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Sachverhalt: A. X._ wurde am 17. November 2004 in Untersuchungshaft gesetzt. Am 23. März 2005 hat ihm die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich den vorzeitigen Strafantritt bewilligt. X._ wird verdächtigt, mit verschiedenen Mittätern unter Verwendung von sog. Mantelgesellschaften zahlreiche Vermögens- und Urkundendelikte begangen zu haben, weshalb gegen ihn wegen gewerbsmässigem Betrug, mehrfacher Veruntreuung und mehrfacher Misswirtschaft ermittelt wird. Der Angeschuldigte gesteht die Tathandlungen teilweise ein. Die Untersuchungshaft wurde zunächst mit dringendem Tatverdacht und Kollusionsgefahr begründet. Nach Inhaftierung eines mutmasslichen Mittäters entfiel der besondere Haftgrund der Kollusionsgefahr und die Weiterführung der Haft beruht seit Februar 2005 auf dem Vorliegen von Fortsetzungsgefahr. Ein Haftentlassungsgesuch des Verdächtigten lehnte der Haftrichter am Bezirksgericht Zürich mit Verfügung vom 27. Juni 2007 wegen dringendem Tatverdacht und Fortsetzungsgefahr im Sinne von § 58 Abs. 1 Ziff. 3 der kantonalen Strafprozessordnung vom 4. Mai 1919 (StPO/ZH) ab. B. Mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht vom 27. August 2007 beantragt X._, die Verfügung des Haftrichters vom 27. Juni 2007 sei aufzuheben und er sei aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Eventualiter seien die zuständigen kantonalen Behörden anzuweisen, angemessene Auflagen oder Ersatzmassnahmen mit der Haftentlassung zu verbinden oder zumindest Haft- und Vollzugsmodalitäten zu veranlassen, die dem Strafzweck der Resozialisierung gerecht würden. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV i.V.m. Art. 31 BV), der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) und des Beschleunigungsgebots (Art. 31 Abs. 3 BV) sowie die Missachtung der Art. 74 f. StGB und Art. 5 Ziff. 1 und 3 EMRK. Das Bezirksgericht verzichtet auf eine Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 11. September 2007 hat sich der Beschwerdeführer zur Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft geäussert. Er hält an seinen Anträgen fest.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen. Der Begriff "Entscheide in Strafsachen" umfasst sämtliche Entscheidungen, denen materielles Strafrecht oder Strafprozessrecht zu Grunde liegt. Somit kann grundsätzlich jeder Entscheid, der die Verfolgung oder die Beurteilung einer Straftat betrifft und sich auf Bundesrecht oder auf kantonales Recht stützt, mit der Beschwerde in Strafsachen angefochten werden (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4313). Ein kantonales Rechtsmittel gegen den angefochtenen Entscheid steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist nach Art. 80 i.V.m. Art. 130 Abs. 1 BGG zulässig. Der Beschwerdeführer hat vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Er ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt. Da das Bundesgericht nach Art. 107 Abs. 2 BGG bei Gutheissung der Beschwerde in der Sache selbst entscheiden kann, ist der Antrag auf Haftentlassung zulässig (vgl. BGE 132 I 21 E. 1 S. 22 mit Hinweisen). 1.2 Der angefochtene Entscheid des Haftrichters vom 27. Juni 2007 wurde dem Beschwerdeführer vorab per Fax übermittelt und am 28. Juni 2007 per Post zugestellt. Die vorliegende Beschwerde, die nach Art. 100 Abs. 1 BGG innert 30 Tagen beim Bundesgericht einzureichen ist, hat der Beschwerdeführer am 27. August 2007 der Post übergeben. Er macht geltend, mit dieser Postaufgabe sei unter Berücksichtigung des Stillstands nach Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG die 30-tägige Beschwerdefrist gewahrt. 1.2.1 Nach Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG stehen gesetzlich oder richterlich nach Tagen bestimmte Fristen vom 15. Juli bis und mit dem 15. August still. Diese Vorschrift gilt nicht in Verfahren betreffend aufschiebende Wirkung und andere vorsorgliche Massnahmen sowie in der Wechselbetreibung und auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (Art. 46 Abs. 2 BGG). Der Gesetzgeber hat somit gewisse Ausnahmen vom Fristenstillstand vorgesehen. Beschwerden gegen Entscheide betreffend Anordnung und Weiterführung strafprozessualer Haft sind bei diesen Ausnahmen aber nicht ausdrücklich erwähnt. Immerhin ergibt sich aus der Botschaft des Bundesrates zum BGG, dass die Anordnung der Untersuchungshaft vom Gesetzgeber als vorsorgliche Massnahme mit nicht wiedergutzumachendem Nachteil verstanden wurde (BBl 2001 S. 4334), für welche nach dem Wortlaut von Art. 46 Abs. 2 BGG der Fristenstillstand nicht gelten würde. Ob der angefochtene Entscheid einen solchen Entscheid über eine vorsorgliche Massnahme darstellt, braucht hier nicht entschieden zu werden, da der Fristenstillstand bei Beschwerden gegen strafprozessuale Haft bereits wegen des Beschleunigungsgebots nicht greifen kann. 1.2.2 Dem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung, der sich insbesondere aus den Art. 29 Abs. 1 und 31 Abs. 2 und 3 BV sowie Art. 5 Ziff. 3 und 4 und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergibt, kommt im Strafverfahren besondere Bedeutung zu. Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich beurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar (BGE 128 I 149 E. 2.2.1 S. 151; 126 I 172 E. 5a S. 176 f.; 124 I 208 E. 6 S. 215; 123 I 268 E. 3a S. 273, je mit Hinweisen). Daraus ergibt sich, dass insbesondere Haftfälle vordringlich zu behandeln sind (so auch Botschaft des Bundesrats vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 S. 1130 zu Art. 5 E-StPO). Mit dem im Haftverfahren besonders zu beachtenden Beschleunigungsgebot lässt sich der Fristenstillstand nach Art. 46 Abs. 1 BGG nicht vereinbaren. Vielmehr kann mit Rücksicht auf die betroffenen Grundrechte (insbesondere persönliche Freiheit [Art. 10 Abs. 2 BV]) und die verfassungs- und konventionsrechtlich verankerten Verfahrensgarantien (insbesondere Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK) bei allen Fällen, in welchen die strafprozessuale Haft umstritten ist, der Fristenstillstand nach Art. 46 Abs. 1 BGG nicht Platz greifen. Die frühere Praxis des Bundesgerichts, welche im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde bei Strafsachen und somit auch in Haftfällen den Fristenstillstand gemäss Art. 34 OG zuliess (BGE 103 Ia 367), kann unter der Herrschaft des BGG nicht weitergeführt werden. Diese neue Praxis entspricht im Übrigen auch dem Entwurf des Bundesrats zu einer neuen Strafprozessordnung, nach welchem im Strafverfahren generell keine Gerichtsferien und somit kein Fristenstillstand mehr gelten sollen (Art. 87 Abs. 2 E-StPO, BBl 2006 S. 1415). Mit der amtlichen Publikation des vorliegenden Urteils wird die neue Rechtsprechung wie eine Praxisänderung angekündigt und damit in allen strafprozessualen Haftfällen anwendbar (vgl. BGE 132 II 153 E. 5.1 S. 159 mit Hinweisen). 1.2.3 Dem Wortlaut von Art. 46 Abs. 2 BGG lässt sich nicht entnehmen, dass der Fristenstillstand bei Beschwerden gegen strafprozessuale Haft nicht gilt. Der Beschwerdeführer konnte nach Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV) davon ausgehen, dass seine Beschwerdeerhebung analog zur früheren Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde rechtzeitig erfolgt sei. Aus der neuen, vom Beschwerdeführer nicht vorhersehbaren Praxis darf dem Beschwerdeführer nach Treu und Glauben kein Nachteil erwachsen (BGE 132 II 153 E. 5.1 S. 159 mit Hinweisen; vgl. Georg Müller/Ulrich Häfelin/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich 2006, Rz. 515 mit Hinweisen). Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass das Bundesgericht ausnahmsweise die unter Beachtung des Fristenstillstands fristgerecht eingereichte Beschwerde gestützt auf Treu und Glauben als rechtzeitig akzeptiert. Auf die im Übrigen formgerecht erhobene Beschwerde ist somit einzutreten. 2. Untersuchungs- oder Sicherheitshaft kann auf Antrag des Angeschuldigten in vorzeitigen Straf- und Massnahmenvollzug umgewandelt werden, wenn die richterliche Anordnung einer unbedingten Strafe oder einer sichernden Massnahme zu erwarten ist und der Zweck des Strafverfahrens nicht gefährdet wird (§ 71a Abs. 1 und 3 StPO/ZH). Für alle strafprozessualen Häftlinge (inklusive Gefangene im vorzeitigen Straf- und Massnahmenvollzug) gilt die Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV). Ausserdem können sie sich auf die einschlägigen Verfahrensgarantien von Art. 31 BV berufen (BGE 126 I 172 E. 3a S. 174; 123 I 221 E. II/3f/aa S. 239, je mit Hinweisen). 2.1 Gemäss § 58 Abs. 1 StPO/ZH ist die Anordnung oder Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft zulässig, wenn der Angeschuldigte eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt wird und überdies Flucht-, Kollusions- oder Wiederholungsgefahr besteht. Wiederholungsgefahr liegt gemäss Zürcher Strafprozessrecht vor, wenn "aufgrund bestimmter Anhaltspunkte ernsthaft befürchtet werden muss", der Angeschuldigte werde, "nachdem er bereits zahlreiche Verbrechen oder erhebliche Vergehen verübt hat, erneut solche Straftaten begehen" (§ 58 Abs. 1 Ziff. 3 StPO/ZH). Sinn und Zweck der Anordnung von Haft wegen Wiederholungsgefahr im Sinne von § 58 Abs. 1 Ziff. 3 StPO/ZH ist die Verhütung von Verbrechen; die Haft ist somit überwiegend Präventivhaft. Die Notwendigkeit, den Angeschuldigten an der Begehung einer strafbaren Handlung zu hindern (Spezialprävention) wird von Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK ausdrücklich als Haftgrund anerkannt (BGE 125 I 361 E. 4c S. 365 f.; 123 I 268 E. 2c, S. 270; Urteil des Bundesgerichts 1P.4/2000 vom 21. Januar 2000, E. 3d und e). 2.2 Die Untersuchungshaft muss als schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit auf einer klaren gesetzlichen Grundlage in einem Gesetz beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (Art. 36 BV). Die Anordnung von Untersuchungshaft wegen Wiederholungs- bzw. Fortsetzungsgefahr ist verhältnismässig, wenn die Rückfallprognose sehr ungünstig und die zu befürchtenden Delikte von schwerer Natur sind. Die rein hypothetische Möglichkeit der Verübung weiterer Delikte sowie die Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt werden, reichen dagegen nicht aus, um eine Präventivhaft zu begründen. Schliesslich gilt auch bei der Präventivhaft - wie bei den übrigen Haftarten -, dass sie nur als ultima ratio angeordnet oder aufrechterhalten werden darf. Wo sie durch mildere Massnahmen (wie z.B. ärztliche Betreuung, regelmässige Meldung bei einer Amtsstelle, Anordnung von anderen evtl. stationären Betreuungsmassnahmen etc.) ersetzt werden kann, muss von der Anordnung oder Fortdauer der Haft abgesehen und an ihrer Stelle eine dieser Ersatzmassnahmen angeordnet werden (BGE 125 I 60 E. 3a S. 62; 124 I 208 E. 5 S. 213; 123 I 268 E. 2c S. 271, je mit Hinweisen). 2.3 Aus den Akten des vorliegenden Verfahrens ergibt sich, dass der besondere Haftgrund der Wiederholungs- bzw. Fortsetzungsgefahr vom Haftrichter bejaht werden durfte. Bei den vom Beschwerdeführer mutmasslich begangenen Straftaten handelt es sich um zahlreiche schwere Vermögensdelikte. Der Beschwerdeführer ist für ähnliche Delikte seit 1987 bereits mehrfach mit insgesamt über 16 Jahren Zuchthaus oder Gefängnis bestraft und trotzdem mehrfach rückfällig geworden. Ein über den Beschwerdeführer erstelltes psychiatrisches Gutachten aus dem Jahre 2005 kommt zum Schluss, es bestehe eine erhöhte Gefahr neuerlicher Straftaten derselben Art, welche in einem kausalen Zusammenhang mit der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung stünden. 3. Der Beschwerdeführer beanstandet die Aufrechterhaltung der Haft unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit in mehrfacher Hinsicht. Er macht geltend, die Haftdauer von nunmehr rund 2 3⁄4 Jahren rücke in die Nähe der tatsächlich zu verbüssenden Strafe. Er könne ohne Vollzugsplan und ambulante Therapie, die nach dem psychiatrischen Gutachten im Strafvollzug durchführbar wäre, keine langfristige Wiedereingliederungsperspektive verfolgen, was dem Resozialisierungsgedanken (Art. 74 f. StGB) widerspreche. Zudem habe der Haftrichter mögliche Ersatzmassnahmen zu Unrecht nicht geprüft, und schliesslich bezeichnet der Beschwerdeführer die Haftdauer im Hinblick auf die zu erwartende Strafe als übermässig. 3.1 Im Zusammenhang mit den genannten Fragen der Verhältnismässigkeit rügt der Beschwerdeführer verschiedentlich eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs und die Missachtung der daraus abgeleiteten Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV). Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Betroffene hat das Recht, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern. Dazu gehört insbesondere das Recht, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn es geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56). Wesentlicher Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist die Begründungspflicht. Die Begründung soll verhindern, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt, und dem Betroffenen ermöglichen, die Verfügung gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies ist nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf welche sich ihr Entscheid stützt. Dies bedeutet indessen nicht, dass sie sich ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 129 I 232 E. 3.2 S. 236; 126 I 97 E. 2b S. 102 f. mit Hinweisen). Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Betroffene hat das Recht, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern. Dazu gehört insbesondere das Recht, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn es geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56). Wesentlicher Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist die Begründungspflicht. Die Begründung soll verhindern, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt, und dem Betroffenen ermöglichen, die Verfügung gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies ist nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf welche sich ihr Entscheid stützt. Dies bedeutet indessen nicht, dass sie sich ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 129 I 232 E. 3.2 S. 236; 126 I 97 E. 2b S. 102 f. mit Hinweisen). 3.2 3.2.1 Für den vorzeitigen Strafvollzug ist, auch wenn er in einer Strafanstalt erfolgt, grundsätzlich das Regime der Untersuchungshaft massgebend. Das Bundesgericht hat wiederholt festgehalten, der vorzeitige Strafvollzug stelle seiner Natur nach eine Massnahme auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und Strafvollzug dar. Er soll ermöglichen, dass dem Angeschuldigten bereits vor der rechtskräftigen Urteilsfällung verbesserte Chancen auf Resozialisierung im Rahmen des Strafvollzugs geboten werden können. Aus dem Umstand, dass der Angeschuldigte nach § 71a StPO/ZH auf eigenen Antrag in dieses Vollzugsregime eintritt, darf jedoch nicht geschlossen werden, dass eine Unterbrechung bzw. Aufhebung dieses Vollzugs nur unter den für den ordentlichen Strafvollzug geltenden, engen Voraussetzungen möglich sein soll. Sowohl die gesetzliche Regelung im Kanton Zürich wie auch die allgemeinen Erwägungen des Bundesgerichts führen dazu, im Zweifelsfalle die Regeln über die kantonalrechtliche Untersuchungs- und Sicherheitshaft auch bei vorzeitigem Strafantritt analog anzuwenden. Unter dem Gesichtspunkt des Gebots rechtsgleicher Behandlung ist nach der Rechtsprechung angesichts der Verschiedenheit der tatsächlichen Voraussetzungen nicht zu beanstanden, dass Gefangene im vorläufigen Strafvollzug nicht der gleichen Urlaubsregelung wie solche im ordentlichen Strafvollzug unterstellt werden (vgl. BGE 117 Ia 257 E. 3c S. 259 f. mit Hinweisen). Auch andere Vollzugserleichterungen können nach Massgabe der Erfordernisse des Untersuchungszwecks und den Einschränkungen, die sich aus dem jeweils bestehenden besonderen Haftgrund ergeben, beschränkt werden. 3.2.2 Der Haftrichter bemerkt im angefochtenen Entscheid ohne weitere Begründung kurz, "dass Haft- und Vollzugsmodalitäten nicht Gegenstand des vorliegenden Entscheids sein können". Aus der Praxis des Bundesgerichts kann jedoch im Gegensatz zur Ansicht des Haftrichters nicht gefolgert werden, der Zweck des vorzeitigen Strafantritts spiele im Rahmen der Prüfung der Verhältnismässigkeit der freiheitsentziehenden Massnahme keine Rolle. Zwar hat ein im vorzeitigen Strafvollzug Inhaftierter wie erwähnt nicht Anspruch auf sämtliche Hafterleichterungen (z.B. Urlaub, auswärtige Arbeit etc.), soweit ihnen ein weiterhin bestehender besonderer Haftgrund entgegensteht. Hingegen darf insbesondere bei längerer Inhaftierung nicht ausser Acht bleiben, dass der vorzeitige Strafantritt nicht nur der Sicherung des Untersuchungszwecks im Strafverfahren dient, sondern gleichzeitig auch vorgezogenen Strafvollzug darstellt, der sich so weit möglich an den Grundsätzen von Art. 74 f. StGB zu orientieren hat. Die in den Art. 74 f. StGB zum Ausdruck gebrachten Grundsätze sind im vorliegenden kantonalrechtlichen Haftprüfungsverfahren im Rahmen der Beurteilung der Verhältnismässigkeit (Art. 36 Abs. 3 BV) des vorzeitigen Strafvollzugs analog beizuziehen. In diesem Sinne kann ein vorzeitiger Strafantritt bei länger dauernder Haft wie hier ungeachtet der Dauer der zu erwartenden Freiheitsstrafe nur dann als verhältnismässig gelten, wenn den Grundsätzen der Art. 74 f. StGB entsprochen wird, soweit der Zweck der Strafuntersuchung dies zulässt. In Art. 75 Abs. 3 StGB ist insbesondere vorgesehen, dass ein Vollzugsplan erstellt wird, der Angaben über die angebotene Betreuung, die Arbeits- sowie Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die Wiedergutmachung, die Beziehungen zur Aussenwelt und die Vorbereitung der Entlassung enthält. Bei der langjährigen Strafkarriere mit erheblicher Rückfallsgefahr und der diagnostizierten, mit therapeutischen Massnahmen offenbar beeinflussbaren Persönlichkeitsstörung des Beschwerdeführers sowie der bereits neu ausgestandenen Haftdauer von 2 3⁄4 Jahren, hätte das öffentliche Interesse an einer Resozialisierung im Sinne von Art. 74 f. StGB im Rahmen der Verhältnismässigkeit der Haft auf jeden Fall mitberücksichtigt werden müssen. Ebenso hätte der Haftrichter in diesem Zusammenhang dem Umstand gebührend Rechnung tragen müssen, dass die Haft ausschliesslich mit dem besonderen Haftgrund der Fortsetzungs- bzw. Wiederholungsgefahr und nicht mit den von der Staatsanwaltschaft behaupteten "latenten Kollusionsmöglichkeiten" begründet wird. Die pauschale Verweigerung der Prüfung der Haft- und Vollzugsmodalitäten durch den Haftrichter wird vom Beschwerdeführer zu Recht als unzulässige Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör und damit als formelle Rechtsverweigerung gerügt (Art. 29 Abs. 2 BV). Die Beschwerde ist in diesem Punkt gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. 3.3 Der Beschwerdeführer stellt die Verhältnismässigkeit der Aufrechterhaltung der strafprozessualen Haft zudem unter Hinweis auf mögliche Ersatzmassnahmen im Sinne von § 72 f. StPO/ZH in Frage. 3.3.1 Untersuchungshaft darf nur angeordnet werden, wenn der Angeschuldigte eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ausserdem aufgrund bestimmter Anhaltspunkte ein besonderer Haftgrund ernsthaft befürchtet werden muss (§ 58 Abs. 1 StPO/ZH). Anstelle von Untersuchungshaft werden nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV) eine oder mehrere Ersatzmassnahmen verfügt, wenn und solange sich der Haftzweck auch auf diese Weise erreichen lässt. Als Ersatzmassnahmen sind namentlich die Pass- und Schriftensperre sowie Weisungen zum Aufenthaltsort, beruflicher Tätigkeit, ärztlicher Behandlung und die regelmässige Meldung bei einer Behörde vorgesehen (§ 72 StPO/ZH). Der Haftrichter setzt sich im angefochtenen Entscheid mit den im vorliegenden Fall geeigneten Ersatzmassnahmen nicht auseinander, was der Beschwerdeführer als Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) kritisiert. 3.3.2 In seiner schriftlichen Stellungnahme vor der Haftrichterverhandlung nannte der Beschwerdeführer verschiedene mögliche Ersatzmassnahmen, mit welchen der Gefahr eines wiederholten deliktischen Verhaltens entgegengewirkt werden könnte. Der Haftrichter nimmt im angefochtenen Entscheid zu den vorgeschlagenen Ersatzmassnahmen überhaupt keine Stellung. Auch im bundesgerichtlichen Verfahren führt der Beschwerdeführer aus, verschiedene pragmatische und geeignete Massnahmen zur Verhinderung erneuter Delinquenz würden sich anbieten. So könne dem Beschwerdeführer jedes kaufmännische Gewerbe und jeder Einsitz in einer juristischen Person bis zum Prozess untersagt werden. Zudem sei ein Rayonverbot und ein Kontaktverbot zu sämtlichen Mitangeschuldigten und Personen aus dem Milieu möglich. Weiter könne die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit angeordnet werden. Auch die Benützung von Mobiltelefonen und Fahrzeugen könne ihm verboten werden. Schliesslich sei er grundsätzlich zu der im psychiatrischen Gutachten empfohlenen Therapie bereit. Diese Massnahmen seien kumulierbar und bildeten ein stabiles Setting. 3.3.3 Der Haftrichter hat die verschiedenen Ersatzmassnahmen nicht geprüft, obwohl er angesichts der bereits sehr langen Haftdauer und der ausführlichen Argumentation des Beschwerdeführers offensichtlich Anlass dazu hatte. Mit dem Verzicht auf die Prüfung möglicher Ersatzmassnahmen hat er den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) missachtet. Die Beschwerde erweist sich auch in dieser Hinsicht als begründet. Es ist - wie der Beschwerdeführer richtig darlegt - nicht Aufgabe des Bundesgerichts, als erste Instanz mögliche Ersatzmassnahmen zu beurteilen und anzuordnen. Vielmehr wird der Haftrichter als im Kanton Zürich zurzeit einzige Haftprüfungsinstanz die allenfalls in Frage kommenden Ersatzmassnahmen prüfen müssen. Die Beschwerde erweist sich somit auch in dieser Hinsicht als begründet. 3.4 Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer die Haftdauer von 2 3⁄4 Jahren als übermässig. 3.4.1 Der Haftrichter führt im angefochtenen Entscheid aus, der Beschwerdeführer habe mit einer Freiheitsstrafe zu rechnen, die unter Gewichtung der massiven Vorstrafen aufgrund des heutigen Untersuchungsstandes ohne weiteres im Bereich zwischen 5-8 Jahren liegen dürfte. Damit drohe keine Überhaft, auch wenn mit der Verteidigung von der Anrechnung von insgesamt rund 3 Jahren Haft bzw. Strafvollzug ausgegangen werde. Der Beschwerdeführer wendet gegen diese Ausführungen ein, dem Haftrichter seien die umfangreichen Untersuchungsakten nicht vorgelegen. Er habe nicht abgeklärt, wie viele einzelne Straftaten dem Beschwerdeführer zur Last gelegt würden, von welchem Deliktsbetrag auszugehen sei, wann mit einer Anklage zu rechnen sei und wie der Strafantrag der Anklagebehörde lauten werde. Zudem habe er weder das Geständnis des Beschwerdeführers noch das psychiatrische Gutachten berücksichtigt und auch nicht in Rechnung gestellt, dass ein Zusatzurteil zu einem Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 9. Oktober 2006 und damit eine Gesamtstrafe auszusprechen seien. Bereits aus dem vorangehenden Strafverfahren ergebe sich eine Überhaft von 4 Monaten, welche angerechnet werden müsse (BGE 133 IV 150 E. 5 S. 154 ff.). Zudem datierten einige Tatvorwürfe aus den Jahren 2001/2002, und es sei mit einer grossen Anzahl von Einstellungen zu rechnen. 3.4.2 Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich beurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar. Sie liegt dann vor, wenn die Haftfrist die mutmassliche Dauer der zu erwartenden freiheitsentziehenden Sanktion übersteigt. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer ist namentlich der Schwere der untersuchten Straftaten Rechnung zu tragen. Der Richter darf die Haft nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der (im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung) konkret zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt. Im Weiteren kann eine Haft die zulässige Dauer auch dann überschreiten, wenn das Strafverfahren nicht genügend vorangetrieben wird, wobei sowohl das Verhalten der Justizbehörden als auch dasjenige des Inhaftierten in Betracht gezogen werden müssen. Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesgerichtes und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist die Frage, ob eine Haftdauer als übermässig bezeichnet werden muss, aufgrund der konkreten Verhältnisse des einzelnen Falles zu beurteilen (BGE 132 I 21 E. 4.1 S. 27 f.; 128 I 149 E. 2.2 S. 151, je mit Hinweisen). Für die Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Haft spielt es jedoch grundsätzlich keine Rolle, dass für die in Aussicht stehende Freiheitsstrafe gegebenenfalls der bedingte oder teilbedingte Vollzug gewährt werden kann (Urteil des Bundesgerichts 1B_6/2007 vom 20. Februar 2007 E. 2.5; BGE 125 I 60 E. 3d S. 64; 124 I 208 E. 6 S. 215; Urteil 1P.686/1995 vom 22. Dezember 1995, publ. in: EuGRZ 1998 S. 514, E. 3). Der grossen zeitlichen Nähe der konkret zu erwartenden Freiheitsstrafe ist aber auch besondere Beachtung zu schenken, weil der Strafrichter dazu neigen könnte, die Dauer der nach Art. 51 StGB anrechenbaren Untersuchungshaft bei der Strafzumessung mitzuberücksichtigen (BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 170 mit Hinweisen). 3.4.3 Bereits aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich, dass der Haftrichter über wesentliche Angaben, welche zur Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer erforderlich sind, nicht verfügte und die erforderlichen Unterlagen auch nicht erhob. Er beschränkte sich darauf, die Untersuchungsbehörde für den Fall weiterer Haftentlassungsgesuche, denen sie sich widersetzen sollte, anzuweisen, möglichst genau darzulegen, wie viele einzelne Straftaten voraussichtlich zur Anklage gelangen, von welchem Deliktsbetrag auszugehen sei und in welcher Bandbreite sich das von der Anklagebehörde beantragte Strafmass bewegen dürfte. Die Staatsanwaltschaft führt im bundesgerichtlichen Verfahren aus, es sei mit einem hohen Strafantrag zu rechnen, der die Überhaft noch einige Zeit nicht wahrscheinlich mache. Angesichts dieser vagen Äusserungen der Anklagebehörde, der bereits langen Haftdauer und der geringen aktenkundigen Kenntnisse des tatsächlichen Untersuchungsstandes kann der Haftrichter im Laufe des weiteren Haftprüfungsverfahrens nicht darauf verzichten, die zur Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer erforderlichen Akten zu erheben und seinen Entscheid in Nachachtung der Begründungspflicht nach Art. 29 Abs. 2 BV nachvollziehbar zu begründen. Die Unterlassungen des Haftrichters können hingegen zurzeit nicht zu einer unverzüglichen Entlassung des Beschwerdeführers aus dem vorzeitigen Strafvollzug führen, da nach der Aktenlage noch keine Überhaft anzunehmen ist und nach dem psychiatrischen Gutachten nicht ausgeschlossen werden kann, dass mit einer Freilassung des Beschwerdeführers der Untersuchungszweck gefährdet würde und der Beschwerdeführer seine deliktische Tätigkeit wieder aufnehmen könnte. Angesichts dieser vagen Äusserungen der Anklagebehörde, der bereits langen Haftdauer und der geringen aktenkundigen Kenntnisse des tatsächlichen Untersuchungsstandes kann der Haftrichter im Laufe des weiteren Haftprüfungsverfahrens nicht darauf verzichten, die zur Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer erforderlichen Akten zu erheben und seinen Entscheid in Nachachtung der Begründungspflicht nach Art. 29 Abs. 2 BV nachvollziehbar zu begründen. Die Unterlassungen des Haftrichters können hingegen zurzeit nicht zu einer unverzüglichen Entlassung des Beschwerdeführers aus dem vorzeitigen Strafvollzug führen, da nach der Aktenlage noch keine Überhaft anzunehmen ist und nach dem psychiatrischen Gutachten nicht ausgeschlossen werden kann, dass mit einer Freilassung des Beschwerdeführers der Untersuchungszweck gefährdet würde und der Beschwerdeführer seine deliktische Tätigkeit wieder aufnehmen könnte. 3.5 3.5.1 Bei der weiteren Beurteilung der strafprozessualen Haft kann sich der Haftrichter aus den erwähnten verfassungsrechtlichen Gründen nicht auf eine äusserst knappe Begründung, wie sie im hier angefochtenen Entscheid enthalten ist, beschränken. Zunächst hat der Haftrichter - nach dem System des Zürcher Strafprozesses die einzige für die Haftprüfung zuständige kantonale Instanz - den Sachverhalt umfassend zu erheben. Er darf sich dabei nicht auf rudimentäre, oberflächliche Angaben seitens der Staatsanwaltschaft beschränken, sondern hat sich von den Tatvorwürfen und -umständen aufgrund des bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisses ein vollständiges eigenes Bild zu machen und die Staatsanwaltschaft dazu anzuhalten, über den Lauf der Untersuchung und die verschiedenen voraussichtlichen Anklagepunkte nachvollziehbar, umfassend und konkret zu berichten. Ferner sind sämtliche Gesichtspunkte, die für die Beurteilung der strafprozessualen Haft - inklusive mögliche Vollzugserleichterungen oder Ersatzmassnahmen - wesentlich sind, im Haftrichterentscheid darzulegen und zu beurteilen. Nur auf diese Weise kann ein den verfassungs- und konventionsrechtlichen Grundsätzen genügender Entscheid erfolgen. Der angefochtene Entscheid entspricht diesen Anforderungen offensichtlich nicht. Gerade weil es sich beim Haftrichter im einstufigen zürcherischen System um die einzige richterliche Haftprüfungsinstanz handelt, darf an die Begründungspflicht bzw. an die Gewährung des rechtlichen Gehörs kein tiefer Massstab angelegt werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1P.516/1992 vom 7. Oktober 1992 E. 3b, in: EuGRZ 1992 S. 554 ff.; BGE 103 Ia 407 E. 3a S. 409). Zu berücksichtigen ist auch, dass es bei der Frage der Zulässigkeit von Untersuchungshaft um einen äusserst schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Freiheit geht. Der Beschwerdeführer befindet sich bereits seit rund 2 3⁄4 Jahren in strafprozessualer Haft. Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass es der Haftrichter auch unterlassen hat, wenigstens nachträglich, in einer Vernehmlassung zur vorliegenden Beschwerde, auf die Argumente des Beschwerdeführers einzugehen. Die diesbezügliche Einladung des Bundesgerichtes ist mit dem Vermerk "Verzicht auf Vernehmlassung" retourniert worden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1P.464/1996 vom 12. September 1996 E. 2c/cc, in: EuGRZ 1997 S. 16). Die Zürcher Regelung, wonach gegen den Entscheid des Haftrichters kein kantonales Rechtsmittel gegeben ist, hat das Bundesgericht trotz schwerer Bedenken als verfassungsrechtlich nicht geradezu unhaltbar bezeichnet (Urteil des Bundesgerichts 1P.516/1992 vom 7. Oktober 1992 E. 2d, in: EuGRZ 1992 S. 554). Es hat aber auch darauf hingewiesen, dass die Frage, ob die Zürcher Haftrichterregelung als grundrechtskonform angesehen werden kann, von der künftigen Rechtsanwendung durch die Zürcher Behörden abhänge. Im Sinne der dargelegten Bedenken sei nicht völlig auszuschliessen, dass sich in Anbetracht der vorhandenen Schwachstellen eine andere Lösung (Einführung einer Rekursinstanz, Ausbau der Verfahrensrechte) in Zukunft als verfassungsrechtlich notwendig aufdrängen könnte (Urteil des Bundesgerichts 1P.516/1992 vom 7. Oktober 1992 E. 3c, in: EuGRZ 1992 S. 556). Zu einem verfassungsrechtlich einwandfreien Haftprüfungsverfahren gehört wie erwähnt auch, dass der Haftrichter die wesentlichen Tatsachen und Rechtsfragen umfassend erhebt und würdigt und diese Beurteilung in seinem Entscheid darlegt. 3.5.2 Im vorliegenden Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Bundesgerichtsgesetz in den Kantonen für Strafsachen ein zwei-instanzliches Verfahren vorsieht (Art. 80 Abs. 2 BGG), welches grundsätzlich auch bei strafprozessualer Haft zum Zug kommen soll. Art. 130 Abs. 1 BGG (in der Fassung vom 23. Juni 2006, AS 2006 S. 4213) räumt den Kantonen allerdings eine Übergangsfrist für die Anpassung ihrer Ausführungsbestimmungen bis zum Inkrafttreten einer schweizerischen Strafprozessordnung ein, weshalb die vorliegende Beschwerde auch ohne Zuständigkeit einer kantonalen Rechtsmittelinstanz zulässig ist (s. E. 1.1 hiervor). Ist sechs Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes noch keine schweizerische Strafprozessordnung in Kraft, so legt der Bundesrat die Frist zum Erlass der Ausführungsbestimmungen nach Anhörung der Kantone fest (Art. 130 Abs. 1 Satz 2 BGG). Im Entwurf für die schweizerische Strafprozessordnung hat der Bundesrat vorgeschlagen, für Entscheide über die Anordnung, Verlängerung und Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft von weniger als 3 Monaten kein Rechtsmittel vorzusehen (Art. 221 E-StPO, BBl 2006 S. 1454). Der Ständerat ist hingegen in seiner Sitzung vom 7. Dezember 2006 als Erstrat vom Vorschlag des Bundesrats abgewichen und hat für diese Fälle generell die Einführung eines kantonalen Rechtsmittels beschlossen, welches nicht von der Dauer der Inhaftierung abhängt (AB 2006 S 1027 f.). Der Nationalrat hat sich am 20. Juni 2007 im Wesentlichen dem ursprünglichen Vorschlag des Bundesrats angeschlossen (AB 2007 N 966 f.). Aus den Beratungen der Räte ergibt sich, dass zumindest bei längerer strafprozessualer Haft mit der Einführung einer kantonalen Rechtsmittelmöglichkeit zu rechnen ist. 4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben ist. Die Sache wird zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an den Haftrichter zurückgewiesen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Der Haftrichter wird die Verhältnismässigkeit der Haft aufgrund der zu erhebenden Untersuchungsakten und der beantragten Vollzugsmassnahmen neu zu prüfen haben. Dabei wird er mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit auch mögliche Ersatzanordnungen im Sinne von § 72 StPO/ZH beurteilen müssen. Zudem werden die zuständigen kantonalen Behörden aufgefordert, umgehend Haft- und Vollzugsmodalitäten anzuordnen, welche die Resozialisierung des Beschwerdeführers fördern (s. E. 3.2.2 hiervor). Entsprechend dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Damit erweist sich sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege als gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter, vom 27. Juni 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an den Haftrichter zurückgewiesen. 2. Das Haftentlassungsgesuch wird abgewiesen. 3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 4. Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 5. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 14. September 2007 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
3ffdade5-c4ac-4efa-9d54-fb5a73db43c0
fr
2,012
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. La société X._ AG (ci-après: X._), ayant son siège à Zoug, détient 33,76% du capital-actions - qui s'élève à 32'790'584 fr.80 (2'644'402 actions au porteur d'une valeur nominale de 12 fr.40) - de la société Y._ SA (ci-après: Y._), qui a son siège à Genève et dont le but social est d'acquérir, de vendre et de gérer, sous forme de participations à des sociétés, tous types d'investissements, en particulier dans le domaine du "private equity", dans les pays de la communauté des Etats indépendants (CEI) et les Etats baltes. L'art. 3A al. 2 des statuts de Y._ précise que les investissements sont faits principalement dans des actions d'émetteurs de Russie où d'autres membres de la CEI ou des Etats baltes. Lors de l'assemblée générale de Y._ du 25 juin 2009 portant sur l'exercice 2008, X._ a demandé l'institution d'un contrôle spécial, ce qui fut refusé par l'assemblée générale, puis par le juge et, en dernier lieu, par un arrêt du Tribunal fédéral du 27 juillet 2010 (cause 4A_215/2010). Le 24 décembre 2009, X._ a ouvert une action en dommages-intérêts contre deux organes de Y._ (A._ et B._), en invoquant la responsabilité des administrateurs. Cette cause est actuellement pendante. Un autre litige a opposé X._ à Y._ et abouti à un arrêt du Tribunal fédéral du 13 octobre 2011 (cause 4A_350/2011). Lors de l'assemblée générale de Y._ du 24 juin 2010, qui portait sur l'exercice 2009, le conseil d'administration a répondu oralement aux questions écrites posées préalablement par X._; les questions et les réponses ont donné lieu à un procès-verbal du 20 août 2010. Lors de cette même assemblée générale du 24 juin 2010, X._ a demandé l'institution d'un contrôle spécial afin d'analyser les informations données. Cette proposition a été rejetée par l'assemblée générale. B. Par acte déposé le 28 septembre 2010 auprès du Tribunal de première instance de Genève, X._ a requis l'institution d'un contrôle spécial de Y._, en vue de répondre à des questions fondées sur celles qui ont été posées à l'assemblée générale. Y._ a conclu au rejet de la requête. Par jugement du 23 mai 2011, le Tribunal de première instance a débouté X._ de ses conclusions et l'a condamnée aux dépens, estimant que les conditions légales de la mesure sollicitée n'étaient pas réunies. Saisie d'un appel formé par X._, la Chambre civile de la Cour de justice du canton de Genève a confirmé le jugement attaqué avec suite de frais et dépens par arrêt du 15 septembre 2011. C. X._ exerce un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre l'arrêt cantonal du 15 septembre 2011. Invoquant une violation du droit d'être entendu et une violation de l'art. 697b al. 2 CO, elle conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et à la désignation d'un expert indépendant aux fins d'effectuer un contrôle spécial, reprenant une partie des questions déjà demandées devant l'autorité précédente; subsidiairement, elle conclut au renvoi de la cause à la cour cantonale avec suite de dépens. Y._ a conclu au rejet du recours avec suite de frais et dépens. Les parties ont répliqué et dupliqué.
Considérant en droit: 1. 1.1 La requête tendant à l'institution d'un contrôle spécial qui est ici litigieuse a été introduite avant l'entrée en vigueur, le 1er janvier 2011, du CPC. En conséquence, l'art. 5 al. 1 let. g CPC qui impose une instance cantonale unique (cf. art. 75 al. 2 let. a LTF) et qui dispense ainsi le recours au Tribunal fédéral de l'exigence d'une valeur litigieuse (art. 74 al. 2 let. b LTF) n'est pas applicable. On peut cependant admettre - comme lors de l'exercice précédent (cause 4A_215/2010) - que la valeur litigieuse minimale de 30'000 fr. (art. 74 al. 1 let. b LTF) est largement atteinte au vu des montants en discussion et des sommes réclamées aux administrateurs recherchés. La requête tendant à l'institution d'un contrôle spécial donne lieu à une procédure indépendante d'une éventuelle action en responsabilité, de sorte que la décision rendue à son sujet doit être considérée comme une décision finale au sens de l'art. 90 LTF (arrêt 4C.334/2006 du 7 février 2007 consid. 2 non publié in ATF 133 III 180). Interjeté par la partie qui a succombé dans ses conclusions tendant à l'institution d'un contrôle spécial et qui a donc qualité pour recourir (art. 76 al. 1 LTF), dirigé contre un arrêt final (art. 90 LTF) rendu en matière civile (art. 72 al. 1 LTF) par un tribunal supérieur statuant sur recours en dernière instance cantonale (art. 75 LTF) dans une affaire pécuniaire qui atteint la valeur litigieuse de 30'000 fr. (art. 74 al. 1 let. b LTF), le recours en matière civile est en principe recevable, puisqu'il a été déposé dans le délai (art. 48 al. 1 et 100 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi. 1.2 Le recours peut être interjeté pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF, donc également pour violation d'un droit constitutionnel (ATF 136 I 241 consid. 2.1 p. 247; 136 II 304 consid. 2.4 p. 313). Le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF). Il n'est donc limité ni par les arguments soulevés dans le recours, ni par la motivation retenue par l'autorité précédente; il peut admettre un recours pour un autre motif que ceux qui ont été invoqués et il peut rejeter un recours en adoptant une argumentation différente de celle de l'autorité précédente (ATF 137 II 313 consid. 4 p. 317 s.; 135 III 397 consid. 1.4 p. 400). Compte tenu de l'exigence de motivation contenue à l'art. 42 al. 1 et 2 LTF, sous peine d'irrecevabilité (art. 108 al. 1 let. b LTF), le Tribunal fédéral n'examine en principe que les griefs invoqués; il n'est pas tenu de traiter, comme le ferait une autorité de première instance, toutes les questions juridiques qui se posent, lorsque celles-ci ne sont plus discutées devant lui (ATF 135 II 384 consid. 2.2.1 p. 389; 135 III 397 consid. 1.4 p. 400). Par exception à la règle selon laquelle il applique le droit d'office, le Tribunal fédéral ne peut entrer en matière sur la violation d'un droit constitutionnel ou sur une question relevant du droit cantonal ou intercantonal que si le grief a été invoqué et motivé de manière précise par la partie recourante (art. 106 al. 2 LTF). 1.3 Le Tribunal fédéral conduit son raisonnement juridique sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). Il ne peut s'en écarter que si les faits ont été établis de façon manifestement inexacte - ce qui correspond à la notion d'arbitraire (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62; 137 II 353 consid. 5.1 p. 356) - ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). La partie recourante qui entend s'écarter des constatations de l'autorité précédente doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées, faute de quoi il n'est pas possible de tenir compte d'un état de fait qui diverge de celui contenu dans la décision attaquée (ATF 137 II 353 consid. 5.1 p. 356; 136 I 184 consid. 1.2 p. 187). Une rectification de l'état de fait ne peut être demandée que si elle est de nature à influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). La partie recourante qui soutient que l'état de fait a été établi de manière arbitraire doit montrer, par une argumentation précise en se référant si possible à des pièces indiscutables du dossier, que l'état de fait est inexact ou incomplet d'une manière insoutenable; les exigences de motivation à ce propos sont celles déduites de l'art. 106 al. 2 LTF (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62). Aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut être présenté à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente (art. 99 al. 1 LTF). En l'espèce, la recourante ne conteste pas directement l'état de fait dressé par la cour cantonale. Le raisonnement sera donc mené exclusivement à la lumière de celui-ci. A supposer que les griefs de fond soulevés par la recourante mettent en cause un fait contesté, il faudra se demander si la recourante a présenté à ce sujet une argumentation répondant aux exigences qui viennent d'être rappelées. 1.4 Le Tribunal fédéral ne peut aller au-delà des conclusions des parties (art. 107 al. 1 LTF). Toute conclusion nouvelle est irrecevable (art. 99 al. 2 LTF). Dans la liste des questions à poser au contrôleur spécial, la recourante a abandonné devant le Tribunal fédéral certaines questions qui figuraient dans ses dernières conclusions cantonales; cette manière de procéder ne met pas en cause la recevabilité du recours, puisqu'une partie demanderesse peut toujours réduire ses prétentions devant le Tribunal fédéral (ATF 136 V 362 consid. 3.4.2 p. 365). 2. La recourante reproche à la cour cantonale de ne pas avoir ordonné un second échange d'écritures. Selon les constatations qui lient le Tribunal fédéral (art. 105 al. 1 LTF), la recourante avait demandé un second échange d'écritures dans son acte d'appel. Lorsque la cour cantonale a informé les parties, après avoir reçu la réponse, qu'elle gardait la cause à juger, la recourante ne s'est plus manifestée. 2.1 Il faut tout d'abord examiner la question sous l'angle de la procédure fédérale, qui était applicable au stade de l'appel (art. 405 al. 1 CPC) et dont le Tribunal fédéral examine librement le respect (art. 95 let. a et 106 al. 1 LTF). Selon l'art. 316 al. 2 CPC, l'autorité d'appel "peut ordonner un deuxième échange d'écritures". Il ressort déjà de cette formulation qu'il ne suffit pas qu'une partie demande un deuxième échange d'écritures pour qu'elle y ait droit. La décision appartient à l'autorité d'appel. En indiquant qu'elle peut ordonner un second échange, le législateur a souligné que l'autorité dispose sur ce point d'une grande liberté de manoeuvre (NICOLAS JEANDIN, in Code de procédure civile commenté, Bohnet et al. (éd.), 2011, n° 1 ad art. 316 CPC; KARL SPÜHLER, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 1 ad art. 316 CPC; PETER VOLKART, in Schweizerische Zivilprozessordnung - Kommentar, Brunner/Gasser/Schwander (éd.), 2011 n°s 3 et 5 ad art. 316 CPC; LAURA JACQUEMOUD-ROSSARI, Les voies de recours, in Le Code de procédure civile - Aspects choisis, 2011 p. 125). Dès lors que le juge dispose d'un pouvoir d'appréciation, le Tribunal fédéral ne doit pas substituer sa propre appréciation à celle de l'autorité cantonale. Il ne revoit qu'avec réserve la décision d'équité prise en dernière instance et n'intervient que lorsque celle-ci s'écarte sans raison des règles établies par la doctrine et la jurisprudence en matière de libre appréciation, lorsqu'elle s'appuie sur des faits qui, dans le cas particulier, ne devaient jouer aucun rôle, ou à l'inverse, lorsqu'elle n'a pas tenu compte d'éléments qui auraient absolument dû être pris en considération. Il sanctionne en outre les décisions rendues en vertu du pouvoir d'appréciation lorsqu'elles aboutissent à un résultat manifestement injuste ou à une iniquité choquante (ATF 136 III 278 consid. 2.2.1 p. 279 et les arrêts cités). Comme les faits et moyens de preuve nouveaux sont en principe proscrits en appel (art. 317 CPC), la doctrine estime qu'il se justifie de se montrer plutôt restrictif dans l'admission d'un second échange d'écritures (REETZ/HILBER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger (éd.), 2010 n°s 42 s. ad art. 316 CPC). A cela s'ajoute que l'appel devait être instruit en l'espèce selon les règles de la procédure sommaire (art. 250 let. c ch. 8 CPC). Dans une telle procédure, l'art. 253 CPC ne prévoit même pas en première instance la possibilité d'un second échange d'écritures (ANGELO OLGIATI, Il Codice di diritto processuale civile svizzero, 2010, p. 230 s.). En raison de la nature d'une procédure sommaire qui implique que celle-ci soit en principe plus rapide, il se justifie de se montrer restrictif pour admettre un second échange d'écritures déjà en première instance (STEPHAN MAZAN, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n° 15 ad art. 253 CPC). Un deuxième échange d'écritures en première instance dans une procédure sommaire devrait être plutôt exceptionnel (MARCO CHEVALIER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger (éd.), 2010, n° 11 ad art. 253 CPC). Dans le cas d'un appel en procédure sommaire, un deuxième échange d'écritures est pratiquement exclu (ALEXANDER BRUNNER, in Kurzkommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Paul Oberhammer (éd.), 2010 n°s 1 s. ad art. 316 CPC). En l'espèce, la recourante ne parvient pas à démontrer que la réponse de sa partie adverse bouleversait l'objet du litige au point qu'un second échange d'écritures s'imposait absolument. Compte tenu des principes qui viennent d'être rappelés, la cour cantonale, dans l'exercice de son large pouvoir d'appréciation, n'a manifestement pas violé le droit fédéral en n'ordonnant pas une réplique et une duplique. 2.2 La recourante invoque également à ce sujet le droit d'être entendu garanti par l'art. 29 al. 2 Cst. S'agissant d'un grief constitutionnel, il ne peut être examiné que dans la mesure où il a été invoqué et motivé de manière précise (art. 106 al. 2 LTF). La jurisprudence a déduit du droit d'être entendu, tel qu'il est garanti par l'art. 29 al. 2 Cst., notamment le droit pour le justiciable de s'exprimer sur les éléments pertinents avant qu'une décision ne soit prise touchant sa situation juridique (ATF 135 II 286 consid. 5.1 p. 293; 135 V 465 consid. 4.3.2 p. 469). Lorsqu'un délai est fixé pour s'exprimer, celui-ci doit être approprié afin de permettre une défense efficace des droits (ATF 133 V 196 consid. 1.2 p. 198). La recourante se plaint du fait que le délai d'appel fixé par la loi n'est que de dix jours (art. 314 al. 1 CPC). Ce n'est pas parce qu'une affaire porte sur une valeur litigieuse considérable qu'elle est nécessairement complexe en fait et en droit. Déjà avant l'assemblée générale, la recourante savait quels étaient les éléments de fait et de droit qui étaient décisifs pour appuyer la demande de contrôle spécial qu'elle a formulée tout d'abord devant l'assemblée générale, puis devant le juge de première instance. La réponse donnée par la partie adverse en première instance lui permettait de circonscrire les points litigieux. La recourante ne démontre pas que le contenu du jugement de première instance aurait eu un effet déroutant pour elle. En conséquence, on ne voit pas que le délai légal aurait été insuffisant pour permettre à la recourante d'exposer à nouveau les motifs à l'appui de sa demande de contrôle spécial. Il faut souligner qu'elle a pu s'exprimer dans son acte d'appel sans aucune réserve. A supposer qu'elle ait éprouvé le besoin de s'exprimer encore après avoir reçu la réponse de sa partie adverse, il lui était possible de le faire en envoyant immédiatement et spontanément ses observations, selon une jurisprudence bien connue (ATF 133 I 98 consid. 2.2. p. 99 s.; 130 II 42 consid. 3.3.3 et 3.3.4 p. 46 s.) régulièrement rappelée par la doctrine sur le sujet d'un second échange d'écritures (REETZ/HILBER, op. cit., n° 45 ad art. 316 CPC; INGRID JENT-SØRENSEN, in Kurzkommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Paul Oberhammer (éd.), 2010, n° 7 ad art. 253 CPC). La recourante a donc eu une occasion suffisante de s'exprimer et son droit d'être entendue, garanti par l'art. 29 al. 2 Cst., n'a pas été violé. 3. Invoquant une violation de l'art. 697b al. 2 CO, la recourante reproche à la cour cantonale de ne pas avoir institué un contrôle spécial. 3.1 Le contrôle spécial, régi par les art. 697a à 697g CO, est une des mesures prévues par la loi pour donner aux actionnaires un droit de contrôle sur la marche de la société (art. 696 ss CO). Avant de demander le contrôle spécial, l'actionnaire doit s'efforcer d'obtenir les informations qu'il souhaite en faisant valoir son droit aux renseignements et à la consultation des livres et de la correspondance, tel qu'il est prévu par l'art. 697 CO (ATF 133 III 133 consid. 3.2 p. 135, 453 consid. 7.5 p. 461; 123 III 261 consid. 3a p. 264 s.). L'actionnaire doit donc tout d'abord formuler ses questions avec une certaine précision et les adresser au conseil d'administration lors de l'assemblée générale; les questions posées doivent correspondre, au moins dans les grandes lignes, à celles pour lesquelles le contrôle spécial est ensuite demandé (ATF 123 III 261 consid. 3a p. 265). S'il n'obtient pas de réponse satisfaisante, l'actionnaire n'est pas obligé de s'adresser au juge selon la voie de l'art. 697 al. 4 CO et il peut choisir alternativement de demander un contrôle spécial (ATF 133 III 133 consid. 3.2 p. 135). Avant de s'adresser au juge, l'actionnaire doit proposer à l'assemblée générale l'institution d'un contrôle spécial (art. 697a al. 1 CO). Il n'est pas nécessaire que ce point soit porté à l'ordre du jour (art. 700 al. 3 CO). Le conseil d'administration a l'obligation de soumettre la proposition au vote de l'assemblée générale; s'il s'y refuse, son attitude équivaut à un refus de l'assemblée générale elle-même et l'actionnaire pourra s'adresser au juge (récemment: ATF 138 III 246 consid. 3.3; ROLF H. WEBER, in Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 3e éd. 2008, n° 31 ad art. 697a CO; PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4e éd. 2009, § 16 n° 38; BIANCA PAULI, in Commentaire romand, Code des obligations II, 2008, n° 22 ad art. 697a CO; PETER V. KUNZ, Der Minderheitenschutz im Schweizerischen Aktienrecht, 2001, § 12 n° 69). Si l'assemblée générale refuse d'instituer un contrôle spécial, un ou plusieurs actionnaires représentant 10% au moins du capital-actions ou des actions d'une valeur nominale de deux millions au moins peuvent, dans les trois mois, demander au juge la désignation d'un contrôleur spécial (art. 697b al. 1 CO). Le quorum d'actions exigé par l'art. 697b al. 1 CO doit être réuni non seulement lors de l'introduction de la procédure, mais également au moment où le juge statue (ATF 133 III 180 consid. 3). Pour que le juge institue le contrôle spécial, il faut que le ou les requérants rendent vraisemblable que des fondateurs ou des organes ont violé la loi ou les statuts et qu'ils ont ainsi causé un préjudice à la société ou aux actionnaires (art. 697b al. 2 CO). En exigeant du demandeur qu'il rende vraisemblable une violation de la loi ou des statuts, le législateur a montré tout d'abord qu'il n'exigeait pas que l'actionnaire apporte déjà des preuves, ce qui réduirait excessivement les possibilités d'obtenir une telle mesure et paraîtrait même contradictoire, puisque le contrôle spécial tend précisément à fournir des preuves; d'un autre côté, le législateur a indiqué, en exigeant qu'une vraisemblance soit établie, qu'il ne suffit pas que l'actionnaire ne fasse qu'affirmer ou soupçonner, sans aucun indice sérieux, pour entraîner une mesure aussi lourde que le contrôle spécial qui instaure un climat de méfiance à l'intérieur de la société (cf. ATF 120 II 393 consid. 3c p. 397 s.; arrêt 4C.64/2003 du 18 juillet 2003 consid. 5.3 publié in Pra 2004 no 28 p. 135). Le requérant doit rendre vraisemblable que le comportement ou l'omission des organes a violé une disposition légale ou statutaire précise en indiquant en quoi consiste cette violation (arrêt 4A_215/2010 du 27 juillet 2010 consid. 3.1.3 publié in SJ 2010 I p. 554 et les auteurs cités). Le contrôle spécial doit répondre à un intérêt actuel et digne de protection; il ne peut donc pas porter sur des faits déjà connus. Il doit avoir pour objet des informations utiles pour permettre à l'actionnaire d'exercer ses droits, en particulier d'intenter une action en responsabilité contre les organes sociaux (ATF 123 III 261 consid. 4a p. 268; arrêt 4A_215/2010 déjà cité consid. 3.1.2). Le contrôle spécial doit tendre à établir des faits déterminés, et non pas à obtenir des appréciations ou des jugements de valeur; il n'est pas admissible de demander un examen à des fins purement exploratoires dans l'espoir de découvrir des irrégularités dont le requérant ne sait rien (arrêt 4A_215/2010 déjà cité consid. 3.1.4 et les références indiquées). Le contrôle spécial ne peut pas avoir pour but de procéder à un examen complet des comptes en se substituant à l'organe de révision (ATF 133 III 453 consid. 7.5 p. 461). 3.2 En l'espèce, il n'est pas douteux que la recourante a préalablement posé ses questions au conseil d'administration lors de l'assemblée générale, qu'elle a proposé en vain l'institution d'un contrôle spécial et qu'elle a saisi le juge en temps utile, disposant du quorum requis. Les questions à poser au contrôleur spécial correspondent bien - mis à part le fait que leur nombre a diminué - à celles qui ont été posées au conseil d'administration et proposées à l'assemblée générale pour un contrôle spécial. Comme l'a bien vu la recourante, la question à résoudre est de savoir si elle a rendu vraisemblable que des organes ont violé la loi ou les statuts et qu'ils ont ainsi causé un préjudice à la société ou aux actionnaires (art. 697b al. 2 CO). Il faut préalablement observer que l'art. 697b al. 2 CO parle d'une violation de la loi ou des statuts et qu'il ne suffit donc pas de rendre vraisemblable que la gestion aurait contrevenu à telle ou telle phrase contenue dans un prospectus de cotation ou une directive interne d'investissement. Pour dire si la recourante a ou non rendu vraisemblable une telle violation, il faut tout d'abord pouvoir déterminer quelle est la violation qui fait l'objet de l'examen. Comme on vient de le rappeler, il incombe à la partie requérante d'indiquer quelle est la violation soupçonnée et de fixer ainsi l'objet de l'examen. Elle ne saurait requérir un contrôle spécial à des fins purement exploratoires dans l'espoir de découvrir une violation dont elle n'a aucune connaissance. Or, il faut constater en l'espèce que la recourante a maintes fois changé l'objet de ses soupçons, rendant la discussion de plus en plus confuse. Selon l'arrêt cantonal, la recourante avait reproché aux administrateurs d'avoir maintenu un niveau excessif de liquidités uniquement dans le but de favoriser le groupe majoritaire qui éprouvait des problèmes de trésorerie. L'arrêt indique qu'elle a produit à ce sujet une expertise privée, qui a été contrée par une autre expertise fournie par l'intimée. Devant le Tribunal fédéral, la recourante ne parle plus du tout de cette question. Il faut en déduire qu'elle admet n'être pas parvenue, sur ce point, à rendre vraisemblables ses soupçons. Il doit être rappelé que l'argumentation à l'appui d'un recours au Tribunal fédéral doit être contenue dans le mémoire et qu'il n'est pas admissible de se référer à des écritures antérieures (ATF 133 II 396 consid. 3.1 p. 399 s.). Il ressort également de l'arrêt cantonal que la recourante aurait reproché aux administrateurs d'avoir déposé les liquidités auprès d'une seule banque, celle du groupe majoritaire. Il est indiqué par la suite que les liquidités ont été réparties sur trois banques. La recourante ne développe pas cette question devant le Tribunal fédéral. On ne parvient pas à discerner pourquoi la ou les banques choisie(s) auraient présenté un risque particulier. Quant à la règle selon laquelle il ne fallait pas investir plus de 20% des fonds sur un seul poste, elle ne concerne manifestement pas le dépôt des liquidités auprès d'une banque, puisqu'il ne s'agit pas là, selon le sens ordinaire des mots, d'un instrument financier. De plus, la règle des 20% ne peut concerner qu'un investissement particulier, et non pas une catégorie de placements (les obligations évoquées par la recourante) dans son entier. La recourante reproche aux administrateurs d'avoir conservé trop de liquidités pendant la période du 1er janvier 2009 au 24 juin 2010. La cour cantonale a constaté en fait - sans que l'arbitraire ne soit invoqué avec précision sur ce point - qu'au 31 décembre 2009, les liquidités correspondaient à 14,62% des actifs, le solde étant affecté aux actions et aux obligations; à la fin du premier semestre de l'année 2010, les liquidités représentaient 9,69% des avoirs alors que le solde était constitué d'actions et d'obligations. On ne voit pas pourquoi - et la recourante ne le dit pas non plus - un tel pourcentage serait contraire à la loi ou au statut. La cour cantonale a certes constaté que la part des liquidités était plus importante durant le premier semestre 2009; elle a cependant observé qu'une crise a frappé les marchés financiers à tout le moins jusqu'à la fin du premier semestre 2009. Une situation de crise pouvait assurément justifier - la recourante ne prétend pas le contraire - de garder un pourcentage particulièrement élevé de liquidités, plutôt que d'investir les fonds sur un marché chaotique. La recourante semble certes contester la durée de la crise financière, mais elle ne montre pas, en se référant à des pièces indiscutables du dossier, que la cour cantonale, dans sa constatation, serait tombée dans l'arbitraire. La recourante se plaint aussi d'un rendement insuffisant des liquidités, ainsi que d'un problème d'honoraires. Etant rappelé qu'un renvoi aux écritures cantonales n'est pas admissible, on ne parvient pas à discerner, en lisant l'acte de recours, ce qui permettrait de penser que le rendement des liquidités était insuffisant ou que les honoraires étaient excessifs. On ne voit donc pas que la recourante ait rendu vraisemblable une violation de la loi ou des statuts. Devant le Tribunal fédéral, la recourante se plaint essentiellement de ce que le conseil d'administration a utilisé des liquidités pour acheter des obligations, alors que, selon le prospectus de cotation et la directive d'investissement les fonds devaient essentiellement être investis, parfois jusqu'à prendre le contrôle des sociétés, dans des entreprises non cotées des pays de la CEI et des Etats baltes. On pourrait déjà douter de la pertinence de cette argumentation parce que les questions qui devraient être posées au contrôleur spécial ne portent pas sur le pourcentage d'obligations et que la recourante ne prétend pas avoir besoin de cette mesure pour connaître les faits à cet égard. Quoi qu'il en soit, les textes cités par la recourante, en particulier les art. 3 et 3A des statuts, ne permettent en aucune façon de déduire que les placements en obligations sont prohibés. Certes, on peut déduire de ces articles que la société intimée devait se caractériser par des placements en "private equity" dans des sociétés de la zone géographique indiquée. Rien dans les textes cités ne permet de supposer que la totalité des fonds ou une quote-part déterminée de ceux-ci devait impérativement être investie de cette manière. Il n'est pas possible de penser, toujours à la lecture de ces dispositions statutaires, que les investissements en obligations étaient prohibés. La recourante admet elle-même qu'il était possible, suivant les circonstances, de maintenir des liquidités plus ou moins importantes et de procéder à d'autres placements, notamment en obligations. La cour cantonale a retenu que la crise financière - dont la constatation relève du fait - justifiait cette attitude défensive. Le propre d'une crise financière est précisément que l'on ne peut pas savoir par avance à quel moment elle s'arrête définitivement. Dès lors que la cour cantonale a retenu - d'une manière qui lie le Tribunal fédéral (art. 105 al. 1 LTF) - que cette crise a duré jusqu'à la fin du premier semestre 2009, on peut comprendre que les administrateurs, ne sachant pas si elle avait durablement pris fin, aient adopté encore pendant quelque temps une attitude défensive. Ainsi, la recourante n'est pas parvenue à rendre vraisemblable que les administrateurs aient violé la loi ou les statuts en achetant des obligations pendant la période litigieuse. En se référant au résultat d'un autre fonds et à l'évolution favorable de la bourse russe, c'est-à-dire des actions cotées, la recourante reproche en définitive aux administrateurs un manque de performance. Il faut cependant rappeler qu'un contrôle spécial ne peut pas tendre à un jugement de valeur sur la gestion opérée. Pour obtenir cette mesure, la recourante devait rendre vraisemblable que les organes avaient violé la loi ou les statuts. Qu'un autre fonds, peut-être plus audacieux ou plus perspicace, ait pu obtenir de meilleurs résultats ou que les actions cotées à la bourse russe aient connu une évolution favorable est ici sans pertinence. Même si les administrateurs de l'intimée ont fait preuve d'un excès de prudence, qu'ils n'ont pas fait les choix qui apparaissent a posteriori comme les plus judicieux ou qu'ils n'aient pas démontré avoir les connaissances les plus expertes du marché considéré, cela ne suffit pas pour constituer une violation de la loi ou des statuts. Dès lors qu'une telle violation n'est pas rendue vraisemblable, la mesure sollicitée a été refusée sans violer le droit fédéral (art. 697b al. 2 CO). 4. Il résulte des considérations qui précèdent que le recours doit être rejeté. Les frais judiciaires et les dépens sont mis à la charge de la recourante qui succombe (art. 66 al. 1 et 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 20'000 fr., sont mis à la charge de la recourante. 3. La recourante versera à l'intimée une indemnité de 22'000 fr. à titre de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Cour de justice du canton de Genève, Chambre civile. Lausanne, le 4 avril 2012 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Klett Le Greffier: Piaget
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Sachverhalt: A. Am 14. Mai 2008 verurteilte das Kreisgericht X Thun A._ und B._ wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und Geldwäscherei zu 6 bzw. 4 1⁄2 Jahren Freiheitsstrafe. Gegen dieses Urteil erhob A._ Berufung, während B._ seine Verurteilung akzeptierte, weshalb dessen Urteil in Rechtskraft erwuchs. B. Am 16. Oktober 2008 bestätigte das Obergericht des Kantons Bern den erstinstanzlichen Schuldspruch gegen A._ und bestrafte ihn mit 4 1⁄2 Jahren Freiheitsstrafe. C. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt der Generalprokurator des Kantons Bern, A._ sei zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren zu verurteilen. Eventuell sei der Entscheid der 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung der Strafzumessung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Während die Vorinstanz auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt A._, das vorinstanzliche Urteil sei zu bestätigen. D. Mit Verfügung vom 6. April 2009 wurde A._ die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und ihm für das bundesgerichtliche Verfahren ein Anwalt bestellt.
Erwägungen: 1. Die Vorinstanz erwähnt in ihrem Urteil, eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren erscheine an und für sich als dem Verschulden des Beschwerdegegners angemessen. Die Strafe halte aber im Vergleich zu der gegen den Mittäter B._ ausgesprochenen Strafe von 4 1⁄2 Jahren nicht stand. Die Strafe des Beschwerdegegners sollte in Relation zu derjenigen - eigentlich zu milden - Strafe des Mittäters stehen. Um einen Ausgleich zu schaffen, sei die Strafe des Beschwerdegegners an diejenige von B._ anzupassen und folglich auf 4 1⁄2 Jahre zu reduzieren. 2. 2.1 Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, die Vorinstanz verletze mit dieser Argumentation Art. 63 aStGB, indem sie eine unzulässige Gleichbehandlung vornehme. Eine Korrektur einzig zwecks Anpassung an ein anderes Urteil sehe das Strafrecht grundsätzlich nicht vor, sogar dann nicht, wenn es um Urteile gehe, die den Angeschuldigten selber und nicht nur einen Mittäter betreffen. So sei beispielsweise das Gericht, welches ein Zusatzurteil zu fällen hat, bei der hypothetischen Gesamtbeurteilung nicht an das erste Urteil gebunden. Die Individualisierung im Bereich der Strafzumessung führe zu einer gewissen, vom Gesetzgeber beabsichtigten Ungleichheit. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht sei dem geltenden Strafrecht fremd. Es würde zu unüberwindbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen und die richterliche Entscheidungsfreiheit in unzulässigem Masse beschneiden. Die Staatsanwaltschaft müsste vorsorglicherweise sämtliche Urteile gegen alle an der Tat Beteiligten solange weiterziehen, bis sie vor einem letztinstanzlichen Gericht vereint zu einer vergleichenden Beurteilung kämen, was praktisch gar nicht möglich sei. Nach Auffassung des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz Bundesrecht verletzt, weil sie das Strafmass für den Beschwerdegegner entgegen ihrer eigenen Überzeugung an das von ihr erklärtermassen zu milde Urteil des Mittäters angepasst hat. 2.2 Der Beschwerdegegner stellt sich im Wesentlichen auf den Standpunkt, es sei gar nicht notwendig, mit der Vorinstanz von einem Angleichen der beiden Urteile zu sprechen. Es sei ganz einfach das Strafmass korrekterweise auf 4 1⁄2 Jahre festzusetzen. 3. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung und die an sie gestellten Anforderungen wiederholt dargelegt. Darauf kann verwiesen werden (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 19 f; 129 IV 6 E. 6.1 S. 20 f.; 127 IV 101 E. 2c S. 105, je mit Hinweisen). 3.1 Gemäss Art. 63 aStGB (bzw. Art. 47 StGB) ist das Strafmass individuell nach dem Verschulden eines Täters im Rahmen des richterlichen Ermessens festzusetzen. Der Grundsatz der Individualisierung und der dem Sachrichter vom Gesetz bei der Strafzumessung eingeräumte weite Ermessensspielraum führen nach der Rechtsprechung notwendigerweise zu einer gewissen, vom Gesetzgeber in Kauf genommenen Ungleichheit. Unterschiedliche Gewichtungen der massgebenden Faktoren sind zudem Folge der Unabhängigkeit des Richters, der weiten Strafrahmen, der freien Beweiswürdigung sowie des erheblichen Ermessens des Sachrichters. In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass selbst gleich oder ähnlich gelagerte Fälle sich durchwegs massgeblich in zumessungsrelevanten Punkten unterscheiden. Die aus diesen Umständen resultierende Ungleichheit in der Zumessung der Strafe reicht für sich allein nicht aus, um auf einen Missbrauch des Ermessens zu schliessen. Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, für eine peinlich genaue Übereinstimmung einzelner Strafmasse zu sorgen. Es hat lediglich für eine korrekte Anwendung von Bundesrecht besorgt zu sein. Soweit die Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens, gestützt auf alle wesentlichen Gesichtspunkte und im Rahmen des richterlichen Ermessens festgesetzt wurde, sind Unterschiede in der Strafzumessungspraxis innerhalb dieser Grenzen als Ausdruck unseres Rechtssystems hinzunehmen (eingehend BGE 123 IV 150 E. 2a mit Hinweisen; ferner Urteil 6S.460/1999 vom 2.9.1999 E. 2b mit Hinweis). 3.2 Hat der Sachrichter im gleichen Verfahren zwei Mittäter zu beurteilen, so ist bei der Verschuldensbewertung mit zu berücksichtigen, in welchem gegenseitigen Verhältnis die Tatbeiträge stehen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und Gleichmässigkeit der Strafzumessung gebietet, dass sich jeder für den ihm zukommenden Anteil an der Unrechtmässigkeit der Tat zu verantworten hat. Ist der Tatbeitrag gleichwertig, so führt das zunächst zu einer gleichen (objektiven) Schuldeinschätzung. Erst wenn auch die subjektive Vorwerfbarkeit identisch ist und sich überdies namentlich die individuellen Täterkomponenten gleichmässig auswirken, drängt sich die gleiche Strafe für beide Mittäter auf. Häufig liegen jedoch ungleiche Strafzumessungsfaktoren vor, weil sich die subjektive Verschuldensbewertung oder die persönlichen Verhältnisse unterscheiden. In diesen Fällen kann es zu unterschiedlichen Strafen kommen. Der Grundsatz der Gleichmässigkeit ist nur verletzt, wenn es der Richter bei der Festlegung der einzelnen Strafen unterlässt, im Sinne einer Gesamtbetrachtung beide Strafzumessungen in Einklang zu bringen. Die Berücksichtigung des richtigen Verhältnisses der Strafe zu derjenigen des Mittäters kann als eigenes und zusätzliches Element der Strafzumessung betrachtet werden. Art. 63 aStGB (wie auch Art. 47 StGB) ist verletzt, wenn dieser Umstand unbeachtet bleibt oder falsch gewichtet wird. Das kann zur Folge haben, dass die Strafe des einen Mittäters angemessen und die andere unangemessen ist. Möglich ist aber auch, dass beide Strafen unvertretbar und damit an sich bundesrechtswidrig sind (vgl. Urteil 6S.410/2005 vom 7.6.2006 E. 17.4.2). 3.3 Ist aus formellen Gründen nur über einen Mittäter zu urteilen, während die Strafe des andern bereits feststeht, so geht es darum, einen hypothetischen Vergleich anzustellen. Der Richter hat sich zu fragen, welche Strafen er ausfällen würde, wenn er beide Mittäter gleichzeitig beurteilen müsste. Dabei hat er sich einzig von seinem pflichtgemässen Ermessen leiten zu lassen. Es wäre mit der richterlichen Unabhängigkeit unvereinbar, müsste er sich gegen seine Überzeugung einem anderen Urteil anpassen. Der Richter findet sich in einer ähnlichen Ausgangslage, wenn er eine Zusatzstrafe zu einem früheren Urteil ausfällen muss (Art. 68 Ziff. 2 aStGB bzw. Art. 49 Abs. 2 StGB). Auch hier ist er in seiner Entscheidungsfreiheit nicht eingeschränkt und kann er frei befinden, wie die Strafe lauten würde, wenn er die strafbaren Handlungen gleichzeitig zu beurteilen hätte. Er ist bei der Festsetzung der Zusatzstrafe nicht an das erste Urteil gebunden (BGE 132 IV 102 E. 8.2 S. 105). Die Autonomie des Richters kann zur Folge haben, dass die Strafen zweier Mittäter in einem Missverhältnis stehen. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich und hinzunehmen, solange die in Frage stehende Strafe als solche angemessen ist. Allerdings ist zu verlangen, dass in der Begründung auf die Strafe des Mittäters Bezug genommen und dargelegt wird, weshalb sich diese nicht als Vergleichsgrösse eignet. Ein Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" besteht grundsätzlich nicht. Die Rechtsprechung hat denn auch stets den Vorrang des Legalitätsprinzips vor dem Gleichheitsprinzip betont. Eine falsche Rechtsanwendung in einem Fall begründet grundsätzlich keinen Anspruch, seinerseits ebenfalls abweichend von der Norm behandelt zu werden (BGE 124 IV 44 E. 2c S. 47 mit Hinweis). 3.4 Die Vorinstanz hält ausdrücklich fest, dass eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren angemessen ist. Sie macht sich dabei die Erwägungen der ersten Instanz zu eigen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners ist die Höhe der Strafe in Anbetracht des anzuwendenden Strafrahmens (1 bis 20 Jahre Freiheitsstrafe) nicht übersetzt und liegt insbesondere innerhalb des Ermessens. Der Beschwerdeführer hat sich in zweierlei Hinsicht der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig gemacht, indem er einerseits eine grosse Menge Drogen einführte und verteilte (10.5 kg Kokaingemisch mit einem Reinheitsgehalt von 45%, d.h. 4,725 kg reines Kokain) und anderseits als Mitglied einer Bande handelte. Er war zu verschiedenen Malen deliktisch tätig und verfolgte finanzielle Vorteile. Auch wenn er sich auf einer tiefen Hierarchiestufe ohne Mitbestimmungsrecht befand und relativ wenig verdiente, ist von einem mittleren Verschulden auszugehen. Auch wer nur Anweisungen ausführt, kann innerhalb eines Verteilungsnetzes eine wichtige und unabdingbare Rolle spielen, was einen erheblichen strafrechtlichen Vorwurf zu begründen vermag. Wenn die Vorinstanz festhält, die Strafe für den Mittäter B._ sei zu milde, so bringt sie zum Ausdruck, dass jene Strafe in einem unrichtigen Verhältnis zur Strafe des Beschwerdegegners steht. Dass sie die Strafe des Mittäters nicht auf die ihres Erachtens angemessene - allerdings nicht bezifferte - Höhe anhebt, ist prozessual bedingt, weil das entsprechende Urteil unangefochten blieb. Dies ändert nichts daran, dass die erstinstanzlich ausgefällte Freiheitsstrafe von 6 Jahren auch aus Sicht der Vorinstanz unter Würdigung aller Umstände angemessen ist. Bei dieser Sachlage ist es unzulässig, die Strafe mit dem formalen Argument der fehlenden Relation zu reduzieren. Die Frage würde sich erst stellen, wenn die Strafe für den Beschwerdeführer zu beanstanden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Vorinstanz nimmt mit ihrem Entscheid letztlich eine "Gleichbehandlung im Unrecht" vor, was grundsätzlich nicht angeht. Es wäre im vorliegenden Fall stossend, wenn neben dem Mittäter auch der Beschwerdegegner von einer zu milden Strafe profitieren könnte, nur weil jenes Urteil nicht angefochten wurde. Einen Anspruch, mit einer unangemessen tiefen Strafe belegt zu werden, besteht offensichtlich nicht. Mit ihrem Vorgehen hat die Vorinstanz Art. 63 aStGB verletzt, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist. 4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wäre der unterliegende Beschwerdegegner kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da ihm jedoch die unentgeltliche Rechtspflege gewährt worden ist, sind keine Kosten zu erheben. Der Rechtsvertreter des Beschwerdegegners ist aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 16. Oktober 2008 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 16. Juli 2009 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: Favre Koch
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Faits: A. A.a A._, né en 1955, et dame A._, née en 1950, se sont mariés le 1er novembre 1991. Le couple a deux enfants: B._, née en 1993, et C._, né en 2000. A.b A._, agriculteur et arboriculteur de profession, a mis un terme à ses activités pour des raisons médicales. Il demeure propriétaire de terres, qu'il a mises en location, et administre ses immeubles. Son revenu mensuel moyen, contesté par l'épouse, a été arrêté à 15'634 fr. pour des charges de 8'504 fr. 10. Dame A._ n'exerce aucune activité lucrative depuis son mariage et ne réalise aucun revenu. Ses charges se montent à 4'073 fr. 10. B. Par décision de mesures protectrices de l'union conjugale du 16 juillet 2009, la Présidente du Tribunal civil de l'arrondissement de La Côte a notamment attribué la garde des enfants au mari, laissé à celui-ci la jouissance du domicile conjugal et fixé la contribution d'entretien due à l'épouse à 4'000 fr. Lors de l'audience de conciliation tenue suite à l'appel de l'épouse, les parties ont convenu que la contribution d'entretien s'élèverait à 5'500 fr., étant précisé que le montant était fixé sur la base d'une situation provisoire et qu'il pourrait être revu dès le 1er janvier 2010. C. C.a Le 19 octobre 2010, dame A._ a requis la modification des mesures protectrices de l'union conjugale, réclamant que sa pension soit arrêtée à 15'000 fr. Son mari a conclu à être libéré du paiement de toute contribution en sa faveur. La conciliation a été vainement tentée lors de l'audience du 16 février 2011 et les parties ont chacune déposé un mémoire valant plaidoirie le 25 février suivant. Par jugement du 18 mai 2011, la Présidente du Tribunal d'arrondissement a condamné l'époux à contribuer à l'entretien de son épouse à raison de 5'400 fr. par mois (recte: 5'300 fr.) dès le 1er janvier 2011. C.b Statuant sur appels des deux époux, la Juge déléguée de la Cour d'appel civile (ci-après la Juge déléguée) a rejeté les deux recours et confirmé le jugement attaqué par arrêt du 6 juillet 2011, notifié le 17 août 2011 aux parties. D. Le 19 septembre 2011, l'épouse interjette un recours en matière civile au Tribunal fédéral, concluant à la réforme de l'arrêt attaqué en ce sens que son mari soit condamné à lui verser une contribution d'entretien mensuelle de 12'000 fr. à compter du 1er janvier 2011. Elle invoque la violation de son droit d'être entendu ainsi que l'application arbitraire de la loi et l'établissement manifestement inexact des faits. Invités à se déterminer, l'intimé a conclu au rejet du recours tandis que la Juge déléguée s'en est remise à justice après avoir déposé des observations.
Considérant en droit: 1. La modification du prononcé de mesures protectrices de l'union conjugale (art. 172 ss CC) est une décision en matière civile au sens de l'art. 72 al. 1 LTF (ATF 133 III 393 consid. 2). Elle est finale selon l'art. 90 LTF, dès lors qu'elle met fin à l'instance sous l'angle procédural (ATF 133 III 393 consid. 4). Le recours a en outre pour objet une décision rendue par une autorité cantonale de dernière instance statuant sur recours (art. 75 LTF), dans une affaire de nature exclusivement pécuniaire, dont la valeur litigieuse atteint 30'000 fr. (art. 51 al. 1 let. a et al. 4 LTF, art. 74 al. 1 let. b LTF), et il a été interjeté dans le délai légal (art. 100 al. 1 LTF), par la partie qui a succombé dans ses conclusions devant l'instance précédente (art. 76 al. 1 LTF), de sorte qu'il est recevable au regard de ces dispositions. 2. Dès lors que les mesures protectrices de l'union conjugale sont considérées comme des mesures provisionnelles au sens de l'art. 98 LTF (ATF 133 III 393 consid. 5 p. 396), seule peut être invoquée à leur encontre la violation de droits constitutionnels. Le Tribunal fédéral n'examine un tel grief que s'il a été dûment invoqué et motivé (art. 106 al. 2 LTF), à savoir exposé de manière claire et détaillée (ATF 134 I 83 consid. 3.2 et les arrêts cités). Lorsque le recourant se plaint d'arbitraire (art. 9 Cst.), il ne peut se borner à critiquer la décision attaquée comme il le ferait en instance d'appel, où l'autorité de recours dispose d'une libre cognition; il ne saurait se contenter d'opposer son opinion à celle de la juridiction précédente, mais doit démontrer, par une argumentation précise, que cette décision se fonde sur une application du droit manifestement insoutenable (ATF 134 II 349 et les arrêts cités). Les critiques de nature appellatoire sont irrecevables (ATF 133 III 589 consid. 2). 3. 3.1 En première instance, l'épouse a proposé de calculer le revenu de son mari en se fondant sur les montants reçus et dépensés durant une période donnée, puis d'y intégrer les données de son compte postal. La Présidente du Tribunal d'arrondissement a considéré que cette méthode conduisait à des résultats incertains, qui ne permettaient pas de déterminer le montant du revenu de l'époux, et qu'il était en conséquence plus fiable de se fonder sur les déclarations fiscales de celui-ci. Elle a ensuite appliqué la méthode du minimum vital avec répartition de l'excédent, les revenus du mari ne permettant pas de couvrir tous les postes du budget allégués par les parties. Calculant le revenu de l'époux entre 2007 et 2009, la magistrate a arrêté un revenu moyen mensuel de 15'634 fr., fixé les charges de l'époux et des enfants à 8'504 fr. 10 et celles de l'épouse à 4'073 fr. 10, puis réparti le solde disponible de 3'056 fr. 80 à raison de 40% pour l'épouse (1'222 fr.) et de 60% pour le mari. La contribution d'entretien due à la recourante s'élevait ainsi à 5'300 fr. 3.2 La Juge déléguée a confirmé le jugement de première instance à cet égard. 4. La recourante se plaint avant tout du fait que la Juge déléguée n'a pas donné suite à l'administration des différentes preuves qu'elle requérait. 4.1 Avant d'examiner les griefs soulevés par les parties, la Juge déléguée a considéré que, même lorsque, comme en l'espèce, la maxime inquisitoire était applicable, l'allégation de faits et de moyens de preuve nouveaux n'était admise en appel qu'aux conditions de l'art. 317 al. 1 CPC. Les parties devaient en outre collaborer à l'administration des preuves et, bien que l'épouse eût requis l'audition des parties et de témoins ainsi que la production de pièces par son mari, elle était en mesure de statuer sur la base de l'état de fait arrêté par le premier juge, complété par les pièces du dossier. 4.2 La recourante reproche à la Juge déléguée de ne pas avoir procédé à une nouvelle instruction, de ne pas avoir entendu ni les parties, ni certains témoins et de ne pas avoir ordonné la production de la pièce 58, à savoir le détail des montants prélevés au moyen de sa carte de crédit en 2008 et 2009, censé démontrer son train de vie. Elle compare alors le déroulement de la procédure sous l'ancien droit de procédure vaudois et sous la procédure civile fédérale actuellement en vigueur, s'étonnant de la manière dont la Cour civile traite désormais les appels. La recourante estime ensuite que, lorsqu'une partie requiert la tenue de débats oraux et l'audition de témoins, il devrait y être fait droit, en dépit du large pouvoir d'appréciation que l'art. 316 CPC confère au juge. L'interrogatoire des parties qu'elle requérait aurait en effet permis d'expliquer les calculs qu'elle avait effectués pour déterminer le revenu net de son mari, tandis que l'audition de témoins aurait pu démontrer que les charges afférentes aux immeubles étaient purement comptables et non réelles. Quant à la pièce 58, elle servait à établir son train de vie. La recourante en conclut qu'en refusant de donner suite à ses offres de preuves, la Juge déléguée aurait violé son droit d'être entendue. 4.2 La recourante reproche à la Juge déléguée de ne pas avoir procédé à une nouvelle instruction, de ne pas avoir entendu ni les parties, ni certains témoins et de ne pas avoir ordonné la production de la pièce 58, à savoir le détail des montants prélevés au moyen de sa carte de crédit en 2008 et 2009, censé démontrer son train de vie. Elle compare alors le déroulement de la procédure sous l'ancien droit de procédure vaudois et sous la procédure civile fédérale actuellement en vigueur, s'étonnant de la manière dont la Cour civile traite désormais les appels. La recourante estime ensuite que, lorsqu'une partie requiert la tenue de débats oraux et l'audition de témoins, il devrait y être fait droit, en dépit du large pouvoir d'appréciation que l'art. 316 CPC confère au juge. L'interrogatoire des parties qu'elle requérait aurait en effet permis d'expliquer les calculs qu'elle avait effectués pour déterminer le revenu net de son mari, tandis que l'audition de témoins aurait pu démontrer que les charges afférentes aux immeubles étaient purement comptables et non réelles. Quant à la pièce 58, elle servait à établir son train de vie. La recourante en conclut qu'en refusant de donner suite à ses offres de preuves, la Juge déléguée aurait violé son droit d'être entendue. 4.3 4.3.1 L'appel peut être formé pour violation du droit (art. 310 let. a CPC) et constatation inexacte des faits (art. 310 let. b CPC). L'instance d'appel dispose ainsi d'un plein pouvoir d'examen de la cause en fait et en droit. En particulier, le juge d'appel contrôle librement l'appréciation des preuves effectuée par le juge de première instance (art. 157 CPC en relation avec l'art. 310 let. b CPC) et vérifie si celui-ci pouvait admettre les faits qu'il a retenus. Que la cause soit soumise à la maxime des débats (art. 55 al. 1 CPC) ou, comme en matière de mesures protectrices de l'union conjugale, à la maxime inquisitoire (art. 55 al. 2, art. 272 et, pour le sort des enfants, art. 296 al. 1 CPC), il incombe toutefois au recourant de motiver son appel (art. 311 al. 1 CPC), c'est-à-dire de démontrer le caractère erroné de la motivation attaquée. Pour satisfaire à cette exigence, il ne lui suffit cependant pas de renvoyer aux moyens soulevés en première instance, ni de se livrer à des critiques toutes générales de la décision attaquée. Sa motivation doit être suffisamment explicite pour que l'instance d'appel puisse la comprendre aisément, ce qui suppose une désignation précise des passages de la décision que le recourant attaque et des pièces du dossier sur lesquelles repose sa critique. Conformément à l'art. 316 al. 3 CPC, l'instance d'appel peut librement décider d'administrer des preuves: elle peut ainsi ordonner que des preuves administrées en première instance le soient à nouveau devant elle, faire administrer des preuves écartées par le tribunal de première instance ou encore décider l'administration de toutes autres preuves. Néanmoins, cette disposition ne confère pas au recourant un droit à la réouverture de la procédure probatoire et à l'administration de preuves. Le droit à la preuve, comme le droit à la contre-preuve, découlent de l'art. 8 CC ou, dans certains cas, de l'art. 29 al. 2 Cst., dispositions qui n'excluent pas l'appréciation anticipée des preuves (cf. ATF 133 III 189 consid. 5.2.2, 295 consid. 7.1; 129 III 18 consid. 2.6). 4.3.2 Il s'ensuit que l'instance d'appel peut rejeter la requête de réouverture de la procédure probatoire et d'administration d'un moyen de preuve déterminé présentée par l'appelant si celui-ci n'a pas suffisamment motivé sa critique de la constatation de fait retenue par la décision attaquée. Elle peut également refuser une mesure probatoire en procédant à une appréciation anticipée des preuves, lorsqu'elle estime que le moyen de preuve requis ne pourrait pas fournir la preuve attendue ou ne pourrait en aucun cas prévaloir sur les autres moyens de preuve déjà administrés par le tribunal de première instance, à savoir lorsqu'il ne serait pas de nature à modifier le résultat des preuves qu'elle tient pour acquis (cf. ATF 131 III 222 consid. 4.3; 129 III 18 consid. 2.6). Le refus d'une mesure probatoire par appréciation anticipée des preuves ne peut toutefois être remis en cause devant le Tribunal fédéral qu'en invoquant l'arbitraire (art. 9 Cst.; arrêt 5A_726/2009 du 30 avril 2010 consid. 3.1 non publié aux ATF 136 III 365). En vertu du principe de la bonne foi applicable en procédure (art. 52 CPC), l'instance d'appel peut aussi refuser d'administrer un moyen de preuve régulièrement offert en première instance lorsque la partie a renoncé à son administration, notamment en ne s'opposant pas à la clôture de la procédure probatoire (arrêt 5A_597/2007 du 17 avril 2008 consid. 2.3; cf. ATF 132 I 249 consid. 5; 126 I 165 consid. 3b; 116 II 379 consid. 2b). Il n'en va pas différemment lorsque le procès est soumis à la maxime inquisitoire (art. 55 al. 2, 272 et 296 al. 1 CPC). Si le recourant reproche néanmoins au tribunal de première instance de ne pas avoir instruit la cause conformément à la maxime inquisitoire, en particulier lorsqu'il se plaint du fait que le tribunal n'aurait pas administré de preuves sur tous les faits pertinents, sans s'assurer, par l'interpellation des parties, que leurs allégués de fait et leurs offres de preuves étaient complets alors qu'il devait avoir des motifs objectifs d'éprouver des doutes à ce sujet - ce qui constitue une violation du droit (art. 310 let. a CPC) -, l'instance d'appel qui admet ce grief peut procéder aux investigations nécessaires et compléter l'état de fait; elle renoncera pourtant à procéder elle-même à des vérifications et renverra la cause au tribunal de première instance lorsque l'instruction à laquelle celui-ci a procédé est incomplète sur des points essentiels (art. 318 al. 1 let. c ch. 2 CPC). Il n'en va pas différemment lorsque le procès est soumis à la maxime inquisitoire (art. 55 al. 2, 272 et 296 al. 1 CPC). Si le recourant reproche néanmoins au tribunal de première instance de ne pas avoir instruit la cause conformément à la maxime inquisitoire, en particulier lorsqu'il se plaint du fait que le tribunal n'aurait pas administré de preuves sur tous les faits pertinents, sans s'assurer, par l'interpellation des parties, que leurs allégués de fait et leurs offres de preuves étaient complets alors qu'il devait avoir des motifs objectifs d'éprouver des doutes à ce sujet - ce qui constitue une violation du droit (art. 310 let. a CPC) -, l'instance d'appel qui admet ce grief peut procéder aux investigations nécessaires et compléter l'état de fait; elle renoncera pourtant à procéder elle-même à des vérifications et renverra la cause au tribunal de première instance lorsque l'instruction à laquelle celui-ci a procédé est incomplète sur des points essentiels (art. 318 al. 1 let. c ch. 2 CPC). 4.4 4.4.1 La recourante ne peut en l'espèce ignorer que, dans les causes soumises au nouveau Code de procédure civile, il est vain d'invoquer des règles de l'ancien droit cantonal ou une pratique plus souple exercée par les juges sous leur empire. Elle ne peut par ailleurs se plaindre du refus de la Cour d'appel d'ouvrir une instruction préalable et des débats en vue d'entendre les parties et des témoins en se limitant à simplement rappeler qu'elle avait pourtant requis l'administration de tels moyens de preuve. Cette critique, toute générale, ne suffit pas en effet à démontrer la prétendue violation de son droit d'être entendue (consid. 4.3.1 supra). 4.4.2 Quant à savoir si son droit à la preuve aurait été violé du fait que la Juge déléguée ne l'a pas interrogée au sujet de sa manière de calculer les revenus de son mari, cette question présuppose que la recourante établisse que sa méthode de calcul eût été arbitrairement écartée, ce qui sera examiné ci-après (consid. 7.3 infra). Pour fonder ensuite la violation de son droit à la preuve liée au refus de la Juge déléguée d'auditionner le gérant des immeubles de son époux ainsi qu'un représentant de la fiduciaire de ce dernier afin d'expliquer le calcul de ses charges immobilières, de même que leur caractère purement comptable, la recourante se devait de démontrer le caractère arbitraire de l'appréciation des preuves et de l'appréciation anticipée des preuves effectuées par la Juge déléguée. A supposer que l'arbitraire sur ces deux points pût être établi, il serait encore nécessaire, pour que la recourante puisse obtenir l'administration des moyens de preuve requis en instance d'appel, qu'elle en atteste non seulement l'offre régulière en première instance, mais également l'absence de renonciation à leur égard. Or, cette dernière condition n'est manifestement pas remplie en l'espèce: en date des 14 décembre 2010 et 16 février 2011, le premier juge a en effet tenu deux audiences, laissant encore aux parties la faculté de déposer des mémoires valant plaidoiries et, cas échéant, toutes pièces utiles; il ressort en outre du procès-verbal de l'audience du 16 février 2011 que la Présidente devait, à réception, rendre en principe un prononcé, se réservant d'aviser autrement en fonction des circonstances; enfin, dans sa plaidoirie écrite du 25 février 2011, la recourante n'a produit aucune autre pièce et n'a pas requis l'administration d'autres moyens de preuve, même si elle a certes rappelé que la pièce no 58 n'avait pas été produite. 5. Dans son grief d'arbitraire dans l'application de la loi et dans l'établissement des faits, la recourante paraît remettre en cause la méthode du minimum vital, retenue par le premier juge et confirmée par la Juge déléguée (consid. 6 infra). Elle conteste également l'estimation du revenu de son mari (consid. 7 infra). 6.1 6.1.1 La juge déléguée a confirmé l'application de la méthode du minimum vital avec répartition de l'excédent par une motivation peu compréhensible: à son sens, pour pouvoir renoncer à dite méthode, il convenait de rendre vraisemblable que les époux avaient bénéficié de revenus excédant le montant nécessaire à l'entretien de la vie commune et qu'ils en avaient profité. 6.1.2 La recourante affirme que la méthode du minimum vital serait inopportune, voire arbitraire dès lors que les époux bénéficiaient d'un train de vie important, attesté par le caractère luxueux de la demeure familiale et par les nombreuses dépenses qu'elle effectuait. Sur ce dernier point, la recourante soutient que la Juge déléguée ne pouvait, sans arbitraire, lui reprocher de n'avoir produit aucune pièce pour établir son train de vie tout en refusant de requérir la production de la pièce no 58, pourtant déterminante pour chiffrer ses dépenses. 6.1.3 6.1.3.1 Saisi d'un recours en matière civile au sens de l'art. 98 LTF ou d'un recours constitutionnel subsidiaire, le Tribunal fédéral dispose d'un pouvoir d'examen limité, seule la violation des droits constitutionnels pouvant être invoquée; il peut procéder à une substitution de motifs pour autant que la nouvelle motivation, conforme à la Constitution, n'ait pas expressément été réfutée par l'autorité cantonale (arrêt 5A_652/2009 du 18 janvier 2010 consid. 1.4; ATF 128 III 4 consid. 4c/aa). 6.1.3.2 Même lorsque l'on ne peut plus sérieusement compter sur la reprise de la vie commune, l'art. 163 CC demeure la cause de l'obligation d'entretien réciproque des époux en mesures protectrices de l'union conjugale, comme il l'est aussi en mesures provisionnelles prononcées pour la durée de la procédure de divorce (ATF 137 III 385 consid. 3.1; ATF 130 III 537 consid. 3.2). Pour fixer la contribution d'entretien selon l'art. 176 al. 1 ch. 1 CC, le juge doit partir de la convention, expresse ou tacite, que les époux avaient conclue au sujet de la répartition des tâches et des ressources entre eux durant la vie commune (art. 163 al. 2 CC). Il doit ensuite prendre en considération que le but de l'art. 163 al. 1 CC, soit l'entretien convenable de la famille, impose à chacun des époux le devoir de participer, selon ses facultés, notamment par la reprise ou l'augmentation de son activité lucrative, aux frais supplémentaires qu'engendre la vie séparée. Le juge doit ainsi examiner entre autres si, et dans quelle mesure, au vu de ces faits nouveaux, on peut attendre de l'époux désormais déchargé de son obligation de tenir le ménage en raison de la suspension de la vie commune, qu'il investisse d'une autre manière sa force de travail ainsi libérée et reprenne ou étende son activité lucrative, eu égard, notamment à sa formation, à son âge et à son état de santé. Le juge peut donc devoir modifier la convention conclue pour la vie commune pour l'adapter à ces faits nouveaux. En revanche, le juge des mesures protectrices ne doit pas procéder à un "mini-divorce": il ne doit pas trancher, même sous l'angle de la vraisemblance les questions de fond, objets du procès en divorce, en particulier celle de savoir si le mariage a influencé concrètement la situation financière du conjoint (ATF 137 III 385 consid. 3.1 précisant l'ATF 128 III 65; 5A_122/2011 du 9 juin 2011 consid. 4; 5A_502/2010 du 25 juillet 2011 consid. 3.2.1; 5A_236/2011 du 18 octobre 2011 consid. 4.2.3; 5A_591/2011 du 7 décembre 2011 consid. 4.1.1; 5A_475/2011 du 12 décembre 2011 consid. 4.1). Si la situation financière des époux le permet encore, le standard de vie antérieur, choisi d'un commun accord, doit être maintenu pour les deux parties. Quand il n'est cependant pas possible de le conserver, les époux ont droit à un train de vie semblable (ATF 119 II 314 consid. 4b/aa; 5A_710/2009 du 22 février 2010 consid. 4.1 non publié aux ATF 136 III 257). Dans certaines circonstances, le conjoint débiteur peut aussi devoir mettre à contribution la substance de sa fortune pour assurer le train de vie antérieur (ATF 134 III 581 consid. 3.3 in fine; 5P.173/2002 du 29 mai 2002 consid. 5a; 5A_771/2010 du 24 juin 2011 consid. 3.2). La méthode du minimum vital élargi avec répartition de l'excédent est par ailleurs justifiée entre les époux lorsque ceux-ci dépensaient l'entier de leurs revenus et qu'ils ne réalisaient ainsi aucune économie (ATF 137 III 102 consid. 4.2.1.1). 6.1.3.3 Dans la mesure où la recourante ne conteste pas que les époux dépensaient l'entier de leurs revenus et qu'ils ne réalisaient donc aucune économie, il est justifié d'utiliser la méthode du minimum vital avec répartition de l'excédent. 6.1.3.3 Dans la mesure où la recourante ne conteste pas que les époux dépensaient l'entier de leurs revenus et qu'ils ne réalisaient donc aucune économie, il est justifié d'utiliser la méthode du minimum vital avec répartition de l'excédent. 6.2 6.2.1 La Juge déléguée a ensuite retenu que le train de vie élevé allégué par la recourante ne pouvait être calculé en se fondant sur la base des dépenses importantes qu'elle aurait effectuées en 2008 et 2009 au moyen de sa carte de crédit et qu'elle prétendait prouver par la production de la pièce no 58. Dès lors que l'intéressée n'avait pas indiqué à quelle fin ces prélèvements avaient été opérés et que son mari soutenait qu'ils avaient été effectués de manière exorbitante, l'empêchant d'assumer les dettes courantes, la magistrate en a en effet déduit que cet élément de preuve n'était pas déterminant. 6.2.2 La recourante se borne à réaffirmer l'existence de ces dépenses et à requérir la production de la pièce no 58, censée détailler les montants prélevés par sa carte de crédit en 2008 et 2009. Elle soutient également que les pièces du dossier ne prouvent pas que les montants prélevés auraient été exorbitants et n'auraient pas permis le paiement des dettes courantes. Par cette critique, la recourante ne démontre toutefois nullement l'arbitraire de l'appréciation des preuves effectuée par la Juge déléguée (consid. supra 4.3.2 et 2). Au demeurant, si, en l'espèce, les dépenses du couple excédaient les revenus du mari ou que ceux-ci avaient baissé depuis 2009, ou encore qu'en raison de l'existence de deux ménages séparés, les frais d'entretien avaient augmenté, la recourante ne peut prétendre au maintien d'un train de vie antérieur non couvert pas les revenus, mais uniquement au même train de vie que son conjoint (cf. consid. supra 6.1.3.2); or, la méthode du minimum vital avec répartition de l'excédent permet précisément de garantir cette égalité, une fois le revenu du mari déterminé (consid. infra 7). C'est en revanche à juste titre que la recourante soutient que ses charges actuelles de 5'565 fr. 60, de même que son studio de 50 m2 ne sont pas décisifs pour déterminer sa contribution d'entretien. La question de savoir si elle a suffisamment allégué un train de vie élevé devient cependant sans objet en tant qu'elle a droit au même train de vie que son conjoint, ce que lui garantit un calcul selon la méthode du minimum vital avec répartition de l'excédent. 7. Reste encore à déterminer le revenu réalisé par le mari. 7.1 La Juge déléguée a confirmé le montant du revenu retenu en première instance en se fondant sur les loyers perçus par l'intimé pour la location de ses immeubles. Selon la déclaration fiscale 2009 du mari, ses revenus locatifs bruts se chiffraient à 782'561 fr., montant dont il convenait de déduire 12'762 fr. de droit d'habitation, 392'228 fr. de frais d'entretien et investissements divers ainsi que 244'351 fr. d'intérêts hypothécaires. La magistrate a jugé que le montant des charges d'entretien déclaré fiscalement n'était pas exorbitant et qu'il ne révélait pas nécessairement une situation fiscale arrangée, ni que le mari réaliserait un revenu supérieur. La détermination de son solde mensuel disponible en se fondant, comme le proposait la recourante, sur la base des relevés de ses comptes, aboutirait en revanche à des résultats incertains. 7.2 La recourante reproche à la Juge déléguée de ne pas avoir recherché quelles étaient les charges réelles des immeubles, et d'avoir admis le montant des frais d'entretien indiqué dans la déclaration fiscale, se prévalant à cet égard de l'arrêt 5A_318/2009. La recourante se plaint également de ce que la Juge déléguée n'a convoqué ni l'expert comptable qui a établi les comptes, ni le gérant des immeubles pour déterminer les charges réelles de ceux-ci. Il n'est selon elle pas possible d'admettre des revenus d'immeubles de 782'561 fr. et des frais d'entretien de 392'228 fr. La recourante affirme enfin que, pour fixer la pension en 2011, il conviendrait de se fonder sur les revenus perçus par son époux en 2011, voire 2010, plutôt que sur ceux gagnés en 2009. 7.3 Les griefs liés à l'appréciation anticipée des preuves effectuée par la Juge déléguée ont d'ores et déjà été scellés (consid. supra 4.4.2), de sorte qu'il n'y a pas lieu d'y revenir. En tant que la recourante affirme que seuls les revenus de 2011, voire 2010, seraient pertinents pour calculer la contribution d'entretien, sa critique est irrecevable (consid. 2 supra) dès lors qu'elle ne démontre nullement que ces revenus seraient différents des revenus perçus en 2009 et retenus comme base de calcul par les juges cantonaux successifs. La critique liée au montant afférant aux charges réelles de l'immeuble est en revanche fondée. Comme le Tribunal fédéral l'a admis dans l'arrêt invoqué par la recourante, il est arbitraire de porter en déduction des frais d'entretien comprenant des frais extraordinaires de rénovation ou de plus-value, la taxation fiscale qui admet de tels frais ayant certes valeur d'indice mais n'étant pas déterminante (arrêt 5A_318/2009 consid. 3.3). Il y a ainsi en l'espèce application arbitraire du droit fédéral à déduire des revenus immobiliers l'intégralité des frais d'entretien qui figurent au demeurant non pas dans la décision de taxation du recourant mais dans sa déclaration fiscale à titre de "frais d'entretien d'immeubles privés et investissements destinés à économiser l'énergie et à ménager l'environnement", sans examen plus précis quant à la nature desdits investissements. Il sied enfin de relever que, dans sa déclaration fiscale 2009, l'époux a indiqué, en sus de ses revenus locatifs, un revenu personnel de 52'060 fr., revenu dont il ne paraît pas avoir été tenu compte et qu'il conviendra néanmoins de prendre en considération. 7.4 En conclusion, s'il est légitime de ne pas se baser sur des prélèvements effectués par l'épouse en 2008 et 2009, et de ne pas compléter l'administration des preuves, il est en revanche arbitraire, au vu de la déclaration fiscale du mari, de se fonder sur un revenu de 15'634 fr. 8. Le recours est partiellement admis, dans la mesure où il est recevable et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour nouvelle décision. Les frais judiciaires sont répartis entre les parties à raison de la moitié chacune (art. 66 al.1 LTF), tandis que les dépens sont compensés (art. 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est partiellement admis dans la mesure où il est recevable, l'arrêt attaqué est annulé et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 3'000 fr., sont mis pour moitié à la charge de la recourante et pour moitié à la charge de l'intimé. 3. Les dépens sont compensés. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Juge déléguée de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud. Lausanne, le 26 avril 2012 Au nom de la IIe Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Hohl La Greffière: de Poret Bortolaso
416ecdaf-8450-49f0-909a-812d0f03478c
fr
2,013
CH_BGer_009
Federation
331.0
127.0
24.0
social_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. Le 11 août 2008, A._ a présenté une demande de prestations de l'assurance-invalidité. Dans un projet de décision du 14 octobre 2010, l'Office de l'assurance-invalidité pour le canton de Vaud (ci-après: l'office AI) a informé l'assuré qu'il entendait refuser son droit à une rente d'invalidité, au motif que le taux d'invalidité présenté (7,43 %) était insuffisant pour fonder une telle prétention. Représenté par Maître M._, l'assuré a fait part de ses objections à l'encontre du projet de décision. Par la suite, il a requis l'octroi de l'assistance gratuite d'un conseil juridique pour la procédure administrative. Par décision du 20 septembre 2012, l'office AI a rejeté la demande d'assistance juridique, en considérant que la complexité du cas n'était pas telle que l'assistance d'un avocat apparût nécessaire. B. L'assuré a déféré cette décision au Tribunal cantonal du canton de Vaud, Cour des assurances sociales, qui l'a débouté par jugement du 24 mai 2013. C. A._ interjette un recours en matière de droit public contre ce jugement, dont il demande l'annulation. Sous suite de frais et dépens, il conclut à ce que lui soit reconnu le droit à l'assistance juridique d'un avocat dans le cadre de la procédure administrative l'opposant à l'office AI, avec effet au 28 juillet 2011. Il sollicite par ailleurs le bénéfice de l'assistance judiciaire pour l'instance fédérale. Le recourant précise encore que l'office AI a rendu une décision, le 23 avril 2013, par laquelle l'administration a admis son droit à une rente entière de l'assurance-invalidité du 1 er juillet 2008 au 31 mars 2009 et contre laquelle il a formé recours auprès du Tribunal cantonal vaudois.
