllung originärer und übertragener Gemeindeaufgaben anderseits. Bei der gegenseitigen Abwägung derselben können nicht die gleichen Überlegungen angestellt werden, wie wenn es zu entscheiden gilt, ob das private Interesse des Grundeigentümers am Verzicht auf eine Eigentumsbeschränkung das öffentliche Interesse an der Orts- und Regionalplanung bzw. am Landschaftsschutz überwiegt (vgl. BGE 94 I 549 Erw. 5 a [Grandson] und den heutigen Entscheid i.S. Stucki, der ebenfalls die von der Beschwerdeführerin angefochtene Schutzverordnung zum Gegenstand hat). Das gleiche gilt in bezug auf die Frage des rechtlichen Gehörs; ob der Gemeinde im Zusammenhang mit dem Erlass kantonalrechtlicher Planungsvorschriften ein derartiger Anspruch zusteht, beurteilt sich grundsätzlich nach andern Gesichtspunkten, als wenn der private Grundeigentümer geltend macht, dieses Recht komme ihm unmittelbar gestützt auf Art. 4 BV zu. Es mag deshalb auch heute offen bleiben, ob fortan an der mit dem Entscheid i.S. Basler Terraingesellschaft AG vom 11. September BGE 96 I 234 S. 239 1963 begründeten Rechtsprechung in allen Teilen festgehalten werden kann. Nach § 68 a BG steht es der Beschwerdeführerin frei, ob sie eine Bauordnung mit oder ohne Zonenplan erlassen will oder nicht. Sie ist auf diesem Gebiet "selbständig" im Sinne von Art. 48 KV und damit autonom ( BGE 93 I 161 [Volketswil]). Diese Entscheidungsfreiheit wird erheblich eingeschränkt, wenn der Regierungsrat beinahe das ganze Gemeindegebiet gestützt auf § 182 EG/ZGB unter Landschaftsschutz stellt und eine Zonenordnung mit weitreichenden Baubeschränkungen aufstellt. Diese hoheitliche Umschreibung der Baugebiete ist geeignet, sich auf die Weiterentwicklung der Gemeinde entscheidend auszuwirken; sie kann der Ansiedlung neuer Einwohner und Gewerbe unter Umständen hinderlich sein und der Gemeinde erhebliche finanzielle Lasten (inbesondere im Zusammenhang mit einer allfällig notwendigen Erschliessung) auferlegen. Soll die Gemeindeautonomie ihrer Schutzfunktion, wie sie ihr nach der Verfassung und nach der neueren Rechtsprechung zukommt, genügen können, so darf in ihr nicht bloss der verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkt für die Anfechtung und Aufhebung eines zu ihr im Widerspruch stehenden kantonalrechtlichen Erlasses erblickt werden; sie schliesst vielmehr auch ein gewisses Mitspracherecht in sich, welches es der Gemeinde ermöglichen soll, sich im Zusammenhang mit dem Erlass der in ihren Autonomiebereich eingreifenden Vorschriften in angemessenem Umfang vernehmen zu lassen. Dieser Anspruch auf rechtliches Gehör findet seine verfassungsmässige Grundlage mithin nicht in Art. 4 BV , sondern in der Gemeindeautonomie selbst, ja ist mit ihr untrennbar verbunden. Der Regierungsrat glaubt demnach zu Unrecht, ein derartiger Rechtsanspruch stehe der Beschwerdeführerin von verfassungswegen nicht zu. In welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt die Gemeinde anzuhören ist, braucht indessen im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Die Vertreter der Beschwerdeführerin wurden vor dem Erlass der angefochtenen Schutzverordnung zu einer Besprechung eingeladen. Diese fand am 27. Juni 1969 in Zürich statt; vonseiten der Beschwerdeführerin nahmen daran der Gemeindepräsident, der Gemeinderatsschreiber sowie vier Mitglieder des Gemeinderats teil. Der Gemeindepräsident BGE 96 I 234 S. 240 erklärte bei diesem Anlass, die Gemeinde widersetze sich den Plänen des Regierungsrats. Von einer Verweigerung des rechtlichen Gehörs kann daher nicht gesprochen werden; die bezügliche Rüge ist unbegründet. 3. § 182 EG/ZGB ermächtigt den Regierungsrat zum Erlass von Schutzverordnungen im Interesse des Natur- und Heimatschutzes. Diese Befugnis schränkt die Gemeindeautonomie ein, denn diese besteht gemäss Art. 48 KV bloss im Rahmen der durch Verfassung und Gesetzgebung gezogenen Schranken (vgl. BGE 93 I 158 ). Die Beschwerdeführerin bestreitet denn auch nicht, dass der Regierungsrat gestützt auf § 182 EG/ZGB grundsätzlich zum Erlass der angefochtenen Schutzverordnung berechtigt war. Sie macht jedoch geltend, er habe dabei insoweit in ihren durch Verfassung und Gesetz garantierten Autonomiebereich eingegriffen, als er selbständig eine Zonenordnung aufgestellt habe; dieses Recht stehe gemäss § 68 a BG der Gemeinde zu und gehe der regierungsrätlichen Rechtssetzungsbefugnis auf dem Gebiete des Natur- und Heimatschutzes nach dem Grundsatz "lex posterior derogat legi priori" vor, zumal § 68 a BG die jüngere Gesetzesbestimmung sei. Diese Ansicht geht fehl. Eine Schutzverordnung, die beinahe das ganze Gemeindegebiet zum Gegenstand hat, enthält notwendigerweise eine Aufteilung desselben; mindestens eine Bau- und eine Landwirtschaftszone bzw. ein "übriges Gemeindegebiet" müssen darin ausgeschieden werden, denn eine Gleichbehandlung des ganzen Gemeindegebietes liesse sich mit einem sinnvollen Landschaftsschutz nicht vereinbaren. Die in § 182 EG/ZGB enthaltene regierungsrätliche Kompetenz schliesst mithin bereits ihrem Wesen nach eine gewisse Beschränkung der gemeindlichen Entscheidungsfreiheit auf dem Gebiete des Bauwesens in sich. Dazu kommt, dass auch das 1959 revidierte BG die Belange des Heimatschutzes nicht regelt, so dass es als jüngeres Gesetz ohnehin ausser Betracht fällt. § 182 EG/ZGB und § 68 a BG stehen demnach nicht in positiver Normkonkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich vielmehr in dem Sinn, als die Gemeinde im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit bloss noch insoweit selbständig Bauvorschriften erlassen kann, als diese Befugnis nicht durch eine Heimat- bzw. Landschaftsschutzverordnung eingeschränkt wird. Die Gemeindeautonomie hat somit vor dem von der übergeordneten kantonalen Behörde zu wahrenden Interesse an der Erhaltung BGE 96 I 234 S. 241 des Orts- und Landschaftsbildes zurückzutreten. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass die auf § 182 EG/ZGB gestützte Verordnung ein schutzwürdiges Gebiet zum Gegenstand hat und dass die getroffenen Massnahmen im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind. 4. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass das Dorf Bachs mit seinen Riegelbauten in Alt- und Neu-Bachs einen Schönheitswert hat, der vor Verunstaltungen geschützt werden soll. Sie macht jedoch geltend, das Bachsertal als Ganzes stelle keine schützenswerte Landschaft im Sinne von § 182 EG/ZGB dar. Zu Unrecht. Der Augenschein hat ergeben, dass das Bachsertal auch heute noch ein von Industriebauten unberührtes Wiesental bildet, mit dem Dorf Bachs als malerischem Mittelpunkt. Es eignet sich in besonderer Weise als Erholungsraum für die im Kanton Zürich und im angrenzenden Kanton Aargau wohnende Bevölkerung und verdient deshalb den gleichen Schutz wie das Eigental, dessen Schutzwürdigkeit das Bundesgericht in BGE 94 I 58 bejaht hat. Dass es flächenmässig grösser ist als dieses, lässt - wie der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung mit Recht ausführt - keinen andern Schluss zu, sondern erhöht im Gegenteil die Schutzwürdigkeit. Insbesondere mit Rücksicht auf die Agglomeration Zürich rechtfertigt es sich, nicht nur eng begrenzte Gebiete, sondern auch grössere, zusammenhängende Landschaften von der Art des Bachsertales unter Schutz zu stellen. Die angefochtene Schutzverordnung stellt denn auch keinen Sonderfall dar, sondern entspricht durchaus dem feststellbaren Bemühen, derartige Landschaften zu schützen (vgl. Greifensee, Bachtel, Lützelsee-Seeweidsee); dass dabei einzelne Gemeindegebiete ganz oder beinahe vollständig erfasst werden, ist, wie die Beispiele Greifensee und Regensberg zeigen, nichts aussergewöhnliches. Es ist deshalb in diesem Zusammenhang nicht einzusehen, weshalb die angefochtene Schutzverordnung gesetz- oder verfassungswidrig sein soll. Die Beschwerdeführerin hält die Schutzverordnung für überflüssig mit der Begründung, es sei ihr bisher gelungen, das Tal vor landschaftsstörenden Überbauungen und Verbauungen zu bewahren. Dieser Einwand ist unbehelflich. Die Rechtssetzungsbefugnis auf dem Gebiete des Natur- und Heimatschutzes steht - wie bereits in Erw. 3 erwähnt - grundsätzlich dem Regierungsrat zu; ob er von ihr Gebrauch machen will, liegt in BGE 96 I 234 S. 242 seinem pflichtgemässen Ermessen. Die bezügliche Entscheidung hängt deshalb nicht davon ab, ob die betreffende Gemeinde derartige Massnahmen für notwendig hält. Im vorliegenden Fall ist zudem festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin selbst den Anstoss zum Erlass der streitigen Schutzverordnung gab, beabsichtigte sie doch, eine Bauordnung mit Zonenplan zu erlassen, entlang der Staatsstrasse in Richtung Kaiserstuhl eine Gewerbezone zu schaffen und den Gebrüdern Köchli, welche Inhaber einer Milchtransportunternehmung sind, auf diesem Gebiet die Errichtung einer Auto-Einstellhalle zu gestatten. Der Regierungsrat hatte somit Grund genug, gestützt auf § 182 EG/ZGB die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. 5. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Schutzverordnung verhindere jede bauliche Weiterentwicklung der Gemeinde; sie enthalte insbesondere keine Revisionsbestimmung und sei daher nicht verhältnismässig. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit besagt, dass ein polizeilicher Eingriff nicht weiter gehen darf, als es das zu erreichende Ziel erfordert. Dieses Prinzip ergibt sich unmittelbar aus der Verfassung und gilt für die Rechtsanwendung wie für die Rechtsetzung (vgl. IMBODEN, Verwaltungsrechtsprechung 3. Aufl. Nr. 342 S. 218 ff.). Auf dem Gebiete des Landschaftsschutzes liegt eine derartige Verfassungsverletzung insbesondere dann vor, wenn sich die Schutzvorschriften nicht auf diejenigen Gebietsteile beschränken, deren Erhaltung als schützenswert erscheint, oder wenn sich der angestrebte Schutz mit weniger weitreichenden Eigentumsbeschränkungen ebenso wirkungsvoll gewährleisten liesse (vgl. BGE vom 11. September 1963 i.S. M. AG, abgedruckt in ZBl (65/1964 S. 157 ff.). Weil die angefochtene Schutzverordnung in den Autonomiebereich der Gemeinde eingreift und weil die Beschwerdeführerin deshalb ein hinreichendes Interesse an einer sachgemässen Beschränkung der regierungsrätlichen Einflussnahme nachzuweisen vermag, ist sie berechtigt, im Zusammenhang mit der Verletzung der Gemeindeautonomie auch eine solche des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit zu rügen. Die Beschwerdeführerin tut nicht dar, mit welchen andern Mitteln das Orts- und Landschaftsbild ebensogut geschützt werden könnte, sondern sie macht bloss geltend, der Grundsatz der Verhältnismässigkeit sei deshalb verletzt, weil die Schutzverordnung keine Revisionsbestimmung enthalte und BGE 96 I 234 S. 243 mithin eine nachträgliche Anpassung an veränderte Umstände ausschliesse. Dieser Vorwurf ist unbegründet. Der Regierungsrat weist mit Recht darauf hin, dass eine derartige Starrheit gar nicht besteht, zumal eine Verordnung jederzeit auch ohne ausdrückliche Revisionsklausel abgeändert werden kann. Insbesondere im Bauwesen müssen Planung und Wirklichkeit immer wieder durch Revision der Planung miteinander in Übereinstimmung gebracht werden können ( BGE 94 I 350 mit Hinweisen). Es besteht kein Grund anzunehmen, dass der Regierungsrat auf ein Abänderungsbegehren der Beschwerdeführerin nicht eingehen würde, falls sich zeigen sollte, dass in den nunmehr ausgeschiedenen Baugebieten überhaupt kein Bauland verkäuflich ist, oder dass mangels geeigneten Baugeländes eine Abwanderung der bereits in der Gemeinde niedergelassenen Gewerbebetriebe droht. Der Regierungsrat bezeichnet die von ihm getroffene Abgrenzung der Baugebiete selbst als "zweckbedingten Kompromiss" zwischen den Interessen des Ortsbild- und Heimatschutzes einerseits und den Bedürfnissen der Ortsplanung anderseits. Nichts deutet darauf hin, dass er der Beschwerdeführerin jede bauliche Weiterentwicklung verwehren will. Der Gemeinde bleibt die Möglichkeit erhalten, dem Regierungsrat Baubewilligungen auch für gewerbliche Bauten zu beantragen, sofern diese innerhalb der Bauzone errichtet werden sollen und das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigen. Darüberhinaus steht es ihr frei, die Baufreiheit innerhalb der vom Regierungsrat festgelegten Baugebiete noch weiter einzuschränken und aufgrund des Baugesetzes Wohn- und Gewerbezonen auszuscheiden. 6. Die Beschwerdeführerin wirft dem Regierungsrat schliesslich vor, die Festsetzung des Baugebiets im Zonenplan sei willkürlich und verletze deshalb die Gemeindeautonomie. Allein auch diese Rüge ist unbegründet...
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Sachverhalt ab Seite 188 BGE 82 I 188 S. 188 A.- Der am 14. Mai 1955 verstorbene Josef Keller-Mühlebach mit Wohnsitz in Luzern hatte eine Tochter aus erster Ehe, Frau Frieda Schreiber-Keller in Diessenhofen. BGE 82 I 188 S. 189 In zweiter Ehe war er mit Frau Marie Keller-Mühlebach verheiratet. Diese zweite Ehe blieb kinderlos. B.- Am 23. März 1946 hatte der Erblasser mit der zweiten Ehefrau und der Tochter aus erster Ehe einen Auskaufs- und Erbvertrag abgeschlossen. Danach erhielt die Tochter zwei Liegenschaften in Diessenhofen und durch Schulderlass einen Betrag von Fr. 4000.--. Infolge dieser Leistungen verzichtete sie für den Fall, dass die zweite Ehefrau den Vater überlebe, zu deren Gunsten auf alle weitern Ansprüche am Nachlass. In diesem (wirklich eingetretenen) Falle geht der ganze Nachlass des Ehemannes laut dem Vertrag in das Eigentum der Witwe über und soll dereinst nach ihrem Tode auf die Tochter aus erster Ehe oder deren Nachkommen als Nacherben übergehen, soweit er dann noch vorhanden sein wird. C.- Nach dem Tode des Erblassers stellte das Teilungsamt der Stadt Luzern folgende Bescheinigung aus: "Das Teilungsamt der Stadt Luzern bescheinigt hiemit, dass der am 14. Mai 1955 verstorbene Herr Josef Keller, Kaufmann, von Basadingen, Kanton Thurgau, wohnhaft gewesen in Luzern, Landschaustrasse 27, als gesetzliche Erben hinterlässt: a) seine Witwe (II. Ehe), Frau MARIA Agatha KELLER-Mühlebach, geb. 1892, Landschaustrasse 27, Luzern; b) seine Tochter (aus I. Ehe), Frau FRIEDA SCHREIBER-KELLER, geb. 1909, Ehefrau des Herrn Jakob Schreiber, Kaufmann, Steinerstrasse 5, Diessenhofen, Kanton Thurgau. Die Eheleute Keller-Mühlebach haben am 23. März 1946 mit Frau Frieda Schreiber-Keller einen Auskaufs- und Erbvertrag abgeschlossen nach dessen Wortlaut der gesamte Nachlass des Herrn Keller-Mühlebach bei seinem Vorabsterben ins Eigentum seiner Ehefrau übergeht. An diesem Nachlass - soweit er beim Tode von Frau Maria A. Keller-Mühlebach noch vorhanden ist - wurden Frau Frieda Schreiber-Keller oder deren Nachkommen als Nacherben eingesetzt. Die Erbschaft ist angetreten worden. Luzern-Stadt, Ausgefertigt zuhanden des Grundbuchamtes Diessenhofen, Luzern, den 26. Oktober 1955. TEILUNGSAMT DER STADT LUZERN Der Chef: gez.: Dr. Streich." D.- Auf Grund dieser Bescheinigung verlangte die Witwe bei den Grundbuchämtern Luzern und Diessenhofen BGE 82 I 188 S. 190 die Übertragung der im Eigentum des Erblassers verbliebenen Liegenschaften. Der Grundbuchverwalter von Luzern nahm die Eintragung vor. Er verband damit anscheinend die Vormerkung einer Auslieferungspflicht zu Gunsten der Nacherbin Frau Frieda Schreiber-Keller. Dagegen weigerte sich das Grundbuchamt Diessenhofen, das dort gelegene Grundstück "zur Zinne" als Alleineigentum der Witwe einzutragen, und der Regierungsrat des Kantons Thurgau wies eine gegen diese Ablehnung eingereichte Beschwerde der Witwe am 14. Februar 1956 "im Sinne der Erwägungen" ab. Diese Entscheidung wird damit begründet, dass die vom Teilungsamt der Stadt Luzern ausgestellte Urkunde keine Erbenbescheinigung im Sinne von Art. 559 ZGB sei. Nach der Grundbuchverordnung, Art. 18, müsse eine solche Bescheinigung dartun, dass die in ihr genannten Personen die einzigen Erben des Erblassers seien. Dieses hauptsächliche Erfordernis sei hier nicht erfüllt. Das Teilungsamt der Stadt Luzern betrachte denn auch das von ihm ausgefertigte Aktenstück gar nicht als Bescheinigung im Sinne von Art. 559 ZGB , wie Erkundigungen auf diesem Amt ergeben hätten. Ferner sei der Erbauskaufsvertrag nicht amtlich eröffnet worden, wie es § 48 der thurgauischen Notariatsverordnung vorsehe. Der Beschwerdeführerin bleibe nur übrig, sich entweder mit der Stieftochter über die Mitunterzeichnung des Eintragungsgesuches zu verständigen oder gestützt auf den Erbvertrag klagend gegen sie vorzugehen. Dann möge auch die Frage der Sicherstellung des Nacherbenrechtes ihre Abklärung finden. E.- Gegen den regierungsrätlichen Entscheid hat die Witwe des Erblassers die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie beantragt, das Grundbuchamt sei (direkt oder durch den Regierungsrat des Kantons Thurgau) zur Vornahme der nachgesuchten Eintragung anzuweisen. In der Beschwerde wird ausgeführt, die vom Teilungsamt BGE 82 I 188 S. 191 der Stadt Luzern ausgestellte Bescheinigung enthalte alles, was nötig sei. Auf einem unerklärlichen Irrtum müsse die Behauptung des Regierungsrates beruhen, das Teilungsamt betrachte jenes Aktenstück selber nicht als Erbenbescheinigung im Sinne von Art. 559 ZGB . Das Gegenteil ergebe sich aus einem Schreiben vom 28. Februar 1956. Der angefochtene Entscheid verletze Art. 18 der bundesrätlichen Grundbuchverordnung und damit eidgenössisches Recht. Unrichtig sei die darin ausgesprochene Ansicht, der Erbvertrag hätte amtlich eröffnet werden müssen. Das sei in Art. 557 ZGB nur für letztwillige Verfügungen vorgeschrieben. Die im Entscheid offen gelassene Frage nach einer Pflicht der Vorerbin zur Sicherstellung sei zu verneinen, denn das Nacherbenrecht bestehe nach den eindeutigen Vertragsbestimmungen nur für den Überrest. Damit sei eine Sicherstellungspflicht, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch unzweifelhaft wegbedungen. Übrigens sei es nicht Sache der Grundbuchbehörden, sich mit Art. 490 ZGB zu befassen. Wenn die Nacherbin eine Sicherstellung verlangen wolle, habe sie sich an die Erbschaftsbehörde (das Teilungsamt der Stadt Luzern) oder an die Gerichte zu wenden. Der Vorerbin stünde dann immer noch zur Wahl, ob sie die Sicherheit durch Vormerkung im Grundbuch oder auf andere Weise leisten wolle. F.- In seiner Stellungnahme zur Beschwerde hält der Regierungsrat daran fest, dass die vom Teilungsamt der Stadt Luzern ausgefertigte Urkunde nicht als Erbenbescheinigung gelten könne und deshalb für die Eintragung der Liegenschaft nicht genüge. Die Beschwerdeführerin solle zur Geltendmachung ihres Rechtes den Richter anrufen. G.- Frau Frieda Schreiber-Keller beantragt ebenfalls die Abweisung der Beschwerde. Sie lässt nicht gelten, dass die Vorerbin von der Pflicht zur Sicherstellung entbunden worden sei. Ziffer 4 des Vertrages gebe der Beschwerdeführerin nur das Recht, Kapitalanbrüche vorzunehmen. BGE 82 I 188 S. 192 Der Erblasser habe gewünscht, dass sein Nachlassvermögen seiner Tochter erhalten bleibe. Deren Anspruch auf Auslieferung müsse sichergestellt werden. Ohne Vormerkung könnte die Beschwerdeführerin frei über die Liegenschaft verfügen. H.- Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat sich am 14. Mai 1956 zur Beschwerde vernehmen lassen. Es hält diese für unbegründet, weil die Erbenbescheinigung nicht dahin laute, die Beschwerdeführerin sei als einzige Erbin des Erblassers anerkannt. Diese Angabe dürfe das Grundbuchamt verlangen. Dagegen hätten die kantonalen Behörden ihre Abweisung nicht mit der Nichteröffnung des Erbvertrages begründen dürfen. Die Grundbuchbehörde habe zu prüfen, ob die Bescheinigung von einer dazu kompetenten Behörde ausgestellt sei. Um das Verfahren, das der Ausstellung der Bescheinigung vorausgehe, habe sie sich dagegen nicht zu kümmern. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Um sich als Alleineigentümerin einer zum Nachlass des Josef Keller-Mühlebach gehörenden Liegenschaft eintragen zu lassen, hatte sich die Beschwerdeführerin darüber auszuweisen, dass sie als einzige Erbin des Erblassers anerkannt sei. Dies ergibt sich aus Art. 18 der Grundbuchverordnung, der einen solchen Ausweis "im Falle von Erbgang" sowohl bei gesetzlichen wie bei eingesetzten Erben verlangt. Die erwähnte Vorschrift lehnt sich, was Testamentserben betrifft, an Art. 559 ZGB an, den sie verdeutlicht. Dass entsprechende Bescheinigungen auch gesetzlichen Erben auszustellen seien, "sobald dies nach der Sachlage zu irgend einem Zweck erforderlich sein mag", wurde bereits bei der Vorberatung des ZGB erwogen (Erläuterungen zum Vorentwurf I S. 435), und die Grundbuchverordnung verlangt nun allgemein für die Eintragung des Eigentumsüberganges auf den Alleinerben oder auf die Erben insgesamt einen solchen Ausweis. BGE 82 I 188 S. 193 Entgegen der Ansicht des Regierungsrates ist die Bescheinigung des Teilungsamtes der Stadt Luzern als gültiger Ausweis anzuerkennen. Dass das Teilungsamt selbst der von ihm ausgestellten Urkunde diese Bedeutung beimisst und der angefochtene Entscheid sich hierüber geirrt hat, ergibt sich aus einem Schreiben des Teilungsamtes an den Luzerner Vertreter der Beschwerdeführerin. Darin wird ausgeführt, die Bescheinigung enthalte die Angaben, die der Grundbuchverwalter brauche, denn es gehe daraus hervor, wer als Erbe in Betracht komme. Deshalb sei das Amt auch nicht in der Lage, eine andere Bescheinigung auszustellen. Im interkantonalen Verkehr richte sich die Art der Bescheinigung nach dem Recht desjenigen Kantons, in dem der Erbgang abgewickelt werden müsse. In der Tat ist die vorliegende Bescheinigung von der zuständigen Behörde des letzten Wohnsitzes des Erblassers ausgestellt und beurrkundet die Tatsache des Erbfalles, der Erbenqualität, des Erbvertrages und des ihm entsprechenden Überganges des Alleineigentums am Nachlass auf die Beschwerdeführerin. Damit ist diese im Sinne von Art. 18 der Grundbuchverordnung als erbrechtliche Alleinerwerberin ausgewiesen. Angesichts des eindeutig dahingehenden Sinnes der Bescheinigung wäre es sinnloser Formalismus, sie deswegen zu bemängeln, weil sie nicht dem Wortlaut der Verordnungsvorschrift folgend die Beschwerdeführerin als "einzige" oder "alleinige" Erbin bezeichnet. Die Bescheinigung erscheint um so mehr als einwandfrei, wenn man den ihr zugrunde liegenden Erbvertrag mitberücksichtigt und bedenkt, dass die beiden Beteiligten sich ebenfalls als die einzigen gesetzlichen Erben betrachten und den Erbvertrag als gültig anerkennen. Bei dieser Sachlage ist auch nicht einzusehen, weshalb dieser ihnen wohlbekannte Vertrag, der ausser dem Erblasser nur sie betrifft, noch hätte - ihnen - amtlich eröffnet werden sollen. Übrigens bemerkt das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit Recht, BGE 82 I 188 S. 194 das Grundbuchamt habe nicht danach zu fragen, in welchem Verfahren die Erbenbescheinigung zustande gekommen sei. Und da das Bundesrecht eine Eröffnung von Erbverträgen gar nicht verlangt, hatte die am Orte des Erbganges von der zuständigen Behörde ausgestellte und den bundesrechtlichen Vorschriften genügende Erbenbescheinigung auch in jedem andern Kanton als tauglicher Ausweis zu gelten. 2. Das Grundbuchamt hat die von der Beschwerdeführerin verlangte Eintragung nicht nur deshalb verweigert, weil es den vorgelegten Ausweis (wie dargetan, zu Unrecht) als "nicht dem Inhalt einer Erbenbescheinigung entsprechend" betrachtete, sondern ausserdem, weil nicht angegeben war, "ob im Sinne von Art. 490 Abs. 2 des Zivilgesetzbuches eine Vormerkung der Auslieferung des Erbschaftsgrundstückes an den Nacherben einzutragen ist". Indessen gehörte eine solche Angabe nicht in die Erbenbescheinigung. Vielmehr bildet die Vormerkung des Nacherbenrechtes den Gegenstand einer besondern Grundbuchanmeldung neben derjenigen des Eigentumserwerbes des Vorerben. Allerdings wird in der Literatur angenommen, diese Anmeldung habe vom Vorerben auszugehen, und es findet sich auch die Ansicht vertreten, das Nacherbenrecht lasse sich hinsichtlich Liegenschaften überhaupt nur auf solche Weise sicherstellen; der Grundbuchführer dürfe die Erbliegenschaft erst dann auf den Vorerben überschreiben, wenn (mangels anderer Abrede der Beteiligten) gleichzeitig auch die das Nacherbenrecht sicherstellende Vormerkung erfolgen könne (vgl. OSTERTAG, N. 36/37 und HOMBERGER, N. 44/45 zu Art. 960 ZGB ). Nach anderer Ansicht hat der Vorerbe die Wahl einer andern Art der Sicherstellung (vgl. ESCHER, N. 6 zu Art. 490 ZGB ). Im vorliegenden Fall ist vor allem streitig, ob aus der vertraglichen Beschränkung des der Beschwerdegegnerin eingeräumten Nacherbenrechtes eine gültige, obgleich nicht ausdrückliche Entbindung von der Sicherstellungspflicht BGE 82 I 188 S. 195 der Vorerbin zu folgern sei (was die Beschwerdeführerin mit Hinweis auf ESCHER, N. 5 zu Art. 490 ZGB , geltend macht). Zu alldem ist hier jedoch nicht Stellung zu nehmen. Den Grundbuchbehörden steht nicht zu, über den Bestand einer Sicherstellungspflicht zu entscheiden und die Art der Sicherstellung zu bestimmen. Dem Vorerben (zumal wenn es ein gesetzliches Erbe ist) darf aber auch nicht die Eintragung seines Eigentums für solange verweigert werden, bis über eine allfällige Vormerkungspflicht gegenüber dem Nacherben ein gerichtliches Urteil vorliegt. Ist die Vormerkungspflicht, wie hier, bestritten, so steht der Eintragung des an sich einwandfrei nachgewiesenen Eigentumsüberganges vom Erblasser auf den Vorerben nichts entgegen. Die Vormerkung bildet dann, wenn sie erfolgen muss, eine auch zeitlich davon getrennte Grundbuchoperation. Gewiss hat der Nacherbe, der Anspruch auf Vormerkung seines Rechtes erhebt, ein Interesse, Verfügungen des Vorerben vorzubeugen, die seinem spätern Erwerbe vorgreifen könnten. Er kann sich aber dadurch genügend schützen, dass er, wenn der Vorerbe seinen Wunsch, das Nacherbenrecht vormerken zu lassen, nicht erfüllt, nun seinerseits an den Richter gelangt, um die Vormerkung (allenfalls für die Dauer des Prozesses in einer vorläufigen Form) zu erwirrken. Diese Verteilung der Parteirollen entspricht im übrigen der gegebenen Sachlage besser als die vom Regierungsrat ins Auge gefasste gegenteilige Lösung, da eben das Eigentumsrecht der Vorerbin an sich unbestritten, der Anspruch der Nacherben auf Sicherstellung und insbesondere auf Vormerkung dagegen bestritten ist. Die Beschwerdegegnerin widersetzt sich denn auch nach ihren Ausführungen nicht dem Eigentumseintrag als solchem, sondern will sich nur vor spätern Handlungen der an sich als Eigentümerin anerkannten Vorerbin sichern, was auf andere Weise als durch Verweigerung des Eigentumseintrages geschehen kann. BGE 82 I 188 S. 196
