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Wird der Landwirtschaftsminister jetzt darauf drängen , Herr Kiechle , daß ein neues Verkehrskonzept erarbeitet wird ? Sie haben ja darauf hingewiesen , welche Auswirkungen die Verkehrspolitik auf den Wald hat . Werden Sie sich in Kürze mit dem Verkehrsminister zusammensetzen , um neue Akzente zu setzen und zu verhindern , daß der Straßenbau noch weiter forciert wird , so daß wir nicht mit einem noch höheren Verkehrsaufkommen zu rechnen haben ? Ich habe noch eine zweite Frage : Ist sichergestellt , daß wir im federführenden Ausschuß für Ernährung , Landwirtschaft und Forsten ausreichend Zeit und Gelegenheit haben , über den Inhalt des Waldschadensberichtes zu diskutieren ?
SPD
Liebe Frau Kollegin Lambrecht, seien Sie versichert: Wir werden die Fahne der Freiheit weiter hochhalten. Ich habe gerade festgestellt, dass Sie eine solche Fahne gar nicht im Schrank haben. Um Ihre Gedächtnislücken etwas zu schließen: Sie haben, glaube ich, am 9. November 2007 in der namentlichen Abstimmung zur Vorratsdatenspeicherung dafür gestimmt. Ich habe auch gesehen, dass Sie noch nicht einmal eine Erklärung zu Protokoll gegeben haben. Es ist sehr schön, von Leuten belehrt zu werden, wie man mit einem Thema umzugehen habe, die zu keiner Zeit in der Lage waren, dieses Thema auch nur annähernd sorgfältig zu bearbeiten. Schauen wir uns einmal an, wie das gelaufen ist, weil das jetzt ein Stück weit Vergangenheitsbewältigung ist. Ihre Parteifreundin, Frau Zypries, war Justizministerin. Sie hat es auf EU-Ebene nicht geschafft, die Richtlinie aufzuhalten. Sie war als zuständige Justizministerin für die Umsetzung der Richtlinie verantwortlich. Insofern erinnerte mich das Haus Zypries ein bisschen an eine Rudi-Carrell-Show. An diese Show erinnert man sich eher, wenn man so eine Frisur wie ich hat. Die Show hieß „Am laufenden Band“. Das, was an Gesetzen aus dem Hause Zypries kam, ist am laufenden Band vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe aufgehoben worden, Frau Kollegin Lambrecht.
FDP
Sind die vorhandenen Akten diejenigen , von denen Sie hier noch im Juni dieses Jahres gesagt haben , sie seien verschwunden ?
CDU/CSU
Ich weiß , daß die Frage und die Antwort nicht auf die Zeit angerechnet werden . Aber ich nehme Rücksicht auf unsere vielen Kollegen , die jetzt schon wieder unter unserer starken Verspätung leiden , und möchte jetzt im Zusammenhang vortragen , Herr Schmidbauer . Die Fragen sind ja übrigens in der öffentlichen Anhörung in ausreichendem Maße gestellt und beantwortet worden . Nun ist die Frage der finanziellen Auswirkungen bei einem derartigen Gesetzesvorhaben natürlich nicht ohne Bedeutung . Immerhin bedürfen rund 840 Millionen DM zusätzlich zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 1995 für das Hausärztehonorar und das ärztliche Honorarbudget in den neuen Ländern einer Begründung . Denn wir wissen ja alle , daß die GKV bereits im ersten Halbjahr 1995 ein Defizit von rund 5 Milliarden DM aufzuweisen hatte . Auch hier ein Zitat aus dem Beschluß eines , wie ich meine sagen zu können , sachverständigen und neutralen Gremiums : Sollte durch ein 4 . SGB-V-Änderungsgesetz in 1995 _ das , was wir jetzt vorhaben _ die hausärztliche Grundvergütung nicht entsprechend angehoben werden , sollen sich die Gesamtvergütungen in 1996 um zusätzlich 2 v . H . erhöhen , wobei sichergestellt werden muß , daß ein Betrag von 600 Millionen DM insgesamt zur Besserung der hausärztlichen Grundversorgung bereitgestellt wird . So die Empfehlung der Konzertierten Aktion vom 14 . September diesen Jahres zur angemessenen Veränderung der Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung . Diese Empfehlung tragen die gesetzlichen Krankenkassen , also die Kostenträger , einstimmig mit . Über die Finanzierung der Stärkung der hausärztlichen Grundversorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung besteht also in diesem Gremium Einverständnis und auch keinerlei Zweifel . In diesen Empfehlungen steht allerdings nichts davon , daß die Förderung der Hausärzte , wie die SPD vorschlägt , durch eine weitere Umverteilung zu Lasten der gesamten Ärzteschaft erfolgen muß . Warum auch ? Die Ärzteschaft hat ja in konsequenter Umsetzung des Gesundheits- Strukturgesetzes bereits 600 Millionen DM insbesondere zu Lasten der ärztlichen Labors in den hausärztlichen Bereich umgeschichtet . Außerdem hat die Ärzteschaft zusammen mit den Krankenkassen eine EBM-Reform vereinbart , die am 1 . Januar 1996 in Kraft treten wird und die das Hausarztprinzip in der ärztlichen Versorgung konsequent weiterentwickelt . . Gerade die Ärzteschaft _ das kann man nun wirklich nicht bestreiten _ hält sich seit Jahren mit ihrer Honorarentwicklung im Rahmen der Grundlohnsummenentwicklung . Gerade das ärztliche Honorar ist seit Jahren beitragssatzstabil , was wir ja immer gefordert haben , und das bei steigender Arztzahlentwicklung . Wer nur ein wenig rechnen kann , muß doch sagen , das heißt : Die Honorarsituation insbesondere im hausärztlichen Bereich hat sich letztendlich ständig weiter verschlechtert . Und da wollen Sie , meine Damen und Herren von der Opposition , jetzt weiter umverteilen ? Ich glaube , Sie machen es sich wirklich zu einfach mit einer solchen Lösung . Wenn man das alles summiert , bleibt unter dem Strich bei der Diskussion um diese vierte SGB-V-Novelle nur die Frage , ob eine Aufbesserung noch 1995 oder erst 1996 erfolgen soll . Über mehr wird nicht gestritten . Es geht also um den sogenannten Basiseffekt der heute von uns zur Beschlußfassung vorgeschlagenen Maßnahme . Vor dem Hintergrund der von mir vorgetragenen Argumente und insbesondere wegen der Honorarsituation der Hausärzte scheint mir dieser Schritt im Jahre 1995 und nicht erst 1996 mehr als überfällig . . Ich kann Ihnen daher auf der Grundlage der Ausschußberatungen nur die Zustimmung zum Gesetzentwurf _ und das bitte in namentlicher Abstimmung ; dann sind daran auch mehr beteiligt , als zur Zeit in diesem Raum sitzen _ empfehlen . Der Forderung der SPD bzw . von Ihnen , Herr Kollege Schmidbauer , Herr Pfaff , auf diesen Gesetzentwurf zu verzichten , werden wir genausowenig nachkommen wie Ihrer Forderung , die Streichung der Positivliste zurückzunehmen . Beide Forderungen sind für uns nicht akzeptabel . . Wenn es wirklich richtig sein sollte , daß die SPD im Bundestag und Bundesrat die Rücknahme dieser beiden Gesetze zur Vorbedingung , wie ich lese , für die Aufnahme von Gesprächen machen sollte , wird es eben derartige Gespräche nicht geben . Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird vielmehr entschlossen den in der Gesundheitspolitik eingeschlagenen Weg fortsetzen . Wir werden daher bereits in der nächsten Sitzungswoche _ Sie haben sich vielleicht schon daran gewöhnt , daß ich Ihnen in je . noch : Wolfgang Lohmann passiert , so daß Sie immer viel nachzudenken und zu schreiben haben _ Sofortmaßnahmen vorschlagen , die eine Konsolidierung der Krankenhausausgaben im Jahr 1996 gewährleisten sollen . Das ist erstens die Aussetzung der Pflegepersonalregelung für das Jahr 1996 , mit dem Ziel , das Erreichte erst einmal in Ruhe zu überprüfen . Das ist zweitens die Korrektur der Bundespflegesatzverordnung in zwei wichtigen Bereichen , mit dem Ziel , das Entgeltsystem bereits ab 1 . Januar 1996 noch effizienter zu gestalten , als es in der gegenwärtigen Bundespflegesatzverordnung möglich erscheint . Das ist drittens die Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes , mit dem Ziel , für eine Übergangsfrist von drei Jahren , d . h . bis zum Ende 1998 , die Finanzierungslast für die Instandhaltungsinvestitionen im Krankenhaus in der Verantwortung der Länder zu belassen . Sie alle wissen : Dieser Teil hängt _ auch nach einem entsprechenden Urteil _ völlig in der Luft . Die Krankenhäuser bekommen ihre Instandhaltungsinvestitionen im Moment von niemandem refinanziert . Die Länder sagen nein , auch die Krankenkassen sagen nein . In diesem Bereich muß unbedingt etwas geschehen . Unsere Koalition ist gewillt und auch dazu in der Lage , ihrer gesundheitspolitischen Verantwortung für die Finanzentwicklung im Krankenhaus nachzukommen . Meine Damen und Herren von der SPD , freuen Sie sich nicht zu früh , weil die Erarbeitung eines gemeinsamen Konzeptes am vergangenen Freitag nicht so recht vorangekommen ist . Die Koalition und die Union werden _ davon bin ich überzeugt _ Anfang November dieses Jahres ein gemeinsames Konzept vorlegen , mit dem die dritte Reformstufe im Gesundheitswesen erfolgreich gestaltet werden kann . . _ Wir arbeiten intensiv ; deswegen müssen wir uns häufiger treffen . . Wir werden dann sehen _ auch Sie , Herr Catenhusen _ , ob Sie den Mut haben , mit Hilfe von Blockadepolitik all das zunichte zu machen , was an Vertrauen und Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung durch alle _ ich betone : durch alle ! _ am Gesundheitswesen Beteiligten in einer Reihe von Monaten in diesem Jahr aufgebaut worden ist . Dann werden wir sehen , Ob Sie den Mut dazu haben , das durch Blockadepolitik kaputt zu machen . . Ich möchte bei dieser Gelegenheit allerdings eins klarstellen : Es kann keine Rede davon sein , daß die Union mit dem Maßnahmepaket für das Krankenhaus gegenüber der FDP _ wie Herr Dreßler veröffentlicht hat _ in die Knie gegangen sei , um einen koalitionsinternen Streit zu entschärfen . Das ist mit Sicherheit falsch . Dieses gerade genannte Vorabmaßnahmepaket ist der Beitrag der Koalition , um die Ausgabenentwicklung im Krankenhaus bereits im Jahre 1996 zu konsolidieren _ nicht mehr , aber auch nicht weniger ! Die eigentlichen Fragen einer Krankenhausreform sind damit keineswegs vom Tisch . Im Gegenteil , nach wie vor gilt für die Union : Ohne eine Krankenhausreform , die diesen Namen auch wirklich verdient , ist eine weitere Stufe der Gesundheitsreform nicht erfolgreich zu realisieren . Schönen Dank . .
CDU/CSU
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Weil die Fakten so umfangreich sind, wird es vielleicht ein bisschen länger. Dafür bitte ich um Entschuldigung. Am 30. Juli 2016 um 0.11 Uhr wies sich Amri bei einer Kontrolle durch Beamte der Bundespolizei im Rahmen einer Identitätsfeststellung mit einer italienischen ID-Karte aus. Das war in diesem Fernbus. Bei der fahndungsmäßigen Überprüfung der Ausweisnummer wurde durch eine Treffermeldung in der INPOL-Sachfahndung festgestellt, dass bereits am 13. Mai 2013 eine italienische ID-Karte mit identischer Ausweisnummer, jedoch anderen Personaldaten als Totalfälschung festgestellt wurde. Im Weiteren wurde bei der Durchsuchung des Amri eine weitere italienische ID-Karte gefunden. Beide Karten wiesen identische Ausweisnummern und identische Personaldaten aus. Ausgestellt waren sie auf Anis Amri, geboren am 22. Dezember 1995 in Rom. Aufgrund des Antreffens des Amri am 30. Juli 2016 in Friedrichshafen wurden durch die Bundespolizeiinspektion Konstanz am 30. Juli 2016 mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet. Konkrete Vorwürfe waren: Urkundenfälschung, § 267 Absatz 1 StGB, Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen, § 276 Absatz 1 StGB, unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln, § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BtMG, Verdacht des unerlaubten Aufenthaltes ohne Pass bzw. Passersatz, § 95 Absatz 1 Nummer 1 Aufenthaltsgesetz, Verdacht des unerlaubten Aufenthaltes ohne Aufenthaltstitel, § 95 Absatz 1 Nummer 2 Aufenthaltsgesetz. Nach Abschluss der strafprozessualen Sofortmaßnahmen und Sachdarstellung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft wurde der Gesamtvorgang zuständigkeitshalber dem Landespolizeirevier Friedrichshafen übergeben. Zudem wurden durch die Bundespolizei Erkenntnismitteilungen an das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Berlin gesteuert. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde über die Festnahme des Amri unterrichtet. Weitere Ermittlungen zur Herkunft der bei Amri aufgefundenen totalgefälschten ID-Karten erfolgten durch die Bundespolizei nicht. Dem Bundeskriminalamt, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst liegen darüber hinaus keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Aus dem Aufgriff des Amri erwuchs ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ravensburg, über dessen Inhalt grundsätzlich die Landesbehörden Auskunft erteilen müssen. Das Verfahren wurde am 7. September 2016 von der entsprechenden Landesbehörde dort gemäß § 154f StPO eingestellt.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! 28 Kriege und 126 weitere Gewaltkonflikte erschüttern in diesem Moment unseren Planeten. Diese vielen Konflikte erfordern ganz dringend von uns, zu überlegen, was wir dazu beitragen können, dass sie ohne Gewalt bearbeitet und gelöst werden. Deswegen ist die Stärkung der zivilen Konfliktbearbeitung ein wichtiges Anliegen, insbesondere für eine Friedenspartei wie die Linke. Die Grünen schlagen nun viele einzelne Maßnahmen vor, die zum Teil in die richtige Richtung weisen: Erstens wollen Sie den Aktionsplan „Zivile Krisenprävention“ weiterentwickeln und ihn mit klaren Zielvorgaben, Strategien und einem Zeitplan versehen. Das ist, um es einmal mit den Worten der Kollegin Bulmahn zu sagen, „sinnvoll …, aber nicht ausreichend“. Ohne eine klare Abgrenzung zu militärischen Maßnahmen bleiben der Aktionsplan und Ihr Antrag leider nur Fassade. Zweitens. Auch den systematischen Aufbau ziviler Ressourcen, wenn es zum Beispiel um Richter oder Verwaltungsfachleute für zivile Missionen geht, unterstützen wir. Wir sind allerdings dagegen, Polizeimissionen etwa in Afghanistan als schlecht verkappten Ersatz für Militäreinsätze zu benutzen, nur weil sie vielleicht politisch leichter durchzusetzen sind. Ich hoffe, da habe ich Sie an unserer Seite. Denn einen solchen Missbrauch von Polizistinnen und Polizisten lehnt die Linke ab. Drittens haben wir im letzten Jahr die schwarz-gelben Kürzungen der Mittel im Bereich der zivilen Konfliktbearbeitung gemeinsam scharf kritisiert. Auch die Linke fordert mehr Mittel für zivilgesellschaftliche Initiativen in der gewaltfreien Konfliktbearbeitung. Aber die Mittel für die schwarz-gelbe Bundeswehrreform, für die Ihr Parteivorsitzender Cem Özdemir schon seine Unterstützung zugesagt hat, liebe Frau Müller, können nicht mehr für anderes, Sinnvolleres ausgegeben werden. Das muss auch einmal gesagt werden. Bei einem solchen Sammelsurium politischer Forderungen wie in Ihrem Antrag muss man schon einmal genauer hinschauen, vor allem, um zu erkennen, was fehlt. Mich hat zum Beispiel gewundert, dass Sie gar nichts zu einer gerechten Weltwirtschaftsordnung und den Rohstoffkonflikten sagen. Gerade jetzt, wo die sudanesische Armee in die Erdölprovinz Abyei einmarschiert ist, liegt das Thema bei solch einem Antrag doch auf der Hand. Die allermeisten Konflikte haben doch wirtschaftliche Hintergründe, für die die Bundesrepublik und die EU mit ihrer Außenwirtschaftspolitik mitverantwortlich sind. Wir hatten einmal einen Bundespräsidenten – ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern –, der das ganz offen ausgesprochen hat und dann gehen musste. Was wir brauchen, ist eine konsequente Krisenprävention durch gerechtere globale Wirtschaftsbeziehungen und sozialökologischen Umbau. Last, not least: Der Knackpunkt bei der Glaubwürdigkeit friedlicher und ziviler Außenpolitik ist für die Linke der Gewaltverzicht, der in Ihrem Antrag leider gar nicht vorkommt. Ich sage es auch mit Blick auf die Position von SPD und Grünen zum Libyen-Krieg: Wer – unter welchem Vorwand auch immer – Kriege führt, der kann meiner Ansicht nach keine glaubwürdige Friedenspolitik machen. Sie schreiben selbst, dass es im Zusammenhang mit dem „Schutz der Zivilbevölkerung“ und „der Bekämpfung nichtstaatlicher Gewaltakteure“ „schier unlösbare Dilemmata“ gibt. Ja, genauso ist es doch: Krieg ist kein Schutz vor Gewalt; Krieg bedeutet immer Gewalt gegen die Zivilbevölkerung. Das sehen wir in Afghanistan, in Libyen und überall da, wo die NATO Kriege führt. Gerade deswegen ist die zivile Konfliktbearbeitung so wichtig. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, hier müssen Sie sich entscheiden, was Sie wollen: zivile Konfliktbearbeitung nur als Feigenblättchen für Militäreinsätze oder als echte Alternative zu einer Politik der Gewalt. Sie kritisieren den Begriff der vernetzten Sicherheit nur halbherzig. Sie tun so, als hätten die NGOs ein Wahrnehmungsproblem, wenn sie diesen Begriff kritisieren; man müsse ihn nur klarer formulieren und besser kommunizieren. Nein, das sehe ich nicht so. Dieser Begriff weist in die ganz falsche Richtung. Das ganze Konzept gehört auf den Müllhaufen. Ich bitte Sie da um Unterstützung. Ich komme zum Schluss. Treten Sie bitte mit uns gemeinsam dafür ein, dass der Gewaltverzicht zum Leitbild deutscher Außenpolitik wird und die zivile Konfliktbearbeitung zu seinem Instrumentenkasten. Dabei hätten Sie uns an Ihrer Seite. Wir lassen Ihnen aber keine Mogelpackungen durchgehen.
PDS/LINKE
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde, die CDU/CSU und SPD beantragt haben, bildet quasi den parlamentarischen Auftakt zum Digital-Gipfel, der in der kommenden Woche in Nürnberg stattfindet. Wenn ich mir anschaue, wie viele parlamentarische Debatten wir seit der Sommerpause zum Thema Digitalisierung hatten, wenn ich mir anschaue, wie viele Aktivitäten die Bundesregierung seit März entwickelt hat, dann muss ich sagen: Das Ziel, die digitale Zukunft in Deutschland erfolgreich zu gestalten, ist ein großes Ziel, eine wichtige Aufgabe. Aber wir sind in dieser neuen Koalition auf einem sehr guten Weg. Das heißt nicht, dass keine Aufgaben mehr vor uns liegen, aber das heißt, dass wir unser Licht nicht unter den Scheffel stellen sollten, dass wir da, glaube ich, besser sind, als das manche immer darstellen wollen. Es wurden einzelne Punkte herausgegriffen. Wir hatten gerade eben im Ausschuss Digitale Agenda eine Anhörung zum Thema Blockchain. Das ist eine wichtige Technologie. Da gibt es spannende neue Felder. Ein Punkt ist mir dabei wichtig: Wenn wir die digitale Zukunft in Deutschland erfolgreich gestalten wollen, dann müssen wir auch Antworten auf die Frage liefern und ein Bild davon entwickeln, wie diese Zukunft aussehen soll. Denn es ist am Ende des Tages zu wenig, wenn wir einfach so durch die Gegend laufen à la „Digitalisierung ist für alle gut“. Das ist nicht so. Es gibt auch viele Menschen da draußen, die Angst vor Digitalisierung haben, die Sorge haben, dass es am Ende auch ihren Arbeitsplatz erwischen könnte. Das ist keine Frage des Mindsets, sondern ich finde: Das ist berechtigt. Wir haben in der Geschichte unseres Landes immer wieder Strukturwandel erlebt. Wir haben es auch immer wieder geschafft, Strukturwandel zu meistern. Aber es wäre falsch, zu suggerieren, dass wir das einfach mal mit links machen. So ist es nämlich nicht. Deswegen sagen wir als SPD-Bundestagsfraktion: Es ist entscheidend und es ist wichtig, dass wir diese Ängste, die es auch gibt, ernst nehmen. Wir haben dazu – ich habe es schon gesagt – gemeinsam mit dem Koalitionspartner in der Bundesregierung viele Dinge auf den Weg gebracht. Gerade heute haben wir – die Staatsministerin hat es gesagt – den „Contract for the web“ unterzeichnet. Wir waren mit dem Ausschuss beim Internet Governance Forum in Paris. Das sind wichtige Dinge, weil die Zukunft des Netzes, die Zukunft der Digitalisierung natürlich international entschieden wird, auch durch Standardisierung. Es ist eben sehr wichtig, dass wir uns da einmischen. Deswegen begrüße ich es ausdrücklich, dass das Internet Governance Forum im nächsten Jahr in Deutschland, in Berlin, stattfinden wird. Das ist seit der UN-Klimaschutzkonferenz in Bonn die erste UN-Konferenz, die in Deutschland stattfindet. Auch das ist ein ganz wichtiges Signal. Wir haben aber darüber hinaus uns auch mit Fragen der Infrastruktur zu beschäftigen. Gerade diese Woche haben wir uns sehr intensiv über das Thema der Vergabe der 5G-Lizenzen gestritten. Wenn ich mir anschaue, wie die einzelnen Aussagen dazu so rüberkommen, meine ich: Wir sind da nicht auf dem schlechtesten Weg. Wenn die einen sagen: „Das ist immer noch nicht genug“ und die Netzprovider sagen: „Das ist alles viel zu viel, eigentlich müssten wir jetzt noch Geld bekommen, damit wir das ausbauen“, dann zeigt das, dass wir, was die Austarierung angeht, glaube ich, ganz gut unterwegs sind. Morgen werden wir hier im Deutschen Bundestag versuchen, das Grundgesetz zu ändern, um eine bessere Kooperation bei der digitalen Bildung zu ermöglichen. Und da bin ich wieder an dem Punkt, dass wir die digitale Zukunft auch gestalten müssen. Bildung ist dabei ganz entscheidend. Ich finde es gut und richtig, dass der Bund, wenn die Grundgesetzänderung hier beschlossen ist und wenn sich der Bundesrat – ich sehe einmal in Richtung Baden-Württemberg, liebe Grünen – am Ende auch einen Ruck geben wird, endlich Geld zur Digitalisierung der Schulen bereitstellen kann. Morgen ist hoffentlich ein guter Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir haben darüber hinaus eine ganze Menge weiterer Themen. Die Staatsministerin hat es schon angesprochen: Wir haben die Umsetzungsstrategie zur Digitalisierung, und wir haben die KI-Strategie. Wir diskutieren intern gerade darüber, wie es mit der Blockchain-Strategie weitergeht. – Es ist sehr viel auf den Weg gebracht worden. Anders, als es die Kritikerinnen und Kritiker immer sagen, ist es auch mit ordentlich Geld unterlegt. Ich akzeptiere es, wenn gleich jemand an das Rednerpult treten und sagen wird: Ja, aber es könnte immer noch mehr sein. – Ja, das ist richtig. Es könnte immer noch mehr sein. Aber wir machen das, und ich finde, wir sind auf einem sehr guten Weg. Deswegen fahre ich auch mit einem guten Gefühl zum Digital-Gipfel nach Nürnberg. Herzlichen Dank.
SPD
Frau Kollegin, zu Ihrer ersten Frage: Selbstverständlich ist mir bekannt, dass, wie bei allen Straftaten, auch hier ein Dunkelfeld existiert. Dass die Beweisführung hier besonders schwierig ist, ist vollkommen klar, vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass viele Menschen erst im Erwachsenenalter darüber sprechen können und wollen, was ihnen als Kind oder als Jugendlicher widerfahren ist. Daraus hat beispielsweise die Bundesjustizministerin die Konsequenz gezogen, eine Verlängerung der Verjährungsfristen durchzusetzen. Das ist eine adäquate Antwort auf diese besondere Herausforderung. Zu Ihrer zweiten Frage, die sich darauf bezog, dass die Jugendämter kein Geld haben, um hier ihre wichtigen Aufgaben zu erfüllen, kann ich Ihnen nur sagen: Ich mache da andere Beobachtungen in den Jugendämtern. Es stimmt, dass die Jugendämter teilweise mit sehr knappen personellen Ressourcen arbeiten müssen. Ich merke aber doch, dass alle Jugendämter bei Hinweisen auf sexuellen Kindesmissbrauch bereit und auch in der Lage sind, so schnell wie möglich jemanden dort hinzuschicken. Gerade deswegen wurde argumentiert, dass dies ohnehin gute Praxis der Jugendämter sei und im Bundeskinderschutzgesetz nicht eigens festgeschrieben werden müsse. Den letzten Punkt habe ich anders gesehen; aber das war die Argumentation aller Jugendämter.
CDU/CSU
Sehr gerne .
SPD
Herr Ministerpräsident , bisher klang Ihre Rede mehr nach einer Rede zur Verteidigung der Bundespolitik als nach einer Rede für die Interessen von Rheinland-Pfalz . Ich möchte deswegen zwei Fragen stellen , die mit elementaren rheinland-pfälzischen Interessen zu tun haben . Zur Gewerbekapitalsteuer : Nach meinen Erkundigungen in den letzten Tagen wird die Stadt Worms mit 75 000 Einwohnern einen Verlust von etwa 10 Millionen DM im Jahr verzeichnen müssen , wenn die Steuerpläne der Regierung durchkommen ; die Stadt Oppenheim mit 5 000 Einwohnern , um beispielsweise eine sehr kleine Stadt zu nennen , müßte einen Verlust in Höhe von etwa 300 000 DM hinnehmen . Was werden Sie als Ministerpräsident unternehmen , um diese rheinland-pfälzischen Städte auf Alternativen zu verweisen , damit wichtige öffentliche Aufgaben erledigt werden können ?
SPD
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Sehr verehrte Anwesende! In meinem Wahlkreis soll es in der Weimarer Zeit zum ersten Mal die Überlegung einer Ortsumfahrung um Celle gegeben haben. Das ist nun nicht die durchschnittliche Dauer eines Planungsprozesses. Aber als wir dann angefangen haben, das Ganze zu verwirklichen, ergab sich nach zwei Bauabschnitten, dass wir den Schwerlastverkehr durch eine historische Innenstadt leiten mussten, die auch noch stark von Familien bewohnt ist, sodass das Ganze hakte. Wir dachten, es sind wenige Jahre erforderlich, aber wir sind inzwischen bei über zehn Jahren Planung angekommen, ohne dass es eine Ausschreibung gibt. Sie alle kennen diese Beispiele aus Ihren Wahlkreisen. Wir brauchen dringend eine Beschleunigung der Planungsverfahren, aber mit rechtzeitiger Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen und unter Berücksichtigung der Belange der Umwelt. Nur dann wird das Ganze zum Erfolg führen. Unsere Verfahren sollen nicht schlechter oder ungenauer werden, sondern schneller. Darum haben wir in diesem Gesetzentwurf die Verkürzung des Rechtsweges auf die Projekte beschränkt, wo das Ganze verhältnismäßig ist; denn nicht umsonst ist die Rechtsweggarantie ein sehr hohes Gut in unserer Verfassung. Auch die Möglichkeit der Verbandsklage haben wir erhalten. Sie ist sogar sehr wichtig, weil es Belange gibt, die von einem Einzelnen, einer Einzelnen überhaupt nicht vernünftig dargelegt werden können. Wir brauchen die Verbände, damit sie uns auf einige Dinge aufmerksam machen, die sonst bei der Planung überhaupt keine Berücksichtigung finden würden. Aber es gibt zwei Dinge, die wir außerhalb dieses Gesetzes noch deutlich verändern sollten. Zum einen – das geht an die Länder – brauchen wir mehr Kapazitäten an den Gerichten, sodass, wenn Menschen ihr Recht wahrnehmen, die Verfahren nicht mehr jahrelang dauern, sondern deutlich verkürzt werden. Zum anderen müssen wir als Bund bei der Planung besser werden. Wir haben die Infrastrukturgesellschaft gegründet, um hier deutlich voranzukommen. Wir wollen – das wurde schon angesprochen – eine Anhörung machen. In dieser Anhörung haben wir die Chance, einige Dinge, die vielleicht das ein oder andere Verfahren noch kürzer, noch besser machen können, mit den Fachleuten zu erörtern. Ich spreche hier nur zwei Fragen an. Die eine lautet: Nach welchen Grundlagen werde ich das Ganze vor Gericht schließlich bewerten? Es geht also um den Stand von Wissenschaft und Technik. Wann legen wir ihn fest? Wonach richten wir uns da? Die zweite Frage lautet: Können wir nicht Raumordnung und Planfeststellung zusammenlegen? Das würde uns einen deutlichen Schritt nach vorne bringen. Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, lassen Sie uns das mit den Fachleuten diskutieren, damit unsere Infrastruktur schneller besser wird. Herzlichen Dank.
SPD
Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Als Eigenschaft des klassischen Unternehmers gilt üblicherweise , dass er alles in seinem Betrieb nach dem wirtschaftlichen Nutzen beurteilt . Dies wird sicherlich von einigen väterlichen und fürsorglichen Gefühlen durchwirkt und durch Maßnahmen für die Mitarbeiter ergänzt ; sonst wäre das Unternehmerbild sicherlich nicht positiv genug . Wäre dieser klassische Unternehmertyp noch vorherrschend , dann würde der Unternehmer dem Manager das zahlen , was er wert ist . Anders ist es dagegen , wenn Konzerne nicht mehr von Unternehmern des klassischen Typs geleitet werden . Nun entscheiden Manager selbst darüber , was sie wert sind . Das ist eine Facette kapitalistischer Dekadenz . Das Auftreten vieler Manager macht klar , dass es ihnen an Selbstwertgefühl nicht fehlt . Sie sagen Leistung muss sich wieder lohnen und belohnen sich reichlich . Dagegen ordnete John Pierpont Morgan Ende des 19 . Jahrhunderts an , dass der bestbezahlte Manager seines Unternehmens nicht mehr als das 20-Fache des am schlechtesten bezahlten Angestellten verdienen solle . Diese harte Kontrolle durch den klassischen Unternehmer fehlt . Gegenwärtig verdient ein deutscher Manager das 400-Fache des durchschnittlichen Facharbeiterlohns ; 1980 war es noch das 40-Fache . Sie sollten den Mut finden , die Managergehälter zu begrenzen und einem gesetzlichen Mindestlohn von nur 8 Euro pro Stunde zuzustimmen . Damit würden Sie für ein Stück sozialer Gerechtigkeit sorgen . - Betriebsunfall . Der Gesetzgeber ist hier gefragt . Die Gesamtbezüge eines Vorstandsmitgliedes sollten das 20-Fache des Lohnes eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der untersten Lohngruppe nicht übersteigen . Der Gesetzgeber muss durchsetzen , was vorher Aufgabe des klassischen Unternehmers war . Aufsichtsräte und Aktionäre sind jedenfalls nicht geeignet , die notwendige Kontrolle auszuüben . Die Aufsichtsräte sind häufig genug Versorgungseinrichtung abgedankter Vorstände ; nicht zuletzt das Depotstimmrecht macht es leicht , sie als Aufsichtsräte durchzusetzen . Aktienoptionen für Manager sind zu untersagen . Sie machen oft ein Drittel und mehr der Gesamtvergütung der Vorstände aus . Folglich haben die Manager ein Interesse daran , den Kurs in die Höhe zu treiben , wenn die Option fällig ist . Diese Kurspflege geht nicht selten zulasten der Substanz des Unternehmens . Wer von den Aktionären auf Draht ist , nimmt - wie die Manager - den Gewinn mit . Die Aktionäre tragen kein Risiko . Sie können einfach aussteigen . Sie haben kein Interesse , solche Optionen zu unterbinden . Auch der Manager geht kein Risiko ein . Hat er zu wenig geleistet , hat er trotzdem Anspruch auf eine Verabschiedung mit goldenem Handschlag . Besonders krass war das bekanntlich bei Klaus Esser . Er erhielt bei seinem Ausscheiden eine Anerkennungsprämie in Höhe von 16 Millionen Euro , zusammen mit der vertraglichen Abfindung und den Sachansprüchen 33 Millionen Euro . Bekanntlich wird in dieser Sache seit heute erneut gerichtlich verhandelt . Die Frage ist : Wird das Gericht im Sinne des BGH von einer kompensationslosen Prämie ausgehen ? Die Rechtsprechung ist offenbar bereit , sich der Frage der Managergehälter anzunehmen . Bessere Gesetze , wie wir sie vorschlagen , werden in dieser Sache hilfreich sein . Ich zitiere Finanzminister Steinbrück , um Ihnen die Zustimmung zu unseren Gesetzentwürfen zu erleichtern ; vielleicht kommt ja seine Art zu denken bei der SPD besser an . Ich erlebe - so Steinbrück - für meinen Geschmack zu häufig eine gewisse Maßlosigkeit in den Führungsetagen deutscher Unternehmen , die es bei den Gründungsvätern des deutschen Wirtschaftswachstums so nicht gab . Herr Kollege Thierse spricht in diesem Zusammenhang von wahren Exzessen an Gehaltssteigerungen , einer Entwicklung , die er als obszön bezeichnet . Da die Dinge so liegen , kann die Linke nun sicherlich mit Unterstützung aus den Reihen der Koalition rechnen . Ich danke Ihnen fürs Zuhören .
PDS/LINKE
Herr Kollege Ebner, der Bedarf ist von mir bereits geschildert worden. Wenn man damit Krankheiten bei Tieren durch Impfung vermeiden kann, ist das sicher schon eine Rechtfertigung an sich. Ansonsten werden die Versuche ja erst durchgeführt. Erst danach wird die Entscheidung zu treffen sein, ob eine Zulassung ausgesprochen werden kann oder nicht.
Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Vor einigen Jahren hatte ich die Möglichkeit , an einer Veranstaltung der NATO im Rahmen des Programms Partnerschaft für den Frieden teilzunehmen . Bei einer Diskussionsveranstaltung waren neben den Parlamentariern und den Botschaftern der Staaten bei der NATO in Brüssel auch Militärs , zum Beispiel aus Russland , aus Kasachstan und aus Aserbaidschan , anwesend . Während der Diskussion stand ein russischer General auf und fragte , ob man denn nicht sehen würde , dass mit der EU-Osterweiterung und mit der vorangegangenen NATO-Osterweiterung die NATO und die EU in Richtung Osten und damit in Richtung Russland vorrückten und es dadurch zu einer Bedrohung Russlands käme . Es war spannend zu sehen , wer auf diese Frage antworten wollte . Ein polnischer General stand auf und sagte : Nicht die NATO und nicht die EU rücken nach Osten , sondern Europa findet seine Mitte wieder . Was für ein Bild , meine lieben Freunde ! Europa findet seine Mitte wieder , und zwar in einem Prozess , den wir gemeinsam seit 15 Jahren in Europa und auch in Deutschland beobachten können und der zu vielen und sehr guten Ergebnissen geführt hat , wenn auch manches anders wünschenswert und vorstellbar gewesen wäre . Wir haben sicher kein Problem , zu dieser geistigen Mitte in Europa Polen , Ungarn und die baltischen Staaten zu zählen . Wir tun uns schon etwas schwerer , wenn es um die Ukraine geht . Ich glaube , wir haben die Ukraine betreffend von Europa und von Deutschland aus ein Wahrnehmungsproblem . Wenn wir nach Osten schauen , sehen wir Polen und das große Russland . Das mag vielerlei Gründe haben : geschichtliche Ursachen , wirtschaftliche Gründe und auch energiepolitische Gründe . Dass aber zwischen diesen beiden Ländern die Ukraine liegt , einer der flächenmäßig größten Staaten Europas mit 48 Millionen Einwohnern und mit einer bemerkenswerten Geschichte , sehen wir kaum . Das Magdeburger Stadtrecht war im Mittelalter in den ukrainischen Städten die Kommunalverfassung . Das ukrainische Herrscherhaus , die Kiewer Rus , war mit fast allen europäischen Herrscherfamilien verbunden und verheiratet . Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 war der Schwerpunkt der christlichen Orthodoxie die Ukraine . Nun treten wir dem Gedanken einer möglichen Erweiterung der EU in Richtung Türkei viel näher , als uns gedanklich mit der Ukraine zu beschäftigen . Ich glaube , wir müssen unseren Blick auf die Ukraine schärfen . Es ist aber nicht nur diese Seite Europas , die sich ein wenig in ihrer Darstellung ändern muss . Auch die Ukraine muss bemüht sein , positive Signale in Richtung Europa zu senden . Vieles , was uns an Informationen , an Zeitungs- und Fernsehberichten erreicht - Frau Kollegin Nolte hat darauf hingewiesen - , ist ziemlich negativen Charakters , insbesondere was die politische Entwicklung betrifft . Frau Kollegin Nolte hat die Entwicklung bei den Wahlen in Mukachewo angesprochen . Man könnte auch die Behinderung der Oppositionsarbeit des Wahlbündnisses Nasha Ukraina nennen , das Anfang dieses Jahres in Donezk , im Zentrum der Schwermetallindustrie und damit auch des russischen Einflusses , versucht hat , eine Parteiveranstaltung durchzuführen ; sie würde massiv gestört . Vielerlei Dinge haben wir aus der Sicht unserer ziemlich eingespielten Demokratie an der Ukraine auszusetzen . Aber es sei auf Folgendes hingewiesen : Wir haben es hier mit einer Präsidentschaftswahl zu tun , bei der mehrere Kandidaten antreten , nicht wie bei der Wahl in Russland , bei der auf dem Stimmzettel nur ein Kandidat stand . Zwei von diesen Kandidaten haben berechtigte Aussichten , in eine Stichwahl zu kommen . Es wird spannend sein , wer gewinnt . - Sie sagen : hoffentlich Juschtschenko . Aber der Ausgang der Wahl ist ziemlich offen . Wir werden mit dem dann gewählten Präsidenten zusammenarbeiten müssen . Mit dem einen wird es uns etwas leichter fallen , mit dem anderen tut man sich vielleicht etwas schwerer . Wenn von dem dann gewählten Präsidenten - vorausgesetzt die Wahlen sind frei , fair und von der OSZE anerkannt - Signale in Richtung Europa gesandt werden , sollten wir bereit sein , diese Signale aufzunehmen und in einen fruchtbaren Dialog mit einer demokratischen Ukraine einzutreten . Ich freue mich auf die Beratungen zu diesem Antrag und auf die Zusammenarbeit , die im Interesse Deutschlands und auch der Ukraine notwendig ist . Herzlichen Dank .
CDU/CSU
Jawohl. – Es geht also nicht nur um einen Abwehrkampf, sondern auch um Gestaltung. Derjenige, der an dieser Auseinandersetzung um die Gestaltung solcher Handelsabkommen teilnimmt, ist nicht ängstlich, sondern mutig. Der Mut besteht darin, so etwas vernünftig auszuarbeiten und nach vorne zu treiben. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten dabei weiterkommen.
SPD
Zum Thema Meldepflichten : Das statistische System in Deutschland ist sehr gut . Es wird sehr viel erfasst . Meine Frage lautet : Ist keiner Behörde in Deutschland aufgefallen , dass eine relativ große Zahl von Bürgern aus der Ukraine im besagten Zeitraum nach Deutschland gekommen ist ? Fritz Rudolf Körper , Parl . Staatssekretär beim Bundesminister des Innern : Ich möchte darauf hinweisen , dass die statistische Erfassung im Rahmen der ausländerrechtlichen Meldepflichten nicht so ist , wie sich das der eine oder andere , vielleicht auch Sie , Herr Kollege Baumann , wünscht . Aufgrund dieser Tatsache konnten die entsprechenden Daten , auf die sich Ihre Frage bezieht , nicht in die Statistik einfließen .
CDU/CSU
Auch die Zahl der Kolleginnen und Kollegen , die noch hier sind , qualifiziert dieses Thema . - Sind Sie denn wenigstens bereit , die Berechnungen der Gefangenenorganisationen nachzuprüfen oder eine Art Bund-Länder-Analyse erstellen zu lassen , was es kosten würde , wenn man Gefangene materiell so ausrüstet , daß sie sich wieder entsprechend eingliedern können ? Es liegen dazu Berechnungen von Gefangenenorganisationen vor . Sind Sie bereit , dies aufzunehmen ?
PDS/LINKE
So es sich um einen vertraulichen Gesprächsvermerk von Herrn Steiner handeln sollte , kann ich das nicht kommentieren .Aber zur Substanz Ihrer Frage kann ich sagen : Wann immer die Bundesregierung mit libyschen Stellen zusammentrifft , wird der Gesamtkomplex La Belle angesprochen , mit welchen Worten auch immer . Dabei wird auch immer die Frage der Entschädigung angeschnitten . Das Ergebnis dieser Gespräche ist allerdings auch immer dasselbe : Die libysche Seite sagt , dass sie zivilrechtlich nicht in Leistung treten könne und wolle , bevor nicht auf der strafrechtlichen Ebene die Schuldfrage eindeutig geklärt sei .