Considérant en droit: 1. 1.1. En vertu de l'art. 90 LTF, le recours en matière de droit public au Tribunal fédéral est recevable contre les décisions qui mettent fin à la procédure. Il est également recevable contre certaines décisions préjudicielles et incidentes. Il en va ainsi de celles qui concernent la compétence et les demandes de récusation (art. 92 LTF). Quant aux autres décisions préjudicielles et incidentes notifiées séparément, elles peuvent faire l'objet d'un recours si elles peuvent causer un préjudice irréparable (art. 93 al. 1 let. a LTF) ou si l'admission du recours peut conduire immédiatement à une décision finale qui permet d'éviter une procédure probatoire longue et coûteuse (art. 93 al. 1 let. b LTF). 1.2. La décision par laquelle l'assureur accorde ou refuse l'assistance gratuite d'un conseil juridique pour la procédure administrative en matière d'assurance sociale est une décision d'ordonnancement de la procédure au sens de l'art. 52 al. 1 LPGA (ATF 131 V 153 consid. 1 p. 155). Elle peut par conséquent être directement attaquée par la voie du recours devant le tribunal cantonal des assurances (art. 56 al. 1 LPGA). En ce qui concerne ensuite la nature finale ou incidente de la décision du tribunal cantonal des assurances par laquelle celui-ci se prononce uniquement sur le droit de l'assuré à l'assistance gratuite d'un conseil juridique pour la procédure administrative, la jurisprudence des deux Cours de droit social du Tribunal fédéral pourrait ne pas sembler univoque. Dans certains arrêts, la décision judiciaire cantonale a été considérée comme un jugement final au sens de l'art. 90 LTF, dans la mesure où le Tribunal fédéral est entré en matière sans examiner la recevabilité du recours à la lumière des art. 90 ss LTF (par exemple, arrêts 8C_48/2007 du 19 juillet 2007 [SVR 2009 IV n° 5 p. 9], 9C_964/2010 du 30 mai 2011, 9C_993/2012 du 16 avril 2013 et 9C_908/2013 du 22 février 2013). Dans d'autres, elle a été qualifiée de décision incidente conformément à l'art. 93 LTF (par exemple, arrêts 9C_1071/2009 du 2 février 2010, 9C_668/2009 du 25 mars 2010 consid. 1 et 9C_674/2011 du 3 août 2012 consid. 2; cf. aussi arrêt 8C_422/2009 du 30 novembre 2009 consid. 2). En tout état de cause, lorsque le tribunal cantonal des assurances statue sur le droit à l'assistance gratuite en procédure administrative en même temps qu'il se prononce sur d'autres aspects du litige en renvoyant la cause à l'administration pour complément d'instruction, le jugement cantonal constitue une décision incidente selon l'art. 93 LTF (ATF 133 V 645 consid. 1 p. 646). 2. Il convient de clarifier la nature incidente ou finale de la décision par laquelle le tribunal cantonal des assurances statue sur le droit de l'assuré à l'assistance gratuite d'un conseil juridique pour la procédure administrative au sens de l'art. 37 al. 4 LPGA. 2.1. Constitue une décision finale au sens de l'art. 90 LTF celle qui met définitivement fin à la procédure devant la dernière instance cantonale (arrêt 4A_353/2009 du 3 novembre 2009 consid. 1.1, non publié in ATF 136 III 82; Bernard Corboz, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 9 ad art. 90 LTF). Lorsque le tribunal cantonal se prononce sur la décision incidente d'une autorité inférieure, son prononcé constitue en règle générale aussi une décision incidente (cf. arrêt 1A.46/1997 du 1 er septembre 1997 consid. 1c/aa, in RDAF 1999 I p. 577 et les références). Par un tel prononcé, le juge ne statue pas de manière définitive sur un rapport de droit (principal), mais seulement sur un aspect unique sur le chemin procédural conduisant au jugement final (ATF 133 V 477 consid. 4.1.3 p. 481). 2.2. Par définition, la requête visant l'assistance gratuite d'un conseil juridique dans une procédure en matière d'assurance sociale s'inscrit dans le cadre d'une procédure administrative principale qui porte, en règle générale, sur le droit de l'assuré à des prestations de l'assurance sociale. Le rapport de droit faisant l'objet de la requête - le droit de l'assuré à être assisté gratuitement d'un conseil juridique dans ses relations avec l'assureur social - ne constitue donc qu'un aspect annexe de la procédure sur le fond conduisant à accorder ou à refuser des prestations à l'assuré. Il n'est donc pas indépendant de la procédure principale. Il en va de même de la décision du tribunal cantonal des assurances par laquelle celui-ci statue exclusivement sur le refus de l'assureur social d'accorder une telle assistance juridique. En admettant ou en rejetant le recours de l'assuré contre la décision incidente de l'administration, le tribunal cantonal des assurances ne met pas fin, par son jugement, à la procédure toujours en cours sur l'octroi ou le refus de prestations d'assurance sociale. Il traite d'un aspect unique relatif au droit à l'assistance juridique en procédure administrative, tandis qu'il ne prend pas position sur le rapport de droit litigieux sur le fond (le droit éventuel à des prestations de la part de l'assurance sociale). Par conséquent, la décision cantonale qui a pour seul objet le refus (ou l'octroi) de l'assistance juridique dans la procédure administrative en matière d'assurance sociale est une décision incidente au sens de l'art. 93 LTF. Il en va différemment lorsque l'assuré obtient en parallèle des prestations de l'assureur social ou ne conteste pas la décision portant sur le refus de celles-ci, et limite son recours au tribunal cantonal des assurances à la décision de l'assureur social, par laquelle son droit à l'assistance juridique gratuite pour la procédure administrative est refusé. Dans cette situation procédurale, le rapport juridique principal n'est plus litigieux; la procédure judiciaire cantonale porte seulement sur le droit à l'assistance juridique gratuite, qui constitue l'unique objet du recours, tandis que le droit aux prestations n'est plus en cause à quelque stade de la procédure que ce soit. Par conséquent, le jugement cantonal par lequel le tribunal cantonal des assurances statue sur le droit à l'assistance juridique gratuite est un jugement final au sens de l'art. 90 LTF (Ulrich Meyer, Die Sozialrechtspflege unter dem Bundesgerichtsgesetz, in Strassenverkehrsrechts-Tagung 2008, p. 164). 2.3. Il découle de ce qui précède que le jugement cantonal du 24 mai 2013 est une décision incidente au sens de l'art. 93 LTF. Le recours n'est dès lors recevable que si la décision incidente peut causer un préjudice irréparable (art. 93 al. 1 let. a LTF), la seconde hypothèse prévue à l'art. 93 al. 1 let. b LTF n'étant pas pertinente. La décision incidente entreprise n'est en l'occurrence pas susceptible de causer un préjudice irréparable au recourant. En effet, la procédure administrative pour laquelle l'assistance juridique a été refusée, est terminée et le mandataire du recourant a déjà fait son travail. Comme le Tribunal fédéral l'a jugé dans l'ATF 133 V 645 consid. 2.2 p. 648, dans une telle situation, l'assuré ne court pas le risque de ne pas pouvoir faire valoir ses droits en raison du refus de l'assistance juridique; il ne s'agit plus que de la question de savoir qui réglera les honoraires de son avocat. Ce point pourra être résolu de manière définitive une fois qu'aura été rendue une décision sur le fond, relative au droit aux prestations de l'assuré, ses prétentions faisant l'objet, pour l'heure, d'une procédure judiciaire cantonale. Selon l'art. 93 al. 3 LTF, le recourant pourra en principe contester le refus de l'assistance juridique pour la procédure administrative dans un recours dirigé contre la décision finale. Toutefois, au cas où la juridiction cantonale lui donnerait droit sur l'ensemble de ses prétentions et qu'il n'aurait alors plus d'intérêt à recourir sur le fond, la voie de recours directe au Tribunal fédéral serait alors ouverte contre la décision incidente sur l'assistance judiciaire, une fois la décision finale rendue (ATF 133 V 645 consid. 2.2 p. 648; arrêt 8C_243/2013 du 25 juin 2013 consid. 3.3). 2.4. En conséquence, faute de réaliser les conditions de l'art. 93 al. 1 let. a LTF, le recours doit être déclaré irrecevable. Cela étant, même s'il eût été recevable au regard de la pratique contrastée évoquée ci-avant, le recours aurait dû être rejeté comme il ressort de ce qui suit. 3. 3.1. La juridiction cantonale a examiné les conditions du droit du recourant à un conseil juridique pour la procédure administrative portant sur le droit éventuel à une rente de l'assurance-invalidité à la lumière de l'art. 37 al. 4 LPGA et la jurisprudence y relative (dont le jugement entrepris - auquel il suffit de renvoyer - expose dûment la teneur). L'affaire ne présentait pas un caractère exceptionnel au niveau de la phase d'instruction administrative postérieure à la communication du projet de décision à l'assuré, qui avait des difficultés à s'exprimer en français et disposait d'un faible niveau de formation. Son mandataire s'était borné à relever les contradictions des divers rapports médicaux et à réitérer à plusieurs reprises une demande d'expertise médicale. La problématique médicale n'était par ailleurs pas en soi complexe, puisqu'elle comportait un volet cardiologique dont l'intimé avait reconnu l'influence sur l'atteinte à la santé de l'intéressé, ainsi qu'un volet psychiatrique dont il s'agissait uniquement de déterminer l'existence et le degré. Toujours selon les premiers juges, la cause ne soulevait pas non plus de particularité procédurale: il s'agissait d'apprécier la valeur probante des divers rapports médicaux et l'opportunité de la mise en oeuvre d'une expertise par un médecin externe à l'office AI. Dès lors, du point de vue médical et juridique, le cas du recourant ne présentait aucune problématique qu'un représentant d'une association, un assistant social ou une personne de confiance d'une institution sociale n'aurait pu traiter de manière satisfaisante. L'assistance d'un avocat n'était donc pas nécessaire au recourant pour défendre ses intérêts face à l'intimé, de sorte que la décision de celui-ci était conforme au droit. 3.2. 3.2.1. Dans la mesure où le recourant fait tout d'abord valoir que son droit à l'assistance d'un avocat dans la procédure administrative aurait dû être admis pour le seul motif déjà qu'il ne maîtrise pas la langue française et ne dispose d'aucune qualification, son argumentation est mal fondée. Comme l'a retenu à juste titre la juridiction cantonale, l'absence de connaissances linguistiques et le manque de formation professionnelle constituent certes des circonstances qui tiennent à la personne concernée et permettent d'admettre que l'intéressé n'est pas à même de défendre seul ses propres intérêts. Ils ne suffisent cependant pas en soi à reconnaître que l'assistance d'un avocat est nécessaire, parce que celle d'un représentant d'une association, d'un assistant social ou d'autres professionnels ou personnes de confiance d'institutions sociales serait insuffisante (cf. ATF 132 V 200 consid. 4.1 p. 201; arrêt 9C_105/2007 du 13 novembre 2007 consid. 1.3 et 3.2). Il faut encore que s'ajoutent à ces éléments, des circonstances qui mettent en évidence la difficulté du cas du point objectif (complexité des questions de droit et de fait). 3.2.2. A cet égard, le recourant soutient pour l'essentiel que grâce à l'intervention de son avocat et à la stratégie de défense mise en place par celui-ci, l'office intimé a repoussé le moment de rendre la décision sur le droit à des prestations de l'assurance-invalidité, de sorte qu'à la date de la décision (le 23 avril 2013), il avait atteint l'âge de 60 ans, à partir duquel il pouvait faire valoir une absence "d'employabilité" résiduelle en raison de son âge avancé. Un défenseur autre qu'un avocat n'aurait pas gardé l'argument "en réserve" et invoqué l'âge de son mandant à un stade ultérieur de la procédure seulement. Sans qu'il apparaisse nécessaire de se prononcer sur le caractère approprié de la défense d'un avocat, qui, de l'avis de son client, choisit sciemment de faire durer une procédure plutôt que d'obtenir le plus rapidement possible une décision sur le droit à des prestations permettant de pallier l'absence de revenus d'une activité lucrative, on constate que les arguments du recourant ne sont pas pertinents. Il accorde en effet une importance décisive aux faits qu'il était âgé de 59 ans et un mois à la date où il a présenté la demande d'assistance juridique en procédure administrative (le 24 mai 2012) et qu'il a atteint l'âge de 60 ans au cours de celle-ci, avant que la décision sur le droit aux prestations ne fût rendue. Or, contrairement à ce que semble croire le recourant, l'âge de 60 ans ne constitue pas un critère qui exclut en soi d'exiger de l'assuré en cause qu'il exploite sa capacité résiduelle de travail sur le plan économique. L'âge est un élément parmi d'autres circonstances personnelles et professionnelles qui peuvent conduire à nier qu'une personne puisse encore de manière réaliste exploiter économiquement sa capacité résiduelle de travail. L'influence de l'âge sur la possibilité de mettre en oeuvre la capacité résiduelle de travail sur le marché équilibré du travail ne peut cependant pas être évaluée selon une règle générale, mais dépend de l'ensemble des circonstances qui sont déterminantes sous l'angle des exigences relatives aux activités adaptées envisagées (par exemple, la nature et les conséquences de l'atteinte à la santé, les éventuels moyens à mettre en oeuvre pour changer de travail et se familiariser avec celui-ci, y compris la structure de la personnalité, la formation ou le parcours professionnel; arrêt 9C_954/2012 du 10 mai 2013 consid. 2 et les arrêts cités, in Plädoyer 4/2013 p. 57). L'âge est dès lors un critère parmi d'autres qu'il appartient à l'organe d'exécution de l'assurance-invalidité de prendre d'office en considération pour se prononcer sur l'exigibilité pour l'assuré concerné de mettre en valeur une éventuelle capacité résiduelle de travail. Il ne s'agit pas d'une circonstance particulière dont il incomberait à l'assuré ou à son avocat de se prévaloir spécifiquement "en temps opportun". Le recourant ne peut donc rien tirer en sa faveur d'une prétendue particularité de la procédure administrative en relation avec son âge, qui aurait justifié l'assistance d'un avocat. 3.2.3. Quant aux autres motifs invoqués par le recourant, ils ne suffisent pas non plus à admettre qu'il se trouvait dans un cas exceptionnel où l'appel à un avocat s'imposait. On ne voit pas, et le recourant ne l'explique pas, pourquoi "la médication prescrite" par ses différents médecins constituait un aspect de sa situation médicale que seul un avocat aurait été à même de mettre en évidence, ni à quelles "pressions des assurances sociales" celui-ci aurait été le seul à pouvoir répondre. Dans la mesure où il invoque ensuite une situation hypothétique selon que l'intimé aurait ou non admis une incapacité partielle de travail en raison d'une atteinte psychique, le recourant ne peut rien en déduire par rapport à la complexité des questions litigieuses, puisque son argumentation repose sur de simples hypothèses et non sur les éléments au dossier. C'est en vain, enfin, que le recourant se réfère au principe de l'égalité des armes, en renvoyant à l'ATF 137 V 210, pour soutenir que les conditions de l'assistance juridique d'un avocat en procédure administrative et judiciaire doivent être les mêmes. Comme l'a retenu à juste titre la juridiction cantonale, et l'admet du reste le recourant, les conditions différentes -et plus sévères en procédure administrative - relatives à l'assistance d'un conseil juridique, respectivement d'un avocat dans ces deux situations découlent de la loi (art. 37 al. 4 et 61 let. f LPGA). Elles relèvent donc d'un choix délibéré du législateur, concrétisé par des dispositions légales que le principe de l'égalité des armes - pour autant qu'il soit vraiment en cause ici, ce que le recourant ne tente aucunement de démontrer - ne saurait vider de sa substance. 3.3. Il résulte de ce qui précède que le recours est en tout point mal fondé, de sorte qu'il aurait dû être rejeté s'il avait été recevable. 4. Vu l'issue de la procédure, le recourant devrait en supporter les frais (art. 66 al. 1 LTF). Sa demande d'assistance judiciaire pour la procédure fédérale doit par ailleurs être rejetée, dès lors que ses conclusions étaient d'emblée dénuées de chances de succès (art. 64 al. 1 LTF). Compte tenu des circonstances, il convient cependant de renoncer à percevoir des frais judiciaires (art. 66 al. 1 in fine LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est irrecevable. 2. La demande d'assistance judiciaire est rejetée dans la mesure où elle n'est pas sans objet. 3. Il n'est pas perçu de frais judiciaires. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties, au Tribunal cantonal du canton de Vaud, Cour des assurances sociales, et à l'Office fédéral des assurances sociales. Lucerne, le 2 décembre 2013 Au nom de la IIe Cour de droit social du Tribunal fédéral suisse Le Président: Kernen La Greffière: Moser-Szeless
41edc4f3-d23b-42a2-a2a7-914abb3817b9
de
2,012
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A._ beauftragte zu Beginn des Jahres 2009 die Allgemeine Plakatgesellschaft (APG) im Rahmen einer Aktion der Palästina-Solidarität, Region Zürich, ein Plakat an zwei verschiedenen Orten im ShopVille-RailCity (d.h. Bahnhof Zürich) auszuhängen. Dieses richtete sich gegen die israelische Siedlungspolitik. Drei Tage war das Plakat ausgehängt, bis die SBB am 26. März 2009 die sofortige Entfernung veranlasste. Nachdem die SBB weder ihren Entscheid rückgängig gemacht noch eine anfechtbare Verfügung erlassen hatte, erhob A._ eine Rechtsverweigerungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Während des Verfahrens erliess die SBB am 28. Oktober 2009 eine Verfügung und verbot den Aushang des Plakats. Dagegen erhob A._ erfolgreich Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht; die SBB wurde verpflichtet, den Plakataushang zu bewilligen. B. Vor Bundesgericht beantragt die SBB, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 2011 aufzuheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren. C. Die Beschwerdegegnerin hat mit ausführlicher Begründung beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell diese abzuweisen und den vorinstanzlichen Entscheid zu bestätigen. Die APG, welche als weitere Beteiligte nach Art. 102 Abs. 1 BGG in das Verfahren einbezogen wurde, und das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation verzichteten auf eine Vernehmlassung. D. Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts hat am 20. Juni 2011 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen: 1. Nach Art. 29 BGG prüft das Bundesgericht seine Zuständigkeit von Amtes wegen. 1.1 Nach Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Die Vorinstanz hat den Streitfall als öffentlich-rechtlichen beurteilt. Demgegenüber macht die Beschwerdeführerin - allerdings in der Sache und nicht unter dem Gesichtspunkt einer Sachurteilsvoraussetzung, bei welcher sie ohne Weiteres von einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit ausgeht - geltend, dass es sich nicht um einen öffentlich-rechtlichen, sondern vielmehr um einen privatrechtlichen Streitfall handle; sie beruft sich dabei auf die ihr durch die Bahnreform 1 zugestandene Möglichkeit, für gewisse Bereiche unternehmerisch am Markt teilzunehmen (vgl. Botschaft zur Bahnreform vom 13. November 1996 [Botschaft Bahnreform 1], BBl 1997 I 909). Die Vorinstanz hätte deshalb auf die Streitsache gar nicht eintreten dürfen. 1.2 Für die Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kommt es nicht darauf an, ob eine gerichtliche Behörde der öffentlichen Rechtspflege als Vorinstanz entschieden hat. Massgeblich ist vielmehr, welches Rechtsgebiet die Angelegenheit in der Sache regelt (vgl. BGE 136 II 489 E. 2.3 S. 492 mit weiteren Hinweisen). Ob die Beschwerde in Zivil- oder in Strafsachen oder in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offensteht, entscheidet sich nach der rechtlichen Grundlage der Streitsache (vgl. BGE 136 II 489 E. 2.3 S. 492 mit weiteren Hinweisen). Für die Abgrenzung von Privat- und öffentlichem Recht hat die Lehre mehrere Methoden (z.B. Interessen-, Funktions-, Subordinationstheorie) entwickelt. Das Bundesgericht nimmt die Abgrenzung gestützt auf verschiedene Methoden (Methodenpluralismus: Urteil 4C.382/1995 E. 1a, in: ZBl 1997 S. 410 ff., 411) vor, wobei keiner a priori ein Vorrang zukommt. Vielmehr prüft es in jedem Einzelfall, welches Abgrenzungskriterium den konkreten Gegebenheiten am besten gerecht wird. Damit trägt es dem Umstand Rechnung, dass der Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Recht ganz verschiedene Funktionen zukommen, die sich nicht mit einem einzigen theoretischen Unterscheidungsmerkmal erfassen lassen (vgl. Urteil 2C_11/2010 vom 25. November 2011, zur Publikation vorgesehen, E. 4.1; BGE 132 I 270 E. 4.3 S. 273, 132 V 303 E. 4.4.2 S. 307, je mit Hinweisen). In der vorliegenden Konstellation drängt sich für die Beantwortung der Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die Funktionentheorie auf. Danach gehört eine Norm zum öffentlichen Recht, wenn das von ihr gesteuerte Verwaltungshandeln unmittelbar der Besorgung von Verwaltungsaufgaben dient, es sei denn, das einschlägige Gesetz unterstelle dieses Handeln dem Zivilrecht (vgl. PIERRE TSCHANNEN/ULRICH ZIMMERLI/MARKUS MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 119 f., siehe auch S. 379 f., 381; PHILIPP HÄSLER, Geltung der Grundrechte für öffentliche Unternehmen, 2005, S. 109; vgl. auch BGE 136 II 457 E. 6.2 S. 466, 489 E. 2.4 S. 493). 1.3 Am 1. Januar 1999 wurde die Bahnreform 1 in Kraft gesetzt (vgl. AS 1998 2835, 2845, 2847, 2856, 2859), mit welcher die Effizienz im öffentlichen Verkehr bzw. Schienenverkehr gesteigert und das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die öffentliche Hand verbessert werden sollte (vgl. Botschaft Bahnreform 1, BBl 1997 I 913). Am 1. Januar 2010 wurde die Bahnreform 2 (1. Teilpaket) in Kraft gesetzt (vgl. AS 2009 5597), mit welcher weiterhin die Ziele der Bahnreform 1, allerdings mit einer weiteren Effizienzsteigerung und Verbesserung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses, verfolgt werden sollten (vgl. Botschaft zur Bahnreform 2 vom 23. Februar 2005, BBl 2005 2415, 2434 f.). Der strittige Sachverhalt ereignete sich vor Inkrafttreten der Bahnreform 2 (1. Teilpaket), weshalb (dazu BGE 135 II 384 E. 2.3 S. 390) das Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 20. März 1998 in der bis zum 31. Dezember 2009 gültigen Fassung (AS 1998 2847, 2005 4777; SBBG [SR 742.31]), das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 in der bis zum 31. Dezember 2009 gültigen Fassung (BBl 1956 II 1184 mit hier nicht relevanten Änderungen bis 1998, AS 1998 2835 [Bahnreform 1], 1999 2374, 3071, 2000 2355, 2719, 2003 187, 2005 4775, 2006 2197, 5599, 5753, 2007 1411, 5779; EBG [SR 742.101]), das Personenbeförderungsgesetz vom 18. Juni 1993, welches bis zum 31. Dezember 2009 in Kraft war (AS 1993 3128, 1997 2459, 1998 2859; aPBG) und das auf den 1. Januar 2010 aufgehobene (AS 2009 5628) Transportgesetz vom 4. Oktober 1985 (aTG, AS 1986 1974) anwendbar sind. 1.4 Nach Art. 87 BV ist u.a. die Gesetzgebung über den Eisenbahnverkehr Sache des Bundes. Danach sind die Planung, der Bau und der Betrieb von schienengebundenen öffentlichen Verkehrsmitteln sowie die Regelung und Ausübung der Bahnpolizei erfasst. Nach Art. 3 Abs. 1 SBBG erbringen die SBB (Art. 2 Abs. 1 SBBG) als Kernaufgabe Dienstleistungen im öffentlichen Verkehr, namentlich in der Bereitstellung der Infrastruktur, im Personen- und Güterverkehr sowie in den damit zusammenhängenden Bereichen. Sie können alle Rechtsgeschäfte tätigen, die mit dem Zweck des Unternehmens direkt oder indirekt im Zusammenhang stehen oder die geeignet sind, diesen zu fördern (Abs. 2 Satz 1 SBBG). Sie sind nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu führen (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 SBBG). Zur Stärkung der unternehmerischen Autonomie ist die Anstalt SBB im Rahmen der Bahnreform 1 in die öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft SBB (Art. 2 Abs. 1 SBBG: "une société anonyme de droit public") - unter Beibehaltung der Firma "SBB" (Art. 2 Abs. 1 SBBG) - überführt worden (vgl. Botschaft Bahnreform 1, BBl 1997 I 909, 944 [Rechtsform], 937 [unternehmerische Autonomie]). Die SBB sind nach aArt. 5 Abs. 2 EBG berechtigt und verpflichtet, die Eisenbahninfrastruktur nach den Vorschriften der Eisenbahngesetzgebung und der Konzession zu bauen. Zum Bau und Betrieb gehören etwa auch Regelungen über die Bahnpolizei (aArt. 23 EBG) und über Nebenbetriebe (aArt. 39 EBG). Bis zur Bahnreform 2 bedurften die SBB keiner Konzession nach aArt. 5 EBG (aArt. 4 SBBG). Zudem wurde ihnen nach aArt. 5 SBBG i.V.m. Art. 4 aPBG das Recht verliehen, Reisende regelmässig zu befördern. Die SBB sind somit grundsätzlich mit Staats- bzw. Verwaltungsaufgaben (service public) betraut (vgl. BGE 136 II 489 E. 2.4 S. 493; 126 II 54 E. 8 i.f. S. 62; MARTIN LENDI, Verkehr und Recht, 1998, etwa S. 105 f., 109, 193; ANDRÉ WERNER MOSER, Der öffentliche Grund und seine Benützung, 2011, S. 185; PIERRE TSCHANNEN/FABIAN MÖSCHING, Bauen auf Bahnarealen, in: Raum & Umwelt, November Nr. 6/09, S. 2 ff., 16). Diese Aufgaben bedingen geeignete Sachmittel. Die SBB sind deshalb verpflichtet, Infrastruktur bereitzustellen (Art. 3 Abs. 1 SBBG). Dazu gehören Bahnhöfe (aArt. 62 Abs. 3 EBG). Insofern handelt es sich dabei um eine der unmittelbaren Erfüllung der Verwaltungsaufgabe des öffentlichen Verkehrs gewidmete öffentliche Sache i.e.S. Verfügungsmacht darüber und deren Zweckbestimmung richten sich nach dem öffentlichen Recht; dieses regelt u.a. die konkreten Nutzungsmöglichkeiten und den Schutz der öffentlichen Sachen i.e.S. vor Beschädigungen (vgl. ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, S. 540 Rz. 2365, 2368 f.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 452; PIERRE TSCHANNEN, Systeme des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2008, S. 104; MOSER, a.a.O., S. 24, 36 f., 185 ff., 582 Fn. 651; MARKUS HEER, Die ausserordentliche Nutzung des Verwaltungsvermögens durch Private, 2006, S. 98 f.; TOBIAS JAAG, Gemeingebrauch und Sondernutzung öffentlicher Sachen, ZBl 1992, S. 145 ff., 148; siehe auch VPB 65.63 E. 5.4). Soll nicht nur eine ordentliche Nutzung der öffentlichen Sachen i.e.S. möglich sein, so ist es auch Aufgabe des öffentlichen Rechts, die Zulässigkeit und den Umfang der ausserordentlichen Nutzung zu regeln (vgl. TSCHANNEN, Systeme, a.a.O., Rz. 206; MOSER, a.a.O., S. 582 Fn. 651; HEER, a.a.O., S. 98); in der Zulässigkeitsprüfung ist dabei auch der Schutz der öffentlichen Sachen entsprechend aArt. 23 EBG (so auch Art. 23 EBG) und Art. 18 Abs. 1 aTG (Vorschriften über die Benützung der Anlagen) zu prüfen und zu gewährleisten. Die Beschwerdeführerin führt denn in ihrer Verfügung vom 28. Oktober 2009 und in der Beschwerde ausdrücklich Sicherheitsbedenken an. Auch beim internen Reglement "R Z 700.6" vom 3. April 2006 (nachfolgend: Reglement) wird auf die Sicherheit Bezug genommen, weshalb die Beschwerdeführerin zum einen die Werbeflächen selbst ausgeschieden und zum anderen sich auch ein Vetorecht (vgl. dazu auch BGE 127 I 84 E. 4a S. 87; MOSER, a.a.O., S. 585) gegenüber der APG vorbehalten hat (Ingress von Ziff. 1.5). Gestützt auf dieses Vetorecht hat die Beschwerdeführerin den weiteren Aushang des strittigen Plakats korrekterweise durch Verfügung verboten. Insofern handelt es sich hier um eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Anfechtungs- und zugleich Streitgegenstand bildet die Verfügung vom 28. Oktober 2009. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es sich in der vorliegenden Streitsache um eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts handelt. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen: Aus der Möglichkeit kommerziell tätig zu sein, folgt nicht abstrakt, dass es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit handelt; massgebend ist immer die konkrete Regelung bzw. Konstellation (vgl. RENÉ RHINOW/GERHARD SCHMID/GIOVANNI BIAGGINI/FELIX UHLMANN, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2011, S. 327 f.). Auch der Hinweis auf BGE 129 III 35 vermag nichts am Resultat zu ändern: Die Beziehung zwischen Post und Kunde ist - wie im Übrigen auch im Transportrecht (vgl. BGE 136 II 489 E. 2.4 S. 492 f. zu Art. 50 aTG; neurechtlich Art. 56 PBG [SR 745.1]) - ausdrücklich privatrechtlich geregelt (vgl. Art. 11 i.V.m. Art. 17 PG; SR 783.0; vgl. auch TOBIAS JAAG/ANDREAS LIENHARD/PIERRE TSCHANNEN, Ausgewählte Gebiete des Bundesverwaltungsrechts, 7. Aufl. 2009), was hier - wie dargelegt - nicht der Fall ist. Dabei ist zu beachten, dass nicht der Vertrag zwischen der APG und der Beschwerdegegnerin Streitgegenstand bildet, welcher allenfalls privatrechtlich ausgestaltet sein kann (vgl. als Beispiel: BGE 127 I 84 E. 4a S. 87), sondern die Intervention der SBB aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Kompetenz, die korrekte Verwaltung von öffentlichen Sachen i.e.S. zu regeln. 1.5 Die SBB sind eine spezialgesetzliche öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (vgl. Art. 2 und 25 SBBG; vgl. auch UELI STÜCKELBERGER/CHRISTOPH HALDIMANN, Schienenverkehrsrecht, in: Georg Müller [Hrsg.], SBVR Bd. IV, Verkehrsrecht, 2008, S. 250 ff., 306 Rz. 123 f.). Ihnen steht nach Art. 89 Abs. 2 BGG i.V.m. SBBG und EBG kein spezielles Beschwerderecht zu. Die Legitimation der Beschwerdeführerin kann sich deshalb einzig nach Art. 89 Abs. 1 BGG richten, welche zwar in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten ist. Die Beschwerdeführerin kann sich indes darauf stützen, wenn sie durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater betroffen wird. Darüber hinaus können Gemeinwesen zur Beschwerde nach Art. 89 Abs. 1 BGG legitimiert sein, soweit sie in schutzwürdigen eigenen hoheitlichen Interessen berührt sind (vgl. BGE 136 II 274 E. 4.1 und 4.2 S. 278 f.; 135 II 12 E. 1.2.1 S. 15; je mit weiteren Hinweisen). Durch den angefochtenen Entscheid wird die Beschwerdeführerin in schutzwürdigen eigenen hoheitlichen Interessen berührt, indem ihre Autonomie der Bahnhofbewirtschaftung durch die Vorinstanz eingeschränkt wurde. Die Beschwerdeführerin hat überdies vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen. Damit sind die SBB in Anwendung von Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten. 1.6 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich eine Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten, insbesondere des Willkürverbots, gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 136 I 229 E. 4.1 S. 235 mit Hinweisen). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin hat das Aufhängen eines Plakats zur israelisch-palästinensischen Politik mit Verfügung vom 28. Oktober 2009 gestützt auf Ziff. 1.5.4 des Reglements verboten, wonach u.a. Werbung/Botschaften zu aussenpolitisch brisanten Themen für sämtliche Medien ausgeschlossen sind. Insofern erachtete die Beschwerdeführerin das strittige Plakat als Botschaft zu einem aussenpolitisch brisanten Thema. Die Vorinstanz hat demgegenüber die Beschwerdeführerin verpflichtet, den Aushang des strittigen Plakats zuzulassen. 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin hat das Aufhängen eines Plakats zur israelisch-palästinensischen Politik mit Verfügung vom 28. Oktober 2009 gestützt auf Ziff. 1.5.4 des Reglements verboten, wonach u.a. Werbung/Botschaften zu aussenpolitisch brisanten Themen für sämtliche Medien ausgeschlossen sind. Insofern erachtete die Beschwerdeführerin das strittige Plakat als Botschaft zu einem aussenpolitisch brisanten Thema. Die Vorinstanz hat demgegenüber die Beschwerdeführerin verpflichtet, den Aushang des strittigen Plakats zuzulassen. 2.2 2.2.1 Das Aushängen von Plakaten zu aussenpolitischen Themen ist eine Form der Meinungsäusserung, die in den Schutzbereich der Meinungsäusserungsfreiheit nach Art. 16 Abs. 2 BV fällt (BGE 127 I 84 E. 4d S. 91; 1C_440/2007 vom 25. März 2008 E. 2.2; 1P.336/2005 vom 20. September 2005 E. 5; ANDREAS KLEY/ESTHER TOPHINKE, in: Ehrenzeller/Schweizer/Mastronardi/Vallender (Hrsg.), Kommentar zur schweizerischen Bundesverfassung, 2008, N 11 zu Art. 16 BV), wonach jede Person das Recht hat, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten (vgl. BGE 132 I 256 E. 3 S. 258; 127 I 164 E. 3a-c, S. 167 ff.; 1C_312/2010 vom 8. Dezember 2010 E. 4.1). Auf den Inhalt einer Meinungsäusserung kommt es grundsätzlich nicht an. Auch inhaltlich provozierende oder schockierende Äusserungen verdienen grundrechtlichen Schutz (vgl. 1P.336/2005 vom 20. September 2005 E. 5.1; vgl. auch die Hinweise in BGE 124 I 267 E. 3c S. 271; REGINA KIENER/WALTER KÄLIN, Grundrechte, 2007, S. 184; zu Art. 10 EMRK vgl. CHRISTOPH GRABENWARTER/KATHARINA PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl. 2012, S. 308 f.; siehe etwa auch BGE 116 Ib 37 E. 8a S. 48 in Bezug auf audiovisuelle Medien). Wie beim Eintreten dargelegt, ist die Verwaltung von öffentlichen Sachen i.e.S. Wahrnehmung einer Staatsaufgabe. Die Beschwerdeführerin ist deshalb grundrechtsgebunden (Art. 35 Abs. 2 BV). 2.2.2 Meinungsäusserungen verlangen vielfach die Benützung öffentlicher Sachen. Sofern die in Frage stehende Grundrechtsausübung nicht eine über den allgemeinen Zweck hinausgehende Nutzung der öffentlichen Sache darstellt, besteht ein unbedingter Anspruch auf Nutzung der öffentlichen Sache und diese ist - unter Vorbehalt von gesetzlich vorgesehenen, im öffentlichen Interesse liegenden und verhältnismässigen Einschränkungen (Art. 36 BV) - zulässig (vgl. etwa BGE 135 I 302 E. 3.2 f. S. 307 ff.; dazu auch MOSER, a.a.O., S. 530 m.w.H.). Handelt es sich dagegen um eine intensivere Nutzung, so hat das Bundesgericht zunächst bei Sachen in Gemeingebrauch festgehalten, dass ein bedingter Anspruch auf Bewilligung von gesteigertem Gemeingebrauch besteht, wenn er für die Ausübung von Freiheitsrechten auf öffentlichem Grund erforderlich ist (vgl. BGE 135 I 302 E. 3.2 S. 308; 132 I 256 E. 3 S. 259; 1P.336/2005 vom 20. September 2005 E. 5; siehe auch BGE 127 I 84 E. 4b S. 88). Das Bundesgericht hat diese Rechtsprechung sodann 1980 (unpublizierter Entscheid P.170/1978 vom 19. März 1980) auch auf Verwaltungsvermögen übertragen, weshalb unter Umständen ebenfalls ein bedingter Anspruch auf Rand- bzw. ausserordentliche Nutzung gegeben sein kann (vgl. Urteil 1P.304/1990 vom 18. Februar 1991 E. 3, in: ZBl 1992, S. 40 ff.; ZBl 1993, S. 320 E. 3 S. 321 f.; BGE 127 I 164 E. 3b S. 170; JAAG, a.a.O., S. 164; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 456 f.; vgl. KÄLIN/KIENER, a.a.O., S. 187; HEER, a.a.O., S. 31 ff.). Der Anspruch ist nur bedingt: Bedingt zum einen, weil grundsätzlich kein Anspruch besteht, dass der Staat positiv (neue) Einrichtungen schafft, um die Freiheitsrechtsausübung zu ermöglichen (vgl. GIOVANNI BIAGGINI, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2007, N 4 ad Art. 16 BV; MOSER, a.a.O., S. 531; HEER, a.a.O., S. 33, 36; in Bezug auf die Wirtschaftsfreiheit BURKARD J. WOLF, Wirtschaftsfreiheit und Nutzung öffentlicher Sachen - Widersprüchliches aus dem Bundesgericht, AJP 2001, S. 430 ff., 434). Der bedingte Anspruch bezieht sich somit jeweils nur auf die Nutzung bestehender öffentlicher Sachen i.e.S. oder bestehender Infrastruktur (zu öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch: BGE 127 I 164 E. 5/b/bb S. 179; siehe auch BGE 122 I 279 E. 2c S. 284; zum Verwaltungsvermögen: Urteil 1P.304/1990 vom 18. Februar 1991 E. 3, in: ZBl 1992, S. 40 ff. in Verbindung mit nicht publiziertem Urteil P.170/1978 vom 19. März 1980 E. 3). Daneben besteht kein Recht, den öffentlichen Grund an einem beliebigen Ort, zu einem beliebigen Zeitpunkt und in einer beliebigen Weise zu benützen (vgl. BGE 127 I 164 E. 3c S. 171 m.H.); ausschlaggebend sind genügende Kapazitäten. Zum anderen sind beim Entscheid über die ausserordentliche Nutzung der öffentlichen Sache i.e.S. neben dem Gesichtspunkt der polizeilichen Gefahrenabwehr auch andere öffentliche Interessen zu berücksichtigen, namentlich dasjenige an einer zweckmässigen Nutzung der vorhandenen öffentlichen Anlagen im Interesse der Widmung sowie an der rechtsgleichen Zugänglichkeit der öffentlichen Sache i.e.S. für alle Interessierte. Dabei ist die Behörde nicht nur an das Willkürverbot und den Grundsatz der Rechtsgleichheit gebunden, sondern sie hat darüber hinaus den besonderen ideellen Gehalt der Freiheitsrechte, um deren Ausübung es geht, in die Interessenabwägung einzubeziehen. Insoweit entfaltet die Meinungsäusserungsfreiheit ihre Wirkungen auch bei Betätigungsformen, die mit einer über den allgemeinen Zweck hinausgehenden Nutzung der öffentlichen Sache verbunden sind. Die Behörde hat demnach die entgegenstehenden Interessen nach objektiven Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen und dabei dem legitimen Bedürfnis, Nutzungen mit Appellwirkung an die Öffentlichkeit durchführen zu können, angemessen Rechnung zu tragen; dabei kann eine dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit genügende Gestaltung die Anordnung von Auflagen und Bedingungen erfordern. Ob die Auffassungen, die durch die Meinungsäusserung propagiert werden sollen, der zuständigen Behörde mehr oder weniger wertvoll oder wichtig erscheinen, kann für den Entscheid über das Gesuch nicht massgebend sein (BGE 132 I 256 E. 3 S. 259 m.w.H.; 124 I 267 E. 3b S. 269); auch hier gilt das Verbot der Vorzensur im Sinne einer vorgängigen und allgemeinen Inhaltskontrolle beabsichtigter Meinungsäusserungen (vgl. ANDREAS KLEY/ESTHER TOPHINKE, a.a.O., N 17 und 27 ad Art. 16 BV). Die Behörde ist zu einer neutralen, sachlichen Haltung verpflichtet (BGE 127 I 164 E. 3b S. 171 m.w.H.). Zum anderen sind beim Entscheid über die ausserordentliche Nutzung der öffentlichen Sache i.e.S. neben dem Gesichtspunkt der polizeilichen Gefahrenabwehr auch andere öffentliche Interessen zu berücksichtigen, namentlich dasjenige an einer zweckmässigen Nutzung der vorhandenen öffentlichen Anlagen im Interesse der Widmung sowie an der rechtsgleichen Zugänglichkeit der öffentlichen Sache i.e.S. für alle Interessierte. Dabei ist die Behörde nicht nur an das Willkürverbot und den Grundsatz der Rechtsgleichheit gebunden, sondern sie hat darüber hinaus den besonderen ideellen Gehalt der Freiheitsrechte, um deren Ausübung es geht, in die Interessenabwägung einzubeziehen. Insoweit entfaltet die Meinungsäusserungsfreiheit ihre Wirkungen auch bei Betätigungsformen, die mit einer über den allgemeinen Zweck hinausgehenden Nutzung der öffentlichen Sache verbunden sind. Die Behörde hat demnach die entgegenstehenden Interessen nach objektiven Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen und dabei dem legitimen Bedürfnis, Nutzungen mit Appellwirkung an die Öffentlichkeit durchführen zu können, angemessen Rechnung zu tragen; dabei kann eine dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit genügende Gestaltung die Anordnung von Auflagen und Bedingungen erfordern. Ob die Auffassungen, die durch die Meinungsäusserung propagiert werden sollen, der zuständigen Behörde mehr oder weniger wertvoll oder wichtig erscheinen, kann für den Entscheid über das Gesuch nicht massgebend sein (BGE 132 I 256 E. 3 S. 259 m.w.H.; 124 I 267 E. 3b S. 269); auch hier gilt das Verbot der Vorzensur im Sinne einer vorgängigen und allgemeinen Inhaltskontrolle beabsichtigter Meinungsäusserungen (vgl. ANDREAS KLEY/ESTHER TOPHINKE, a.a.O., N 17 und 27 ad Art. 16 BV). Die Behörde ist zu einer neutralen, sachlichen Haltung verpflichtet (BGE 127 I 164 E. 3b S. 171 m.w.H.). 2.3 2.3.1 Die Vorinstanz hat die Bahnhofswand einer öffentlichen Sache im Gemeingebrauch gleichgestellt und einen bedingten grundrechtlichen Anspruch auf Aushang eines Plakats an der Bahnhofswand (gesteigerter Gemeingebrauch) bejaht. Die Beschwerdeführerin argumentiert demgegenüber, dass die Bahnhofswand keine Sache im Gemeingebrauch, sondern Verwaltungsvermögen sei; die Wände würden lediglich der Abgrenzung dienen und nicht jedermann offenstehen, sie zu beschriften, zu bemalen oder zu bekleben. Insofern bestünde kein bedingter Anspruch auf Nutzung der Bahnhofswand. 2.3.2 Rechtsprechung und Lehre unterscheiden innerhalb der öffentlichen Sachen i.w.S. zwischen dem hier nicht vorliegenden Finanzvermögen, welches nur mittelbar der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben dient, und öffentlichen Sachen i.e.S. Diese unterteilen sich in Verwaltungsvermögen und öffentliche Sachen im Gemeingebrauch. Beide dienen unmittelbar durch ihren Gebrauchswert der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Sie unterscheiden sich v.a. durch ihren Benutzerkreis: Im Rahmen ihrer Zweckbestimmung stehen öffentliche Sachen im Gemeingebrauch der Allgemeinheit, Verwaltungsvermögen einem eingegrenzten Benutzerkreis offen (BGE 127 I 84 E. 4b S. 88 f.; vgl. auch MOSER, a.a.O., S. 5 ff., 12 ff., 18 ff., 34 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 448 ff.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., S. 532 ff.; zur Abgrenzung zwischen Verwaltungsvermögen und öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch, Rz. 2346; JAAG, a.a.O., S. 151; HEER, a.a.O., S. 8 f.). Diese Unterscheidung muss hier nicht bis in alle Einzelheiten nachgezeichnet und geprüft werden. Klar ist jedenfalls, dass es sich bei der Bahnhofswand weder um Verwaltungsvermögen im Verwaltungsgebrauch (z.B. Dienstfahrzeuge, als Arbeitsplätze für Beamte dienende Räumlichkeiten und deren Ausrüstung; dazu HEER, a.a.O., S. 10; JAAG, a.a.O., S. 146) noch um Verwaltungsvermögen im Einzelgebrauch (z.B. "Sozialwohnungen", Geschäftslokale in Flughäfen und Bahnhöfen; dazu HEER, a.a.O., S. 11 f.; JAAG, a.a.O., S. 149) handelt. Insofern verbleibt lediglich die Möglichkeit, dass es sich um eine Sache im Gemeingebrauch oder um Verwaltungsvermögen im Anstaltsgebrauch handelt. Diese beiden Arten unterscheiden sich nur aufgrund des Benutzerkreises (vgl. HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 2346; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 449 [Rz. 15]; Ausnahme: gemischte Nutzung [vgl. BGE 100 Ia 287: Kleinhallenbad einerseits für die Schulen der Gemeinde, andererseits für die Öffentlichkeit]). Selbst wenn man mit der Beschwerdeführerin davon ausgehen würde, dass es sich um Verwaltungsvermögen im Anstaltsgebrauch handeln würde, ist nicht zu übersehen, dass angesichts des mit der Bahnreform angestrebten (siehe z.B. die Webseite: "Shopping & Gastro": http://www.sbb.ch/bahnhof-services/am-bahnhof/shopping-gastronomie.html) Benutzerkreises einer "City in the City" (RailCity bzw. ShopVille-RailCity; siehe rechtsvergleichend auch Entscheid des Bundesverfassungsgerichts 1BvR 699/06 vom 22. Februar 2011 zum Flughafen Frankfurt, in: EuGRZ 2011, S. 152 ff., 160 Rz. 72) und der Befriedigung ähnlicher Bedürfnisse wie in einer Fussgängerzone (Treffpunkt, Kommunikationszone, Einkaufsmöglichkeiten, Flanieren, Fast-Food-Imbissecken, bessere Restaurants) Verwaltungsvermögen im Anstaltsgebrauch und öffentliche Sache im Gemeingebrauch fast identisch sind oder doch jenes einer öffentlichen Sache im Gemeingebrauch sehr nahe kommt. Wie noch darzulegen sein wird, kann in concreto offengelassen werden, um welche Art von öffentlicher Sache i.e.S. es sich handelt. 2.3.3 Zirkulationsflächen in Bahnhöfen entfalten als Scharnier zwischen dem öffentlichen Raum ausserhalb des Bahnhofs und den Zügen eine Art "Trichterfunktion"; Wände bilden dabei die Begrenzungen und sind somit integrierender Bestandteil der Flächen. Darin besteht ihre ordentliche Nutzung und dafür sind sie auch gewidmet. Die Beschwerdeführerin bekennt sich allerdings in ihrem Reglement, welches die Grundsätze für die Werbeflächen (Fremd- und Eigenwerbung) regelt, zur Nutzung ihrer Grundstücke, Anlagen, Produkte und des Rollmaterials für Werbung (Ziff. 1.1). Die Eigenwerbung der Division Personenverkehr steht dabei im Vordergrund, die Fremdwerbung soll aber einen wichtigen Beitrag zur Ertragsverbesserung der SBB leisten (Ziff. 1.2). Insofern sieht die Beschwerdeführerin selber vor, dass die öffentliche Sache i.e.S. auch ausserordentlich für die Plakatierung genutzt werden kann. 2.3.4 Angesichts der Verantwortung der Beschwerdeführerin für das reibungslose Funktionieren des Bahnhofs ist es auch ihre Aufgabe, die verschiedenen Plakatanschlagstellen und sonstigen Standorte zu bestimmen. Dabei hat sie sich von der bereits oben dargelegten umfassenden Interessenabwägung leiten zu lassen, wo neben den polizeilichen Interessen auch die Interessen an einer zweckmässigen und rechtsgleichen Nutzung der vorhandenen öffentlichen Anlagen im Interesse der Widmung zu berücksichtigen sind. Sind aber - wie im vorliegenden Fall - die Plakatanschlagstellen und -standorte einmal bestimmt, so ist das einzelne Plakat nur noch unter polizeilichen Gesichtspunkten zu prüfen. 3. 3.1 Die Beschwerdeführerin hat in Ziff. 1.5 des Reglements den Umgang mit Werbebotschaften geregelt: Zugelassen ist grundsätzlich ideelle und nicht-ideelle Werbung; Einschränkungen bzw. Verbote sind vorgesehen für politische Werbung in bestimmten Medien und bei Werbung für Genussmittel (Ziff. 1.5.1 und 1.5.2). Verboten sind u.a die bereits erwähnten Werbungen/Botschaften zu aussenpolitisch brisanten Themen (Ziff. 1.5.4) und die religiöse Werbung (Ziff. 1.5.3). In unklaren Fällen müssen die Werbepartner mit der SBB Rücksprache nehmen; zudem ist diese berechtigt, jederzeit den Rückzug bereits ausgehängter bzw. ausgestrahlter Werbung zu verlangen und weitere Einschränkungen zu erlassen. 3.2 Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin den Aushang des strittigen Plakats verboten, da es sich um eine Botschaft zu einem aussenpolitisch brisanten Thema handle. Insofern hat sie damit in das Grundrecht der Meinungsfreiheit der Beschwerdegegnerin eingegriffen. Ob der Aushang verboten werden kann, ergibt sich anhand der Voraussetzungen der Grundrechtseinschränkungen nach Art. 36 BV. 3.3 Bei der Frage der gesetzlichen Grundlage, welche auch in Bezug auf das Anschlagen der Plakate in der Sachherrschaft des Gemein-wesens über den öffentlichen Grund gründet, hat sich die Vorinstanz an die Rechtsprechung des Bundesgerichts gehalten; die Beschwerdeführerin macht diesbezüglich keine Verletzung geltend. Weitere Ausführungen erübrigen sich daher (siehe oben E. 1.6). 3.3 Bei der Frage der gesetzlichen Grundlage, welche auch in Bezug auf das Anschlagen der Plakate in der Sachherrschaft des Gemein-wesens über den öffentlichen Grund gründet, hat sich die Vorinstanz an die Rechtsprechung des Bundesgerichts gehalten; die Beschwerdeführerin macht diesbezüglich keine Verletzung geltend. Weitere Ausführungen erübrigen sich daher (siehe oben E. 1.6). 3.4 3.4.1 Nach Ziff. 1.5.4 des Reglements sind die bereits erwähnten Werbungen/Botschaften zu aussenpolitisch brisanten Themen verboten. Meinungsäusserungen zu aussenpolitisch heiklen Themen sollen - wie zu innenpolitischen - Bürger aufrütteln und veranlassen, sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen und eine politische Position zu beziehen. Ein generelles Verbot von solchen Themen würde der ideellen Funktion der Meinungsäusserungsfreiheit nicht Rechnung tragen und käme einer verbotenen Zensur gleich (vgl. oben E. 2.2) und lässt sich mit keinem öffentlichen Interesse rechtfertigen. Darf die Behörde in einem konkreten Einzelfall nur unter ausserordentlichen Umständen zu einem Verbot greifen (vgl. Urteil 1P.304/1990 vom 18. Februar 1991 E. 7 i.i., in: ZBl 1992, S. 40 ff., 47; BGE 127 I 164 E. 6a S. 183), so muss dies umso mehr bei einer generell-abstrakten Regelung ohne Kenntnis einer konkreten Sachlage gelten. Insofern schiesst dieses generell-abstrakt geregelte Verbot in jedem Fall über das Ziel hinaus. Es ist zudem auch in Rechnung zu stellen, dass der Bahnhof in seiner Funktion als "City in the City" selbst auch als Forum der politischen Kommunikation dienen will. Bahnhöfe stellen Abstimmungs- und Wahllokale zu Verfügung; es gibt Treffpunkte, Flaniermeilen, Buchläden, Restaurants, wo miteinander kommuniziert wird oder sich Kommunikation anbietet. Neueste Tagesinformationen flimmern über überdimensionale elektronische Bildschirme, welche auch aussenpolitisch brisante Themen umfassen können, und Plakate zu innenpolitisch brisanten Themen hängen an den Wänden (Pelztragen, "Todesfalle AKW"). Plakate zu aussenpolitisch (brisanten) Themen passen deshalb nahtlos in dieses Bild. Angesichts dieses breiten Kommunikationsforums ist nicht erkennbar, inwiefern Plakate oder andere Botschaften zu aussenpolitisch brisanten Themen Polizeigüter oder Grundrechtspositionen Dritter mehr gefährden bzw. beeinträchtigen könnten als innenpolitisch brisante Themen. Insofern stellt ein generelles Verbot für aussenpolitisch brisante Themen auch eine ungeeignete Massnahme (i.S. des Untermassverbots: vgl. TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 153 f.) sowie eine Ungleichbehandlung dar. 3.4.2 Die Beschwerdeführerin macht indessen geltend, dass generelle Verbote von Tabak- oder Alkoholwerbung zulässig seien. Dies müsse somit auch für aussenpolitisch heikle Botschaften gelten. Bei den von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Werbebereichen handelt es sich um wirtschaftliche Tätigkeiten. Sie geniessen den Schutz der Wirtschaftsfreiheit, können aber aus polizeilichen Motiven und zum Schutz von Grundrechten Dritter eingeschränkt werden. Der Gesetzgeber hat die Alkohol- und Tabakwerbung in bestimmten Bereichen beschränkt und entsprechende Verbote erlassen (vgl. Art. 42b AlkG [SR 680]; Art. 60 LMG [SR 817] i.V.m. TabV [SR 817.06]; Art. 10 RTVG [SR 784.40]). Er konnte dabei davon ausgehen, dass in typisierten Lebenslagen regelmässig mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schäden entstehen können, weshalb er einschlägige Werbung als abstrakt gefährlich eingestuft hat. Für aussenpolitische Themen lassen sich solche Gefährdungslagen demgemäss nicht generell abstrakt formulieren, wie die Vorinstanz zutreffend herausgestrichen hat. Bei den von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Werbebereichen handelt es sich um wirtschaftliche Tätigkeiten. Sie geniessen den Schutz der Wirtschaftsfreiheit, können aber aus polizeilichen Motiven und zum Schutz von Grundrechten Dritter eingeschränkt werden. Der Gesetzgeber hat die Alkohol- und Tabakwerbung in bestimmten Bereichen beschränkt und entsprechende Verbote erlassen (vgl. Art. 42b AlkG [SR 680]; Art. 60 LMG [SR 817] i.V.m. TabV [SR 817.06]; Art. 10 RTVG [SR 784.40]). Er konnte dabei davon ausgehen, dass in typisierten Lebenslagen regelmässig mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schäden entstehen können, weshalb er einschlägige Werbung als abstrakt gefährlich eingestuft hat. Für aussenpolitische Themen lassen sich solche Gefährdungslagen demgemäss nicht generell abstrakt formulieren, wie die Vorinstanz zutreffend herausgestrichen hat. 3.5 3.5.1 In Bezug auf das konkrete Plakat ist festzuhalten: Das Plakat hat einen dunklen Hintergrund und ist betitelt mit "61 Jahre Israel - 61 Jahre Unrecht an den Palästinensern". Der Text endet mit "Israel: mit Gewalt errichtet auf dem Boden der Palästinenser" - und etwas abgesetzt - "Unrecht verlangt Widerstand". Unterzeichnet ist der Text mit Palästina-Solidarität, Region Zürich. Mit der letzten Passage (Unrecht verlangt Widerstand) wird zwar eine kämpferische Aussage gemacht, der Text enthält aber weder strafbare Äusserungen noch verstösst er sonst wie gegen Gesetzesvorschriften, namentlich wird darin weder zu Gewalt noch zu sonstigen strafrechtlich relevanten Aktionen aufgerufen; Grundrechtspositionen Dritter werden nicht beeinträchtigt (dazu JÖRG PAUL MÜLLER/MARKUS SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 378 ff., 383 ff.). Das Gleiche gilt auch für das Plakat als solches. Eine weitergehende Überprüfung des Inhalts bzw. des Plakats ist nicht zulässig, anderenfalls sie einer unerlaubten Vorzensur gleichkäme (vgl. KLEY/TOPHINKE, a.a.O., Rz. 27 ad Art. 16 BV). Insofern ist auch unbeachtlich, ob die auf dem Plakat geäusserten Auffassungen und Anliegen der Beschwerdeführerin mehr oder weniger wertvoll erscheinen, insbesondere ob sie dem "Brand" oder der "Corporate Identity bzw. Design SBB" (Ziff. 1.3 Reglement) abträglich sind. 3.5.2 Die Beschwerdeführerin führt keine weiteren stichhaltigen Gründe an, welche einen Präventiveingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit, der nur unter ausserordentlichen restriktiven Bedingungen zulässig wäre, rechtfertigen könnten. Dass einige Passanten - wie die verschiedenen von der Beschwerdeführerin angeführten Online-Kommentare (NZZ und Tagesschau) belegen - die Aussage des strittigen Plakats (teilweise heftig) nicht teilen, berechtigt nicht, ideelle, unter dem Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit stehende Aussagen vom Bahnhofsareal zu verbannen. Insbesondere besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass Grundrechte Dritter gefährdet würden. Im Übrigen geht die Beschwerdeführerin auch nicht davon aus, dass ein in einer am Bahnhof erhältlichen Tageszeitung geschaltetes Inserat nämlichen Inhalts die Zugpassagiere zu Gewalt animieren würde. Unbeachtlich ist schliesslich, dass das Plakat israelkritisch ist; die Beschwerdeführerin wäre unter den aufgeführten Voraussetzungen auch verpflichtet, einen palästinakritischen Aushang zuzulassen. Der Möglichkeit, dass Plakate abgerissen bzw. verschmiert oder Sachen demoliert würden oder gewalttätige Auseinandersetzungen zu befürchten wären, ist mit geeigneten Massnahmen, wie etwa einer erhöhten Präsenz der Bahnpolizei, gebührend Rechnung zu tragen. 4. Die Vorinstanz hat danach zu Recht die Beschwerdeführerin verpflichtet, den Plakataushang des strittigen Plakats zu bewilligen, und die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen. Es werden keine Verfahrenskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Entschädigung zu leisten (Art. 68 i.V.m. Art. 6 des Reglements über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht vom 31. März 2006 [SR 173.110.210.3]). Keine Gerichtskosten sind von der APG, als weitere Beteiligte nach Art. 102 Abs. 1 BGG, zu erheben (vgl. BERNARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2009, N 14 ad Art. 66 LTF). Ihr stehen auch keine Parteientschädigungen zu (vgl. BGE 135 II 384 E. 5.2.2 S. 405).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, und dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 3. Juli 2012 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Errass
421fb338-ff68-4a8a-be0f-fde50a856dc6
fr
2,012
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
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critical
critical-1
Faits: A. X._ (ci-après: l'assurée), physiothérapeute indépendante, a conclu avec Y._ SA (ci-après: l'assureur) un contrat d'assurance complémentaire à l'assurance-maladie sociale lui assurant le paiement d'indemnités journalières en cas d'incapacité de travail due à la maladie ou à un accident. Une nouvelle police d'assurance, remplaçant une police antérieure, valable du 1er janvier 2010 au 31 décembre 2014, prévoit une indemnité journalière de 80% du gain assuré, fixé à 100'000 fr., durant 750 jours, après un délai d'attente de 30 jours. Une radiographie effectuée le 2 mars 2010 a révélé que l'assurée présentait diverses atteintes de la colonne vertébrale, soit plus précisément une discopathie avec cervicarthrose en C5-C6 et C6-C7, une spondylarthrose dorsale moyenne, assez marquée, une discopathie sévère en L4-L5 et en L5-S1, avec des pincements intersomatiques importants et une importante sclérose des plateaux vertébraux. Par un formulaire daté du 15 avril 2010, l'assurée a annoncé à l'assureur qu'elle était en incapacité de travail de 50% dès le 12 avril 2010 pour cause de maladie. Différents médecins ont examiné l'assurée et ont confirmé l'existence des atteintes à la colonne vertébrale, les souffrances qui en résultent et qui empêchent l'assurée de rester assise et debout longtemps, ainsi qu'une incapacité de travail de 50% dans sa profession de physiothérapeute. L'assureur a sollicité une expertise rhumatologique confiée à la clinique A._. L'assurée a été examinée, le 6 juin 2011, par le Dr V._, rhumatologue, lequel a établi son rapport en date du 18 juillet 2011. Selon les constatations de la cour cantonale, le rapport repose sur le dossier médical de l'assurée, sur une anamnèse comportant un volet familial, personnel, socioprofessionnel et médical, sur les plaintes de l'assurée et un examen rhumatologique. L'expert pose des diagnostics précis, ses constatations sont claires et ses conclusions suffisamment motivées. Elles ne sont pas en contradiction avec d'autres éléments du dossier, les autres médecins ne s'étant pas prononcés sur la capacité de travail dans une activité adaptée aux limitations fonctionnelles. L'expert est parvenu à la conclusion que la capacité de travail de l'assurée était de 50% de manière définitive dans son activité habituelle. En effet, d'une part, les efforts déployés avec les membres supérieurs étaient susceptibles de se répercuter sur la colonne cervicale et ceux de traction ou de pression prolongée avec les membres supérieurs étaient à éviter; d'autre part, le travail de physiothérapeute comportait pratiquement toujours des positions en porte-à-faux lombaire, lesquelles étaient associées à des efforts plus ou moins importants des membres supérieurs. En revanche, l'expert a conclu que la capacité de travail de l'assurée, dans une activité adaptée à ses limitations fonctionnelles, était de 100% dès le 6 juin 2011, date de l'examen. Par courrier du 21 juin 2011, l'assureur, rappelant à l'assurée son devoir de diminuer le dommage, l'a sommée de mettre en valeur sa capacité de travail en recherchant un emploi dans une activité adaptée à ses limitations fonctionnelles. Il a précisé qu'il mettrait fin aux versements des indemnités journalières après le 30 septembre 2011. B. Par acte du 24 octobre 2011, l'assurée a ouvert une action en paiement contre l'assureur, réclamant le versement des indemnités journalières jusqu'au mois d'avril 2012 et concluant à ce que sa partie adverse soit condamnée à lui payer la somme de 23'331 fr. avec intérêts moratoires de 5% dès le 15 janvier 2012. Faisant valoir que l'assurée aurait déjà eu des douleurs dorsales à l'époque du dernier questionnaire d'assurance, l'assureur a soutenu que l'assurée aurait donné des indications inexactes et qu'elle aurait fait preuve de réticence, ce qui lui permettait de résilier le contrat et de réclamer le remboursement des prestations déjà servies. A titre reconventionnel, l'assureur a conclu à ce que sa partie adverse soit condamnée à lui payer la somme de 55'562 fr.10 avec intérêts à 5% dès le 7 décembre 2011. Statuant en instance cantonale unique par arrêt du 17 avril 2012, la Chambre des assurances sociales de la Cour de justice de Genève a rejeté la demande reconventionnelle. Comme l'assureur n'a pas recouru au Tribunal fédéral, cette question est définitivement liquidée et il n'y a pas lieu d'y revenir. Quant à la demande principale, la cour cantonale a admis, sur la base de l'art. 61 LCA, que l'on pouvait effectivement attendre de l'assurée qu'elle exerce une activité conforme à son état, l'expertise privée produite par l'assureur étant crédible et convaincante. Elle a considéré cependant, l'assurée ayant exercé pendant longtemps la profession de physiothérapeute, qu'il fallait lui accorder le délai maximum d'adaptation prévu par la jurisprudence, à savoir un délai de cinq mois. Elle a donc conclu que les indemnités journalières étaient dues jusqu'au 30 novembre 2011 et elle a condamné l'assureur à payer encore à la demanderesse la somme de 6'685 fr. avec intérêts à 5% dès le 28 octobre 2011. C. X._ exerce un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre l'arrêt cantonal du 17 avril 2012. Invoquant une violation de l'art. 61 LCA, elle conclut, sous suite de frais et dépens, à la réforme de l'arrêt attaqué en ce sens que la somme qui lui a été allouée doit être remplacée par une condamnation de sa partie adverse à lui payer la somme de 23'331 fr. avec intérêts moratoires à 5% l'an dès le 15 janvier 2012. L'intimée a conclu, avec suite de dépens, à l'irrecevabilité et subsidiairement au rejet du recours.
Considérant en droit: 1. 1.1 Selon l'art. 7 CPC, les cantons peuvent instituer un tribunal qui statue en tant qu'instance cantonale unique sur les litiges portant sur les assurances complémentaires à l'assurance-maladie sociale selon la loi fédérale du 8 mars 1994 sur l'assurance-maladie (LAMal; RS 832.10). Le canton de Genève a fait usage de cette faculté en prévoyant, à l'art. 134 al. 1 let. c de la loi genevoise sur l'organisation judiciaire du 26 septembre 2010 (LOJ; E 2 05), que la Chambre des assurances sociales connaît en instance cantonale unique des contestations relatives aux assurances complémentaires à l'assurance-maladie obligatoire. Avec l'entrée en vigueur du CPC, l'art. 74 al. 2 let. b et l'art. 75 al. 2 let. a LTF ont été modifiés en ce sens que la formule "une loi fédérale prescrit une instance cantonale unique" a été remplacée par la phrase "une loi fédérale prévoit une instance cantonale unique". Il ressort clairement des travaux préparatoires que la volonté du législateur, en adoptant cette modification, était d'englober non seulement les cas où le droit fédéral impose une instance cantonale unique, mais aussi les cas où il permet au droit cantonal de prévoir une instance cantonale unique et que le droit cantonal a fait usage de cette faculté (Procès-verbal de la séance du 3 avril 2008 de la Commission des affaires juridiques du Conseil national, p. 9; cf. arrêts 4A_595/2011 du 17 février 2012 consid. 1.1; 4A_445/2010 du 1er décembre 2010 consid. 1.1; 4A_412/2010 du 27 septembre 2010 consid. 1.2.3). Il résulte donc de l'art. 7 CPC que l'on se trouve en présence d'un cas où, selon la nouvelle formulation de la LTF, une loi fédérale prévoit une instance cantonale unique. En conséquence, la cour cantonale a valablement statué en instance unique (art. 75 al. 2 let. a LTF) et le recours est recevable sans égard à la valeur litigieuse (art. 74 al. 2 let. b LTF). L'argumentation de l'intimée tendant à l'irrecevabilité du recours doit donc être rejetée. 1.2 Formé par la partie qui a succombé partiellement dans ses conclusions en paiement et qui a donc qualité pour recourir (art. 76 al. 1 LTF), dirigé contre un arrêt final (art. 90 LTF) rendu en matière civile (art. 72 al. 1 LTF; cf. infra consid. 2.1), le recours est recevable, puisqu'il a été déposé dans le délai (art. 45 al. 1, 48 al. 1 et 100 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi. 1.3 Le recours peut être interjeté pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF. Il peut donc être formé pour violation d'une norme de droit fédéral comme l'art. 61 LCA (art. 95 let. a LTF). Le Tribunal fédéral applique d'office le droit dont il peut contrôler le respect (art. 106 al. 1 LTF). Il n'est donc limité ni par les arguments soulevés dans le recours, ni par la motivation retenue par l'autorité précédente; il peut admettre un recours pour un autre motif que ceux qui ont été invoqués et il peut rejeter un recours en adoptant une argumentation différente de celle de l'autorité précédente (ATF 137 II 313 consid. 4 p. 317 s.; 135 III 397 consid. 1.4 p. 400). Compte tenu de l'exigence de motivation contenue à l'art. 42 al. 1 et 2 LTF, sous peine d'irrecevabilité (art. 108 al. 1 let. b LTF), le Tribunal fédéral n'examine en principe que les griefs invoqués; il n'est pas tenu de traiter, comme le ferait une autorité de première instance, toutes les questions juridiques qui se posent, lorsque celles-ci ne sont plus discutées devant lui (ATF 137 III 580 consid. 1.3 p. 584; 135 II 384 consid. 2.2.1 p. 389; 135 III 397 consid. 1.4 p. 400). Par exception à la règle selon laquelle il applique le droit d'office, le Tribunal fédéral ne peut entrer en matière sur la violation d'un droit constitutionnel ou sur une question relevant du droit cantonal ou intercantonal que si le grief a été invoqué et motivé de manière précise par la partie recourante (art. 106 al. 2 LTF). 1.4 Le Tribunal fédéral conduit son raisonnement juridique sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). Il ne peut s'en écarter que si les faits ont été établis de façon manifestement inexacte - ce qui correspond à la notion d'arbitraire (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62; 137 II 353 consid. 5.1 p. 356) - ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). La partie recourante qui entend s'écarter des constatations de l'autorité précédente doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées, faute de quoi il n'est pas possible de tenir compte d'un état de fait qui diverge de celui contenu dans la décision attaquée (ATF 137 II 353 consid. 5.1 p. 356; 136 I 184 consid. 1.2 p. 187). La partie recourante qui se plaint d'arbitraire dans l'appréciation des preuves et l'établissement des faits doit présenter une motivation répondant aux exigences strictes de l'art. 106 al. 2 LTF (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62). Une rectification de l'état de fait ne peut être demandée que si elle est de nature à influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). Aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut être présenté à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente (art. 99 al. 1 LTF). En l'espèce, les deux parties adoptent expressément l'état de fait figurant dans la décision attaquée et, dès lors que l'on ne voit pas en quoi celui-ci aurait été établi arbitrairement, il n'y a pas lieu de s'en écarter. 1.5 Le Tribunal fédéral ne peut aller au-delà des conclusions des parties (art. 107 al. 1 LTF). Toute conclusion nouvelle est irrecevable (art. 99 al. 1 LTF). Si le Tribunal fédéral admet le recours, il statue lui-même sur le fond ou renvoie l'affaire à l'autorité précédente pour qu'elle prenne une nouvelle décision (art. 107 al. 2 LTF). 2. 2.1 Il ressort des constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral (art. 105 al. 1 LTF) - que la recourante est au bénéfice d'un contrat d'assurance conclu avec l'intimée, qui oblige cette dernière, à certaines conditions, à verser à la recourante des indemnités journalières en cas de perte de gain causée par la maladie. Dans le domaine de l'assurance couvrant le risque de perte de gain en cas de maladie, les parties peuvent librement choisir soit de conclure une assurance sociale d'indemnités journalières régie par les art. 67 à 77 LAMal, soit de conclure une assurance d'indemnités journalières soumise à la loi fédérale du 2 avril 1908 sur le contrat d'assurance (LCA; RS 221.229.1) (arrêt 4A_595/2011 du 17 février 2012 consid. 2.1; 4A_373/2010 du 10 novembre 2010 consid. 2.1). En l'occurrence, il ressort des constatations cantonales que le contrat conclu prévoit expressément qu'il est soumis à la LCA. Il s'agit donc d'une assurance complémentaire à l'assurance sociale relevant du droit privé (art. 12 al. 2 et 3 LAMal; ATF 133 III 439 consid. 2.1 p. 441 s.). 2.2 L'art. 61 LCA dispose que lors du sinistre, l'ayant droit est obligé de faire tout ce qui est possible pour restreindre le dommage; s'il n'y a pas péril en la demeure, il doit requérir les instructions de l'assureur sur les mesures à prendre et s'y conformer (al. 1); si l'ayant droit contrevient à cette obligation d'une manière inexcusable, l'assureur peut réduire l'indemnité au montant auquel elle serait ramenée si l'obligation avait été remplie (al. 2). Il a été jugé que l'art. 61 LCA, bien qu'il figure parmi les dispositions spéciales relatives à l'assurance contre les dommages, exprime un principe général du droit des assurances, qui s'applique également à l'assurance des personnes et aux assurances de sommes, notamment à l'assurance d'indemnités journalières (ATF 133 III 527 consid. 3.2.1 p. 531; 128 III 34 consid. 3b p. 36; arrêt 5C.18/2006 du 18 octobre 2006 consid. 7.1 publié in SJ 2007 I p. 238). Il n'y a pas lieu de s'écarter de cette jurisprudence constante. Dès lors que l'assurance d'espèce est soumise à la LCA, il faut donc appliquer le principe contenu à l'art. 61 LCA et l'argumentation de la recourante, fondée sur le fait qu'il s'agit d'une assurance de sommes, doit être rejetée. 2.3 L'obligation de réduire le dommage découlant de l'art. 61 LCA peut impliquer, dans le domaine de l'assurance des indemnités journalières, l'obligation pour l'assuré de changer d'activité professionnelle, si cela peut raisonnablement être exigé de lui (ATF 133 III 527 consid. 3.2.1 p. 531 et les arrêts cités). L'assureur qui entend faire application de l'art. 61 al. 2 LCA doit inviter l'assuré à changer d'activité et lui impartir pour cela un délai d'adaptation approprié pour s'accommoder aux nouvelles conditions ainsi que pour trouver un emploi; en règle générale, un délai de trois à cinq mois doit être considéré comme adéquat (ATF 133 III 527 consid. 3.2.1 p. 531 et les arrêts cités; cf. aussi: arrêt 5C.74/2002 du 7 mai 2002 consid. 3a et c). Il incombe à l'assureur, qui n'entend pas indemniser la totalité du dommage subi par l'assuré, de prouver que celui-ci a violé son devoir de réduire le dommage (cf. art. 8 CC; PETER DIENER, Verminderung von Gefahr und Schaden im Versicherungsvertragsverhältnis, 1970, p. 106). A cet égard, il lui appartient de démontrer que les mesures tendant à diminuer le dommage qui n'ont pas été prises par l'assuré pouvaient raisonnablement être exigées de celui-ci (HÖNGER/SÜSSKIND, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, 2001, no 30 ad art. 61 LCA; DIENER, op. cit., p. 106). 2.4 En l'espèce, la cour cantonale a considéré que l'expertise privée produite par l'assureur était convaincante. Elle a retenu - conformément à l'opinion de l'expert - que la recourante pourrait recouvrer une capacité de travail de 100% si elle exerçait une activité adaptée à son état. Elle a alors estimé qu'on pouvait attendre de l'assurée qu'elle change d'activité professionnelle et lui a accordé pour cela un délai d'adaptation de cinq mois. Force est de constater que l'expert, dans la limite du mandat qui lui a été confié, se borne à affirmer que, d'un point de vue médico-théorique, l'assurée pourrait retrouver une capacité de travail de 100% si elle exerçait une activité adaptée à son état. L'expertise ne donne par contre aucune indication sur les chances concrètes de l'assurée de pouvoir exercer une telle activité. Or, l'art. 61 al. 2 LCA ne permet pas à l'assureur de réduire ses prestations dans la perspective d'un changement d'activité purement théorique, qui n'est concrètement pas réalisable. Le juge doit procéder à une analyse concrète de la situation. Il doit se demander, en fonction de l'âge de l'assurée et de l'état du marché du travail, quels sont ses chances réelles de trouver un emploi qui tient compte de ses limitations fonctionnelles. Il doit également examiner en fonction de la formation, de l'expérience et de l'âge de l'assurée, si un tel changement d'activité peut réellement être exigé d'elle. La réduction de l'indemnité est en outre exclue s'il n'est en réalité pas possible de réduire le dommage par un changement d'activité professionnelle, une personne raisonnable - non couverte par une assurance - placée dans la même situation n'envisageant à l'évidence pas de changer d'activité dans ces conditions (sur le critère cf. arrêt 5C.74/2002 déjà cité consid. 3c; HÖNGER/SÜSSKIND, op. cit., no 15 ad art. 61 LCA; ALFRED MAURER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3e éd. 1995, p. 344 et les références). Un tel changement ne peut dès lors être raisonnablement imposé à l'assurée qu'à la condition que celle-ci puisse réaliser, dans une activité à plein temps adaptée à sa situation, un revenu supérieur à celui acquis dans l'exercice de son activité actuelle à 50%. En l'occurrence, ni le rapport d'expertise, ni l'arrêt cantonal ne disent mot de la profession qui, en fonction des critères évoqués ci-dessus, pourrait raisonnablement être exigée de l'assurée, de même que des possibilités de gain que cette nouvelle activité offrirait à celle-ci. A considérer qu'un changement professionnel puisse être exigé, aucune constatation ne permet en outre de déterminer le délai d'adaptation (qui permettrait de réaliser une formation complémentaire, voire une reconversion professionnelle) qui devrait être accordé à l'assurée. Dans ces circonstances, il n'était pas admissible d'admettre la réduction plaidée par l'assureur en se fondant exclusivement sur l'analyse médico-théorique contenue dans le rapport d'expertise. La cour cantonale a ainsi transgressé l'art. 61 al. 2 LCA. Les constatations de fait sont insuffisantes pour que la Cour de céans puisse se prononcer à la place de l'autorité précédente. Il y a donc lieu de lui renvoyer la cause pour qu'elle prenne une nouvelle décision (art. 107 al. 2 LTF). 3. En conclusion, il y a lieu d'admettre le recours, d'annuler l'arrêt attaqué et de renvoyer l'affaire à l'autorité cantonale qui devra compléter l'état de fait avant de déterminer, sur la base des critères mentionnés plus haut, si un changement d'activité pouvait raisonnablement être exigé de l'assurée. Les frais judiciaires et les dépens sont mis à la charge de l'intimée qui succombe (art. 66 al. 1 et 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est admis. L'arrêt attaqué est annulé et la cause est renvoyée à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 2'000 fr., sont mis à la charge de l'intimée. 3. L'intimée versera à la recourante une indemnité de 2'500 fr. à titre de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Cour de justice de la République et canton de Genève, Chambre des assurances sociales. Lausanne, le 14 novembre 2012 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Klett Le Greffier: Piaget
424eb7bb-c965-4f44-aa88-8f324d837336
de
2,009
CH_BGer_001
Federation
null
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 30. März 2009 ersuchten die italienischen Behörden die Schweiz und andere an das Schengener Informationssystem angeschlossene Staaten um die Inhaftierung des italienischen Staatsangehörigen X._ (geb. 1973) zwecks Auslieferung; dies gestützt auf den Haftbefehl des Tribunale di Catania vom 2. Februar 2009 wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation und Drogenhandels. X._ wird vorgeworfen, bis Ende September 2005 regelmässig erhebliche Mengen Haschisch und Kokain von Basel nach Catania geliefert zu haben. Die Drogen seien in Autobussen versteckt transportiert worden. Ebenso habe er für den Anbau von Marihuana notwendige Gegenstände (Saatgut, Halogenlampen etc.) nach Catania gesandt. Er sei einer der wichtigsten Lieferanten von Drogen aus dem Kreis einer Gruppe mit internationalen Verbindungen gewesen. Am 1. April 2009 teilten die schweizerischen Behörden den italienischen mit, X._ wohne in der Schweiz, und baten um Übermittlung des formellen Auslieferungsersuchens. Am 9. Juni 2009 ersuchte die italienische Botschaft in Bern formell um die Auslieferung von X._ für die ihm im Haftbefehl des Tribunale di Catania zur Last gelegten Straftaten. Am 14. Juli 2009 erliess das Bundesamt für Justiz einen Auslieferungshaftbefehl. Am 21. Juli 2009 wurde X._ in der Schweiz festgenommen und in Auslieferungshaft versetzt. Mit der vereinfachten Auslieferung erklärte er sich nicht einverstanden. Die von X._ gegen den Auslieferungshaftbefehl erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht (II. Beschwerdekammer) am 19. August 2009 ab. Es befand, es bestehe Fluchtgefahr. Ausführungen zur Kollusionsgefahr erübrigten sich damit. Die Fluchtgefahr könne durch Ersatzmassnahmen nicht hinreichend gebannt werden. B. X._ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der Entscheid des Bundesstrafgerichts und der Auslieferungshaftbefehl seien aufzuheben und der Beschwerdeführer, eventualiter unter Anordnung geeigneter Ersatzmassnahmen, umgehend aus der Auslieferungshaft zu entlassen. C. Das Bundesstrafgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Das Bundesamt für Justiz hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Es hält dafür, es fehle an der Eintretensvoraussetzung des besonders bedeutenden Falles nach Art. 84 BGG. X._ hat eine Replik eingereicht. Er hält an seinem Antrag fest.
Erwägungen: 1. 1.1 Gemäss Art. 93 Abs. 2 BGG sind auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar. Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide unter anderem über die Auslieferungshaft, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind. Gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Ein solcher Nachteil ist hier zu bejahen, da auch mit einem für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid - der Ablehnung der Auslieferung - der von ihm aufgrund der Auslieferungshaft erlittene Freiheitsentzug nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. 1.2 Auch gegen einen Zwischenentscheid ist die Beschwerde nur zulässig, wenn ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 Abs. 1 BGG gegeben ist (BGE 133 IV 215 E. 1.2 S. 217; Urteil 1C_518/2008 vom 22. Dezember 2008 E. 1.1. f.). Gemäss Art. 84 Abs. 2 BGG liegt ein besonders bedeutender Fall insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Wie sich aus dem Wort "insbesondere" ergibt, umschreibt Art. 84 Abs. 2 BGG die Voraussetzungen des besonders bedeutenden Falles nicht abschliessend. Ein solcher Fall kann auch angenommen werden, wenn sich eine rechtliche Grundsatzfrage stellt (BGE 133 IV 215 E. 1.2 S. 218 mit Hinweis). So verhält es sich hier. Wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, stellt sich die Frage, ob - was die Vorinstanz verneint - das "Electronic Monitoring" als Ersatzmassnahme für die Auslieferungshaft in Betracht kommt. Dazu hat sich das Bundesgericht bisher nicht näher geäussert. Ist hier demnach eine rechtliche Grundsatzfrage zu beantworten, ist der vorliegende Fall als besonders bedeutend im Sinne von Art. 84 BGG einzustufen. 1.3 Da die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen ebenfalls erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. 2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, es bestehe keine Fluchtgefahr. 2.2 Gemäss Art. 47 Abs. 1 IRSG (SR 351.1) erlässt das Bundesamt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet (lit. a). Nach der Rechtsprechung bildet die Verhaftung des Verfolgten während des Auslieferungsverfahrens die Regel. Seine Freilassung kommt nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen in Betracht. Damit wird gewährleistet, dass die Schweiz ihrer staatsvertraglichen Pflicht nachkommen kann, den Verfolgten dem ersuchenden Staat zu übergeben, wenn die Auslieferung bewilligt wird (Art. 1 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 [EAUe; SR 0.353.1]). Bei der Auslieferungshaft gelten für die Freilassung strengere Voraussetzungen als bei der Untersuchungshaft (BGE 130 II 306 E. 2.2 S. 309 f.; 117 IV 359 E. 2a S. 362; 111 IV 108 E. 2 S. 109 f.; mit Hinweisen). In der Praxis werden die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Freilassung des Verfolgten aus der Auslieferungshaft selten bejaht (BGE 130 II 306 E. 2.4 f. S. 311 f. mit Hinweisen). Im Urteil 8G.45/2001 vom 15. August 2001 bejahte das Bundesgericht Fluchtgefahr bei einem Verfolgten, der seit 18 Jahren in der Schweiz lebte, über die Niederlassungsbewilligung verfügte, mit einer Schweizerin verheiratet war und mit ihr zwei Söhne im Alter von 3 und 8 Jahren hatte, welche beide Schweizer Bürger waren und hier zur Schule gingen. Für das Bundesgericht ausschlaggebend war insbesondere die Schwere der Tatvorwürfe und der Umstand, dass der Verfolgte deshalb mit einer langen Freiheitsstrafe im ersuchenden Staat rechnen musste. Den Einwand, der Verfolgte sei über die gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe schon lange im Bild gewesen, erachtete das Bundesgericht nicht als entscheidend, da sich erst mit dem Auslieferungshaftbefehl die Tatvorwürfe konkretisiert hatten und damit auch die Möglichkeit der Auslieferung (E. 3a). Ähnlich lag der Fall, über den das Bundesgericht im Urteil 8G.49/2002 vom 24. Mai 2002 zu befinden hatte. Auch dort bejahte es die Fluchtgefahr. Es erwog, diese werde noch erhöht wegen des vergleichsweise jungen Alters des Verfolgten von 30 Jahren und seines guten Gesundheitszustandes. Den Umstand, dass der Verfolgte vom im ersuchenden Staat geführten Strafverfahren bereits Kenntnis hatte, erachtete das Bundesgericht wiederum als unerheblich (E. 3b). 2.3 Die italienischen Behörden werfen dem Beschwerdeführer einen umfangreichen Handel auch mit harten Drogen vor. Er muss damit im Falle eines Schuldspruchs mit einer langen Freiheitsstrafe rechnen. Das italienische Gesetz droht für die ihm zur Last gelegten Taten eine Strafe bis zu 30 Jahren an. Der Beschwerdeführer ist mit 36 Jahren zudem noch vergleichsweise jung, was eine Flucht eher als wahrscheinlich erscheinen lässt als bei jemandem in fortgeschrittenem Alter. Mit Blick darauf durfte die Vorinstanz im Lichte der angeführten restriktiven Rechtsprechung - insbesondere der Urteile 8G.45/2001 vom 15. August 2001 und 8G.49/2002 vom 24. Mai 2002 - die Fluchtgefahr bejahen, auch wenn der Beschwerdeführer seit 1997 in der Schweiz wohnt, die Niederlassungsbewilligung besitzt, seit 10 Jahren mit einer Schweizerin verheiratet ist, mit ihr zwei gemeinsame Söhne im Alter von 2 und 9 Jahren sowie hier eine Arbeitsstelle hat. Nicht zu beanstanden ist es ebenso, wenn die Vorinstanz den Einwand, der Beschwerdeführer habe schon seit Langem vom gegen ihn geführten Verfahren gewusst, als nicht entscheidend beurteilt hat. Es kann dazu wiederum auf die dargelegte Rechtsprechung verwiesen werden. Erst mit dem Auslieferungshaftbefehl haben sich die Tatvorwürfe und damit die Möglichkeit der Auslieferung konkretisiert. Dass hier hinreichende Gründe für die Aufrechterhaltung von Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr allenfalls zu verneinen wären, spielt keine Rolle, da nach dem Gesagten für die Freilassung aus der Auslieferungshaft strengere Voraussetzungen gelten. 3. 3.1 Die Fluchtgefahr ist mit Blick auf die dargelegten Bindungen des Beschwerdeführers an die Schweiz allerdings nicht derart ausgeprägt, dass - wie das Bundesgericht dies etwa im Urteil 1A.170/1997 vom 10. Juni 1997 (E. 3d, in: Pra. 2000 Nr. 94 S. 566) annahm - von vornherein nicht mehr erörtert werden müsste, ob sie nicht allenfalls mit Ersatzmassnahmen gebannt werden könnte. Das Bundesgericht hat in mehreren Fällen die Freilassung des Verfolgten aus der Auslieferungshaft unter Anordnung von Ersatzmassnahmen verfügt (Urteile 8G.66/2000 vom 5. Dezember 2000 [Kaution von 1 Million Franken, Schriftensperre und Meldepflicht]; G.69/1996 vom 8. August 1996 [Kaution von Fr. 25'000.--, Schriftensperre und Meldepflicht]; 1A.41/1995 vom 20. Februar 1995 [Schriftensperre und Meldepflicht] und G.55/1993 vom 22. Oktober 1993 [Kaution von Fr. 300'000.--, Schriftensperre und Meldepflicht]). Im Fall, der dem Urteil 8G.66/2000 vom 5. Dezember 2000 zugrunde lag, ergriff der Verfolgte dann aber trotz der hohen Kaution von 1 Million Franken die Flucht (vgl. Urteil 1A.106/2001 vom 21. August 2001). 3.2 Die Vorinstanz erachtet im vorliegenden Fall Ersatzmassnahmen für die Bannung der Fluchtgefahr als nicht ausreichend. Sie erwägt, der Beschwerdeführer habe seine finanziellen Verhältnisse nicht hinreichend dargetan und belegt. Ausserdem könne aufgrund des Tatverdachts auf umfangreichen Drogenhandel nicht ausgeschlossen werden, dass er über zusätzliche, geheimgehaltene finanzielle Mittel verfüge. Eine Haftentlassung gegen Leistung einer Kaution könne bereits aus diesem Grund nicht in Erwägung gezogen werden. Andere Ersatzmassnahmen wie die Hinterlegung von Ausweisdokumenten oder eine Meldepflicht genügten ohne ausreichend hohe, den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers angemessene Kaution ohnehin nicht. Die vom Beschwerdeführer sodann angesprochene elektronische Überwachung ("Electronic Monitoring") sei in einzelnen Kantonen versuchsweise als Form des Strafvollzugs eingeführt worden. Von einer gesamtschweizerischen Einführung sei bisher jedoch abgesehen worden. Im Rahmen der Auslieferungshaft sei die elektronische Überwachung derzeit nicht vorgesehen und komme daher de lege lata als Massnahme zur Hemmung der Fluchtgefahr ebenfalls nicht in Betracht (E. 4.4). 3.3 Der Beschwerdeführer wendet ein, die elektronische Überwachung sei als Ersatzmassnahme zur Auslieferungshaft möglich. Die Auslieferungshaft stelle einen unverhältnismässigen und damit verfassungswidrigen Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit nach Art. 10 Abs. 2 BV dar. 3.4 Gemäss Art. 387 Abs. 4 lit. a StGB kann der Bundesrat versuchsweise und für beschränkte Zeit neue Strafen und Massnahmen sowie neue Vollzugsformen einführen oder gestatten (so bereits aArt. 397bis Abs. 4 StGB). Gestützt darauf bewilligte der Bundesrat verschiedenen Kantonen insbesondere, Freiheitsstrafen von 20 Tagen bis zu einem Jahr in der Form des elektronisch überwachten Vollzugs ausserhalb der Vollzugseinrichtung zu vollziehen. Mit Beschluss vom 14. Dezember 2007 verlängerte der Bundesrat die Bewilligungen bis zum 31. Dezember 2009 (BBl 2008 179). Die Versuche werden seit 1999 in den Kantonen Bern, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Tessin, Waadt und Genf seit 2003 auch im Kanton Solothurn durchgeführt (Bundesamt für Justiz, Sektion Strafrecht, Elektronisch überwachter Strafvollzug: Ein Überblick, Bericht vom Februar 2007, S. 1). Das "Electronic Monitoring" sieht auch die voraussichtlich im Jahr 2011 in Kraft tretende Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; BBl 2007 6977 ff.) vor. Gemäss Art. 237 StPO ordnet das zuständige Gericht anstelle der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Abs. 1). Als Ersatzmassnahme kommt namentlich die Auflage an den Beschuldigten in Betracht, sich nur an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Haus aufzuhalten (Abs. 2 lit. c). Das Gericht kann zur Überwachung von Ersatzmassnahmen den Einsatz technischer Geräte und deren feste Verbindung mit der zu überwachenden Person anordnen (Abs. 3). Der Kanton Basel-Landschaft, wo der Beschwerdeführer inhaftiert ist und seinen Wohnsitz hat, bezeichnet in § 79 Abs. 3 seiner Strafprozessordnung vom 3. Juni 1999 (StPO/BL; SGS Nr. 251) im Zusammenhang mit den Ersatzmassnahmen zur Untersuchungshaft den Einsatz technischer Überwachungsgeräte einschliesslich deren feste Verbindung mit der zu überwachenden Person bereits heute ausdrücklich als zulässig. Die Einhaltung von Hausarrest wird in der Schweiz mittels Überwachungsgeräten der ersten Technologie-Generation kontrolliert, welche nach dem sog. Aktivsystem funktionieren (JONAS PETER WEBER, Der elektronisch überwachte Hausarrest und seine versuchsweise Einführung in der Schweiz, 2004, S. 210). Dabei trägt der Überwachte einen plombierten Sender (Transmitter). Dieser Sender gibt Signale an ein Empfangsgerät (Receiver) ab, welches sich in der Wohnung des Überwachten befindet und die Signale über die Telefonleitung an den Computer der Überwachungszentrale weitergibt. In der Zentrale werden die eingegangenen Daten vom Computer mit den programmierten Soll-Daten des Überwachten verglichen. Befindet sich der Überwachte nicht zu Hause, obwohl er dort sein müsste, löst der Computer der Überwachungszentrale bei der zuständigen Behörde - der Bewährungshilfe, der Polizei oder einem besonderen Sicherheitsdienst - Alarm aus. Der Sender wird in der Regel mit einem Plastikband oberhalb des Fussgelenks am Bein oder über dem Handgelenk am Arm des Überwachten befestigt. Entsprechend spricht man von elektronischer Fussfessel oder elektronischem Armband. Damit der Überwachte den Sender nicht unbemerkt entfernen kann, ist im Plastikband meist ein Stromkreis eingebaut, dessen Durchtrennung eine Alarmmeldung an die Überwachungszentrale auslöst (WEBER, a.a.O., S. 21). 3.5 Ist der Verfolgte nicht hafterstehungsfähig oder rechtfertigen es andere Gründe, so kann das Bundesamt gemäss Art. 47 Abs. 2 IRSG anstelle der Haft andere Massnahmen zu seiner Sicherung anordnen. Diese Bestimmung bildet die Grundlage für die Anordnung milderer Ersatzmassnahmen anstelle der Auslieferungshaft (BGE 117 IV 359 E. 1a S. 360; Urteile 1A.170/1997 vom 10. Juni 1997 E. 3d, in: Pra. 2000 Nr. 94 S. 566; G.69/1996 vom 8. August 1996 E. 8b). Sie spricht in der Mehrzahl von "anderen Massnahmen" und ist offen formuliert, enthält also keine abschliessende Aufzählung in Betracht kommender Ersatzmassnahmen. Gemäss Art. 50 Abs. 4 IRSG gelten im Übrigen für die Haftentlassung sinngemäss Art. 53-60 BStP (SR 312.0). Diese Bestimmungen regeln ausschliesslich die Kaution. Nach der Rechtsprechung sind gleichwohl weitere Ersatzmassnahmen möglich, auch wenn dafür keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage besteht. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit (BGE 133 I 27 E. 3.2 S. 29 f. mit Hinweisen). Dieser Grundsatz ist auch bei der Auslieferungshaft zu berücksichtigen. Diese stellt wie die Untersuchungshaft einen Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit nach Art. 10 Abs. 2 BV dar. Gemäss Art. 36 Abs. 3 BV müssen Einschränkungen von Grundrechten verhältnismässig sein. Kann der Zweck der Auslieferungshaft durch weniger einschneidende Massnahmen erreicht werden, ist die Haft unverhältnismässig und damit verfassungswidrig. Lässt demnach das Rechtshilfegesetz Raum für die Anordnung des "Electronic Monitoring" als Ersatzmassnahme zur Auslieferungshaft und ist der Einsatz einer milderen Ersatzmassnahme verfassungsrechtlich geboten, sofern damit der Zweck der Auslieferungshaft ebenso erreicht werden kann, ist die Auffassung der Vorinstanz abzulehnen, das "Electronic Monitoring" komme de lege lata nicht in Frage, weil es im Auslieferungsrecht nicht vorgesehen sei. Dass das "Electronic Monitoring" weder im Rechtshilfe- noch im Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege ausdrücklich erwähnt wird, überrascht im Übrigen nicht, da man es bei Erlass dieser Gesetze noch nicht kannte. Gemäss Art. 49 Abs. 1 IRSG ist der Vollzug der Verfügungen nach Art. 47 IRSG - also unter anderem von Ersatzmassnahmen nach Art. 47 Abs. 2 IRSG - Sache der kantonalen Behörden, hier des Kantons Basel-Landschaft. Dieser praktiziert - wie dargelegt - das "Electronic Monitoring" seit 10 Jahren im Rahmen der Versuche im Bereich des Strafvollzugs. Ausserdem sieht er das "Electronic Monitoring" als Ersatzmassnahme für Untersuchungshaft in seiner Strafprozessordnung ebenfalls seit 10 Jahren vor. Die notwendigen technischen Einrichtungen und das entsprechende Fachwissen sind dort also vorhanden. 3.6 Die vorliegende Sache ist schon deshalb nicht spruchreif, weil sich die Vorinstanz nicht dazu geäussert hat, ob Kollusionsgefahr gegeben sei. Die Angelegenheit wird in Anwendung von Art. 107 Abs. 2 BGG an die Vorinstanz zurückgewiesen. Diese wird nochmals dazu Stellung zu nehmen haben, ob die Fluchtgefahr mit Ersatzmassnahmen hinreichend gebannt werden kann. Dabei wird sie davon auszugehen haben, dass das "Electronic Monitoring" als Ersatzmassnahme in Betracht kommt. Sollte die Vorinstanz zum Schluss kommen, Ersatzmassnahmen reichten insoweit aus, führte dies noch nicht zur Haftentlassung. Gemäss Art. 47 Abs. 1 lit. a IRSG kann von der Auslieferungshaft abgesehen werden, wenn der Verfolgte voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ gegeben sein (BGE 130 II 306 E. 2.3.1 S. 310; 111 IV 108 E. 3b S. 111). Die Haftentlassung käme somit nur in Frage, wenn keine Kollusionsgefahr bestünde bzw. diese durch mildere Ersatzmassnahmen gebannt werden könnte. 4. Der Beschwerdeführer unterliegt teilweise. Da er seit bald 3 Monaten inhaftiert ist und sich offenbar schon vor seiner Festnahme in angespannten finanziellen Verhältnissen befand, rechtfertigt es sich jedoch, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Die Eidgenossenschaft hat dem Beschwerdeführer wegen dessen teilweisen Obsiegens eine reduzierte Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, der Entscheid des Bundesstrafgerichts vom 19. August 2009 aufgehoben und die Sache an dieses zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Die Eidgenossenschaft (Bundesamt für Justiz) hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen. 4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz und dem Bundesstrafgericht, II. Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 13. Oktober 2009 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Härri
427308e2-487a-4345-b8c8-c72dd7a5860c
it
2,007
CH_BGer_008
Federation
null
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social_law
nan
critical
critical-1
Fatti: A. C._, nato nel 1923, vedovo, è domiciliato nel Comune di X._. Dal mese di maggio 2004 è collocato presso la casa di cura per anziani O._ a G._. Egli è titolare di una rendita di vecchiaia nonché di un assegno per grandi invalidi dell'AVS. Beneficia inoltre di una prestazione complementare alla rendita AVS. C._ è padre di due figli, M._, nata nel 1964, domiciliata a I._, e A._, nato nel 1968, domiciliato a Y._. La prestazione complementare, ammontante a fr. 263.- mensili, è calcolata in funzione, segnatamente, di una sostanza di fr. 105'195.-. Quest'ultima è composta di un importo (ipotetico) di fr. 104'198.-, computato a titolo di sostanza ceduta ai figli nel 1997, e di un deposito di risparmio di fr. 997.-. Dedotta la franchigia di fr. 25'000.-, si giunge ad una sostanza netta di fr. 80'195.-. La stessa è considerata nella misura di un quinto, pari a fr. 16'039.-, per il reddito determinante. In data 29 aprile 2005, C._, tramite il Servizio sociale M._, ha presentato al Comune di X._ una domanda di assistenza pubblica, poi confermata e precisata il 19 aprile 2006. La domanda era volta all'assunzione, da parte del Comune, di un contributo mensile di fr. 1'284.- per le spese di soggiorno non coperte presso l'istituto O._. Tale importo corrispondeva alla differenza fra il fabbisogno (fr. 4'133.-) e i redditi (fr. 2'849.-).