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Sachverhalt ab Seite 133 BGE 119 III 133 S. 133 A.- In der Betreibung Nr. 21960 belastete das Betreibungsamt Zürich 2 dem Gläubiger G. Fr. 57.-- für den Zahlungsbefehl sowie weitere Zustellungskosten im Betrag von Fr. 12.--, insgesamt somit Fr. 69.--. Über diese Verfügung des Betreibungsamtes vom 7. Mai 1992 beschwerte sich der Gläubiger beim Bezirksgericht Zürich als unterer Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, indem er BGE 119 III 133 S. 134 geltend machte, die Kosten für den Zahlungsbefehl würden gemäss Art. 18 des revidierten Gebührentarifs zum SchKG für eine Forderung von Fr. 1'587.-- nur Fr. 54.-- betragen. Dieser Auffassung schloss sich das Bezirksgericht Zürich mit Beschluss vom 2. Juli 1992 an, indem es die Verfügung des Betreibungsamtes Zürich 2 aufhob und das Betreibungsamt anwies, die für die Zustellung des Zahlungsbefehls zu verrechnende Gebühr auf Fr. 54.-- festzusetzen. (Gemeint ist eigentlich die Ausfertigung, Eintragung und Zustellung des Zahlungsbefehls.) Der hierauf vom Betreibungsamt Zürich 2 beim Obergericht des Kantons Zürich als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs erhobene Rekurs wurde mit Beschluss vom 28. Oktober 1993 abgewiesen. B.- Mit Rekurs vom 15. November 1993 zog das Betreibungsamt Zürich 2 die Sache, welche es als "eine Gebührenfrage mit grossen Auswirkungen" bezeichnete, an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weiter. Es beantragte, den Beschluss der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs aufzuheben, die Beschwerde des Gläubigers abzuweisen und die Kostenrechnung und Verfügung vom 7. Mai 1992 in der Betreibung Nr. 21960 zu bestätigen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer hiess den Rekurs gut aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Insofern die Anwendung der Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (vom 7. Juli 1971, jetzt in der Fassung vom 17. Juni 1991; GebVSchKG, SR 281.35) umstritten ist, steht den Betreibungs- und Konkursbeamten, ausseramtlichen Konkursverwaltern und Liquidatoren das Recht der Weiterziehung an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts zu (Art. 15 GebVSchKG; BGE 115 III 6 E. 1). 3. Umstritten ist der Betrag, den das Betreibungsamt dem Gläubiger für die Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner, welche im vorliegenden Fall durch einen Weibel des Betreibungsamtes erfolgte, belasten kann. Während mit dem angefochtenen Beschluss dem Betreibungsamt hiefür nur Fr. 3.-- zugestanden worden sind, möchte das Betreibungsamt einen Betrag von Fr. 6.--, dem Porto für eine eingeschriebene Sendung entsprechend, erheben. BGE 119 III 133 S. 135 a) Gemäss Art. 12 Abs. 2 GebVSchK gibt die Zustellung ohne Benützung der Post Anspruch auf die dadurch gesparte Posttaxe. Es stellt sich somit die Frage, welche Posttaxe das Betreibungsamt spart, wenn es den Zahlungsbefehl dem Schuldner durch den Betreibungsbeamten oder einen Angestellten des Amtes zustellen lässt, wie dies Art. 72 Abs. 1 SchKG erlaubt. Mit anderen Worten: Es ist die Frage zu beantworten, was unter der in Art. 72 Abs. 1 SchKG ebenfalls vorgesehenen Zustellung "durch die Post in der nach der Postordnung für Bestellung gerichtlicher Akten zu befolgenden Weise" zu verstehen ist und welche Posttaxe für diese Zustellung erhoben wird. Die zitierte Vorschrift der Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs nimmt die Posttaxe als Massstab für die Gebühr, die bei der Zustellung durch den Betreibungsbeamten oder einen Angestellten des Betreibungsamtes in Rechnung gestellt werden darf. Im angefochtenen Beschluss hat das Obergericht Überlegungen zur Frage angestellt, welchen Beweiszwecken die Einschreibung des Zahlungsbefehls bei der Postzustellung diene. Es ist aufgrund dieser Überlegungen zum Schluss gekommen, dass sich die Verrechnung der Einschreibegebühr (von Fr. 6.--) nur rechtfertige, wenn das Betreibungsamt die Zustellung durch die Post vornehme und die Möglichkeit der Einschreibung in Anspruch nehme, das Porto also tatsächlich aufgewendet habe. Indessen ist ein solcher Schluss, wie nachstehend zu zeigen sein wird, nicht zwingend. Vorbehaltlos gefolgt werden kann jedoch auch nicht den Vorbringen des Betreibungsamtes Zürich 2, welches zum Teil de lege ferenda argumentiert, zum Teil sich auf Art. 34 SchKG beruft und jedenfalls der Auffassung ist, es müsse von einer Zustellung durch eingeschriebenen Brief ausgegangen werden. b) Das Betreibungsamt Zürich 2 erklärt nun aber, für die Stadt Zürich resultiere je nach dem Entscheid im vorliegenden Fall ein Plus oder Minus von jährlich mehreren hunderttausend Franken. Über dieses Argument kann sowenig hinweggesehen werden wie über das auch für die Tätigkeit der Betreibungs- und Konkursämter massgebliche Äquivalenzprinzip, wonach die Höhe der Gebühr im Einzelfall in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert stehen soll, den die staatliche Leistung für den Abgabepflichtigen hat (HÄFELIN/MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Auflage Zürich 1993, Rz. 2054). Die Leistung, welche das Betreibungsamt mit der Zustellung des Zahlungsbefehls durch den Weibel erbringt, kann jedenfalls nicht BGE 119 III 133 S. 136 mit einer gewöhnlichen eingeschriebenen Sendung verglichen werden, wofür die Taxe - gemäss Art. 27 Abs. 4 der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz (SR 783.01) - Fr. 3.-- beträgt; denn die Rechtsprechung hat erkannt, dass diese Zustellung den gesetzlichen Vorschriften nicht genügt ( BGE 81 III 67 E. 2a; 54 III 250 ). Art. 29 der genannten Verordnung regelt die Zustellung von Betreibungsurkunden durch die Post. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung gilt für Zahlungsbefehle und Konkursandrohungen das Leistungsangebot von eingeschriebenen Sendungen. Das bedeutet, wie aus dem Verweis auf Art. 27 Abs. 3 der Verordnung erhellt, dass die Zahlungsbefehle und Konkursandrohungen am Werktag nach der Aufgabe zugestellt werden. Die Taxe beträgt Fr. 3.--, bei Einschreibung Fr. 6.-- (Art. 29 Abs. 3 der Verordnung). Nicht zu Unrecht hat das Betreibungsamt Zürich 2 für die Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner durch den Weibel jene Gebühr verlangt, welche der Taxe für die eingeschriebene Zustellung gemäss Art. 29 Abs. 3 der Verordnung entspricht. Wird der Zahlungsbefehl durch einen Angestellten des Betreibungsamtes zugestellt, so bescheinigt dieser - nicht anders als der Postbote - auf beiden Ausfertigungen, an welchem Tag und an wen die Zustellung erfolgt ist ( Art. 72 Abs. 2 SchKG ), und er nimmt die Zustellung in aller Regel unverzüglich vor. Abgesehen davon, dass im Falle der Bestreitung der Zustellung leichter auf einen Angestellten des Betreibungsamtes denn auf einen Postboten als Zeugen zurückgegriffen werden kann, steht der Angestellte des Betreibungsamtes allgemein eher zur Verfügung. Diese erhöhte Einsatzbereitschaft kommt letztlich dem Gläubiger zugute, der ein Interesse an der speditiven Abwicklung des Betreibungsverfahrens hat. Eine Entschädigung, welche dem höheren Ansatz von Art. 29 Abs. 3 der Verordnung entspricht (derzeit Fr. 6.--), für die Zustellung des Zahlungsbefehls durch den Weibel erscheint daher als angemessen. Der angefochtene Entscheid hat diesen rechtserheblichen Umständen keine Rechnung getragen. Daher sieht sich die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, die sich grundsätzlich auf Rechtskontrolle beschränkt, zum Eingreifen veranlasst ( BGE 110 III 17 E. 2 am Anfang).
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Sachverhalt ab Seite 276 BGE 126 II 275 S. 276 Z. leidet seit seiner Geburt an einer Klinodaktylie an der linken Hand, d.h. einer kongenitalen Schiefstellung der Finger(glieder), verbunden mit einem stark verkleinerten Mittelfinger und dem Fehlen mehrerer Finger. Bei der militärischen Aushebung am 30. Juni 1976 wurde Z. für dienstuntauglich erklärt. Seit 1977 untersteht er der Ersatzpflicht. Mit Veranlagungsverfügung vom 13. Oktober 1998 schätzte die Wehrpflichtersatzverwaltung des Kantons Bern Z. für das Jahr 1997 für eine Ersatzabgabe im Betrag von Fr. X. ein. Dabei ging sie unter anderem von einem Ersatzabgabe-Satz von 2% aus. Am 9. April 1999 wies die Wehrpflichtersatzverwaltung eine dagegen erhobene Einsprache ab. Eine Beschwerde bei der Steuerrekurskommission des Kantons Bern blieb ebenfalls erfolglos. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 7. Februar 2000 an das Bundesgericht stellt Z. im Wesentlichen den Antrag, das Urteil der Steuerrekurskommission vom 14. Dezember 1999 und die Verpflichtung zur Leistung von Wehrpflichtersatz für das Jahr 1997 und für die künftigen Jahre aufzuheben; eventuell sei die ihm auferlegte Ersatzabgabe auf die Hälfte herabzusetzen. Zur Begründung führt Z. im Wesentlichen aus, beim Entscheid darüber, ob eine erhebliche Behinderung gegeben sei, dürfe nicht ausschliesslich schematisch darauf abgestellt werden, ob ein Integritätsschaden von zumindest 40% vorliege. Er selber sei trotz eines Integritätsschadens von ca. 35% erheblich behindert und deshalb von der Ersatzpflicht auszunehmen. Die Wehrpflichtersatzverwaltung und die Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Strittig sind im vorliegenden Fall die Ersatzabgaben der Jahre 1997 und danach. Der einschlägige Art. 4 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1959 über den Wehrpflichtersatz (WPEG; SR 661) wurde am 17. Juni 1994 mit erstmaliger Anwendbarkeit für das Ersatzjahr 1995 (Art. 1 der Verordnung vom 9. November 1994 über die Inkraftsetzung der Änderung des Bundesgesetzes über den BGE 126 II 275 S. 277 Militärpflichtersatz; SR 661.0) sowie am 6. Oktober 1995 mit erstmaliger Anwendbarkeit für das Ersatzjahr 1997 (Bundesratsbeschluss vom 8. Mai 1996 [AS 1996 1464] zum Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den zivilen Ersatzdienst, Anhang Ziff. 9 [SR 824.0]) revidiert. Die geänderten Fassungen (dazu auch WALTER SIGRIST, Vom Militärpflichtersatz zum Wehrpflichtersatz, in Steuer Revue 1997, S. 493 ff.) finden somit im vorliegenden Fall Anwendung. b) Mit der Novelle vom 17. Juni 1994 hat der Gesetzgeber Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG neu formuliert und gleichzeitig in Abs. 1 zwei neue Ersatzbefreiungstatbestände als lit. abis und ater eingefügt. Art. 4 Abs. 1, lit. a-a-ter, WPEG lautet nun wie folgt: "1 Von der Ersatzpflicht ist befreit, wer im Ersatzjahr: a. wegen erheblicher körperlicher oder geistiger Behinderung ein taxpflichtiges Einkommen erzielt, das nach nochmaligem Abzug von Versicherungsleistungen gemäss Art. 12 Absatz 1 Buchstabe c sowie von behinderungsbedingten Lebenshaltungskosten sein betreibungsrechtliches Existenzminimum um nicht mehr als 100 Prozent übersteigt; abis. wegen einer erheblichen Behinderung als dienstuntauglich gilt sowie eine Rente oder eine Hilflosenentschädigung der Eidgenössischen Invalidenversicherung oder der Unfallversicherung bezieht; ater. wegen einer erheblichen Behinderung als dienstuntauglich gilt und keine Hilflosenentschädigung bezieht, aber dennoch eine der zwei mindestens erforderlichen Voraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung erfüllt; ..." c) Im vorliegenden Fall ist nicht umstritten, dass Art. 4 Abs. 1 lit. abis und ater WPEG keine Anwendung finden. Strittig ist einzig der Begriff der erheblichen Behinderung nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG . d) In Art. 1 Abs. 1 der Verordnung vom 30. August 1995 über den Wehrpflichtersatz (WPEV ; SR 661.1) hat der Bundesrat Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG wie folgt konkretisiert: "Als erheblich im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes gilt eine Behinderung, wenn sie den für die Ausrichtung einer Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung massgebenden Mindestgrad an Invalidität aufweist." Diese - an sich erstmals für das Ersatzjahr 1995 geltende ( Art. 59 WPEV ) - Bestimmung wurde vom Bundesgericht insoweit als gesetzwidrig und nicht anwendbar erklärt, als sie auf den Invaliditätsgrad BGE 126 II 275 S. 278 der Eidgenössischen Invalidenversicherung abstellt. Der Begriff der erheblichen körperlichen oder geistigen Behinderung darf danach nicht im invalidenversicherungsrechtlichen Sinn ausgelegt werden, sondern ist im medizinischen Sinn zu verstehen ( BGE 124 II 241 E. 4; ASA 67 S. 318 E. 4). 4. a) Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG stellt drei Voraussetzungen für die Ersatzbefreiung auf: Erstens die erhebliche körperliche oder geistige Behinderung, sodann ein bestimmtes taxpflichtiges Einkommen, gekürzt um bestimmte Abzüge, das einen bestimmten Betrag nicht überschreiten darf, sowie, drittens, einen Kausalzusammenhang zwischen beiden. Es ist klar, dass der Behinderung eine gewisse Schwere zukommen oder sie mit anderen Worten ernsthaft ins Gewicht fallen muss, damit sie als ursächlich für die Bedürftigkeit bezeichnet werden kann. Das Gesetz spricht denn auch von einer "erheblichen" körperlichen oder geistigen Behinderung (vgl. BGE 124 II 241 E. 4b; ASA 67 S. 318 E. 4b). Dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG lässt sich nicht entnehmen, welchen Grad die Behinderung aufweisen muss, damit eine Ersatzbefreiung in Betracht fallen kann. Das Gesetz spricht von einer "erheblichen" Behinderung (handicap "majeur", "notevole menomazione"), ohne den Begriff näher zu definieren. Teleologisch zielt Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG darauf ab, den Wehrpflichtigen, dessen Einkommen wegen der Behinderung einen bestimmten Mindestbetrag nicht übersteigt, von der Ersatzpflicht zu befreien. Aufgrund der Materialien steht fest, dass der Gesetzgeber keine generelle Befreiung der Behinderten wollte. Es muss deshalb darauf geachtet werden, dass der Kreis der ersatzbefreiten Personen nicht über Gebühr ausgedehnt wird. Der Begriff der erheblichen Behinderung ist folglich im Sinne des Gesetzes, das heisst restriktiv auszulegen. Anderseits darf jedoch der Kreis der wirklich Bedürftigen, die Hilfe nötig haben und auf die Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG abzielt, nicht zu sehr eingeengt werden (vgl. dazu BGE 124 II 241 E. 4). b) Das Bundesgericht hat in BGE 124 II 241 bei einem Forstarbeiter den Verlust eines Beines im Kniegelenk als erhebliche Behinderung bezeichnet, die Anspruch auf Befreiung vom Wehrpflichtersatz gibt. Im Übrigen hat es festgehalten, die Abgrenzung der erheblichen von einer leichten Behinderung werfe Fragen auf, die nicht einfach zu beantworten seien; es müsse aber der Verwaltungspraxis überlassen bleiben, ob das Ausmass der Beeinträchtigung jeweils im Einzelfall durch Spezialärzte abzuklären sei oder anhand von Tabellen oder auf andere Weise bemessen werde BGE 126 II 275 S. 279 ( BGE 124 II 241 E. 4f). In der Folge hat eine Arbeitsgruppe unter Leitung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, welcher Vertreter des Bundesamts für Justiz, des Bundesamts für Sozialversicherung und einer Behindertenorganisation angehörten, festgestellt, dass die Integritätsschäden-Tabellen der SUVA zur Beurteilung der Erheblichkeit einer Behinderung geeignet seien. Weiter hat diese Arbeitsgruppe die Grenze von 40% als anwendbaren Massstab anerkannt, da der Verlust eines Beines, wie er in BGE 124 II 241 zu beurteilen war, einem 40-prozentigen Integritätsschaden gemäss Anhang 3 der Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV; SR 832.202) entspreche. Die Eidgenössische Steuerverwaltung erliess daraufhin zur Gewährleistung einer rechtsgleichen Praxis aufgrund eines objektiven Massstabes Richtlinien, welche die genannten Integritätsschäden-Tabellen der SUVA mit Ausnahme von Grenz- und unklaren Fällen als für die Frage der Ersatzbefreiung anwendbar erklären (Wegleitung Nr. 2 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom Januar 1999 betreffend Ersatzbefreiung wegen erheblicher körperlicher oder geistiger Behinderung). c) Die Vorinstanz macht praktische Gründe für die getroffene Lösung geltend. In der Tat erlaubt eine schematische Vorgehensweise eine gewisse objektiv begründete, rechtsgleiche Praxis und vermeidet einen unverhältnismässigen Aufwand in jedem Einzelfall. Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts kann aber einzig geschlossen werden, dass eine Behinderung, welche einer Beeinträchtigung von 40% gemäss den Integritätsschäden-Tabellen der Unfallversicherung entspricht, eine erhebliche Behinderung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG darstellen kann bzw. allenfalls in der Regel eine solche bildet. Weder hat das Bundesgericht jedoch festgestellt, dass dies in jedem Einzelfall zwingend zu gelten hat, noch hat es entschieden, eine geringfügigere Behinderung sei von vornherein nicht erheblich. Die Zulassung eines schematischen, auf objektiven Kriterien beruhenden Massstabes drängt sich aus Praktikabilitätsgründen im Hinblick auf die effiziente und möglichst rechtsgleiche Erledigung einer hohen Anzahl Fälle in den Kantonen auf. Insoweit ist die Erarbeitung von entsprechenden Richtlinien rechtlich nicht in Frage zu stellen. Das grundsätzliche Abstellen auf die Integritätsschäden-Tabellen der SUVA erscheint sodann nicht als sachfremd; auch der Beschwerdeführer bringt jedenfalls keine entsprechenden Argumente vor. Allerdings kommt internen Verwaltungsweisungen grundsätzlich keine Gesetzeskraft zu. Auch wenn sie dazu dienen BGE 126 II 275 S. 280 und beitragen, dass eine einheitliche und rechtsgleiche Praxis befolgt wird, binden sie jedenfalls weder die privaten Betroffenen noch das Bundesgericht (vgl. BGE 119 Ib 33 E. 3d). Den im vorliegenden Zusammenhang fraglichen Richtlinien der genannten Arbeitsgruppe kann daher nicht - wovon die Vorinstanz aber auszugehen scheint - zwingende und für die kantonalen Behörden ohne weiteres verbindliche Geltung zukommen. Die gegenläufigen Interessen einer effizienten und rechtsgleichen Verwaltungspraxis einerseits und einer sachgerechten Beurteilung des Einzelfalles andererseits lassen sich freilich in Einklang bringen, indem den fraglichen, auf den Integritätsschäden-Tabellen der SUVA beruhenden Richtlinien die Wirkung einer rechtlichen Vermutung zuerkannt wird. Die Behörden dürfen ihren Entscheid somit auf die Richtlinien abstützen, soweit keine massgeblichen Anhaltspunkte dafür bestehen bzw. glaubhaft gemacht werden, dass die fraglichen Richtlinien für sich allein nicht bzw. nicht genügend aussagekräftig sind. Gibt es solche Indizien, sind die Behörden zu einer eingehenderen Prüfung des Einzelfalles verpflichtet. Die Widerlegung der Vermutung kann sich dabei im Übrigen in beide Richtungen, d.h. zulasten oder zugunsten des Ersatzpflichtigen, auswirken. In diesem Sinne sieht denn auch die fragliche Wegleitung selber vor, dass Fälle, die aufgrund der Integritätsschäden-Tabellen der SUVA nicht abschliessend beurteilt werden können, oder Grenzfälle der Eidgenössischen Steuerverwaltung zur Begutachtung vorzulegen sind (Ziff. 215 der Wegleitung). Diese holt gegebenenfalls ein ärztliches Gutachten ein. d) Der Beschwerdeführer leidet an einer Deformation der linken Hand; einzelne Finger sind verkürzt bzw. schief gestellt, andere fehlen ganz. Gemäss ärztlichem Zeugnis vom 4. September 1998 hat er Mühe mit der Greiffunktion und beim Heben schwerer Lasten. Er benötigt besondere Werkzeuge am Arbeitsplatz sowie Spezialgriffe für Transportfahrzeuge. Der Beschwerdeführer ist aber zu 100% arbeitsfähig und ins Erwerbsleben integriert. Gemäss den Integritätsschäden-Tabellen der SUVA handelt es sich bei der Beeinträchtigung um eine Behinderung von rund 35%. Dies bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht. Er macht einzig geltend, es dürfe nicht schematisch darauf abgestellt werden, ob ein Integritätsschaden von zumindest 40% vorliege. Aufgrund seiner Einschränkung in den alltäglichen Lebensverrichtungen müsse davon ausgegangen werden, dass er in medizinischem Sinne erheblich behindert sei. BGE 126 II 275 S. 281 Was der Beschwerdeführer vorbringt, genügt nicht, um auf die Unzulässigkeit der schematischen Beurteilung seines Falles zu schliessen. Im Wesentlichen wendet er sich einzig gegen die Anwendung der fraglichen Wegleitung auf seinen Fall als solche. Weder macht er massgebliche Anhaltspunkte geltend, die ein Abweichen von diesen Richtlinien rechtfertigen könnten und daher zur Notwendigkeit einer eingehenderen Prüfung seines Falles führen müssten, noch sind solche Indizien sonst wie ersichtlich. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz auf die entsprechenden Richtlinien abstellen und das Vorliegen einer erheblichen Behinderung bereits aufgrund einer schematischen Prüfung des Falles verneinen. Damit braucht nicht geprüft zu werden, ob die übrigen Voraussetzungen einer Ersatzbefreiung in Anwendung von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG erfüllt sind. 5. a) Nach Art. 13 Abs. 1 WPEG beträgt die Ersatzabgabe 2 Franken je 100 Franken des taxpflichtigen Einkommens, mindestens aber Fr. 150.-. Für ersatzpflichtige Behinderte, die nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG nicht von der Ersatzpflicht befreit sind, wird die Ersatzabgabe gemäss Art. 13 Abs. 2 WPEG um die Hälfte herabgesetzt. Der Beschwerdeführer beantragt in seinem Eventualbegehren, die ihm auferlegte Abgabe sei in Anwendung von Art. 13 Abs. 2 WPEG hälftig zu kürzen. Er begründet diesen Antrag allerdings nicht. Ob das Begehren über die erforderliche sachbezogene Begründung verfügt und darauf überhaupt einzutreten ist (vgl. Art. 108 Abs. 2 OG ), kann aber offen bleiben, da es ohnehin abgewiesen werden muss. b) Die Vorinstanz geht ohne nähere Begründung davon aus, auch die Herabsetzung um die Hälfte käme nur dann in Betracht, wenn der Beschwerdeführer an einer erheblichen Behinderung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG litte. Diese Beurteilung entspricht einer restriktiven, am Gesetzeszweck ausgerichteten Auslegung der Ausnahmebestimmung von Art. 13 Abs. 2 WPEG . Ziel derselben ist es, die Ersatzabgabe dann um die Hälfte herabzusetzen, wenn eine Ersatzbefreiung ausbleibt, weil das massgebende Einkommen (unter Berücksichtigung der Abzüge nach Art. 4 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 lit. c WPEG ) das betreibungsrechtliche Existenzminimum um mehr als 100% übersteigt. Es soll also eine Erleichterung bringen in Fällen, in denen nicht das Fehlen einer massgeblichen Behinderung, sondern die Höhe des erzielten Einkommens eine Ersatzbefreiung verhindert. Voraussetzung bleibt BGE 126 II 275 S. 282 aber, dass eine erhebliche Behinderung vorliegt (vgl. auch BGE 124 II 241 E. 5). Auch der Wortlaut - aller Sprachfassungen des Gesetzes - steht dieser Auslegung nicht entgegen. Sodann hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 12. Mai 1993 zur hälftigen Herabsetzung gemäss Art. 13 Abs. 2 WPEG festgehalten (BBl 1993 733): "Im weitern schlagen wir zusätzlich vor, dass für diejenigen Behinderten, die trotz der heraufgesetzten Limite ersatzpflichtig bleiben, die Ersatzabgabe um die Hälfte herabgesetzt wird." Auch diese Aussage stützt die Auslegung der Vorinstanz, wonach die Herabsetzung dann greift, wenn die Ersatzbefreiung lediglich am Erfordernis gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG scheitert, nicht mehr als ein Einkommen von einer bestimmten Höhe zu erzielen. In der Bundesversammlung führte die Revision von Art. 13 Abs. 2 WPEG zu keinen Diskussionen (vgl. AB 1993 S 775 ff., insbes. 783; AB 1994 N 128 ff., insbes. 136). Namentlich stand nie eine Änderung des Wortlauts von Art. 13 Abs. 2 WPEG der bundesrätlichen Vorlage zur Debatte. Im Übrigen würde eine andere Auslegung bedeuten, dass jede Behinderung, die zu Dienstuntauglichkeit und damit zur theoretischen Ersatzpflicht führt, unabhängig von ihrer Schwere als Herabsetzungstatbestand in Frage käme. Das kann aber der Gesetzgeber mit der in Art. 13 Abs. 2 WPEG zusätzlich vorgesehenen Erleichterung für bestimmte Behinderte nicht gemeint haben, hätte er doch sonst generell festlegen müssen, alle Dienstbefreiungen wegen Behinderung führten zu einer hälftigen Reduktion der Ersatzabgabe. c) Demnach verletzt der angefochtene Entscheid auch insofern Bundesrecht nicht, als damit die dem Beschwerdeführer auferlegte Ersatzabgabe nicht hälftig gekürzt wird.