GRUENE
Die Förderung des lebenslangen Lernens hat uns in unserem Parlament in der letzten Zeit schon viele Male beschäftigt . Die zentralen Eckpunkte , die wir von der Sozialdemokratie aus für dieses Grundziel , das Recht auf Lernen in der gesamten Lebensbiografie nutzen zu können , setzen , sind dabei von uns hinreichend deutlich gemacht worden . Ich will sie hier deshalb nur noch sehr knapp wiederholen : Erstens . Bildung ist Menschenrecht und muss deshalb für alle zugänglich sein . Zugänglichkeit für alle setzt voraus , dass es keine Privatisierung der Bildungskosten gibt . Zweitens . Bildung als Menschenrecht muss mit klaren Rechtsansprüchen verbunden sein . Wir Sozialdemokraten streiten deshalb für Bildungsgesetze , vom BAföG bis zum Erwachsenenbildungsförderungsgesetz . Drittens . Bildungsförderung muss die besondere materielle Lage von Menschen mit einbeziehen und ihren Teil dazu tun , dass finanzielle Unterschiede keine Bildungsbarrieren aufbauen . Entsprechend muss sich die öffentliche Förderung darauf konzentrieren , Zugänglichkeit für alle zu garantieren . Viertens . Bildung ist keine marktförmige Ware , sondern braucht öffentliche Infrastruktur . Es muss deshalb sichergestellt sein , dass über ein Netz öffentlich getragener bzw . mindestens öffentlich anerkannter und zertifizierter Einrichtungen Qualität und Zugänglichkeit für alle gewährleistet werden kann . So weit zentrale Eckpunkte und Leitgedanken , entlang deren die SPD ihre Vorstellungen von Ausbau und Festigung der BAföG-Treppe vom Schüler- bis zum Meister-BAföG hin zum Erwachsenenbildungsförderungsgesetz ausgestalten will , mit denen die SPD gezielt Fördermöglichkeiten bewertet , Lücken im bisherigen Fördersystem schließen will und nach denen die SPD auch die Ideen und Konzepte anderer Fraktionen bewertet . Mit dem vorgelegten Antrag zum Bildungssparen als einem Baustein zur Förderung des lebenslangen Lernens geht die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen deutlich über das in der Großen Koalition verhandelte , streitig diskutierte und am Ende als Kompromiss beschlossene Konzept von Bildungsprämie , Bildungssparen und Bildungskredit hinaus . Ich will an dieser Stelle für die SPD noch einmal deutlich machen , dass wir insbesondere die Bildungsprämie , also den Ausgleich für gering verdienende Haushalte gegenüber den Unterstützungen , die besser verdienende Haushalte bisher aus der steuerlichen Absetzbarkeit bekamen , ausdrücklich begrüßen und in der weiteren Perspektive zum Aufbau einer Weiterbildungsförderung für alle als zentral ansehen . Gleichwohl wissen wir , dass diese Weiterbildungsprämie vom Umfang her ein Fortschritt , aber noch nicht der ganze Himmel ist . Und wir wissen auch , dass für diese Weiterbildungsprämie noch viel stärker in der Öffentlichkeit , bei interessierten Institutionen wie Betroffenen und zu beteiligenden Menschen geworben werden muss . Für uns als Sozialdemokraten ist dabei klar , dass das Programmangebot einer solchen Weiterbildungsprämie nicht der Endpunkt , sondern nur der Anfang für die Entwicklung hin zu einem gesetzlichen Anspruch sein kann . Die Weiterbildungsprämie ist ein erster kleiner Schritt , bevor wir dann auf mittlere Sicht zu einem umfassenderen Erwachsenenbildungsförderungsgesetz kommen , das auch die bisherige Bildungsförderungsgesetzgebung im Sinne des BAföG und des Meister-BAföG einschließt . Was nun den konkreten Vorstoß von Bündnis 90/Die Grünen angeht , speziell aus dem Gedanken der Bildungsvorsorge heraus ein umfassendes Konzept zum Bildungssparen vorzustellen , möchten wir hierzu im Einzelnen feststellen : Erstens . Gegenüber klaren Leistungsgesetzen hat das Bildungssparen den Nachteil , dass es unter Umständen auch sehr schnell zu einer weiteren Ungleichgewichtigkeit im Zugang zu Bildungs- und speziell auch Weiterbildungsmaßnahmen führen kann . Nicht jeder Mensch hat die Möglichkeit zu sparen , nicht für jeden Menschen kann gespart werden , nicht jeder Mensch kann begreifen , dass er Bildungsvorsorge treffen muss . Das Bildungssparen kann deshalb allenfalls komplementär sein , aber nicht im Zentrum der künftigen Weiterbildungsförderung stehen . Zweitens . Das Bildungssparen muss sich einordnen in die Prioritätensetzung , die wir bei knappen Mitteln gegenüber anderen Modellen von verbesserter Weiterbildungsförderung festgesetzt haben . Hier kommt das Bildungssparen , zumal wenn hier von den Grünen eine Gegenfinanzierung in beträchtlicher Höhe über die Abschaffung der Wohnungsbauprämie vorgeschlagen wird , für die SPD-Fraktion erst an zweiter Stelle . An erster Stelle stehen die unmittelbaren gesetzlichen Leistungen , wie sie in den jetzigen Bildungsförderungsgesetzen stehen und wie sie über ein Leistungsgesetz im Sinne einer Bildungsprämie auszubauen wären . Drittens . Positiv hervorzuheben ist an dem Ansatz von Bündnis 90/Die Grünen , dass das Vermögenssparen hier tatsächlich auch auf Bildungszwecke begrenzt werden soll . Auch für die SPD ist es sehr wichtig , wenn in einem Bildungssparkonzept , das sich über die bisherigen Ansätze , die wir in der Großen Koalition vereinbaren konnten , hinausbewegt , der erhöhte öffentliche Zuschuss klar an die Verwendung für Bildungszwecke gebunden ist . Viertens . Was nicht passieren darf , ist , dass von Betroffenen aufgebaute Rechtsansprüche gegenüber der Solidargemeinschaft wie zum Beispiel die Rechtsansprüche aus den Sozialgesetzbüchern II und III , die ja auch im Wesentlichen Bildungsansprüche bei Arbeitslosigkeit oder drohender Arbeitslosigkeit sind , danach gerichtet werden , ob es eine eigene Bildungsanstrengung vorher gegeben hat oder nicht . Wir haben an dieser Stelle allergrößte Bedenken gegenüber dieser Konditionierung im Konzept von Bündnis 90/Die Grünen und können nur nachdrücklich davor warnen , eine solche Kofinanzierung von SGB-II- und -III-Leistungen aus Bildungssparverträgen zur Voraussetzung zu machen . Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen : Für Leistungen der Solidargemeinschaft im Sinne des SGB III durch die Arbeitslosenversicherung und im Sinne des SGB II durch die Steuersolidarität darf es nicht zur Voraussetzung gemacht werden , dass ein Bildungssparvertrag vorliegt und abgeschlossen worden ist . Genauso wenig wollen wir eine zusätzliche Finanzbeteiligung aus anderen Eigenmitteln in Höhe von 15 Prozent , denn auch dies würde heißen , dass das bisherige Solidarsystem systematisch durch eine private Pflichtbeteiligung infrage gestellt würde . Fünftens . Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geht in der Frage , an welcher Stelle der Ausbau der Bildungsberatung zu vollziehen ist , sehr weit , wenn sie diese in Zukunft ausschließlich an die Verbraucherzentralen binden will . Wir möchten zu bedenken geben , ob es hier nicht tatsächlich eine Mehrgleisigkeit geben sollte , einmal aus praktischen Gründen der Erreichbarkeit von Bildungsberatung , aus politischen Gründen aufgrund der Pluralität von Weiterbildung und Weiterbildungsberatung und schließlich aus Gründen der Systematik . In Zukunft gibt es sowohl sozialversicherungsgebundene wie auch steuergebundene Weiterbildungsförderung . Es liegt deshalb nahe , sowohl über die Bundesagentur für Arbeit in Bezug auf die sozialversicherungsbezogenen Weiterbildungen wie über ein unabhängiges Netz von steuergeförderten Weiterbildun gsberatungsstellen die steuergebundene Förderung zu intensivieren . Dass hier eine enge Zusammenarbeit dieser beiden Weiterbildungsförderungsstränge wünschenswert ist , muss an dieser Stelle nicht noch extra betont werden . Aus diesen inhaltlichen Punkten können Sie erkennen , dass die SPD von der Priorität her nicht an erster Stelle auf das Bildungssparen setzt , von der Gesamtkonzeption das Bildungssparen aber nicht ausschließt . Außerdem ist die SPD dagegen , Vorschläge vorschnell anzunehmen , bei denen es mindestens noch gravierende Fragen im System , aber auch in nicht unwichtigen Details gibt . Die SPD lehnt deshalb den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab .
SPD
Guten Abend, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie von der AfD wollen wieder mal spalten. Sie schüren Hass und Zwietracht und arbeiten dabei mit ausländerfeindlichen Vorurteilen. Jetzt nehmen Sie sogar auch noch die Kinder ins Visier. Das ist widerlich und nicht hinnehmbar. Statt Spaltung brauchen wir sozialen Zusammenhalt. Ihre ewige Unterstellung, dass EU-Bürgerinnen und EU-Bürger nur nach Deutschland kommen wollen, um Sozialleistungen zu beziehen, ist schlicht falsch. Die Menschen kommen hierher, weil sie arbeiten wollen, und das ist ihr gutes Recht; denn in der EU herrscht Freizügigkeit, und von der Freizügigkeit in der EU profitieren wir alle, sogar Sie von der AfD. Bei denen, die Kindergeld beziehen, geht es übrigens überwiegend um Menschen, die hier arbeiten, hier Steuern zahlen und hier zum Wohlstand beitragen. Deswegen haben sie ein Recht auf das Kindergeld, und das ist auch gut so. Letztlich geht es Ihnen von der AfD eigentlich nur darum, die Freizügigkeit zu begrenzen. Wir wollen das nicht. Wir wollen, dass sich alle EU-Bürgerinnen und -Bürger in der EU frei bewegen können – ohne Grenzkontrollen und sozial abgesichert. Zum Zusammenhalt in der EU gehört das Gleichbehandlungsgebot: Überall in der EU werden alle EU-Bürgerinnen und EU-Bürger gleichbehandelt. Das ist ein wichtiger Grundsatz der Europäischen Union. Es gibt keine EU-Bürgerinnen erster und zweiter Klasse. Das Gleichbehandlungsgebot bedeutet dann auch, dass Eltern, die in Deutschland leben, das gleiche Kindergeld bekommen, egal, ob die Kinder in München, in Brandenburg oder in Luxemburg leben. Das Argument, dass die Lebenshaltungskosten von im Ausland lebenden Kindern eventuell geringer sind, greift übrigens zu kurz; der Kollege Cezanne hat das eben schon angedeutet. Oder finden Sie nicht, dass sich Kinder und Eltern vielleicht auch regelmäßig sehen sollten? Wenn man zum Beispiel die Fahrtkosten mit einrechnet, dann sind die geringeren Lebenshaltungskosten schon längst wieder ausgeglichen. Man kann sich nämlich nicht nach Rumänien oder nach Polen beamen, sondern man muss dorthin fahren. Das kostet Geld. Deswegen ist es durchaus akzeptabel, dass sie das gleiche Kindergeld bekommen. Was heute auch schon gesagt worden ist: Das betrifft natürlich auch Deutsche. Sie bilden die zweitgrößte Gruppe derjenigen, die Kindergeld für Kinder im Ausland bekommen. Wollen Sie das Kindergeld von Deutschen kürzen? – Okay, Sie sagen, Sie wollen das Kindergeld von Deutschen kürzen. Die AfD will Familienleistungen für Deutsche kürzen. Sehr gut, prima – das ist ja mal eine Aussage. Eigentlich geht es Ihnen ja nur darum, dass Menschen aus bestimmten Ländern weniger Kindergeld bekommen. Die Argumentation mit den Rumänen war ja deutlich: Das zielt doch auf eine ganz bestimmte Bevölkerungsgruppe ab, die davon besonders betroffen wäre, eine Minderheit, die früher schon mal von Diskriminierung betroffen war. Es geht Ihnen um blanken Antiziganismus, um das mal deutlich zu sagen. Wir wollen das nicht. Sie wollen vielleicht in diese Vergangenheit zurück. Wir wollen nicht in diese Vergangenheit zurück – nie wieder! Man muss es ganz deutlich sagen: Sie spielen mit diesen Ressentiments. In Bezug auf die Kindergeldindexierung muss man aber auch sagen: Alle, die dem Vorschlag folgen, sind völlig auf dem Irrweg, wie die CSU zum Beispiel. Aber auch die Bundesregierung darf man da nicht aus dem Blick nehmen. Die Bundesregierung – da muss ich Sie korrigieren, Herr Kollege von der FDP – ist da im Moment auf EU-Ebene aktiv: Sozialminister Hubertus Heil – wir hatten gerade den Bericht der Staatssekretärin, die eben noch da war, im Ausschuss – versucht, die Kindergeldindexierung auf EU-Ebene zu implementieren. Aber Deutschland hat da keine Mehrheit. Das nennt man dann Demokratie: Die Bundesregierung setzt sich da nicht durch, weil die anderen Mitgliedstaaten in der Mehrheit sagen: „Wir bleiben bei dem Gleichbehandlungsgrundsatz, wir bleiben bei der Freizügigkeit, das ist uns wichtig“ – im Gegensatz zu Ihnen.
GRUENE
Frau Präsidentin ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Bundesministerin Andrea Fischer 8334 Deutscher Bundestag - 14 . Wahlperiode - 90 . Sitzung . Berlin , Donnerstag , den 24 . Februar 2000 Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Die Entscheidung des Europäischen Patentamts , der Universität Edinburgh ein Patent zu erteilen , das unter anderem ein Verfahren zur Isolierung , Anreicherung und selektiven Vermehrung von so genannten tierischen Stammzellen zum Inhalt hat und somit auch Stammzellen aus der Keimbahn oder aus dem Embryo umfasst , hat berechtigterweise in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit und Irritationen ausgelöst . Daher bin ich der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sehr dankbar , dass sich über die gestrige Befragung der Bundesregierung hinaus heute der Deutsche Bundestag anlässlich einer Aktuellen Stunde mit dieser sehr sensiblen Thematik befasst . Inzwischen steht fest , dass dieses Genpatent irrtümlich erteilt wurde und darüber hinaus gegen deutsche Gesetze sowie die eigenen EU-Patentrichtlinien verstößt . Ich danke daher der Justizministerin sehr ausdrücklich dafür , dass sie bereits gestern anlässlich der Befragung der Bundesregierung sehr deutlich zu diesem Thema Stellung bezogen hat . . Hier wurde sehr schnell reagiert ; denn eines steht eindeutig fest : Menschliche Gene sind nicht patentierbar . . Aus einem Statement von Hoppe von der Bundesärztekammer darf ich mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren . . _ Vielen Dank für den Hinweis , Herr Geis . Wenn ich erst einmal so lange dabei bin wie Sie , dann weiß ich darüber Bescheid . _ Ich zitiere : Es muss Klarheit darüber bestehen , dass menschliche Gene oder Gensequenzen nicht patentierbar sind , sondern lediglich Herstellungsverfahren und Verfahrensschritte für gentechnische Medikamente patentfähig sein können . Das genetische Erbe der Menschheit ist Allgemeingut und keine Handelsware . Deshalb hat die deutsche Ärzteschaft immer wieder mit Nachdruck darauf bestanden , dass der Mensch oder Teile des Menschen nicht patentierbar sind . Neue Erkenntnisse über natürliche Gegebenheiten sind Entdeckungen , niemals aber Erfindungen . Patente können nur auf Erfindungen erteilt werden . . Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Europäischen Patentamtes , gentechnisch veränderte menschliche Zellen patentrechtlich zu schützen , eine außerordentlich Besorgnis erregende Entwicklung . Die Entscheidung darf keinen Bestand haben und muss sofort korrigiert werden . . Die Bundesärztekammer , Deutsche Ärztetage , der Ständige Ausschuss der Europäischen Ärzte wie auch der Weltärztebund haben immer wieder betont , dass das Genom des Menschen zum gemeinsamen Erbe aller Menschen gehört und nicht kommerzialisiert werden darf . Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine weitere Bewertung aus wirtschaftspolitischer Sicht : Nicht jede Genehmigung von Genpatenten stärkt den Wirtschaftsstandort Deutschland und nicht jede Ablehnung schwächt den Wirtschaftsstandort Deutschland . Daher müssen wir bei diesem sensiblen Thema alles unternehmen , damit diese falsche Patenterteilung verhindert wird . Ich bin dem Kollegen Hüppe sehr dankbar , dass er zum Ausdruck gebracht hat , dass zu diesem Thema in diesem Hause bestimmt Einigkeit bestehen wird . Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . .
SPD
Herr Präsident ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Vor einem Jahr habe ich Ihnen hier das Zukunftsprogramm 2000 , die Einleitung einer Finanzpolitik der nachhaltigen Konsolidierung des Bundeshaushaltes und der öffentlichen Haushalte insgesamt und gleichzeitig die Zusage einer ebenso nachhaltigen Entlastung von Bürgern und Unternehmen bei Steuern und Abgaben vorgestellt und im Rahmen dieses Programms als ersten Haushalt der Konsolidierung den Haushalt 2000 . Ich lege Ihnen heute den Entwurf des Haushaltsplanes für das Jahr 2001 vor . Ich stelle fest : Die Bundesregierung hält genau den Kurs , den sie vor einem Jahr diesem Hause und dem deutschen Volk versprochen hat . . Das heißt zuerst , die Bundesregierung hält den Konsolidierungskurs mit einer Finanzpolitik , die aus der Schuldenfalle hinausführt . Die Planung steht unverändert : Wir wollen durch eine ständig fallende Neuverschuldung bis zum Jahr 2006 zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen . Dies bedeutet dann , wir werden 2006 erstmals seit Jahrzehnten einen Haushalt ohne neue Schulden haben . . Warum dieser Kurs ? Während er im vorigen Jahr noch umstritten war , habe ich den Eindruck , dass er inzwischen allgemeine Anerkennung gefunden hat . Wir wollen aus der Schuldenfalle zuerst und vor allem deswegen heraus , weil wir künftigen Generationen nicht die Ausgaben , die wir getätigt haben , als Schulden hinterlassen können . Dies wäre für sie eine nicht erträgliche Belastung . . Soziale Gerechtigkeit hat nicht nur eine Gegenwartsdimension , nämlich den Ausgleich zwischen den verschiedenen sozialen Schichten in unserer Gesellschaft mit der Zielsetzung , wie es das Grundgesetz formuliert , dass jeder ein Leben in Würde führen kann . Soziale Gerechtigkeit hat auch eine Zukunftsdimension . Wir dürfen unseren sozialenAusgleich heute nicht zulasten künftiger Generationen machen . . Das gilt sowohl für die Finanzpolitik wie auch für die Umweltpolitik . Es bedeutet , nicht nur möglichst wenig Schulden zu hinterlassen , sondern auch natürliche Lebensgrundlagen zu bewahren , auf denen ungezählte Generationen nach uns leben können . Auch muss vor allem in Bildung , in Köpfe , und in die Fertigkeiten der Hände der nächsten Generation investiert werden ; denn das ist deren und unser künftiger Reichtum : unserer , was die Rente betrifft , und deren , was ihr eigenes Einkommen betrifft . . Wir halten trotz aller Verlockungen Kurs . Dabei will ich mit aller Klarheit sagen : Ich freue mich darüber und danke sowohl allen Kabinettsmitgliedern wie den Koalitionsfraktionen dafür . Zu den Kabinettsmitgliedern sage ich ausdrücklich : Wenn der Bundeskanzler nicht an der Spitze dieser Bewegung für eine solide Finanzpolitik steht , dann kann sie kein Finanzminister durchführen . So einfach ist das . Vielleicht war das in der Vergangenheit ein Problem . . Damit komme ich auf die Versuchungen zu sprechen . Ich danke dem Kabinett , den Koalitionsfraktionen und der interessierten Öffentlichkeit , die mit großem Nachdruck die Linie der Bundesregierung unterstützt haben , die in der Tat in dieser Größenordnung nie vermuteten einmaligen Einnahmen aus der Versteigerung der Lizenzen für UMTS ausschließlich , und zwar Mark für Mark , zumAbbau unserer Schulden einzusetzen . Jede andere Politik wäre nicht verantwortbar . . Wir wollen die dadurch ersparten Zinsen für den Haushalt und für Zukunftsinvestitionen verfügbar machen . Dabei ist es zwar ehrenwert , darüber zu streiten , ob man die eine oder andere Milliarde auch in die Schuldentilgung stecken soll oder nicht . Entscheidend ist aber etwas ganz anderes _ dabei sage ich ausdrücklich den Koalitionsfraktionen Dank _ : dass die konjunkturbedingten Mehreinnahmen , die wir jetzt bekommen können , nicht zu neuen Ausgaben führen , sondern zur Verringerung der Neuverschuldung eingesetzt werden . . Das wird immer wieder übersehen : 100 Milliarden DM sind eine unfassbare Summe . Aber 1 ,5 Billionen DM Schulden sind noch eine 15-mal unfassbarere Summe . Statt 1 ,5 Billionen DM 1 ,4 Billionen DM Schulden zu haben , ist erst ein Fünfzehntel des Weges hin zu einem schuldenfreien Staat , den andere viel früher als wir erreiPräsident Wolfgang Thierse 11060 chen werden . Deswegen ist es gut , dass wir uns so entschieden haben , zumal die Menschen im Lande genau diesen Kurs wollen . Es ist umgekehrt auch richtig , klarzumachen , dass die in der Tat nicht hinreichenden Investitionen doch daher kommen , dass wir in der Vergangenheit so viele Schulden aufgehäuft und deswegen so hohe Zinslasten zu tragen haben : 82 Milliarden DM _ der zweitgrößte Ausgabenblock im Bundeshaushalt . Nur wenn wir die Schulden wieder reduzieren und wenn wir damit Zinsausgaben freibekommen , dann können wir diesen Prozess rückabwickeln . Aus Zinsausgaben Investitionsausgaben zu machen und konjunkturbedingte Mehreinnahmen _ ich wiederhole das _ zur Verringerung der Neuverschuldung einzusetzen , das allein ist die finanzwirtschaftlich seriöse und verantwortliche Position . . Denn in diesem Jahr machen wir _ so ist die Planung _ noch 50 Milliarden DM neue Schulden . Im nächsten Jahr reduzieren wir die Nettokreditaufnahme auf 46 Milliarden DM . Es sind aber noch neue Schulden . Wir sind doch noch gar nicht beim Schuldenabbau . Wir werden mit dem Schuldenabbau erst ab 2006 , wenn wir das erste Mal einen Haushalt ohne neue Schulden haben , beginnen können . Ich sage mit Nachdruck : Es muss nicht immer so gut laufen . Es wird in der nächsten Zeit gut laufen , weil die Konjunktur in Deutschland und in Europa robust ist .Aber es kann auch einmal statt Mehreinnahmen Mindereinnahmen geben , auch konjunkturbedingt , denen man durch eine Absenkung der Staatsausgaben nicht hinterherlaufen darf . Man würde die Probleme dann ja verschärfen . Das Mindeste ist : Der Staat muss die Kraft haben , die automatischen Stabilisatoren wirken zu lassen , das heißt , seine Ausgabenpolitik unabhängig von konjunkturellen Schwankungen zu machen . Deswegen müssen wir die Neuverschuldung durch konjunkturbedingte Steuermehreinnahmen reduzieren . Ich weise bei dieser Gelegenheit übrigens auch auf Risiken hin . Es sind für die Postunterstützungskassen Privatisierungserlöse im Haushalt dieses Jahres von etwas über 7 Milliarden DM erforderlich . Bis vor ganz kurzer Zeit war ich aber gar nicht sicher , ob wir den Börsengang der Deutschen Post überhaupt machen können . Wer sich _ auch das ist eine der Kehrseiten der Medaille , mit denen sich einige Länderpolitiker , die ebenfalls gerne etwas von den UMTS-Einnahmen abhaben wollten , nicht beschäftigen _ einmal den Kurs der Aktie der Deutschen Telekom anschaut , sieht ganz genau , dass die Privatisierungen nicht so ganz planmäßig laufen . Mit dem jetzigen Kurs kann man nicht an die Börse gehen ; das wäre eine Verschleuderung von Volksvermögen . Es hieße außerdem , die große Zahl der Kleinaktionäre noch einmal richtig zu enttäuschen . Das kann nicht unsere Politik sein . . Also werden wir , was die Mehreinnahmen angeht , auch darauf zu achten haben . Wir müssen es schaffen , dass wir die Privatisierungserlöse aus dem Haushalt überhaupt herausbekommen und stattdessen durch die Absenkung der Altschulden die Zinsausgaben weiter vermindern , sodass wir daraus dann auf Dauer auch die Postunterstützungskassen finanzieren können . Dahin werden wir noch kommen müssen : das ist noch ein ziemlich weiter Weg . Dann erst sind wir von den Zufälligkeiten durch die Schwankungen des Kapitalmarktes _ in diesem Fall der Börse _ unabhängig . Dieser Haushalt hält also Kurs . Er ist somit erstens ein Haushalt der Konsolidierung _ der zweite in Folge . Um das klarzumachen : Es werden noch viele weitere folgen müssen , weil es eine Grundlinie der Politik ist , die durchgehalten werden muss ; sonst werden wir das Ziel nie erreichen . . Die Bundesregierung hält zweitens Kurs , weil sie Ausgabendisziplin übt , um Spielräume für eine nachhaltige Entlastung aller Steuer zahlenden Bürger und aller Unternehmen zu schaffen . Deswegen ist dieser Haushalt auch ein Haushalt , in dem die größte Steuersenkung , die größte Nettoentlastung , die es in der Geschichte der Bundesrepublik jemals gegeben hat _ das gilt im Moment auch für die Situation in der Europäischen Union _ , verkraftet werden muss : 45 Milliarden DM Nettoentlastung im nächsten Jahr ; das sind 1 ,1 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt . Teilt man es auf , macht das für die Privathaushalte ungefähr 30 Milliarden DM und für die Unternehmen 15 Milliarden DM aus . Dieser Weg wird konsequent fortgesetzt . Bei dieser Gelegenheit möchte ich zunächst deutlich machen _ weil auch diese Diskussion bei uns immer wieder geführt wird _ dass das deutsche Steuerrecht nicht das komplizierteste in der Welt ist .Auch diese Debatte sollten wir nicht weiterführen ; sie schadet uns , weil die zugrunde liegende Behauptung nicht wahr ist . . _ Weil sie nicht wahr ist . Ich habe gerade den Präsidenten der International Fiscal Association zu dieser Angelegenheit befragt . . _ Sie brauchen nur Herrn Faltlhauser zu fragen , der ja dabei war . _ In dieser Organisation sind alle Steuerrechtsexperten der Welt vereint . Die Antwort auf die Frage , wer das komplizierteste Steuerrecht hat , fällt eindeutig aus : die Vereinigten Staaten . Unseres ist nicht einfach . Das ist überhaupt nicht zu bestreiten und da haben wir noch eine Menge zu tun . Aber auch von internationalen Experten habe ich bestätigt bekommen , dass gerade der Übergang vom Vollanrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren Bundesminister Hans Eichel 11061 eine dramatische Vereinfachung des deutschen Körperschaftsteuerrechts darstellt . . _ Ich kann ja nichts dafür , meine Damen und Herren , wenn Sie die Fakten nicht zur Kenntnis nehmen . Ich sage Ihnen nur : Mit einer Politik , die die Fakten nicht zur Kenntnis nimmt , sind Sie in diesem Sommer schon einmal gescheitert . Machen Sie das doch nicht weiter ! . Diese Politik der nachhaltigen Steuerentlastung führt auch zu einer Absenkung der Staatsquote . Auch dies haben Sie in diesem Hause immer wieder bestritten . Wir hatten die höchste Staatsquote in Deutschland _ ich sage ausdrücklich : ich kritisiere das nicht , weil die deutsche Einheit ohne eine höhere Staatsquote gar nicht zu machen gewesen wäre _ im Jahre 1995 mit 50 ,9 Prozent . Wir hatten 1999 gut 48 Prozent , in diesem Jahr haben wir gut 47 Prozent und die Tendenz geht gegen 45 Prozent im Jahre 2002 . Das heißt , wir ziehen uns ein Stück zurück , um den Bürgern und den Unternehmen mehr eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu lassen . Das ist eine vernünftige Politik , wenn man sie sozial gerecht ausgestaltet . . Die Steuerentlastung zum 1 . Januar 2001 , die in diesem Haushalt steckt und sowohl diesen Haushalt als auch die Haushalte der Länder und Gemeinden sehr strapaziert , führt dazu , dass gegenüber der Situation , die wir im Jahre 1998 übernommen haben , als die Bürgerinnen und Bürger diese Koalition mehrheitlich gewählt haben , zum Beispiel eine ledige Fachverkäuferin mit einem Jahresbruttoverdienst von 40 000 DM im Jahre 2001 um 1 209 DM steuerlich entlastet wird . oder ein verheirateter Schlosser mit zwei Kindern und mit einem Jahresbruttoverdienst von 60 000 DM um 2 930 DM entlastet wird . oder eine ledige leitende Angestellte mit einem Jahresbruttoverdienst von 120 000 DM um 1 717 DM steuerlich entlastet wird . Das sind die ganz konkreten Entlastungswirkungen der Steuersenkungspolitik , die wir eingeleitet haben . . Diese Entlastungspolitik , meine Damen und Herren _ ich wiederhole : 45 Milliarden DM Nettoentlastung , 1 ,1 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt _ , ist die richtige Antwort auf die Herausforderung , die uns zurzeit das OPEC-Kartell und die Mineralölkonzerne bereiten : eine allgemeine Steuersenkung sowohl für Unternehmen als auch für Bürgerinnen und Bürger . . Vielleicht wird es tatsächlich einen Abfluss an Kaufkraft _ das trifft uns alle , das trifft viele auch hart ; darüber wird man im Einzelfall bei der Sozialpolitik reden müssen _ bei Privathaushalten , bei Unternehmen und beim Staat in Höhe von etwa 20 Milliarden DM aufgrund der höheren Rohölrechnung in diesem Jahr geben . Ich wiederhole aber : Wir , das heißt der Staat _ also Bund , Länder und Gemeinden _ , verzichten gleichzeitig auf 45 Milliarden DM an Steuereinnahmen , die dadurch bei den Unternehmen und bei den Privathaushalten bleiben . Es gibt kein Land in Europa , das diese Ölpreiserhöhung so sehr kompensiert , wie wir das mit dieser Steuerreform machen . . Ich weiß , Sie wollen die ganze Woche nur diese Debatte führen . Sie werden aber den Sachverstand überhaupt nicht auf Ihrer Seite haben . Sie können ja reine Lobbypolitik machen ; mit Vernunft hat das , was Sie im Moment betreiben , aber nichts zu tun . . Es ist ein Glück , dass uns diese Ölpreiserhöhung nicht im Zusammenhang mit der Wirtschaftsstruktur der frühen 70-er Jahre erwischt hat . Damals hat eine sozialliberale Bundesregierung die richtigen Konsequenzen gezogen und hat _ übrigens das erste Mal im großen Stil _ eine Politik der Steigerung der Energieeffizienz und der Energieeinsparung eingeleitet . . Als Konsequenz daraus haben wir heute einen um 45 Prozent verminderten Energieeinsatz . Ich will mir aber nicht vorstellen , was es für unsere Inflationsrate und für den Abfluss an Geld tatsächlich bedeutet hätte , wenn wir diesen Infrastrukturwandel nicht gemacht hätten . Es ist doch eine erstaunliche Leistung , dass wir trotz einer Verdreifachung des Rohölpreises _ angesichts des schwachen Außenwertes des Euro im Verhältnis zum Dollar sogar einer Vervierfachung _ gegenüber dem Importpreis eine Preissteigerungsrate haben , die bereits wieder fällt und im August bei 1 ,8 Prozent lag . Darin liegt die enorme Leistung dieser Volkswirtschaft . . Es ist übrigens eines der dramatischen Dinge : Ich war beteiligt an den damaligen Versuchen _ das ist übrigens nicht neu _ , zu einem Energiekonsens mit einem Ausstieg aus der Kernenergie noch vor der Bundestagswahl zu kommen , die der jetzige Bundeskanzler als niedersächsischer Ministerpräsident damals favorisiert hat . Wir haben seinerzeit die vorige Bundesregierung gebeten , sie möge Bundesminister Hans Eichel 11062 doch erst einmal auf den Tisch legen , was sie selbst zur Energieeinsparung und Förderung der Energieeffizienz in ihrer Zeit getan hat . Wissen Sie , was die Listen , die wir erhalten haben , enthielten ? Auf den Listen standen Programme der sozialliberalen Koalition und dahinter stand : ausgelaufen 1983 , ausgelaufen 1984 , ausgelaufen 1985 . Stellen Sie sich einmal vor , wo wir heute stehen würden , wenn Sie die Politik , die wir eingeleitet haben , fortgeführt hätten ! . Die Unternehmensteuerreform verstärkt den Standortvorteil Deutschlands und die Attraktivität Deutschlands für internationale Investitionen ganz erheblich . Das heißt , wir haben eine gute Chance , von den 20 Milliarden DM , die aus unserer Volkswirtschaft in Richtung OPEC abfließen , einen erheblichen Teil über ausländische Direktinvestitionen zurückzuholen . . Darum wollen wir kämpfen und auch dafür machen wir diese Steuerreform . . Sie müssen an dieser Stelle mit Ihren Zwischenrufen ganz vorsichtig sein . Zu Ihrer Regierungszeit hat das Kapital einen Bogen um Deutschland gemacht und erst seit 1999 steigen die ausländischen Direktinvestitionen wieder , wie es Ihnen Herr Kollege Müller deutlich gemacht hat . . Das , was wir mit dieser enormen Steuerentlastung leisten , ist allerdings auch das Maximum dessen , was die öffentlichen Haushalte leisten können . Es bedeutet , dass wir , auf das Jahr bezogen , eine leichte Erhöhung des Defizits im Jahre 2001 gegenüber 2000 hinnehmen . Das ist nicht schön und das habe ich meinen Kollegen in Brüssel auch nur mit dem Hinweis verständlich machen können , dass wir alleAnstrengungen unternehmen werden , um aus der Wachstumsschwäche _ wir sind nämlich seit 1995 auf dem zweitletzten Platz in der Europäischen Union _ herauszukommen , weil die deutsche Volkswirtschaft als die stärkste in Europa natürlich auch bei den Großen mit vorne stehen muss . Wir werden das nach all den Prognosen , die wir heute kennen _ insbesondere nach der des Internationalen Währungsfonds _ , auch erreichen . Ich bin da eher ein bisschen vorsichtig . Aber wir haben jetzt die reelle Chance , bei den Volkswirtschaften in Europa an die Spitze zu kommen . . Ich bedanke mich deswegen ausdrücklich bei all den Bundesratsmitgliedern _ wir werden darüber noch diskutieren , wenn das Steuersenkungsergänzungsgesetz in den Bundestag eingebracht wird _ , die die Ansicht hatten , dass es falsch ist , ein Machtspiel um die Frage zu betreiben _ ich unterstelle , auch Sie wollten die Steuerreform _ , ob wir das termingemäß vor der Sommerpause hinbekommen oder ob wir das in den Herbst verschieben . Eine Verschiebung der Steuerreform wäre Gift für die Konjunktur in Deutschland und für unser Ansehen in Europa gewesen . . Wir werden das noch abzuarbeiten haben , was uns die Mehrheit des Bundesrates , die diese Steuerreform mitgetragen hat , zurAuflage gemacht hat . Wir werden es punktgenau umsetzen . Ich sage ausdrücklich : Die rheinlandpfälzische Landesregierung und Herr Brüderle , die dabei federführend waren , haben ausdrücklich bestätigt , dass wir mit den Mitteln , die wir in das Steuersenkungsergänzungsgesetz eingestellt haben , auf Punkt und Komma das umsetzen , was wir verabredet haben . . Über die Details der Ausgestaltung kann man reden . Warum denn nicht ? Alles kann in einem bestimmten Augenblick auch nicht vereinbart werden . Aber wir haben genau den Umfang dessen eingebracht _ da sind wir absolut zuverlässig _ , was wir zugesagt haben . Genau damit wird sich als Erstes der Bundesrat beschäftigen . Danach werden wir uns im Deutschen Bundestag damit auseinander setzen . Drittens . Die Bundesregierung hält Kurs : Sie spart , um Deutschland zu erneuern und um in die Zukunft zu investieren , ohne dafür zusätzliche Schulden zu machen . Neue Schulden dürfen wir nicht machen . Beispiel Verkehrsinfrastruktur : Wir haben rund 20 Milliarden DM für Verkehrsinvestitionen in den Haushalt eingestellt . Das ist zwar eine gute Verstetigung ; aber es ist nicht das , was wir auf Dauer benötigen . Darum wollen wir keinen Moment herumreden . Das war auch der Grund , warum seinerzeit Verkehrsminister Müntefering , dessen Amt nun Herr Klimmt übernommen hat , und ich die Einsetzung einer Kommission verabredet hatten , die sich mit der Frage beschäftigen soll : Wie groß ist der Bedarf und wie kann die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur langfristig sichergestellt werden ? Aus der Antwort der Kommission auf diese Frage werden die Konsequenzen zu ziehen sein . An dieser Stelle ziehen wir auch die Konsequenzen aus _ ich sage : in dem Punkt _ dem glücklichen Umstand , dass die Versteigerung der UMTS-Lizenzen so viel Geld erbracht hat und dass wir deshalb das Geld , das wir nicht mehr für Zinsen ausgeben müssen , schwerpunktmäßig gerade in die Verkehrsinfrastruktur und in die Schiene sowie in Bildung und Forschung und in ein Altbausanierungsprogramm , mit dem das Ziel der Verbesserung der Wärmedämmung verfolgt wird , investieren können . Das wird zwischen den Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung im Einzelnen verabredet und in der Haushaltsbereinigungssitzung in den Haushalt eingebracht werden . Bundesminister Hans Eichel 11063 Beispiel Aufbau Ost : Die Ausgaben für den Aufbau Ost bleiben auf hohem Niveau . Auch hier ist völlig klar , dass die Bundesregierung ihre Konsolidierungspolitik auch betreibt , um auf Dauer _ also über das Jahr 2004 hinaus _ Leistungen für den Aufbau Ost erbringen zu können , weil wir wissen _ wir wissen das nicht erst seit der Reise des Bundeskanzlers durch die neuen Bundesländer ; das war nur die Inaugenscheinnahme ; denn das Bundeskanzleramt wie das Wirtschaftsministerium und das Finanzministerium und alle anderen jeweils betroffenen Ministerien haben immer intensive Gespräche geführt _ , dass wir noch eine Menge zu leisten haben , wenn derAufholprozess der neuen Länder wirklich gelingen soll und wenn sie an das Niveau der westdeutschen Länder herankommen sollen . Das muss unsere gemeinsame Zielsetzung sein . . Wir investieren nachdrücklich in Maßnahmen zur Energieeinsparung und Förderung der Energieeffizienz . Wir haben mit dem 100 000-Dächer-Programm ein neues Programm zur Förderung der Photovoltaik aufgelegt , um die Umstellung von der Kleinproduktion zur Massenproduktion voranzutreiben . Das Programm ist eine Markteinführungsbeihilfe , um eine Kostendegression zu ermöglichen und um dann in der Zukunft die Verbreitung der Photovoltaik in unserem Land über den Markt zu ermöglichen . Den Etat des Programms zur Förderung von Einzelmaßnahmen bezüglich erneuerbarer Energien haben wir _ das bleibt auch mittelfristig so _ um jeweils 180 Millionen DM pro Jahr aufgestockt . Ich komme jetzt auf die Förderung der Forschung , der neuen Technologien und der Hochschulen zu sprechen . Der Anteil des Etats des Bundesministeriums für Bildung und Forschung am Gesamthaushalt wird wieder wachsen . Sie waren im Jahr 1982 in der Situation , einen Haushalt übernehmen zu können , bei dem der Anteil dieses Minis-teriums 3 ,74 Prozent vom Bundeshaushalt betrug , und zwar bereinigt . Sie haben im Jahr 1998 mit 3 ,11 Prozent die niedrigste Rate erreicht . Wir erhöhen diesen Haushalt systematisch _ das ist ein sehr mühseliges Geschäft _ auf 3 ,21 Prozent ; damit wächst er , gemessen an allen Anteilen am Bundeshaushalt , am stärksten . . Er wächst allein in diesem Jahr um 780 Millionen DM bzw . um 5 ,4 Prozent _ und das bei einem Haushalt , der sonst nominal konstant bleibt . Nehmen wir die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau , für die der Mittelansatz bei Ihnen über lange Zeit immer 1 ,8 Milliarden DM betrug . Im Haushalt 2001 haben wir die Mittel dafür auf rund 2 ,2 Milliarden DM erhöht . . Und die zusätzlichen Mittel für Projekte der institutionellen Förderung von Bildung und Forschung werden von 300 Millionen DM im nächsten Jahr auf 1 070 Millionen im Jahr 2004 erhöht . Mit anderen Worten : Wir machen mit dem Schwerpunkt Bildung und Forschung ernst . . Mancher mag sagen , auch das müsste mehr sein . Aber , meine Damen und Herren , es ist die richtige Richtung . Die entscheidende Frage ist : Welches Erbe haben wir angetreten , um aus diesem Keller wieder herauszukommen ? . Schließlich , meine Damen und Herren , modernisieren wir den Staat . Es genügt nicht _ ich sage das mit allem Nachdruck _ zu meinen , man hätte für den Schwerpunkt Bildung und Forschung genug getan , wenn man den Hochschulen mehr Geld gibt . Mit dem öffentlichem Dienstrecht des 19 . Jahrhunderts werden wir keine konkurrenzfähigen Universitäten des 21 . Jahrhunderts bekommen . . Das ist eine schwierige Aufgabe für Frau Kollegin Bulmahn , aber sie hat sie angepackt . Dies wird zu heftigen Kontroversen , aber auch zu notwendigen Entscheidungen führen . . Die Bundeswehrreform wird im Rahmen unseres gemeinsam verabredeten finanziellen Tableaus mit einer Fülle von innovativen neuen Möglichkeiten , die sich der Verteidigungsminister ausgedacht hat , umgesetzt . Es kann in der Tat nicht so weitergehen , dass wir eine Truppe mit zwar vergleichsweise vielen Menschen , aber veralteten Geräten haben . Damit kann man bei den neuen Aufgaben in Zukunft nicht bestehen . . Die Reform der Finanzverwaltung wird jetzt angepackt . Die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts haben wir hinter uns gebracht . Dies war auch ein schmerzhaftes Thema . Wieso war das im vereinigten Europa mit Ihnen _ dies sage ich mit Blick auf die große Oppositionspartei , die sich selber als große Europapartei angesehen hat _ so schwierig ? Viertens . Die Bundesregierung hält Kurs : Sie spart , um Deutschland gerechter und menschlicher zu gestalten , ohne dafür zusätzliche Schulden zu machen . Zur Familienförderung : Es ist schon bedrückend , dass das Bundesverfassungsgericht nach 16 Jahren christlich-sozialer , christlich-demokratischer und liberaler Koalition dem Gesetzgeber bescheinigt , dass er die Familien verfassungswidrig hoch besteuert . . Bundesminister Hans Eichel 11064 Es kann doch nicht sein , dass heute in Deutschland das Risiko der Armut besteht , wenn junge Leute mit vergleichsweise niedrigem Tarifeinkommen heiraten und Kinder bekommen . Das ist in einem so reichen Land wie dem unserigen ein unerträglicher Zustand . . Wir haben bereits zweimal das Kindergeld erhöht , und zwar für das erste und zweite Kind jeweils um 50 DM . Das heißt , einer Familie mit zwei Kindern stehen nicht einmal zwei Jahre nach Antritt dieser Regierung jährlich 1 200 DM mehr zur Verfügung . . Das Thema Erziehungsgeldreform _ seien Sie ganz vorsichtig _ haben Sie das letzte Mal vor acht Jahren angefasst . Da liegt überhaupt ein Problem Ihrer Sozialpolitik . Sie haben über fast zehn Jahre in diesem Bereich überhaupt nichts mehr getan . Nach und nach ist die Zahl der Berechtigten immer weiter zusammengeschrumpft . Das war Sozialabbau , ohne dass man irgendeine gesetzgeberische Maßnahme durchführen musste . . Es gibt strukturell 300 Millionen DM mehr Erziehungsgeld . Im nächsten Jahr sind es nur 100 Millionen DM , weil an der Stelle zunächst die Tatsache wirkt , dass wir weniger Kinder haben . Ich will sagen , was das bedeutet : Eine Alleinerziehende mit einem Kind und einem Bruttomonatslohn von 3 500 DM bekommt bis hin zur Höchstgrenze 43 DM im Monat zusätzlich . Eltern mit einem Kind und einem Bruttomonatslohn von 4 500 DM bekommen im Monat 45 DM zusätzlich . Bei Eltern mit zwei Kindern sind es 105 DM mehr . Rechnen Sie das bitte zu den von uns vorgenommenen Steuererleichterungen hinzu ! Ich komme zum Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit , das diese Regierung auf den Weg gebracht hat . Damit wir die 2 Milliarden DM ausgeben können , sparen wir , um dafür keine Schulden zu machen ; denn wir lassen die jungen Leute nicht auf der Straße stehen . . Ich sage mit allem Nachdruck _ ich weiß , dass das noch ein bisschen streitig ist _ : Ich bin darüber froh , dass durch die Arbeitsmarktentwicklung _ auch das hat zumindest etwas mit unserer Politik zu tun _ die Bundesanstalt für Arbeit in der Lage ist , dieses Programm in ihrem Haushalt zu finanzieren ; denn entscheidend ist , dass es finanziert wird . Wir starten eine neue Lehrstelleninitiative mit jährlich 200 Millionen DM . Ich erinnere an unsere BAföG-Reform . Auch dieses Thema haben Sie vor zehn Jahren das letzte Mal angefasst . 1991 gab es im damals wieder vereinigten Deutschland 605 000 BAföG-berechtigte Studentinnen und Studenten . 1998 waren es nur noch 340 000 . In der Differenz dieser Zahlen drückt sich das ganze Elend der Förderung von jungen Studentinnen und Studenten aus . Das war doch keine Zukunftssicherung . . Deutschland hat im internationalen Vergleich mit die geringste Zahl von Studentinnen und Studenten in einem Jahrgang . Das heißt , wir investieren zu wenig in die Köpfe unserer jungen Leute . Wir müssen Bildungsbarrieren , die neu entstanden sind , in der Tat abbauen . Das alles geht nicht von heute auf morgen ; aber es muss gemacht werden . Wir nehmen dies mit dem Haushalt 2001 in Angriff . . Auch das Thema Wohngeldreform haben Sie das letzte Mal vor zehn Jahren angefasst . Sie haben damals eine Sonderregelung für die neuen Bundesländer getroffen , die am Ende dieses Jahres auslaufen würde . Unsere Konsequenz daraus ist nicht , dass wir sie auslaufen lassen ; vielmehr sagen wir : Das , was für die neuen Länder damals zu Recht gemacht worden ist , muss für die ganze Republik gelten . Das heißt , auch hierfür müssen Bund und Länder zusätzlich 1 ,4 Milliarden DM in die Hand nehmen , um dann zu einer _ allerdings bemerkbaren _Anpassung der Wohngeldleistungen in den ostdeutschen Ländern an die der westdeutschen Länder zu kommen . . Das heißt zum Beispiel _ auch das will ich deutlich machen _ , dass eine Alleinerziehende mit einem Bruttomonatslohn von 3 500 DM mit einem Kind 30 DM mehr bekommt . Eine Alleinerziehende mit zwei Kindern bekommt zusätzlich 60 DM . Ein Ehepaar mit zwei Kindern bekommt 65 DM mehr und ein Ehepaar mit drei Kindern erhält 95 DM mehr . Addieren Sie das bei all den Rechnungen , die Sie in diesen Tagen anstellen , bitte einmal zum Kindergeld und zu dem , was wir an steuerlichen Entlastungen vorgenommen haben , hinzu , dann kommen Sie nämlich zu ganz anderen Ergebnissen ! . Die Arbeitsmarktpolitik bleibt auf hohem Niveau verstetigt , obwohl wir _ lassen Sie mich das frank und frei sagen _ darüber reden müssen , was wir machen , wenn _ was ich hoffe _ die Entwicklung des Arbeitsmarkts so gut weitergeht . In den ostdeutschen Ländern , wo wir die al-lergrößten Probleme hatten , beginnt diese Entwicklung gerade erst . Man wird _ das will ich hier deutlich sagen _ zu diskutieren haben , ob wir nicht auch dort zu einer antizyklischen Betrachtung kommen müssen , weil wir dann , wenn es wieder schlechter läuft _ das kann eines Tages durchaus passieren _ , etwas drauflegen müssen . . _ Ich habe im Moment andere Sorgen , Herr Hoyer , nachdem wir eine Nettoentlastung von 45 Milliarden DM zustande gebracht haben . Nicht an allen Stellen geht es auf Bundesminister Hans Eichel 11065 einmal . Mit reiner Lobbypolitik werden Sie das Finanztableau nicht in Ordnung halten . . Nun nehmen wir die Rentenreform in Angriff . Auch dafür wurde zum einen in diesem Haushalt Vorsorge getroffen , zum anderen aber auch schon mit der Steuerreform , deren Entlastungsschwerpunkt bei den unteren Einkommensschichten liegt . Ich gebe zu , dass das nach dem Vermittlungsverfahren im Bundesrat nicht mehr so deutlich ist wie in dem Entwurf , den wir eingebracht haben , aber so ist das , wenn man , um durchzukommen , Mehrheiten finden muss , die man selber nicht hat . Das ist in Ordnung . Das muss man akzeptieren . Ich lege aber schon Wert auf die Feststellung , dass der Schwerpunkt der Einkommensteuerentlastung bei uns ganz klar bei den unteren Einkommen lag . Das hat unter anderem etwas damit zu tun , dass man , wenn das gesetzliche umlagefinanzierte Rentensystem wegen der enormen demographischen Verschiebung in der Zukunft nicht mehr so leistungsfähig sein kann , den Menschen mehr Freiraum für Eigenvorsorge geben muss . Das heißt zuallererst : Ihre Steuerbelastung muss herunter . Genau das haben wir gemacht . Um in dieser Debatte für die Öffentlichkeit deutlich zu machen , worum es geht , halte ich noch einmal fest : Am Anfang dieses Jahrhunderts kommen auf 100 Beschäftigte etwas über 40 Rentnerinnen und Rentner . In der Mitte dieses Jahrhunderts werden auf 100 Beschäftigte etwa 90 Rentnerinnen und Rentner kommen . Wenn man sich allein dies vor Augen führt , wird deutlich , vor welcher Aufgabe wir hier stehen . Eine ersteAntwort zur Lösung dieserAufgabe steckt in der Frage : Wie viel Wirtschafts- und Produktivitätswachstum schaffen wir ? Darin liegt der Schlüssel für eine einigermaßen vernünftige und für alle , nämlich für die Beschäftigten wie die Rentner , erträgliche Lösung der Aufgabe . Somit komme ich wieder auf eine Politik , die aus der Schuldenfalle herausführt , zurück : Angesichts dieser Aufgabe in den nächsten 50 Jahren dieses Jahrhunderts kann man nicht einen so hohen Schuldenberg in die erste Hälfte des 21 . Jahrhunderts mitnehmen . . Die zweite Antwort darauf , meine Damen und Herren , liegt darin , dass wir , wie es der Bundeskanzler zugesagt hat , den Bundeszuschuss ordentlich erhöht haben . Allein von 2000 auf 2001 steigt er um 10 Milliarden DM auf 137 Milliarden DM . Um 10 Milliarden ! Wer jetzt über die Ökosteuer redet , sollte wenigstens so ehrlich sein , den Menschen zu sagen , dass wir , wenn wir diese aussetzen , bei der nächsten Stufe in 2001 die Rentenversicherungsbeiträge um 0 ,3 Prozentpunkte erhöhen . Verweisen Sie doch nicht nur auf die schöne Seite der Medaille ! Ein Finanztableau hat auch immer eine andere Seite . . Reden wir einmal darüber , was das wirklich bedeutet ! Ein Arbeitnehmerhaushalt mit vier Personen und einem Einkommen von 5 000 DM würde bei einer jährlichen Fahrleistung von 15 000 Kilometern durch die Aussetzung der nächsten Stufe der Ökosteuer gerade einmal um 7 DM entlastet . Um 7 DM , meine Damen und Herren ! . Das setzt immer voraus , dass die Konzerne nicht sofort nachziehen . . _ Das ist Ihre Rechnung . Wenn ich mir die Bundesschuld im Bundeshaushalt ansehe , entsteht bei mir immer der Eindruck , dass Sie im Rechnen nicht sehr stark waren , sonst hätten wir nie so weit kommen können . . Eine Einsparung von 7 DM würde aber auf der anderen Seite bedeuten , dass der Rentenversicherungsbeitrag um 2 ,50 DM erhöht werden müsste . Das macht unterm Strich eine monatliche Entlastung von 4 ,50 DM . Das sollte sich jeder überlegen , der jetzt das Thema Ökosteuer anspricht . Mit dem , was die OPEC und die Konzerne jetzt machen , haben der Haushalt dieser Bundesregierung und unsere Gesetzgebung nichts zu tun . . Wir fördern steuerlich die private Zusatzversorgung . Im Haushalt ist der erste Betrag dafür eingestellt . Es müssen sich aber alle daran beteiligen , auch die Länder und Gemeinden . Verbunden wird dieses mit einer ganz starken Kinderkomponente , die nach acht Jahren nachhaltig auf 19 ,5 Milliarden DM steigt . Ich finde , das ist ein sehr faires und vernünftiges Angebot , das der Bundeskanzler und der Arbeitsminister Ihnen in den Gesprächen gemacht haben . Ich würde es für vernünftig halten , wenn jedenfalls dieser Teil _ das war immer sozialdemokratische Position _ im Konsens zwischen den Generationen , den gesellschaftlichen Gruppen und den Parteien verabschiedet werden könnte . Denn es gibt für die Rente keine größere Sicherheit _ und Sicherheit ist das Allerwichtigste _ , als dass darum keine Verteilungskämpfe in der Gesellschaft zwischen verschiedenen Gruppen und politischen Parteien ausgetragen werden . Ich denke , das sind wir gemeinsam allen schuldig . . Meine Damen und Herren , der Haushalt , den ich Ihnen eben vorgestellt habe , ist ein Haushalt der Zukunftssicherung . Wir entlasten unsere Kinder und Enkel , indem wir die Lasten , die wir selbst verursacht haben , künftig auch selber bezahlen wollen und die Lasten , die es außerdem gibt _ das muss dann das Nächste sein _ , Schritt um Schritt vermindern . Wir entlasten die Bürger und die Unternehmen , um Wachstum und Beschäftigung zu fördern . Wir investieren in Deutschlands Zukunft , ohne dafür Bundesminister Hans Eichel 11066 zusätzliche Schulden zu machen . Wir sorgen für Gerechtigkeit und für mehr Menschlichkeit in unserer Gesellschaft . Wir lösen den Reformstau auf , der in den letzten fünf bzw . zehn Jahren dieses Land geprägt hat . . Diese Politik ist europäisch abgestimmt . Wir werden uns im Deutschen Bundestag _ ich sage das auch gerichtet an die Länderparlamente _ mit dem , was wir in Europa künftig gemeinsam tun müssen , viel intensiver zu beschäftigen haben als in der Vergangenheit . Sie müssen zum Beispiel bei der Kampagne , die Sie gerade planen , auch einmal überlegen , wie das im europäischen Kontext aussieht . Ich sage Ihnen ganz ausdrücklich : Alle 15 Finanzminister , unabhängig davon , ob der eine oder andere zu Hause so unter Druck geraten ist , dass er ein bisschen nachgegeben hat _ übrigens auf einem viel höheren Level _ , wissen , dass es Unfug ist , auf die Preistreiberei von OPEC und Konzernen mit der Rücknahme von Steuern zu antworten , weil diese nur nachrücken würden . . Deswegen ist das ein Verteilungskampf . Im Inneren müssen wir das sozial vernünftig gestalten , jawohl . Aber die richtige Antwort ist die , die wir mit einer allgemeinen Senkung der Steuern und Abgaben für alle Bürger dieses Landes und für die Unternehmen dieses Landes gegeben haben . . Alles andere wäre keine vernünftige Antwort . . Diese Politik ist erfolgreich . Wir haben in diesem Jahr auf jeden Fall ein Wirtschaftswachstum von 3 Prozent . Im vergangenen Jahr lagen wir noch bei 1 ,6 Prozent . Wir haben auch für nächstes Jahr ein Wirtschaftswachstum von _ ich bleibe eher auf der vorsichtigen Seite _ 2¾ Prozent zu erwarten . Die Schätzungen gehen bis 3 ,6 Prozent . Der Internationale Währungsfonds , immerhin unbestrittene Autorität auf diesem Gebiete , rechnet für nächstes Jahr mit 3 ,3 Prozent Wachstum für Deutschland . Ich bin da ein bisschen vorsichtiger . Als Finanzminister lasse ich mich lieber angenehm als unangenehm überraschen . Ich finde , das ist auch eine richtige Maxime für die Finanzpolitik . . Wir bauen Beschäftigung auf . Wir haben in diesem und im nächsten Jahr das höchste Beschäftigungswachstum seit der Wiedervereinigung Deutschlands : 170 000 neue , zusätzliche Arbeitsplätze in diesem Jahr , 270 000 _ sagt die Bundesanstalt fürArbeit _ im nächsten Jahr . Das heißt , auch für Ihre Propagandaschriften : Der Abbau der Arbeitslosigkeit erfolgt nicht im Wesentlichen deswegen , weil viel mehr Ältere ausscheiden als Junge einsteigen , sondern zuallererst deswegen , weil wir einen Beschäftigungsaufbau haben . Das wollen wir auch . . Wir haben dieses große Wirtschaftswachstum gleichzeitig , trotz der enormen Ölpreissteigerung , mit einem hohen Maß an Preisstabilität erreicht ; wir sind in diesem Jahr unterhalb des Inflationszieles der Europäischen Zentralbank bei 1 ,8 Prozent geblieben , weil die Mieten stabil geblieben sind , weil die Nahrungsmittel viel billiger geworden sind , weil wir zum Beispiel im Telekommunikationsmarkt die Politik der Deregulierung haben _ die auch schon Ihre war , das bestreite ich gar nicht _ , die wir konsequent fortsetzen . . _ Da müssen Sie doch gar nicht schimpfen . Wir haben das zusammen beschlossen , das war aber in Ihrer Regierungszeit . _ Diese Politik erhöht unser Ansehen in der Welt . Das World Economic Forum _ das ist der aktuellste Ausweis _ setzt im Global Competitiveness Report . Deutschland für das Jahr 1999 im Ranking von Platz 25 herauf auf den Platz 15 . Das ist eine Veränderung um zehn Plätze nach oben . In Europa gibt es nur noch ein einziges Land , das einen solchen Sprung nach oben machen konnte , nämlich Ungarn . Alle anderen Länder haben weniger erreicht . Ganz Europa entwickelt sich nach vorne . Das freut mich ganz außerordentlich . Dabei haben unsere Steuergesetze _ mit Ausnahme der Gesetze zur Haushaltskonsolidierung _ noch gar nicht gewirkt . Sie können also davon ausgehen , dass die Zahlen nächstes Jahr noch ein bisschen besser aussehen , wenn wir uns vernünftig verhalten . Man spürt es in der ganzen Welt : Deutschland genießt inzwischen ein besseres Ansehen . Deutschland ist nicht mehr _ um den Kanzler zu zitieren _ der kranke Mann Europas , . sondern Deutschland ist das Land , das in Europa die Reformen vorantreibt und das Europas Wirtschaft wieder in Schwung bringt . . Wir sind mit unseren Reformen auf einem richtigen und sehr erfolgreichen Weg . Man kann über alles diskutieren . Ich lade Sie zu einer sachbezogenen Diskussion über diese in der Tat sehr erfolgreiche Politik ein . .