Con decisione del 12 luglio 2006 il Comune ha respinto la richiesta, considerando innanzitutto che i redditi imponibili dei figli dell'istante, vale a dire fr. 58'000.- per M._ e fr. 23'500.- per A._, non fossero tali, a quel momento, da giustificare un obbligo di assistenza fondato sul diritto di famiglia. Esso però, fondandosi sulla decisione relativa alle prestazioni complementari, ha constatato che il richiedente aveva ceduto sostanza per un importo di fr. 105'195.- (recte: fr. 104'198.-). Senza questa cessione, la prestazione complementare sarebbe ammontata a fr. 1'555.- mensili. Tenuto conto della sostanza ceduta, l'importo mensile dei redditi superava di fr. 95.- quello delle spese, secondo il calcolo seguente: Redditi: a. rendita AVS fr. 1'726.- b. assegno per grandi invalidi fr. 860.- c. prestazione complementare fr. 263.- d. rinuncia alla sostanza fr. 1'336.- (fr. 16'039.- : 12) e. interessi su fr. 1'336.- fr. 43.- totale fr. 4'228.- Spese: a. premio assicurazione-malattia fr. 228.- b. Importo forfettario per persona collocata fr. 255.- c. spese di ricovero fr. 3'650.- totale fr. 4'133.- B. Per giudizio del 16 gennaio 2007 il Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni ha respinto il ricorso contro questa decisione di C._, patrocinato dall'avv. Paola Bottinelli Raveglia. C. Sempre tramite l'avv. Bottinelli Raveglia, C._ ha interposto un ricorso in materia di diritto pubblico al Tribunale federale, al quale chiede di accogliere la sua domanda e di condannare il Comune di X._ al versamento della somma di fr. 1'284.- mensili dal 1° febbraio 2006, oltre interessi del 5% a partire dall'inoltro della domanda. Subordinatamente, postula il rinvio della causa all'istanza precedente per nuova pronuncia. Il Comune di X._ ha proposto la reiezione del gravame. Diritto: 1. 1.1 Essendo la decisione impugnata stata pronunciata dopo l'entrata in vigore, il 1° gennaio 2007 (RU 2006 1241), della legge sul Tribunale federale (LTF; RS 173.110), il ricorso è disciplinato dal nuovo diritto (art. 132 cpv. 1 LTF). 1.2 Interposto da una parte particolarmente toccata dalla decisione e avente un interesse degno di protezione al suo annullamento o alla sua modifica (art. 89 cpv. 1 LTF), il ricorso, diretto contro una decisione finale (art. 90 LTF) pronunciata in una causa di diritto pubblico (art. 82 lett. a LTF) da un'autorità cantonale di ultima istanza (art. 86 cpv. 1 lett. d LTF), è di principio ricevibile essendo stato depositato entro il termine (art. 100 cpv. 1 LTF) e nella forma (art. 42 LTF) di legge senza che si realizzi un'eccezione ai sensi dell'art. 83 LTF. 1.3 Il ricorso può essere presentato per violazione del diritto, conformemente a quanto stabilito dagli art. 95 e 96 LTF. Il Tribunale federale applica d'ufficio il diritto (art. 106 cpv. 1 LTF). Esso non è vincolato né dagli argomenti sollevati nel ricorso né dai motivi addotti dall'autorità inferiore; può dunque accogliere un ricorso per motivi diversi da quelli invocati dalla parte insorgente e respingerlo adottando un'argomentazione differente da quella esposta nel giudizio impugnato (v. DTF 133 II 249 consid. 1.4.1 pag. 254 con riferimenti). Tenuto conto dell'esigenza di motivazione di cui all'art. 42 cpv. 1 e 2 LTF, sotto pena d'inammissibilità (art. 108 cpv. 1 lett. b LTF), il Tribunale federale esamina in linea di principio solo le censure sollevate; esso non è tenuto a esaminare, come lo farebbe un'autorità di prima istanza, tutte le questioni giuridiche che si pongono se queste ultime non sono più oggetto di discussione in sede federale. Il Tribunale non può entrare nel merito sulla pretesa violazione di un diritto costituzionale o su questioni attinenti al diritto cantonale o intercantonale se la censura non è stata sollevata né motivata in modo preciso dalla parte ricorrente (art. 106 cpv. 2 LTF). 1.4 Per il resto, il Tribunale federale fonda la sua sentenza sui fatti accertati dall'autorità inferiore (art. 105 cpv. 1 LTF) e vi si può scostare solo qualora questo accertamento sia avvenuto in modo manifestamente inesatto o in violazione del diritto ai sensi dell'art. 95 LTF (art. 105 cpv. 2 LTF). 1.5 A prescindere dai casi in cui tale inesattezza sia lampante (cfr. DTF 133 IV 286 consid. 6.2 pag. 288 in fine), la parte ricorrente che intende contestare i fatti accertati dall'autorità inferiore deve spiegare, in maniera circostanziata, per quale motivo ritiene che le condizioni di una delle citate eccezioni previste dall'art. 105 cpv. 2 LTF sarebbero realizzate; in caso contrario non si può tener conto di uno stato di fatto diverso da quello posto a fondamento della decisione impugnata (cfr. DTF 133 II 249 consid. 1.4.3 pag. 254 con riferimento). Possono inoltre essere addotti nuovi fatti e mezzi di prova soltanto se ne dà motivo la decisione dell'autorità inferiore (art. 99 cpv. 1 LTF). 2. 2.1 Secondo i primi giudici, il principio di sussidiarietà, pur non essendo esplicitamente sancito dalla legge, impone di considerare la sostanza alla quale il richiedente ha rinunciato volontariamente. Per la determinazione del relativo importo, è opportuno riferirsi, per analogia, alle disposizioni della LPC, applicabili in tutti gli ambiti delle prestazioni a carattere sociale. I primi giudici riconoscono che l'insorgente versa in una situazione di bisogno. Secondo essi, la questione centrale è quella di sapere se l'obbligo di assumersi le spese di mantenimento dell'interessato incomba al Comune oppure, in virtù del principio di sussidiarietà, ai figli. I giudici cantonali rilevano come in concreto l'insorgente, mediante atto di cessione a titolo di anticipo ereditario del 22 settembre 1997, abbia ceduto la sua casa di abitazione, libera da ipoteche, al figlio, riservandosi, per sé e per la moglie, nel frattempo scomparsa, un diritto d'usufrutto. Malgrado ciò, il figlio avrebbe locato la casa a terzi, che pagherebbero una pigione annuale di fr. 7'200.-. Anche ai beni ceduti alla figlia dell'insorgente andrebbe attribuito un valore commerciale. I giudici cantonali ritengono che, riprendendo i calcoli operati dagli organi competenti in materia di prestazioni complementari, il Comune non avrebbe fatto altro che tener conto dei valori effettivi. Spetterebbe quindi alle persone che hanno beneficiato, senza controprestazione, della cessione di sostanza da parte dell'insorgente fornirgli la dovuta assistenza. Soltanto quando queste fonti saranno esaurite, il Comune dovrà assumersi le prestazioni pubbliche sociali di cui l'interessato ancora necessiterà. 2.2 Il ricorrente lamenta un accertamento dei fatti e una valutazione delle prove arbitrari (art. 9 Cost.). Egli riconosce di avere ceduto nel 1997 parte dei propri beni ai figli a titolo di anticipo ereditario. Al figlio A._ avrebbe ceduto la casa di abitazione a X._, alla figlia M._ una stalla, pure a X._, nonché una quota di comproprietà (1/3) di una casa sita a R._. I due figli avrebbero inoltre ricevuto dei boschi privi di valore di mercato. A mente dell'insorgente, la casa di abitazione non sarebbe stata ceduta senza controprestazione, poiché la cessione era combinata con un diritto di usufrutto in suo favore e in favore della moglie. Tale diritto è stato cancellato con effetto dal 13 aprile 2005, in seguito al suo ricovero alla casa di cura per anziani O._. Sempre secondo l'insorgente, è vero che la casa di abitazione a X._ è locata a terzi per una pigione annuale di fr. 7'200.-. Tuttavia, i primi giudici non avrebbero tenuto conto del fatto che la casa stessa è gravata da una prima ipoteca e da un prestito ipotecario per complessivi fr. 148'000.-. L'onere ipotecario complessivo ammonterebbe a fr. 15'200.- annui, somma, questa, superiore al reddito locativo. La quota di comproprietà della figlia M._, infine, sarebbe stata messa in vendita, ma senza successo. Il ricorrente fa quindi valere la violazione dell'art. 12 Cost., dei principi di legalità e di proporzionalità, nonché l'applicazione arbitraria del diritto cantonale da parte dell'autorità di primo grado. 3. 3.1 Giusta l'art. 12 Cost., chi è nel bisogno e non è in grado di provvedere a sé stesso ha diritto d'essere aiutato e assistito e di ricevere i mezzi indispensabili per un'esistenza dignitosa. L'aiuto in situazioni di bisogno è subordinato al rispetto del principio di sussidiarietà, nel senso che non può prevalersene colui che, oggettivamente, è in misura di procurarsi con le proprie forze i mezzi indispensabili alla sua sopravvivenza. Una tale persona non è considerata versare in una situazione di bisogno, presupposto necessario per poter beneficiare di un aiuto (DTF 131 I 166 consid. 4.1 pag. 173, 130 I 71 consid. 4.3 pag. 75). Inoltre, la Costituzione federale garantisce soltanto il diritto a un minimo d'esistenza, lasciando al legislatore federale, cantonale o comunale il compito di fissarne la portata e le modalità. Nel Cantone dei Grigioni, l'aiuto sociale è segnatamente disciplinato dalla legge sull'assistenza alle persone nel bisogno del 3 dicembre 1978 (RS/GR 546.250). 3.2 In materia di prestazioni complementari, a norma dell'art. 3c cpv. 1 lett. g LPC, i redditi determinanti comprendono le entrate e le parti di sostanza a cui l'assicurato ha rinunciato. Una rinuncia ai sensi di questa disposizione è data, segnatamente, allorquando una persona assicurata rinuncia, senza obbligo giuridico, a elementi di sostanza, o può pretendere determinati elementi di reddito e di sostanza, senza però far valere i relativi diritti (DTF 123 V 35 consid. 1 pag. 37 con riferimenti; Raymond Spira, Transmission de patrimoine et dessaisissement au sens de la loi fédérale sur les prestations complémentaires à l'AVS/AI [LPC], RSAS 1996 pag. 210 segg.). Affinché una rinuncia a elementi di reddito o di sostanza possa essere presa in considerazione, occorre che essa sia avvenuta «senza obbligo giuridico», rispettivamente «senza controprestazione adeguata», queste due condizioni non essendo da intendere cumulativamente, bensì alternativamente (DTF 131 V 329 consid. 4.3 pag. 334). 3.3 A differenza di quanto vale in materia di prestazioni complementari (vedi per esempio sentenza P 55/05 del 26 gennaio 2007, nella quale questo Tribunale ha giudicato che la perdita di un importo di fr. 120'000.- nell'ambito di un investimento a rischio, legato ad una truffa, costituisce sostanza cui l'assicurato ha rinunciato), l'aiuto in situazioni di bisogno nel senso dell'art. 12 Cost. non può essere ridotto o rifiutato ad una persona indigente, anche se quest'ultima è personalmente responsabile di questo suo stato; si tratta di una concretizzazione del principio di sussidiarietà dell'aiuto sociale, che costituisce l'ultima ancora di salvataggio dell'individuo (vedi per esempio DTF 121 I 367 consid. 3b pag. 375; Jean-François Aubert/ Pascal Mahon, Petit Commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999, n. 5 all'art. 12 Cost.; Andreas Auer/Giorgio Malinverni/Michel Hottelier, Droit constitutionnel suisse, vol. II, pag. 683, n. 1532; Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, 3a ed., Berna 1999, pag. 178; Kathrin Amstutz, Das Grundrecht auf Existenzsicherung, tesi Berna 2002, pag. 304). questo riguardo, è unicamente determinante la situazione attuale ed effettiva dell'interessato al momento dell'esame del suo diritto a condizioni minime di esistenza (Müller, op. cit., pag. 170). In altri termini, i motivi che hanno condotto all'indigenza sono irrilevanti dal profilo della protezione offerta dall'art. 12 Cost. (vedi pure DTF 131 I 166 consid. 4.3 pag. 174 e i riferimenti ivi citati). Fermi questi presupposti, il Comune non poteva rifiutare la richiesta dell'insorgente applicando per analogia i principi validi in materia di rinuncia a elementi di reddito o di sostanza nell'ambito delle prestazioni complementari. 4. Diversa è la questione di sapere se ai figli dell'insorgente incomba un obbligo di assistenza nei confronti del padre in virtù degli art. 328 e 329 CC. 4.1 I primi giudici e il Comune ritengono che i beni ceduti a titolo di anticipo ereditario debbano essere principalmente destinati al mantenimento dell'insorgente. È vero, da questo profilo, che per prestare l'assistenza necessaria al mantenimento del parente bisognoso, il parente obbligato è tenuto a intaccare il suo patrimonio, a meno che questo non debba rimanere intatto per garantire a lungo termine il suo sostentamento e segnatamente la sua previdenza per la vecchiaia (DTF 132 III 97 consid. 3 pag. 104). È altrettanto esatto che la dottrina permette di valutare ed apprezzare la capacità contributiva del parente obbligato con minor riserbo quando si tratti di sostanza ereditata (vedi Thomas Koller, Commento basilese, n. 15c agli art. 328/329 CC; cfr. pure DTF 132 III 97 consid. 3.2 pag. 106). 4.2 Secondo le direttive della Conferenza svizzera dell'azione sociale ([COSAS] 4a ed., Berna 2005), alle quali il Comune fa riferimento, si rinuncia a verificare la capacità contributiva di parenti il cui reddito imponibile (compresa la parte di sostanza convertita in reddito) è inferiore a fr. 60'000.- per persone sole. Dalla sostanza imponibile si può dedurre una quota liberamente disponibile (fr. 100'000.- per persone sole). La somma rimanente deve essere convertita in reddito sulla base dell'aspettativa di vita media (importo annuale) e in quanto tale conteggiata secondo la relativa tavola di conversione. 4.3 Rispetto alle succitate disposizioni del Codice civile, l'aiuto sociale è sussidiario (Koller, op. cit., n. 36 agli art. 328/329 CC). Tuttavia, anche persone con pretese fondate sugli art. 328 e 329 CC possono trovarsi in una situazione di necessità, se queste pretese non sono esigibili nell'immediato (Müller, op. cit., pag. 170). Nella decisione in lite, il Comune opponente ha negato che fossero dati i presupposti per l'applicazione delle menzionate disposizioni, vista la capacità economica dei due figli (redditi imponibili di fr. 23'500.- rispettivamente fr. 58'000.-). Così il Comune non può ora invocare il principio della sussidiarietà e rimproverare al ricorrente di avere rinunciato ad esigere per via giudiziaria un contributo dai figli. D'altronde, conformemente alle direttive emanate dalla COSAS (n. F.4), per quanto riguarda il contributo dei parenti, nel limite del possibile è auspicabile negoziare un accordo tra le parti, atteso che i possibili rischi di ripercussioni sul beneficiario e sul suo progetto sociale non sono trascurabili. In caso di litigio, sarà l'autorità cui spetta l'obbligo e/o gli oneri di assistenza giusta l'art. 25 della legge federale sulla competenza ad assistere le persone nel bisogno (LAS; RS 851.1) a dover procedere per le vie legali e richiedere i contributi per il futuro e quelli retroattivi al massimo per un anno prima dell'avvio dell'azione legale (Judith Widmer, Verhältnis der Verwandtenunterstützungspflicht zur Sozialhilfe in Theorie und Praxis, Zurigo 2001, pag. 78 segg.). L'autorità subentra in tal caso nei diritti della persona assistita fino a concorrenza dei propri anticipi (art. 329 cpv. 3 in relazione con l'art. 289 cpv. 2 CC; DTF 133 III 507 consid. 5.2 pag. 510; Koller, op. cit., n. 36 agli art. 328/329 CC). Di conseguenza, nella concreta evenienza, l'aiuto non poteva essere rifiutato al ricorrente con l'argomento che quest'ultimo vantava una eventuale pretesa di mantenimento dalla realizzazione dei beni ceduti ai figli. Se il Comune (o l'autorità cantonale eventualmente competente) reputasse, tenendo conto di eventuali aumenti di sostanza e dei redditi immobiliari, essere questi beni destinati al mantenimento del ricorrente, può inoltrare un'azione fondata sugli art. 328 e 329 CC. In presenza di beni immobili la cui realizzazione, anche parziale, non è possibile o non può essere ragionevolmente pretesa, l'autorità potrà concludere con i parenti tenuti al sostentamento una convenzione speciale sull'esigibilità degli averi a seguito di alienazione o dopo il decesso dell'obbligato (direttive COSAS n. F.4). 5. Il Comune invoca un abuso di diritto del ricorrente. 5.1 In maniera generale, vi è abuso di diritto laddove un determinato istituto giuridico viene invocato per realizzare degli interessi che il medesimo istituto non si prefigge di tutelare (vedi per esempio DTF 128 II 145 consid. 2.2 pag. 151). La giurisprudenza non ha finora scartato l'ipotesi che il diritto costituzionale all'aiuto in situazioni di bisogno possa essere esercitato in modo abusivo, con conseguente rifiuto o riduzione del sostegno sociale (vedi per esempio DTF 131 I 166 consid. 6.2 pag. 178, 130 I 71 consid. 4.3 pag. 76, 122 II 193 consid. 2c/ee pag. 198). La dottrina è invece praticamente unanime nell'affermare che non esiste spazio per abusi di diritto nell'ambito dell'esercizio dei diritti derivanti dall'art. 12 Cost., questa norma garantendo un minimo di esistenza intangibile (v. fra gli altri Amstutz, op. cit., pag. 304 segg.; Gabriela Riemer-Kafka, Das Verhältnis zwischen Grundrecht auf Hilfe in Notlagen und Eigenverantwortung, in: Carlo Tschudi [ed.], Das Grundrecht auf Hilfe in Notlagen, 2005, pag. 147 seg.; ibidem: Peter Uebersax, Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Recht auf Hilfe in Notlagen im Überblick, pag. 55; Thomas Gächter, Rechtsmissbrauch im öffentlichen Recht, unter besonderer Berücksichtigung des Bundessozialversicherungsrechts, Zurigo/Basilea/Ginevra, 2005, pag. 330; cfr. pure DTF 131 I 166 consid. 6.2 pag. 178). 5.2 Nel caso di specie, si può prescindere dall'esaminare la questione. In effetti, un abuso di diritto presuppone necessariamente che la persona indigente abbia intenzionalmente provocato la propria situazione al solo fine di potere in seguito prevalersi del diritto all'aiuto in situazioni di bisogno (DTF 121 I 367 consid. 3d pag. 377). Questa volontà deve essere accertata in modo chiaro e indiscutibile. L'abuso deve essere pertanto manifesto (DTF 121 I 367 consid. 3d pag. 378). Semplici sospetti e indizi non sono sufficienti (Amstutz, op. cit., pag 311). 5.3 La cessione di patrimonio è in concreto intervenuta nel 1997. Non si può ora seriamente sostenere che l'insorgente abbia ceduto i propri beni nell'intento di eludere, diversi anni più tardi, le disposizioni sull'aiuto sociale. È vero che il diritto di usufrutto di cui beneficiava è stato cancellato nel 2005, anno nel corso del quale ha inoltrato la sua domanda al Comune. Il giudizio impugnato non contiene tuttavia nessun accertamento che permetta di concludere che l'insorgente abbia rinunciato deliberatamente al suo diritto d'usufrutto nell'unico intento di ottenere prestazioni dell'aiuto sociale. Più probabile appare che il ricorrente, allora 82enne, grande invalido, abbia rinunciato al diritto di usufrutto in favore del figlio, ben sapendo che egli non avrebbe in ogni modo più potuto occupare la propria abitazione in seguito al collocamento in una casa di cura e in considerazione degli oneri di manutenzione della casa. Non si può certo affermare che l'insorgente abbia necessariamente previsto, a quell'epoca, i vantaggi di questa sua operazione dal profilo dell'aiuto sociale. 5.4 Di conseguenza, in assenza di abuso manifesto, il rifiuto del Comune non potrebbe intaccare il minimo esistenziale garantito dall'art. 12 Cost.. Ci si può certo chiedere se le prestazioni eccedenti tale minimo siano suscettibili di essere ridotte nel caso concreto a dipendenza di un'eventuale responsabilità del ricorrente nell'insorgenza della sua situazione d'indigenza (vedi per esempio DTF 131 I 166 consid. 4.3 pag. 174; Carlo Tschudi, Die Auswirkungen des Grundrechts auf Hilfe in Notlagen auf sozialhilferechtliche Sanktionen, in: Carlo Tschudi, op. cit., pag. 117 segg.). La questione può essere lasciata indecisa, la causa dovendo, per i motivi che seguono, comunque essere rinviata al Comune. 6. Ne consegue, quindi, per quanto riguarda la protezione garantita dall'art. 12 Cost., che il Comune non era legittimato a rifiutare le proprie prestazioni adducendo che l'insorgente avrebbe rinunciato ai propri beni in favore dei suoi figli. 7. Nell'evenienza concreta, è pacifico che i redditi attuali dell'insorgente non gli permettono di far fronte integralmente alle spese necessarie al suo collocamento in una casa di cura. Neppure è contestato che queste spese facciano parte dell'aiuto sociale che il Comune intimato può essere chiamato a fornire ad una persona in situazione di bisogno. Dal momento che non spetta al Tribunale federale statuire sulle prestazioni assistenziali da concedere al ricorrente, la pronunzia querelata e il provvedimento amministrativo da essa tutelato devono essere annullati, la causa essendo rinviata per nuova decisione al Comune (art. 107 cpv. 2 LTF), il quale esaminerà, se del caso, le eventuali possibilità di un collocamento più vantaggioso dal profilo economico. Sarà inoltre opportuno chiarire la questione della sostanza computata a titolo di rinuncia dalle autorità competenti in materia di prestazioni complementari, in quanto decisiva ai fini della prestazione erogatagli. 8. Le spese giudiziarie seguono la soccombenza e sono pertanto poste a carico del Comune di X._ (art. 66 cpv. 1 LTF). Vincente in lite, il ricorrente, patrocinato da un legale, ha diritto a ripetibili (art. 68 LTF).
Per questi motivi, il Tribunale federale pronuncia: 1. Il ricorso è accolto nel senso che, annullati il giudizio del Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni del 16 gennaio 2007 e la decisione 12 luglio 2006 del Comune di X._, la causa è rinviata al Comune affinché renda un nuovo provvedimento nel senso dei considerandi. 2. Le spese giudiziarie di fr. 500.- sono poste a carico del Comune di X._. 3. Il Comune di X._ verserà al ricorrente la somma di fr. 2'500.- (comprensiva dell'imposta sul valore aggiunto) a titolo di indennità di parte per la procedura federale. 4. Il Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni statuirà nuovamente sulla questione delle spese ripetibili di prima istanza, tenuto conto dell'esito del processo in sede federale. 5. Comunicazione alle parti e al Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni.
428729e6-9d22-4c5b-8832-de40c42dcd1f
de
2,007
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Allergan Inc. (Beschwerdegegnerin), ein Pharmaunternehmen des amerikanischen Rechts mit Sitz in Kalifornien, hat verschiedene Marken mit dem Bestandteil "BOTOX" registrieren lassen. Die Labo Cosprophar AG (Beschwerdeführerin) mit Sitz in Basel vertreibt unter der Marke "BOTOINA" eine Kosmetiklinie zur Entspannung von Ausdrucksfalten. Am 17. Februar 2006 reichte die Beschwerdegegnerin beim Zivilgericht Basel-Stadt eine Klage ein, mit der sie u.a. begehrte, es sei der Beschwerdeführerin zu verbieten, das Zeichen BOTOINA zur Kennzeichnung von Kosmetika und pharmazeutischen Produkten zu gebrauchen sowie kosmetische Präparate zur Entspannung der Ausdrucksfalten dominant mit der Abbildung einer Spritze zu bewerben. Mit der Klage verband sie das Gesuch, die Verbote bereits als vorsorgliche Verfügung zu erlassen. Die verfahrensleitende Zivilgerichtspräsidentin kam nach der Prüfung dieses Gesuchs zum Schluss, die Marke und das Erscheinungsbild der BOTOINA-Produkte liessen beim Letztabnehmer den Eindruck entstehen, dass zwischen der Marke BOTOINA und der Marke BOTOX eine Verbindung bestehe bzwdass in den Produkten der Marke BOTOINA der Wirkstoff Botox enthalten sei, was unbestritten nicht der Fall sei. Damit sei aber zumindest eine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben. Sie gab dem Gesuch in der Folge mit Verfügung vom 16./17. August 2006 (Rektifikat vom 1./4. September 2006) teilweise statt und setzte der Beschwerdegegnerin Frist zur Leistung einer Sicherheit von Fr. 400'000.--, indem sie wie folgt verfügte: "1. (...) 1. Der Beklagten 1 [= Beschwerdeführerin] wird vorsorglich verboten unter Androhung der Überweisung der verantwortlichen Organe an den Strafrichter im Widerhandlungsfalle zur Bestrafung mit Haft oder Busse gemäss Art. 292 StGB: a) das Zeichen Botoina zur Kennzeichnung von Kosmetika zu gebrauchen; b) Kosmetika, die mit dem Zeichen Botoina gekennzeichnet sind, anzubieten, in Verkehr zu bringen, einzuführen und zu lagern; c) Das Zeichen Botoina im Zusammenhang mit dem Anbieten, Vertreiben und Inverkehrbringen von Kosmetika in der Werbung, auf Geschäftspapieren, im Internet, als Domainname oder sonst in irgendeiner Form im Geschäftsverkehr zu gebrauchen. 2. Der Beklagten 1 wird vorsorglich verboten, kosmetische Präparate zur Entspannung der Ausdrucksfalten, insbesondere die unter der Bezeichnung Botoina vertriebenen Produkte, im Internet, in Prospekten, auf Schaufensterdisplays oder sonstigen Werbematerialien dominant mit einer Spritze zu bewerben. 3. Die Klägerin [= Beschwerdegegnerin] hat innert einer Frist von 30 Tagen ab Zustellung eine Sicherheitsleistung von Fr. 400'000.-- zu leisten. 4. Die weiteren Rechtsbegehren werden abgewiesen. 5. (...)." B. Dagegen gelangte die Beschwerdeführerin mit einer sogenannten "Verfahrensmangelbeschwerde" an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt und rügte eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs durch mangelnde Begründung der angefochtenen Verfügung. Das Appellationsgericht wies dieses Rechtsmittel am 31. Januar 2007 ab. Die Beschwerdeführerin erhob in der Folge Beschwerde in Zivilsachen sowie vorsorglich subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Sie beantragt, das Urteil des Appellationsgerichts vom 31. Januar 2007 sowie die Ziffern 2 und 3 der Verfügung des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 16./17. September 2006 bzw. des Rektifikats vom 1./4. September 2006 seien aufzuheben; sodann sei das Gesuch um Erlass einer vorsorglichen Verfügung vom 17. Februar 2006 vollumfänglich abzuweisen, eventualiter die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin und das Appellationsgericht beantragen, die Beschwerde abzuweisen. C. Die Beschwerdeführerin hatte die Verfügung der Zivilgerichtspräsidentin vom 16./17. August 2006 bzw. das Rektifikat auch mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten und die Aufhebung von deren Ziffern 2 und 3 verlangt. Dieses Beschwerdeverfahren wurde bis zum Entscheid des Appellationsgerichts über die Verfahrensmangelbeschwerde ausgesetzt. Das Zivilgericht und die Beschwerdegegnerin schliessen auf Abweisung auch dieser Beschwerde. Mit Präsidialverfügung vom 13. Februar 2007 wurde ein Gesuch der Beschwerdeführerin, es sei der staatsrechtlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen, abgewiesen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. An den Verfahren 4A_221/2007 (Beschwerde in Zivilsachen) und 4P.239/2006 (staatsrechtliche Beschwerde) sind dieselben Parteien beteiligt, den Beschwerden liegt der gleiche Sachverhalt zu Grunde und es werden darin weitgehend identische Anträge gestellt. Es rechtfertigt sich daher, beide Beschwerden in einem Urteil zu behandeln (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP). 2. Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). 2.1 Da der angefochtene Entscheid des Appellationsgerichts am 31. Januar 2007 ergangen ist, richtet sich das Verfahren gegen diesen nach dem BGG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 2.2 Die Verfügung der Präsidentin des Zivilgerichts Basel-Stadt (im Folgenden: Zivilgerichtspräsidentin) ist am 16./17. August 2006, also vor Inkrafttreten des BGG ergangen. Die Beschwerdeführerin hat diese Verfügung grundsätzlich zulässigerweise mit staatsrechtlicher Beschwerde nach den damals geltenden Bestimmungen von Art. 84 ff. OG angefochten (vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin will allerdings die Verfügung der Zivilgerichtspräsidentin auch mit ihrer Beschwerde in Zivilsachen gegen den Appellationsgerichtsentscheid vom 31. Januar 2007 mitanfechten. Art. 100 Abs. 6 BGG sieht vor, dass wenn der Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts mit einem Rechtsmittel bei einer zusätzlichen kantonalen Behörde angefochten worden ist, das - wie die vorliegend ergriffene Verfahrensmangelbeschwerde an das Appellationsgericht - nicht alle Rügen nach den Art. 95-98 BGG zulässt, die Beschwerdefrist erst mit der Eröffnung des Entscheids dieser Instanz beginnt. Diese Bestimmung erlaubt dem Beschwerdeführer grundsätzlich, den nach Inkrafttreten des BGG ergangenen Entscheid der zusätzlichen Rechtsmittelinstanz mit beschränkter Prüfungsbefugnis abzuwarten, um gleichzeitig den vorangehenden Entscheid mitanzufechten (Spühler/Dolge/Vock, Kurzkommentar zum BGG, Zürich/St. Gallen 2006, N. 9 zu Art. 100 BGG). Dies gilt auch, wenn der vorangegangene Entscheid des oberen kantonalen Gerichts vor Inkrafttreten des BGG ergangen ist. Diesfalls richtet sich auch das Anfechtungsverfahren betreffend den vorangehenden Entscheid nach dem BGG, das auf das Verfahren als Ganzes anwendbar ist (zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil 5A_86/2007 vom 3. September 2007 E. 1.3). Vorliegend ist der dem Urteil des Appellationsgerichts vorangehende Entscheid allerdings nicht von einer oberen kantonalen Instanz ausgegangen, wie in Art. 100 Abs. 6 BGG vorgesehen, sondern von einem unteren kantonalen Gericht (Zivilgericht), das als einzige Instanz im Sinne von Art. 58 MSchG (SR 232.11) zuständig ist. Insoweit ist zu beachten, dass Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG zwar für den Fall, dass ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorschreibt, eine Ausnahme vom Grundsatz des doppelten Instanzenzuges im kantonalen Verfahren macht, wobei die Kantone für diesen Fall neu ein oberes Gericht als zuständig bezeichnen müssen (Güngerich, in Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz, Stämpflis Handkommentar, Bern 2007, N. 6 zu Art. 75 BGG; Spühler/Dolge/Vock, a.a.O., N. 5 zu Art. 75 BGG). Das Vorliegen des Urteils einer unteren kantonalen Gerichtsbehörde, die von Bundesrechts wegen als einzige Instanz entschieden hat, hindert indessen im heutigen Zeitpunkt das Eintreten auf eine dagegen gerichtete Beschwerde nicht, da die Frist für die kantonalen Ausführungsvorschriften (Art. 130 Abs. 2 BGG) noch läuft. Entsprechend ist heute auch bei der Anwendung von Art. 100 Abs. 6 BGG davon abzusehen, dass der mitangefochtene, dem ausserordentlichen Rechtsmittelverfahren vorangehende Entscheid der Zivilgerichtspräsidentin nicht von einem oberen kantonalen Gericht ausgegangen ist. Ist Art. 100 Abs. 6 BGG anwendbar, können sämtliche in der staatsrechtlichen Beschwerde erhobenen Rügen im Rahmen der Mitanfechtung des Entscheids der Zivilgerichtspräsidentin mit der Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. Dies hat die Beschwerdeführerin denn auch tatsächlich getan. Die staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung der Zivilgerichtspräsidentin kann bei dieser Sachlage als gegenstandslos abgeschrieben werden, ohne dass damit eine Benachteiligung der Beschwerdeführerin verbunden ist. 3. 3.1 Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich nur gegen Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG zulässig, d.h. gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Das Bundesgericht soll sich als oberste rechtsprechende Behörde des Bundes in der Regel nur ein Mal mit der gleichen Angelegenheit befassen müssen. Anders als nach der Praxis zur (altrechtlichen) Berufung (Art. 48 Abs. 1 OG), wonach ein Endentscheid nur dann vorlag, wenn das kantonale Sachgericht über den im Streit stehenden Anspruch materiell entschieden oder dessen Beurteilung aus einem Grund abgelehnt hatte, der endgültig verbot, dass der gleiche Anspruch nochmals geltend gemacht wird (BGE 132 III 178 E. 1.1 S. 180 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 133 III 393 E. 4), genügt für die neurechtliche Beschwerde allgemein der rein formelle Abschluss eines Verfahrens (Urteil 5A_9/2007 vom 20. April 2007 E. 1.2.2; vgl. Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4331 Ziff. 4.1.4.1; Spühler/Dolge/Vock, a.a.O., N. 3 zu Art. 90 BGG; Bernard Corboz, Le recours en matière civile selon le projet de loi sur le Tribunal fédéral, SZZP 2005 S. 79 ff., 82; Denis Tappy, Le recours en matière civile, in: Wurzburger et al., La nouvelle loi sur le Tribunal fédéral, Lausanne 2007, S. 76; Peter Karlen, Das neue Bundesgerichtsgesetz, Die wesentlichen Neuerungen und was sie bedeuten, Basel 2006, S. 35; Fabienne Hohl, Le recours en matière civile selon la Loi sur le Tribunal fédéral du 17 juin 2005, in: Foëx/Hottelier/Jeandin [Hrsg.], Les recours au Tribunal fédéral, Genève 2007, S. 86). Entscheide über vorsorgliche Massnahmen sind nur dann Endentscheide, wenn sie in einem eigenständigen Verfahren ergehen. Selbständig eröffnete Massnahmenentscheide, die vor oder während eines Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des Hauptverfahrens bzw. unter der Bedingung, dass ein Hauptverfahren eingeleitet wird, Bestand haben, stellen dagegen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG dar (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 4332 f.; von Werdt, in Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz, Stämpflis Handkommentar, Bern 2007, N. 6 zu Art. 90 BGG; Tappy, a.a.O., S. 76 f.; Bernard Corboz, Introduction à la nouvelle loi sur le Tribunal fédéral, in Bundesrechtsmittel, Schriftenreihe SAV Bd. 20, Bern 2007, S. 4 ff., 9; Hans Peter Walter, Neue Zivilrechtspflege, in: Tschannen [Hrsg.], Neue Bundesrechtspflege, BTJP 2006, Bern 2007, S. 131; Christoph Auer, Der Rechtsweg in Zivilsachen, in: Ehrenzeller/Schwander [Hrsg.], Reorganisation der Bundesrechtspflege - Neuerungen und Auswirkungen in der Praxis, St. Gallen 2006, S. 72 f. und S. 74 Fn. 31; Tarkan Göksu, Die Beschwerden ans Bundesgericht, St. Gallen 2007, Rz. 80; vgl. auch Spühler/Dolge/Vock, a.a.O., N. 4 zu Art. 90 BGG; Isaak Meier, Rechtsmittel an das Bundesgericht in Zivilsachen nach dem BGG, in: Meier et al. [Hrsg.], Wege zum Bundesgericht in Zivilsachen nach dem Bundesgerichtsgesetz, Zürich/St. Gallen 2007, S. 26 f.). Gegen solche ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG [Die Variante nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt bei Massnahmenentscheiden von vornherein ausser Betracht]). Dabei muss es sich - entsprechend dem Begriff des Nachteils im Sinne von Art. 87 OG - um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr behoben werden kann (BGE 133 IV 139 E. 4; 133 V 477 E. 5.2.1; Urteil 4A_85/2007 vom 11. Juni 2007 E. 3.1). Gegenstand der angefochtenen Entscheide sind während des Hauptverfahrens erlassene vorsorgliche Massnahmen. Demnach handelt es sich bei diesen Entscheiden um Zwischenentscheide nach Art. 93 BGG. Es liegt auf der Hand und wurde auch in konstanter Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde bejaht, dass ein solcher Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 87 OG bewirken kann und daher vor Bundesgericht anfechtbar ist (vgl. BGE 116 Ia 446 ff.; 114 II 368 E. 2a S. 369; 108 II 69 E. 1 S. 71, je mit Hinweisen). Die Beschwerde in Zivilsachen steht somit gegen die angefochtenen Entscheide grundsätzlich offen. Damit erweist sich die vorsorglich erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde als unzulässig (Art. 113 BGG) und es ist darauf nicht einzutreten. 3.2 Da mit der vorliegenden Beschwerde Entscheide angefochten werden, die eine vorsorgliche Massnahme zum Gegenstand haben, kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass - entsprechend den altrechtlichen Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG - klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 133 III 393 E. 6, 439 E. 3.2; 133 II 249 E. 1.4.2; vgl. zu Art. 90 OG: BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen). 4. Die Beschwerdeführerin rügt, die Verfügung der Zivilgerichtspräsidentin vom 16./17. August 2006 genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Entscheidbegründung nicht. Das Appellationsgericht habe eine entsprechende Gehörsverletzung zu Unrecht verneint. 4.1 Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 124 I 49 E. 3a, 241 E. 2, je mit Hinweisen). Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 133 III 439 E. 3.3; 130 II 530 E. 4.3 S. 540; 129 I 232 E. 3.2; 126 I 97 E. 2b, je mit Hinweisen). Diese verfassungsrechtlichen Minimalanforderungen an die Begründung gelten auch für die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen. Daran ändert nichts, dass diese regelmässig aufgrund einer summarischen Beurteilung der Anspruchsgrundlage erfolgen und ihrem Zweck nach rasch erlassen werden müssen und dass damit nicht endgültig über materielle Gebrauchsrechte oder Unterlassungsansprüche der Parteien entschieden wird (vgl. Guldener, Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 581; Staehelin/Sutter, Zivilprozessrecht, Zürich 1992, § 23 Rz. 22). 4.2 Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, die Zivilgerichtspräsidentin habe ihre Pflicht zur Begründung ihrer Verfügung insoweit verletzt, als sie die Rechtsnormen, die dieser zugrunde liegen, nicht genannt habe. 4.2.1 Das Appellationsgericht hielt dazu fest, die Parteien hätten Anspruch darauf, dass sie über die Rechtsnormen Kenntnis erhielten, auf die sich der Entscheid stütze. Dies brauche indessen nicht notwendigerweise ausdrücklich zu geschehen. Oftmals machten die Parteien in ihren Rechtsschriften zum Teil detaillierte Ausführungen zum Rechtlichen. Es sei nicht zu beanstanden, wenn in der Folge die entscheidende Behörde die Rechtsauffassung der einen Partei als zutreffend bezeichne und diese damit implizit zur Grundlage ihres Entscheides mache. Im vorliegenden Fall habe die Zivilgerichtspräsidentin ein solches Vorgehen gewählt. Damit habe der Beschwerdeführerin ausreichend klar sein müssen, worauf sich die Verfügung stützte. Dass sie nicht in der Lage gewesen sein will, den Entscheid sachgerecht beim Bundesgericht anzufechten, treffe offensichtlich nicht zu, wenn man sich ihre staatsrechtliche Beschwerde vor Augen führe. 4.2.2 Die Beschwerdeführerin rügt namentlich, das Appellationsgericht ignoriere damit, dass die Beschwerdegegnerin in ihren Rechtsschriften mehrere unterschiedliche Anspruchsgrundlagen geltend mache. So behaupte sie insbesondere eine Verletzung von Art. 15 MSchG (berühmte Marke), von Art. 3 Abs. 2 lit. b MSchG (notorisch bekannte Marke), von Art. 3 Abs. 1 MSchG, Art. 3 lit. b und d UWG und Art. 5 des Bundesgesetzes vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG; SR 817.0). Diese Rechtsgrundlagen unterschieden sich in ihren Tatbestandsvoraussetzungen wesentlich, so dass im Entscheid ausdrücklich hätte festgehalten werden müssen, welche Normen das Gericht als verletzt betrachte. Es bliebe offen und unklar, welche Normen die Zivilgerichtspräsidentin als glaubhaft verletzt erachtet habe. Dadurch werde der Beschwerdeführerin die Durchsetzung ihrer Rechtsposition durch Anfechtung der Verfügung wesentlich erschwert. 4.2.3 Die Rüge ist begründet. Die Verfügung der Zivilgerichtspräsidentin vom 16./17. August 2006 enthält keinen einzigen Hinweis, auf welche Gesetzesbestimmungen sich die darin ausgesprochenen Verbote stützen. Ihre zur teilweisen Gutheissung des Gesuchs um vorsorgliche Massnahmen führenden Erwägungen schloss die Zivilgerichtspräsidentin mit dem Befund, die Marke und das Erscheinungsbild der BOTOINA-Produkte liessen beim Letztabnehmer den Eindruck entstehen, dass zwischen der Marke BOTOINA und der Marke BOTOX eine Verbindung bestehe bzwdass in den Produkten der Marke BOTOINA der "Wirkstoff Botox" enthalten sei, was unbestritten nicht der Fall sei. Damit sei aber zumindest eine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, kann immer nur mit Bezug zu einem konkreten, angeblich beeinträchtigten immaterialgüterrechtlichen Anspruch des Massnahmegesuchstellers beurteilt werden, namentlich einem ihm zustehenden subjektiven Markenrecht oder einem Schutzanspruch, den ihm ein lauterkeitsrechtlich relevanter Marktauftritt verschafft. Es ist für die Nachvollziehbarkeit eines wegen Verwechslungsgefahr ausgesprochenen Verbots unabdingbar, dass in der Begründung die Anspruchsgrundlage - unter Angabe der einschlägigen Gesetzesbestimmungen - genannt wird, d.h. aus welchen Gründen der Massnahmerichter den Bestand von welchen unter mehreren angerufenen, in bestimmten Gesetzesbestimmungen gewährleisteten Schutzansprüchen und deren Verletzung als glaubhaft gemacht betrachtet hat. Nur so kann der vom Verbot Betroffene ein ausgesprochenes Verbot nachvollziehen und in einem allfälligen Rechtsmittelverfahren substantiiert bestreiten, ohne dass er auf Spekulationen darüber angewiesen ist, aus welchen Gründen der Richter gegen seine Anträge entschieden hat. Der in verschiedenen Bereichen des Immaterialgüterrechts vorkommende Begriff der Verwechslungsgefahr ist zwar für das gesamte Kennzeichenrecht ein einheitlicher (BGE 128 III 401 E. 5 S. 403). Es geht stets um die Beurteilung, ob ein Zeichen einem anderen derart ähnlich ist, dass die massgebenden Verkehrskreise Gefahr laufen, die gekennzeichneten Gegenstände zu verwechseln oder falsche Zusammenhänge zu vermuten (BGE 128 III 146 E. 2a; 127 III 160 E. 2b/c). Die Umstände, die im Übrigen die Gefahr falscher Individualisierung oder falscher Assoziationen erheblich beeinflussen, unterscheiden sich jedoch je nach dem Rechtsschutz, der für die Kennzeichen beansprucht wird. So sind etwa für den lauterkeitsrechtlichen Kennzeichenschutz (Art. 3 lit. d UWG) - im Gegensatz zum markenrechtlichen Schutz - Registereinträge nicht wesentlich (vgl. BGE 116 II 365 E. 4 S. 370 und zum Ganzen das Urteil 4C.169/2004 vom 8. September 2004 E. 2.4, sic! 2005 221 ff.). Es ist demnach schlechterdings nicht möglich, ein Verbot wegen einer Verwechslungsgefahr nachvollziehbar zu begründen, wenn die einzelnen Voraussetzungen die das MSchG oder das UWG dafür aufstellen, wie vorliegend, nicht genannt und auseinandergehalten werden. Die Zivilgerichtspräsidentin begründet ihre Verfügung vorwiegend mit der Gefahr der indirekten Verwechslung der Marke BOTOINA mit einer Marke BOTOX der Beschwerdegegnerin und der mit diesen Marken bezeichneten Produkte, wenn sie am Schluss ihrer Erwägungen zur Verwechslungsgefahr auch auf das "Erscheinungsbild" der Produkte Bezug nimmt. Sie konkretisiert jedoch die angeblich verletzten Markenrechte der Beschwerdegegnerin nicht, d.h. welche subjektiven Markenrechte der Beschwerdegegnerin nach welchen Rechtsnormen glaublich beeinträchtigt worden sein sollen. Ebensowenig begründet sie die Gefahr der Verwechslung mit Bezug auf die Waren, für welche die angeblich verletzten Markenrechte beansprucht werden und für die der Verletzer sein Zeichen verwendet, was bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein wesentliches Element darstellt. Dies wäre indes vorliegend namentlich deshalb wichtig, weil die Beschwerdeführerin den Bestand eines Markenrechts BOTOX in der Schweiz zur Bezeichnung von kosmetisch einsetzbaren Produkten bestreitet und auch die Zivilgerichtspräsidentin selber feststellt, dass die Marke BOTOX in der Schweiz zur Bezeichnung von kosmetisch einsetzbaren Produkten nicht zugelassen sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Zivilgerichtspräsidentin geprüft hätte, ob die in der Schweiz für neurologische und ophthalmologische Anwendungen zugelassene Marke BOTOX als berühmte Marke im Sinne von Art. 15 MSchG und damit über den Warengleichartigkeitsbereich hinaus gegen die Bezeichnung von kosmetisch einsetzbaren Produkten mit einem verwechselbaren Kennzeichen zu schützen ist, fehlen in der Begründung der angefochtenen Verfügung. Schliesslich wird aus der Begründung der Verfügung insgesamt auch nicht mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, ob und inwiefern die Zivilgerichtspräsidentin eine lauterkeitsrechtlich relevante Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr als glaubhaft gemacht erachtet haben könnte. 4.2.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass die Verfügung der Zivilgerichtspräsidentin den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheiden nicht genügt. Die Beschwerdeführerin konnte daraus nicht entnehmen, auf welche Überlegungen sich das darin ausgesprochene Verbot stützt, so dass es ihr möglich gewesen wäre, die Verfügung in voller Kenntnis der Sache anzufechten. Sie war bei der Anfechtung vielmehr auf Spekulationen über die glaubhaft gemachte Anspruchsgrundlage angewiesen. Indem das Appellationsgericht verneinte, dass die Zivilgerichtspräsidentin die verfassungsrechtlichen Begründungsanforderungen missachtet habe, hat es seinerseits den Gehörsanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV) der Beschwerdeführerin verletzt. 5. Aufgrund des Ausgeführten ist die Beschwerde in Zivilsachen gutzuheissen. Das Urteil des Appellationsgerichts vom 31. Januar 2007 sowie die Ziffern 2 und 3 der Verfügung der Zivilgerichtspräsidentin vom 16./17. August 2006 und des Rektifikats vom 1./4. September 2006 sind je aufzuheben und die Sache im Sinne des Eventualantrags der Beschwerdeführerin an die Zivilgerichtspräsidentin zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens der Beschwerde in Zivilsachen - der Ausgang des Rechtsstreits bleibt noch offen - rechtfertigt es sich, die betreffende Gerichtsgebühr den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen und die betreffenden Parteikosten wettzuschlagen (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG). Für die als gegenstandslos abzuschreibende staatsrechtliche Beschwerde (vorstehende Erwägung 2.2 in fine) kann auf die Erhebung von Kosten verzichtet werden und ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die staatsrechtliche Beschwerde wird als gegenstandslos abgeschrieben. 2. Für das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde werden keine Kosten erhoben und wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 3. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 4. Die Beschwerde in Zivilsachen wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 31. Januar 2007 sowie die Ziffern 2 und 3 der Verfügung der Zivilgerichtspräsidentin Basel-Stadt vom 16./17. August 2006 und des Rektifikats vom 1./4. September 2006 werden aufgehoben und die Sache wird an die Zivilgerichtspräsidentin zurückgewiesen. 5. Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- für das Verfahren der Beschwerde in Zivilsachen wird den Parteien je zur Hälfte auferlegt. 6. Für das Verfahren der Beschwerde in Zivilsachen werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 7. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, sowie dem Zivilgericht Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 20. November 2007 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
43da52ce-074e-4052-9c19-4268de2989df
de
2,015
CH_BGer_008
Federation
null
null
null
social_law
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Sachverhalt: A. Mit Verfügung vom 20. Oktober 2009, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 8. Juli 2010, stellte die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft (nachfolgend: Mobiliar) sämtliche Leistungen, welche sie dem bei ihr nach UVG versicherten B._ (nachfolgend: Versicherter) im Anschluss an den Velounfall vom 27. April 2003 erbracht hatte, ein und schloss den Fall folgenlos ab. Die Mobiliar hiess das Gesuch des Versicherten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Einspracheverfahren gut und gab ihm als unentgeltliche Rechtsbeiständin Rechtsanwältin A._ bei. B. B.a. Der Versicherte liess gegen den Einspracheentscheid vom 8. Juli 2010 beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich am 6. September 2010 Beschwerde erheben. In der Sache beantragte er unter Aufhebung des Einspracheentscheides unter anderem die Ausrichtung einer Invalidenrente und einer Integritätsentschädigung. Gleichzeitig ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Das kantonale Gericht bewilligte diese und bestellte Rechtsanwältin A._ als unentgeltliche Rechtsvertreterin (Zwischenverfügung vom 10. Dezember 2010). Diese machte ihren Rechtsvertretungsaufwand von insgesamt 21 Stunden und 35 Minuten im kantonalen Verfahren UV.2010.00247 bei der Vorinstanz mit zwei Eingaben vom 18. Januar und 4. Oktober 2011 geltend und bezifferte ihre Gesamtforderung (inklusive Spesen und Mehrwertsteuer) auf total Fr. 5'081.25 (= Fr. 1'919.50 + Fr. 3'161.75). Das kantonale Gericht wies die Beschwerde am 22. November 2011 ab und setzte die der unentgeltlichen Rechtsvertreterin zu entrichtende - gekürzte - Entschädigung auf Fr. 3'000.- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) fest. B.b. Die hiegegen erhobene Beschwerde des Versicherten hiess das Bundesgericht in dem Sinne gut (Urteil 8C_90/2012 vom 12. Dezember 2012), als es den kantonalen Entscheid vom 22. November 2011 aufhob und die Sache an die Vorinstanz zurückwies, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über die Beschwerde neu entscheide. Unter der neuen Verfahrensnummer UV.2012.00296 veranlasste das kantonale Gericht die vom Bundesgericht verlangte medizinische Expertise und gewährte hiezu das rechtliche Gehör. Die unentgeltliche Rechtsvertreterin A._ spezifizierte ihren Aufwand seit der bundesgerichtlichen Aufhebung des ersten kantonalen Entscheides gemäss Zusammenstellung vom 4. März 2014 mit 11 Stunden und 35 Minuten beziehungsweise Fr. 2'764.95 (inklusive Spesen und Mehrwertsteuer). Mit Entscheid vom 18. März 2014 wies die Vorinstanz die Beschwerde vom 6. September 2010 zum zweiten Mal ab (Dispositiv-Ziffer 1) und setzte die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsvertreterin auf Fr. 2'764.95 fest (Dispositiv-Ziffer 3). Das Bundesgericht hat die hiegegen vom Versicherten erhobene Beschwerde im parallelen Verfahren 8C_309/2014 mit heutigem Urteil unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren abgewiesen. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten stellt A._ den Antrag, die Vorinstanz habe ihr in Aufhebung der Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Entscheides vom 18. März 2014 "für das erste Verfahren vor Sozialversicherungsgericht, welches zum Urteil der Vorinstanz vom 22. November 2011 führte, eine angemessene, ungekürzte Prozessentschädigung" - ausgehend vom gerichtsüblichen Stundenansatz von 200 Franken - zuzusprechen. Das Sozialversicherungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen: 1. Da sich die Beschwerde führende Rechtsanwältin gegen die von der Vorinstanz zugesprochene Entschädigung für ihre Tätigkeit als unentgeltliche Rechtsbeiständin wendet, ist sie zur Beschwerde in eigenem Namen legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG; SVR 2013 IV Nr. 26 S. 75, 8C_54/2013 E. 1 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde ist einzutreten. 2. 2.1. Die Bemessung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im kantonalen Verfahren ist mangels bundesrechtlicher Bestimmungen dem kantonalen Recht überlassen (BGE 131 V 153 E. 6.1 S. 158 f.), mit welchem sich das Bundesgericht unter Vorbehalt der in Art. 95 lit. c-e BGG genannten Ausnahmen grundsätzlich nicht zu befassen hat. Eine Bundesrechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG liegt vor, wenn die Anwendung kantonalen Rechts, sei es wegen seiner Ausgestaltung oder auf Grund des Ergebnisses im konkreten Fall, zu einer Verfassungsverletzung führt. Im Bereich der nach kantonalem Recht zuzusprechenden und zu bemessenden Parteientschädigungen, und damit namentlich auch der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes, fällt praktisch nur das Willkürverbot (Art. 9 BV) in Betracht (SVR 2013 IV Nr. 26 S. 75, 8C_54/2013 E. 2 mit Hinweisen). 2.2. Eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch dessen Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheinen mag, genügt nicht (BGE 132 I 13 E. 5.1 S. 17, 125 V 408 E. 3a S. 409; Urteil 9C_284/2012 vom 18. Mai 2012 E. 2, je mit Hinweisen). 2.3. Dem erstinstanzlichen Gericht ist bei der Bemessung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes praxisgemäss ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen (vgl. die Zusammenfassung der Rechtsprechung in SVR 2000 IV Nr. 11 S. 31 [I 308/98] E. 2b; Urteil 9C_387/2012 vom 26. September 2012 E. 2.2). Das Bundesgericht greift nur ein, wenn der Ermessensspielraum klar überschritten worden ist oder wenn Bemühungen nicht honoriert worden sind, die zweifelsfrei zu den Obliegenheiten eines amtlichen Vertreters gehören (BGE 118 Ia 133 E. 2d S. 136; Urteil 8C_832/2012 vom 28. Mai 2013 E. 2.3). 3. 3.1. Mit Blick auf die hier strittige Abgeltung des Rechtsvertretungsaufwandes im kantonalen Verfahren ist den vor Bundesgericht massgebenden Beschwerdeschriften sowohl im parallelen Verfahren 8C_309/2014 als auch im vorliegenden Verfahren weder im Antrag noch in der Begründung konkret zu entnehmen, welche Anzahl zusätzlicher Arbeitsstunden und/oder welcher zusätzliche Aufwand in Franken und Rappen der Versicherte beziehungsweise seine unentgeltliche Rechtsvertreterin abweichend vom angefochtenen Entscheid tatsächlich beantragt. Ob die Beschwerdeschriften insofern den Eintretensvoraussetzungen (Art. 42 Abs. 1; Geldforderungen sind zu beziffern: BGE 134 III 235 E. 2 S. 236 f.; gilt auch für die selbständige Anfechtung von Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens: Urteil 5A_34/2009 vom 26. Mai 2009 E. 11.3, nicht publ. in BGE 135 III 513) genügen, kann offenbleiben, da beide Beschwerden in jedem Falle abzuweisen sind. 3.2. Wie mit heutigem Urteil 8C_309/2014 E. 6.2 festgestellt (vgl. auch Sachverhalt lit. B.b hievor), ist der gemäss Zusammenstellung vom 4. März 2014 geltend gemachte Aufwand der Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren UV.2012.00296 mit angefochtenem Entscheid vom 18. März 2014 (Dispositiv-Ziffer 3) im Rahmen der gewährten unentgeltlichen Verbeiständung vollumfänglich entschädigt worden. Insoweit ist der angefochtene Entscheid offensichtlich nicht zu beanstanden. 3.3. Soweit die Beschwerdeführerin im parallelen Verfahren 8C_309/2014 namens des Versicherten rügte, die Vorinstanz habe ihm im Verfahren UV.2010.00247 - trotz seines Obsiegens vor Bundesgericht und der Rückweisung der Sache zu ergänzenden Abklärungen an das kantonale Gericht - nicht eine ungekürzte Prozessentschädigung zu Lasten der Mobiliar zugesprochen, hat das Bundesgericht den entsprechenden Einwand mit Urteil 8C_309/2014 E. 6 geprüft und verworfen. 3.4. Strittig und im Folgenden zu prüfen bleibt somit einzig, ob die vorinstanzliche Kürzung der Entschädigung aus unentgeltlicher Verbeiständung auf Fr. 3'000.- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) im ersten Verfahren UV.2010.00247 gemäss kantonalem Entscheid vom 22. November 2011 gegen Bundesrecht und insbesondere - wie beanstandet - gegen das Willkürverbot (vgl. E. 2 hievor) verstösst. 4. 4.1. Das kantonale Gericht begründete die Aufwandkürzung im Rahmen des Entscheides vom 22. November 2011 dahingehend, wer vom Gericht mit der unentgeltlichen Rechtsvertretung betraut werde, übernehme eine staatliche Aufgabe und trete zum Staat in ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Ein Honoraranspruch bestehe ausschliesslich für den vom Staat mit der unentgeltlichen Rechtsvertretung beauftragten Anwalt oder die beauftragte Anwältin. Mit den beiden Honorarrechnungen vom 18. Januar und 4. Oktober 2011 mache die Beschwerdeführerin einen Aufwand von insgesamt 21 Stunden und 35 Minuten geltend (vgl. Sachverhalt lit. B.a hievor). Dieser Aufwand sei der Bedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des Prozesses nicht angemessen. Zudem seien die Replik (6 Stunden 30 Minuten) und die Eingabe vom 9. Juni 2011 von einer Anwältin verfasst worden, welche nicht vom Gericht mandatiert worden sei. Mangels Beauftragung könne dieser Aufwand nicht erstattet werden. Weiter sei auch die Notwendigkeit der Erstellung von 376 Kopien am Tag der Replik-Einreichung gemäss fakturierten Barauslagen von Fr. 188.- nicht erkennbar. 4.2. Die Beschwerdeführerin rügt, die vorinstanzliche Begründung der Entschädigungskürzung in Bezug auf die unentgeltliche Rechtsvertretung für das Verfahren UV.2010.00247 verletze das Willkürverbot (Art. 9 BV) und Bundesrecht. Das Verfahren sei "sehr aufwändig" gewesen und habe "sehr viele Akten" umfasst. Mit diversen Ärzten habe Rücksprache gehalten werden müssen. Der geltend gemachte Aufwand sei daher gerechtfertigt gewesen. Die umfangreichen Beilagen mit "über 300 Seiten" der Mobiliar hätten kopiert werden müssen. Insbesondere gehe es nicht an, dass die Vorinstanz den Aufwand der in der gleichen Bürogemeinschaft praktizierenden, ebenfalls im Anwaltsregister eingetragenen Anwältin, durch welche sich die Beschwerdeführerin wegen Mutterschaft gestützt auf die Substitutionsvollmacht vom 22. Februar 2011 habe vertreten lassen, nicht berücksichtigt habe. 5. 5.1. Gemäss § 34 Abs. 3 des Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 7. März 1993 (GSVGer/ZH; LS [Loseblattsammlung] 212.81) bemisst sich die Höhe der gerichtlich festzusetzenden Entschädigung nach der Bedeutung der Streitsache, der Schwierigkeit des Prozesses und dem Mass des Obsiegens, jedoch ohne Rücksicht auf den Streitwert. Laut § 8 in Verbindung mit § 7 der Verordnung über die Gebühren, Kosten und Entschädigungen vor dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 12. April 2011 (GebV SVGer/ZH; LS 212.812) wird einer Partei für unnötigen oder geringfügigen Aufwand keine Entschädigung zugesprochen. Wird eine Parteientschädigung beansprucht, reicht die Partei dem Gericht vor dem Endentscheid eine detaillierte Zusammenstellung über ihren Zeitaufwand und ihre Barauslagen ein. Im Unterlassungsfall setzt das Gericht die Entschädigung nach Ermessen fest (SVR 2013 UV Nr. 23 S. 83, 8C_928/2012 E. 7.1). 5.2. Der Umfang des Anspruchs auf unentgeltliche Verbeiständung richtet sich zunächst nach den Vorschriften des kantonalen Rechts. Erst wo sich der entsprechende Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die bundesverfassungsrechtlichen Minimalgarantien Platz (BGE 134 I 92 E. 3.1.1 S. 98; 131 I 185 E. 2.1 S. 188; 122 I 49 E. 2a S. 50). Das kantonale Gericht ist bei der Bemessung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands von Bundesrechts wegen nicht an die allenfalls geltend gemachten Honoraransprüche gebunden, weshalb Art. 29 Abs. 2 BV grundsätzlich nicht verletzt wird, wenn es auf die Einholung einer Kostennote verzichtet (SVR 2013 UV Nr. 23 S. 83, 8C_928/2012 E. 8.2 mit Hinweisen). Eine Begründungspflicht besteht, wenn der unentgeltliche Rechtsbeistand eine Kostennote einreicht und das Gericht die Entschädigung abweichend davon auf einen bestimmten, nicht der Praxis entsprechenden Betrag festsetzt (Urteil 8C_465/2012 vom 20. Dezember 2012 E. 2.1 und 5.1.1 mit Hinweis). Akzeptiert das Gericht einzelne Posten aus der Kostennote, setzt es aber andere herab, hat es zu jeder Reduktion zumindest kurz auszuführen, aus welchem konkreten Grund die Aufwendungen oder Auslagen als unnötig betrachtet werden (SVR 2013 IV Nr. 26 S. 75, 8C_54/2013 E. 4.1 mit Hinweisen). 6. Es bleibt zu prüfen, ob die vorinstanzliche Begründung der im ersten Verfahren UV.2010.00247 vorgenommenen Entschädigungskürzung auf Fr. 3'000.- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) Bundesrecht oder gar das Willkürverbot verletzt. 6.1. Seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) am 1. Juni 2002 unterliegen die Rechtsanwälte von Bundesrechts wegen der Verpflichtung, (in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind) Vertretungen im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege zu übernehmen (Art. 12 lit. g BGFA). Die nähere Regelung der Pflichtmandate, einschliesslich deren Entschädigung, bleibt indessen nach wie vor Sache der Kantone (BGE 132 I 201 E. 7.2 S. 205 f.; Urteil 5D_145/2007 vom 5. Februar 2008 E. 1.1). Mit dem Mandat, für eine unbemittelte Partei als Rechtsvertreter tätig zu werden, übernimmt der Anwalt keinen privaten Auftrag. Das Mandat kann verbindlich nur durch den Kanton selbst erteilt werden und stellt die Übernahme einer staatlichen Aufgabe dar. Der Anwalt tritt zum Staat in ein Verhältnis ein, das vom kantonalen öffentlichen Recht bestimmt wird (dazu BGE 133 IV 335 E. 2 S. 337; 132 I 201 E. 7.1 S. 205; 122 I 322 E. 3b S. 325; 113 Ia 69 E. 6 S. 71, mit Hinweisen; vgl. Steinmann, in: Ehrenzeller et al., Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 41 zu Art. 29 BV; Meichssner, Das Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege [Art. 29 Abs. 3 BV], 2008, S. 192; Biaggini, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Kommentar, 2007, Art. 29 Rz. 31; Urteil 5D_145/2007 vom 5. Februar 2008 E. 1.1). Die Bestellung eines Anwalts zum unentgeltlichen Rechtsbeistand stellt eine Verfügung dar, welche das besondere öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen Anwalt und Staat begründet (Meichssner, a.a.O., S. 192). Dementsprechend wurde die Beschwerdeführerin mit vorinstanzlicher Verfügung vom 10. Dezember 2010 für das kantonale Verfahren als unentgeltliche Rechtsvertreterin bestellt. 6.2. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass die Bundesverfassung keinen Anspruch auf freie Wahl des Rechtsvertreters gewährt (BGE 116 Ia 102 E. 4b/aa S. 105; vgl. Steinmann, a.a.O., N. 41 zu Art. 29 BV; Kiener/Kälin, Grundrechte, 2. Aufl. 2013, S. 507; Müller/Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 898; Meichssner, a.a.O., S. 197; Urteil 5A_262/2008 vom 8. September 2008 E. 3.3). Die vertretene Partei hat keinen Anspruch auf Wechsel des Rechtsbeistandes (Steinmann, a.a.O., N. 41 zu Art. 29 BV), doch kann dieser bewilligt werden, wenn aus objektiven Gründen eine sachgemässe Vertretung der Interessen durch den bisherigen Rechtsanwalt nicht mehr gewährleistet ist (BGE 138 IV 161 E. 2.4 S. 164 f.; 116 Ia 102 E. 4b/aa S. 105 mit Hinweisen). Ein Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistandes bedarf der richterlichen Bewilligung (vgl. Urteil 1B_74/2008 vom 18. Juni 2008 E. 4). 6.3. Die Beschwerdeführerin vermag nicht darzulegen, und es finden sich keine Anhaltspunkte in den Akten, dass die Vorinstanz einen Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistandes bewilligt und die offenbar innerhalb des Advokaturbüros der Beschwerdeführerin als deren Stellvertreterin amtende Anwaltskollegin als neue unentgeltliche Rechtsvertreterin des Versicherten bestellt hätte. Daran ändert nichts, dass diese Anwaltskollegin mit gewöhnlichem Fristerstreckungsgesuch vom 28. Februar 2011 an das kantonale Gericht gelangte, auf ihre Stellvertretung für die Beschwerdeführerin bis Ende Juli 2011 verwies und zur Kenntnisnahme eine Substitutionsvollmacht vom 22. Februar 2011 einreichte. Weder dem Fristerstreckungsgesuch noch der Substitutionsvollmacht und auch nicht der anschliessend im Verfahren UV.2010.00247 eingereichten Replik sind irgendwelche Hinweise zu entnehmen, welche auf objektive Gründe für einen Rechtsbeistandswechsel hätten schliessen lassen oder gar als Gesuch um Bewilligung eines solchen zu interpretieren gewesen wären. Erstmals mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten machte die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht im Verfahren 8C_90/2012 geltend, sie habe sich wegen Mutterschaft durch ihre Anwaltskollegin substituieren lassen, ohne jedoch zu behaupten, die Vorinstanz über die Gründe dieser Substitution bisher informiert zu haben. Der als Anwältin im Anwaltsregister eingetragenen Stellvertreterin der Beschwerdeführerin musste die Rechtslage ebenso klar sein wie der Beschwerdeführerin selber. Zwar vermochte die Substituierung der Beschwerdeführerin durch ihre Kollegin in Bezug auf das Verhältnis des vertretenen Versicherten zur Beschwerdeführerin Rechtswirkungen zu entfalten, doch änderte diese interne büropartnerschaftliche Stellvertretungsvereinbarung ohne Bewilligung des Rechtsbeistandswechsels durch das hier zuständige kantonale Gericht nichts am einzig zwischen Beschwerdeführerin und Vorinstanz kraft Verfügung vom 10. Dezember 2010 bestehenden öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis. 6.4. Als im Anwaltsregister eingetragene Anwältin erfüllte die Kollegin wohl die Voraussetzungen nach BGFA (vgl. E. 6.1 hievor), um - wie die Beschwerdeführerin selber - grundsätzlich ebenfalls als unentgeltliche Rechtsvertreterin bestellt werden zu können. Doch steht fest, dass ein entsprechendes Gesuch nie eingereicht wurde und es an einer richterlich verfügten Bewilligung eines Wechsels der unentgeltlichen Rechtsbeiständin fehlt. 6.5. Die unentgeltliche Rechtspflege bezweckt, auch der bedürftigen Partei den Zugang zum Gericht und die Wahrung ihrer Parteirechte zu ermöglichen (BGE 131 I 350 E. 3.1 S. 355, 120 Ia 14 E. 3d S. 16; Stefan Meichssner, a.a.O., S. 5; SVR 2009 IV Nr. 20 S. 52, 9C_342/2008 E. 7.1). Es wird nicht geltend gemacht und ist nicht ersichtlich, dass der verfassungsrechtliche Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand (Art. 29 Abs. 3 BV) nicht während des ganzen Verfahrens gewährleistet war und dem Versicherten nicht stets die zur Wahrung seiner Rechte notwendigen Dienste einer rechtskundigen Anwältin zur Verfügung standen, welche grundsätzlich die Anforderungen zur Bestellung als unentgeltliche Rechtsvertreterin erfüllte. Da die in der zweiten Phase des Verfahrens UV.2010.00247 aktive Anwaltskollegin der Beschwerdeführerin kein Gesuch um Bewilligung des Wechsels der unentgeltlichen Rechtsbeiständin gestellt hat, ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die entsprechenden Aufwendungen nicht zu Lasten der Gerichtskasse im Rahmen der mit Verfügung vom 10. Dezember 2010 bestellten Rechtsverbeiständung entschädigt hat. Dies beeinträchtigte den verfassungsmässig gebotenen Rechtsschutz in keiner Weise. Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist die Frage, ob die Stellvertreterin der Beschwerdeführerin ihren Aufwand gegenüber dem Versicherten geltend machen kann. 6.6. Nach dem Gesagten hat das kantonale Gericht weder Bundesrecht verletzt noch gegen das Willkürverbot verstossen, indem es den von der Beschwerdeführerin aus der verfügten unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im Verfahren UV.2010.00247 (vgl. hievor E. 6 Ingress) geltend gemachten Aufwand um den Zeitaufwand (insbesondere für die Erstattung der Replik) kürzte, welcher nicht von der gerichtlich eingesetzten Rechtsbeiständin geleistet wurde. Inwiefern die Vorinstanz im Übrigen durch die begründete Kürzung des Aufwandes den ihr verbleibenden Ermessensspielraum (E. 2.3 hievor) klar überschritten und nicht nur hinsichtlich der Begründung, sondern auch im Ergebnis in Willkür verfallen wäre (E. 2.2 hievor), legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Die Beschwerde ist folglich als unbegründet abzuweisen. 7. Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Gesundheit, der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft und B._ schriftlich mitgeteilt. Luzern, 31. März 2015 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Leuzinger Der Gerichtsschreiber: Hochuli
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Sachverhalt: A. Das Strafgericht des Seebezirks des Kantons Freiburg sprach X._ am 18. Dezember 2008 im Anklagepunkt II schuldig der qualifizierten Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel, begangen von 2003 bis 15. Februar 2005 in Biel und verschiedenen anderen Orten. In den Anklagepunkten III, IV und VI sprach es ihn vom Vorwurf des Hanfanbaus zur Betäubungsmittelgewinnung bzw. des Betäubungsmittelhandels frei. Es bestrafte X._ mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft. Die Strafe wurde als Zusatzstrafe zum Urteil des Strafgerichts des Seebezirks vom 24. August 2005 ausgesprochen (29 Monate Freiheitsstrafe wegen Betäubungsmittelhandels). Der Vollzug der Zusatzstrafe wurde bei einer Probezeit von vier Jahren aufgeschoben. Von einer Ersatzforderung sah das Strafgericht ab. Die Verfahrenskosten auferlegte es je zur Hälfte X._ und dem Staat Freiburg. B. B.a Der Strafappellationshof des Kantonsgerichts Freiburg bestätigte am 24. Januar 2011 das Urteil des Strafgerichts des Seebezirks in Abweisung der gegen die Strafzumessung und den Entscheid betreffend die Ersatzforderung erhobenen Berufung der kantonalen Staatsan-waltschaft (Ziff. 1 Dispositiv). B.b Gleichzeitig behandelte der Strafappellationshof das ihm mit Urteil der Strafkammer des Kantonsgerichts Freiburg vom 14. Januar 2011 übermittelte Entschädigungsgesuch von X._ auf Zusprechung der Hälfte der Anwaltskosten im Verfahren vor erster Instanz in der Höhe von Fr. 9'552.50, auf Ersatz des Ertragsverlusts in der Höhe von Fr. 179'389.85 wegen der am 19. September 2007 erfolgten Vernichtung der Hanfernte auf dem Grundstück A._ in Murten sowie auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens am Elektrozubehör von Fr. 2'400.40. Der Strafappellationshof wies das Gesuch vollumfänglich ab (Ziff. IV Dispositiv). C. X._ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, Ziff. IV des Urteils des Strafappellationshofs des Kantonsgerichts Freiburg sei aufzuheben und ihm seien Fr. 9'552.50 als Entschädigung für Anwaltskosten sowie Fr. 179'389.85 für Ertragsverlust infolge Vernichtung der Hanfernte 2007 zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen und diese anzuweisen, ihn für Anwaltskosten und Ertragsverlust infolge Erntevernichtung angemessen zu entschädigen. X._ ersucht ausserdem um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. D. Der Strafappellationshof des Kantonsgerichts Freiburg und die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg haben auf eine Stellungnahme zur Beschwerde verzichtet.
Erwägungen: 1. 1.1 Auf die Beschwerde gegen die Abweisung des Entschädigungsgesuchs ist gemäss Art. 80 in Verbindung mit Art. 130 Abs. 1 BGG (in der Fassung AS 2006 4213) einzutreten, obwohl die Vorinstanz zwar als oberste, aber einzige kantonale Instanz geurteilt hat. Die Beschwerde in Strafsachen ist in der vorliegenden Sache bezüglich der geltend gemachten Entschädigung für Anwaltskosten, die in engem Zusammenhang mit dem Strafverfahren stehen, wie auch bezüglich der verlangten Zusprechung für den Ertragsverlust infolge Vernichtung der Hanfernte 2007 zulässig (BGE 135 IV 43 E. 1.1 und E. 1.1.1). 1.2 Vorab ist das anwendbare Verfahrensrecht zu bestimmen. Am 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) in Kraft getreten. Deren Übergangsbestimmungen basieren auf dem Grundsatz, die bisherigen Verfahrensordnungen von Bund und Kantonen möglichst rasch durch die StPO zu ersetzen (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1350 Ziff. 2.12.2.1). Art. 448 StPO legt dementsprechend fest, dass Verfahren, die bei Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung hängig sind, nach neuem Recht fortgeführt werden, es sei denn, die nachfolgenden Bestimmungen sähen etwas anderes vor. Eine Bestimmung, die im letztgenannten Sinne vom Grundsatz abweicht, ist Art. 453 Abs. 1 StPO. Danach werden Rechtsmittel gegen einen Entscheid, der vor Inkrafttreten der StPO gefällt worden ist, nach bisherigem Recht und von den bisher zuständigen Behörden beurteilt. Vorliegend hatte die Vorinstanz nicht über einen erstinstanzlichen Entscheid zu befinden, sondern das Entschädigungsgesuch des Beschwerdeführers als einzige Instanz zu beurteilen. Diese Konstellation fällt nicht unter Art. 453 Abs. 1 StPO. Nach dem Grundsatz von Art. 448 StPO ist deshalb - wovon die Vorinstanz zu Recht ausgeht - die Schweizerische Strafprozessordnung anwendbar, zumal diese auch die Entschädigungsansprüche abdeckt, welche unter Art. 242 aStPO/FR geltend gemacht werden konnten. 2. Der Beschwerdeführer hält die Verweigerung der Entschädigung der geltend gemachten hälftigen Anwaltskosten für bundesrechtswidrig. 2.1 Gemäss Art. 429 Abs. 1 StPO hat die beschuldigte Person, die ganz oder teilweise freigesprochen wird, unter anderem Anspruch auf Entschädigung für die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Verfahrensrechte (lit. a). Nach Art. 430 Abs. 1 StPO kann die Strafbehörde eine Entschädigung oder Genugtuung herabsetzen oder verweigern, wenn die beschuldigte Person rechtswidrig oder schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat (lit. a). 2.2 Im Verfahren vor erster Instanz war über vier Anklagepunkte zu entscheiden. In einem Punkt wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, in den übrigen Punkten wurde er freigesprochen. Ausgehend hievon auferlegte die erste Instanz dem Staat Freiburg und dem Beschwerdeführer die Verfahrenskosten je zur Hälfte. 2.3 Die Vorinstanz verweigert die geltend gemachte Entschädigung für Anwaltskosten betreffend die ergangenen Freisprüche im erstinstanzlichen Verfahren mit der Begründung, den Beschwerdeführer treffe ein Verschulden im Sinne von Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO insofern, als er mit Hanf mit einem THC-Gehalt deutlich über dem neuralgischen Wert gehandelt habe (vgl. angefochtenen Entscheid, S. 18). 2.3 Die Vorinstanz verweigert die geltend gemachte Entschädigung für Anwaltskosten betreffend die ergangenen Freisprüche im erstinstanzlichen Verfahren mit der Begründung, den Beschwerdeführer treffe ein Verschulden im Sinne von Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO insofern, als er mit Hanf mit einem THC-Gehalt deutlich über dem neuralgischen Wert gehandelt habe (vgl. angefochtenen Entscheid, S. 18). 2.4 2.4.1 Diese Begründung, welche insbesondere im Zusammenhang mit dem Freispruch betreffend den Vorwurf des Hanfanbaus auf dem Grundstück A._ in Murten (Anklagepunkt VI) ergeht, überzeugt nicht. Zwar ergaben die auf dem Hanffeld und in der Scheune des Beschwerdeführers im Jahre 2007 beschlagnahmten Zweige und Hanfblüten bei ihrer Analyse unbestrittenermassen einen THC-Wert, der zwischen 2 und 2.7 % liegt. Gestützt auf diesen Wert alleine kann vom blossen Hanfanbau jedoch nach richtiger Ansicht in der Beschwerde nicht auf einen Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz geschlossen werden. Denn der Anbau von Betäubungsmittelhanf für andere Zwecke als die Betäubungsmittelgewinnung, wie beispielsweise für die Ölgewinnung, war nach dem damals geltenden Betäubungsmittelgesetz nicht verboten (aArt. 8 Abs. 1 lit. d BetmG; siehe hierzu auch BGE 130 IV 83 E. 1.1 S. 86, 126 IV 198 E. 2 S. 201 f., Urteil 6S.580/2006 E. 4.2 vom 6. Juli 2007). Die erste Instanz stellte in dieser Hinsicht verbindlich fest, dass der vom Beschwerdeführer auf dem Grundstück A._ angebaute Hanf - auch bei einem den neuralgischen Punkt überschreitenden THC-Wert - nicht für Betäubungsmittelzwecke bestimmt war, sondern in den Jahren 2003 bis 2006 unter Aufsicht und Tolerierung der Behörden zu ätherischem Öl destilliert wurde (erstinstanzliches Urteil, S. 19 und 20). Die Destillation der Hanfernte 2007 unter polizeilicher Aufsicht war für den 19. oder 20. September 2007 vorgesehen, also ein bzw. zwei Tage nach der angeordneten Hanfvernichtung (kantonale Akten, act. 5097, Urteil der Strafkammer des Kantonsgerichts vom 20. Dezember 2007, S. 5 Ziff. 3b). Der Beschwerdeführer wurde in Bezug auf den Vorwurf des Hanfanbaus auf dem Grundstück A._ freigesprochen, weil der Hanf nicht zur Betäubungsmittelgewinnung angebaut und verwendet wurde (erstinstanzliches Urteil, S. 20 ). Vor diesem Hintergrund, namentlich in Anbetracht des ausgewiesenen legalen Hanfanbaus bzw. der legalen Hanfverarbeitung unter behördlicher Aufsicht, geht es nicht an, dem Beschwerdeführer einzig gestützt auf den festgestellten THC-Gehalt von mehr als 0,3 % ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten im Sinne von Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO anzulasten, welches die Einleitung eines Strafverfahrens aus objektiv gerechtfertigten Gründen bewirkt haben soll. Ein solches Verhalten seitens des Beschwerdeführers ist unter den gegebenen Umständen nicht ersichtlich. Dass er sich in anderm Zusammenhang wegen Hanfhandels strafbar machte, ändert hieran nichts bzw. kann zur Begründung eines im Sinne von Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO vorwerfbaren Verhaltens in Bezug auf den in Frage stehenden Tatvorwurf nicht herangezogen werden. Die Verweigerung der Entschädigung für Anwaltskosten verstösst mithin gegen Bundesrecht. Das gilt auch für die beiden weiteren zur Diskussion stehenden Freisprüche. Diese erfolgten mangels Beweisen. Dem Beschwerdeführer konnten die ihm vorgeworfenen Handlungen - Verkauf und Vertrieb von Hanfblüten mittels Lieferanten von 2004 bis 23. Mai 2007 einerseits (Anklagepunkt III) und regelmässige Lieferungen einer insgesamt unbekannten Menge Marihuana an den Laden "B._ GmbH" von August 2005 bis 23. Februar 2007 andererseits (Anklagepunkt IV) - nicht zugeordnet und damit nicht nachgewiesen werden (vgl. erstinstanzliches Urteil, S. 13 und 18). Die erste Instanz schloss in ihren Erwägungen bezüglich beider Anklagepunkte eine Dritttäterschaft nicht aus (S. 18) bzw. hielt eine solche gar für "ziemlich wahrscheinlich" (S. 13). Inwiefern dem Beschwerdeführer unter diesen Umständen ein Verschulden im Sinne von Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO zur Last gelegt werden könnte, aufgrund dessen ein Strafverfahren zu Recht eingeleitet wurde, ist nicht erkennbar. Insbesondere lässt sich aus seiner blossen (stillen) Teilhaberschaft an "B._ GmbH" (vgl. erstinstanzliches Urteil, S. 14 und 17) keine Verpflichtung bzw. Verantwortung ableiten, welche eine zivilrechtlichen Grundsätzen angenäherte Haftung für ein fehlerhaftes Verhalten begründen könnte. 2.4.2 Abgesehen davon vermag der angefochtene Entscheid betreffend die Verweigerung der Entschädigung für Anwaltskosten auch aus einem weiteren Grund nicht zu überzeugen. Auszugehen ist davon, dass eine Kostenauflage nach Art. 426 Abs. 1 und 2 StPO in der Regel einen Anspruch auf Entschädigung ausschliesst. Die Entschädigungsfrage ist nach der Kostenfrage zu beantworten. Insoweit präjudiziert der Kostenentscheid die Entschädigungsfrage. Es gilt folglich der Grundsatz, dass bei Auferlegung der Kosten keine Entschädigung oder Genugtuung auszurichten ist, während bei Übernahme der Kosten auf die Staatskasse die beschuldigte Person Anspruch auf Entschädigung hat (vgl. ANDREAS DONATSCH/THOMAS HANSJAKOB/VIKTOR LIEBER, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), Zürich 2010, Art. 430 Rz. 2 und 7, mit Verweis auf die Botschaft; so schon unter altem Recht: NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl., Zürich 2004, S. 464 Rz. 1209). Vorliegend auferlegte die erste Instanz dem Staat Freiburg die Verfahrenskosten zur Hälfte und zwar wegen der ergangenen Freisprüche des Beschwerdeführers (vgl. erstinstanzliches Urteil, S. 28). Entsprechend wäre in Anwendung des erwähnten strafprozessualen Grundsatzes eine hälftige Entschädigung für die Anwaltskosten sachgerecht gewesen. Ohne diesen Grundsatz auch nur im Ansatz zu berücksichtigen bzw. ohne die Entschädigungsfrage im Hinblick auf den rechtskräftigen erstinstanzlichen Kostenentscheid zu beurteilen, lehnt die Vorinstanz vorliegend eine Entschädigung für Anwaltskosten ab. Gründe, welche allenfalls ein ausnahmsweises Abweichen vom Grundsatz des Anspruchs auf eine Parteientschädigung bei Kostenauflage an den Staat sachlich rechtfertigen könnten, führt die Vorinstanz nicht an und sind hier im Übrigen auch nicht ersichtlich. Die Beschwerde erweist sich daher auch unter diesem Gesichtswinkel als begründet. 2.4.3 Das angefochtene Urteil betreffend die Verweigerung der Entschädigung der geltend gemachten Anwaltskosten ist folglich aufzuheben und die Sache insoweit an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung zurückzuweisen. 3. Nach dem Dafürhalten des Beschwerdeführers verletzt die Verweigerung der geltend gemachten Entschädigung für den Ertragsausfall wegen Vernichtung der Hanfpflanzen/Hanfernte im Jahre 2007 Bundesrecht. 3.1 Sind gegenüber der beschuldigten Person rechtswidrige Zwangsmassnahmen angewandt worden, so spricht ihr die Strafbehörde gemäss Art. 431 Abs. 1 StPO eine angemessene Entschädigung [...] zu. 3.2 Als Zwangsmassnahmen gelten gemäss Art. 196 ff. StPO insbesondere die Untersuchungs- und Sicherheitshaft, die Vorladung, Vorführung, polizeiliche Anhaltung, vorläufige Festnahme, Durch- und Untersuchungen, Beschlagnahmungen und geheime Überwachungsmassnahmen. Bei der Einziehungsbeschlagnahme handelt es sich um eine vorläufige prozessuale Zwangsmassnahme (BGE 129 I 103 E. 2.1). Die Einziehungsbeschlagnahme mit anschliessender Zerstörung stellt eine Zwangsmassnahme und einen schweren Eingriff in die Eigentumsgarantie dar (BGE 130 I 360 E. 1.2). Zwangsmassnahmen sind rechtswidrig, wenn im Zeitpunkt ihrer Anordnung oder Fortsetzung die materiellen oder formellen gesetzlichen Voraussetzungen nach Art. 196 ff. StPO nicht erfüllt waren. Die beschuldigte Person ist unabhängig vom Verfahrensausgang bzw. von ihrem Verhalten für rechtswidrig angewandte Zwangsmassnahmen zu entschädigen (DONATSCH/HANSJAKOB/LIEBER, a.a.O., Art. 431 Rz. 1; STEFAN WEHRENBERG/IRENE BERNHARD, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Basel 2011, Art. 432 Rz. 5; CÉDRIC MIZEL/VALENTIN RÉTORNAZ, Commentaire Romand, CPP, Bâle 2011, n. 3 ss ad. art. 431 CPP; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, Zürich 2009, Art. 431 Rz. 1). 3.3 Die Ernte und Destillation des vom Beschwerdeführer auf dem Grundstück A._ in Murten angebauten Hanfs unter behördlicher Aufsicht war für den 19. bzw. 20. September 2007 vorgesehen. Am 18. September 2007 wurde das Hanffeld A._ untersuchungsrichterlich beschlagnahmt und die vorzeitige Vernichtung des freistehenden Hanfs sowie der zum Trocknen aufgehängten Pflanzen in der Scheune des Beschwerdeführers angeordnet. Am 19. September 2007 wurde der Hanf vernichtet. Die gegen die Vernichtungsverfügung eingereichte Beschwerde des Beschwerdeführers wurde mit Urteil der Strafkammer des Kantonsgerichts Freiburg vom 20. Dezember 2007 abgewiesen (kantonale Akten, act. 5097 ff.). Auf das vom Beschwerdeführer gegen dieses Urteil erhobene Rechtsmittel trat das Bundesgericht wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses aufgrund der bereits erfolgten Vernichtung des beschlagnahmten Hanfs nicht ein (Entscheid 1B_26/2008 vom 15. Februar 2008). Es wies in seinen Erwägungen allerdings ausdrücklich darauf hin, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Unrechtmässigkeit der Vernichtung der in Frage stehenden Hanfpflanzen und allfällige sich daraus ergebende Schadenersatzsprüche ohne weiteres Gegenstand des hängigen Strafverfahrens bilden könnten bzw. sich ohnehin erst gestützt auf das Ergebnis des Strafverfahrens abschliessend beurteilen liessen (E. 2). Damit hat das Bundesgericht die Frage der Rechtmässigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der vorliegenden Zwangsmassnahme der Vernichtung des beschlagnahmten Hanfs entgegen der Auffassung der Vorinstanz materiell nicht beurteilt, sondern offengelassen und insoweit - im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer angestrebte Beurteilung - auf das hängige Strafverfahren verwiesen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Auffassung der Vorinstanz, die Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit (der Zwangsmassnahme) für eine Entschädigung gemäss Art. 431 Abs. 1 StPO seien damit, d.h. mit dem bundesgerichtlichen Nichteintretensentscheid, nicht gegeben, als unzutreffend. Die Beschwerde ist folglich auch in diesem Punkt gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Die Sache geht damit zurück an die Vorinstanz zur Beurteilung der Rechtswidrigkeit bzw. Rechtmässigkeit der hier zur Diskussion stehenden Zwangsmassnahme der Hanfvernichtung unter Einschluss einer allfälligen Prüfung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Entschädigung für Ertragsverlust. 4. Die Beschwerde ist gutzuheissen, das vorinstanzliche Urteil vom 24. Januar 2011 aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Freiburg hat dem Beschwerdeführer die Parteikosten für das bundesgerichtliche Verfahren zu ersetzen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Die Entschädigung ist seinem Rechtsvertreter zuzusprechen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird damit gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Strafappellationshofs des Kantonsgerichts Freiburg vom 24. Januar 2011 aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird als gegenstandslos abgeschrieben. 3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 4. Der Kanton Freiburg hat dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. Christian von Wartburg, eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten. 5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg, Strafappellationshof, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. September 2011 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Mathys Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
4414acc3-a15c-4d1e-b715-66996fcb167d
de
2,012
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ (geb. 1987) stammt aus Mazedonien. Er reiste im Dezember 1991 im Rahmen eines Familiennachzugs in die Schweiz ein, wo er in der Folge über eine Niederlassungsbewilligung verfügte. Nach einer jugendrechtlichen Strafe wegen Sachbeschädigung im Jahre 2002 wurde er mit Urteil des Bezirksgerichts Weinfelden vom 18. Juni 2010 der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und der mehrfachen Gehilfenschaft zum Betäubungsmittelhandel schuldig gesprochen und zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt. X._ hat Heroin im Umfang von mehreren Kilos gelagert, befördert und vermittelt. B. Das Migrationsamt des Kantons Thurgau widerrief am 30. März 2011 die Niederlassungsbewilligung von X._ und wies ihn aus der Schweiz weg. Die hiergegen ergriffenen kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Rekursentscheid des Departements für Justiz und Sicherheit vom 20. Juni 2011 sowie Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. September 2011). C. X._ ist mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bzw. subsidiärer Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gelangt. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und vom Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung abzusehen; auf jeden Fall sei von einer Wegweisung Abstand zu nehmen. Er macht geltend, der Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung sei unverhältnismässig. Das Verwaltungsgericht, das Migrationsamt und das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau sowie das Bundesamt für Migration beantragen, die Beschwerde abzuweisen. X._ hat an seinen Ausführungen und Anträgen festgehalten. Der Abteilungspräsident legte der Beschwerde am 15. November 2011 aufschiebende Wirkung bei. D. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 12. Oktober 2012 öffentlich beraten.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend den Widerruf der Niederlassungsbewilligung zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c [e contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Gegen den kantonalen Wegweisungsentscheid ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegeben (Art. 83 lit. c Ziff. 4 und Art. 113 BGG), soweit die Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht wird (Art. 115 und 116 BGG; vgl. BGE 137 II 305 ff.). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Eingabe einzutreten. 2. 2.1 Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist, wobei mehrere unterjährige Strafen bei der Berechnung nicht kumuliert werden dürfen (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG [SR 142.20]; BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381; 137 II 297 E. 2). Keine Rolle spielt, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde (Urteil 2C_515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.1). Ein Widerruf ist auch möglich, wenn der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen oder diese gefährdet hat (Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG). Die Praxis geht hiervon aus, wenn er durch sein Handeln besonders hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht hat, sich von strafrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lässt und sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zeigt, dass er auch künftig weder gewillt noch fähig erscheint, sich an die Rechtsordnung zu halten (BGE 137 II 297 E. 3 S. 302 ff.; Urteile 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.2 und 2C_310/2011 vom 17. November 2011 E. 5). Die genannten Widerrufsgründe gelten auch, falls der Ausländer sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss im Land aufgehalten hat (Art. 63 Abs. 2 AuG). 2.2 Mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten (bedingt) ist der Widerrufsgrund von Art. 62 lit. b (i.V.m. Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG) gegeben, was der Beschwerdeführer nicht bestreitet. Die Vorinstanz hat zudem angenommen, dass ein schwerwiegender Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegt; der Beschwerdeführer wendet sich auch nicht hiergegen. 2.2 Mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten (bedingt) ist der Widerrufsgrund von Art. 62 lit. b (i.V.m. Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG) gegeben, was der Beschwerdeführer nicht bestreitet. Die Vorinstanz hat zudem angenommen, dass ein schwerwiegender Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegt; der Beschwerdeführer wendet sich auch nicht hiergegen. 2.3 2.3.1 Nach Art. 63 AuG "kann" die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden. Die Massnahme muss - wie jedes staatliche Handeln - verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG). Zur Beurteilung der Frage, ob dies der Fall ist, sind namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3). Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit hier aufhält, soll zwar nur mit besonderer Zurückhaltung widerrufen werden, doch ist dies bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat (vgl. das Urteil 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.3 [Widerruf der Niederlassungsbewilligung eines hier geborenen 43-jährigen Türken] und der Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte [EGMR] Trabelsi gegen Deutschland vom 13. Oktober 2011 [Nr. 41548/06], Ziff. 53 ff., bezüglich der Ausweisung eines in Deutschland geborenen, wiederholt straffällig gewordenen Tunesiers). Bei schweren Straftaten, Rückfall und wiederholter Delinquenz besteht - überwiegende private oder familiäre Bindungen vorbehalten - auch in diesen Fällen ein öffentliches Interesse daran, zur Aufrechterhaltung der Ordnung bzw. Verhütung von (weiteren) Straftaten die Anwesenheit des Ausländers zu beenden (vgl. das Urteil 2C_903/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.1, nicht publ. in BGE 137 II 233; BGE 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190 [vier Jahre Zuchthaus; Raub, Brandstiftung, Betrug usw.]; 122 II 433 E. 3 [Einweisung in eine Arbeitserziehungsanstalt bzw. dreieinhalb Jahre Zuchthaus; Mord, qualifizierter Raub, Vergewaltigung]). 2.3.2 Bei schweren Straftaten, wozu auch Drogendelikte aus rein finanziellen Motiven gehören können, muss zum Schutz der Öffentlichkeit ausländerrechtlich selbst ein geringes Restrisiko weiterer Beeinträchtigungen der dadurch gefährdeten Rechtsgüter (Gesundheit; Leib und Leben usw.) nicht in Kauf genommen werden (BGE 130 II 176 E. 4.2 - E. 4.4 S. 185 ff. mit Hinweisen). Das Bundesgericht stuft - in Übereinstimmung mit der in Europa vorherrschenden Auffassung (vgl. die EGMR-Urteile Dalia gegen Frankreich vom 19. Februar 1998, Recueil 1998-I, S. 92 § 54 und Koffi gegen Schweiz vom 15. November 2012 [38005/07] § 65) - diesbezüglich das öffentliche Interesse an der Wegweisung bzw. an der Fernhaltung eines entsprechenden Täters hoch ein (BGE 129 II 215 E. 6 u. 7; 125 II 521 E. 4a/aa S. 527). Der Drogenhandel ist eine der in Art. 121 Abs. 3 BV (Fassung vom 28. November 2010) genannten Anlasstaten, die nach dem Verfassungsgeber dazu führen soll, dass der entsprechende Täter aus der Schweiz ausgewiesen und mit einem Einreiseverbot belegt wird. Der entsprechenden Wertung ist im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK bzw. der Anwendung von Art. 96 AuG insoweit Rechnung zu tragen, als dies zu keinem Widerspruch zu übergeordnetem Recht bzw. zu Konflikten mit dem Beurteilungsspielraum führt, den der EGMR den einzelnen Konventionsstaaten bei der Umsetzung ihrer Migrations- und Ausländerpolitik im Rahmen des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens belässt. Der Grundsatz, wonach unter mehreren möglichen Auslegungen diejenige zu wählen ist, die der Verfassung am besten entspricht, ist allgemein anerkannt (statt vieler BGE 131 II 562 E. 3.5; 131 III 623 E. 2.4.4 S. 630; 131 IV 23 E. 3.1, 160 E. 3.3.1; 130 II 65 E. 4.2 S. 71) und bezieht sich insbesondere auch auf Verfassungsbestimmungen, die - wie die Regelung in Art. 121 Abs. 3 - 6 BV (vgl. das zur Publikation bestimmte Urteil 2C_828/2011 vom heutigen Tag) - nicht unmittelbar anwendbar sind (vgl. BGE 131 V 9 E. 3.5.1.2 S. 16). 2.3.3 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stützt sich bei der Beurteilung der Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Massnahmen im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK (Schutz des Privat- und Familienlebens) auf die gleichen Aspekte wie die bundesgerichtliche Praxis, nämlich: (1) Die Art und Schwere der vom Betroffenen begangenen Straftaten, wobei besonders ins Gewicht fällt, ob er diese als Jugendlicher oder als Erwachsener begangen und es sich dabei um Gewaltdelikte gehandelt hat oder nicht; (2) die Dauer des Aufenthalts im Land, (3) die seit der Tatbegehung verstrichene Zeit und das Verhalten des Betroffenen während dieser, (4) die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Herkunftsland, (5) sein gesundheitlicher Zustand sowie (6) die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der Fernhaltung (vgl. etwa die EGMR-Urteile Emre gegen die Schweiz vom 22. Mai 2008 [Nr. 42034/04] § 64 ff. [Verurteilung zu insgesamt 18 1⁄2 Monaten Freiheitsentzug wegen Drohung, Körperverletzung, Tätlichkeiten, Diebstahls usw. - Verletzung von Art. 8 EMRK] und Urteil Boultif gegen die Schweiz vom 2. August 2001 [Nr. 54273/00] § 46 ff. [Verurteilung wegen Raubes zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren - Verletzung von Art. 8 EMRK]). Nach der Praxis des EGMR überwiegt bei Betäubungsmitteldelikten (ohne Konsum) regelmässig das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts, falls keine besonderen persönlichen oder familiären Bindungen im Aufenthaltsstaat bestehen; ist die betroffene Person ledig und kinderlos, setzt sich tendenziell das öffentliche Fernhalteinteresse durch, sofern das Strafmass drei Jahre Freiheitsstrafe erreicht oder weitere erhebliche Delikte hinzukommen (vgl. KARL-GEORG MAYER, Systemwechsel im Ausweisungsrecht - der Schutz "faktischer Inländer" mit und ohne familiäre Bindungen nach dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK], in: Verwaltungs-Archiv 101/2010 S. 482 ff., dort S. 537). Im Urteil Balogun gegen Vereinigtes Königreich vom 10. April 2012 (Nr. 60286/09) verneinte der EMGR eine Verletzung von Art. 8 EMRK bei der Ausweisung eines mit drei Jahren eingereisten Nigerianers, der wegen Drogenhandels im Erwachsenenalter zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. In der Sache Maslov gegen Österreich vom 23. Juni 2008 (Nr. 1638/03) erkannte die Grosse Kammer auf eine Verletzung von Art. 8 EMRK in einem Fall, in dem es um die Aufenthaltsbeendigung eines als Kind eingereisten, wegen verschiedener Delikte (gewerbsmässigen Bandendiebstahls, Bandenbildung, Erpressung, Köperverletzung usw.) zu 18 und 15 Monaten Freiheitsstrafe verurteilten drogenabhängigen Bulgaren ging (vgl. dort Ziff. 77 ff.). Hinsichtlich des Strafrahmens von drei Jahren ist zu berücksichtigen, dass Drogendelikte nicht überall in gleicher Art verfolgt und bestraft werden, weshalb die entsprechende Grenze nur als Richtwert dienen kann; ausschlaggebend sind immer die Umstände des Einzelfalls. 3. 3.1 Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau hat den genannten Aspekten angemessen Rechnung getragen und die widerstreitenden Interessen korrekt gegeneinander abgewogen; sein Entscheid verletzt weder Bundes(verfassungs)- noch Konventionsrecht: Der Beschwerdeführer wurde wegen Vermittelns, Beförderns und Lagerns einer erheblichen Menge Heroin zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten bedingt verurteilt; er hat im Drogenmilieu verschiedene Gehilfenhandlungen im Zusammenhang mit insgesamt rund 4 Kilogramm Heroin erbracht und damit die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen gefährdet. Zwar trat er nicht als Haupttäter auf, doch unterstützte er diesen aktiv über rund zwei Monate hinweg; erst die Verhaftung setzte seiner Delinquenz ein Ende. Der Beschwerdeführer befand sich in keiner finanziellen oder persönlichen Notlage; auch war er nicht selber abhängig. Weder die Beziehungen zu seiner hier aufenthaltsberechtigten Familie (Eltern, Geschwister) noch die von ihm heute hervorgehobene Integration in der Schweiz vermochten ihn davon abzuhalten, sich in entscheidender Weise am Drogenhandel zu beteiligen. Obwohl er zurzeit der Tat erst knapp 20 Jahre alt war, kann nicht gesagt werden, dass es sich dabei um Jugendkriminalität gehandelt hätte. Die zur Diskussion stehenden Tatbeiträge gehen klarerweise hierüber hinaus, auch wenn der Beschwerdeführer unüberlegt und in erster Linie unter dem Druck der Gruppe gehandelt haben will. Die Tatsache, dass er aus reiner Gefälligkeit tätig geworden ist, weist auf eine gewisse Beeinflussbarkeit hin, welche weitere Straftaten nicht ausschliesst. 3.2 Im Vergleich zu dem im Verfahren 2C_828/2011 beurteilten Fall eines Tatkomplizen ist der Beschwerdeführer schwerer straffällig geworden. Wurde jener wegen der Beteiligung bezüglich eines Kilogramms Heroin zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten (bedingt) verurteilt, ist gegen ihn eine Strafe von 24 Monaten (bedingt) ergangen. Seine kriminelle Energie war grösser als jene seines Komplizen. Dieser hat sich in der Schweiz gesamthaft zudem besser eingelebt: Er ist zuvor nie - auch nicht jugendrechtlich - straffällig geworden; überdies hat er eine Anlehre abgeschlossen und ist er auf dem Arbeitsmarkt integriert. Der Beschwerdeführer verfügt seinerseits über keine abgeschlossene Berufsausbildung und war von April 2009 bis Oktober 2010 arbeitslos. Zwar ist er heute verlobt, doch lebt das Paar erst seit September 2011 zusammen. Seine Verlobte, welche am 31. Juli 2009 eingebürgert wurde, hält sich seit zehn Jahren in der Schweiz auf, stammt jedoch ursprünglich ebenfalls aus Mazedonien; sie kennt die dortigen Verhältnisse und Gebräuche. Es ist ihr somit zumutbar, den Beschwerdeführer gegebenenfalls auch in ihre frühere Heimat zu begleiten. Dies gilt umso mehr, als sie mit Blick auf die Schwere der Straffälligkeit ihres Verlobten nicht ohne Weiteres davon ausgehen durfte, ihre Beziehung künftig in der Schweiz leben zu können. Der Beschwerdeführer weist daraufhin, dass er in Mazedonien kaum mehr über Familienangehörige verfügt; er vermag damit indessen nicht darzutun, dass er keinerlei Beziehungen mehr zu seiner Heimat unterhielte, zumal er seine Straftaten mit Landsleuten begangen hat und er Albanisch spricht, womit er in seiner Heimat zumindest in einer Minderheitensprache wird kommunizieren können. Die Beziehungen zu seinen Familienangehörigen kann er von dort aus besuchsweise bzw. über die neuen Kommunikationsmittel aufrechterhalten. Dass der Beschwerdeführer sich seit seiner Verhaftung bzw. Verurteilung nichts mehr hat zuschulden kommen lassen, spricht nicht zwingend gegen eine Rückfallgefahr, befand er sich doch in der strafrechtlichen Probezeit; zudem war das aufenthaltsrechtliche Widerrufsverfahren noch hängig. Wenn ausländischen Staatsangehörigen bei Straffälligkeit schliesslich fremdenrechtlich andere Konsequenzen drohen als Schweizer Bürgern, liegt dies in der Natur der Sache; es besteht mit der Staatsbürgerschaft diesbezüglich ein sachlicher Grund für die behauptete Ungleichbehandlung. 4. Unter diesen Umständen rügt der Beschwerdeführer auch in der subsidiären Verfassungsbeschwerde zu Unrecht, seine Wegweisung verstosse gegen Art. 8 EMRK: Bei der Wegweisung handelt es sich um die normale Folge des Widerrufs der Bewilligung (Art. 64 Abs. 1 lit. c AuG). Ist dieser mit Art. 8 EMRK vereinbar, so verstösst auch die daran geknüpfte Wegweisung nicht gegen das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens. Dass sie im vorliegenden Fall andere verfassungsmässige Rechte (z.B. Art. 25 Abs. 3 BV oder Art. 3 EMRK) verletzen würde, behauptet der Beschwerdeführer zu Recht nicht. 5. Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet und sind deshalb abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer für dieses kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen. 2. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 12. Oktober 2012 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
44961996-06b8-4f88-8190-5d3a384fb917
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Fatti: A. A._ è stato arrestato l'11 maggio 2010, siccome accusato d'essere il responsabile della morte di B._ avvenuta il 22 agosto 2009 presso un'area di sosta dell'autostrada. Egli, sentitosi offeso e oltraggiato dalle provocazioni di stampo omosessuale della vittima, l'avrebbe colpita con una gomitata e, caduta questa per terra, due volte con un piede. L'arresto è stato confermato il giorno seguente dall'allora Giudice dell'istruzione e dell'arresto (GIAR). Il 29 ottobre 2010 il Procuratore pubblico (PP) ha presentato una richiesta di proroga del carcere preventivo fino all'11 gennaio 2011, per poter concludere l'inchiesta e presentare l'atto d'accusa. Il 9 novembre seguente il GIAR ha accolto l'istanza. Con giudizio del 6 dicembre 2010 l'allora Camera dei ricorsi penali del Tribunale d'appello ha respinto un ricorso dell'interessato. B. Il 15 dicembre 2010 il PP ha chiesto un'ulteriore proroga del carcere preventivo fino all'11 febbraio 2011. Il 10 gennaio 2011 il Giudice dei provvedimenti coercitivi (GPC) l'ha accolta. Ammessa l'esistenza di gravi indizi di reato, ha rilevato che scopo della carcerazione preventiva per pericolo di recidiva, di cui all'art. 221 cpv. 1 lett. c del Codice di diritto processuale penale svizzero del 5 ottobre 2007 (CPP; RS 312.0), entrato in vigore il 1° gennaio 2011, è la tutela della sicurezza pubblica, finalità che si realizzerebbe in presenza di una prognosi di recidiva infausta, attestata in concreto da una perizia psichiatrica. C. Adita dall'interessato, con giudizio del 31 gennaio 2011, la Corte dei reclami penali del Tribunale d'appello del Cantone Ticino (CRP) ne ha respinto il ricorso. Ha ritenuto che scopo della citata norma è la prevenzione dei reati, per cui, considerate le sue finalità, l'elemento determinante e prevalente è la prognosi della recidiva, non da ultimo in relazione alla tutela dei diritti fondamentali di altre persone. Ha poi considerato che nella fattispecie il rischio di recidiva non può essere escluso mediante l'adozione di misure sostitutive. D. Avverso questa decisione A._ presenta un ricorso in materia penale al Tribunale federale. Chiede, in via preliminare, il beneficio dell'assistenza giudiziaria e il gratuito patrocinio e, in via principale, di annullare la decisione impugnata, di respingere l'istanza di proroga del carcere preventivo e di essere posto immediatamente in libertà provvisoria; in via subordinata, di sostituire la carcerazione preventiva con l'obbligo di residenza presso il suo domicilio, con o senza sorveglianza elettronica. E. La CRP rinvia alla propria decisione, come il GPC, il quale rileva che al ricorrente è stato revocato il gratuito patrocinio, in seguito alla sua scelta di nominare l'avv. Ravi quale patrocinatore di fiducia. Il PP osserva che, dopo la promozione dell'accusa per omicidio intenzionale (art. 111 CP), il procedimento è pendente presso la Corte delle Assise Criminali di Bellinzona. Aggiunge che nel frattempo il GPC ha accolto la domanda di carcerazione di sicurezza nei confronti del ricorrente. Postula quindi di respingere sia la domanda di assistenza giudiziaria sia il ricorso. Con osservazioni del 15 febbraio 2011, il ricorrente si esprime sull'ammissibilità del ricorso e sull'assistenza giudiziaria.