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Erwägungen ab Seite 652 BGE 116 II 651 S. 652 Aus den Erwägungen: 2. Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege hat nach Art. 152 OG die bedürftige Partei, deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Die Regelung ist nach der Rechtsprechung auf natürliche Personen zugeschnitten; juristische Personen sind vom Anspruch ausgeschlossen ( BGE 88 II 386 Nr. 54). Diese können sich ausserhalb des Regelungsbereichs des Bundesprozessrechts auch nicht auf die verfassungsmässige Garantie der unentgeltlichen Rechtspflege nach Art. 4 BV berufen (nicht publ. Entscheid vom 11. März 1987 i.S. S. AG c. M.). Bisher nicht entschieden wurde die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen parteifähige Rechtsgebilde - insbesondere Kollektiv- und Kommanditgesellschaften -, welchen keine oder keine volle Rechtsfähigkeit als juristische Personen zukommt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege haben; verneint wurde sie lediglich für die Konkursmasse ( BGE 61 III 170 Nr. 49). a) Die bundesgerichtliche Rechtsprechung entspricht herrschender schweizerischer Auffassung (HAEFLIGER, Der bundesrechtliche Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege im Zivilprozess, FS 500 Jahre Solothurn im Bund, S. 375 ff., 378; derselbe, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, S. 162/3; KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4. Aufl. 1984, S. 253; VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 2. Aufl. 1988, S. 231, Rz. 62; LEUCH, N 2 zu Art. 77 ZPO BE). Abweichende Meinungen haben sich nicht durchzusetzen vermocht (vgl. etwa GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 410 Fn. 30 lit. c; CHRISTIAN FAVRE, L'assistance judiciaire gratuite en droit suisse, Diss. Lausanne 1988, S. 98 ff. mit weiteren Hinweisen in Fn. 2, S. 101). Von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, besteht keine Veranlassung, auch nicht mit Blick auf die europäische Menschenrechtskonvention. Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK beschränkt den Anspruch auf Verbeiständung ausdrücklich auf den Bereich des Strafverfahrens. Die Rechtsprechung hat es bisher abgelehnt, aus BGE 116 II 651 S. 653 den Verfahrensgarantien dieser Bestimmung einen allgemeinen Anspruch der bedürftigen Partei auf unentgeltliche Zivilrechtspflege abzuleiten (Berger, Jurisprudence de la Cour européenne des droits de l'homme, 2e éd. 1984, S. 110 Nr. 227; zum Gesamten auch PATRICK WAMISTER, Die unentgeltliche Rechtspflege, die unentgeltliche Verteidigung und der unentgeltliche Dolmetscher unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV und Art. 6 EMRK , Diss. Basel 1983, S. 62 ff. und 72 f.). Die Antinomie zwischen natürlichen und juristischen Personen wird der Kollektiv- und der Kommanditgesellschaft allerdings nicht gerecht und erlaubt daher für sich allein deren feste Zuordnung unter den einen oder andern Begriff nicht. Ob sie Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege haben, ist daher aus systematischen und namentlich teleologischen Erwägungen zu ermitteln. b) Die Bestimmungen der Kantone zur hier interessierenden Frage lassen sich im wesentlichen in vier Kategorien einteilen. aa) Eine erste Gruppe von Kantonen gewährt die unentgeltliche Rechtspflege der bedürftigen, unvermögenden oder armen Partei, ohne ausdrücklich nach der Art der Rechtspersönlichkeit zu unterscheiden ( § 305 ZPO LU, Art. 94 ZPO UR, § 75 ZPO SZ, § 173 ZPO BS, § 71 ZPO BL, NE Art. 2 loi sur l'assistance judiciaire et administrative). Ausdrücklich zugelassen oder befürwortet wird die unentgeltliche Rechtspflege für Kollektiv- und Kommanditgesellschaften in den Kantonen Luzern (SJZ 27/1930/31, S. 103 Nr. 86; WALTER DÜGGELIN, Das zivilprozessuale Armenrecht im Kanton Luzern, S. 33) und Basel-Stadt (HABERTHÜR, Praxis zur Basler Zivilprozessordnung, Band II, S. 728). bb) Eine zweite Gruppe beschränkt den Anspruch auf natürliche Personen, ohne sich über die Zuordnung der Personengesellschaften ausdrücklich auszusprechen ( § 106 Abs. 3 ZPO SO, § 125 ZPO AG, § 80 ZPO TG, Art. 155 ZPO TI, VD Art. 1 loi sur l'assistance judiciaire en matière civile, GE Art. 143A loi sur l'organisation judiciaire). Zugelassen zur unentgeltlichen Rechtspflege scheinen die Kollektiv- und Kommanditgesellschaften namentlich in den Kantonen Aargau (EICHENBERGER, Beiträge zum aargauischen Zivilprozessrecht, S. 91; derselbe, N 2 zu § 125 ZPO AG) und Thurgau zu sein (vgl. Bundesgerichtsentscheid vom 8. September 1989 i.S. C. c. S.). cc) Damit verwandt sind die Regelungen einer dritten Gruppe, wonach die Prozessarmut davon abhängig ist, dass die Partei die BGE 116 II 651 S. 654 Prozessmittel neben dem Lebensunterhalt für sich und ihre Familie nicht aufbringen kann, was ebenfalls bloss auf natürliche Personen zugeschnitten sein dürfte ( Art. 77 ZPO BE, Art. 98 ZPO OW, Art. 51 GG NW, Art. 53 ZPO GL, § 46 ZPO ZG, FR Art. 1 des Gesetzes betreffend die unentgeltliche Rechtspflege, Art. 127 ZPO SH, Art. 98 ZPO AI, Art. 156 ZPO SG, Art. 76 ZPO JU, VS Art. 4 des Gesetzes zur Verminderung der Ausgaben an Gerichtskosten und zum Zwecke der Abänderung einiger Artikel der Prozessordnung). Befürwortet wird die unentgeltliche Rechtspflege für Kollektiv- und Kommanditgesellschaften namentlich in den Kantonen Bern (LEUCH, N 2 zu Art. 77 ZPO BE), Glarus (THOMAS NUSSBAUMER, Ausgewählte Rechtsbehelfe der Glarner Zivilprozessordnung, Diss. Zürich 1980, S. 41) und Zug (KURT MEYER, Das zivilprozessuale Armenrecht im Kanton Zug, Diss. Freiburg 1952, S. 81). dd) Eine vierte Gruppe schliesslich nimmt die Handelsgesellschaften vom Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege ausdrücklich aus ( § 84 Abs. 3 ZPO ZH, Art. 87 Abs. 2 ZPO AR allerdings beschränkt auf den Regelfall, Art. 42 Abs. 5 ZPO GR). c) In der schweizerischen Literatur wird im allgemeinen die Auffassung vertreten, den Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sei bei eigener Prozessarmut und solcher ihrer unbeschränkt haftenden Gesellschafter für nicht aussichtslose Vorkehren das Recht der unentgeltlichen Rechtspflege zu gewähren (vgl. neben den zu den einzelnen kantonalen Regelungen aufgeführten Autoren namentlich SONTAG, SAG 21/1948/49, S. 94/5; FRITZ VON STEIGER, SAG 23/1950/51, S. 161 ff.; WAMISTER, a.a.O., S. 73; FAVRE, a.a.O., S. 102). Die deutsche (§ 116 Ziff. 2) und die österreichische (§ 63 Abs. 2) ZPO ermöglichen die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege auch an juristische Personen und parteifähige Vereinigungen (DZPO) oder Gebilde (AZPO), wenn die erforderlichen Mittel weder von ihnen noch von den am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können. d) Den Kollektiv- und den Kommanditgesellschaften geht nach schweizerischer Auffassung die Rechtspersönlichkeit ab ( BGE 95 II 549 E. 2). Sie erscheinen als Gesamthandgemeinschaften, die allerdings in bestimmten Hinsichten wie juristische Personen behandelt werden (MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, Grundriss des schweizerischen Gesellschaftsrechts, 6. Aufl. 1989, S. 205 Rz. 15 und S. 223 Rz. 14; WERNER VON STEIGER, SPR VIII/1, S. 244/5, BGE 116 II 651 S. 655 528 ff. und 589/90; BUCHER, N 110 zu Art. 11 ZGB ). BUCHER spricht von der geläufigen Formel, diese Gesellschaften im Innenverhältnis als Gesamthandschaften, im Aussenverhältnis dagegen als juristische Personen zu bezeichnen (N 49 zu Art. 11 ZGB ). Das Bundesgericht hat in BGE 88 II 388 (E. 3) die juristischen Personen vom Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 152 OG ausgenommen, weil sie im Sinne des Gesetzes nicht "bedürftig" oder nach dem französischen Gesetzestext nicht "dans le besoin" sein könnten. Dem Gesetzgeber habe vorgeschwebt, den armen wie den reichen Mann gleichermassen zur Rechtsverfolgung zuzulassen. Die Rechtsgleichheit könne aber im hier interessierenden Bereich zwischen natürlichen und juristischen Personen nicht angerufen werden. Auf die Verhältnisse der weiteren Beteiligten, namentlich der Mitglieder der juristischen Person, könne nichts ankommen, da nicht ihr Prozess geführt werde. Vieles spricht dafür, diese Erwägungen auch gegenüber Kollektiv- und Kommanditgesellschaften anzuwenden und sie entsprechend vom Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 152 OG auszuschliessen. Nach deutschem Recht werden die parteifähigen Vereinigungen in dieser Hinsicht den juristischen Personen gleichgesetzt (§ 116 Ziff. 2 DZPO), was namentlich damit begründet wird, dass die für natürliche Personen geltenden Kriterien der Prozessarmut auf sie nicht anwendbar seien (ROSENBERG/SCHWAB, Zivilprozessrecht, 14. Aufl. 1986, S. 522). Demgegenüber ist nicht zu übersehen, dass die Kollektiv- und Kommanditgesellschaften namentlich in vermögensrechtlicher Hinsicht Gesamthandverhältnisse sind, die zwar selbständig Vermögensrechte unter eigener Firma erwerben können (WERNER VON STEIGER, a.a.O., S. 529), dieses Sondervermögen aber in Wirklichkeit nicht der Gesellschaft, sondern den Gesellschaftern zu gesamter Hand zusteht und diese Träger der Rechte und Pflichten sind (MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, a.a.O., S. 205 Rz. 16). Ein gegen die parteifähige Gesellschaft ergehendes Urteil berührt daher unmittelbar auch die Gesellschafter persönlich, entfaltet ihnen gegenüber formelle und materielle Rechtskraftwirkung, soweit nicht ausschliesslich persönliche Einreden in Frage stehen ( BGE 71 II 40 ). Ein gegen die Gesellschaft ergangenes Urteil gibt daher einen Rechtsöffnungstitel - nach herrschender Auffassung allerdings bloss einen provisorischen - auch gegen die unbeschränkt haftenden Gesellschafter ab (SIEGWART, N 12 zu Art. 562 OR ; HARTMANN, N 16 zu Art. 562 OR ; WERNER VON STEIGER, a.a.O., BGE 116 II 651 S. 656 S. 533). Sie haften für die Gesellschaftsschulden solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen (Art. 568 Abs. 1 und 594 Abs. 1 OR). Diese materielle Rechtsträgerschaft der Gesellschafter aber unterscheidet die Personengesellschaften entscheidend von den juristischen Personen, auch von der Konkursmasse ( BGE 61 III 170 ), so dass sich nicht rechtfertigt, sie grundsätzlich vom Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege auszuschliessen. Insbesondere ist auch zu beachten, dass die Gesellschafter - im Gegensatz zu den Konkursgläubigern - keine Möglichkeit haben, einen Prozess an Stelle der Gesellschaft in eigenem Namen oder in Prozessstandschaft zu führen, insbesondere nicht auf der Passivseite. Die Personengesellschaften sind daher insoweit den natürlichen und nicht den juristischen Personen gleichzusetzen. Damit ist gleichzeitig gesagt, dass die Gewährung des Rechts zur unentgeltlichen Prozessführung an Kollektiv- und Kommanditgesellschaften nur in Frage kommt, wenn die Prozessarmut sowohl der Gesellschaft wie aller unbeschränkt haftenden Gesellschafter erstellt ist (statt vieler LEUCH, a.a.O.). Sind ein oder mehrere unbeschränkt haftende Gesellschafter in der Lage, für die Prozesskosten aufzukommen, obliegt ihnen als materielle Rechtsträger auch die Vorschusspflicht. Die Bedürftigkeit bloss einzelner Gesellschafter gibt keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, da im Gesellschaftsprozess keine Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. BGE 115 Ia 193 ). Die unentgeltliche Rechtspflege kann entzogen werden, wenn die Gesellschaft oder einer ihrer unbeschränkt haftenden, bisherigen oder neu eingetretenen Gesellschafter zur Bevorschussung zusätzlicher Prozesskosten in die Lage kommt. Über ihre Solidarhaftung unterstehen sodann auch die Kollektivgesellschafter und die Komplementäre dem Rückforderungsvorbehalt von Art. 152 Abs. 3 OG .
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Sachverhalt ab Seite 387 BGE 129 V 387 S. 387 A.- In teilweiser Gutheissung der Klage der Sammelstiftung BVG der "Zürich" Lebensversicherungs-Gesellschaft (vom 5. November BGE 129 V 387 S. 388
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Sachverhalt ab Seite 160 BGE 99 Ib 159 S. 160 A.- Das Bundesgesetz über die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstandes vom 3. Oktober 1951 (LwG) bezweckt, durch seine Vorschriften einen gesunden Bauernstand und im Dienste der Landesversorgung eine leistungsfähige Landwirtschaft zu erhalten und sie unter Wahrung der Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft zu fördern. Um dieses Ziel erreichen zu können, ist der Bundesrat unter anderem befugt, die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse mengenmässig zu beschränken oder Zollzuschläge zu erheben, wenn der Absatz inländischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu angemessenen Preisen durch die Einfuhr gleichartiger landwirtschaftlicher Erzeugnisse gefährdet wird. Ferner können die Importeure unter den gleichen Voraussetzungen verpflichtet werden, gleichartige Erzeugnisse inländischer Herkunft und handelsüblicher Qualität in einem zumutbaren Verhältnis zur Einfuhr zu übernehmen ( Art. 23 Abs. 1 LwG ). Wenn für die Verwertung einheimischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse infolge der Einfuhr eines nicht gleichartigen Produktes eine nicht mehr tragbare Konkurrenz entsteht, kann auch für diese nicht gleichartigen Produkte die Einfuhr beschränkt und eine Übernahmepflicht im dargelegten Sinne angeordnet werden, allerdings nur vorübergehend ( Art. 23 Abs. 2 LwG ). Sofern die Einfuhr bewilligungspflichtig ist, sind die Einfuhrberechtigungen periodisch neu zu ordnen, wobei eine ausreichende Kontingentsreserve zur Anpassung an wechselnde Verhältnisse zu schaffen ist (Abs. 3). BGE 99 Ib 159 S. 161 Um Preiszusammenbrüche bei wichtigen landwirtschaftlichen Produkten zu vermeiden, kann der Bund sodann befristete Einzelaktionen zur Marktentlastung im Sinne der Überschussverwertung, insbesondere durch Unterstützung der Lagerhal.. tung, durchführen oder weitere im allgemeinen Interesse liegende Massnahmen zur Absatzförderung unterstützen ( Art. 25 LwG ). Art. 117 LwG überträgt dem Bundesrat die Vollziehung des Gesetzes und den Erlass der erforderlichen Ausführungsbestimmungen, soweit das Gesetz ihn nicht dem Eidg. Volkswirtschaftsdepartement (EVD) oder ihm nachgeordneten Amtsstellen übertragen hat. In Ausführung von Art. 23 und anderer Bestimmungen des Gesetzes erliess der Bundesrat am 30. Dezember 1953 die seither ausser Kraft gesetzte Verordnung betreffend Schlachtviehmarkt und Fleischversorgung (SVO). Art. 6-9 der Verordnung regelten die Einfuhrbeschränkungen für Schlachtvieh, Fleisch, Wurstwaren usw. und bezeichneten die Waren, die nur auf Grund einer Bewilligung eingeführt werden durften. Dazu gehörte Fleisch der Zolltarifnummern 76 a bis 78, Pferde, Füllen, Ochsen, Stiere, Kühe, Rinder usw., Schweine zum Schlachten und in Hälften. Art. 9 umschrieb die Einfuhrberechtigung. Aus den hier interessierenden Bestimmungen (Art. 9 Abs. 1 lit. a-c) ergibt sich, dass die Firmen des Lebensmittelhandels, die gewerbsmässig und dauernd Fleischwaren vertreiben, nur zur Einfuhr von konserviertem Fleisch und von gefrorenen Nierstücken sowie gefrorenen Schafen einfuhrberechtigt waren, nicht aber für andere Fleischarten wie beispielsweise Binden und Bindenstotzen. Einfuhrbewilligungen wurden nur nach Massgabe der Einzelkontingente erteilt. Art. 10 befasste sich mit deren Bemessung. Die Art. 12 ff. regelten die Übernahmepflicht der Importeure in Form der Überschussverwertung. Nach Art. 12 wurden die Importeure von Schlachtvieh, Pferden und Füllen zum Schlachten, von Fleisch in ganzen Tierkörpern, Hälften und Vierteln, sowie von Stotzen und von Wurstfleisch als übernahmepflichtig erklärt. Importeure, bei denen aus besondern Gründen die Überschussverwertung eine aussergewöhnliche Härte bedeutete, konnten sich durch Leistung einer Ersatzabgabe von der Übernahmepflicht befreien (Art. 16). Art. 25 SVO sah die Bildung einer gemeinsamen Organisation der am Schlachtvieh- und Fleischabsatz interessierten Kreise vor, die unter gewissen Voraussetzungen für bestimmte Vollzugsaufgaben BGE 99 Ib 159 S. 162 herangezogen werden kann. Mit der "Vereinbarung über die Schlachtviehordnung" vom 22. Dezember 1953 gründeten solche Kreise als gemeinsame Organisation in diesem Sinne die Schweizerische Genossenschaft für Schlachtvieh- und Fleischversorgung (GSF), die heute noch besteht und die Kontingentierung technisch durchführt. Die SVO wurde im Laufe der Jahre verschiedentlich in Einzelpunkten revidiert und sodann durch die Verordnung über den Schlachtviehmarkt und die Fleischversorgung (Schlachtviehverordnung vom 27. September 1971) ersetzt. Die neue Verordnung trat am 15. Oktober 1971 in Kraft. Art. 6 bezeichnet die Waren, deren Einfuhr beschränkt werden kann. Es gehören dazu u.a. Kälber, Rinder, Kühe und Tiere der Schweinegattung, sowie deren Fleisch und geniessbare Schlachtnebenprodukte. Alle diese Tiere und Produkte dürfen nur auf Grund von Bewilligungen eingeführt werden. Solche werden im allgemeinen nach Massgabe der Verfügbarkeit von Einzelkontingenten auf Gesuch hin erteilt und sind nicht übertragbar (Art. 7 SVO). Art. 12 umschreibt die Einfuhrberechtigung; Art. 14 befasst sich mit den sogenannten Gruppenkontingenten. Die Art. 17 und 18 handeln von den Kontingentsgrundlagen für die Berechnung der Kontingente der einzelnen Einfuhrberechtigten. Die Art. 24 ff. regeln die Verpflichtung der Importeure zur Übernahme von Schlachtvieh durch Marktabräumung und Überschussverwertung. Nach Art. 24 sind die Importeure der in Art. 6 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 lit. a genannten Waren, ausgenommen Schlachtnebenprodukte und Koscherfleisch, unter näher beschriebenen Voraussetzungen verpflichtet, inländisches Schlachtvieh nach den Weisungen der Abteilung für Landwirtschaft (ALw) in einem zumutbaren Verhältnis zu ihren gleichartigen Einfuhren zu übernehmen. Die Importeure haben diese Übernahmepflicht grundsätzlich durch Beteiligung an der pflichtgemässen Überschussverwertung zu erfüllen, so beispielsweise durch Einfrieren von Fleisch von Grossvieh, Kälbern usw. An der Marktabräumung haben sich dagegen nur einfuhrberechtigte Schlachtviehhandelsfirmen zu beteiligen (Art. 24 Abs. 2). Art. 31 handelt von der Befreiung von der Übernahmepflicht in Härtefällen durch Leistung einer Ersatzabgabe. Nach Art. 47 Abs. 1 lit. e kann dauernd oder vorübergehend von der Einfuhrberechtigung ausgeschlossen werden, wer die Übernahmepflicht nicht erfüllt. BGE 99 Ib 159 S. 163 B.- Die Firma Hans Giger AG in Bern befasst sich mit dem Import en gros von Lebensmitteln. Sie führte u.a. gefrorenes Fleisch ein, anfänglich Hinter- und Vorderviertel, später auch Nierstücke, Bindenstotzen und Schaffleisch. Nach ihren Angaben machte der Anteil an der Einfuhr von gefrorenem und gekühltem Fleisch inklusive Schlachtnebenprodukte in den Jahren 1970 und 1971 rund 50% ihres Gesamtumsatzes aus. Auf Grund ihrer frühern Handelstätigkeit erhielt sie unter der Herrschaft der SVO von 1953 ein Kontingent von 20% der Einfuhrmenge an Binden und Bindenstotzen und ein Nierstückkontingent von 12% des Gesamtkontingentes; das letztere Kontingent wurde jedoch ab 1965 nach und nach reduziert und sank 1971 auf 6,41%. Die Hans Giger AG verkaufte das eingeführte Fleisch bis 1971 ausschliesslich an Metzger- und Fleischhandelsbetriebe. Im Jahre 1971 hat sie nach ihren Angaben ca. 1300 Abnehmer in 10'500 Einzellieferungen bedient. Der Reingewinn auf Bindenstotzen, Binden und Nierstücken habe 1971 rund 1,12% betragen. Am 13. Juli 1972 setzte die ALw das Einfuhrkontingent der Firma Hans Giger AG auf Grund der SVO vom 27. September 1971 für Bindenstotzen bzw. zugeschnittene Rindsbinden neu fest und wies ihr 10% der Importmenge, d.h. das gesamte Wirtschaftsgruppenkontingent des Lebensmittelhandels zu, dies deswegen, weil sich keine andern Lebensmittelhandelsfirmen über regelmässige Lieferungen von Stotzen bzw. Binden an die Bindenfleischfabrikanten ausweisen konnten. Am 4. August 1972 setzte sie sodann ihr Kontingent für die Einfuhr von Rindsnierstücken neu fest. Danach betrug ihr Anteil an der Einfuhr 3'1093% der jeweils alle 14 Tage freizugebenden Menge. Diese Regelung sollte vom 7. August 1972 bis anfangs Juli 1973 gelten. Mit Eingaben vom 15. Juli und 11. August 1972 wandte sich die Hans Giger AG an die ALw und verlangte eine Abänderung der Zuteilung zu ihren Gunsten. Die ALw unterbreitete die Eingaben dem EVD, das die ALw anwies, in ihrem ursprünglichen Sinne zu verfügen. Die ALw erliess daher am 7. September eine entsprechende definitive Verfügung. C.- Die Hans Giger AG zieht die Verfügung mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weiter und stellt folgende Begehren: "1. Die Kontingente der Beschwerdeführerin für BGE 99 Ib 159 S. 164 a) Binden und Bindenstotzen b) Rindsnierstücke seien in Abänderung der Kontingentszuteilung gemäss der angefochtenen Verfügung vom 7. September 1972 zu erhöhen und so zu bemessen, wie sie sich ergeben, wenn die angefochtenen Kürzungen der Gruppenkontingente des Lebensmittelhandels nicht berücksichtigt werden. Eventuell sei die Sache an das EVD und die Abteilung für Landwirtschaft zurückzuweisen mit der Weisung, die Kontingente im anbegehrten Sinne festzusetzen. Gleichzeitig sei durch Erlass einer Feststellungsverfügung zu erkennen, dass die Festsetzung des Gruppenkontingentes des Lebensmittelhandels für Binden und Bindenstotzen auf bloss 10% und die Kürzung des Anteiles des Lebensmittelhandels an den Nierstücken von 14,75 % auf 12% gesetz- und verfassungswidrig sind und somit nicht berücksichtigt werden dürfen. 2. Es sei durch Erlass einer Feststellungsverfügung ferner zu erkennen, a) Hinsichtlich der Kontingentsgrundlagen: - dass die den Lebensmittelhandelsfirmen durch Art. 12/b/cc der neuen Schlachtviehordnung ab 1. Januar 1976 auferlegte Pflicht zur Übernahme von mindestens 25% inländischer Binden und Bindenstotzen gesetz- und verfassungswidrig ist und deswegen für die Beschwerdeführerin zur Erhaltung ihres Kontingentes für diese Fleischsorten entfällt, wobei eine Übernahme im Rahmen einer allfälligen Überschussverwertung vorbehalten bleibt; - dass es gesetz- und verfassungswidrig ist, wenn gemäss Art. 18 Abs. 4 der neuen Schlachtviehordnung als Kontingentsgrundlage der Lebensmittelhandelsfirmen für Rindsnierstücke neben den Importen auch im Inland zugekaufte Rindsnierstücke (bzw. solche, die in Hintervierteln oder Pistolas inländischer Herkunft enthalten sind) mitberücksichtigt werden, und dass somit die Einzelkontingente der Gruppe des Lebensmittelhandels nur auf Grund der Importe zu bestimmen sind. b) Hinsichtlich der Überschussverwertung: - dass es dem Landwirtschaftsgesetz und den bei seiner Durchführung zu beachtenden Verfassungsgrundsätzen widerspricht, eine selber nicht schlachtende und hinsichtlich der Importe auf bestimmte Stücke beschränkte Lebensmittelhandelsfirma im Rahmen der Überschussverwertung zur Übernahme inländischen Viehs zu verpflichten, und dass der Beschwerdeführerin somit auch weiterhin zu gestatten ist, sich an der Überschussverwertung wie bisher durch Leistung einer Ersatzabgabe zu beteiligen. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens seien der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und es sei der Beschwerdeführerin eine Entschädigung für ihre Partei- und Anwaltskosten zuzuerkennen." D.