SPD
Herr Präsident ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Unsere Bürger erwarten glaubwürdige Antworten auf die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise . Gerade in der Krise hat die Politik eine besondere Verantwortung ; sie sollte keine Bühne für Showkämpfe sein , weder in Berlin noch in Brüssel . Ich halte es nicht für klug und angebracht , dass Herr Verheugen durch seine Kritik an der deutschen Finanzaufsicht gerade jetzt Öl ins Feuer gießt und mit seinen öffentlichen Äußerungen den Finanzplatz Deutschland geradezu beschädigt . Die Angriffe von Herrn Verheugen sind als sachwidrig zurückzuweisen . Deutschland war nicht Weltmeister in riskanten Bankgeschäften , und die deutsche Bankenaufsicht hat die Dinge nicht einfach laufen lassen . Ich wende mich gegen jede Geschichtsfälschung und gegen falsche Verdächtigungen . Die Wahrheit ist doch : Die Finanzkrise ist das Ergebnis von Fehlentwicklungen in vielen unterschiedlichen Bereichen , die erst in ihrem Zusammenwirken diese fatalen Folgen hatten . Ihren Ursprung nahm die Krise , wie wir wissen , in einem recht kleinen Segment für riskante Kredite am US-amerikanischen Hypothekenmarkt . Die Verwerfungen am amerikanischen Immobilienmarkt entwickelten ihre tatsächliche Brisanz und Reichweite aber erst durch das Zusammenspiel mit anderen Ereignissen , die darauf aufgebaut haben . Da war die konstruierte Niedrigzinspolitik der US-amerikanischen Zentralbank , die damit die Suche nach renditeträchtigen Anlageformen anheizte . Da war etwa die Tatsache , dass Hypothekenbanken Kreditforderungen in großem Maße überhaupt verkaufen durften . Das machte sie nachlässig dabei , die Zahlungsmoral der Schuldner zu kontrollieren . Da war der zu starke Verkauf der Kredite als Wertpapiere , durch die die Hypothekenbanken die Belastung ihrer Eigenkapitalbasis vermindern und immer mehr schnellere Kredite vergeben konnten . Da war die Ausgründung in Zweckgesellschaften und die Undurchschaubarkeit des Verbriefungssystems . Das sind die wirklichen Ereignisse ; sie müssen fachlich und fachkundig beurteilt werden , wollen wir das verbessern , was notwendig ist . Wir müssen selbstkritisch feststellen : Das alles war international nicht eingeschränkt und konnte damit von der Bankenaufsicht auch nicht korrigiert werden . Jeder konnte kaufen und verkaufen , was er wollte . Herr Kollege Wissing , ich wundere mich , dass Sie heute gleichzeitig von Regulierung und Deregulierung sprechen . Was denn nun ? Wir müssen uns schon entscheiden , wohin wir in Zukunft wollen . Wollen wir in die Richtung , die der Kollege Schick in vielleicht zu scharfer Form angesprochen hat , oder wollen wir Vernunft walten lassen , um unsere Banken am Finanzplatz Deutschland auf internationaler Ebene zu unterstützen ? Meine sehr geehrten Damen und Herren , für die Politik gilt zunächst , ein erfolgreiches Krisenmanagement zu betreiben und aus der Krise zu lernen . Vergangenheitsbewältigung allein bringt uns nicht weiter . In dieser Ausnahmesituation hat die Bundesregierung ein gutes Krisenmanagement betrieben . Tatsache ist : Die Bundesregierung hat über Nacht ein nachhaltiges Lösungskonzept im Sinne der sozialen Marktwirtschaft entwickelt und umgesetzt . Wer diese Fakten leugnet , ist entweder falsch informiert oder sorgt gezielt für politischen Flurschaden . Noch nie wurde ein deutscher EU-Kommissar von einer Bundesregierung so hart kritisiert und als sachunkundig dargestellt , wie es heute der Kollege Diller getan hat . Nun müssen wir Schritte hin zur systemischen Neustrukturierung der nationalen , aber auch der internationalen Finanz- und Bankenmärkte sowie der Finanzaufsicht gehen . Hieran müssen wir ohne Scheuklappen und Ideologie gehen . Wir müssen vernünftige Wege beschreiten . Dazu ist notwendig , dass wir , die Politik , eine neue Vertrauensbasis für den deutschen Finanzplatz herstellen . Wir dürfen keine Verdächtigungen aussprechen und wechselseitig Schuldzuweisungen vornehmen . Das ist der falsche Weg . Dafür steht für Deutschland und insbesondere für die deutsche Volkswirtschaft viel zu viel auf dem Spiel . Gerade wenn solche Diskussionen und Debatten wie jetzt angezettelt werden , müssen wir Herrn Verheugen , dem EU-Kommissar aus Deutschland , deutlich sagen : Das war eine völlig falsche Aussage . - Dafür sollte er sich entschuldigen . Noch besser wäre , wenn wir einen neuen deutschen EU-Kommissar bekämen . Herzlichen Dank .
CDU/CSU
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beitrag des Präsidenten macht deutlich, wie die Zusammenarbeit in der FDP-Fraktion ist. Hätte er dir ja auch mal sagen können, Manfred Todtenhausen.
CDU/CSU
Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Bundeskanzlerin, die Fahrverbote führen nicht nur zu Wertverlusten, zu einem Stück Enteignung und zur Einschränkung der Mobilität. Jetzt soll obendrauf ein Instrument mit viel Bürokratie zur Überwachung und zur Kontrolle der Einfuhr in Fahrverbotszonen aufgebaut werden. Die Bundesregierung hat eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vorgeschlagen. Darin ist festgehalten, dass eine Kfz-Kennzeichenerfassung per Video anlasslos und dauerhaft durchgeführt werden soll, und das für eine Ordnungswidrigkeit. Das Einfahren in eine Umweltzone kostet 20 Euro Bußgeld. Deswegen meine Frage: Halten Sie eine Videoüberwachung angesichts der massiven Kosten für Bürokratie für sinnvoll und verhältnismäßig?
FDP
Einmal mehr, aber bestimmt nicht zum letzten Mal diskutieren wir die Problematik der Fluggastdaten. Auch der Innenausschuss des Europäischen Parlaments wollte im vergangenen Dezember kurz vor der Weihnachtspause den Vorschlag der Europäischen Kommission für die Fluggastdaten-Richtlinie debattieren. Die Debatte wurde nun auf unbestimmte Zeit verschoben, da diese Richtlinie im Parlament höchst umstritten ist. Es bleibt also zu hoffen, dass die Parlamentarier mehr datenschutzrechtlichen Weitblick besitzen als die Regierungsvertreterinnen und -vertreter, die auf dem Rat der Justiz- und Innenminister im April 2012 die Richtlinie billigten. Auch wenn die Bundesregierung in dieser Frage ähnlich zerstritten ist wie bei der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, können wir davon ausgehen, dass die Speicherung von Fluggastdaten innerhalb Europas kommen wird. Pauschale Ablehnung nutzt an dieser Stelle nicht viel. Vielmehr ist es geboten, die datenschutzrechtlichen Belange so zu stärken, dass die Speicherung mit geringstmöglichen Eingriffen erfolgt. Die SPD fordert deshalb die Bundesregierung auf, unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes einige Punkte in den Beratungen zu dem Richtlinienentwurf dringend nachzuverhandeln. In dem heute hier von der SPD-Fraktion eingebrachten Antrag werden diese Punkte konkret aufgeführt. Ich möchte noch einmal betonen, dass für mich Maßstab für Art und Umfang der erhobenen Daten die API-Daten sind. § 31 a Bundespolizeigesetz beschreibt völlig ausreichend, wann welche Daten erhoben werden und vor allem, wie lange sie gespeichert werden. Es handelt sich dabei um zehn Datensätze, wie persönliche Angaben, aber auch Abflugsort und -zeit sowie Details über die Reisedokumente. Gespeichert werden diese Daten 24 Stunden, außer sie werden für Grenzkontrollen oder zur Strafverfolgung wegen illegaler Einreise benötigt. Diese Daten können ohne Weiteres auch für die Terrorismusbekämpfung oder Fälle schwerer Kriminalität anwendbar gemacht werden. Die Europäische Kommission hat nicht ausreichend begründet, warum dieser Datenbestand ungenügend sein soll. Zwar erlaubten es die API-Daten der KOM zufolge nicht, „,unbekannte‘ Verdächtige so zu identifizieren wie dies mit einer Auswertung von PNR-Daten möglich ist“ – KOM 32 endg., S. 5. Diese Aussage wird jedoch nicht näher belegt. Ich dagegen denke nicht, dass der Verwendung der API-Daten ein plausibler Grund entgegensteht. So ist auch der Bundesrat in seinem Beschluss zum Richtlinienvorschlag vom 18. März 2011 zu dieser Schlussfolgerung gekommen. Die Speicherfrist ist zu lang und sollte aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verändert werden. Sie beträgt grundsätzlich 30 Tage und soll dann noch einmal mit Verschlüsselung um fünf Jahre verlängert werden. Tatsächlich kann aber auf diese Daten unter bestimmten Voraussetzungen im Klartext zugegriffen werden. Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse der auf europäischer Ebene erfolgten Evaluierung haben ergeben, dass eine Speicherfrist von sechs Monaten zur Strafverfolgung nicht erforderlich ist. Circa 70 Prozent der Abfragen von Daten erfolgen in den ersten drei Monaten; der Anteil steigt auf 85 Prozent, wenn die Daten maximal sechs Monate alt sind. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Erfahrungen auf nationaler Ebene. In den USA, wo die Speicherung der PNR-Daten nun schon seit einigen Jahren erfolgt, gab es genau einen Fall, in dem die Überprüfung sämtlicher Passagiere zu einem Gerichtsverfahren führte. Wenn man das an den Millionen Daten misst, die seitdem abgespeichert wurden und weiterhin werden, muss man die Sinnhaftigkeit dieses Verfahrens stark bezweifeln. Da in der Richtlinie bisher nicht eindeutig erkennbar ist, wie die Übermittlung der Daten erfolgt, stellt unser Antrag klar, dass die Beantwortung individueller Anfragen der zuständigen Sicherheitsbehörden anhand des sogenannten Push-Systems zu erfolgen hat. Bei diesem hat die anfragende Behörde keinen direkten Zugriff auf die Daten. Vielmehr werden ihr diese auf Anfrage von der speichernden Behörde übermittelt. Zu Protokoll gegebene Reden Ich habe einige Punkte, die der SPD-Bundestagsfraktion wichtig sind, herausgegriffen. Die Fluggastdaten werden kommen. Fraglich ist, wie sie gestaltet werden. Eine grundsätzliche Ablehnung, so wie im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschrieben, teilen wir nicht. Dieser Antrag ist abzulehnen. Für den Antrag der SPD-Fraktion bitte ich um Zustimmung.
SPD
Ich komme gleich zum Ende.
CDU/CSU
Herr Präsident ! Meine Damen und Herren ! Zunächst möchte ich dem Kollegen Wagner ganz persönlich und ganz herzlich zu seinem Geburtstag gratulieren . Ich wünsche uns beiden weiterhin eine so gute , faire Zusammenarbeit , wie wir sie nun schon seit geraumer Zeit im Haushaltsausschuß pflegen . . Ich komme gerne seinem Geburtstagswunsch nach und trete hier für unsere Umweltpolitik in den Zeugenstand . . Ich wünsche uns beiden _ das darf ich vorweg sagen _ noch viele gemeinsame Auslandsreisen ; denn auf diesen Auslandsreisen , lieber Hans Georg , ist uns von unseren Gesprächspartnern immer wieder bescheinigt worden , wie vorbildlich unsere Umweltpolitik weltweit ist . . Ich möchte Minister Töpfer in diesem Zusammenhang ganz herzlich dafür danken , daß er _ im Gegensatz zu anderen , die über Umweltprobleme und Umweltschäden nur lamentiert und philosophiert haben _ angepackt hat und daß er schon frühzeitig erkannt hat , daß Umweltschutz keine Grenzen kennt . Er hat mit seiner Politik neue Maßstäbe für die internationale Zusammenarbeit gesetzt und hat die grenzübergreifenden Probleme angepackt und Projekte vorangetrieben . Dafür danke ich ihm an dieser Stelle sehr herzlich . Der zweite gesamtdeutsche Haushalt des Bundesumweltministers weist erneut eine ganz erfreuliche Entwicklung auf . Das Etatvolumen steigt 1992 um 11 ,9 % _ gleich 143 Millionen DM _ auf insgesamt 1 ,422 Milliarden DM . Diese Steigerungsrate liegt deutlich über der durchschnittlichen Steigerungsrate des Bundeshaushalts von 2 ,9 % . Wir haben darüber hinaus weitere 400 Millionen DM für Sofortmaßnahmen auf dem Gebiet des Umweltschutzes bereitgestellt . Ich begrüße aber auch mit großem Nachdruck , daß vor allem die Investitionen im Rahmen des Einzelplans 16 stark angestiegen sind , nämlich um 17 gleich 123 Millionen DM . Diese Zukunftsinvestitionen schaffen neue Arbeitsplätze , vor allem in den neuen Bundesländern . Insgesamt entfällt aus dem Einzelplan 16 ein Anteil von 43 % gleich 785 Millionen DM auf die neuen Bundesländer . Diese eindrucksvollen Zahlen unterstreichen , welche Bedeutung wir der Umweltpolitik beimessen . Bei viel Übereinstimmung _ jedenfalls was die Zielsetzung im groben angeht _ gibt es leider auch diesmal einige strittige Bereiche zwischen Koalition und Opposition . So haben die Sozialdemokraten bei den Haushaltsberatungen Mehrausgaben von rund 570 Millionen DM gefordert und dafür ein Deckungspotential von nur 25 Millionen DM vorgeschlagen . Natürlich gibt es einen enormen Bedarf an Umweltmaßnahmen in den neuen Bundesländern ; er geht sicher in die Zigmilliarden . Eine möglichst schnelle Umweltsanierung ist für die Schaffung attraktiver Lebensbedingungen und Investitionen notwendig . Wir alle wissen aber auch , daß das frühere SED- Regime in geradezu verbrecherischer Weise Umweltlasten verursacht hat , deren Aufarbeitung nicht kurzfristig zu gewährleisten ist . Gemeinsam sollten wir gegenüber der betroffenen Öffentlichkeit nicht leichtfertig und verantwortungslos den Eindruck erwecken , diese Erblast könne von heute auf morgen beseitigt werden , wenn man es nur wolle . Für die Maßnahmen zur Sanierung grenzüberschreitender Flüsse und zur Rettung von Nord- und Ostsee haben wir umfangreiche Mittel im Haushalt vorgesehen ; 345 Millionen DM für die Verringerung von Umweltbelastungen . Diesen Ansatz haben wir in den Beratungen auf Vorschlag der CDU/CSU einvernehmlich um 15 Millionen DM aufgestockt . Für das Chloridabkommen Rhein stehen 3 ,4 Millionen DM und für die Verminderung grenzüberschreitender Umweltbelastungen weitere 40 Millionen DM bereit . Hinzu kommen noch 40 Millionen DM Verpflichtungsermächtigungen . Für die Werra-Sanierung haben wir insgesamt , einschließlich Verpflichtungsermächtigungen , fast 80 Millionen DM vorgesehen . Auch für die Meßprogramme zur Überwachung grenzüberschreitender Flüsse sowie der Oder haben wir den Ansatz beträchtlich erhöht , ja auf nunmehr 6 Millionen DM verdoppelt . Wer hier mehr fordert , muß wissen , daß auch noch aus anderen Töpfen ganz erhebliche Summen zur Verfügung stehen . Ich weise nur auf die nennenswerten Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur hin . Wenn in diesem Zusammenhang in SPD-Anträgen wieder die altbekannte Forderung erhoben wird , der Bund möge sich an den Kosten für die Mosel- und Saarsanierung beteiligen , dann kann man das schon , lieber Herr Kollege Wagner , als kaiserliche Werft der SPD bezeichnen . Zum wiederholten Mal ist darauf hingewiesen worden , daß hier _ bei klarer Abgrenzung der Bund-Länder-Kompetenz _ vor allem das Saarland gefordert ist , die 112 Millionen DM Struktur - hilfemittel , die es vom Bund bekommt , dort zu verwenden , wo es sinnvoll ist , und nicht in teure Prestigeobjekte zu stecken , insbesondere etwa in die Ausstattung der Marktplätze in saarländischen Städten und Gemeinden , von denen man anderswo in Deutschland von Piazza Prozza und Palazzo Prozzo spricht ; so werden die im Saarland hergerichtet . . Für die SPD-Forderung , die Ausgaben für Umweltschutz im Rahmen des Gemeinschaftswerks Aufschwung Ost zu erhöhen , gilt ähnliches . Auch hier wird übersehen , daß gerade für die Sanierung der Trinkwasserversorgung Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes zur Verfügung stehen . Im übrigen haben wir bei dieser Gemeinschaftsaufgabe nicht nur 400 Millionen DM als Baransatz , sondern weitere 400 Millionen DM Verpflichtungsermächtigungen . Wir alle wissen auch , daß der Mittelabfluß im laufenden Jahr im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zurückgeblieben ist . Wir haben von 412 Millionen DM bisher nur 200 Millionen DM ausgegeben . Das heißt : Kapazitätsengpässe bestimmen schon jetzt das Abwicklungstempo . Alles in allem , meine Damen und Herren , hat der Bund bereits ganz erhebliche Mittel für Umweltschutzmaßnahmen in den neuen Ländern bereitgestellt . Allein im zweiten Halbjahr 1990 waren es 500 Millionen DM für mehr als 600 Projekte . In beiden Jahren zusammen , 1991 und 1992 , werden aus dem Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost 1 120 Projekte gefördert . Darüber hinaus kommen aus dem Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit Mittel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen , auch im Bereich des Umweltschutzes . Durch die Schaffung von Aufbau- und Sanierungsgesellschaften werden die Belegschaften von Betrieben , die von Stillegungen bedroht sind , für die dringend notwendigen Sanierungsarbeiten auf ihrem Betriebsgelände und für die Erschließung neuer Gewerbeflächen eingesetzt . Mehr als 100 000 Menschen sind durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bereits im Umweltschutz tätig . Unsere Kreditprogramme im Umweltbereich gehen inzwischen in die Milliarden . Auch hier werden in nennenswertem Umfang Infrastrukturmaßnahmen zugunsten der Umwelt finanziert . Undurchdacht sind auch die Kürzungsvorschläge der Sozialdemokraten . So wird z . B . gefordert , die Position Ausbau des Endlagers Morsleben ersatzlos zu streichen . Die Einsparung beträgt nach Meinung der SPD 22 Millionen DM . Vergessen wird bei diesem Vorschlag , daß dann auch die entsprechenden Einnahmen entfallen , so daß am Ende überhaupt keine Einsparung unter dem Strich übrig bleibt . . Aber wer das Endlager Morsleben aufgeben will , gleichzeitig Gorleben eine Absage erteilt und dann 30 ,4 Millionen DM zusätzlich fordert , um neue Standorte zur Sicherstellung und Lagerung von radioaktiven Abfällen zu erkunden , der sucht das Ziel _ ich zitiere eine bekannte Dichterin _ im Lande Nirgendwo im Reiche Nimmermehr . Dann stehen wir vor dem absoluten Nichts . Wenn nach Auffassung der SPD alle bisher genannten Standorte unbrauchbar sind , muß man sich die Frage stellen , welche Standorte denn wohl tauglicher wären und wie die SPD diesbezügliche Entscheidungen durchzusetzen gedenkt . Berechtigte Zweifel am Stehvermögen der Sozialdemokraten sind also auch in diesem Punkt angebracht . Wenn es ums Geld geht , schiebt allerdings manch einer seine Prinzipien zur Seite . Als wir im Haushaltsausschuß über die Aufhebung der qualifizierten Sperre für die 30 Millionen DM Pauschalzahlungen an das Land Niedersachsen für die geplante Nuklearentsorgung in Gorleben , Salzgitter und Wolfenbüttel zu entscheiden hatten , haben uns niedersächsische Sozialdemokraten sehr , sehr eindringlich an den bestehenden Vertrag erinnert . Wir haben die Sperre aufgehoben und stehen zu unserem Wort . Das heißt , daß auch 1992 erneut die 30 Millionen DM gezahlt werden . Wir erwarten jetzt aber , daß die niedersächsische Landesregierung endlich ihre Blockadepolitik aufgibt ; denn im Vertrag steht , daß als Gegenleistung die Standorte zu realisieren sind . . Der niedersächsische Ministerpräsident setzt sich zunehmend dem Verdacht aus , eine Art Heiratsschwindler zu sein , der erst der Braut das Jawort gibt , ihr dann das Geld abnimmt und sie schließlich sitzenläßt . Und dies , meine Damen und Herren , werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen . . Übereinstimmung gab es im Haushaltsausschuß am Ende doch noch in einem Punkt , bei dem man eigentlich wirklich keine Differenzen vermutet hätte . Für die internationale Zusammenarbeit auf den Gebieten Strahlenschutz und Reaktorsicherheit stellen wir neu 2 ,5 Millionen DM für die Aus- und Fortbildung von Personal aus osteuropäischen Kernkraftwerken zur Verfügung . Im Wege der Simulatorschulung werden Techniker im Kernkraftwerk Lubmin geschult . Die anfänglichen Widerstände der SPD gegen dieses Projekt waren vor allem deshalb unverständlich , weil Sozialdemokraten andererseits immer wieder unsere Mithilfe bei der Sanierung östlicher Kernkraftwerke fordern .MitderVerbesserungder Ausbildung des Personals wird von uns ein ganz entscheidender Beitrag zur Reaktorsicherheit in den östlichen Nachbarländern geleistet . Der Haushalt des Bundesministers für Umwelt , Naturschutz und Reaktorsicherheit setzt auch in diesem Bereich ein deutliches Zeichen für internationale Zusammenarbeit , ohne die _ ich sage es nochmals _ der Schutz unserer Umwelt nicht mehr zu gewährleisten ist . Wir von der CDU/CSU-Fraktion stimmen dem Haushalt des Bundesumweltministers gern zu . .
CDU/CSU
Herr Präsident ! Meine Damen und Herren ! Was sind die Fakten ? Da wird ein Vorzeige- und Prestigebetrieb der ehemaligen DDR , in wesentlichen Teilen unvollendet , als industrieller Kern mit Steuermitteln über mehr als vier Jahre am Leben gehalten . Da wird intensiv nach Privatisierungslösungen gesucht , in Deutschland und weltweit . Da wird klug und zäh verhandelt . Dann wird letztlich ein Investor gefunden und ein Vertrag gemacht . Dann wird in Brüssel , gegen Widerstände aus Deutschl and , Dänemark , Großbritannien und anderswoher , über Monate in Nachtsitzungen um Fördermodelle gerungen . Dann haben wir eine Lösung und glauben , das Problem sei damit beseitigt . Dann springt der Investor ab _ aus verschiedenen Gründen , maßgeblich aber aus solchen , die aus dem Widerstand gegen sein Konzept , das auch von der Bundesregierung getragen wurde , resultieren . Dann stellt man sich hin , stempelt die Bundesregierung ab und sagt , daß sie die Schuld für das Scheitern der Privatisierung von EKO trage . Dies wird , wie ich meine , in dem Wissen getan , daß es anders war . Den Menschen in der Region und der Bundesregierung ist gleichermaßen ein Tort angetan worden , und zwar , wie ich sagte , aus den verschiedensten Gründen . Ich werde das noch erläutern . Da werden Dolchstoßlegenden geschmiedet : Herr Clement gibt sich dafür her , Riva einen Masterplan zu unterstellen , nach dem er EKO vernichten und die Stahlindustrie in Deutschland , gerade in dieser Region , besonders schädigen wollte . Wie soll man das Verhalten der nordrhein-westfälischen Landesregierung begreifen , die sich in ihrer Position , was EKO angeht , immer in der Nähe der nordrhein-westfälischen Stahlindustrie bewegt hat . Und die hat aus Gründen , die wir alle nachvollziehen können , gar nichts davon gehalten , daß in Eisenhüttenstadt ein integrierter Stahlstandort entsteht oder erhalten wird . Ich verstehe das nicht . Ich halte das für unfair . Ich halte das für Polemik , die den Menschen in der Region schadet und ihre Hoffnungen zunichte macht . . Es hat im übrigen keinen Zweck , die Ursachen im Detail aufzubereiten , die dazu geführt haben , daß Riva abgesprungen ist . Die Wahrheit aber wird man schon sagen dürfen . Es gibt da eine Gemengelage ; das gebe ich zu . Ich gebe auch zu _ ich habe das sehr genau beobachtet _ , daß Herr Riva sicherlich eine Reihe von Ungeschicklichkeiten begangen hat und daß er möglicherweise _ ich weiß es nicht , aber es spricht einiges dafür _ andere betriebliche Prioritäten in Italien gesehen hat . Faktum aber ist auch _ das ist nicht etwas , was mir von Dritten vermittelt worden ist , sondern was ich in Eisenhüttenstadt selbst habe glaubhaft studieren können und im Gespräch mit den Rivas gemerkt habe _ : Die Atmosphäre der Feindschaft und Aggression , die ihm von maßgeblichen Leuten in Eisenhüttenstadt entgegengebracht worden ist , war maßgeblich mit dafür verantwortlich , daß Riva aus dem Vertrag ausgestiegen ist , daß er das H andtuch geschmissen hat . Das dürfen wir nicht vergessen machen , meine Damen und Herren . Wer hat in Eisenhüttenstadt mitgespielt ? Das sind Teile des Vorstands _ vornehmlich ein ganz bewuß- ter Herr _ , Teile des Aufsichtsrats und Teile des Betriebsrats _ das Ganze _ich habe es selbst gespürt _ in mehreren Veranstaltungen . Es war eine Atmosphäre von Ablehnung , von Skepsis und von Desavouierung . Daß es der Mann hingeschmissen hat , ist für mich kein Wunder , aber ein Unglück . Meine Damen und Herren , mit Riva wäre ein Konzept eines integrierten Stahlwerkes mit Eisen und Stahl , mit einer neuen Warmwalzstufe und dem Kaltwalzwerk verwirklicht worden . Riva als Investor _ das wird uns in der Zukunft noch beschäftigen _ wäre in der Lage gewesen , die Stillegung zu erbringen , die notwendig ist , um den Segen von Brüssel für die vielen Millionen Subventionen zu bekommen . Ich möchte von hier aus , meine Damen und Herren , mit allem Nachdruck für die Bundesregierung erklären , daß wir weiter im Interesse der Region und der Menschen an Lösungen arbeiten und daß unsere allererste Priorität nach wie vor ein integriertes Stahlwerk mit Warmwalzwerk und mit Kaltwalzwerk ist . Das hat unsere Priorität . Ich sage das ohne Wenn und Aber . Wir wünschen uns und suchen einen solchen Investor . Wenn ich in einem Nebensatz hinzufüge , daß unsere Karten nicht gut sind und die Ausgangslage schlechter geworden ist , dann stellt das in keiner Weise die Ernsthaftigkeit , mit der wir an dem interessiert sind , was ich soeben geschildert habe , in Abrede . Ich habe Zweifel , daß uns das gelingt . Aber wir werden mit Nachdruck daran arbeiten , und es hat unsere Priorität . Da es schwer wird und da auch andere das wissen , aber nicht zugeben , werden schon wieder die Stimmen laut , die am liebsten den Traum des Herrn Döring verwirklichen würden , nämlich ein Stahlwerk in Staatsbesitz möglichst auf Dauer , ein Platz für ihn und seine Mannen und die Warmwalzstufe mit Steuermitteln finanziert . So denkt m an sich das . So glaubt man etwas für die Menschen und die Region zu tun . Ich frage mich , für wen man da etwas tut . . Ich erkläre für die Bundesregierung , daß wir von staatlicher Seite bereit sind , Übergangslösungen und 19636 Deutscher Bundestag _ 12 . Wahlperiode _ 227 . Sitzung . Bonn , Mittwoch , den 18 . Mai 1994 Bundesminister Günter Rexrodt Mischformen zu finden und uns Zeit zu nehmen , um eine sinnvolle Lösung im Interesse der Menschen zu ermöglichen . Aber ich erkläre genauso , daß ein Staatsbetrieb auf Dauer , der im übrigen von nur wenigen gewollt wird , jeden Tag Verluste machend , nicht in Betracht kommen kann . Das wäre ein Verzicht auf die Umstrukturierung der Region . Das wäre für die Menschen , die dort leben , mittel- und langfristig Hoffnungslosigkeit . Wir brauchen einen Investor . Das Herangehen an die Suche des Investors soll von der Bundesregierung sehr flexibel und sehr modifiziert begleitet werden . Das ist unsere Position . Wer irgendwelche Pamphlete vorliest und der Bundesregierung unterstellen wi ll , sie habe nie ernsthaft Interesse an EKO-Stahl gehabt , der sagt wissentlich die Wahrheit . . _ Die Unwahrheit . _ Daran können Sie sich aufhängen ! Das ist ein solcher Quatsch und ein solcher Unsinn . . Die Bundesregierung hat mit der Treuhandanstalt in Brüssel und anderswo mit Nachdruck für das Konzept gekämpft . Das Konzept ist kaputtgemacht worden , zu einem Gutteil von jenen , die gegen die Bundesregierung und ihre Konzeption waren . Deshalb darf die Schuld nicht bei uns , sondern sie muß da abgegeben werden , wo sie hingehört . Aber es kommt auf die Zukunft an ; das ist das Entscheidende . Wenn dann noch gesagt wird , die Bundesregierung habe versagt , als es darum ging , ein stahlpolitisches Konzept vorzulegen , dann sage ich Ihnen : Das stahlpolitische Konzept kann begleitet werden und wird begleitet von der Bundesregierung ; es muß aber von der Industrie erarbeitet werden . . Sie ist dafür verantwortlich , daß dieses Konzept bis heute noch nicht vorliegt . Sie muß an diesem Konzept ganz konsequent arbeiten . Wenn wir es begleiten wollen , dann in dem Sinne , daß wir uns dafür einsetzen , daß die Maßnahmen zugunsten der deutschen Industrie in Brüssel nachhaltig unterstützt werden . EKO hätte aus Sicht der Bundesregierung in diesem Konzept einen guten Platz gehabt _ mit Riva . EKO wird einen Platz auch mit einem anderen Investor haben . Dafür treten wir ein , und ich sage Ihnen : wenn es ein sinnvolles Konzept ist , mit großem Nachdruck . Wir stehen zu den Menschen , und wir stehen zu dieser Region . Wir haben das in der Vergangenheit getan und werden das auch in der Zukunft tun . Sie , meine Damen und Herren , die Sie mit schnellen Schuldzuweisungen an die Adresse der Bundesregierung kommen , sollten diese Schuldzuweisungen bei Leuten abgeben , die Ihnen viel näher stehen , und nicht bei denen , die für die Menschen in dieser Region gekämpft haben . .
FDP
Herr Staatssekretär , ich habe definitive Informationen aus CDU-Kreisverbänden dahin gehend , daß in Hessen Umstrukturierungen geplant sind im Zusammenhang mit einer Änderung des Auftrages der Bundesgrenzschutzeinheiten , die verstärkt an der Ostgrenze eingesetzt werden sollen .
SPD
Ich werde Ihnen keine geschätzten Zahlen nennen , weil man das überhaupt nicht kann . Es werden etwa von der Baugewerkschaft Zahlen in der Höhe zwischen 100 000 und 500 000 genannt . Diese Zahlen kann man nicht verifizieren . Wenn man über die richtigen Zahlen verfügen würde , hätte man die Leute bereits in entsprechender Weise zur Rechenschaft ziehen können . Also , Zahlenangaben darüber sind reine Spekulation . Die Zahl ist aber groß genug , um weitere Fortschritte bei der Aufklärung anzustreben .
CDU/CSU
Herr Kollege Austermann , ich vermute nicht , daß der Kollege Blüm nachher das richtigstellen wird , was Sie hier falsch sagen . Deshalb möchte ich mein Anliegen in eine Frage kleiden : Ist es nicht richtig gewesen , daß das erste Gesetz und die dazugehörende Allgemeinverbindlichkeitserklärung eindeutig an den Arbeitgebern ge . noch : Konrad Gilges Industriegewerkschaft Bau , also die Arbeitnehmerseite , zugestimmt hat und die Bundesregierung , Herr Blüm , die Arbeitgeber mehrmals in Presseerklärungen aufgefordert hat , die Entsenderichtlinie bzw . die dazugehörende Allgemeinverbindlichkeitserklärung zu unterschreiben ? Ist es nicht so gewesen , daß es an den Arbeitgebern und nicht an den Gewerkschaften gescheitert ist ?
SPD
Frau Kollegin Gottschalck, auch dieser Vorschlag ist von uns geprüft und für gut befunden worden. Sie wissen, dass es an einigen Autobahnabfahrten bereits jetzt Schilder gibt, die auf bestimmte Kraftstoffarten hinweisen. Auch für alternative Kraftstoffe wird es das geben, sofern es eines Tages dieses engmaschig geknüpfte Netz gibt.