Diritto: 1. 1.1 La decisione impugnata, pronunciata il 31 gennaio 2011, è stata resa nell'ambito di un procedimento penale pendente al momento dell'entrata in vigore del CPP e si fonda (art. 448 cpv. 1 CPP) segnatamente sul suo art. 221, concernente i presupposti per la carcerazione preventiva o di sicurezza. Il gravame va quindi trattato come ricorso in materia penale ai sensi dell'art. 78 e segg. LTF (cfr. DTF 133 IV 335 consid. 2). La legittimazione del ricorrente è pacifica; il ricorso è tempestivo e il corso delle istanze cantonali è stato esaurito. La richiesta di scarcerazione immediata è ammissibile (art. 107 cpv. 2 LTF; DTF 133 I 270 consid. 1.1). 1.2 Nella replica il ricorrente rileva che l'8 febbraio 2011 il GPC ha accolto la domanda di carcerazione di sicurezza formulata dal PP. Egli, richiamando l'art. 212 cpv. 2 lett. a e lett. c CPP, afferma che questa nuova decisione, fondata sugli stessi motivi di quella impugnata, non renderebbe privo d'oggetto il gravame, poiché nell'ipotesi di un suo accoglimento la stessa dovrebbe essere revocata d'ufficio. L'accoglimento di continue domande di proroga della carcerazione impedirebbe inoltre l'esame giudiziario della fattispecie, la quale pone una questione giuridica di principio. Certo, un eventuale annullamento della decisione impugnata non parrebbe avere di primo acchito portata pratica, visto che il ricorrente rimarrebbe in carcere sulla base della decisione dell'8 febbraio 2011 del GPC. Nel caso di specie egli ha nondimeno un interesse pratico e attuale alla disamina dell'impugnativa (art. 81 cpv. 1 lett. b n. 1 LTF). In effetti, ricordato che i presupposti per la carcerazione preventiva o di sicurezza sono identici, anche quest'ultima si fonda, in concreto, esclusivamente sul citato pericolo di recidiva. Si è inoltre in presenza di una questione non meramente teorica ma di principio, che il Tribunale federale dovrà comunque vagliare: evidenti motivi di economia processuale impongono quindi di esaminare il merito della causa (DTF 136 I 274 consid. 1.3; sentenza 1B_9/2011 del 7 febbraio 2011 consid. 1). Ciò non vale tuttavia di massima, come si vedrà, per la mancata adozione delle richieste misure sostitutive della carcerazione, che non costituisce una decisione di principio ed è verosimilmente oggetto del preannunciato ricorso contro la decisione di carcerazione di sicurezza. 2. 2.1 Il ricorrente rileva che, trattandosi di una misura cautelare, egli può far valere soltanto la violazione di diritti costituzionali (art. 98 LTF). Adduce poi l'assenza di un interesse pubblico alla criticata misura poiché l'asserito limitato pericolo di recidiva attestato nella perizia giudiziaria non sarebbe sufficiente a giustificarla. Fa valere inoltre una violazione del principio di legalità e della separazione dei poteri, per avere la CRP interpretato la norma litigiosa in preteso contrasto con la volontà del legislatore. Ravvisa infine una lesione del principio della proporzionalità a causa della mancata adozione di misure sostitutive della carcerazione. 2.2 Riguardo al contestato pericolo di recidiva, nella perizia psichiatrica del 4 ottobre 2010 e nel verbale di delucidazione del 7 dicembre seguente si afferma che il ricorrente, sia al momento dei fatti sia attualmente, sarebbe affetto da una turba psichica nell'ambito di un disturbo della personalità di tipo narcisistico, con gravi tratti antisociali (ICD 10, F 60.8 della scala diagnostica). Secondo il perito, che fornisce due spiegazioni diverse (versione A, fondata sulle dichiarazioni del ricorrente, ossia reato perpetrato in preda a un "raptus"; versione B, frutto di un'ipotesi della psichiatra, secondo la quale egli avrebbe raggiunto il luogo del delitto dietro un preciso disegno volto a cercare la vittima probabilmente per chiarire e puntualizzare la sua non-omosessualità), il reato troverebbe la sua spiegazione in una problematica narcisistica, con un'omosessualità che il ricorrente non potrebbe ammettere coscientemente. Questa turba sarebbe permanente e di lunga durata, aggravata da tratti antisociali e di difficile cura. Per guarirla sarebbe necessario un trattamento psicoterapico a lungo termine, effettuato da un terapeuta esperto, che tuttavia non può essere imposto contro la volontà del ricorrente: questi non aveva espresso l'accordo a sottoporsi a una siffatta terapia. Nella delucidazione orale della perizia, l'esperto sostiene che senza il citato lungo trattamento il ricorrente rimane a rischio di recidiva. In relazione a questo pericolo, il perito rileva poi che il reato è avvenuto in una particolare e precisa situazione a sfondo sessuale: la possibilità di commettere un nuovo reato sarebbe strettamente inerente a questo ambito finché l'omosessualità viene risentita come dissintona, quindi per lui non accettabile. Ne ha concluso di non ritenere che "al di fuori di questa particolare situazione che si è venuta a configurare (...) il peritando sia a rischio di commettere reati", precisando che "al momento attuale il rischio di commettere nuovi reati dello stesso tipo è legato alle particolari circostanze in cui sarebbe stato commesso il reato ed inerente la sfera sessuale". Anche tenuto conto delle parziali e generiche critiche appellatorie mosse al referto peritale (art. 42 cpv. 2 LTF; DTF 136 II 304 consid. 2.4 e 2.5; 136 IV 117 consid. 2.3 inedito; 134 I 140 consid. 5.4), che non ne dimostrano l'insostenibilità, spetterà in definitiva al giudice del merito valutarne compiutamente la portata. 2.3 Il litigio verte, oltre che sulla mancata adozione di misure sostitutive alla carcerazione, sostanzialmente sull'applicazione dell'art. 221 CPP, dal tenore seguente: "1 La carcerazione preventiva o di sicurezza è ammissibile soltanto quando l'imputato è gravemente indiziato di un crimine o un delitto e vi è seriamente motivo da temere che: a. si sottragga con la fuga al procedimento penale o alla prevedibile sanzione; b. influenzi persone o inquini mezzi di prova, compromettendo in tal modo l'accertamento della verità; o c. minacci seriamente la sicurezza altrui commettendo gravi crimini o delitti, dopo aver già commesso in precedenza reati analoghi. 2 La carcerazione è pure ammissibile se vi è seriamente da temere che chi ha proferito la minaccia di commettere un grave crimine lo compia effettivamente." 2.4 Il ricorrente non contesta, ritenendola pacifica e ammessa, la sussistenza di gravi e seri indizi di colpevolezza. Né in concreto si è in presenza del pericolo di fuga e di collusione o di inquinamento di mezzi di prova. Litigiosa è unicamente l'interpretazione del pericolo di recidiva ai sensi dell'art. 221 cpv. 1 lett. c CPP. 2.5 A sostegno del mantenimento della carcerazione, il PP, fondandosi sulla perizia psichiatrica e sul relativo verbale di delucidazione, ha addotto il pericolo di recidiva, suffragato da una prognosi infausta e dalla gravità dei crimini, dei quali si teme la commissione futura. Nella decisione di proroga del 10 gennaio 2011, il GPC ha ritenuto che, al di là di un'interpretazione letterale della norma, il pericolo di recidiva, anche in assenza di reati analoghi commessi in precedenza, può fondarsi su un elemento di prova oggettivo, quale una perizia psichiatrica che concluda per un siffatto pericolo e sulla pericolosità del prevenuto. 2.6 Riguardo al pericolo di recidiva, la CRP, circa la relativa concretezza, ha rimandato alla precedente sentenza confermandone l'esistenza. Ha invece ritenuto che, sotto il profilo giuridico, la situazione è mutata con l'entrata in vigore del CPP. Al riguardo, essa ha constatato che il testo legale non è perfettamente chiaro, per cui la sua interpretazione non può limitarsi solo a quella letterale. Ha rilevato che dai lavori preparatori risulta che lo scopo della norma litigiosa è la prevenzione, ossia un motivo di carcerazione non propriamente procedurale, bensì una misura preventiva e coercitiva di polizia (rapporto esplicativo, pag. 157). Insistendo sulla finalità della norma, essa ha dedotto che un'interpretazione eccessivamente restrittiva e rigida della condizione relativa ai reati anteriori, come quella deducibile dall'interpretazione storica, può quindi contraddire la finalità e lo scopo stessi perseguiti dall'art. 221 cpv. 1 lett. c CPP e comportare risultati manifestamente insostenibili, in evidente contrasto con la volontà del legislatore. Del resto, nei casi di reati violenti, la recidiva sarebbe spesso dedotta più da valutazioni peritali che non da precedenti analoghi. La CRP ha quindi privilegiato un'interpretazione logica e teleologica della norma rispetto a quella meramente letterale e storica. Nell'ottica dello scopo di prevenzione perseguito dalla norma in discussione, la CRP ha poi ricordato che la recente casistica dimostrerebbe che simili situazioni (di disturbi psichici all'origine di reati gravi e di seri rischi di recidiva) sarebbero sempre più frequenti. Ne ha concluso, premessa l'esistenza di pesanti indizi di un grave crimine o delitto, che in presenza di disturbi psichici e di un pericolo di recidiva accertati da una perizia giudiziaria, quest'ultima può sostituire l'esigenza della commissione in precedenza di reati analoghi. 3. 3.1 Per interpretare una norma di legge ci si riferisce in primo luogo al suo tenore letterale. Secondo la giurisprudenza, ci si discosta dal senso letterale di un testo chiaro, facendo capo all'interpretazione, solamente qualora delle ragioni obiettive inducano a ritenere ch'esso non restituisce il vero significato della disposizione in esame. Simili ragioni possono risultare dai lavori preparatori, dallo scopo e dal senso della disposizione legale, così come dalla sistematica della legge. Se il testo di una norma non appare invece completamente chiaro o si presta a diverse possibili interpretazioni, la sua portata viene allora determinata tenendo conto dei lavori preparatori (interpretazione storica), del suo senso e scopo (interpretazione teleologica), nonché della sua relazione con altri disposti (interpretazione sistematica). Il Tribunale federale non privilegia un criterio d'interpretazione in particolare: per accedere al senso di una norma preferisce, pragmaticamente, ispirarsi a un pluralismo interpretativo (DTF 135 II 243 consid. 4.1; 135 III 483 consid. 5.1). 3.2 L'art. 212 CPP enuncia il principio, statuito dall'art. 9 n. 3 secondo periodo Patto ONU II (RS 0.103.2), secondo cui, pur non parlando di recidiva, la privazione della libertà costituisce l'eccezione, l'imputato restando di massima in stato di libertà durante il procedimento giudiziario (messaggio del 21 dicembre 2005 del Consiglio federale concernente l'unificazione del diritto processuale penale, FF 2006 pag. 1126 ad art. 210). Nel contesto della recidività, per evitare che siano poste in carcerazione preventiva persone sulla base di supposizioni poco fondate, l'art. 221 CPP prevede le citate limitazioni. 3.3 Nel rapporto della Commissione esperti "Aus 29 mach 1", del 1997, non si prevedevano condizioni particolari per la fattispecie della recidiva (pag. 111), mentre il rapporto esplicativo, richiamato come il CPP debba limitarsi a disciplinare in modo alquanto generale gli strumenti procedurali e in particolare le misure coercitive (pag. 145), rileva che, non trattandosi in linea di principio di un motivo di carcerazione propriamente procedurale, bensì di una misura preventiva e coercitiva di polizia, si rendono necessarie restrizioni legali. 3.4 Nel messaggio al CPP si ricorda che non tutti ma una gran parte dei codici processuali penali menzionano, seppure in forme diverse, il pericolo di recidiva quale motivo di carcerazione, se giustificato da due ragioni. La prima, se esso contribuisce a permettere la sollecita conclusione di un procedimento pendente, impedendo che l'imputato differisca o renda impossibile la fine del procedimento commettendo sempre nuovi atti di delinquenza. La seconda, che interessa nel caso di specie, se può servire soltanto per prevenire pericoli. In questo senso si tratta però di un provvedimento coercitivo di sicurezza di polizia. Secondo il messaggio, poiché il capoverso 1 lett. c dell'art. 221 CPP non esige che l'imputato abbia commesso un reato mentre era pendente il procedimento, il pericolo di recidiva, quale motivo di carcerazione, va inteso in questo secondo senso, ossia siccome teso a prevenire pericoli futuri (pag. 1132). Durante i dibattiti commissionali la norma litigiosa, che del resto a quel momento non trovava più riscontro in alcun codice di procedura penale cantonale, in sostanza non è stata oggetto di discussioni, se non per la definizione di "gravi crimini o delitti". Come rettamente rilevato dalle istanze cantonali, la dottrina non si esprime specificatamente sul tema litigioso, insistendo semmai sulla necessità e sul numero dei reati commessi in precedenza. 4. 4.1 Questa prevenzione speciale contro la commissione di reati, ritenuta dalla dottrina quale motivo principale della carcerazione ai sensi dell'art. 221 CPP, è espressamente prevista e ammessa quale motivo di carcerazione anche dall'art. 5 n. 1 lett. c CEDU, secondo cui la privazione della libertà è ammissibile quando vi sono ragioni plausibili per sospettare che l'interessato abbia commesso un reato o ci sono motivi fondati per ritenere necessario di impedirgli di commetterlo, pur ricordato che una siffatta ipotesi dev'essere ammessa con ritegno e la carcerazione ordinata e mantenuta soltanto quale "ultima ratio" (DTF 123 I 268 consid. 2c). Giova ricordare che la CEDU non esige la commissione, in precedenza, di reati analoghi. 4.2 In concreto si è in presenza di due differenti beni giuridici da proteggere: da una parte, la libertà personale del carcerato in attesa di giudizio e, dall'altra, la sicurezza pubblica e quindi i diritti fondamentali di terzi. Come visto, secondo il messaggio, il pericolo di recidiva dell'art. 221 cpv. 1 lett. c CPP ha lo scopo di prevenire pericoli e costituisce un provvedimento coercitivo di sicurezza. Nemmeno l'art. 5 n. 1 lett. c CEDU esige ulteriori presupposti per giustificare la privazione della libertà, quando vi sono motivi fondati, seri e concreti per ritenere necessario di impedire all'interessato di commettere un reato, decisivo essendo il criterio della sicurezza pubblica. 4.3 In effetti, la sicurezza pubblica non è meno compromessa dal pericolo serio e concreto che un imputato gravemente indiziato di un crimine o un delitto minacci seriamente la sicurezza altrui commettendone altri, pericolo derivante nel caso di specie dal comportamento e dall'accertata turba psichica del ricorrente, che quando vi è seriamente da temere che chi ha proferito la minaccia di commettere un grave crimine lo compia poi effettivamente, come previsto dall'art. 221 cpv. 2 CPP. Dalla perizia psichiatrica, dal relativo verbale di delucidazione e dagli accertamenti operati dalla Corte cantonale risulta infatti chiaramente che, nel caso di specie, la messa in libertà del ricorrente costituirebbe una minaccia grave, seria e concreta per la sicurezza pubblica. Ora, dall'interpretazione sistematica e teleologica dell'art. 221 cpv. 1 lett. c CPP in relazione al suo cpv. 2, risulta la volontà del legislatore, precisata nel messaggio, di tutelare in casi particolarmente gravi la sicurezza altrui prevenendo pericoli seri e concreti. 4.4 Nel caso in esame, ricordati la situazione personale del ricorrente e il suo rifiuto di sottoporsi al necessario citato trattamento psicoterapico di lunga durata, si è in presenza di un pericolo potenziale particolarmente intenso, grave e realistico, non altrimenti evitabile, se non con la carcerazione. Egli stesso ha ammesso la sussistenza di gravi e seri indizi di colpevolezza; si è inoltre in presenza di un crimine grave, in relazione al quale la perizia conclude in determinate condizioni per un chiaro pericolo di recidiva. Considerate le specificità di questo caso, appare manifesto che il legislatore non intendesse, in siffatte circostanze, esporre a un serio pericolo la sicurezza di altre persone. Decidere in senso contrario, tenuto conto della situazione psichica dell'imputato, della sua imprevedibilità o aggressività, significherebbe esporre a un rischio irresponsabile le vittime potenziali di nuovi, gravi atti di violenza (cfr. DTF 123 I 268 consid. 2d pag. 271). In concreto decisiva è quindi la circostanza che la sicurezza altrui non è meno minacciata in questo specifico caso che in quello previsto dalla fattispecie dell'art. 221 cpv. 2 CPP. Infine, sempre per quanto riguarda il caso di specie, il principio della celerità del procedimento penale è rispettato, l'atto di accusa per omicidio intenzionale (art. 111 CP) è già stato emanato e la carcerazione, che perdura da dieci mesi, non appare sproporzionata rispetto alla presumibile pena (DTF 133 I 270 consid. 3.4.2 pag. 281). 4.5 Ne segue che nella fattispecie le autorità cantonali non hanno violato i diritti costituzionali del ricorrente, la criticata carcerazione essendo giustificata dall'interesse pubblico e dalla protezione dei diritti fondamentali altrui (art. 36 cpv. 2 Cost.). Ciò non vuole dire che l'art. 221 cpv. 1 lett. c CPP possa indiscriminatamente essere applicato anche in assenza di reati pregressi, ma lo può essere solo con grande ritegno, in presenza di gravi crimini o delitti e di un pericolo serio e concreto per le potenziali vittime. Spetterà alla giurisprudenza delimitarne, di caso in caso, con particolare circospezione la sua applicazione, tenendo conto delle specificità delle singole, differenti fattispecie. 5. 5.1 La CRP ha ritenuto che il pericolo di recidiva non può essere adeguatamente impedito o escluso mediante l'adozione di misure sostitutive, segnatamente con l'obbligo per il ricorrente di rimanere al proprio domicilio. Ha infatti stabilito che, a causa del disturbo diagnosticato e della realizzazione di una situazione a rischio, basterebbero pochi istanti perché egli possa nuovamente incorrere in un comportamento violento e omicida. Vi osterebbe inoltre la circostanza che la legislazione cantonale prevede gli arresti domiciliari soltanto per l'esecuzione di determinate pene. Secondo i giudici cantonali spetterà quindi al Cantone valutare se adottare specifiche norme d'attuazione alle misure sostitutive previste dall'art. 237 cpv. 2 lett. c CPP, oltre l'obbligo di dimora. 5.2 Quest'ultima conclusione non regge. In effetti, di massima, le misure sostitutive della detenzione preventiva (al riguardo vedi DTF 133 I 270 consid. 3.3.1), comportando una restrizione meno grave della libertà personale rispetto alla carcerazione, s'impongono anche in assenza di una base legale esplicita (DTF 133 I 27 consid. 3.2 pag. 30). D'altra parte, il ricorrente adduce che la possibilità di essere esposto a provocazioni omosessuali esplicite, insistenti e pubbliche da parte di persone di sesso maschile sarebbe superiore in carcere rispetto al suo ambiente domestico. Queste critiche, non del tutto prive di fondamento, ma che non potrebbero essere tuttavia decisive nel quadro dell'esecuzione di un'eventuale pena privativa della libertà, non devono essere esaminate oltre, ricordato che sono o possono essere oggetto di esame da parte delle autorità cantonali. 6. Ne segue, che il ricorso dev'essere respinto. La domanda di assistenza giudiziaria, vista la situazione finanziaria del ricorrente, nonché quella di gratuito patrocinio dinanzi al Tribunale federale, possono essere accolte (art. 64 cpv. 1 e 2 LTF).
Per questi motivi, il Tribunale federale pronuncia: 1. Il ricorso è respinto. 2. Al ricorrente viene concessa l'assistenza giudiziaria. 3. Non si prelevano spese giudiziarie. 4. L'avv. Yasar Ravi viene designato patrocinatore del ricorrente per la procedura innanzi al Tribunale federale. La Cassa del Tribunale federale gli verserà un'indennità di fr. 2'000.--. 5. Comunicazione al patrocinatore del ricorrente, al Ministero pubblico, al Giudice dei provvedimenti coercitivi e alla Corte dei reclami penali del Tribunale di appello del Cantone Ticino,
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Faits: A. La Société suisse de Zofingue (ci-après: la Société suisse), constituée en 1820, est une association d'étudiants dont les statuts visent notamment à "former des personnalités capables d'assumer des responsabilités civiques", ainsi qu'à étudier "des problèmes politiques et économiques suisses et des questions universitaires, culturelles et sociales" (cf. art. 1er des Statuts centraux du 1er juillet 1972). Elle comporte différentes sections, dont la Section vaudoise de la Société suisse de Zofingue (ci-après: la Section vaudoise), qui est elle-même une association au sens du Code civil suisse, avec siège à Lausanne. Son but consiste, outre les objectifs poursuivis par la Société suisse, à cultiver "l'amitié, les libertés individuelles et la culture" (art. 2 des statuts de la Section vaudoise du 5 décembre 2006, ci-après: les Statuts/VD). Pour être membre actif de la Section vaudoise, il faut avoir dix-huit ans révolus, être de sexe masculin, être immatriculé dans une des Hautes Ecoles de Suisse, accomplir la procédure d'admission et être admis aux deux tiers des voix (art. 6 Statuts/VD; cf. art. 8 Statuts centraux). B. B.a. Dès 1994, la Section vaudoise a bénéficié de fait d'un statut d'association reconnue par l'Université de Lausanne (ci-après: l'Université). Par lettre du 15 mai 2007, cette dernière a informé la Section vaudoise que le statut de l'ensemble des associations serait reconsidéré sur la base d'une nouvelle directive adoptée la même année par la Direction de l'Université. Saisie d'une requête de la Section vaudoise tendant à la confirmation de son statut antérieur, la Direction de l'Université, le 30 janvier 2008, a refusé de lui accorder le statut d'association universitaire, au motif que celle-ci excluait les femmes de son sociétariat. La Section vaudoise a recouru contre cette décision auprès de la Commission de recours de l'Université de Lausanne (ci-après: la Commission de recours), qui l'a déboutée par prononcé du 22 mai 2008. Sur recours, la Cour de droit administratif et public du Tribunal cantonal du canton de Vaud (ci-après: le Tribunal cantonal) a, le 16 septembre 2009, annulé le prononcé du 22 mai 2008 au motif que l'Université n'était pas habilitée à refuser la reconnaissance de la Section vaudoise en raison de son sociétariat limité aux personnes de sexe masculin, et a renvoyé la cause à la Commission de recours pour qu'elle examine si les autres conditions permettant la reconnaissance universitaire étaient remplies. Le recours de l'Université dirigé contre cet arrêt incident de renvoi a été déclaré irrecevable par le Tribunal fédéral (arrêt 2C_687/2009 du 17 février 2010). B.b. A la suite de diverses péripéties procédurales et d'actes d'instruction, la Direction de l'Université, par décision du 25 novembre 2011, a constaté que la Section vaudoise n'était pas une association universitaire, aux motifs que seule la minorité de ses membres appartenait en 2010 à la communauté universitaire et qu'il était impossible pour les femmes d'y adhérer, contrairement aux missions de l'Université, à sa charte et aux principes qu'elle devait respecter. Par arrêt du 3 mai 2012, la Commission de recours a rejeté le recours formé par la Section vaudoise à l'encontre de la décision du 25 novembre 2011. Saisi d'un recours de la Section vaudoise contre l'arrêt du 3 mai 2012, le Tribunal cantonal l'a admis et a réformé l'arrêt, "en ce sens que celui-ci réforme la décision de la Direction de l'Université du 29 août 2011 et maintient la recourante dans son statut d'association universitaire de [l'Université], respectivement constate qu'elle dispose de cette qualité". C. L'Université forme un recours en matière de droit public auprès du Tribunal fédéral contre l'arrêt du Tribunal cantonal du 28 mars 2013. Elle conclut, avec suite de frais et dépens, à l'annulation de l'arrêt, subsidiairement à sa réforme, "en ce sens qu'il est constaté que la Section vaudoise n'a pas la qualité d'association universitaire". Le Tribunal cantonal s'en remet à justice s'agissant de la recevabilité du recours et conclut à son rejet. La Section vaudoise conclut, sous suite de frais et dépens, à l'irrecevabilité, subsidiairement au rejet du recours de l'Université. Cette dernière, dans ses observations du 3 septembre 2013, a insisté sur le caractère recevable de son recours. D. Le 21 mars 2014, la Cour de céans a délibéré sur le présent recours en séance publique.
Considérant en droit: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (art. 29 al. 1 LTF; ATF 140 I 90 consid. 1 p. 92; 139 V 42 consid. 1 p. 44). 1.1. L'arrêt attaqué est une décision finale (art. 90 LTF), rendue en dernière instance cantonale par un tribunal supérieur (art. 86 al. 1 let. d et al. 2 LTF) dans une cause de droit public (art. 82 let. a LTF; cf. arrêt 2C_687/2009 du 17 février 2010 consid. 1.1) ne tombant pas sous le coup des exceptions de l'art. 83 LTF. La voie du recours en matière de droit public est donc en principe ouverte. 1.2. Encore faut-il que l'Université dispose de la qualité pour recourir, ce que conteste l'intimée. Le droit de recourir des collectivités publiques est visé en premier lieu par l'art. 89 al. 2 LTF. Toutefois, lorsque les conditions de cet alinéa ne sont pas remplies, il faut examiner si l'autorité peut se prévaloir de l'art. 89 al. 1 LTF (ATF 140 I 90 consid. 1.2 p. 93; arrêt 2C_1016/2011 du 3 mai 2012 consid. 1.2.1, non publié in ATF 138 I 196). 1.2.1. L'art. 89 al. 2 let. c LTF (cf. aussi art. 189 al. 1 let. e Cst.) donne la qualité pour recourir aux collectivités de droit public qui invoquent la violation de garanties qui leur sont reconnues par la Constitution fédérale ou cantonale. La Constitution cantonale vaudoise du 14 avril 2003 (RS/VD 101.01) ne confère pas de telles garanties, ni un statut autonome particulier à l'Université, ce que la recourante ne prétend du reste pas. Sur le plan du droit cantonal, l'autonomie universitaire est uniquement ancrée au niveau législatif, soit aux art. 1 et 5 de la loi du 6 juillet 2004 sur l'Université de Lausanne [LUL/VD; RS/VD 414.11]. En revanche, il est possible de déduire la garantie de l'autonomie universitaire directement de l'art. 63a de la Constitution fédérale. Introduite en 2006 (RO 2006 3033), cette disposition, qui attribue des compétences parallèles en faveur de la Confédération en matière de promotion et de gestion des universités (cf. Pascal Mahon, ad art. 63 Cst., in Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 [Aubert/Mahon (éd.) ], 2003, n. 10 p. 521; Giovanni Biaggini, BV-Kommentar, ad art. 63a Cst., 2007, n. 5 p. 391), prévoit en effet à son al. 3: "La Confédération et les cantons veillent ensemble à la coordination et à la garantie de l'assurance de la qualité dans l'espace suisse des hautes écoles. Ce faisant, ils tiennent compte de l'autonomie des hautes écoles et des différentes collectivités responsables, et veillent à l'égalité de traitement des institutions assumant des tâches de même nature". La mention expresse de l'autonomie dont disposent les hautes écoles, fédérales comme cantonales, fonde une obligation constitutionnelle à charge des collectivités publiques de reconnaître cette autonomie dans leurs ordres juridiques respectifs; la marge de manoeuvre que possèdent ces dernières ne concerne partant plus le principe même de l'autonomie, qui est constitutionnellement acquis, mais uniquement son ampleur et ses modalités concrètes (Ehrenzeller/Sahlfeld, ad art. 63a Cst., in Die schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, 2e éd., 2008, n. 18 p. 1176; cf. aussi Initiative parlementaire: article constitutionnel sur l'éducation - Rapport de la Commission de la science, de l'éducation et de la culture du Conseil national du 23 juin 2005, in FF 2005 5159, p. 5190). En vue de fonder sa qualité pour agir ou développer ses arguments de fond, la recourante ne se réfère certes pas à un numéro de disposition constitutionnelle spécifique. Elle n'en fait pas moins expressément valoir que son autonomie universitaire a été enfreinte par la juridiction précédente et y consacre, dans son mémoire, des développements circonstanciés ce qui, au regard des exigences de motivation, suffit pour que le Tribunal fédéral retienne que la recourante s'est prévalue utilement du principe de l'autonomie (cf., mutatis mutandis, Bernard Corboz, ad art. 106 LTF, in Commentaire de la LTF, 2e éd., 2014, n. 34 p. 1258) et dispose de la qualité pour recourir sur la base de l'art. 89 al. 2 let. c LTF. 1.2.2. Au vu de ce qui précède, la question de savoir si l'Université peut de surcroît fonder sa qualité pour agir sur l'art. 89 al. 1 LTF, ce que conteste l'intimée (cf. réponse du 16 août 2013, p. 2 s.), souffre de demeurer ouverte. 1.3. Pour le surplus, le recours a été déposé en temps utile compte tenu des féries (art. 46 al. 1 let. a et 100 al. 1 LTF) et dans les formes prescrites (art. 42 LTF) par la destinataire de l'acte attaqué. Le recours en matière de droit public est par conséquent recevable. 2. 2.1. L'on ne peut en principe invoquer la violation du droit cantonal en tant que tel devant le Tribunal fédéral (art. 95 LTF e contrario). Il est néanmoins possible de faire valoir que son application consacre une violation du droit fédéral, comme la protection contre l'arbitraire au sens de l'art. 9 Cst. ou la garantie d'autres droits constitutionnels. Le Tribunal fédéral n'examine cependant de tels moyens que s'ils sont formulés conformément aux exigences de motivation qualifiée prévues à l'art. 106 al. 2 LTF (ATF 136 II 304 consid. 2.5 p. 314). 2.2. La Constitution fédérale aménage certaines exceptions à cette règle générale (cf. consid. 2.1 supra). Selon l'art. 189 al. 1 Cst., le Tribunal fédéral connaît ainsi des contestations pour violation du droit intercantonal (let. c), des droits constitutionnels cantonaux (let. d), de l'autonomie des communes et des autres garanties accordées par les cantons aux corporations de droit public (let. e), ainsi que des dispositions fédérales et cantonales sur les droits politiques (let. f; cf., à ce dernier titre, ATF 138 I 171 consid. 1.5 p. 176 s.). Ces motifs de recours se recoupent avec ceux figurant à l'art. 95 LTF (arrêt 2C_790/2008 du 18 novembre 2009 consid. 7, jurisprudence confirmée in ATF 138 II 169 consid. 3.4 p. 172). Bien qu'il ne soit pas expressément énoncé à l'art. 95 LTF, le motif de recours contenu à la let. e de l'art. 189 al. 1 Cst. y est ancré implicitement à la let. c de la loi (cf. Message concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, in FF 2001 4000, p. 4133); cela résulte aussi de la mention, à l'art. 89 al. 2 let. c LTF concernant la qualité pour recourir, des garanties reconnues aux communes et autres collectivités de droit public (Biaggini, op. cit., n. 6e p. 844; Walter Haller, ad art. 189 Cst., in Die schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, 2e éd., 2008, n. 37 p. 2788). Encore faut-il, toutefois, que l'autonomie ou les garanties reconnues soient consacrées par une disposition constitutionnelleet ne résultent pas uniquement de dispositions légales cantonales, que le Tribunal fédéral ne revoit qu'avec une cognition limitée à la violation du droit fédéral, notamment de l'interdiction de l'arbitraire. En d'autres termes, le non-respect de lois cantonales qui accordent une certaine autonomie ne peut pas être invoqué devant le Tribunal fédéral comme motif de recours propre, indépendamment de la violation d'une garantie constitutionnelle de ladite autonomie (cf. ATF 136 I 316 consid. 2.2.1 p. 318; FF 2001 4000, p. 4133; Auer/Malinverni/Hottelier, Droit constitutionnel suisse, vol. I, 3e éd., 2013, n. 314 p. 100; Bernard Corboz, ad art. 95 LTF, in Commentaire de la LTF, 2e éd., 2014, n. 34 p. 1101). 2.3. En l'occurrence, l'autonomie dont se prévaut la recourante se déduit en premier lieu de l'art. 63a Cst., que la Cour de céans peut analyser librement. En revanche, l'ampleur et les limites concrètes de cette autonomie sont en l'espèce définies uniquement par le droit cantonal infra-constitutionnel. En tant que sont ici en jeu les seules modalités concrètes de l'autonomie universitaire, qui sont prévues par le droit cantonal, le Tribunal fédéral ne peut donc revoir leur violation que si la recourante motive, conformément aux exigences de l'art. 106 al. 2 LTF, que leur application consacre une violation du droit fédéral (consid. 2.1 supra). 2.4. Le Tribunal fédéral fonde son raisonnement juridique sur les faits constatés par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF), à moins que ces faits n'aient été établis de façon manifestement inexacte - notion qui correspond à celle d'arbitraire (ATF 138 I 49 consid. 7.1 p. 51) - ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (cf. art. 105 al. 2 LTF). Si le recourant entend s'écarter des constatations de fait de l'autorité précédente (cf. art. 97 al. 1 LTF), il doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées. 3. Tant la LUL/VD que le règlement d'application de la loi vaudoise du 6 juillet 2004 sur l'Université de Lausanne, du 6 avril 2005 (RLUL/VD; RS/VD 414.11.1; révision du 17 août 2011, publiée in Feuille d'avis officielle vaudoise du 26 août 2011) ont été modifiés en 2011, soit en cours de procédure. La Commission de recours à qui le Tribunal cantonal avait renvoyé la cause dans son arrêt du 16 septembre 2009 a appliqué le nouveau droit. Tel que l'ont admis à juste titre les précédents juges, ce mode de faire peut être assimilé à une décision de réexamen, qui leur a permis de revoir l'ensemble de la cause, sans être liés par l'arrêt de renvoi du 16 septembre 2009 (cf., à ce sujet, arrêt 2C_519/2013 du 3 septembre 2013 consid. 2.1). La Cour de céans examinera elle aussi les questions litigieuses à l'aune du nouveau droit. 4. Aux termes de l'art. 10 al. 1 RLUL/VD, dans sa teneur actuelle applicable en l'espèce (cf. consid. 3 supra) : al. 1: Sont considérées comme des associations universitaires celles qui comprennent majoritairement des membres de la communauté universitaire et dont les buts ou les activités s'inscrivent dans les missions et la Charte de l'Université et les principes que celle-ci doit respecter. al. 2: Les associations déposent leurs statuts ainsi que toutes modifications de ceux-ci auprès de la Direction. al. 3: La possibilité de tenir des assemblées dans les locaux de l'Université est accordée dans la mesure des disponibilités et est limitée dans le temps. Elle peut être renouvelée. Cette disposition subordonne la constatation de la qualité d'association universitaire à deux conditions, à savoir, d'une part, que l'association comprenne majoritairement des membres de la communauté universitaire et, d'autre part, que ses "buts ou activités s'inscrivent dans les missions et la Charte de l'Université et les principes que celle-ci doit respecter". Dans l'arrêt querellé, le Tribunal cantonal a admis que la première condition était réalisée, ce qui n'est pas contesté; seule la seconde condition reste ici litigieuse. A cet égard, les juges cantonaux ont repris, en l'adaptant à la nouvelle législation concernant l'Université, la position qu'ils avaient déjà exprimée dans leur arrêt du 16 septembre 2009. 4.1. A titre préliminaire, le Tribunal cantonal a mis en doute que l'Université puisse déduire de l'art. 10 RLUL/VD la compétence de refuser la qualification "universitaire" à une association pour des motifs liés à la composition de son sociétariat. En effet, les termes légaux "buts" et "activités" ne recouvraient pas stricto sensu les critères à fixer pour devenir membres. L'Université avait donc procédé à une interprétation extensive de l'art. 10 RLUL/VD. L'arrêt attaqué n'a cependant pas tranché le point de savoir si une interprétation large de l'art. 10 RLUL/VD était admissible. En effet, selon les précédents juges, le recours de la Section vaudoise devait de toute manière être admis, en tant que l'interdiction pour les femmes de faire partie de l'association n'était contraire ni aux missions de l'Université, ni à sa charte, ni aux principes que celle-ci devait observer, car elle ne portait pas atteinte à l'égalité des chances au sens étroit, garantie par l'art. 14 LUL/VD, aux termes duquel: L'Université respecte l'égalité des chances, notamment entre hommes et femmes, à tous les niveaux de l'Université. Elle adopte des mesures spécifiques à cet effet. A ce titre, le Tribunal cantonal n'a certes pas exclu que la participation à la Section vaudoise permettait aux étudiants non seulement de bénéficier d'une formation politique et économique complémentaire aux études suivies, mais encore de tisser un réseau utile à leur carrière professionnelle. Toutefois, les précédents juges ont relativisé les répercussions de ces avantages sur l'égalité des chances entre femmes et hommes, en retenant que la formation et les relations acquises par le biais d'une adhésion à la Section vaudoise pouvaient être obtenues par d'autres moyens et qu'il pouvait exister plusieurs associations d'étudiants au sociétariat mixte, voire réservé aux femmes, poursuivant des objectifs similaires. En outre, si, à ses débuts, la tradition associative séculaire excluant les femmes du sociétariat avait consacré une conception inégalitaire des genres, on ne pouvait plus d'emblée retenir qu'un tel choix reflétât, de nos jours, une conception dépréciative envers les femmes. Par ailleurs, les avantages déduits de la qualité d'association universitaire (droit de tenir des assemblées dans les locaux de l'Université, d'être hébergé et de publier une page de présentation sur le site Internet universitaire, ainsi que de bénéficier d'une adresse de messagerie électronique) étaient en pratique peu significatifs. En admettant, comme le proposait l'Université, que l'art. 14 LUL/VD puisse être interprété comme n'incluant pas seulement l'égalité des "conditions de départ" entre les sexes, mais aussi l'obligation de pourvoir à l'égalité de droit entre femmes et hommes, la précédente instance a considéré que cette disposition, en lien avec l'art. 35 Cst., s'adressait avant tout à l'Université. Elle ne s'adressait en revanche pas à la Section vaudoise qui, même si l'Université lui reconnaissait le statut d'association universitaire, n'assumait pas une tâche de l'Etat et n'était, partant, pas tenue de respecter les principes de non-discrimination et d'égalité de droit. Quant à l'art. 8 al. 3, 2e phr., Cst., il ne permettait pas non plus à l'Université de dénier le statut d'association universitaire à la Section vaudoise, dès lors que ni le but ni les activités de cette association ne reflétaient une mentalité discriminatoire. A cet égard, les précédents juges ont estimé que: "la volonté de non-mixité dans une association ne découle pas d'emblée d'un choix négatif d'ostraciser les représentants de l'autre genre, mais peut s'inscrire dans le choix positif de ses sociétaires de vivre leurs activités entre représentants du même genre" (arrêt attaqué, p. 17). 4.2. La recourante reproche au Tribunal cantonal d'avoir enfreint les art. 10 Cst./VD, 8 al. 3 Cst. ainsi que 35 Cst., de même que l'art. 2 de la Convention internationale du 18 décembre 1979 sur l'élimination de toutes les formes de discrimination à l'égard des femmes (CEDEF; RS 0.108), entrée en vigueur pour la Suisse le 26 avril 1997, et d'avoir arbitrairement substitué sa propre appréciation à la sienne, en vidant de sa substance l'autonomie octroyée à l'Université par l'art. 5 LUL/VD. 4.3. Il sera d'emblée précisé qu'à l'opposé de ce que prétend l'intimée dans sa réponse au recours devant le Tribunal fédéral, les griefs que l'Université a formulés sur le terrain de l'égalité des sexes, principe qu'elle n'invoque au demeurant pas en tant que titulaire de droits fondamentaux, mais en tant qu'exécutrice d'une mission d'intérêt public, en lien avec son autonomie (cf., à ce titre, ATF 116 Ia 252 consid. 3b p. 255; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, op. cit., vol. II, n. 114 p. 53) ainsi qu'en vertu de l'art. 35 Cst., l'ont été de manière suffisamment précise pour satisfaire aux exigences de l'art. 106 al. 2 LTF (cf., à ce sujet, ATF 133 II 249 consid. 1.4.2 p. 254; 122 I 70 consid. 1c p. 73). 5. Avant d'examiner les griefs soulevés, il est nécessaire de cerner l'objet exact de la présente affaire. Le litige porte sur la question de savoir si le Tribunal cantonal a considéré à bon droit que l'Université de Lausanne ne pouvait, notamment en se fondant sur les art. 5 et 10, 2e condition, RLUL/VD ainsi que 14 LUL/VD, refuser de qualifier d'association universitaire la Section vaudoise de la société suisse de Zofingue, du fait que cette dernière exclut les femmes de son sociétariat. Est ainsi en jeu la question de savoir si un établissement de droit public assumant une tâche de l'Etat et pour cette raison lié par les droits fondamentaux en vertu de l'art. 35 al. 2 Cst. (cf. arrêt 2C_167/2012 du 1er octobre 2012 consid. 4.4, SJ 2013 I 341; Céline Martin, Grundrechtskollisionen, 2007, p. 34 ss ) est en droit de refuser le statut d'association universitaire et les avantages qui y sont liés à une association de droit privé qui n'est pas directement soumise au respect des droits fondamentaux, au motif qu'au travers d'une telle reconnaissance, l'autorité universitaire considérerait agir à l'encontre de ses missions visant à mettre en oeuvre l'égalité entre les sexes dans ses domaines de compétence (art. 8 al. 3 et 35 Cst.). Contrairement à l'analyse résultant de l'arrêt querelléet aux considérations de l'intimée, il ne s'agit donc pas, dans le cadre du présent litige, de s'interroger directement sur la compatibilité des statuts ou de la pratique de l'intimée avec le principe fondamental de l'égalité des sexes, ni sur sa faculté, protégée par la liberté d'association (art. 23 Cst.) et par le principe de l'autonomie associative de droit privé (art. 63 CC; cf. arrêts 2C_116/2011 du 29 août 2011 consid. 9, SJ 2011 I 405; 2C_887/2010 du 28 avril 2011 consid. 5.1), de déterminer librement son sociétariat ainsi que de s'opposer à ce qu'une personne, voire une catégorie de personnes en fasse partie. 6. Sous l'angle de l'interdiction de l'arbitraire, la recourante reproche au Tribunal cantonal d'avoir, en examinant si la Section vaudoise remplissait les conditions posées à la qualification d'association universitaire, substitué sa propre appréciation à celle de la Direction de l'Université, alors même que la décision de cette dernière avait été prise en toute légalité, sans excès ni abus de son pouvoir d'appréciation. Ce faisant, la précédente instance aurait gravement violé l'art. 5 LUL/VD, qui confère à l'Université une autonomie, de même qu'entravé la poursuite des missions, dont fait partie la promotion de l'égalité des sexes, qui définissent l'activité de la recourante. 6.1. Une décision est arbitraire (art. 9 Cst.) lorsqu'elle contredit clairement la situation de fait, qu'elle viole gravement une norme ou un principe juridique clair et indiscuté ou qu'elle heurte d'une manière choquante le sentiment de la justice et de l'équité. Il n'y a pas arbitraire du seul fait qu'une solution autre que celle de l'autorité cantonale semble concevable, voire préférable. Pour qu'une décision soit annulée, il ne suffit pas que sa motivation soit insoutenable; il faut encore que cette décision apparaisse arbitraire dans son résultat (ATF 138 I 49 consid. 7.1 p. 51; 137 I 1 consid. 2.4 p. 5). L'autorité chargée d'appliquer la loi dispose d'un pouvoir d'appréciation lorsque la loi lui laisse une certaine marge de manoeuvre. Cette dernière peut notamment découler de la liberté de choix entre plusieurs solutions, ou encore de la latitude dont l'autorité dispose au moment d'interpréter des notions juridiques indéterminées contenues dans la loi (Thierry Tanquerel, Manuel de droit administratif, 2011, p. 166 ss). Bien que l'interprétation de notions juridiques indéterminées relève du droit, que le juge revoit en principe librement, un tribunal doit néanmoins restreindre sa cognition lorsqu'il résulte de l'interprétation de la loi que le législateur a voulu, par l'utilisation de telles notions, reconnaître à l'autorité de décision une marge de manoeuvre que le juge doit respecter (cf. ATF 132 II 257 consid. 3.2 p. 263), étant précisé que cette marge de manoeuvre ne revient pas à limiter le pouvoir d'examen du juge à l'arbitraire (ATF 137 I 235 consid. 2.5.2 p. 240 s.; arrêt 1C_567/2012 du 16 août 2013 consid. 2). Viole le principe de l'interdiction de l'arbitraire le tribunal cantonal qui, outrepassant son pouvoir d'examen, corrige l'interprétation défendable qu'une autorité disposant d'autonomie a opérée d'une norme déterminée (cf. ATF 136 I 395 consid. 2 p. 397, consid. 4.3.1 p. 401 et consid. 4.3.5 p. 403; arrêt 1C_4/2013 du 19 avril 2013 consid. 3.3, RtiD 2013 II 89). En l'occurrence, il convient d'examiner, premièrement, si le législateur cantonal a entendu conférer un pouvoir d'appréciation important à l'Université s'agissant de l'admission des associations universitaires (consid. 6.2); deuxièmement, dans l'affirmative, si le Tribunal cantonal s'est immiscé dans ladite marge, respectivement dans le droit cantonal qui fonde cette dernière (consid. 6.3); troisièmement, en cas d'immixtion de la part des juges cantonaux, si celle-ci a eu lieu conformément au droit ou si, au contraire, elle a indûment et donc arbitrairement omis de faire preuve de retenue par rapport au pouvoir d'appréciation reconnu à l'Université (consid. 6.4). Cette dernière question porte à s'interroger sur la question de savoir si le Tribunal cantonal a établi un juste équilibre entre les intérêts et droits conflictuels qui opposent l'Université à l'intimée dans le présent litige (consid. 6.5 à 6.7). 6.2. En sa qualité d'établissement de droit public autonome doté de la personnalité morale (cf. art. 1 LUL/VD), et chargé par la loi cantonale (cf. art. 2 et 4 LUL/VD) de s'acquitter de la tâche d'intérêt public (cf. art. 48 al. 1 Cst./VD) consistant à assurer un enseignement universitaire adéquat à la population (cf. arrêts 2C_167/2012 du 1er octobre 2012 consid. 4.2, SJ 2013 I 341; 1C_312/2010 du 8 décembre 2010 consid. 3.2, RDAF 2011 I 48), l'Université s'organise elle-même dans le cadre de la loi (cf. art. 5 LUL/VD). De façon générale, le législateur cantonal lui a donc conféré une large autonomie dans l'accomplissement de ses tâches et missions. S'agissant spécifiquement des critères applicables aux associations universitaires, l'Université dispose également d'une marge de manoeuvre. D'une part, en effet, l'art. 10 al. 1 RLUL/VD renvoie, sans autres précisions, aux missions ainsi qu'à la Charte de l'Université et aux principes que celle-ci doit respecter, dont la définition et la concrétisation reviennent en large partie à l'Université elle-même (cf. Charte). D'autre part, l'association intimée n'a pas requis un simple comportement d'abstention de la part de l'Université, mais a sollicité une reconnaissance officielle à laquelle se rattachent des prestations positives auxquelles il n'existe, en général, aucun droit (cf. ATF 138 I 274 consid. 2.2.2 p. 282; 138 II 191 consid. 4.4.1 p. 203; 132 V 6 consid. 2.5.2 s. p. 14 s.; cf., en lien avec la liberté d'association, Giovanni Biaggini, Vereinigungsfreiheit und Koalitionsfreiheit, in Handbuch der Grundrechte, t. VII/2, 2007, n. 4 p. 589; voir aussi Matti Pellonpää, Kontrolldichte des Grund- und Menschenrechtsschutzes in mehrpoligen Rechtsverhältnissen aus der Sicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in EuGRZ 2006, p. 483 ss, 485). Il s'ensuit que le législateur cantonal a effectivement accordé à l'Université une certaine marge de manoeuvre pour interpréter et appliquer les critères figurant à l'art. 10 al. 1 RLUL/VD, de sorte à imposer de la retenue au juge cantonal s'agissant d'interpréter ces critères. 6.3. Comme il a été vu, l'art. 10 al. 1 RLUL/VD permet à l'Université de qualifier d'associations universitaires celles dont les buts ou les activités s'inscrivent dans les missions et la Charte de l'Université et les principes que celle-ci doit respecter. L'Université est légalement tenue de respecter l'égalité des chances, notamment entre femmes et hommes, à tous les échelons universitaires. Elle adopte des mesures spécifiques à cet effet (cf. art. 14 LUL/VD). En outre, cette disposition intègre non seulement la notion d'égalité des chances, mais peut aussi être comprise, ce que l'instance précédente n'a pas dénié, en laissant la question ouverte, dans un sens plus large de non-discrimination et d'égalité de droit entre femmes et hommes, interprétation que corroborent tant le devoir d'adopter des mesures spécifiques prévu à l'art. 14 LUL/VD que les travaux préparatoires cités dans l'arrêt attaqué. Par conséquent, il est défendable pour la recourante d'avoir interprété le terme de "missions" à l'art. 10 al. 1 RLUL/VD comme incluant le respect et la promotion du principe d'égalité entre femmes et hommes. Or, en jugeant que l'Université avait à tort refusé de constater la qualité d'association universitaire de la Section vaudoise et en maintenant cette dernière dans son statut d'association universitaire, l'arrêt attaqué a pour résultat d'obliger la recourante à fournir des prestations à une association dont l'encouragement par une entité chargée de tâches d'intérêt public devait, de son point de vue, être considéré comme contrevenant à l'une des missions de base qu'elle s'était fixée. Il en découle que le Tribunal cantonal s'est concrètement immiscé dans le pouvoir d'appréciation laissé à la recourante, de sorte qu'il y a eu ingérence dans son autonomie. 6.4. Encore faut-il se demander si l'obligation que les précédents juges ont imposée à l'Université de traiter la Section vaudoise en tant qu'association universitaire a arbitrairemententravé l'autonomie de la recourante. Cette question implique, au préalable, de situer dans leur contexte général les missions dont cette dernière se trouve investie, ainsi que de déterminer les intérêts d'autrui qu'il lui faut respecter dans l'accomplissement de celles-ci. 6.4.1. Il résulte, notamment, du statut de l'Université en tant qu'entité assumant une tâche de l'Etat, ainsi que de l'art. 3 al. 2 let. d LUL/VD, selon lequel les tâches de l'Université dans la formation et la recherche impliquent le respect des dispositions nationales et internationales en matière de protection des droits fondamentaux, que l'Université est liée par les droits fondamentaux en vertu de l'art. 35 al. 2 Cst. Par conséquent, la liberté d'appréciation dont dispose l'Université, bien que demeurant importante, n'est pas illimitée. Elle doit en particulier ménager un juste équilibre entre, d'une part, les droits ou principes fondamentaux que cet établissement entend promouvoir de façon accrue et, d'autre part, les droits fondamentaux d'autrui qui pourraient entrer en conflit avec les principes précités. La liberté d'appréciation dont dispose la recourante doit de surcroît s'exercer dans le respect des principes généraux de droit public (cf. arrêts 2C_167/2012 du 1er octobre 2012 consid. 4.4, SJ 2013 I 341; 1C_312/2010 du 8 décembre 2010 consid. 3.5), dont font notamment partie l'interdiction de l'arbitraire, l'égalité de traitement, la proportionnalité, de même que le devoir de l'autorité d'adopter une attitude neutre et objective (cf. ATF 138 I 274 consid. 2.2.2 p. 283; 127 I 164 consid. 3b p. 171). 6.4.2. A juste titre, l'Université recourante a considéré que le respect et la réalisation du principe de l'égalité entre femmes et hommes faisait partie de ses obligations institutionnelles. En effet, la recourante est liée par l'art. 8 al. 3 Cst. (cf. aussi l'art. 10 al. 2 et 3 Cst./VD mentionné par la recourante, dont la teneur est analogue à celle de l'art. 8 al. 2 et 3 Cst.), selon lequel l'homme et la femme sont égaux en droit, la loi pourvoyant à l'égalité de droit et de fait, en particulier dans les domaines de la famille, de la formation et du travail. Bien que l'art. 8 al. 3, 2e phr., Cst. ne s'adresse formellement qu'au législateur, cet article d'effet direct oblige aussi les autorités d'application du droit (administration, juges) à contribuer, dans les limites de leurs attributions, à la mise en oeuvre de l'égalité des sexes (cf. ATF 137 I 305 consid. 3.1 p. 317; Message du 14 novembre 1979 sur l'initiative populaire "pour l'égalité des droits entre hommes et femmes", in FF 1980 I 73, p. 147 ch. 532; Etienne Grisel, Egalité, 2000, n. 181 p. 97; Rainer J. Schweizer, ad art. 8 Cst., in Die schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, 2e éd., 2008, p. 203 n. 51). S'ajoute à cela que l'art. 8 al. 3 Cst. concrétise la clause interdisant toute discrimination notamment basée sur le sexe, ancrée à l'art. 8 al. 2 Cst. (Müller/Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4e éd., 2008, p. 737; Bernhard Waldmann, Das Diskriminierungsverbot von Art. 8 Abs. 2 BV: Neue Ansätze für die Dogmatik der Rechtsgleichheit?, in L'égalité entre femmes et hommes en Suisse et dans l'UE, 2004, p. 1 ss, 11). Or, d'après l'art. 8 al. 2 Cst., il y a discrimination lorsqu'une personne est traitée différemment en raison de son appartenance à un groupe particulier qui, historiquement ou dans la réalité sociale actuelle, souffre d'exclusion ou de dépréciation. Si le principe de non-discrimination n'interdit pas toute distinction basée sur l'un des critères énumérés à l'art. 8 al. 2 Cst., il fonde toutefois le soupçon ou la présomption d'une différenciation inadmissible, de sorte que les inégalités résultant d'une telle distinction doivent faire l'objet d'une justification particulière (cf. ATF 138 I 205 consid. 5.4 p. 213; 138 I 265 consid. 4.2.1 p. 267; 137 V 334 consid. 6.2.1 p. 348). Enfin, l'art. 10 de la Convention internationale du 18 décembre 1979 sur l'élimination de toutes les formes de discrimination à l'égard des femmes (CEDEF; RS 0.108) oblige les Etats à éliminer la discrimination à l'égard des femmes afin de leur assurer des droits égaux à ceux des hommes dans tous les secteurs de l'éducation, notamment à leur accès à la formation (cf. aussi Hausammann/Schläppi, Menschenrechte und Frauenrechte, in PJA 1/95 p. 32 ss, 44). En sa qualité d'entité dotée de compétences autonomes, l'Université est ainsi, dans les limites de sa marge d'appréciation, non seulement en droit mais aussi dans l'obligation de contribuer à la réalisation de l'égalité des sexes dans le contexte éducatif. 6.5. A l'évidence, les droits et principes fondamentaux que l'Université doit observer dans l'accomplissement de ses tâches et missions ne se limitent pas ici à la réalisation du principe de l'égalité entre les sexes (cf. consid. 6.4.2 supra). Il lui faut aussi, notamment, tenir compte des droits fondamentaux de l'association intimée; en font partie le respect de la liberté d'association ainsi que l'égalité de traitement entre associations estudiantines, dont se prévaut la Section vaudoise aux fins de s'opposer au refus de la recourante de la reconnaître en tant qu'association universitaire. 6.5.1. Selon l'art. 8 al. 1 Cst., tous les êtres humains sont égaux devant la loi. Les personnes morales peuvent également s'en prévaloir (Auer/Malinverni/Hottelier, vol. II, op. cit., n. 1029 p. 479). Une décision ou un arrêté viole le principe de l'égalité de traitement consacré à l'art. 8 al. 1 Cst. lorsqu'il établit des distinctions juridiques qui ne se justifient par aucun motif raisonnable au regard de la situation de fait à réglementer ou qu'il omet de faire des distinctions qui s'imposent au vu des circonstances, c'est-à-dire lorsque ce qui est semblable n'est pas traité de manière identique et ce qui est dissemblable ne l'est pas de manière différente. Il faut que le traitement différent ou semblable injustifié se rapporte à une situation de fait importante (ATF 137 V 334 consid. 6.2.1 p. 348). Il y a notamment inégalité de traitement lorsque l'Etat accorde un privilège ou une prestation à une personne, mais dénie ceux-ci à une autre personne qui se trouve dans une situation comparable (cf., s'agissant de l'usage accru du domaine public, ATF 105 Ia 91 consid. 4b p. 97; a contrario: ATF 138 I 475 consid. 3.3.1 s. p. 480 ss). En l'espèce, la non-reconnaissance de l'intimée par l'Université, alors même que cette dernière continue à qualifier d'universitaires d'autres associations estudiantines poursuivant des buts et activités similaires est susceptible de fonder une inégalité de traitement et entre partant dans le champ de protection de l'art. 8 al. 1 Cst. 6.5.2. En vertu de l'art. 23 Cst. (cf. aussi art. 11 CEDH), la liberté d'association est garantie (al. 1). Toute personne a le droit de créer des associations, d'y adhérer ou d'y appartenir et de participer aux activités associatives (al. 2). La liste des aspects protégés par la liberté d'association n'est pas exhaustive; sous réserve des restrictions appliquées conformément à l'art. 36 Cst., cette liberté interdit non seulement les mesures qui visent à l'entraver directement, mais également les obstacles indirects à son épanouissement, tels que l'obligation faite à un individu de révéler sa participation, respectivement à une association de publier la liste de ses adhérents (ATF 97 II 97 consid. 3 p. 100 ss; Christoph Rohner, ad art. 23 Cst., in Die schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, 2e éd., 2008, n. 14 p. 468). Conjugué à l'art. 35 Cst., l'art. 23 Cst. oblige l'Etat, entre autres, à créer les infrastructures juridiques permettant de garantir l'existence des associations, et à prendre en compte, dans le cadre de ses propres activités, les intérêts légitimes de la vie associative (cf. Biaggini, Vereinigungsfreiheit und Koalitionsfreiheit, op. cit., n. 16 et 20 p. 594 s.). Contrairement à l'interprétation retenue sous l'empire de l'art. 56 aCst, qui réservait la titularité de ce droit aux seules personnes physiques (cf. ATF 100 Ia 277 consid. 5 p. 286; 97 I 116 consid. 4 p. 121), une personne morale peut, en principe, se prévaloir de la liberté d'association (cf. Message du Conseil fédéral du 20 novembre 1996 relatif à une nouvelle Constitution fédérale, in FF 1997 I 1 p. 169 s.; Rohner, op. cit., n. 9 p. 467 et les références doctrinales citées; Auer/Malinverni/Hottelier, vol. II, op. cit., n. 732 p. 351), notamment lorsqu'elle prétend être entravée dans le libre exercice de son activité associative (cf. Müller/Schefer, op. cit., p. 603; comparer avec l'arrêt de la Cour EDH Sindicatul "Pastorul Cel Bun" c. Roumanie [GC], du 9 juillet 2013, req. 2330/09, Rec. 2013, par. 136 ss). Certes, le refus par la recourante de conférer le statut d'"association universitaire" à la Section vaudoise ne prive pas celle-ci de la faculté d'organiser librement son sociétariat, d'exercer ses activités, ou d'entrer en contact avec des membres potentiels. Toutefois, ce refus revient, indirectement (ce qui est suffisant pour qu'un état de fait entre dans le champ de protection de l'art. 23 Cst.), à traiter défavorablement l'intimée en raison de son sociétariat, en la privant d'une reconnaissance officielle par la recourante ainsi que du droit d'accéder en toute égalité aux prestations (mise à disposition d'un site Internet, location de salles, etc.) que l'Université a décidé d'octroyer aux associations reconnues comme "universitaires", ce qui est en outre susceptible de rendre plus difficile le recrutement de nouveaux membres dans les enceintes universitaires. 6.6. Lorsque l'exercice d'un droit fondamental par une personne (voire la concrétisation d'un tel droit par une autorité à travers la poursuite d'un intérêt public) se heurte à l'exercice d'un ou de plusieurs autres droits fondamentaux par une autre personne, il y a conflit entre/de libertés ("Grundrechtskollision" ou "mehrpoliges Grundrechtsverhältnis"; cf. Auer/Malinverni/Hottelier, vol. II, op. cit., n. 276 p. 125; Christoph Grabenwarter, Das mehrpolige Grundrechtsverhältnis im Spannungsfeld zwischen europäischem Menschenrechtsschutz und Verfassungsgerichtsbarkeit, in Völkerrecht als Wertordnung - Festschrift für Christian Tomuschat, 2006, p. 193 ss, 195; Wolfgang Hoffmann-Riem, Kontrolldichte und Kontrollfolgen beim nationalen und europäischen Schutz von Freiheitsrechten in mehrpoligen Rechtsverhältnissen, in EuGRZ 2006, p. 492 ss; Michel Hottelier, Grundrechtskonkurrenzen und Grundrechtskollisionen, in Handbuch der Grundrechte, t. VII/2, 2007, n. 33 p. 135). Un tel conflit de libertés existe en l'occurrence. Dans le cadre de l'autonomie dont jouit l'Université aux fins de définir ses objectifs propres et reconnaître les "associations universitaires" qui s'y conforment, la priorité accordée au principe de l'égalité entre femmes et hommes est en effet susceptible d'entrer en collision, à tout le moins indirectement, avec les droits fondamentaux des associations qui, à l'instar de l'intimée, se voient dénier cette forme de reconnaissance officielle. Il s'ensuit que la réponse à la question de savoir si, comme l'affirme la recourante, l'arrêt du Tribunal cantonal a arbitrairement enfreint l'autonomie que le droit cantonal lui concède en matière de reconnaissance d'associations universitaires dépend de la question de savoir si, au vu des circonstances du cas d'espèce, la décision querellée a établi un juste équilibre entre, d'une part, le principe de l'égalité entre les sexes que promeut l'Université et, d'autre part, la liberté d'association ainsi que l'égalité de traitement dont se prévaut l'intimée. 6.7. En vue de résoudre un conflit de libertés (lorsqu'il n'a pas été préalablement ou entièrement désamorcé par le législateur à travers une harmonisation normative des intérêts antagonistes ou par une hiérarchisation légale des valeurs dans un contexte déterminé [cf. Auer/Malinverni/Hottelier, op. cit., vol. II, n. 278 p. 126; Martin, op. cit., p. 125 ss, 255 s. et 281; voir, mutatis mutandis, ATF 140 II 157 consid. 7.3 p. 161]), c'est au juge qu'il incombe de vérifier que la décision entreprise ménage un juste équilibre entre les différents principes constitutionnels et droits fondamentaux en jeu (ATF 128 I 327 consid. 4.3.2 p. 344 s.; Hoffmann-Riem, op. cit., p. 494 s.; Hottelier, op. cit., n. 43 p. 138; Martin, op. cit., p. 131 ss et 205 ss; Charles-Albert Morand, Vers une méthodologie de la pesée des valeurs constitutionnelles, in De la Constitution - Etudes en l'honneur de Jean-François Aubert, 1996, p. 59), étant rappelé que la Constitution fédérale ne prévoit elle-même aucune hiérarchie entre les droits fondamentaux (ATF 137 I 167 consid. 3.7 p. 176). Pour parvenir, de façon rationnelle et transparente, à l'établissement d'un tel équilibre, le juge se laissera en règle générale guider par les principes ancrés à l'art. 36 Cst., en les adaptant le cas échéant aux besoins spécifiques qui découlent des conflits entre plusieurs libertés ou intérêts collectifs fondamentaux, et tout en faisant preuve d'une certaine retenue face à la pesée qu'aurait déjà opérée l'instance précédente (cf. Hoffmann-Riem, op. cit., p. 496 s.). L'al. 2 de l'art. 36 Cst., qui exige que toute restriction d'un droit fondamental soit justifiée par un intérêt public ou par la protection d'un autre droit fondamental, envisage en effet l'hypothèse de conflits entre libertés, en traitant de l'opposition entre, d'une part, le droit fondamental dont la restriction est contestée par un particulier et, d'autre part, soit un intérêt central d'un autre particulier, soit un intérêt public opposé qui tend, notamment, à défendre certaines valeurs ou droits fondamentaux de la collectivité face aux intérêts ou actions de l'individu (cf. Hottelier, op. cit., n. 39 p. 137; par rapport aux clauses de restriction de la CEDH: Pellonpää, op. cit., p. 483). 6.7.1. En l'espèce, l'observation des droits fondamentaux conflictuels, de même que les restrictions que l'exercice de l'un peut occasionner à l'autre dans le cas sous examen, trouvent appui dans la réglementation concernant l'Université (cf. art. 3 al. 2 let. d et 14 LUL/VD; art. 10 RLUL/VD) et disposent ainsi d'une base légale suffisante au sens de l'art. 36 al. 1 Cst. Il n'est cependant pas possible de déduire des normes précitées que le législateur aurait d'emblée préféré l'un de ces droits conflictuels à l'autre. 6.7.2. Sous l'angle de l'art. 36 al. 2 Cst., en vertu duquel toute restriction d'un droit fondamental doit être justifiée par un intérêt public ou par la protection d'un droit fondamental d'autrui, la Section vaudoise peut se prévaloir de sa liberté d'association pour s'opposer aux mesures qui ont pour effet de la défavoriser ou de l'influencer en raison de la composition statutaire non mixte de son sociétariat. L'intimée peut en outre faire valoir que, lorsqu'un acteur étatique décide de fournir des prestations, il doit en règle générale y procéder dans le respect du principe de l'égalité de traitement. Quant à l'Université recourante, elle peut, par le biais de l'autonomie qui lui est reconnue, et elle doit, de par l'art. 35 Cst., contribuer à la réalisation de l'égalité des sexes dans le domaine éducatif. Dans le cas d'espèce, elle entend, d'une part, promouvoir l'égalité des sexes aussi à travers les rapports qu'elle entretient avec les étudiants et les associations privées; d'autre part, elle refuse de cautionner -, par le biais de la reconnaissance de la Section vaudoise et de la fourniture de prestations à cette dernière, - la pratique d'exclusion des femmes d'une association qu'elle retient comme étant contraire à l'une de ses missions de base. 6.7.3. Sous l'angle du principe de la proportionnalité (art. 36 al. 3 Cst.; voir aussi art. 5 al. 2 Cst.; cf. ATF 136 IV 97 consid. 5.2.2 p. 104; 135 I 169 consid. 5.6 p. 174; arrêt 1C_466/2013 du 24 avril 2014 consid. 4.2.1, destiné à la publication), il est possible d'établir des distinctions selon que l'invocation des droits fondamentaux (qui ne connaissent certes aucune hiérarchie entre eux) dans une situation donnée a pour but d'obliger l'Etat (cf. art. 35 Cst.) à s'abstenir de porter atteinte à un droit fondamental particulier ("Unterlassungspflicht"), à protéger activement ce droit ("Schutzpflicht") et/ou à mettre en oeuvre des stratégies en vue de le réaliser pleinement au sein des institutions et de la société ("Gewährleistungspflicht"). En fonction du type d'obligation en cause, la marge de manoeuvre dont disposera l'autorité pour mettre en oeuvre un droit fondamental et, par voie de conséquence, la possibilité de choisir, parmi les mesures envisageables, celle qui porte le moins atteinte à d'autres droits et principes fondamentaux, sera en effet plus ou moins grande (cf. BIAGGINI, op. cit., ad art. 35 Cst., n. 4 p. 251; GREGOR T. CHATTON, Vers la pleine reconnaissance des droits économiques, sociaux et culturels, 2013, notamment p. 456 s.; KÄLIN/KÜNZLI, Universeller Menschenrechtsschutz, 3e éd., 2013, p. 104 et 120 s.; RAINER J. SCHWEIZER, ad art. 35 Cst., in Die schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, 2e éd., 2008, p. 707 ss). Les droits et intérêts dont se prévalent les parties mettent précisément à contribution des niveaux d'obligations distincts. Ainsi, lorsqu'elle conteste le refus par l'Université de la reconnaître en tant qu'association universitaire, l'intimée réclame, certes, une prestation positive de la part de la recourante, mais elle se plaint avant tout de ce que l'Université, alors qu'elle reconnaît d'autres associations estudiantines, lui refuse la reconnaissance égale pour le seul motif que ses statuts excluent les femmes, de sorte à entraver sa liberté d'association, à la désavantager vis-à-vis d'autres associations estudiantines et à sanctionner, indirectement, son organisation interne. Pour sa part, l'Université veut éviter d'encourager ou de cautionner, à travers la reconnaissance et la fourniture de prestations en faveur de la Section vaudoise, une association dont les statuts instaurent une inégalité entre les sexes. En soi légitime, cette préoccupation doit toutefois être relativisée, dans la mesure où en fournissant des prestations positives à des associations estudiantines, l'Université est, comme il a été vu, tenue de respecter et garantir les droits fondamentaux vis-à-vis de toutes les associations en cause, y compris de la Section vaudoise; elle ne peut faire prévaloir le contenu d'un droit sur celui d'un autre sans avoir au préalable procédé à une pesée de tous les intérêts en présence (cf. ATF 139 I 306 consid. 2.2 p. 309 s.; 138 I 274 consid. 2.2.2 p. 282 s.; cf. aussi arrêt 1C_312/2010 du 8 décembre 2010 consid. 3.5, SJ 2011 I 233). En tant que la pratique litigieuse de l'Université poursuit également l'objectif avéré, lui aussi légitime en soi, de promouvoir l'égalité entre femmes et hommes, l'on rappellera que la mise en oeuvre d'une telle obligation incitative par une entité étatique laisse à cette dernière, de manière générale, un vaste choix de mesures pour y parvenir, parmi lesquelles l'autorité doit, corrélativement, veiller à appliquer les mesures qui portent le moins atteinte aux intérêts d'autrui. Or, au lieu de refuser la reconnaissance égale et des prestations aux associations, telle l'intimée, dont le sociétariat accueille uniquement les étudiants d'un genre, l'Université aurait dû et pu envisager des mesures qui, tout en poursuivant le but promotionnel sus-évoqué, ne constituent pas simultanément une entrave (indirecte) au libre exercice de la vie associative de l'intimée, ni ne la désavantagent vis-à-vis d'autres associations estudiantines pour le seul motif que ses statuts, a priori conformes au droit privé associatif, excluaient les femmes du sociétariat. En second lieu, il convient de comparer l'impact ou les enjeux concrets induits par le refus de l'Université de reconnaître la Section vaudoise en qualité d'association universitaire. Du point de vue de la recourante, et tel que les précédents juges l'ont rappelé à juste titre, la reconnaissance "officielle" et les prestations qui s'y rapportent n'exercent un impact que très limité sur l'organisation de l'Université, dont les prestations positives qu'elle accorde en pratique à ces associations se confinent au droit de tenir des assemblées dans ses locaux "dans la mesure des disponibilités" et pour un certain temps (cf. art. 10 al. 3 RLUL/VD), à la possibilité d'être hébergées et de publier une page de présentation sur le site Internet universitaire, ainsi que de bénéficier d'une adresse de messagerie électronique associative. En outre, et bien que la Section vaudoise propose, du constat des précédents juges, aux seuls étudiants masculins une certaine formation politique et économique complémentaire à leurs études ordinaires suivies au sein de l'Université, ainsi que la possibilité de nouer des contacts professionnels utiles à leur carrière ("réseautage"), l'impact de cette association doit être fortement relativisé du fait qu'elle ne réunit en son sein qu'un nombre restreint d'étudiants actuels et anciens dans un contexte à prépondérance festive et culturelle (cf. Samantha Besson, Liberté d'association et égalité de traitement: une dialectique difficile, in RDS 120/2001, p. 43 ss, 45; cf., mutatis mutandis, ATF 130 III 699 consid. 4.1 p. 702). Dans la perspective de l'association intimée en revanche, il est vrai (et l'intimée n'affirme pas le contraire) que l'absence de reconnaissance par l'Université ne l'empêche pas d'exercer librement ses activités et ne viole en tout état pas le noyau intangible de la liberté d'association. Toutefois, le fait d'être privée de telles prestations, dont bénéficient nombre d'autres associations estudiantines, est susceptible d'entraver sérieusement les possibilités pour cette association, d'une part, de bénéficier d'une certaine notoriété et légitimité institutionnelle à l'instar des autres associations reconnues s'adressant à un public majoritairement estudiantin et, d'autre part, de se faire connaître et d'entrer en contact avec ses membres potentiels, qui sont en majorité les étudiants fréquentant l'Université recourante. 6.7.4. En résumé, l'atteinte à la liberté d'association que le refus de reconnaissance universitaire cause à la Section vaudoise s'oppose à la volonté et au devoir de l'Université de promouvoir l'égalité entre les sexes dans le milieu éducatif; ce dernier intérêt doit toutefois être fortement relativisé du moment où la recourante disposait de mesures moins invasives pour atteindre le but promotionnel recherché, son intérêt à ne pas devoir fournir des prestations positives à une association dont les buts ou l'organisation sont potentiellement contraires à ses propres missions étant, qui plus est, affaibli par le libre choix de l'Université d'encourager des associations estudiantines. En outre, les avantages que l'association intimée offre à ses membres ne revêtent pas une importance telle que les femmes qui s'en trouvent privées d'accès en pâtiraient substantiellement et sans alternative possible au niveau de leur carrière ou formation professionnelle, de sorte que, dans de telles circonstances, une intervention étatique du genre considéré dans l'autonomie organisationnelle de l'intimée s'avérait déraisonnable. Par conséquent, la pesée globale des intérêts en présence fait, dans le cas particulier et compte tenu de la mesure litigieuse envisagée, pencher la balance en faveur de la liberté d'association et de l'égalité de traitement invoquées par l'intimée, au détriment du principe, en soi légitime et important, de l'égalité entre femmes et hommes que souhaite instaurer dans les faits et promouvoir la recourante. 6.8. Il s'ensuit qu'en jugeant que l'Université avait à tort refusé de constater la qualité d'association universitaire de la Section vaudoise et en maintenant cette dernière dans son statut d'association universitaire, le Tribunal cantonal ne s'est pas arbitrairement immiscé dans l'autonomie reconnue à la recourante, mais s'est contenté d'interdire une mesure conduisant à une violation du droit d'association de l'intimée. Les griefs tirés des art. 8, 9 et 35 Cst., ainsi que de la Convention internationale du 18 décembre 1979 sur l'élimination de toutes les formes de discrimination à l'égard des femmes doivent donc être écartés. Les considérants qui précèdent conduisent partant au rejet du recours. 7. En conséquence, il ne sera pas perçu de frais judiciaires (art. 65 et art. 66 al. 1 et 4 LTF). En revanche, il y a lieu de condamner la recourante, qui succombe, à verser à l'intimée une indemnité à titre de dépens (art. 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. Il n'est pas perçu de frais judiciaires. 3. L'Université de Lausanne versera à l'intimée une indemnité de 2'500 fr. à titre de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué aux mandataires de l'Université de Lausanne, Direction, et de la Section vaudoise de la société suisse de Zofingue, ainsi qu'au Tribunal cantonal du canton de Vaud, Cour de droit administratif et public. Lausanne, le 21 mars 2014 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Zünd Le Greffier: Chatton
45895668-5d63-444e-8cf8-7254e15a0829
de
2,015
CH_BGer_002
Federation
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Sachverhalt: A. Die Gemeinde U._ lud mit Schreiben vom 6. Februar 2014 sechs Unternehmen, worunter die B._ AG und die C._ AG, ein, eine Offerte für die Beschaffung, Installation und Einführung von Gemeinde-Fachapplikationen (neue Softwareinfrastruktur) einzureichen. Innert Frist gingen fünf Angebote ein, worunter je eines der Firma B._ AG und der A._ AG, welche durch Vermittlung der C._ AG offeriert hatte und in der Folge ebenfalls zum Verfahren zugelassen worden war. Am 28. April 2014 erteilte die Gemeinde den Zuschlag der Firma B._ AG. B. Dagegen erhob die A._ AG Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und beantragte, die angefochtene Vergabe aufzuheben und den Zuschlag an sie zu erteilen, eventuell die Sache zu neuer Entscheidung, subeventuell zur Durchführung einer Ausschreibung im offenen Verfahren, an die Vergabestelle zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht untersagte mit Präsidialverfügung vom 14. Mai 2014 der Gemeinde einstweilen, den Vertrag abzuschliessen. Mit Urteil vom 28. August 2014 wies es sodann die Beschwerde ab. Es erwog, die Anbieterin sei zur Rüge, es sei zu Unrecht ein Einladungsverfahren durchgeführt worden, nicht legitimiert, da sie dadurch keine Nachteile erlitten habe. Die Vergabe sei auch materiell nicht zu beanstanden. C. C.a. Die A._ AG erhob am 6. Oktober 2014 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren 2C_919/2014) mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vergabestelle zurückzuweisen, wobei diese anzuweisen sei, die Bewertung der Kriterien Lösungskonzept sowie Wirtschaftlichkeit und Kosten in einer für die Anbieter nachvollziehbaren Weise nachzuholen. Eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vergabestelle zur Durchführung einer neuen Ausschreibung im offenen Verfahren durchzuführen, subeventualiter sei festzustellen, dass der angefochtene Entscheid rechtswidrig sei. Zudem beantragte sie Erteilung der aufschiebenden Wirkung. C.b. Die Wettbewerbskommission (nachfolgend WEKO) erhob am 6. Oktober 2014 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren 2C_920/2014) mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass das Verwaltungsgericht mit seinem Urteil den freien Zugang zum Markt in unzulässiger Weise beschränkt. C.c. Das Verwaltungsgericht beantragt, beide Beschwerden abzuweisen. Die Gemeinde U._ beantragt, auf die Beschwerde der A._ AG sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen; die Beschwerde der WEKO sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die B._ AG hat keine Stellungnahme eingereicht. C.d. Mit Verfügung des Präsidenten der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 25. November 2014 im Verfahren 2C_919/2014 wurde das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung als gegenstandslos abgeschrieben.