- Die ALw und das EVD beantragen die Abweisung der Beschwerde. Der Instruktionsrichter verfügte den Beizug der Vernehmlassung BGE 99 Ib 159 S. 165 der Kartellkommission zum Entwurf für die neue Schlachtviehverordnung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Die Beschwerdeführerin ficht die zahlenmässige Berechnungsweise der ihr auf Grund der neuen SVO zugeteilten Einfuhrkontingente nicht an. Dagegen erklärt sie, es müssten ihr grössere Anteile an den Einfuhrmengen zugeteilt werden, weil die neue Ordnung als solche teilweise gesetz- und verfassungswidrig sei. Zudem sei die Ordnung ungesetzlich, insoweit sie sie durch die Auferlegung von Übernahmepflichten zu einer Änderung ihrer Geschäftstätigkeit zwinge. Die SVO stellt eine bundesrätliche Verordnung dar, die auf Grund der in Art. 23 und 117 LwG enthaltenen Ermächtigungen erlassen wurde. Das Bundesgericht kann Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen ( BGE 99 Ib 62 ). Es unterwirft dieser Kontrolle insbesondere die auf eine gesetzliche Delegation gestützten (unselbständigen) Verordnungen des Bundesrates. Es prüft, ob solche Verordnungen sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnungen ( BGE 94 I 88 Erw. 1; auch BGE 97 II 272 ). Die Ausführungsverordnung muss sich somit innerhalb der vom Gesetz gewollten Ordnung halten. Sie kann ergänzende Verfahrensbestimmungen aufstellen, gewisse Gesetzesvorschriften näher präzisieren und eventuelle Lücken ausfüllen. Soweit nicht eine ausdrückliche Ermächtigung vorliegt, kann die Verordnung nicht neue Vorschriften aufstellen, die die Rechte der Bürger beschränken oder ihnen neue Pflichten auferlegen, selbst wenn diese Regeln sich noch mit dem Zweck des Gesetzes vertragen (BGE 98 I a 286 Erw. 6). Die Gesetz- oder Verfassungswidrigkeit einer Verordnungsvorschrift kann der betroffene Bürger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anlässlich einer auf sie gestützten Einzelverfügung rügen ( BGE 92 I 431 Erw. 3; BGE 99 Ib 62 mit Hinweisen). b) Mit ihrem Begehren, es sei die Kontingentszuteilung abzuändern, verbindet die Beschwerdeführerin den Antrag, es sei zu erkennen, dass die Festsetzung der Gruppenkontingente BGE 99 Ib 159 S. 166 des Lebensmittelhandels für Binden und Bindenstotzen und die Kürzung des Anteils desselben an den Nierstücken gesetz- und verfassungswidrig seien. Sie räumt selber ein, dieses Begehren könnte als blosses Motiv für das Leistungsbegehren verstanden werden. Es komme ihm jedoch insofern selbständige Bedeutung zu, als es dabei um die Feststellung der Zulässigkeit der Beschränkung der Gruppenkontingente, nicht nur um die Festsetzung der Einzelkontingente gehe. Feststellungsbegehren sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig, wenn daran ein schutzwürdiges Interesse besteht ( BGE 98 Ib 459 Erw. 6 b). Die Beschwerdeführerin ficht sowohl die Bemessung der Gruppenkontingente als solche als auch die Berechnungsweisen innerhalb des Gruppenkontingents an. Sie macht jedoch selbst geltend, die Frage der Bemessung der Einzelkontingente sei von derjenigen nach der Zulässigkeit einer Kürzung der Gruppenkontingente nicht abtrennbar. Für eine besondere Feststellung der Unzulässigkeit der Kürzung der Gruppenkontingente besteht somit kein Anlass und damit kein hinreichend schutzwürdiges Interesse. Hingegen erscheint es gerechtfertigt, ein Feststellungsurteil zu treffen über die Zulässigkeit der Vorschriften, die die Beschwerdeführerin verpflichten, ab 1976 mindestens 25% inländischer Binden und Bindenstotzen zu übernehmen. Ein Feststellungsanspruch kann nämlich auch hinsichtlich erst in der Zukunft eintretender öffentlichrechtlicher Rechte und Pflichten bestehen, sofern diese hinreichend konkret sind und jetzt schon ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Feststellung besteht. Dass ein schutzwürdiges Interesse genügt, ergibt sich aus Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 lit. b VwG und Art. 1931it. a OG; nach Massgabe dieser Bestimmungen können nämlich beim Bundesgericht Feststellungsverfügungen dann angefochten werden, wenn sie sich einerseits auföffentliches Recht des Bundes stützen und anderseits der Beschwerdeführer durch die Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (vgl. zum Feststellungsinteresse BGE 98 Ib 459 Erw. 6 b; GUENG, Zur Tragweite des Feststellungsanspruches gemäss Art. 25 VwG, in SJZ 67 (1971) S. 370 ff.; MÜLLER, Vorbeugender Verwaltungsrechtsschutz, in Zeitschr. für Walliser Rechtsprechung, 5 (1971) S. 345 ff.). Wie die Beschwerdeführerin glaubhaft dartut, würde sie im Falle der Rechtsbeständigkeit der Vorschrift gezwungen, ihren BGE 99 Ib 159 S. 167 Geschäftsbereich auf Gebiete auszudehnen, in denen sie bisher nicht tätig war, was für sie mit Unzukömmlichkeiten verbunden wäre. Mit der organisatorischen Umstellung müsste sie bereits vor 1976 beginnen. Sie hat deshalb ein schutzwürdiges Interesse, jetzt schon zu wissen, ob sie mit Recht zu dieser Umstellung in ihrer Geschäftstätigkeit verhalten werden kann. Dasselbe trifft, wenn auch in weniger einschneidendem Masse, zu für die von der Beschwerdeführerin anbegehrte Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, sich an der Überschussverwertung anders als in der bisherigen Weise, d.h. mit einer Geldzahlung, zu beteiligen. Zwar ist die Beschwerdeführerin durch die angefochtene Verfügung nicht gehalten, sich an der Überschussverwertung durch Übernahme von Inlandfleisch zu beteiligen, und es ist auch nicht darüber befunden worden, dass dies in Zukunft nicht durch Leistung einer Ersatzabgabe im Sinne von Art. 31 SVO geschehen kann. Wann es wieder zu einer Überschussverwertung kommt, ist ungewiss. So war im Jahre 1972 beispielsweise hinsichtlich des Absatzes von Rindfleisch keine solche nötig; Überschussverwertungen scheinen überhaupt nur selten angeordnet zu werden (vgl. Bericht der Expertenkommission für die Revision der Schlachtviehordnung, S. 152). Doch können einerseits die in der Verordnung genannten Voraussetzungen für die Beteiligung an der Überschussverwertung in Zukunft eintreten; anderseits hat die ALw durch das Schreiben vom 15. November 1971 zum Ausdruck gebracht, dass sie Art. 31 SVO einschränkend anzuwenden gedenkt. Die Beschwerdeführerin tut wiederum glaubhaft dar, dass die Realübernahme von Inlandfleisch im Zuge der Überschussverwertung sie zu einer Änderung ihrer bisherigen Betätigungsweise zwingen würde und dass sie bereits jetzt damit beginnen müsste, die organisatorischen Voraussetzungen für die Umstrukturierung ihrer Handelstätigkeit zu schaffen. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren, für das hinsichtlich der Feststellungsbegehren Art. 25 VwG Recht schafft (98 Ib 457; GUENG und MÜLLER, a.a.O.), entsprechende Anträge auf Erlass einer Feststellungsverfügung gestellt. Die angefochtene Verfügung spricht sich zu diesen Feststellungsbegehren nicht direkt aus, sondern erwähnt sie einzig in der Darstellung des rechtserheblichen Sachverhaltes. Es ist deshalb anzunehmen, dass die Begehren als stillschweigend abgelehnt zu gelten haben. Die ALw ist mit dieser Betrachtungsweise BGE 99 Ib 159 S. 168 einverstanden. Es ist deshalb auf den in Ziff. 2 der Beschwerdebegehren enthaltenen Feststellungsantrag einzutreten. 3. a) Art. 23 LwG sieht drei Arten von Massnahmen zum Schutze der inländischen landwirtschaftlichen Erzeugung vor, wenn diese durch die Einfuhr gefährdet wird: einmal die mengenmässige Beschränkung der Einfuhr gleichartiger Erzeugnisse, sodann die Erhebung von Zollzuschlägen und schliesslich die Verpflichtung der Importeure zur Übernahme gleichartiger inländischer Erzeugnisse in einem zumutbaren Verhältnis zur Einfuhr (Leistungssystem). Diese Massnahmen können unabhängig voneinander oder kombiniert angeordnet werden. Genügen sie nicht, weil durch die Einfuhr nicht gleichartiger Produkte der Absatz der Inlandware beschränkt wird, kann der Bundesrat auch die Einfuhr nicht gleichartiger Produkte beschränken; schliesslich kann er, wenn Preiszusammenbrüche drohen, besondere Verwertungsmassnahmen anordnen. Die revidierte SVO setzt, wie die alte Ordnung, sowohl die Kontingentierung der Einfuhr (Art. 5 ff.), wie auch das Leistungssystem (Art. 24 ff.) als Schutzmassnahmen ein. Beide Massnahmen setzen voraus, dass der Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu angemessenen Preisen durch die Einfuhr gefährdet ist ( Art. 23 Abs. 1 LwG ). Von der Beschwerdeführerin wird nicht bestritten, dass die Voraussetzungen für beide Massnahmen gegeben sind. Die Rüge, die Kontingentierung sei nicht begründet, erhebt sie mit Recht nicht; denn sowohl die mengenmässige Beschränkung der Einfuhr als auch die Pflicht zur Übernahme gleichartiger landwirtschaftlicher Erzeugnisse inländischer Herkunft finden ihre Grundlage im Gesetz; auch sind die Absatzverhältnisse für die Inlanderzeugung unbestrittenermassen derart, dass Massnahmen zu ihrem Schutz angezeigt sind. Diese gesetzliche Ordnung hat das Bundesgericht hinzunehmen; namentlich hat es nicht zu prüfen, ob eine andere Einfuhrregelung auch möglich und zweckmässig wäre. b) Mit einer Beschränkung der Einfuhr können verschiedene Ziele angestrebt werden. Neben dem Schutz inländischer Wirtschaftszweige gegen ausländische Konkurrenz vermögen etwa aussenhandelspolitische oder konjukturpolitische Absichten gefördert werden (vgl. FREI, Kontingentierung und Einfuhrbeschränkung, Diss. Bern 1941, S. 31). Es kann auch versucht werden, mit ihr den Aufbau eines bestimmten Wirtschaftszweiges BGE 99 Ib 159 S. 169 zu beeinflussen (vgl. BGE 97 I 302 Erw. 3 d; LYK, Wirtschaftspolitisch motivierte Bewilligungspflichten im schweizerischen Recht, Diss. Bern 1970, S. 60, Anm. 179). Die Zielsetzung der Importbeschränkung für landwirtschaftliche Erzeugnisse ist in Art. 23 LwG umschrieben. Sie soll der Förderung der einheimischen Landwirtschaft durch Sicherung des Absatzes inländischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu angemessenen Preisen dienen ( BGE 95 I 297 ). Über die Art und Weise der Bemessung und Verteilung der Kontingente bei mengenmässiger Begrenzung der Einfuhr ist damit noch nichts gesagt. Das Gesetz schreibt einzig vor, dass die Einfuhrberechtigungen periodisch neu zu ordnen sind und eine angemessene Kontingentsreserve zu schaffen ist. Der Gesetzgeber hat damit dem Bundesrat nicht nur bei der Wahl der Massnahmen nach Art. 23 Abs. 1 LwG , sondern auch bezüglich der Kontingentsbemessung weites Ermessen eingeräumt. Das Bundesgericht kann daher hinsichtlich der Regelung der Kontingentseinräumung bei der Überprüfung der SVO nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen; es hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen ( BGE 88 I 280 Erw. 3) oder aus andern Gründen gesetz- oder verfassungswidrig seien ( BGE 97 I 583 Erw. 3 und 446; BGE 97 II 272 ). Insbesondere kann es nicht Aufgabe des Bundesgerichtes sein, zu untersuchen, ob die vorgesehenen Massnahmen wirtschaftlich zweckmässig sind oder nicht. Für die Zweckmässigkeit der angeordneten Massnahmen trägt der Bundesrat die Verantwortung, nicht das Bundesgericht. Die von ihm verordnete Regelung verstösst nur dann gegen Art. 4 BV , wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- und zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund in den tatsächlichen Verhältnissen nicht finden lässt ( BGE 96 I 143 ; BGE 97 I 782 Erw. 2 c). Freilich hat der Bundesrat bei der Kontingentierung auch auf die Interessen anderer Wirtschaftszweige Rücksicht zu nehmen. Ob zu ihnen auch die Konsumenten im allgemeinen gehören, mag offen bleiben. Das Bundesgericht könnte jedenfalls die Ordnung ganz oder teilweise nur aufheben, soweit sie offensichtlich die Rücksichtnahme auf die andern Wirtschaftszweige vermissen liesse. In welcher Weise die Kontingente ihrer Höhe nach festgesetzt BGE 99 Ib 159 S. 170 und verteilt werden, ist ein Problem, das der Bundesrat im Rahmen der gesetzlichen Zwecksetzung zu lösen hat. Nahe liegt eine Bemessung der Kontingente nach der bisherigen Importtätigkeit der Einfuhrberechtigten in einem bestimmten, der Einführung der Kontingentierung vorausliegenden Zeitraum. Ungleichheiten können leicht vermieden werden, wenn die Einfuhrberechtigung eines jeden bisherigen Importeurs gleichmässig gekürzt wird. Das war denn auch der Grundsatz für die Kontingentsbemessung unter der alten SVO für konserviertes Fleisch und Nierstücke, Wurstwaren, Schweineschmalz und Rinderfett (vgl. hiezu auch VEB 1952, S. 159). Indessen lässt sich eine solche Aufteilung nicht unbeschränkt aufrechterhalten, wenn das ganze System nicht erstarren und insbesondere neue Interessenten vom Import nicht dauernd ausgeschlossen werden sollen (vgl. zur Problematik einer solchen Ordnung GYGI, Interventionsrecht und Interventionsverwaltung, Bern 1958, S. 66 f.). Die vorgeschriebene Bereitstellung einer Kontingentsreserve vermag zwar Härten in letzterer Hinsicht zu mildern, wird aber nicht ausreichen, um bei sich stark ändernden Verhältnissen den Bedürfnissen zu genügen. Es wird sich daher nicht vermeiden lassen, dass bei dieser Art der mengenmässigen Beschränkung der Einfuhr die Importeure sich im Laufe der Zeit unter Umständen Kürzungen in ihren Zuteilungen gefallen lassen müssen ( BGE 97 I 743 , Erw. 3), sofern nicht bisherige Kontingentsinhaber auf ihr Kontingent verzichten oder es nicht mehr selber ausnützen. Eine Besitzstandsgarantie besteht in dieser Hinsicht nur, soweit sie ausdrücklich vorgesehen ist oder sich aus dem Sinne der Ordnung ergibt. Eine Revision der gesamten Ordnung ist daher unter Umständen angezeigt. Art. 23 LwG schreibt sie dem Bundesrat sogar zwingend vor. Die dort vorgesehene periodische Neufestsetzung der Einfuhrberechtigung kann sich dabei nicht allein auf die Umschreibung des Kreises der Einfuhrberechtigten beziehen, sondern auch auf das Ausmass der diesen zuzuerkennenden Kontingente. Es ergibt sich aus der Natur der zu ordnenden Verhältnisse, dass dabei auf die traditionellen Importberechtigten Rücksicht zu nehmen ist und einschneidende Veränderungen vermieden werden, wenn sie sich nicht aufdrängen, damit der Gesetzeszweck besser gewahrt werden kann. Das kann aber jedenfalls nicht bedeuten, dass nicht auch weitere, bisher am Import nicht beteiligte Kreise zur Einfuhr zugelassen BGE 99 Ib 159 S. 171 werden, wenn dafür ein sachlich gerechtfertigtes Bedürfnis besteht. Andernfalls müsste die Ordnung wiederum erstarren. Wird davon ausgegangen, dass nicht ohne gewichtige Gründe in die traditionelle Struktur eingegriffen werden soll, ist damit nicht gesagt, dass - wie die Beschwerdeführerin offenbar annimmt - einzig der Lebensmittelhandel dazu gehöre. Im Zeitpunkt der Revision der SVO gehörten bereits auch die Metzger und der Schlachtviehhandel dazu. Entgegen der Ordnung, wie sie beispielsweise bei der Futtermitteleinfuhr geschaffen wurde ( BGE 97 I 295 ) enthalten weder die gesetzliche Ordnung noch die Regelung auf der Verordnungsstufe eine Garantie der Erhaltung einer bestimmten Struktur, die bei der Neufassung der SVO zu berücksichtigen gewesen wäre. Ist die dem einzelnen Importeur zugeteilte Quote prozentmässig fixiert, kann eine Änderung dieser Quote im Sinne einer Erhöhung oder Ermässigung vor allem dann in Frage kommen, wenn die Gesamtmenge der eingeführten Erzeugnisse sich im allgemeinen oder der Zusammensetzung nach erheblich ändert. Es ist dabei unvermeidlich, dass jede Ordnung und jede Änderung dieser Ordnung die Verhältnisse, wie sie sich ohne staaliche Einfuhrregelung gestaltet haben, verändert und dass sie einen Zustand aufrechterhält, der von der Ordnung, wie sie sich bei Aufhebung der Einfuhrbeschränkung ergäbe, abweichen wird. Eine vollständige Wettbewerbsneutralität (vgl. dazu BGE 91 I 462 ) staatlicher Eingriffe ist nicht erreichbar; es ist gerade der Zweck des Eingriffs, den Wettbewerb in bestimmte Bahnen zu lenken. Die SVO erklärt denn auch nur hinsichtlich der Durchführung der in ihr enthaltenen Bestimmungen sei auf die Erhaltung des im Rahmen der Einfuhrbeschränkung möglichen Wettbewerbs gebührend Rücksicht zu nehmen (Art. 1 Abs. 2 SVO); sie setzt damit voraus, dass die Ordnung selber den Wettbewerb nach Massgabe ihrer Bestimmungen einschränkt. c) Die geltende SVO ist das Ergebnis umfangreicher und jahrelanger Vorarbeiten, in deren Verlauf die direkt am Fleischimport interessierten Kreise ausgiebig zu Wort gekommen sind. Die Revision der SVO verfolgte u.a. das Ziel, die Stellung des Lebensmittelhandels bei der Fleischeinfuhr zu beschneiden (vgl. Antrag des EVD an den Bundesrat vom 10. September 1971, S. 17). Eine gewisse Strukturänderung hinsichtlich der Importberechtigungen hatte die Revision der SVO somit unbestreitbar zum Ziel. Eine solche ist insoweit zulässig, als sie sich im Rahmen BGE 99 Ib 159 S. 172 des vom Gesetz angestrebten Zweckes hält und nicht ohne zwingende Gründe zum gänzlichen Ausschluss von bisher importberechtigten Gruppen führt. Die Veränderung in der Umschreibung der Einfuhrberechtigung und der Kontingentsbemessung wird vom Bundesrat mit einer stärkeren Berücksichtigung des sog. Leistungsprinzips, das von dem in Art. 23 Abs. 1 LwG niedergelegten Leistungssystem zu unterscheiden ist, begründet. Die neue SVO will demgemäss künftig die mengenmässige Bemessung der Kontingente danach bestimmen, was die einzelnen Wirtschaftsgruppen, die als Importberechtigte in Frage kommen können, im allgemeinen für den Absatz der Inlanderzeugung leisten; damit werden die Kontingente derjenigen Wirtschaftsgruppen, die - sei es auch als Folge ihrer spezifischen Berufsfunktion - für den Absatz von Inlandprodukten mehr leisten, zulasten der andern, die für den Absatz des im Inland erzeugten Fleisches nichts leisten, erhöht. Eine solche Bevorzugung macht das Gesetz dem Bundesrat nicht zur Pflicht; es verbietet sie ihm aber auch nicht. Sie ist im Gegenteil im Rahmen des LwG, das die einheimische Produktion fördern und ihren Absatz zu angemessenen Preisen ( Art. 29 LwG ) fördern will, sinnvoll. Übrigens kannten schon frühere Regelungen ähnliche Umschreibungen der Kontingentsbemessungsgrundlagen (z.B. Art. 3 der Verordnung des Bundesrates über die Beschränkung der Einfuhr vom 6. Mai 1932). Der Gedanke, für das Ausmass der Importberechtigung auf ein Leistungsprinzip abzustellen, ist somit im schweizerischen Wirtschaftsverwaltungsrecht nicht neu. Für den Absatz von Inlandware sind aber vor allem die Berufsgattungen von Bedeutung, die berufsmässig Inlandware kaufen und verwerten, wie die Schlachtviehhändler, die Metzger und die Bindenfleischfabrikanten, letztere soweit sie inländische zugeschnittene Binden und Bindenstotzen kaufen. Ohne ihre Tätigkeit wäre der reibungslose Inlandabsatz nicht gesichert. Die reinen Importfirmen erbringen dagegen für den Absatz von Inlanderzeugnissen keine Leistungen. Ihre berufliche Tätigkeit steht sogar in einem gewissen Gegensatz zu den Interessen der inländischen Produzenten, die Art. 23 LwG schützen will. Damit ist nicht gesagt, dass sie nicht auch ihrerseits volkswirtschaftlich eine gerechtfertigte Leistung erbringen. Eine gewisse Bevorzugung der Wirtschaftsgruppen, die sich mit der Verwertung der Inlandware befassen, ist aber auch aus BGE 99 Ib 159 S. 173 einem andern Grunde vertretbar. Erfahrungsgemäss ist das Importfleisch billiger als das im Inland erzeugte Fleisch, für das im Rahmen von Richtpreisen ein den Erfordernissen des Art. 29 LwG entsprechender Preis festgesetzt wird. Dürften die Käufer von Inlandware nicht oder nur in ungenügendem Masse importieren, dann könnten sie unter Umständen die Inlandware nur mit Verlust oder überhaupt nicht absetzen, es sei denn, die Importeure, die nur einführen, würden die Preise auf der gleichen Höhe halten. Im Interesse der Ausdehnung ihres Absatzes werden sie das vermutlich jedoch nicht tun, sondern, unter Verzicht auf einen Teil der ihnen sonst zufallenden Marge billiger verkaufen. Ein Abschöpfungssystem, wobei die abgeschöpften Beträge zur Verbilligung der Inlanderzeugung eingesetzt werden könnten, hat der Bundesrat aus rechtlichen Gründen beim gegenwärtigen Stande der Gesetzgebung für unzulässig gehalten. Er kann sich dabei darauf berufen, dass entsprechende Massnahmen anlässlich der Gesetzesberatung verworfen worden sind. Wenn deshalb nicht ein gespaltener Fleischpreis entstehen soll, was zu Störungen in der Versorgung führen müsste, ist den Abnehmern von Inlandware zu ermöglichen, in einem bestimmten Umfang zu importieren, damit sie beim Absatz von Inlandware und Importware auf Grund einer Mischrechnung kalkulieren und damit auch hinsichtlich der Inlandware mit den reinen Importeuren konkurrenzfähig bleiben können. Die SVO muss deshalb danach trachten, zwischen den Verwertern der Inlandproduktion und reinen Importfirmen ein gewisses Gleichgewicht herzustellen, das seiner Natur nach immer prekär bleiben wird, da die Verhältnisse sich nach Umfang und Preis des Angebotes ständig wandeln. Auf welcher Ebene sich dieses Gleichgewicht herstellen wird, ist schwer vorauszubestimmen. Wenn ein Ungleichgewicht entsteht, wird infolgedessen auch die Kontingentsbemessung geändert werden müssen. Die Herstellung eines Gleichgewichts ist eine ständige Aufgabe der Wirtschaftslenkung ähnlich wie die Erzielung eines Gleichgewichtes zwischen den verschiedenen Produktionszweigen durch die Preisparität nach Art. 30 LwG . Mit welchen Abstufungen in der Kontingentsbemessung versucht werden soll, dieses Gleichgewicht herzustellen, ist weitgehend eine Ermessensfrage, deren Beantwortung von der genauen Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse abhängt. Für eine Veränderung der bisherigen Kontingentsgrundlagen BGE 99 Ib 159 S. 174 zulasten des Lebensmittelhandels spricht in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Bedeutung der verschiedenen Arten von Einfuhren sich im Laufe der Zeit gewandelt hat. So hat sich gezeigt, dass die Einfuhr von lebendem Schlachtvieh gegenüber 1953, als die alte Kontingentsordnung eingeführt wurde, viel von ihrer Bedeutung verloren hat und dass die Importe sich mengenmässig mehr auf Rindsnierstücke und Binden verlagert haben. Die Einfuhrkontingente der für Schlachtvieh Einfuhrberechtigten und damit ihre Möglichkeit, mit Mischpreisen zu kalkulieren, hat an Bedeutung verloren, während die Kontingente der für Nierstücke Einfuhrberechtigten an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen haben. Die Absicht, die dadurch geschaffenen Veränderungen in der Struktur der Einfuhr durch eine stärkere Beteiligung der am Absatz von Inlandware tätigen Berufe zu korrigieren, ist vertretbar. Eine Kürzung des Gruppenkontingentes des Lebensmittelhandels hält sich deshalb im Rahmen des dem Bundesrat zustehenden Ermessens. Jede zahlenmässige Festsetzung eines Anteils in einem derart vielschichtigen System lässt sich nicht bis ins letzte auch zahlenmässig begründen. Sie ist immer Sache einer ermessensmässigen Abwägung. Der Bundesrat hat das ihm zustehende Ermessen nicht verletzt, als er unter Berücksichtigung der von ihm der ganzen Ordnung zugrundeliegenden massgebenden Gesichtspunkte, insbesondere des Leistungsprinzips im eben aufgezeigten Sinn, die Kontingentsanteile der Beschwerdeführerin bzw. des Lebensmittelhandels zu Gunsten der übrigen Gruppen herabsetzte. 4. Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze sind die Rügen der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der mengenmässigen Beschränkung der Einfuhr zu prüfen. Sie betreffen einmal die Umschreibung der Einfuhrberechtigung für Binden und Bindenstotzen, sodann die Festsetzung der Gruppenkontingente und schliesslich die Festlegung der Grundlagen für die Kontingentsberechnung bei der Einfuhr der Rindsnierstücke. a) Nach Art. 12 lit. b SVO sind für Bindenstotzen und zugeschnittene Binden einfuhrberechtigt die Bindenfleischfabrikanten sowie die Schlachtviehhandelsfirmen. Dazu kommen die Lebensmittelhandelsfirmen, die Bindenstotzen oder zugeschnittene Binden regelmässig in grösseren Mengen an Bindenfleischabrikanten liefern. Für diese letztere Gruppe von Einfuhrberechtigten BGE 99 Ib 159 S. 175 gilt zusätzlich, dass ihre Lieferungen ab 1. Januar 1976 im Ausmass von mindestens 25 Prozent auf Bindenstotzen und zugeschnittene Binden inländischer Herkunft entfallen müssen. Den Bindenfleischfabrikanten und den Schlachtviehhandelsfirmen ist eine Verpflichtung dieser Art nicht auferlegt. Die Beschwerdeführerin hat bisher nur Bindenstotzen und Binden ausländischer Herkunft vertrieben. Sie hat sich, wenn sie die Einfuhrberechtigung behalten will, ab 1976 zum Teil somit auf dem Inlandmarkt einzudecken. Sie wird damit zu einer Ausweitung ihrer Organisation genötigt. Sie wendet grundsätzlich ein, die Übernahmepflicht sei eine Folge der Einfuhrberechtigung, könne aber nicht zu ihrer Grundlage gemacht werden. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass es sich bei der Verpflichtung, Inlandware als Voraussetzung für die Kontingentserteilung zu übernehmen, nicht darum handelt, ihr Leistungen im Sinne des Leistungssystems aufzuerlegen, sondern um die Umschreibung der Einfuhrberechtigung. Dabei ist es nach dem Gesagten zulässig, die Einfuhrberechtigung abhängig zu machen von Leistungen für den Absatz von Inlanderzeugnissen, und unter Umständen Firmen ganz von ihr auszuschliessen, wenn sie keine solchen erbringen. Dass die Hans Giger AG im Inland damit in gleicher Weise tätig werden muss, wie andere Importeure das bereits tun, ist weder gesetzwidrig noch unverhältnismässig. Die Beschwerdeführerin behauptet auch nicht, der Umfang der ihr auferlegten Inlandleistung sei übermässig. Fragen kann sich, ob die Vorschrift gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstösst, denn den übrigen Einfuhrberechtigten, nämlich den Bindenfleischfabrikanten und Schlachtviehhandelsfirmen, werden solche Verpflichtungen nicht auferlegt. Es ist indes davon auszugehen, dass diese bereits, ohne dazu verpflichtet zu sein, zufolge der Natur ihrer Tätigkeit Inlandware in einem entsprechenden Masse übernehmen. Sollte diese Voraussetzung allerdings nicht oder nicht mehr bei allen Firmen zutreffen, würde die der Gruppe Lebensmittelhandel auferlegte zusätzliche Verpflichtung zum Bezug der Inlandware gegen das Gebot der Rechtsgleichheit verstossen, da in einem wesentlichen Punkte eine durch nichts gerechtferigte Ungleichbehandlung bewirkt würde. Lässt sich nämlich die Verpflichtung als Ausfluss des Leistungsprinzips rechtfertigen, so muss sie für alle Importeure gelten. Zu einer solchen Abweichung vom Grundsatz BGE 99 Ib 159 S. 176 der Rechtsgleichheit ist der Bundesrat nicht ermächtigt. Es wäre alsdann entweder diese zusätzliche Verpflichtung, weil rechtswidrig, nicht zu beachten oder, was dann naheliegender ist, den andern beiden Gruppen von Importberechtigten die gleiche Verpflichtung aufzuerlegen, soweit sie diese nicht schon von sich aus erfüllen. b) Die Beschwerdeführerin beanstandet sodann, dass die neue Verordnung die Gruppenkontingente für die Einfuhr von Binden und Bindenstotzen sowie von Nierstücken, soweit es den Lebensmittelhandel betrifft, auf 10 bzw. 12 Prozent herabgesetzt worden sind. Die Tatsache, dass die SVO für diese Einfuhren die Bildung von Gruppenkontingenten vorsieht - was u.a. von der Kartellkommission bemängelt worden ist - rügt die Beschwerdeführerin nicht. Sie lässt sich sachlich vertreten. Die Beschwerdeführerin sieht sich aber durch die Herabsetzung des Kontingentes für Binden und Bindenstotzen von 20 Prozent nach alter Regelung auf zehn Prozent, wobei sie erst noch damit rechnen müsse, dass im Laufe der Zeit neue Kontingentsansprecher auftreten und sich mit ihr in das Gruppenkontingent teilen könnten, benachteiligt. Letzteres ist von der Beschwerdeführerin hinzunehmen, da sie keinen Anspruch darauf besitzt, auch in der Zukunft allein von allen Lebensmittelhandelsfirmen für Binden und Bindenstotzen einfuhrberechtigt zu sein. Unbeachtlich muss in diesem Zusammenhang allerdings auch der Hinweis der Verwaltung darauf bleiben, dass nach der ausser Kraft gesetzten Ordnung die Beschwerdeführerin überhaupt keinen Anspruch gehabt habe, Binden und Bindenstotzen importieren zu dürfen. Es ist davon auszugehen, dass sie gemäss der alten Ordnung ein solches Kontingent besass und dass dieses nun erheblich reduziert werden soll. Die zahlenmässige Festsetzung der Gruppenkontingente ist, wie ausgeführt, eine Ermessensfrage. Die Beschwerdeführerin kann daher mit ihrem Begehren nur durchdringen, wenn sie den Nachweis einer Überschreitung des Ermessens seitens des Bundesrates oder eine Verfassungs- oder Gesetzesverletzung nachweist. Dadurch, dass der Bundesrat bei der Aufteilung der Kontingente die Tatsache berücksichtigte, dass einzelne importberechtigte Wirtschaftszweige für den Inlandabsatz grössere Leistungen erbrachten als andere, hat er sein Ermessen - wie bereits dargelegt worden ist - nicht überschritten. Hinsichtlich der mengenmässigen Aufteilung durfte der BGE 99 Ib 159 S. 177 Bundesrat die Entwicklung der Verhältnisse berücksichtigen, wie sie seit dem Inkrafttreten der alten SVO eingetreten waren. Die Kontingentsfestsetzung darf deshalb nicht allein im Hinblick auf die prozentuale Verteilung nach alter und neuer Ordnung verglichen werden, sondern in ihren Auswirkungen auch nach der zahlenmässigen Bedeutung hin. In dieser Hinsicht heben sowohl das EVD als auch die ALw hervor, dass sich - wie unter Ziff. 3 c schon erwähnt worden ist - seit dem Inkrafttreten der SVO im Jahre 1953 die Zusammensetzung der Importe erheblich gewandelt hat und dass damit einzelne Importberechtigungen an Gewicht verloren, andere erheblich gewonnen haben; namentlich ist mengenmässig die Beteiligung des Lebensmittelhandels an der Gesamteinfuhr bei gleichbleibendem prozentualem Anteil gewachsen: Während 1955 insgesamt 33 529 Stück Grossvieh mit einem Schlachtgewicht von 9772 Tonnen eingeführt wurden, waren es 1971 bloss 9297 Stück mit einem Gewicht von 2365 t. Demgegenüber ist die Einfuhr an Rindsnierstücken und Bindenstotzen von rund 1600 t auf über 17 000 t angestiegen. Die Bedeutung des Kontingentes an lebenden Schlachttieren hat sich deshalb verringert, diejenige des Kontingents an Rindsnierstücken und Bindenstotzen dagegen erheblich vergrössert. Sodann weitete sich die Preisdifferenz zwischen Inland- und Importware stark aus. Die Abnahme von Inlandware ist deshalb offenbar weniger gewinnbringend geworden und eine genügendeÜbernahme dürfte nur zu erwarten sein, wenn den Übernehmern von Inlandware durch stärkere Beteiligung an den Importen eine bessere Mischrechnung ermöglicht wird. Die Kürzung des Importanteils des Lebensmittelhandels kann daher nicht als unsachlich beurteilt werden. Insbesondere trifft es nicht zu, das eine Kürzung des Gruppenkontingentes des Lebensmittelhandels schon unverhältnismässig ist. Anders wäre die Sachlage zu würdigen, wenn befürchtet werden müsste, die Beschwerdeführerin werde ohne zwingende Notwendigkeit durch die Kontingentskürzung in ihrem wirtschaftlichen Bestand - soweit er vom Fleischimport abhängt - bedroht. Das ist jedoch nicht der Fall. Allerdings sind einer weiteren Ausdehnung ihrer Geschäfttätigkeit Grenzen gesetzt, sofern sich die Beschwerdeführerin nicht entschliesst, sich inskünftig am Absatz von Inlandware zu beteiligen, oder sofern nicht die Gesamteinfuhr zunimmt und BGE 99 Ib 159 S. 178 damit der prozentuale Anteil sich in einem grösseren Einfuhrquantum auswirkt. Es ist auch nicht zu bestreiten, dass der Beschwerdeführerin eine Einbusse zugemutet wird. Nach ihren Angaben betrug nämlich ihr Anteil an der Nierstückeinfuhr im Jahre 1968 680 t und stieg bis 1971 auf 767 t; nach der neuen Ordnung könnte sie bei einer gleichbleibenden Gesamteinfuhr nur noch 370 t einführen, was eine Minderung um die Hälfte bedeutet. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass der Anteil der Beschwerdeführerin bei Erlass der SVO im Jahre 1953 nur 175 t betrug. Es hat sich also in nicht ganz zwanzig Jahren eine erhebliche Ausweitung ihres Anteils ergeben. Eine Rückbildung im Rahmen einer Neuordnung lässt sich daher rechtfertigen. Gleiches gilt hinsichtlich der Einfuhr von Binden und Bindenstotzen. 1955 wurden 321 t Bindenstotzen eingeführt ; 1971 5437 t. Die Beschwerdeführerin gibt an, dass sie im Jahre 1968 806 t zugeteilt erhielt, 1970 sank der Anteil auf 675 t, um 1971 auf 1262 t zu steigen. Nach der neuen SVO dürfte ihr Importanteil immer noch gegen 600 t betragen, und damit nur wenig unter dem im Jahre 1970 erreichten Stand liegen. Die Beschwerde ist deshalb, auch soweit sie die Festsetzung der Gruppenkontingente nach neuer Ordnung anbetrifft, abzuweisen. c) Die Beschwerde richtet sich alsdann gegen die Bestimmung der Kontingentsgrundlagen bei der Einfuhr von Rindsnierstücken. Nach Art. 18 Abs. 4 SVO werden die Kontingentsgrundlagen der Lebensmittelhandelsfirmen auf Grund der Rindsnierstücke ermittelt, die sie zukaufen oder die in den hinzugekauften Hintervierteln oder Pistolas enthalten sind. Abgezogen werden davon die an andere Lebensmittelhandelsfirmen gelieferten Rindsnierstücke. Der Wortlaut der Bestimmung, wonach auf die Zukäufe von Rindsnierstücken abgestellt wird, könnte vermuten lassen, für die Berechnung der Kontingentsgrundlagen solle in Zukunft einzig auf die Inlandzukäufe abgestellt werden. Das ist jedoch nicht der Sinn der Bestimmung, wie sich aus der Vernehmlassung der ALw ergibt. Zweck der Ordnung ist vielmehr, dass auch bei den Lebensmittelhandelsfirmen auf die Gesamteinkäufe von Nierstücken abgestellt werden soll; im Unterschied jedoch zur alten Ordnung, die einzig auf die bisherigen Importmengen abstellte, werden auch allfällige Inlandkäufe berücksichtigt. Diese Regelung hat zur Folge, dass das Importkontingent der Beschwerdeführerin im BGE 99 Ib 159 S. 179 Vergleich zu einer Firma, die gleichviel importiert, aber noch im Inland zukauft, gekürzt wird, wenn sie nicht auch im Inland zukauft. Damit wird einerseits ein indirekter Zwang auf die Lebensmittelhandelsfirmen ausgeübt, im Inland zuzukaufen; anderseits wird die Stellung der Firmen, die bisher schon zugekauft hatten, deren Zukäufe aber bei der Kontingentsbestimmung bis anhin nicht in Betracht gezogen werden konnten, verbessert. Dergestalt wird zwischen den letzteren und den reinen Importfirmen Gleichheit bei der Kontingentsberechnung geschaffen. Diese Regelung, die wiederum dazu dient, den Absatz von Inlandware zu fördern, hält sich nach dem Dargelegten im Rahmen der gesetzlichen Ordnung, auch wenn sie die Beschwerdeführerin zwingt, einen neuen Geschäftszweig aufzunehmen, sofern sie ihre Kontingente im bisherigen Rahmen ungefähr behalten will. Die Beschwerdeführerin erhebt dagegen den Einwand, das System sei wirtschaftlich völlig unvernünftig, weil es im Inlandmarkt preistreibend wirke, wenn nun ein neuer Käufer noch auf ihn gehetzt werde. Sodann müsse der Lebensmittelhändler, wenn er nicht seine ganze Betriebsstruktur ändern wolle, sich in die Abhängigkeit der Metzger begeben, die seine Kontingentskonkurrenten seien und keinerlei Interessen hätten, die Lebensmittelhandelsfirmen zu beliefern, auch darum nicht, weil ihnen solche Lieferungen nach Art. 18 Abs. 1 lit. b von ihren Kontingentsgrundlagen in Abzug gebracht würden. Was den ersten Einwand anbetrifft, handelt es sich um einen solchen wirtschaftlicher Art, der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht beurteilt werden kann; zudem beruht er auf Vermutungen. In zweiter Linie will die Beschwerdeführerin geltend machen, es könnte ihr unter Umständen der Zukauf gar nicht möglich sein, weil die Metzger sie nicht beliefern würden. In diesem Falle müsste die Beschwerdeführerin tatsächlich ihre Betriebsstruktur ändern, selber Vieh einkaufen und schlachten oder schlachten lassen. Doch dürfte dies keine unzumutbare Behinderung ihrer Tätigkeit sein. Sollte sich in der Zukunft zeigen, dass weder der eine noch der andere Weg begangbar wäre, müsste diese Regelung allerdings dannzumal neu überprüft werden. Die Beschwerdeführerin rügt freilich auch, dass sie durch die neue Ordunung darum besonders hart getroffen werde, weil sie keine Übergangszeit vorsehe. Allenfalls erfolgende Zukäufe BGE 99 Ib 159 S. 180 würden sich also erst auswirken, wenn die Kontingente neu berechnet werden. Die Beschwerdeführerin, die bisher keine inländischen Zukäufe getätigt hatte, hatte somit keine Möglichkeit und auch keinen Anlass, bei der Neufestsetzung der Kontingente ihre Kontingentsgrundlagen durch entsprechende Zukäufe zu verbessern; diese wirken sich erst auf den Zeitpunkt hin aus, in dem die Kontingentsanteile nach Massgabe des Art. 22 Abs. 1 SVO neu festgesetzt werden. Bestimmt wäre es wünschbar gewesen, dem Umstand, dass in diesem Zeitpunkt eine wichtige Neuerung eingeführt wurde, durch Festsetzung einer Übergangsperiode Rechnung zu tragen; die Pflicht, eine Übergangsordnung zu schaffen, bestand indes nicht. Die Perioden für die Kontingentsberechnung sind überdies gegenüber der alten Ordnung erheblich verkürzt worden, so dass sich Zukäufe kontingentsrechtlich rasch auswirken werden. Da die Beschwerdeführerin durch entsprechende Massnahmen ihre Kontingentsberechnungsgrundlage rasch verbessern kann, liegt auch keine untragbare Härte vor. Überdies ist zu berücksichtigen, dass eine Übergangsordnung sinnvoll nur hätte funktionieren können, wenn denjenigen Importeuren, die bereits Inlandskäufe tätigten, während dieser Übergangsperiode die Zukäufe nicht hätten angerechnet werden können, was für diese ebenfalls hätte eine Härte bedeuten können. d) Schliesslich ficht die Beschwerdeführerin die Art und Weise an, in der sie künftig zur Überschussverwertung herangezogen werden soll. Die SVO regelt in ihrem Abschnitt IV das Leistungssystem im Sinne von Art. 23 Abs. 1 lit. c LwG . Es kommt indessen neben der Kontingentierung nur zum Einsatz, wenn trotz der mengenmässigen Beschränkung der Einfuhr und weiterer von der GSF vorzukehrenden Massnahmen die Richtpreise nicht gehalten werden können. Es ist, abgesehen von der sog. freiwilligen Überschussverwertung nach Art. 33 ff. in zwei Formen vorgesehen: als Marktabräumung (Art. 27) und als pflichtmässige Überschussverwertung (Art. 28 ff.). Zur ersten ist die Beschwerdeführerin nicht verpflichtet, wohl aber zur zweiten Form. Danach hätte sie als Importeurin von Binden und Bindenstotzen sowie von Rindsnierstücken nach Art. 26 lit. a SVO grosses Schlachtvieh zu übernehmen, und zwar bis zu 50 Prozent der Einfuhren, maximal bis zu 2000 t Fleisch mit Knochen (Art. 30 Abs. 1 lit. a). Die Überschussverwertung geschieht BGE 99 Ib 159 S. 181 durch Einfrieren von Fleisch und Lagerung, die Herstellung von Fleischkonserven und die Ausfuhr von Schlachtvieh und Fleisch (Art. 28). Offenbar besteht hinsichtlich der Formen, in denen sich ein zur Überschussverwertung verpflichteter Importeur an der Überschussverwertung beteiligen will, Freiheit. Importeure von Rindsnierstücken, für welche die pflichtmässige Überschussverwertung aus besondern Gründen eine aussergewöhnliche Härte bedeutet, können von der Pflicht zur Übernahme von Fleisch durch Leistung einer Ersatzabgabe befreit werden. Die alte SVO enthielt eine ähnliche Regelung hinsichtlich der Überschussverwertung. Nur gestattete sie die Leistung einer Ersatzabgabe unter den gleichen Voraussetzungen allen Importeuren, nicht nur den Importeuren von Nierstücken. Die neue Ordnung bringt gegenüber der alten somit insofern eine zusätzliche Belastung der Importeure, als beispielsweise Importeure von Binden und Bindenstotzen nicht mehr durch Leistung einer Ersatzabgabe von der Überschussverwertung in natura entbunden werden können. Ausserdem hat die ALw erklärt, sie werde die von der Beschwerdeführerin angerufenen Verhältnisse in Zukunft nicht mehr als besondere Gründe, die die Befreiung rechtfertigten, gelten lassen. Die Beschwerdeführerin hält diese Ordnung für gesetz- bzw. verfassungswidrig. Das trifft nicht zu. Art. 23 Abs. 1 lit. c LwG verpflichtet die Importeure schlechthin zur Übernahme von Inlandware, wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind. Es ist nicht zu vermuten, dem Gesetzgeber sei dabei entgangen, dass durch diese Vorschrift unter Umständen eine reine Importfirma zur Betätigung im Inlandhandel und zu eigener Schlachtung genötigt sein könnte, wenn sie den Übernahmepflichten nachkommen muss. Eine Befreiung von der Übernahmepflicht durch Leistung einer Ersatzabgabe sieht das Gesetz selbst nicht vor. Wenn der Bundesrat sie auf dem Verordnungsweg unter gewissen Voraussetzungen eingeführt hat, so war das ein Entgegenkommen, auf das die Importeure keinen gesetzlichen Anspruch hatten. Offenbar wollte er damit gewissen Schwierigkeiten, die die Beschwerdeführerin nun geltend macht, Rechnung tragen. Wenn er nun hinsichtlich gewisser Importarten darauf zurückkommt und die Gewährung dieser Erleichterungen wieder einschränkt, so ist er damit im Rahmen des Gesetzes geblieben. Eher hätte sich die Frage stellen lassen, ob die Abgeltung der Übernahmepflicht durch eine Geldleistung BGE 99 Ib 159 S. 182 rechtsgleich war oder nicht. Dem Problem ist jedoch hier nicht weiter nachzugehen. Die Beschwerdeführerin wendet allerdings ein, die Verpflichtung zur Übernahme von Schlachttieren verstosse gegen den in Art. 23 Abs. 1 lit. c LwG niedergelegten Grundsatz, wonach im Rahmen des Leistungssystems nur gleichartige Erzeugnisse übernommen werden müssten. Da sie nur Fleisch einführe, sei sie nicht gehalten, Schlachttiere zu übernehmen. Der Einwand ist nicht stichhaltig. Art. 7 SVO erklärt Schlachttiere und ihr Fleisch als gleichartig. Damit hält sich die Verordnung im Rahmen des Gesetzes. Was unter Gleichartigkeit zu verstehen ist, ergibt sich aus wirtschaftlichen Überlegungen. Gleichartig sind Erzeugnisse im Sinne des LwG dann, wenn sie geeignet sind, ohne Rücksicht auf die äussere Form, in der sie auftreten, einander zu ersetzen und demgemäss auch zu konkurrenzieren. Können nicht gleichartige Erzeugnisse Produkte konkurrenzieren, die nach Art. 23 Abs. 1 nicht frei eingeführt werden können, darf ihre Einfuhr nur unter den erschwerten Bedingungen von Art. 23 Abs. 2 LwG beschränkt werden. In diesem Sinn muss das Tier und sein Fleisch als gleichartig nach Massgabe des Gesetzes gelten. Durch die Einfuhr einer bestimmten Sorte Fleisch kann der Absatz der entsprechenden Tiere im Inland ebenso behindert werden wie durch die direkte Einfuhr solcher Tiere selbst. Im Falle der Kontingentierung der Rindereinfuhr fiele es einem Importeur vermutlich nicht schwer, die Tiere im Ausland schlachten zu lassen und dann das Fleisch ohne Beschränkung einzuführen. Esmussdeshalb, schonum solcheAusweichgeschäfte zu erschweren, das Fleisch einer bestimmten Tierart als mit dem Tier selbst gleichartig behandelt werden. In dieser Hinsicht besteht eine lange, diesem Grundsatz entsprechende Verwaltungspraxis. Sie ist anlässlich der Beratung des Gesetzes unwidersprochen als wegleitend erklärt worden (StenBull NR 1951, 58, Votum des Kommissionspräsidenten Obrecht). Bereits die SVO von 1953 stellte denn auch eine dem heutigen Art. 7 entsprechende allgemeine Regel auf (Art. 6 SVO 1953). Allerdings ist dieser Begriff der Gleichartigkeit in erster Linie massgebend für die Bestimmung der der Einfuhrbeschränkung unterworfenen Warengattungen nach Art. 23 Abs. 1 lit. a SVO. Aber es ist nicht anzunehmen, dass der Begriff der Gleichartigkeit nach lit. a nicht mit demjenigen nach lit. c gleichbedeutend ist. Darüber BGE 99 Ib 159 S. 183 hinaus ist es auch sachlich gerechtfertigt, wenn im Rahmen der pflichtmässigen Überschussverwertung das Tier und sein Fleisch einander gleichgestellt werden. Soll das Leistungssystem wirksam ausgestaltet werden, muss nicht nur die Übernahme von Inlandfleisch, sondern auch diejenige von Inlandtieren angeordnet werden können, denn es sind ja in erster Linie Schlachttiere, die allenfalls gar nicht oder nur zu unter den Richtpreisen liegenden Erlösen abgesetzt werden könnten, wenn die Nachfrage nicht genügt. Es erscheint daher auch nicht unverhältnismässig, wenn die Beschwerdeführerin wie alle andern Importeure verhalten wird, nicht nur Inlandfleisch, sondern auch schon Schlachttiere abzunehmen; denn je grösser der Kreis der Abnahmepflichtigen ist, desto sicherer lässt sich die Überschussverwertung von Schlachttieren reibungslos durchführen. Dazu gestattet die SVO noch Ausnahmen von der Übernahmepflicht in natura und erlaubt sie unter Umständen durch eine Geldleistungspflicht zu ersetzen. Wie aus der Stellungnahme der ALw, die in Übereinstimmung steht mit dem seinerzeitigen Antrag des EVD an den Bundesrat, hervorgeht, will sie den Umstand, dass eine Importfirma bisher nicht geschlachtet hat oder dass sie nicht über die erforderlichen Kühlräume verfügt, nicht mehr als ausreichend betrachten, um die Ersatzabgabe an die Stelle der Naturalerfüllungspflicht treten zu lassen. Da die pflichtmässige Überschussverwertung nur von Zeit zu Zeit und anscheinend nur in grösseren zeitlichen Abständen aktuell wird, könnte sich fragen, ob es, obwohl das Gesetz eine Abgeltung der Übernahmepflichten nicht vorsieht, dem Bundesrat in der Ausgestaltung der SVO aber einen weiten Bereich der Gestaltungsfreiheit überlässt, nicht unverhältnismässig ist, wenn die Lebensmittelhandelsfirmen im Hinblick auf die Möglichkeit, dass einmal eine Überschussverwertung nötig ist, gezwungen werden, organisatorische Vorkehren an die Hand zu nehmen um selber schlachten zu können, oder zur Anlage von Kühlräumen genötigt sind, die sie normalerweise nicht benötigen. Wäre die Verordnungsbestimmung in diesem Sinne zu verstehen, hätten die Einwände der Beschwerdeführerin besonderes Gewicht. Allein die SVO verlangt nicht, dass die Lebensmittelhandelsfirmen unbedingt selber schlachten oder den nötigen Kühlraum für allfällige Übernahmen zur Verfügung stellen. Sie gestattet es und setzt voraus, dass der Pflichtige mit Dritten Verträge BGE 99 Ib 159 S. 184 abschliesst und diese stellvertretend die Übernahmepflicht erfüllen lässt. Diese Massnahme ist - wenn auch vielleicht bisher ungewohnt - zumutbar. Ausserdem ist vorgesehen, dass dann, wenn ein Abschluss entsprechender Übernahmeverträge zu angemessenen Bedingungen nicht möglich sein sollte, die Übernahmepflicht durch die Anordnung der Ersatzabgabe ersetzt werden kann. Damit erscheint die vorgesehene Regelung und die ihr gegebene Tragweite in ihren Auswirkungen tragbar und verstösst nicht gegen den verfassungsmässigen Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die der Beschwerdeführerin erwachsende Belastung, die im Interesse der Sicherung des Absatzes von Inlandware erfolgt, erscheint haltbar. Ob wirtschaftlich durch die Verpflichtung, Inlandfleisch statt Inlandtiere zu übernehmen, in jeder Hinsicht und in jedem Fall der angestrebte Zweck auch erreicht werden könnte, ist schwer zu beurteilen. Die Wahl des Systems muss innerhalb der delegierten Kompetenzen und der Verfassung dem Bundesrat überlassen bleiben. Nicht beurteilt zu werden braucht die Frage, ob durch das System blosser Ersatzabgaben wirtschaftlich dasselbe Ergebnis wie durch die Pflicht zur Naturalübernahme erreicht werden könnte. Die Beschwerde ist deshalb auch hinsichtlich dieses Punktes, soweit er heute schon beurteilt werden kann, abzuweisen. Es verbleibt der Beschwerdeführerin für den Fall, dass sie einmal tatsächlich zur pflichtmässigen Überschussverwertung herangezogen werden und ihr die Entrichtung einer Ersatzabgabe nicht bewilligt werden sollte, die Möglichkeit, sich darüber zu beschweren. Ebenso wird sie dannzumal geltend machen können, es beständen für sie noch andere, von der Verwaltung nicht anerkannte Gründe, die die Naturalübernahme in ihrem Falle zur aussergewöhnlichen Härte im Sinne der Verordnung werden liessen.