Das können wir einmal probieren. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man heute auf unser Land schaut, dann muss man zugeben, dass es wahrscheinlich kein einziges Land auf der Welt gibt, in dem es den Menschen im Schnitt so gut geht wie bei uns in Deutschland. Dies hat etwas mit einer großen Gesamtleistung von fleißigen Bürgerinnen und Bürgern, von Unternehmern, die risikofreudig sind und investieren, und einer guten Politik zu tun. Es mag ja sein, Herr Kollege Oppermann, dass nicht alles hundertprozentig gelungen ist. Aber ich kann nur sagen: Ich bin stolz auf das, was wir in diesen vier Jahren in dieser Regierung für unser Land geleistet haben. Jetzt kann ich eine Erfahrung anführen, die ich schon mit meinem Freund Peter Struck besprochen habe und über die er in seinem Buch berichtet hat: Wenn man miteinander in einer Regierung ist, dann muss man sich zu dieser Regierung bekennen. Auf jeden Fall wird es nicht gelingen – das werden wir am 24. September sehen –, gleichzeitig Regierung und Opposition zu sein. Dies funktioniert nicht. Peter Struck hat in seinem Buch auch bestätigt, dass dies ein Fehler gewesen sei. Und der wird jetzt wiederholt. Bei dem, was wir in den nächsten vier Jahren vorhaben, sind ein paar Projekte von besonderer Bedeutung. Eines – das zentrale überhaupt – heißt: Wir müssen unsere Wirtschaft darin unterstützen, dass sie wachsen kann und vorankommt. Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren. Was eine funktionierende Wirtschaft bedeutet, hat der Kollege Oppermann – allerdings erst auf Nachfrage aus der Fraktion Die Linke – erklärt. Ich kann nur den Kopf darüber schütteln, wie dort das eine oder andere diskutiert wird, zum Beispiel die Rente. Wir haben in der letzten Großen Koalition auf Vorschlag von Franz Müntefering ein Rentenkonzept bis zum Jahr 2030 entwickelt. Dass die SPD jetzt nicht immer dazu stehen will, wundert mich nicht; denn sie will sich von allem verabschieden, was sie einmal gemacht hat, auch von den Dingen, die richtig waren, was selten genug der Fall ist. Aber selbst von denen will sie sich verabschieden. Jetzt muss ich sagen: Ja, es ist ja richtig: Als Angela Merkel zum ersten Mal Bundeskanzlerin geworden ist, hat sie 5 Millionen Arbeitslose im Gepäck gehabt, die sie geerbt hat. Heute sehen die Zahlen ganz anders aus. Das Ergebnis sieht man: Dass 44 Millionen Menschen beschäftigt sind und in die Sozialkassen einzahlen, führt dazu, dass wir eine Situation in unseren Sozialversicherungssystemen haben, wie wir sie schon lange nicht mehr hatten. Auch dies ist ein gutes Ergebnis unserer Regierung. Klar ist auch: Je mehr Menschen in Arbeit sind und Beiträge zahlen, desto stabiler ist das Rentenversicherungssystem, und damit werden auch die 48 Prozent gehalten. Alles andere ist Quatsch. In der Zeit der rot-grünen Regierung mit 5 Millionen Arbeitslosen wäre ein Rentenniveau von 48 Prozent nicht einmal mit einem Milliardenaufwand möglich gewesen. Deswegen: Sorgen wir für eine gute wirtschaftliche Situation! Dann sind die Renten- und auch die Sozialversicherungssysteme in Ordnung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dass man den Mut hat, hier aufzutreten, und den eigenen Kanzlerkandidaten im Regen stehen lässt, das ist wohl typisch sozialdemokratisch. Ich will darauf hinweisen: Es ist absolut nicht in Ordnung, Thomas Oppermann, sich hierhinzustellen und zu sagen: Die CDU/CSU will aufrüsten. Das ist absolut nicht in Ordnung. Ich zitiere Martin Schulz im Phoenix-Interview: Die Experten sagen mir: Zwischen 3 und 5 Milliarden braucht die Bundeswehr jährlich mehr. Ja, unbedingt; sollten wir tun. Sich dann hierhinzustellen und etwas anderes zu sagen, ist schäbig, um das einmal so offen zu formulieren. Es bleibt dabei, dass wir mit dieser Regierung unter Angela Merkel dem Land einen guten Dienst erwiesen haben, vor allem deshalb, weil wir neue Chancen und neue Möglichkeiten für die nächste Regierung und auch für die junge Generation geschaffen haben. Es ist erstaunlich – eigentlich ist es das nicht –, dass die SPD darüber nicht spricht. Aber wahrscheinlich eine der größten Leistungen dieser Koalition – nicht nur der Regierung – ist, dass wir dreimal hintereinander einen Haushalt ohne neue Schulden geschafft haben. Nein, es ist bereits das vierte Mal hintereinander. Nun sind wir beim fünften Haushalt. Dass wir keine neuen Schulden gemacht haben, und dies, ohne die Steuern zu erhöhen, das ist eine großartige Leistung. Das ist etwas, was wirklich generationengerecht ist. Es ist auch die Wahrheit: Als wir einen Haushaltsüberschuss nicht für die Rücklage, sondern zur Reduzierung der Schulden nehmen wollten, hat die SPD nicht mitgemacht, sondern gesagt: Wir wollen nicht die Schulden senken, sondern geben das Geld lieber aus. – Das ist so typisch: Anstatt die Schulden zu senken, Geld ausgeben, obwohl wir in diesem Land genügend investieren. Die Rede des Kollegen Oppermann habe ich in vielen Punkten so verstanden, als ob der Bund mehr und mehr Aufgaben der Länder übernehmen sollte und die Länder damit abgeschafft werden sollten. Ich kann nur sagen: Bildungspolitik ist zunächst einmal Aufgabe der Länder. Dort, wo die Union regiert, läuft es wesentlich besser als dort, wo ihr regiert. – Auf der Regierungsbank, Frau Nahles, hat man ruhig zu sein. Sie können sich ja ins Plenum setzen. Aber auf der Regierungsbank ist man zunächst einmal friedlich. Es ist doch bezeichnend, dass die SPD-Bundestagsfraktion und insbesondere der Kollege Oppermann mehrfach gesagt haben: Wir brauchen ein Programm zur Sanierung von Schulen und für finanziell notleidende Städte, vor allem wegen Nordrhein-Westfalen. – Dort habt ihr viele Jahrzehnte regiert. Das Ergebnis kann man besichtigen. Gott sei Dank hat sich das in diesem Jahr geändert. Im Übrigen haben wir überhaupt nichts gegen eine verstärkte Zusammenarbeit. Wir haben das Grundgesetz geändert, um zusammenarbeiten zu können. Wir haben auch gesagt: Wir wollen einen Bildungspakt mit Ländern und Kommunen, um zu helfen, dass Schulen an das Internet angeschlossen werden. Aber wir haben immer gesagt, dass die Verantwortung für das, was in der Schule geschieht, bei den Ländern verbleiben muss. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Doch nur weil man im SPD-regierten Bremen so miserable Ergebnisse bei der Bildungspolitik hat, muss man nicht für einheitliche Standards in ganz Deutschland plädieren. Man sollte nur nicht, wenn man in Bremen Kinder in der Schule hat, den Versuch unternehmen, mit denen nach Sachsen umzuziehen; denn die Bremer haben selber gesagt, sie seien beim Abitur eineinhalb Jahre zurück. Daran muss man schon auch in den Ländern etwas ändern. Es muss dabei bleiben, dass Verantwortung und Kompetenzen zusammengehören. Es geht auf gar keinen Fall, Kompetenzen für sich zu beanspruchen und sich dann, wenn es schiefgeht, Geld beim Bund abholen zu wollen. So funktionieren die Dinge wirklich nicht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Land auch in den nächsten vier Jahren in eine gute Zukunft führen können. Aber manche aufgeregte Diskussion darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es mit Risiken in der Außenpolitik zu tun haben. Wenn wir uns Amerika oder Nordkorea anschauen, wenn wir die Art und Weise, wie Putin Politik macht – nicht nur in der Ukraine, sondern auch in anderen Bereichen –, anschauen, dann müssen wir feststellen: Man muss sich wirklich Sorgen machen. Da kann ich nur sagen: Es kommt darauf an, dass man mit Ruhe, klarer Einsicht, Kompetenz und auch Mut an die Sachen herangeht. Jetzt kann ich nur sagen: Die oberste aller Tugenden ist die Klugheit und nicht das politische Rabaukentum. Wenn ich so sehe, wie sich die Positionen im Wahlkampf verändern, dann kann ich nur dringend davor warnen, wegen einer Wahl Positionen über Bord zu werfen, die man noch vor vier Tagen, nämlich bis zum letzten Freitag, für richtig erkannt hat. Wenn ich mir das alles anschaue – so sehen es auch viele Menschen in unserem Land –, bin ich mir ganz sicher, dass gerade die schwierigen außenpolitischen Aufgaben nirgendwo besser aufgehoben sind als bei Angela Merkel. Der Bundestagspräsident hat gemahnt, dass wir uns gemeinsam für die Demokratie einsetzen, auch über den Wahlkampf hinaus; das ist richtig. Deswegen teile ich alles, was hier zur AfD gesagt wurde. Aber man muss sagen: Es gibt auch Gefahren von anderer Seite. Es hat mich schon sehr gestört, dass das Thema eines zunehmend gewaltbereiten Linksextremismus hier überhaupt noch nie angesprochen worden ist. Das, was in Hamburg geschehen ist, hat mit rechts weniger zu tun als mit links. Ich rate dringend, Kollege Oppermann und auch Kollegen von den Grünen, auf keinem Auge blind zu sein. Extremismus, der unsere Gesellschaft gefährdet, ob von links oder von rechts, muss beiderseits bekämpft werden. Wenn wir dies schaffen – wir sind dazu bereit –, dann tun wir unserem Land einen großen Dienst.
CDU/CSU
Herr Minister , im Vorfeld der Auseinandersetzung um die Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes wurden im Hinblick auf die Frauenförderung durch die Betriebsverfassung sehr kritische Stimmen laut . Wie sehen Ihre konkreten Überlegungen und Pläne aus , Gleichstellungspolitik auch in der Betriebsverfassung zu verankern , um den Frauen damit eine Chance zu geben , ihren Platz in der Gesellschaft und im Beruf zu finden ?
SPD
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich weise ebenso wie mein Kollege aus dem Bundesinnenministerium darauf hin, dass wir diese Frage bereits heute Vormittag im Ausschuss ausführlich behandelt haben. Gerne beantworte ich die Frage des Kollegen wie folgt: Dem Bundesamt für Justiz, welches die Aufgaben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz nach § 74 Absatz 1 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen aufgrund des Übertragungserlasses vom 2. Januar 2007 wahrnimmt, und dem Auswärtigen Amt lag zum Zeitpunkt der Entscheidung über das ägyptische Fahndungsersuchen gegen Herrn Mansur eine E-Mail von Interpol vom 20. Oktober 2014 vor, in der Interpol mitteilte, das Fahndungsersuchen verstoße gegen Artikel 3 der Interpol-Statuten und werde deswegen nicht durch Interpol veröffentlicht. Das Auswärtige Amt hat bei der Prüfung, ob das gegen den Verfolgten in Ägypten geführte Strafverfahren politisch motiviert ist, keine entsprechenden Erkenntnisse gewinnen können, zumal sich weder aus dem Fahndungsersuchen selbst noch aus der Interpol-Warnung klar ergab, dass es sich bei dem Verfolgten um einen Journalisten handelt. Es lagen keinerlei Informationen darüber vor, dass der Verfolgte der Muslimbrüderschaft nahesteht. Auch der Tatvorwurf des nationalen ägyptischen Haftbefehls, die rechtswidrige Gefangennahme und Folterung eines Rechtsanwalts, ließ für sich genommen nicht den Schluss auf eine politische Verfolgung zu. Auch dem Bundesamt für Justiz lagen keine derartigen Anhaltspunkte oder weitere Informationen vor, die einen zulässigen Rückschluss auf eine politische Straftat nach § 6 IRG und damit zur Unzulässigkeit der Auslieferung zugelassen hätten.
Herr Kollege Özdemir , wenn sich jemand 20 Jahre in Deutschland aufhält und im Berufsleben integriert ist , wenn er hier seinen Lebensmittelpunkt hat , . dann halte ich es für selbstverständlich , dass er wenigstens so weit Deutsch kann , dass er sich mit seinen Nachbarn verständigen kann und sich nicht selbst dadurch ausschließt , dass er die Sprache des Landes , in dem er seit 20 Jahren lebt , nicht beherrscht . .
CDU/CSU
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am Mittwoch, also vorgestern, war Weltwassertag, ein Tag, der uns daran erinnern soll – und erinnert hat –, dass als sechstes Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen angestrebt wird, dass alle Menschen auf der Welt sauberes Trinkwasser haben. Das ist eine gigantische Aufgabe. Wenn man sich die Zahlen anschaut, weiß man, wie schlimm es darum bestellt ist. Eine solche Aufgabe kann man nur international, in Kooperation, lösen. Ich will das große Projekt der Bundesregierung zum Wasserressourcenmanagement in Jordanien als Beispiel nennen. Es handelt sich um eine Region mit sehr wenig Wasser und großen Problemen. In diesem Projekt arbeiten jordanische, deutsche, palästinensische und israelische Wissenschaftler, Wirtschaftsvertreter, NGO-Vertreter und Behördenvertreter zusammen. Dort geht es auch um Brücken zwischen Ländern und Menschen, die sonst kaum miteinander reden. Ich bleibe beim Thema Wasser. Wir haben in Deutschland zu diesem Thema eine hohe Expertise, Frau Hein, weil wir seit Jahren Grundlagenforschung betreiben. Unsere Expertise ist gefragt. Wasserprojekte gibt es in Israel, Indien, Afrika und China. Das heißt, die Lösung der globalen Probleme gehen wir an. Wer kommt denn auf die Idee, zu sagen, wir machen keine Grundlagenforschung? Genau das machen wir. Wir machen aber nicht nur Grundlagenforschung. Vielmehr versuchen wir auch, direkt die Lebensbedingungen der Menschen in den jeweiligen Regionen positiv zu beeinflussen, zum Beispiel mit den beiden Klimainitiativen SASSCAL im südlichen Afrika und WASCAL im westlichen Afrika, dem Forschungsnetzwerk zu Gesundheitsinnovationen in Afrika, oder der PRIMA-Initiative, bei der es um den Mittelmeerraum geht. In diesem Bereich gehören wir zu den Ländern, die sich weltweit am stärksten engagieren. – Danke schön, Herr Rossmann. Frau Hein, Sie haben die Formulierung gewählt: Fusionsforschung kostet viel Geld. – Dazu kann ich nur sagen: Das ist ein Egoismus sondergleichen. Da wird mir schlecht. Natürlich kommen wir in Deutschland damit aus, unsere Energie aus Kohle – und was weiß ich nicht noch – zu beziehen, und das auch noch in 30 Jahren. Aber das gilt nicht für die Megacitys der Welt. Wir müssen dort forschen. Die Länder können es zum Teil nicht. Aber gerade deswegen ist das international und nicht egoistisch. Es ist genau das Gegenteil von egoistisch.
CDU/CSU
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Vorab: Herr Minister, Sie haben CETA angesprochen. Ich werde mich jetzt nicht inhaltlich zum Freihandelsabkommen äußern. Aber eines weiß ich: Wenn diejenigen, die in Deutschland produzieren und Handel betreiben – also Industrie und Handel –, sich frühzeitig an die Gewerkschaften gewandt hätten und einen interessierten Ausgleich mit den gewerkschaftlichen Vertretern gefunden hätten, dann hätten wir heute deutlich weniger Probleme mit CETA, als wir es zurzeit haben. Ich muss ganz ehrlich sagen: Da haben die entsprechenden Wirtschaftsverbände einfach nicht ordentlich gearbeitet. Eine weitere Randbemerkung. Wir sind uns, Herr Minister, sehr einig: Export ergibt dann einen Sinn, wenn reale Wertschöpfung stattfindet. Export um des Exports willen, bei dem man Verluste in Kauf nimmt, ergibt keinen Sinn. Ich glaube, auch das muss man nüchtern zur Kenntnis nehmen. Wir alle wissen: Rauchen ist schädlich. Mit der Umsetzung der EU-Tabakrichtlinie im nationalen Tabakerzeugnisgesetz sind wir im Frühjahr den richtigen Weg gegangen. Warnungen der Tabakindustrie, die Umstellung auf die neuen Verpackungen wäre nicht realisierbar, haben sich im blauen Dunst aufgelöst. Natürlich war die Umstellung mit unserer modernen deutschen Technik möglich. Internationale Tabakkonzerne wollten uns ihren Zeitplan und ihre Marktbedingungen aufzwingen. Darauf haben wir uns nicht eingelassen. Richtig und konsequent so. Glückwunsch ans Haus und ans Ministerium! In einem zweiten Schritt wollten wir die Zusatzstoffe definieren und Außenwerbung verbieten. Hierfür hat Bundesminister Schmidt mit einem guten Gesetzentwurf alle Voraussetzungen geschaffen. Dieser Gesetzentwurf wurde vor Eintritt in die parlamentarischen Beratungen aufgehalten. Interessant, dass der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Volker Kauder, den CSU-Minister Christian Schmidt ausbremst. Sonst kennen wir das nur umgekehrt. Mit einem parlamentarischen Tritt in den Pöter des Bundesministers Schmidt hat Volker Kauder die Interessen der internationalen Tabakwirtschaft gerettet. Ich finde es bedauerlich. Herr Bundesminister, Sie haben so einen guten Gesetzentwurf vorgelegt. Lassen Sie uns daran festhalten und ihn durchbringen, und lassen Sie sich nicht von Herrn Kauder aufhalten. Mein Thema: Smart Farming. Herr Bundesminister, Sie haben angesprochen, dass wir der Landwirtschaft mit Fördermitteln helfen wollen. Ich glaube, eine nach hinten gerichtete Förderung, bei der man versucht, mithilfe von Geldmitteln Probleme aufzuhalten oder zu heilen, wird auf Dauer keine Zukunft haben. Wir haben aber sehr wohl eine Zukunft. Sie liegt darin, dass wir das, was wir im Landbau machen, mit dem verknüpfen, was wir technologisch und mithilfe des Internets leisten können. Ich hatte jetzt bei mir zu Hause viele Veranstaltungen, viele davon mit Landwirten. Sie waren gut für mich. Was ich für mich erkennen konnte, war Skepsis bei den älteren Landwirten – wie auch immer sie entstanden ist – und sehr große Bereitwilligkeit bei den jungen Landwirten, sich mit einer modernen, zukunftsorientierten Landwirtschaft verbunden mit IT-Unterstützung auseinanderzusetzen. Und sie haben dabei keine Hemmschwellen. Sie finden es total spannend, was man mit moderner IT anstellen kann. Deswegen meine dringende Aufforderung: Helfen Sie unserer Landwirtschaft, indem Sie unseren jungen Bauern helfen, ihren Weg zu gehen; denn sie sind die Zukunft und nicht die älteren Eigentümer der Höfe. Der digitale Kuhstall und satellitengesteuerte Traktoren sind keine Zukunftsmusik, sondern real. Diesen Weg werden wir weiter beschreiten müssen. Das ist die Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie und unserer Wirtschaft. Wir haben ein Positionspapier zu den Chancen des Smart Farming vorgelegt. Ich habe es eben schon erwähnt: Bei den jungen Menschen haben wir damit Erfolg und erreichen, dass sie Zutrauen haben. Ich will Ihnen ein Argument nennen, das gerade die jungen Landwirte sehr intensiv aufgenommen haben. Unsere Landwirtschaft steht meiner Meinung nach häufig zu Unrecht unter Druck. Wenn man aus einer Region kommt, die wie meine Region sehr ländlich geprägt ist und in der eindeutig sehr viel Gülle hergestellt wird – das ist noch sehr vorsichtig ausgedrückt, man könnte das auch noch ganz anders formulieren –, dann weiß man: Der Druck ist noch viel höher. Man fragt sich: Welche Chance hat eigentlich die Landwirtschaft bei mir zu Hause, nachzuweisen, dass sie für die Nitratwerte nicht verantwortlich ist? Zurzeit keine. Aber wenn wir IT-unterstützt eine solide und ordentliche Hoftorbilanz erstellen, dann haben wir alle Möglichkeiten, Ross und Reiter zu benennen, im Guten wie im Bösen. Dann muss man bekennen, und Bekennen – das ist ganz wichtig – schafft Vertrauen in der Politik. Das wissen Sie alle. Wir wollen unsere globalen Player vor Ort halten. Das betrifft die gesamte Landmaschinentechnologie; ich habe den Zusammenhang bereits erläutert. Jetzt möchte ich ein paar Punkte nennen, die wir unbedingt umsetzen müssen. Wir müssen eine Verknüpfung herstellen zwischen industrieller Landwirtschaft und den dazugehörigen Landmaschinenherstellern. Dazu brauchen wir Professorenstellen an den Universitäten. Ich würde mich freuen, wenn das Landwirtschaftsministerium Ähnliches unterstützen würde. Wir können aber auch noch etwas ganz anderes machen. An Standorten, an denen die Verknüpfung von Landmaschinentechnologie und intensiver Landwirtschaft stattfindet, kann man Institute wie das Fraunhofer-Institut fragen: Habt ihr nicht Interesse, uns mit zukunftsorientierter Anwendungstechnik vor Ort zu helfen? Ich weiß, Herr Bundesminister, das ist nicht Ihr Ressort, aber ich glaube, Sie haben genügend Einfluss, um das entsprechende Ressort in Bewegung zu setzen. Ich würde mich freuen, wenn von diesem Hause aus das klare Signal ausgeht: Wir geben der deutschen Landwirtschaft und den jungen Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft eine Chance, und zwar nicht, indem wir ihre Verluste im Nachhinein versuchen zu glätten, sondern indem wir eine Technologie und eine Landwirtschaft schaffen, in die die Menschen in unserem Land zu Recht wieder Vertrauen haben. Danke schön.
SPD
Frau Staatsministerin, zu Ihrer Beantwortung der Frage meiner Kollegin habe ich eine Nachfrage: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu der Anzahl von im Auslandseinsatz privater Unternehmen getöteten ehemaligen Bundeswehrangehörigen? Wenn Sie heute keine Zahl nennen können, dann bitte ich Sie, sie schriftlich nachzureichen.
PDS/LINKE
Das ist ja mal etwas. Das ist nicht immer so.
CDU/CSU
Das kommt jetzt. – Sie wissen genau, dass das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie wichtig ist, um Frauen in diesem Bereich in Führungspositionen zu bringen. Wie wollen Sie das organisieren? Sie wissen, dass gerade in diesem Bereich viele Frauen engagiert sind. Können Sie uns zusagen, dass die bisher bestehende Zielvereinbarung bestehen bleibt, um diesen frauenpolitischen Aspekt zu realisieren?
SPD
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Verkehrsetat ist mit Investitionsmitteln in Höhe von über 12 Milliarden Euro der größte Batzen, mit dem der Bund die Zukunft des Landes festlegt bzw. betoniert. Deshalb ist es ganz besonders wichtig, dass man sich anschaut, welche Weichenstellungen vorgenommen werden; denn sie betreffen nicht nur unsere Generation, sondern auch die nächsten Generationen. Wir haben uns einmal angeschaut, was eigentlich seit der Klimaschutzkonferenz in Rio vor 22 Jahren geschehen ist. Damals hat die Weltgemeinschaft festgestellt, dass der Ausstoß von CO2 ein wesentliches Problem für die Zukunft ist. Ich erwähne diesen Zeitraum, weil der Verkehrssektor ein wesentlicher Treiber des Klimawandels ist. Wenn wir die letzten 20 Jahre betrachten, dann zeigt sich, dass alle acht Verkehrsminister dafür gesorgt haben, dass es hierzulande mehr Autobahnen und weniger Eisenbahnen gibt – ob sie Wissmann, Müntefering, Klimmt, Bodewig, Stolpe, Tiefensee oder Ramsauer heißen. Konkret bedeutet das, dass seit 1993 2 000 Kilometer zusätzliche Autobahnstrecken in diesem Land gebaut worden sind. Das ist eine gigantische Größe, wenn man bedenkt, dass das Land auch 1993 schon voll industrialisiert, voll funktionsfähig war. Hinzu kommt, dass in derselben Zeit das Schienennetz hierzulande um 7 000 Kilometer abgebaut worden ist. Das ist eindeutig eine falsche und zerstörerische Richtung. Denn wer es ernst meint mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit, mit der Stärkung der Schiene, der muss diesen Trend endlich umkehren; mit jedem neuen Verkehrshaushalt können Sie darüber entscheiden. Unter diesem Aspekt muss man den vorgelegten Verkehrshaushalt ablehnen. Denn auch in diesem Jahr sollen wieder rund 5 Milliarden Euro in die Straße, aber nur 4 Milliarden Euro in die Schiene investiert werden. Das ist die falsche Gewichtung. Es ist gar nicht so schwer, dieses Verhältnis umzukehren. Es gibt dafür ausgezeichnete Vorarbeiten. Ich möchte Ihnen eine dicke Broschüre empfehlen. Sie ist im Dezember letzten Jahres von dem Bundesnetzwerk „Verkehr mit Sinn“ vorgelegt worden. In diesem Rahmen haben sich 140 Bürgerinitiativen zusammengeschlossen und mit Unterstützung des BUND, des NABU und des VCD eine Alternativen- und Streichliste im Hinblick auf den Bundesverkehrswegeplan vorgelegt. Das ist eine wirklich fundierte Arbeit geworden. Ich wünsche mir, dass wir solche Vorlagen auch einmal aus dem zuständigen Ministerium bekommen. In dieser Liste werden – gut begründet – 61 Vorhaben zum Neu- und Ausbau von Bundesstraßen und Bundesautobahnen in der ganzen Republik zur Streichung vorgeschlagen. Zu jedem einzelnen Projekt können Sie nachlesen, warum es verzichtbar ist, ebenso im Einzelnen die Kritikpunkte und die möglichen Alternativen, vor allem aber, wie hoch die sinnvollen Einsparungen sind, die darin stecken. Das Ergebnis: Mehr als 20 Milliarden Euro können in den nächsten vier Jahren gespart werden – ohne Weiteres –, wenn diese unnötigen und überdimensionierten neuen Straßenbauprojekte nicht verwirklicht werden. Sie könnten diese 5 Milliarden Euro stattdessen komplett einsetzen, um die maroden Gleisanlagen, Schleusen und Straßenbrücken zu renovieren. Das wäre nachhaltige Verkehrspolitik, die wir unterstützen. Damit aber nicht genug: Es geht uns überall darum, dass das Steuergeld so eingesetzt wird, dass der Nutzen für die Allgemeinheit möglichst groß ist. Das gilt auch für die Bahn. Wir wollen nicht, dass Unsummen für fragwürdige Großprojekte ausgegeben werden, während viele nützliche kleine Projekte auf der Strecke bleiben. Nach wie vor stehen viele Lückenschlüsse aus. Es gibt ein Paradebeispiel für diese Art von Fehlinvestitionen, wie sie auch bei der Bahn vorkommt: Stuttgart 21. Ursprünglich sollte Stuttgart 21 der große Wurf der Bahn des 21. Jahrhunderts werden. Angeblich ging es um eine große europäische Magistrale. Irgendwann hing sogar die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland daran. Aber der Lack ist längst ab. Es sind zwei Studien vorgelegt worden, die von der Bahn bezahlt wurden; sie sind sozusagen Auftragsarbeiten, die 20 Jahre Bahnreform resümieren und die ganze Geschäftspolitik und alles andere in schillernden Farben loben. Aber – das ist bemerkenswert –: Stuttgart 21, das auch 20. Geburtstag feiert, kommt nirgendwo vor. Mit keinem Wort wird es erwähnt, und das aus gutem Grund. Es soll offenbar einfach vergessen werden. Es hat keinen wirtschaftlichen Nutzen, und es hat schon gar keinen gesellschaftlichen Nutzen. Keiner der Projektpartner will inzwischen noch den Kopf dafür hinhalten. Aber: Es ist noch möglich, mit einem Bruchteil der Summe, die da verbuddelt werden soll, eine vernünftige Alternative zu bauen. Ich fordere Sie auf, Herr Minister Dobrindt: Sperren Sie die Haushaltsmittel für Stuttgart 21, und machen Sie den Weg frei für eine bessere und weitaus billigere Lösung! Wir wollen, dass die Bahn endlich flächendeckend ausgebaut wird und alle Bahnhöfe barrierefrei werden – dafür bräuchten Sie nur einen Bruchteil dieser Summe –, wir wollen bessere und mehr Fahrradwege, wir wollen Stadtumbauprogramme, und wir wollen, dass diejenigen unterstützt werden, die umweltfreundlich unterwegs sind. Dafür will die Linke nicht einfach mehr Geld ausgeben. Wir haben nicht nur ein gerechtigkeitsliebendes Steuerkonzept für mehr Einnahmen, sondern wir haben auch sehr gute Sparvorschläge – für den Verkehrshaushalt allemal. Danke.
PDS/LINKE
Ich verstehe die Einschätzung , die Sie mir als Person zukommen lassen . Dafür bedanke ich mich . Gleichwohl ist es nicht richtig zitiert . Vor diesem Hintergrund ist es mir wert , dass Sie jetzt tatsächlich etwas mehr Redezeit bekommen . Wir haben immer gesagt : Wir setzen auf das freiwillige Miteinander . Wir geben überhaupt keine Regelungen vor , wie man das machen kann . Wir sagen lediglich : Es darf nicht sein , dass wir in Deutschland bis zu 5 Millionen Passivraucher haben , die sich deswegen dem Tabakkonsum der anderen aussetzen müssen , weil man sich eben nicht einigen kann . Nur für diese Fälle möchten wir , dass gegebenenfalls Rechtsklarheit herrscht . Aber das ist das allerletzte Mittel , das wir einsetzen wollen . Wir setzen auf die Freiwilligkeit . Das hatte ich deutlich gesagt .
CDU/CSU
Das muss nicht unbedingt sein.
FDP
Ich hatte in der Tat nach allen Teilnehmern gefragt. Allerdings hatte ich ganz dezidiert nur nach den Gesprächen im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag gefragt, der im Gefolge des Gesetzes ausgehandelt wurde, mit dem die Empfehlungen der KFK umgesetzt wurden. Ich nehme an, so viele Gespräche wird es dazu nicht gegeben haben. Herr Dr. Schäuble jedenfalls war bei dem Gespräch, das Sie eben genannt haben, dabei. Ich nehme an, dass er auch bei anderen Gesprächen, die in diesem Zusammenhang stattfanden, dabei war. Meine erste Nachfrage bezieht sich auf die Klage gegen die Brennelementesteuer oder Kernbrennstoffsteuer, wie die Koalition sie bezeichnet. Es gab einen klaren Auftrag des Parlaments, in den Verhandlungen über diesen Vertrag dafür zu sorgen, dass die Klage gegen diese Steuer ebenso wie die in Washington anhängige Klage zurückgezogen werden, also die beiden finanzrelevanten Klagen der EVUs, deren Rückzug bis dato nicht angekündigt ist. Meines Wissens hat auch das Finanzministerium in Gestalt von Herrn Dr. Schäuble den starken Wunsch geäußert, dass die Klage gegen die Brennelementesteuer zurückgezogen wird. Meine Frage lautet: Warum hat die Bundesregierung vorletzte Woche trotzdem, ohne entsprechende Zusage der EVUs, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen, also entgegen dem expliziten Wunsch des Bundestages und entgegen dem Wunsch des Finanzministeriums?
GRUENE
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Oscar Wilde hat gesagt, allem könne er widerstehen, nur der Versuchung nicht. Was uns vielleicht zum Schmunzeln bringt, ist für viele Menschen leider schmerzhafte Realität: Sie können einer Versuchung nicht widerstehen; sie sind süchtig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Eigenverantwortung allein hilft an dieser Stelle nicht weiter. Mit unserem Antrag wollen wir nicht das Glücksspiel verbieten. Mit unserem Antrag wollen wir nicht das prosaische letzte bisschen Freiheit, das so oft beschworen wird, eingrenzen. Nein, es geht uns ausschließlich darum, süchtigen Menschen zu helfen; denn Sucht ist nicht Freiheit; Sucht ist das Gegenteil. Ich möchte auf einen anderen Aspekt hinweisen. Mit dem Entwurf eines neuen Glücksspielstaatsvertrags sind vor einigen Wochen negative Fakten geschaffen worden, etwa durch die Aufgabe des Sportwettenmonopols. Warum negativ? Mit dem Glücksspielmonopol wurde bisher nicht nur die Prävention sichergestellt; das Glücksspielmonopol hat auch – das gehört dazu – massiv zur Förderung und Finanzierung des Breitensports beigetragen, weil die staatliche Lotterie eine Konzessionsabgabe von 16 2/3 Prozent des Einsatzes gezahlt hat, die dem Breitensport insgesamt zugeflossen ist. So kamen durch Lotto und Oddset jedes Jahr 500 Millionen Euro für den Breitensport zusammen. Mit diesem Geld wurde mehr gemacht, als Torpfosten einzugraben und Tischtennisplatten aufzustellen. Mit diesem Geld wurden Jugendarbeit und ehrenamtliches Engagement gefördert. In diesem Bereich wird es durch die Aufgabe des Monopols extreme Einschnitte geben. Denn es gibt erhebliche Zweifel, ob eine 5-prozentige Abgabe auf Wetteinsätze, die von 20 bisher rein potenziellen Konzessionsnehmern gezahlt werden soll, den Wegfall der bisherigen Einnahmen aus der Zweckabgabe im Rahmen des Wettmonopols ausgleichen wird. Selbst der Deutsche Olympische Sportbund, seit langem ein Verfechter der Marktöffnung im Sportwettenbereich, hat die Erwartungen hinsichtlich eines potenziellen Geldsegens mittlerweile zurückgeschraubt, wie wir in der gestrigen Sportausschusssitzung erfahren haben. Von den oft vom DOSB veranschlagten 80 Millionen Euro für den Sport ist nur noch eine vage Option auf ein Drittel der Abgaben für den Sport übrig geblieben, was im Staatsvertrag allerdings nirgendwo festgehalten ist. Es bleibt offen, was das in Euro und Cent für den Breitensport bedeutet. Das bedeutet: Nur wenn einerseits das Volumen des Glücksspielmarktes an sich steigt und andererseits mehr Menschen als bisher spielen und mehr Geld als bisher verspielen, wird der Breitensport annähernd die gleiche Förderung wie bisher erhalten. Das aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, würde zu einer erhöhten Zahl der Spielsüchtigen führen. Das ist kein Schreckgespenst; das sind Fakten: In Großbritannien ist die Zahl der Spielsüchtigen in den ersten drei Jahren der Kommerzialisierung des Glücksspielmarktes um 50 Prozent gestiegen. Es kann von uns nicht gewollt sein, eine dahin gehende Liberalisierung durchzuführen. Die Ausrede, dieser Staatsvertrag sei Angelegenheit der Länder, lassen wir einfach nicht gelten. An anderer Stelle sind Sie auch nicht so zurückhaltend und versuchen vielmehr, auf die Länder einzuwirken. Insofern möchte ich Sie noch einmal bitten, auf der einen Seite die Spielsüchtigen und ihre Angehörigen und Familien nicht alleinzulassen und in die Prävention zu investieren und auf der anderen Seite sicherzustellen, dass dem Breitensport wenigstens durch die staatliche Abgabe eine angemessene Finanzierung zur Verfügung gestellt wird.
SPD
Selbstverständlich .
CDU/CSU
Frau Ministerin, danke für die einleitenden Worte. – Ich muss ein bisschen Wasser in den Wein gießen. Sicherlich ist zu beobachten, dass wir uns als eines der reichsten Länder der Welt seit dem PISA-Schock 2001 – immerhin ist es 15 Jahre her – zum Positiven entwickeln. Das ist aber für mich keine große Erfolgsmeldung. Wenn man sich diesen Bericht anschaut, sieht man: Nach wie vor sind soziale Disparitäten vorhanden. Nach wie vor entscheidet die soziale Herkunft und im Extremfall, wie auch dieser Bericht zeigt, die ethnische Herkunft über den Bildungserfolg. Sie haben vorhin in diesem Zusammenhang einige Punkte aufgezählt. Ich möchte konkret von Ihnen wissen: Eines der Ziele des Bildungsgipfels 2008 war es, die Ausbildungsbeteiligung, vor allem auch der Abgehängten, der Risikogruppen, zu erhöhen. Wenn man sich die Zahlen hier genau anschaut, sieht man: Zwischen 2013 und 2014 ist der Anteil der ausländischen Schülerinnen und Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen haben, von 10,7 Prozent auf 11,9 Prozent gestiegen. Das ist also genau das Gegenteil von dem, was man versprochen hat. Daher meine Frage: Was tun Sie konkret, um diese Gruppe der Risikoschülerinnen und -schüler zu Erfolgen zu führen?
GRUENE
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Frau Gleicke, erst einmal herzlichen Dank dafür, dass Sie zu diesem Jubiläum auch so deutliche Worte zur Ukraine gefunden haben. Gestern waren einige von uns doch ziemlich erschüttert, weil aus den Reihen der Linken die Frage gestellt wurde, warum man in der Ukraine überhaupt für Verfassungsänderungen auf die Straße gehen müsse. Daher nochmals vielen Dank für Ihre deutlichen Worte zu diesem Bereich. – Die Zwischenfrage von Ihrem Kollegen aus NRW können Sie ja im Protokoll noch einmal nachlesen. Es freut mich zudem sehr, dass es dieser Bericht heute nicht nur auf die Tagesordnung geschafft hat, sondern auch darauf geblieben ist; denn was es bedeutet, wenn man Debatten über Berichte immer wieder vertagt, sieht man an dem Thema Heimkinderfonds. In dem Bericht von 2012 lesen wir Zahlen, die leider gar nicht mehr zutreffen. Ursprünglich wurde der Fonds mit 40 Millionen Euro ausgestattet; heute sind die Kassen leer. Nun warten Zehntausende von Opfern des SED-Regimes, die in diesen Heimen gelebt haben und zum Teil misshandelt wurden, auf ihre Entschädigungszahlungen. Es ist gerade in einem Jubiläumsjahr wie diesem wirklich beschämend, dass hier weiter Pokerverhandlungen geführt werden. Ich hoffe sehr, dass das ständige Verschieben der Debatte über den Bericht kein Omen für das weitere Bemühen um den Stand der deutschen Einheit und auch kein Omen für Sie ist, Frau Gleicke; denn es freut uns als Bündnisgrüne wirklich sehr, dass Sie dieses Amt jetzt innehaben und wir somit eine sehr intensive Streiterin für ostdeutsche Belange haben. Von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern wurde schon darauf hingewiesen – auch der Bericht macht das mehr als deutlich –, dass es sehr viele positive Entwicklungen gibt. Gerade in puncto Wirtschaftskraft, Löhne und Arbeitslosenquote bestehen aber noch immer sehr große Unterschiede. Herr Hauptmann, ja, es hat deutliche Verbesserungen bei den Arbeitslosenzahlen gegeben; aber von blühenden Landschaften kann man zumindest bei mir in Brandenburg definitiv nicht überall sprechen. – In Potsdam schon, aber nicht in Regionen der Uckermark mit 16 Prozent Arbeitslosigkeit und in Städten mit über 20 Prozent Arbeitslosigkeit. – Bei diesen Zahlen sollte man auch einmal bedenken: Die Jobs, die seit 2011 neu entstanden sind, sind durch die Bank neue sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigungen, aber keine Vollzeitbeschäftigungen. Daran müssen wir weiter arbeiten. Deswegen ist für uns Grüne die Laufzeit der Solidarpaktmittel bis 2019 einwandfrei klar. Ich stimme Ihnen zu: Das muss man gerade in Richtung der Bundesländer sagen, die hier Klagen führen wollen. Gerade die Korb-IIMittel müssen auf jeden Fall weiter zum Tragen kommen, weil diese Investitionsmittel auch in den weiteren Jahren für die ostdeutschen Bundesländer essenziell sind. Das bedeutet auch, dass wir nach 2019 die Regionen Ostdeutschlands weiter im Blick haben müssen, ohne natürlich die strukturschwachen Regionen in Westdeutschland außer Acht zu lassen. Es freut uns sehr, Frau Gleicke, dass Sie in Ihren Presseäußerungen sehr deutlich gemacht haben, dass wir diese Probleme und Herausforderungen in Ost und West, Nord und Süd gemeinsam angehen müssen. Wir hoffen sehr, dass die Frage der finanziellen Ausstattung im kommenden Bericht eine ganz andere Bedeutung bekommen wird. Jetzt steht in diesem Bericht dazu lediglich ein ganz kleiner Absatz. Aspekte wie Kommunalaufsicht, Kommunalverschuldung und Kassenkredite fehlen in diesem Bericht völlig, obwohl es für die Regionen in Ostdeutschland genauso wie für die in Westdeutschland eine Herausforderung ist, dass die Kommunen gewisse Aufgaben einfach nicht mehr erfüllen können.
GRUENE
- Das stimmt auch wieder . Aber ich bin höflich . Meines Wissens sind uns diese Ergebnisse nicht zugeführt worden . Uns gegenüber ist von den Schengen-Partnern und den zuständigen Gremien keine entsprechende Kritik geäußert worden , was den Erlass vom März 2000 betrifft .