Erwägungen: 1. Die beiden Beschwerden richten sich gegen den nämlichen Entscheid und betreffen den gleichen Sachverhalt. Es rechtfertigt sich daher, die Verfahren zu vereinigen. 2. 2.1. Gegen den Endentscheid des Verwaltungsgerichts ist grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). 2.2. Art. 83 lit. f BGG schliesst jedoch die Beschwerde gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen aus, wenn der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrages den massgebenden Schwellenwert des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1) oder des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens (SR 0.172.052.68) nicht erreicht sowie wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (BGE 133 II 396 E. 2.1 S. 398). 2.3. Schwellenwert 2.3.1. Der massgebende Schwellenwert beträgt aktuell für Lieferungen und Dienstleistungen Fr. 230'000.-- (Art. 1 lit. a und b der Verordnung des WBF vom 2. Dezember 2013 über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen für die Jahre 2014 und 2015 [SR 172.056.12]). 2.3.2. Die Vorinstanz gibt in ihrer Rechtsmittelbelehrung den Streitwert (vgl. Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG) nicht zahlenmässig an, führt aber aus, der Auftragswert übersteige den im Staatsvertragsbereich massgeblichen Schwellenwert. Die A._ AG führt aus, der Schwellenwert sei deutlich überschritten; sie geht davon aus, es gehe um einen Dauerauftrag mit unbestimmter Laufzeit, so dass gemäss kantonalem Recht der Auftragswert anhand der jährlichen Rate multipliziert mit 4 zu berechnen sei, was mindestens Fr. 413'600.-- ergebe. Die WEKO trägt vor, gemäss dem angefochtenen Entscheid werde eine Laufzeit von fünf Jahren angenommen mit einer Annuität von mindestens rund Fr. 121'000.--, so dass der Schwellenwert überschritten sei. Die Beschwerdegegnerin bringt vernehmlassungsweise vor, Vertragsgegenstand seien nur die Fachapplikationen von geschätzten rund Fr. 100'000 - 150'000.--; der Zuschlagspreis sei bei Fr. 202'100.-- gelegen. 2.3.3. Nach dem angefochtenen Entscheid enthielten die beiden hier zur Diskussion stehenden Offerten Investitionskosten von Fr. 256'839.19 bzw. Fr. 289'526.40; hinzu kamen jährliche Betriebskosten; diese Kosten wurden von der Vorinstanz bei Laufzeiten von fünf bzw. zehn Jahren in Annuitäten umgerechnet. Die Beschwerdegegnerin bringt vor, diese Laufzeit sei nur relevant gewesen für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Anschaffung, doch seien nur die Beschaffung, Installation und Einführung der Fachapplikation ausgeschrieben gewesen und nicht ein langjähriger Betriebsvertrag. Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich nicht restlos klar, was überhaupt Gegenstand des Zuschlagsentscheids ist. Aus dem Offertöffnungsprotokoll geht aber hervor, dass die Offerten sowohl einen "Offertbetrag Investition" als auch einen "Offertbetrag Betrieb" enthielten. Mit dem Zuschlagsentscheid vom 28. April 2014 beauftragte der Gemeinderat den Projektbeauftragten u.a. mit der Ausarbeitung des Vertragswerks, der Definition des schlussendlichen Funktionsumfangs der Module und der definitiven Investitions- und Betriebskosten. Im Evaluationsbericht, auf den sich die Beschwerdegegnerin beruft, steht zwar auf S. 4, alle Angebote seien unter dem Wert von Fr. 250'000.-- geblieben, doch widerspricht das dem Offertöffnungsprotokoll, selbst wenn nur die Offertbeträge Investition berücksichtigt werden. Zudem ergibt sich aus den S. 9 f. des Evaluationsberichts, dass sowohl offerierte Investitionskosten als auch offerierte Betriebskosten in die Evaluation einbezogen wurden. Es ist somit davon auszugehen, dass zumindest für einige Zeit auch der Betrieb Gegenstand der Beschaffung war. Die Voraussetzung des Schwellenwertes ist damit erfüllt. 2.4. Bei der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung muss es sich um eine Rechtsfrage aus dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungsrechts handeln. Die Anwendung rechtsprechungsgemässer Prinzipien auf einen Einzelfall stellt keine Grundsatzfrage dar. Der blosse Umstand, dass die aufgeworfene Rechtsfrage noch nie entschieden wurde, genügt nicht. Es muss sich um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Der Beschwerdeführer hat die Erfüllung dieser Voraussetzung darzutun (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 141 II 14 E. 1.2.2.1 S. 21). Dies ist im Folgenden für die beiden Beschwerdeführerinnen zu prüfen. 3. 3.1. Die A._ AG ist als unterlegene Anbieterin, die bei einem Obsiegen mit ihren Anträgen reelle Chancen auf den Zuschlag hätte, zur Beschwerde an das Bundesgericht legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG; BGE 141 II 14 E. 4 S. 27 ff.). 3.2. Die rechtlich vertretene Beschwerdeführerin führt einleitend aus, der angefochtene Entscheid werfe Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, unterlässt es aber, unter den Eintretensvoraussetzungen diese Rechtsfragen darzulegen. In der materiellen Beschwerdebegründung kritisiert sie verschiedene Aspekte, nämlich die Frage, nach welchen Kriterien der Schwellenwert im Einladungsverfahren zu berechnen sei, die angebliche Befangenheit des IT-Beraters der Gemeinde, die ihres Erachtens zu offene Umschreibung des Leistungsgegenstands, die nicht nachvollziehbare Bewertung der Angebote und den Umstand, dass die Zuschlagsempfängerin zu einer neuen Offertlegung eingeladen worden sei. Es handelt sich zum Teil um Aspekte, die für den Verfahrensausgang nicht entscheidend sind, so die Frage der nachträglichen Offertanpassung der Zuschlagsempfängerin: Die Vorinstanz hat nämlich ausgeführt, dies sei wohl unzulässig, doch habe sich dieser Fehler nicht zum Nachteil der Beschwerdeführerin ausgewirkt, da sich das Angebot der Zuschlagsempfängerin auch unter Ausserachtlassung der nachträglich tieferen Preise vor dem Angebot der Beschwerdeführerin platziere. Unter diesen Umständen liegt diesbezüglich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Bei den übrigen in der Beschwerde beanstandeten Punkten geht es um blosse Anwendung bekannter und gefestigter Grundsätze auf den Einzelfall. Mit ihrem Eventualantrag auf Rückweisung zur Durchführung einer neuen Ausschreibung im offenen Verfahren könnte die Beschwerdeführerin zwar allenfalls eine ähnliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen wie die WEKO in ihrer Beschwerde (vgl. hinten E. 4), doch wird dieser Antrag nicht in Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid begründet (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG), so dass darauf nicht eingetreten werden kann. 3.3. Insgesamt wirft die Beschwerdeführerin somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Ihre Eingabe ist als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig. Sie könnte grundsätzlich als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden (Art. 113 ff. BGG), doch würde dies voraussetzen, dass darin rechtsgenüglich vorgebracht und begründet wird, inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verfassungsmässige Rechte der Beschwerdeführerin verletzt werden (Art. 116 und 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Solche Rügen sind in der Beschwerdeschrift nicht enthalten. Auf die Beschwerde der A._ AG kann deshalb nicht eingetreten werden. 4. 4.1. Die WEKO kann nach Art. 9 Abs. 2bis des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM; SR 943.02) i.V.m. Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG Beschwerde erheben, um feststellen zu lassen, ob ein Entscheid den Zugang zum Markt in unzulässiger Weise beschränkt. Der diskriminierungsfreie Zugang zu kantonalen und kommunalen Beschaffungsmärkten gilt als Grundsatz des freien Zugangs zum Markt (Art. 5 BGBM im 2. Abschnitt des Gesetzes); dessen Verletzung stellt eine unzulässige Marktbeschränkung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 bis BGBM dar (BGE 141 II 113 E. 1.5 S. 122 f.). 4.2. Die WEKO wirft als Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf: Muss die kantonale Rechtsmittelinstanz gestützt auf Art. 5, 3 und 9 BGBM von Amtes wegen die Zuschlagsverfügung für einen öffentlichen Auftrag aufheben bzw. deren Rechtswidrigkeit feststellen, wenn der Auftrag in binnenmarktrechtswidriger Weise ohne öffentliche Ausschreibung vergeben wurde, selbst wenn die Beschwerdeführerin zum Vorbringen dieser Rüge gemäss kantonalem Verwaltungsrecht nicht berechtigt ist? Es handelt sich dabei um eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, die von den kantonalen Gerichten teilweise unterschiedlich beantwortet wird, für die Praxis wegleitend sein kann und von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 4.3. Streitgegenstand ist nicht, ob die Beschwerdegegnerin zu Recht ein Einladungsverfahren durchgeführt hat bzw. Art. 5 BGBM verletzt hat. Denn das Verwaltungsgericht hat diese Frage gerade nicht beurteilt, so dass insoweit kein anfechtbarer Entscheid (Art. 86 Abs. 1 BGG) vorliegt. Streitig ist einzig, ob das Verwaltungsgericht eine solche Verletzung hätte prüfen müssen. Das Verfahrensrecht stellt Anforderungen auf, die erfüllt sein müssen, damit ein Entscheid materiell überprüft werden kann. Wenn ein Gericht zu Unrecht auf eine Beschwerde nicht eintritt oder eine Frage nicht prüft, so hat es das massgebliche Verfahrensrecht falsch angewendet, aber nicht das materielle Recht verletzt. Soweit allerdings die falsche Anwendung von Verfahrensrecht dazu führt, dass Entscheide, die möglicherweise Art. 5 BGBM verletzen, nicht materiell überprüft werden, kann die WEKO dies rügen, weil sonst im Ergebnis eine potenziell unzulässige Marktbeschränkung nicht festgestellt werden könnte. Das Begehren der WEKO, es sei festzustellen, dass die Vorinstanz den freien Zugang zum Markt in unzulässiger Weise beschränkt habe, ist in diesem Sinne zulässig. 4.4. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde ein und prüft diese alsdann nach Massgabe der Art. 95 ff. und 105 ff. BGG umfassend, nicht nur in Bezug auf diejenigen Fragen, die von grundlegender Bedeutung sind (BGE 141 II 14 E. 1.2.2.4 S. 22 f.). Es kann namentlich auch aus einem anderen Grund als demjenigen, auf den sich die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bezieht, die Beschwerde gutheissen und den angefochtenen Entscheid aufheben. Es kann im Rahmen der Parteibegehren (Art. 107 Abs. 1 BGG) auch aus einem in der Beschwerde gar nicht angeführten Grund die Beschwerde gutheissen (Motivsubstitution; Urteil 2C_913/2014 vom 4. November 2014 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 140 II 409; BGE 140 III 86 E. 2 S. 89; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.). In Bezug auf die Beschwerde der WEKO ist jedoch zu beachten, dass diese - wie sie das richtigerweise auch getan hat - nur eine Feststellung, nicht die Aufhebung des angefochtenen Entscheids beantragen kann; das Beschwerderecht der WEKO will dieser ein Instrument in die Hand geben, um die Verwirklichung des Binnenmarktes voranzutreiben, indem offene und zentrale Fragen des Marktzugangs einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, nicht aber einem Anbieter zum Zuschlag verhelfen (Botschaft vom 24. November 2004 über die Änderung des Binnenmarktgesetzes, BBl 2005 490 Ziff. 2.6; BGE 141 II 113 E. 1.5 und 1.7 S. 122 ff.; Nicolas Diebold, Die Beschwerdelegitimation der WEKO im öffentlichen Beschaffungswesen, SJZ 2013 S. 185 f.; vgl. auch Urteil 2C_85/2008 vom 24. September 2008 E. 2.2, nicht publ. in: BGE 134 II 329). Im Lichte dieser Zielsetzung drängt es sich nicht auf, den angefochtenen Entscheid umfassend zu überprüfen; vielmehr beschränkt sich das Gericht auf die Beantwortung der von der WEKO aufgeworfenen Fragen. Insbesondere rechtfertigt es sich nicht, den angefochtenen Entscheid im Lichte der von der A._ AG vorgebrachten Rügen zu prüfen. 5. 5.1. Gemäss Art. 5 Abs. 2 BGBM sorgen Kantone und Gemeinden sowie andere Träger kantonaler und kommunaler Aufgaben dafür, dass die Vorhaben für umfangreiche öffentliche Einkäufe, Dienstleistungen und Bauten sowie die Kriterien für Teilnahme und Zuschlag amtlich publiziert werden. Sie berücksichtigen dabei die vom Bund eingegangenen staatsvertraglichen Verpflichtungen. Das Übereinkommen vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement der WTO [WTO-GPA, SR 0.632.231.422]) findet gemäss seinem Art. I Abs. 1 i.V.m. Anhang I Annex 2 in Verbindung mit Art. 2 des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens (SR 0.172.052.68) auch auf die Vergabeverfahren der schweizerischen Gemeinden Anwendung, sofern die darin genannten Schwellenwerte (für Lieferungen und Dienstleistungen Fr. 200'000.--) überschritten werden. Es sieht in seinem Art. VII die drei Verfahrensarten des offenen, des selektiven und des freihändigen Verfahrens vor. Ausser in den Fällen, in denen nach Art. XV das freihändige Verfahren zulässig ist, veröffentlichen die Beschaffungsstellen für jede geplante Beschaffung eine Einladung zur Teilnahme (Art. IX Abs. 1 WTO-GPA). Diese Vorgaben werden für kantonale und kommunale Beschaffungen durch Art. 12 Abs. 1, Art. 12bis Abs. 1 sowie Anhang 1 der Interkantonalen Vereinbarung vom 25. November 1994/15. März 2011 über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB, AS 2003 196) umgesetzt. Die IVöB kennt daneben das Einladungsverfahren, in welchem die geplante Beschaffung nicht öffentlich ausgeschrieben wird, sondern die Vergabestelle eine Anzahl von Anbietern direkt zur Angebotsabgabe einlädt (Art. 12 Abs. 1 lit. b bis IVöB). Dieses Einladungsverfahren ist gemäss Art. 12bis Abs. 2 IVöB nur im Nicht-Staatsvertragsbereich und unterhalb der Schwellenwerte gemäss Anhang 2 IVöB zulässig (für Lieferungen und Dienstleistungen Fr. 250'000.--). 5.2. Vorliegend hatte die Gemeinde das Einladungsverfahren gewählt. In ihrer Beschwerde an das Verwaltungsgericht hatte die A._ AG subeventualiter beantragt, die Sache sei zur Durchführung einer Ausschreibung im offenen Verfahren an die Gemeinde zurückzuweisen. Sie begründete dies damit, der Schwellenwert von Fr. 250'000.-- sei überschritten, so dass das Einladungsverfahren nicht zulässig sei. Das Verwaltungsgericht erwog, die Beschwerdeführerin sei zum Verfahren zugelassen worden; es erwachse ihr aus der Durchführung des Einladungsverfahrens kein Nachteil. Sie sei daher nicht berechtigt zu rügen, die Submission sei zu Unrecht im Einladungsverfahren erfolgt. 5.3. Die WEKO trägt vor, die streitige Beschaffung liege über dem massgeblichen Schwellenwert und hätte gemäss Art. 5 Abs. 2 BGBM amtlich publiziert werden müssen. Die Durchführung des Einladungsverfahrens verstosse gegen Art. 5 BGBM. Gemäss Art. 16 IVöB sowie Art. 9 Abs. 1 und 2 BGBM müsse es einer beschwerdelegitimierten Partei möglich sein, einen Rechtsverstoss gegen Art. 5 BGBM geltend zu machen. Indem das Verwaltungsgericht gestützt auf das kantonale Verfahrensrecht diese Prüfung verweigert habe, verletze es das BGBM und damit auch Art. 49 BV. Das Verwaltungsgericht hätte von Amtes wegen prüfen müssen, ob das Einladungsverfahren zulässig gewesen sei oder eine öffentliche Ausschreibung erforderlich gewesen wäre. Nur so könne eine Umgehung von Art. 5 BGBM wirksam verhindert werden. Mit der Konzeption des Verwaltungsgerichts könnte die falsche Wahl einer Vergabeart nie gerichtlich angefochten werden, da die nicht zugelassenen Dritten mangels Kenntnis des Verfahrens faktisch keine Möglichkeit zur Anfechtung hätten und die eingeladenen die falsche Wahl der Vergabeart nicht rügen könnten. 5.4. Die Beschwerdegegnerin ist demgegenüber der Auffassung, die Wahl des Einladungsverfahrens sei zulässig gewesen, da die ex ante geschätzten Kosten des Projekts unter dem Schwellenwert gelegen seien. Zudem sei der Rechtsschutz gewährleistet. Es sei nicht bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanz gestützt auf das kantonale Verfahrensrecht angenommen habe, die A._ AG habe kein schutzwürdiges Interesse an der Überprüfung der Frage, ob anstelle des Einladungsverfahrens eine Ausschreibung hätte erfolgen müssen. 6. 6.1. Die WEKO wie auch die Beschwerdegegnerin gehen davon aus, dass sich die Legitimation zur Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht nach kantonalem Recht richte. Das ist insofern zu präzisieren, als nach Art. 111 Abs. 1 BGG die Legitimation im kantonalen Verfahren mindestens so weit gefasst sein muss wie vor Bundesgericht. Da gegen Entscheide im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens unter gewissen Voraussetzungen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht zulässig ist (vorne E. 2.2) muss zumindest dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, auch vor dem kantonalen Verwaltungsgericht die Legitimation des nicht berücksichtigten Anbieters von Bundesrechts wegen mindestens im gleichen Umfang wie nach Art. 89 BGG zugelassen werden ( GALLI/MOSER/LANG/STEINER, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3. Aufl. 2013, S. 642 f. Rz. 1298; POLTIER/CLERC, in: Martenet/Bovet [Hrsg.], Commentaire Romand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, N. 94 zu Art. 9 BGBM). Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde legitimiert, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Ob das kantonale Recht diese Mindestanforderungen einhält, ist als Frage des Bundesrechts vom Bundesgericht frei zu prüfen (Art. 95 lit. a BGG; Urteil 2C_596/2014 vom 6. März 2015 E. 2.2). 6.2. Das die Legitimation begründende schutzwürdige Interesse besteht im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn der Beschwerdeführer mit seinem Anliegen obsiegt und dadurch seine tatsächliche oder rechtliche Situation unmittelbar beeinflusst werden kann. Die Beschwerde dient nicht dazu, abstrakt die objektive Rechtmässigkeit des staatlichen Handelns zu überprüfen, sondern dem Beschwerdeführer einen praktischen Vorteil zu verschaffen. Das blosse Anliegen, dem Prozessgegner einen (behaupteterweise) rechtswidrigen Vorteil zu verwehren, kann nicht zur Legitimation ausreichen, wenn es nicht mit einem eigenen schutzwürdigen Vorteil für den Beschwerdeführer korreliert (BGE 141 II 14 E. 4.4 S. 29 f.). 6.3. Für das Beschaffungsrecht gilt keine Sonderregelung. Die einschlägigen internationalen Abkommen (Art. XX WTO-GPA; Art. 5 und Anhang V des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens) sehen zwar eine Beschwerdemöglichkeit der "Anbieter" vor, regeln aber nicht im Einzelnen, wer unter welchen Voraussetzungen zur Beschwerde legitimiert ist; dies richtet sich nach nationalem Recht. Auch der von der WEKO angerufene Art. 9 BGBM enthält - abgesehen von der Beschwerdebefugnis der WEKO (Abs. 2bis ) - keine Sonderregeln zur Legitimation; diese richtet sich vielmehr nach den allgemeinen Regeln (BGE 141 II 14 E. 2.3 S. 25 f.; 137 II 313 E. 3.2 S. 320; MARTIN BEYELER, Öffentliche Beschaffung, Vergaberecht und Schadenersatz, 2004, S. 311 f. Rz. 399; THOMAS LOCHER, Wirkungen des Zuschlags auf den Vertrag im Vergaberecht, 2013, S. 168; ETIENNE POLTIER, Droit des marchés publics, 2014, S. 259 f.). Nach Art. 89 Abs. 1 BGG bzw. Art. 48 Abs. 1 VwVG (SR 172.021) kann die Legitimation nur bejaht werden, wenn dem Beschwerdeführer bei Gutheissung seiner Begehren ein effektiver praktischer Vorteil erwächst (BGE 141 II 14 E. 4.5 S. 30). Das Interesse des nicht berücksichtigten Anbieters ist in der Regel primär darauf gerichtet, anstelle des Zuschlagsempfängers selber den Zuschlag zu erhalten. Sekundär besteht ein Feststellungsanspruch, wenn sich das Rechtsmittel als begründet erweist, aber mit dem Anbieter bereits ein Vertrag abgeschlossen worden ist (Art. 9 Abs. 3 BGBM; Art. 18 Abs. 2 IVöB; BGE 132 I 86 E. 3 S. 87 ff.). Der Feststellungsentscheid eröffnet dem nicht berücksichtigten Anbieter gegebenenfalls einen Schadenersatzanspruch (Art. XX Ziff. 7 lit. c GPA-WTO; Art. 34 BöB). Die Legitimation sowohl für den Primäranspruch auf Aufhebung des Zuschlags als auch für den sekundären Anspruch auf Schadenersatz setzt voraus, dass der nicht berücksichtigte Anbieter bei Obsiegen seiner Anträge eine reelle Chance auf den Zuschlag hätte (BGE 141 II 14 E. 4.6-4.8 S. 31 ff.). Ferner ist legitimiert, wer zu Unrecht gar nicht die Möglichkeit erhalten hat, am Verfahren teilzunehmen (Art. 89 Abs. 1 lit. a zweite Satzhälfte BGG). Ein nicht eingeladener potenzieller Anbieter kann Beschwerde erheben und geltend machen, es sei zu Unrecht ein freihändiges oder Einladungsverfahren durchgeführt und ihm so die Einreichung eines Angebots verunmöglicht worden, sofern er geltend macht, dass er das zu beschaffende Produkt hätte anbieten können (BGE 137 II 313 E. 3.3.2 S. 321 f.; LOCHER, a.a.O., S. 174 ff.; KASPAR LUGINBÜHL, Die Beschaffungsbeschwerde, 2014, S. 70 f.; POLTIER, a.a.O., S. 262 Rz. 408). Hier zur Diskussion steht jedoch, ob auch ein eingeladener Anbieter, der am Verfahren teilgenommen und ein Angebot eingereicht hat, geltend machen kann, es hätte anstelle des Einladungsverfahrens ein offenes Verfahren durchgeführt werden müssen. 6.4. Die Vorinstanz hat erwogen, die Anbieterin sei zum Einladungsverfahren zugelassen gewesen und habe aus dessen Durchführung anstelle des offenen oder selektiven Vergabeverfahrens keinen Nachteil erlitten. Sie sei deshalb zur Rüge, die Submission sei zu Unrecht im Einladungsverfahren erfolgt, nicht legitimiert. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Mit ihrer rügespezifischen Beurteilung vermengt die Vorinstanz Beschwerdelegitimation (bzw. Beschwerdebefugnis) und Beschwerdegründe. Die Beschwerdelegitimation richtet sich ausschliesslich nach Art. 89 BGG. Sind dessen Voraussetzungen wie hier erfüllt, ist die Beschwerdeführerin mit sämtlichen der in Art. 95 ff. BGG aufgeführten Rügen zum Verfahren zuzulassen (BGE 137 II 30 E. 2.3 S. 34). Die Beschwerdeführerin kann daher die Überprüfung des angefochtenen Entscheids im Lichte all jener Rechtssätze verlangen, die sich rechtlich oder tatsächlich in dem Sinne auf ihre Stellung auswirken, dass ihr im Falle des Obsiegens ein praktischer Nutzen entsteht. 6.5. Ist auf eine Beschwerde einzutreten, muss sodann nach Art. 110 BGG mindestens eine gerichtliche Instanz im Kanton das Recht von Amtes wegen anwenden. Das gilt auch in Submissionsangelegenheiten ( POLTIER/CLERC, a.a.O., N. 105 zu Art. 5 BGBM), hier für das zürcherische Verwaltungsgericht, da es als einzige gerichtliche Instanz im Kanton entscheidet. Art. 110 BGG schliesst zwar nicht aus, dass eine Beschwerde - wie auch vor Bundesverwaltungsgericht und Bundesgericht (Art. 52 VwVG, Art. 42 BGG) - als Zulässigkeitsvoraussetzung überhaupt eine rechtliche Begründung enthalten muss ( BERNARD CORBOZ, Commentaire LTF, 2. Aufl. 2014, N. 22 zu Art. 110 BGG; BERNHARD EHRENZELLER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 20 zu Art. 110 BGG; KIENER/RÜTSCHE/KUHN, Öffentliches Verfahrensrecht, 2012, S. 274 Rz. 1135 und S. 292). Daraus wird abgeleitet, dass eine Rechtsmittelinstanz trotz Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht verpflichtet ist, wie eine erstinstanzliche Behörde alle möglicherweise relevanten Rechtsfragen von Amtes wegen aufzugreifen, sondern sie sich grundsätzlich darauf beschränken kann, sich mit den Argumentationen der Parteien auseinanderzusetzen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.; 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389; CORBOZ, a.a.O., N. 30 zu Art. 106 BGG; KIENER/RÜTSCHE/KUHN, a.a.O., S. 30 Rz. 101 und S. 275 Rz. 1139; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, S. 54 f. Rz. 159; MOOR/POLTIER, Droit administratif, Vol. II, 3. Aufl. 2011, S. 300 f. und S. 820 f.). Indessen ist eine eigentliche Rügepflicht, wie sie vor Bundesgericht in bestimmten Fällen gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG), im kantonalen Verfahren nicht zulässig ( EHRENZELLER, a.a.O., N. 19 zu Art. 110 BGG). 6.6. Im Submissionsrecht ist die legitimationsbegründende Interessenlage des nicht berücksichtigen Anbieters in dem Sinne von dessen Vorbringen abhängig, als er beantragen muss, dass die vor ihm platzierten Anbieter ausgeschlossen oder tiefer rangiert werden, so dass seine eigene reelle Chance auf den Zuschlag erhöht wird (BGE 141 II 14 E. 4.7 und 4.8 S. 31 ff.). Rügt der Anbieter formelle Mängel, verfügt er nur dann über ein schutzwürdiges Interesse, wenn sich durch die Gutheissung der Beschwerde seine Rechtsstellung verbessert. Wurden z.B. in einem Einladungsverfahren zu wenige Anbieter eingeladen, so kann der nicht berücksichtigte Anbieter kein schutzwürdiges Interesse daran haben, dass neben den zugelassenen Anbietern noch weitere Anbieter am Verfahren teilnehmen können; denn dadurch wird seine eigene Chance auf den Zuschlag nicht grösser, sondern noch kleiner ( DOMINIK KUONEN, Das Einladungsverfahren im öffentlichen Beschaffungsrecht, 2005, S. 229; ROBERT WOLF, Die Beschwerde gegen Vergabeentscheide, ZBl 104/2003, S. 13 f. insb. Fn. 69). Anders präsentiert sich die Situation jedoch, wenn der unterlegene Anbieter derart schwere Verfahrens- oder Zuständigkeitsmängel formeller Natur geltend macht, die eine Wiederholung des ganzen Verfahrens zur Folge haben. In einem neuen Verfahren könnte er ein neues Angebot einreichen und seine Chancen auf den Zuschlag erhöhen sich dadurch. Die Beschwerdelegitimation des unterlegenen Anbieters muss in dem Fall bejaht werden (Urteile 2P.261/2002 vom 8. August 2003 E. 4.6; 2P.176/2003 vom 6. Februar 2004 E. 3.3; vgl. BGE 141 II 14 E. 4.7 S. 33 f. in fine; BEYELER, a.a.O., S. 316 f.; GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 646 f.; WOLF, a.a.O., S. 11, 14; KUONEN, a.a.O., S. 225, 229; MARTIN BERTSCHI, in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 3. Aufl. 2014, N. 42 zu § 21 VRG). 6.7. Vorliegend hat die unterlegene Anbieterin primär den Zuschlag an sich beantragt; subeventualiter hat sie beantragt, die Sache sei zur Durchführung eines offenen Verfahrens an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht erwog zunächst (E. 2.1 des angefochtenen Entscheids), nicht berücksichtigte Anbieter seien zur Beschwerde befugt, wenn sie bei Gutheissung eine realistische Chance haben, mit dem eigenen Angebot zum Zuge zu kommen oder wenn die Gutheissung der Beschwerde zu einer Wiederholung des Submissionsverfahrens führte, in welchem sie ein neues Angebot einreichen können. Dies steht im Einklang mit dem vorne (E. 6.6) Dargelegten. Alsdann erwog die Vorinstanz jedoch, die A._ AG sei zur Rüge, die Vergabe sei zu Unrecht im Einladungsverfahren erfolgt, nicht befugt, da ihr aus der Durchführung der Vergabe im Einladungsverfahren kein Nachteil entstanden sei (E. 3 des angefochtenen Entscheids). Das ist zwar insofern richtig, als die Anbieterin am Einladungsverfahren teilnehmen konnte. Massgebend ist jedoch nicht, ob ihr durch die bisherige Durchführung des Verfahrens ein Nachteil entstanden ist, sondern ob sie aus dem Obsiegen ihrer Anträge einen praktischen Nutzen erzielen könnte (vorne E. 6.2 und 6.4). Bei Obsiegen ihres Subeventualantrags auf Wiederholung des Verfahrens hätte die Anbieterin ein neues Angebot einreichen können und damit ihre Chance auf den Zuschlag gewahrt. Sie hätte damit einen praktischen Nutzen gehabt (vorne E. 6.6). Die unterlegene Anbieterin war somit zum Antrag, die Sache sei zur Durchführung eines offenen Verfahrens an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, ebenfalls befugt. Ist auf die Beschwerde einzutreten, muss die Vorinstanz in der Folge das Recht von Amtes wegen anwenden, falls sich für entsprechende Fehler Anhaltspunkte aus den Parteivorbringen oder den Akten ergeben oder die rechtlichen Mängel offensichtlich sind (E. 6.5). Die Beseitigung offensichtlicher Mängel durch die richterlichen Behörden soll sicherstellen, dass nicht aufgrund fehlerhafter Voraussetzungen Recht gesprochen wird. Im vorliegenden Fall bestehen offenkundige Hinweise für die Wahl des falschen Vergabeverfahrens (E. 2.3), so dass die Vorinstanz diesen rechtlichen Mangel selbst ohne entsprechende Rüge des Beschwerdeführers hätte berücksichtigen müssen (vgl. zur kantonalen Praxis GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 150 f. Rz. 337 f.). Aus Treu und Glauben mag sich umgekehrt zwar ergeben, dass offensichtliche Mängel frühzeitig schon bei der Ausschreibung zu beanstanden wären. Angesichts des Zeitdrucks, der beschränkten Rechtskenntnisse der Anbietenden sowie der Furcht vor der Verringerung der Chancen im Vergabeverfahren sind hier allerdings keine strengen Anforderungen zu stellen (BGE 130 I 241 E. 4.3 S. 246 f.; vgl. GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 290 Rz. 668; WOLF, a.a.O., S. 10). 6.8. Eine andere Frage ist, ob ein kantonales Gericht auch dann einen Vergabeentscheid wegen falscher Wahl des Vergabeverfahrens von Amtes wegen aufheben muss, wenn kein legitimierter Beschwerdeführer diesen Antrag gestellt hat. Das ist nicht eine Frage der Rechtsanwendung von Amtes wegen, sondern eine Frage der Bindung an die Parteianträge. Auch der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen gilt nur im Rahmen des Streitgegenstands, der dem Gericht zur Entscheidung vorliegt (Urteile 2C_356/2013 vom 17. März 2014 E. 6.1; 2C_124/2013 vom 25. November 2013 E. 2.2.2 in: ASA 82 S. 379). Auf die Frage, ob eine Aufhebung des Verfahrens von Amtes wegen den Streitgegenstand unzulässig ausdehnen würde, wenn kein solcher Antrag gestellt wurde, braucht hier jedoch nicht eingegangen zu werden; denn die Anbieterin hat subeventualiter den Antrag auf Rückweisung zur Durchführung eines offenen Verfahrens gestellt. 6.9. Die Beschwerde der WEKO ist somit in dem Sinne gutzuheissen, als festzustellen ist, dass die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie den Antrag auf Rückweisung zur Durchführung eines offenen Verfahrens nicht beurteilt hat. 7. Im Verfahren 2C_919/2014 unterliegt die Beschwerdeführerin, da auf ihre Beschwerde nicht eingetreten werden kann. Da aber ihr Eventualantrag in der Sache begründet gewesen wäre, rechtfertigt es sich, keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung an die obsiegende Beschwerdegegnerin ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). Im Verfahren 2C_920/2014 obsiegt die WEKO. Die Kosten sind der Beschwerdegegnerin, die in ihren Vermögensinteressen handelt, aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG; Urteile 2D_58/2013 vom 24. September 2014 E. 8, nicht publ. in: BGE 140 I 285; 2D_52/2011 vom 10. Februar 2012 E. 5). Parteikosten sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Verfahren 2C_919/2014 und 2C_920/2014 werden vereinigt. 2. Auf die Beschwerde im Verfahren 2C_919/2014 wird nicht eingetreten. 3. Die Beschwerde im Verfahren 2C_920/2014 wird in dem Sinne gutgeheissen, als festgestellt wird, dass das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Bundesrecht verletzt hat, indem es den Antrag auf Rückweisung zur Durchführung eines offenen Verfahrens nicht beurteilt hat. 4. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Gemeinde U._ auferlegt. 5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 21. August 2015 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Mösching
45b61859-d7d2-4aec-a236-08c77102c986
fr
2,013
CH_BGer_002
Federation
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public_law
nan
critical
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Faits: A. X._, ressortissant du Kosovo, né en 1982, est semble-t-il entré une première fois en Suisse avec ses parents en 1991 et y aurait séjourné jusqu'en 1993. Il serait ensuite retourné quelques mois au Kosovo, avant de demeurer en Allemagne pendant plusieurs années, de 1994 à 2000. Après un nouveau séjour de quelques mois dans son pays d'origine, il est finalement revenu en Suisse le 28 juin 2001. Il a alors déposé une demande d'asile qui a été rejetée par décision de l'Office fédéral des réfugiés du 4 mars 2003. Dans l'intervalle, à la suite de son mariage le 14 décembre 2001 avec une ressortissante suisse, X._ a obtenu une autorisation de séjour annuelle (permis B) dans le canton du Jura. Le couple s'est toutefois séparé après quelques mois. L'intéressé a en outre fait l'objet de différents rapports de dénonciation pour vols et dommages à la propriété de la part des polices jurassienne et neuchâteloise, ce qui lui a finalement valu, le 16 janvier 2003, une condamnation par le Tribunal de police de Neuchâtel à 75 jours d'emprisonnement avec sursis pendant trois ans, ainsi qu'une peine de quatre mois d'emprisonnement avec sursis pendant cinq ans, assortie d'une expulsion du territoire suisse pendant trois ans avec sursis pendant cinq ans, peine prononcée le 4 mai 2006 par la Cour pénale du Tribunal cantonal du canton du Jura. B. Sur la base des rapports de dénonciation et en raison de la séparation du couple, le Service de la population du canton du Jura (ci-après: le SPOP) a refusé de renouveler l'autorisation de séjour de l'intéressé et ordonné son renvoi par décision du 10 janvier 2003, confirmée sur opposition le 2 avril 2003, puis par arrêt du 16 septembre 2003 de la Cour administrative du Tribunal cantonal du canton du Jura (ci-après: le Tribunal cantonal). L'intéressé a été renvoyé dans son pays d'origine le 28 novembre 2003. L'Office fédéral des migrations (ci-après: l'ODM) a par ailleurs prononcé le 23 novembre 2003 une mesure d'interdiction d'entrée, laquelle a été contestée en vain, puisque, par décision du 26 janvier 2006, le Département fédéral de justice et police a rejeté le recours dirigé contre elle. C. Le 31 décembre 2003, X._ a épousé, au Kosovo, Y._, ressortissante du Kosovo, titulaire d'une autorisation de séjour en Suisse (permis B). X._ a dès lors déposé une demande de regroupement familial, laquelle a été rejetée par décision du SPOP du 31 mars 2005, confirmée sur opposition le 9 juin 2005, puis sur recours le 29 septembre 2005. Une deuxième requête de regroupement familial a été déposée le 29 mai 2006, qui a également été rejetée par décision du 25 juillet 2006, confirmée sur opposition le 16 novembre 2006. D. Une troisième requête a été déposée le 23 mai 2007, Y._, l'épouse de l'intéressé, ayant obtenu une autorisation d'établissement en Suisse (permis C). Nanti de cette information, l'ODM a annulé le 26 juillet 2007 avec effet immédiat la décision d'interdiction d'entrée en Suisse prononcée le 23 novembre 2003. De son côté, le SPOP a autorisé le regroupement familial le 3 août 2007. L'intéressé est entré en Suisse le 22 août 2007 et a été mis au bénéfice d'une autorisation de séjour annuelle, renouvelée régulièrement jusqu'au 22 août 2011. De l'union des époux X._ et Y._ sont nés trois enfants: A._, en 2006, B._, en 2008 et C._, en 2011. Le 29 avril 2009, X._ a été condamné à une peine pécuniaire de 10 jours-amende pour dommages à la propriété, ainsi que, le 22 décembre 2009, à une amende pour conduite inconvenante. En outre, par jugement de la Cour d'assises du canton de Neuchâtel du 8 décembre 2009, il a été condamné à une peine privative de liberté de 15 mois avec sursis pendant 5 ans pour infraction à la loi fédérale du 3 octobre 1951 sur les stupéfiants et les substances psychotropes (RS 812.121; LStup). L'arrêt de la Cour d'assises met en évidence les circonstances particulières liées à cette condamnation en les termes suivants (p. 47 s) : "X._ n'est condamné que pour une opération de recherche d'héroïne totalement infructueuse, mais grave néanmoins par la quantité de stupéfiants en jeu. La quotité de la peine doit tenir compte du minimum prévu à l'art. 19 ch. 2 LStup, mais également des antécédents pénaux du prévenu, assez lourds pour certains (mais les peines infligées en Allemagne, par le Tribunal pénal des mineurs, remontent à près de dix ans). La Cour tiendra assez largement compte, cependant, du fait que X._ a visiblement agi à l'insistance de son frère (ses réticences ont été décrites par D._ et il n'a d'ailleurs pas participé aux expéditions suivantes). Sa situation personnelle semble par ailleurs stabilisée et il serait inopportun de la mettre en péril par une sanction trop sévère de cette faute commise dans un cadre très particulier. La peine de quatre mois d'emprisonnement infligée le 4 mai 2006 s'accompagnait d'un sursis de cinq ans, dont la révocation doit indiscutablement être envisagée, vu l'importance du délit commis. Ni l'attitude, ni les antécédents du prévenu ne permettent de faire abstraction, ici encore, de toute exécution de peine, mais il est permis de penser qu'après exécution de la peine de 4 mois de privation de liberté dont le sursis est révoqué, X._ comprendra la nécessité de s'abstenir de tout délit, durant un délai d'épreuve qu'il convient de fixer à 5 ans, s'il ne veut pas exécuter la nouvelle peine prononcée. Ainsi donc, la Cour renoncera à infliger à X._ une peine d'ensemble et, pour l'infraction retenue ce jour, elle lui infligera une peine de 15 mois de privation de liberté avec sursis pendant 5 ans." E. Alors que X._ sollicitait une nouvelle prolongation de son autorisation de séjour, le SPOP l'a rendu attentif au fait qu'à la suite des nombreux jugements pénaux rendus à son encontre en Suisse, il envisageait de refuser de renouveler son autorisation de séjour et de prononcer son renvoi. Après lui avoir donné la possibilité d'exercer son droit d'être entendu, le SPOP a refusé le renouvellement de son autorisation de séjour et lui a imparti un délai de huit semaines dès l'entrée en force de la décision pour quitter la Suisse. Cette décision a été confirmée sur opposition. Saisi d'un recours contre le prononcé sur opposition, le Tribunal cantonal l'a rejeté par arrêt du 11 mars 2013. F. A l'encontre de cet arrêt, X._ forme un recours en matière de droit public auprès du Tribunal fédéral. Il requiert, sous suite de frais et dépens, principalement l'octroi d'une autorisation de séjour, subsidiairement le renvoi de la cause au Tribunal cantonal pour nouveau jugement dans le sens des considérants. Le Tribunal cantonal, l'ODM et le SPOP concluent au rejet du recours. X._ s'est à nouveau déterminé sur ces prises de position. Le 25 avril 2013, il a demandé le bénéfice de l'assistance judiciaire.
Considérant en droit: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (art. 29 al. 1 LTF; cf. ATF 138 I 435 consid. 1 p. 439 et les arrêts cités). 1.1 D'après l'art. 83 let. c ch. 2 LTF, le recours en matière de droit public est irrecevable contre les décisions en matière de droit des étrangers qui concernent une autorisation à laquelle ni le droit fédéral ni le droit international ne donnent droit. Selon la jurisprudence, il suffit, sous l'angle de la recevabilité, qu'il existe un droit potentiel à l'autorisation, étayé par une motivation soutenable, pour que cette clause d'exclusion ne s'applique pas et que, partant, la voie du recours en matière de droit public soit ouverte. La question de savoir si les conditions d'un tel droit sont effectivement réunies relève du fond (ATF 136 II 177 consid. 1.1 p. 179; 136 II 497 consid. 3.3 p. 501). En l'occurrence, l'épouse du recourant est titulaire d'une autorisation d'établissement, de sorte qu'il peut se prévaloir de l'art. 43 al. 1 de la loi fédérale du 16 décembre 2005 sur les étrangers (LEtr; RS 142.20). En outre, le recourant invoque, sous l'angle de l'art. 8 CEDH, son droit à entretenir une relation avec son épouse et ses trois enfants. Cette relation familiale étant potentiellement de nature à lui conférer un droit à l'obtention d'une autorisation de séjour, son recours échappe au motif d'irrecevabilité prévu à l'art. 83 let. c ch. 2 LTF, étant précisé que le point de savoir si le recourant remplit les conditions pour obtenir une autorisation de séjour en application de l'art. 8 CEDH relève du fond et non de la recevabilité. 1.2 Pour le surplus, l'arrêt attaqué est une décision finale (cf. art. 90 LTF), rendue en dernière instance cantonale par un tribunal supérieur (cf. art. 86 al. 1 let. d et al. 2 LTF). Déposé en temps utile (cf. art. 100 al. 1 LTF) et dans les formes prescrites (cf. art. 42 LTF) par le destinataire de l'arrêt attaqué, qui a qualité pour recourir au sens de l'art. 89 al. 1 LTF, le recours en matière de droit public est par conséquent recevable. 2. Le recourant se plaint exclusivement de la violation de l'art. 8 CEDH. 2.1. Aux termes de l'art. 8 CEDH, toute personne a notamment droit au respect de sa vie privée et familiale. Cette disposition ne confère cependant pas un droit à séjourner dans un État déterminé. Le fait de refuser un droit de séjour à un étranger dont la famille se trouve en Suisse peut toutefois porter atteinte au droit au respect de la vie privée et familiale garanti par cette disposition (cf. ATF 135 I 143 consid. 1.3.1 p. 145, 153 consid. 2.1 p. 154 s.). Pour autant, les liens familiaux ne sauraient conférer de manière absolue, en vertu de l'art. 8 CEDH, un droit d'entrée et de séjour (arrêts 2C_644/2012 du 17 août 2012 consid. 2.3; 2C_793/2011 du 22 février 2012 consid. 2.1). Selon une jurisprudence constante, un étranger peut néanmoins, selon les circonstances, se prévaloir du droit au respect de sa vie privée et familiale au sens de l'art. 8 § 1 CEDH pour s'opposer à une éventuelle séparation de sa famille. Encore faut-il, pour pouvoir invoquer cette disposition, que la relation entre l'étranger et une personne de sa famille ayant le droit de résider durablement en Suisse soit étroite et effective (ATF 137 I 284 consid. 1.3 p. 287; arrêt 2C_117/2012 du 11 juin 2012 consid. 4.4.1). En l'espèce, cette condition est manifestement remplie au regard du permis d'établissement dont disposent l'épouse du recourant et leurs enfants, ainsi que du fait que les con-joints font ménage commun (cf. art. 43 al. 1 LEtr; arrêt 2C_935/2012 du 14 janvier 2013 consid. 5.1). 2.2. Le droit au respect de la vie privée et familiale garanti par l'art. 8 § 1 CEDH n'est toutefois pas absolu. Une ingérence dans l'exercice de ce droit est possible selon l'art. 8 § 2 CEDH, pour autant qu'elle soit prévue par la loi et qu'elle constitue une mesure qui, dans une société démocratique, est nécessaire à la sécurité nationale, à la sûreté publique, au bien-être économique du pays, à la défense de l'ordre et à la prévention des infractions pénales, à la protection de la santé ou de la morale ou à la protection des droits et libertés d'autrui. L'ingérence est en l'espèce prévue par le droit. En effet, le refus de prolonger l'autorisation de séjour du recourant est fondé sur l'art. 51 al. 2 let. b LEtr en relation avec l'art. 62 LEtr. En outre, il s'appuie sur l'art. 62 let. b et c LEtr, dispositions sanctionnant des comportements pénalement répréhensibles. Le fait que de tels motifs existent en l'espèce n'est nullement contesté. 2.3. Encore faut-il, tant sous l'angle du droit interne que du droit conventionnel, que le refus de prolonger l'autorisation fasse l'objet d'une pesée des intérêts et d'un examen de la proportionnalité (cf. art. 96 al. 1 LEtr et art. 8 § 2 CEDH; ATF 135 II 377 consid. 4.3 p. 381). Le fait de refuser un droit de séjour à un étranger dont la famille se trouve en Suisse peut entraver sa vie familiale et porter ainsi atteinte à l'art. 8 § 2 CEDH (cf. ATF 135 I 153 consid. 2.1 p. 154 s.). Il n'y a toutefois pas atteinte à la vie familiale si l'on peut attendre des membres de la famille qu'ils réalisent leur vie de famille à l'étranger; en effet, l'art. 8 CEDH n'est a priori pas violé si le membre de la famille jouissant d'un droit de présence en Suisse peut quitter ce pays sans difficultés avec l'étranger auquel a été refusée une autorisation de séjour (cf. ATF 137 I 247 consid. 4.1.2 p. 249 s.). La jurisprudence du Tribunal fédéral (ATF 135 II 377 consid. 4.3 p. 381 s.) et de la Cour européenne des droits de l'homme (arrêts Boultif contre Suisse du 2 août 2001, Recueil de la CourEDH 2001-IX p. 137 § 48; ü ner contre Pays-Bas du 18 octobre 2006, Recueil CourEDH 2006-XII p. 159 § 57 s.) a développé un certain nombre de critères en relation avec la nécessité de l'ingérence lorsqu'on est en présence d'un mariage réellement vécu. Il convient en particulier de prendre en compte: la nature et la gravité de l'infraction commise par le requérant; la durée du séjour de l'intéressé dans le pays dont il doit être expulsé; le laps de temps qui s'est écoulé depuis l'infraction et la conduite du requérant pendant cette période; la nationalité des diverses personnes concernées; la situation familiale du requérant et, le cas échéant, la durée de son mariage, ainsi que d'autres facteurs témoignant de l'effectivité d'une vie familiale au sein d'un couple; la question de savoir si le conjoint avait connaissance de l'infraction à l'époque de la création de la relation familiale; le point de savoir si des enfants sont issus du mariage et, dans ce cas, leur âge; la gravité des difficultés que le conjoint risque de rencontrer dans le pays vers lequel le requérant doit être expulsé; l'intérêt et le bien-être des enfants, en particulier la gravité des difficultés que ceux-ci sont susceptibles de rencontrer dans le pays vers lequel l'intéressé doit être expulsé; la solidité des liens sociaux, culturels et familiaux avec le pays hôte et avec le pays de destination. On précisera encore que, quand le refus d'octroyer une autorisation de police des étrangers, respectivement sa révocation, se fonde sur la commission d'une infraction, la peine infligée par le juge pénal est le premier critère à utiliser pour évaluer la gravité de la faute et pour procéder à la pesée des intérêts en présence (cf. arrêt 2C_418/2009 du 30 novembre 2009 consid. 4.1) et que la prévention d'infractions constitue à cet égard un intérêt public admissible (cf. arrêt 2C_141/2012 du 30 juillet 2012 consid. 3.2). 2.4. Le recourant fonde son recours quasiment exclusivement sur l'arrêt Udeh contre Suisse du 16 avril 2013 (in Plaidoyer 2013/3 p. 58), lequel a abouti à une condamnation de la Suisse pour violation de l'art. 8 CEDH. Il convient d'abord de mentionner que ce jugement, qui n'est pas une décision de principe (cf. arrêts 2C_339/2013 du 18 juillet 2013 consid. 2.9; 2C_139/2013 du 11 juin 2013 consid. 7.5) et qui n'est au demeurant pas encore définitif (cf. art. 44 § 2 CEDH), n'énonce aucun principe nouveau qui n'aurait été consacré auparavant dans la jurisprudence de la CourEDH, notamment dans l'affaire précitée Üner contre Pays-Bas (§ 54-60), auquel cet arrêt se réfère, ou dans celle du Tribunal fédéral. De ce point de vue, il ne s'agit donc que d'un arrêt parmi une abondante jurisprudence consacrée à l'art. 8 § 2 CEDH. Ensuite, il n'est pas possible de faire abstraction du fait que la condamnation de la Suisse résulte presque exclusivement de la prise en compte par la CourEDH de faits postérieurs à l'arrêt rendu par le Tribunal fédéral. Alors que ce dernier est contraint par l'art. 105 al. 1 LTF de fonder son jugement sur les faits retenus par l'autorité précédente - en l'espèce le Tribunal cantonal -, la CourEDH a pris en considération les faits survenus non seulement après l'arrêt du Tribunal cantonal, mais encore après l'arrêt rendu par le Tribunal fédéral. Ainsi, le Tribunal fédéral a fondé son jugement et l'appréciation du comportement du recourant sur des faits arrêtés au 14 mai 2008, alors que la CourEDH a pris en compte des faits survenus entre cette date et le 4 décembre 2012, respectivement le 26 mars 2013, ce qui ne va pas sans poser des problèmes de coordination entre les juridictions nationales et la CourEDH. En effet, la CourEDH rappelle fréquemment qu'aux termes de l'art. 35 § 1 de la Convention, elle ne peut être saisie qu'après l'épuisement des voies de recours internes. La finalité de cette disposition est de ménager aux Etats contractants l'occasion de prévenir ou de redresser les violations alléguées contre eux avant que la Cour n'en soit saisie. La règle de l'art. 35 § 1 se fonde sur l'hypothèse, envisagée à l'art. 13, avec lequel elle présente d'étroites affinités, que l'ordre interne offre un recours effectif quant à la violation alléguée, ledit recours devant par ailleurs être "à la fois relatif aux violations incriminées, disponible et adéquat" (voir, parmi de nombreux autres, les arrêts Polidario contre Suisse du 30 juillet 2013 § 49; Claes contre Belgique du 10 janvier 2013 § 77). La règle en question n'a ainsi de sens que dans la mesure où le Tribunal fédéral peut corriger une violation incriminée, donc déjà survenue, non pas une éventuelle violation commise après son arrêt. La doctrine a d'ailleurs pu estimer que prendre en compte de tels faits "foule aux pieds la r atio legis de la règle d'épuisement des voies de recours" (Sébastien Van Drooghenbroeck, La proportionnalité dans le droit de la convention européenne des droits de l'homme, 2001, ch. 362 p. 267). De plus, la CourEDH prend en considération non seulement des faits postérieurs à l'arrêt contesté devant elle, mais encore des circonstances relatives notamment à la vie conjugale qui existaient lorsque les juridictions nationales ont statué, mais qui ont disparu par la suite. En procédant de la sorte, elle relève tous les éléments qui plaident en faveur du requérant, sans que ceux-ci aient été réalisés en même temps. Par ailleurs, la CourEDH rappelle également constamment que les autorités nationales jouissent d'une certaine marge d'appréciation pour se prononcer sur la nécessité, dans une société démocratique, d'une ingérence dans l'exercice d'un droit protégé par l'art. 8 et sur la proportionnalité de la mesure en question au but légitime poursuivi (cf. p. ex. arrêt Hasanbasic et cons. contre Suisse du 11 juin 2013 § 56, in Plaidoyer 2013/4 p. 56). En ce sens, selon la jurisprudence constante de la CourEDH, sa tâche consiste à déterminer si les mesures litigieuses ont respecté un juste équilibre entre les intérêts en présence, à savoir, d'une part, les droits de l'intéressé protégés par la Convention et, d'autre part, les intérêts de la société. Or, un tel mécanisme de contrôle ne saurait s'exercer qu'en fonction de la situation dans laquelle se trouvait la juridiction nationale au moment de trancher, dans la mesure en tout cas où le recours en question était effectif et que la cause ne concerne pas des mesures provisionnelles. En d'autres termes, savoir si un Etat défendeur a outrepassé la marge d'appréciation dont il jouissait dans un cas d'espèce est une question qui ne peut être tranchée qu'au regard des faits déterminants dont la juridiction nationale concernée avait connaissance au moment de trancher. Cela ne peut se faire en incorporant - qui plus est en leur reconnaissant une importance déterminante - des faits postérieurs à l'arrêt national. Ce principe a d'ailleurs été énoncé par la CourEDH elle-même en de nombreux arrêts (cf. Van Drooghenbroeck, op. cit., ch. 359 ss et note de bas de page 429, ainsi que les arrêts cités, not. Baghli contre France du 30 novembre 1999, Recueil CourEDH 1999-VIII p. 187 § 36; Lithgow et cons. contre Royaume-Uni du 8 juillet 1986, Série A vol. 102 § 132; Engel et cons. contre Pays-Bas du 8 juin 1976, Série A vol. 22-A § 72; W. contre Suisse du 26 janvier 1993, Série A vol. 254-A § 33). Si une dérogation à ce principe peut se justifier dans certaines hypothèses particulières, tel n'est pas le cas lorsque le justiciable, comme en droit administratif suisse, peut formuler ultérieurement une nouvelle requête devant les autorités administratives, en faisant précisément valoir que, depuis l'arrêt de la dernière instance nationale, la situation a évolué de manière à justifier l'ouverture d'une nouvelle procédure tendant à l'obtention d'une autorisation de séjour. A cette occasion, il peut invoquer tant l'écoulement du temps que, par exemple, le fait qu'il s'est entretemps comporté de manière conforme au droit. Il découle de ce qui précède que, dans la mesure où l'arrêt Udeh contre Suisse dont se prévaut le recourant se fonde de manière prépondérante sur des faits postérieurs à l'arrêt rendu par le Tribunal fédéral, sa portée ne peut qu'être fortement relativisée. 2.5. En l'espèce, le Tribunal cantonal a procédé à une pesée des intérêts incorporant tous les éléments ci-dessus énoncés et qui peut donc en substance être reprise ici: le recourant a été condamné pour infraction à la LStup, domaine dans lequel la jurisprudence se montre particulièrement stricte, ce d'autant plus qu'il n'est pas lui-même consommateur (cf. arrêt 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 2.3 in fine et la jurisprudence citée), même s'il n'a été condamné que pour une opération de recherche d'héroïne totalement infructueuse, mais portant cependant sur une quantité importante. La peine infligée de 15 mois d'emprisonnement avec sursis pendant 5 ans prend ces éléments en compte. Il faut par ailleurs souligner que le recourant a déjà été renvoyé de Suisse une première fois et frappé d'une interdiction d'entrée en raison de ses antécédents judiciaires. Cette mesure a cependant été levée par la suite, si bien que le recourant a pu rejoindre sa femme et ses enfants en Suisse. Ainsi, alors même que le recourant a déjà bénéficié d'une seconde chance, il a pourtant récidivé en mars 2008, moins d'une année après son retour en Suisse, en commettant l'infraction la plus grave qui lui soit reprochée. Sa situation familiale s'était pourtant stabilisée, puisqu'il était marié et avait déjà un enfant, un deuxième étant attendu pour le mois de juillet 2008. Le fait qu'il semble s'être amendé depuis sa dernière condamnation en décembre 2009 n'est pas en soi déterminant, ce d'autant moins qu'il a effectué quatre mois de détention, un sursis précédent ayant été révoqué par la Cour d'assises de Neuchâtel. L'intéressé n'a en outre vécu que de brèves périodes en Suisse, puisque son séjour en tant que requérant d'asile mineur n'a même pas duré deux ans. L'autorisation de séjour octroyée en 2002 a été révoquée à peine une année plus tard. Son épouse est une compatriote qu'il a épousée dans son pays d'origine. Il y séjournait par ailleurs jusqu'à la levée de l'interdiction d'entrée. Leurs trois enfants sont encore jeunes et fréquentent à peine l'école. Ils ont un âge qui leur permet de s'adapter relativement aisément à un changement d'environnement. Le recourant prétend qu'il n'a plus de proches dans son pays d'origine, à l'exception de son frère E._ et d'un deuxième frère dont il ignore où il se trouve. Sa mère vit en France, tandis que son père est décédé. Il faut toutefois rappeler que le recourant a vécu au Kosovo une bonne partie de son enfance, puis par intervalles jusqu'en 2002 et à nouveau dès son renvoi en 2003 jusqu'en août 2007. En outre, l'infraction à la LStup pour laquelle il a été condamné à Neuchâtel a été commise en compagnie de compatriotes, ce qui n'est pas dénué de pertinence (cf. arrêt 2C_926/2011 du 12 octobre 2012 consid. 3.2). Son épouse est originaire de cette région également, même si elle est arrivée en Suisse à l'âge de quinze ans déjà. On ne saurait ainsi retenir que le recourant a perdu tout contact avec son pays d'origine. Il a d'ailleurs toujours des connaissances avec qui il entretient des contacts dans l'ancienne Yougoslavie. Sur le plan professionnel, la situation du recourant ne saurait être considérée comme stable. Depuis 2008, il a occupé successivement de nombreux postes, emplois entrecoupés de plusieurs mois de chômage. Après avoir travaillé quelques mois comme maçon indépendant puis comme aide ferrailleur, il a créé sa propre entreprise il y a quelques mois seulement. A ce moment-là, il ne pouvait ignorer qu'il risquait de devoir quitter la Suisse. Il n'a en outre aucun employé et ne fait qu'effectuer de la sous-traitance pour le compte de certaines entreprises. L'intéressé avait par ailleurs le 4 juin 2012 des poursuites en cours pour un montant de près de 6'500 fr., en raison de différents frais de justice. Son épouse faisait quant à elle l'objet de différentes poursuites à hauteur d'environ 8'500 fr., notamment pour des primes d'assurance-maladie et un acte de défaut de biens de 2'682 fr. 80 avait été établi à son encontre, comme cela ressort de l'extrait du registre des poursuites au 8 juin 2012. 3. Au vu de ces circonstances, il apparaît dès lors tout à fait envisageable que toute la famille quitte la Suisse pour retourner au Kosovo. Cela étant, si l'épouse et les enfants souhaitent demeurer en Suisse, une communication régulière par la voix et l'image est parfaitement possible (cf. arrêts 2C_135/2012 du 29 octobre 2012 consid. 3.2.4 et 2C_260/2012 du 28 août 2012 consid. 4.2.2), sans oublier que la famille pourra se retrouver à l'occasion de vacances passées au Kosovo. Il sied ici de rappeler que toute la famille a déjà expérimenté ce mode de faire entre 2003, date du mariage, et 2007, année où l'interdiction d'entrée a été levée. Au vu de ces circonstances, il apparaît dès lors tout à fait envisageable que toute la famille quitte la Suisse pour retourner au Kosovo. Cela étant, si l'épouse et les enfants souhaitent demeurer en Suisse, une communication régulière par la voix et l'image est parfaitement possible (cf. arrêts 2C_135/2012 du 29 octobre 2012 consid. 3.2.4 et 2C_260/2012 du 28 août 2012 consid. 4.2.2), sans oublier que la famille pourra se retrouver à l'occasion de vacances passées au Kosovo. Il sied ici de rappeler que toute la famille a déjà expérimenté ce mode de faire entre 2003, date du mariage, et 2007, année où l'interdiction d'entrée a été levée. 4. Le recours doit ainsi être rejeté. Eu égard à sa situation économique et dans la mesure où le recours n'était pas d'emblée dénué de chances de succès, le recourant est mis au bénéfice de l'assistance judicaire (cf. art. 64 LTF). Il ne sera pas alloué de dépens (cf. art. 68 al. 1 et 3 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. La requête d'assistance judiciaire est admise et Me Hubert Theurillat est désigné défenseur d'office. 3. La Caisse du Tribunal fédéral versera au défenseur d'office une indemnité de 2'000 fr. 4. Il n'est pas perçu de frais de justice. 5. Le présent arrêt est communiqué au mandataire du recourant, au Service de la population et au Tribunal cantonal du canton du Jura, Cour administrative, ainsi qu'à l'Office fédéral des migrations. Lausanne, le 30 août 2013 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Zünd Le Greffier: Vianin
460e93fe-15f8-434b-aad8-1e0855d94faf
de
2,011
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die X._ AG wurde im Jahr 1994 gegründet und bezweckt die Vermittlung von Kapitalanlagen und Versicherungen, die Ausbildung von Finanz- und Versicherungsberatern sowie die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzanlagen. Sie wurde für die Steuerperiode 2000 an ihrem Sitz in Reinach BL und, nach einer Sitzverlegung, für das Jahr 2001 in Stansstad NW aufgrund persönlicher Zugehörigkeit als unbeschränkt steuerpflichtig veranlagt. Diese Veranlagungen erwuchsen in Rechtskraft. B. Ohne vorgängige Zustellung einer Steuererklärung nahm das Steueramt des Kantons Solothurn gegenüber der X._ AG am 22. Dezember 2005 für die Periode 2000 eine Ermessensveranlagung vor, mit der es die Gesellschaft definitiv aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit (Betriebsstätte im Kanton Solothurn) für die Ertrags- und die Kapitalsteuer erfasste. Für das Jahr 2001 wurde der X._ AG zwar eine Steuererklärung zugestellt, von dieser aber unausgefüllt der Behörde zurückgeschickt, weshalb das Steueramt am 22. Dezember 2006 erneut eine endgültige Ermessensveranlagung vornahm. Die von der X._ AG gegen diese Veranlagungen im Kanton erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos. C. Am 21. Mai 2010 hat die X._ AG beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Sie beantragt, es sei festzustellen, dass die Staatssteuer-Veranlagungen des Steueramtes des Kantons Solothurn vom 22. Dezember 2005 für 2000 und vom 22. Dezember 2006 für 2001 nichtig seien, und es sei das Urteil des Kantonalen Steuergerichts Solothurn vom 29. März 2010 aufzuheben. Eventualiter sei festzustellen, dass die X._ AG im Kanton Solothurn in den Jahren 2000 und 2001 nicht steuerpflichtig war. Subeventualiter seien die Veranlagung des Kantons Basel-Landschaft vom 27. Dezember 2000 für 2000 sowie die Veranlagung des Kantons Nidwalden vom 31. Juli 2002 für 2001 aufzuheben, und die Sache sei zur Neuveranlagung an die jeweiligen Steuerverwaltungen zurückzuweisen. D. Die Kantonalen Steuerämter Solothurn und Nidwalden beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen den eigenen Kanton richtet. Das Kantonale Steuergericht Solothurn schliesst (unter ausschliesslichem Verweis auf sein Urteil) auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat auf eine Vernehmlassung verzichtet, und der ebenfalls zur Stellungnahme eingeladene Kanton Basel-Landschaft hat sich nicht vernehmen lassen. E. Mit Präsidialverfügung vom 8. Juli 2010 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. F. Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung hat die Angelegenheit am 1. Juli 2011 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde ist zulässig (vgl. Art. 82 ff. BGG). Insbesondere ist, wie auf dem Gebiet interkantonaler Steuerkompetenzstreitigkeiten gefordert wird (vgl. Art. 100 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), der kantonale Instanzenzug zumindest in einem Kanton durchlaufen worden. Die bereits rechtskräftigen Veranlagungen des Kantons Basel-Landschaft für die Steuerperiode 2000 und des Kantons Nidwalden für 2001 können zulässigerweise mitangefochten werden (vgl. Art. 100 Abs. 5 BGG). 2. Ein Verstoss gegen Art. 127 Abs. 3 BV liegt insbesondere im Falle einer sog. aktuellen Doppelbesteuerung vor, d.h. wenn eine steuerpflichtige Person von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (vgl. zu diesem Begriff allgemein BGE 134 I 303 E. 2.1 S. 306 f.; 133 I 308 E. 2.1 S. 311; 132 I 29 E. 2.1 S. 31 f., je mit Hinweisen). Das ist hier der Fall: Die Beschwerdeführerin wurde im Kanton Basel-Landschaft für die Steuerperiode 2000 und im Kanton Nidwalden für das Jahr 2001, je aufgrund einer persönlichen Zugehörigkeit und damit einer unbeschränkten Steuerpflicht rechtskräftig veranlagt. Gemäss dem angefochtenen Urteil ist sie zudem wegen wirtschaftlicher Zugehörigkeit im Kanton Solothurn beschränkt steuerpflichtig. 3. Vorab macht die Beschwerdeführerin geltend, die hier massgeblichen Veranlagungen des Kantons Solothurn seien beide mit schwerwiegenden Verfahrensverstössen behaftet. Dieser Vorwurf beruht auf Folgendem: Für das Jahr 2000 nahm das Kantonale Steueramt Solothurn am 22. Dezember 2005, "aus Verjährungsgründen", wie es selber festhielt, direkt eine endgültige Ermessensveranlagung gegenüber der Beschwerdeführerin vor, ohne ihr zuvor überhaupt eine Steuererklärung zur Ausfüllung zugestellt zu haben. Für 2001 wurde der Pflichtigen wohl eine Steuererklärung zugesandt, welche die Betroffene unausgefüllt der Veranlagungsbehörde zurückschickte. Diese führte darauf, ohne die Beschwerdeführerin gemahnt zu haben, einmal mehr eine endgültige Ermessensveranlagung durch. Für beide Perioden vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, die auf derart krassen Verfahrensmängeln gründenden Veranlagungen seien geradezu nichtig. 3.1 Fehlerhafte Verwaltungsakte sind in der Regel nicht nichtig, sondern nur anfechtbar, und sie werden durch Nichtanfechtung rechtsgültig. Nichtigkeit, d.h. absolute Unwirksamkeit, einer Verfügung wird nur angenommen, wenn sie mit einem tiefgreifenden und wesentlichen Mangel behaftet ist, wenn dieser schwerwiegende Mangel offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Inhaltliche Mängel haben nur in seltenen Ausnahmefällen die Nichtigkeit einer Verfügung zur Folge; erforderlich ist hierzu ein ausserordentlich schwerwiegender Mangel. Als Nichtigkeitsgründe fallen hauptsächlich funktionelle und sachliche Unzuständigkeit einer Behörde sowie schwerwiegende Verfahrensfehler in Betracht (wie z.B. der Umstand, dass der Betroffene keine Gelegenheit hatte, am Verfahren teilzunehmen). Fehlt einer Verfügung in diesem Sinne jegliche Rechtsverbindlichkeit, so ist das durch jede Behörde, die mit der Sache befasst ist, jederzeit und von Amtes wegen zu beachten (vgl. u.a. BGE 136 II 489 E. 3.3 S. 495 f.; 133 II 366 E. 3.1 u. 3.2 S. 367; 132 II 342 E. 2.1 S. 346; 130 III 430 E. 3.3 S. 434; 129 I 361 E. 2.1 S. 363 f.; 127 II 32 E. 3g S. 47 f.; ASA 73 299 E. 2; 70 529, E. 4b/aa; 65 918 E. 2; StE 2010 B 92.8 Nr. 15 E. 2.3; StR 64/2009 581 E. 2.1; RDAF 2006 I 139 E. 2.2; RDAT 1996 I Nr. 49 S. 137 E. 5; mit weiteren Hinweisen). 3.2 Die hier massgeblichen beiden Varianten der Verweigerung des Rechts zur Einreichung der Steuererklärung sind zuerst im innerkantonalen Verhältnis zu prüfen, d.h. hinsichtlich ihrer Tragweite auf das Verhältnis zwischen dem veranlagenden Kanton und der steuerpflichtigen Person: 3.2.1 Die Abgabe einer Steuererklärung im Sinne von § 140 des Gesetzes vom 1. Dezember 1985 über die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn (StG/SO) ist einerseits eine grundlegende Verfahrenspflicht der steuerpflichtigen Person (und zwar ihre bedeutsamste Mitwirkungspflicht; vgl. MARTIN ZWEIFEL, Die Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, Zürich 1989, S. 69 ff.; MARTIN ZWEIFEL/HUGO CASANOVA, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, Direkte Steuern, Zürich 2008, S. 172 ff.), andererseits ein fundamentales Verfahrensrecht der steuerpflichtigen Person (vgl. HEINZ WEIDMANN, Vom Recht, eine Steuererklärung einreichen zu dürfen, StR 52/1997 523 f.; siehe auch Zweifel, a.a.O., S. 75). Das Gesetz schreibt ausdrücklich vor, wie vorzugehen ist, wenn der Pflichtige die Steuererklärung nicht oder bloss mangelhaft ausgefüllt einreicht. In diesem Fall muss ihn die Behörde gemäss § 140 Abs. 3 StG/SO auffordern, das Versäumte innert angemessener Frist nachzuholen. Erst dann, wenn der Pflichtige trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht erfüllt, ist die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen (vgl. § 147 Abs. 2 StG/SO; siehe auch Art. 46 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]). Kann die steuerpflichtige Person keine Selbstdeklaration vornehmen, ohne dass all die genannten Bedingungen kumulativ erfüllt wären, wird mithin die besonders wichtige erste Phase des Veranlagungsverfahrens einfach unterdrückt (vgl. auch GOTTHARD STEINMANN, Die Revision im Wehrsteuerrecht, StR 34/1979 199 ff.). 3.2.2 Gemäss dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ist die Ermessensveranlagung somit gerade kein taugliches oder zulässiges Mittel, um dem Pflichtigen die Möglichkeit vorzuenthalten, eine Steuererklärung einzureichen. Vielmehr ist sie ein unumgänglicher Notbehelf, um sogar dann zu einer sachgerechten Einschätzung zu gelangen, wenn die an sich unerlässlichen, aber selbst nach förmlicher Mahnung vom Pflichtigen nicht eingereichten Angaben fehlen oder wenn die Steuerfaktoren aus anderen Gründen mangels zuverlässiger Unterlagen nicht genau ermittelt werden können (vgl. § 147 Abs. 2 StG/So und Art. 46 Abs. 3 StHG; siehe auch Art. 130 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]). Da die Steuerbehörde mangels genügender Unterlagen nicht alle Faktoren genau ermitteln kann und eine Ermessenseinschätzung deshalb naturgemäss eine gewisse Unschärfe aufweist, kann der Pflichtige sie nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit in Frage stellen. Auch das Bundesgericht prüft derartige Veranlagungen nur mit Zurückhaltung auf besonders schwere Fehler und Irrtümer hin (vgl. u.a. BGE 131 II 548 E. 2.3 S. 551; 123 II 552 E. 4c S. 557 f.; StE 2009 B 95.1 Nr. 13 E. 2.1 u. 3.2; 2009 B 95.1 Nr. 14 E. 2.1-2.2; 2005 B 96.22 Nr. 3 E. 3.2; StR 64/2009 35 E. 5.2; 64/2009 588 E. 4.2; 61/2006 819 E. 3.3; 61/2006 558 E. 2.3; 60/2005 973 E. 5; ASA 77 343 E. 1.3 u. 4.3; 75 329 E. 5.1; NStP 57/2003 139 E. 4.1; RDAF 2000 II 41 E. 1c u. 2b; mit weiteren Hinweisen). 3.3 Die Auswirkungen des Verfahrensverstosses, dem Pflichtigen die Möglichkeit zur Einreichung einer Steuererklärung vorzuenthalten und stattdessen direkt zu einer Ermessensveranlagung überzugehen, sind weiter im interkantonalen Bereich zu prüfen. In diesem Bereich kann ein besonders schwerwiegender Verfahrensmangel darin liegen, dass eine kantonale Veranlagungsbehörde für sich eine Steuerhoheit in Anspruch nimmt, die ihr wegen Unzuständigkeit nicht zusteht: 3.3.1 Das gilt vorab bei der direkten Bundessteuer: Gemäss dem Grundsatz der Einheit des Veranlagungsortes wird der Steuerpflichtige zwecks Vermeidung einer Aufsplitterung der Veranlagung für das gesamte in der Schweiz steuerbare Einkommen allein am Wohnsitz eingeschätzt. Wenn ein Kanton eine steuerpflichtige Person, die ihm wirtschaftlich zugehörig ist, für die direkte Bundessteuer veranlagt, obwohl sie die persönliche Zugehörigkeit in einem anderen Kanton hat, liegt - wegen Verstosses gegen die bundessteuerrechtliche Zuständigkeitsordnung - eine örtliche Unzuständigkeit vor, was unter Umständen die Nichtigkeit der betreffenden Einschätzungsverfügung zur Folge haben kann. Ist der Veranlagungsort im Einzelfall ungewiss oder streitig, so ist er - wenn mehrere Kantone in Frage kommen - von der Eidgenössischen Steuerverwaltung zu bestimmen (Art. 108 Abs. 1 Satz 1 DBG; vgl. dazu u.a. StR 62/2007 127 E. 2; 54/1999 118 E. 7a; StE 2004 B 91.3 Nr. 4 E. 2.1; ASA 70 529 E. 4b; 59 636 E. 2c). 3.3.2 Hier geht es nicht um die direkte Bundessteuer und besteht somit auch nicht die Möglichkeit, von der Eidgenössischen Steuerverwaltung eine verbindliche Beurteilung hinsichtlich der jeweiligen kantonalen Besteuerungskompetenzen zu erlangen. Im Bereich der Staatssteuer gilt deshalb gemäss ständiger Rechtsprechung eine andere Regelung: Wenn eine in einem bestimmten Kanton zur Veranlagung herangezogene Person die Steuerhoheit des betreffenden Kantons bestreitet, muss dieser grundsätzlich in einem Vorentscheid (dem sog. Steuerdomizilentscheid) rechtskräftig über die Steuerpflicht entscheiden, bevor er das Veranlagungsverfahren fortsetzen darf. Es ist unzulässig und verstösst gegen Art. 127 Abs. 3 BV, zu einer Ermessensveranlagung zu schreiten, obschon der Pflichtige die Steuerhoheit bestritten hat. Das ergibt sich direkt aus dem verfassungsmässigen Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung und unabhängig davon, ob das kantonale Recht ein solches Domizilverfahren kennt oder nicht (vgl. in diesem Sinne aber § 147 Abs. 3 StG/SO). Gegen den Vorentscheid kann der in Anspruch Genommene die kantonalen Rechtsmittel erheben und ans Bundesgericht gelangen (vgl. u.a. BGE 134 I 303 E. 1.1 S. 304 f.; 131 I 145 E. 2.1 S. 147; 125 I 54 E. 1a S. 55; 123 I 289 E. 1a S. 291 f.; 115 Ia 73 E. 3 S. 75 f.; ASA 61 678 E. 2a; RDAF 2010 II 577 E. 2; StE 2002 A 24.22 Nr. 4 E. 1a). 3.3.3 Jedoch verwirkt der Pflichtige das Recht zur Anfechtung der Veranlagung eines Kantons nicht nur, wenn er seine dortige Steuerpflicht in Kenntnis des kollidierenden Steueranspruchs eines andern Kantons vorbehaltlos anerkennt, z.B. wenn er sich der Veranlagung ausdrücklich oder stillschweigend unterwirft (vgl. BGE 123 I 264 E. 2d S. 267; 101 Ia 384 E. 1 S. 386; ASA 64 167 E. 4a; StE 2000 A 24.5 Nr. 4 E. 1b; 1998 A 24.42.4 Nr. 1 E. 1b). Die Verwirkung kann sich auch daraus ergeben, dass der Pflichtige im Veranlagungsverfahren seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, z.B. wenn er die verlangte Steuererklärung, die Bilanz und Erfolgsrechnung sowie die Belege seiner Buchhaltung nicht einreicht oder andere für die Bemessung und die Ausscheidung der Steuerfaktoren notwendige Angaben verweigert, so dass zur Ermessensveranlagung geschritten werden muss (vgl. ASA 58 538 E. 2c; 57 582 E. 2b; StE 1987 A 24.5 Nr. 2 E. 1a). Eine solche Verwirkung wird indessen nicht von Amtes wegen berücksichtigt, sondern muss von den betroffenen Behörden/Kantonen geltend gemacht werden (vgl. BGE 123 I 264 E. 2d S. 267; Pra 2003 Nr. 172 S. 939 E. 4; StE 2000 A 24.5. Nr. 4 E. 1b). In diesem Sinne verwirkt der Pflichtige seinen Anspruch auf einen Vorentscheid auch dann, wenn er innert Frist die Steuererklärung nicht einreicht, einer Nachfrist ebenfalls keine Folge leistet, sich nach Ermessen veranlagen lässt und erst in der Einsprache gegen die Ermessensveranlagung die Steuerhoheit des Kantons bestreitet (vgl. u.a. ASA 57 582 E. 2b; StE 1987 A 24.5 Nr. 2 E. 1a u. 2b; im gleichen Sinne schon BGE 60 I 346 E. 2 S. 346 f.; siehe auch das Urteil 2C_249/2008 vom 10. Juni 2008 E. 4.2). 3.3.4 Seinerseits verwirkt ein Kanton, der die für die Steuerpflicht massgeblichen Tatsachen kennt oder kennen kann, sein Recht auf Besteuerung, wenn er trotzdem mit der Erhebung des Steueranspruchs ungebührlich lange zuwartet und wenn bei Gutheissung des erst nachträglich erhobenen Anspruchs ein anderer Kanton zur Rückerstattung von Steuern verpflichtet werden müsste, die er formell ordnungsgemäss in guten Treuen und in Unkenntnis des kollidierenden Steueranspruchs bezogen hat. Bei periodischen Steuern gilt die Veranlagung in der Regel als verspätet, wenn sie nach Ablauf der in Frage stehenden Periode eingeleitet oder ihr Abschluss ohne ausreichenden Grund ungebührlich lange verzögert wird (vgl. BGE 132 I 29 E. 3.2 S. 32; 123 I 264 E. 2c S. 266; siehe auch Pra 2003 Nr. 172 S. 939 E. 3.2; ASA 64 167 E. 5a; StE 2008 A 24.1 Nr. 6 E. 3.2; 2004 A 24.35 Nr. 3 E. 3.1; StR 56/2001 813 E. 3b; mit Hinweisen). Diese Verwirkung ist aber ein Institut zugunsten der steuererhebenden Kantone und nicht der Pflichtigen. Ihr Sinn und Zweck liegt darin, den betroffenen Zweitkanton davor zu bewahren, schon bezogene Steuern auf Grund eines an sich vorrangigen, aber erst ungebührlich spät erhobenen Steueranspruches rückerstatten zu müssen (vgl. BGE 132 I 29 E. 3.3 S. 33 ff.; StE 2000 A 24.5 Nr. 4 E. 4b; ASA 56 85 E. 4b; siehe auch schon BGE 91 I 467 E. 4 S. 475 ff.). Deshalb kann die Verwirkung auch nur durch den anderen Kanton und nicht durch den Pflichtigen selbst geltend gemacht werden (vgl. BGE 132 I 29 E. 3.1 S. 32; 123 I 264 E. 2c S. 26; StE 2008 A 24.1 Nr. 6 E. 3.3; 2002 A 24.22 Nr. 4 E. 4). Die Voraussetzungen für eine derartige Verwirkung wären hier bei der jeweils erst kurz vor Eintritt der fünfjährigen Verjährung erfolgten Inanspruchnahme der Besteuerungshoheit durch den Kanton Solothurn an sich für beide Steuerperioden deutlich erfüllt. Weder der Kanton Basel-Landschaft (für das Jahr 2000) noch der Kanton Nidwalden (für 2001) haben jedoch die ihnen zustehende Einrede erhoben. 3.4 Es fragt sich, was aus den genannten, im inner- und zwischenkantonalen Bereich geltenden Grundsätzen für den hier zu beurteilenden Fall zu schliessen ist. Das muss für die beiden Steuerperioden 2000 und 2001 bzw. den jeweils geltend gemachten Verfahrensverstoss getrennt geprüft werden. In Bezug auf die für das Jahr 2000 erfolgte vollumfängliche Unterdrückung der Steuererklärungs-Phase (vgl. dazu oben einleitend vor E. 3.1) muss nach dem Gesagten festgehalten werden, dass sie (besonders) schwer wiegt (vgl. im gleichen Sinne schon MAX IMBODEN/RENÉ A. RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl. Basel 1976, Nr. 40, V, 2b, S. 242 f. sowie den Ergänzungsband: RENÉ A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Basel/Frankfurt a.M. 1990, Nr. 40, V, 2b, S. 120; in der neuesten Lehre: siehe u.a. ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. Zürich/St. Gallen 2010, Rz. 968 S. 217), als deutliche Abweichung von einem schon im Gesetz ausdrücklich vorgeschriebenen Verfahrensablauf sowie als funktionswidrige Verkehrung eines Notbehelfs in sein Gegenteil (vgl. oben E. 3.2.2). Hier ist diese Unterdrückung unter Umständen geschehen, die zumindest nichts dazu beigetragen haben, den Verfahrensverstoss als weniger krass erscheinen zu lassen (vgl. unten E. 3.4.1). Zudem ist das weitere Verfahren nicht so verlaufen, dass der Verstoss als behoben eingestuft werden könnte (E. 3.4.2). 3.4.1 Mit der direkt vorgenommenen Ermessensveranlagung wollte das Kantonale Steueramt die einige Tage später drohende fünfjährige Veranlagungsverjährung im Sinne von § 138 Abs. 1 StG/SO bzw. Art. 47 Abs. 1 StHG unterbrechen. Dafür hätte es aber genügt, der Beschwerdeführerin eben gerade eine Steuererklärung zukommen zu lassen. Das hätte eine hinreichende Einforderungshandlung im Sinne des Gesetzes (vgl. § 138 Abs. 3 lit. a StG/SO) und der Praxis dargestellt (vgl. dazu insb. BGE 126 II 1 E. 2 S. 2 ff., mit weiteren Hinweisen). Dazu kommt die an sich ungebührlich späte Inanspruchnahme der Besteuerungskompetenz gegenüber der in einem anderen Kanton schon seit beträchtlicher Zeit unbeschränkt und rechtskräftig veranlagten Beschwerdeführerin. Zwar trifft zu, dass es ausschliesslich an diesem anderen Kanton sein kann, die Einrede der Verwirkung zu erheben. Und allgemein schädigt dieser andere Kanton nur sich selbst, wenn er die Einrede unterlässt. Ein Fall wie der vorliegende wirft indessen die Frage auf, ob den Verfahrensrechten des Pflichtigen nicht zumindest dann ein zusätzliches Gewicht beigemessen werden muss, wenn gegenüber einer in mehrfacher Hinsicht (sehr) problematischen Vorgehensweise eines Kantons andersweitig geregelte Korrekturmechanismen nicht zum Tragen kommen. Zumindest erweist es sich als umso schwerwiegender, wenn eine ungebührlich späte Beanspruchung der Steuerhoheit dann noch mit einem krassen Verfahrensmangel behaftet ist. 3.4.2 Im nachmaligen Verfahren ist die vollumfängliche Unterdrückung der ersten Veranlagungsphase auf jeden Fall nicht genügend behoben worden. Bei richtiger Anwendung der für das Verhältnis zwischen dem veranlagenden Kanton und der steuerpflichtigen Person (vgl. dazu oben E. 3.2) geltenden Regeln hätte die Beschwerdeführerin aufgrund des (direkten) Übergangs zur Ermessensveranlagung die gegen sie verfügte Einschätzung unumgänglich nur mehr wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten können (vgl. oben E. 3.2.2). Und im zwischenkantonalen Bereich wäre mit diesem Übergang allenfalls verbunden gewesen, dass die Betroffene ihren Anspruch auf Bestreitung der Solothurner Steuerhoheit und auf Einleitung eines Steuerdomizilverfahrens vollumfänglich und endgültig verwirkt hätte (vgl. oben E. 3.3.3). Weder im Einspracheentscheid noch im angefochtenen Urteil werden diese Schlüsse ausdrücklich oder andeutungsweise gezogen. Gleichzeitig ist aber auf keiner der beiden Verfahrensebenen eine hinreichende und alle betroffenen Dimensionen umfassende Klarstellung erfolgt, wonach die Beschwerdeführerin durch die Unterdrückung der Steuererklärungs-Phase weder inner- noch interkantonal bzw. weder verfahrens- noch materiellrechtlich in irgendeiner Weise schlechtergestellt werden dürfe. 3.4.3 Vor diesem Hintergrund ist die hier für die Steuerperiode 2000 erfolgte vollumfängliche Unterdrückung der ersten Veranlagungsphase als derart krasser Verfahrensfehler einzustufen, dass er nicht nur die blosse Anfechtbarkeit, sondern geradezu die absolute Unwirksamkeit der damit behafteten Veranlagung nach sich ziehen muss. Bezüglich der Rechtsfolgen ist jedoch zu unterscheiden: Die Vorgehensweise des Solothurner Steueramtes für das Jahr 2000 ist wohl als Veranlagungshandlung nichtig. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die sich darin äussernde Inanspruchnahme der Besteuerungskompetenz mit entsprechender verjährungsunterbrechender Wirkung im Sinne von § 139 Abs. 3 lit. a StG/SO nie erfolgt wäre. Eine solche Verjährungsunterbrechung muss angesichts des praxisgemäss weiten Begriffs der Einforderungshandlung angenommen werden, wie er namentlich im Recht der direkten Bundessteuer geprägt worden ist. Unter diesen Begriff fallen nicht nur die eigentlichen Bezugshandlungen, sondern auch alle auf Feststellung des Steueranspruchs gerichteten Amtshandlungen, die dem Pflichtigen zur Kenntnis gebracht werden. Das kann selbst amtliche Mitteilungen umfassen, die lediglich eine spätere Veranlagung in Aussicht stellen und deren Zweck sich in der Unterbrechung des Verjährungsablaufs erschöpft (vgl. dazu insb. BGE 126 II 1 E. 2 S. 2 ff.; siehe auch u.a. ASA 73 237 E. 3; je mit weiteren Hinweisen). Genau eine solche Amtshandlung steht hier aber zur Diskussion (vgl. oben E. 3.4.1). Wenn in diesem Sinne die Unterbrechung der Verjährung angenommen werden kann, so bedeutet das indessen noch nicht, dass der Kanton Solothurn die von ihm so in Anspruch genommene Besteuerungskompetenz hier auch tatsächlich umsetzen könnte. Unter Verwirkungsgesichtspunkten (vgl. dazu oben E. 3.3.4) könnte der Kanton Basel-Landschaft die ihm zustehende Einrede auf jeden Fall wegen der seit dieser Unterbrechung verstrichenen Zeit erheben. Zudem müsste der Beschwerdeführerin ein weiterhin vollumfänglicher verfahrens- und materiellrechtlicher Schutz zugestanden werden. Mit Blick auf den Verfahrensausgang sind diese Fragen vorliegend aber nicht weiter zu erörtern. 3.5 Für die Steuerperiode 2001 sind hier gegenüber derjenigen von 2000 zwei wesentliche Unterschiede festzuhalten: Einerseits stellte das Steueramt des Kantons Solothurn der Beschwerdeführerin wohl eine Steuererklärung zu, welche diese ihm unausgefüllt zurückschickte. Darauf nahm das Amt, ohne die Pflichtige zu mahnen, direkt eine endgültige Ermessensveranlagung vor. Darin liegt zwar ein unbestreitbarer Verstoss gegen den bereits im Gesetz geregelten Verfahrensablauf (vgl. oben E. 3.2.1). Er wiegt jedoch weniger schwer als die vollumfängliche Unterdrückung der ersten Verfahrensphase. Schon das spricht dagegen, für 2001 ebenfalls die Nichtigkeit der nachmaligen Veranlagung anzunehmen. Andererseits hat die Beschwerdeführerin nicht angemessen auf die Inanspruchnahme der Besteuerungshoheit durch den Kanton Solothurn reagiert: Statt die ihr zugestellte Steuererklärung bloss unausgefüllt zurückzuschicken, hätte sie dies damit verbinden müssen, in aller Form die solothurnische Steuerhoheit zu bestreiten und ausdrücklich die Einleitung des Steuerdomizilverfahrens zu verlangen. Dass sie das unterlassen hat, schwächt zusätzlich die Tragweite des durch die Veranlagungsbehörde begangenen Verfahrensverstosses. Gleichzeitig kann die blosse Zurücksendung der unausgefüllt gelassenen Steuererklärung nicht so gewertet werden, dass die Beschwerdeführerin damit die Solothurner Steuerhoheit stillschweigend akzeptiert hätte (vgl. oben E. 3.3.3). Unter den gegebenen Umständen kann und muss es gesamthaft genügen, dass das Bundesgericht das angefochtene Urteil bezüglich der Steuerperiode 2001 ohne die Einschränkungen überprüft, die sich üblicherweise aus dem Übergang zur Ermessensveranlagung ergeben, sei es in Bezug auf die materielle Einschätzung oder die interkantonale Ordnung der Besteuerungskompetenzen (vgl. oben E. 3.2.2 u. 3.3.3). In diesem Sinne ist nun zu beurteilen, ob die Behörden des Kantons Solothurn für die genannte Periode zu Recht eine Betriebsstätte der Beschwerdeführerin im Kanton angenommen haben. 4. 4.1 Der Gewinn und das Kapital einer Kapitalgesellschaft sind nach der Rechtsprechung zu Art. 127 Abs. 3 BV am Ort zu versteuern, wo sich das Hauptsteuerdomizil befindet, soweit sie nicht Betriebsstätten in anderen Kantonen unterhält und damit dort sekundäre Steuerdomizile aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit begründet. Der Begriff der Betriebsstätte wird weder in § 85 Abs. 2 lit. b StG/SO noch in Art. 21 Abs. 1 lit. b StHG näher definiert, weshalb diesbezüglich die bundesgerichtliche Praxis zu Art. 127 Abs. 3 BV gilt (vgl. BGE 134 I 303 E. 1.2 u. 2.2 S. 305 ff.). Eine solche Betriebsstätte setzt eine feste Geschäftseinrichtung voraus, in der die Tätigkeit des ausserkantonalen Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird, d.h. ständige körperliche Anlagen, in denen das Unternehmen einen qualitativ sowie quantitativ erheblichen Teil seines technischen und kommerziellen Betriebs vollzieht (vgl. u.a. BGE 134 I 303 E. 2.2 S. 307, 110 Ia 190 E. 3 S. 193; StE 2009 A 24.24.41 Nr. 3 E. 2.3; ASA 57 582 E. 4a, 57 677 E. 3a; SJ 1996 100 E. 3a; siehe auch ERNST HÖHN/PETER MÄUSLI, Interkantonales Steuerrecht, 4. Aufl. Bern/Stuttgart/Wien 2000, S. 143, PETER LOCHER, Einführung in das interkantonale Steuerrecht, 2. Aufl. Bern 2003, S. 66; DANIEL DE VRIES REILINGH, La double imposition intercantonale, Bern 2006, S. 72; KURT LOCHER/PETER LOCHER, Die Praxis der Bundessteuern, III. Teil, Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, § 8, I A). Ausgeklammert sind nebensächliche und untergeordnete Tätigkeiten (vgl. BGE 110 Ia 190 E. 4b S. 196; 80 I 194 E. 4b S. 196). Damit wird vermieden, dass jede geringfügige Tätigkeit ausserhalb des Sitzkantons bereits ein sekundäres Steuerdomizil begründet. 4.2 Für Versicherungsgesellschaften, welche im ganzen Land durch Agenten vertreten werden, hat das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung dem allgemeinen Grundsatz, dass eine übermässige Zersplitterung der Steuerhoheit zu vermeiden ist, ein besonderes Gewicht beigemessen und sich somit dagegen ausgesprochen, am Sitz (all) dieser Agenturen Nebensteuerdomizile anzunehmen. Eine Agentur wird erst dann zu einer Betriebsstätte, wenn sie rechtlich und wirtschaftlich als Teil der Gesellschaft erscheint, insbesondere dann, wenn der Agent in einem Arbeits- oder einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis zur Unternehmung steht. Dazu gehört im Allgemeinen, dass er in deren Namen handelt. Die Tatsache, dass ein in einer ständigen Geschäftseinrichtung einer Unternehmung tätiger Angestellter oder wirtschaftlich abhängiger Agent die Vollmacht besitzt, Rechtsgeschäfte im Namen der Unternehmung abzuschliessen, begründet an diesem Ort regelmässig eine Betriebsstätte der Unternehmung. Das Gleiche gilt tendenziell, wenn dem Generalagenten Büroräume zur Verfügung stehen, die von der Versicherungsgesellschaft gemietet werden, während die Büroangestellten von der Gesellschaft eingestellt worden sind und auch von ihr besoldet werden. Für eine solche Abhängigkeit spricht auch, wenn der Agent in allen geschäftlichen Bereichen den Weisungen der Gesellschaft unterstellt ist und bindende Vorschriften insbesondere hinsichtlich der Verwendung und Einteilung der Arbeitszeit bestehen sowie Richtlinien für die Organisation des Anwerbedienstes. Für die Unabhängigkeit des Agenten und somit gegen die Annahme einer Betriebsstätte spricht, dass er seine Tätigkeit in eigenem Namen sowie auf persönliche Risiken und Gefahr hin ausübt, selbst wenn das in Geschäftsräumen erfolgt, welche der Unternehmung gehören. Als weitere Indizien für eine solche Unabhängigkeit gelten die Entlöhnung auf Provisionsbasis und die dem Agenten zugestandenen Freiräume innerhalb der Geschäftsorganisation, namentlich gegenüber den Weisungen und Kontrollen der Gesellschaft sowie in der zeitlichen Gestaltung der Arbeit oder aufgrund der ihm eingeräumten Möglichkeit, selber Personal einzustellen bzw. sein eigenes Netz von (Unter-)Agenten aufzubauen. Dass er an die von der Gesellschaft praktizierten Tarife und an deren Weisungen in Bezug auf den Abschluss der Verträge gebunden ist, spricht dann nicht zwingend gegen eine solche Unabhängigkeit (vgl. zum Ganzen u.a. SJ 1996 100 E. 3b; ASA 57 677 E. 3 u. 4; aber auch schon ASA 29 338 E. 3; Darstellung der Rechtsprechung bei LOCHER/LOCHER, a.a.O., insb. die Unterteilungen § 8 I C 3 u. § 8 I D 1; Zusammenfassung der Praxis bei HÖHN/MÄUSLI, a.a.O., S. 154 ff.). Im Urteil ASA 57 677 hat das Bundesgericht dagegen ausgeführt, dass die Agentur als Betriebsstätte qualifiziert werden kann, wenn sie im Dienste des Hauptunternehmens steht und die Beziehungen wirtschaftlich so eng sind wie dies normalerweise bei einer angestellten Person der Fall ist (vgl. dort E. 3d, S. 682; im gleichen Sinne schon BGE 61 I 180, LOCHER/LOCHER, a.a.O., § 8 I E Nr. 2). Diese Praxis wird bei HÖHN/MÄUSLI (a.a.O, S. 148) wie folgt dargestellt: Aufgrund besonderer wirtschaftlicher Abhängigkeiten von einer Unternehmung kann eine selbständige Personenunternehmung ausnahmsweise zur Betriebsstätte werden. Bei selbständigerwerbenden natürlichen Personen liegt eine solche Abhängigkeit vor, wenn die Unternehmung ganz im Dienste des anderen Unternehmens aufgeht, d.h. nur für dieses und nicht für andere Unternehmen arbeitet (objektive Voraussetzung) und der Inhaber so vom Hauptunternehmen abhängig ist, wie dies sonst bei einem Angestellten im Verhältnis zum Dienstherrn der Fall ist (subjektive Voraussetzung). 4.3 Auf diese zuletzt zitierte Rechtsprechung bzw. deren gerade genannte Darstellung in der Lehre hat die Vorinstanz sich für die Beurteilung des vorliegenden Falles hauptsächlich gestützt. Das Kantonale Steuergericht hat die Frage, ob die Tätigkeit des in B._ als Agent für die Beschwerdeführerin tätigen A._ (sowie der anderen Mitarbeiter der X._ AG im Kanton) als selbständig oder unselbstständig zu qualifizieren ist, offengelassen (vgl. E. 3.4 des angefochtenen Urteils, S. 7 unten; siehe auch einleitend zu E. 3, S. 6). Massgeblich für die Annahme einer Betriebsstätte seien vielmehr die besonderen wirtschaftlichen Abhängigkeiten gegenüber der Beschwerdeführerin: "Die Berater treten stets als Agenten der X._ AG auf, die wiederum als Vermittlerin von Versicherungspolicen der Y._ AG sowie der Z._ AG auftritt. A._ erzielte in den zur Frage stehenden Perioden sämtliches Erwerbseinkommen aus Quellen der X._ AG oder ihr nahestehenden Gesellschaften. Somit stand er vollumfänglich im Dienste der Steuerpflichtigen und erfüllte die objektive Voraussetzung. Aufgrund der wirtschaftlichen Verknüpfung ist auch die subjektive Voraussetzung erfüllt" (E. 3.1 des angefochtenen Urteils, S. 6). 4.4 Vorab ist zu prüfen, ob die vom Kantonalen Steuergericht vertretene Auffassung besonderer wirtschaftlicher Abhängigkeiten in der rechtlichen Ausgestaltung der Beziehungen zwischen den Beteiligten eine Stütze findet, namentlich in dem 1999 zwischen der Beschwerdeführerin und A._ abgeschlossenen Agenturvertrag: 4.4.1 Als Indiz einer (möglichen) Abhängigkeit spricht zuerst einmal die Tatsache, dass A._ in sozialrechtlicher Hinsicht nicht wie ein Selbständigerwerbender, sondern wie ein Arbeitnehmer behandelt wird (vgl. dazu auch unten E. 4.5.3). Als Agent hat er die geschäftlichen Richtlinien der X._ AG einzuhalten, soweit diese die Produktpalette, die Partnergesellschaften und den Unternehmensgegenstand der X._ AG betreffen (Ziff. 7.6). Daneben unterliegt er einem Konkurrenzverbot (Ziff. 7.2). Zudem hat er die laufenden Schulungen der Gesellschaft zu besuchen und sich ständig weiterzubilden (Ziff. 7.9). 4.4.2 Der Agenturvertrag enthält jedoch zumindest ebenso zahlreiche und gewichtige Aspekte, die gegen die von der Vorinstanz angenommene Abhängigkeit sprechen: Grundlegend verpflichtet sich A._, als selbständiger Vermittlungsagent tätig zu sein (Ziff. 2.1) gegen Ausrichtung von - um die obligatorischen Beiträge an die AHV/IV/EO/ALV gekürzte (Ziff. 5.14) - sog. Abschlussvergütungen durch die X._ AG (Ziff. 4.1). Daraus hat der Agent sämtliche Kosten seines Geschäftsbetriebes, einschliesslich der Kosten etwaiger Unteragenten oder sonstiger Hilfspersonen, Reiseaufwendungen, Bürobedarf, EDV-Unterstützung, Miete, Porti, Telefon etc. zu bestreiten (Ziff. 5.3) und damit das Unternehmerrisiko vollständig zu tragen (Ziff. 2.4). Abgesehen von der erwähnten Bindung an die Geschäftsrichtlinien und dem genannten Konkurrenzverbot ist der Agent frei im Hinblick auf die Ausgestaltung und Organisation seiner eigenen Tätigkeit (Ziff. 7.6). 4.4.3 Gesamthaft ergibt sich somit aus dem Vertrag, dass A._ ein selbständiger Unternehmer ist, der zwar in fachlicher Hinsicht weisungsgebunden ist, aber in der Art seiner Auftragserfüllung (d.h. namentlich in der Ausgestaltung und Organisation seiner Tätigkeit) weitgehende Handlungsfreiheit besitzt. Damit steht im Einklang, dass A._ bereits im Juli 1995 in Zuchwil von einer Pensionskasse drei Büro- bzw. Schulungsräumlichkeiten gemietet hatte, wo seither neue Hilfspersonen eingeführt und Aus- sowie Weiterbildungen betrieben werden. Es ist unbestritten, dass diese Räumlichkeiten von A._ gemietet sind und er auch die entsprechenden Mietzinsen zahlt. 4.5 Nun hat sich die Vorinstanz aber nicht auf die rechtliche Ausgestaltung der Beziehungen zwischen den Beteiligten berufen, sondern besondere Abhängigkeiten auf der wirtschaftlichen Ebene als entscheidend erachtet. In erster Linie argumentiert sie damit, dass A._ in den hier zu beurteilenden Jahren 2000 und 2001 sein sämtliches Erwerbseinkommen aus Quellen der Beschwerdeführerin oder dieser nahestehender Gesellschaften bezogen und somit vollumfänglich in deren Dienste gestanden habe (vgl. oben E. 4.3). Mit einer solchen Ausschliesslichkeit der Einkommensherkunft hatte sich das Bundesgericht bereits im Urteil ASA 57 677 auseinanderzusetzen und kam dort nach einer Gesamtbetrachtung zum Schluss, dass ein Agent selbst dann als selbständig eingestuft werden konnte, wenn er nur für eine Versicherungsgesellschaft tätig war. Auch im vorliegenden Fall wirft das Argument der Vorinstanz mehrere Probleme auf: 4.5.1 Unbestreitbar ist wohl, dass die Einkünfte von A._ aus den Jahren 2000 und 2001 ausschliesslich von der X._ AG stammten (bzw. für 2001 in geringem Ausmass von einer ihr nahestehenden Gesellschaft) und dass diese Einkünfte beträchtlich waren: mehr als Fr. 580'000.-- für 2000 und insgesamt sogar über Fr. 900'000.-- für das Jahr danach. Dabei handelt es sich aber nicht um Lohnzahlungen im klassischen Sinne. Vielmehr besteht das hier massgebliche und für A._ (wie auch die anderen Agenten der Beschwerdeführerin) gültige System soweit ersichtlich darin, dass sämtliche Vermittlungsprovisionen, welche die Agenten erzielt haben und seitens der Partner-Versicherungsgesellschaften (vgl. oben E. 4.3) geschuldet sind, von der X._ AG vereinnahmt werden. Diese vergütet dann jedem einzelnen Agenten den ihm daran zukommenden Anteil weiter. Sie selbst trägt dabei aber wirtschaftlich keine eigentlichen Personal- oder Lohnkosten, sondern behält nur einen Teil der genannten Provisionen für sich und überweist den Rest an die Berechtigten. Aufgrund dieser (blossen) Weitervergütung spricht in einem solchen System der Umstand, dass die Einkommenszuflüsse zugunsten von A._ (sozusagen) immer von der Beschwerdeführerin ausgehen, nicht für eine besondere wirtschaftliche Abhängigkeit ihr gegenüber. Zwar besteht hier sehr wohl eine Abhängigkeit, und sogar eine durchaus weit gehende, aber von den erzielten Geschäftsabschlüssen: Gelingt es nicht, Versicherungspolicen zu vermitteln und werden somit auch keine Provisionen ausgerichtet, so fliessen in diesem System sozusagen keine Einnahmen zugunsten des Agenten. 4.5.2 Im direkten Zusammenhang damit steht auch eine weitere Besonderheit des zu beurteilenden Systems: Soweit ersichtlich hat(te) A._ keinen Personalaufwand, und zwar deshalb, weil er für seine Vermittlungstätigkeit gar nicht auf eigenes Hilfspersonal angewiesen zu sein scheint. Die Vorinstanz hat diesen Umstand als bedeutend eingestuft und ihn so gedeutet, dass das Verlustrisiko als Hinweis auf ein echtes Unternehmerrisiko zu werten und ein solches Verlustrisiko namentlich dann (wirklich) vorhanden sei, wenn Personal beschäftigt werde (vgl. angefochtenes Urteil, E. 3.3). In die gleiche Richtung geht der Bericht des Bundesrates vom 14. November 2001 über eine einheitliche und kohärente Behandlung von selbstständiger bzw. unselbständiger Erwerbstätigkeit im Steuer- und im Sozialversicherungsabgaberecht: "(Agenten) gelten in der Regel als unselbständigerwerbend. Als selbständigerwerbend werden sie betrachtet, wenn sie kumulativ eigene Geschäftsräumlichkeiten benützen, eigenes Personal beschäftigen und die Geschäftskosten im Wesentlichen selber tragen" (BBl 2002 1126 ff., Ziffer 2.1.1.2 auf S. 1132; unter Hinweis auf den auch von der Vorinstanz angeführten BGE 119 V 161 E. 3b S. 163 f.; siehe auch BGE 134 V 297 E. 2.3 S. 302; vgl. zu diesem Punkt auch das Kreisschreiben Nr. 23 der Schweizerischen Steuerkonferenz vom 21. November 2006, u.a. Ziff. 4.2, wonach eine Organisationseinheit mit mehr als drei Vollzeitmitarbeitern eine Betriebsstätte bilde; dieses Kreisschreiben ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar). Es scheint zu schematisch, das Unternehmerrisiko (mehr oder weniger weitgehend) mit dem Verlustrisiko gleichzusetzen, und dieses wiederum mit der Beschäftigung von Personal. In zahlreichen Fällen (und nicht nur hier) betreibt ein Selbständigerwerbender ein Geschäft (sozusagen) ohne Mitarbeiter (sog. Einmann-Betrieb oder Ich-AG). Damit stimmt es vorliegend überein, dass das von A._ eingegangene Geschäftsrisiko sehr wohl besteht und je nach Wirtschaftslage nicht unbedeutend ist, sich aber hauptsächlich in der genannten (sehr) ausgeprägten Abhängigkeit von den zu erzielenden Abschlüssen äussert. 4.5.3 Dagegen spricht auch nicht der sozialrechtliche Aspekt. Die Beschwerdeführerin hat ihren Agenten diesbezüglich als Unselbständigen behandelt: Sie hat ihm "Lohnblätter" und einen Lohnausweis ausgestellt, Kinderzulagen bezahlt, BVG-Prämien, AHV-Arbeitnehmerbeiträge sowie AIV-Beiträge abgezogen. Diese Qualifikation scheint von der Sozialversicherungsbehörde ohne tiefer gehende Überprüfung bzw. ohne besonderen Nachweis seitens der Betroffenen übernommen worden zu sein. Eine solche nähere Überprüfung hätte sich aber nicht nur vor dem rechtlichen Hintergrund des Agenturvertrags aufgedrängt (vgl. oben E. 4.4.2 u. 4.4.3), sondern auch mit Blick auf die tatsächliche wirtschaftliche Situation. Im sogenannten "Lohnausweis" werden - nebst AHV/IV/EO/ALV-Beiträgen (wie nach Agenturvertrag) - auch eher geringfügige Zahlungen als Beiträge an die berufliche Vorsorge ausgewiesen, die von den jeweils ausgewiesenen hohen Bruttoeinkünften ziemlich weit abweichen und bei einem tatsächlichen Arbeitnehmer sehr viel höher wären. 4.5.4 Gegenüber den Steuerbehörden hat A._ selber sein Einkommen als ein solches aus unselbständiger Tätigkeit bezeichnet. Die X._ AG hat ihm - wie eben hervorgehoben - einen Lohnausweis ausgestellt, und er wurde von der Steuerverwaltung als Unselbständiger veranlagt. Auch diese steuerliche Erfassung erweist sich als problematisch: Im Veranlagungsverfahren reichte A._ ein "Kassabuch 2000/2001 X._ AG" ein, in dem sich Einnahmen von rund Fr. 31'000.-- (2000) bzw. Fr. 61'000.-- (2001) und Ausgaben von rund Fr. 235'000.-- (2000) bzw. Fr. 271'000.-- (2001) gegenüberstanden. Bei den Einnahmen sind lediglich Seminare aufgeführt, Provisionseinnahmen fehlen vollumfänglich, ebenso wenig sind irgendwelche Spesenentschädigungen seitens der X._ AG angegeben. Die Ausgaben umfassen u.a. Bürounkosten, Auslagen für Geschäftskleidung, ausgiebige Essens- und Getränkespesen. Löhne befinden sich nicht darunter, wohl aber die monatliche Leasingrate (im Umfang von rund Fr. 2'400.--) für den Luxuswagen von A._. Den Ausgabenüberschuss der "Kassenbücher" zog A._ in seiner Steuererklärung als "Berufsauslagen" von seinem Bruttoeinkommen ab, was von der Veranlagungsbehörde zum grossen Teil auch anerkannt wurde. Faktisch behandelten die Steuerbehörden ihn damit als Selbständigerwerbenden, indem sie sich in Bezug auf diesen Ausgabenüberschuss viel grosszügiger zeigten als bei wirklichen Arbeitnehmern. In der Steuererklärung 2002 bezeichnete A._ diesen Ausgabenüberschuss explizit als "Verlust aus selbstständiger Erwerbstätigkeit". 4.5.5 Gesamthaft vermag somit die Auffassung der Vorinstanz, A._ sei (wie auch die anderen im Kanton tätigen Agenten der X._ AG) in besonderem Ausmass von der Beschwerdeführerin abhängig, nicht zu überzeugen. Die konkreten wirtschaftlichen Begebenheiten deuten vielmehr auf ein spezifisches Geschäftsmodell hin, in dem der Agent über eigene Geschäftsräumlichkeiten verfügt und für die Hauptlast seiner Unkosten aufkommt, aber aus den besagten Gründen (vgl. oben E. 4.5.2) keinen Personalaufwand hat, genauso wenig übrigens wie die X._ AG selber. Dass die Behörden dieses Modell in die Nähe eines Arbeitsverhältnisses gerückt haben, scheint also nicht zutreffend. Bis zu einem gewissen Punkt lässt es sich indessen durch Gegensätzlichkeiten im Agenturvertrag selber erklären (vgl. oben E. 4.4), insbesondere aber durch das Verhalten der Beteiligten selber (vgl. insb. oben E. 4.5.3 u. 4.5.4; ohne dass geradezu ein Verstoss gegen Treu und Glauben darin zu sehen wäre, dass die Beschwerdeführerin sich nun gegen die Annahme einer Betriebsstätte im Kanton Solothurn zur Wehr setzt). 4.6 Neben der Ausschliesslichkeit der Einkommensflüsse argumentiert das Kantonale Steuergericht im Wesentlichen mit dem Auftritt nach aussen, wo (sozusagen) immer der Eindruck einer Abhängigkeit der Agenten gegenüber der X._ AG bestanden habe (vgl. oben E. 4.3 sowie E. 2.1 u. 2.3 des angefochtenen Urteils). Auf einen solchen äusseren Eindruck kann es jedoch nicht entscheidend ankommen. Das hat das Bundesgericht kürzlich im Urteil BGE 134 I 303 in Bezug auf eine Erdölgesellschaft und die von ihr belieferten Tankstellenbetreiber festgehalten. Es lag dort zwar ein Anwendungsfall von sog. Subordinationsfranchising vor (vgl. E. 3.3), mit umfassenden Richtlinien namentlich für das Erscheinungsbild der Tankstellen und bis hin zu einer weitgehenden Einheitlichkeit der Warensortimente in den Shops (vgl. E. 3.1). Trotzdem musste gesamthaft davon ausgegangen werden, dass die Tankstellenbetreiber in eigenem Namen und auf eigene Gefahr hin handelten (vgl. E. 4.3). 4.7 Aus dem Ganzen ist zu schliessen, dass das hier zu beurteilende Geschäftsmodell wohl keine wirkliche Abhängigkeit der Agenten gegenüber der Beschwerdeführerin zeigt, aber doch nicht dem gängigen Modell einer selbständigen Erwerbstätigkeit entspricht (vgl. oben E. 4.5). Das Modell ist sowohl von der rechtlichen Gestaltung als auch von der wirtschaftlichen Umsetzung her ein Zwischending, das auch in Bezug auf die Frage nach dem Vorliegen einer Betriebsstätte Probleme aufwirft, wenngleich die Argumente gegen ein solches Nebensteuerdomizil im Sinne der bestehenden Praxis (mehr oder weniger deutlich) zu überwiegen scheinen. In die gleiche Richtung gehen Praktikabilitätsüberlegungen. Solche Überlegungen sind namentlich im Bereich der interkantonalen Doppelbesteuerung statthaft und können sogar ausschlaggebend sein (vgl. im gleichen Sinne auch kürzlich das Urteil 2C_312/2010 vom 11. März 2011 E. 2.2 mit weiteren Hinweisen): In den Jahren 2000 und 2001 arbeitete die Beschwerdeführerin mit rund 1'000 Agenten bzw. Unteragenten zusammen, welche die Versicherungsprodukte vermittelten. Selbst wenn nur bei wenigen unter ihnen eine Betriebsstätte anzunehmen wäre, könnte das schon zu einer übermässigen Zersplitterung der Steuerhoheit führen, wie das vorrangig zu vermeiden ist (vgl. oben E. 4.1 in fine). Soweit ersichtlich hat der Kanton Solothurn als bisher einziger eine Agentur der Beschwerdeführerin als Betriebsstätte qualifiziert, was zusätzlich dafür sprechen kann, dass eine solche Qualifikation sich nicht als überzeugend erweist. Somit ist die Beschwerde auch für die Steuerperiode 2001 gutzuheissen. 5. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde somit gegenüber dem Kanton Solothurn für 2000 und 2001 gutzuheissen, mit den entsprechenden Kosten- und Entschädigungsfolgen für das bundesgerichtliche Verfahren (Art. 65 f. u. 68 BGG) sowie auf kantonaler Ebene. Gegenüber den Kantonen Basel-Landschaft und Nidwalden ist die Beschwerde abzuweisen.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Kanton Solothurn wird gutgeheissen und das Urteil des Steuergerichts des Kantons Solothurn vom 29. März 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an das Steuergericht des Kantons Solothurn zurückgewiesen. 2. Die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Kantone Basel-Landschaft und Nidwalden werden abgewiesen. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden dem Kanton Solothurn auferlegt. 4. Der Kanton Solothurn hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 5'000.-- auszurichten. 5. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Steueramt des Kantons Solothurn, der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft, dem Kantonalen Steueramt Nidwalden, dem Kantonalen Steuergericht Solothurn und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 1. Juli 2011 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Matter
47647b77-09b7-4f3a-a0d7-060fe6b0740e
de
2,011
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ wurde am 1. März 2011, um 19.30 Uhr, beim Grenzübertritt in Diepoldsau/SG vorläufig festgenommen wegen des Verdachts, einer international tätigen, auf Luxusautomobile spezialisierten Diebesbande anzugehören. Am 2. März 2011 wurde er der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau zugeführt, welche ihn tags darauf befragte und ihm anschliessend die Festnahme eröffnete. Am 4. März 2011 beantragte die Staatsanwaltschaft Aarau-Lenzburg dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau, gegen X._ vorläufig bis zum 3. Juni 2011 Untersuchungshaft anzuordnen. Am 5. März 2011 führte das Zwangsmassnahmengericht eine Verhandlung durch und versetzte X._ bis zum 3. Juni 2011 in Untersuchungshaft. Am 7. März 2011 erhob X._ beim Obergericht des Kantons Aargau Beschwerde mit dem Antrag, ihn unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Am 21. März 2001 erkannte die Beschwerdekammer des Obergerichts: "1. Es wird festgestellt, dass die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau das prozessuale Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt hat. 2. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Aargau vom 5. März 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Haftrichterin zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 3. und 4. (Kosten- und Entschädigungsfolgen)" B. Am 25. März 2011 versetzte das Zwangsmassnahmengericht X._ einstweilen bis zum 1. Juni 2011 in Untersuchungshaft. C. Mit Beschwerde in Strafsachen vom 1. April 2011 beantragt X._, Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids des Obergerichts vom 21. März 2011 aufzuheben und wie folgt neu zu fassen: "Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Aargau vom 5. März 2011 aufgehoben. Der Beschwerdeführer wird unverzüglich aus der Haft entlassen." Eventualiter sei Dispositiv-Ziffer 2 dieses Urteils aufzuheben und die Sache dem Obergericht zu neuer Beurteilung zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. D. Die Verfahrensleiterin der Beschwerdekammer des Obergerichts reicht ihre Sistierungsverfügung vom 6. April 2011 ins Recht. Aus dieser ergibt sich, dass bei der Beschwerdekammer eine Beschwerde von X._ gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts vom 25. März 2011 hängig ist, das Verfahren indessen bis zum Entscheid des Bundesgerichts in vorliegender Angelegenheit sistiert bleibt. E. Das Zwangsmassnahmengericht und das Obergericht verzichten auf Vernehmlassung.