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Sachverhalt ab Seite 350 BGE 117 IV 349 S. 350 A.- Mit Strafverfügung vom 13. Februar 1990 büsste die Generaldirektion PTT, Hauptabteilung Rechtsdienste, Sektion 3, G. in Anwendung von Art. 43 Abs. 1 und 45 Abs. 2 TVG mit einer Busse von Fr. 250.--. Der Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich sprach G. auf dessen Einsprache hin mit Urteil vom 2. August 1990 der vorsätzlichen Widerhandlung gegen Art. 2 der Verordnung des EVED vom 19. Oktober 1987 über den Exportnachweis nicht genehmigter Sprechapparate (SR 784.103.2) in Verbindung mit Art. 43 Abs. 1 TVG schuldig und büsste ihn mit Fr. 250.--. G. wird vorgeworfen, das Apparate- und das Käuferbuch nicht ordnungsgemäss geführt zu haben. Er wird beschuldigt, - er habe die laut Käuferblättern verkauften sowie die 13 im Laden ausgestellten Apparate nicht gemäss Art. 2 Abs. 2 der Verordnung über den Exportnachweis nicht genehmigter Sprechapparate im Apparatebuch eingetragen; - er habe das als gestohlen gemeldete "Fluraphone" sowie die zwei bei der Irotronia erworbenen Apparate "Neon Phone" und "Porta Phone" nicht ordnungsgemäss ins Apparatebuch eingetragen; - er habe zwei Käuferblätter nicht ordnungsgemäss ausgefüllt; BGE 117 IV 349 S. 351 - er sei seiner Aufbewahrungspflicht gemäss Art. 2 Abs. 1 der Verordnung in bezug auf drei Käuferblätter nicht nachgekommen. B.- Der Gebüsste führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, es sei festzustellen, dass Art. 2 der Verordnung über den Exportnachweis nicht genehmigter Sprechapparate der gesetzlichen Grundlage entbehre, dass daher die Strafbestimmung von Art. 42 TVG nicht anwendbar und seine gestützt darauf erfolgte Verurteilung aufzuheben sei, dass demzufolge die Sache zu seiner Freisprechung an den Einzelrichter in Strafsachen zurückzuweisen sei. C.- Die Generaldirektion PTT beantragt die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. Das Post- und Telegrafenwesen ist gemäss Art. 36 Abs. 1 BV im ganzen Umfang der Eidgenossenschaft Bundessache. Die PTT-Betriebe haben das ausschliessliche Recht, Sende- und Empfangseinrichtungen sowie Anlagen jeder Art, die der elektrischen oder radioelektrischen Zeichen-, Bild- oder Lautübertragung dienen, zu erstellen und zu betreiben ( Art. 1 TVG ). Zur Erstellung und zum Betrieb von Einrichtungen für elektrische und radioelektrische Zeichen-, Bild- und Lautübertragung können Konzessionen erteilt werden ( Art. 3 TVG ). Die PTT-Betriebe bewilligen Anschlüsse an ein bestehendes Telefonnetz, sofern ihnen die Errichtung und Verbindung der verlangten Stationen und allfälliger Zusatzeinrichtungen auf den Grundstücken des Bewerbers ungehindert und unentgeltlich gestattet wird ( Art. 17 Abs. 1 TVG ). Die PTT-Betriebe beziehen für die Erstellung und den Unterhalt der Anschlussleitung zwischen der Zentrale und dem Gebäude, worin die Teilnehmerstation errichtet werden soll, sowie für die Lieferung und den Unterhalt der beim Teilnehmer aufzustellenden Apparate eine jährliche Abonnementstaxe ( Art. 18 Abs. 1 TVG ). Der Teilnehmer darf ohne Zustimmung der PTT-Betriebe keine andern Leitungen oder Apparate mit denen der PTT-Betriebe verbinden ( Art. 20 Abs. 2 TVG ). Wer konzessions- oder bewilligungspflichtige Sende- und Empfangseinrichtungen und Anlagen irgendwelcher Art, die der elektrischen oder radioelektrischen Zeichen-, Bild- oder Lautübertragung dienen, ohne Konzession oder BGE 117 IV 349 S. 352 Bewilligung oder in Widerspruch dazu erstellt, betreibt oder benützt, wer ohne amtliche Zustimmung Leitungen, Apparate oder Geräte mit Anlagen der Fernmeldedienste verbindet oder an solchen Anlagen Änderungen vornimmt, wird gemäss Art. 42 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 TVG , sofern nicht nach Art. 151 StGB eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Haft oder Busse bis zu 10'000 Franken bestraft. Gemäss Art. 43 Abs. 1 TVG wird, wer trotz Mahnung und Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels einer Vorschrift dieses Gesetzes oder einer dazu erlassenen Verordnung oder einer aufgrund einer solchen Vorschrift getroffenen amtlichen Verfügung nicht nachkommt, mit Busse bis zu 1'000 Franken bestraft. Nach Art. 46 Abs. 2 Satz 1 TVG werden die zur Vollziehung des Gesetzes erforderlichen Vorschriften in der vom Bundesrat zu erlassenden Telegrafen- und Telefonordnung und in den zugehörigen Ausführungsbestimmungen aufgestellt. Die vom Bundesrat gestützt auf Art. 46 Abs. 2 TVG erlassene Verordnung (3) zum Telegrafen- und Telefonverkehrsgesetz (Telefonordnung) vom 13. September 1972 (SR 784.103) enthält unter anderen die folgenden, durch Verordnung vom 9. Juli 1987 eingefügten Bestimmungen: Art. 4 (Haupt- und Zweiganschlüsse): Der Hauptanschluss umfasst die Anschlussorgane in der Ortszentrale, die Anschlussleitung, die Hausleitung und die Hauptsprechstelle des Abonnenten. Als Hauptsprechstelle gilt der Sprechapparat auf dem Hauptanschluss. Weitere Sprechapparate der gleichen Abonnentenanlage heissen Zweigsprechstellen. Die Leitungen, die sie mit der Hauptsprechstelle verbinden, heissen Zweigleitungen. Art. 4a (Abgabe von Sprechapparaten): Hauptsprechstellen und Sprechapparate mit Vermittlungsfunktionen werden von den PTT im Abonnement abgegeben (Abs. 1). Zweigsprechstellen werden von den PTT und von Privaten angeboten (Abs. 2). Art. 4b (Technische Genehmigung): Sprechapparate dürfen nur erstellt und betrieben werden, wenn sie von den PTT-Betrieben technisch genehmigt worden sind (Abs. 1). Das EVED regelt die Voraussetzungen und das Verfahren der Genehmigung; es kann Einzel- und Typengenehmigungen vorsehen (Abs. 2). Art. 4c (Exportnachweispflicht): Sprechapparate, die zur Ausfuhr bestimmt sind, müssen nicht technisch genehmigt werden (Abs. 1). Das EVED kann verlangen, dass die Ausfuhr solcher Apparate nachgewiesen wird. Es regelt die Modalitäten des Exportnachweises (Abs. 2). Die vom EVED gestützt auf Art. 4c der Telefonordnung erlassene Verordnung über den Exportnachweis nicht genehmigter Sprechapparate vom 19. Oktober 1987, in Kraft seit 1. Januar 1988, bestimmt in Art. 2 (Aufzeichnungspflicht der Anbieter) folgendes: BGE 117 IV 349 S. 353 Wer nicht genehmigte Sprechapparate anbietet, muss ein Apparate- und ein Käuferbuch führen und während drei Jahren aufbewahren. Im Apparatebuch sind festzuhalten: a) Typ und Stückzahl der nicht genehmigten Apparate; b) wenn der Anbieter die Apparate von einem Dritten erworben hat: Name und Adresse des Lieferanten sowie eine Bestätigung der Angaben nach Buchstabe a) durch den Lieferanten oder durch die Zollverwaltung. Im Käuferbuch sind festzuhalten: a) Name, Adresse und, bei in der Schweiz wohnhaften natürlichen Personen, Art und Nummer des vom Käufer vorgewiesenen Ausweises; b) Typ und Stückzahl des vom Käufer erworbenen Apparates; c) das Verkaufsdatum; d) die Bestätigungen des Käufers nach Art. 1 Abs. 1 und 2. Art. 1 der Verordnung des EVED bestimmt unter anderem folgendes: Wer einen nicht genehmigten Sprechapparat erwirbt, muss dem Verkäufer gegenüber schriftlich bestätigen, dass er den Apparat nicht an das Telefonnetz der PTT-Betriebe anschliessen wird. Wenn er den Apparat zur Ausfuhr oder zum Weiterverkauf erwirbt, muss er dem Verkäufer überdies innert 6 Monaten eine entsprechende Bescheinigung zustellen. 3. Der Beschwerdeführer macht im Verfahren vor dem Bundesgericht nicht mehr geltend, dass die Vorschriften in den Verordnungen des Bundesrates bzw. des EVED bezüglich der Exportnachweispflicht betreffend nicht genehmigte Apparate verfassungswidrig ( Art. 31, 36 Abs. 1 BV ) seien. Er ist aber nach wie vor der Auffassung, dass die fraglichen Vorschriften eine Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn (TVG) erfordern und dass eine solche gesetzliche Grundlage fehle. a) Aus Art. 4c Abs. 1 der Telefonordnung, wonach Sprechapparate, die zur Ausfuhr bestimmt sind, nicht von den PTT-Betrieben technisch genehmigt werden müssen, ergibt sich folgendes: Sprechapparate, die nicht zur Ausfuhr bestimmt sind, die also in der Schweiz bleiben und an das Telefonnetz der PTT-Betriebe angeschlossen werden (vgl. dazu Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Exportnachweisverordnung), müssen von den PTT-Betrieben technisch genehmigt sein; der Verkauf von technisch nicht genehmigten Sprechapparaten, die an das Telefonnetz der PTT-Betriebe angeschlossen werden sollen, ist verboten und, wie sich aus Art. 43 Abs. 1 TVG ergibt, strafbar. Es stellt sich die Frage, ob diese in der bundesrätlichen Telefonordnung enthaltene Regelung einer Grundlage in einem formellen BGE 117 IV 349 S. 354 Gesetz bedarf und ob eine solche allenfalls erforderliche gesetzliche Grundlage vorliegend gegeben ist. b) Aufgrund des Fernmelderegals im Sinne von Art. 36 Abs. 1 BV als solchen sowie auch aus anstaltspolizeilichen Gründen ist der Bund berechtigt, repressive Massnahmen gegen bereits erfolgte oder unmittelbar drohende Störungen zu ergreifen. Hingegen bedürfen präventive Massnahmen wie etwa die Unterwerfung der Herstellung von Geräten unter eine vorgängige Einzel- oder Typenkontrolle einer besonderen gesetzlichen Grundlage ( BGE 105 Ib 397 ). Als präventive Massnahme in diesem Sinne sind nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil auch die dem Verkäufer auferlegten Pflichten zur Führung von Büchern (Apparate- und Käuferbuch) betreffend Exportnachweis bezüglich technisch nicht genehmigter Geräte zu qualifizieren, durch die verhindert werden soll, dass nicht genehmigte Sprechapparate, welche das einwandfreie Funktionieren des Fernmeldewesens in Frage stellen könnten, an das schweizerische Telefonnetz angeschlossen werden. Die Exportnachweispflicht in bezug auf Sprechapparate, die nicht von den PTT-Betrieben technisch genehmigt worden sind, bzw. das damit verbundene Verbot des Verkaufs von solchen Sprechapparaten in der Schweiz ohne Vorliegen eines Exportnachweises stellt mithin eine präventive Massnahme dar, zu deren Erlass der Bund nicht schon direkt gestützt auf das Fernmelderegal gemäss Art. 36 Abs. 1 BV bzw. aus anstaltspolizeilichen Gründen, sondern nur aufgrund einer Ermächtigung in einem Gesetz im formellen Sinne berechtigt ist. Eine entsprechende Regelung in einer bundesrätlichen Verordnung allein reicht mithin nicht aus, sondern bedarf einer Grundlage in einem formellen Gesetz. c) Die Telefonordnung stützt sich laut ihrem Ingress auf Art. 46 Abs. 2 TVG . Danach werden die "zur Vollziehung des Gesetzes erforderlichen Vorschriften" in der vom Bundesrat zur erlassenden Telegrafen- und Telefonordnung und in den zugehörigen Ausführungsbestimmungen aufgestellt. Diese Delegationsnorm ist damit zwar weit gefasst; Art. 46 Abs. 2 TVG , der insoweit etwa mit Art. 106 Abs. 1 SVG vergleichbar ist, ermächtigt den Bundesrat aber nicht zum Erlass von sogenannten gesetzesvertretenden Verordnungen, sondern lediglich zum Erlass von Vollziehungsvorschriften. Durch eine Vollziehungsverordnung können die gesetzlichen Bestimmungen konkretisiert und präzisiert und in diesem Sinne ergänzt werden; hingegen können durch eine Vollziehungsverordnung nicht grundlegend neue Verbote oder Pflichten statuiert BGE 117 IV 349 S. 355 werden, für die sich im zu vollziehenden Gesetz keine klare Grundlage findet, und zwar auch dann nicht, wenn diese Pflichten bzw. Verbote an sich mit dem Zweck des Gesetzes durchaus noch vereinbar wären ( BGE 103 IV 194 mit Hinweisen, vgl. auch BGE 116 IV 237 ). Die Statuierung solcher neuen Pflichten bzw. Verbote ist nur im Gesetz im formellen Sinne selber oder, aufgrund einer besonderen Delegation in diesem Gesetz, in einer gesetzesvertretenden Verordnung möglich. Die dem Verkäufer auferlegte Pflicht, in bezug auf den Verkauf von Sprechapparaten, die von den PTT-Betrieben nicht technisch genehmigt worden sind, durch Führung bestimmter Bücher einen Exportnachweis zu erbringen, und vor allem das damit verbundene Verbot des Verkaufs von nicht zur Ausfuhr bzw. von zum Anschluss an das schweizerische Netz bestimmten technisch nicht genehmigten Sprechapparaten können gemäss einer zutreffenden Bemerkung in der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil insbesondere auch nicht als blosse Anpassung an die rasch ändernden technischen oder wirtschaftlichen Verhältnisse begriffen werden, zu deren Vornahme der Verordnungsgeber schon durch eine relativ allgemein gehaltene Delegationsnorm betreffend Vollziehung des Gesetzes ermächtigt werden kann (siehe dazu BGE 109 Ib 292 E. 3d mit Hinweisen). Durch die fraglichen Verordnungsbestimmungen wird vielmehr der Handel Privater mit Sprechapparaten umfassend geregelt und erheblich eingeschränkt. Auch wenn gerade infolge umwälzender Änderungen der technischen Verhältnisse auf dem Gebiet des Fernmeldewesens der Handel mit Sprechapparaten für private Anbieter interessant geworden ist, stellt die Regelung des privaten Handels keine blosse Anpassung an die veränderten Verhältnisse dar, die möglichst rasch vorgenommen werden muss und aus diesem Grunde in einer allgemeinen Delegationsnorm dem Verordnungsgeber überlassen werden kann. Die Änderung der Verhältnisse infolge der technischen Entwicklungen wirft im Gegenteil grundsätzliche Fragen auf, die der Klärung in einem Gesetz im formellen Sinne bedürfen (vgl. auch die Botschaft des Bundesrates vom 7. Dezember 1987 zu einem Fernmeldegesetz, BBl 1988 I 1311ff., 1327 f., 1334 f.). d) Weder in Art. 1 TVG (betreffend Umfang des Telegrafen- und Telefonregals) noch in Art. 3 TVG (betreffend Konzessionen), noch in Art. 42 TVG (betreffend Verletzung des Telegrafen- oder Telefonregals und anderer Fiskalrechte) ist vom Handel mit Sprechapparaten die Rede. Die genannten Bestimmungen erwähnen BGE 117 IV 349 S. 356 lediglich das Erstellen und Betreiben von Einrichtungen und Anlagen. "Erstellen" bedeutet betriebsfertig machen, d.h. Anschliessen an Stromquelle, Antenne oder Erdleitung; "Betreiben" heisst gebrauchen, unabhängig davon, ob mit Erfolg gesendet oder empfangen wird (vgl. Art. 1 lit. e und f der Verordnung 1 zum Telegrafen- und Telefonverkehrsgesetz vom 17. August 1983, SR 784.101). Das Telefonregal, wie es in den genannten Bestimmungen des TVG umschrieben ist, umfasst mithin lediglich die Installation und den Betrieb von Teilnehmeranlagen, etwa Sprechapparaten; der Handel mit Sprechapparaten ist dagegen nicht regalisiert (BENNO BERNET, Die schweizerischen PTT-Betriebe und ihre wettbewerbsrechtliche Stellung als Anbieter, insbesondere im Bereich der Massenkommunikation, Diss. Zürich 1989, S. 103 mit Hinweisen; Botschaft des Bundesrates, BBl 1988 I 1328; ferner VEB 1933 Nr. 168). Allerdings haben die PTT-Betriebe in den vergangenen Jahrzehnten ihr rechtliches Installationsmonopol, wie es im TVG festgelegt ist, unter anderem aus anstaltspolizeilichen Gründen, zur Gewährleistung eines möglichst störungsfreien Telefonverkehrs, dazu benützt, ein faktisches Monopol in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten zu schaffen, indem sie keine anderen als die von ihnen bereitgestellten bzw. technisch genehmigten Apparate an das öffentliche Fernmeldenetz anschliessen liessen (BENNO BERNET, a.a.O., TUASON/ROMANENS, Das Recht der schweizerischen PTT-Betriebe, herausgegeben von der Generaldirektion PTT, 1980, S. 140). Zwar könnte der Gesetzgeber aufgrund von Art. 36 Abs. 1 BV wohl ein rechtliches Monopol auch in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten schaffen; entscheidend ist aber, dass im TVG, in welchem lediglich vom Erstellen und vom Betreiben von Anlagen und Einrichtungen, nicht auch vom Handel mit solchen die Rede ist, ein rechtliches Monopol in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten jedenfalls nicht ausdrücklich geschaffen worden ist. Wohl ist, wie das Bundesgericht in BGE 73 I 337 ff. unter Berufung auf die Voten des Bundespräsidenten Haab bei der Beratung von Art. 3 TVG (Sten.Bull. 1922 NR S. 225, SR S. 365) ausführte, den PTT-Betrieben "das Monopol für die Lieferung der beim Teilnehmer aufzustellenden Telefonapparate vorbehalten, weil nur so das einwandfreie Funktionieren des Telefonbetriebes gewährleistet werden kann" (S. 340); diese Erwägung sowie die Voten von Bundespräsident Haab betreffen aber nur die Lieferung "der beim Teilnehmer aufzustellenden Apparate", also mit andern Worten die Frage, BGE 117 IV 349 S. 357 welche Apparate installiert, d.h. an das Telefonnetz angeschlossen werden können, mithin das Installationsmonopol, und nicht das Problem des Handels mit Sprechapparaten als solchen. Den Materialien zum TVG von 1922, denen übrigens schon angesichts der inzwischen verstrichenen langen Zeit keine allzu grosse Bedeutung mehr zukommen könnte, kann entgegen den Andeutungen in BGE 73 I 340 nicht entnommen werden, dass der historische Gesetzgeber mit der Schaffung des TVG gestützt auf Art. 36 Abs. 1 BV neben dem Erstellen und dem Betreiben von Anlagen und Einrichtungen auch den Handel mit solchen habe regalisieren wollen (vgl. dazu eingehend und überzeugend KARIN SUTTER-SOMM, Zum Apparatemonopol der PTT-Betriebe, in ZBl 88/1987 S. 441 ff., 444 ff.). e) Die Vorinstanz sieht allerdings in Art. 20 Abs. 2 TVG eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Einschränkung des Handels mit Sprechapparaten durch die bundesrätliche Telefonordnung bzw. durch die vom EVED gestützt darauf erlassene Exportnachweisverordnung. Art. 20 Abs. 2 TVG richtet sich indessen, wie in der Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend eingewendet wird, ausdrücklich an den Teilnehmer. Dieser darf ohne Zustimmung der PTT-Betriebe keine andern Leitungen oder Apparate mit denen der PTT-Betriebe verbinden; dies dient der Vermeidung von Störungen des Telefonverkehrs (siehe BGE 73 I 341 ). Aus Art. 20 Abs. 2 TVG kann nicht ein Verbot des Handels beispielsweise mit nicht genehmigten Sprechapparaten abgeleitet werden (KARIN SUTTER-SOMM, op.cit., S. 444). Art. 20 Abs. 2 TVG bildet damit entgegen der von der Generaldirektion PTT in der Vernehmlassung zur Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Ansicht keine gesetzliche Grundlage für Art. 4c der bundesrätlichen Telefonordnung bzw. für die gestützt darauf vom EVED erlassene Exportnachweisverordnung. Ein solches Verbot bzw. ein rechtliches Monopol des Bundes in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten ergibt sich auch nicht aus dem im angefochtenen Urteil am Rande erwähnten Art. 18 Abs. 1 TVG , wonach die PTT-Betriebe unter anderem "für die Lieferung und den Unterhalt der beim Teilnehmer aufzustellenden Apparate eine jährliche Abonnementstaxe" beziehen. Durch diese Bestimmung wird nicht einmal ein Installationsmonopol (vgl. KARIN SUTTER-SOMM, op.cit., S. 444 oben), geschweige denn ein Monopol in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten geschaffen. Es kann höchstens allenfalls gesagt werden, dass Art. 18 Abs. 1 TVG , entsprechend den BGE 117 IV 349 S. 358 im Jahre 1922 herrschenden tatsächlichen Verhältnissen, das Bestehen eines faktischen Monopols der PTT-Betriebe in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten gewissermassen stillschweigend voraussetzt. f) Es ginge im übrigen auch nicht an, unter Berufung auf die "ratio legis", die unter anderem in der Verhinderung von Störungen des Telefonverkehrs durch nicht genehmigte Sprechapparate besteht, den Verkauf von nicht zum Export bestimmten bzw. von zum Anschluss an das schweizerische Netz bestimmten nicht genehmigten Apparaten als nach dem TVG verboten zu betrachten. Darin läge nicht mehr eine - extensive - Auslegung von gesetzlichen Bestimmungen (etwa von Art. 1, 18 Abs. 1, 20 Abs. 2 TVG), sondern eine Lückenfüllung "praeter legem"; die Schaffung neuen Rechts und damit der erforderlichen gesetzlichen Grundlage für die Verordnungsbestimmung, aufgrund welcher der Beschwerdeführer verurteilt worden ist, durch Lückenfüllung "praeter legem" ist im Strafrecht unzulässig. g) Es ergibt sich demnach zusammenfassend, dass der Handel mit Sprechapparaten im TVG nicht geregelt ist. Er ist nicht regalisiert, sondern nach dem TVG vielmehr frei. Die Einschränkung des Handels mit Sprechapparaten durch Art. 4c der bundesrätlichen Telefonordnung und durch die vom EVED gestützt darauf erlassene Exportnachweisverordnung, gemäss welcher der Beschwerdeführer verurteilt worden ist, entbehrt der gesetzlichen Grundlage. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die in Art. 4c der bundesrätlichen Telefonordnung enthaltene Subdelegation den bundesrechtlichen Anforderungen an eine solche genüge.
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Sachverhalt ab Seite 29 BGE 98 IV 29 S. 29 A.- Der mehrfach vorbestrafte X. gründete im Jahre 1960 die Immobiliengesellschaft Trewa AG. Er war einziger Geschäftsführer und zeitweise einziger Verwaltungsrat. Am 30. Juli 1969 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Im Februar 1963 beabsichtigte X., durch die Trewa AG in Crémines eine Liegenschaft zu kaufen. Da ihm das Geld fehlte, wandte er sich an Karl Lehmann, der in Bern ein Treuhandbüro BGE 98 IV 29 S. 30 betreibt. Am 22. März 1963 erwarben die Trewa AG und Lehmann als Miteigentümer die Liegenschaft. Am gleichen Tag vereinbarten die Miteigentümer, sie wollten die erworbene Liegenschaft rasch und gewinnbringend wieder veräussern; die Verwaltung sei durch die Trewa AG zu führen und für den gesamten Zahlungsverkehr werde bei der Schweizerischen Volksbank in Moutier (im folgenden SVB genannt), ein Bankkonto eröffnet, über das die Vertragsparteien nur gemeinsam verfügen könnten. Die Trewa AG verpflichtete sich, Lehmann laufend über alle Korrespondenzen in Kenntnis zu setzen und ihm periodisch Abrechnungen zuzustellen. Mit der Liegenschaft hatten die Miteigentümer ein Ladeninventar übernommen. Sie verkauften es am 17. April 1964 für Fr. 21'187.50 an William Billieux. 1966 schuldete dieser immer noch eine Kaufpreisrestanz von rund Fr. 6'400.--. Durch Überweisungen auf das gemeinsame Konto bei der SVB wurde die Schuld auf rund Fr. 6'000.-- herabgesetzt. Für diesen Betrag betrieb die Trewa AG den Billieux. Dieser erhob Rechtsvorschlag. Zur Vereinfachung des Verfahrens gegen Billieux trat Lehmann am 15. November 1966 seinen Anteil der Trewa AG ab unter der ausdrücklichen Bedingung, dass diese ihm seine Hälfte des Betreibungsergebnisses unverzüglich nach Eingang überweise. Namens der Trewa AG versprach dies X. mit Brief vom 17. November 1966; dieser erklärte weiter, den aus dem Geschäft resultierenden Betrag werde er wie üblich auf das Kollektiv-Konto bei der SVB einzahlen und Lehmann "auf alle Fälle auf dem Laufenden halten". Im Februar 1967 versprach X. dem Billieux, die Betreibung zurückzuziehen und die Zahlungsfrist zu verlängern, wenn Billieux sofort Fr. 3'000.-- auf das Postcheckkonto der Trewa AG in Bern überweise. Billieux kam dieser Aufforderung am 18. Februar 1967 nach. X. leitete die Zahlung nicht an die SVB weiter und unterliess es, Lehmann vom Eingang der Abschlagszahlung zu unterrichten. Am 31. Juli und 14. August 1968 überwies Billieux Fr. 200.-- bzw. Fr. 2'800.-- an die SVB. X. telefonierte der Bank, es handle sich um einen Irrtum; das Geld sei für die Trewa AG bestimmt. Der Betrag sei auszubuchen und der Trewa AG zu überweisen. Die SVB kam dieser Aufforderung am 20. August 1968 nach. Lehmann erhielt nie etwas von diesen Fr. 6'000.-- bzw. von BGE 98 IV 29 S. 31 seinem Anteil von Fr. 3'000.--. Er blieb über die Zahlungen Billieux im Ungewissen; erst im Konkurs der Trewa AG erhielt er aus den Konkursakten davon Kenntnis. B.- Das Strafamtsgericht Bern sprach X. mit Urteil vom 12./19. Januar 1971 der wiederholten Veruntreuung zum Nachteil des Karl Lehmann im Betrage von zusammen Fr. 3'000.-- schuldig und verurteilte ihn zu 8 Monaten Gefängnis, abzüglich acht Tage Untersuchungshaft. C.- Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte mit Urteil vom 16. September 1971 den erstinstanzlichen Entscheid. D.- X. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil vom 16. September 1971 sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Er macht geltend, zufolge Verrechnung liege keine Veruntreuung vor. Überdies habe er die erste Zahlung von Fr. 3'000.-- nicht im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB "verwendet". Ausserdem sei er immer ersatzbereit und ersatzwillig gewesen. Schliesslich sei Art. 67 StGB zu Unrecht angewendet worden. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Einen ersten Fall der Veruntreuung sieht die Vorinstanz darin, dass der Beschwerdeführer den Billieux im Februar 1967 bewusst abmachungswidrig veranlasste, die Zahlung von Fr. 3'000.-- statt wie üblich und vereinbart auf das Konto der SVB direkt auf das Postcheckkonto der Trewa AG einzubezahlen, Lehmann über die Zahlung nicht unterrichtete und den genannten Betrag der Trewa AG überliess. a) Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass Lehmann ihm seinen Anteil an der Kaufpreisrestzahlung anvertraute, indem er der Trewa AG seinen Anspruch treuhänderisch zum Inkasso abtrat, unter der Bedingung, dass ihm der halbe Erlös unverzüglich überwiesen werde. b) Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, er sei nur verpflichtet gewesen, Lehmann das halbe Endergebnis der Betreibung zukommen zu lassen. Lehmann habe nicht verlangt, dass die eingehenden Zahlungen an die SVB gehen sollten. Dem Betreibungsbegehren habe Lehmann entnehmen können, dass der Schuldner an die Trewa AG leisten werde. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer selbst durch seinen Antwortbrief vom 17. November 1966 die Vereinbarung betreffend Abtretung und BGE 98 IV 29 S. 32 Inkasso des Anteils Lehmanns dahin verdeutlicht, dass eingehende Zahlungen dem Konto bei der SVB zuzuleiten seien und dass er Lehmann auf dem Laufenden halten werde. Entgegen diesen Abmachungen erwirkte der Beschwerdeführer von Billieux durch das Versprechen, die Betreibung werde eingestellt und die Zahlungsfrist verlängert, dass dieser den Betrag von Fr. 3'000.-- am 18. Februar 1967 auf das Postcheckkonto der Trewa AG überweisen liess, statt auf das Konto der SVB. Dieser den Vereinbarungen zuwiderlaufenden Zahlungsweise hatte Lehmann nie zugestimmt, und der Beschwerdeführer hütete sich - wiederum entgegen den Vereinbarungen -, ihn über die Aufforderung an Billieux und die erfolgte Zahlung an die Trewa AG zu unterrichten. Der Beschwerdeführer erreichte dadurch, dass die Trewa AG allein über das Geld verfügen konnte, das dann für Lehmann in deren Konkurs verloren ging. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe bis zum Abschluss des Inkassos frei über die Zahlung Billieux verfügen dürfen und sei nur verpflichtet gewesen, die Hälfte des gesamten Nettoergebnisses an Lehmann abzuliefern, steht in Widerspruch zu den tatsächlichen Annahmen der Vorinstanz. Diese hat festgestellt, beide Parteien, insbesondere auch der Beschwerdeführer selber, hätten die Vereinbarung anders verstanden. Lehmann habe gegenüber dem Beschwerdeführer und seiner Art der Geschäftsführung grösstes Misstrauen gehabt, was in Briefen an den letzteren deutlich zum Ausdruck gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe deshalb genau gewusst, dass Lehmann nie damit einverstanden gewesen wäre, die Zahlung Billieux, allenfalls auch nur während kurzer Zeit, der Trewa AG zu überlassen. Diese Feststellungen sind für den Kassationshof verbindlich ( Art. 277bis BStP ); die gegenteilige Sachdarstellung des Beschwerdeführers ist unbeachtlich ( Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP ). c) Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB . Selbst wenn er unrechtmässig den ihm anvertrauten Anteil Lehmanns der Trewa AG statt dem gemeinsamen Konto habe zufliessen lassen, liege darin nach BGE 81 IV 27 und 233 entgegen der Auffassung der Vorinstanz noch keine unrechtmässige "Verwendung" anvertrauten Gutes. In BGE 81 IV 27 setzte sich das Bundesgericht mit den in Art. 140 Ziff. 1 StBG enthaltenen Ausdrücken des Aneignens (Abs. 1) und Verwendens (Abs. 2) auseinander. Zum Begriff BGE 98 IV 29 S. 33 "Verwenden" führte es im Zusammenhang mit der Abgrenzung von der blossen Absicht des Täters, eine in sein Eigentum übergegangene Sache nicht zurückzugeben, aus, in der Abgabe einer Verrechnungserklärung sei noch kein Verwenden zu sehen. Der Rückgabepflichtige habe damit nur gezeigt, dass er sich fortan der Verpflichtung, die Sache auftragsgemäss zu verwenden oder sie zurückzugeben, enthoben betrachtet habe; er habe sich entschlossen, seine Verpflichtung auf Rückgabe oder Ablieferung nicht zu erfüllen. Von einer eigentlichen Aneignung könne in diesem Falle nicht die Rede sein, weil das Gut mit dem Anvertrautwerden in das Eigentum des Täters übergegangen sei und nur wirtschaftlich weiterhin einem andern gehört habe. Was den Begriff des "Aneignens" anbelangt, erklärte das Bundesgericht dagegen, wer einen solchen Willen in Bezug auf eine fremde Sache bekunde, eigne sie sich im Sinne von Abs. 1 an, auch wenn er objektiv in der Lage bleibe, sie jederzeit zurückzugeben. Diese Rechtsprechung wurde in BGE 81 IV 233 bestätigt. Zur Verdeutlichung führte das Bundesgericht ferner aus, mit Abs. 2 habe der Geltungsbereich von Art. 140 StGB erweitert und nicht jener von Abs. 1 dahin eingeschränkt werden sollen, dass jedesmal dann, wenn die fremde bewegliche Sache in "Gut, namentlich Geld" bestehe, statt des ersten der zweite Absatz anzuwenden wäre, d.h. nicht schon das "Aneignen", sondern nur das "Verwenden" des Gutes Strafe nach sich ziehen solle. In ZStR 1956, S. 162 ff. hat NOLL zu dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtes Stellung genommen. Er führt aus, die Auslegung von Abs. 1 und Abs. 2 und die ihr zugrunde gelegte Unterscheidung leuchteten nicht ein. Die Tatbestandshandlung bestehe sowohl in Abs. 1 wie in Abs. 2 im Aneignen anvertrauten Gutes. Das Gesetz spreche nur deshalb von unrechtmässiger Verwendung, weil Geld und andere vertretbare Sachen regelmässig schon durch Vermischung ins Eigentum des Täters übergingen. Es sei nicht einzusehen, weshalb derjenige, der den blossen Entschluss gefasst habe, eine anvertraute Sache nicht mehr zurückzugeben, schlechter behandelt werden soll als derjenige, der das gleiche mit anvertrautem Gut oder Geld tue. Unerheblich sei, dass eine Aneignung nach Abs. 2 nicht möglich sei, weil anvertrautes Gut oder Geld zivilrechtlich in der Regel schon von vornherein im Eigentum des Täters stehe. Aneignen heisse strafrechtlich nicht: Eigenes Eigentum begründen, sondern: BGE 98 IV 29 S. 34 Anmassung und Ausübung von Eigentümerbefugnissen, die dem Täter nicht zukämen, obwohl er unter Umständen, wie bei anvertrautem Geld, zivilrechtlich schon Eigentümer sei (op. cit. S. 162). So eigne sich der Täter anvertrautes Gut oder Geld nach Abs. 2 nicht nur dadurch an, dass er es verbrauche, sondern auch dadurch, dass er z.B. Inkassi verheimliche, Auslagen vortäusche oder Geld von einem fremden Konto auf das eigene verlege (op. cit. S. 164). NOLL erachtet damit den Tatbestand der Veruntreuung gemäss Abs. 1 und Abs. 2 ungeachtet der Frage, wer Eigentümer der Sache ist, dann als gegeben, wenn sich der Täter wirtschaftlich gesehen Eigentümerbefugnisse anmasst, sei es, dass er seine Befugnisse, die ihm mit der treuweisen Übergabe der Sache oder des Gutes ausdrücklich oder stillschweigend übertragen werden, überschreitet, oder aber dass er Treu und Glauben oder besonderen Abreden der Parteien zuwiderhandelt. Noll spricht daher auch dort von Aneignung, wo der Täter bereits zivilrechtlicher Eigentümer ist, womit er ausdrückt, dass dieser gemäss Abs. 2 anvertrautes Gut bereits dann im Sinne des Gesetzes verwendet, wenn er seine Absicht zur unrechtmässigen Anmassung von Eigentümerbefugnissen offenkundig werden lässt. Im gleichen Sinne hat das Bundesgericht im Fall Vetter (unveröffentlichtes Urteil vom 20. September 1960) entschieden. Es bestätigte das Urteil des kantonalen Gerichtes, welches einen Vertreter nach Abs. 2 verurteilte, weil dieser seiner Arbeitgeberin bei der Auseinandersetzung anlässlich der Beendigung des Anstellungsverhältnisses das Inkasso einer Kaufpreisforderung verheimlicht und den entsprechenden Betrag der Firma vorenthalten hatte. Das Bundesgericht stellte nicht darauf ab, ob er das Geld für sich verbraucht oder in anderer Weise verwendet hatte. Auch im Fall Marti (unveröffentlichtes Urteil vom 26. November 1965) ging das Bundesgericht von dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus; so erklärte es: "Hinsichtlich der Verwendung des Geldes bemängelt die Beschwerde, das vorinstanzliche Urteil enthalte nur die Feststellung, der Angeschuldigte habe hierüber keine Auskunft gegeben. Dieses Schweigen erfülle aber für sich allein das Tatbestandsmerkmal der Verwendung noch nicht. Das ist richtig; doch ergibt sich die Erfüllung dieses Merkmals von selbst aus der Tatsache, dass der Angeschuldigte die Geldsumme wie ein Eigentümer für sich behielt. Das ist Verwendung im eigenen Nutzen gemäss BGE 98 IV 29 S. 35 Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB . Einer weiteren Feststellung darüber, wie er das Geld anlegte oder ausgab, bedarf es nicht". Diese Rechtsprechung wurde in BGE 94 IV 138 bestätigt; es besteht kein Anlass, hievon abzugehen. Indem der Beschwerdeführer den Lehmann über die Zahlung des Billieux von Fr. 3'000.-- nicht unterrichtete und sie abmachungswidrig der TREWA AG überliess, hat er die genannte Summe im oben beschriebenen Sinne verwendet. d) Im übrigen hat der Beschwerdeführer nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz das anvertraute Gut zum Nutzen der TREWA AG verbraucht. Für die Beschwerde wäre also auch dann nichts gewonnen, wenn von dem Begriff des Verwendens auszugehen wäre, wie ihn der Beschwerdeführer selber verstanden haben will.