GRUENE
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin! Es ist schon verblüffend, wie Politik manchmal funktioniert. – Ich weiß gar nicht, was Sie daran so lustig finden. – In Deutschland wachsen soziale Ungleichheit und Verunsicherung und mit ihnen die Zahl der Wählerstimmen der AfD. In Europa ist die deutsche Regierung so isoliert wie lange nicht mehr. Als bevorzugten Partner hat sich die Kanzlerin ausgerechnet einen türkischen Diktator ausgesucht, der Journalisten und Oppositionelle ins Gefängnis werfen lässt und die Todesstrafe großartig findet. Trotz allem scheint sich die CDU/CSU – das zeigt Ihre wunderbare Stimmung heute – auf ein Weiter-so mit dieser Kanzlerin, mit Frau Merkel, allen Ernstes zu freuen. Ich kann nur sagen: Die Menschen in diesem Land können sich darauf nicht freuen. Ich sage Ihnen deswegen auch: Dazu wird es nicht kommen. Angesichts Ihres Verhaltens fällt einem wirklich nur noch der Satz von Albert Einstein ein: Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert. Am Ende ändert sich dann doch meistens etwas, aber vielleicht anders als erhofft. In den USA hat die Führung der Demokraten den Hoffnungsträger Bernie Sanders verhindert, um dann mit einer Kandidatin des Establishments, die im Grunde all das verkörpert, was die Menschen an der Demokratie verzweifeln lässt, Donald Trump den Weg ins Weiße Haus zu ebnen. Das sollte nicht nur der SPD zu denken geben, sondern natürlich auch der CDU, die immerhin auch schon Kanzler hatte, die den Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Oligarchie, einer Reichtumsherrschaft, noch ganz gut kannten. Wohlstand für alle, Frau Merkel – es wäre nett, wenn Sie mir zuhören könnten –: Damit war anderes gemeint als die marktkonforme Verwaltung eines globalisierten Raubtierkapitalismus, der die Mittelschicht zerstört und diese Gesellschaft immer tiefer sozial spaltet. In der alten CDU übrigens wäre eine Situation, in der man sogar gemeinsam mit der SPD nicht einmal mehr die Hälfte der Wählerinnen und Wähler erreicht, noch komplett unvorstellbar gewesen. Aber damals wusste auch die SPD noch, dass Arbeiterparteien nicht dafür gegründet worden waren, ihre Minister an zahlungskräftige Wirtschaftslobbyisten zu vermieten und denen dann die Wünsche von den Augen abzulesen, mögen sie nun Senkung der Lohnkosten oder CETA heißen. Und Sie machen weiter, als wäre nichts passiert. Als untrügliches Signal des großkoalitionären Weiter-so schlagen Sie uns jetzt also gemeinsam Frank-Walter Steinmeier für das Amt des nächsten Bundespräsidenten vor. Hätten wir mit der Kandidatur des profilierten Agenda-Kritikers Christoph Butterwegge nicht noch ein bisschen Frischluft in Ihren muffigen Konsens gebracht, dann hätten Sie die Bundesversammlung auch gleich ganz absagen können. Es sind doch genau solche Wahlen, bei denen es nichts mehr zu entscheiden gibt, die die Menschen an der Demokratie verzweifeln lassen und die auch demokratische Entscheidungen zu einer Farce machen. Als die Briten im Juni für den Ausstieg aus der EU votierten, waren Sie alle geschockt, um dann mit doppelter Energie das Konzernschutzabkommen CETA in der EU durchzuboxen. Klasse gemacht! Beim nächsten Exit-Referendum haben die Befürworter ein Argument mehr auf ihrer Seite. Als vor zwei Wochen die US-Bürger für Trump statt für Ihre gemeinsame Favoritin Clinton stimmten, waren Sie wieder alle geschockt. Aber Ihre einzige Schlussfolgerung scheint zu sein, jetzt einen europäischen Hochrüstungswettlauf zu starten. Glauben Sie wirklich, das ist es, worauf die Millionen Abstiegsgefährdeten in Europa und die verlorene Generation in den Krisenländern gewartet haben? Offenbar hat selbst ein Donald Trump wirtschaftspolitisch mehr drauf als Sie. Denn immerhin hat der Mann begriffen, dass staatliche Industriepolitik besser ist als billige Dienstleistungsjobs und dass gegen Krise und marode Infrastruktur nicht Kürzungspolitik hilft, sondern ein groß angelegtes öffentliches Investitionsprogramm. Weil schon die Ankündigung dieses Programms zu höheren Zinsen in den USA geführt hat, wird Europa unter Ihrer Führung wohl lieber mit seinem Geld neue Brücken und moderne Netze in den USA finanzieren, statt den Niedergang der europäischen Infrastruktur endlich zu stoppen und Industriearbeitsplätze auch in Frankreich und Italien zu verteidigen und zu retten. Aber merken Sie denn gar nicht, dass es genau diese fatale Politik ist, die Europa spaltet und immer mehr kaputtgehen lässt? Sollte im nächsten Jahr tatsächlich Marine Le Pen französische Präsidentin werden, dann werden Sie wieder alle geschockt sein, und wahrscheinlich beklagen Sie dann wieder die Verführungsmacht geschickter Populisten und das Zeitalter des Postfaktischen. Aber wenn etwas postfaktisch ist, dann sind das nicht die Emotionen der Menschen, die sich von Ihrer Politik im Stich gelassen fühlen, sondern die Lügenmärchen, die Sie ihnen erzählen, um zu begründen, dass diese Politik angeblich alternativlos ist. Ist es denn wirklich so schwer zu verstehen? Die US-Bürger haben doch gar nicht in erster Linie den Milliardär Donald Trump gewählt. Sie haben das Weiter-so abgewählt, und dafür hatten sie in einem Land, wo die mittleren Löhne heute unter dem Niveau der 80er-Jahre liegen, natürlich allen Grund. Auch in Deutschland haben immer mehr Menschen gute Gründe, enttäuscht und wütend zu sein: über eine großkoalitionäre Einheitspolitik, die sich für ihre elementaren Lebensinteressen und Zukunftsängste überhaupt nicht mehr interessiert, sondern gleichgültig und emotionslos immer wieder Entscheidungen fällt, die die Reichen noch reicher, die Konzerne noch unverschämter und das Leben der arbeitenden Mitte und der Ärmeren noch unsicherer und prekärer machen. Ich finde, eine solche Politik ist unglaublich und sie ist verantwortungslos. Gucken Sie sich doch an, wie sich dieses Land in den letzten 20 Jahren verändert hat! Trotz boomender Exportwirtschaft und trotz Wirtschaftswachstum lebt heute in Deutschland jeder sechste Rentner in Armut und muss sich um seine Lebensleistung betrogen fühlen. Immer mehr Kinder beginnen ihr Leben mit der Grund­ erfahrung, dass sie von der schönen bunten Welt ausgeschlossen sind und dass ihnen das Leben viel weniger bieten wird als anderen. Millionen Arbeitnehmer werden in Leiharbeit, Werkverträgen und Dauerbefristungen zu Beschäftigten zweiter Klasse degradiert. Diejenigen, deren Löhne kein Tarifvertrag mehr regelt – das ist inzwischen jeder zweite –, verdienen heute 18 Prozent weniger als im Jahr 2000. Diesen Menschen erzählen Sie, Deutschland gehe es gut, und sie sollen sich freuen über Ihre erfolgreiche Politik. Das ist doch der blanke Hohn, was Sie da machen. Sie erzählen ihnen, die Agenda 2010 habe ein Jobwunder ausgelöst. Ja, wir hatten in Deutschland einmal 5 Millionen Arbeitslose. Heute bekommen nur noch 800 000 Menschen Arbeitslosengeld. Aber dafür gibt es 4,3 Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger, die alle arbeiten möchten, teilweise sogar Arbeit haben, teilweise sogar Vollzeit arbeiten und trotzdem von staatlichen Lohnersatzleistungen abhängig bleiben. Das macht in der Summe noch immer 5,1 Millionen Menschen. Was ist das denn für ein Fortschritt? Die CDU einschließlich der Kanzlerin sollte aufhören, die Agenda 2010 als Erfolgsmodell zu preisen, und sollte endlich wieder ein humanes Arbeitsrecht in Deutschland durchsetzen, wenn sie einen deutschen Donald Trump verhindern will. Diesen weisen Satz hat Ihnen in der letzten Woche Ihr ehemaliger Generalsekretär Heiner Geißler zugerufen. Wenn diese Mahnung schon bei der CDU/CSU auf taube Ohren stößt: Müssen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, nicht zumindest in Ihren Stühlen versinken, wenn Sie merken, dass ein ehemaliger CDU-Generalsekretär, der sich treu geblieben ist, inzwischen weit links von Ihnen steht? Gleichen Lohn für gleiche Arbeit hat die SPD bei der letzten Wahl versprochen. Und was haben Sie gemacht? Ein Gesetz, das es Daimler, BMW und Co. in Zukunft sogar erleichtert, reguläre Jobs dauerhaft durch Leiharbeit zu ersetzen oder an Werkvertragsunternehmen auszulagern. Das ist doch schäbig. Ihnen glaubt doch niemand irgendetwas, wenn Sie solche Politik machen. Wie viele selbst von denjenigen in Deutschland, die sich all das noch leisten können, was für andere bereits zum unerschwinglichen Luxus geworden ist – eine gute Ausbildung der Kinder, private Vorsorge für das Alter, Urlaubsreisen, Wohneigentum –, leben in der ständigen Angst, nach der nächsten Betriebsverlagerung auch zu ömer[CDU/CSU]:den Verlierern zu gehören oder eiskalt aussortiert zu werden, wenn sie krank werden oder wenn sie nicht mehr ständig Höchstleistungen erbringen können? Der American Dream ist längst auch bei uns ausgeträumt. Wer außerhalb der Oberschicht glaubt denn heute noch, dass es den Kindern einmal besser gehen wird als ihren Eltern? Die meisten erleben das Gegenteil. Das ist nicht Ergebnis einer Naturgewalt namens Globalisierung, sondern Ergebnis politischer Entscheidungen. Auch Ihre Legende, rabiate Rentenkürzungen seien notwendig, um die junge Generation vor zu hohen Belastungen zu bewahren, passt bestens in das Zeitalter des Postfaktischen. Rechnen wir doch einmal nach. Der aktuelle Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt bei 18,7 Prozent, hälftig gezahlt von Unternehmen und Beschäftigten. Zusätzlich sollen die Beschäftigten 4 Prozent ihres Einkommens in einen jener sinnlosen Riester-Verträge versenken, von denen inzwischen jeder weiß, dass sie nur Banken und Versicherungen reich machen. Aber wer glaubte, die Maschmeyer-Kumpel Schröder und Riester seien schon der Tiefpunkt gewesen, dem beweist Frau Nahles, dass es noch schlimmer geht. Ich rede von ihren Plänen für eine sogenannte Betriebsrente, die genauso wie die Riester-Rente allein von den Beschäftigten gezahlt werden soll und die sich von den unsäglichen Riester-Produkten eigentlich nur in einem einzigen Punkt unterscheidet: Bei Riester mussten die Anbieter zumindest noch den Erhalt der eingezahlten Beiträge garantieren. Die Betriebsrente subventioniert der Staat auch dann, wenn das volle Verlustrisiko auf den künftigen Rentner abgewälzt wird. Wenn wir zusammenzählen, dann laufen die Rentenpläne der Großen Koalition darauf hinaus, dass Arbeitnehmer in Zukunft bis zu 20 Prozent ihres Einkommens für die Altersvorsorge aufwenden sollen, um damit Rentenansprüche zu erwerben, die sich, anders als die Umlagerente, bei der nächsten großen Finanzkrise in heiße Luft auflösen können. Das dann noch als Entlastung der jungen Generation zu verkaufen – darauf muss man wirklich erst einmal kommen. Dabei brauchen Sie nur über die bayerischen Alpen hinauszuschauen, um zu sehen, wie es vielleicht besser geht und wie man eine Rentenreform vernünftig machen kann. Nachdem in Österreich Rentenkürzungen à la Riester am Widerstand der Gewerkschaften gescheitert sind, hat man eben die gesetzliche Rente zukunftsfest gemacht. Das heißt, es gibt heute einen einheitlichen Topf, in den alle einzahlen, auch Selbstständige und Beamte. Der Beitragssatz liegt bei 22,8 Prozent, allerdings zahlen die Unternehmen mehr als die Beschäftigten. Dieses System finanziert für langjährig Versicherte Renten von 1 800 Euro im Monat; die Mindestrente beträgt 1 030 Euro. Und Sie muten Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, Armutsrenten von 1 000 Euro und weniger zu. Das sind 800 Euro weniger als in Österreich. Das ist doch unglaublich. Stoppen Sie endlich diese verantwortungslose Rentenpolitik, die millionenfache Altersarmut produziert! Bei der Krankenversicherung ist es genau das Gleiche. Seit Ende der hälftigen Finanzierung steigt der Zusatzbeitrag der Arbeitnehmer. Er steigt auch deshalb, weil der Pauschalbeitrag, den der Bund an die Kassen für Hartz-IV-Bezieher überweist, die realen Kosten nicht deckt. Das heißt, je mehr Hartz-IV-Empfänger – Sie wissen, dass die meisten Flüchtlinge ab dem nächsten Jahr Hartz IV bekommen werden –, desto teurer wird es für den Postzusteller und die Aldi-Kassiererin, während der privat versicherte Chef von ihnen und natürlich auch die Konzerne, bei denen sie arbeiten, von der Finanzierung von solchen gesellschaftlichen Aufgaben komplett verschont werden. Das ist doch ein Skandal. Wenn man sich diese Politik anschaut, dann muss man fast schon den Verdacht haben, dass Sie einen geheimen Werbevertrag mit der AfD abgeschlossen haben. Es ist doch unglaublich, was Sie machen. Es ging also bei den Krankenkassen wie bei der Zerschlagung der Rente nie um etwas anderes als um die Senkung der Lohnkosten und die Steigerung der Unternehmensgewinne. Von wegen, mit den Gewinnen steigen auch die Investitionen. Wissen Sie, wie hoch die Reinvestitionsquote deutscher Industrieunternehmen im Inland heute ist? 5 Prozent. Das heißt, 95 Prozent der Gewinne, die sie durch Ihre Politik so erfolgreich erhöht haben, werden an die Eigentümer ausgeschüttet, in Finanzanlagen geparkt oder eben für Investitionen im Ausland genutzt. Trotzdem verzichten Sie bis heute darauf, wieder einen größeren Teil der Unternehmensgewinne zur Finanzierung des Sozialstaates heranzuziehen. Wir halten das für völlig unverantwortlich. Aus allen wichtigen Bereichen, in denen er früher dem Leben der Menschen Stabilität und Sicherheit gegeben hat, hat sich der Staat zurückgezogen. Nicht nur die Sozialversicherungen wurden demoliert, auch kommunale Wohnungen wurden privaten Renditejägern auf dem Silbertablett serviert, genau wie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Weil es sich nicht rechnet, fährt zu kleinen Orten kein Bus mehr, und der nächste Arzt ist meilenweit entfernt. Auch der jahrelange Personalabbau bei der Polizei hat ganze Wohnviertel zu nächtlichen No-go-Areas gemacht. In den baufälligen Schulen dieser Viertel werden von überlasteten Lehrern auch nicht die hochqualifizierten Fachkräfte der Zukunft ausgebildet, sondern junge Menschen, von denen viele im Leben nie eine Chance bekommen werden, weil das chronisch unterfinanzierte Bildungssystem dieses reichen Landes noch nicht einmal in der Lage ist, ihnen elementare Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten beizubringen. 21 Milliarden Euro weniger als der Durchschnitt der OECD-Staaten gibt Deutschland jährlich für seine Schulen und Universitäten aus. Was für ein Armutszeugnis, Frau Merkel. Sagen Sie jetzt nicht: Bildung ist doch Ländersache. – Es ist Ihr steuerpolitisches Wohlfühlprogramm für Konzerne und Superreiche, das die Verantwortung dafür trägt, dass viele Länder und Kommunen ihre Aufgaben überhaupt nicht mehr erfüllen können. Sie feiern sich für Ihre schwarze Null. – Wissen Sie überhaupt, wie die Realität in vielen armen Städten und Gemeinden dieses Landes aussieht? Dort hat Ihre Kombination aus staatlicher Reichtumspflege und „Wir schaffen das!“ dramatische Folgen. Wegen der zusätzlichen Aufgaben ist die Verschuldung vieler Städte und Gemeinden im letzten Jahr weiter gewachsen, gerade auch in Nordrhein-Westfalen. Überschuldete Gemeinden können ihren Bürgern immer weniger bieten: keine ordentlichen Kitas, keine Bibliothek, kein Zuschuss zum Kulturverein oder auch zum Sportverein. In Gelsenkirchen, wo 40 Prozent aller Kinder in Hartz-IV-Familien aufwachsen, werden gerade mehrere Schwimmbäder geschlossen. Im überschuldeten Duisburg muss in den nächsten Jahren jede achte Stelle gestrichen werden, also noch weniger Erzieherinnen, noch weniger Personal an Krankenhäusern. Ihre tollkühnen Privatisierungspläne gehen immer weiter. Jetzt sollen sogar die Autobahnen, die die Menschen mit ihren Steuern bezahlt haben, über sogenannte öffentlich-private Partnerschaften an Finanzinvestoren verscherbelt werden. Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen? „Der einfache Bürger kämpft um das Überleben, während die Profiteure, die reiche Oberschicht, sich nicht um uns kümmern“, schrieb mir vor kurzem eine 31-jährige Hochschulabsolventin, die heute bei Air Berlin als Flugbegleiterin arbeitet und selbst um diesen Job jetzt bangen muss. „Wo ist denn die Lebensqualität geblieben, die jedem Menschen zusteht?“, fragt sie in ihrer Mail. „Anstatt das Leben zu genießen, ist man ständig darauf bedacht, seine Arbeit nicht zu verlieren, denn in diesem heutigen Deutschland gibt es keine Garantien und keine Sicherheiten mehr.“ So weit eine junge, 31-jährige Frau, die ein Hochschulstudium absolviert hat. Ein mittelständischer Unternehmer schildert mir in einer Mail, wie ihm große Konzerne unter Ausnutzung ihrer Marktmacht die Luft zum Atmen nehmen. Er schreibt: „Als Kind italienischer Einwanderer bin ich hier geboren und aufgewachsen, habe also Deutschland in einer Zeit erlebt, als noch alles möglich war mit ehrlicher Arbeit. Heute ist das anders. In einem konzerngesteuerten Land, wie wir es heute haben, gibt es keine Demokratie.“ – Das ist das Zitat aus der Mail eines Bürgers. Ich muss sagen: Wie Sie reagieren, wenn man hier Stimmen von Bürgerinnen und Bürgern vorträgt, das zeigt die ganze Arroganz Ihrer Politik. Da müssen Sie sich nicht wundern, dass Ihnen immer die Wähler weglaufen. Ich muss auch sagen: Wie erklären Sie einem ums Überleben kämpfenden Mittelständler, dass er für jeden Euro Gewinn mindestens 30 Prozent Steuern zahlen muss, während Konzerne wie Google, Apple und Facebook in Europa mit Steuersätzen von 0,005 Prozent verwöhnt werden? Oder wie erklären Sie einem hart arbeitenden Beschäftigten, dass schon ab einem Einkommen von 1 140 Euro ein Steuersatz von 24 Prozent fällig wird, während es die schwerreichen Erben von Milliardenvermögen nach Auffassung der Großen Koalition offenbar komplett überfordern würde, auch nur einen einzigen Euro Erbschaftsteuer zu zahlen? Oder wie erklären Sie es einem Kleinsparer, der sein mühsam Erspartes durch Bankgebühren und Niedrigzinsen wegschmelzen sieht, dass das Vermögen der 500 Reichsten in Deutschland jedes Jahr um 9 bis 10 Prozent steigt und inzwischen den irren Betrag von 723 Milliarden Euro erreicht hat? Oder wie erklären Sie einer alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängerin, dass von ihr bei sogenanntem sozialwidrigem Verhalten – das liegt schon vor, wenn sie ein kleines Geldgeschenk für ihr Kind nicht angemeldet hat – neuerdings drei Jahre rückwirkend alle Leistungen zurückgefordert werden können, während zum Beispiel das Management der Deutschen Bank, das allein seit 2009 Boni in Höhe von 24 Milliarden Euro eingestrichen hat, nie Gefahr läuft, auch nur einen Euro zurückgeben zu müssen, egal wie sozialwidrig oder auch kriminell das Geschäftsmodell dieser Bank ist oder ob sie dadurch irgendwann wieder in so viele Schwierigkeiten kommt, dass sie beim Staat wieder die Hand aufhalten muss? Sie können das alles gar nicht erklären, weil es dafür keine objektiven Gründe gibt. Die einzige Erklärung ist Ihr fehlender Mut, sich mit den wirtschaftlich Mächtigen anzulegen. Natürlich ist das alles nicht alternativlos. Natürlich kann man auch die Riesenvermögen der Multimillionäre besteuern, statt Städte und Gemeinden am langen Arm verhungern zu lassen. Natürlich kann man Patent- und Lizenzgebühren, die nur dazu dienen, Konzerngewinne in Steueroasen zu verschieben, einfach nicht mehr als gewinnmindernd anerkennen, und dann sind die ganzen Steuertricks der Multis erledigt. Das können Sie hier in Deutschland beschließen. Dafür brauchen Sie noch nicht einmal die EU. Natürlich kann man den Sozialstaat wiederherstellen und ein ordentliches Arbeitsrecht schaffen, das die Beschäftigten schützt und die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften stärkt. Natürlich kann man schlicht politisches Rückgrat haben und sich den eiskalten Renditekalkülen globaler Konzerne entgegenstellen, statt ihnen die Beschäftigten schutzlos und wehrlos auszuliefern. Aber wer das alles nicht tut, der sollte dann auch aufhören, sich den Trumps und Le Pens dieser Welt moralisch überlegen zu fühlen. Das sind Sie nicht. Denn es ist Ihre gemeinsame Politik, die die Rechte inzwischen auch in Deutschland stark gemacht hat. Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben Herrn Trump nach seiner Wahl zur Anerkennung von Demokratie, Freiheit und Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen aufgefordert. Ganz abgesehen davon, dass wir uns ähnlich deutliche Worte an die Adresse Ihres türkischen Freundes Erdogan auch einmal gewünscht hätten: Bedurfte es wirklich eines Donald Trump, um zu verstehen, dass es um Demokratie, Freiheit und Menschenwürde in der westlichen Welt nicht mehr gut bestellt ist? Der frühere US-Präsident Jimmy Carter hat die USA schon vor Jahren eine „Oligarchie mit unbegrenzter politischer Korruption“ genannt. Dass eine Supermacht, die mit ihren völkerrechtswidrigen Ölkriegen und ihren Drohnenmorden ganze Regionen dieser Welt chaotisiert und islamistische Terrorbanden damit so gestärkt hat, dass die als Vorkämpferin für Demokratie und Freiheit ausfällt, das hätte man, glaube ich, auch vor Trump schon begreifen können. Aber der entfesselte Globalkapitalismus ist überall mit Demokratie und Menschenwürde unvereinbar, auch in Europa. Auch die Kriege, an denen sich europäische Staaten beteiligt haben, haben noch keinem Land Demokratie und Freiheit gebracht. Im Gegenteil: Sie haben Hunderttausenden Zivilisten den Tod gebracht und Millionen aus ihrer Heimat vertrieben. Es war wirklich ein Fortschritt, als mit Blick auf die russischen Bombardements in Aleppo plötzlich sogar die Bundesregierung anfing, von den Verbrechen des Krieges, von zerstörten Krankenhäusern und Schulen zu sprechen. Aber was ist mit all den zerstörten Krankenhäusern und Schulen dort, wo sich Deutschland und seine Verbündeten an Kriegen beteiligt haben? Glauben Sie wirklich, dass es für das von einer Bombe zerfetzte Kind einen Unterschied macht, ob diese Bombe von einem russischen Flieger oder im Namen der westlichen Wertegemeinschaft abgeworfen wurde? Wir glauben das nicht. Deshalb fordern wir Sie auf: Geben Sie nicht noch mehr Geld für Rüstung aus. Bereiten Sie nicht noch mehr Krieg vor, sondern treten Sie aus der militärischen Infrastruktur der US-dominierten NATO aus, und holen Sie die Bundeswehr aus ihren Einsätzen zurück. Deutschland wird nicht in Afghanistan, nicht in Syrien und auch nicht in Mali verteidigt. All diese Kriege haben den islamistischen Terror doch nur gestärkt und ihn letztlich sogar nach Deutschland geholt. Ein Ende dieser Kriegsbeteiligungen wäre wirklich das Beste, was Sie für die Sicherheit der Menschen, auch hier im Land, tun könnten. Ein Wort noch zur CSU. Die CSU hat auf ihrem letzten Parteitag den erfrischenden Vorschlag gemacht, dass man den radikalisierten politischen Islam bekämpfen sollte. Auch wir finden es überfällig, dass dschihadistische Rekrutierungsvereine in Deutschland endlich verboten werden. Aber wo hat denn der politische Islam seine wichtigste Basis? Das sind doch die islamistischen Kopf-ab-Diktaturen am Golf, die terroristische Mörderbanden weltweit finanzieren und hochrüsten. Es ist nach eigenen Erkenntnissen der Bundesregierung auch die Türkei, die eine Schlüsselrolle bei der Organisierung und Bewaffnung von Terrormilizen spielt. Da finden wir es schon erstaunlich, dass es die christlich-sozialen Antiislamkämpfer aus Bayern offenbar überhaupt nicht stört, dass ausgerechnet die Türkei im ersten Halbjahr 2016 von Platz 25 auf Platz 8 der Bestimmungsländer deutscher Rüstungsexporte hochgerückt ist und dass auch Saudi-Arabien und Katar heute mit mehr deutschen Waffen beliefert werden als je zuvor. Was ist denn das für eine wahnwitzige Politik? Da muss ich Ihnen sagen: Wenn Sie den politischen Islam bekämpfen wollen – hier ist ein lohnendes Betätigungsfeld –, dann setzen Sie sich endlich gemeinsam mit uns dafür ein, Rüstungsexporte in islamistische Diktaturen sowie in Kriegs- und Spannungsgebiete zu verbieten. Das wäre überfällig. Damit würden Sie sich tatsächlich darum verdient machen. In seinem Buch Rückkehr nach Reims schreibt der französische Schriftsteller Didier Eribon über die Ursachen für den Aufstieg der französischen Rechten etwas, was sich meines Erachtens eins zu eins auf Deutschland übertragen lässt. Ich zitiere ihn: So widersprüchlich es klingen mag, bin ich mir doch sicher, dass man die Zustimmung zum Front National ... als eine Art politische Notwehr der unteren Schichten interpretieren muss. Sie versuchten, ihre kollektive Identität zu verteidigen, oder jedenfalls eine Würde, die seit je mit Füßen getreten worden ist und ... sogar von denen missachtet wurde, die sie zuvor repräsentiert und verteidigt hatten. – Wenn Sie Eribon in die Nähe der AfD rücken, beweisen Sie damit wirklich Ihr Bildungsniveau; es tut mir leid. Das ist wirklich unglaublich. Sehr geehrte Damen und Herren, auch bei uns wird die Demokratie nur eine Zukunft haben, wenn die Menschen wieder das Gefühl bekommen, dass ihre Würde und ihre elementaren Lebensbedürfnisse von der Politik geachtet und anerkannt werden und sie wichtiger sind als die Wunschlisten irgendwelcher Wirtschaftslobbyisten. Nehmen Sie das endlich ernst, wenn Sie nicht irgendwann dafür verantwortlich sein wollen, einem deutschen Donald Trump den Weg ins Kanzleramt geebnet zu haben.
PDS/LINKE
Herr Kollege Weng , erstens steht die Regierung in der Bringpflicht , und zweitens habe ich auch Ostthemen angeschnitten , als ich gesagt habe : von A wie Absatzförderung ostdeutscher Produkte . Ich meine nicht , daß bestimmte Tabus von vornherein existieren dürfen , sondern man muß über alle Ebenen kritisch an die Etatansätze herangehen ; dann darf es keine Tabus geben , weder im steuerlichen noch im sozialen Bereich . Wenn wir es nicht alle gemeinsam schaffen , diesen Haushalt zu konsolidieren , dann wird es in Zukunft eine wirtschaftliche Entwicklung , die es ermöglicht , soziale Leistungen wieder anzuheben , nicht geben .
SPD
– so zuverlässig ist wie Ihre – –
GRUENE
Wie beurteilen Sie , Herr Hoyer , angesichts der Skandale und Skandälchen um die IfA und des Vertrauensverlustes , den die IfA für die Bundesrepublik zu verantworten hat , den Plan der Bundesregierung , jener Organisation der IfA einen Platz im Rundfunkrat der Deutschen Welle zuzuweisen ?
SPD
Sehr geehrte Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Es muß doch merkwürdig berühren , daß unter so vielen errungenen Rechten eben dieses eine Grundrecht der Frau , das auf ihren eigenen Körper , abgelehnt wird und nicht sein soll . . . So wenig es für den Mann einen Zwang zur Zeugung gibt , so wenig darf die Frau zum Gebären gezwungen werden . Diese Worte , meine Damen und Herren , stammen nicht von heute oder gestern , sondern aus dem Jahre 1931 . Geschrieben wurden sie von der Ärztin Else Kienle , die in ihrer Stuttgarter Praxis Schwangerschaftsabbrüche durchführte und dafür ins Gefängnis mußte . Ihr Kollege Friedrich Wolf tröstete sie damals damit , daß man nach 20 Jahren an den § 218 denken würde wie an einen unmöglichen Traum . Hätte er doch recht gehabt ! . Heute , im Jahre 1995 , sind wir aus diesem Traum immer noch nicht aufgewacht , vielmehr ist die rechtliche Situation dazu angetan , den Frauen in diesem Land Alpträume zu bereiten . Der Bundestag berät heute zum drittenmal innerhalb von zwei Jahren über die dringend anstehende Reform der Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch . Frauen und Beratungsstellen erwarten von uns , daß endlich Schluß gemacht wird mit der Verunsicherung , die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die Übergangsregelung hervorgerufen wurde . Auch wenn es ein langer und zermürbender Kampf ist : Uns hilft weder , das Urteil schönzureden , noch , den Kopf in den Sand zu stecken . Viele fragen , warum auch wir als GRÜNE einen Gesetzentwurf einbringen , wo wir doch bekannte Kämpferinnen für die Streichung des Paragraphen sind . Für mich ist das kein Widerspruch . Ich habe immer auf zwei Ebenen gegen § 218 gekämpft : zum einen für die Streichung und zum anderen für jede nur mögliche konkrete Verbesserung für die betroffenen Frauen . . Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich entschieden , den geringen Spielraum , den das Urteil läßt , mit einem eigenen Gesetzentwurf auszuloten . In unseren Entwurf fließen die Erfahrungen mit der vom Bundesverfassungsgericht erlassenen Übergangsregelung ein . Ich möchte hier auf drei Punkte eingehen : auf die Auswirkungen für die Frauen , die einen Schwangerschaftsabbruch erwägen , auf die Beratungssituation und auf die Hilfen für ein Leben mit Kindern . Die Situation der Frauen hat sich durch die Übergangsregelung weiter verschlechtert . Den Frauen im Westen der Republik wird weiterhin das Recht auf . noch : Rita Grießhaber Ostdeutschland waren gewohnt , mit den Möglichkeiten , die die Fristenregelung in der ehemaligen DDR bot , sehr verantwortungsvoll umzugehen . Ihre Hoffnung , daß die im Einigungsvertrag vereinbarte Weitergeltung des Rechts der DDR ein Modell für die gesetzliche Regelung in der gesamten Republik sein würde , ist zunichte gemacht worden . In der Bundesrepublik hat die Übergangsregelung Verunsicherung und große Schwierigkeiten gebracht . Je nachdem , in welchem Bundesland eine Frau wohnt , ist sie mit unterschiedlichen Handhabungen der rechtlichen Bestimmungen konfrontiert . Eine Frau in Berlin kann unter Beratungsstellen unterschiedlicher Ausrichtung und unter Abbrucheinrichtungen wählen , während eine Frau aus Baden-Württemberg immer noch nach Hessen fahren muß , um eine Abbruchmöglichkeit zu finden . Einer Frau in Sachsen stehen , obwohl die Mehrheit in diesem Bundesland nicht konfessionell gebunden ist , fast nur kirchliche Beratungsangebote zur Verfügung . Und wer sich umhört , wird mitbekommen , daß viele Frauen wieder nach Holland fahren . Die gestern vielbeschworene EG- Harmonisierung läßt grüßen . Die Regelungen zur Finanzierung eines Schwangerschaftsabbruchs führten in manchen Bundesländern ein vergessen geglaubtes Zweiklassenrecht wieder ein und öffneten horrenden Honorarforderungen Tür und Tor . Was die Beratung betrifft , so klagen viele Beratungsstellen darüber , daß sehr viel Zeit damit verlorengeht , den ratsuchenden Frauen zu erklären , unter welchen Voraussetzungen sie von welcher Stelle finanzielle Unterstützung erhalten können . Ein Schwerpunkt des 1992 verabschiedeten Schwangeren- und Familienhilfegesetzes sollte die Verbesserung von Aufklärung und Prävention sein . Wenn ich einmal davon ausgehe , daß dieses Ziel nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch Bestand hat , dann frage ich die Regierung , wie Sie , meine Damen und Herren , an einem Haushalt festhalten können , in dem zur Aufklärung nach diesem Gesetz statt der vorgesehenen und dringend benötigten 20 Millionen DM nur 6 Millionen DM eingestellt sind . Und das mit der sehr überzeugenden Begründung , das Geld würde wohl gebraucht , es sei aber nicht genügend Personal vorhanden . Welch ein Zynismus ! . Auch was die Hilfen für ein Leben mit Kindern angeht , sind den vollmundigen Worten eigentlich nur Unterlassungssünden gefolgt . Nur kann man in diesem Zusammenhang wirklich nicht von läßlichen Sünden reden . Alle Beschwörungen , Frau Eichhorn , ändern das nicht . Wenn sich eine Frau in diesem Land auf etwas verlassen kann , dann darauf , daß die Hilfen für ein Leben mit Kindern zur wohlfeilen Ver- schiebemasse gehören und daß sie im Ernstfall mit ihrem Problem allein gelassen wird . . An dieser Stelle möchte ich auch etwas zu den vorliegenden Anträgen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz sagen . Die CDU/CSU verweist in höchst unseriöser Weise darauf , daß der Anteil der Länder an der Umsatzsteuer ab 1995 44 % statt bisher 37 % beträgt . Sie wissen genau , Frau Eichhorn , daß diese Erhöhung eingeführt wurde , weil ab 1995 die neuen Bundesländer in den Länderfinanzausgleich gekommen sind . Diese Erhöhung hat nichts mit Mitteln für die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz zu tun . . Die SPD kommt mit ihrem Antrag auf einen zweckgebundenen Investitionskostenzuschuß für Kindergärten einer Lösung des Problems schon wesentlich näher . Nur frage ich mich , warum Sie das Programm zeitlich befristen wollen . Wir alle wissen doch , daß bei wichtigen Infrastrukturmaßnahmen Bundeshilfen durchaus üblich sind . Ich nenne in diesem Zusammenhang nur das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz . Da klappt so etwas . Wir stehen voll zur Garantie des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz . Wir wissen aber auch , daß Kinder nicht mit drei Jahren vom Himmel fallen und auch nicht mit sechs Jahren einer Grundschule überlassen werden können , die vielerorts nicht einmal eine voll funktionsfähige Halbtagsschule ist . . Ich stelle fest : Es gab vollmundige Versprechungen . Die Hilfen lassen auf sich warten , und die Angst vor weiteren Verschärfungen ist groß . Die gültige Übergangsregelung zum Schwangerschaftsabbruch hat zu einer Verunsicherung von Frauen , Beratungsstellen sowie von Ärztinnen und Ärzten geführt . Wir Bündnisgrünen haben daraus die Konsequenz gezogen und legen ein Gesetz vor , das die Rechte der Frauen eindeutig benennt und das Prinzip Hilfe statt Strafe verankert . Wir müssen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf Grund unseres Verfassungsverständnisses hinnehmen . Aber , Herr Lanfermann , wir müssen nicht die Lebensschützersprache übernehmen . . Alle bisherigen Anhörungen haben ergeben , daß wirklicher Rat nur ohne Sanktionsandrohungen möglich ist . Ich frage Sie : Was hat die Regelung der Beratung im Strafrecht zu suchen ? Die vom Verfassungsgericht ermöglichte Konstruktion des Tatbestands . noch : Rita Grießhaber fachlichen Vorgaben an ein Beratungsgespräch haben in einem modernen Rechtsstaat wirklich nichts im Strafrecht verloren . . Eine Gesellschaft , die auf mündige Bürgerinnen und Bürger setzt und die echte Hilfe leisten will , muß in einer Frage , die so massiv in die Lebensplanung eingreift , die Rechte der betroffenen Frauen klar und eindeutig festschreiben . Wir wollen ein Gesetz , das Frauen und Männer bei der Vermeidung von ungewollten Schwangerschaften durch Aufklärung und Information unterstützt und der Verhütung einen anderen Stellenwert einräumt . Das heißt für uns : Frauen muß ein wohnortnahes , plurales Beratungsangebot zur Verfügung stehen . Die Beratung bei einer ungewollten Schwangerschaft muß eine eigenverantwortliche Entscheidung der Frau gewährleisten . Wir wollen ein Recht auf Anonymität und Datenschutz verankern . Dritte dürfen nur mit Einverständnis der Frau zur Beratung hinzugezogen werden . Wir wollen _ auch das ist nicht überall gewährleistet _ ausreichend stationäre und ambulante Einrichtungen , in denen schonende Abbruchmethoden praktiziert und nicht wehenauslösende Hormone verabreicht werden . Die Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen muß über die Krankenkassen abgewickelt werden . Da , Herr Lanfermann , haben Sie leider die neueste Version unseres Entwurfs nicht gelesen , obwohl wir sehr gut zwischen einer Indikation , die einen Abbruch erlaubt und der Geltendmachung einer Notlage unterscheiden können . Aber das haben wir herausgenommen , um konsensfähiger zu werden . Wir wollen verhindern , daß eine Schwangerschaft abbrechende Ärzte oder Ärztinnen sowie das familiäre Umfeld durch Strafandrohungen verunsichert werden . Lassen Sie mich zum Schluß noch folgendes sagen : Im Zusammenhang mit der Diskussion um eine Reform des § 218 wird immer wieder die Befürchtung geäußert , daß die sogenannten Lebensschützer wieder nach Karlsruhe ziehen werden , um ein fortschrittlicheres Gesetz zu verhindern . . _ Wenn Sie diese Äußerung gerne ohne den Zusatz sogenannt haben möchten , so habe ich nichts dagegen . _- Dies , meine Damen und Herren , Herr Lanfermann , wäre hundertprozentig nur auszuschließen , wenn wir alle den von diesem Kreis vorgelegten Gesetzentwurf unterschreiben würden . Das kann ja wohl nicht unsere Politik sein ! . Es fällt schwer , sich 1995 noch ernsthaft mit einem Gesetz von 1871 auseinanderzusetzen . Aber wer die Frauen nicht im Stich lassen will , muß in der jetzt gegebenen Situation ein Gesetz einbringen , das Bestand haben kann . Unsere Fraktion hat großes Interesse daran , Mehrheiten zu finden , die gewillt sind , mit uns alle vorhandenen Spielräume für die Frauen auszuloten . Wer nichts wagt , gewinnt nichts . Die Frauen haben in diesem Land schon genug verloren . Wagen wir es also noch einmal ! Unser Gesetzentwurf bietet eine gute Grundlage dafür . Vielen Dank . .
GRUENE
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum Haushalt des Auswärtigen Amtes komme, möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Haushaltsreferats im Auswärtigen Amt mit Dr. Morhard an der Spitze ganz herzlich danken. Ich möchte mich dafür bedanken, dass sie uns mit Informationen zum Haushalt des Auswärtigen Amtes zuverlässig, schnell und umfangreich nicht nur während der Haushaltsberatungen, sondern über das ganze Jahr versorgt haben. Ich möchte mich auch bei den Mitberichterstattern bedanken – ich glaube, es war ein faires Miteinander, das wir vorgelebt haben. Insbesondere möchte ich unserem Hauptberichterstatter, dem Kollegen Frankenhauser, der erkrankt ist, herzliche Genesungswünsche von dieser Stelle aus schicken. 1)Ergebnis Seite 8094 D Mein Dank gilt aber auch Ihnen, Herr Minister, für die Gesprächsbereitschaft und den guten Kontakt. Da ich gerade das Positive anspreche: Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass Deutschland in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gewählt wurde und dass Sie die Arbeit der von Ihren Vorgängern eingesetzten und unterstützten unabhängigen Historikerkommission – Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik – zum Abschluss gebracht haben und darüber sehr offensiv berichtet haben. Ich finde, das ist eine späte, aber beispielhafte Aufarbeitung der Geschichte. Andere Ministerien sollten sich daran durchaus messen lassen und dieses Thema aufgreifen. Für den Haushaltsplan 2011 des Auswärtigen Amtes kann ich eine solche Anerkennung leider nicht aussprechen. Das können Sie von uns nicht erwarten. Vorab: Ich finde, der Haushalt des Auswärtigen Amtes ist deutlich unterfinanziert. Um es klar zu sagen: Das ist kein Sparhaushalt, sondern ein Kürzungshaushalt, der unseren Anforderungen nicht gerecht wird. Er ist ungerecht, teilweise unsolide und widersprüchlich. Er ist ungerecht, weil Kürzungen zulasten der Ärmsten der Welt gehen, während innenpolitisch unsinnige Steuergeschenke gemacht wurden und weitere geplant sind. Er ist ungerecht, weil die Mittel für die humanitäre Hilfe, die Flüchtlingshilfe im Ausland und für Maßnahmen des humanitären Minenräumens um fast 15 Prozent gekürzt werden. Er ist ungerecht, weil Mittel für Demokratisierungs- und Ausstattungshilfe und für Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte um fast 43 Prozent gekürzt werden. Er ist ungerecht, weil die Mittel für Krisenprävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung um fast 30 Prozent gekürzt werden. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass die Unterstützung einzelner Länder immer dann unterbleiben oder reduziert werden kann, wenn sich die Situation verbessert hat, wenn Fortschritte oder Veränderungen eingetreten sind. Aber solche Fortschritte oder Veränderungen sind eben nicht in großem Maße eingetreten. Im Gegenteil: Es gibt in vielen Bereichen noch größere Bedarfe als zuvor. Ich denke dabei insbesondere an Pakistan und die ärmsten Länder Afrikas, zum Beispiel Simbabwe und die Länder in der Region der Großen Seen. Die Mittel für diese Länder werden gekürzt, wofür wir kein Verständnis haben. Wir empfinden das als ungerecht, und das sollte so deutlich angesprochen werden. Das hat mit sinnvoller Haushaltskonsolidierung nichts zu tun; vielmehr hat es Signalwirkung, wenn der Haushalt insgesamt um circa 3 Prozent, aber die Mittel für Krisenprävention, für Demokratisierungshilfe und für Friedenserhaltung um bis zu 43 Prozent gekürzt werden. Das ist schlichtweg unangemessen. Der Haushalt ist nicht nur ungerecht, er ist auch in Teilen unsolide; denn die Sondermittel aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, die in Höhe von 50 Millionen Euro an das Auswärtige Amt gehen sollten, werden zum Stopfen von Haushaltslöchern genutzt, und das, obwohl sie zusätzlich, zweckgebunden ausgegeben werden sollten. Sie sollten nicht einfach umgeleitet werden, sondern im Bereich der Auswärtigen Bildungs- und Forschungspolitik dem Ziel dienen, zum Beispiel Aktivitäten der deutschen Auslandsschulen, die zusätzliche Investitionen zum Nutzen der proklamierten „Bildungsrepublik Deutschland“ dringend benötigen, zu finanzieren. Hier ist zu Unrecht fast gar nichts angekommen. So machen wir aus der Bildungsrepublik Deutschland eine Kürzungsrepublik. Ich glaube nicht, dass wir das sein wollen. Viele Auslandsschulen fürchten um ihre Existenz. Uns haben viele Briefe von Schulen in Europa, Südafrika und Südamerika erreicht. Sie alle mussten oder müssen die Schulbeiträge deutlich erhöhen oder Kredite aufnehmen, um die Existenz ihrer Schule zu sichern. Das alles geschieht, weil von dem Anteil des Auswärtigen Amtes am Sonderprogramm für Bildung und Forschung gar nichts dort ankommt, wo es eigentlich hinfließen sollte. Deshalb ist es zynisch, zu behaupten, dass diese Bundesregierung zusätzlich in Bildung und Forschung investiert. Im Auswärtigen Amt ist jedenfalls nichts davon zu sehen. Wer unter „zusätzlich“ versteht, dass gekürzt wird, der hat die Grundrechenarten nicht gelernt. In Afghanistan leisten wir einen notwendigen Beitrag. Es ist jedoch kein Zeichen für eine solide und zuverlässige Haushaltspolitik, wenn die zusätzlichen Mittel für die Befriedung und Stabilisierung Afghanistans nicht mehr zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, sondern zulasten anderer Maßnahmen, zum Beispiel der Krisenprävention, gehen. Von Ihnen, Herr Minister, und den Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen hätte ich im Haushaltsausschuss mehr Engagement erwartet. Man hätte diesen zusätzlichen Aufgaben Rechnung tragen müssen. Eine der Vorrednerinnen hat ausgeführt, wie das Engagement von Herrn Staatsminister Neumann dazu geführt hat, dass während der Beratungen im Haushaltsausschuss zusätzlich 27 Millionen Euro für Kultur im Etat des Kanzleramts bewilligt wurden. Ich hätte mir ein solches Engagement auch im Bereich des Auswärtigen gewünscht, damit für die notwendigen Ausgaben die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden können. Geärgert hat mich der Umgang mit der Kulturakademie Tarabya. Ursprünglich sind 6 Millionen Euro vom Parlament bewilligt worden. 14 Stipendiaten sollten dort tätig werden. Dann gab es ein erweitertes Konzept der Staatsministerin, wonach nur noch vier Appartements umgebaut werden sollten. Mit dem restlichen Geld sollte die Botschaft renoviert werden. Es gab ein ständiges Hin und Her und eine diffuse Informationspolitik. Im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik wurde gesagt, die Haushälter hätten das Projekt verhindert, obwohl sie gar nicht mit dem Projekt befasst waren. Überhaupt erfuhr man vieles nur über Dritte. Klar war nur: Hier wurde konsequent der Wille des Parlaments missachtet. Unabhängig davon, was jeder Einzelne von der Kulturakademie Tarabya denkt: So kann man mit dem Parlament nicht umgehen. Letztlich können doch Sie selbst, Herr Bundesminister, mit dem Haushalt nicht zufrieden sein; denn er ist widersprüchlich in zentralen Fragen Ihres eigenen Anspruchs. Sie haben in Ihrer Grundsatzrede auf einer Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik am 21. Oktober 2010, also im letzten Monat, gesagt: Abrüstung ist endlich wieder als Zukunftsthema der internationalen Politik anerkannt. Ich freue mich, wie viel Dynamik die vergangenen Monate über in die Diskussion über Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung gekommen ist. Weiter haben Sie, Herr Westerwelle, gesagt: „… deutsche Außenpolitik ist Abrüstungspolitik.“ Im Haushaltsplan erkenne ich jedoch nur eine Dynamik nach unten. Genau hier wird um 32 Prozent gekürzt, obwohl sich der Bedarf des Handelns deutlich vergrößert hat. Hier besteht ein eklatanter Widerspruch zwischen dem, was gesagt, und dem, was in der Praxis materiell hinterlegt wird. Der Haushalt widerspricht Ihnen, auch beim Thema Krisenprävention. Der Bundesminister sagt: In unserer globalisierten Welt können zerfallende und gescheiterte Staaten und regionale Konflikte unsere Sicherheit unmittelbar beeinträchtigen. Krisenbewältigung fernab unserer Grenzen ist heute ein fast alltäglich gewordener Beitrag zur Sicherheit innerhalb unserer Grenzen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: CDU/CSU davon Ilse Aigner ja: nein: Die Erkenntnis ist gut. Ich teile sie uneingeschränkt. Aber vor diesem Hintergrund ist der Haushaltsplan beinahe fahrlässig zu nennen; denn die Mittel für die Maßnahmen zur Krisenprävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung werden um fast 30 Prozent gekürzt. Das ist ein Widerspruch, den diejenigen aufklären müssen, die letztlich für diese Politik stehen. Ich könnte noch weitere Beispiele nennen. Bevor ich zum Schluss komme, will ich aber zwei oder drei positive Dinge ansprechen.