Erwägungen: 1. Als kantonal letztinstanzlicher Rechtsmittelentscheid über die Anordnung von Untersuchungshaft unterliegt der angefochtene Obergerichtsentscheid der Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG. Der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Haftentlassung ist zulässig (BGE 132 I 21 E. 1). Der Beschwerdeführer rügt, die von ihm beanstandeten Fristverletzungen hätten zu seiner sofortigen Haftentlassung ohne weitere Prüfung der Haftvoraussetzungen führen müssen. Damit hat er ein aktuelles Rechtsschutzinteresse (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG) an der Anfechtung des Rückweisungsentscheids, da bei einer Gutheissung dieser Rüge der am 25. März 2011 ergangene Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts, mit welchem es die Haftvoraussetzungen prüfte und bejahte, ohne Weiteres hinfällig würde. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde eingetreten werden kann. 2. Der Beschwerdeführer wurde am 1. März 2011, um 19.30 Uhr, festgenommen. Der Haftanordnungsantrag der Staatsanwaltschaft ging nach den unbestrittenen Feststellungen der kantonalen Instanzen am 4. März 2011, um 07.36 Uhr, beim Zwangsmassnahmengericht ein. Dieses führte die Haftverhandlung am 5. März 2011, ab 08.30 Uhr, durch und eröffnete dem Beschwerdeführer den Haftentscheid um 9.15 Uhr mündlich. 2.1 Nach Art. 224 Abs. 1 der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen (AS 2010 1881) Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) befragt die Staatsanwaltschaft die beschuldigte Person unverzüglich und gibt ihr Gelegenheit, sich zum Tatverdacht und zu den Haftgründen zu äussern. Sie erhebt unverzüglich jene Beweise, die zur Erhärtung oder zur Entkräftung des Tatverdachts und der Haftgründe geeignet und ohne Weiteres verfügbar sind. Bestätigen sich der Tatverdacht und die Haftgründe, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem Zwangsmassnahmengericht unverzüglich, spätestens aber innert 48 Stunden seit der Festnahme, die Anordnung von Untersuchungshaft oder einer Ersatzmassnahme. Sie reicht ihren Antrag schriftlich ein, begründet ihn kurz und legt die wesentlichen Akten bei (Abs. 2). Nach Art. 226 Abs. 1 StPO hat daraufhin das Zwangsmassnahmengericht unverzüglich, spätestens aber innert 48 Stunden nach Eingang des Antrags zu entscheiden. 2.2 Die Staatsanwaltschaft beantragte die Anordnung von Untersuchungshaft rund 60 Stunden nach der Festnahme des Beschwerdeführers, mithin 12 Stunden zu spät. Das ist unstrittig und wurde vom Obergericht mit einer entsprechenden Feststellung in Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids sanktioniert. Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 224 Abs. 2 StPO statuiere eine Gültigkeits-, keine blosse Ordnungsvorschrift. Sie könne zwar im Ausnahmefall zugunsten des Festgenommenen - z.B. für die Abnahme eines Entlastungsbeweises - in engem Rahmen überschritten werden. Abgesehen davon sei sie zwingend einzuhalten, bei Verletzung der Frist müsse der Festgenommene unverzüglich auf freien Fuss gesetzt werden, da die Bestimmung sonst toter Buchstabe bleibe. 3. 3.1 Der Anspruch des Festgenommenen auf einen unverzüglichen richterlichen Entscheid über die Anordnung von Untersuchungshaft bzw. die entsprechende Pflicht der Strafverfolgungsbehörden, einen Haftantrag mit besonderer Beschleunigung dem zuständigen Haftrichter vorzulegen, ergeben sich unabhängig vom anwendbaren Prozessrecht aus den entsprechenden verfassungs- und konventionsrechtlichen Garantien von Art. 31 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK; eine übermässige Haftdauer oder ungerechtfertigte, von den Strafverfolgungsbehörden zu vertretende Verzögerungen im Haftanordnungsverfahren stellen unverhältnismässige Beschränkungen dieser Grundrechte dar (BGE 133 I 270 E. 1.2.2.; 128 I 149 E. 2.2.1; je mit Hinweisen). Die Rechtsprechung zum Beschleunigungsgebot geht zwar davon aus, dass die Frist zwischen Festnahme und haftrichterlicher Anhörung 48 Stunden grundsätzlich nicht überschreiten sollte (BGE 136 I 274 E. 2.2; 131 I 36 E. 2.6 S. 44). Diese Zeitspanne ist allerdings nicht als starre Frist zu verstehen; vielmehr ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob die Zeitspanne zwischen Festnahme und haftrichterlicher Verhandlung unter Berücksichtigung aller massgeblicher Umstände noch als "unverzüglich" im Sinn der verfassungs- und konventionsrechtlichen Garantien gelten kann oder nicht. Die Verletzung des Beschleunigungsgebotes kann im Weiteren nur zur Haftentlassung führen, wenn die Verfahrensverzögerung geeignet ist, die Rechtmässigkeit der Untersuchungshaft in Frage zu stellen. Das ist nur der Fall, wenn sie besonders schwer wiegt und die Strafverfolgungsbehörden erkennen lassen, dass sie nicht gewillt oder in der Lage sind, das Verfahren nunmehr mit der für Haftfälle verfassungs- und konventionsrechtlich gebotenen Beschleunigung voranzutreiben (BGE 128 I 149 E. 2.2.1; 133 I 168 nicht publ. E. 4.3). 3.2 Der Gesetzgeber hat für den Zeitablauf zwischen Festnahme und Haftentscheid nunmehr konkrete Fristen aufgestellt. Danach hat die Staatsanwaltschaft maximal 48 Stunden Zeit bis zur Einreichung des Haftantrags, und dem Zwangsmassnahmengericht stehen anschliessend maximal 48 Stunden zu, seinen Entscheid zu fällen (Art. 224 Abs. 2, Art. 226 Abs. 1 StPO). Das Gesetz regelt die Säumnisfolgen nicht, und die Botschaft (BBl 2006 1085 ff., insbesondere 1230 ff.) schweigt sich dazu aus. 3.2.1 Diese gesetzlichen Fristen sollen offensichtlich die oben in E. 3.1 dargestellten verfassungs- und konventionsrechtlichen Vorgaben konkretisieren. Bereits daraus ergibt sich ohne Weiteres, dass es sich dabei nicht um reine Ordnungsfristen handelt, aus deren Überschreitung der Betroffene in der Regel nichts zu seinen Gunsten ableiten kann. Für den Festgenommenen entscheidend ist allerdings nur die Zeitspanne zwischen Festnahme und Haftentscheid. Von untergeordneter Bedeutung ist für ihn hingegen, wie sich die einzelnen Verfahrensschritte vor dem Haftentscheid zeitlich verteilen. Insofern richtet sich die Frist von Art. 224 Abs. 2 StPO in erster Linie an die Staatsanwaltschaft, die durch deren Einhaltung gezwungen werden soll, dem Haftrichter ausreichend Zeit für die Prüfung des Haftantrags einzuräumen. Es handelt sich damit um eine vor allem die inneren Abläufe der Strafverfolgungsbehörden betreffende Frist, deren Einhaltung grundsätzlich auch im Interesse der festgenommenen Person liegt. Daraus ergibt sich, dass die Aufrechterhaltung der Haft nicht schon dann gesetzwidrig wird, wenn die Staatsanwaltschaft den Haftantrag nicht innert 48 Stunden nach der Festnahme dem Haftrichter einreicht, sondern erst, wenn der Haftrichter den Haftentscheid dem Festgenommenen nicht innert 96 Stunden nach der Festnahme eröffnet hat. Allerdings ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass das verfassungs- und konventionsrechtliche ebenso wie das strafprozessuale Beschleunigungsgebot eine besonders beförderliche Behandlung des Haftverfahrens verlangen, was bedeutet, dass diese gesetzlichen Maximalfristen im Normalfall weit unterschritten werden müssen und höchstens in begründeten Einzelfällen ausgeschöpft werden dürfen. 3.2.2 Vorliegend wurde der Beschwerdeführer am 1. März 2011, um 19.30 Uhr, bei der Einreise in die Schweiz im Kanton St. Gallen verhaftet und am nächsten Tag ins Bezirksgefängnis Unterkulm überführt, wo er um 17.30 Uhr eintraf. Die Erledigung der mit der Festnahme verbundenen Formalitäten und die Organisation des Transports sind mit einem nicht unerheblichen Zeitaufwand verbunden, weshalb diese Überführung in zeitlicher Hinsicht nicht zu beanstanden ist. Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau führte mit dem Beschwerdeführer am 3. März 2011, um 08.25 Uhr, eine Einvernahme durch. Sie erstellte gleichentags den Antrag auf Anordnung von Untersuchungshaft und faxte diesen unbestrittenermassen um 17.45 Uhr dem Verteidiger des Beschwerdeführers. Dem Zwangsmassnahmengericht stellte sie den Antrag am 4. März 2011, um 07.36 Uhr, zu. Das Obergericht hat zu Recht beanstandet, dass die Staatsanwaltschaft die Zustellung an das Zwangsmassnahmengericht ohne zwingenden Grund über Nacht hinausschob. Dieses hat den Haftentscheid dann innert 26 Stunden gefällt und eröffnet. Dieser Zeitbedarf erscheint unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgebots nicht übermässig, insbesondere weil auch noch eine Dolmetscherin aufgeboten werden musste. 3.2.3 Eine zusammenfassende Würdigung der Verfahrensführung in zeitlicher Hinsicht ergibt somit, dass zwar der Staatsanwaltschaft vorzuwerfen ist, dass sie den Antrag auf Haftanordnung dem Zwangsmassnahmengericht nicht am Abend des 3., sondern erst am frühen Morgen des 4. März 2011 zustellte und damit die Frist von Art. 224 Abs. 2 StPO verletzte. Die richterliche Eröffnung der Untersuchungshaft erfolgte indessen 86 Stunden nach der Festnahme und damit innerhalb der gesetzlichen Maximalfrist von 96 Stunden. Das ist insbesondere mit Blick auf die Schwierigkeiten des Verfahrens - Zuführung des Beschwerdeführers aus einem anderen Kanton und Notwendigkeit, eine Dolmetscherin für eine in der Schweiz wenig gängige Sprache aufzubieten - gerade noch akzeptabel. Die Rüge, der Beschwerdeführer hätte wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots umgehend auf freien Fuss gesetzt werden müssen, ist unbegründet. Das Obergericht hat zudem der Verletzung der Frist von Art. 224 Abs. 2 StPO durch die Staatsanwaltschaft bereits Rechnung getragen, indem es die Verletzung des Beschleunigungsgebots feststellte und entgegen dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens die gesamten Gerichtskosten auf die Staatskasse nahm, obwohl es die Beschwerde nur teilweise guthiess und damit der Beschwerdeführer an sich einen Teil der Verfahrenskosten hätte übernehmen müssen. 3.2.4 Der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht habe auch selber das Beschleunigungsgebot verletzt, indem es die Sache zu neuem Entscheid an das Zwangsmassnahmengericht zurückgewiesen habe, anstatt selber zu entscheiden. Mit einem Entscheid in der Sache hätte das Obergericht indessen den Rechtsmittelzug des Beschwerdeführers um eine Instanz verkürzt, und es steht keineswegs fest, dass es in der Lage gewesen wäre, schneller neu zu entscheiden als es das Zwangsmassnahmengericht tat, nämlich am 25. März 2011, nur vier Tage nach dem Rückweisungsentscheid. Dieser ist daher auch unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgebots vertretbar. Die Rüge ist unbegründet. 4. Die Beschwerde ist somit als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens würde der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat indessen ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, welches gutzuheissen ist, da die Beschwerde nicht aussichtslos war und die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers ausgewiesen scheint (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen: 2.1 Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 2.2 Rechtsanwalt Kaspar Hemmeler, Aarau, wird für das bundesgerichtliche Verfahren als unentgeltlicher Verteidiger eingesetzt und mit Fr. 1'500.-- aus der Gerichtskasse entschädigt. 3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau, dem Zwangsmassnahmengericht und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 5. Mai 2011 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Fonjallaz Störi
47c8d942-79a5-447a-a7c9-82e49d4556df
de
2,010
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ (geb. 1968) war von 1992 bis zum 21. Juni 2002 in der Türkei verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: A._ (geb. 21. Juni 1993) und B._ (geb. 25. April 1996). Am 12. März 2002 ersuchte X._ in der Schweiz um Asyl; am 24. Dezember 2002 heiratete er eine hier niedergelassene deutsche Staatsangehörige, worauf ihm am 11. April 2003 eine (in der Folge regelmässig erneuerte) Aufenthaltsbewilligung und am 17. März 2008 die Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. B. B.a Am 13. August 2007 ersuchte X._ darum, A._ und B._, über deren Sorgerecht er seit der Scheidung verfügte, in die Schweiz nachziehen zu können, was das Departement des Innern des Kantons Solothurn (Ausländerfragen) am 16. Dezember 2008 ablehnte. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn bestätigte diesen Entscheid auf Beschwerde hin am 8. April 2009. Es begründete seine Haltung im Wesentlichen damit, dass die Kindsmutter und die Eltern von X._, auch wenn dessen Mutter erkrankt sei, weiterhin als die wichtigsten Bezugspersonen für die Kinder zu gelten hätten und für diese in der Heimat gesorgt werden könne. B.b Am 18. Dezember 2008 bzw. 6. Januar 2009 beantragte X._ beim Departement des Innern des Kantons Solothurn, die Verfügung vom 16. Dezember 2008 in Wiedererwägung zu ziehen, da sich die Rechtslage geändert habe und die Unterscheidung des Nachzugs von Kindern zu den gemeinsamen Eltern oder bloss zu einem Elternteil keine Rolle mehr spiele. Das Departement trat am 13. Mai 2009 auf das Gesuch nicht ein, da keine neuen Tatsachen oder Umstände ersichtlich seien, die einen (nachträglichen) Familiennachzug rechtfertigen würden; wie bereits in der Verfügung vom 16. Dezember 2008 dargelegt worden sei, hätte dem Gesuch - so das Departement - auch aufgrund der neuen Rechtslage nicht entsprochen werden können. B.c Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn wies die hiergegen eingereichte Beschwerde am 14. Juli 2009 ab: Das Nachzugsgesuch sei am 18. Dezember 2008 innerhalb der Übergangsfrist von Art. 126 Abs. 3 AuG gestellt worden, doch kämen "beim Familiennachzug nach dem AuG die bereits beim ANAG geltenden Kriterien für den Nachzug von Kindern geschiedener oder getrennt lebender Eltern zur Anwendung". Die altersentsprechende Betreuung der Kinder sei, wie das Verwaltungsgericht bereits erklärt habe, durch deren Mutter und die Grosseltern sichergestellt, weshalb das Departement "mangels Vorliegen neuer erheblicher Tatsachen oder Beweismittel" zu Recht auf das Wiedererwägungsgesuch nicht eingetreten sei. C. X._ beantragt vor Bundesgericht, "die Verfügung vom 13. Mai 2009 aufzuheben und das Departement des Innern, Ausländerfragen, anzuweisen, materiell zu entscheiden (Bewilligung der Einreise und des Aufenthalts der Kinder A._, 21.06.1993, und B._, 25.04.1996)". X._ macht geltend, dass es nach dem Ausländergesetz unzulässig sei, "weiterhin einen Unterschied zwischen den Eltern zu machen, die gemeinsam und solchen die als getrennt Lebende den Nachzug" ihrer Kinder verlangten. Er habe sich auf das neue Recht berufen dürfen, auch wenn das von ihm am 13. August 2007 eingereichte altrechtlich zu beurteilende Gesuch zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig entschieden gewesen sei. Das Verwaltungsgericht und das Departement des Innern des Kantons Solothurn beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Bundesamt für Migration teilt die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die im Rahmen des ANAG entwickelten Kriterien für den Nachzug von Kindern durch einen Elternteil auch innerhalb der Nachzugsfristen des neuen Rechts (Art. 47/Art. 126 Abs. 3 AuG) Anwendung fänden. D. Mit Verfügung vom 17. November 2009 gab der Instruktionsrichter den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit, sich zur Frage zu äussern, ob der Familiennachzug allenfalls gestützt auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) zu bewilligen sein könnte; das Bundesgericht habe am 29. September 2009 entschieden, dass der Nachzug eines Familienmitglieds gestützt auf das FZA - in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung (BGE 130 II 1 ff.; 134 II 10 ff.) und in Anpassung an das Urteil des EuGH C-127/08 vom 25. Juli 2008 i.S. Metock (publ. in: EuGRZ 35/2008 S. 612 ff.) - nicht mehr voraussetze, dass sich der Angehörige bereits rechtmässig mit einem nicht nur vorübergehenden Aufenthaltstitel in der Schweiz oder einem anderen Vertragsstaat aufgehalten habe (BGE 2C_196/ 2009), um sich auf das FZA berufen zu können. X._ erklärte in der Folge, in den Genuss dieser Rechtsprechung kommen zu wollen. Das Verwaltungsgericht und das Departement des Innern des Kantons Solothurn hielten ohne weitere Ausführungen zur Problematik an ihren Anträgen fest. Das Bundesamt für Migration liess sich nicht vernehmen.
Erwägungen: 1. 1.1 Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsbürger und seit Ende 2002 mit einer hier niedergelassenen Deutschen verheiratet. Er kann sich für seinen Aufenthalt und denjenigen seiner Kinder wegen der Staatsbürgerschaft seiner Gattin bzw. wegen deren (originären) Anwesenheitsrechts als Arbeitnehmerin grundsätzlich auf Art. 7 lit. d FZA berufen, da nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr erforderlich ist, dass er oder seine Kinder sich hierfür bereits rechtmässig mit einem nicht nur vorübergehenden Aufenthaltstitel in der Schweiz oder in einem anderen Vertragsstaat aufgehalten haben (vgl. BGE 2C_196/2009 vom 29. September 2009 E. 3.7 [Praxisänderung "Metock"]). Nach dieser Bestimmung regeln die Vertragsparteien das Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen, ungeachtet von deren Staatsangehörigkeit, im Rahmen des Anhangs I. Der Anwendung des Freizügigkeitsabkommens steht nicht entgegen, dass seine Ehefrau bereits vor dessen Inkrafttreten in die Schweiz einreiste (vgl. BGE 134 II 10 E. 2); ausschlaggebend ist, dass sie sich selber nach Inkrafttreten des Abkommens als Arbeitnehmerin auf ein Anwesenheitsrecht im Sinne von Art. 2 Anhang I FZA berufen kann (BGE 130 II 1 E. 3.4 S. 7; Urteil 2A.425/2003 vom 5. März 2004 E. 3.3 mit Hinweisen, publ. in: ZBl 106/2005 S. 532 ff.). Ob die (weiteren) Bewilligungsvoraussetzungen gegeben sind, ist eine Frage der materiellen Prüfung (LAURENT MERZ, Le droit de séjour selon l'ALCP et la jurisprudence du Tribunal fédéral, in: RDAF 2009 I S. 248 ff., dort S. 305 f.). Für das Eintreten genügt, dass im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens potentiell ein Anspruch besteht bzw. die Kriterien einer der im FZA vorgesehenen Situationen der Freizügigkeit erfüllt erscheinen (vgl. Art. 4, 10 und 11 FZA; BGE 131 II 339 E. 1.2; 130 II 388 E. 1.2 [je zu Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG]; Urteil 2C_217/2009 vom 11. September 2009 E. 1.2). Das Bundesgericht kann die Rechtslage gemäss FZA vorliegend berücksichtigen, auch wenn die Verfahrensbeteiligten sich ursprünglich nicht darauf berufen haben (BGE 130 II 1 E. 3.1 S. 5; Anwendung des Bundesrechts von Amtes wegen), da ihnen der Instruktionsrichter Gelegenheit gegeben hat, sich im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels zur ursprünglich für sie nicht absehbaren Anwendung des FZA auf den vorliegenden Sachverhalt zu äussern. 1.2 Das Ausländergesetz sieht vor, dass ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Personen mit Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung haben, wenn sie mit dieser Person zusammenwohnen (Art. 43 AuG) und die anderen im Gesetz vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind (Art. 47 und Art. 51 AuG). Die Regelung findet auf Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU und deren Familienangehörigen nur Anwendung, soweit das Freizügigkeitsabkommen keine abweichenden Bestimmungen enthält oder das Ausländergesetz für sie günstiger ist als die staatsvertragliche Regelung (Art. 2 Abs. 2 AuG; BGE 134 II 10 E. 3.6 u. E. 4; MERZ, a.a.O., S. 290; vgl. auch EPINEY/CIVITELLA, Die rechtliche Stellung von Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen in der Schweiz - ein Vergleich ausgewählter Aspekte, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2007/2008, 2008, S. 3 ff., S. 41 ff.). Sollte das Freizügigkeitsabkommen im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen, könnte sich der Beschwerdeführer zumindest auf den Rechtsanspruch nach Art. 43 AuG (in Verbindung mit Art. 126 Abs. 3 AuG) bzw. im Verhältnis zu seinen minderjährigen Kindern, zu denen er eine intakte, gelebte familiäre Beziehung hat, auch direkt auf Art. 13 BV bzw. Art. 8 EMRK berufen. Ob die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, wäre wiederum eine Frage der materiellen Prüfung und nicht der Zulässigkeit des Rechtsmittels (so zu Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG: Urteil 2C_216/2009 vom 20. August 2009 E. 1.4; zu Art. 8 EMRK: Urteil 2D_138/2008 vom 10. Juni 2009 E. 2.2; BGE 122 II 289 E. 1c S. 292 ff.). 1.3 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nur gegen kantonal letztinstanzliche richterliche Entscheide zulässig (Art. 86 BGG). Soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung der Verfügung des Departements des Innern verlangt, ist auf sein Begehren nicht einzutreten; der entsprechende Entscheid gilt jedoch inhaltlich als mitangefochten (BGE 129 II 438 E. 1 S. 441; 125 II 29 E. 1c S. 33; Urteil 2A.725/2006 vom 23. März 2007 E. 1.4). Nachdem der Beschwerdeführer ausschliesslich das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 14. Juli 2009 anficht, bildet einzig die Frage Verfahrensgegenstand, ob sich das Departement des Innern (Ausländerfragen) wegen der neuen Rechtslage mit dem "Wiedererwägungsgesuch" vom 6. Januar 2009 materiell hätte befassen müssen. Da beide Instanzen davon ausgegangen sind, dass das neue Recht zu keiner anderen Lösung geführt hätte, weshalb auf das Wiedererwägungsgesuch nicht einzutreten gewesen sei, sind vorliegend aber auch gewisse Überlegungen zu dessen Auslegung erforderlich. In diesem Rahmen ist auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten. 2. 2.1 Nach der zu Art. 4 aBV entwickelten bundesgerichtlichen Praxis, die im Rahmen von Art. 29 BV weiter gilt (vgl. BGE 127 I 133 E. 6 S. 137), ist eine Verwaltungsbehörde von Verfassungs wegen verpflichtet, auf ein neues Gesuch einzutreten, wenn die Umstände sich seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (BGE 124 II 1 E. 3a S. 6 mit Hinweis). Die Wiedererwägung von Verwaltungsentscheiden, die in Rechtskraft erwachsen sind, ist nicht beliebig zulässig. Sie darf namentlich nicht bloss dazu dienen, rechtskräftige Verwaltungsentscheide immer wieder infrage zu stellen oder die Fristen für die Ergreifung von Rechtsmitteln zu umgehen (BGE 120 Ib 42 E. 2b S. 47 mit Hinweisen). 2. 2.1 Nach der zu Art. 4 aBV entwickelten bundesgerichtlichen Praxis, die im Rahmen von Art. 29 BV weiter gilt (vgl. BGE 127 I 133 E. 6 S. 137), ist eine Verwaltungsbehörde von Verfassungs wegen verpflichtet, auf ein neues Gesuch einzutreten, wenn die Umstände sich seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (BGE 124 II 1 E. 3a S. 6 mit Hinweis). Die Wiedererwägung von Verwaltungsentscheiden, die in Rechtskraft erwachsen sind, ist nicht beliebig zulässig. Sie darf namentlich nicht bloss dazu dienen, rechtskräftige Verwaltungsentscheide immer wieder infrage zu stellen oder die Fristen für die Ergreifung von Rechtsmitteln zu umgehen (BGE 120 Ib 42 E. 2b S. 47 mit Hinweisen). 2.2 2.2.1 Ob ein Wiedererwägungsgesuch in Fällen wie dem vorliegenden materiell zu behandeln ist, hängt davon ab, ob sich der Sachverhalt oder bei Dauersachverhalten die Rechtslage in einer Art geändert hat, dass ein anderes Ergebnis ernstlich in Betracht fällt (vgl. die Urteile 2C_274/2009 vom 28. Oktober 2009 E. 2.2 und 2A.476/2005 vom 9. Mai 2006 E. 2, je mit Hinweisen). Wird im Zusammenhang mit einem Sachverhalt, der nach rechtskräftigem Abschluss des ursprünglichen ausländerrechtlichen Verfahrens anhält, ein neuer Antrag gestellt, wobei sich der Gesuchsteller auf eine geänderte Rechtslage beruft, besteht ein Anspruch auf Neubefassung bzw. auf einen neuen Sachentscheid nur, wenn er darlegt, dass und inwiefern sich die massgebende Rechtslage nachträglich wesentlich verändert hat; dabei genügt es nicht, dass er lediglich darauf hinweist, dass neues Recht in Kraft getreten ist, um kurz nach rechtskräftigem Abschluss eines Verfahrens einen Anspruch auf Neubefassung mit dem gleichen Lebenssachverhalt zu begründen; es ist vielmehr im Einzelnen darzulegen, inwiefern das neue Recht zu einer anderen Beurteilung führen muss (Urteil 2C_168/2009 vom 30. September 2009 E. 4.2). 2.2.2 Das ursprüngliche Gesuch des Beschwerdeführers stammte vom 13. August 2007 und war damit noch gestützt auf Art. 17 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG bzw. Art. 7 ANAG i.V.m. Art. 2 FZA [BGE 134 II 10 E. 3.6 und 4.1]) und die bundesgerichtliche Rechtsprechung dazu zu beurteilen. In seinem Entscheid vom 8. April 2009 hielt das Verwaltungsgericht ausdrücklich fest, dass "nicht zu beurteilen sei", wie das Familiennachzugsgesuch unter der Herrschaft des AuG zu beurteilen wäre, womit das Bundesgericht diese Frage ebenfalls nicht geprüft hätte. Der Beschwerdeführer hatte somit keine andere Möglichkeit, um seine Situation neurechtlich prüfen zu lassen, als mit einem begründeten Wiedererwägungsgesuch erneut an die Bewilligungsbehörde zu gelangen, welche auf dieses hätte eintreten müssen: Er hat detailliert dargelegt, dass das neue Recht für ihn günstiger sei, da in der Doktrin davon ausgegangen werde, dass die gestützt auf den Wortlaut von Art. 17 ANAG gemachte Unterscheidung zwischen dem Nachzug von Kindern bis zu 18 Jahren zu den gemeinsamen Eltern bzw. demjenigen zu nur einem Elternteil unter dem neuen Recht nicht mehr gelten könne. Da das Bundesgericht sich seinerseits zu dieser Frage noch nicht geäussert hatte, wäre das Departement des Innern gehalten gewesen, das neue Gesuch an die Hand zu nehmen; es hätte dieses nicht durch einen Nichteintretensentscheid erledigen dürfen, und das Verwaltungsgericht hätte die gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde gutheissen müssen, zumal das Bundesgericht inzwischen mit Urteil vom 15. Januar 2010 die Auffassung verworfen hat, dass die bisherige Rechtsprechung zum Familiennachzug auch für die neue Regelung von Art. 43 in Verbindung mit Art. 47 und Art. 126 Abs. 3 AuG gilt (vgl. BGE 2C_270/2009). 3. 3.1 Der angefochtene Entscheid ist deshalb aufzuheben und die Sache zur materiellen Prüfung und allfälligen Erteilung der Nachzugsbewilligung an das Departement des Innern des Kantons Solothurn zurückzuschicken. Dieses wird zu berücksichtigen haben, dass der Beschwerdeführer sich als Ehegatte einer deutschen Bürgerin auf das Freizügigkeitsabkommen berufen kann, das für den Familiennachzug von Staatsbürgern aus EU/EFTA-Ländern eine grosszügigere Regelung kennt als das Ausländergesetz (vgl. MARC SPESCHA, in: Spescha/ Thür/Zünd/Bolzli [Hrsg.], Migrationsrecht, 2. Aufl. 2009, Nr. 22, N. 9 ff. zu Art. 3 Anhang I FZA; CARONI/MEYER/OTT, Migrationsrecht, Bern 2009, N. 498 ff.; EPINEY/CIVITELLA, Die rechtliche Stellung von Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen in der Schweiz, a.a.O., S. 3 ff.). Nach Art. 7 lit. d FZA regelt das Freizügigkeitsabkommen unter anderem - ungeachtet deren Staatsangehörigkeit - das Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen von Personen, welche die Staatsbürgerschaft eines der Vertragsstaaten besitzen und von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht haben. Der Anhang I zum FZA sieht vor, dass die Familienangehörigen einer Person, die Staatsangehörige einer Vertragspartei ist und ein Aufenthaltsrecht hat, über die Befugnis verfügen, bei dieser Wohnung zu nehmen, soweit der Arbeitnehmer für seine Familie über eine Wohnung verfügt, die ortsgemäss für die inländischen Arbeitnehmer geltenden normalen Anforderungen entspricht. Als Familienangehörige gelten ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, (1) der Ehegatte und die Verwandten in absteigender Linie, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen Unterhalt gewährt wird (Art. 3 Abs. 2 lit. a Anhang I FZA); (2) die Verwandten und die Verwandten des Ehegatten in aufsteigender Linie, denen Unterhalt gewährt wird (Art. 3 Abs. 2 lit. b Anhang I FZA) und (3) im Fall von Studierenden der Ehegatte und die unterhaltsberechtigten Kinder (Art. 3 Abs. 2 lit. c Anhang I FZA). Im Übrigen "begünstigen" die Vertragsparteien die Aufnahme aller anderen Familienangehörigen, "denen der Staatsangehörige einer Vertragspartei Unterhalt gewährt oder mit denen er im Herkunftsland in einer häuslichen Gemeinschaft lebt" (Art. 3 Abs. 2 Anhang I FZA). 3.2 Mit Urteil vom 29. September 2009 hat sich das Bundesgericht - wie bereits dargelegt - der Änderung der Rechtsprechung des EuGH angeschlossen und festgestellt, dass das Recht auf Familiennachzug in Anwendung des FZA nicht mehr von einem vorherigen rechtmässigen Aufenthalt in einem Signatarstaat des FZA abhängt (vgl. BGE 2C_196/2009 E. 3). Es hat am 5. Januar 2010 zudem die bisher von ihm offengelassene Frage, ob der Familiennachzug gemäss dem Freizügigkeitsabkommen auch für Stiefkinder gilt, bejaht (BGE 2C_269/2009 vom 5. Januar 2010 E. 4): Den Materialien des Freizügigkeitsabkommens liessen sich grundsätzlich keine Anhaltspunkte entnehmen, dass die Bestimmung anders zu verstehen sei als die Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. Nr. L 257 vom 19. Oktober 1968 S. 2 ff.) durch den EuGH. Dieser hat am 17. September 2002 entschieden, dass das Recht auf Wohnungsnahme beim Wanderarbeiter sowohl seinen Nachkommen als auch denjenigen seines Ehegatten zusteht (Urteil C-413/1999, Baumbast und R., Slg. 2002 I-7091, Randnr. 57). 3.2.1 Zwar erging dieser Entscheid nach Inkrafttreten des FZA, doch nahm der EuGH darin im Wesentlichen die vorbestehende Rechtsprechung präzisierend auf, wonach die Verordnung 1612/68 mit Blick auf die Ziele der Personenfreizügigkeit weit auszulegen sei (vgl. das Urteil C-389/87, Echternach G.B.C., Slg. 1989 723). Die Auslegung der Verordnung Nr.1612/68/EG, welche dem Freizügigkeitsabkommen zugrunde liegt, floss in der Folge im Sinne des Entscheids "Baumbast" in die Richtlinie Nr. 2004/38/EG ein (Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung [EWG] Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35 EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96 EWG, ABl. L 229 vom 29. Juni 2004 S. 35 ff.; auch publ. in: ACHERMANN ET AL. [Hrsg.], Textsammlung Migrationsrecht, 2009, A 3.2; vgl. ANNE WALTER, "Inländerdiskriminierung" beim Familiennachzug, Nijmegen/Osnabrück 2008, S. 25 ff., S. 34 ff.). Art. 2 Ziff. 2 lit. c der Richtlinie 2004/38/EG stellt heute klärend fest, dass als Familienangehörige "die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten [...], die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird", gelten. In diesem Punkt geht es nicht um einen neuen, an die EU-Bürgerschaft anknüpfenden weiterführenden Aspekt der Personenfreizügigkeit innerhalb der Union (vgl. etwa die Erwägungen 5, 9, 15, 17, 19 und 23 ff. der Richtlinie; ANNE WALTER, a.a.O., S. 34 ff.), sondern um eine Konsolidierung des "Acquis communautaire", wie ihn die Schweiz mit der Unterzeichnung (Art. 16 Abs. 2 FZA) des Freizügigkeitsabkommens übernommen hat (vgl. BGE 2C_269/2009 vom 5. Januar 2010 E. 3 u. 4; SPESCHA, a.a.O., Nr. 22 N. 2 zu Art. 16 FZA; EPINEY/FAEH, Zum Aufenthaltsrecht von Familienangehörigen im europäischen Gemeinschaftsrecht, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2005/2006, 2006, S. 49 ff., dort S. 62 mit Hinweis). Hiervon gingen denn damals auch schon die schweizerische Lehre und Verwaltungspraxis aus (MINH SON NGUYEN, Droit public des étrangers, 2003, S. 395 f.; BUNDESAMT FÜR AUSLÄNDERFRAGEN, Rundschreiben vom 8. Juli 2002 zu Grundsatzfragen bei der Umsetzung des Freizügigkeitsabkommens, Ziff. 2.1; vgl. heute auch: ASTRID EPINEY, Die schweizerische Rechtsprechung zum Personenfreizügigkeitsabkommen - ein Überblick, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2004/2005, 2005, S. 148; MERZ, a.a.O., S. 281; MINH SON NGUYEN, Le regroupement familial dans la loi sur les étrangers et dans la loi sur l'asile révisée, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2005/2006, 2006, S. 31 ff., dort S. 46; SPESCHA, a.a.O., Nr. 22, N. 9 zu Art. 3 Anhang I FZA; derselbe, Inländerdiskriminierung im Ausländerrecht?, in: AJP 2008 S. 1433, CARONI/MEYER/OTT, a.a.O., N. 500; ACHERMANN/CARONI, Einfluss der völkerrechtlichen Praxis auf das schweizerische Migrationsrecht, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, N. 6.51). 3.2.2 Der Anspruch steht unter dem Vorbehalt (1) des räumlichen, persönlichen und sachlichen Geltungsbereichs und des Fortbestehens der Bewilligungs- und Nachzugsvoraussetzungen gemäss dem von der Schweiz im FZA übernommenen "Acquis communautaire" (vgl. CARONI/MEYER/OTT, a.a.O., N. 434 ff., 498 ff.; SPESCHA, Migrationsrecht, a.a.O., Nr. 22, N. 6 ff. zu Art. 3 Anhang I FZA; ASTRID EPINEY, Zur Rechtsprechung des EuGH im Bereich der Personenfreizügigkeit - Hinweise, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2007/2008, 2008, S. 249 ff., dort S. 254 ff., insbesondere S. 256 f.), (2) der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit (Art. 5 Anhang I FZA; CARONI/MEYER/OTT, a.a.O., N. 506 ff.; EPINEY/CIVITELLA, Zur schweizerischen Rechtsprechung zum Personenfreizügigkeitsabkommen, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2007/2008, 2008, S. 227 ff., insbesondere S. 247; EPINEY, Zur Rechtsprechung des EuGH, a.a.O., S. 257 f.), (3) allfälliger offensichtlich überwiegender Interessen des nachzuziehenden Kindes im Sinne des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention, KRK; SR 0.107; BGE 2C_269/2009 vom 5. Januar 2010 E. 5.2 und BGE 2C_270/2009 vom 15. Januar 2010), da die internationalrechtlichen Regelungen des FZA in Übereinstimmung mit der EMRK und der KRK auszulegen sind, nachdem es sich dabei um gemeinsame Grundwerte der Unterzeichnerstaaten und der EU handelt, sowie (4) des Verbots des Rechtsmissbrauchs (vgl. BGE 2C_269/2009 vom 5. Januar 2010 E. 5.2). 3.2.3 Der von der Personenfreizügigkeit Gebrauch machende EU- bzw. EFTA-Angehörige muss mit Blick darauf, dass es darum geht, seine Freizügigkeit nicht zu beschränken, mit dem Nachzug der Stiefkinder einverstanden sein; zudem muss ein minimales tatsächliches (soziales) Familienleben des mit dem EU-Bürger verheirateten Drittstaatsangehörigen zu den nachzuziehenden Angehörigen vorbestanden haben; mit anderen Worten die Beziehung muss intakt und sachgerecht tatsächlich gelebt worden sein (vgl. BGE 135 I 143 E. 1.3.1 S. 145 f. mit Hinweis); andernfalls ist die Tatsache, dass der Drittstaatspartner eines EU-/EFTA-Bürgers seine Angehörigen nicht nachziehen kann, nicht geeignet, die im FZA verankerte Personenfreizügigkeit zwischen den Signatarstaaten für ihre Bürger massgeblich zu beeinträchtigen. Zivilrechtlich muss der nachziehende Ehegatte des EU-Bürgers berechtigt sein, für das nachzuziehende minderjährige Kind zu sorgen, bzw. bei geteiltem Sorgerecht zumindest über das Einverständnis des anderen Elternteils für den Nachzug verfügen (MARC SPESCHA, Die familienbezogene Rechtsprechung im Migrationsrecht [ANAG/AuG/FZA/EMRK] in den Jahren 2007 und 2008 [bis Ende Juli] und zugleich ein Blick auf offene Rechtsfragen, in: FamPra 4/2008 S. 843 ff., dort S. 852). Der Nachzugsentscheid der Eltern darf zudem nicht in klarer Missachtung des Kindeswohls und der familiären Bindungen des Nachzuziehenden in seinem Heimatstaat erfolgen (BGE 2C_269/2009 vom 5. Januar 2010 E. 5.2; BGE 2C_270/2009 vom 15. Januar 2010). Vorbehalten bleibt auch das Rechtsmissbrauchsverbot, wie es heute unionsrechtlich in Art. 35 RL 2004/38/EG vorbehalten wird. Danach können die Mitgliedstaaten die Massnahmen erlassen, die notwendig sind, um die durch die Richtlinie verliehenen Rechte im Falle von Rechtsmissbrauch oder Betrug - wie z.B. durch Eingehung von Scheinehen - zu verweigern, aufzuheben oder zu widerrufen, soweit diese Vorkehrungen verhältnismässig sind und die Verfahrensgarantien gewahrt bleiben (vgl. BGE 2C_269/2009 vom 5. Januar 2010 E. 5.2; BGE 130 II 113 E. 9 und 10; Art. 51 AuG). 3.3 Es wird am Departement des Innern des Kantons Solothurn sein, materiell zu prüfen, ob und wieweit diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind bzw. die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach während der Übergangsfrist nach Art. 126 Abs. 3 AuG für den nachträglichen Familiennachzug eines Elternteils nicht mehr im Sinne der bisherigen Rechtsprechung vorausgesetzt ist, dass sich hierfür die Betreuungsverhältnisse wesentlich verändert haben müssen, Anlass gibt, dem Gesuch gestützt auf Art. 43 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 126 Abs. 3 AuG zu entsprechen (vgl. BGE 2C_270/2009 vom 15. Januar 2010). Die Beschwerde ist in diesem Sinn gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an das Departement des Innern des Kantons Solothurn (Ausländerfragen) zurückzuweisen. 4. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind keine Kosten geschuldet (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der unterliegende Kanton Solothurn hat den obsiegenden Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 BGG). Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn wird über die kantonale Kosten- und Entschädigungsregelung neu zu befinden haben (vgl. Art. 67 BGG e contrario).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 14. Juli 2009 wird aufgehoben. Die Sache wird zu materiellem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das Departement des Inneren des Kantons Solothurn zurückgewiesen. 2. 2.1 Es werden keine Kosten erhoben. 2.2 Der Kanton Solothurn hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 2.3 Zur Regelung der kantonalen Kosten- und Entschädigungsfrage wird die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn zurückgewiesen. 3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 2. Februar 2010 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Müller Hugi Yar
48528714-113e-4ada-bb3d-0ef8ea775950
de
2,015
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A._, geb. 1987, absolvierte von Dezember 2011 bis Juli 2013 eine Zweitausbildung zur Betreuungsfachfrau. Ende November 2011 stellte sie beim Amt für Jugend und Berufsberatung (AJB) des Kantons Zürich ein Gesuch um Ausbildungsbeiträge für das Ausbildungsjahr 2011/2012. Das Amt hiess das Gesuch gut und richtete A._ Stipendien in der Höhe von Fr. 5'541.-- aus. Am 21. August 2012 stellte A._ betreffend Ausrichtung von Stipendien für das Jahr 2012/2013 ein Wiederholungsgesuch. Dieses wies das Amt für Jugend und Berufsberatung mit Verfügung vom 14. Februar 2013 und Einspracheentscheid vom 25. April 2013 ab, weil es aufgrund des gestiegenen Einkommens und Vermögens der Eltern einen höheren Elternbeitrag anrechnete. Ein Rekurs an die Bildungsdirektion wurde am 13. Februar 2014 ebenfalls abgewiesen. B. A._ erhob gegen den Direktionsentscheid Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses hiess mit Urteil vom 18. Juli 2014 die Beschwerde gut und verpflichtete das Amt für Jugend und Berufsberatung, an A._ Fr. 5'700.-- zu bezahlen. C. Der Kanton Zürich, vertreten durch die Bildungsdirektion, erhebt mit Eingabe vom 11. September 2014 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des angefochtenen Urteils seien die Verfügung und der Einspracheentscheid des AJB sowie der Rekursentscheid der Bildungsdirektion zu bestätigen und es sei festzustellen, dass A._ für das Jahr 2012/2013 keinen Anspruch auf Stipendien habe. Eventuell sei die Angelegenheit für weitere Abklärungen und zum Neuentscheid an die Vorinstanz oder an den Kanton zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. A._ beantragt Abweisung der Beschwerde. Mit Verfügung des Präsidenten der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 10. Oktober 2014 wurde der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts ist grundsätzlich zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Nach Art. 83 lit. k BGG ist die Beschwerde unzulässig betreffend Subventionen, auf die kein Anspruch besteht. Als Subventionen gelten auch Stipendien (Urteile 2C_189/2009 vom 17.9.2009 E. 3.1; 2C_121/2007 vom 17. August 2007 E. 2). § 16 des zürcherischen Bildungsgesetzes vom 1. Juli 2002 (LS 410.1) gewährt dem Auszubildenden bei Erfüllen der entsprechenden Voraussetzungen jedoch einen Rechtsanspruch auf die Ausrichtung von Ausbildungsbeiträgen; die Beschwerde ist daher zulässig (Urteil 2C_189/2009 vom 17. September 2009 E. 3.1). 2. Zu prüfen ist die Legitimation des Beschwerdeführers. Dieser beruft sich zu Recht nicht auf einen Legitimationsgrund nach Art. 89 Abs. 2 BGG. Er macht aber geltend, er sei nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. 2.1. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Diese Regelung ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder aber in spezifischer, schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird, namentlich wenn einem Entscheid präjudizielle Bedeutung für die öffentliche Aufgabenerfüllung zukommt. Die Beschwerdebefugnis zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt eine erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung begründet keine Beschwerdebefugnis im Sinne dieser Regelung. Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG sind Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zuzulassen (kürzlich bestätigt im Urteil 8C_918/2014 vom 27. Januar 2015, E. 3.2.2.1, vgl. BGE 140 V 328 E. 4.1 S. 329 f.; 138 II 506 E. 2.1.1 S. 508 f. mit Übersicht über die Rechtsprechung). Insbesondere ist die im Rechtsmittelverfahren unterlegene Vorinstanz nicht berechtigt, gegen den sie desavouierenden Entscheid an das Bundesgericht zu gelangen (BGE 140 V 321 E. 2.1.1 S. 323 mit Hinweisen). 2.2. Besondere Zurückhaltung ist geboten, wenn sich Organe desselben Gemeinwesens gegenüberstehen, namentlich die kantonalen Exekutivbehörden und das kantonale Verwaltungsgericht: Der Vorschlag des Bundesrats, die Kantonsregierungen in gewissen Fällen zur Anfechtung der Entscheide kantonaler Gerichte zu berechtigen, wurde in den Räten gestrichen (s. zur Entstehungsgeschichte BGE 140 V 328 E. 5.2 S. 331 f.; Urteil 8C_1025/2009 vom 19. August 2010 E. 3.3.4.1; MICHAEL PFLÜGER, Die Legitimation des Gemeinwesens zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, 2013, S. 203 ff.). Entscheidend für diese Streichung des Beschwerderechts war dabei der Wille des Gesetzgebers, dass Streitigkeiten zwischen der obersten Exekutivbehörde und der obersten Justizbehörde eines Kantons nicht vom Bundesgericht entschieden werden sollen (Pflüger, a.a.O., S. 205). Eine kantonale Exekutive, deren Verfügung von der kantonal letztinstanzlichen Justizbehörde aufgehoben wurde, ist daher grundsätzlich nicht befugt, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zur Wiederherstellung ihrer Verfügung zu führen, erst recht dann nicht, wenn es um die Auslegung und Anwendung von kantonalem Recht geht (BGE 136 II 383 E. 2.5/2.6 S. 387 f,; 136 V 346 E. 3.5 S. 350; 134 V 53 E. 2.3.3 S. 58 ff,; Urteil 8C_1025/2009 vom 19. August 2010 E. 3.3.4.2 und 3.4; PFLÜGER, a.a.O., S. 136 f., 146 f., 162 f.; 205 ff.). 2.3. Geht es um Entscheide mit finanziellen Auswirkungen, hat die Rechtsprechung zwar in verschiedenen Konstellationen die Legitimation von Kanton oder Gemeinde bejaht (vgl. Hinweise in BGE 138 II 506 E. 2.1.2 S. 509 f.). Doch ist die Legitimation nicht schon dann zu bejahen, wenn ein Entscheid Auswirkungen auf das Vermögen des Gemeinwesens hat: Zur Begründung des allgemeinen Beschwerderechts genügt nicht jedes beliebige, mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe direkt oder indirekt verbundene finanzielle Interesse des Gemeinwesens (BGE 136 II 274 E. 4.2 S. 279; 136 II 383 E. 2.4 S. 387; 134 II 45 E. 2.2.1 S. 47 mit Hinweisen). So wurde die Legitimation des Gemeinwesens etwa verneint in seiner Eigenschaft als Schuldner von Entschädigungen nach Opferhilfegesetz (BGE 123 II 425 E. 4 S. 429 ff.), im Falle der Festlegung des Steuerwohnsitzes (BGE 136 II 274 E. 4.3 S. 280), aufgrund der Befürchtung, als Folge eines Entscheids haftpflichtig zu werden (BGE 133 II 400 E. 2.4.2 S. 407) oder der Tangierung des Kantons als Schuldner von (kantonalrechtlichen) Ergänzungsleistungen (BGE 134 V 53 E. 2.3.3 S. 58 f.). Auch eine Gemeinde kann sich nicht auf Art. 89 Abs. 1 BGG berufen, wenn sie die willkürliche Anwendung von kantonalen und kommunalen Bestimmungen über Beihilfen und Gemeindezuschüsse durch das kantonale Gericht rügt (Urteil 8C_918/2014 vom 27. Januar 2015 E. 3.2.2.2). Ebenfalls nicht legitimiert ist das Gemeinwesen, wenn ihm in Beschwerdeentscheiden gegen seine Verfügungen Verfahrens- oder Parteikosten auferlegt werden (BGE 134 II 45 E. 2.2.2 S. 47 f.; 133 II 400 E. 2.4.2 S. 407; Urteil 1C_79/2011 vom 10. März 2011 E. 1.4, in: JdT 2011 I S. 39). Verneint wurde die Legitimation auch in einem Fall, in welchem der Kanton die Erbschaftssteuer für Nachkommen abgeschafft hatte und die Auslegung der übergangsrechtlichen Regelung streitig war; der Kanton hatte mit der Abschaffung der Steuer dargetan, dass es für ihn nicht mehr um einen wichtigen Regelungsbereich ging, dies obwohl ein Steueraufkommen von insgesamt rund 30 Mio. Franken auf dem Spiel stand (BGE 136 II 383 E. 2.5 S. 387). Bejaht wird die Legitimation in Konstellationen, in denen es um finanzielle Leistungen aus Rechtsverhältnissen geht, die zwar öffentlich-rechtlich geregelt sind, aber Analogien haben zu entsprechenden privatrechtlichen Instituten wie etwa das öffentliche Dienstrecht, das Staatshaftungsrecht oder das Enteignungsrecht. Im Übrigen ist das Gemeinwesen in seinen fiskalischen Interessen aber grundsätzlich nicht wie ein Privater betroffen, sondern in seiner Eigenschaft als Hoheitsträger (BGE 138 II 506 E. 2.3 S. 511 f.; 136 II 274 E. 4.2 S. 279; 135 II 156 E. 3.3 S. 160). Die Fälle, in denen diesbezüglich die Legitimation bejaht wurde, betreffen in der Regel Konstellationen, in welchen es um einen Konflikt zwischen verschiedenen Gemeinwesen geht, die einander nicht hoheitlich gegenüberstehen oder in denen ein Gemeinwesen Adressat einer von einem anderen Gemeinwesen getroffenen Verfügung ist, namentlich bei Streitigkeiten zwischen Kanton und Gemeinde oder zwischen Gemeinden unter sich (Hinweise in BGE 138 II 506 E. 2.1.2 S. 509 f.). Auch dann ist eine Gemeinde gegen einen kantonalen Entscheid, der ihr finanzielle Lasten auferlegt, nach Art. 89 Abs. 1 BGG nur zur Beschwerde legitimiert, wenn sie in qualifizierter Weise in zentralen hoheitlichen Interessen berührt ist (BGE 140 I 90 E. 1.2.2 S. 93 f.). Eine solche Betroffenheit wird in der Regel bejaht in Bezug auf Leistungen der Sozialhilfe (BGE 140 V 328 E. 6 S. 333 ff.) sowie den interkommunalen Finanzausgleich und ähnliche Regelungen (BGE 140 I 90 E. 1.2.2 S. 93 f.; 135 I 43 E. 1.3 S. 47; 135 II 156 E. 3.3 S. 160) und im Übrigen dann, wenn die streitigen finanziellen Leistungen eine beträchtliche Höhe erreichen und die Beantwortung der Streitfrage eine über den Einzelfall hinaus gehende präjudizielle Wirkung für die öffentliche Aufgabenerfüllung mit insgesamt wesentlicher finanzieller Belastung hat (Urteil 2C_949/2013 vom 24. März 2014 E. 2.2.2 [bejaht bzgl. kommunale Beiträge an kantonale Schulen]), nicht aber dann, wenn es bloss um eine einzelfallbezogene Beurteilung ohne Grundsatzfragen geht (BGE 140 I 90 E. 1.2.6 S. 95 [kommunaler Kostenanteil an einer Busverbindung]). Verneint wird die Legitimation, wenn es einzig um die finanziellen Folgen der Verwaltungstätigkeit geht, welche das Gemeinwesen in seiner Stellung als hoheitlich verfügende Behörde treffen (BGE 138 II 506 E. 2.3 S. 511 f.; Urteile 1C_670/2013 vom 10. Februar 2014 E. 4.2; 1C_220/2009 vom 26. April 2010 E. 2.2.2, nicht publ. in: BGE 136 II 204; 1C_79/2011 vom 10. März 2011 E. 1.4, in: JdT 2011 I S. 39). In solchen Fällen deckt sich das finanzielle Interesse des Gemeinwesens mit der Frage der richtigen Rechtsanwendung, was zur Legitimation nicht genügt, auch dann nicht, wenn der angefochtene Entscheid Präzedenzwirkung für weitere Fälle mit Auswirkungen auf die Kantonsfinanzen hat (BGE 138 II 506 E. 2.4 S. 512; 134 II 45 E. 2.2.1 S. 46 f.). 2.4. Vorliegend wehrt sich der Kanton gegen ein Urteil seines eigenen Verwaltungsgerichts, welches in Auslegung des kantonalen Rechts zu einem Ergebnis gekommen ist, welches von der Rechtsauffassung der Exekutivbehörden abweicht. Der Streitwert beträgt Fr. 5'700.--. Der Beschwerdeführer bringt jedoch vor, die rechtliche Betrachtung der Vorinstanz habe zur Folge, dass bei einem beträchtlichen Teil von Personen in Ausbildung entgegen der bisherigen Praxis keine Elternbeiträge mehr angerechnet werden dürften, was Mehrkosten von jährlich rund 3,8 Mio. Franken zur Folge habe. Im Rahmen einer Maximalprognose müsste sogar mit Mehraufwendungen von nahezu 37 Mio. Franken pro Jahr gerechnet werden. Damit ist - anders als in den in BGE 138 II 506 E. 2.1.1 zitierten Entscheiden - nicht ersichtlich, inwiefern es hier um über das rein Finanzielle hinausgehende Interessen an der öffentlichen Aufgabenerfüllung gehen könnte. Dass das angefochtene Urteil einen zentralen Aspekt des Stipendienwesens beträfe und dessen System als Ganzes selber in Frage stellen würde (vgl. betreffend den Finanzausgleich BGE 140 I 90 E. 1.2.2 S. 93 f., mit Hinweisen), ist mit dieser Argumentation jedenfalls nicht dargetan. Sowohl im konkreten Fall als auch in Bezug auf die Präzedenzwirkung des angefochtenen Urteils geht es vorliegend vielmehr einzig um die Auswirkungen auf die Kantonsfinanzen. In dieser Konstellation ist nach dem Gesagten die Legitimation des Kantons zu verneinen. Es verhält sich anders als in den vom Beschwerdeführer zitierten Entscheiden (BGE 135 II 156, 136 V 346), in denen sich Gemeinden wehren konnten gegen kantonale Entscheide über die Aufgaben- und Kostenverteilung zwischen Kanton und Gemeinden oder die Kostentragung von Gemeinden. Der Kanton wehrt sich hier nicht gegen einen Entscheid, mit dem ihm eine hierarchisch höher stehende Körperschaft eine finanzielle Belastung direkt auferlegt (vgl. BGE 140 I 90 E. 1.2.3/1.2.4 S. 94), sondern es bleibt bei einer Organstreitigkeit zwischen der kantonalen Exekutive und der kantonalen Judikative, für deren Beurteilung durch das Bundesgericht die vorne genannten Voraussetzungen fehlen. Damit ist es Sache des Kantons, den Konflikt selber zu schlichten (vgl. PFLÜGER, a.a.O., S. 204), beispielsweise auf dem Wege einer Gesetzesrevision. 3. Auf die Beschwerde kann daher nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Kanton Zürich, um dessen Vermögensinteressen es geht, die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Kanton Zürich auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 21. Februar 2015 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein
4855514d-ce9a-47b8-9a26-4e7ce43ef47d
de
2,007
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._, Jahrgang 1960, erwarb 1978 den Führerausweis der Kategorie B und 1991 denjenigen der Kategorie D1. Er war in der Folge als selbstständiger Taxiunternehmer tätig. Die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Solothurn (MFK) eröffnete im Jahr 2002 ein Administrativverfahren gegen X._ und erhielt in diesem Rahmen Kenntnis von einem Gutachten der psychiatrischen Dienste des Kantons Solothurn über diesen vom 13. Januar 1998; damals war bei ihm die Diagnose eines Verdachts auf eine schizophrene Erkrankung gestellt worden. Am 21. März 2003 forderte die MFK X._ zu einer verkehrsmedizinischen und -psychologischen Untersuchung auf. Dieser unterzog sich der verkehrsmedizinischen Untersuchung; das Gutachten wurde am 30. Juni 2004 erstattet. Er wehrte sich aber gegen eine verkehrspsychologische Begutachtung. Diese Frage zog er erfolglos bis vor Bundesgericht (Urteil 6A.6/2005 vom 14. Februar 2005). Da sich X._ auch danach der verkehrspsychologischen Untersuchung nicht stellte, wurde ihm am 23. Mai 2005 der Führerausweis vorsorglich entzogen. Die in dieser Sache erhobenen Beschwerden blieben wiederum erfolglos (Urteil 6A.44/2005 vom 21. September 2005). Daraufhin absolvierte X._ eine verkehrspsychologische Untersuchung; das gestützt darauf abgefasste Gutachten stammt vom 4. Oktober 2005. Die psychologische Expertin kam zum Schluss, dass die Fahreignung für die Kategorie D1 nicht und jene für die Kategorie B knapp gegeben sei. Bezüglich der Kategorie B sei eine weitere verkehrsmedizinische Beurteilung angezeigt. Eine solche wurde in der Folge im Sinne eines Aktengutachtens durchgeführt. Dabei kam eine andere Expertin am 24. Oktober 2005 zur Einschätzung, dass die Fahreignung für die Kategorien B und D1 aus psychiatrischer Sicht nicht befürwortet werden könne; eine weitere medizinische Untersuchung wurde allerdings vorbehalten. Daraufhin verfügte das Departement des Innern des Kantons Solothurn am 30. November 2005 einen Entzug des Führerausweises für alle Kategorien auf unbestimmte Zeit. B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn hiess am 29. März 2006 die Beschwerde von X._ gegen den auf unbestimmte Zeit ausgesprochenen Führerausweisentzug teilweise gut. In der Sache wurde die Beschwerde mit Bezug auf Kategorie D1 abgewiesen. Mit Blick auf Kategorie B wurde hingegen die Verwaltungsbehörde zu weiterer Abklärung des Sachverhalts verpflichtet. Dieses Urteil hob das Bundesgericht auf Beschwerde von X._ hin am 27. Juni 2006 auf, weil das Verwaltungsgericht - trotz eines entsprechenden Antrags - nicht geprüft hatte, ob dem Beschwerdeführer ein unentgeltlicher Rechtsbeistand beizugeben sei (Urteil 6A.36/2006). Das Verwaltungsgericht führte ein neues Verfahren durch und fällte am 28. Februar 2007 das Urteil in der Beschwerdesache. Dabei hiess es die Beschwerde wiederum teilweise gut: Es bestätigte den Ausweisentzug bezüglich der Kategorie D1 und verlangte im Hinblick auf Kategorie B ein zusätzliches psychiatrisches Gutachten. C. Mit Eingabe vom 27. April 2007 erhebt X._ beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Anweisung an die kantonalen Behörden, ihm den Führerausweis zurückzugeben bzw. die Bewilligung für die Kategorien B und D1 sofort wieder zu erteilen. Es sei ihm Parteientschädigung und Genugtuung zuzusprechen. Ausserdem sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen. Die kantonale Motorfahrzeugkontrolle verzichtet ausdrücklich auf eine Stellungnahme; das kantonale Departement hat sich nicht vernehmen lassen. Das Verwaltungsgericht ersucht um kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Strassen beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. D. Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde mit Verfügung vom 31. Mai 2007 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt, soweit diese das vom Verwaltungsgericht verlangte psychiatrische Gutachten betrifft. Mit Beschluss vom 12. Juli 2007 hat die I. öffentlich-rechtliche Abteilung das Ausstandsbegehren des Beschwerdeführers gegen Bundesrichter Michel Féraud abgewiesen. Am 27. Juli 2007 hat der Beschwerdeführer Gelegenheit erhalten, sich zu den Eingaben der übrigen Verfahrensbeteiligten im bundesgerichtlichen Verfahren zu äussern. Daraufhin hat dieser mit Schreiben vom 7. August, 14. August und 31. August 2007 weitere Eingaben eingereicht.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der angefochtene Entscheid ist nach Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) ergangen. Die vorliegende Beschwerde ist danach zu behandeln (Art. 132 Abs. 1 BGG). 1.1 Gegen den Entzug des Führerausweises in einem strassenverkehrsrechtlichen Administrativverfahren steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG zur Verfügung. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Dabei handelt es sich, soweit es um den Ausweis der Kategorie D1 geht, um einen verfahrensabschliessenden Entscheid; insoweit erweist sich das angefochtene Urteil als Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit a BGG. Bezüglich der Kategorie B liegt ein Zwischenentscheid vor; das Verwaltungsgericht hat die Sache insofern zu weiterer Abklärung an die Verwaltungsbehörde zurückgewiesen. Dieser Zwischenentscheid ist gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ebenfalls anfechtbar, weil eine Gutheissung der Beschwerde in diesem Punkt sofort einen Endentscheid herbeiführen und einen bedeutenden Aufwand für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. Der Beschwerdeführer ist vom Führerausweisentzug betroffen und zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde wurde rechtzeitig (Art. 46 i.V.m. Art. 100 BGG) erhoben. Die Sachurteilsvoraussetzungen sind grundsätzlich erfüllt. 1.2 Nicht eingetreten werden kann hingegen auf die Beschwerde, soweit damit eine Genugtuung verlangt wird. Dieses Begehren sprengt den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. 1.3 Vorbehalten bleibt ferner, dass die einzelnen Rügen vom Beschwerdeführer rechtsgenüglich begründet worden sind. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 42 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft derartige Rügen nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise dargelegt und begründet worden sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.2). 1.4 Im Kern wirft der Beschwerdeführer den kantonalen Behörden eine Verletzung der bundesrechtlichen Strassenverkehrsgesetzgebung über den Sicherungsentzug vor. Insoweit ist die Beschwerde hinreichend begründet; auf die damit in Zusammenhang stehenden Rügen ist einzutreten und diese sind vorweg zu behandeln (E. 2-5, hiernach). Unbeachtlich ist jedoch der generelle Verweis in der Beschwerdeschrift auf sämtliche bisherigen Eingaben im kantonalen Verfahren. Die Zulässigkeit und Begründetheit der zusätzlich erhobenen Rügen betreffend Verletzung von Individualrechten, die der Beschwerdeführer aus der Bundesverfassung (BV), der Solothurner Kantonsverfassung (KV/SO) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) herleitet, ist anschliessend zu prüfen (E. 6, hiernach). 1.5 Im Urteil des Bundesgerichts vom 27. Juni 2006 wurde festgehalten, dass der damals anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren teilweise recht unbeholfen agiert habe; die Vorinstanz habe daher entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers zu prüfen, ob er eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes bedürfe (Urteil 6A.36/2006, E. 3). Daraufhin gab ihm das Verwaltungsgericht einen unentgeltlichen Rechtsvertreter bei. Im vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahren tritt der Beschwerdeführer wiederum ohne Rechtsanwalt auf und fordert keine anwaltliche Verbeiständung. Aufgrund seiner Eingaben in diesem Beschwerdeverfahren ergibt sich nicht, dass eine Unfähigkeit zur Prozessführung im Sinne von Art. 41 BGG gegeben wäre. Es rechtfertigt sich folglich nicht, dem Beschwerdeführer für dieses Verfahren einen Anwalt zu bestellen. 2. Das Verwaltungsgericht hat den umstrittenen Sicherungsentzug hinsichtlich der Führerausweis-Kategorien B und D1 separat überprüft. Für beide Teilbereiche hatte die Verwaltungsbehörde die Fahreignung aus medizinischen Gründen im Sinne von Art. 16d Abs. 1 lit. a SVG (SR 741.01) verneint. Das Verwaltungsgericht schützte den Sicherungsentzug mit abweichender Begründung hinsichtlich der Kategorie D1, indem es sich auf die verkehrspsychologische Begutachtung vom 4. Oktober 2005 abstützte. Es nahm beim Beschwerdeführer, entsprechend diesem Gutachten, eine verkehrsrelevante Beeinträchtigung der kognitiven Hirnleistungsfähigkeit an; er verfüge nicht (mehr) über ausreichende Leistungsreserven für ein Motorfahrzeug mit erhöhter Lenkverantwortung wie bei der Kategorie D1. Deshalb spiele es insofern keine Rolle, ob er psychiatrisch krank sei. Hingegen hielt das Verwaltungsgericht den Sachverhalt bezüglich des Sicherungsentzugs für die Kategorie B nicht für genügend erstellt. Demgegenüber behauptet der Beschwerdeführer im Wesentlichen, seine körperliche, geistige und seelische Leistungsfähigkeit zum Führen von Motorfahrzeugen sei nach wie vor ausreichend gegeben. Insofern seien alle eingeholten Gutachten, einschliesslich das verkehrspsychologische Gutachten falsch; letzteres ziehe die falschen Schlussfolgerungen aus den durchgeführten Tests. Zudem bestehe bei den Expertinnen eine Befangenheitsproblematik. Dass der angefochtene Entscheid gestützt auf das verkehrspsychologische Gutachten einen Sicherungsentzug bei der Kategorie D1 bestätigt habe, sei unverhältnismässig hart. Einerseits sei seine langjährige, tadellose Fahrpraxis nicht berücksichtigt worden. Anderseits habe er inzwischen an der Universität Luzern den Bachelor of Law erworben, was seine Hirnleistungsfähigkeit unter Beweis stelle. Unter den gegebenen Umständen bestehe weder psychiatrischer Abklärungsbedarf, noch würden die gesetzlichen Grundlagen einen Sicherungsentzug erlauben. 3. Entsprechend dem Aufbau des angefochtenen Entscheids ist vorweg dem definitiven Sicherungsentzug bezüglich der Kategorie D1 nachzugehen. 3.1 Eine Grundvoraussetzung für die Erteilung des Führerausweises ist die sog. Fahreignung. Mit diesem Begriff umschreiben alle betroffenen wissenschaftlichen Disziplinen (insbesondere Medizin, Psychologie und Jurisprudenz) die körperlichen und geistigen Voraussetzungen des Individuums, ein Fahrzeug im Strassenverkehr sicher lenken zu können. Die Fahreignung muss grundsätzlich dauernd vorliegen (vgl. die bundesrätliche Botschaft vom 31. März 1999 zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes, in deren Rahmen Art. 16d SVG erlassen wurde; BBl 1999 S. 4462 ff., 4483 f.). Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen (Art. 16 Abs. 1 SVG). Art. 16d Abs. 1 SVG - in Kraft seit 1. Januar 2005 - bestimmt überdies, dass der Führerausweis einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen wird, wenn ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nicht oder nicht mehr ausreicht, ein Motorfahrzeug sicher zu führen (lit. a), sie an einer Sucht leidet, welche die Fahreignung ausschliesst (lit. b) oder sie auf Grund ihres bisherigen Verhaltens nicht Gewähr bietet, dass sie künftig beim Führen eines Motorfahrzeugs die Vorschriften beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird (lit. c). Angesichts des in Art. 16 Abs. 1 SVG verankerten Grundsatzes muss ein Sicherungsentzug in jedem Fall angeordnet werden, bei dem die Fahreignung nicht mehr gegeben ist. Unter Art. 16d Abs. 1 lit. a SVG fallen alle medizinischen und psychischen Gründen, welche die Fahreignung ausschliessen (vgl. die Botschaft, BBl 1999 S. 4491). Die einzelnen Tatbestände des Katalogs von Art. 16d Abs. 1 SVG dürfen weder eng noch streng ausgelegt werden; geboten ist eine Gesamtbetrachtung des Einzelfalls im Hinblick auf die Fahreignung. Nach dem früheren Recht verhielt es sich nicht anders und die diesbezügliche Gesetzesrevision hat nicht bezweckt, den Anwendungsbereich des Sicherungsentzugs einzuengen. Vielmehr kommt es darauf an, dass der Entscheid über den Sicherungsentzug, der einen schwerwiegenden Eingriff in den Persönlichkeitsbereich des Betroffenen bedeutet, auf einer sorgfältigen Abklärung aller wesentlichen Gesichtspunkte beruht (Urteil 6A.44/2006 vom 4. September 2006, E. 2.2). 3.2 Das formelle Gesetz setzt eine Unterscheidung der Führerausweise nach Fahrzeugkategorien voraus (vgl. Art. 14 Abs. 1 SVG), überlässt aber die Unterteilung und Ausgestaltung der Ausweiskategorien dem Verordnungsgeber (vgl. Art. 25 SVG). Letztere finden sich in Art. 3 ff. der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV; SR 741.51). Dieser Grundordnung entsprechend sind richtigerweise die Anforderungen an die Fahreignung je nach der betroffenen Ausweiskategorie unterschiedlich hoch anzusetzen. 3.3 Vorliegend geht es um die höhere Führerausweiskategorie D1. Die entsprechende Bewilligung war dem Beschwerdeführer am 14. Oktober 1991 erteilt worden. Nach Art. 3 VZV in der damals geltenden Fassung vom 13. Februar 1991 (AS 1991 S. 982) umfasste die Kategorie D1 die Bewilligung zum Führen von Taxis und Kleinbussen zur gewerbsmässigen Personenbeförderung (vgl. André Bussy/Baptiste Rusconi, Code suisse de la circulation routière, Commentaire, 3. Aufl., Lausanne 1996, N. 3.2 zu Art. 3 VZV, S. 1137). Nach dem heute geltenden Art. 3 Abs. 2 VZV betrifft die Kategorie D1 den Aspekt des berufsmässigen Personentransports nicht mehr; hierfür ist in Art. 25 VZV eine besondere Bewilligung vorgesehen. Immerhin wird dem Inhaber eines Führerausweises der Kategorie D1 die Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport auch mittels Autos bzw. Fahrzeugen der Kategorie B ohne weitere Prüfung erteilt (vgl. Art. 25 Abs. 1 und Abs. 4 VZV). 3.4 Im Hinblick auf die medizinischen Mindestanforderungen enthalten Art. 7 i.V.m. Anhang 1 VZV eine eingehende, nach Ausweiskategorien abgestufte Regelung. Medizinische Gründe werden im angefochtenen Entscheid für den umstrittenen Sicherungsentzug bezüglich der Kategorie D1 indessen nicht angeführt. Das kantonale Gericht liess die Frage einer psychiatrischen Krankheit letztlich einstweilen offen und erachtete das verkehrspsychologische Gutachten vom 4. Oktober 2005 selbst bei einer gesunden Person als genügend aussagekräftig für den Entscheid bei der Kategorie D1. 3.5 Psychologische Aspekte der Fahreignung sind - ausserhalb der Frage der charakterlichen Eignung im Sinne von Art. 16d Abs. 1 lit. c SVG - nicht direkt näher geregelt. Allerdings setzt der hier angewendete Art. 16d Abs. 1 lit. a SVG das sichere Führen des Motorfahrzeugs voraus (vgl. E. 3.1 hiervor). Für die hier zur Diskussion stehenden psychologischen Aspekte wird der Begriff der psychophysischen Leistungsfähigkeit verwendet (Bruno Liniger, Verkehrsmedizin: Bericht über den Stand der Wissenschaft, in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2003 S. 87 ff., 105). Mit anderen Worten geht es darum, ob bei einem Menschen aus verkehrspsychologischer Sicht Hirnleistungsdefizite (kognitive Beeinträchtigungen in den Bereichen optische Orientierung, Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Reaktionsfähigkeit und Belastbarkeit) in einem Ausmass bestehen, dass eine Teilnahme als Lenker der entsprechenden Fahrzeugkategorie am Strassenverkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Überforderung darstellen würde. Entsprechende Fragestellungen werden insbesondere mittels verkehrspsychologischer Leistungstests überprüft (vgl. Jacqueline Bächli-Biétry, Was kann die Verkehrspsychologie im Bereich Fahreignungsdiagnostik leisten?, in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2003 S. 55 ff., 80). Die Notwendigkeit einer Abklärung der kognitiven Hirnleistungsfunktionen kann - wie hier - als Ergänzung zu einer medizinischen Untersuchung angezeigt sein (Munira Haag/Ulfert Grimm, Die verkehrspsychologische Untersuchung, in: Handbuch der verkehrsmedizinischen Begutachtung, Bern 2005, S. 85 ff., 87). 3.6 Mit welchen Massstäben die Fahreignung aus psychophysischer Sicht zu beurteilen ist, kann nur indirekt aus den Bestimmungen der VZV zum Bestehen der praktischen Führerprüfung geschlossen werden. In dieser Hinsicht gilt allgemein, dass das Motorfahrzeug der entsprechenden Kategorie unter Einhaltung der Verkehrsregeln auch in schwierigen Verkehrssituationen vorausschauend und mit Rücksicht auf die übrigen Verkehrsteilnehmer zu führen ist (Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Anhang 12 Ziff. II VZV). Höhere Anforderungen werden an den Lenker beim berufsmässigen Personentransport gestellt: Dieser muss fähig sein, Personen in einem Motorfahrzeug der entsprechenden Kategorie auch in schwierigen Verkehrssituationen ohne Gefährdung zu transportieren; vorausgesetzt wird eine flüssige, routinierte Fahrweise mit ausgeprägtem Verkehrssinn. Die kategorienspezifischen Mindestanforderungen müssen dabei klar übertroffen werden (Art. 25 Abs. 3 lit. b i.V.m. Anhang 12 Ziff. III lit. G VZV). 3.7 Es ist denkbar, dass selbst ein an sich gesunder Mensch der erhöhten Lenkverantwortung für den berufsmässigen Personentransport psychophysisch nicht gewachsen ist. Bei diesen Lenkerkategorien ist eine Abklärung der Frage, ob die entsprechenden Hirnleistungsreserven vorhanden sind, nicht nur im Zulassungsverfahren möglich (vgl. Art. 11b Abs. 1 lit. b VZV). Vielmehr kann sich eine entsprechende Begutachtung auch nach der Erteilung einer derartigen Spezialbewilligung im Rahmen von periodischen Routinekontrollen aufdrängen (vgl. Art. 27 Abs. 4 VZV). Wird bei einem Motorfahrzeugführer im Besitz derartiger Ausweiskategorien nachträglich ein Ungenügen der verkehrsrelevanten Hirnleistungsfähigkeit im Vergleich zu den diesbezüglich geltenden erhöhten Anforderungen festgestellt, so liegt mit Blick auf diese Spezialbewilligung ein Ausschlussgrund im Sinne von Art. 16d Abs. 1 lit. a SVG vor. 3.8 Zusammengefasst bestehen genügende gesetzliche Grundlagen, um einen Sicherungsentzug für die Kategorie D1 - wie hier - gestützt auf eine verkehrspsychologische Beurteilung der Hirnleistungsfähigkeit anzuordnen. 4. Der vom Verwaltungsgericht bejahte konkrete Sicherungsentzug bezüglich der Kategorie D1 ist wie folgt zu beurteilen. 4.1 Der gesamte verkehrsmedizinische und -psychologische Begutachtungsprozess erfolgte hier am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich. Dieses Institut bietet an sich Gewähr für eine unabhängige, unparteiliche und unvoreingenommene Begutachtung. Nach der Rechtsprechung gelten für Sachverständige grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für Richter vorgesehen sind. Das Misstrauen in deren Unparteilichkeit muss in objektiver Weise als begründet erscheinen (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 109 f. mit Hinweis). Der Beschwerdeführer meint, das verkehrspsychologische Gutachten sei Ausdruck der an der Universität Zürich herrschenden Geringschätzung seiner Fähigkeiten. Es ist jedoch objektiv nicht ersichtlich, dass die Verfasserinnen der verkehrsmedizinischen und -psychologischen Gutachten ihm gegenüber eine Abweisungshaltung oder Anzeichen von Geringschätzung zu erkennen gegeben hätten. Die Befangenheitsrüge geht fehl. 4.1 Der gesamte verkehrsmedizinische und -psychologische Begutachtungsprozess erfolgte hier am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich. Dieses Institut bietet an sich Gewähr für eine unabhängige, unparteiliche und unvoreingenommene Begutachtung. Nach der Rechtsprechung gelten für Sachverständige grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für Richter vorgesehen sind. Das Misstrauen in deren Unparteilichkeit muss in objektiver Weise als begründet erscheinen (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 109 f. mit Hinweis). Der Beschwerdeführer meint, das verkehrspsychologische Gutachten sei Ausdruck der an der Universität Zürich herrschenden Geringschätzung seiner Fähigkeiten. Es ist jedoch objektiv nicht ersichtlich, dass die Verfasserinnen der verkehrsmedizinischen und -psychologischen Gutachten ihm gegenüber eine Abweisungshaltung oder Anzeichen von Geringschätzung zu erkennen gegeben hätten. Die Befangenheitsrüge geht fehl. 4.2 4.2.1 Das Verwaltungsgericht hat beim Beschwerdeführer, gestützt auf das verkehrspsychologische Gutachten, eine verkehrsrelevante Verlangsamung der Wahrnehmungs-, Informationsverarbeitungs- und Reaktionsfähigkeit festgestellt. Gemäss dem Gutachten sei dessen Fähigkeit zur Kontrolle und Steuerung von Handlungsimpulsen unter hohem Zeitdruck leicht beeinträchtigt. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer nicht über ausreichende Leistungsreserven verfüge, um im Strassenverkehr mit einem Motorfahrzeug mit erhöhter Lenkverantwortung, wie bei der Kategorie D1, angemessen schnell und richtig reagieren zu können. Erschwerend komme hinzu, dass dem Beschwerdeführer das Problembewusstsein fehle. Zu diesem Befund gelangte die Gutachterin nach einer persönlichen Untersuchung mittels eingehender verkehrspsychologischer Leistungstests, einem explorativen Interview des Beschwerdeführers anlässlich dieser Untersuchung sowie dem Studium der Vorakten. 4.2.2 Nach Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (vgl. die Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4202 ff., 4338). 4.2.3 Wie jedes Beweismittel unterliegen auch Gutachten der freien richterlichen Beweiswürdigung. In Sachfragen weicht der Richter aber nur aus triftigen Gründen von einer gerichtlichen Expertise ab. Die Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden Rechtsfragen ist Aufgabe des Richters. Dieser hat zu prüfen, ob sich auf Grund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Erscheint ihm die Schlüssigkeit eines Gutachtens in wesentlichen Punkten zweifelhaft, hat er nötigenfalls ergänzende Beweise zur Klärung dieser Zweifel zu erheben. Das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen kann gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen (BGE 130 I 337 E. 5.4.2 S. 345 f.; 129 I 49 E. 4 S. 57; 128 I 81 E. 2 S. 86 mit weiteren Hinweisen). 4.2.4 Das Verwaltungsgericht hat eingehend begründet, weshalb es das verkehrspsychologische Gutachten für schlüssig erachtet. Der Beschwerdeführer vermag mit seinen Vorbringen keine willkürliche Beweiswürdigung darzutun. So kann er nicht in Abrede stellen, dass er in einzelnen, verkehrspsychologischen Leistungstests schlecht abgeschnitten hat. Wie das Verwaltungsgericht festgehalten hat, überzeugt es nicht, wenn er diese Teilresultate mit der Fahrabstinenz seit dem vorsorglichen Führerausweisentzug zu erklären versucht. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer rechtswissenschaftliche Prüfungen besteht, ist entgegen seiner Auffassung nicht unvereinbar mit dem Befund einer leichten Beeinträchtigung der verkehrsrelevanten psychophysischen Leistungsfähigkeit. Zwar schätzt sich der Beschwerdeführer selbst als Topautofahrer ein. Er hat aber diese Behauptung an der Parteiverhandlung vor dem Verwaltungsgericht indirekt relativiert, indem er dort einräumte, er fahre mit dem Taxi immer zu langsam. Seine Kundschaft habe ihn oft zu schnellerer Fahrweise aufgefordert. Er könne indessen nicht wie ein Schnellzug durch die Schweiz fahren. Diese Ausführungen zeigen, dass der Beschwerdeführer von den Ergebnissen der verkehrspsychologischen Begutachtung nicht völlig überrascht sein konnte. 4.2.4 Das Verwaltungsgericht hat eingehend begründet, weshalb es das verkehrspsychologische Gutachten für schlüssig erachtet. Der Beschwerdeführer vermag mit seinen Vorbringen keine willkürliche Beweiswürdigung darzutun. So kann er nicht in Abrede stellen, dass er in einzelnen, verkehrspsychologischen Leistungstests schlecht abgeschnitten hat. Wie das Verwaltungsgericht festgehalten hat, überzeugt es nicht, wenn er diese Teilresultate mit der Fahrabstinenz seit dem vorsorglichen Führerausweisentzug zu erklären versucht. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer rechtswissenschaftliche Prüfungen besteht, ist entgegen seiner Auffassung nicht unvereinbar mit dem Befund einer leichten Beeinträchtigung der verkehrsrelevanten psychophysischen Leistungsfähigkeit. Zwar schätzt sich der Beschwerdeführer selbst als Topautofahrer ein. Er hat aber diese Behauptung an der Parteiverhandlung vor dem Verwaltungsgericht indirekt relativiert, indem er dort einräumte, er fahre mit dem Taxi immer zu langsam. Seine Kundschaft habe ihn oft zu schnellerer Fahrweise aufgefordert. Er könne indessen nicht wie ein Schnellzug durch die Schweiz fahren. Diese Ausführungen zeigen, dass der Beschwerdeführer von den Ergebnissen der verkehrspsychologischen Begutachtung nicht völlig überrascht sein konnte. 4.3 4.3.1 Zur Hauptsache wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass das Verwaltungsgericht - entsprechend der Schlussfolgerung der verkehrspsychologischen Gutachterin - die Fahreignung für die Kategorie D1 verneint hat. Er meint, der Bewilligungsentzug bezüglich der Kategorie D1 wäre selbst dann unverhältnismässig und rechtsverletzend, wenn eine leichte psychophysische Beeinträchtigung bestehen sollte; die langjährige tadellose Fahrpraxis sei zu wenig gewichtet worden. 4.3.2 Es kann hier offenbleiben, ob der automobilistische Leumund des Beschwerdeführers ungetrübt ist; das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Sicherungsentzug nicht mit Verkehrsregelverletzungen begründet. Die Langjährigkeit der Fahrpraxis bildet jedenfalls keinen stichhaltigen Einwand gegen das Abstellen auf die aktuelle psychophysische Leistungsfähigkeit. 4.3.3 Der Beschwerdeführer absolvierte bei der verkehrspsychologischen Untersuchung nur eine einzige Testserie für beide Ausweiskategorien zusammen. Das Gutachten enthält entsprechend nur einen psychophysischen Befund und zieht daraus differenzierte Schlussfolgerungen für die Kategorien B und D1. Mit Blick auf Kategorie D1 ist daran zu erinnern, dass hier überdurchschnittliche psychophysische Fähigkeiten, so unter anderem ein ausgeprägter Verkehrssinn verlangt sind (vgl. E. 3.6, hiervor). Es ist gerichtsnotorisch, dass Personentransporte gerade im Taxigewerbe regelmässig unter einem erheblichen Zeitdruck ausgeführt werden müssen. Die beim Beschwerdeführer festgestellten Beeinträchtigungen der psychophysischen Leistungsfähigkeit unter hohem Zeitdruck fallen für die fragliche Ausweiskategorie stark ins Gewicht. Zu Recht legt das Verwaltungsgericht bei der Kategorie D1 einen strengen Massstab an die Fahreignung an. 4.3.4 Die Gutachterin hat auf die Frage nach allfälligen Behandlungsmöglichkeiten oder Auflagen bezüglich der Kategorie D1 keine mildere Massnahme befürwortet. Der Beschwerdeführer führt keine konkreten Auflagen oder Einschränkungen an, die zu prüfen wären, um einen gänzlichen Sicherungsentzug zu vermeiden; solche sind auch nicht ersichtlich. Unter den gegebenen Umständen ist es daher nicht zu beanstanden, dass der angefochtene Entscheid nicht näher auf mildere Massnahmen eingeht. Diesfalls kann der Ausweis der Kategorie D1 dem Beschwerdeführer nicht einzig deswegen belassen werden, um ihn davor zu bewahren, dass er das Taxigewerbe nicht mehr ausüben kann (vgl. BGE 103 Ib 29 E. 1a S. 32). Der Beschwerdeführer führt keinen konkreten Fall an, bei dem ein Taxifahrer mit festgestellter vergleichbarer psychophysischer Beeinträchtigung die fragliche Spezialbewilligung hätte behalten dürfen. Seine Kritik, dass ein Grossteil der Taxichauffeure dem bei ihm zur Anwendung gebrachten Massstab nicht genügen würde, ist spekulativ und vermag die Richtigkeit der Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage zu stellen. 4.3.5 Obwohl der Sicherungsentzug der Kategorie D1 den Beschwerdeführer hart trifft, erweist sich dieser Punkt des angefochtenen Entscheids im Lichte der bundesrechtlichen Strassenverkehrsgesetzgebung als rechtmässig. 5. Was den Ausweis der Kategorie B betrifft, bleibt zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht zu Recht ein Zusatzgutachten verlangt hat. 5. Was den Ausweis der Kategorie B betrifft, bleibt zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht zu Recht ein Zusatzgutachten verlangt hat. 5.1 5.1.1 Diesbezüglich wird im angefochtenen Entscheid erwogen, es sei nicht rechtsgenüglich abgeklärt, ob der Beschwerdeführer an einer schizophrenen Erkrankung leide und wie sich diese gegebenenfalls auf die Fahreignung auswirke. Es sei lediglich im psychiatrischen Gutachten vom 13. Januar 1998 eine Verdachtsdiagnose auf Schizophrenie geäussert worden. Jenes Gutachten sei von den Behörden nicht im Rahmen einer verkehrsmedizinischen Abklärung eingeholt worden; im Übrigen habe es aufgrund seines Alters an Beweiswert eingebüsst. Eine Behandlung wegen Schizophrenie sei nie durchgeführt worden. Eine Neubegutachtung im psychiatrischen Sinne habe im Rahmen der medizinischen Gutachten vom 30. Juni 2004 und 24. Oktober 2005 nicht stattgefunden. 5.1.2 Auch gegen die soeben genannten Feststellungen erhebt der Beschwerdeführer Sachverhaltsrügen im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG; diese sind jedoch wiederum unbegründet, wie im Folgenden darzulegen ist. Das Verwaltungsgericht war nicht gehalten, beim Beschwerdeführer einen Zustand geistiger und seelischer Gesundheit anzunehmen, nur weil es sich gestützt auf die vorhandenen Gutachten und den persönlichen Eindruck an der Parteiverhandlung ausserstande sah, diesbezüglich eine verbindliche Feststellung zu treffen. Dass der Beschwerdeführer rechtswissenschaftliche Prüfungen besteht und familiäre Pflichten wahrnimmt, sind Indizien, die gegen das Vorliegen einer akuten psychiatrischen Erkrankung sprechen; diese Indizien genügen aber nicht, um ein allenfalls latentes Krankheitsbild auszuschliessen. Der Beschwerdeführer verkennt, dass seine psychiatrische Situation aufgrund des Gutachtens von 1998 mit grösserer Vorsicht einzuschätzen ist als diejenige einer Drittperson, bei der bislang keine psychischen Auffälligkeiten diagnostiziert worden sind. Im Übrigen hat das verkehrspsychologische Gutachten eine leichte Beeinträchtigung der Fahreignung in psychophysischer Hinsicht ergeben (vgl. E. 4.2). Bei leistungsmässigen Defiziten kann ein Verdachtsgrund für fehlende Fahreignung auch ohne Krankheitsdiagnose bejaht werden (vgl. Expertengruppe Verkehrssicherheit, Verdachtsgründe fehlender Fahreignung, Massnahmen, Wiederherstellung der Fahreignung - Leitfaden für die Administrativ-, Justiz- und Polizeibehörden, Abschnitt II/5.2, in: Handbuch der verkehrsmedizinischen Begutachtung, Bern 2005, S. 113 ff., 118). Im Übrigen hat das verkehrspsychologische Gutachten eine leichte Beeinträchtigung der Fahreignung in psychophysischer Hinsicht ergeben (vgl. E. 4.2). Bei leistungsmässigen Defiziten kann ein Verdachtsgrund für fehlende Fahreignung auch ohne Krankheitsdiagnose bejaht werden (vgl. Expertengruppe Verkehrssicherheit, Verdachtsgründe fehlender Fahreignung, Massnahmen, Wiederherstellung der Fahreignung - Leitfaden für die Administrativ-, Justiz- und Polizeibehörden, Abschnitt II/5.2, in: Handbuch der verkehrsmedizinischen Begutachtung, Bern 2005, S. 113 ff., 118). 5.2 5.2.1 Das Verwaltungsgericht ging unter Hinweis auf Volker Dittmann (Schizophrenien und Wahnerkrankungen, in: Handbuch der verkehrsmedizinischen Begutachtung, Bern 2005, S. 50 f.) davon aus, dass das Vorliegen einer Schizophrenie-Erkrankung die Fahreignung nur in der Regel und nicht zwingend ausschliesse. Daher forderte das Verwaltungsgericht vom Zusatzgutachten mindestens Aussagen zum Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung beim Beschwerdeführer, insbesondere einer nicht behandelten Schizophrenie, und deren Auswirkungen auf die Fahreignung. Darüber hinaus soll sich das Gutachten dazu äussern, unter welchen Umständen und innert welcher Frist eine Wiedererteilung des Führerausweises für die Kategorie B in Frage komme. Weiter hat das Verwaltungsgericht angemerkt, dass der provisorische Führerausweisentzug für die Kategorie B bis auf Weiteres seine Geltung behalte. 5.2.2 Bei der gegebenen Sachlage (vgl. E. 5.1 hiervor) besteht ein hinreichender Anlass für das vom Verwaltungsgericht verlangte zusätzliche Gutachten. Dessen Einholung ist verhältnismässig, zumal die Verpflichtung, sich für eine psychiatrische Begutachtung zur Verfügung zu halten, grundsätzlich keinen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt (vgl. BGE 124 I 40 E. 3c S. 43 und E. 5a S. 47). Der vom Verwaltungsgericht abgesteckte Untersuchungsgegenstand ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Aufgrund der bisherigen Prozessgeschichte und der vom Beschwerdeführer nach wie vor klar geäusserten Ablehnung psychiatrischer Untersuchungen ist es vertretbar, wenn das Verwaltungsgericht eine Aufhebung des provisorischen Führerausweisentzugs während des Instruktionsverfahrens ablehnt. Da das Verfahren allerdings bereits längere Zeit in Anspruch genommen hat, hat die Verwaltungsbehörde sicherzustellen, dass das Zusatzgutachten beförderlich erstattet werden kann. 5.3 Damit erweist sich der angefochtene Entscheid auch im Hinblick auf die Kategorie B als rechtmässig. 6. Abschliessend sind die Rügen zu den geltend gemachten verfassungs- und konventionsmässigen Rechten zu erörtern. 6.1 Der Beschwerdeführer ruft mehrfach das Willkürverbot (Art. 9 BV), die persönliche Freiheit (Art. 10 BV und Art. 8 KV/SO) und die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV und Art. 17 KV/SO) an. Er behauptet nicht und legt nicht dar, dass die genannten kantonalen Verfassungsbestimmungen im fraglichen Zusammenhang einen weitergehenden Schutz böten als die Bundesverfassung. Auf diese kantonalen Verfassungsbestimmungen ist somit nicht näher einzugehen. Die Rügen zur Wirtschaftsfreiheit und zur persönlichen Freiheit fallen weitgehend mit den Vorwürfen einer einfachen Bundesrechtsverletzung zusammen. Dass der angefochtene Entscheid in diese verfassungsmässigen Rechte eingreift, trifft zu. Diese Eingriffe sind aber, wie aufgezeigt, rechtmässig; es kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden (vgl. namentlich E. 4.3 und E. 5.2). Soweit der Beschwerdeführer eine willkürliche Anwendung einfachen Bundesrechts behauptet, kommt der Rüge keine eigenständige Bedeutung zu. Sinngemäss macht der Beschwerdeführer ferner eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts zum Instanzenzug innerhalb der Verwaltung geltend. Es kann offen bleiben, ob die Rüge rechtsgenüglich begründet worden ist. Sie erweist sich angesichts der nachvollziehbaren, diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Entscheid ohnehin nicht als stichhaltig. Ausserdem leitet der Beschwerdeführer insbesondere aus der persönlichen Freiheit ein Recht auf ein Existenzminimum durch eigene Arbeit ab; dieses Recht hält er vorliegend ebenfalls für verletzt. Soweit die Rüge das in der Wirtschaftsfreiheit enthaltene Recht auf freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren Ausübung (Art. 27 Abs. 2 BV) betrifft, wurde darauf bereits eingegangen. Soweit es um den Anspruch auf ein Existenzminimum geht, gilt Folgendes: Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hatte unter der Herrschaft der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 ein ungeschriebenes Recht auf Existenzsicherung anerkannt (vgl. BGE 121 I 367 E. 2c S. 373). Dieses wurde im Rahmen der neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999 in das in Art. 12 BV verankerte Recht auf Hilfe in Notlagen überführt (vgl. dazu statt vieler Karl Hartmann, Vom Recht auf Existenzsicherung zur Nothilfe - eine Chronologie, in: ZBl 106/2005 S. 410 ff.). Das Grundrecht garantiert nicht ein Mindesteinkommen (BGE 131 I 166 E. 3.1 S. 172 mit Hinweisen; Hartmann, a.a.O., S. 414). In dieser Perspektive kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 6.2 Weiter führt der Beschwerdeführer Art. 22 lit. c KV/SO an. Laut der Bestimmung strebt der Kanton auf dem Weg der Gesetzgebung danach, dass im Rahmen seiner Zuständigkeit und der verfügbaren Mittel jeder sich nach seinen Fähigkeiten und Neigungen bilden und weiterbilden sowie am Kulturleben teilnehmen kann. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern diese Bestimmung ihm einen klagbaren Anspruch vermittelt und dieser vorliegend verletzt sein soll. Es fehlt an einer genügenden Begründung der Rüge (E. 1.3). 6.3 Nach Meinung des Beschwerdeführers weist der erstinstanzliche Verwaltungsentscheid den Verfahrensmangel auf, dass die Unterschrift nicht genügend erkennbar bzw. lesbar sei. Auch diese Rüge ist aufgrund der überzeugenden Argumentation des Verwaltungsgerichts als sachlich haltlos zu beurteilen. Im Übrigen tut der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern es sich bei dem hierbei unter anderem angerufenen Öffentlichkeitsprinzip überhaupt um ein verfassungsmässiges Recht handelt (E. 1.3). 6.4 Ebenso sind die Anforderungen an die Beschwerdebegründung (vgl. E. 1.3) nicht erfüllt, wenn in einer Aufzählung und ohne weitere Ausführungen ein Verstoss gegen die Art. 2, 3, 4, 6 und 8 EMRK behauptet wird. Demzufolge können diese Rügen sachlich nicht behandelt werden. 7. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang wird der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat indessen ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt. Dieses ist gutzuheissen, weil seine Bedürftigkeit ausgewiesen erscheint und die Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. 3. Es werden keine Kosten erhoben. 4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Motorfahrzeugkontrolle, Administrativmassnahmen, dem Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für Strassen, Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 6. September 2007 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
486a9cbf-b453-4a87-b8fb-3e611e4af322
fr
2,011
CH_BGer_005
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. A.a A._, né en 1955, et dame A._, née en 1958, se sont mariés le 12 juin 1987 à Genève. De cette union est issue une fille, B._, née en 1991. A.b Le 22 avril 2008, A._ a déposé une demande unilatérale en divorce devant le Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois. Durant cette procédure, dame A._ a requis des mesures provisionnelles le 28 mai 2008, concluant notamment au versement d'une contribution de 5'500 fr. pour l'entretien de la famille. Au cours de l'audience qui s'est tenue le 28 août 2008, les parties ont conclu une convention à ce sujet, par laquelle A._ s'est engagé à verser une contribution mensuelle de 4'250 fr. pour sa famille. Par la suite, A._ a déposé une requête de modification de ces mesures, suite à laquelle les parties ont conclu, en date du 5 mars 2009, une convention réduisant la contribution précitée à 3'650 fr. B. B.a Le 3 septembre 2010, A._ a requis une nouvelle modification des mesures provisionnelles, concluant à ce que la contribution en faveur de sa famille soit réduite à 1'000 fr. par mois. A l'appui de sa requête, il a invoqué qu'une pathologie à la colonne vertébrale l'empêchait d'exercer son activité de médecin-dentiste à 100% et entraînait une diminution de ses revenus. Dame A._ a conclu au rejet de la requête. Après avoir tenu audience le 11 novembre 2010, le Président du Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois a, par ordonnance du 4 février 2011, partiellement admis la requête, condamnant A._ à contribuer à l'entretien de son épouse et de sa fille majeure B._, dès le 1er septembre 2010, par le versement régulier d'une pension mensuelle de 1'900 fr., montant payable d'avance le premier de chaque mois à dame A._. B.b Le 17 février 2011, dame A._ a formé un appel contre cette ordonnance, concluant à ce que la contribution d'entretien due par A._, dès et y compris le 1er septembre 2010, soit fixée à dire de justice. Dans sa réponse du 11 mars 2011, A._ a conclu au rejet de l'appel. Par arrêt du 4 avril 2011, le Juge délégué de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal de l'Etat de Vaud a admis l'appel et réformé l'ordonnance attaquée en ce sens que la requête de modification des mesures provisionnelles formée le 3 septembre 2010 par A._ est rejetée. C. Par mémoire posté le 3 mai 2011, A._ interjette un recours en matière civile contre cet arrêt, concluant à son annulation et au renvoi de la cause à la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal pour nouvelle instruction et décision dans le sens des considérants. Invitée à déposer ses observations, dame A._ a conclu à ce que la cause soit rayée du rôle, faute de litispendance de l'action en divorce, subsidiairement à ce que le recours soit rejeté; elle a également requis d'être mise au bénéfice de l'assistance judiciaire. L'autorité cantonale s'est référée aux considérants de son arrêt. Pour sa part, B._ ne s'est pas déterminée. Le recourant a répliqué aux observations de dame A._, qui a ensuite dupliqué. D. Par ordonnance présidentielle du 18 mai 2011, l'effet suspensif a été accordé au recours en ce qui concerne les contributions d'entretien arriérées dues jusqu'à et y compris le mois de mai 2011; il a été refusé pour les contributions futures.