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Sachverhalt ab Seite 522 BGE 118 II 521 S. 522 A.- Urs H. war Direktor der X.-Bank Luzern, die zur Zeit liquidiert wird. Er verstarb am 15. Juli 1989 und hinterliess als gesetzliche Erben seine Ehefrau und seine zwei Kinder. Diese verlangten von der Teilungsbehörde M. die Aufnahme eines öffentlichen Inventars. Die G. Finanzanstalt meldete am 25. September 1989 Ansprüche im Betrag von ... Franken an, die offenbar mit der Tätigkeit der X.-Bank Luzern zusammenhängen. B.- Die gegenüber dem Nachlass von Urs H. geltend gemachte Forderung veranlasste dessen Erben, ein Aufforderungsverfahren gemäss § 333 ff. des "Gesetzes über die Gerichtsorganisation und die Zivilprozessordnung" des Kantons Luzern vom 28. Januar 1913 (im folgenden ZPO LU) gegen die G. Finanzanstalt einzuleiten. Nachdem diese die Zulässigkeit der Aufforderung bestritten hatte, reichten die Erben des Urs H. am 26. September 1990 eine Aufforderungsklage beim Amtsgericht Luzern-Land gegen die G. Finanzanstalt ein. Dieses hiess mit Urteil vom 2. Juli 1991 die Klage gut.
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35b71045-f12c-447f-970f-eb25564a6aab
Sachverhalt ab Seite 641 BGE 131 III 640 S. 641 A. Die X. AG wurde 1960 gegründet und von S.W. bis zu seinem Tod im Jahr 1997 als Alleinaktionär geführt. 1978 gründete S.W. gemeinsam mit seinem Sohn C.W. und seiner Tochter D.W. die Kollektivgesellschaft W. & Co. Im Jahr 1984 trat S.W. aus der Kollektivgesellschaft aus. Am 17. Januar 1986 wurden C.W. und D.W. in den Verwaltungsrat der X. AG gewählt. Am 5. August 1978 wurde zwischen der X. AG und der W. & Co. ein als "Mietvertrag für gewerbliche Räume" betitelter Vertrag zur Benutzung eines Teils einer der X. AG gehörenden Liegenschaft abgeschlossen. Am 8. Dezember 1992 wurde dieser Vertrag erneuert. Im zweiten Untergeschoss der betreffenden Liegenschaft befindet sich eine Autoeinstellhalle. Von den dortigen Parkplätzen sind 33 mit Parkuhren versehen. Mit Wirkung per 1. Januar 1995 vermietete die X. AG der W. & Co. die erwähnten 33 Parkingmeterparkplätze. Der Mietzins wurde zunächst auf Fr. 80.- pro Monat und Parkplatz festgelegt, was einem jährlichen Entgelt von Fr. 31'680.- entspricht. In den Jahren 1995 und 1996 flossen der X. AG unter dem Titel "Mietzinseinnahmen Parkuhren" je Fr. 31'680.- zu. Ab 1997 wurde das Entgelt auf Fr. 85.- pro Monat und Parkplatz erhöht, womit sich die Jahresmiete neu auf Fr. 33'660.- belief. Im hier interessierenden Zeitraum von 1995 bis 2000 wurden somit Zahlungen von insgesamt Fr. 198'000.- geleistet. In der gleichen Zeit von 1995 bis 2000 sollen sich aber die Einnahmen der W. & Co. aus der Parkuhrenbewirtschaftung nach Darstellung der Kläger auf insgesamt Fr. 470'478.20 belaufen haben. B. Nach dem Tod von S.W. im Jahre 1997, dem seinerzeitigen Alleinaktionär der X. AG, entstand zwischen dessen Nachkommen A.W. und B.W. einerseits (Kläger) und ihren Geschwistern BGE 131 III 640 S. 642 C.W. und D.W. anderseits (Beklagte) Streit darüber, ob die von den Beklagten betriebene W. & Co. durch die Verwaltung der Parkplätze zu Lasten der X. AG ungerechtfertigt bereichert wurde. Konkret machen die Kläger geltend, in der Differenz zwischen dem abgelieferten Entgelt für die 33 Parkplätze von insgesamt Fr. 198'000.- und dem bezüglich dieser Parkplätze durch Parkingmetergebühren effektiv erzielten Einnahmen von Fr. 470'478.20 liege eine verdeckte Gewinnausschüttung in der Höhe von Fr. 272'478.20 zugunsten der W. & Co. Am 25. April 2003 beantragten die Kläger dem Handelsgericht des Kantons Aargau zunächst, die Beklagten seien zu verpflichten, der X. AG unter Vorbehalt der Nachklage den Betrag von Fr. 264'978.- zuzüglich Zinsen zu bezahlen. Mit Urteil vom 14. Januar 2005 wies das Handelsgericht des Kantons Aargau die Klage ab. Das Bundesgericht weist eine von den Klägern dagegen erhobene Berufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob durch die Verpachtung der 33 Parkingmeterparkplätze die X. AG als Verpächterin benachteiligt und die Kollektivgesellschaft W. & Co. als Pächterin unzulässig begünstigt wurde. Die Kläger sehen eine solche unzulässige Begünstigung darin, dass die Kollektivgesellschaft in der Zeit von 1995 bis 2000 nur einen Pachtzins von Fr. 198'000.- für die betreffenden Parkplätze bezahlt habe, während sich die Einnahmen aus der Parkuhrenbewirtschaftung im gleichen Zeitraum auf Fr. 470'478.20 belaufen hätten. In Bezug auf die Differenz von Fr. 272'478.20 sei von einer verdeckten Gewinnausschüttung zugunsten der von den Beklagten gebildeten Kollektivgesellschaft auszugehen. Diese Gewinnausschüttung sei den Beklagten, die gleichzeitig Verwaltungsräte der X. AG seien, als Pflichtverletzung anzulasten, so dass diese aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit verpflichtet seien, der X. AG den von ihnen verursachten Schaden in der Höhe von Fr. 272'478.20 zurückzuerstatten. Das Handelsgericht hat dazu ausgeführt, der umstrittene Pachtvertrag sei seitens der X. AG von S.W. abgeschlossen worden, der damals - abgesehen von je einer fiduziarisch gehaltenen Aktie der beklagten Verwaltungsräte - "Alleinaktionärsstellung" gehabt habe. Als Alleinaktionär der X. AG sei er berechtigt gewesen, die Gesellschaft auch in einer für sie allenfalls weniger vorteilhaften BGE 131 III 640 S. 643 Weise vertraglich zu binden. Gegen daraus hergeleitete Verantwortlichkeitsansprüche könnten die Organe die haftungsbefreiende Einrede "volenti non fit iniuria" (Einwilligung des Verletzten) erheben. Bei diesem Ergebnis könne offen bleiben, ob die X. AG durch das ab dem 1. Januar 1995 praktizierte Pachtverhältnis zur Kollektivgesellschaft effektiv zu Schaden gekommen sei. 4. Gegen diese Begründung wenden die Kläger in erster Linie ein, die Vorinstanz habe mit ihrer Argumentation versäumt zu prüfen, ob durch den fraglichen Pachtvertrag eine verdeckte Gewinnausschüttung zugunsten der Kollektivgesellschaft W. & Co. vorliege, welche gegen zwingende aktienrechtliche Kapitalschutzvorschriften verstiessen. Abgesehen davon habe die Vorinstanz ohnehin zu Unrecht angenommen, dass die beklagten Verwaltungsräte die Einrede "volenti non fit iniuria" erhoben hätten. 4.1 Im vorliegenden Fall drängen sich zunächst einige Bemerkungen zur Aktivlegitimation der Kläger auf. Die Kläger führen gestützt auf Art. 756 Abs. 1 OR eine Verantwortlichkeitsklage. Die beklagten Verwaltungsräte sollen damit verpflichtet werden, der X. AG den Schaden zu ersetzen, welcher dieser durch den angeblich nachteiligen Pachtvertrag mit der Kollektivgesellschaft W. & Co. entstanden sein soll. Die Aktivlegitimation der Aktionäre, mit Verantwortlichkeitsklage Schadenersatz für die geschädigte Gesellschaft einzuklagen, ist grundsätzlich gegeben ( BGE 131 III 306 E 3.1.1 S. 310 f.). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses des umstrittenen Pachtvertrages - Ende 1994 - noch nicht Aktionäre der X. AG gewesen waren, sondern erst mit dem Tod von S.W. im Jahr 1997 zunächst mit den anderen Erben Gesamteigentümer und nach der Teilung im Jahr 2001 Alleineigentümer der Aktien geworden sind. Zur Geltendmachung der Ansprüche aus dem Gesellschaftsschaden reicht es, wenn dem für die Gesellschaft klagenden Aktionär die Aktionärseigenschaft im Zeitpunkt der Klageanhebung zukommt (WIDMER/BANZ, Basler Kommentar, OR II, 2. Aufl., Basel 2002, N. 5 zu Art. 756 OR ). Die Aktivlegitimation der Kläger wurde daher zu Recht bejaht. 4.2 Damit stellt sich die Frage, ob die Auffassung der Vorinstanz zutreffend ist, der seinerzeitige Alleinaktionär S.W. sei berechtigt gewesen, seine Aktiengesellschaft in einer allenfalls weniger vorteilhaften Weise vertraglich zu binden, weshalb die Organe den BGE 131 III 640 S. 644 gegen sie geltend gemachten Verantwortlichkeitsansprüchen die Einrede der Einwilligung des Verletzten entgegenhalten könnten. 4.2.1 Nach der Rechtsprechung fällt eine Verantwortlichkeit ausser Betracht, wenn die ins Recht gefasste Organperson nachzuweisen vermag, dass sie mit dem Einverständnis des Geschädigten gehandelt hat. So kann sich die betreffende Organperson gegenüber der auf Schadenersatz klagenden Gesellschaft auf die haftungsbefreiende Einrede "volenti non fit iniuria" berufen, wenn sie im ausdrücklichem oder stillschweigenden Einverständnis aller Aktionäre gehandelt hat oder einen gesetzeskonform gefassten und unangefochten gebliebenen Beschluss der Generalversammlung vollzieht. Ferner sind Schadenersatzansprüche der Gesellschaft auch ausgeschlossen, wenn die Generalversammlung den verantwortlichen Organen gemäss Art. 758 Abs. 1 OR die Décharge erteilt hat. Analog entfällt eine Haftung gegenüber der Gesellschaft, wenn diese bzw. deren Alleinaktionär in Kenntnis der Verhältnisse Organhandlungen toleriert, die normalerweise Schadenersatzansprüche im Sinn von Art. 754 OR begründen würden (Urteil 4C.397/1998 vom 15. Juni 1999, E. 2b/bb mit Hinweisen, publ. in: SZW 2000 S. 197 ff. und SJ 1999 S. 481). Diese Rechtsprechung ist in der Literatur auf Zustimmung gestossen (URS BERTSCHINGER, Aktienrechtliche Verantwortlichkeit: Weisungen des Alleinaktionärs an die Verwaltungsräte schliessen Anspruch der Gesellschaft aus, in: SZW 2000 S. 197 ff.). 4.2.2 Im vorliegenden Fall hat das Handelsgericht verbindlich festgestellt ( Art. 63 Abs. 2 OG ), dass S.W. im Zeitpunkt der Vertragsanpassung "Alleinaktionärsstellung" gehabt habe. Lediglich die beiden Beklagten hätten in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Verwaltungsrats je eine Aktie fiduziarisch gehalten. Wenn aber S.W. im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses per 1. Januar 1995 Alleinaktionär der X. AG gewesen war, darf vom Einverständnis aller Aktionäre mit dem - für die X. AG möglicherweise nachteiligen - Pachtvertrag ausgegangen werden. Die Beklagten in ihrer Eigenschaft als damalige Verwaltungsräte der X. AG können der von den Klägern für die Gesellschaft erhobenen Verantwortlichkeitsklage ( Art. 756 Abs. 1 OR ) daher die haftungsbefreiende Einrede "volenti non fit iniuria" entgegensetzen. Wenn die Gesellschaft bzw. deren Alleinaktionär in Kenntnis der Verhältnisse Organhandlung tolerieren, die Verantwortlichkeitsansprüche begründen könnten, steht den betroffenen Organpersonen die erwähnte haftungsbefreiende Einrede zur Verfügung. BGE 131 III 640 S. 645 4.2.3 Wenn aber eine Haftung gegenüber der Gesellschaft entfällt, weil diese selbst bzw. ihr Alleinaktionär die umstrittenen Organhandlungen - Abschluss des Pachtvertrages mit der Kollektivgesellschaft - toleriert haben, sind auch die Aktionäre, die für die Gesellschaft klagen, mit den geltend gemachten Verantwortlichkeitsansprüchen ausgeschlossen. Im Übrigen können die Aktionäre auch keine eigenen Ansprüche geltend machen, weil sie die Aktien durch Erbgang vom seinerzeitigen Alleinaktionär erworben haben und dessen Zustimmung folglich auch ihnen entgegengehalten werden kann. Unter diesen Umständen muss die von den Klägern geltend gemachte Verletzung von Kapitalschutzvorschriften nicht abgehandelt werden. Die Gesellschaft, welche eine allfällige Verletzung dieser Vorschriften toleriert hat, kann sich nicht später auf die Verletzung eben dieser Vorschriften berufen. Einer solchen Gesellschaftsklage läge ein widersprüchliches Verhalten zu Grunde, das keinen Rechtsschutz verdient ( Art. 2 Abs. 2 ZGB ; BERTSCHINGER, a.a.O., S. 199). 4.3 Damit ist nur noch zu prüfen, ob die Beklagen die erwähnte haftungsbefreiende Einrede auch erhoben haben. 4.3.1 Die Vorinstanz hat dazu festgehalten, dass die Parteien gemäss § 183 ZPO /AG alle Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen müssten. Dazu gehörten namentlich auch zivilrechtliche Einreden wie die haftungsausschliessende Einrede "volenti non fit iniuria". Dabei genüge es nicht, dass bloss die Tatsachen behauptet würden, welche die Voraussetzungen für die Einrede bildeten (BÜHLER/EDELMANN/KILLER, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Aarau 1998, N. 4 zu § 183 ZPO /AG). Im vorliegenden Fall hätten die Beklagten unter der Rubrik "Rechtliches" ausgeführt, dass sie das streitige Rechtsgeschäft nicht zu verantworten hätten. Weiter hätten sie geltend gemacht, dass der mit der Kollektivgesellschaft abgeschlossene Pachtvertrag einerseits nicht ungünstig für die X. AG gewesen und andrerseits auch durch den Alleinaktionär abgeschlossen worden sei. 4.3.2 Diese Ausführungen wurden von der Vorinstanz zutreffend als gültig erhobene Einrede "volenti non fit iniuria" ausgelegt. Die Beklagten haben sich nicht nur darauf beschränkt, blosse Tatsachen zu behaupten, welche die Voraussetzung der haftungsbefreienden Einrede bilden. Vielmehr haben sie unter dem Titel "Rechtliches" festgehalten, dass sie das Rechtsgeschäft nicht zu verantworten BGE 131 III 640 S. 646 hätten, sondern dass der umstrittene Pachtvertrag vom damaligen Alleinaktionär abgeschlossen worden sei. Diese Ausführungen durften von der Vorinstanz dahin gehend ausgelegt werden, dass die Kläger den Verantwortlichkeitsansprüchen, welche von der Gesellschaft erhoben worden sind, die Einrede der Einwilligung zum umstrittenen Pachtvertrag entgegen gesetzt haben. Die Auffassung der Vorinstanz ist damit nicht zu beanstanden, dass die haftungsbegründende Einrede "volenti non fit iniuria" effektiv auch erhoben wurde. 4.4 Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass die Beklagten der Verantwortlichkeitsklage die haftungsbefreiende Einrede der Einwilligung des Verletzten entgegen halten können und dies auch getan haben. Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen.
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Sachverhalt ab Seite 10 BGE 101 Ib 9 S. 10 A.- Am 4. Juli 1967 gebar die damals in erster Ehe mit H. verheiratete M. L. geb. W. den Knaben M. Dieser wurde als eheliches Kind der Eheleute H. in die Zivilstandsregister eingetragen. Mit Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 13. Mai 1971 wurde der Knabe als ausserehelich erklärt. Die inzwischen von ihrem ersten Ehemann geschiedene Mutter des Knaben ging am 25. März 1970 mit R. L., von St. Gallen-Straubenzell, eine neue Ehe ein. Am 17. September 1971 erschienen die Eheleute L. auf dem Zivilstandsamt Basel-Stadt und liessen vom Zivilstandsbeamten beurkunden, der Knabe M. sei ihr gemeinsames Kind und somit durch die Heirat ehelich geworden. Gestützt darauf wurde der Knabe als eheliches Kind der Eheleute L. eingetragen und erhielt er den Familiennamen L. sowie das Bürgerrecht von St. Gallen-Straubenzell. B.- Mit Urteil vom 29. Januar 1973 wurden die Eheleute L. vom Strafgericht Basel-Stadt der Fälschung des Personenstandes sowie der Erschleichung einer falschen Beurkundung im Sinne von Art. 216 und 253 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen und zu je 20 Tagen Gefängnis verurteilt, wobei ihnen der bedingte Strafvollzug gewährt wurde. Das Gericht betrachtete als nachgewiesen, dass sie vor dem Zivilstandsbeamten wider besseres Wissen erklärt hatten, M. sei ihr gemeinsames voreheliches Kind. Die beiden hatten in der polizeilichen Befragung zugegeben, dem Zivilstandsbeamten gegenüber zu Unrecht den Ehemann als Vater des Knaben angegeben zu haben. Vor Gericht widerriefen sie dieses Geständnis allerdings, ohne damit aber die Verurteilung verhindern zu können. Das Strafurteil erwuchs in Rechtskraft. C.- Mit Schreiben vom 14. August 1973 ersuchte das Departement des Innern des Kantons St. Gallen, das die Aufsicht über das Zivilstandswesen in diesem Kanton ausübt und das von der strafrechtlichen Verurteilung der Eheleute L. Kenntnis erhalten hatte, das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt als zuständige Aufsichtsbehörde, auf Grund des Strafurteils die Löschung des Legitimationseintrages zu verfügen. Im Einvernehmen mit dem Justizdepartement kam der Vorsteher des Zivilstandsamtes Basel-Stadt diesem Ersuchen nach und verfügte am 18. Dezember 1973 die Löschung der Legitimation des Knaben M. Gegen diese Verfügung erhoben die Eheleute L. sowohl in BGE 101 Ib 9 S. 11 ihrem eigenen Namen wie auch in jenem des Kindes Beschwerde an das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt, mit dem Antrag, die Legitimation sei aufrechtzuerhalten. Zur Begründung machten sie im wesentlichen geltend, die Ehelicherklärung eines Kindes könne gemäss Art. 262 ZGB nur innert drei Monaten durch Klage beim Gericht angefochten werden. Nachdem eine solche Anfechtung nicht erfolgt sei, könnten die Zivilstandsbehörden nicht von sich aus eine "Berichtigung" des Registers vornehmen. Mit Entscheid vom 19. August 1974 wies das Justizdepartement die Beschwerde ab. Es führte im wesentlichen aus, die Verwaltung könne und dürfe eine Legitimation nicht bestehen lassen, von der auf Grund eines rechtskräftigen Strafurteils feststehe, dass sie falsch sei; jede andere Lösung wäre widersinnig und zudem mit der Regelung in Art. 9 ZGB unvereinbar, wonach öffentliche Register nur Solange für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis erbrächten, als nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen sei; die Löschung der Legitimationseintragung erweise sich im übrigen auch auf Grund der Kreisschreiben E 4 und G 7 des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements als über jeden Zweifel erhaben. D.- Gegen diesen Entscheid erhoben die Eheleute L. für sich und für das Kind M. Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Formelles). 2. Nach Art. 45 Abs. 1 ZGB darf eine Eintragung in den Zivilstandsregistern nur auf Anordnung des Richters berichtigt werden. Beruht jedoch der Fehler auf einem offenbaren Versehen oder Irrtum, so kann nach Absatz 2 dieser Bestimmung die Aufsichtsbehörde die Berichtigung anordnen. Die gleiche Regelung enthält Art. 50 der Zivilstandsverordnung in den Absätzen 2 und 3. Über das Gesetz hinauszugehen, scheint hingegen Art. 51 Abs. 2 der gleichen Verordnung, indem die Aufsichtsbehörde auch als zuständig bezeichnet wird, dort Löschungen zu verfügen, "wo sich offensichtlich eine Eintragung im vollen Umfang als unrichtig, ungültig oder überflüssig herausstellt". Das Bundesgericht hat indessen in BGE 101 Ib 9 S. 12 Weiterführung einer bereits vom Bundesrat als frühere Rekursinstanz begründeten Rechtsprechung entschieden, dass die Berichtigung einer Eintragung auf dem Verwaltungsweg keinesfalls in Frage kommen kann, wenn von irgend einer Seite mit einem Widerspruch zu rechnen ist oder wenn die Eintragung den Angaben entspricht, über die der Zivilstandsbeamte verfügte ( BGE 76 I 230 ff.; 89 I 321 /322 Erw. 3; vgl. auch KAUFMANN, Die gerichtliche Berichtigung des Zivilstandsregisters nach Art. 45 ZGB , SJZ 11. Jahrg., 1915, S. 325 ff., insbes. S. 326 sub Ziff. III 1; FORNI, Berichtigung von Zivilstandseintragungen, Zeitschrift für Zivilstandswesen, 1973, S. 186 ff., insbes. S. 187). An dieser Rechtsprechung und der sich daraus ergebenden einschränkenden Auslegung von Art. 51 Abs. 2 der Zivilstandsverordnung ist festzuhalten. Jede Abschwächung des in Art. 45 Abs. 1 ZGB aufgestellten Erfordernisses der richterlichen Anordnung einer Berichtigung würde bedeuten, dass die Betroffenen der Garantien beraubt würden, die ihnen nur ein gerichtliches Verfahren bieten kann. Bereits auf Grund der erwähnten Rechtsprechung ergibt sich, dass die von den Zivilstandsbehörden des Kantons Basel-Stadt verfügte Löschung des Legitimationseintrages aufgehoben werden muss. Es fehlte gleich an beiden Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Berichtigung auf dem Verwaltungsweg. So stand von vornherein fest, dass die Eheleute L. mit der Löschung des Eintrages der Legitimation nicht einverstanden sein würden. Vor allem aber entsprach die Eintragung den Angaben, die dem Zivilstandsbeamten anlässlich der Beurkundung der Legitimation gemacht worden waren. Von einem offenbaren Versehen oder Irrtum im Sinne von Art. 45 Abs. 2 ZGB konnte daher keine Rede sein. Dazu kommt, dass das legitimierte Kind im Strafverfahren, das zur Verurteilung der Eheleute L. wegen Fälschung des Personenstandes und Erschleichung einer falschen Beurkundung führte, gar nicht Partei und somit nicht in der Lage war, seine Interessen zu wahren. Das Strafurteil konnte auch aus diesem Grunde keinen Rechtstitel bilden, der die administrative Löschung des Eintrages der Legitimation in den Zivilstandsregistern erlaubt hätte. 3. Die Löschung erweist sich aber auch noch aus einem andern Grunde als unhaltbar. Auch wenn die Ehelicherklärung BGE 101 Ib 9 S. 13 eines Kindes voraussetzt, dass der Ehemann der Vater dieses Kindes ist, so ist damit noch keineswegs gesagt, dass eine Legitimation nichtig ist und in den Zivilstandsregistern gelöscht werden kann, sobald die Tatsache der Nichtabstammung feststeht. Nach der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung bildet dieser Umstand vielmehr keinen Nichtigkeits-, sondern, gestützt auf Art. 262 ZGB , lediglich einen Anfechtungsgrund ( BGE 86 II 449 f. E. 4, wo die missverständlichen Ausführungen in BGE 40 II 298 E. 2 klargestellt werden; HEGNAUER, N. 3 ff. und 7 zu Art. 262 ZGB sowie N. 13 zu Art. 258/259 ZGB, mit Zitaten; EGGER, N. 5 zu Art. 258 ZGB in fine). Es wäre in der Tat nicht verständlich, welchen Sinn die gesetzliche Begrenzung der Möglichkeit zur Anfechtung der Ehelicherklärung auf drei Monate von deren Kenntnisnahme an hätte ( Art. 262 Abs. 1 ZGB ), wenn auch nach Ablauf dieser Frist die zuständige Behörde des Heimatkantons des Ehemannes oder eine andere Amtsstelle die Löschung des Legitimationseintrages im Zivilstandsregister erwirken könnte (SJZ 46. Jahrg., 1950, S. 207/208). Das Gesetz hat mit der Befristung der Anfechtungsklage den Grundsatz der Registerwahrheit jenem der Rechtssicherheit sowie dem Interesse des Kindes an der Aufrechterhaltung seines ehelichen Standes untergeordnet. Damit wird in Kauf genommen, dass eine materiell zu Unrecht vorgenommene Ehelicherklärung nach unbenütztem Ablauf der Anfechtungsfrist weiterhin rechtswirksam bleibt, auch wenn deren Vornahme von der Rechtsordnung missbilligt wird und sogar zur Bestrafung Anlass geben kann. Diese unterschiedliche Behandlung der Folgen einer zu Unrecht erfolgten Legitimation ist vom Gesetzgeber gewollt. Die Eintragung einer solchen Legitimation in den Zivilstandsregistern darf daher nicht unter Berufung auf einen (in dieser Allgemeinheit gar nicht bestehenden) Grundsatz der Unteilbarkeit der Rechtsordnung gelöscht werden. Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt beruft sich zur Rechtfertigung der Löschung des Legitimationseintrages auch auf Art. 9 ZGB . Diese Bestimmung enthält indessen lediglich eine Beweisregel und gibt keine Antwort auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Berichtigung von öffentlichen Registern möglich ist (KUMMER, N. 70 zu Art. 9 ZGB ). Im übrigen verlangt gerade der in Art. 9 ZGB BGE 101 Ib 9 S. 14 enthaltene Grundsatz der verstärkten Beweiskraft öffentlicher Register, dass deren Einträge nicht leichthin ohne richterlichen Entscheid gelöscht werden können (vgl. FORNI a.a.O. S. 187). Auch die Kreisschreiben E 4 und G 7 der Kreisschreibensammlung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes über das Zivilstandswesen sind nicht geeignet, zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage zu führen. Soweit sie die Löschung eines Legitimationseintrages durch Verfügung der Aufsichtsbehörde auf Grund eines Strafurteils als zulässig erklären, sind sie mit der gesetzlichen Ordnung nicht vereinbar und daher unbeachtlich.