SPD
Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hätten Sie gedacht, dass vier von fünf Arztpraxen in Deutschland nicht barrierefrei sind und dass in nicht einmal 7 Prozent der Praxen barrierefreie Sanitärräume vorhanden sind? Ist Ihnen bewusst, dass Ärzte und Pflegekräfte in unseren Krankenhäusern mit der Behandlung von an Demenz erkrankten Patienten und von Menschen mit geistiger Behinderung in der Regel überfordert sind? Menschen mit erheblichen Behinderungen oder besonders originellem Verhalten haben oft einen komplexen Hilfebedarf. Darauf ist unser Gesundheitswesen in der Breite noch nicht eingestellt. Wir müssen heute ehrlich zugeben, dass die zentrale Intention der UN-Behindertenrechtskonvention noch nicht in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen ist. Recht allgemein und dennoch bestimmt formuliert Art. 25 der Konvention: Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung … Sehr viel konkreter wird dann Art. 26, der besagt: Menschen mit Behinderungen sollen in die Lage versetzt werden, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit … und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen … Zu diesem Zweck organisieren, stärken und erweitern die Vertragsstaaten umfassende Habilitations- und Rehabilitationsdienste und -programme, insbesondere auf dem Gebiet der Gesundheit … und der Sozialdienste … Dies bleibt auch fünf Jahre nach Unterzeichnung der Konvention Aufgabe und Herausforderung in unserem Land. Unüberwindbare Treppen, zu schmale Türen, ungeeignete Behandlungstische und -stühle bei Ärzten und in Krankenhäusern markieren dabei Barrieren, die mit gutem Willen und mit recht überschaubarem Ressourceneinsatz in absehbarer Zeit beseitigt werden können. Ärzte und andere Akteure jedenfalls hätten den als Rechtsanspruch verankerten Sinn der UN-Konvention, vor allem aber auch die Zeichen des demografischen Wandels noch nicht wirklich erkannt, wenn sie diese Missstände nicht zeitnah und konsequent beseitigen würden. An anderen Stellen sind dickere Bretter zu bohren. So erleben behinderte und chronisch kranke Menschen bei der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln fast täglich die Diskrepanz zwischen ihrem gesetzlichen Anspruch und der vom Kostendämpfungsbestreben beherrschten Wirklichkeit: wenn die Zeit für den Aufbau von Vertrauen und Verstehen fehlt, wenn Assistenz nicht zur Verfügung steht, wenn das Taschengeld nicht reicht, um rezeptfreie Arzneimittel bezahlen zu können, wenn Kommunikation nicht gelingt, weil man einfach nicht die gleiche Sprache spricht. Die volle Zugänglichkeit zu Gesundheitsleistungen wird nur dann realisiert, wenn die noch immer in erheblichem Maße vorhandenen Kommunikationsbarrieren konsequent abgebaut werden. Müssten nicht alle Beschäftigten im medizinischen Bereich eine für Laien verständliche Sprache nutzen, um so überhaupt erst eine gute Kommunikation auf Augenhöhe zu ermöglichen? Beipackzettel oder Therapieanweisungen in einfacher Sprache zu formulieren, wäre nicht nur für Menschen mit Behinderungen ein legitimer Anspruch; es wäre ein Gewinn für alle und ein wichtiger Beitrag zu einer bürgernahen Gesundheitsversorgung. Noch ein letzter Aspekt. Es gibt viele gute Angebote und fantastische Hilfsmittel, aber die größten Hürden sind dann zu überwinden, wenn es um die Frage geht: Wer trägt die Kosten? Wer ist zuständig? Wo stelle ich den Antrag? Dies bleibt auch nach fünf Jahren immer noch eine große Aufgabe und Herausforderung. Dieser Aufgabe sollten wir uns stellen bei den anstehenden Gesetzgebungsvorhaben, die wir uns vorgenommen haben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
SPD
Herr Präsident ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Lieber Herr Müller , ich bin immer wieder aufs Neue überrascht , mit welchem Engagement , mit welcher Begeisterung und mit welcher Ungeduld die CDU/CSU _ zumindest ein kleiner Kreis _ Umweltpolitik macht , seit Sie in der Opposition sind . Seit Sie nichts mehr tun können , wollen Sie immer etwas tun . . [CDU/CSU] : Konstruktive Oppositionspolitik !) Sie zitieren immer mit großer Freude den Sachverständigenrat für Umweltfragen . Ich muss sagen : Sie haben Glück , dass sich der Sachverständigenrat für Umweltfragen nie mit der Umweltpolitik der Opposition beschäftigt hat , denn dann würden Sie ein sehr kritisches Urteil bekommen . . Aber nun zur Sache und zu den vorliegendenAnträgen . Lange Zeit hat man im Umweltschutzbereich davon gesprochen , dass die nachsorgende Technik extrem teuer ist . Das war oft ein betriebswirtschaftliches Argument gegen die Verbesserung . Seit einigen Jahren , seit es Umweltmanagementsysteme , seit es das Ökoaudit gibt , wird in den Betrieben und auch in den Verwaltungen umgedacht , weil man erkennt , dass durch ökologisch orientiertes Management gut gewirtschaftet , ja sogar gespart werden kann . Meine Kollegin Caspers-Merk hat darauf hingewiesen , dass zahlreiche Kommunen zum Beispiel im Rahmen von lokalen Agendaprozessen deutlich gemacht haben , wie man durch Investitionen im Energiebereich sparen kann , wie man aber auch dadurch , dass man untersucht , wie Materialströme bzw . Beschaffungsvorgänge aussehen , erheblich Geld sparen und zugleich ökologisch wirtschaften kann . . Privatwirtschaftliche Betriebe haben dadurch , dass sie ihre Betriebsprozesse analysiert haben , gezeigt , wo überall Material flöten geht , unnötig verbraucht oder vielleicht auch falsches Material eingesetzt wird . Nach einem solchen Ökoauditprozess kommen sie unter Umständen dazu , dass man in dem einen oder anderen Bereich Material , Energie oder Rohstoffe sparen kann .Alle diejenigen , die diese Zertifizierung durchlaufen , stellen fest : Wir können damit , betriebswirtschaftlich gesehen , Gewinn machen . Das ist gut so . Im Moment läuft ja auf EU-Ebene _ Herr Müller , jetzt kommt ein Stück weit die Antwort auf Ihre Frage _ der Prozess EMAS II , in den wir uns eingemischt und zu dem wir Vorschläge gemacht haben . Es ist überhaupt nicht so , wie Sie konstruiert haben , dass wir eher auf die ISO- Norm setzen und EMAS II beiseite lassen . Im Gegenteil : Wir haben schon immer die Position vertreten , dass das anspruchsvolle Verfahren der EU erhalten bleiben soll und das andere zwar dazu passen , aber eben nur ein Teilbaustein sein soll . Daran hat sich nichts geändert ; dazu stehen wir . . Aber Sie wissen auch , dass dies ein komplexes Verfahren ist und es jetzt wieder an die EU zurückverwiesen worden ist . Wir müssen nun das endgültige Ergebnis abwarten . Jetzt zu unserem Antrag hinsichtlich eines Umweltcontrollings und Umweltmanagements in Gebäuden der Bundesregierung bzw . in Anlagen des Bundes : Ich meine , es ist höchst überfällig , dass wir in diesem Feld tätig werden . Herr Müller , jetzt muss ich doch noch einmal Sie und damit die CDU/CSU insgesamt und die FDP ansprechen : Es ist nicht unser Problem , dass Sie es während Ihrer 16 Regierungsjahre nie geschafft haben , in den Liegenschaften des Bundes eine ordentliche Ökobilanz aufzustellen und ein ordentliches Umweltmanagement aufzubauen . Das hätten Sie doch 16 Jahre lang tun können . . Wir machen jetzt einen Vorschlag . Jammern Sie also nicht herum , sondern folgen Sie unserem Anschlag . _ ich wollte sagen : Antrag _ mit Begeisterung ! . Nun zum Antrag der FDP im Hinblick auf ein Ökoaudit . . _ Dies ist in Teilen ein Anschlag auf die Umweltpolitik . Ich sehe das aber nicht so harmlos wie Frau CaspersMerk . Es gibt viele Punkte , in denen wir Ihnen von der FDP zustimmen ; das ist keine Frage . Aber es gibt auch hochproblematische Punkte : Sie schlagen zum Beispiel vor , dass ökoauditierte Betriebe vom Genehmigungsverfahren ausgenommen , also gesondert behandelt werden sollen .Aus meiner Sicht _ andere Experten sehen das ähnlich _ ist dies absolut unmöglich , weil es zum Kernbereich der IVU-Richtlinie gehört , dass gerade dies einheitlich geregelt wird und es keine Ausnahmeregelung gibt . Sie schlagen ausdrücklich vor , das zu tun . Das wäre ein katastrophaler juristischer Fehler . Sie schlagen ferner zahlreiche Möglichkeiten vor , wie man die Genehmigungsverfahren erleichtern kann . Wir stimmen Ihren Vorschlägen da zu , wo das Verfahren entDeutscher Bundestag - 14 . Wahlperiode - 98 . Sitzung . Berlin , Donnerstag , den 6 . April 2000 Bernward Müller 9171 bürokratisiert bzw . vereinfacht werden soll . Aber ich frage mich : Warum schlagen Sie eigentlich vor , ein ausgesprochen einfaches Verfahren , nämlich die elektronische Fernüberwachung , abzuschaffen ? Das ist nun einmal eine unbürokratische Regelung , zu der ich sagen muss : Das ist die einfachste Form der hoheitlichen Überwachung von Betrieben und das ist doch nur recht und billig . . Hieran kann man erkennen : Es geht Ihnen offensichtlich nicht um eine Qualitätsverbesserung . Sie nehmen im Namen der Deregulierung sogar eine Verschlechterung in Kauf . . Deswegen sage ich es noch einmal : Unser Ziel im Umweltbereich ist nicht die Deregulierung , sondern die Entbürokratisierung vieler Punkte in diesem Bereich , die zu Ihrer Regierungszeit über Jahre hinweg aufgebaut worden sind . Ich sage Ihnen auch konkret , wo ich mir Erleichterungen vorstellen kann : zum Beispiel bei den Berichtsperioden . Die Abfassung von Berichten muss nicht immer innerhalb der bisherigen Fristen erfolgen . Ich glaube , auch die Vielzahl der Messungen ist zum Teil unangemessen . Ich glaube , dass die bestehenden Parameter oft viel zu kompliziert sind und dass es einfacher ginge . Ich glaube auch , dass man bei der Kalibrierung und der Art des Messens auf die Eigenverantwortung der Betriebe setzen sollte . Für uns _ um es der FDP einmal klar zu sagen _ ist die Eigenverantwortung von Betrieben im Umweltschutzbereich kein Tabu . Ein Tabu besteht allerdings dann , wenn es um die Standards geht . Diese dürfen über Ökoaudit nicht unterlaufen werden , und die Steuerung und Kontrolle durch die öffentliche Verwaltung dürfen nicht über Ökoaudit quasi ausgehebelt werden . Das machen wir nicht mit . . Ich komme zum Schluss . Das Ziel sowohl unseres Antrags zum Umweltcontrolling und Umweltmanagement als auch unserer Initiativen zum Ökoaudit war , den Umweltschutz voranzutreiben und zugleich den Unternehmen betriebswirtschaftliche Möglichkeiten dafür zu eröffnen . Das Gleiche gilt für die Verwaltung , für die öffentliche Hand , im Bereich der Bundesliegenschaften . . Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zu diesem Hohen Haus sowie zu den Bürogebäuden derAbgeordneten und damit ein persönliches Wort an den Präsidenten , stellvertretend für unser Haus . Ich empfinde es als ausgesprochen peinlich , dass es inzwischen selbstverständlich ist , dass auf jedem Flughafen und jedem Bahnhof ein Abfalleimer steht , der die Möglichkeit bietet , den Abfall mindestens in vier Kategorien zu trennen , in den Bürogebäuden der Bundestagsabgeordneten aber noch Mülleimerzustände wie vor zehn Jahren herrschen . . _ In den meisten Bürogebäuden ist es so , wie ich gesagt habe , auch hier im Reichstag . Die Abgeordneten sollten ein Vorbild sein . Sie müssen aber auch in die Lage versetzt werden , vorbildlich sein zu können . Dies ist einAuftrag an die Bundestagsverwaltung und an die Bundesregierung , auch in diesem Bereich vorbildlich zu werden . . Vielen Dank . .
GRUENE
Frau Staatsministerin , Sie haben die beiden Kritikpunkte bereits angesprochen . Ein Kritikpunkt der Nichtregierungsorganisationen bezieht sich darauf , dass bei der Präsenz eines größeren Soldatenkontingents , das zur Zielscheibe terroristischer oder sonstiger Angriffe werden könnte , nicht mehr zwischen den Soldaten und den Helfern , die in einer gewissen räumlichen Nähe untergebracht sind , unterschieden werden kann . Selbst die Entwicklungshilfeministerin hat das vor einigen Monaten noch sehr kritisch gesehen . Was hat die Bundesregierung jetzt konkret beschlossen , um zu verhindern , dass zivile Helfer in das Fadenkreuz von Terroristen geraten könnten ?
FDP
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um das vorab klar und deutlich zu sagen: Das Bild, das Europa angesichts dieses Flüchtlingselends bietet, ist erbärmlich, das Verhalten der Regierung Berlusconi mit Blick auf die Lega Nord mindestens als schändlich zu bezeichnen, auch angesichts dessen, was vorher von dort aus an Aktivitäten in Richtung Libyen zum großen Freund Gaddafi entfaltet worden ist. Aber auch – ich bitte um Nachsicht – das Verhalten dieser Koalition und der Regierung sowie einiger CDU-Länderinnenminister ist aus der Sicht von Sozialdemokraten keineswegs immer nur begeisterungswürdig. Ich registriere ja, dass wenigstens einige FDP-Politiker – dazu gehören der Europaabgeordnete Lambsdorff, der Kollege Wolff, aber auch Frau Pieper – das anders sehen als zum Beispiel die Länderinnenminister Herr Schünemann und Herr Herrmann. Man muss aber auf Folgendes deutlich hinweisen: Wir reden nicht nur in mehr oder weniger abwertender Weise von sogenannten Wirtschaftsflüchtlingen. Im Juni letzten Jahres fand eine Delegationsreise des Innenausschusses nach Libyen und Malta statt, um sich – lange vor der jetzigen Entwicklung – ein Bild über die örtlichen Verhältnisse zu machen. Von dieser Reise will ich Ihnen berichten und es beschreiben, obwohl das, was wir dort gesehen haben, fast unbeschreiblich war. In der Nähe von Tripolis haben wir ein gerade einmal anderthalb Jahre altes Flüchtlingslager – man könnte auch Abschiebegewahrsam dazu sagen –, besucht. Dort waren in einem Raum mit den Abmessungen 10 mal 12 Meter, 4 Meter hoch – oben ein Lichtband, die Scheiben zum Teil zerschlagen – 40 Somalis untergebracht. In diesem Raum gab es keinen Tisch, keinen Stuhl, keinen Schrank, kein Bett. Für diese 40 Personen gab es Sanitäreinrichtungen, die bestanden aus zwei Abtritten, die zugleich als Dusche dienten, und zwei mittlerweile schon reichlich beschädigten Waschbecken. Das war die Unterbringung, die wirklichen Flüchtlingen aus dem Osten Afrikas, die an Leib und Leben bedroht waren, durch Herrn Gaddafi in Libyen geboten wurde. Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts dieses Elends kann man, so glaube ich, vielen Menschen, die ihr Leben zweimal riskieren – einmal, indem sie die Wüste durchqueren, und dann möglicherweise noch einmal auf dem Weg über das Mittelmeer –, die Berechtigung ihres Fluchtanliegens kaum versagen. Ich beklage die undifferenzierte Art und Weise, mit der in Deutschland schon jetzt mit einer Abschottungsrhetorik erwidert wird. Ebenso beklage ich das völlig unmögliche und nicht akzeptable Verhalten der Regierung Berlusconi – wie gesagt, mit Rücksicht auf ihren Koalitionspartner Lega Nord, wie ich annehme –, nun zu sagen: Um Himmels Willen, jetzt sind 23 000 Flüchtlinge gekommen; damit sind wir völlig überfordert. Wir lassen die alle durchreisen, oder wir schieben sie am besten alle ab. Gerade Berlusconi hat in Abkommen bilateraler Art mit Herrn Gaddafi Zusagen über 250 Millionen Euro jährlich auf die Dauer von 25 Jahren gemacht, tituliert und angeblich mit dem Zweck und der Absicht, koloniales Unrecht wiedergutzumachen, unausgesprochen aber mit der Erwartung, dass Gaddafi möglichst keine Flüchtlinge mehr über das Mittelmeer lässt. Außerdem wurden ihm noch sieben Schnellboote zur Verfügung gestellt, zum Teil mit italienischer Besatzung. Diese Art von Verlagerung europäischer Flüchtlingspolitik wollen wir als Sozialdemokraten nicht. Wir wollen die Menschen nicht an den Küsten der Herkunfts- und Fluchtländer zurückhalten, auch nicht, indem etwa Frontex-Einheiten die entsprechende Rolle in Tunesien übernehmen. Was wir verlangen, sagen wir Ihnen klipp und klar: Wir sollten versuchen, denjenigen, die aus wirtschaftlichen Gründen, vielleicht aus Tunesien, zu uns kommen wollen – dort sind, wie wir hören, vier von fünf Akademikern arbeitslos –, eine vernünftige Perspektive für einen meinetwegen befristeten, aber geordneten Aufenthalt in der EU, beispielsweise auch in Deutschland, zu bieten. – Das ist das eine. Zum anderen sollten wir uns bemühen, politische Fluchtursachenbekämpfung zu betreiben, auch dort, wo noch Diktaturen am Werk sind, wo die Menschen durch bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen an Leben und Leib gefährdet sind. Auch das ist unsere Aufgabe. Im Übrigen – das ist das Wichtigste – haben wir alle Veranlassung, darauf hinzuwirken, dass es zu einer realen Lastenteilung bei der europäischen Flüchtlingspolitik kommt. Herr Minister Friedrich, die Massenzustrom-Richtlinie hilft uns da überhaupt nicht weiter; unter anderem, weil wir es zumindest zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht mit Massen zu tun haben, mit denen Italien nicht fertig werden könnte. Die Schwachstelle dieser Richtlinie liegt in Art. 25 – ich bitte Sie, das nachzulesen –, weil hierin gar kein Verteilungsmechanismus für die Flüchtlingswellen, die auf uns zukommen werden, enthalten ist. Es ist vielmehr so, dass die einzelnen Mitgliedstaaten sagen dürfen, wie viele sie aufzunehmen bereit sind. Dieses Versagen der EU und der Bundesregierung wiegt für mich umso schwerer, da wir alle, die wir jetzt auf den Mittelmeerraum schauen, die Augen lange vor der unverhältnismäßig großen, immensen Belastung Griechenlands verschlossen haben. Es ist richtig, dass Griechenland die Asylverfahren nicht ordentlich bearbeitet. Griechenland, wo wir 2009 zu Besuch waren, sieht sich aber einer riesigen Zuwanderungswelle gegenüber – darunter sind auch viele illegale Flüchtlinge –: Zwischen 500 000 und 1,5 Millionen Menschen sind zugewandert, bei einer Bevölkerungszahl von ungefähr 11 Millionen. Dieser Welle kann Griechenland nicht Herr werden. Griechenland bemüht sich nach Kräften, die Menschen im Land zu behalten, obwohl es allen Grund hat, zu sagen: Einfach weiter mit ihnen nach Zentraleuropa. Deutschland und die gesamte EU haben vor dieser verhängnisvollen Entwicklung, die wirklich mit einem Massenzustrom vergleichbar und mit der entsprechenden Belastung verbunden ist, die Augen verschlossen. Ich wäre allen Beteiligten sehr dankbar, wenn sie endlich begreifen würden, dass wir eine faire Lastenverteilung brauchen, dass wir nicht zulassen dürfen, dass einige Staaten mit ihrer Hausmeisterrolle für Zentraleuropa völlig überlastet werden. Das betrifft im Augenblick und seit Jahren Griechenland. Das wird vermutlich in ebenfalls erheblichem Maße Malta betreffen, und das wird auch Italien betreffen. Es besteht Handlungsbedarf. Ich bitte um mehr Aktivitäten auch seitens der deutschen Bundesregierung. Vielen Dank.
SPD
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch nach Monaten ist die große Bereitschaft der Deutschen, Flüchtlinge bei uns aufzunehmen und freundlich zu behandeln, ungebrochen. Der ehemalige polnische Botschafter Janusz Reiter spricht in einem Zeitungsbeitrag von einem „Triumph der Menschlichkeit“. Ich glaube, wir können uns damit viel Respekt und eine große Wertschätzung in der Welt erarbeiten. Aber viele Bürgerinnen und Bürger sind auch verunsichert. Sie sind verunsichert, weil so viele Flüchtlinge in so kurzer Zeit kommen. Ich denke, die Menschen glauben, dass wir es schaffen können, 800 000 oder 1 Million Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren. Aber sie fragen natürlich auch: Wie geht es weiter? Können wir die Zahl der Flüchtlinge verringern? Kommen im nächsten Jahr wieder 1 Million Menschen, oder werden es sogar noch mehr? Wie verändert das unser Land, und wie verändert das das Leben der Menschen in diesem Land? – Die Ungewissheit erzeugt Angst, und ich finde, diese Angst müssen wir ernst nehmen. Deshalb gilt es jetzt, mit aller politischen und finanziellen Kraft, zu der wir in der Lage sind, dafür zu sorgen und dazu beizutragen, dass weniger Menschen die Flucht ergreifen, sodass wir die Geschwindigkeit des Flüchtlingszuzugs in Deutschland deutlich verringern. Zuallererst müssen wir die Lage der Flüchtlinge in den Nachbarländern Syriens verbessern. Viel zu lange haben wir über die dramatische Verschlechterung der Lage der Flüchtlinge dort hinweggesehen. Was Sigmar Gabriel von seiner Reise nach Jordanien berichtet hat, ist niederschmetternd. Die Menschen leben unter erbärmlichen Verhältnissen: Es gibt keine Zukunftsperspektive, wegen Geldmangels muss das Welternährungsprogramm die Rationen kürzen, es gibt keine Arbeit, die Hälfte der Kinder geht nicht zur Schule, und in den Lagern ist von einer verlorenen Generation die Rede. Immer mehr Menschen sitzen jetzt auf gepackten Koffern. Wenn wir die humanitäre Situation und die Bildungsmöglichkeiten für Kinder in diesen Ländern nicht schnell verbessern, dann werden sich viele auf die Reise machen. Ich finde die Entscheidung der Staats- und Regierungschefs von gestern Abend, mindestens 1 Milliarde Euro bereitzustellen, gut. Das wird aber nicht reichen. Deshalb ist es notwendig, dass die USA und die Golfstaaten diese Summe verdoppeln. Wenn wir erreichen wollen, dass die Menschen ihre Fluchtentscheidung noch einmal überdenken oder aufschieben, dann brauchen wir auch ein weiteres Signal der Hoffnung. Ein starkes Signal für die Menschen wäre es, wenn Russland und die USA gemeinsam mit den Europäern und den Regionalmächten Gespräche aufnähmen, um für Syrien eine Lösung zu finden. Dass man mit Russland in der Syrien-Frage konstruktiv zusammenarbeiten kann, haben wir im Sommer 2013 gesehen. Damals haben Russland, die USA und weitere Staaten vereinbart, das syrische Chemiewaffenarsenal unter internationale Kontrolle zu stellen. Auch die Bundeswehr hat einen wichtigen Beitrag zur Vernichtung der Chemiewaffen geleistet. Das könnte eine Blaupause für neue Syrien-Gespräche sein. Ich bin Frank-Walter Steinmeier für seine Syrien-Initiative dankbar. Es ist gut, dass jetzt möglicherweise alle an einen Tisch kommen. Vielen Dank dafür. Ebenfalls finde ich gut, dass die Bundeskanzlerin gestern klar gesagt hat: Wir müssen auch mit Assad reden, auch wenn das schwerfällt. Wir müssen mit allen reden, die dazu beitragen können, dass dieser Konflikt gelöst wird. Natürlich kann sich niemand vorstellen, dass Assad eine dauerhafte Rolle bei der Herstellung von Frieden in Syrien spielen kann. Die meisten der 250 000 Toten dieses Bürgerkriegs gehen auf seine Verantwortung, und wir wissen, dass ein Kriegsverbrecher nicht der Garant für Frieden sein kann. Wir müssen jetzt aber mit allen reden, um zu einer Befriedung dieses Konfliktes zu kommen. Eines steht für mich auch eindeutig fest, Frau Wagenknecht – da bin ich ausnahmsweise Ihrer Meinung; allerdings haben Sie kein Wort darüber gesagt, dass Russland gerade Kampfflugzeuge nach Syrien gebracht hat –: Eine Eskalation der militärischen Auseinandersetzung kann diesen Konflikt ganz sicher nicht befrieden. Nicht nur bei der Bekämpfung der Fluchtursachen, sondern auch bei der Gestaltung einer neuen europäischen Flüchtlingsordnung müssen wir die Unterstützung aller Länder in Europa haben. Wenn wir Freizügigkeit und offene Grenzen erhalten wollen, dann brauchen wir sichere EU-Außengrenzen, und wir brauchen Aufnahmezentren in den Hauptankunftsländern Italien und Griechenland. Ich bin froh, dass der Europäische Rat bzw. die Staatsund Regierungschefs gestern informell eine klare Entscheidung für die Sicherung der Außengrenzen und die Einrichtung von Hotspots getroffen haben. Die Sicherung der Außengrenzen wird aber nur dann funktionieren, wenn wir auch legale Möglichkeiten des Zuzugs von Flüchtlingen schaffen. Anders werden wir nicht in der Lage sein, den Zuzug der Flüchtlinge besser zu steuern und vor allen Dingen den Schleusern ihr menschenverachtendes Handwerk zu legen. Ich finde, Kontingente von Flüchtlingen zu übernehmen, wie es Herr de Maizière formuliert hat, ist kein schlechter Gedanke. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er aber nicht gemeint!) Die Resettlement-Programme der Vereinten Nationen sind insbesondere für Frauen und Kinder oft die einzige Möglichkeit, wirklichen Schutz zu finden. Deshalb sollten wir darüber nachdenken. Dass Artikel 16 a Grundgesetz davon nicht beeinträchtigt werden darf, halte ich für selbstverständlich. Europa muss seine humanitären Verpflichtungen aus der Genfer Konvention erfüllen. Das geht aber nur, wenn wir die Flüchtlinge in Europa fair verteilen. Dass sich die Innenminister am Dienstag – wenn auch nur mit Mehrheitsentscheidung – auf die Verteilung von 120 000 Flüchtlingen verständigt haben, ist ein erster Schritt. Ich bin froh, dass auch Polen dem Kompromiss zugestimmt hat. Bundesinnenminister de Maizière hat daran entscheidenden Anteil gehabt. Wir können aber natürlich bei diesem Kompromiss nicht stehen bleiben. Bei der Flüchtlingsfrage brauchen wir – genauso wie in der Griechenland-Krise – ein Mindestmaß an europäischer Solidarität. Es steht nicht in Einklang mit europäischem Recht, wie in den letzten Wochen in Ungarn, Serbien und Kroatien die Flüchtlinge hin- und hergeschoben worden sind. – Auch in der Slowakei, auch in Slowenien. – Noch immer gibt es EU-Mitglieder, die eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge kategorisch ablehnen – ausgerechnet die Länder, die so sehr von der Solidarität der Europäischen Union profitieren. Tschechien bekam 2013 knapp 3,4 Milliarden Euro mehr, als es eingezahlt hat. Ungarn verbuchte ein Plus von 5 Milliarden Euro. Wer so viele Vorteile von der EU hat, der muss auch Verantwortung übernehmen und helfen, um humanitäre Katastrophen abzuwenden. Wenn in Europa im Augenblick nur kleine Fortschritte möglich sind, dann brauchen wir in der deutschen Innenpolitik einen großen Fortschritt. Heute Abend beim Treffen der Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten werden die Grundlagen dafür geschaffen, dass wir in diesem Jahr 800 000 Flüchtlinge aufnehmen und versorgen, aber auch integrieren können – jedenfalls die meisten derjenigen, die bei uns bleiben werden. Diese Menschen müssen in Kitas und Schulen. Wir brauchen Sprachkurse, Lehrstellen, Arbeitsplätze und menschenwürdige Wohnungen. All das ist ein Kraftakt. Was die Menschen deshalb zuallererst von uns erwarten, sind ein tatkräftiges Krisenmanagement und eine zügige Bearbeitung der Asylverfahren. Die Menschen, die bei uns Asyl suchen, brauchen schnell Gewissheit, ob sie bleiben können oder nicht. Abgelehnte Bewerber, die keine Perspektive haben, müssen schnell in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. Wir haben bereits vor dem heutigen Treffen verabredet, dass der Bund die Kapazitäten in der Erstaufnahme deutlich erhöht. Wir müssen aber auch die ungeregelte Einreise der Flüchtlinge an den Grenzen wieder unter Kontrolle bringen. Ich war in der letzten Woche in Passau und habe mir das angesehen. Ich habe gesehen, wie die Bundespolizei dort die Flüchtlinge an unterschiedlichen Stellen aufgreift, sie einsammelt und auch registriert. Das ist hervorragend organisiert. Vor allen Dingen geht die Bundespolizei mit den Flüchtlingen respektvoll und sensibel um. Ich muss sagen: Bei dem ganzen Durcheinander in dieser Krise, in der vieles nicht, jedenfalls noch nicht, rundläuft, ist die Bundespolizei ein stabiler Faktor, auf den man sich absolut verlassen kann. Deshalb bin ich froh, dass wir hier 3 000 neue Stellen bewilligt haben. Aber die Registrierung, die zunächst durch die Bundespolizei erfolgt, wird anschließend noch einmal und in manchen Fällen ein drittes Mal gemacht: Die Registrierung der Polizei landet am Ende im Papierkorb, weil die Erstaufnahmeeinrichtung sie noch einmal durchführt; dann macht das BAMF diese Arbeit unter Umständen noch einmal. Ich finde, wir können uns in diesen schwierigen Zeiten doppelte und dreifache Arbeit nicht leisten. Heute Abend geht es vor allem um die finanzielle Entlastung der Kommunen und der Länder. Wir wollen, dass sich die Finanzhilfe an der tatsächlichen Entwicklung orientiert. Dabei geht es nicht um eine einmalige großzügige Unterstützung, sondern es geht um eine auf Dauer angelegte und dynamisch an der Zahl der Flüchtlinge orientierte Mitfinanzierung des Bundes bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Dabei handelt es sich um eine doppelte Integration: eine Integration in unsere Gesellschaft und eine Integration in unseren Arbeitsmarkt. Bei der Integration in unsere Gesellschaft ist klar, dass die Flüchtlinge das Wertesystem, das unserer Verfassung zugrunde liegt, akzeptieren müssen. Bei der Integration in den Arbeitsmarkt geht es darum, dass die Flüchtlinge möglichst bald ihren Lebensunterhalt mit Arbeitseinkünften bestreiten können. Angesichts dieser doppelten Integrationsanforderung ist es ein Glücksfall, dass wir mit Frank-Jürgen Weise künftig jemanden haben werden, der sowohl die Bundesagentur als auch das BAMF leitet. Ich glaube, das wird gut. Auch wenn wir gewaltig investieren müssen, dürfen wir nicht nur die Belastungen sehen, sondern wir müssen auch die Chancen für eine alternde Gesellschaft erkennen. Deutschland hat nach Japan die älteste Bevölkerung aller Industrieländer. Ein Land, in dem schon heute über 1 Million Stellen vakant sind und über 40 000 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können, ist auf Einwanderung dringend angewiesen. Wir wollen die Flüchtlinge schnell in Arbeit bringen. Dabei müssen wir auf eine Sache ganz besonders aufpassen, nämlich dass die Flüchtlinge nicht eine billige Reservearmee für den Arbeitsmarkt werden. Der Vorschlag, dass der Mindestlohn für Flüchtlinge ausgesetzt werden soll, ist unverantwortlich. Genau das dürfen wir nicht tun. Wenn jemand, der lange darauf warten musste, dass er endlich 8,50 Euro in der Stunde verdient, sieht, dass Flüchtlinge für 6,50 Euro die gleiche Arbeit anbieten, dann muss er logischerweise Angst um seinen Arbeitsplatz haben. Genau das ist der Weg, diese Gesellschaft zu spalten. Den sollten wir nicht gehen. Wir brauchen ein kräftiges Wohnungsbauprogramm, und zwar nicht nur für Flüchtlinge. Es gibt in Ballungszentren und Universitätsstädten in diesem Land auch unter Nichtflüchtlingen genügend Menschen, die auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung sind. Deshalb ist ein Wohnungsbauprogramm die entscheidende Voraussetzung für die Integration der Flüchtlinge, aber auch für alle anderen auf der Suche nach menschenwürdigen Wohnungen. Ich möchte kurz etwas zum Sicherheitsproblem sagen. Der Kollege Hans-Peter Friedrich hat gesagt: Wir haben die Kontrolle verloren. [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Er hat die Kontrolle verloren!) Zigtausende strömen unkontrolliert ins Land. Wir können nicht abschätzen, wer ein islamistischer Schläfer ist. Richtig ist, dass wir an den Grenzen die Kontrolle über die einreisenden Menschen zurückgewinnen müssen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die staatliche Ordnung aus den Fugen gerät. Dass unter den Flüchtlingen auch Islamisten sein können, kann niemand ausschließen. Deshalb müssen wir auch wachsam sein. Aber für viel gefährlicher halte ich es, wenn die 800 deutschen Gotteskrieger, die auf der Seite des „Islamischen Staates“ kämpfen, wieder nach Deutschland zurückkehren. Ich sage Ihnen: Die allermeisten Menschen, die aus Syrien kommen, haben die Nase gestrichen voll von Gotteskriegern und gewalttätigen religiösen Eiferern. Damit das so bleibt, sollten wir sicherstellen, dass die radikalen Salafisten in Deutschland jetzt nicht die Betreuung der Flüchtlinge übernehmen, meine Damen und Herren. So gesehen ist unsere Gastfreundschaft eine gute Integrationspolitik und eine Investition in die innere Sicherheit. Muslime sagen vor laufenden Kameras: Die Dschihadisten sagen uns, ihr seid Ungläubige; aber in Wirklichkeit seid ihr es, die den Muslimen in Not helfen. – So ganz nebenbei führen wir wahrscheinlich gerade den effektivsten Kampf gegen den Islamismus, der möglich ist. Auch das sollten wir sehen, meine Damen und Herren. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Es ist gut, dass inmitten der größten Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg am Wochenende die UN‑Vollversammlung in New York stattfindet. Auf der Tagesordnung steht die Verabschiedung einer nachhaltigen, weltweit gültigen Entwicklungsagenda, und die Kanzlerin hat zu Recht darauf hingewiesen: Die Agenda 2030 richtet sich nicht nur an Entwicklungsländer, sondern sie verpflichtet alle Länder auf diesem Globus, ihre Aufgaben zu erfüllen. Wie viele Flüchtlinge in den nächsten 10 oder 20 Jahren nach Deutschland und Europa kommen, hängt ganz wesentlich auch davon ab, ob die Verhandlungen in New York gut laufen. Deshalb, Frau Bundeskanzlerin, wünsche ich Ihnen gutes Gelingen bei der UN‑Vollversammlung. Vielen Dank.
SPD
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hochwasser ist in Deutschland nichts Ungewöhnliches. Wer in der unmittelbaren Nähe eines Flusses wohnt, der kennt das Problem, wenn nach starken Regenfällen der Pegel der Flüsse langsam steigt. Wenn das passiert, haben die Behörden in der Regel ausreichend Zeit, um Vorsichtsmaßnahmen einzuleiten. Am Ende dieser Debatte ist festzustellen, dass die Starkregenfälle und die Unwetter der letzten Wochen mit einem normalen Hochwasser überhaupt nichts zu tun haben. Die Katastrophe war nicht vorhersehbar, nichts war planbar, und es konnten auch keine Vorsichtsmaßnahmen vonseiten der Behörden eingeleitet werden. Weder die Verwaltungen noch die privaten Haushalte konnten rechtzeitig Vorkehrungen zur Abminderung der Wassermassen entwickeln. Innerhalb von wenigen Minuten haben sich kleine Bäche zu reißenden Strömen entwickelt und alles mitgenommen, was sich ihnen in den Weg stellte. In meinem Wahlkreis hat es am 29. Mai erstmals auch ein Todesopfer gegeben. Der Mann war in seiner Garage, die sich so schnell mit Wasser füllte, dass kein Entkommen mehr möglich war. Wir haben es vorhin gehört: In der kleinen Gemeinde Braunsbach mit 2 500 Einwohnern und einem jährlichen Gewerbesteueraufkommen von 300 000 Euro sind innerhalb von 15 Minuten Schäden an öffentlichen Einrichtungen und an der Infrastruktur von über 95 Millionen Euro entstanden. Die zusätzlichen Schäden an privaten Haushalten und für Gewerbetreibende konnten noch gar nicht ermittelt werden. In Künzelsau, in der Gemeinde, in der ich stellvertretender Bürgermeister bin, sind Schäden von über 100 Millionen Euro zu beklagen. Die Menschen und die Behörden sind von dieser Flutwelle völlig unvorbereitet getroffen worden. Wir wissen aus den Gesprächen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern: Selbst wenn sie gewusst hätten, dass eine solche Flutwelle die Gemeinde heimsuchen wird, wären Vorsichtsmaßnahmen bei der Menge an Wassermassen wahrscheinlich nicht möglich gewesen. Ich freue mich, dass in dieser Debatte deutlich geworden ist und auch von keinem Redner bestritten worden ist: Diese Gemeinden dürfen wir nicht alleine lassen. Wir müssen ausreichend Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Diese Gemeinden können die Kosten für den Schaden nicht alleine tragen. In Baden-Württemberg hat gestern das Landeskabinett erste Unterstützungsmaßnahmen beschlossen. Die Infrastruktur der kleinen Gemeinde Braunsbach wird mit Hilfe des Landes zu 100 Prozent wiederhergestellt. Ich glaube, das ist eine gute Nachricht für den Bürgermeister, die Gemeinderäte und die Bürgerinnen und Bürger. Aber auch die übrigen Gemeinden dürfen wir nicht vergessen; es ist schon angesprochen worden. Die Gemeinden und die Bürgerinnen und Bürger fragen natürlich auch: Wie kann der Bund trotz des Föderalismus hier direkt unterstützen? Um eine Diskussion über diese Frage anzustoßen, haben wir diese Aktuelle Stunde beantragt. Positiv ist – das haben auch alle Redner erwähnt –, dass die Zusammenarbeit unserer Hilfsorganisationen gut funktioniert hat. THW, Feuerwehr, Rotes Kreuz und DLRG haben mit der Polizei und den Behörden ausgezeichnet zusammengearbeitet. Überall hören wir, dass Hunderte von ehrenamtlichen Helfern, die sich bisher noch nie in ihrem Leben mit Katastrophenschutz oder Hochwasser auseinandergesetzt haben, zu den Einsatzorten geströmt sind und ihre Hilfe angeboten haben. Ihnen ist am Ende dieser Debatte noch einmal ausgiebig zu danken. Eine große Solidaritätswelle hat es auch bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern gegeben. Sie haben ihren Mitarbeitern freigegeben, wenn sie sich freiwillig für den Hochwasserschutz oder für Aufbauarbeiten gemeldet haben, wenn sie Schlamm und Geröll aus der Stadt, den Häusern, den Kellern entfernt haben. Ja, selbst die Flüchtlinge in ihren Unterkünften haben geholfen. Ich glaube, dass dies sicherlich ein ausgezeichneter Beitrag zur Integration war. Wir danken allen, die mitgeholfen haben, dies zu organisieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben auch deutlich gehört, dass diese Wetterphänomene zwar lokale Phänomene sind, sie in Zukunft aber immer häufiger auch bundesweit zu beobachten sein werden. Deshalb sollten wir in den nächsten Wochen darüber diskutieren, wie wir auch auf Bundesebene hierauf angemessen reagieren. Ich stelle fest: Diese Aktuelle Stunde hat sich für die Betroffenen gelohnt. Die Ministerin hat angekündigt, die Städtebauförderung in bestimmten Bereichen umzustellen, um den betroffenen Kommunen schnell, auch finanziell, unter die Arme zu greifen. Eine Versicherungspflicht ist von Rednern aller Fraktionen heute hier angesprochen worden. Auch Zahlungen aus dem nationalen Fonds „Aufbauhilfe“ wurden angemahnt. Nachdem wir fraktionsübergreifend mit derselben Zielrichtung über diese Punkte diskutiert haben, möchte ich Sie bitten: Lassen Sie uns möglichst schnell Nägel mit Köpfen machen und den betroffenen Gemeinden, Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürgern helfen. Dann hat sich diese Aktuelle Stunde gelohnt. Herzlichen Dank.
CDU/CSU
Herr Präsident ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Mit der heißen Luft , die einige der Kollegen aus der Opposition abgelassen haben , hätten wir schon einen schwunghaften Handel beginnen können . Aber im Ernst : Es wurde über die Theorie des Klimaschutzes und über Formalismen bei der Gesetzgebung diskutiert . Ich denke , auf den wesentlichen Aspekt des parlamentarischen Vorbehalts ist mein Kollege von Weizsäcker ausführlich eingegangen . Es ist sicherlich allen klar geworden , dass wir diese Debatte in aller Kürze fortsetzen werden , dass wir also noch ausreichend Gelegenheit haben , uns hierüber auszutauschen . Der Hintergrund der heutigen Debatte ist offenkundig die völlig abwegige Annahme der Union , dass die Bundesregierung mit der Einführung des Emissionshandels finstere Absichten zulasten des Wirtschaftsstandortes Deutschland im Schilde führt . Darauf kann man wohl nur kommen , wenn man glaubt , dass man aus den noch fehlenden rund 2 Prozent Emissionsminderung bis zum Jahr 2012 der deutschen Wirtschaft im Allgemeinen und der deutschen Industrie im Besonderen einen Strick drehen kann . Daran hat jedoch wirklich niemand ein Interesse und ich bezweifle auch , dass das überhaupt möglich wäre ; denn bis 2012 ist die Erreichung des Kioto-Ziels von 21 Prozent Teil des gewöhnlichen Geschäftsablaufs , also das , was wir bei normaler Entwicklung von Wachstum und Effizienz erwarten können . Bis 2012 brauchten wir - an dieser Stelle haben die Kritiker Recht - in Deutschland überhaupt keinen Emissionshandel . Aber gerade in dieser Feststellung liegt der springende Punkt . Wir brauchen den Emissionshandel als ein kosteneffizientes Klimaschutzinstrument für die Zeit nach 2012 . Das bedeutet : Wir brauchen möglichst zügig Klarheit darüber , wohin die Reise geht , und zwar national , aber auch international ; denn es ist die internationale Dimension des Klimaschutzes , die das internationale Instrument des Emissionshandels so interessant macht . Die Auswirkungen des Emissionshandels auf die deutsche Wirtschaft sind also in meinen Augen bis 2012 relativ moderat . Wichtig und entscheidend ist , möglichst noch in dieser Legislaturperiode eine Verständigung über die lange Linie des Klimaschutzes - der Kollege Loske hat darauf schon hingewiesen - zu erzielen , und zwar nicht nur in Deutschland , sondern auch und gerade innerhalb Europas , in der EU , die zukünftig nicht mehr 15 , sondern 25 gleichberechtigte Mitglieder haben wird . Das wird sicherlich nicht einfach sein . Dennoch ist das von ganz grundlegender Bedeutung ; denn damit schaffen wir genau das , was die Wirtschaft , insbesondere die Industrie , und die Verbraucher nicht ohne Grund von uns einfordern : Klarheit über die längerfristigen Rahmenbedingungen für Investitionen in den Energiesektor . Allerdings sollte uns dabei auch bewusst sein , dass Politik in einem liberalisierten Wettbewerbsmarkt nur relative Planungssicherheit für überschaubare Zeiträume schaffen kann . Alles andere wäre übrigens Planwirtschaft und zudem eine etwas merkwürdige Vollkaskoanspruchshaltung , mit der unternehmerisches Risiko möglichst vollständig bei der Politik abgeladen werden soll . Sinnvoll kann es jedoch sein - zumindest für die Periode , die von der EU-Richtlinie abgedeckt ist , also bis 2012 - , eine klare Zielfestsetzung vorzunehmen . Damit wäre schon ein gutes Stück Berechenbarkeit geschaffen . Wir werden bei den anstehenden Beratungen über den Emissionshandel darauf achten , dass ausreichende Anreize für Investitionen , für Modernisierung und für Wertschöpfung in Deutschland gesetzt werden . Es kann dabei weder um Strukturbrüche noch um die Zementierung des Status quo gehen . Das bedeutet auch , dass klimapolitische Vorleistungen anerkannt werden müssen und dass Effizienz zum Beispiel bei der Modernisierung und dem Neubau von Kraftwerken belohnt und nicht abgestraft wird . Wer eine hoch effiziente Stromproduktion betreibt , muss besser ausgestattet werden als derjenige , der das goldene Ende abgeschriebener Kraftwerke hat . Es wäre energie- und volkswirtschaftlich unsinnig , wenn die Betreiber neuer Anlagen Zertifikate zukaufen müssten . Neue Anlagen stehen in erster Linie in Ostdeutschland , aber nicht ausschließlich . Allerdings ist die bisherige Reduktionsleistung bei den Klimagasen von rund 19 Prozent , derer wir uns im europäischen Vergleich gemeinsam rühmen , fast vollständig im Osten erbracht worden , und zwar zum einen durch die schmerzliche De-industrialisierung - übrigens , Herr Lippold , nicht nur in der Lausitz - und zum anderen durch die Modernisierung der Energiewirtschaft . Die modernsten Braunkohlekraftwerke der Welt kann man bei Anwendung technischen und kaufmännischen Sachverstands nicht schon wieder verbessern . Die Branche ist nach vielen schwierigen Jahren endlich stabil und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor . Wer ernsthaft an einer Belebung des Ostens interessiert ist , kann den Zugpferden nicht neue Lasten aufbürden . Wer in den 90er-Jahren seine Anlage nach dem Stand der Technik erneuert hat , muss bis 2012 von Zukäufen freigestellt werden . Dies gilt gleichermaßen für Ost und West . Aber auch für die Industriezweige , die Prozessenergie benötigen , wird eine angemessene Regelung gefunden werden müssen , damit es zu keinen Verwerfungen kommt und damit Wirtschaftswachstum nicht bestraft wird . Wenn wir den Emissionshandel unter den Leitgedanken der Effizienz und des Anreizes von Investitionen stellen , dann wird es uns gelingen , auch durch dieses moderne und neue Instrument einen Beitrag zur Modernisierung unserer Wirtschaft und zur Aktivierung von Innovationen , also zur Gestaltung des Strukturwandels zu leisten . Auch Sie , meine Damen und Herren von der Opposition , sind herzlich eingeladen , daran mitzuwirken . Danke .
SPD
Ich höre eine solche Beschreibung jetzt das erstemal . Man sollte im Deutschen Bundestag die Beamten nicht ohne Not in Schwierigkeiten bringen . Sie müssen gute Arbeit leisten , selbstverständlich freundlich und höflich . Ich habe bislang nur Entsprechendes gehört . . Aber , Herr Kollege Koppelin , falls Sie Wert darauf legen , einen bestimmten Vorgang aufzugreifen , gehe ich ihm gern nach , auch wenn Sie selbst dabei sein möchten .
CDU/CSU
Danke.