Considérant en droit: 1. 1.1 Le recourant dirige son recours tant contre son épouse que contre sa fille majeure. Or, sur interpellation de l'autorité cantonale, celle-ci a déclaré autoriser sa mère à réclamer pour son compte une contribution d'entretien dans le cadre du procès en divorce qui opposait ses parents. Elle ne figure pas en qualité de partie dans le rubrum de l'arrêt attaqué. Dans ces circonstances, B._ doit être considérée comme une simple participante à la procédure. Le recours doit dès lors être déclaré irrecevable, en tant qu'il est dirigé contre elle. 1.2 Pour le reste, la décision de modification des mesures provisoires (art. 137 aCC applicable en l'espèce dès lors que la requête de modification des mesures provisoires a été introduite avant le 1er janvier 2011) est une décision en matière civile au sens de l'art. 72 al. 1 LTF. Bien qu'elle soit prise alors qu'une procédure (principale) de divorce est pendante, elle est finale au sens de l'art. 90 LTF, car son objet est différent de celui de la procédure au fond et elle met fin à l'instance sous l'angle procédural (ATF 134 III 426 consid. 2.2 et les réf. citées). Comme le recours porte uniquement sur la contribution d'entretien, il a pour objet une décision rendue dans une affaire pécuniaire (ATF 133 III 393 consid. 2), dont la valeur litigieuse atteint 30'000 fr. (art. 51 al. 1 let. a et al. 4, 74 al. 1 let. b LTF). Le recourant, qui a succombé devant la juridiction précédente, a qualité pour recourir (art. 76 al. 1 LTF). Il a par ailleurs déposé son recours en temps utile (art. 100 al. 1 LTF), contre une décision prise sur recours par le tribunal cantonal supérieur (art. 75 LTF). Le recours en matière civile est donc en principe recevable contre dame A._ (ci-après: intimée). 2. Comme l'arrêt attaqué porte sur des mesures provisionnelles au sens de l'art. 98 LTF (ATF 133 III 393 consid. 5, 585 consid. 3.3), la partie recourante ne peut dénoncer que la violation de droits constitutionnels. Le Tribunal fédéral n'examine de tels griefs que s'ils ont été invoqués et motivés (art. 106 al. 2 LTF), à savoir expressément soulevés et exposés de manière claire et détaillée (principe d'allégation; ATF 133 IV 286 consid. 1.4). Il n'entre pas en matière sur les critiques de nature appellatoire (ATF 133 III 589 consid. 2). En vertu des principes de la bonne foi et de l'épuisement des griefs, tous les moyens nouveaux sont exclus, sauf dans les cas où seule la motivation de la décision attaquée donne l'occasion de les soulever (ATF 133 III 639 consid. 2). 3. En premier lieu, il faut examiner si, comme le soutient l'intimée, la cause doit être rayée du rôle, parce que la procédure de divorce devrait, selon elle, l'être prochainement. 3. En premier lieu, il faut examiner si, comme le soutient l'intimée, la cause doit être rayée du rôle, parce que la procédure de divorce devrait, selon elle, l'être prochainement. 3.1 3.1.1 Il ressort du dossier judiciaire que, le 22 avril 2008, le recourant a déposé une requête unilatérale en divorce, concluant notamment à la dissolution du mariage. Dans sa réponse du 28 mai 2008, l'intimée s'est opposée au divorce, soutenant que le délai de deux ans de l'art. 114 CC n'était pas écoulé. Elle a alors demandé que les conclusions prises par le demandeur soient écartées. 3.1.2 Dans ses observations du 4 août 2011, l'intimée expose qu'en date du 30 juin 2011, le recourant a passé expédient sur les conclusions qu'elle a prises dans sa réponse à la demande en divorce et qu'il a requis la radiation de la cause du rôle. Elle soutient que la procédure de divorce serait dès lors éteinte et que le recours sur mesures provisionnelles pendant devant le Tribunal fédéral n'aurait plus d'objet, faute de litispendance de la procédure de divorce. Pour sa part, le recourant ne conteste pas son passé-expédient. Il relève néanmoins que, même si la cause de divorce est rayée du rôle, il conserve un intérêt à connaître la quotité de la contribution d'entretien due à sa famille et déclare donc maintenir son recours. Pour sa part, le recourant ne conteste pas son passé-expédient. Il relève néanmoins que, même si la cause de divorce est rayée du rôle, il conserve un intérêt à connaître la quotité de la contribution d'entretien due à sa famille et déclare donc maintenir son recours. 3.2 3.2.1 En principe, les faits et moyens de preuve nouveaux, ainsi que les conclusions nouvelles, ne peuvent pas être présentés dans le recours en matière civile de l'art. 98 LTF (cf. supra consid. 2 in fine). Comme dans le recours des art. 95-97 LTF, en lien avec l'art. 99 LTF, il y a toutefois des exceptions; il est notamment possible d'invoquer et de prouver des faits nouveaux qui rendent le recours sans objet (BERNARD CORBOZ, in Commentaire de la LTF, 2009, n°22 ad art. 99 LTF). 3.2.2 Dès le début de la litispendance, chaque époux peut mettre fin à la vie commune pendant la durée du procès et demander au juge des mesures provisionnelles d'ordonner toutes les mesures nécessaires à l'organisation de la vie séparée (cf. art. 137 al. 1 et 2 aCC, correspondant, depuis le 1er janvier 2011, aux art. 275 et 276 al. 1 CPC). Avant que l'action en divorce ne soit pendante, c'est le juge des mesures protectrices de l'union conjugale qui est compétent pour le faire. Les mesures protectrices que ce juge a ordonnées déploient encore leurs effets pendant la procédure de divorce, si elles ne sont pas modifiées par des mesures provisionnelles (ATF 129 III 60 consid. 2; arrêt 5A_182/2007 du 11 juin 2007 consid. 2.1; arrêt 5A_183/2010 du 19 avril 2010 consid. 3.3.1). Les compétences respectives du juge des mesures protectrices et du juge des mesures provisionnelles dépendent donc du moment où débute la litispendance de l'action en divorce. En revanche, les effets des mesures protectrices ordonnées pour l'organisation de la vie séparée perdurent au-delà de cette litispendance. Il doit en aller de même dans le cas inverse, soit lorsque des mesures provisionnelles ont été ordonnées alors que l'action en divorce était pendante. Si la litispendance cesse, sans toutefois qu'un jugement de divorce n'ait été rendu, le juge des mesures provisionnelles n'est plus compétent pour modifier ces mesures; seul le juge des mesures protectrices l'est désormais, aux conditions de l'art. 179 al. 1 CC. Néanmoins, les effets des mesures provisionnelles ordonnées pour la durée de la vie séparée perdurent tant que les parties demeurent séparées et que le juge des mesures protectrices ne les a pas modifiées sur requête des parties. 3.3 En l'espèce, même si la procédure de divorce devait être rayée du rôle, suite au passé-expédient du défendeur, les mesures provisionnelles ordonnées alors que cette action était pendante continueraient à déployer leurs effets tant que les époux restent séparés. Il y a donc lieu de statuer sur le recours interjeté. 4. La cour cantonale a réformé le jugement attaqué et rejeté la requête de modification des mesures provisionnelles formée par l'époux le 3 septembre 2010. Elle a considéré qu'il y avait lieu d'admettre que ce dernier gagnait quelques 10'000 fr. par mois et que, compte tenu de ses charges de 5'240 fr., il pouvait par conséquent continuer à verser la contribution à l'entretien de son épouse et de sa fille fixée à 3'650 fr. par mois. Pour des motifs de procédure, elle a refusé d'examiner si l'épouse disposait d'un revenu. Le recourant s'en prend tant au refus de la cour cantonale d'administrer des preuves concernant le revenu de son épouse (cf. infra consid. 5) qu'à la fixation de son propre revenu hypothétique (cf. infra consid. 6). 5. Le recourant reproche tout d'abord à l'autorité cantonale d'avoir refusé de considérer que le fait que son épouse exerce une activité lucrative constitue un fait nouveau, à prendre en compte en procédure d'appel. Il se plaint à cet égard de la violation de l'art. 9 Cst. dans l'application de l'art. 317 CPC et dans l'établissement des faits. 5.1 La cour cantonale a considéré que, même en procédure sommaire où la maxime inquisitoire s'applique (art. 272 CPC), les parties ne peuvent pas invoquer des faits nouveaux en dehors des conditions prévues par l'art. 317 CPC. Elle a ensuite retenu, dans la mesure où on peut la comprendre, que le recourant avait requis, en première instance, la production de tous les documents et pièces relatifs aux revenus et charges de son épouse, mais qu'il n'avait pas réitéré l'administration de ces moyens de preuve à l'audience du 11 novembre 2010. Pour cette raison, le recourant ne pouvait pas requérir celle-ci en appel. Par ailleurs, la cour cantonale a considéré que le recourant n'avait pas non plus démontré que l'éventuel emploi de son épouse constituait un fait nouveau recevable au sens de l'art. 317 al. 1 let. b CPC. 5.1 La cour cantonale a considéré que, même en procédure sommaire où la maxime inquisitoire s'applique (art. 272 CPC), les parties ne peuvent pas invoquer des faits nouveaux en dehors des conditions prévues par l'art. 317 CPC. Elle a ensuite retenu, dans la mesure où on peut la comprendre, que le recourant avait requis, en première instance, la production de tous les documents et pièces relatifs aux revenus et charges de son épouse, mais qu'il n'avait pas réitéré l'administration de ces moyens de preuve à l'audience du 11 novembre 2010. Pour cette raison, le recourant ne pouvait pas requérir celle-ci en appel. Par ailleurs, la cour cantonale a considéré que le recourant n'avait pas non plus démontré que l'éventuel emploi de son épouse constituait un fait nouveau recevable au sens de l'art. 317 al. 1 let. b CPC. 5.2 5.2.1 En l'absence de grief relatif à l'application de l'art. 317 CPC aux procès soumis à la maxime inquisitoire, la Cour de céans ne peut examiner cette question (cf. supra consid. 2). 5.2.2 Le recourant ne conteste pas qu'il a omis de réitérer ses offres de preuve à l'audience de première instance du 11 novembre 2010. S'agissant de son grief en lien avec l'art. 317 CPC, il se borne à dire qu'il ignorait que son épouse avait un emploi et que celle-ci avait allégué, en première instance, n'avoir aucun revenu. Par cette motivation, il ne démontre pas que la cour cantonale a versé dans l'arbitraire en considérant qu'il n'avait pas établi le caractère nouveau, au sens de l'art. 317 CPC, du fait qu'il invoque. Cela vaut d'autant plus que le recourant va lui-même jusqu'à admettre qu'il a été en mesure de communiquer encore au juge de première instance le 7 janvier 2011 que son épouse avait un emploi, relevant que l'ordonnance de mesures provisionnelles du 4 février 2011 « n'en fait aucunement état ». Or, par cette dernière critique, le recourant semble reprocher à ce magistrat d'avoir violé son droit d'être entendu, en ne motivant pas sa décision sur la suite à donner à son allégué. Toutefois, il n'a pas soulevé ce grief dans sa réponse à l'appel. Ainsi, outre que cette argumentation lapidaire ne répond pas aux exigences du principe d'allégation, le grief relatif à l'art. 29 al. 2 Cst. invoqué pour la première fois dans le présent recours doit être considéré comme nouveau, et donc irrecevable (cf. supra consid. 2). 6. En ce qui concerne son propre revenu, le recourant se plaint de la violation de l'art. 9 Cst. dans l'établissement des faits. Il reproche à l'autorité cantonale de lui avoir imputé un revenu hypothétique de 10'000 fr., au lieu de s'en tenir à son revenu effectif de 7'100 fr. environ. 6.1 L'autorité cantonale a constaté que le recourant était médecin-dentiste indépendant. Ce dernier avait admis qu'en 2008, il avait gagné environ 12'000 fr. par mois. Il ressortait des comptes qu'il avait produits, que le recourant avait opéré des prélèvements privés de 7'141 fr. par mois en 2009. La cour cantonale s'est toutefois demandé si ces comptes étaient fiables, faute d'indication de la personne qui les avaient établis et d'informations au sujet du paiement éventuel d'honoraires au comptant. Quoi qu'il en soit, elle a considéré que rien ne justifiait que le recourant diminuât son activité au point de réduire de quelques 5'000 fr. par mois son revenu, alors qu'il était tenu de contribuer à l'entretien de son épouse et de sa fille. Selon elle, il ne suffisait pas à cet égard qu'il eût allégué souffrir d'une "pathologie à la colonne vertébrale", dès lors qu'il n'avait pas établi que son état de santé l'aurait contraint à réduire son taux d'activité. Partant, la cour a jugé qu'il fallait s'en tenir à un revenu mensuel du recourant de quelques 10'000 fr. par mois, montant qui paraissait conforme à la réalité pour un médecin-dentiste. Vu ses charges évaluées à 5'240 fr., le recourant pouvait donc continuer à verser une pension globale de 3'650 fr. en faveur de sa famille. 6.2 Contrairement à ce que croit le recourant, la cour cantonale n'a pas jugé que ses comptes n'étaient pas probants; elle s'est seulement demandé si ceux-ci étaient fiables. Dans tous les cas, elle s'est en réalité fondée sur un autre motif - « quoiqu'il en soit » (sic) - pour lui imputer un revenu hypothétique de quelques 10'000 fr.: elle a en effet considéré que ce montant pouvait être retenu dès lors que le recourant n'était pas en droit de diminuer son activité, vu la charge d'entretien qui lui incombait, et qu'il n'était pas établi que son état de santé imposait cette diminution. Or, à cet égard, sans même préciser qu'il fait référence à son état de santé, le recourant affirme, pour toute critique, que la cour « constate faussement l'absence d'une preuve par inadvertance sans doute »; faute de motivation sur l'appréciation arbitraire des preuves, son grief est irrecevable. Le certificat médical daté du 11 août 2011 concernant sa capacité de travail résiduelle que le recourant a produit devant le Tribunal fédéral est irrecevable, en tant qu'il constitue un nouveau moyen de preuve (cf. supra consid. 2 in fine). Pour le reste, le recourant se borne à affirmer, de manière toute générale, que le juge aurait dû vérifier s'il avait la possibilité d'obtenir "à nouveau", soit pour l'avenir, un tel revenu; il ne présente aucun grief en lien avec le fait que la cour lui a imputé un revenu hypothétique depuis le jour où il a réduit ses gains. Ainsi, pour autant que sa critique réponde au principe d'allégation (cf. supra consid. 2), le recourant ne démontre pas en quoi l'autorité cantonale aurait versé dans l'arbitraire en lui imputant un revenu hypothétique de 10'000 fr., alors qu'il n'a pas rendu vraisemblable que son état de santé lui imposait de réduire son taux d'activité. En effet, lorsque le débirentier diminue volontairement son revenu alors qu'il savait, ou devait savoir, qu'il lui incombait d'assumer des obligations d'entretien, il n'apparaît pas insoutenable, comme le propose une partie de la doctrine, de lui imputer le revenu qu'il gagnait précédemment, ce avec effet rétroactif au jour de la diminution (cf. ATF 128 III 4 consid. 4a in fine, où la question a été laissée ouverte, et les auteurs cités, notamment: THOMAS SUTTER/DIETER FREIBURGHAUS, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, 1999, n°48 ad art. 125 CC). 7. Le recourant se plaint également de l'application arbitraire (art. 9 Cst.) de l'art. 318 CPC. 7.1 Dans son ordonnance du 4 février 2011, le juge de première instance a statué comme suit sur la requête en modification des mesures provisionnelles formée par le débirentier: "I. dit que, dès le 1er septembre 2010, A._ doit contribuer à l'entretien de son épouse et de sa fille majeure B._ par le régulier versement d'une pension mensuelle de 1'900 fr., montant payable d'avance, le premier de chaque mois, à dame A._. II. [...]". Dans l'arrêt attaqué, l'autorité cantonale a statué comme suit: "I. L'appel est admis, II. L'ordonnance est réformée au chiffre I de son dispositif en ce sens que la requête des mesures provisionnelles formée le 3 septembre 2010 par A._ est rejetée. Cette ordonnance est confirmée au surplus. III. [...]". 7.2 Le recourant reproche à l'autorité cantonale d'avoir rendu une décision arbitraire en n'ayant "ni confirmé la décision attaquée, ni statué à nouveau, ni renvoyer [recte: renvoyé] la cause à la première instance". Puisque l'intimée avait conclu dans son appel à ce que la contribution soit fixée à dire de justice, elle admettrait, selon lui, qu'il devait y avoir une instruction. 7.3 Selon l'art. 318 al. 1 CPC, l'instance d'appel peut confirmer la décision attaquée, statuer à nouveau ou renvoyer la cause à la première instance. Contrairement à ce que soutient le recourant, l'autorité cantonale a statué à nouveau, comme cette norme l'autorise à le faire. Elle a annulé la décision de première instance puis réformé celle-ci en ce sens que la requête de modification des mesures provisionnelles est rejetée. Il s'ensuit que la contribution d'entretien selon la convention ratifiée par le juge le 5 mars 2009 reste due, ce qui ressort clairement des motifs de l'arrêt attaqué (cf. consid. 4c de l'arrêt attaqué). Le fait que l'intimée ait conclu à ce que la contribution soit fixée à dire de justice ne pouvait empêcher l'autorité cantonale de réformer l'arrêt attaqué. En effet, il n'est pas insoutenable de comprendre de ces conclusions en appel que l'épouse entendait au moins faire maintenir la pension de 3'650 fr. fixée précédemment. Partant, l'autorité cantonale n'a pas appliqué de manière arbitraire l'art. 318 CPC. 8. Dans un dernier grief, le recourant prétend que sa fille serait en échec scolaire et que "ce point n'a pas pu être élucidé malgré une requête dans ce sens figurant dans [s]a réponse à l'appel". Il y voit une mauvaise application de l'art. 317 let. b CPC. Contrairement à ce qu'il soutient, le recourant s'est contenté, dans sa réponse à l'appel, à inviter l'autorité cantonale à examiner si les conditions de l'octroi d'une contribution d'entretien en faveur de sa fille majeure étaient réalisées, sans donner la moindre précision sur la condition qui ferait défaut à cet égard. Le recourant n'a ainsi pas satisfait au devoir de collaboration qui lui incombait dans l'établissement des faits, dans une procédure soumise à la maxime inquisitoire (art. art. 276 al. 1 2ème phr. et 272 CPC; cf. ATF 128 III 411 consid. 3.2.1). La cour cantonale n'est donc pas tombée dans l'arbitraire en n'instruisant pas ces points. 9. En conclusion, le recours dirigé contre B._ est irrecevable, celle-ci n'étant pas partie à la procédure. Le recours dirigé contre dame A._ est rejeté, dans la mesure où il est recevable. Les frais judiciaires, arrêtés à 2'000 fr., sont mis à la charge du recourant, qui succombe (art. 66 al. 1 LTF). Celui-ci versera, à titre de dépens, une indemnité de 2'000 fr. à dame A._ (art. 68 al. 1 LTF), dont la requête d'assistance judiciaire devient en conséquence sans objet.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours dirigé contre B._ est irrecevable. 2. Le recours dirigé contre dame A._ est rejeté, dans la mesure où il est recevable. 3. Les frais judiciaires, arrêtés à 2'000 fr., sont mis à la charge du recourant. 4. Une indemnité de 2'000 fr., à payer à dame A._ à titre de dépens, est mise à la charge du recourant. 5. La requête d'assistance judiciaire de dame A._ est sans objet. 6. Le présent arrêt est communiqué aux parties, à B._, et au Juge délégué de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud. Lausanne, le 22 novembre 2011 Au nom de la IIe Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Hohl La Greffière: Achtari
49253129-4c03-40c5-b42f-e6196e5919c8
de
2,015
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die OAO B._ (Beschwerdegegnerin) ist eine Versicherungsgesellschaft mit Sitz in Moskau und eine vollkonsolidierte Tochtergesellschaft des deutschen B._ Konzerns. Die A._ Ltd (Beschwerdeführerin) bezweckt jede Art von Direkt- und Rückversicherung mit Ausnahme der direkten Lebensversicherung. Sie ist auf die Deckung von Risiken im Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb von internationalen Infrastrukturanlagen spezialisiert. Ihr Sitz befindet sich in Zürich. Am 25. Dezember 2008 schloss die OAO B._ mit der staatlichen russischen Energiegesellschaft C._ (Versicherungsnehmerin) einen Vertrag betreffend die Versicherung diverser Wasserkraftwerke und anderer Gebäude der Versicherungsnehmerin ab. Kurz zuvor war sie mit verschiedenen Rückversicherungsgesellschaften, darunter der A._ Ltd mit einem Anteil von 17.2 %, separate Rückversicherungsverträge über eine Summe von insgesamt USD 200 Mio. eingegangen. Der Rückversicherungsvertrag mit der A._ Ltd enthielt eine Gerichtsstandsklausel zugunsten der russischen Gerichte. Am 17. August 2009 kam es im versicherten Wasserkraftwerk D._ zu einem Unfall, bei dem 75 Menschen ums Leben kamen und massiver Sachschaden entstand. Trotz des Widerstands der Rückversicherer zahlte die OAO B._ der C._ bis Ende Juli 2010 die volle Versicherungssumme gemäss dem Erstversicherungsvertrag aus. Die Rückversicherer stellten sich zunächst auf den Standpunkt, dass infolge grober Pflichtverletzungen seitens der Versicherungsnehmerin kein Versicherungsfall vorliege. Schliesslich leisteten sie ihre jeweiligen Anteile an der Versicherungssumme - mit Ausnahme der A._ Ltd, die bloss rund USD 11.5 Mio. überwies. Am 30. Dezember 2010 machte die OAO B._ beim Arbitragegericht der Stadt Moskau, einem staatlichen Handelsgericht, eine Forderungsklage über 765'786'695.27 Russische Rubel gegen die A._ Ltd anhängig. Die A._ Ltd erhob Widerklage auf Rückerstattung der geleisteten Zahlung. Am 22. Juli 2011 hiess das Arbitragegericht die Klage gut und wies die Widerklage ab. Diese Entscheidung focht die A._ Ltd beim Neunten Arbitrage- und Appellationsgericht an, das sie (als erste Rechtsmittelinstanz) mit Verordnung vom 30. November 2011 bestätigte. Die A._ Ltd gelangte daraufhin an die dritte Instanz, das Föderale Arbitragegericht der Moskauer Region. Mit Verordnung vom 16. Mai 2012 gab dieses der Kassationsbeschwerde nicht statt. Schliesslich lehnte das Oberste Arbitragegericht der Russischen Föderation mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 die Verweisung des Verfahrens an ihren Präsidenten zur aufsichtsrechtlichen Überprüfung ab. Damit war der Instanzenzug in Russland erschöpft. B. Mit Eingabe vom 28. Januar 2013 gelangte die OAO B._ an das Bezirksgericht Zürich. Sie beantragte, die Entscheidung des Arbitragegerichts der Stadt Moskau vom 22. Juli 2011 " in Verbindung mit" der Verordnung des Neunten Arbitrage- und Appellationsgerichts vom 30. November 2011, der Verordnung des Föderalen Arbitragegerichts der Moskauer Region vom 16. Mai 2012 und dem Beschluss des Obersten Arbitragegerichts der Russischen Föderation vom 11. Dezember 2012 gegen die A._ Ltd anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Mit Urteil vom 14. Oktober 2013 gab das Einzelgericht Audienz am Bezirksgericht dem Begehren statt und sprach die beantragte Vollstreckbarerklärung "für das Gebiet der Schweiz" aus. Die von der A._ Ltd dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 26. Februar 2014 ab. C. Die A._ Ltd begehrt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des Obergerichts vom 26. Februar 2014 sei aufzuheben. Das Begehren der OAO B._ um Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der russischen Entscheidung sei abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die OAO B._ beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit überhaupt auf sie eingetreten werden könne. Die Vorinstanz verzichtete auf Vernehmlassung. Die Parteien reichten Replik und Duplik ein. D. Mit Präsidialverfügung vom 25. April 2014 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt. In einer Eingabe vom 10. Juli 2014 beantragte die Beschwerdegegnerin dem Bundesgericht, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung teilweise wieder zu entziehen. Die Beschwerdeführerin widersetzte sich diesem Antrag und begehrte ihrerseits, sie sei zu einer (zusätzlichen) Sicherheitsleistung zu verpflichten.
Erwägungen: 1. Das angefochtene Urteil des Obergerichts betrifft die Anerkennung und Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung und unterliegt damit der Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 1 BGG). Es ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz gemäss Art. 75 BGG. Weiter übersteigt der Streitwert die Grenze gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG. Da - entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin - auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen offenkundig zu bejahen sind, so namentlich ein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids im Sinne von Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG, ist auf die Beschwerde einzutreten. Vorbehalten bleiben im Einzelnen hinlänglich begründete Rügen (Art. 42 Abs. 2 BGG; siehe auch Erwägung 2.2). 2. 2.1. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104; 133 II 249 E. 1.4.1; 130 III 136 E. 1.4). 2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; 135 III 397 E. 1.5). Entsprechende Rügen sind überdies bloss zulässig, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Der beschränkten Überprüfungsbefugnis im Beschwerdeverfahren entspricht es, dass das Bundesgericht in die Beweiswürdigung des Sachgerichts nur eingreift, wenn diese willkürlich ist. Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 140 III 16 E. 2.1 mit Hinweisen). Die Beweiswürdigung ist mithin nicht schon dann willkürlich, wenn sie nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmt, sondern bloss, wenn sie offensichtlich unhaltbar ist (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 135 II 356 E. 4.2.1; 129 I 8 E. 2.1). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). Hinsichtlich der Kritik einer offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen). Soweit die Partei den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90; Urteile 4A_275/2011 vom 20. Oktober 2011 E. 2, nicht publ. in: BGE 137 III 539; 4A_214/2008 vom 9. Juli 2008 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 134 III 570). Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die den genannten Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18; 133 II 249 E. 1.4.3). 3. 3.1. Gemäss Art. 25 IPRG wird eine ausländische Entscheidung in der Schweiz anerkannt, (a) wenn die Zuständigkeit der Gerichte oder Behörden des Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, begründet war, (b) wenn gegen die Entscheidung kein ordentliches Rechtsmittel mehr geltend gemacht werden kann oder wenn sie endgültig ist, und (c) wenn kein Verweigerungsgrund im Sinne von Art. 27 IPRG vorliegt. Art. 27 Abs. 1 IPRG besagt, dass eine im Ausland ergangene Entscheidung in der Schweiz nicht anerkannt wird, wenn die Anerkennung mit dem schweizerischen Ordre public offensichtlich unvereinbar wäre. Sodann wird die Entscheidung nach Art. 27 Abs. 2 IPRG ebenfalls nicht anerkannt, wenn eine Partei nachweist, (a) dass sie weder nach dem Recht an ihrem Wohnsitz noch nach dem am gewöhnlichen Aufenthalt gehörig geladen wurde, es sei denn, sie habe sich vorbehaltlos auf das Verfahren eingelassen, (b) dass die Entscheidung unter Verletzung wesentlicher Grundsätze des schweizerischen Verfahrensrechts zustande gekommen ist, insbesondere dass ihr das rechtliche Gehör verweigert worden ist, (c) dass ein Rechtsstreit zwischen denselben Parteien und über denselben Gegenstand zuerst in der Schweiz eingeleitet oder in der Schweiz entschieden worden ist oder dass er in einem Drittstaat früher entschieden worden ist und dieser Entscheid in der Schweiz anerkannt werden kann. 3.2. Die Zuständigkeit der russischen Gerichte gemäss Art. 25 lit. a IPRG gründete auf der im Rückversicherungsvertrag enthaltenen Gerichtsstandsklausel, also einer zwischen den Parteien abgeschlossenen Vereinbarung im Sinne von Art. 26 lit. b IPRG. Sie ist im kantonalen Anerkennungsverfahren - wie bereits im Gerichtsverfahren in Russland - unbestritten geblieben und steht fest. Ebenso erfüllt die vorgelegte Entscheidung die Voraussetzung von Art. 25 lit. b IPRG, nachdem der Instanzenzug im Urteilsstaat ausgeschöpft worden ist. Die Beschwerdeführerin macht indessen geltend, die Entscheidung dürfte aufgrund von Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG nicht anerkannt werden. Die Beschwerdegegnerin habe nämlich die russischen Richter bestochen, womit die Entscheidung unter Verletzung wesentlicher Grundsätze des schweizerischen Verfahrensrechts zustande gekommen sei und ihre Anerkennung gegen den sogenannten formellen Ordre public verstossen würde. 3.3. Das Bezirksgericht prüfte eingehend die von der Beschwerdeführerin für ihre Bestechungsvorwürfe vorgelegten Beweise. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung, dass blosses Glaubhaftmachen des behaupteten Anerkennungsverweigerungsgrundes nicht genüge, sondern dessen Vorliegen zur vollen Überzeugung des Gerichts gebracht werden müsse, gelangte es zum Schluss, die Beschwerdeführerin scheitere mit dem Beweis, dass die russischen Gerichte bestochen worden seien. Es erwog zusammenfassend, von der umfangreichen Indizien- bzw. Beweiskette der Beschwerdeführerin verbleibe wenig, und einen direkten Beweis für die Bestechung habe sie nicht offeriert. Demzufolge gab das Bezirksgericht dem Begehren um Vollstreckbarerklärung der Entscheidung statt. 3.4. Demgegenüber liess das Obergericht die Beschwerdeführerin mit dem Einwand der Bestechung gar nicht erst zu. Es räumte zwar ein, wenn in einem ausländischen Verfahren nachweislich bestochen worden sei, so wäre einer in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung in der Schweiz die Anerkennung zu versagen. Vorliegend seien die Bestechungsvorwürfe indessen verspätet erhoben worden, da sie im russischen Erkenntnisverfahren mit einem Rechtsmittel hätten vorgebracht werden können und müssen. Die Beschwerdeführerin aber habe im russischen Verfahren nicht einmal einen Vorbehalt im Hinblick auf das Anerkennungsverfahren angebracht, sondern ihre Vorwürfe für sich behalten, bis der letztinstanzliche Entscheid des Obersten Arbitragegerichts der Russischen Föderation ergangen sei. Die Berufung auf Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG sei ihr daher zu verwehren. Das Obergericht gelangte in der Folge zum gleichen Ergebnis wie das Bezirksgericht und wies die Beschwerde gegen dessen Urteil ab. 3.5. Die Beschwerdeführerin rügt, der angefochtene Entscheid verletze Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG, Art. 29 Abs. 2 und Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 53 Abs. 1 und Art. 152 ZPO sowie Art. 8 ZGB und beruhe zudem auf offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen. In rechtlicher Hinsicht hält sie dafür, "bei Einwirkung auf ein Gerichtsurteil im ausländischen Erkenntnisverfahren mittels Bestechung" dürfe "mit dem Vorbringen der Bestechungsvorwürfe bis zum schweizerischen Anerkennungsverfahren zugewartet werden". Im "Erststaat" müsse somit "weder eine Rüge erhoben noch ein Rechtsbehelf oder ein Rechtsmittel ergriffen noch der Rechtsmittelweg ausgeschöpft werden". 4. 4.1. Das Gesetz enthält keine Aussage dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Zeitpunkt sowie in welcher Form sich eine Partei im ausländischen Verfahren gegen einen Verfahrensfehler wehren muss, damit sie sich später deswegen gestützt auf Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG der Anerkennung der Entscheidung widersetzen kann, respektive unter welchen Voraussetzungen der entsprechende Einwand im Anerkennungsverfahren als präkludiert zu gelten hat. Insofern unterscheidet sich die Ausgangslage von anderen Anerkennungsvoraussetzungen, zu deren Geltendmachung im ausländischen Entscheidverfahren sich das Gesetz explizit äussert: So kann sich gemäss Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG die nicht gehörig geladene Partei der Anerkennung der Entscheidung nicht widersetzen, wenn sie sich vorbehaltlos auf das Verfahren eingelassen hat. Entsprechendes gilt für die Zuständigkeit der ausländischen Behörde. Gemäss Art. 26 lit. c IPRG ist diese begründet, wenn sich der Beklagte in einer vermögensrechtlichen Streitigkeit vorbehaltlos auf den Rechtsstreit eingelassen hat. Eine vorbehaltlose Einlassung auf den Rechtsstreit kann allerdings nicht schon darin erblickt werden, dass auf den Weiterzug des ausländischen Urteils an eine höhere Instanz verzichtet wird, nachdem das Gericht die Einrede der Unzuständigkeit verworfen hat (siehe BGE 111 II 175 E. 1; vgl. auch BGE 98 Ia 314 E. 3 mit Hinweisen; Bucher, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé - Convention de Lugano, 2011, N. 4 zu Art. 6 IPRG; Walter/Domej, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, 5. Aufl. 2012, S. 143). Weiter geht in dieser Hinsicht das - vorliegend nicht anwendbare - Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (Lugano-Übereinkommen, LugÜ; SR 0.275.12). In dessen Geltungsbereich kann die Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaates im Rahmen der Anerkennung grundsätzlich überhaupt nicht mehr überprüft werden (vgl. Art. 35 Abs. 3 LugÜ), womit der Beklagte im Ergebnis darauf verwiesen ist, sich im Ausland auf dem Rechtsmittelweg gegen die Zuständigkeit des urteilenden Gerichts zur Wehr zu setzen (vgl. Schuler, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, N. 8 zu Art. 35 LugÜ, mit Hinweisen). Sodann steht das Anerkennungshindernis der mangelhaften oder fehlenden Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks gemäss Nr. 34 Nr. 2 LugÜ unter dem einschränkenden Vorbehalt, dass der Beklagte, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, "gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt" hat, "obwohl er die Möglichkeit dazu hatte". Zu beachten ist allerdings, dass die Schweiz entsprechend dem Vorbehalt gemäss Artikel III Absatz 1 des Protokolls Nr. 1 über bestimmte Zuständigkeits-, Verfahrens- und Vollstreckungsfragen erklärt hat, dass sie den besagten Teil der Bestimmung nicht anwenden wird (siehe Art. 1 Abs. 3 des Bundesbeschlusses vom 11. Dezember 2009 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [Lugano-Übereinkommen] [AS 2010 5601]). Demgegenüber enthält Art. 34 Nr. 1 LugÜ, der den Anerkennungsverweigerungsgrund des offensichtlichen Widerspruchs zur öffentlichen Ordnung ( ordre public ) statuiert, - wie Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG - keine entsprechende Regelung. 4.2. Die Vorinstanz folgte im angefochtenen Urteil einer zu Art. 34 Nr. 1 des Lugano-Übereinkommens (respektive der Verordnung [EG] Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [EuGVVO]) publizierten Lehrmeinung. Gemäss dieser kann auch ein krasser Verfahrensverstoss die Anerkennung im Allgemeinen nicht hindern, "wenn im Erstverfahren Rechtsmittel hätten ausgeschöpft werden können, um den Mangel zu beseitigen" (siehe Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, N. 14 zu Art. 34 EuGVVO; ähnlich auch Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl. 2010, N. 30 zu Art. 34 EuGVVO). Die Vorinstanz berücksichtigte diese Auffassung "[i]m Interesse eines einheitlichen internationalen Vollstreckungsrechts" bei der Auslegung von Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG und machte sie - unter Berufung auf ihre eigene Rechtsprechung aus dem Jahr 1997 (Urteil des Obergerichts Zürich NL970038 vom 25. Juni 1997 E. III/5b) - zur Regel. 4.3. Dass die zugrundeliegende Betrachtungsweise in der Literatur zum IPRG zumindest nicht unbestritten ist, entging der Vorinstanz nicht: So zitiert sie im angefochtenen Entscheid insbesondere einen Beitrag, in dem die erwähnte Rechtsprechung des Obergerichts ausdrücklich als zu weitgehend kritisiert wird. Seine Autoren möchten ihrerseits genügen lassen, dass die beklagte Partei im Erstprozess eine Erklärung abgibt, wonach sie sich einem bestimmten Vorgehen anlässlich des nachfolgenden Anerkennungsprozesses widersetzen werde, so dass die klägerische Partei selber beurteilen könne, "ob sie mit dem materiellen Verfahren trotzdem weiterfahren möchte" (Bernet/Voser, Praktische Fragen im Zusammenhang mit Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile nach IPRG, SZIER 2000 S. 452-454; vgl. auch Bucher, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé - Convention de Lugano, 2011, N. 48 zu Art. 27 IPRG; Däppen/Mabillard, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2013, N. 17b zu Art. 27 IPRG). Sodann wies die Vorinstanz zu Recht auch auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung aus der Zeit vor dem Lugano-Übereinkommen hin, so namentlich auf BGE 85 I 39: In diesem - das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 2. November 1929 (SR 0.276.191.361) betreffenden - Urteil hatte das Bundesgericht noch in allgemeiner Form festgehalten, die in der Schweiz wohnhafte Partei, der gegenüber im Ausland ein gegen den schweizerischen Ordre public verstossendes Urteil ergehe, dürfe "dessen Vollstreckung in der Schweiz abwarten und den Mangel dann geltend machen" (E. 4c S. 51). Gegen die Lösung der Vorinstanz könnte schliesslich auch der Umstand angeführt werden, dass Kropholler/von Hein selber bei der Begründung ihrer Auffassung zu Art. 34 Nr. 1 EuGVVO (in der aktuellen Auflage des zitierten Werks) einen Zusammenhang zu Art. 34 Nr. 2 EuGVVO herstellen, wo "dieser Aspekt", d.h. der Grundsatz, wonach Rechtsmittel im Entscheidverfahren auszuschöpfen sind, ausdrücklich niedergelegt sei. Denn für die Schweiz gilt die entsprechende Regel gerade nicht (Erwägung 4.1). 5. 5.1. Ob es sich angesichts des eben Ausgeführten rechtfertigt, im Rahmen der internationalen Urteilsanerkennung in Anwendung von Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG vom Anerkennungsgegner generell zu verlangen, dass er gegen Verfahrensmängel im ausländischen Entscheidverfahren die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausgeschöpft hat, braucht vorliegend indessen nicht abschliessend beurteilt zu werden. Denn wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird, widerspricht es jedenfalls unter den konkret gegebenen Umständen dem Gebot von Treu und Glauben sowie dem Rechtsmissbrauchsverbot, wenn die Beschwerdeführerin im Exequaturverfahren unter dem Gesichtspunkt der Anerkennungsverweigerung überhaupt erstmals Bestechungsvorwürfe gegen die russischen Gerichte erhob. Ihr Ordre-public-Einwand erweist sich bereits aus diesem Grund als unzulässig. 5.2. Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts verstösst es gegen Art. 2 ZGB (respektive Art. 52 ZPO), formelle Rügen, die in einem früheren Prozessstadium hätten geltend gemacht werden können, bei ungünstigem Ausgang noch später vorzubringen (BGE 135 III 334 E. 2.2; Urteil 5A_837/2012 vom 25. Juni 2013 E. 5 mit zahlreichen Hinweisen). So ist etwa ein Ausstandsbegehren - unter Verwirkungsfolge - unverzüglich nach Kenntnis des Ausstandsgrundes zu stellen (BGE 136 I 207 E. 3.4; 134 I 20 E. 4.3.1; 132 II 485 E. 4.3). Das Gebot von Treu und Glauben und das Rechtsmissbrauchsverbot gelten auch in grenzüberschreitenden Verhältnissen (siehe BGE 128 III 201 E. 1c mit Hinweisen; Urteil 4A_292/2012 vom 16. Oktober 2012 E. 2.6, nicht publ. in: BGE 138 III 750). Sie haben auch im Rahmen der internationalen Anerkennung von Gerichtsentscheiden und Schiedssprüchen Bedeutung: Namentlich sind sie bei der Geltendmachung von verfahrensrechtlichen Verweigerungsgründen nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (SR 0.277.12) zu beachten. Wenn Letzteres auch nicht die Ausschöpfung der Möglichkeiten zur Anfechtung des Schiedsspruchs am Sitz des Schiedsgerichts verlangt, so sind die Parteien doch immerhin unter dem Aspekt von Treu und Glauben grundsätzlich gehalten, ihre Einwände bereits im Schiedsverfahren rechtzeitig vorzubringen, andernfalls sie sich im Vollstreckungsverfahren nicht mehr darauf berufen können (vgl. Urteile 4A_374/2014 vom 26. Februar 2015 E. 4.2.2; 4A_124/2010 vom 4. Oktober 2010 E. 6.3.3.1; je mit Hinweisen). Im erstgenannten Urteil liess das Bundesgericht offen, ob dies auch hinsichtlich von Fehlern gilt, die den verfahrensrechtlichen Ordre public betreffen. In einem weiteren Urteil (4A_305/2009 vom 5. Oktober 2009) äusserte sich das Bundesgericht zur analogen Fragestellung im Zusammenhang mit der Anerkennung ausländischer Gerichtsentscheide. In diesem Fall war über die Vollstreckbarerklärung eines Urteils des Landesgerichts Bonn zu befinden. Die Vollstreckungsgegnerin hatte als Verstoss gegen den formellen Ordre public im Sinne von Art. 27 Abs. 1 LugÜ gerügt, dass am Oberlandesgericht Köln, welches ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil abgewiesen hatte, eine befangene Richterin mitgewirkt habe. Das Bundesgericht hielt unter Bezugnahme auf seine publizierte Rechtsprechung zur Geltendmachung von Ausstandsgründen fest, treuwidrig und rechtsmissbräuchlich handle die Partei, die Ablehnungsgründe gleichsam in "Reserve" halte, "um diese bei ungünstigem Prozessverlauf und voraussehbarem Prozessverlust nachzuschieben". Die Vollstreckungsgegnerin müsse sich entgegenhalten lassen, dass sie die (zur Begründung des Ordre-public-Verstosses) angerufenen Umstände ohne weiteres hätte zur Kenntnis nehmen können, um einen allfälligen Ablehnungsgrund rechtzeitig im hängigen Verfahren vor Oberlandesgericht geltend zu machen. Indem sie damit bis nach dessen Abschluss zugewartet habe, habe sie die Möglichkeit zur Ablehnung der betroffenen Oberlandesrichterin verwirkt (E. 4.2). 5.3. Die Wertungsgesichtspunkte, die der dargestellten Rechtsprechung zugrundeliegen, sind auch im hier zu beurteilenden Fall massgebend: 5.3.1. Gemäss der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz begründete die Beschwerdeführerin ihren Bestechungsvorwurf im kantonalen Verfahren (unter anderem) wie folgt: Am 15. Juli 2011 habe die mündliche Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Arbitragegericht der Stadt Moskau mit dem vorsitzenden Richter E._ stattgefunden. Trotz der äusserst komplexen Materie sowie dem umfangreichen Material habe die für zwei Stunden angesetzte Verhandlung lediglich von 14.10 Uhr bis 15.05 Uhr gedauert. Der für sie teilnehmende F._ (ihr damaliger Chief Risk Officer) sei schockiert gewesen, als er gesehen habe, welch freundschaftlichen Umgang der Richter E._ mit den Anwälten sowie der General Counsel der Beschwerdegegnerin, G._, während der Verhandlung gepflegt habe und wie kurz und unsubstanziiert diese abgelaufen sei. Kurz nach dieser ersten Erfahrung mit russischen Gerichten sei ihr seitens der Schadensregulierer H._ zugetragen worden, sie hätten gerüchteweise gehört, dass der Richter durch die Beschwerdegegnerin bestochen worden sei. Ebenfalls kurze Zeit nach der erstinstanzlichen Gerichtsverhandlung sei sie - die Beschwerdeführerin - auf einen Artikel im Onlinemagazin "Prime" vom 9. Juni 2011 aufmerksam geworden. Darin seien I._, Leiterin des Corporate Accounting der Beschwerdegegnerin, sowie G._ zu Wort gekommen und damit zitiert worden, die Beschwerdegegnerin habe für den Gerichtsfall gegen "A._" in Sachen C._-Vertrag eine Rückstellung für Prozesskosten ("Legal service fees") von 169 Mio. Russische Rubel oder umgerechnet 5.5 Mio. US-Dollar verbucht. Die Höhe dieser Summe - so die Beschwerdeführerin - sei für das Verfahren äusserst ungewöhnlich gewesen, was auch schon offensichtlich werde, wenn man sie in Bezug zum Streitwert von 25 Mio. US-Dollar setze. Dieser Betrag sei offensichtlich für mehr als nur für die gesetzlich geschuldeten Gerichts- und Anwaltskosten vorgesehen gewesen. 5.3.2. Im Anerkennungsverfahren einen dieser Art begründeten Ordre-public-Einwand zu erheben, widerspricht unter den gegebenen Umständen Treu und Glauben und ist offenbar rechtsmissbräuchlich: So gehen die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Anhaltspunkte auf Korruption nicht über vage Indizien hinaus. Das gilt für den als freundschaftlich wahrgenommenen Umgang eines Richters mit Parteivertretern ebenso wie für die als kurz und unsubstanziiert empfundene Verhandlung und die von der Beschwerdegegnerin angeblich getätigte Rückstellung. All diese Elemente könnten zwar theoretisch mit einer Bestechungszahlung im Zusammenhang stehen, müssen aber gewiss nicht einen solchen kriminellen Hintergrund haben. Jedenfalls fügen sie sich bloss dann in das von der Beschwerdeführerin gezeichnete Bild, wenn - als Prämisse - unterstellt wird, die russische Justiz und namentlich die Arbitragegerichte seien generell von Korruption unterwandert (siehe dazu auch Erwägung 5.4.1). Die Beschwerdeführerin selber hatte aber unbestrittenermassen mit der Beschwerdegegnerin einen Rückversicherungsvertrag abgeschlossen, der eine Gerichtsstandsklausel zugunsten der russischen Gerichte enthielt. Wie sie im Verfahren vor dem Bundesgericht selber ausführt, hatte sie der Gerichtsstandsvereinbarung im Bewusstsein darum zugestimmt, "dass Bestechlichkeit unter russischen Richtern weit verbreitet ist." Mit anderen Worten gründete die - anerkannte - internationale Zuständigkeit der russischen Gerichte auf einem bewussten Entscheid und einer rechtsgeschäftlichen Erklärung der Beschwerdeführerin, sich im Streitfall jener Gerichtsbarkeit zu unterziehen, welche sie nun als von vornherein inakzeptabel darstellt. In diesem Zusammenhang verkennt die Beschwerdeführerin, dass sie bereits aus Gründen der Vertragstreue grundsätzlich dazu verpflichtet war, am Verfahren vor dem prorogierten Gericht mitzuwirken und eine verfahrenskonforme Streiterledigung zu ermöglichen (vgl. für das Schiedsverfahren BGE 111 Ia 72 E. 2b mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin erhob im russischen Verfahren zwar einerseits Widerklage auf Rückerstattung ihrer Versicherungsleistungen, verzichtete andererseits aber darauf, ihren Korruptionsverdacht zum Ausdruck zu bringen und sich gegen die mögliche Bestechung zur Wehr zu setzen, sei es mittels eines formellen Ausstandsbegehrens, sei es durch blosse Anbringung eines Vorbehalts. Hierzu hätte sie indessen nach ihrer eigenen Darstellung genügenden Anlass gehabt: So machte die Beschwerdeführerin vor dem Bezirksgericht geltend, sie sei bereits nach dem erstinstanzlichen russischen Erkenntnisverfahren überzeugt davon gewesen, dass das gegen sie eingeleitete Verfahren nicht in rechtsstaatlichen Bahnen ablaufe. Im zweitinstanzlichen Verfahren hätten sich die entsprechenden Gerüchte und Indizien langsam zu verdichten begonnen. Dass sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Lage gewesen wäre, entsprechende prozessuale Schritte zu unternehmen, weil ihr bestimmte erhebliche Tatsachen oder Beweismittel noch nicht vorlagen, tut sie nicht dar. Im Gegenteil machte die Beschwerdeführerin selber geltend, sie habe erwogen, im zweitinstanzlichen Verfahren entsprechende Einwände zur Bestechung des erstinstanzlichen Richters zu erheben. Auf Empfehlung ihres Anwalts habe sie aber schnell einsehen müssen, dass dies in einem korrupten Justizsystem kaum Aussicht auf Erfolg zeitigen würde. In Bestechungsfällen würden nämlich aus naheliegenden Gründen die Richter aller Instanzen bestochen bzw. müssten die Richter aller Instanzen bestochen werden. Es gebe daher für einen westeuropäischen Beklagten keine andere Wahl, als im russischen Justizsystem das Endurteil abzuwarten, um dann im Anerkennungsverfahren im westlichen Ausland die dort gewährleisteten verfassungsmässigen Rechte auf einen unparteiischen Richter anzurufen. Im Verfahren vor dem Bundesgericht rechtfertigt die Beschwerdeführerin ihr Vorgehen erneut damit, unter der Prämisse, dass alle vier russischen Gerichtsinstanzen infolge Bestechung durch die Beschwerdegegnerin korrupt gewesen seien, sei es für sie (die Beschwerdeführerin) "aus Gründen der Logik" aussichtslos gewesen, den Vorwurf korrupten Verhaltens der russischen Gerichte und der Beschwerdegegnerin in Russland erfolgreich zu erheben. Denn diese Rüge - so die Beschwerdeführerin - "wäre von den bestochenen Richtern selbstredend abgewiesen worden". Diese Ausführungen stehen zunächst in Widerspruch zur verbindlichen Feststellung der Vorinstanz, wonach die Bestechungsvorwürfe im russischen Erkenntnisverfahren mit einem Rechtsmittel hätten vorgebracht werden können und es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass die Rüge der Bestechlichkeit im russischen Rechtsmittelverfahren offensichtlich aussichtslos gewesen wäre (dazu Erwägung 5.4.2). Dass nicht feststeht, ob eine entsprechende Rüge erfolgreich gewesen wäre, liegt in der Natur der Sache. Die Beschwerdeführerin hat sich jedenfalls selber zuzuschreiben, wenn sie gar keinen Einwand erhob und die (nun im Anerkennungsverfahren erhobenen) Korruptionsvorwürfe deshalb im Entscheidverfahren unbeurteilt blieben. Unter der - beschwerdeseits aufgestellten - Prämisse, dass ohnehin sämtliche Richter im gesamten russischen Instanzenzug von der Beschwerdegegnerin bestochen wurden, ist aber bereits nicht nachvollziehbar, weshalb die Beschwerdeführerin überhaupt den Rechtsmittelweg beschritt, hätte ihr dies (nach ihrer eigenen Sachdarstellung) doch von vornherein als aussichtslos erscheinen müssen. Wenn die Beschwerdeführerin (angeblich) ohnehin mit ihrem vollständigen Unterliegen im Rechtsmittelverfahren rechnen musste, ist schliesslich auch nicht erkennbar, was sie durch einen entsprechenden Einwand im Prozess hätte verlieren können. Es gelingt der Beschwerdeführerin somit nicht, widerspruchsfrei zu erklären, weshalb sie die Korruptionsvorwürfe erst im Anerkennungsverfahren erhoben hat. 5.3.3. Zusammengefasst ging die Beschwerdeführerin bewusst eine Zuständigkeitsvereinbarung zu Gunsten der russischen Gerichte für Streitigkeiten aus dem abgeschlossenen Rückversicherungsvertrag ein, prozessierte in der Folge vor den prorogierten Gerichten als Beklagte und Widerklägerin über vier Instanzen bis zu ihrem rechtskräftigen Unterliegen, um dann erstmals im Anerkennungsverfahren in der Schweiz - aufgrund einzelner, nicht eindeutiger Indizien - pauschale Korruptionsvorwürfe gegen die urteilenden russischen Gerichte zu erheben. Ein derartiges Verhalten ist widersprüchlich und treuwidrig, zumal nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund die Beschwerdeführerin die entsprechenden Bedenken nicht bereits im russischen Entscheidverfahren in geeigneter Form hätte zum Ausdruck bringen können. Der Ordre-public-Einwand der Beschwerdeführerin erweist sich in einer Gesamtbetrachtung als offenbar rechtsmissbräuchlich und verdient nach Art. 2 Abs. 2 ZGB keinen Rechtsschutz. 5.4. 5.4.1. An dieser Beurteilung vermögen auch die von der Beschwerdeführerin genannten Umstände nichts zu ändern, die von ihr im kantonalen Verfahren geltend gemacht worden, aber von der Vorinstanz mit keinem Wort beachtet worden seien. Diese gehen an der Sache vorbei, soweit sie - unter anderem gestützt auf ein Parteigutachten von Professor Bernard S. Black - eine allgegenwärtige Korruption im russischen Justizsystem zu belegen versuchen. Denn selbst wenn die dahingehenden Ausführungen als wahr unterstellt würden, vermöchten sie das prozessuale Verhalten der Beschwerdeführerin nicht zu rechtfertigen. Die gerügte Gehörsverletzung fällt somit insofern ebenso ausser Betracht (vgl. BGE 134 I 83 E. 4.1 mit Hinweisen) wie eine offensichtlich unvollständige und damit unrichtige Feststellung des Sachverhalts (Erwägung 2.2). 5.4.2. Sodann wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzliche Würdigung, wonach es ihr (der Beschwerdeführerin) nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass ihre Rüge im russischen Rechtsmittelverfahren offensichtlich aussichtslos gewesen wäre. Zu diesem Zweck greift sie einzelne Urteilserwägungen heraus und hält ihnen eigene Erläuterungen entgegen, so etwa hinsichtlich des Parteigutachtens, von dem sich die Vorinstanz in verschiedener Hinsicht nicht überzeugen liess. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz hält die Beschwerdeführerin für willkürlich. Tatsächlich ist die Würdigung der gutachterlichen Erläuterungen im angefochtenen Urteil indessen durchaus nachvollziehbar und jedenfalls nicht unhaltbar. Das gilt etwa, wenn die Aussage des Parteigutachters in Zweifel gezogen wird, wonach Bestechlichkeit untergeordneter Instanzen in Russland normalerweise keine ausreichende Begründung für eine Berufungsklage sei, weil die Berufungsgründe in der einschlägigen Bestimmung abschliessend aufgezählt seien und der Tatbestand der Korruption dort nicht genannt werde. Ebenso wenig ist es willkürlich, wenn die Vorinstanz in diesem Zusammenhang unter Berufung auf das russische Strafgesetzbuch bemerkte, dass Korruption auch in Russland strafbar sei, was übrigens auch die Beschwerdeführerin nicht in Abrede stellt, aber für irrelevant hält. Im anschliessend gezogenen Fazit behauptet die Beschwerdeführerin unter anderem, sie habe der Vorinstanz "rechtsgenüglich vorgetragen", "dass mit dem Vorbringen von Korruptionsvorwürfen in Russland eine Gefahr für den Vortragenden wie auch für sein familiäres Umfeld einhergehen" könne. Indessen ergibt sich aus den mit Aktenhinweisen versehenen Aussagen in der Beschwerde jedenfalls nicht, dass es für die Parteien vor russischen Zivilgerichten nicht gefahrlos möglich wäre, eine ihre Streitsache betreffende Bestechung zu beanstanden. Sie vermag somit auch unter diesem Aspekt nicht aufzuzeigen, dass sie den Korruptionsvorwurf nicht bereits im russischen Rechtsmittelverfahren hätte erheben können. 5.4.3. Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin eine bundesrechtswidrige Beweislastverteilung. Sie moniert, die Beweislast für ein angeblich rechtsmissbräuchliches Prozessverhalten trage die Beschwerdegegnerin, was die Vorinstanz verkannt habe. Die Rüge verfehlt ihr Ziel: Denn entgegen der Beschwerdebegründung entschied die Vorinstanz nicht zufolge Beweislosigkeit zu Ungunsten der Beschwerdeführerin. Vielmehr stützte sie sich auf ein positives Beweisergebnis, wenn sie annahm, die Bestechungsvorwürfe seien verspätet, da sie im russischen Erkenntnisverfahren mit einem Rechtsmittelverfahren hätten vorgebracht werden können und müssen. Dies zeigt sich etwa, wenn auf S. 13 des angefochtenen Urteils zusammenfassend ausgeführt wird: "Nach dem Gesagten gelang es der Beklagten nicht einmal, glaubhaft zu machen, dass die Rüge der Bestechlichkeit im russischen Rechtsmittelverfahren offensichtlich aussichtslos gewesen wäre. Ihre Argumente sowie die Ausführungen ihres Privatgutachters lassen sich sogleich widerlegen." Eine Verletzung von Art. 8 ZGB scheidet insofern aus (siehe BGE 134 II 235 E. 4.3.4; 130 III 591 E. 5.4 S. 602). 5.5. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz jedenfalls im Ergebnis nicht gegen Bundesrecht verstossen, wenn sie der Beschwerdeführerin die Berufung auf Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG wegen Verspätung verwehrte und in der Folge nicht weiter auf die Argumentation einging, die Beschwerdegegnerin habe die am russischen Entscheidverfahren mitwirkenden Richter bestochen. Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang gerügten Rechtsverletzungen sind nicht gegeben. Bei dieser Sachlage kann der erhobene Korruptionsvorwurf auch im bundesgerichtlichen Verfahren inhaltlich unbeurteilt bleiben. Es braucht nicht auf die weiteren Ausführungen zum Ordre-public-Einwand gemäss Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG eingegangen zu werden, mit denen die Beschwerdeführerin ihren materiellen Antrag auf Abweisung des Begehrens der Beschwerdegegnerin um Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der russischen Entscheidung begründet. 6. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Mit dem vorliegenden Urteil in der Sache werden die Anträge der Parteien betreffend die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 55'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 65'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 9. April 2015 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Kiss Der Gerichtsschreiber: Kölz
493d5d3a-e0ed-4967-85fc-9cb6fc41d018
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Federation
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Sachverhalt: A. Die 1973 geborene K._ meldete sich im Januar 2004 bei der Invalidenversicherung und ersuchte um eine Rente. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau klärte die gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse ab. Mit Verfügung vom 9. März 2006 lehnte sie das Leistungsbegehren mangels anspruchsbegründender Invalidität ab. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 22. November 2006 fest. Mit Verfügung vom 23. November 2006 verneinte die IV-Stelle den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung für das Einspracheverfahren. B. K._ liess durch Rechtsanwalt S._ bei der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau Beschwerde erheben und beantragen, der Einspracheentscheid vom 22. November 2006 und die Verfügung vom 23. November 2006 seien aufzuheben und ihr ab 1. Januar 2001 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen und die unentgeltliche Verbeiständung für das Einspracheverfahren zu gewähren. Nach Vernehmlassung der IV-Stelle, Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung für das kantonale Verfahren und nach Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels hiess die Rekurskommission die Beschwerde teilweise gut. Sie wies die Sache unter Aufhebung des Einspracheentscheides vom 22. November 2006 zur Ergänzung der Akten und anschliessender Neuverfügung im Sinne der Erwägungen an die IV-Stelle zurück (Dispositiv-Ziffer 1) und sprach K._ resp. ihrem Rechtsvertreter eine Parteientschädigung von Fr. 750.- und eine Entschädigung zu Lasten des Staates von Fr. 600.- zu (Dispositiv-Ziffer 2; Entscheid vom 14. Mai 2007). C. Rechtsanwalt S._ führt im Namen und im Auftrag von K._ sowie in eigenem Namen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 14. Mai 2007 sei insofern aufzuheben, als die unentgeltliche Verbeiständung für das Einspracheverfahren verweigert und für das erstinstanzliche Beschwerdeverfahren nicht eine Parteientschädigung für volles Obsiegen in der Höhe der belegten Aufwendungen samt Auslagen von Fr. 2245.45 zugesprochen werde; im Weitern sei die unentgeltliche Verbeiständung für das Verfahren vor Bundesgericht zu bewilligen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es um einen Vor- oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG (zur Publikation in der Amtlichen Sammlung bestimmtes Urteil 9C_15/2007 vom 25. Juli 2007 E. 4.2). Die Beschwerde ist somit zulässig, wenn er - alternativ - einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b). Der zweite Tatbestand spielt hier keine Rolle. Ein Urteil des Bundesgerichts über den Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege für das Einspracheverfahren sowie die Höhe der Parteientschädigung für das kantonale Verfahren und damit zusammenhängend der Entschädigung für die unentgeltliche Verbeiständung führte nicht sofort zu einem Endentscheid in der Sache. 2. 2.1 Ein im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachender Nachteil ist rechtlicher Natur und auch mit einem für die Beschwerde führende Partei günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar (Urteile 4A_85/2007 vom 11. Juni 2007 E. 3.1 und 4A_92/2007 vom 8. Juni 2007 E. 2 mit Hinweis auf die im Zusammenhang anwendbare Rechtsprechung zu Art. 87 Abs. 2 aOG gemäss BGE 126 I 97 E. 1b S. 100). Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu ergänzender oder weiterer Abklärung und neuer Entscheidung bewirkt in der Regel keinen im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachenden Nachteil (erwähntes Urteil 9C_15/2007 vom 25. Juli 2007 E. 5.2.1 und 5.2.2 sowie Urteil I 126/07 vom 6. August 2007 E. 1.2). Die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen in einem Rückweisungsentscheid stellt ebenfalls einen Vor- oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG dar. Auch insofern ist der nicht wieder gutzumachende Nachteil zu verneinen, da über die Verteilung der Gerichts- und Parteikosten nicht befunden werden kann, ohne vorfrageweise die Begründetheit der Rückweisung zu prüfen, was unzulässig ist (BGE 122 I 39 E. 1a/aa S. 41 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 131 III 404 E. 3.3 S. 407). 2.2 Im Lichte dieser Grundsätze ist die Beschwerde unzulässig, soweit die Höhe der Parteientschädigung für das kantonale Verfahren beanstandet und gerügt wird, der vorinstanzliche Rückweisungsentscheid hätte kostenmässig als vollständiges und nicht nur teilweises Obsiegen behandelt werden müssen. Von dieser Frage wiederum hängt die Höhe einer allfälligen Entschädigung für die unentgeltliche Verbeiständung ab. Auf die diesbezüglichen Rügen in der Beschwerde kann daher ebenfalls nicht eingetreten werden. Daran ändert nichts, dass das Honorar für die unentgeltliche Verbeiständung dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin persönlich zusteht (BGE 110 V 360 E. 2 S. 363; vgl. auch BGE 122 I 322 E. 3b S. 325). Schliesslich ist ein im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachender Nachteil auch in Bezug auf die verweigerte unentgeltliche Verbeiständung für das Einspracheverfahren zu verneinen. Dieses Verfahren ist bereits abgeschlossen und der Rechtsvertreter hat seine Arbeit bereits getan. Es droht somit nicht die Gefahr, dass die Beschwerdeführerin durch die Verweigerung der unentgeltlichen Verbeiständung ihre Rechte nicht wahrnehmen kann, sondern es geht nur noch um die nachträglich zu beantwortende Frage, von wem der Rechtsanwalt honoriert wird. Das im Rückweisungsurteil Entschiedene wird mit Bezug auf die verweigerte unentgeltliche Rechtspflege für das Einspracheverfahren sowie die Höhe der Parteientschädigung und damit zusammenhängend des Honorars für die unentgeltliche Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar sein (Art. 93 Abs. 3 BGG). Gelangt der Streit nicht mehr vor das kantonale Gericht, beispielsweise wenn die IV-Stelle auf Grund der Ergebnisse der weiteren Abklärungen voll zu Gunsten der Versicherten entscheidet, kann gegen deren Verfügung oder Einspracheentscheid direkt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben und können die betreffenden Punkte gerügt werden (vgl. BGE 122 I 39 E. 1a/bb S. 42 f. mit Hinweis). 2.3 Die Beschwerde ist somit unzulässig und darauf ist nicht einzutreten. 3. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend haben die Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Verbeiständung für das letztinstanzliche Verfahren kann entsprochen werden. Die Voraussetzungen nach Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG sind gegeben. Insbesondere ist mit Blick auf die seit 1. Januar 2007 unter der Herrschaft des BGG insofern geänderte Rechtslage, als Rückweisungsentscheide kantonaler Versicherungsgerichte nicht mehr selbständig anfechtbar sind (vgl. zur früheren Rechtsprechung statt vieler BGE 113 V 159), auch das Erfordernis der Nichtaussichtslosigkeit des Prozesses als erfüllt zu betrachten.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 3. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt S._ für das Verfahren vor dem Bundesgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. Luzern, 6. November 2007 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Meyer Fessler
4a067cd8-94a6-48eb-98c0-b5477e7402cd
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Sachverhalt: A. Der Regierungsrat des Kantons Zürich unterbreitete dem Kantonsrat des Kantons Zürich am 5. Juli 2006 einen Antrag mit dazugehöriger Weisung (im Folgenden: Weisung) für die Schaffung eines Polizeigesetzes. Er führte aus, die Aufgaben der polizeilichen Tätigkeit sowie die Organisation und Aufgabenteilung der verschiedenen kantonalen Polizeibehörden seien im Wesentlichen im Polizeiorganisationsgesetz vom 29. November 2004 (POG, Gesetzessammlung 551.1) umschrieben; in diesem würden zudem die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden sowie der Betrieb von Datensystemen und der Austausch von Daten geordnet. Es fehlten indessen gesetzliche Bestimmungen über die Art der Aufgabenerfüllung durch die Polizei und über die Massnahmen, welche die Polizeikräfte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ergreifen können. Eine entsprechende gesetzliche Regelung sei mit Blick auf rechtsstaatliche und demokratische Überlegungen und vor dem Hintergrund der mit der polizeilichen Tätigkeit verbundenen Grundrechtseingriffe erforderlich. Der Kantonsrat verabschiedete das Polizeigesetz (PolG) am 23. April 2007 mit 123 zu 25 Stimmen (OS 64, 324). Dieses umschreibt in allgemeiner Weise die Aufgaben der Polizei (§ 1 ff.) und die Grundsätze des polizeilichen Handelns (§ 8 ff.). Zur Erfüllung ihrer Aufgaben wird die Polizei im Rahmen der Verhältnismässigkeit zur Anwendung von unmittelbarem Zwang gegen Personen ermächtigt (§ 13 ff.); dazu gehört der Schusswaffengebrauch (§ 17). Zu den möglichen polizeilichen Massnahmen zählen u.a. Personenkontrollen und erkennungsdienstliche Massnahmen (§ 21 f.), polizeilicher Gewahrsam (§ 25 f.), Vor-, Zu- und Rückführungen (§ 28 ff.), Überwachung, Wegweisung und Fernhaltung von Personen (§ 32 ff.) sowie Durchsuchung (§ 35 ff.) und Sicherstellung (§ 38 ff.). Ferner enthält das Polizeigesetz einen Abschnitt mit Bestimmungen über den Datenschutz (§ 51 ff.). Auf Referendum hin nahmen die Stimmberechtigten des Kantons Zürich das Polizeigesetz am 24. Februar 2008 mit rund 220'000 Ja-Stimmen gegen rund 74'000 Nein-Stimmen an (Veröffentlichung im Amtsblatt vom 7. März 2008). B. Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Zürich (DJZ) sowie die im Rubrum genannten vier politischen Parteien und sieben Privatpersonen haben beim Bundesgericht am 21. April 2008 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Sie beantragen die Aufhebung der §§ 17, 21, 22, 25, 26, 27, 28, 32, 35, 36, 37, 38, 39, 40 und 53 des Polizeigesetzes und die entsprechenden Feststellungen, dass diese Bestimmungen gegen die Bundesverfassung, die Europäische Menschenrechtskonvention und den UNO-Pakt II verstossen und nicht angewendet werden dürfen. Schliesslich beantragen sie vorsorgliche Massnahmen. Im Wesentlichen machen die Beschwerdeführer geltend, die Umschreibung der Voraussetzungen einer Grosszahl von Massnahmen sei unzureichend, genüge den Anforderungen von Art. 36 BV nicht und führe zu unverhältnismässigen und damit verfassungswidrigen Eingriffen in verschiedene Grundrechte. Vor diesem Hintergrund seien die angefochtenen Normen aufzuheben; von einer weitgehenden verfassungskonformen Auslegung sei in Anbetracht der unmittelbar anzuwendenden Polizeigesetznormen Abstand zu nehmen. Schliesslich bemängeln die Beschwerdeführer in verschiedener Hinsicht den ungenügenden Rechtsschutz. Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich beantragt im Namen des Regierungsrates die Abweisung der Beschwerde. Sie hält die Rügen der Beschwerdeführer für unbegründet und weist speziell auf die im Polizeigesetz festgehaltene Pflicht hin, die verfassungsmässigen Rechte und die Menschenwürde der Bürger zu wahren und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten (§ 8 und 10 PolG). Die Beschwerdeführer halten in ihrer Beschwerdeergänzung an ihren Anträgen und ihren Ausführungen fest, desgleichen die Sicherheitsdirektion in ihrer dazu ergangenen ergänzenden Stellungnahme. C. Mit Verfügung vom 14. Mai 2008 wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. Im Hinblick darauf, dass der Regierungsrat das Polizeigesetz auf den 1. Juli 2009 in Kraft setzen wollte, ersuchten die Beschwerdeführer um Erlass vorsorglicher Massnahmen. Dieses Gesuch wurde am 25. Juni 2009 abgewiesen. D. Das vorliegende Urteil ist am 30. September 2009 öffentlich beraten worden.
Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführer erheben gegen das Polizeigesetz Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne von Art. 82 lit. b BGG. Mangels eines kantonalen Rechtsmittels ist die Beschwerde unter dem Gesichtswinkel von Art. 87 BGG zulässig. In Anbetracht der Publikation der Ergebnisse der Volksabstimmung vom 7. März 2008 ist die Beschwerdefrist von Art. 101 BGG unter Beachtung des Friststillstandes gemäss Art. 46 lit. a BGG mit der Beschwerdeschrift vom 21. April 2008 auf jeden Fall eingehalten (vgl. BGE 133 I 286 E. 1 S. 288). Die beschwerdeführenden Einzelpersonen sind als Einwohner im Kanton Zürich vom Polizeigesetz zumindest virtuell betroffen und daher im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert (vgl. BGE 133 I 286 E. 2.2 S. 289). Die Legitimation der Demokratischen Juristinnen und Juristen zur abstrakten Normanfechtung wird im Allgemeinen anerkannt (vgl. BGE 125 I 127 E. 1b; Urteil 1P.71/2006 vom 23. April 2007). Es kann offen bleiben, ob die politischen Parteien im vorliegenden Fall zur Beschwerde nach Art. 82 lit. b BGG legitimiert sind. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Rügen wegen Verletzung von Grundrechten sind gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG im Einzelnen vorzubringen und zu begründen. Es ist im entsprechenden Sachzusammenhang zu prüfen, ob die Beschwerde diesen Anforderungen genügt. Dem Antrag um Feststellung, dass die bemängelten Bestimmungen des Polizeigesetzes gegen die BV, die EMRK und den UNO-Pakt II verstossen, kommt neben dem Hauptantrag um Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen keine selbstständige Bedeutung zu. Auf das Feststellungsbegehren ist nicht einzutreten. 2. Die Beschwerdeführer bringen vorerst in methodischer Hinsicht vor, in Anbetracht der Eigenart von polizeirechtlichen Normen, der unmittelbaren Anwendung durch die Polizeiorgane sowie der empfindlichen Eingriffe in grundrechtlich geschützte Positionen sei von der allfälligen Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung grundsätzlich abzusehen; die angefochtenen Gesetzesbestimmungen seien vielmehr aufzuheben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines Erlasses im Rahmen der abstrakten Normkontrolle massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungs- oder EMRK-Garantien vereinbaren lässt. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Norm nur auf, sofern sie sich jeglicher verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich bleibt. Die verfassungs- und konventionskonforme Auslegung wird als zulässig erachtet, wenn die zu überprüfende Norm eine Lücke oder Unbestimmtheit aufweist. Es ist grundsätzlich vom Wortlaut der Norm auszugehen und diese ist nach den üblichen Regeln auszulegen. Es darf nicht über den klaren Sinn einer Norm hinweggegangen werden. Grenze der - verfassungskonformen - Auslegung ist der klare und eindeutige Wortsinn (vgl. BGE 131 II 697 E. 4.1 S. 703, 123 I 112 E. 2a S. 116, 109 Ia 273 E. 12c S. 301). Für die Beurteilung, ob eine kantonale Norm aufgrund materieller Prüfung aufzuheben oder verfassungskonform auszulegen sei, ist auf die Tragweite des Grundrechtseingriffs, die Wahrscheinlichkeit verfassungstreuer Anwendung, die Möglichkeit, bei einer späteren konkreten Normkontrolle einen hinreichenden verfassungsrechtlichen Schutz zu erhalten, die konkreten Umstände, unter denen die Norm zur Anwendung kommt, sowie die Möglichkeit einer Korrektur und die Auswirkungen auf die Rechtssicherheit abzustellen. Allein der Umstand, dass eine Norm in einem der Verfassung widersprechenden Sinne verstanden und in einzelnen Fällen in verfassungswidriger Weise angewendet werden könnte, führt für sich allein noch nicht zu deren Aufhebung (BGE 133 I 77 E. 2 S. 79; Urteil 1C_140/2008 vom 17. März 2009 E. 8.3, mit Hinweisen). An diesen Grundsätzen ist auch in Bezug auf das vorliegend angefochtene Polizeigesetz festzuhalten. Den Besonderheiten des Polizeirechts und dessen Anwendung ist Rechnung zu tragen (vgl. BGE 106 Ia 136 E. 3b S. 138 betr. Gefängnisreglement; 109 Ia 273 E. 12c S. 302 f. betr. nachträgliche Benachrichtigung über Telefonüberwachungen). Das Polizeirecht zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass es offene Begriffe verwendet. Die verfassungskonforme Auslegung ist ein geeignetes Mittel, dem Vollzug die verfassungsrechtlich erforderliche Ausrichtung zu verleihen. Daran ändert nichts, dass polizeiliches Handeln oft in Form von Realakten erfolgt. Wie es sich damit im Einzelnen verhält, ist nicht allgemein, sondern im entsprechenden Sachzusammenhang nach materieller Prüfung der umstrittenen Bestimmungen zu beurteilen (vgl. BGE 109 Ia 273 E. 2a und 12c S. 277 und 301; Urteil 1C_140/2008 vom 17. März 2009 E. 3). 3. Vor der materiellen Prüfung der einzelnen angefochtenen Bestimmungen rechtfertigen sich einleitend einige allgemeine Bemerkungen. 3.1 In unterschiedlichem Zusammenhang rügen die Beschwerdeführer, das Polizeigesetz genüge dem Legalitätsprinzip nicht, weil die Voraussetzungen sowie Inhalt und Tragweite des polizeilichen Handelns zu unbestimmt umschrieben und die damit verbundenen Eingriffe in die Grundrechte nicht hinreichend voraussehbar seien. Sie berufen sich hierfür auf Art. 36 Abs. 1 BV im Allgemeinen, teils auf die Erfordernisse von Art. 8 Ziff. 2 EMRK im Speziellen. Das Bundesgericht hat sich verschiedentlich zum Legalitätsprinzip unter dem Gesichtswinkel von Art. 36 Abs. 1 BV geäussert (vgl. namentlich BGE 132 I 49 E. 6.2 und 6.3 S. 58; 135 I 169 E. 5.4.1 S. 173; je mit Hinweisen). Dieses verlangt eine hinreichende und angemessene Bestimmtheit der anzuwendenden Rechtssätze im Dienste des Gesetzesvorbehalts, der Rechtssicherheit (Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit) und der rechtsgleichen Rechtsanwendung. Der Gesetzgeber kann nicht auf allgemeine, mehr oder minder vage und von der Praxis zu konkretisierende Begriffe verzichten. Der Grad der erforderlichen Bestimmtheit lässt sich nicht abstrakt festlegen. Er hängt unter anderem von der Vielfalt der zu ordnenden Sachverhalte, von der Komplexität und der Vorhersehbarkeit der im Einzelfall erforderlichen Entscheidungen, von den Normadressaten, von der Schwere des Eingriffs in Verfassungsrechte und von der erst bei der Konkretisierung im Einzelfall möglichen und sachgerechten Entscheidung ab. Für das Polizeirecht stösst das Bestimmtheitserfordernis wegen der Besonderheit des Regelungsbereichs auf besondere Schwierigkeiten. Die Aufgabe der Polizei und die Begriffe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lassen sich kaum abstrakt umschreiben. Die Polizeitätigkeit wird oftmals in der Form von Realakten wahrgenommen. Sie richtet sich oft gegen nicht im Einzelnen bestimmbare Gefährdungsarten und Gefährdungsformen in vielgestaltigen und wandelbaren Verhältnissen und ist demnach situativ den konkreten Umständen anzupassen. Ausdruck dieser Schwierigkeit ist u.a. die verfassungsrechtliche Anerkennung der polizeilichen Generalklausel in Art. 36 Abs. 1 Satz 3 BV (vgl. BGE 128 I 327 E. 4.2 S. 340). In gewissem Ausmass kann die Unbestimmtheit von Normen durch verfahrensrechtliche Garantien gleichsam kompensiert werden, und es kommt dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit besondere Bedeutung zu (vgl. hierzu Schweizer/Müller, Zwecke, Möglichkeiten und Grenzen der Gesetzgebung im Polizeirecht, in: LeGes 2008 S. 379 ff.). In gleicher Weise verlangt auch die Europäische Menschenrechtskonvention hinsichtlich der Einschränkungen von Garantien eine hinreichende Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlagen. Diese müssen ausreichend zugänglich und genügend bestimmt sein, damit der Bürger die sich daraus für ihn ergebenden Konsequenzen in ausreichendem Masse vorhersehen kann (vgl. BGE 122 I 360 E. 5b/cc S. 364; 109 Ia 273 E. 4d S. 282; aus der neueren Rechtsprechung: Urteil EGMR Amihalachioaie gegen Moldavien vom 20. April 2004, Recueil CourEDH 2004-III S. 169 Ziff. 25; Urteil Eglise métropolitaine und Mitbeteiligte gegen Moldavien vom 13. Dezember 2001, Recueil CourEDH 2001-XII S. 37 Ziff. 109; Urteil Hashman und Harrup gegen Grossbritannien vom 25. November 1999, Recueil CourEDH 1999-VIII S. 29 Ziff. 31; Christoph Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 18 N. 9 ff. S. 113; Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 3. Aufl. 2009, N. 5 ff. der Vorbemerkungen zu Art. 8-11). Es wird im Zusammenhang mit den umstrittenen Regelungen im Einzelnen zu prüfen sein, wie es sich unter dem Gesichtswinkel des Legalitätsprinzips mit den im Polizeigesetz enthaltenen Unbestimmtheiten verhält. Über diese Anforderungen hinaus wird zu beachten sein, dass § 9 PolG die polizeiliche Generalklausel in allgemeiner Weise vorbehält und die Polizei im Einzelfall auch ohne besondere gesetzliche Grundlage ermächtigt, unaufschiebbare Massnahmen zu treffen, um unmittelbar drohende oder eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwehren oder zu beseitigen. Die polizeiliche Generalklausel ist nach der Rechtsprechung auf echte und unvorhersehbare sowie gravierende Notfälle ausgerichtet, beschränkt sich auf Fälle, wo keine gesetzlichen Mittel vorhanden sind, um einer konkreten Gefahr zu begegnen. Sie kann nicht angerufen werden, wenn typische und erkennbare Gefährdungslagen trotz deren Kenntnis nicht normiert werden (BGE 130 I 369 E. 7.3 S. 381). Die Unbestimmtheit polizeilicher Normen ist auch unter diesem Gesichtswinkel zu betrachten. 3.2 Dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit kommt im Polizeirecht und für das Handeln der Polizeiorgane ein besonderes Gewicht zu. Er findet allgemein Ausdruck in Art. 5 Abs. 2 BV und ist unter dem Gesichtswinkel der Einschränkung von Grundrechten nach Art. 36 Abs. 3 BV sowie im entsprechenden Zusammenhang nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu beachten. Das Gebot der Verhältnismässigkeit verlangt, dass eine behördliche Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen oder privaten Interesse liegenden Zieles geeignet und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung zumutbar und verhältnismässig erweist. Erforderlich ist eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation. Eine Massnahme ist unverhältnismässig, wenn das Ziel mit einem weniger schweren Grundrechtseingriff erreicht werden kann (BGE 133 I 77 E. 4.1 S. 81; 132 I 49 E. 7.2 S. 62 mit Hinweisen). Das Polizeigesetz bekräftigt das Gebot der Verhältnismässigkeit und gibt ihm in § 10 eine besondere Ausprägung. An verschiedener Stelle ist das polizeiliche Handeln im Sinne eines Verhältnismässigkeitsgebotes und Übermassverbots davon abhängig, dass eine Massnahme zur Erfüllung der polizeilichen Aufgabe notwendig sei (vgl. etwa § 21 Abs. 1, unten E. 5). Darüber hinaus ist die Polizei mit § 8 verpflichtet, die Rechtsordnung zu beachten sowie die verfassungsmässigen Rechte und die Menschenwürde des Einzelnen zu achten. Überdies achtet sie nach § 11 die besondern Schutzbedürfnisse von Minderjährigen und berücksichtigt deren Alter und Entwicklungsstand insbesondere bei der Anwendung von polizeilichem Zwang. § 10 PolG hat folgenden Wortlaut: § 10 - Verhältnismässigkeit 1 Polizeiliches Handeln muss zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben notwendig und geeignet sein. 2 Unter mehreren geeigneten Massnahmen sind jene zu ergreifen, welche die betroffenen Personen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. 3 Die Massnahmen dürfen nicht zu einem Nachteil führen, der in einem erkennbaren Missverhältnis zum verfolgten Zweck steht. 4 Massnahmen sind aufzuheben, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. Diese verfassungsrechtlich und kantonalgesetzlich vorgesehenen Gebote der Verhältnismässigkeit sind bei allen polizeilichen Massnahmen mitzuberücksichtigen und demnach im abstrakten Normkontrollverfahren in die Beurteilung der einzelnen Bestimmungen einzubeziehen. Dieses allgemeine Gebot entbindet allerdings nicht davon, jede einzelne Massnahme und Bestimmung in ihrem spezifischen Kontext auf ihre Verhältnismässigkeit im dargelegten Sinne hin zu prüfen. Eine spezifisch als unverhältnismässig erachtete Massnahme oder Regelung kann nicht allein wegen des Umstandes als verfassungsmässig betrachtet werden, dass die Polizeiorgane nach § 10 PolG zur Beachtung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes verpflichtet werden. 3.3 Verschiedene Bestimmungen im angefochtenen Polizeigesetz weisen eine gewisse Verwandtschaft mit Normen auf, die in neueren Bundesgesetzen enthalten sind. Dies gilt für die voraussichtlich 2011 in Kraft tretende Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO/CH; BBl 2007 6977), deren Art. 215 und Art. 282 über die polizeiliche Anhaltung und die Observation einen Zusammenhang mit § 21 f. PolG (unten E. 5) und § 106d StPO/ZH (unten E. 8.5) aufweisen. Gleiches gilt für das am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes (Zwangsanwendungsgesetz, ZAG; SR 364), welches in Art. 11 Bestimmungen über den Einsatz von Waffen enthält, die einen Bezug zu § 17 PolG über den Schusswaffengebrauch haben (unten E.4). Der Umstand, dass der Bund für seinen Zuständigkeitsbereich ähnliche Regelungen trifft wie die Kantone für die kantonalen Bereiche, vermag die Befugnis des Bundesgerichts zur freien Prüfung von kantonalen Erlassen nicht einzuschränken. Kantonale Erlasse unterliegen nach Art. 189 BV sowie Art. 82 lit. b BGG grundsätzlich ohne Rücksicht auf eine in einem Bundesgesetz enthaltene Regelung und ungeachtet der Bestimmung von Art. 190 BV der Prüfung auf ihre Vereinbarkeit mit Bundesverfassung und Völkerrecht. Dabei ist in Kauf zu nehmen, dass sich bei einer solchen Prüfung allenfalls Zweifel an der Verfassungs- und Konventionsmässigkeit von Bundesgesetzen ergeben können (BGE 109 Ia 273 E. 2b S. 277). 3.4 Das Polizeirecht ist grundsätzlich öffentlich-rechtlicher Natur. Tätigkeiten und Aufgaben der Polizei, wie insbesondere die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. § 3 ff. PolG und § 7 ff. des Polizeiorganisationsgesetzes; POG; Gesetzessammlung 551.1), werden von den für das Verwaltungsrecht massgebenden materiellen Grundsätzen beherrscht. In prozessualer Hinsicht unterliegen sie den Grundzügen des Verwaltungsverfahrens und folgen dem entsprechenden Rechtsmittelzug. In letzter Instanz sind entsprechende Massnahmen beim Bundesgericht mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten anzufechten (vgl. BGE 134 I 125 E. 4.1 S. 136). Das Polizeirecht weist zudem in verschiedener Hinsicht Bezüge zum Straf- und Strafprozessrecht auf. Die Polizei ist auch im Dienste der Strafverfolgung tätig. Sie nimmt nach § 2 Abs. 2 PolG und § 8 POG im Rahmen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung kriminalpolizeiliche Aufgaben (Verhütung strafbarer Handlungen, Feststellung und Aufklärung von Straftaten) wahr. In dieser Hinsicht folgt der Rechtsweg den vom Strafprozessrecht vorgegebenen Grundsätzen. Letztinstanzlich kann das Bundesgericht mit Beschwerde in Strafsachen angerufen werden. Die verwaltungsrechtliche Polizeitätigkeit lässt sich indessen nicht leicht vom strafprozessualen, im Dienste der Strafverfolgung stehenden Aufgabenbereich unterscheiden. Die beiden Bereiche können sich überschneiden, können fliessend ineinander übergehen, etwa wenn ein Polizeifunktionär in Ausübung einer rein polizeilichen Tätigkeit auf allenfalls strafrechtlich relevante Sachverhalte trifft und entsprechende Massnahmen im Dienste der Strafverfolgung vorkehrt. Gemeinsam ist den Bereichen, dass bei gegebenen Voraussetzungen in vergleichbarer Weise in Grundrechte von Personen eingegriffen werden kann. Es kommen im Wesentlichen auch die gleichen verfassungsrechtlichen Garantien zum Schutz der Grundrechte zum Zug, insbesondere das Erfordernis eines öffentlichen Interesses und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Art. 5 und 36 BV). Dies legt es nahe, für beide Seiten der polizeilichen Tätigkeit einen aufeinander abgestimmten harmonisierten Rechtsschutz vorzusehen. Dem ist im Polizeigesetz insofern bereits Rechnung getragen, als der die Dauer von 24 Stunden übersteigende Polizeigewahrsam nach § 27 Abs. 2 PolG einer Verlängerung durch den Haftrichter oder die Haftrichterin, welche für die strafprozessuale Haft zuständig sind, bedarf (vgl. E. 6; § 24a des Gerichtsverfassungsgesetzes, GVG; Gesetzessammlung 211.1). Soweit im Rahmen des Bundesrechts möglich, ist in diesem Sinne auf kantonaler Ebene eine aufeinander abgestimmte Rechtsmittelordnung anzustreben. 4. Im Abschnitt über den polizeilichen Zwang (§ 13-17 PolG) findet sich die Bestimmung von § 17 PolG zum Schusswaffengebrauch. Die Beschwerdeführer beantragen die Aufhebung dieser Bestimmung, begründen ihren Antrag indes ausschliesslich in Bezug auf § 17 Abs. 2 lit. b PolG. Sie machen Verletzungen von Art. 10 Abs. 1 BV, von Art. 2 EMRK sowie von Art. 6 UNO-Pakt II geltend. Die Gesetzesbestimmung hat folgenden Wortlaut: § 17 - Schusswaffengebrauch 1 Wenn andere verfügbare Mittel nicht ausreichen, darf die Polizei in einer den Umständen angemessenen Weise von der Schusswaffe Gebrauch machen. 2 Der Gebrauch der Schusswaffe kann insbesondere gerechtfertigt sein, a. wenn Angehörige der Polizei oder andere Personen in gefährlicher Weise angegriffen oder mit einem gefährlichen Angriff unmittelbar bedroht werden, b. wenn eine Person ein schweres Verbrechen oder ein schweres Vergehen begangen hat oder eines solchen dringend verdächtigt wird und sie fliehen will, c. wenn Personen für andere eine unmittelbar drohende Gefahr an Leib und Leben darstellen und sich der Festnahme zu entziehen versuchen, d. zur Befreiung von Geiseln, e. zur Verhinderung eines unmittelbar drohenden schweren Verbrechens oder schweren Vergehens an Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen und die für die Allgemeinheit wegen ihrer Verletzlichkeit eine besondere Gefahr bilden. 1 Dem Schusswaffengebrauch hat ein deutlicher Warnruf vorauszugehen, sofern der Zweck und die Umstände es zulassen. Ein Warnschuss darf nur abgegeben werden, sofern die Umstände die Wirkung eines Warnrufes vereiteln. 4.1 § 17 Abs. 1 PolG unterstreicht den Grundsatz der Verhältnismässigkeit hinsichtlich des Schusswaffengebrauchs in doppelter Weise. Zum einen soll diese Art polizeilichen Zwangs nur angewendet werden dürfen, wenn andere verfügbare Mittel nicht ausreichen. Schusswaffen sollen nur subsidiär und als letztes Mittel, als ultima ratio, eingesetzt werden. Zum andern hat der Einsatz als solcher in einer den Umständen angemessenen Weise zu erfolgen. § 17 Abs. 1 PolG umschreibt insoweit den Schusswaffengebrauch in abschliessender Weise, wenn auch auf hoher Abstraktionsstufe. In Ergänzung zu diesen Grundsätzen nennt § 17 Abs. 2 PolG Konstellationen von möglichem Schusswaffeneinsatz. Diese Konstellationen weisen Beispielcharakter auf und sollen die Grundausrichtung des Schusswaffeneinsatzes vor dem Hintergrund von Abs. 1 konkretisieren. Sie stellen keine Handlungsanweisungen dar, erlauben und rechtfertigen einen Schusswaffeneinsatz nicht schon für sich allein genommen. Sie zeigen lediglich typisierte Situationen auf, in denen der Einsatz von Waffen in Betracht fällt. Auch diesfalls hat sich ein solcher an der Grundnorm von § 17 Abs. 1 PolG auszurichten, ist im Einzelnen danach zu prüfen, ob er in Anbetracht der konkreten Umstände das letzte Mittel darstellt und verhältnismässig ist. Der Ingress zu § 17 Abs. 2 PolG besagt denn auch lediglich, dass der Gebrauch der Schusswaffe in den aufgezählten Tatbeständen gerechtfertigt sein kann. Trotz der beschränkten Bedeutung kommt der Aufzählung Gewicht zu, wird sie doch im Einzelfall wesentlicher Ausgangspunkt für Auslegung und Anwendung bilden. 4.2 Der Einsatz von Schusswaffen kann unterschiedlichste Auswirkungen haben, die gezielt und gewollt oder aber aus Versehen und ungewollt hervorgerufen werden. Werden Schusswaffen direkt gegen Personen eingesetzt, erleiden diese möglicherweise schwere Verletzungen oder werden gar getötet. Auch der Einsatz von Schusswaffen auf Gegenstände zur Fluchtverhinderung, wenn beispielsweise auf die Pneus eines davonfahrenden Fahrzeugs geschossen wird, kann mittelbar schwerwiegende Folgen haben. In beiden Fällen können zudem Drittpersonen gefährdet werden. Von diesen tatsächlichen Auswirkungen hängt wiederum die Betroffenheit in unterschiedlichen Grundrechtsgewährleistungen ab. Verletzungen von Personen greifen in die Garantie der persönlichen Freiheit und körperlichen Unversehrtheit der Betroffenen gemäss Art. 10 Abs. 2 BV ein. Tötungen berühren das Recht auf Leben gemäss Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BV. Dieses richtet sich als Abwehrrecht gegen den Staat und verpflichtet diesen darüber hinaus zum Schutz des Lebens seiner Bürger vor Angriffen (vgl. BGE 135 I 113 E. 2.1 S. 117). Weder der Anspruch auf körperliche Unversehrtheit noch der als Abwehrrecht verstandene Anspruch auf Leben sind - vorbehältlich des Verbotes der Todesstrafe nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 BV - absolut (vgl. Kiener/Kälin, Grundrechte, 2007, S. 119 ff.; Müller/Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 49 ff.). Unter restriktiven Voraussetzungen kann daher der polizeiliche Einsatz von Schusswaffen verfassungsrechtlich haltbar sein. Nach Art. 2 Ziff. 1 EMRK ist das Recht auf Leben geschützt. Die Garantie wird gemäss Art. 2 Ziff. 2 EMRK nicht verletzt, wenn die Tötung durch eine Gewaltanwendung - wie beispielsweise durch einen Schusswaffeneinsatz - verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um jemanden rechtmässig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmässig entzogen ist, an der Flucht zu hindern (lit. b). Diesfalls darf der Gebrauch der Schusswaffe grundsätzlich nicht mit der Absicht der Tötung verbunden sein; der gezielte Todesschuss darf nicht zum Zwecke der ordnungsgemässen Festnahme erfolgen (Frowein/Peukert, a.a.O., N.13 f. zu Art. 2 EMRK; Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Aufl. 1999, S. 175 N. 269; Velu/Ergec, La Convention Européenne des Droits de l'Homme, 1990, S. 187 N. 233; Thürer/Dold, Rassismus und Rule of Law, EuGRZ 2005 S. 3 f.; ferner Urteil EGMR Ramsahai et al. gegen Niederlande vom 15. Mai 2007 [Grosse Kammer], Ziff. 286-289; Urteil Natchova und Mitbeteiligte gegen Bulgarien vom 6. Juli 2005 [Grosse Kammer], Ziff. 93-109, Recueil CourEDH 2005-VII S. 49 bzw. vom 26. Februar 2004 Ziff. 96-106 [Sektion], EuGRZ 2005 S. 23; Urteil Saoud gegen Frankreich vom 9. Oktober 2007, Ziff. 88 ff.). Art. 6 Ziff. 1 UNO-Pakt II garantiert jedem Menschen als fundamentalstes Menschenrecht ein angeborenes Recht auf Leben; dieses Recht ist gesetzlich zu schützen; niemand darf willkürlich seines Lebens beraubt werden. Ein auf hinreichender gesetzlicher Grundlage beruhender Einsatz von Schusswaffen durch die Polizei wird mit dem Pakt als vereinbar erachtet (Kälin/Malinverni/Nowak, Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte, 2. Aufl. 1997, S. 163 f.). 4.3 Bei den in § 17 Abs. 2 PolG aufgeführten Konstellationen kann zwischen präventivem und repressivem Schusswaffeneinsatz unterschieden werden. Der präventive Einsatz gemäss den lit. a, c, d und e dient der Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für Polizeiorgane (Notwehr), andere Personen (Notstandshilfe), Geiseln oder bedeutende Einrichtungen. Der repressive Einsatz von Schusswaffen gemäss lit. b ist ausgerichtet auf die Verfolgung von fliehenden Personen, die ein schweres Verbrechen oder schweres Vergehen begangen haben oder eines solchen dringend verdächtigt sind und sich durch Flucht der Strafverfolgung, der strafprozessualen Haft oder der Strafverbüssung zu entziehen versuchen. Wie dargetan, steht im vorliegenden Verfahren einzig die Konstellation von § 17 Abs. 2 lit. b PolG in Frage. Zu prüfen ist, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Schusswaffeneinsatz vor dem Hintergrund der erwähnten Grundrechtsgarantien als im hinreichenden öffentlichen Interesse und verhältnismässig betrachtet werden kann. Hierfür kann, trotz unterschiedlicher Optik, die Rechtsprechung zu strafbaren Handlungen von Polizeiorganen und deren allfällige Rechtfertigung nach Art. 32 und 33 aStGB (Art. 14 und 15 StGB) beigezogen werden. 4.4 Es steht ausser Frage, dass an der Verfolgung von Personen, die eines schweren Verbrechens oder schweren Vergehens verdächtig sind, und am Strafvollzug von Personen, die solcher Straftaten für schuldig befunden worden sind, ein eminentes öffentliches Interesse besteht und daher deren Flucht zu verhindern ist. Das Interesse an Aufklärung und Ahndung von Straftaten ist umso grösser, je schwerer diese wiegen. Der Waffeneinsatz zum Zwecke, der fliehenden Person habhaft zu werden, und das damit einhergehende Risiko, die Person schwer zu verletzen oder gar zu töten, sind indes nur verhältnismässig, wenn das Recht des Staates an der Durchsetzung seines Strafanspruchs gesamthaft gesehen dem Abwehrrecht des Verfolgten vorgeht. § 17 Abs. 2 lit. b PolG setzt die Begehung bzw. den Verdacht eines schweren Verbrechens oder schweren Vergehens voraus. Diese Regelung stimmt überein mit denjenigen in andern Kantonen (Art. 25 Abs. 1 lit. b PolG/GR; Art. 48 Abs. 1 Ziff. 3 lit. a PolG/BE; § 48 Abs. 1 Ziff. 3 lit. a PolG/BS; Art. 46 lit. b PolG/SG; Art. 2 lit. c Règlement sur l'usage des armes par la police/NE) bzw. mit der Muster-Dienstanweisung über den Gebrauch der Schusswaffe durch die Polizei von 1976 (wiedergegeben bei Hans Reinhard, Allgemeines Polizeirecht, Bern 1993, S. 254 bzw. Thomas Hug, Schusswaffengebrauch durch die Polizei, Zürich 1980, Anhang 4; Andreas Baumann, Aargauisches Polizeigesetz, Praxiskommentar, 2006, S. 240). Soweit sich das Begriffspaar "schweres Verbrechen" und "schweres Vergehen" am alten Strafgesetzbuch orientiert, wurde auf die Schwere der Straftat entsprechend der Androhung von Zuchthaus oder Gefängnis abgestellt. Als Verbrechen galten die mit Zuchthaus bedrohten Handlungen, als Vergehen die mit Gefängnis als Höchststrafe (allenfalls über drei Jahre hinaus) bedrohten Handlungen (Art. 9 aStGB). Nach geltendem Strafgesetzbuch ist das Abgrenzungskriterium ausschliesslich die Strafandrohung: Als Vergehen gelten Delikte mit Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren oder Geldbusse (Art. 10 Abs. 3 StGB). Qualifizierte, d.h. mit höherer Freiheitsstrafe bedrohte Straftaten sind Verbrechen (Art. 10 Abs. 2 StGB). Bei dieser Sachlage ist fraglich, ob Vergehen im Sinne des neuen Strafgesetzbuches überhaupt denkbar sind, welche die erforderliche qualifizierte Schwere aufweisen, die einen allfälligen Schusswaffeneinsatz im Sinne von § 17 Abs. 2 lit. b PolG überhaupt zu rechtfertigen vermöchten. In andern Erlassen ist denn nur von "schwerer Straftat" (Art. 11 ZAG; § 46 Abs. 1 Ziff. 1 PolG/AG) oder bloss von "schweren Verbrechen" (§ 41 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 PolG/BL) die Rede. Wie es sich damit letztlich verhält, kann aufgrund der nachfolgenden Erwägungen offenbleiben. Im Zusammenhang mit der Beurteilung strafbarer Handlungen von Polizeiorganen und ihrer allfälligen Rechtfertigung unter dem Gesichtswinkel von Art. 32-34 aStGB (Art. 13-14 StGB) hat das Bundesgericht Grundsätze zum Schusswaffengebrauch formuliert. Es hat erwogen, dass der Verdacht, ein Fahrzeug könnte gestohlen oder entwendet sein, es nicht rechtfertige, den bei der Identitätskontrolle flüchtenden Lenker durch Schuss auf den Führersitzbereich vorsätzlich der Gefahr erheblicher Körperverletzungen auszusetzen (BGE 111 IV 113; vgl. auch 115 IV 162). Weiter hielt es fest, dass der Gebrauch der Schusswaffe, selbst wenn der Verdacht eines hinsichtlich der Strafwürdigkeit schweren Deliktes vorliegt, stets den Umständen angemessen und verhältnismässig sein müsse. So stehe das Risiko einer erheblichen Körperverletzung oder allfälligen Tötung in einem Missverhältnis zum Interesse an einer raschen Abklärung des Verdachts von Vermögensdelikten, die ohne Gewalt und Drohung erfolgten. Das Interesse an der Festnahme eines entwichenen Strafgefangenen, der unbewaffnet ist und nicht als gefährlich erscheint, werde in der Regel einen Schusswaffengebrauch mit Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen nicht rechtfertigen. Lasse sich das Risiko schwerer Körperverletzungen praktisch ausschliessen, so dürfe der Einsatz der Schusswaffe auch bei blossen Vermögensdelikten eher zu verantworten sein (BGE 111 IV 113 E. 5 S. 118). Diese Überlegungen haben auch für die verfassungsrechtliche Beurteilung der angefochtenen Bestimmung Gültigkeit. Die den repressiven Einsatz der Schusswaffe rechtfertigende Voraussetzung einer schweren Straftat bedeutet unter Berücksichtigung der im Spiel stehenden Grundrechte sowie des Verhältnismässigkeitsgebots, dass die fliehende Person eine besondere Gefährlichkeit oder Gewaltbereitschaft hat erkennen lassen. Dies trifft zu, wenn sie bewaffnet war oder wenn die Straftat, die sie beging oder der sie verdächtigt wird, andere Menschen an Leib, Leben oder Gesundheit verletzt, gefährdet oder bedroht hat (vgl. Urteil 6S.400/1994 vom 1. November 1994 betreffend Flucht im Zusammenhang mit einem schweren Betäubungsmitteldelikt; BGE 94 IV 5 E. 2b S. 9). Dieses besondere Gefährdungspotential gegenüber Anderen mag es im Einzelfall rechtfertigen, zur Verhinderung der Flucht von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Das kommt etwa im Polizeigesetz des Kantons Basel-Stadt zum Ausdruck. Danach muss die fragliche Person eine schwere Straftat begangen haben, mit der sie andere Menschen an Leib und Leben verletzt, gefährdet oder bedroht hat, oder einer solchen Tat verdächtigt werden (§ 48 PolG/BS). Als verfassungsrechtliches Erfordernis folgt daraus, dass Schusswaffen zur Verhinderung der Flucht nur eingesetzt werden dürfen, soweit die schwere Straftat, die der Flüchtende begangen hat oder der er verdächtigt wird, eine besondere Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit Anderer hat erkennen lassen und befürchten lässt, dass ein entsprechendes Gewaltpotential auch auf der Flucht umgesetzt wird. Aufgrund der genannten verfassungsrechtlichen Vorgaben ist § 17 Abs. 2 lit. b PolG in diesem Sinne auszulegen. Die Bestimmung kann auf diese Weise verfassungskonform angewendet werden. Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit sie die Aufhebung der Norm verlangt. 