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Sachverhalt ab Seite 29 BGE 107 Ia 29 S. 29 Der am 19. Dezember 1977 verstorbene Wilhelm Faes hinterliess als Universalerbin seine Ehefrau Elise Faes. Der Erblasser hatte zwei Verfügungen von Todes wegen getroffen. Diese Verfügungen, welche zusammen einen Umfang von 13 Seiten aufweisen, mussten vom Bezirksgericht Kulm in 73 Ausfertigungen eröffnet werden. Mit Einschluss von einigen weiteren Kopien waren dafür insgesamt 944 Seiten Fotokopien herzustellen. Für die Eröffnung der Verfügungen verlangte das Bezirksgericht Kulm von Elise Faes Fr. 3'044.--. In dieser Rechnung war ein Betrag von Fr. 1'888.-- für die notwendigen Fotokopien (d.h. Fr. 2.-- pro Seite) eingeschlossen. Da Elise Feas diesen Betrag für übersetzt hielt, wandte sie sich an die Finanzverwaltung des Kantons Aargau, um eine Reduktion dieser Rechnung zu erwirken. Die Finanzkontrolle teilte darauf der Gerichtskasse Kulm mit, sie sei im vorliegenden Fall im Hinblick auf die grosse Auflage ausnahmsweise bereit, einer Ermässigung des Gebührenansatzes für Fotokopien auf 50%, d.h. auf Fr. 944.-- zuzustimmen. Am 6. März 1979 beriet das Bezirksgericht Kulm erneut über die Elise Feas aufzuerlegende Gebühr und beschloss, am Betrag von Fr. 3'044.-- festzuhalten. Es erachtete zwar den fraglichen Gebührenansatz von Fr. 2.-- pro Seite für hoch, führte jedoch aus, es sei an die regierungsrätliche Verordnung über die Kanzleigebühren vom 23. Dezember 1971, in welcher dieser Ansatz enthalten sei, gebunden. Gegen den Entscheid des Bezirksgerichts führte Elise Faes Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Sie beantragte, der in der Gebührenrechnung enthaltene Anteil für Fotokopien sei BGE 107 Ia 29 S. 30 von Fr. 1'888.-- auf Fr. 944.-- (d.h. auf Fr. 1.-- pro Kopie) zu reduzieren. Die Inspektionskommission des Obergerichts des Kantons Aargau behandelte die Beschwerde als allgemeine Aufsichtsbeschwerde und wies diese mit Entscheid vom 15. Mai 1979 ab. Sie führte in der Begründung aus, nach § 1 lit. c der Verordnung des Regierungsrates über die Kanzleigebühren vom 23. Dezember 1971, hätten die kantonalen Amtsstellen und die Gerichte zuhanden des Staates "für die Erstellung von Kopien auf technischem Wege pro Seite A4 Fr. 2.--" als Kanzleigebühr zu beziehen. An diese Vorschrift, welche gestützt auf § 1 lit. i des Dekretes des Grossen Rates über die vom Staate zu beziehenden Gebühren vom 10. Januar 1976 erlassen worden sei, habe sich das Bezirksgericht halten müssen, selbst wenn ein Ansatz von Fr. 2.-- pro Kopie "reichlich hoch" sei. Elise Faes führt staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid der Inspektionskommission des Obergerichts und beantragt darin die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Sie macht geltend, der Ansatz von Fr. 2.-- pro Seite Fotokopie und der sich daraus ergebende Gebührenbetrag von Fr. 1'888.-- seien willkürlich. Zur Begründung wird in der Beschwerde vorgebracht, das Obergericht habe angenommen, die Verordnung des Regierungsrates über die Kanzleigebühren vom 23. Dezember 1971 könne sich auf das Dekret des Grossen Rates über die vom Staate zu beziehenden Gebühren vom 10. Januar 1967 stützen; dieses Dekret sei aber durch das gleichnamige Dekret vom 23. November 1977 aufgehoben worden. Die Verordnung des Regierungsrates, worauf sich der angefochtene Entscheid stütze, entbehre somit einer gesetzlichen Grundlage. Nach Art. 33 Abs. 1 lit. e KV sei zudem der Grosse Rat zur Festsetzung der dem Staat zukommenden Gebühren und Taxen zuständig. Der Grosse Rat habe in § 7 des Dekretes über die Gebühren in Zivil- und Strafsachen vom 9. Januar 1968 festgehalten, als Kanzleigebühr für die Erstellung von Kopien auf technischem Wege seien pro Seite Fr. 1.50 zu verlangen. Dieses Dekret müsse entgegen der Auffassung des Obergerichtes auf den vorliegenden Fall angewandt werden. Im übrigen bringt die Beschwerdeführerin vor, der Ansatz von Fr. 2.-- pro Seite Fotokopie stehe - abgesehen von der Frage des anwendbaren Rechtes - zum objektiven Wert der Leistung in einem offensichtlichen Missverhältnis und halte sich im Hinblick auf das Äquivalenzprinzip nicht mehr in vernünftigen Grenzen. Die Inspektionskommission des Obergerichts verzichtete darauf, eine Vernehmlassung einzureichen. Das Bezirksgericht Kulm BGE 107 Ia 29 S. 31 beantragte die Abweisung der Beschwerde. Da die finanziellen Interessen des Kantons durch die vorliegende Beschwerde betroffen sind, wurde auch der Regierungsrat des Kantons Aargau zur Vernehmlassung eingeladen. Dieser stellte in seiner Eingabe die folgende Kostenberechnung für eine einzelne Fotokopie auf: Kosten für Papier, Strom und Miete des Gerätes Fr. -.20 Miete und Heizung des Fotokopierraumes Fr. -.06 Lohnkosten des Kanzleibeamten (Verrechnungsansatz Fr. 32.-- pro Stunde) für einen Zeitaufwand von 3 Minuten (Anmarsch, Inbetriebsetzen des Gerätes, Kopieren, Einordnen der Kopie) Fr. 1.60 -------- Herstellungskosten einer einzelnen Kopie Fr. 1.86 Der Regierungsrat macht in weiteren geltend, diese Kosten pro Kopie erhöhten sich auf Fr. 2.26, wenn der Gerichtskassier (Verrechnungsansatz Fr. 40.-- pro Stunde) mit der Herstellung der Fotokopien betraut werde. Im Hinblick auf die gerügte Verletzung des Äquivalenzprinzips führt der Regierungsrat aus, die Eröffnung der letztwilligen Verfügungen sei im vorliegenden Fall eine aufwendige Arbeit gewesen. Es hätten 73 verschiedene Ausfertigungen erstellt werden müssen; der Rationalisierungseffekt könne unter diesen Umständen nicht als gross betrachtet werden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Das Bundesgericht hält die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Entscheid der Inspektionskommission des Obergerichts richtet, für unzulässig. Es tritt aber auf die Beschwerde ein, soweit damit ebenfalls der Entscheid des Bezirksgerichts Kulm angefochten wurde.) 2. a) Die vom Bezirksgericht Kulm angewandte Verordnung des Regierungsrates über die Kanzleigebühren vom 23. Dezember 1971 sieht in § 1 lit. c für die Erstellung von Fotokopien einen Ansatz von Fr. 2.-- vor. Diese Bestimmung steht im Gegensatz zu § 7 des Dekretes des Grossen Rates über die Gebühren in Zivil- und Strafsachen und die Entschädigung der Parteien, Zeugen und Sachverständigen vom 9. Januar 1968, denn nach dieser Bestimmung haben die Gerichte für die Erstellung von Fotokopien nur Fr. 1.50 zu erheben. Die regierungsrätliche Verordnungsbestimmung war somit im Anwendungsbereich des genannten Dekretes ungültig, solange in § 7 dieses Dekrets für Fotokopien ein Ansatz von Fr. 1.50 vorgesehen war. Am 19. Dezember 1973 änderte der Grosse Rat jedoch diese Bestimmung ab und legte im neuen Text BGE 107 Ia 29 S. 32 fest, dass die Gerichte ihre Kanzleigebühren nach den jeweils geltenden Ansätzen der Verordnung des Regierungsrates zu erheben hätten. Mit dem abgeänderten § 7 des Dekretes erhielt die regierungsrätliche Verordnung über die Kanzleigebühren, welche für den Bereich der Gerichte zunächst ungültig gewesen war, nachträglich eine genügende gesetzliche Grundlage (vgl. André GRISEL, L'application du droit public dans le temps, ZBl 75/1974, S. 233 ff., 239). Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Rüge, die im angefochtenen Entscheid angewandte Verordnungsbestimmung könne sich nicht auf ein grossrätliches Dekret stützen, bzw. stehe mit einem solchen im Widerspruch, ist somit unbegründet. b) Die Beschwerdeführerin führt ferner aus, in Art. 33 Abs. 1 lit. e KV werde die Festsetzung der dem Staat zukommenden Gebühren und Taxen dem Grossen Rat übertragen. Offenbar will sie damit rügen, die Festsetzung der Kanzleigebühren sei zu Unrecht an den Regierungsrat delegiert worden. Eine Subdelegation von Rechtsetzungsbefugnissen vom Grossen Rat an den Regierungsrat ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung jedoch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und wird auch von Art. 33 KV nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Beschwerdeführerin tut nicht dar, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Subdelegation fehlen. Die Rüge der unzulässigen Subdelegation erweist sich somit als ungenügend begründet und ist nicht zu untersuchen ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ). c) Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, es gebe kein Gesetz, das wenigstens die Grundzüge der hier streitigen Gebühr umschreiben würde. Sie rügt somit, die angefochtene Gebühr könne sich nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bedürfen alle öffentlichen Abgaben - mit Ausnahme der Kanzleigebühren - der Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn, d.h. in einem dem Referendum unterstehenden Erlass ( BGE 106 Ia 202 E. 2a, BGE 105 Ia 4 , 144 ff. E. 5a mit Hinweisen). Unter Kanzleigebühren sind Abgaben für einfache Tätigkeiten der Verwaltung zu verstehen, die ohne besonderen Prüfungs- und Kontrollaufwand erbracht werden und sich in ihrer Höhe in einem bescheidenen Rahmen halten ( BGE 104 Ia 115 E. 3 mit Hinweisen). Die Herstellung von Fotokopien für die Eröffnung von letztwilligen Verfügungen stellt eine einfache Tätigkeit der Verwaltung im Sinne dieser Rechtsprechung dar. Die dafür erhobene Abgabe von Fr. 2.-- pro Fotokopie hält BGE 107 Ia 29 S. 33 sich zudem in einem bescheidenen Rahmen. Dass infolge der Erstellung einer grossen Anzahl von Kopien ein Mehrfaches dieses Ansatzes in Rechnung gestellt worden ist, ändert nichts an dieser Beurteilung, denn durch die Multiplikation von einzelnen "bescheidenen" Beträgen entsteht kein Gesamtbetrag, der nicht mehr als bescheidene Gebühr betrachtet werden könnte. Unter diesen Umständen kann die angefochtene Abgabe als Kanzleigebühr, welche keiner gesetzlichen Grundlage bedarf, betrachtet werden. Die Rüge der fehlenden gesetzlichen Grundlage, dringt somit nicht durch. d) Der Umstand, dass Kanzleigebühren auch ohne formell gesetzliche Grundlage erhoben werden dürfen, schliesst nicht aus, dass sich der Bürger zur Anfechtung solcher Gebühren auf das Äquivalenzprinzip, das Kostendeckungsprinzip sowie das Willkürverbot und den Grundsatz der Rechtsgleichheit berufen kann. Im vorliegenden Fall rügt die Beschwerdeführerin in erster Linie, die angefochtene Gebühr verletze das Äquivalenzprinzip. Nach dem Äquivalenzprinzip, wie es in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verstanden wird, darf die Gebühr zum objektiven Wert der Leistung nicht in ein offensichtliches Missverhältnis geraten und muss sich in vernünftigen Grenzen bewegen ( BGE 103 Ia 89 ). Die im vorliegenden Verfahren streitige Gebühr von Fr. 1'888.-- wurde allein für die Herstellung von 944 Seiten Fotokopien erhoben. Es ist daher zu prüfen, ob dieser Betrag zum objektiven Wert dieser Fotokopien in einem offensichtlichen Missverhältnis steht. Der Regierungsrat geht in seiner Vernehmlassung davon aus, dass die Kosten für eine Fotokopie (Papier, Strom, Miete des Kopiergerätes) Fr. 0.20 betragen. Ferner stellt er Fr. 0.06 für die Miete und Heizung des Fotokopierraumes in Rechnung. Diese Beträge bewegen sich im Rahmen der heute üblichen Kosten und sind daher nicht zu beanstanden. Der Regierungsrat ist im weiteren der Ansicht, für die Herstellung einer Fotokopie würden drei Minuten benötigt. Bei einem Stundenansatz von Fr. 32.-- ergeben sich somit nach seiner Berechnung Lohnkosten von Fr. 1.60 pro Fotokopie. Bei einem Stundenansatz von Fr. 40.-- erhöhen sich diese Kosten sogar auf Fr. 2.26. Wenn für die Herstellung einer Fotokopie drei Minuten eingesetzt werden, würde die Herstellung der im vorliegenden Fall benötigten 944 Kopien ungefähr 5 Arbeitstage in Anspruch nehmen. Ein solcher Zeitraum wird aber für die Herstellung der BGE 107 Ia 29 S. 34 genannten Anzahl von Fotokopien keinesfalls benötigt. Das Bundesgericht ist zwar nicht in der Lage, um genau anzugeben, wieviele Stunden für die Herstellung von 944 Fotokopien einzusetzen sind. Die für diese Arbeit benötigte Zeit hängt stark von den Einrichtungen und insbesondere vom Fotokopiergerät ab, das im Einzelfall benützt wird. Es scheint allerdings, dass ungefähr ein Arbeitstag genügen sollte, um die im vorliegenden Fall benötigten 944 Fotokopien herzustellen und daraus die 73 Ausfertigungen der letztwilligen Verfügungen zusammenzusetzen. Unter diesen Umständen steht die aufgrund einer Herstellungszeit von drei Minuten pro Kopie berechnete Gebühr von Fr. 1'888.-- in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der Leistung. Die Rüge, die beanstandete Gebührenauflage verletze das Äquivalenzprinzip, erweist sich somit als begründet. Dies führt Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Bei einer grossen Auflage von Fotokopien, wie sie im vorliegenden Fall hergestellt werden musste, wäre ein Gebührenansatz von Fr. 1.-- pro Kopie (der von der kantonalen Finanzkontrolle empfohlen und von der Beschwerdeführerin anerkannt wurde) mit dem Äquivalenzprinzip vereinbar. Eine solche Gebühr stünde nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Gegenleistung, insbesondere zum benötigten Arbeitsaufwand. Der im vorliegenden Fall angewandte Gebührentarif von Fr. 2.-- pro Fotokopie wäre hingegen bei kleineren Auflagen möglicherweise gerechtfertigt, da bei solchen Auflagen der Arbeitsaufwand pro Kopie grösser ist als bei grossen Auflagen. Über die Frage des anzuwendenden Gebührenansatzes ist im vorliegenden Verfahren aber nicht zu entscheiden. e) Da die Beschwerde bereits aus dem erwähnten Grund gutgeheissen werden muss, ist nicht zu prüfen, ob die angefochtene Gebühr, wie von der Beschwerdeführerin zusätzlich behauptet, auch die Rechtsgleichheit verletzt.
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96d452f5-9673-4b1c-9339-0081965916f4
Sachverhalt ab Seite 579 BGE 132 III 579 S. 579 A. Die Ecofin Holding AG, Davos Dorf, die Ecofin Research and Consulting AG, Zürich, die Ecofin Data Model AG, Davos Dorf, und die Ecofin Investment Consulting AG, Zürich (Klägerinnen und Berufungsklägerinnen), sind im Vorsorgebereich, im Bereich Banking and Finance, im Investment Consulting und im Financial Planning tätig. Sie gehören derselben Gruppe an und führen alle den Firmenbestandteil ECOFIN. Die Ecofin Research and Consulting AG ist Inhaberin der Domainnamen "ecofin.ch" und "ecofin.com". Markus Scholand, Meschede/D (Beklagter und Berufungsbeklagter), ist Dozent am Zentrum für Interdisziplinäre Technikforschung BGE 132 III 579 S. 580 an der Technischen Universität Darmstadt und war dort unter anderem Projektmitarbeiter am Institut für Betriebswirtschaftslehre, Fachgebiet Finanzierung und Bankbetriebslehre. Nach den Angaben auf der Homepage "ecofin.de" besteht unter der Bezeichnung ECOFIN ein Kooperationsprojekt, das interdisziplinäre Beiträge zur problemorientierten Forschung und Lehre im Spannungsfeld insbesondere von ökonomischen Fragestellungen leistet; ein Schwerpunkt liegt im Bereich verhaltensorientierter Kapitalmarktforschung sowie der Innovations- und Projektfinanzierung von Energieanlagen. Der Beklagte ist Inhaber des Domainnamens "ecofin.de". Ausserdem hinterlegte er am 23. Mai 2000 das Zeichen ECOFIN, das unter der Nr. 481 763 im schweizerischen Markenregister eingetragen wurde. Als Vertreter des Beklagten wird die Riederer Hasler und Partner Patentanwälte AG, Bad Ragaz, im Register aufgeführt. B. Am 5. Juli 2004 gelangten die Klägerinnen an das Handelsgericht des Kantons St. Gallen und stellten folgende Rechtsbegehren: "1. Es sei der Beklagte zu verpflichten, die Schweizerische Marke ECOFIN Nr. 481763, hinterlegt beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum am 23. Mai 2000, bezüglich folgender Waren und Dienstleistungen löschen zu lassen: 9: Geräte zur Aufzeichnung, Speicherung und Verarbeitung von Daten, Bildern sowie Tönen, Rechenmaschinen und Datenverarbeitungsgeräten nebst Zubehör; alle vorgenannten Waren soweit in Klasse 9 enthalten. 35: Unterstützung beim Betrieb oder bei der Geschäftsführung eines Unternehmens, Unternehmensverwaltung, Wertermittlung und Wirtschaftsprognosen in Geschäftsangelegenheiten, Aufstellung, Systematisierung und Auswertung von Mitteilungen, Aufzeichnungen oder Daten, Marketingforschung, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. 36: Finanzdienstleistungen, insbesondere Dienstleistungen von Kreditinstituten, Investmentgesellschaften, Maklern oder Treuhandgesellschaften; Finanzanalysen, Finanzauskünfte, Finanzierungen, Finanzinformation und -beratung; Schätzung, Vermittlung und Verwaltung von Vermögenswerten, insbesondere Grundstücken, Immobilien, Fonds und Beteiligungen; Dienstleistungen im Bezug auf den Abschluss von Finanzgeschäften. 42: Wissenschaftliche sowie industrielle Analysen und Forschung, Konzeption, Erstellung und Aktualisierung von Software für die Datenverarbeitung. 2. Es sei dem Beklagten unter Androhung der Ungehorsamsstrafe gemäss Art. 292 StGB für den Fall der Zuwiderhandlung zu verbieten, das Wort ECOFIN in Alleinstellung oder in einer nicht BGE 132 III 579 S. 581 unterscheidungskräftigen Kombination mit einem anderen Zeichen im geschäftlichen Verkehr in Zusammenhang mit Computerhard- und Software und diesbezüglicher Beratung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Werbung, Finanzwesen, Geldgeschäft, Versicherungs- und Immobilienwesen sowie Erstellung von Wirtschaftsdaten und Prognosen sowie wissenschaftlicher und industrieller Forschung und Analysen, in irgendeiner Form, insbesondere zur Bezeichnung von Waren, Dienstleistungen oder als Internetadresse, zu gebrauchen. 3. Der Beklagte sei zur Zahlung von SFR 10'000.- nebst Zins zu 5 % seit der Klageeinleitung vom 5. Juli 2004 an die Klägerinnen zu verurteilen [...]." Die Klägerinnen stützten ihre Ansprüche auf das UWG und begründeten die Zuständigkeit des Handelsgerichts St. Gallen mit Art. 5 Ziff. 3 LugÜ . Der Beklagte beantragte Nichteintreten auf die Klage. Das Handelsgericht führte zur Einrede der Unzuständigkeit einen Schriftenwechsel durch. Die Klägerinnen beriefen sich zusätzlich auf die Zuständigkeit nach Art. 16 Ziff. 4 LugÜ . C. Mit Entscheid vom 16. August 2005 trat das Handelsgericht des Kantons St. Gallen auf die Klage nicht ein. Mit beiden Parteien ging das Gericht davon aus, dass angesichts des Wohnsitzes des Beklagten in Deutschland ein internationaler Sachverhalt vorliege und das Lugano-Übereinkommen (LugÜ; SR 0.275.11) anwendbar sei. Die Zuständigkeit des Deliktsorts gemäss Art. 5 Ziff. 3 LugÜ verneinte das Gericht im Wesentlichen mit der Begründung, ein Erfolgsort sei im Kanton St. Gallen nicht gegeben, weil die Markeneintragung dafür nicht genüge und weil die Klägerinnen nicht behaupteten, es sei hier ein Schaden eingetreten; einen Handlungsort im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 LugÜ im Kanton St. Gallen verneinte das Gericht, weil die Eintragung der Marke ECOFIN als mögliche relevante Handlung durch den vom Beklagten bestellten Vertreter vom Büro in Eschen (Fürstentum Liechtenstein) aus vorgenommen worden sei. Die Zuständigkeit nach Art. 16 Ziff. 4 LugÜ verneinte das Gericht, weil es nicht um eine markenrechtliche Bestandesklage gehe. Das Bundesgericht heisst die von den Klägerinnen gegen das Urteil des Handelsgerichts erhobene Berufung teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Im vorinstanzlichen Verfahren beantragten die Klägerinnen in Ziffer 1 ihrer Rechtsbegehren, der Beklagte sei zu verpflichten, die BGE 132 III 579 S. 582 von ihm im schweizerischen Register eingetragene Marke Nr. 481 763 für verschiedene, genau bezeichnete Waren und Dienstleistungen löschen zu lassen. 3.1 Nach Art. 16 Ziff. 4 LugÜ sind die Gerichte des Vertragsstaates, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder aufgrund eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Parteien ausschliesslich zuständig für Klagen, welche die Eintragung oder Gültigkeit von Patenten, Warenzeichen, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte zum Gegenstand haben, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen. Für Klagen betreffend die Gültigkeit oder die Eintragung von Immaterialgüterrechten in der Schweiz sind die schweizerischen Gerichte am Geschäftssitz des im Register eingetragenen Vertreters zuständig, sofern der Beklagte - wie vorliegend - keinen Wohnsitz in der Schweiz hat ( Art. 109 Abs. 3 IPRG ). Da der im Markenregister eingetragene Vertreter des Beklagten seinen Geschäftssitz nach den verbindlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid im Kanton St. Gallen hat, ist die Vorinstanz zuständig, sofern das Rechtsbegehren 1 der Klägerinnen im Sinne von Art. 16 Ziff. 4 LugÜ die Eintragung oder die Gültigkeit von Warenzeichen zum Gegenstand hat. 3.2 Die ausschliessliche und zwingende Zuständigkeit von Art. 16 Ziff. 4 LugÜ bezieht sich auf Bestandesklagen, die insbesondere die Feststellung der Nichtigkeit zum Gegenstand haben ( BGE 124 III 509 ; vgl. auch Urteil 4C.159/2005 vom 19. August 2005, E. 2.1). Dagegen fallen Klagen über die Verletzung von Immaterialgüterrechten auch dann nicht in den Geltungsbereich der Bestimmung, wenn diese Rechte in einem (nationalen) Register eingetragen sind (GERHARD WALTER, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, 3. Aufl., 2002, S. 231; VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 22 f. zu Art. 109 IPRG ; SIMON MÄDER, Die Anwendung des Lugano-Übereinkommens im gewerblichen Rechtsschutz, Bern 1999, S. 20 f.; KROPHOLLER, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Heidelberg 2002, N. 50 zu Art. 22 EuGVO; GEIMER/SCHÜTZE, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., München 2004, Rz. 226 zu Art. 22 EuGVO). Als Bestandesklagen gelten nach schweizerischem Verständnis Klagen, welche die materielle Gültigkeit oder die Zuständigkeit an Schutzrechten zum Gegenstand haben oder in Ausnahmefällen den Bestand einer lauterkeitsrechtlich geschützten BGE 132 III 579 S. 583 Wettbewerbsstellung betreffen (VON BÜREN/MARBACH, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., Bern 2002, Rz. 797 S. 158; DAVID, Der Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht [SIWR], Bd. I/2, 2. Aufl. 1998, S. 8; VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 4 zu Art. 109 IPRG ; vgl. auch KAMEN TROLLER, Grundzüge des schweizerischen Immaterialgüterrechts, 2. Aufl. 2005, S. 376 f.; MÄDER, a.a.O., S. 18 f.). 3.3 Der Europäische Gerichtshof, dessen Rechtsprechung zum EuGVÜ für die Auslegung des LugÜ zu berücksichtigen ist (vgl. Protokoll Nr. 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens [SR 0.275.11]), interpretiert Art. 16 Ziff. 4 EuGVÜ vertragsautonom (Urteil des EuGH vom 5. November 1983 in der Rechtssache 288/82, Duijntsee gegen Goderbauer
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Erwägungen ab Seite 5 BGE 112 Ia 5 S. 5 Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin sieht sich dadurch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, dass sie zu spät zum Augenschein eingeladen worden sei und sich deshalb nicht durch einen Rechtsanwalt daran habe vertreten lassen können. a) ... b) Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör wird zunächst von den kantonalen Verfahrensbestimmungen umschrieben; erst wo sich dieser Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden bundesrechtlichen Minimalgarantien Platz. Da die Beschwerdeführerin keine Verletzung kantonaler Verfahrensvorschriften rügt, ist einzig und zwar mit freier Kognition zu prüfen, ob unmittelbar aus Art. 4 BV folgende Regeln missachtet wurden ( BGE 110 Ia 81 /82 E. 5b, 85 E. 3b, je mit Hinweisen). c) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist es ohne Belang, ob es mangels entsprechender Parteianträge überhaupt nicht verpflichtet gewesen wäre, einen Augenschein durchzuführen. Wenn eine Behörde zu diesem Beweismittel greifen will, hat BGE 112 Ia 5 S. 6 sie das in den verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Formen zu tun und die Grundsätze des rechtlichen Gehörs zu beachten ( BGE 104 Ib 122 E. 2c mit Hinweisen). Die an einem Verfahren Beteiligten, zu denen hier auch die Gemeinde Samedan gehört, haben Anspruch darauf, zu einem Augenschein gehörig beigezogen zu werden. Eine Ausnahme würde nur gelten, wenn schützenswerte Interessen Dritter oder des Staates oder eine besondere Dringlichkeit etwas anderes gebieten oder wenn der Augenschein seinen Zweck nur erfüllen kann, wenn er unangemeldet durchgeführt wird. In einem solchen Fall genügt es, wenn die betreffende Partei nachträglich zum Beweisergebnis Stellung nehmen kann ( BGE 105 Ia 49 /50 E. 2a; BGE 104 Ia 71 E. 3b; BGE 104 Ib 121 E. 2a). Der erwähnte Anspruch auf gehörigen Beizug zu einem Augenschein umfasst auch das Anrecht auf eine rechtzeitige Vorladung. Danach sind die Adressaten so früh vorzuladen, dass sie rechtzeitig erscheinen können. Diese unmittelbar aus dem Gehörsanspruch von Art. 4 BV ableitbare Regel ergibt sich im übrigen auch aus dem bündnerischen Recht (Art. 29 des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Graubünden vom 9. April 1967 i.V.m. Art. 70 Abs. 2 der damals noch anwendbaren Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden vom 20. Juni 1954, heute: Art. 56 Abs. 2 der Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden vom 1. Dezember 1985). Der Anspruch auf rechtzeitige Vorladung muss jedenfalls dann auch für den Rechtsvertreter eines Beteiligten gelten, wenn Rechtsfragen zur Sprache kommen. d) Wie erwähnt, hat die Gemeinde Samedan die Vorladung zum verwaltungsgerichtlichen Augenschein erst am Morgen des Vortags erhalten. Der als Anwalt tätige Gemeindepräsident und auch die andern ortsansässigen Anwälte waren an einer Teilnahme verhindert. Angesichts des verbleibenden Zeitraums von einem knappen Tag war es der Beschwerdeführerin nicht mehr zuzumuten, nach einem andern Anwalt zu suchen, der in der Lage gewesen wäre, sich vorzubereiten und am Augenschein teilzunehmen. Sie musste es deshalb bei einer Vertretung durch den kommunalen Baukontrolleur bewenden lassen. Zwar hat die Beschwerdeführerin kein ausdrückliches Verschiebungsgesuch gestellt; doch hat sie das Verwaltungsgericht zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass ihr keine Nachteile entstehen dürften. Der Augenschein selbst diente entgegen den Vernehmlassungen von Beschwerdegegnerin und Verwaltungsgericht nicht nur der Feststellung des Sachverhalts. In bezug auf die vorgesehene Nutzung BGE 112 Ia 5 S. 7 und die zu erwartende Lärmbelastung wurden auch Rechtsfragen erörtert. So geht etwa unmittelbar aus dem angefochtenen Entscheid hervor, dass der Vertreter der Bauherrin ausgeführt habe, Starts und Landungen von der Bauparzelle aus seien von Bundesrechts wegen verboten. Dabei handelt es sich um eine Rechtsfrage, von deren Beantwortung durch den Vertreter der Bauherrin das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Sodann führten verschiedene Aussagen des Vertreters der Bauherrin über die Art der Nutzung der projektierten Baute und die zu erwartenden Lärmimmissionen zu einer entsprechenden Behaftung. Dabei handelt es sich nicht um die Feststellung objektiv gegebener Tatsachen, sondern um die einseitige Darstellung des künftigen Zustandes durch eine Prozesspartei. Diese Ausführungen wurden von deren Anwalt in Kenntnis der massgebenden Vorschriften über den Immissionsschutz vorgetragen und waren für den Ausgang des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht entscheidend. Auch dieser Umstand hätte eine rechtskundige Vertretung der Beschwerdeführerin geboten. Verhält es sich so, hätte die Beschwerdeführerin Gelegenheit haben müssen, sich am Augenschein durch eine rechtskundige Person vertreten zu lassen. Das war ihr angesichts der ausserordentlich kurzen Vorladungsfrist kaum mehr möglich und deshalb nicht zuzumuten. Sie durfte sich unter diesen Umständen darauf verlassen, dass ihr zumindest nachträglich die Möglichkeit eingeräumt werde, zum Beweisergebnis und zu den Vorbringen des Vertreters der Bauherrin Stellung zu nehmen. Mangels gehöriger Möglichkeit einer nachträglichen Stellungnahme wurde ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Aussicht besteht, dass nach erneuter Prüfung des Falls in einem korrekten Verfahren anders entschieden würde ( BGE 105 Ia 51 E. 2c mit Hinweisen).
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