GRUENE
Herr Minister Wissmann , Sie zitieren aktuelle Zahlen von Ifo aus dem Jahr 1996 . Wie ist Ihre Stellungnahme zu Ihrer eigenen Veröffentlichung Verkehr in Zahlen , wonach sich der Anteil des individuellen motorisierten Personenverkehrs am Verkehrsaufkommen in den Jahren 1991 bis 1995 von 82 ,4 Prozent auf 83 ,0 Prozent entwickelt hat , wonach sich der Anteil bei der Verkehrsleistung praktisch stabilisiert hat und von 81 ,6 Prozent auf 81 ,4 Prozent gesunken ist , wonach der Pkw-Verkehr aber weiterhin massiv von 710 Milliarden Pkm auf 740 Milliarden Pkm im Zeitraum 1991 bis 1995 angewachsen ist ? Stimmen Sie nicht zu , daß ein Wachstum aller Verkehrsarten schädlich ist und uns daran liegt , Verkehr zuerst zu vermeiden und dann zu verlagern ?
PDS/LINKE
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Da in drei der ostdeutschen Bundesländer dieses Jahr noch Landtagswahlen stattfinden, muss die Linke natürlich einen Antrag zum Thema Rente im Deutschen Bundestag einbringen. Der Punkt ist nur: Die Linke erzählt den Menschen in den neuen Bundesländern nie die wirkliche Wahrheit zum Thema Rente. Das Rentensystem ist zwischen Ost und West deswegen immer noch gespalten, weil es zwei Faktoren sind, nach denen die Rente im Osten berechnet wird. Weil der Lohnunterschied zwischen Ost und West leider immer noch relativ groß ist – Gott sei Dank nimmt er ab; aber er ist immer noch relativ groß –, wird der Rentenanspruch, den ein ostdeutscher Arbeitnehmer oder eine ostdeutsche Arbeitnehmerin bis heute erworben hat, morgen, wenn er oder sie den Rentenantrag stellt, um 18,7 Prozent erhöht. Das heißt, sie oder er hat ein besser gefülltes Rentenkonto als jemand Vergleichbares in Westdeutschland. Das ist die sogenannte Höherwertung. Das ist das Erste. Das Zweite ist: Das, was auf diesem Rentenkonto liegt, wird mit einem Zahlbetrag multipliziert, dem sogenannten Rentenwert. In der Tat ist der Rentenwert West derzeit noch 8 Prozent höher als der Rentenwert Ost. Aber jeder, der ein bisschen etwas von Mathematik versteht, wird erkennen: Wenn man morgen auf einen Schlag, sofort, gleiches Rentenrecht in Ost und West einführt, also der gleiche Zahlbetrag gilt und es keine Höherwertung um 18,7 Prozent gibt, dann hat der Ostrentner oder die Ostrentnerin weniger, als ihm oder ihr nach dem derzeitigen Rentenrecht zusteht. Das ist der Punkt. Um es klar und deutlich zu sagen: Wer einfach nur alles angleicht, der sorgt für ein Minus für die Rentnerinnen und Rentner im Osten. Das ist der Punkt. Die Grünen erklären hier mutig: Ja, das wollen wir. Die Linke verschweigt, was sie wirklich vorhat. Sie will nämlich nicht gleiches Rentenrecht in Ost und West – das beantragt sie auch nicht –, sondern sie will, dass Deutschland in Sachen Rente weiter in zwei Zonen aufgeteilt wird. Sie will Folgendes machen: Sie will die Höherwertung der Rentenansprüche, die man gesammelt hat, beibehalten, aber den höheren Zahlbetrag West darauf anwenden. Was hat das zur Folge? Dass ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin im Osten, der oder die die gleiche Arbeit hinter sich gebracht hat und das Gleiche verdient hat wie ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin im Westen, eine höhere Rente bekommt als der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin im Westen. Man schafft also eine neue Ungerechtigkeit, nämlich für die Westrentner und Westrentnerinnen. Das ist die Politik der Linken.
CDU/CSU
Verehrte Frau Präsidentin ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Lärm , insbesondere Verkehrslärm , ist eine der schlimmsten Beeinträchtigungen , denen die Menschen heutzutage ausgesetzt sind . Seit Jahren steht dabei der Fluglärm nach dem Straßenverkehrslärm an zweiter Stelle . Der zunehmende Flugbetrieb rund um die Uhr bedeutet für Hunderttausende , wenn nicht für Millionen von Menschen , die in der Umgebung von Flughäfen leben , immer mehr Krach bei Tag und , was besonders unerträglich ist , auch zu nachtschlafender Zeit . Nicht nur alte Menschen , nicht nur Kinder macht der Dauerstreß seelisch und körperlich krank . Aktuelle Schätzungen des Umweltbundesamtes zum Beispiel - so haben wir in einer Anhörung des Bundestages zum Verkehrslärm allgemein erfahren - haben ergeben , daß Verkehrslärm jährlich sogar für einige tausend Todesopfer verantwortlich sei , weil er durch die Erhöhung des Blutdruckes zu mehr Herzinfarkten führt . . noch : Albert Schmidt Schutz existiert , trägt - das muß man so deutlich sagen - die Bundesregierung . Wir haben zwar ein Fluglärmgesetz , aber es gilt seit 1971 praktisch unverändert über ein Vierteljahrhundert . Es ist in den wesentlichen Punkten nicht novelliert worden , obwohl es seitdem einen explosiven Zuwachs des Flugverkehrs gegeben hat . Das heißt , das Fluglärmgesetz in der vorliegenden Form berücksichtigt zum Beispiel noch nicht einmal die Grenz- und Richtwerte , wie sie für den sonstigen Verkehrslärm angewendet werden . Die tatsächliche Lärmbelastung wird künstlich heruntergerechnet , indem die Lärmpegel zum Beispiel über sechs Monate gemittelt werden und noch nicht einmal zwischen Tag und Nacht unterschieden wird . Das ist eine Praxis , deren Verfassungsmäßigkeit getrost bezweifelt werden darf . . In dieser Form , liebe Kolleginnen und Kollegen , so hat es ein Verfassungsrechtler einmal ausgedrückt , ist das Gesetz eigentlich mehr ein Gesetz zum Schutz der Flughäfen gegen die Anwohnerinnen und Anwohner als umgekehrt . . Unser Antrag , der heute in die Beratungen geht , schlägt deshalb vor , endlich das veraltete Gesetz zu novellieren , und benennt eine ganze Reihe von Kriterien , von denen ich jetzt nur die wichtigsten kurz ansprechen möchte . Erstens . Der Schutz der Gesundheit - das muß man so einfach und deutlich an den Anfang stellen - muß Vorrang vor allen anderen verkehrlichen und wirtschaftlichen Belangen haben . . Zweitens . Das Gesetz muß gegen jeden unzumutbaren Fluglärm schützen . Das heißt , sein Geltungsbereich muß auch Regionalflughäfen , Landeplätze , allgemeine Luftfahrt , Sportfluggeräte und militärische Tieffluggebiete einbeziehen . Drittens . Die bisherigen Mittelungspegel - ich habe das kurz angesprochen - müssen durch den längst üblichen sogenannten Beurteilungspegel ersetzt werden , bei dem nicht nur die Quantität , sondern zusätzlich die Qualität des Lärms mit in die Berechnung eingeht . Zusätzlich müssen die Maximalpegel , also die lautesten Überflüge , in die Ermittlung der Belastung einbezogen werden . Spezielle Wetterlagen im übrigen , wie zum Beispiel Ostwind , sind bisher - das hat sich gezeigt - in sehr vielen Fällen nicht berücksichtigt worden und müssen einbezogen werden . Viertens . Der Schutz vor Nachtfluglärm - das ist uns ganz besonders wichtig - ist ebenfalls durch die Berücksichtigung von den Maximalpegeln , also von den lautesten Überflügen , zu verbessern . Dabei sind insbesondere Schlafzeiten von Kindern und Kernruhezeiten zu schützen . Alle Betroffenen haben ein Recht auf Nachtruhe , auch wenn sie in der Nähe von Flughäfen leben . . Fünftens . Der passive Lärmschutz ist durch schallgedämmte Raumlüfter , nicht nur durch Lärmschutzfenster zu verbessern . Sechstens . Es muß bei der Planung von Flughäfen und bei der Festlegung von Lärmschutzzonen von dem maximal abwickelbaren Verkehr an diesem Flughafen und nicht von der momentanen Situation ausgegangen werden . Siebentens . Die technischen Fortschritte im Flugzeugbau , die zu einer Lärmminderung führen können , müssen den Betroffenen möglichst umgehend zugute kommen . Das heißt , daß die Schutzvorschriften des Gesetzes in Abweichung von der bisherigen Praxis , bei der man ein Vierteljahrhundert nichts getan hat , alle zwei Jahre an Hand des jeweiligen Standes der Technik neu überprüft und aktualisiert werden müssen . Schließlich der letzte Punkt , den ich hier in der Kürze der Zeit ansprechen möchte : Die Stellung der Fluglärmbeauftragten ist aus unserer Sicht unbedingt zu stärken . Sie sind nicht den Luftfahrts- und Wirtschaftsbehörden zuzuordnen , sondern den Umwelt- und Gesundheitsministerien . Wenn ich es richtig sehe , spricht ja nachher der Staatssekretär aus dem Umweltministerium zu uns . Das ist auch ein Signal dafür , daß es hier um Umwelt- und Gesundheitsschutz und nicht nur um ein verkehrspolitisches Problem geht . . Lassen Sie mich zum Schluß noch sagen : Wenn sich der Flugverkehr in Deutschland seit Ende der 60er Jahre verfünffacht hat , sowohl in bezug auf die Zahl der Passagiere als auch in bezug auf die Zahl der Starts und Landungen und vor allem die Zahl der Luftfrachtvorgänge , dann ist es angesichts dieser Wachstumsrate höchste Zeit , auch an die Begrenzung des Flugverkehrs zu denken . Deshalb haben wir neben einem neuen Fluglärmgesetz auch verlangt , daß im Rahmen eines Klimaschutzprogrammes zum Beispiel endlich mit der Besteuerung von Kerosin ernst gemacht wird . Wenn diese Subvention endlich abgeschafft würde , stünden der öffentlichen Kasse jährlich wenigstens 7 Milliarden DM zur Verfügung , mehr als genug Geld , um besseren Schutz vor Fluglärm zu finanzieren . Ich danke Ihnen . .
GRUENE
Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Bundeskanzlerin, der DITIB-Verband mit über 900 Moscheen gilt als verlängerter Arm Erdogans in Deutschland. Dieser ­ DITIB-Verband sollte nach ursprünglichen Planungen des Bundesamts für Verfassungsschutz auch nachrichtendienstlich überwacht werden. Es gab ein Dossier, in dem vom BfV gute Gründe aufgeführt wurden, eine solche Überwachung durchzuführen. Davon wurde unter der neuen Führung jetzt abgerückt, obwohl DITIB nachweislich Sabotage für die Türkei in Deutschland begangen hat – es wurden türkische Oppositionelle ausspioniert –, obwohl DITIB Imame in Deutschland hat predigen lassen, die nachweislich einer verfassungsfeindlichen islamistischen Organisation angehört haben, und obwohl DITIB nachweislich Deradikalisierungsvorhaben sabotiert und verhindert. Deshalb die Frage an Sie: Halten Sie es für richtig, dass trotz der von mir aufgeführten verfassungsfeindlichen Handlungen von DITIB, die beileibe nicht abschließend waren, DITIB nicht vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden soll, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass islamistischer Ex­ tremismus und Terrorismus die sicherheitspolitische Herausforderung unserer Zeit darstellen?
AfD
Frau Präsidentin ! Meine Damen ! Meine Herren ! Den SPD-Antrag auf Drucksache 13/831 haben wir erst gestern abend zu später Stunde erhalten . Es konnte deswegen bei uns eine Beratung weder in der Fraktion noch in der zuständigen Arbeitsgruppe Finanzen stattfinden . Über Nacht war die nicht mehr zu organisieren . Deswegen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen . Dies bedeutet allerdings keine inhaltliche Aussage zu diesem Thema .
CDU/CSU
Herr Präsident ! Liebe Kolleginnen und Kollegen ! Wenn wir von Kinderpornografie , sexuellem Missbrauch oder sexueller Ausbeutung von Kindern sprechen , dann reden wir von schrecklichen Verbrechen an Kindern , die tiefe Narben an Körper und Seele hinterlassen und mitunter auch zum Tod führen . Gegen Kinderpornografie in den neuen Medien - sprich : Internet - muss entschieden vorgegangen werden . Auf dem Weltkongress gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen in Rio de Janeiro im November letzten Jahres haben wir als Vertreter der Kinderkommission mit den Regierungsdelegationen zusammengesessen und besprochen , dass international zusammengearbeitet werden muss , auf nationaler Ebene aber die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen , um effektiv gegen sexuellen Missbrauch vorgehen zu können . Das , was machbar ist , sollte unverzüglich umgesetzt werden . Nun ist natürlich die Frage , was in Deutschland national umsetzbar ist . Was ist in Bezug auf Kinderpornografie überhaupt in den letzten Jahren geschehen ? So gut wie nichts . Hinsichtlich mit den Internetprovidern abzuschließender Verträge - das ist das Kernstück der heutigen Debatte - wurden von verschiedener Seite verfassungsrechtliche Bedenken geäußert , auch aus dem Justizministerium kamen entsprechende Bedenken . In den gestern im Kabinett verabschiedeten Eckpunkten hat sich die Regierung nun darauf verständigt , zügig ein Gesetzgebungsverfahren zu initiieren , in dem ein verbindlicher rechtlicher Rahmen für die Erschwerung des Zugangs geschaffen wird . In diesem erforderlichen Gesetz sollen auch die verfassungsrechtlichen Fragen einer Klärung zugeführt werden . Also gibt es doch zu Recht verfassungsrechtliche Bedenken ? Wie nun gestern auf der nationalen Folgekonferenz gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern zu erfahren war , betrifft die mit einigen Providern vertraglich vereinbarte Sperrung von Internetseiten Sperrungen auf DNS-Ebene . Laut Sachverständigen ist diese Sperre jedoch ein untaugliches Mittel . Zum einen soll diese Sperre leicht zu umgehen sein , zum anderen sollen Kinderpornos nicht frei im Netz verfügbar sein , sondern vor allem über sogenannte Nutzergruppen getauscht werden . Durch das Sperren werden die Seiten nicht aus dem Internet entfernt ; die Kinderschänder sind dort weiter aktiv . Die Seiten müssen da heraus . Den Opfern wird damit in keiner Weise geholfen . Die Polizei braucht mehr Personal und eine bessere technische Ausstattung , um an die Täter heranzukommen . Es reicht nicht aus , die Straße zu sperren , in der der Täter wohnt . Diese Kritik des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter teilen wir . Frau von der Leyen , was ist denn in den Jahren Ihrer Regierung passiert ? Was ist aus den Initiativen der 15 . Wahlperiode geworden ? Was ist mit dem Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie , der am 20 . Januar 2004 in Kraft getreten ist ? Was ist mit den Ergebnissen der Arbeitsgruppe zur Kooperation im Kinderschutz im Ostseeraum ? Es werden ja immer wieder die Vergleiche mit dem Access Blocking in Skandinavien herangezogen . Diese Vergleiche hinken laut Aussagen der Sachverständigen . Zwar gibt es Zahlen über die geblockten Seitenaufrufe , es gibt aber überhaupt keine Zahlen darüber - deshalb kann man auch keine Rückschlüsse ziehen - , ob ein geblockter Nutzer sich anschließend anders den Weg zu der Website verschafft hat . Im Übrigen muss man auch sagen , dass die neulich öffentlich gewordenen geheimen Sperrlisten aus Dänemark zu 90 Prozent keine Seiten mit Kinderpornografie betrafen ; deswegen muss man die entsprechenden Zahlen eventuell ein bisschen korrigieren . Am gestrigen Tage konnte ich auf der nationalen Folgekonferenz zu Rio mit Vertretern von UNICEF reden . Sie haben mir bestätigt , dass das , was in Skandinavien geschieht , zwar schön klingt , aber kaum Wirkung entfaltet , schon gar nicht im Kampf gegen Kinderpornografie . Wann ist denn mit einem Gesetzentwurf zu rechnen , in dem dem Ansinnen Rechnung getragen wird und in dem wirksame Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch von Kindern aufgezeigt werden ? Insoweit ist es schon klasse , dass in der EU-Kommission gestern zwei Vorschläge auf den Tisch kamen , welche gegen Menschenhandel und sexuellen Missbrauch Handlungsvorschläge aufzeigen . Diese werden gegenwärtig im EU-Ministerrat diskutiert ; danach werden sie in nationales Recht umgesetzt - ich hoffe , schnell . Dann bleibt auch nicht das üble Geschmäckle von Zensur und Internetüberwachung , für das die Union ständig selber sorgt . In der gestrigen Pressemeldung von den Unionskollegen Börnsen und Krings wird nämlich klargestellt , dass es nicht um Kinderpornografie allein geht . Erst die Kinderpornografie , dann Rassismus , dann Gewaltverherrlichung - und dann ? Terroristische Propaganda ? Vielleicht Verstöße gegen Urheberrechtsgesetze ? Und dann ? - Das finde ich auch . Was die CDU da plant , ist unverschämt . Es ist an der Zeit , endlich wirkungsvoll aktiv zu werden und die Strafverfolgungsbehörden entsprechend auszustatten , statt verpuffende Maßnahmen ohne Hilfe für die Opfer als Riesenerfolg zu feiern und zugleich Herrn Schäuble Tür und Tor zu öffnen . Wir sollten an die Opfer denken und nicht an die nächsten Wahlen .
PDS/LINKE
Frau Ministerin , ich habe gerade von meinem Kollegen Tauss zumindest eine Kurzinformation zu dem Abkommen bekommen . Ich bedanke mich ausdrücklich dafür , dass Sie mich informiert haben . Ich habe aber in dieser Kurzinformation nichts darüber gefunden , ob es sich bei diesem sogenannten bilateralen Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland um ein Abkommen handelt , das auch europäische FuE-Vereinbarungen einbezieht , zum Beispiel das 7 . EU-Forschungsrahmenprogramm . Ferner ist für mich wichtig zu wissen , welche Laufzeit das Abkommen hat und welche Finanzmittel von beiden Seiten dafür vorgesehen sind .
FDP
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe hier an diesem Pult und auch schon in Bonn viele, viele Reden gehalten, und meine letzte entwicklungspolitische Rede liegt ungefähr 25 Jahre zurück. Warum sage ich das? Ich sage das, weil wir in dieser Zeit eine Reihe von entwicklungspolitischen Erfolgen, aber auch eine ganze Reihe von Misserfolgen zu verzeichnen hatten. So ehrlich muss man sein. Viele der Postulate, die wir heute hören, was wir uns sozusagen selbst als neue Maßstäbe geben, klingen zum Teil vollkommen identisch mit dem, was wir schon vor 25 Jahren postuliert haben. Deswegen, lieber Bundesminister Dr. Müller, kann ich das, was Sie sagen, nur voll unterstreichen: Es geht nicht um ein Weiter-so. Ich danke Ihnen und spreche Ihnen aufgrund meiner jahrzehntelangen Erfahrung – vor meiner Parlamentsarbeit, in den 70er- und 80er-Jahren, haben wir beide, zum Teil zusammen, schon die halbe Dritte Welt bereist – meinen Respekt für Ihren Mut aus, zu sagen, dass wir in mancherlei Hinsicht Kehrtwenden in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit diesen Ländern und generell in der Entwicklungspolitik vollziehen müssen. Ein alter Streit ist der um die ODA-Quote; das wissen wir alle. Wir können eigentlich stolz darauf sein, dass wir in Bezug auf die ODA-Quote in, Seehofer würde sagen: „Sichtweite der Wahrheit“ sind, nämlich im Bereich der 0,7 Prozent. – Man versteht Sie sehr schlecht. – Allerdings stimme ich voll mit den Forderungen überein, dass das zu verstetigen ist. Schnelle Strohfeuer bringen nichts. Im Hinblick auf die Verwirklichung der 17 SDGs – auf Deutsch: der nachhaltigen Entwicklungsziele – bringt es nur etwas, wenn wir auch im finanziellen Bereich zuverlässige Rahmenbedingungen schaffen. Wir alle wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die aktuellen globalen Herausforderungen gigantisch sind. Weltweite Fluchtbewegungen, wachsende Weltbevölkerung und vieles mehr sind dafür nur einige Beispiele. Uns Deutschen wird international eine führende Rolle zugewiesen, weil man weltweit weiß: Auf uns Deutsche ist Verlass. Die internationale Staatengemeinschaft – auch das ist keine Selbstverständlichkeit – hat diese 17 Nachhaltigkeitsziele einhellig verfolgt und beschlossen: hochwertige Bildung; menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum; Industrie, Innovation und Infrastruktur; verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster, um nur vier Beispiele aus den 17 herauszugreifen. Aber wir alle wissen auch, dass diese Ziele nicht allein mit öffentlichen Mitteln erreicht werden können, sondern dass wir dazu auch Nichtregierungsorganisationen, den Privatsektor und vor allen Dingen auch die Wirtschaft brauchen. Das heißt, wir müssen die deutsche Wirtschaft und die deutschen Unternehmen in unsere Arbeit einbeziehen. Nicht zuletzt deshalb heißt es im Namen des Bundesministeriums und entsprechend auch unseres Ausschusses: „für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach 1990 habe ich meine parlamentarische Laufbahn, weil ich gerade von meiner ersten entwicklungspolitischen Rede von vor 25 Jahren gesprochen habe, in diesem AWZ begonnen. Deswegen sind mir diese Dinge immer noch so geläufig. Auch damals galt schon: Nur wenn wir auch die deutsche Wirtschaft weltweit mit ins Boot holen, können wir diese Ziele erreichen und eine positive Zukunft bewirken. Ein zentraler Kontinent in unserer ganzen EZ ist Afrika. Das birgt unglaublich viel Potenzial. Wir müssen dort stabilisierend wirken. Wir haben dort Erfolge erreicht, aber wir haben auch Fälle – ich nenne jetzt keine einzelnen Länder –, in denen die Verhältnisse heute insgesamt schlechter als noch vor 25 Jahren sind oder in der Zeit, als Gerd Müller, ich und andere diese Länder bereist haben. Orientieren wir uns an den positiven Beispielen. Was die deutsche Wirtschaft etwa in Tunesien geleistet hat, ist vorbildlich. Was in Südafrika an Arbeitsplätzen und an Investitionen geschaffen worden ist, ist vorbildlich. Was beispielsweise VW in diesen Tagen in Ruanda aufgebaut hat, nämlich eine lokale Fahrzeugproduktion und einen Carsharing-Dienst, ist vorbildlich. Das, was sich in solchen Ländern tut, sollten wir auch auf andere Länder ausdehnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sprechen über Afrika. Ja, das ist ein zentraler Kontinent, auch im Hinblick auf die Vermeidung von Fluchtursachen. Aber wir dürfen darüber hinaus andere Regionen in unserer Entwicklungszusammenarbeit ja nicht vergessen. Wir hatten gerade vom AWZ, also mit der lieben Frau Weber, mit Herrn Raabe und anderen – ich brauche jetzt nicht alle aufzuzählen –, eine interessante Reise in südamerikanische Länder. Eine Botschaft haben uns unsere Gastgeber und Gesprächspartner mitgegeben. Sie sagen: Ja, wir sehen ein, dass deutsche Entwicklungszusammenarbeit sich sehr mit Afrika beschäftigen muss. Aber – so sagen sie – vergesst uns in den lateinamerikanischen Ländern nicht. Das Gute in diesen Ländern: Sie unterscheiden sich im Hinblick auf den Charakter der Entwicklungszusammenarbeit fundamental und in vielerlei Hinsicht von afri­ kanischen Ländern. Lateinamerikanische Länder brauchen überwiegend nicht deutsches Kapital, sondern sie brauchen unser Know-how in Wirtschaftsfragen. Wie gründet man Start-ups? Wie gestaltet man Unternehmen? Rechtsstaatlichkeit, Parlamentarismus, Zuverlässigkeit von Rahmenbedingungen und vor allen Dingen berufliche Bildung: Das können wir alles leisten. Dort können wir mit wenig Geld sehr viel bewirken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, den Fokus auf Afrika legen, andere Regionen in der Welt nicht vergessen: Das muss der Maßstab sein, mit dem wir vorgehen. Ich wünsche Ihnen, lieber Herr Bundesminister, alles Gute auf Ihrem Weg einer Verstetigung der Mittel in der Kabinettssitzung und in den parlamentarischen Beratungen. Meine und unsere Unterstützung, wenn ich für meine Fraktion sprechen darf, haben Sie gewiss. Vielen Dank.
CDU/CSU
Ich schwöre , daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen , seinen Nutzen mehren , Schaden von ihm wenden , das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen , meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde . So wahr mir Gott helfe . .
SPD
Um es vorweg zu sagen, für uns Liberale ist die Freiheit von Wissenschaft und Forschung ein überaus hohes und kostbares Gut. Wir sind für die Unabhängigkeit der Wissenschaft, und wir Liberale sind für den Schutz der Wissenschaftsfreiheit. Das haben wir stets unterstrichen und nun auch mit dem sogenannten Wissenschaftsfreiheitsgesetz verankert. Den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Transparenz als verbindliches Grundprinzip in der öffentlich finanzierten Wissenschaft verankern“ lehnen wir aber ab; denn die in dem Antrag geforderte Unabhängigkeit der Wissenschaft ist nicht in Gefahr. In dem Antrag der Grünen steht es selbst, schwarz auf weiß. Es gibt „vereinzelt aufgetretene Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Rahmen von Kooperationsbeziehungen und bei Nebentätigkeiten von Professoren“. Vereinzelte Fälle! Und weiter heißt es im Antrag, dass den vereinzelten Fällen „ein ungerechtfertigtes Misstrauen gegenüber einer weitgehend integren Wissenschaft“ gegenübersteht. Ungerechtfertigtes Misstrauen! Wenn das der Anlass und die Rechtfertigung dieses Antrags ist, haben die Grünen bislang nicht verstanden, was ihre Aufgabe im Parlament ist. Dann haben die Grünen einen Antrag vorgelegt, der in sich obsolet ist. Aber was viel schlimmer ist, die Grünen haben einen Antrag formuliert und vorgelegt, der weiteres Misstrauen schürt und die Wissenschaft in ihren Kooperationsbeziehungen und in ihrer eigenverantwortlichen Verwendung von öffentlichen Geldern unter einen Generalverdacht stellt. Ein Generalverdacht, den die Grünen in ihrem Antrag mit ihrer Forderung nach mehr Transparenz noch weiter befördern. Denn was kommt bei den Bürgern und in der Gesellschaft für eine Botschaft an, wenn sich der Deutsche Bundestag fortwährend mit der Frage auseinandersetzt, wie man die Wissenschaft und Forschung von wissenschaftlichem Fehlverhalten befreien kann, das es – laut Antrag der Grünen – ja nur in wenigen Einzelfällen gibt? Der Antrag ist keine Ausnahme, sondern reiht sich ein in eine Vielzahl von Schaufensteranträgen zum angeblichen Schutze der Wissenschaft. Anträge von Grünen und Linken können mittlerweile mit demselben Wortlaut aus vorangegangenen Reden abgelehnt werden. Für uns Liberale ist die Unabhängigkeit der Wissenschaft – im Gegensatz zum Verständnis der Grünen – eine selbst auferlegte Verpflichtung eines jeden Wissenschaftlers. Es gehört zur Aufgabe des Wissenschaftlers, Verantwortung zu übernehmen und die Überparteilichkeit seiner Forschung zu sichern. Das unterstreicht auch die Resolution des Deutschen Hochschulverbandes „Zur Unparteilichkeit von Wissenschaft“. Jene Resolution, die von den Grünen ins Feld geführt wird, um staatlich verordnete Transparenz und Regeln zu fordern, sagt mit keinem einzigen Wort, dass der Staat Regeln schaffen muss. Vielmehr verpflichtet die Initiative des Deutschen Hochschulverbandes jeden Forschenden und die Wissenschaft insgesamt, aus sich heraus die Drittmittelprojekte und ihre Auftraggeber offenzulegen. Wir Liberale begrüßen deshalb jene Initiative des Deutschen Hochschulverbandes, lehnen aber die falschen Schlussfolgerungen der Grünen ab, die Offenlegung von Drittmittelprojekten und ihren Auftraggebern vorzuschreiben. Denn für uns Liberale sind autonome Hochschulen kein pauschales Schlagwort, sondern in ihrer SelbstZu Protokoll gegebene Reden ständigkeit und Eigenverantwortung ernst zu nehmende Institutionen. Ein weiterer Kritikpunkt an dem Antrag ist die Widersprüchlichkeit in der Zielsetzung des Antrags. Dem Titel nach soll Transparenz lediglich in der öffentlich finanzierten Wissenschaft hergestellt werden. In der Begründung des Antrags aber zeigt sich bereits, dass es den Grünen auch um die privaten Drittmittelgeber geht. In den Forderungen wird deutlich, dass die Wissenschaftler ebenso dazu verpflichtet werden sollen, die privaten Auftraggeber und ihre Absichten offenzulegen. Konkret soll nach Auffassung der Grünen nicht nur die Identität des Auftraggebers, sondern auch der Förderumfang öffentlich gemacht werden; Ausnahmen müssen dann begründet werden. Wohlgemerkt, alles geht von der einleitenden Feststellung aus, dass es „vereinzeltes Fehlverhalten“ in der sonst „integren Wissenschaft“ gibt. Mit dem Antrag wird deutlich, welch Geisteskind die Grünen sind: Misstrauen gegenüber den privaten Forschungsauftraggebern besteht ebenso wie gegenüber den Wissenschaftseinrichtungen und den Forschenden. Die Grünen sind in Wahrheit nicht an der Unabhängigkeit der Wissenschaft interessiert. Das Lieblingswort der Grünen drückt es bereits aus. „Transparenz“ steht für Konformität. Durch die völlige Entkleidung des Wissenschaftlers und der Einrichtungen wird Konformitätsdruck ausgeübt. Derjenige wird an den öffentlichen Pranger gestellt, der Forschungsaufträge und Themen von Dritten annimmt, die nicht in das zivilgesellschaftliche Bild der Grünen passen. Das beste Beispiel ist die Gentechnik und Genomforschung an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Es gibt zahlreiche Beispiele, in denen Wissenschaftler bedrängt und Forschungsprojekte eingestellt werden mussten, weil Aktivisten gegen die Forschung zur Gentechnik vorgegangen sind. Dabei war es auch egal, dass es im überwiegenden Teil der Projekte nur um die Sicherheitsforschung ging. Deutlich wird die Entmündigung des Wissenschaftlers in der letzten Forderung im Antrag von den Grünen. Dem Ansinnen nach soll die Hochschulrektorenkonferenz allgemeine Standards für die Nebentätigkeit des wissenschaftlichen Personals entwickeln. Gleich angefügt wird auch, in welche Richtung die Standards gehen sollen. So soll festgeschrieben werden, welche Art und welcher Umfang an Nebentätigkeiten gewollt sind und ab wann ein Interessenkonflikt vorliegt. Dass aber ein Interessenkonflikt eine rein subjektive, eine persönliche Entscheidung ist, widerspricht dem ganzen Ansinnen der Grünen. Wir Liberale nehmen den Wissenschaftler ernst. Transparenz muss von den Wissenschaftlern und der Wissenschaft gewollt und aus sich selbst heraus vorangetrieben werden. Der Staat kann diesen Prozess begleiten, jedoch nicht vorzeichnen. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen wird dem Anspruch an Wissenschaftsfreiheit und Unabhängigkeit der Wissenschaft in keinster Weise gerecht und wird aus diesem Grund abgelehnt.
FDP
Frau Staatssekretärin , weil Sie gerade die Frage der Lohnnebenkosten angesprochen haben . Ist es richtig , daß Sie mir im letzten Monat noch auf eine Anfrage , wie hoch der Aufwand der Bundesanstalt für Arbeit zum Ausgleich der Lehrstellenlücke ist , geantwortet haben , daß aus den Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit ca . 2 Milliarden DM ausgegeben werden , um dieses Defizit halbwegs auszugleichen ? . Wie verhält sich dies zu Ihrem Vorwurf , die SPD wollte die Lohnnebenkosten erhöhen ?
SPD
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Staatssekretär Koschyk, hat die Bundesregierung eine zumindest grobe Vorstellung davon, um welche Gesamtsumme an Steuerhinterziehung es sich bei der angebotenen Steuersünder-CD handelt?
SPD
Bitte schön .
CDU/CSU
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hinsken, ich will Ihnen zunächst einmal im Nachgang zu den Ereignissen des frühen Morgens ganz herzlich dazu gratulieren, dass Sie nun der Vorsitzende des Unterausschusses „Regionale Wirtschaftspolitik“ sind, und wünsche Ihnen für dieses Amt alles Gute und ein gutes Händchen, damit in diesem so wichtigen wirtschaftspolitischen Bereich durch den Deutschen Bundestag wirklich etwas vorangebracht werden kann. – Sehr gerne. – Gleichwohl hatte ich bei Ihrer Rede gerade eben den Eindruck – verzeihen Sie mir den Vergleich –, dass Ihre berufliche Herkunft als gelernter Bäcker- und Konditormeister ein bisschen mit Ihnen durchgegangen ist. Sie haben hier ein Bild nach dem Motto „Friede, Freude, Eierkuchen“ gemalt und das Ganze schön verziert, wie es ein Konditor eben macht. Es hat aber mit der Realität nichts zu tun. Sie sprechen davon, dass die Angst vorbei sei, dass jetzt alle Probleme gelöst seien und wir optimistisch in die Zukunft blicken könnten. Niemand in diesem Hause hätte etwas dagegen einzuwenden, wenn es denn so wäre. Aber die wirtschaftliche Realität in Deutschland, in Europa und in der Welt ist leider Gottes eine andere. Deswegen wäre es dringend notwendig, hier nicht nur ein Weiter-so zu verkünden, sondern zu überlegen, welche Maßnahmen erforderlich sind, um das Ziel, das Sie hier beschrieben haben, zu erreichen.
SPD
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde die Äußerungen des Kollegen von der AfD schon bemerkenswert: bemerkenswert genau deshalb, weil die Menschen, die in Görlitz in Sorge um ihren Arbeitsplatz demonstriert haben, sofort von Politikern der vereinten Linken unterstützt wurden. Dabei drängte sich dann auch ein Politiker aufs Bild: Bernd Höcke mit einem Schirm seiner Partei. Dabei ist es doch gerade Ihre Partei, die mit Abschottungspolitik, mit einer klaren Absage an den Freihandel, mit einer klaren Absage an Weltoffenheit unseren Standort gefährdet, meine Damen und Herren. Es sind doch Sie, die die Arbeitsplätze hier in Deutschland gefährden. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen, die um ihren Arbeitsplatz in Sorge sind, verstehen wir; wir teilen diese Sorge. Die Frage ist: Was ist die richtige Antwort? Die Linkspartei hat hier einen Gesetzentwurf eingebracht, um etwas für den Erhalt von Arbeitsplätzen zu tun. Sie gaukelt der Öffentlichkeit vor, dass mit den Maßnahmen in diesem Gesetzentwurf Arbeitsplätze gesichert werden können. Aber wenn man einmal genauer hinschaut, stellt man fest, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Dort heißt es – Zitat –: Eine Kündigung, die bei anhaltend positiver Ertragssituation lediglich der Gewinnsteigerung dient, ist sozial ungerechtfertigt. Das sind alles unbestimmte Rechtsbegriffe. Sie tun nichts für den Erhalt von Arbeitsplätzen – oder doch: Das ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Rechtsanwälte. Das wird die Arbeitsgerichte beschäftigen und sonst niemanden, meine Damen und Herren. Deshalb ist – auch nach den Ankündigungen des Siemens-Managements – manches erstaunlich, und man muss natürlich das eine oder andere infrage stellen: Warum ist Görlitz betroffen? Kann man das nicht anders machen, nachdem dieser Region bereits Bombardier und die Braunkohleindustrie durch eine überhastete Energiewende weggenommen werden? Wir sind der Meinung, das Management von Siemens muss einmal überprüfen, ob an diesem Standort nicht doch Arbeitsplätze erhalten werden können. Generell kann man hier – Kollege Linnemann hat es ausgeführt – einem international im Wettbewerb stehenden Konzern aber nicht vorwerfen, dass er sich an veränderte Bedingungen anpasst. Dieser Konzern, Siemens, stellt in Deutschland immer noch mehr Menschen ein, als er an anderer Stelle entlässt. Wenn ein solcher Konzern unrentable Geschäftsbereiche durch Quersubventionen aufrechterhält, dann gefährdet er die Zukunftsfähigkeit des gesamten Unternehmens. Das wäre kontraproduktiv, meine Damen und Herren. Spannend ist, dass mit diesem Gesetzentwurf den Betriebsräten faktisch ein Vetorecht eingeräumt wird. Ja, die Betriebsräte sprechen bei den Entlassungen doch mit – und zwar die örtlichen Betriebsräte genauso wie der Konzernbetriebsrat. Deshalb meine Frage: Wie entscheiden sich denn die Vertreterinnen und Vertreter der IG Metall, wenn es um die Frage geht: „Görlitz oder Mülheim an der Ruhr?“? Da bin ich gespannt, meine Damen und Herren. Zurück zur Ordnungspolitik. Wir wollen eine marktwirtschaftliche Ordnung, in der es keine „Lex Siemens“ gibt, sondern in der wir Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen, in der Arbeitsplätze entstehen können. Heute wurde das Hohelied auf die Familienunternehmen gesungen. Aber dann muss hier im Deutschen Bundestag auch etwas dafür gemacht werden, damit diese Familienunternehmen bessere Rahmenbedingungen bekommen. Ja, es ist richtig: Zwischen 2006 und 2014 haben die Familienunternehmen ein Plus an Arbeitsplätzen in Höhe von 19 Prozent geschaffen, während die nicht familienkontrollierten DAX-Konzerne nur 2 Prozent mehr Arbeitsplätze geschaffen haben. Meine Damen und Herren, wir als Freie Demokraten wollen bessere Rahmenbedingungen für Familienunternehmen und eine bessere steuerliche Forschungsförderung schaffen. Wir wollen die arbeitende Mitte und die Familienunternehmen entlasten, auch bei der Bürokratie.
FDP
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Abgeordneter Mützenich, natürlich bezieht sich das schon vorher Gesagte auch auf das, wonach Sie fragen. Ich gebe zu, dass mein Kollege, Staatssekretär Schmidt, bereits sehr ausführlich auf den Sachverhalt eingegangen ist. Nichtsdestotrotz möchte ich die Beantwortung Ihrer Frage, die Sie zu Recht stellen, nicht umgehen. Zum ersten Teil Ihrer Frage, Herr Abgeordneter. Ich kann es nur wiederholen: Die Bundesregierung prüft derzeit Möglichkeiten zur Unterstützung der militärischen Operation der französischen Partner in der Republik Mali. Wenn sich diese Pläne konkretisieren, werden wir die rechtlichen Voraussetzungen prüfen. Sie können davon ausgehen, dass es dabei eine enge Einbindung des Deutschen Bundestages geben wird; das ist für das Auswärtige Amt selbstverständlich. Sie sind heute schon im Auswärtigen Ausschuss unterrichtet worden. Ein Kampfeinsatz deutscher Soldaten – das möchte ich betonen – steht für uns ausdrücklich nicht zur Debatte. Die Bundesregierung prüft eine mögliche Beteiligung an einer militärischen GSVP-Ausbildungsmission der Europäischen Union in Mali. Unser möglicher Beitrag hierzu ist natürlich von der weiteren Lageentwicklung und den weiteren Planungen in Brüssel abhängig. Zum zweiten Teil Ihrer Frage, Herr Abgeordneter. Für eine schrittweise Wiederaufnahme der Entwicklungszusammenarbeit mit Mali gibt es klare Kriterien, die auch international abgestimmt sind. Dazu gehören die Vorlage einer substanziierten Roadmap für die Rückkehr zur verfassungsgemäßen Ordnung durch die malische Regierung und die glaubwürdige Umsetzung darin formulierter Zwischenschritte. Die Erfüllung der Kriterien ist Voraussetzung für erste Lockerungen der Suspendierung der Entwicklungszusammenarbeit. Die Vorlage einer derartigen Roadmap durch die malische Regierung steht allerdings derzeit noch aus; das wissen Sie. Wir haben uns in Reaktion auf den Putsch vom 22. März 2012 zur Suspendierung der Entwicklungszusammenarbeit veranlasst gesehen. Wir setzen aber weiterhin Vorhaben durch, die bevölkerungsnah und regierungsfern umgesetzt werden können und die unmittelbar der Sicherung der Ernährung der Bevölkerung dienen. Damit trägt die Bundesregierung den strukturellen Ursachen der angespannten humanitären Lage in Mali Rechnung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ bzw. „bezahlbare Mieten“ ist für alle Fraktionen dieses Hohen Hauses ein wichtiges Thema. In Deutschland leben im europäischen Vergleich viele Menschen zur Miete. Ja, wir alle hier wollen, dass die Mieter in qualitativ guten und vor allem auch bezahlbaren Wohnungen leben. Aber das, was die Linken hier als Lösung vorlegen – eine Erweiterung der Auskunftspflicht für Vermieter, die Abschaffung der Rügepflicht für Mieter und die Einführung einer sogenannten echten Mietpreisbremse –, ist allgemein und, wenn man ins Detail geht, auch im Konkreten ungeeignet, diesem Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen oder zu behalten, irgendwie näherzukommen. Wie wir gesehen haben – das wurde vorhin auch von Frau Lay angesprochen –, sind die Mieten in Ballungsgebieten unter der jetzt gültigen Regelung unvermindert angestiegen. Die Linke-Fraktion schreibt dazu richtigerweise, dass in einigen Städten die derzeit gültige Mietpreisbremse den Preisanstieg sogar kurzfristig beschleunigt hat. Statt nun von diesem Modell Abstand zu nehmen, macht man munter weiter. Es müsste doch auch den linken Ideologen so langsam dämmern, dass man mit Mietpreissozialismus kein einziges Problem wirklich nachhaltig lösen kann. Wer 1990 in den neuen Bundesländern unterwegs war und sich da mal umgesehen hat, der konnte erkennen, was sozialistische Wohnungsbaupolitik anrichtet. So ein Desaster wollen wir nicht noch mal erleben. Es ist Ihnen von der Linksfraktion, diesen Themenbereich betreffend, jegliche Lösungskompetenz abzusprechen. Das zeigen Ihre Entwürfe und Vorschläge. Was mich aber besonders stört: Es findet sich in Ihren Entwürfen kein lobendes Wort zur positiven sozialen Funktion, die Vermieter in diesem Land einnehmen. Es findet sich kein lobendes Wort dafür, dass Vermieter anderen Menschen ihr Eigentum zur Verfügung stellen, damit Mieter darin leben können. Ihre Anträge zeigen ein ideologisch verbrämtes Bild, wonach der böse, gierige Eigentümer einer Immobilie das ausschließliche Ziel verfolgt, Mieter auszubeuten, was sich zum Beispiel in Formulierungen wie „Vermieter machen sich die Vorteile des angespannten Wohnungsmarktes in vielen Städten zunutze“ zeigt. Das klingt wie ein Ruf aus der Gruft des Klassenkampfs. Das sollte doch mittlerweile endgültig erledigt sein. Der Sozialismus ist tot, töter kann er nicht sein. Hören Sie endlich auf, verschiedene Gruppen in unserer Gesellschaft gegeneinander auszuspielen! Viele hier, wir von der AfD, werden mit Sicherheit nicht dafür sorgen, dass der Sozialismus wieder aufersteht. Da können Sie sicher sein. Die Anträge und der Gesetzentwurf der Linken sind schon erstaunlich. Die Linke-Fraktion stellt fest, dass sich ein Großteil der Vermieterinnen und Vermieter nicht an die gesetzlichen Regelungen der Mietpreisbremse hält. Tja, warum wohl nicht? Deshalb nicht, weil die Mietpreisbremse zu viel Bürokratie mit sich bringt? Deshalb nicht, weil die Mietpreisbremse eine zu starke Beschränkung der Privatautonomie bedeutet. Was bieten die Linken an Lösungen an? Noch deutlich mehr Bürokratie und eine noch stärkere Beschränkung der Privatautonomie. – Dazu komme ich noch. Wie hat Albert Einstein einmal gesagt? Die Definition des Wahnsinns ist, immer dasselbe zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten. Ein Beispiel für die Richtigkeit dieser Aussage beraten wir gerade. Kommen wir nun zu den konkreten Vorhaben der Linken: Die Linke will die Bundesregierung unter Ziffer 1 auffordern, eine Verpflichtung für Vermieter zu begründen, „die Höhe der Vormiete sowie alle für die Bestimmung der zulässigen Miethöhe maßgeblichen Informationen“ den Mietern bei Vertragsabschluss offenzulegen. In Ziffer 4 wird gefordert, eine „Streichung der Ausnahmen“ von der Mietpreisbremse herbeizuführen, wie „sie für umfassend modernisierte Wohnungen, Neubauwohnungen und Vormieten oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete gelten“. In Ziffer 5 fordert man „die Einführung der bundesweiten Gültigkeit der Mietpreisbremse“. Das ist der größte Blödsinn. In den Ziffern 6 und 7 fordert man die „Festsetzung der zulässigen Höchstmiete bei Neuvermietung auf die ortsübliche Vergleichsmiete bzw. die ggf. niedrigere Vormiete“ bei gleichzeitiger „Entfristung der Mietpreisbremse“. Was hat das für Folgen? Erst einmal: Die Pflicht zur Offenlegung sämtlicher maßgeblicher Informationen bei Vertragsschluss ist eine völlig überzogene Bürokratiepflicht für Vermieter. Der Vermieter muss ungefragt Auskünfte zur ortsüblichen Vergleichsmiete einholen und hierüber Rechenschaft ablegen. Sämtliche Informationen zur zulässigen Miethöhe anhand der Orientierungshilfe der Mietpreisspiegel bei jeder Neuvermietung einzuholen, ist nur mit erheblichem organisatorischen Aufwand möglich. Ich will hier nur mal auf das Problem der Sonderausstattung verweisen; da ist das alles nicht so einfach. Wenn sich ein großer Teil der Vermieter in der Bundesrepublik schon heute nicht an Regelungen der Mietpreisbremse hält, wird sich dieser Teil erst recht nicht daran halten, den Mieter umfassend über ortsübliche Vergleichsmiete und Vormiete aufzuklären. Ein Beitrag, sich rechtstreu zu verhalten, ist Ihr Vorschlag hier nicht. Vor allem kann dann das eintreten, was hier in Berlin als der „Kreuzberg-Effekt“ bezeichnet wird, nämlich dass Vermieter überhaupt keinen unbefristeten Mietvertrag über Wohnraum mehr abschließen, sondern nur noch Wohnraum zum vorübergehenden Gebrauch zur Verfügung stellen: an Partygäste, Touristen usw. Kommunale Satzungen, die die Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch untersagen oder unter Genehmigungsvorbehalt stellen, greifen schon heute de facto als Regulativ nicht, weil sich viele Vermieter oder Untervermieter daran nicht halten und das nicht kontrollierbar ist. Im Ergebnis – wen wundert das bei den Linken? – würde das Vorhaben der Linken den Wohnungsmangel für unbefristete Mietverhältnisse weiter beschleunigen. Dann zum Problembereich der Streichung der Ausnahmen von der Mietpreisbremse für umfassend modernisierte Wohnungen und Neubauwohnungen. Da stellt sich doch die Frage: Welchen Anreiz sollen Investoren und Vermieter haben, Neubau zu schaffen, wenn sie diesen nur zur ortsüblichen Vergleichsmiete vermieten können? Und: Wo nicht neu gebaut wird, kann auch nichts vermietet werden. Eine Verringerung des Anreizes, Neubau zu schaffen, ist also völlig kontraproduktiv. Dadurch erhöht man das Angebot an Wohnraum nicht. Jetzt zum Thema „Einführung der bundesweiten Gültigkeit der Mietpreisbremse“. Es ist schon erstaunlich, wie sich die Linksfraktion über verfassungsrechtliche Hürden hinwegsetzt. Die Linke und übrigens auch die Union sollten sich einmal dringend mit den Beschlüssen des Landgerichts Berlin vom 14. September 2017 und vom 7. Dezember 2017 auseinandersetzen. Aus der Sicht des Landgerichts Berlin verstößt die Mietpreisbremse, und zwar die jetzige, gegen Artikel 80 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz. Die Begründung des Landgerichts Berlin würde bei einer bundesweiten Einführung einer Mietpreisbremse in einem entscheidenden Punkt genauso gelten: Die Vermieter in den unterschiedlichen Regionen sind, wenn man von der ortsüblichen Vergleichsmiete als Maßstab ausgeht, unterschiedlich stark betroffen. Denn eine typisierende, pauschalisierende Belastungsregelung trifft die Vermieter in Kommunen mit einer vergleichsweise niedrigen ortsüblichen Vergleichsmiete erheblich härter als in Kommunen mit einer vergleichsweise hohen ortsüblichen Vergleichsmiete. Es heißt in dem Beschluss vom 7. Dezember: „Diese ungleichen Belastungsfolgen“ einer Mietpreisbremse „stehen in einem krassen Missverhältnis zu den mit der gesetzlichen Typisierung verbundenen Vorteilen und begründen deshalb zur Überzeugung der Kammer des Landgerichts Berlin einen verfassungswidrigen Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz.“ Das ist mit ein Grund, weshalb wir eigentlich ganz grundsätzlich gegen diese Art der Regulierung durch eine Mietpreisbremse sind. Es ist hierzu noch kein Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergangen. – Bitte? Es ist noch kein Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergangen. Das ist ja noch in der Schwebe.
AfD
Herr Präsident ! Liebe Kollegen und Kolleginnen ! Etwas Erfreuliches aus Bayern : 98 ,5 Prozent der 3- bis 6-Jährigen gehen dort in einen Kindergarten . Das konnte man gestern lesen . - Das ist richtig , sagen Sie , Herr Singhammer . Das ist eine sehr beeindruckende Zahl , keine Frage . Warum soll ich Sie nicht auch einmal loben , wenn es wirklich angebracht ist ? Ich sage aber gleichzeitig : Das ist so , weil es seit elf Jahren für die 3- bis 6-Jährigen einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gibt . Der Rechtsanspruch wirkt an dieser Stelle . Wenn wir uns aber die Situation bei den Krippenplätzen anschauen , dann müssen wir feststellen - das haben wir heute schon vielfach gehört - , dass die Zahlen wirklich mager sind . In Westdeutschland werden insgesamt nur 7 ,8 Prozent der Kinder unter drei Jahren entsprechend betreut . Ich meine , an dieser Stelle ist klar : Auch im Krippenbereich brauchen wir unbedingt einen Rechtsanspruch . Liebe Kollegen , liebe Kolleginnen , vor neun Monaten haben wir zum ersten Mal über den Siebten Familienbericht debattiert . Im Familienbericht legen uns die Wissenschaftler ein Umdenken in der Familienpolitik nahe : weg von der bisherigen Politik der reinen Transferleistungen und hin zu einem nachhaltigen familienpolitischen Konzept , einem Mix aus Geld , Betreuungsangeboten und Zeit . Gleichzeitig - das ist ein Aspekt , der heute noch gar nicht richtig zum Tragen kam - legen uns die Wissenschaftler nahe , dass gute Familienpolitik immer auch Gleichstellungspolitik sein muss . Beides gehört zusammen . Wer vor anderthalb Jahren gedacht hat , dass die Große Koalition gar nicht in der Lage sein wird , aus diesem Anspruch heraus etwas zu entwickeln , der wird - das muss man ehrlicherweise sagen - eines Besseren belehrt . Ich sage Ihnen : Sie bewegt sich doch , auch wenn das in den letzten Tagen vielleicht nicht ganz so deutlich war . Die Große Koalition hat in den letzten neun Monaten eine ganze Menge auf den Weg gebracht . Frau Sager , so langsam , wie Sie es beschrieben haben , war das mit Sicherheit nicht . Denn wer hätte gedacht , dass schon am 1 . Januar 2007 - nach einem Jahr - das Elterngeld und die Elternzeit in Kraft treten würden ? Und wer hätte gedacht , dass wir uns schon am 14 . Mai 2007 - vor sechs Wochen - auf einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz verständigen würden ? Wir haben uns darauf verständigt - und darauf bestehen wir - , dass dieser Rechtsanspruch auch in dieser Legislaturperiode formuliert wird . - Warten wir einmal ab . - Damit erfüllen wir berechtigterweise Schritt für Schritt die Forderungen des Siebten Familienberichts . Man stellt ja fest , dass das Elterngeld schon jetzt dazu geführt hat , dass sich die Anzahl der Anträge der Männer auf Elternzeit im Vergleich zu früher verdoppelt hat . Diese Verhaltensänderung der Männer ist der Beweis dafür , dass die Annahme im Siebten Familienbericht richtig ist : Die Familie hat sich verändert , aber auch die Rollen haben sich verändert . Das Elterngeld und die Elternzeit geben den Müttern und Vätern die Chance , die Vereinbarkeit von Beruf und Familie letztlich auch in die Tat umzusetzen . Das ist eine wichtige Voraussetzung auch für das Thema Gleichstellung . Aber ich gebe Ihnen , Frau Sager , und allen , die vorher gesprochen haben , natürlich recht : Nach einem Jahr Elternzeit , das heißt im nächsten Jahr , wird der Druck zunehmen , einen qualitativ guten Krippenplatz zu finden . - Aber der Druck erhöht sich auch , weil die Nachfrage stärker wird , Frau Lenke . Darin werden Sie mir ja recht geben . Sie haben das in Ihrer Rede ja deutlich gemacht . Deshalb ist es richtig , Druck zu machen . Und Frau von der Leyen macht ja auch Druck , um den Ausbau der Krippenplätze zu bescheunigen . Darum ist richtig , dass wir bei den Krippenplätzen bis 2013 auf 750 000 Plätze kommen wollen . Auch ist es richtig , die Formulierung eines Rechtsanspruchs zu beschleunigen . Wir dürfen keine Zeit verlieren .
SPD
Ja , natürlich .
FDP
Wir begrüßen den Vorstoß der Europäischen Kommission für Verbesserungen der Zusammenarbeit im Katastrophenschutz. Menschen unmittelbar, schnell und wirksam Soforthilfe bei Katastrophen zukommen zu lassen, ist ein vorrangiges Ziel der Solidargemeinschaft EU. Die Katastrophe von Fukushima hat uns einmal mehr und auf ganz brutale Weise aus dem täglichen Verdrängen der Möglichkeit einer derartigen, vorher in diesem Ausmaß für uns alle unvorstellbaren Katastrophe gerissen. Schmerzhaft vor Augen geführt wurde uns, in welchem Ausmaß unser gewohnter Alltag durch katastrophische Entwicklungen bedroht ist, die zudem oftmals in vielerlei Hinsicht menschengemacht und damit grundsätzlich vermeidbar erscheinen. Und so muss nach Fukushima auch für den Katastrophenschutz gelten: Business as usual geht nicht mehr. Wer von einer veränderten Sachlage bei der Bewertung der Atompolitik ausgeht, wie dies die Bundesregierung nunmehr von sich behauptet, muss auch beim Katastrophenschutz konsequent sein. Die Risiken von Großschadenslagen – das hat Japan gezeigt – können kumulativ eintreten, und sie sprengen alle unsere bisherigen Übungs- und Einsatzszenarien. An die Politik gewendet gilt hier stets die Frage: Haben wir alles Menschenmögliche getan, um die etwaigen Folgen derartiger Katastrophen bestmöglich abzumildern oder sie gar im Vorfeld zu verhindern? Das Undenkbare denken und Vorsorge treffen, darin besteht die Herausforderung des Bevölkerungsschutzes, auch wenn und gerade weil wir wissen: Katastrophen sind per se das zumeist nicht Planbare, das Unvorhersehbare. Und: Das Ereignis selbst muss noch nicht automatisch zu einer Katastrophe werden. Tatsächliche Katastrophen, die im Grunde genommen ja nichts anderes sind als die Überforderung einer Gesellschaft, mit einer bestimmten Bedrohung adäquat umzugehen, entstehen oftmals erst durch das Zusammenspiel vielfältiger Faktoren, von denen die einen mehr beeinflusst, die anderen weniger beeinflusst werden können. Sicher ist: Die Vulnerabilität unserer modernen Gesellschaften auf einem möglichst geringen Niveau zu halten, ist wohl die größte Herausforderung für den Katastrophenschutz. So wissen wir alle: Der technologische Fortschritt ist Fluch und Segen zugleich: Einerseits ermöglicht er uns, frühzeitig potenziell katastrophale Entwicklungen einzuschätzen und sie zu bekämpfen, andererseits sind die Folgen einer erst einmal eingesetzten Katastrophe durch die Abhängigkeit moderner Gesellschaften von kritischen Infrastrukturen hoch. Wir wissen: Für eine möglichst effektive Begegnung der Auswirkungen eines potenziell katastrophalen Ereignisses ist eine koordinierte Vorgehensweise aller hieran Beteiligten von immenser Bedeutung. Wir wissen auch: Katastrophen kennen keine Grenzen. Daher begrüßen wir es, dass die EU mit ihrer Mitteilung Vorschläge für notwendige Einzelschritte einer verbesserten EU-Krisenabwehr vorgelegt hat. Anstrengungen in dieser Richtung reichen bereits einige Jahre zurück, darunter hervorzuheben insbesondere der Barnier-Report. Der Ansatz der Kommission ist in seinen wesentlichen Punkten zu begrüßen. Besonders wichtig und hervorzuheben ist, dass die Katastrophenvorsorge seitens der Kommission auch als primäre Prävention von Risikoherden mitgedacht wird und hier weitere konkrete Schritte angekündigt werden. Denn wir müssen vor allem an die Ursachen von Krisen, an die Risikoherde ran. Als gutes Beispiel hierfür mag die neueste TAB-Studie des Deutschen Bundestages dienen, die mit Blick auf das besonders gefährliche Szenario breitflächiger und länger andauernder Stromausfälle eine Abkehr von zentralisierten Stromnetzen und eine Hinwendung zu erneuerbaren Energien empfiehlt, mit denen robustere dezentrale Stromnetze auch in Katastrophenfällen aufrechterhalten werden können. Gleichwohl gilt der alte Spruch, wonach bei aller Prävention die nächste KataZu Protokoll gegebene Reden strophe bestimmt kommen wird, auch hier bei uns in einem vermeintlich besonders sicheren und gut organisierten Gemeinwesen. Sie wird uns auf dem falschen Fuß erwischen, und sie wird natürlich – verzeihen Sie mir diese von vielen schon als Phrase empfundene Wendung – vor allem eines nicht machen, nämlich an nationalen Grenzen innehalten. Diese Erfahrung kennen wir zur Genüge bei den typischen Hochwasserkatastrophen, die unser Land immer wieder treffen. Zum Glück kennen wir sie noch nicht für anders gelagerte Fälle, zum Beispiel Terroranschläge mit katastrophischen Auswirkungen, oder gar Atomkatastrophen. So unwahrscheinlich diese Möglichkeiten immer noch vielen erscheinen mögen, die Aufgabe des Katastrophenschutzes muss diese Szenarien aufnehmen und verarbeiten. Genau deshalb ist es überhaupt nicht zureichend, wenn die Koalitionsfraktionen beantragen, weiterhin nahezu ausschließlich auf nationale Bewältigungs- und Koordinationskapazitäten der Mitgliedstaaten zu setzen und der Europäischen Union lediglich eine reaktive Rolle zuzuweisen. Damit wird einmal mehr eine Herangehensweise im Bevölkerungsschutz perpetuiert, die noch immer meint, gesetzliche Aufgabenverteilungen und Befugnisse zum Maßstab für die Bewertung der Realität sprich: konkrete Krisenszenarien nehmen zu können. Als trauriges Ergebnis zu besichtigen ist unter anderem deshalb ein nationales System des Krisenmanagements, das sich keinem Laien mehr erschließt und bei einer schweren Katastrophe vermutlich völlig unzureichende Koordinierungsleistungen erbringen würde. Umgekehrt hingegen würde ein Schuh draus, denn erst in der konkreten Auswertung realistischer Krisenszenarien und Übungen erschließt sich induktiv der Bedarf bei den Bewältigungsstrukturen. Die Vorschläge der Kommission sind ein schlüssiger Schritt für die Bewältigung grenzüberschreitender Szenarien hier bei uns in Europa, aber auch für den Einsatz von EU-Mitteln in Drittstaaten. Einig sind wir uns hier im Bundestag offenbar, was die Notwendigkeit der Planung auch auf EU-Ebene für bestimmte Szenarien, die Inventarisierung von nationalen Ressourcen und die beschleunigte Mobilisierung der Ressourcen angeht. Die Sorge der Linken, dass die Pläne der Kommission eine Militarisierung des Bevölkerungsschutzes einläuten könnten, teilen wir nicht. Auch wir würden derartige Entwicklungen selbstverständlich ablehnen. Die Mitteilung bekennt sich jedoch eindeutig zu den Oslo-Leitlinien und damit zu dem Grundsatz, dass nur im absoluten Ausnahmefall eine entsprechende Heranziehung militärischer Kräfte infrage kommt. Die Zusammenlegung der Krisenstellen des MIC, Monitoring and Information Centre, und der GD ECHO, Generaldirektion Humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission, ist konsequent, weil es zahlreiche Überschneidungen zwischen den Katastrophenschutzanforderungen und der humanitären Hilfe – Schutz und Versorgung, die über Erstversorgung hinausgeht – gibt und es aus unserer Sicht durchaus Sinn macht, die notwendige Vorbereitungs- und Planungsarbeit von den rein reaktiven, auf die Ad-hoc-Zurufe der Mitgliedstaaten angewiesenen Maßnahmen zu lösen, um so die rasche und effiziente Handlungsfähigkeit in Notfällen aufzubauen und zu gewährleisten. Die Behauptung der Koalitionsfraktion, damit würde das bundesdeutsche bewährte System der Präsenz von Millionen von Helferinnen und Helfern in der Fläche infrage gestellt, teilen wir explizit nicht, zumal sie auch nicht näher begründet wird. Vielmehr wird unser bewährtes System insbesondere der ehrenamtlichen Mitarbeit in einer Vielzahl von Hilfsorganisationen weiterhin neben und kumulativ zu den Koordinierungsaufgaben auf nationaler wie auch europäischer Ebene zur Anwendung kommen. Den Einwand der fehlenden Rechtsgrundlage für eine derartige Verbindung bereits bestehender und zulässiger Kompetenzen sehen wir nicht, wenn bei der rechtlichen Ausgestaltung entsprechend präzise festgelegt wird, worin die konkreten Aufgaben und Befugnisse liegen können und sollten. Fragen des Bevölkerungsschutzes sind mit einer besonders hohen Verantwortung verbunden und geben Anlass, von kurzfristigen politischen Überlegungen abzusehen sowie auch bei bestimmten abstrakteren Leitlinien des eigenen politischen Handelns Vorsicht walten zu lassen. Mögen die oft vorgetragenen Bedenken hinsichtlich eines sich verselbstständigenden Ausbaus des europäischen Agenturwesens in Einzelfällen durchaus ihre Berechtigung haben, so dürfen diese doch nicht zu einer pauschalen Ablehnung notwendiger und in der Sache gerechtfertigter Erweiterungen europäischer Handlungsmöglichkeiten führen. Die Vorbereitung auf und die Unterstützung bei Katastrophen, die an unseren Landes- wie auch Staatsgrenzen nicht haltmachen und deren Bewältigung außerordentliche Anstrengungen erfordern, zählt zu diesen notwendigen Erweiterungen.
GRUENE
Gern.
GRUENE
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns endlich beginnen: mit der parlamentarischen Aufklärung zu einem der größten – wenn nicht gar dem größten – Geheimdienstskandal in der Geschichte der Bundesrepublik. – Da klatschen Sie, Frau Dr. Högl. Ich würde Sie gern persönlich ansprechen. Sie wissen, wie sehr ich Sie für Ihre Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss schätze. Aber die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum NSA-Skandal jetzt mit Scheinargumenten zu verhindern, schadet doch dem überwiegend gemeinsam formulierten Aufklärungswillen, wie er auch von Ihrer Fraktion in den letzten Monaten immer wieder vorgetragen wurde. Ich kann auch nicht das Argument des Kollegen Thomas Silberhorn nachvollziehen, dass unser Antrag nicht präzise sei. Er ist präzise formuliert. Ich denke, dieses Vorgehen soll der ganzen Aufklärungsdebatte ein Stück weit den Schwung nehmen. Das dürfen wir an keiner Stelle zulassen. Denn, wie der Kollege Ströbele zu Recht schon gesagt hat, die Bespitzelung geht weiter, und deswegen muss der Ausschuss endlich zum Arbeiten kommen. Was ist denn zu untersuchen? Die Überwachung von Internet, Mails und Telekommunikation durch US-amerikanische und britische Dienste war und ist möglicherweise so umfassend, dass von einem Generalangriff auf die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, der Unternehmen und des Staates gesprochen werden muss. Ich finde, die Bundesregierungen haben diese Rechte deutschen und ausländischen Geheimdiensten zur Verfügung gestellt – durch Worte, durch Taten und durch Unterlassungen. Wir brauchen einen Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre nicht allein zur Aufklärung des Ausmaßes der Überwachung und all dessen, worauf uns Edward Snowden in seinem mutigen und couragierten Einsatz aufmerksam gemacht hat. Wir brauchen einen Untersuchungsausschuss auch, um für die Zukunft Konsequenzen zu ziehen und die drängende Frage zu beantworten, wie Bürgerinnen und Bürger, wie Unternehmen, wie Behörden, wie Regierungen, aber wie auch die Kanzlerin vor Überwachung und Ausforschung geschützt werden können. Für meine Fraktion gibt es drei zentrale Aspekte, die geklärt werden müssen: Erstens. Wie und in welchem Umfang haben ausländische Geheimdienste – dabei bleiben wir: ausländische Geheimdienste – private, unternehmerische und behördliche Kommunikation seit 2001 überwacht, gespeichert und verarbeitet? Zweitens – auch das ist wichtig –: Inwieweit waren deutsche Behörden und Geheimdienste durch Abkommen, Techniktransfer, aber auch Datenaustausch an der Überwachung beteiligt, haben davon gewusst oder möglicherweise sogar profitiert? Ein Untersuchungsausschuss muss auch die Frage klären, inwieweit eine Art Kollaboration der Geheimdienste diesseits und jenseits rechtlicher und internationaler Bindungen stattgefunden hat. Drittens. Beantwortet werden muss auch die Frage, wie wir als Parlament die zunehmende Privatisierung sicherheitssensibler Infrastrukturen bewerten, insbesondere im Bereich der Geheimdienste, und welche Konsequenzen für effektiven Grundrechtsschutz daraus gezogen werden müssen. Dabei geht es uns als Linken nicht darum – das wollen wir deutlich sagen –, zurückzuspitzeln und eine Art gigantische Aufrüstungsschlacht der Geheimdienste zu befördern. Es muss darum gehen, sich gemeinsam auch mit den anderen europäischen Ländern zu verständigen, wie wir die Unkultur des anlasslosen Generalverdachts gegen die Bürger und Bürgerinnen beenden und die Ausforschung von Unternehmen und Behörden stoppen oder wenigstens wirksam erschweren. Deshalb bleibt es für uns auch so wichtig, zu untersuchen, wie die Bundesregierung und die bundesdeutschen Behörden seit den ersten Enthüllungen durch Edward Snowden zur Bespitzelungspraxis reagiert haben. Nur zur Erinnerung – Herr Ströbele hat das auch schon reflektiert –: Die Bundesregierung fiel zuerst auf durch wenig Eigeninitiative zur Aufklärung, leere Versprechungen, fast schon naiv anmutende Vertrauensbekundungen zu den Verbündeten und ein Stück weit auch technische Ahnungslosigkeit. Und genau hier – bei der Frage der Regierungsreaktionen auf die Snowden-Enthüllungen – gibt es einen zentralen Unterschied zwischen unserem gemeinsamen Antrag und dem Antrag der Fraktionen der Großen Koalition: Wir bestehen darauf, dass Edward Snowden als sachverständiger Zeuge geladen wird und dafür seine Sicherheit und sein Schutz gewährleistet werden. Wir sagen: Es muss jetzt schnell zu einer Einigung auf Grundlage eines weit gefassten und dennoch zielgerichtet und exakt formulierten Untersuchungsauftrags kommen, der auch die Rechte der Opposition wahrt. Wir werden einer weiteren Verzögerung nicht mehr zustimmen können. Wenn es zu diesem Vorgehen kommt, wenn beide Entwürfe nun in den zuständigen Ausschuss des Bundestages gehen, kann es für uns eigentlich nur einen Weg geben: Die Regierungsfraktionen benennen die zwei, drei, vier für sie unerlässlichen Punkte oder die zu überarbeitende Formulierung, wir prüfen gemeinsam, ob diese übernommen werden können, und dann gibt es auf Grundlage unserer Vorlage einen gemeinsamen Antrag. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, als Linke haben wir auch aufgrund der Auseinandersetzung mit unserer eigenen Geschichte eine klare Haltung zu Geheimdiensten. Sie sind nicht zu bändigen und einer Demokratie abträglich. Wir sagen klar: Wir wollen keine Abhörzentralen, nicht von Freunden, nicht von Konkurrenten, nicht von unseren eigenen Geheimdiensten. Die Freiheitsrechte sind elementare Rechte, und sie müssen im Internetzeitalter eher mehr als weniger verteidigt werden. Das ist eine große Aufgabe für den Untersuchungsausschuss und eine Herausforderung für alle, die sich der Aufgabe stellen werden – im Interesse der Bürger- und der Grundrechte.
PDS/LINKE
Frau Schewe-Gerigk , Sie haben auch der FDP vorgeworfen , sie habe den Gesetzentwurf zur Gleichstellung gleichge schlechtlicher Partnerschaften verhindert . Ich meine , der Wahrheit wegen sollten Sie dann auch sagen , daß unser Gesetzentwurf hier im Plenum schon auf den Weg gebracht worden ist . Ich frage Sie , wann Ihr Gesetzentwurf nun kommt . .
FDP
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Machen wir uns doch nichts vor: Der Alltag in Afghanistan ist Alltag in Gewalt und Terror. Bei uns ist die Wahrnehmung: Über Anschläge wird berichtet, wenn auch nicht über jeden alltäglichen, sondern meistens nur über spektakuläre Anschläge. Junge Menschen, alte Menschen, Frauen, Männer und Kinder verlieren ihr Leben und werden bei uns oft zu Zahlen. Wir lesen, wo der Sprengsatz gezündet wird, vielleicht noch einen Absatz mit Hintergrundinfos. Dann wird das abgehakt, nächste Meldung. Sie ist vielleicht interessanter. Meine sehr verehrten Damen und Herren, verstehen Sie mich nicht falsch: Ich nehme es niemandem im Land übel, wenn das Interesse an schlechten Nachrichten sinkt und sinkt, und ich verstehe die Menschen draußen in unserem Land, von denen nicht wenige fragen: Was sollen wir dort? Weshalb setzen wir unsere Soldatinnen und Soldaten dieser Gefahr aus? Aber, meine Kolleginnen und Kollegen, diese Fragestellungen und die Antworten darauf dürfen für uns in diesem Hohen Haus nicht gelten. Denn wir dürfen nicht wegschauen. Wir dürfen uns nicht unsere eigene Welt malen. Warum, meine sehr verehrten Damen und Herren? Zum einen, weil wir gewählt wurden, um Politik zu machen, Verantwortung zu übernehmen und, was immer wichtiger wird, auch Lösungen zu finden, und zum anderen, weil wir nicht in diesem Hause sind, um wegzuschauen und zu verdrängen. Denn wer ohne Scheuklappen und mit klarem Blick hinschaut, der sieht auch die kleinen Erfolge und Veränderungen, die das Leben der Menschen verbessern. Diese Erfolge gäbe es ohne unser Engagement nicht. Es gibt zum Beispiel den Frauenrat im Westen von Herat. Dort setzt sich eine Kooperative von Frauen mit dem Anbau und Vertrieb von Safran gegen eine Männerwelt durch, bietet Literatur-, Englisch- und Fotokurse, Schönheitssalons, führt Computerausbildung durch. Das wäre ohne unseren Einsatz undenkbar. Ein weiteres Beispiel ist das Frauenmagazin „Gellarah“, das über die gesellschaftlichen Veränderungen im Lande schreibt und genau dort hingeht, wo es kein Radio, TV oder Internet gibt. Auch das ist Afghanistan. Das ist das Afghanistan, für das wir jedoch Geduld brauchen – strategische Geduld – und gleichzeitig Haltung. Diese zwei Beispiele allein rechtfertigen es schon, unser Engagement in Afghanistan fortzusetzen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Was alles in Afghanistan schiefläuft, haben wir bereits zur Genüge gehört. Wir müssen schonungslos zugeben, dass sich die Sicherheitslage erheblich verschlechtert hat und dass der Konflikt weitere Opfer fordert. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass der zuvor angekündigte Quasirückzug aus Afghanistan im Jahr 2014 nach dem Motto „Was sollen wir dort?“ einfach nur albern war und dass ein festgelegtes Datum, wie es der eine oder andere will, uns keinen Schritt voranbringt, sondern eher ein Machtvakuum erzeugt, das Terrorgruppen Raum gibt. Der Grund, weshalb es notwendig ist, die Mandatsobergrenze zu erhöhen, ist, den Menschen in Afghanistan Perspektiven zu verschaffen, und zwar gegen Drogenanbau, Korruption und Klientelismus. Bei allen Problemen, Hindernissen und begangenen Fehlern in den vergangenen Jahren ist es einfach, zu sagen: Raus aus Afghanistan! Das bringt nichts. Sollen die doch ihr Zeug selber machen! – Ich höre von vielen die Frage, was uns das angeht. Wenn wir aber eines gelernt haben, dann, dass es auch uns in Deutschland etwas angeht und dass es überhaupt nichts nutzt, sich zu verschanzen und wegzuschauen. Das schafft keine Perspektiven, verhindert keinen Terror, finanziert kein UN-Hilfsprogramm, schafft keine Sicherheit, schützt keine zivilen Helferinnen und Helfer und schafft keinen gesellschaftlichen Aufbau. Wir müssen dranbleiben im Interesse der afghanischen Bevölkerung. Wir müssen der Bundeswehr den Rücken stärken und unsere Soldatinnen und Soldaten gut ausrüsten. Was wir jetzt brauchen, sind Haltung und strategische Geduld. Wir wünschen den Soldaten, gut nach Hause zu kommen. Vielen Dank.
SPD
Verehrter Herr Kollege Friedrich , wären Sie bereit , eventuell einzuräumen , daß genau der Sachverhalt , den Sie zuletzt beschrieben haben , damit zu tun haben könnte , daß eben jenseits der 0 ,5 Promille so etwas wie ein Kontrollverlust eintritt und eben unkontrolliert weitergetrunken wird , bis man dann freilich irgendwann blau ist ?
GRUENE
Ich bedanke mich und frage Sie folgendes : Sollten wir uns nach Ihrer Auffassung doch lieber die Strategie der FDP zum Vorbild nehmen , die Steuersenkungen verspricht und gleichzeitig eine Lücke von 45 Milliarden DM reißt ? Ist das Ihre Alternative ? .
SPD
Geschätzter Kollege, Sie sagen ja immer, es gehe Ihnen nicht um eine pauschale Legalisierung, sondern um eine Regulierung. Aber das passt nicht zu dem Gesetzentwurf, den Sie eingebracht haben. Da haben Sie nämlich für Ihre Partei formuliert: Wir treten ... für eine rationale und humane Drogenpolitik ein, was eine Entkriminalisierung des Drogenkonsums und langfristig eine Legalisierung aller Drogen beinhaltet. Dazu würde ich natürlich gerne eine Aussage von Ihnen hören; denn das ist nicht das, was Sie gerade gesagt haben.
CDU/CSU
Herr Präsident ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Ich überlasse das Urteil über die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe gerne der interessierten Öffentlichkeit . Ich bin sicher , daß die interessierte Öffentlichkeit , übrigens genauso wie Herr Hirsch von der FDP , unseren Vorschlag als denjenigen betrachtet , der der Rechtslage und der Notwendigkeit zum Handeln gerecht wird . Vereint sind wir auf beiden Seiten des Hauses in dem Wunsch , das Außenwirtschaftsgesetz und die entsprechenden Strafbestimmungen zu verschärfen . Verletzungen dieser Gesetze , auch Vorbereitungshandlungen , von denen wir von seiten der Wirtschaft hören , daß sie noch immer wieder vorkommen , wie die unerlaubte Ausfuhr von Waffen und Dual-useGütern , müssen frühzeitig erkannt und verhindert werden . Dazu haben wir unseren Vorschlag gemacht . Aspekte der Vergangenheit , Verstöße und kriminelle Vorgehensweise von Teilen der Industrie machen dieses Gesetz notwendig . Herr Kittelmann , mir klingeln die Ohren , wenn ich höre , daß Sie von Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie sprechen . Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie ist im wesentlichen dadurch eingeschränkt , daß sich die Exporteure des Todes selbst in Mißkredit bringen und deshalb nicht mehr im Ausland anerkannt und angesehen sind .
SPD
2004 strichen SPD , CDU/CSU und Grüne in einer wahren Kürzungsorgie den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zusammen . Neben Zuzahlungserhöhungen für Medikamente , Heil- und Hilfsmittel sowie Krankenhausaufenthalte wurde die Praxisgebühr eingeführt , Brillen müssen seitdem selbst bezahlt werden , das Sterbegeld wurde abgeschafft und vieles anderes mehr . Diese Koalition des Sozialabbaus beschloss gleichzeitig , die Krankenkassenbeiträge der Arbeitgeber zu senken - auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Rentnerinnen und Rentner , die deshalb heute mehr zahlen . Menschen , die Kinder bekommen wollen , aber auf natürlichem Wege nicht zeugen können , haben heute immer noch mit den folgeschweren Kürzungen zu tun . Bis 2003 wurden die ersten vier Versuche einer künstlichen Befruchtung von der Krankenkasse bezahlt . Ab 2004 werden nur noch die ersten drei Versuche gezahlt - und die nur zu 50 Prozent übernommen . Das hat die Auswirkung , dass die Betroffenen pro Versuch etwa 1 750 Euro drauflegen müssen . Wenn drei Versuche notwendig sind , kostet das 5 250 Euro . Jeder weitere Versuch muss selbst gezahlt werden . Bei vier Versuchen kostet die Zeugung des Wunschkindes die Betroffenen dann etwa 8 750 Euro . Einige können das zahlen , viele aber nicht . Deshalb ist alleine 2004 die Zahl der künstlichen Befruchtungen fast halbiert worden . Dies sind 45 000 Einzelschicksale , in denen keine künstliche Befruchtung durchgeführt wurde . In meinen Augen ist dies nicht nur skandalös , sondern auch familienfeindlich . Die Entscheidung zu einer künstlichen Befruchtung darf nicht an einem zu kleinen Geldbeutel scheitern . Denn niemand entscheidet sich mir nichts , dir nichts für eine solche Behandlung . Denn bei einer Befruchtung im Reagenzglas muss zuerst die Frau mit nebenwirkungsreichen Hormonen behandelt werden , damit Eizellen heranreifen . Dann müssen der Frau die Eizellen entnommen werden , bevor die eigentliche Befruchtung im Reagenzglas stattfinden kann . Danach hat das Paar eine weitreichende Entscheidung zu treffen : Wie viele Embryonen sollen in die Gebärmutter implantiert werden ? Es kommt oft vor , dass ein Embryo sich nicht in der Gebärmutter einnistet . Deshalb ist es gesetzlich erlaubt , pro Befruchtungsversuch bis zu drei Embryonen im Reagenzglas zu erzeugen und zu implantieren . Je mehr implantiert werden , umso besser stehen die Chancen auf eine Schwangerschaft , umso höher ist aber auch das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft . Wenn das Paar über wenig Geld verfügt und lange auf den Versuch hat sparen müssen , dann wird mit höherer Wahrscheinlichkeit die Einsetzung von drei Embryonen gewählt . Die sich daraus entwickelnde Schwangerschaft ist dann mit einiger Wahrscheinlichkeit eine Drillingsschwangerschaft . Das bedeutet ein erhöhtes Risiko für die Frauen und die sich entwickelnden Kinder . Oft raten die Ärzte dann zu einer Reduktion , also der Abtötung eines oder zweier Embryonen bzw . Föten . Mir liegt es fern , solche Entscheidungen moralisch zu bewerten . Es ist aber absurd , wenn solche existenziellen Entscheidungen abhängig von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln getroffen werden müssen . Unsinnig war auch die neue Festlegung der Altersgrenzen . Frauen unter 25 Jahren haben seither gar keinen Anspruch auf Kostenbeteiligung der Kassen und müssen bei Unfruchtbarkeit erst dieses Alter abwarten . Frauen ab 40 haben auch keinen Anspruch mehr , auch dann nicht , wenn ein Gutachten Erfolgschancen verspricht . Die Altersgrenze 50 Jahre für Männer ist genauso unsinnig . Diese starren und willkürlichen Grenzen gab es zuvor nicht , und sie sollten nach unserer Auffassung auch wieder abgeschafft werden . Das alles wollen wir mit unserem Antrag ändern . Wir wollen , dass die Betroffenen selbstbestimmt den aktuellen Stand der medizinischen Möglichkeiten nutzen können . Eine Rückkehr zu der alten Regelung hat auch bereits der Bundesrat gefordert . Im Juli 2008 hat der Bundesrat auf Antrag des Saarlandes , von Thüringen und Sachsen beschlossen , dass die Bundesregierung die Kürzungen zurücknehmen und zum alten Rechtszustand zurückkehren soll . Die Gesundheitsministerin Frau Schmidt hat diese Entschließung kurz und knapp beiseite gewischt . Von der Presse zu der Bundesratsentscheidung befragt , sagte sie nur , die Vollfinanzierung sei eine familienpolitische Aufgabe und keine Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung . Wir nehmen sowohl den Bundesrat als auch die Ministerin beim Wort : Wir fordern , dass die künstliche Befruchtung wieder voll finanziert werden soll . Die Mehrkosten sollen aus Steuermitteln kommen . Dazu soll der Bundeszuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung entsprechend erhöht werden . Das ist ein Vorschlag , mit dem Bundesrat und Ministerin , aber vor allem die Betroffenen leben können . Daher bitte ich auch um die Unterstützung der anderen Fraktionen .
PDS/LINKE
Herr Staatssekretär , nachdem wir nun wissen , welche Einheiten im Einsatz waren und wie die Kostenverteilung funktioniert , möchte ich Sie fragen , wie die Bundesregierung das politisch bewertet , was bei diesem Einsatz schief gelaufen ist . Fritz Rudolf Körper , Parl . Staatssekretär beim Bundesminister des Innern : Was die Frage der Einsatzkonzeption anbelangt , so muss ich feststellen , dass dies Gegenstand der folgenden schriftlich eingereichten Frage ist . Es ist vielleicht besser , wenn ich erst diese beantworte , und Sie dann gegebenenfalls noch einmal eine Zusatzfrage stellen .
FDP
Herr Präsident ! Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Es ist wahr , es ist heute ein sehr ungeeigneter Zeitpunkt für eine Aktuelle Stunde : am Freitagnachmittag , am letzten Sitzungstag vor der Sommerpause . Ich bedaure das sehr . Dieser Termin ist gegen unseren Willen festgesetzt worden . Wir hatten vorgeschlagen , dieses Thema spätestens heute morgen zu diskutieren , um das auch der Öffentlichkeit vermitteln zu können . Aber die Entscheidung ist gegen unseren Willen gefallen . . Ich möchte zweitens erklären , daß es zur deutschdeutschen Geschichte gehört _ und niemand soll sich Illusionen darüber machen _ , daß im Laufe der Zeit eine Reihe von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland mit einem Strafverfahren überzogen werden , weil sie gegen unsere Strafgesetze verstoßen haben , indem sie für die damalige DDR agentenmäßig tätig geworden sind . Das gehört zur deutsch-deutschen Geschichte , und es ist gut , daß wir diese deutschdeutsche Geschichte aufarbeiten . Es gibt gar keinen Zweifel daran , daß jede gesellschaftliche Gruppierung in der Bundesrepublik Deutschland betroffen sein wird . Es wäre ein bißchen aberwitzig , anzunehmen , es gäbe einen Bereich , der auszunehmen ist . Jedermann weiß _ zumal wir auch schon bekannte Fälle haben _ , daß sich das auch auf alle politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland bezieht . Es wäre auch gegen jede Lebenswahrscheinlichkeit , wenn das nicht so wäre . Was für den Handel , die Wirtschaft und die Technik gilt , das gilt natürlich auch für politische Parteien . Ich möchte deshalb an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich öffentlich feststellen : Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat keinerlei Grund , Angst vor den Namen zu haben , die nachher vom Generalbundesanwalt mit einem Ermittlungsverfahren überzogen werden , weil die Strafgesetze es verlangen . Ich widerspreche deshalb ganz entschieden allen Thesen , die in der letzten Zeit von einer interessierten Öffentlichkeit verbreitet worden sind , man habe hier , auf welchem Wege auch immer , eine Vereinbarung mit der Regierung ge troffen und sich von der Regierung unter Druck setzen lassen . . Ich bedaure außerordentlich , daß diese Diskussion dadurch entstanden ist , daß ein ehemaliger Abteilungsleiter im Kanzleramt und jetziger Staatssekretär im Innenministerium sich beamtenrechtswidrig verhalten hat . Es gibt gar keinen Zweifel daran , daß das , was Herr Vöcking getan hat , nämlich dienstliches Material an eine Journalistin zu geben , dringender Anlaß war , diesen Mann in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen . Daran gibt es gar keinen Zweifel ! . Für mich gibt es auch keinen Zweifel , daß das Verhalten dieses Mannes , das ja auch Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen ist , unabhängig vom Ergebnis dieser staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen für uns Sozialdemokraten so gravierend ist , daß er nicht mehr in die Bundesregierung zurückkehren darf , meine Damen und Herren . . Es ist in diesem Zusammenhang _ und das ist für uns Sozialdemokraten besonders erschreckend _ sehr wohl darauf hinzuweisen , in welchem zeitlichen Kontext das Verhalten von Herrn Vöcking gestanden 14630 Deutscher Bundestag _ 12 . Wahlperiode _ 169 . Sitzung . Bonn , Freitag , den 2 . Juli 1993 Peter Struck hat . In der Tat ist es so , daß dieses Papier , das einen angeblichen Spion in der näheren Umgebung von Engholm entlarven helfen sollte , just in der Woche vor der schleswig-holsteinischen Landtagswahl im April letzten Jahres zugespielt worden ist . . Da stellt sich dann schon die Frage , meine Damen und Herren von der Regierungskoalition und von der Bundesregierung : Was steht denn wohl dahinter , warum denn gerade zu diesem Zeitpunkt ? Ich möchte hier für meine Frak tion sagen , daß für uns die Angelegenheit Vöcking nicht erledigt ist , daß wir entschieden den Vorwürfen nachgehen werden und daß wir entgegen den öffentlichen Erklärungen , die auch der Chef des Bundeskanzleramtes abgegeben hat , das sei eine Einzelaktion von Herrn Vöcking , mehr und mehr den Verdacht haben , daß es sich nicht um die Einzelaktion eines Menschen handelte , der Agenten jagen wollte . Wir haben vielmehr den Eindruck : Wenn es auch nur in der Form geschehen ist , daß allgemein im Bundeskanzleramt darüber geredet wurde , ob m an nichtirgendetwasgegenHerrnEngholmmachen könne , weil er ja Kanzlerkandidat der SPD und ein bedeutender Spitzenpolitiker der SPD sei , muß das wohl doch auch ein Motiv für die Handlungsweise von Herrn Vöcking gewesen sein . Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten , diesem Verdacht nachzugehen . Ich erkläre abschließend für meine Fraktion : Wir behalten uns ausdrücklich vor , in dieser Angelegenheit einen Untersuchungsausschuß einzurichten , der dann sehr genau die Rolle sämtlicher Beteiligten im Kanzleramt zu prüfen haben wird . .
SPD
Selbstverständlich, auch wenn ich nach dem bisherigen Verlauf der Fragestunde keine Hoffnung auf eine gute Antwort habe. – Ich gehe davon aus, dass Sie das schon mit ins Kalkül gezogen haben. Nordrhein-Westfalen grenzt an Belgien und Luxemburg; Ähnliches gilt für Rheinland-Pfalz und das Saarland. Insofern wäre es, glaube ich, klug gewesen, mit ins Kalkül zu ziehen, dass die dortigen Regierungen sich animiert fühlen könnten, eine vergleichbare Maut einzuführen. Deswegen frage ich Sie: Welche Rolle spielen solche möglichen negativen Folgen bei den politischen Entscheidungen hinsichtlich der Einführung einer Vignette, und welche Risikoabschätzung haben Sie da vorgenommen?
GRUENE
Herr Lohmann , ich hatte mich bei der Präsidentin bereits entschuldigt . Ich weiß nicht , ob Sie das zur Kenntnis genommen haben .
SPD
Ich habe schon gesagt, dass es noch keine Entscheidung über weitere Maßnahmen gibt. Insofern kann ich auch nicht zu Details eines Akutfonds und Ähnlichem berichten. Ich glaube, dass es eine ernstzunehmende und wichtige Frage ist, die auch unabhängig von anderen Gesetzgebungsverfahren beantwortet werden muss. Es mag sein, dass die Beratung eines Anti-Doping-Gesetzentwurfs ein möglicher Zeitpunkt ist. Aber ich glaube, das muss man trennen. Das Doping, das wir jetzt bekämpfen, hat, wie ich finde, eine andere Qualität als das, was in der DDR im Zusammenhang mit Doping passiert ist – das muss ich Ihnen nicht erklären –, wo die Betroffenen gar nichts davon erfahren und erhebliche Gesundheitsschäden davongetragen haben. Aus diesem Grunde gab es bereits einen Fonds. Es wurden etwa 300 Anträge gestellt; 200 davon wurden positiv beschieden. Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob Weiteres zu tun ist. Es dauert in der Tat – damit haben Sie recht – relativ lange, aber es geht in diesem Zusammenhang schließlich um Steuermittel, und es gibt, glaube ich, auch eine wichtige Mitverantwortung der Sportverbände. Ich will damit nicht sagen, dass der Staat nichts damit zu tun hat; denn auch in der DDR gab es sicherlich eine Gemengelage aus staatlichen und verbandlichen Aktivitäten in dieser Hinsicht. Aber dass sich, wie es bisher der Fall ist, die Sportverbände gar nicht in der Verantwortung sehen, gefällt sicherlich uns allen nicht.