5. Die Beschwerdeführer fechten die Möglichkeit von Personenkontrollen und Identitätsfeststellungen sowie von erkennungsdienstlichen Massnahmen gemäss § 21 und 22 PolG an. Die Bestimmungen haben folgenden Wortlaut: § 21 - Personenkontrolle und Identitätsfeststellung 1 Wenn es zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist, darf die Polizei eine Person anhalten, deren Identität feststellen und abklären, ob nach ihr oder nach Fahrzeugen, andern Gegenständen oder Tieren, die sie bei sich hat, gefahndet wird. 2 Die angehaltene Person ist verpflichtet, Angaben zur Person zu machen, mitgeführte Ausweis- und Bewilligungspapiere vorzuzeigen und zu diesem Zweck Behältnisse und Fahrzeuge zu öffnen. 3 Die Polizei darf die Person zu einer Dienststelle bringen, wenn die Abklärungen gemäss Abs. 1 vor Ort nicht eindeutig oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten vorgenommen werden können oder wenn zweifelhaft ist, ob die Angaben richtig oder die Ausweis- und Bewilligungspapiere echt sind. § 22 - Erkennungsdienstliche Massnahmen 1 Die Polizei darf erkennungsdienstliche Massnahmen im Sinne der Strafprozessordnung vornehmen, wenn die Feststellung der Identität einer Person a. zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben notwendig ist und b. mit andern auf Polizeidienststellen vorhandenen Mitteln nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten erfolgen kann. 1 Vorbehältlich besonderer gesetzlicher Regelung sind erkennungsdienstlich erhobene Daten zu vernichten, sobald die Identität der Person festgestellt wurde oder der Grund für die Erhebung der Daten weggefallen ist. 5.1 Personenkontrollen und Identitätsfeststellungen durch Polizeiorgane berühren die Garantien von Art. 10 Abs. 2 BV und von Art. 8 Ziff. 1 EMRK (vgl. BGE 109 Ia 146 E. 4b S. 150). Dasselbe gilt für die Vornahme erkennungsdienstlicher Massnahmen. Für das Aufbewahren von erkennungsdienstlichen Daten ist demgegenüber in erster Linie Art. 13 Abs. 2 BV einschlägig (vgl. BGE 133 I 77 E. 3.2 S. 82; Urteil 1P.362/2006 vom 23. November 2006, in: ZBl 108/2007 S. 407). Schliesslich werden die Garantien von Art. 10 Abs. 2 BV und von Art. 8 EMRK betroffen, wenn eine angehaltene Person zwecks Identitätsfeststellung auf eine Dienststelle verbracht wird (vgl. zur Abgrenzung gegenüber dem Freiheitsentzug E. 6.5.3; ferner BGE 113 Ia 177 E. 1 S. 179; 124 IV 269 E. 4 S. 272). 5.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, § 21 PolG umschreibe die Voraussetzungen polizeilichen Handelns in ungenügender Weise und führe - in Missachtung der in BGE 109 Ia 146 umschriebenen Anforderungen - zu ungerechtfertigten und unverhältnismässigen Eingriffen in die persönliche Freiheit. § 21 PolG erlaubt den Polizeiorganen, Personen zwecks Identitätsfeststellung anzuhalten, verpflichtet die angehaltenen Personen zur Auskunft und befugt die Polizeiorgane, solche Personen unter weitern Bedingungen auf die Dienststelle zu führen. Die Notwendigkeit der Aufgabenerfüllung bildet nach dem Wortlaut von § 21 PolG die einzige Voraussetzung für Identitätsprüfungen. Es ist nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführer diese Voraussetzung als zu unbestimmt erachten und überdies geltend machen, das polizeiliche Handeln sei nicht aus der Sicht der Aufgabenumschreibung und -erfüllung, sondern mit Blick auf Besonderheiten der konkreten Situation zu definieren und zu begrenzen. § 21 Abs. 1 PolG vermag nicht jegliche Identitätskontrollen zu rechtfertigen. Vielmehr muss die Personenidentifikation zur polizeilichen Aufgabenerfüllung nach dem ausdrücklichen Wortlaut notwendig sein. Ist die Massnahme nicht notwendig, kann sie von vornherein nicht als gerechtfertigt und verhältnismässig betrachtet werden. Mit dem Begriff der Notwendigkeit wird zum Ausdruck gebracht, dass spezifische Umstände vorliegen müssen, damit die Polizeiorgane Identitätskontrollen vornehmen dürfen, dass die Kontrolle nicht anlassfrei erfolgen darf (vgl. Weisung, S. 41). Erforderlich können solche etwa sein, wenn sich Auffälligkeiten hinsichtlich von Personen, Örtlichkeiten oder Umständen ergeben und ein entsprechendes polizeiliches Handeln gebieten. Es müssen objektive Gründe, besondere Umstände, spezielle Verdachtselemente dazu Anlass geben oder diese rechtfertigen. Dazu können Situationen zählen, wie sie die Beschwerdeführer aufzählen, etwa eine verworrene Situation, die Anwesenheit in der Nähe eines Tatortes, eine Ähnlichkeit mit einer gesuchten Person, Verdachtselemente hinsichtlich einer Straftat und dergleichen. All dies wird mit der Voraussetzung, dass die Massnahme zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben notwendig sein muss, abstrakt umschrieben. Umgekehrt wird ausgeschlossen, dass Identifikationen aus bloss vorgeschobenen Gründen, persönlicher Neugierde oder andern nichtigen Motiven vorgenommen werden (vgl. BGE 109 Ia 146 E. 4b S. 150 f.). Angesichts der Vielfalt möglicher konkreter Situationen würde eine bestimmtere, Fallbeispiele aufzählende Formulierung kaum hilfreich sein und letztlich nicht zu grösserer Bestimmtheit führen. Entscheidend ist gesamthaft, dass Personenidentifikationen nicht über das Notwendige hinausreichen. Dieses Erfordernis vermag das polizeiliche Handeln in hinreichender Weise zu begrenzen. Im Übrigen werden von den Polizeiorganen Zurückhaltung und Respekt gefordert, wie dies das Bundesgericht zum Genfer Polizeigesetz ausgeführt hatte (BGE 109 Ia 146 E. 4b S. 151). Diese Grenzen sind auch im vorliegenden Zusammenhang zu beachten. 5.3 Die Beschwerdeführer befürchten weiter, dass aus der Kombination von § 21 Abs. 2 und 3 PolG, wonach angehaltene Personen zur Auskunftserteilung verpflichtet sind und allenfalls auf eine Dienststelle geführt werden können, eine Pflicht fliesse, auf öffentlichem Grund ständig einen Identifikationsausweis mit sich zu tragen, was das Bundesgericht (BGE 109 Ia 146) ausdrücklich als Verstoss gegen die persönliche Freiheit bezeichnet habe. Es steht ausser Frage, dass Personenkontrollen und Identitätsfeststellungen unter gegebenen Voraussetzungen einem öffentlichen Interesse entsprechen. Die Polizeiorgane müssen in die Lage versetzt werden, Personenkontrollen und Identitätsfeststellungen auch tatsächlich durchzuführen. Hierfür fällt in erster Linie in Betracht, dass die angehaltene Person entsprechende Angaben macht oder Ausweis- oder Bewilligungspapiere vorzeigt. Mündliche Angaben können für eine Personenkontrolle durchaus genügen, soweit sie ohne grossen Aufwand an Ort und Stelle überprüft werden können. Das Vorzeigen von Ausweisen dient denselben Zwecken. Dabei werden nicht bestimmte Ausweisarten verlangt. Der Begriff der Ausweis- oder Bewilligungspapiere in § 21 Abs. 2 PolG ist in einem weiten Sinne zu verstehen. Es können dazu alle amtlichen oder privaten Schriften gezählt werden, welche über die Identität Auskunft geben können (vgl. BGE 109 Ia 146 E. 5a S. 153). Sie können ohne grossen Aufwand an Ort und Stelle überprüft werden. Die angefochtene Zürcher Regelung - welche im Übrigen kaum wesentlich von der in BGE 109 Ia 146 beurteilten des Kantons Genf abweicht - führt demnach nicht zu einer mit der persönlichen Freiheit im Widerspruch stehenden Pflicht, einen (amtlichen) Ausweis mit sich zu tragen. 5.4 An dieser Beurteilung ändert der Umstand nichts, dass die angehaltene Person nach § 21 Abs. 3 PolG unter Umständen auf eine Dienststelle geführt werden kann. Bei dieser Massnahme handelt es sich um eine subsidiäre Form der Personenkontrolle und Identitätsfeststellung (vgl. BGE 109 Ia 146 E. 5a S. 153). Sie soll sicherstellen, dass die Personenkontrolle und Identitätsfeststellung auch tatsächlich vorgenommen werden kann, und will verhindern, dass sich eine Person letztlich dadurch einer Kontrolle entzieht, dass sie keine überprüfbaren Angaben macht und keine hinreichenden Papiere vorweist. Erforderlich für das Verbringen auf die Dienststelle ist, dass vorerst die Abklärungen vor Ort nach Abs. 1 und gleichermassen nach Abs. 2 tatsächlich durchgeführt werden. Nur wenn diese nicht genügen oder zweifelhaft bleiben, ist das Verbringen auf die Dienststelle zulässig. Das Verbringen auf eine Dienststelle kommt auch in Betracht, wenn eine Vielzahl von Personen zu überprüfen ist und diese Überprüfung deshalb vor Ort kaum bewerkstelligt werden kann. In Anbetracht des damit verbundenen Grundrechtseingriffs dürfen diese Voraussetzungen nicht leichthin als erfüllt angenommen werden. Die Massnahme darf nicht zur Schikane verkommen, soll eine subsidiäre Form der Identitätskontrolle bleiben und muss ohne Verzug vorgenommen werden (vgl. BGE 109 Ia 146 E. 5 S. 152). Unter diesen Voraussetzungen aber erscheint auch das Verbringen auf den Polizeiposten als verhältnismässige Massnahme. Bei dieser Sachlage erweist sich die Beschwerde hinsichtlich der Bestimmung von § 21 PolG als unbegründet. 5.5 Nach § 22 PolG dürfen die Polizeiorgane erkennungsdienstliche Massnahmen im Sinne der Strafprozessordnung vornehmen, wenn die Feststellung der Identität einer Person zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben notwendig ist und auf der Polizeidienststelle nicht oder nur schwer erfolgen kann. Gemäss der mit dem Polizeigesetz neu eingefügten Bestimmung von § 156a in die Zürcher Strafprozessordnung (StPO/ZH) werden bei der erkennungsdienstlichen Erfassung die Merkmale einer Person wie ihr Bild, Signalement, Schrift, Körpermaterial oder Spuren festgestellt und Abdrücke von Körperteilen abgenommen. Die erkennungsdienstliche Erfassung nach § 22 PolG reicht weiter als die Personenkontrolle und Identitätsfeststellung nach § 21 PolG, bedeutet einen gravierenderen Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen und ist gegenüber jenen nachgelagert. Mit dieser Systematik setzen sich die Beschwerdeführer nicht näher auseinander und begnügen sich damit, auf ihre Ausführungen zu § 21 PolG zu verweisen. Damit genügt die Beschwerdeschrift in diesem Punkte den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Die Bestimmung von § 22 PolG ist gegenüber derjenigen von § 21 PolG subsidiär und verlangt wegen des schwerer wiegenden Grundrechtseingriffs besondere Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. Die Verweisung auf § 156d StPO/ZH bedeutet nicht, dass anlässlich einer Polizeikontrolle alle dort für das Ermittlungsverfahren vorgesehenen Massnahmen ohne Weiteres ergriffen werden könnten. Die Vornahme von erkennungsdienstlichen Massnahmen nach § 22 PolG steht im Dienste der Identitätsfeststellung und darf nicht dazu dienen, auf Vorrat erkennungsdienstliches Material zu sammeln. Dieses verfassungsrechtliche Erfordernis der Zurückhaltung bei der Abnahme von erkennungsdienstlichen Daten ergibt sich aus Wortlaut und Systematik von § 22 PolG in hinreichender Weise. Die Bestimmung lässt sich dementsprechend verfassungskonform anwenden. 6. Die Bestimmungen von § 25-27 PolG umschreiben Voraussetzungen, Durchführung und Dauer des polizeilichen Gewahrsams. Sie sehen das Folgende vor: § 25 - Voraussetzungen Die Polizei darf eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn a. sie sich selber, andere Personen, Tiere oder Gegenstände ernsthaft und unmittelbar gefährdet, b. sie voraussichtlich der fürsorgerischen Hilfe bedarf, c. sie sich einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Massnahme durch Flucht entzogen hat oder d. dies zur Sicherstellung einer Vor-, Zu- oder Rückführung notwendig ist. § 26 - Durchführung 1 Hat die Polizei eine Person in Gewahrsam genommen, gibt sie ihr unverzüglich den Grund bekannt. 2 Sie gibt ihr Gelegenheit, eine Anwältin oder einen Anwalt zu bestellen, und, soweit dadurch der Zweck des polizeilichen Gewahrsams nicht gefährdet wird, eine Person ihres Vertrauens zu benachrichtigen. Ist die in Gewahrsam genommene Person dazu nicht in der Lage, hat die Polizei so schnell wie möglich Angehörige oder Familiengenossen zu benachrichtigen, soweit dies nicht dem mutmasslichen Willen der Person widerspricht. 3 Ist die Person unmündig oder entmündigt, ist ohne Verzug eine für die elterliche Sorge oder Obhut oder für die vormundschaftliche Aufsicht verantwortliche Person oder Stelle zu benachrichtigen. 4 Die Person muss mit den sie bewachenden Personen Kontakt aufnehmen können, wenn sie Hilfe benötigt. § 27 - Dauer 1 Der Gewahrsam dauert bis zum Wegfall seines Grundes, längstens jedoch 24 Stunden. 2 Ist im Hinblick auf die Zuführung an eine für weitere Massnahmen zuständige Stelle ein Gewahrsam von mehr als 24 Stunden notwendig, so stellt die Polizei innert 24 Stunden ab Beginn des Gewahrsams der Haftrichterin oder dem Haftrichter einen begründeten Antrag auf Verlängerung. Für das Verfahren sind die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung über die Haftanordnung sinngemäss anwendbar. 6.1 Die Beschwerdeführer kritisieren vorerst § 25 lit. b PolG und machen geltend, die Bestimmung ziele auf sozialhilfeabhängige Personen ab und erlaube polizeilichen Gewahrsam ohne öffentliches Interesse einzig wegen der Sozialhilfeabhängigkeit der betroffenen Person. Sie gehen davon aus, dass § 25 lit. b PolG nicht auf den fürsorgerischen Freiheitsentzug ausgerichtet sei, da ein entsprechender Gewahrsam durch § 25 lit. a und § 29 PolG abgedeckt werde. Die Rüge erweist sich als unbegründet. Polizeilicher Gewahrsam zum Zwecke fürsorgerischer Hilfe gemäss dem Wortlaut von § 25 lit. b PolG ist auf den fürsorgerischen Freiheitsentzug im Sinne von Art. 397a ff. ZGB ausgerichtet. Dieser setzt schwere Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunksucht, andere Suchterkrankungen oder schwere Verwahrlosung voraus. Demgegenüber setzen § 25 lit. a und § 29 PolG keine fürsorgerische Hilfebedürftigkeit voraus, sondern lediglich die (Selbst-) Gefährdung bzw. das Entweichen aus der Obhut oder der Aufenthalt an gefährlichen Örtlichkeiten. Sie können daher keinen Gewahrsam im Vorfeld eines fürsorgerischen Freiheitsentzuges begründen. Es sind keine Anzeichen dafür ersichtlich, dass § 25 lit. b PolG den polizeilichen Gewahrsam allein wegen Sozialhilfeabhängigkeit erlauben würde. Daran ändert der Umstand nichts, dass gewisse Überschneidungen zwischen § 25 lit. b und § 25 lit. a bzw. § 29 PolG denkbar und möglich sind. 6.2 Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, der Gewahrsamsgrund von § 25 lit. b PolG könne unter keine der in Art. 5 Ziff. 1 EMRK abschliessend aufgezählten Konstellationen von Freiheitsentzug subsumiert werden und halte daher vor Art. 5 EMRK nicht stand. Die fürsorgerische Freiheitsentziehung gemäss Art. 397a ZGB stellt einen Freiheitsentzug im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK dar (vgl. grundlegend BGE 114 Ia 182). Soweit § 25 lit. b PolG polizeilichen Gewahrsam bei voraussichtlicher fürsorgerischer Hilfebedürftigkeit erlaubt, kann dieser als vorbereitende Massnahme gleich wie der fürsorgerische Freiheitsentzug selber der Bestimmung von Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK zugeordnet werden. Demnach erweist sich die Rüge als unbegründet, § 25 lit. b PolG werde durch Art. 5 Ziff. 1 EMRK nicht abgedeckt. 6.3 Nach § 27 Abs. 1 PolG dauert der polizeiliche Gewahrsam bis zum Wegfall seines Grundes, längstens jedoch 24 Stunden. In dieser Hinsicht bemängeln die Beschwerdeführer als Verletzung von Art. 36 (Abs. 2 und 3) BV, es komme in der genannten Bestimmung nicht zum Ausdruck, dass der Gewahrsam aus verfassungsrechtlichen Gründen auch dann aufzuheben ist, wenn er trotz anhaltendem Grund unverhältnismässig geworden ist. Dauert der Gewahrsam bis zum Wegfall seines Grundes, längstens jedoch 24 Stunden, versteht sich von selbst, dass er schon vor Ablauf der 24 Stunden auch aufzuheben ist, wenn er unverhältnismässig wird, etwa weil die Gefahr der Selbst- oder Fremdgefährdung (§ 25 lit. a PolG) in der Zwischenzeit abgenommen hat oder gar dahingefallen ist. Das ergibt sich in allgemeiner Weise aus § 10, insbes. Abs. 3 und 4 PolG. Dass dieser Aspekt in § 27 Abs. 1 PolG nicht eigens wiederholt wird, lässt die Bestimmung nicht als verfassungs- und konventionswidrig erscheinen und schliesst eine grundrechtskonforme Anwendung nicht aus. 6.4 Gemäss § 27 Abs. 2 PolG kann der Gewahrsam länger als 24 Stunden andauern, wenn er im Hinblick auf die Zuführung an eine zuständige Stelle notwendig ist; diesfalls stellt die Polizei innert 24 Stunden ab Beginn des Gewahrsams der Haftrichterin oder dem Haftrichter einen begründeten Antrag auf Verlängerung. Die Beschwerdeführer rügen diese Verfahrensnorm nicht in eigenständiger Weise. Sie machen zu Recht nicht geltend, die Verlängerung des Gewahrsams durch den Haftrichter oder die Haftrichterin halte vor Verfassung und Konvention nicht stand. Daher ist auf die Beschwerde in diesem Punkte nicht einzutreten; soweit sie sich auf das Verhältnis von § 25 lit. d zu § 28 PolG bezieht, ist unten darauf einzugehen (E. 7). 6.5 Schliesslich beanstanden die Beschwerdeführer als Verletzung von Konvention und Verfassung, dass § 26 PolG den Rechtsschutz nicht ordnet und keinen direkten Zugang zu einem Richter vorsieht. Sie berufen sich auf Art. 5 EMRK und sinngemäss auf Art. 31 BV. Es trifft zu, dass das Polizeigesetz weder in allgemeiner Weise noch in Bezug auf den Polizeigewahrsam - abgesehen von § 27 Abs. 2 PolG - Rechtsschutzbestimmungen enthält. Die polizeilichen Massnahmen stellen grundsätzlich verwaltungsrechtliche Anordnungen dar, wozu auch der polizeiliche Gewahrsam zählt. Sie können nicht als solche strafprozessualer Natur verstanden werden. Dies hat zur Folge, dass mangels einer spezifischen Regelung grundsätzlich das Gesetz über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 24. Mai 1959 [VRG; LS 175.2]) zur Anwendung kommt (vgl. BGE 134 I 125 E. 4.1 S. 136). Im hier betroffenen Bereich kann das Verwaltungsgericht nach § 43 VRG mit Beschwerde angerufen werden. Ein Ausschlussgrund gemäss § 43 Abs. 1 VRG ist nicht ersichtlich; die Zulässigkeit der Beschwerde ans Verwaltungsgericht ergibt sich aus § 43 Abs. 2 VRG und der Verordnung des Regierungsrates über die Anpassung des kantonalen Rechts an das Bundesgesetz über das Bundesgericht (VO BGG; OS 61 S. 480). Vorinstanz des Verwaltungsgerichts ist die Sicherheitsdirektion, die über Rekurse gegen die Kantonspolizei entscheidet, oder der Bezirksrat bei Anordnungen durch die Stadtpolizeien (vgl. zum Ganzen BGE 134 I 125 E. 4.1 S. 136 mit zahlreichen Hinweisen). Daraus folgt, dass nach kantonaler Verfahrensordnung eine richterliche Behörde zwar angerufen werden kann, indes erst nach Durchlaufen des Verwaltungsrechtsweges und somit nicht auf direktem Wege. Es ist zu prüfen, ob diese Verfahrensordnung vor der Konvention und der Bundesverfassung standhält. 6.5.1 Art. 5 EMRK unterscheidet beim Freiheitsentzug hinsichtlich des Rechtsschutzes zwei unterschiedliche Konstellationen. Zum einen verlangt Art. 5 Ziff. 3 EMRK im Falle der Untersuchungshaft gemäss Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK eine unverzügliche Vorführung vor einen Richter von Amtes wegen. Diese Bestimmung ist in der vorliegenden Konstellation, wo keine Untersuchungshaft vorliegt, nicht anwendbar. Es kann deshalb von vornherein nicht verlangt werden, dass die in polizeilichen Gewahrsam genommene Person von Amtes wegen unverzüglich einem Richter vorgeführt wird. Zum andern hat nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK jede festgenommene Person Anspruch darauf, dass ein Gericht auf ihren Antrag hin innerhalb kurzer Frist über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzuges entscheidet. Diese Garantie schliesst es im Grundsatz nicht aus, dass vor der Beurteilung durch ein Gericht zusätzlich eine Administrativbehörde die Freiheitsentziehung prüft, soweit gesamthaft dem Erfordernis der kurzen Frist im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK Rechnung getragen wird (BGE 134 I 125 E. 4.4 S. 138; Zulässigkeitsentscheid EKMR S.M. gegen Schweiz vom 21. Januar 1998 [VPB 1998 Nr. 91]; Urteil EGMR Sanchez-Reisse gegen Schweiz vom 21. Oktober 1986, Ziff. 45, Serie A Band 107 [EuGRZ 1988 S. 523; VPB 1986 Nr. 91]; Urteil G.B. gegen Schweiz vom 30. November 2000, Ziff. 33 und 38 [VPB 2000 Nr. 123]). Vor diesem Hintergrund kann nicht gesagt werden, dass die kantonale Verfahrensordnung in Bezug auf den Polizeigewahrsam nicht konventionskonform angewendet werden könnte. 6.5.2 Die Bestimmung von Art. 31 BV enthält verschiedene Grundrechtsgewährleistungen im Zusammenhang mit dem Freiheitsentzug. Sie schützt vor ungerechtfertigter Verhaftung und Inhaftierung und räumt prozessuale Garantien ein. Die Norm ist in weitem Masse Art. 5 EMRK und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Bundesgerichts nachgebildet (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 20. November 1996, BBl 1997 185 f.; Müller/Schefer, a.a.O., S. 88). Im Einzelnen bezieht sich Art. 31 Abs. 3 BV auf die Untersuchungshaft. Die in Haft genommene Person hat u.a. Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden. Die Bestimmung findet - wie bereits im Zusammenhang mit Art. 5 Ziff. 3 EMRK ausgeführt (oben E. 6.5.1) - auf den polizeilichen Gewahrsam keine Anwendung und es können aus ihr für den hier umstrittenen Bereich keine verfahrensrechtlichen Garantien abgeleitet werden. Eine eigenständige Bedeutung hingegen kommt der Bestimmung von Art. 31 Abs. 4 BV zu. Diese beschränkt sich nicht wie Art. 5 Ziff. 4 EMRK darauf, auf einen Antrag hin so rasch als möglich eine gerichtliche Prüfung des Freiheitsentzuges zu gewährleisten. Vielmehr räumt sie jeder von einem Freiheitsentzug betroffenen Person das Recht ein, "jederzeit ein Gericht anzurufen", damit dieses so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzuges befinde (Französisch: "Toute personne ... a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal..."; Italienisch: "Chi ... ha il diritto di rivolgersi in ogni tempo al giudice..."). Die Bestimmung von Art. 31 Abs. 4 BV ist in dem Sinne zu verstehen, dass der Richter jederzeit und somit direkt soll angerufen werden können, nicht bloss auf indirektem Wege nach Durchlaufen von weitern Administrativinstanzen. Die Norm stellt eine besondere Rechtsweggarantie dar, welche weiter reicht als die allgemeine Garantie von Art. 29a BV. Sie dient Personen, denen die freie Bewegungsfreiheit entzogen ist und die wegen ihrer Situation eines besondern Schutzes bedürfen. Der direkte Zugang zu einem Richter oder einer Richterin kommt auch Personen zugute, die möglicherweise unvermittelt in polizeilichen Gewahrsam genommen worden sind. Er bedeutet, dass der gerichtliche Rechtsschutz gegen den Freiheitsentzug bzw. die Aufrechterhaltung der Freiheitsentziehung unmittelbar einsetzt. Damit erfährt der gerichtliche Rechtsschutz eine Stärkung. Das angerufene Gericht wird unmittelbar in die Lage versetzt, den Freiheitsentzug einer Prüfung zu unterziehen und allenfalls schon im Voraus vorsorgliche Massnahmen zu treffen. Eine derartige Regelung hat der Bundesgesetzgeber im Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) für den Polizeigewahrsam getroffen (Art. 24e BWIS in der bis Ende 2009 geltenden Fassung, AS 2006 3703 [3707]; BGE 134 I 125 E. 4.4 S. 137). 6.5.3 Bezogen auf den hier umstrittenen Zusammenhang hat Art. 31 Abs. 4 BV zur Folge, dass die von Polizeigewahrsam betroffene Person sogleich ein Gericht anrufen kann, welches entsprechend den konkreten Umständen so rasch als möglich über die Rechtmässigkeit der Freiheitsentziehung befindet. Mit Blick auf die Systematik des Polizeigesetzes bedeutet dies, dass dieser Rechtsweg während der 24-stündigen Dauer des Gewahrsams gemäss § 27 Abs. 1 PolG offensteht. Die Anwendung von Art. 31 Abs. 4 BV auf den Polizeigewahrsam macht es erforderlich, die Freiheitsentziehung im Sinne dieser Norm näher zu bestimmen. Sie ist abzugrenzen von andern Massnahmen wie der polizeilichen Anhaltung, der Festnahme oder dem Verbringen auf die Dienststelle, welche in die persönliche Freiheit und die Bewegungsfreiheit gemäss Art. 10 Abs. 2 BV eingreifen. Für die Unterscheidung kann auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Gerichtshofes abgestellt werden. Danach sind nicht allein die Stundenanzahl der Freiheitsbeschränkung massgebend, sondern die gesamten Umstände wie Art, Wirkung, Modalitäten und Dauer. Als Freiheitsentziehung sind namentlich betrachtet worden eine mehrstündige Festnahme unter Abnahme der persönlichen Utensilien, eine Unterbringung in einer Zelle während 4 Stunden oder eine 20-stündige Zurückhaltung (Urteil P 1758/86 vom 15. Dezember 1987, in ZBl 89/1988 S. 357; BGE 113 Ia 177 E. 1 S. 179; 116 Ia 149; ferner 107 Ia 138 E. 3b S. 140; vgl. Hans Vest, Kommentar zur Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, Art. 31 N. 7 f.; Frowein/Peukert, a.a.O., Art. 5 N. 14 f.; Grabenwarter, a.a.O., § 21 N. 5 f.). Umgekehrt kann das blosse Verbringen auf den Polizeiposten nach § 21 Abs. 3 PolG im Grundsatz nicht als Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 31 Abs. 4 BV betrachtet werden und löst demnach den genannten Anspruch auf direkten Zugang zu einem Richter nicht aus. 6.5.4 In diesem Punkte ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen. Es ist festzuhalten, dass von polizeilichem Gewahrsam betroffene Personen gestützt auf Art. 31 Abs. 4 BV einen Anspruch auf direkte Anrufung einer richterlichen Behörde haben. Es wird Sache des kantonalen Gesetzgebers sein, diesen Anspruch auf direkten Zugang zum Gericht im kantonalen Prozessrecht umzusetzen. Dabei wird er den allgemeinen Ausführungen zum Polizeirecht (oben E. 3.4) Rechnung tragen. 7. Die Bestimmungen von § 28 ff. PolG betreffen die Vor-, Zu- und Rückführung. Zudem nimmt § 25 lit. d PolG darauf Bezug. Soweit im vorliegenden Zusammenhang von Belang, haben die Bestimmungen folgenden Wortlaut: § 25 - Voraussetzungen Die Polizei darf eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn Die Polizei darf eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn ... d. dies zur Sicherstellung einer Vor-, Zu- oder Rückführung notwendig ist. § 28 - Vorführung und Zuführung Auf Ersuchen der zuständigen Stelle führt die Polizei eine Person dieser Stelle vor oder einer andern Stelle zu. Die Beschwerdeführer fechten § 28 und § 25 lit. d PolG an und rügen Verletzungen der persönlichen Freiheit. Sie machen allgemein geltend, der Bestimmung von § 28 PolG könne in keiner Weise entnommen werden, unter welchen Bedingungen polizeiliche Vorführungen und Zuführungen vorgenommen werden könnten. Derselbe Mangel zeige sich konkret bei § 25 lit. d PolG, welcher für die Sicherstellung von Vor-, Zu- und Rückführungen gar polizeilichen Gewahrsam vorsehe. Es ist den Beschwerdeführern einzuräumen, dass die Vorgaben für Vorführungen und Zuführungen weder in § 28 PolG noch im dazugehörigen § 25 lit. d PolG enthalten sind. Dieser Umstand lässt die Bestimmungen für sich genommen nicht als verfassungswidrig erscheinen. § 28 PolG stellt eine spezifische Form der Amts- und Vollzugshilfe dar, die in allgemeiner Weise in § 6 PolG umschrieben ist. § 28 und § 25 lit. d PolG beschränken sich darauf, der Polizei in abstrakter Weise die Befugnis zur Vornahme von Vorführungen und Zuführungen sowie zur Anordnung von polizeilichem Gewahrsam zu erteilen. Unter welchen Voraussetzungen, in welchen Bereichen und von welchen Stellen diese Art der Amts- und Vollzugshilfe in Anspruch genommen werden kann, richtet sich nach den für die spezifische Materie geltenden Rechtsgrundlagen. Erforderlich für Vorführungen und Rückführungen ist, dass die Stelle aufgrund der für sie einschlägigen rechtlichen Grundlagen befugt ist, solche zu verlangen. § 28 PolG fordert für die Vorführung und Zuführung ein "Ersuchen der zuständigen Stelle", setzt damit voraus, dass sich das Gesuch auf eine hinreichende Grundlage stützt (vgl. die Ausführungen des Regierungsrates in seiner Weisung, S. 44). Überdies verlangt das Verfassungsrecht, dass die Vorführung oder Zuführung dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit genügt. Im Einzelnen fallen für Vorführungen und Zuführungen als spezifische Form der Amts- und Vollzugshilfe unterschiedlichste Konstellationen in Betracht. Als Beispiel kann Art. 91 Abs. 2 SchKG genannt werden, wonach das Betreibungsamt den Schuldner von der Polizei vorführen lassen kann, wenn er ohne genügende Entschuldigung der Pfändung fernbleibt und sich nicht vertreten lässt. Angesichts der Grosszahl von denkbaren Situationen der Vorführung und Zuführung konnte sich der Gesetzgeber ohne Verfassungsverletzung darauf beschränken, die polizeiliche Befugnis festzuhalten, und damit darauf verzichten, die Konstellationen und Bedingungen im Einzelnen aufzuzählen. Daran ändert der Umstand nichts, dass in § 29 und 31 PolG spezifische Zu- und Rückführungsfälle näher umschrieben sind. Bei dieser Sachlage hält die Regelung betreffend die Vorführung und Zuführung nach § 28 PolG vor dem Verfassungsrecht stand. Soweit § 25 lit. d PolG allein die Vor-, Zu- oder Rückführung vorsieht, ist auch diese Norm aus denselben Erwägungen nicht zu beanstanden. Die Bestimmungen lassen sich unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit verfassungskonform handhaben. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht abstrakt gesagt werden, wie es sich mit dem polizeilichen Gewahrsam nach § 25 lit. d PolG zur Sicherstellung von Vor-, Zu- und Rückführungen im Einzelnen verhält. Die Verfassungsmässigkeit und Verhältnismässigkeit eines solchen Gewahrsams liessen sich lediglich im Hinblick auf spezifische Grundlagen und konkrete Situationen beurteilen. Von Bedeutung ist, dass der Gewahrsam zur Sicherstellung einer Vor-, Zu- oder Rückführung nach dem Wortlaut notwendig und demnach mit Blick auf die Zielsetzung angemessen sein muss. Bei dieser Sachlage kann daher nicht gesagt werden, polizeilicher Gewahrsam nach § 25 lit. d PolG halte vor der Verfassung nicht stand oder könne nicht verfassungskonform angewendet werden. Im Übrigen ist der Gewahrsam nach § 25 lit. d PolG der Bestimmung von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK zuzuordnen und somit in dieser Hinsicht mit der Konvention vereinbar. Somit erweist sich die Beschwerde in dieser Hinsicht als unbegründet. 8. Das Polizeigesetz enthält in § 32 eine Bestimmung zur Überwachung allgemein zugänglicher Orte mit technischen Geräten, sieht im Kapitel über den Datenschutz mit § 53 die Löschung von entsprechenden Aufzeichnungen vor und ermächtigt die Polizei nach § 106d StPO/ZH im Rahmen der Strafverfolgung zu Bild- und Tonaufnahmen an allgemein zugänglichen Orten. Die angefochtenen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut: § 32 - Überwachung Die Polizei darf zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben allgemein zugängliche Orte mit technischen Geräten offen oder verdeckt überwachen und soweit notwendig Bild- und Tonaufnahmen machen. § 53 - Löschen von Aufzeichnungen 1 Aufzeichnungen von Telefongesprächen mit Einsatzzentralen der Polizei werden spätestens nach einem Jahr gelöscht, wenn sie nicht zur Beweisführung oder zum Zweck der Personennachforschung sichergestellt worden sind. 2 Aufzeichnungen gemäss § 32 werden gelöscht, a. wenn feststeht, dass sie nicht mehr benötigt werden, b. spätestens nach einem Jahr, soweit sie nicht weiterhin für ein Straf-, Zivil- oder Verwaltungsverfahren benötigt werden. § 106d StPO Die Polizei kann im Rahmen der Strafverfolgung an allgemein zugänglichen Orten Bild- und Tonaufnahmen machen, wenn a. ernsthafte Gründe zur Annahme bestehen, dass Verbrechen oder Vergehen begangen worden sind oder vor der Ausführung stehen und b. die Abklärungen auf andere Weise weniger Erfolg versprächen oder erschwert wären. Die Beschwerdeführer machen geltend, die genannten Bestimmungen stellten reine Blankettnormen dar, welche den Anforderungen von Art. 36 BV weder hinsichtlich der Bestimmtheit noch in Bezug auf das erforderliche öffentliche Interesse und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit genügten. 8.1 Die Überwachung öffentlich zugänglichen Raumes und die Aufbewahrung von entsprechenden Bild- und Tonaufnahmen berührt die Garantien von Art. 13 Abs. 2 BV und von Art. 8 Ziff. 1 EMRK. Es kann offenbleiben, ob hinsichtlich der allgemeinen Überwachung zudem Art. 10 Abs. 2 BV betroffen ist (vgl. zum Ganzen BGE 133 I 77 E. 3.2 S. 80 mit zahlreichen Hinweisen). 8.2 Vorerst gilt es, die verschiedenen Möglichkeiten von Überwachungen und von Bild- und Tonaufnahmen aufzuzeigen und diese in Beziehung zu den damit verfolgten Zielen zu setzen (vgl. hierzu BGE 133 I 77 E. 4.2 S. 81 und E. 5.1 S. 83). 8.2.1 Die Überwachung von öffentlich zugänglichem Raum mit technischen Geräten kann in unterschiedlicher Weise erfolgen (vgl. Flückiger/Auer, La vidéosurveillance dans l'oeil de la Constitution, in: AJP 2006, S. 941; Dirk Bullesfeld, Verfassungs- und polizeirechtliche Aspekte polizeilicher Videoüberwachung, in: Polizeiliche Videoüberwachung öffentlicher Räume, Berlin, 2007, S. 70). Zum einen kann sie mittels eines laufenden Monitors in dem Sinne vorgenommen werden, dass das Geschehen an bestimmten Örtlichkeiten an einem Bildschirm - gewissermassen als Ersatz von Polizeiorganen an Ort und Stelle - unmittelbar in Bild und Ton verfolgt wird, sei es permanent oder lediglich zu bestimmten Zeiten. Eine solche Überwachung erlaubt es, besondere Ereignisse - die von Verkehrsstaus und Ähnlichem bis zu Demonstrationen und damit zusammenhängenden Ausschreitungen reichen können - festzustellen und unmittelbar mit Sicherheits- und Polizeikräften situationsgerecht in das Geschehen einzugreifen. Zum andern kann die Überwachung darauf ausgerichtet sein, in genereller Weise Aufnahmen vom öffentlichen Raum zu machen, das überwachte Geschehen festzuhalten und diese Aufnahmen während einer gewissen Dauer (vgl. § 53 Abs. 2 PolG) aufzubewahren. Die nachträgliche Verwendung des Bildmaterials kann unterschiedlichsten Zwecken dienen, gleichermassen für interne Bedürfnisse (Evaluierung von Verkehrsmassnahmen) wie zur Sicherung von Beweisen und zur Strafverfolgung. Erfolgen die Aufnahmen zu Beweiszwecken, wird das Bildmaterial im Allgemeinen eine Identifizierung von Personen zulassen. 8.2.2 § 32 PolG präzisiert die Natur der technischen Geräte und die Art ihres Einsatzes nicht. Nach der Weisung des Regierungsrates sollen die Geräte nicht im Gesetz umschrieben werden, künftige technische Entwicklungen vielmehr nachvollzogen werden können (Weisung S. 44). Angesprochen sind jegliche optische oder akustische Geräte, die entsprechende Überwachungen und Aufnahmen ermöglichen. Deren Leistungsfähigkeit kann bei der Überwachung des Verkehrsflusses oder von Personen variieren. Personen können mit Hilfe von Zoom oder Richtgeräten identifiziert und ihre Stimmen entsprechend zugeordnet werden. Geräte auf höchstem technischen Stand werden auch bei Nacht entsprechende Bild- und Tonaufnahmen von grosser Qualität liefern können. Das Polizeigesetz lässt es offen, ob die technische Überwachung mit fest installierten oder aber mit mobilen Geräten oder gar mit Drohnen erfolgt. Ebenso wird nicht bestimmt, ob die Überwachung offen oder verdeckt getätigt wird. Eine Bekanntmachung der Überwachung mit Hinweistafeln ist nicht vorgesehen (vgl. BGE 133 I 77 Sachverhalt S. 78). 8.2.3 Von der Überwachung werden laut § 32 PolG sämtliche allgemein zugänglichen Orte erfasst. Dazu gehören ohne Zweifel öffentliche Strassen und Plätze. Die Norm erfasst ohne Einschränkung das ganze Kantonsgebiet, inklusive Wälder und Gewässer. Sie differenziert nicht nach ländlichen oder überbauten Gegenden, nach Dörfern oder Städten, nach Quartieren und Zentren oder nach besonders oder weniger gefährdeten Örtlichkeiten. Ferner dürfte dazu privater Raum zählen, welcher der Öffentlichkeit gewidmet ist (vgl. BGE 127 I 164 E. 5b S. 177 betr. Kundgebung auf einem dem Gemeingebrauch gewidmeten Platz; Urteil P.923/1982 vom 14. April 1983 betreffend Strassenaktivitäten in den Lauben der Berner Altstadt). Schliesslich ist nach dem Wortlaut des Polizeigesetzes nicht auszuschliessen, dass auch faktisch zugängliches Privateigentum erfasst wird, beispielsweise eine private Stichstrasse ohne Betretungs- oder Fahrverbote. Somit kann die Überwachung gemäss § 32 PolG uneingeschränkt "allgemein zugängliche Orte" erfassen, mithin den gesamten öffentlichen Raum auf dem gesamten Kantonsgebiet, ohne dass irgendwelche Einschränkungen, Präzisierungen oder Schwerpunkte zum Ausdruck kämen. 8.2.4 Zur Anordnung der erwähnten Überwachungen ist in allgemeiner Weise die Polizei zuständig. Nach § 2 gehören dazu die Kantonspolizei und die kommunalen Polizeien. Dem Polizeigesetz kann nicht entnommen werden, dass hinsichtlich der Überwachungsmassnahmen differenziert würde und beispielsweise einzelne, schwerer wiegende Massnahmen bestimmten Polizeiorganen vorbehalten würden. Vielmehr können die Überwachungsmassnahmen im Sinne von § 32 PolG von allen Polizeien angeordnet werden. 8.3 § 32 PolG enthält keine Angaben darüber, welche es erlauben würden, aus der weiten Palette der aufgezeigten technischen Einsatzmöglichkeiten eine bestimmte Zielrichtung oder mehrere bestimmte Zweckausrichtungen erkennen zu lassen. Solche lassen sich - anders als etwa bei dem in BGE 133 I 77 beurteilen Polizeireglement der Stadt St. Gallen - auch aus dem Kontext von § 32 PolG nicht herauslesen. Das Fehlen von jeglichen Zweckangaben verunmöglicht es von vornherein, klare Ziele und ein öffentliches Interesse an entsprechenden Überwachungsmassnahmen zu ermessen. Daran vermag die Bezugnahme auf § 3 ff. PolG nichts zu ändern, wo die Aufgaben der Polizei allgemein umschrieben sind. Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die Verhütung von strafbaren Handlungen, die Erhöhung der Verkehrssicherheit und Verhütung von Unfällen im Strassenverkehr sowie die Abwehr von unmittelbar drohenden Gefahren liegen fraglos im öffentlichen Interesse. Diese Ziele vermögen indes keine hinreichenden Ausrichtungen von Überwachungsmassnahmen abzugeben, da sie auf unterschiedlichen Ebenen liegen und je einzeln betrachtet nach unterschiedlichen Anforderungen, Ausgestaltungen und auch Begrenzungen rufen. So erfordert eine generelle Verkehrsüberwachung in der Regel keine Personenidentifikationen. Solche mögen erforderlich erscheinen zur Beweissicherung im Zusammenhang mit allfälligen Straftaten oder bei der Überwachung von besonders gefährdeten Örtlichkeiten. Die Prävention an solchen Örtlichkeiten kann es als nötig erscheinen lassen, dass die Überwachung mit Hinweistafeln angezeigt wird; umgekehrt mag es Situationen geben, wo sich eine verdeckte Überwachung rechtfertigt. Damit zeigt sich, dass sich weder aus der Formulierung von § 32 PolG noch aus der allgemeinen Umschreibung der Polizeiaufgaben gemäss § 3 ff. PolG einigermassen klare Zweckausrichtungen ableiten lassen. Dies verunmöglicht es wiederum, im Sinne von Art. 36 Abs. 2 BV ein öffentliches Interesse oder private Schutzinteressen zur Rechtfertigung der Überwachungsmassnahmen herauszulesen oder gar zu beurteilen. Es reicht nicht, mit dem Schlagwort der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit unbeschränkte Überwachungen zu begründen, die in vielfältigsten Ausgestaltungen unterschiedlichen Zwecken dienen können. So lässt sich auch keine Zweck-Mittel-Relation bestimmen, die vor dem Hintergrund des Grundrechtseingriffs auf ihre Verhältnismässigkeit hin geprüft werden könnte. Mangels entsprechender Differenzierung - etwa hinsichtlich der Möglichkeit der Personenidentifizierung - können Überwachungsmassnahmen nicht am Grundsatz der Verhältnismässigkeit gemessen werden. Diese Ungewissheit lässt es denn auch nicht zu, in der in § 32 PolG enthaltenen Wendung "soweit notwendig" eine wirksame Schranke zu erblicken. Das Erfordernis der Notwendigkeit ist im vorliegenden Zusammenhang nicht geeignet, die Vornahme von Bild- und Tonaufnahmen auf bestimmte Zwecke auszurichten und im Sinne des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes einzugrenzen. Die Offenheit und Unbestimmtheit von § 32 PolG lassen keinerlei Beschränkungen der Überwachung erkennen. Der Bestimmung lassen sich keine Voraussetzungen für den Einsatz von Überwachungsgeräten entnehmen, ebenso wenig irgendwelche Grenzen, Schranken oder Schwerpunkte. Die Bestimmung erlaubt vielmehr eine grenzenlose Überwachung des öffentlichen Raumes und gewisser Privaträume. Sie erlaubt, dass der öffentliche Raum auf dem ganzen Kantonsgebiet aus beliebigen polizeilichen Gründen offen oder verdeckt mit technischen Geräten überwacht wird und überdies Bild- und Tonaufnahmen gemacht werden, soweit das in irgendeiner Weise als notwendig betrachtet werden kann. Damit aber wird § 32 PolG zur grenzen- und konturlosen Blankettnorm, welche in gefestigte Grundrechtspositionen eingreift, ohne den erforderlichen Bestimmtheitsanforderungen zu genügen, in ihrer Weite und Offenheit einem hinreichenden öffentlichen Interesse zu entsprechen und ohne den zugrunde liegenden Grundrechten mangels jeglicher Grenzen gerecht zu werden. Dieses Manko lässt sich nicht dadurch beheben, dass das Bundesgericht § 32 PolG verfassungskonform auszulegen versucht. Es obliegt dem Gesetzgeber, Wertungen und Differenzierungen sowie entsprechende Einschränkungen vorzunehmen, die den Zweck der Überwachungen klar erkennen lassen und eine Beurteilung der Verhältnismässigkeit zulassen. Ebenso wenig kann der angefochtenen Norm allein unter Verweisung auf den in § 10 festgehaltenen Grundsatz der Verhältnismässigkeit hinreichend bestimmte Konturen verliehen werden. Daraus ergibt sich, dass § 32 PolG vor der Verfassung und der Konvention nicht standhält. Damit erweist sich die Beschwerde in diesem Punkte als begründet. Demnach ist § 32 PolG aufzuheben. 8.4 Über § 32 PolG hinaus fechten die Beschwerdeführer auch die Bestimmung von § 51 PolG zur Löschung von Aufzeichnungen an. Sie beantragen dessen vollumfängliche Aufhebung, begründen indes nur den Antrag auf Aufhebung von dessen Abs. 2. Hinsichtlich von Abs. 1 (Aufzeichnungen von Telefongesprächen mit Einsatzzentralen) ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die Beschwerdeführer stellen nicht in Frage, dass gewisse Aufzeichnungen in allfälligen Strafverfahren zu Beweiszwecken sollen Verwendung finden können und die Aufbewahrung während einer gewissen Dauer demnach einem öffentlichen Interesse entspricht. Hingegen erachten sie die Regelung - insbesondere vor dem Hintergrund von BGE 133 I 77 - als unverhältnismässig und machen namentlich geltend, das in § 53 Abs. 2 lit. a PolG enthaltene Kriterium stelle keine wirksame zeitliche Aufbewahrungsgrenze dar. Nach der angefochtenen Norm werden die Aufzeichnungen aus Überwachungen gelöscht, wenn feststeht, dass sie nicht mehr benötigt werden. Die mit der Aufbewahrung der Aufzeichnungen verbundene Grundrechtsbeeinträchtigung soll beseitigt werden, wenn eine weitere Aufbewahrung nicht mehr nötig ist und damit keinem öffentlichen Interesse mehr entspricht. § 53 Abs. 2 lit. a PolG stellt indes keine echte Begrenzung dar. Zum einen kommt nicht zum Ausdruck, welche Zweckrichtung der Benötigung zukommt, zumal die Notwendigkeit der Aufzeichnungen für Straf-, Zivil- und Verwaltungsverfahren in § 53 Abs. 2 lit. b PolG geregelt ist. Zum andern ist unklar, ob die Formulierung "wenn feststeht" einen entsprechenden formellen Entscheid eines Organs voraussetzt und ob entsprechende Feststellungen tatsächlich getroffen würden. Daraus folgt, dass sich die zeitliche Begrenzung der Aufbewahrung im Wesentlichen aus § 53 Abs. 2 lit. b PolG ergibt. Danach werden die Aufzeichnungen spätestens nach einem Jahr gelöscht, soweit sie nicht weiterhin für ein Straf-, Zivil- oder Verwaltungsverfahren benötigt werden. Für die Beurteilung, ob eine Aufbewahrungsdauer von einem Jahr vor dem Hintergrund der im Spiele stehenden Interessen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entspricht, kann auf das Urteil BGE 133 I 77 zurückgegriffen werden. Das Bundesgericht ging hier davon aus, dass angesichts des mit der Überwachung verfolgten Zwecks, der Sicherstellung einer repressiven Strafverfolgung, eine gewisse Aufbewahrungsdauer erforderlich sei. Grundsätzlich solle das Aufzeichnungsmaterial zu Beweiszwecken in einem Strafverfahren zur Verfügung stehen. Da bei Straftaten gegen die sexuelle Integrität oder gegen Jugendliche aus Furcht oder Scham oder mannigfachen andern Gründen bisweilen mit einer Anzeige oder einem Strafantrag eine Weile zugewartet wird, eine wirkungsvolle Strafverfolgung aber auch solchen besonders gefährdeten Gruppen ermöglicht werden soll, hielt das Bundesgericht eine Aufbewahrungsdauer von 100 Tagen - anstatt der vom Beschwerdeführer verlangten 30 Tagen - für gerechtfertigt. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, welche Gründe eine Aufbewahrung des Aufzeichnungsmaterials während eines ganzen Jahres rechtfertigen könnten. Auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Personen und Personengruppen, die in einem Verfahren auf die Aufzeichnungen zurückgreifen möchten, kann von diesen erwartet werden, dass sie das entsprechende Straf-, Zivil- oder Verwaltungsverfahren innert nützlicher Frist in die Wege leiten, damit die weitere Aufbewahrung sicherstellen und hierfür nicht beinahe ein ganzes Jahr zuwarten. Gleiches kann von den Behörden verlangt werden, wenn sie auf die Aufzeichnungen zurückgreifen wollen. Eine längere Aufbewahrung ist unverhältnismässig. Bei dieser Sachlage erweist sich die Beschwerde hinsichtlich von § 53 Abs. 2 PolG als begründet. Demnach ist die Bestimmung aufzuheben. 8.5 Im Rahmen der Strafverfolgung kann die Polizei nach § 106d StPO/ZH Bild- und Tonaufnahmen machen. Die Bestimmung kommt derjenigen von Art. 282 StPO/CH sehr nahe. Die von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang vorgebrachten Rügen erweisen sich als unbegründet. Im Gegensatz zu § 32 PolG weist § 106d StPO/ZH eine klare Zweckausrichtung auf. Die Überwachung ist ausschliesslich im Rahmen der Strafverfolgung zulässig, bedingt also, dass nach strafprozessualen Grundsätzen ein Verfahren eröffnet worden ist. Lit. a verlangt ernsthafte Gründe zur Annahme, dass Verbrechen oder Vergehen begangen worden sind oder vor der Ausführung stehen. Im Sinne der Verhältnismässigkeit ist erforderlich, dass die Abklärungen auf andere Weise weniger Erfolg versprechen oder erschwert würden. Damit kommt eine gewisse Subsidiarität der Überwachungsmassnahmen zum Ausdruck. Die Überwachung darf nicht dazu dienen, einen Verdacht überhaupt erst zu begründen. Es soll nur überwacht werden, wenn andere Untersuchungsmassnahmen wenig Erfolgschancen haben (vgl. zur Telefonüberwachung BGE 109 Ia 273 E. 6d S. 288). Dieses Kriterium gilt heute noch für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs nach dem entsprechenden Bundesrecht (Art. 3 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, BÜPF; SR 780.1). Es findet sich ferner in Art. 269 Abs. 1 lit. c und Art. 282 Abs. 1 lit. b StPO/CH und war früher in den kantonalen Strafprozessordnungen zur Telefonüberwachung enthalten (vgl. BGE 109 Ia 273 Sachverhalt S. 275 [§ 71a Abs. 1 lit. c] sowie E. 6d S. 288). Ferner ist nicht zu beanstanden, dass § 106d StPO/ZH nicht an einen Deliktskatalog gebunden ist. Das Bundesgericht hat kantonale Regelungen zur Telefonabhörung ohne Deliktskatalog verfassungsrechtlich zugelassen (vgl. BGE 109 Ia 273 E. 6c S. 286). Daran ändert der Umstand nichts, dass das BÜPF und die schweizerische Strafprozessordnung die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs nunmehr nur hinsichtlich bestimmter, im Einzelnen aufgeführter Straftaten zulassen. Schliesslich ist nicht ausschlaggebend, dass die früheren kantonalen Strafprozessordnungen die Telefonüberwachung lediglich in Bezug auf Verbrechen und Vergehen vorsahen, deren Schwere oder Eigenart den Eingriff rechtfertigte (vgl. BGE 109 Ia 273 Sachverhalt S. 275 [§ 71a Abs. 1 lit. a]) und dass dieser Zusatz der Schwere oder Eigenart in § 106d StPO/ZH fehlt. Wie dargetan, bringt die Formulierung den subsidiären Charakter der Überwachung in hinreichender Weise zum Ausdruck. Schliesslich kann im Kontext der Strafverfolgung auch nicht beanstandet werden, dass die Bild- und Tonaufnahmen an allen allgemein zugänglichen Orten zugelassen sind. Entgegen der Überwachung nach § 32 PolG geht es im Rahmen von § 106d StPO/ZH um Strafverfolgung, und diese kann es bei hinreichendem Tatverdacht erfordern, dass auch an abgelegenen Örtlichkeiten Ton- und Bildaufnahmen gemacht werden. Demnach ist die Beschwerde hinsichtlich der Bestimmung von § 106d StPO/ZH abzuweisen. 9. Die Bestimmungen von § 35-37 über die Durchsuchung von Personen, Gegenständen und Räumen lauten wie folgt. § 35 - Personen 1 Die Polizei darf in oder an der Kleidung einer Person, an der Körperoberfläche oder in den ohne Hilfsmittel einsehbaren Körperöffnungen und Körperhöhlen nach Gegenständen oder Spuren suchen, wenn a. dies zum Schutz von Angehörigen der Polizei oder anderer Personen oder von Gegenständen von namhaftem Wert erforderlich ist, b. Gründe für einen polizeilichen Gewahrsam dieser Person gegeben sind, c. der Verdacht besteht, dass sie sicherzustellende Gegenstände bei sich hat, d. es zur Feststellung ihrer Identität erforderlich ist oder e. sie sich in einem die freie Willensbildung ausschliessenden Zustand oder in hilfloser Lage befindet und die Durchsuchung zu ihrem Schutz erforderlich ist. 1 Die Durchsuchung wird von einer Person gleichen Geschlechts vorgenommen, es sei denn, die Massnahme ertrage keinen Aufschub. 2 Für weitergehende körperliche Untersuchungen beauftragt die Polizei eine Ärztin oder einen Arzt oder anderes medizinisches Fachpersonal. § 36 - Gegenstände 1 Die Polizei darf Fahrzeuge, Behältnisse und anderer Gegenstände öffnen und durchsuchen, wenn a. sie sich bei Personen befinden, die gemäss § 35 durchsucht werden dürfen, b. dies zum Schutz von Angehörigen der Polizei oder anderer Personen erforderlich ist, c. der Verdacht besteht, dass sich Personen darin befinden, die in Gewahrsam genommen werden dürfen oder hilflos sind, d. der Verdacht besteht, dass sich sicherzustellende Tier oder Gegenstände darin befinden, e. dies zur Ermittlung der Berechtigung an Tieren sowie Fahrzeugen oder anderen Gegenständen erforderlich ist. 1 Die Durchsuchung erfolgt nach Möglichkeit in Gegenwart der Person, welche die Herrschaft ausübt. 2 Erfolgt sie in Abwesenheit dieser Person, wird die Durchsuchung eingehend dokumentiert. § 37 - Räume 1 Die Polizei darf Räume durchsuchen, wenn die Umstände ein sofortiges Handeln nötig machen, um a. eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für Leib und Leben oder die Freiheit einer Person abzuwehren , b. Tiere oder Gegenstände von namhaftem Wert zu schützen, c. eine Person in Gewahrsam zu nehmen, wenn der Verdacht besteht, dass sie sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. 1 Soweit es die Umstände zulassen, zieht die Polizei für die Durchsuchung des Raumes die Inhaberin oder den Inhaber bei, bei deren oder dessen Verhinderung eine Angehörige oder einen Angehörigen, eine Hausgenossin oder einen Hausgenossen oder eine Urkundsperson. 2 Die Polizei gibt der Inhaberin oder dem Inhaber oder der Vertretung den Grund der Durchsuchung unverzüglich bekannt, soweit dadurch der Zweck der Massnahme nicht vereitelt wird. 9.1 Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass Untersuchungen von Personen und Gegenständen nach § 35 und 36 PolG abstrakt gesehen durch öffentliche Interesse gerechtfertigt sein können. Sie erachten die Massnahmen indes als unverhältnismässig, weil sie nach dem Gesetzeswortlaut jederzeit vorgenommen werden können und nicht wie in § 37 Abs. 1 PolG von Umständen abhängig gemacht werden, die ein sofortiges Handeln erfordern. Die Rüge erweist sich als unbegründet. § 35 und § 36 PolG können in dieser Hinsicht nicht mit der Bestimmung von § 37 PolG verglichen werden. Die Durchsuchung von Räumen erträgt oftmals einen Aufschub und braucht nicht unmittelbar vorgenommen zu werden. Für den Fall, dass sie aber sofort durchgeführt werden soll, ist eine spezielle Erwähnung im Gesetz notwendig. Insoweit wird die sofortige Durchsuchung an Umstände gebunden, die ein sofortiges Handeln nötig machen (§ 37 PolG). Anders verhält es sich bei der Durchsuchung von Personen und Gegenständen. Eine solche muss, soll sie überhaupt wirksam sein, bei gegebener Lage immer sofort erfolgen. Eine aufgeschobene Durchsuchung würde ihren Zweck kaum mehr erreichen können. Die zeitliche Dringlichkeit ergibt sich daher schon aus der Natur der Durchsuchung von Personen und Gegenständen. Sie kommt überdies in den einzelnen ausdrücklich genannten Tatbeständen gemäss § 35 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 PolG klar zum Ausdruck. Bei dieser Sachlage ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Untersuchung von Personen und Gegenständen nicht ausdrücklich an eine besondere zeitliche Dringlichkeit knüpfte. Im Übrigen ist die Erforderlichkeit der Untersuchung von Personen und Gegenständen sowohl in zeitlicher wie in sachlicher Hinsicht in Anbetracht der einzeln genannten Tatbestände sowie vor dem Hintergrund des Verhältnismässigkeitsprinzips allgemein zu beachten. Die Beschwerdeführer erheben hierzu keine spezifischen Rügen. Gesamthaft gesehen kann nicht gesagt werden, dass die Bestimmungen von § 35 und 36 PolG in dieser Hinsicht nicht ohne Weiteres verfassungskonform angewendet werden könnten. 9.2 Vorne ist dargelegt worden, dass die Bestimmung von § 25 lit. b PolG über den polizeilichen Gewahrsam hinsichtlich von Personen, die voraussichtlich der fürsorgerischen Hilfe bedürfen (§ 25 lit. b PolG), vor der Verfassung standhält (E. 6). Weitere Gewahrsamsformen haben die Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt. Sie können daher die Bestimmungen von § 35 Abs. 1 lit. b, § 36 Abs. 1 lit. c und § 37 Abs. 1 lit. c PolG nicht allein wegen des Umstandes der angeblichen Verfassungswidrigkeit des Polizeigewahrsams anfechten. Im Übrigen bringen die Beschwerdeführer nicht vor, dass die Durchsuchung bei Personen, die nach § 25 lit. a, c oder d PolG in Gewahrsam genommen werden können, eines öffentlichen Interesses entbehre oder unverhältnismässig wäre. Dasselbe gilt hinsichtlich der Bestimmung von § 35 Abs. 1 lit. d und § 36 Abs. 1 lit. a PolG. In dem Masse, als die Personenkontrolle und Identitätsfeststellung gemäss § 21 PolG für verfassungsmässig erachtet worden ist (vorne E. 5), halten auch diese Normen vor der Verfassung stand. Die Beschwerdeführer erheben keine darüber hinausgehenden selbstständigen Rügen. 10. Im Zusammenhang mit den Bestimmungen von § 38-40 PolG über die Sicherstellung, Rückgabe und Verwertung bzw. Vernichtung von Tieren oder Gegenständen rügen die Beschwerdeführer in erster Linie wegen des Mangels eines rechtzeitigen und gerichtlichen Verfahrens eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Sie berufen sich ferner auf Art. 26 und 27 BV. Die entsprechenden Normen des Polizeigesetzes haben folgenden Wortlaut: § 38 - Voraussetzungen Die Polizei darf Tiere und Gegenstände sicherstellen, a. um eine erhebliche Gefahr abzuwehren, b. zum Schutz privater Rechte gemäss § 7, c. um zu verhindern, dass eine in Gewahrsam genommene Person sie missbräuchlich verwendet. § 39 - Rückgabe 1 Ist der Grund der Sicherstellung dahingefallen, gibt die Polizei das Tier oder den Gegenstand zurück. 2 Erheben mehrere Personen Anspruch darauf oder ist die Berechtigung einer Person aus andern Gründen zweifelhaft, so setzt ihnen die Polizei Frist zur gerichtlichen Klage an. Nach unbenutztem Ablauf dieser Frist gibt sie das Tier oder den Gegenstand der Person zurück, bei welcher die Sicherstellung erfolgte. 3 Die Rückgabe kann von der Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden. 4 Kann ein Tier weder zurückgegeben noch anderweitig platziert werden, ist über das weitere Vorgehen unter Beizug der für das Veterinäramt zuständigen kantonalen Stelle zu entscheiden. § 40 - Verwertung und Vernichtung 1 Erhebt niemand Anspruch auf einen zurückzugebenden Gegenstand oder wird er von der berechtigten Person trotz Aufforderung nicht binnen angemessener Frist abgeholt, darf ihn die Polizei drei Monate nach Wegfall des Grundes für die Sicherstellung verwerten. 2 Die Polizei kann den Gegenstand früher verwerten, wenn er schneller Wertverminderung ausgesetzt oder seine Aufbewahrung mit erheblichen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist. 3 Kann der Gegenstand nicht verwertet werden, darf ihn die Polizei vernichten. 10.1 Nach diesen Bestimmungen kann die Polizei Tiere und Gegenstände zur Abwehr von Gefahren und zum Schutz von Rechten sicherstellen (vgl. Weisung S. 48). Die Sicherstellung ist eine dringliche und vorläufige Massnahme zur Gefahrenabwehr. Das sichergestellte Tier oder der sichergestellte Gegenstand soll bei Entfallen der Gefahr baldmöglichst an den Berechtigten zurückgegeben werden. Die Sicherstellung stellt keine strafprozessuale Massnahme dar, ist einer förmlichen Beschlagnahme vorgelagert und darf mit einer solchen nicht gleichgesetzt werden (vgl. zur Beschlagnahme Art. 263 StPO/CH; BGE 128 I 129 E. 3.1.1 S. 132). 10.2 Die Beschwerdeführer stellen die Sicherstellung von Tieren und Gegenständen als solche nicht in Frage und bringen nicht vor, dass die in § 38 PolG umschriebenen Sicherstellungsgründe keinem öffentlichen Interesse entsprächen oder unverhältnismässig wären. Sie konzentrieren ihre Rüge auf den Rechtsschutz und beanstanden, dass keine Gewähr für ein rechtzeitiges gerichtliches Verfahren bestehe. Hierfür ist davon auszugehen, dass die Sicherstellung allein der Gefahrenabwehr dient. Ihrer polizeilichen Natur entsprechend, muss sie sofort vollzogen werden, ohne dass vorgängig ein förmliches Verfahren (gar mit einem Rechtsmittelzug) durchgeführt werden könnte. Es verhält sich insoweit mit der Sicherstellung nicht anders als mit andern polizeilichen Massnahmen, die keinen Aufschub erlauben. Sie ist denn auch nicht auf Dauer angelegt (und unterscheidet sich auch hierin von der Beschlagnahme). Die Sicherstellung ist aufzuheben und das Tier bzw. der Gegenstand zurückzugeben, sobald der Sicherstellungsgrund bzw. die zugrunde liegende Gefahr entfällt (§ 39 Abs. 1 PolG). Diese Bestimmung ist Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. § 39 Abs. 1 PolG kann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht allein wegen des Umstandes als verfassungswidrig bezeichnet werden, dass der Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht ausdrücklich erwähnt ist. Auch die übrigen, die Modalitäten der Rückgabe umschreibenden Bestimmungen können nicht als verfassungswidrig bezeichnet werden. Die Rückgabe erfolgt grundsätzlich gegenüber derjenigen Person, bei welcher die Sicherstellung erfolgte. Sind Anspruch oder Berechtigung aber umstritten oder unsicher, setzt die Polizei Frist zur gerichtlichen Klage. Nur für den Fall, dass niemand Anspruch erhebt, kann die Polizei den Gegenstand verwerten oder allenfalls vernichten. Die Verwertung oder Vernichtung ist daher zur Rückgabe subsidiär. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, inwiefern der Berechtigte seiner Rechte oder eines wirtschaftlichen Nutzens verlustig gehen sollte. 10.3 Wie oben bereits dargelegt, enthält das Polizeigesetz keine spezifischen Rechtsschutzbestimmungen. Somit kommt grundsätzlich das Verwaltungsrechtspflegegesetz zur Anwendung. Daraus folgt, dass - nach Bezirksrat oder Sicherheitsdirektion - das Verwaltungsgericht angerufen werden kann (oben E. 6.5). Dies steht nicht im Widerspruch zu Art. 29a BV. Ebenso wenig kann darin eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK erblickt werden, soweit diese Bestimmung auf vorsorgliche Massnahmen wie die Sicherstellung überhaupt anwendbar sein sollte (vgl. Urteil 1P.64/2007 vom 29. Mai 2007, in: ZBl 109/2008 S. 557). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass das VRG in Anbetracht der auf dem Spiele stehenden Eigentums- und Wirtschaftsinteressen kein rechtzeitiges gerichtliches Verfahren garantieren sollte. Schliesslich ist auf § 55-57 PolG hinzuweisen. Danach richtet sich die Haftung für polizeiliches Handeln nach den Bestimmungen des Haftungsgesetzes des Kantons Zürich. Der Kanton leistet nach Billigkeit Ersatz, wenn Dritten durch rechtmässige polizeiliche Tätigkeit Schaden entsteht. Damit erweist sich die Beschwerde auch in diesem Punkte als unbegründet. 11. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen. Es sind die Bestimmungen von § 32 und § 53 Abs. 2 des Polizeigesetzes aufzuheben. Darüber hinaus hat der Kanton Zürich Personen, die in Polizeigewahrsam genommen worden sind, einen direkten Zugang zu einer richterlichen Behörde zu gewährleisten. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist den Beschwerdeführern eine reduzierte Gerichtsgebühr aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren im Ausmasse des Obsiegens reduziert zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und § 32 und § 53 Abs. 2 des Polizeigesetzes des Kantons Zürich vom 23. April 2007 werden aufgehoben. Der Kanton Zürich hat Personen, die gemäss §§ 25 ff. des Polizeigesetzes in Polizeigewahrsam genommen sind, den direkten Zugang zu einer richterlichen Behörde zu gewährleisten. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 3. Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern sowie dem Kantonsrat und dem Regierungsrat des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 30. September 2009 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Steinmann
4a3593f3-c485-4243-b764-b0167dad0538
de
2,015
CH_BGer_006
Federation
null
null
null
penal_law
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte X._ am 11. März 2008 wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern, mehrfacher sexueller Nötigung, mehrfacher sexueller Belästigung sowie Pornographie zu einer Freiheitsstrafe von 35 Monaten und zu einer Busse von Fr. 500.--. Es ordnete eine stationäre therapeutische Behandlung an. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es zugunsten der Massnahme auf. Das Regionalgericht Bern-Mittelland verlängerte die stationäre therapeutische Massnahme jeweils um drei Jahre, letztmals am 25. Juni 2014. Der Entscheid wurde X._ anlässlich der Hauptverhandlung vom selben Tag mündlich eröffnet. X._ reichte dagegen am 2. Juli 2014 beim Obergericht des Kantons Bern Beschwerde ein mit dem Hinweis, er behalte sich eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Entscheid bei Vorliegen der schriftlichen Begründung vor. Das Obergericht eröffnete am 4. Juli 2014 ein Beschwerdeverfahren. Das Verfahren wurde bis zum Eintreffen der schriftlichen Begründung des Entscheids vom 25. Juni 2014 sistiert. Die schriftliche Begründung des Entscheids vom 25. Juni 2014 datiert vom 8. Juli 2014 und wurde den Parteien zugestellt. Sie ging bei X._ bzw. dessen Rechtsvertreter am 10. Juli 2014 ein. Das Obergericht nahm das sistierte Verfahren am 11. Juli 2014 wieder auf. Es gab der Generalstaatsanwaltschaft Gelegenheit, innert 20 Tagen eine Stellungnahme zur Beschwerde einzureichen. Die von X._ eingereichte Beschwerdeergänzung vom 14. Juli 2014 erkannte es mit Verfügung vom 15. Juli 2014 nicht zu den Akten. Auf die dagegen geführte Beschwerde von X._ trat das Bundesgericht am 29. August 2014 nicht ein (Verfahren 6B_780/2014). Es verwies auf die Möglichkeit der Anfechtung des Endentscheids. Das Obergericht wies die von X._ erhobene Beschwerde gegen die Verlängerung der Massnahme am 30. September 2014 in der Sache ab. B. X._ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt im Wesentlichen, es sei das obergerichtliche Urteil vom 30. September 2014 aufzuheben. Die Sache sei an das Obergericht zurückzuweisen, welches seine Beschwerdeergänzung vom 14. Juli 2014 zu den Akten zu nehmen und den Fall neu materiell zu beurteilen habe. Eventualiter sei die Angelegenheit mit der Anweisung an die kantonalen Instanzen zurückzuweisen, anstelle des Beschwerdeverfahrens ein Berufungsverfahren durchzuführen. Subeventualiter sei eine ambulante Massnahme anzuordnen und er aus der stationären therapeutischen Massnahme bedingt zu entlassen. Subsubeventualiter sei die stationäre therapeutische Massnahme um maximal ein Jahr zu verlängern. C. Das Obergericht stellt in der Vernehmlassung zur Beschwerde keinen Antrag. Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern verzichtet auf Stellungnahme. D. Das Bundesgericht hat den Entscheid öffentlich beraten (Art. 58 Abs. 1 BGG).
Erwägungen: 1. Der angefochtene Endentscheid, mit welchem die erstinstanzlich angeordnete Verlängerung der stationären Massnahme gemäss Art. 59 Abs. 4 StGB um drei Jahre geschützt wurde, unterliegt der Beschwerde in Strafsachen im Sinne von Art. 78 ff. BGG. Ebenso unterliegt der Beschwerde in Strafsachen die Verfügung der Vorinstanz vom 15. Juli 2014, mit welcher die Beschwerdeergänzung des Beschwerdeführers vom 14. Juli 2014 nicht zu den Akten genommen wurde (Art. 93 Abs. 3 BGG). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 81 BGG). Er rügt die Verletzung von Bundesrecht, was zulässig ist. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, der Verfahrensfairness und des Prinzips der Waffengleichheit namentlich deshalb, weil die Vorinstanz den Beginn der 10-tägigen Frist für die Einreichung der Beschwerde auf den Zeitpunkt der mündlichen Entscheideröffnung vom 25. Juni 2014 festlegte und seine fristgerechte Beschwerdeergänzung vom 14. Juli 2014 zur schriftlichen Begründung des Entscheids aus dem Recht wies. Der Generalstaatsanwaltschaft habe sie nach Zustellung der schriftlichen Entscheidbegründung hingegen eine Frist von 20 Tagen angesetzt, um zur Beschwerde Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, es gehe vorliegend um die Verlängerung einer stationären Massnahme nach Art. 59 Abs. 4 StGB. Es handle sich um ein Verfahren betreffend selbständige nachträgliche gerichtliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO. In der Verfügung vom 11. Juli 2014 führe die Vorinstanz aus, bei der Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme handle es sich unzweifelhaft um ein Urteil, da über eine Straffrage materiell entschieden werde. Konsequenterweise hätte die Vorinstanz anstelle des Beschwerdeverfahrens ein Berufungsverfahren eröffnen müssen. Es ist vorab das Vorbringen zu behandeln, die Vorinstanz hätte anstelle des Beschwerdeverfahrens richtigerweise ein Berufungsverfahren einleiten müssen. 3. 3.1. Als Entscheide im Nachverfahren gemäss Art. 363 ff. StPO gelten solche, in denen sich ein Gericht im Nachgang an ein in Rechtskraft erwachsenes Strafurteil hauptsächlich in Bezug auf die Massnahme oder den Vollzug der Strafe nochmals mit der Sache zu befassen hat. Das ursprüngliche Verfahren wird fortgesetzt. Solche nachträgliche Entscheide in Nachverfahren sind subsidiär. Kommt es wegen neuer Straftaten zu einer Anklage, übernimmt das dafür zuständige Gericht auch die Abänderungen und Ergänzungen des vorherigen Urteils (Art. 81 Abs. 4 lit. d, Art. 326 Abs. 1 lit. g StPO). In den Verfahren gemäss Art. 363 ff. StPO geht es mithin um die nachträgliche Abänderung oder Ergänzung der Sanktionsfolgen von rechtskräftigen Strafurteilen. Es soll damit einer späteren Entwicklung Rechnung getragen werden. Die Grundlage dafür findet sich im materiellen Recht. Beispiele für solche Nachverfahren sind die Festlegung einer Ersatzfreiheitsstrafe bei Nichtbezahlung der Geldstrafe bzw. Busse nach Art. 36 und Art. 106 Abs. 5 StGB, die Umwandlung der gemeinnützigen Arbeit in Geld- oder Freiheitsstrafe bei mangelnder Kooperation des Betroffenen nach Art. 39 StGB, die Verlängerung oder nachträgliche Anordnung einer stationären Massnahme nach Art. 59 Abs. 4 StGB bzw. Art. 62c Abs. 3 StGB oder gar die nachträgliche Anordnung der Verwahrung nach Art. 62c Abs. 4 StGB (MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Rz. 1 zu Art. 363 StPO; s.a. CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Lieber/Hansjakob [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, Rz. 1 zu Art. 363 StPO). Die inhaltliche Bandbreite der Entscheide, welche im Nachverfahren im Sinne von Art. 363 ff. StPO ergehen, ist somit weit. Es geht einerseits um Bagatellen im strafvollzugsrechtlichen Massengeschäft bzw. um Fälle minderen Gewichts, andererseits um Entscheidungen, die für den Betroffenen mit ganz massiven Konsequenzen verbunden sind. 3.2. Das Nachverfahren im Sinne von Art. 363 ff. StPO ist im Gesetz nur rudimentär geregelt. Die zuständige Behörde - in aller Regel die Straf- oder Vollzugsbehörde - leitet das Verfahren auf Erlass eines nachträglichen richterlichen Entscheids von Amtes wegen ein, sofern das Bundesrecht nichts anderes bestimmt, und reicht dem Gericht die entsprechenden Akten und ihren Antrag ein (Art. 364 Abs. 1 StPO). In den übrigen Fällen können die verurteilte Person oder andere dazu berechtigte Personen mit einem schriftlichen und begründeten Gesuch die Einleitung des Verfahrens beantragen (Art. 364 Abs. 2 StPO). Das zuständige Gericht - grundsätzlich das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat (Art. 363 Abs. 1 StPO) - prüft in der Folge, ob die Voraussetzungen für den nachträglichen richterlichen Entscheid erfüllt sind, und ergänzt, wenn nötig, die Akten oder lässt weitere Erhebungen durchführen (Art. 364 Abs. 3 StPO). Es gibt den betroffenen Personen und Behörden Gelegenheit, sich zum vorgesehenen Entscheid zu äussern und Anträge zu stellen (Art. 364 Abs. 4 StPO). Das Gericht entscheidet grundsätzlich gestützt auf die Akten. Es kann aber auch eine Verhandlung anordnen (Art. 365 Abs. 1 StPO). Es erlässt seinen Entscheid schriftlich und begründet ihn kurz. Hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, so eröffnet es seinen Entscheid sofort mündlich (Art. 365 Abs. 2 StPO). 3.3. Das Gesetz regelt damit nicht ausdrücklich, in welcher Rechtsform nachträgliche selbstständige Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO zu ergehen haben. Art. 365 Abs. 2 StPO spricht (ebenso wie die Marginale zur Gesetzesbestimmung) insofern neutral von "Entscheiden". Es stellt sich daher die Frage, ob solche Entscheide in Urteilsform oder aber in Beschluss- bzw. Verfügungsform zu ergehen haben, mit der Folge, dass im einen Fall die Berufung (Art. 398 Abs. 1 StPO), im andern Fall die Beschwerde (Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO) das zulässige Rechtsmittel bildet. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang mitunter von der "Urteil/Berufung"-Lösung oder aber der "Beschluss/Beschwerde"-Lösung gesprochen (NIKLAUS SCHMID, Nochmals zum Rechtsmittel gegen selbstständig gefällte Entscheide nach Art. 365 StPO, in forum poenale 4/2011, S. 222 ff.). 3.4. Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen (zur Publikation bestimmter Entscheid 6B_490/2014 vom 27. April 2015 E. 2.4; BGE 140 III 206 E. 3.5.4; 140 IV 1 E. 3.1; je mit Hinweisen). 3.5. Art. 80 ff. StPO enthalten Vorschriften zu Form und Inhalt von Entscheiden. Sie knüpfen an die allgemein gebräuchliche Begriffsbildung an. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 StPO ergehen Entscheide, in denen über Straf- und Zivilfragen materiell befunden wird, in Form eines Urteils. Die anderen Entscheide ergehen gemäss Art. 80 Abs. 1 Satz 2 StPO in Beschlussform, wenn sie von einer Kollektivbehörde (recte wohl Kollegialbehörde), in Verfügungsform, wenn sie von einer Einzelperson gefällt werden. Nach Art. 81 Abs. 3 lit. a StPO spricht sich ein Urteil inhaltlich zur tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des der beschuldigten Person zur Last gelegten Verhaltens aus und enthält die Begründung der Sanktionen und der Nebenfolgen sowie der Kosten- und Entschädigungsfolgen. Das Urteilsdispositiv gemäss Art. 81 Abs. 4 lit. b StPO umfasst im Sinne einer Zusammenfassung der zentralen Punkte den Entscheid über Schuld und Sanktion, Kosten- und Entschädigungsfolgen sowie allfällige Zivilklagen. 3.6. Nach den Gesetzesmaterialien sollen die nachträglichen richterlichen Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO, ungeachtet ihrer jeweiligen inhaltlichen Tragweite für den Betroffenen, nicht in Urteilsform ergehen, sondern als Beschluss bzw. Verfügung, weil kein neues Sachurteil anstehe. Die Materialien sind unmissverständlich. Sie sprechen deutlich dafür, dass sich der Gesetzgeber bewusst und in voller Kenntnis der Sachlage für die sogenannte "Beschluss/Beschwerde"-Lösung entschieden hat. So listen der Begleitbericht des Bundesamts für Justiz zum Vorentwurf für eine Schweizerische Strafprozessordnung unter Einschluss des Vorentwurfs 2001 sowie namentlich die Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts die Entscheide, die als nachträgliche richterliche Anordnungen zu gelten haben, im Einzelnen auf und halten ausdrücklich fest, diese Entscheide müssten - weil kein neues Sachurteil anstehe - in Form eines Beschlusses oder einer Verfügung ergehen und unterlägen deshalb der Beschwerde (vgl. Begleitbericht zum Vorentwurf für eine Schweizerische Strafprozessordnung, Bundesamt für Justiz, Bern 2001, S. 236; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, in BBl 2006 1085 ff., S. 1298 f.). 3.7. Die Lehre folgt überwiegend der in der Botschaft vertretenen "Beschluss/Beschwerde"-Lösung. Ausgeführt wird namentlich, der StPO liege ein enger Urteilsbegriff zugrunde. Darunter fielen nur Entscheide, in denen im Sinne eines umfassenden Sachurteils über Schuld und Unschuld, bei Schuldspruch über die Sanktion sowie die Nebenfolgen befunden werde. Auch wo selbstständige nachträgliche Entscheide Sachentscheide beträfen, mit denen eine Frage des materiellen Strafrechts beurteilt werde, liege deshalb kein (neues) Sachurteil vor. Es bestehe bereits ein rechtskräftiges Strafurteil, das bloss abgeändert oder ergänzt werde. Der nachträgliche gerichtliche Entscheid ergehe daher in Form eines Beschlusses bzw. einer Verfügung. Zulässiges Rechtsmittel sei die Beschwerde (so NIKLAUS SCHMID, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, Rz. 3 und 4 zu Art. 365 StPO; SCHWARZENEGGER, a.a.O., Rz. 1 und 3 zu Art. 365 StPO; DANIEL JOSITSCH, Grundriss des Schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl., Zürich 2013, N. 558 f.; ANDREAS KELLER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Lieber/Hansjakob [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, Rz. 21 zu Art. 393 StPO; RUCKSTUHL/DITTMANN/ARNOLD, Strafprozessrecht, Zürich 2011, S. 352 N. 1141; MARIE-LOUISE STAMM, Rechtsmittel bei selbstständigen nachträglichen Entscheiden nach Art. 363 ff. StPO, forum poenale 5/2012, S. 30 f.; MICHEL PERRIN, Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 10 zu Art. 365 StPO; JEANNERET/KUHN, Précis de procédure Pénale, Bern 2013, S. 453 f. N. 17120; vgl. auch MOREILLON/PAREIN-REYMOND, CPP, Code de procédure pénale, 2013, Rz. 7 und 8 zu Art. 365 StPO). 3.8. Das Bundesgericht hat sich unter Hinweis auf die Botschaft und einzelne Autoren in seiner bisherigen Rechtsprechung dafür ausgesprochen, dass die Beschwerde zulässiges Rechtsmittel gegen nachträgliche gerichtliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO sein soll (Entscheide 6B_293/2012 vom 21. Februar 2012 E. 2 betreffend Verlängerung einer ambulanten Massnahme, 6B_425/2013 vom 31. Juli 2013 E. 1.2 betreffend Widerruf einer bedingten Strafe sowie namentlich 6B_688/2013 vom 28. Oktober 2013 E. 2.1. und 2.2 betreffend Verlängerung einer stationären Massnahme; vgl. auch Entscheid 6B_538/2013 vom 14. Oktober 2013 E. 5.2, worin es ausdrücklich heisst, nachträgliche gerichtliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO seien "par la voie du recours à l'exclusion de l'appel" anzufechten). 3.9. Die in der Botschaft und von der herrschenden Lehre vertretene Auffassung, dass Entscheide im Verfahren nach Art. 363 ff. StPO als Beschluss bzw. Verfügung ergehen und mit Beschwerde anzufechten sind, ist bei einem nicht unerheblichen Teil des Schrifttums auf Kritik gestossen. Eingewendet wird namentlich, mit der nachträglichen Modifikation eines rechtskräftigen Strafurteils auf der Grundlage von Art. 363 ff. StPO werde eine neue materiellrechtliche Entscheidung über eine Straffrage getroffen, indem die ursprüngliche Sanktionsfolge ergänzt oder abgeändert werde. Diese Entscheidung müsse zwingend in Urteilsform gemäss Art. 80 Abs. 1 Satz 1 StPO ergehen. Dass jedenfalls einschneidende Entscheide im Bereich des Massnahmenrechts nur als Urteil ausgefällt werden könnten, werde auch an anderer Stelle des Gesetzes deutlich. So ergehe die Anordnung der Massnahme bei einer schuldunfähigen Person nach Art. 375 Abs. 2 StPO ausdrücklich in Form eines Urteils; dies "aufgrund der Tragweite der möglichen Sanktionen" (Botschaft, a.a.O., S. 1305). Das Gesetz sehe die Urteilsform auch für die nachträgliche Verwahrung im Fall eines fehlerhaften Urteils im Sinne von Art. 65 Abs. 2 StGB vor, deren Verfahren sich nach den Regeln über die Wiederaufnahme richte (Art. 65 Abs. 2 StGB i.V.m. 410 StPO). Weshalb bei nachträglichen Entscheiden andere Regeln gelten sollen, sei nicht einsehbar, zumal es in der Sache um das Gleiche gehe. Das Rechtsmittel der Beschwerde und die gesetzliche Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens würden dem inhaltlichen Gewicht dieser Entscheide nicht gerecht. Daher sei im Verfahren nach Art. 363 ff. StPO die Berufung als zulässiges Rechtsmittel zuzulassen (HEER, a.a.O., Rz. 4 ff. zu Art. 365 StPO; RIEDO/FIOLKA/NIGGLI, Strafprozessrecht sowie Rechtshilfe in Strafsachen, Basel 2011, Rz. 2695 und Rz. 2697 f.; NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, S. 529 f. N. 1508 und 1509; CHRISTOPHER GETH, Rechtsmittel gegen selbstständige nachträgliche Entscheidungen des Gerichts nach Art. 363 ff. StPO, AJP 3/2011, S. 313 ff.; RENATE SCHNELL, Entscheide nach Art. 365 StPO - berufungsfähig oder nur der Beschwerde zugänglich, forum poenale 4/2011, S. 111 f.). 3.10. In Anlehnung an die Minderheitsmeinung haben mehrere Kantone explizit die Berufung als zulässiges Rechtsmittel gegen nachträgliche gerichtliche Entscheide im Verfahren nach Art. 363 ff. StPO bezeichnet (vgl. dazu PATRICK GUIDON, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Rz. 12 zu Art. 393 StPO mit Hinweisen; so namentlich St. Gallen [GVP 2011 Nr. 79], Aargau [AGVE 2012 Nr. 82] und Luzern [LGVE 2012 I Nr. 68]). Andere Kantone erachten dagegen die Beschwerde als das zulässige Rechtsmittel (beispielsweise Basel-Stadt [BJM 4/2013 S, 209 ff.], Zürich [ZR 110 (2011) Nr. 53], Schwyz [EGV 2012 A 5.5 S. 36]). 3.11. Unter diesen Umständen besteht Anlass, die kontroverse Frage zum zulässigen Rechtsmittel gegen selbstständige gerichtliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO einer näheren Überprüfung zu unterziehen, zumal sich das Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung damit nicht vertieft befasste. 4. 4.1. Die Argumente der Minderheitsmeinung für die "Urteil/Berufung"-Lösung haben einiges für sich, namentlich soweit es sich um nachträgliche gerichtliche Entscheide handelt, die materielle Sachentscheide betreffen, welche mit weitreichenden Konsequenzen für den Betroffenen verbunden sind. So wird im Nachverfahren nach Art. 363 ff. StPO im Zusammenhang mit Art. 65 Abs. 1 StGB überhaupt erstmals der eingriffsintensive Freiheitsentzug einer Massnahme angeordnet. Eine nachträgliche Anordnung oder Verlängerung einer stationären Massnahme - etwa im Sinne von Art. 59 Abs. 4 StGB oder Art. 62c Abs. 3 StGB - ist für den Betroffenen sodann nicht von geringerer Tragweite als die ursprüngliche Anordnung der Sanktion. Ebenso wenig kann es aus Sicht der betroffenen Person einen Unterschied machen, ob die nachträgliche Anordnung einer Verwahrung aufgrund eines fehlerhaften Urteils gemäss Art. 65 Abs. 2 StGB (dann Urteilsform) oder als Folge der Aussichtslosigkeit oder Undurchführbarkeit einer Massnahme gemäss Art. 62c Abs. 4 StGB i.V.m. Art. 363 ff. StPO (dann Beschlussform) erfolgt. Vor diesem Hintergrund kann man sich fragen, ob in diesen Fällen der nachträgliche Entscheid, mit welchem das ursprüngliche Urteil in Anwendung des materiellen Rechts abgeändert wird, aufgrund der damit verbundenen Eingriffsintensität nicht als Urteil ergehen müsste, welches mit Berufung anzufechten wäre (ähnlich nicht publizierter Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 26. März 2013 E. 2.1/b S. 8). 4.2. Allerdings ist zu beachten, dass im Bereich von Rechtsmitteln das Gebot der Rechtssicherheit in hohem Masse gilt. Angesichts der inhaltlichen Bandbreite von möglichen nachträglichen Entscheiden ist mithin unabdingbar, dass bezüglich des zu ergreifenden Rechtsmittels Klarheit herrscht (STAMM, a.a.O., S. 31). Der Gesetzgeber hat sich im Zusammenhang mit den nachträglichen gerichtlichen Entscheiden gemäss Art. 363 ff. StPO - ungeachtet ihrer inhaltlichen Tragweite - bewusst und unmissverständlich für die "Beschluss/Beschwerde"-Lösung entschieden (vorstehend E. 3.6). Ausgangspunkt dieser Entscheidung bildet ein formaler Urteilsbegriff, wie er schon früher in der vorherrschenden Prozesslehre der Schweiz vertreten wurde und auch der geltenden StPO zugrunde liegt, wenn man Art. 80 ff. StPO nicht isoliert, sondern im strafprozessualen Kontext liest (Art. 80 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 81 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. b StPO; siehe vorstehend E. 3.5). Als Urteile gelten danach nur solche Sachentscheide, in denen umfassend über Schuld oder Unschuld, bei einem Schuldspruch über die Sanktion und die Nebenfolgen entschieden wird (SCHMID, a.a.O., forum poenale, S. 223; wohl auch DONATSCH/SCHWARZENEGGER/WOHLERS, Strafprozessrecht, 2. Aufl. 2014, S. 264; HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2006, § 45 N. 1 ff.; GÉRARD PIQUEREZ, Traité de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2006, N. 582; SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl. 2004, N. 581). Nachträgliche richterliche Anordnungen haben nicht diesen umfassenden Inhalt. Sie sind (bloss) urteilsähnlich (HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, a.a.O.). Auch wo nachträgliche richterliche Entscheide unstreitig Sachentscheide betreffen, mit welchen über eine materielle Straffrage befunden wird (zum Beispiel im Rahmen der nachträglichen Anordnung einer stationären Massnahme), ergeht kein neues umfassendes Sachurteil im Sinne von Art. 80 ff. StPO. Es besteht vielmehr bereits ein rechtskräftiges Strafurteil, das durch die nachträgliche richterliche Entscheidung (lediglich) modifiziert wird (DONATSCH/SCHWARZENEGGER/WOHLERS, a.a.O., S. 324 f.; STAMM, a.a.O., S. 30 f.). 4.3. Dass der "Beschwerde/Beschluss"-Lösung für nachträgliche richterliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung zugrunde liegt, zeigt auch ein Blick in die Jugendstrafprozessordnung. So hat der Gesetzgeber in Art. 43 lit. a JStPO ausdrücklich vorgesehen, dass Entscheide, mit welchen Massnahmen im Sinne von Art. 18 JStG nachträglich abgeändert werden, mit Beschwerde anzufechten sind (DIETER HEBEISEN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Rz. 3 zu Art. 43 JStPO; HEER, a.a.O., Rz. 9 zu Art. 365 StPO; siehe auch RENATE SCHNELL, Ausgewählte Aspekte zu den Rechtsmitteln im Anwendungsbereich der JStPO, in: Schweizerische Strafprozessordnung und Schweizerische Jugendstrafprozessordnung, [Hrsg. Marianne Heer], Bern 2010, S. 247 ff., S. 265). 4.4. Den Bedenken der Minderheitsmeinung, dass die Beschwerde bzw. das Beschwerdeverfahren der inhaltlichen Tragweite (eines grossen Teils) der nachträglichen richterlichen Entscheide im Sinne von 363 ff. StPO nicht gerecht wird (SCHNELL, a.a.O., S. 211; HEER, a.a.O., Rz. 10 zu Art. 365 StPO; siehe auch LUZIUS EUGSTER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, Rz. 14b zu Art. 399 StPO), ist entgegenzuhalten, dass auch die Beschwerde eine umfassende Prüfung der im Streite liegenden Angelegenheit zulässt. Die Beschwerde ist ein ordentliches, vollkommenes und devolutives Rechtsmittel, welches die Überprüfung des angefochtenen Entscheids mit freier Kognition erlaubt. Noven sind zulässig. Verfahrensmässig sind keine Nachteile auszumachen: Ein zweiter Schriftenwechsel darf durchgeführt werden (Art. 390 Abs. 3 StPO). Zusätzliche Erhebungen oder Beweisabnahmen können, wenn nötig, erfolgen (Art. 390 Abs. 4 StPO i.V.m. Art. 364 Abs. 3 StPO) und je nach Tragweite des Falles kann mündlich verhandelt werden (Art. 390 Abs. 5 StPO i.V.m. Art. 365 Abs. 1 StPO). Damit erlaubt die Beschwerde, falls notwendig, ein der Berufung angenähertes Verfahren. Einzig die Beschwerdefrist von 10 Tagen ist gegenüber der Berufungserklärungsfrist von 20 Tagen verkürzt. Angesichts der Tatsache, dass bei den nachträglichen gerichtlichen Entscheiden nur ein klar umgrenzter Ausschnitt, d.h. die Sanktionsfolge, eines bereits vorliegenden früheren Strafurteils neu geregelt wird, scheint die Frist von 10 Tagen zur Beschwerdeerhebung jedoch ausreichend (dazu eingehend STAMM, a.a.O., S. 30). 4.5. Die Meinung, die vornehmlich mit Verfahrensfragen befasste Beschwerdeinstanz könnte nicht ausreichend in der Lage sein, die sich in den Nachverfahren stellenden materiellrechtlichen Fragen zu beurteilen, entbehrt der Grundlage. Im Übrigen steht es den Kantonen frei, die Befugnisse der Beschwerdeinstanz dem Berufungsgericht zu überweisen (Art. 20 Abs. 2 StPO). Damit entfiele auch die (vermeintliche) Problematik, dass zwei unterschiedliche Rechtsmittelinstanzen über identische Sachfragen zu entscheiden haben. Hinzu kommt das Fol-gende: Für nachträgliche Entscheide ist gemäss Art. 363 Abs. 1 StPO grundsätzlich das Gericht zuständig, welches das erstinstanzliche Sachurteil gefällt hat. Diese Regelung ist indes nicht zwingend. Das Gesetz lässt vielmehr eine abweichende Regelung zu. Die Kantone können folglich andere erstinstanzliche Instanzen für zuständig erklären und beispielsweise betreffend die Nachverfahren nach Art. 363 ff. StPO separate Sanktionengerichte einrichten (SCHWARZENEGGER, a.a.O., Rz. 5 zu Art. 363 StPO; vgl. die Regelung in den Kantonen Genf und Waadt). Der Umstand, dass bereits das Gericht, welches das erstinstanzliche Sachurteil gefällt hat, nicht zwingend zuständig zu sein braucht, kann letztlich nur heissen, dass es auch nicht notwendigerweise das Berufungsgericht sein muss, welches in den Nachverfahren zweitinstanzlich entscheidet. 4.6. Ein weiterer Einwand der Minderheitsmeinung betrifft die angebliche Inkonsistenz in Bezug auf die nachträglichen Entscheide im Strafbefehlsverfahren (GETH, a.a.O., S. 30). Fallen nachträgliche Entscheide im Nachgang zu einem Strafbefehl an, ist die Staatsanwaltschaft zuständig (Art. 363 Abs. 2 StPO). Der nachträgliche Entscheid ergeht in der Form eines Strafbefehls, gegen welchen Einsprache erhoben werden kann (Art. 354 StPO; Botschaft, a.a.O., S. 1298 f.; siehe auch SCHWARZENEGGER, a.a.O., Rz. 6 zu Art. 363 StPO). Das Einspracheverfahren folgt anschliessend den Regeln von Art. 355 und 356 StPO. Diese Bestimmungen nehmen nicht vorweg, in welcher Form der Entscheid des erstinstanzlichen Gerichts ergeht. Da im Nachverfahren kein umfassendes neues Strafurteil ergeht, sondern (lediglich) die Sanktionsfolge im Sinne eines blossen Teilaspekts angepasst, ergänzt oder geändert wird, hat der nachträgliche richterliche Entscheid nach den allgemeinen Regeln als Beschluss bzw. Verfügung zu ergehen, welcher mit Beschwerde angefochten werden kann (vgl. STAMM, a.a.O., S. 31; SCHMID, a.a.O., Praxiskommentar, Rz. 4 zu Art. 363 StPO). 4.7. Unter all diesen Umständen hält das Bundesgericht namentlich mit Rücksicht auf den klaren gesetzgeberischen Willen in Übereinstimmung mit der überwiegenden Lehre an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass die Beschwerde das zulässige Rechtsmittel gegen selbstständige nachträgliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO ist. Es läge am Gesetzgeber - wenn er es für notwendig ansieht - Abhilfe zu schaffen. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die Vorinstanz zu Recht ein Beschwerdeverfahren eingeleitet hat. Die Beschwerde in Strafsachen erweist sich in diesem Punkt als unbegründet. 5. 5.1. Zu behandeln bleibt die Rüge des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, die Verfahrensfairness sowie das Prinzip der Waffengleichheit verletzt, indem sie den Beginn der 10-tägigen Frist für die Einreichung der Beschwerde auf den Zeitpunkt der mündlichen Entscheideröffnung vom 25. Juni 2014 festgelegt und seine Beschwerdeergänzung vom 14. Juli 2014 zur schriftlichen Entscheidbegründung aus dem Recht gewiesen habe. Er habe seine Beschwerde folglich nicht gestützt auf die ausführliche schriftliche Begründung des Entscheids abfassen können. Der Generalstaatsanwaltschaft habe die Vorinstanz demgegenüber nach Zustellung der schriftlichen Entscheidbegründung eine Frist von 20 Tagen zur Stellungnahme eingeräumt. 5.2. Nach Art. 29 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör und ein faires Gerichtsverfahren. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren zu allen wesentlichen Punkten und Entscheidgrundlagen Stellung nehmen und ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 140 I 99 E. 3.4; 135 I 187 E. 2.2; 132 II 485 E. 3.2). Alle Verfahrensbeteiligten sollen sich dabei nach Möglichkeit mit gleicher Wirksamkeit am Verfahren beteiligen können (BGE 139 I 121 E. 4.2.1; 137 IV 172 E. 2.6; vgl. auch BGE 131 II 169 E. 2.2.3). Die Waffengleichheit ist als formales Prinzip schon dann verletzt, wenn eine Partei bevorteilt wird; es ist nicht notwendig, dass die Gegenpartei dadurch tatsächlich einen Nachteil erleidet (BGE 137 V 210 E. 2.1.2). 5.3. Die nachträglichen richterlichen Anordnungen nach Art. 363 ff. StPO ergehen als Beschluss bzw. als Verfügung. Zulässiges Rechtsmittel ist die Beschwerde (Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO). Gemäss Art. 365 Abs. 2 Satz 1 StPO erlässt das Gericht seinen Entscheid schriftlich und begründet diesen kurz. Eine schriftliche Begründung erfolgt auch, wenn ein Entscheid nach Art. 365 Abs. 2 Satz 2 StPO mündlich eröffnet wird. Bei mündlicher Eröffnung ist nicht zwingend ein Dispositiv auszuhändigen. Für die Rechtsmittelfrist von zehn Tagen gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO ist nach Art. 384 lit. b StPO die Zustellung des begründeten Entscheids massgebend (vgl. SCHMID, a.a.O., Praxiskommentar, Rz. 3 zu Art. 365 StPO; DERSELBE, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, Fn. 119, S. 628; SCHWARZENEGGER, a.a.O., Rz. 3 zu Art. 365 StPO; siehe auch HEER, a.a.O., Rz. 7 zu Art. 365 StPO). 5.4. Die Vorinstanz geht davon aus, dass die 10-tägige Rechtsmittelfrist im Beschwerdeverfahren mit der Aushändigung des "Urteilsdispositivs" zu laufen beginnt. Sie beruft sich auf Art. 396 Abs. 1 i.V.m. Art. 384 lit. a und Art. 80 Abs. 1 StPO. Eine Beschwerdeergänzung nach Ablauf dieser Frist sehe die StPO nicht vor (Entscheid, S. 3). 5.4.1. Mit ihrer Argumentation vermengt die Vorinstanz Elemente des Berufungs- mit solchen des Beschwerdeverfahrens. Sie verkennt, dass Art. 384 lit. a StPO nur zur Anwendung kommt, wenn Entscheide als Urteile ergehen. Diesfalls beginnt die Frist nach der genannten Gesetzesbestimmung mit der Aushändigung oder der Zustellung des schriftlichen Dispositivs. Bei andern Entscheiden ist demgegenüber Art. 384 lit. b StPO massgebend. Die Frist beginnt danach mit der Zustellung des Entscheids zu laufen. Eine Aushändigung des Dispositivs reicht hierfür nicht aus. Überdies müssen zugestellte Entscheide auch begründet sein (FRANZ RIKLIN, StPO Kommentar, 2. Aufl. 2014, Rz. 3 und 4 zu Art. 384 StPO, VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Lieber/Hansjakob [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, Rz. 1 und 3 zu Art. 384 StPO). 5.5. Der erstinstanzliche Entscheid betreffend die Verlängerung der Massnahme ist ein nachträglicher gerichtlicher Entscheid im Sinne von Art. 363 ff. StPO. Er hatte als Beschluss zu ergehen. Die Vorinstanz leitete zutreffend ein Beschwerdeverfahren ein. Folgerichtig hätte sie davon ausgehen müssen, dass die Rechtsmittelfrist im Beschwerdeverfahren - auch bei mündlicher Eröffnung - mit der Zustellung des schriftlich begründeten Entscheids zu laufen beginnt. Das tat sie fälschlicherweise nicht. Mit ihrem Vorgehen hat sie nicht nur die massgebenden Bestimmungen der StPO zur Fristenregelung unrichtig angewandt, sondern auch gegen die als verletzt gerügten Verfassungsbestimmungen verstossen, indem sie die fristgerechte Beschwerdeergänzung des Beschwerdeführers vom 14. Juli 2014 zum schriftlich begründeten Entscheid vom 25. Juni 2014 aus dem Recht wies. Jenem blieb es dadurch - im Unterschied zur Generalstaatsanwaltschaft, welche zum schriftlich begründeten Entscheid Stellung nehmen konnte - verwehrt, sich zu den Erwägungen im schriftlich begründeten Entscheid zu äussern. Der vorinstanzliche Entscheid ist deshalb aufzuheben und die Vorinstanz hat über die Verlängerung der Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 4 StGB unter Berücksichtigung der zu Unrecht aus dem Recht gewiesenen Beschwerdeergänzung vom 14. Juli 2014 neu zu befinden. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet. 6. Die Beschwerde ist gutzuheissen und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei dieser Ausgangslage erübrigt sich eine Behandlung der materiellen Vorbringen des Beschwerdeführers. Darauf ist nicht einzutreten. Der Kanton Bern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die Entschädigung ist praxisgemäss seinem Rechtsvertreter auszurichten. Insofern wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos (BGE 139 III 396 E. 4.1). Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern vom 30. September 2014 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Der Kanton Bern hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 3. September 2015 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Denys Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
4a572b48-30e1-45bd-9b8c-a6eb391b299a
de
2,009
CH_BGer_005
Federation
377.0
142.0
27.0
civil_law
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. A.a Am 25. April 2007 ordnete die Einzelrichterin des Tribunale Ordinario von Lodi/Italien gestützt auf Art. 671 (Sequestro conservativo) und Art. 669sexies (Procedimento) des italienischen Codice di procedura civile (it.CPC) auf Begehren der Bank X._ S.p.A. die sofortige vorbeugende Verarrestierung der beweglichen und/oder unbeweglichen Gegenstände, die Y._ gehören, oder der Beträge und/oder Dinge, welche diesem geschuldet sind, unter Einschluss derjenigen, die in seinem Eigentum stehen und am 1. September 2005 in einen Vermögenskomplex überführt wurden, bis zum Betrag von 400 Mio. Euro an. Mit diesem Vorgehen bezweckt die Bank X._ zivilrechtliche Ansprüche gegen Y._ infolge wirtschaftskrimineller Handlungen zu sichern. A.b Mit Eingabe vom 1. November 2007 stellte die Bank X._ bei der Einzelrichterin im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich das Begehren, es sei der Sequestro conservativo des Tribunale Ordinario von Lodi vom 25. April 2007 nach Art. 31 ff. LugÜ für vollstreckbar zu erklären. Weiter sei ihr (bei Vollstreckbarerklärung) als Sicherungsmassnahme gestützt auf Art. 39 Abs. 2 LugÜ für eine Forderung von Fr. 33'488'000.-- nebst Zins der Arrest zu bewilligen. Für den Fall, dass die Vollstreckbarkeit nicht erklärt werde, verlangte die Bank X._, gegen Y._ einen Arrestbefehl gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziffern 1 und 4 SchKG (mangelnder fester Wohnsitz bzw. ausländischer Wohnsitz des Schuldners) zu erlassen. A.c Die Einzelrichterin wies das Begehren um Anerkennung des Sequestro conservativo mit Verfügung vom 9. November 2007 ab. Zur Begründung der fehlenden Vollstreckbarkeit nach Art. 31 LugÜ hielt die Einzelrichterin im Wesentlichen fest, dass der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 nach italienischem Recht nicht mehr wirksam bzw. vollstreckbar sei, weil er nicht innert 30 Tagen nach Ausfällung zur Vollstreckung gebracht worden sei. Mangels Vollstreckbarerklärung wurde kein Arrest als Sicherungsmassnahme gestützt auf Art. 39 Abs. 2 LugÜ angeordnet. A.d Der Eventualantrag, einen Arrest gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziffern 1 und 4 SchKG zu erlassen, wurde von der Einzelrichterin in ein separates Verfahren verwiesen. B. Gegen die Verfügung der Einzelrichterin vom 9. November 2007 erhob die Bank X._ Rekurs. Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, wies das Rechtsmittel und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung mit Anordnung der anbegehrten Sicherungsmassnahme mit Beschluss vom 10. Juli 2008 ab. C. Mit Eingabe vom 13. August 2008 führt die Bank X._ Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss des Obergerichts vom 10. Juli 2008. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Sequestro conservativo des Tribunale Ordinario von Lodi vom 25. April 2007 gestützt auf Art. 31 ff. LugÜ für vollstreckbar zu erklären. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Y._ (Beschwerdegegner) beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. D. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich trat auf die von der Bank X._ (ebenfalls) am 13. August 2008 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss vom 20. April 2009 nicht ein.
Erwägungen: 1. 1.1 Angefochten ist der Beschluss des Obergerichts, mit welchem der Rekurs gegen die Verweigerung der Anerkennung des Sequestro conservativo des Tribunale Ordinario von Lodi vom 25. April 2007 gestützt auf Art. 31 ff. LugÜ abgewiesen wurde. Gegen die Entscheidung, die über den in Art. 40 LugÜ vorgesehenen Rechtsbehelf ergangen ist, findet in der Schweiz nur eine Beschwerde an das Bundesgericht statt (Art. 41 LugÜ; Erklärung der Schweiz vom 12. Dezember 2006, AS 2007 1339); dies ist die Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 1 BGG). 1.2 Das Kassationsgericht hat die Nichtigkeitsbeschwerde als unzulässig erachtet, weil gegen Entscheide über den Rechtsbehelf nach LugÜ ausschliesslich die Beschwerde an das Bundesgericht möglich und ein weiteres kantonales Rechtsmittel ausgeschlossen ist. Beim angefochtenen Beschluss des Obergerichts handelt es sich um einen Entscheid der gemäss LugÜ (Art. 40 Abs. 1, Art. 41 LugÜ) sowie BGG vorgesehenen Vorinstanz (Art. 75 Abs. 1 BGG), der das Verfahren abschliesst (Art. 90 BGG). In der vorliegenden vermögensrechtlichen Angelegenheit ist die Streitwertgrenze offensichtlich erreicht und die Beschwerdeführerin ohne weiteres beschwerdeberechtigt (Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 76 Abs. 1 BGG). Die innert 30 Tagen seit der (am 14. Juli 2008 erfolgten) Zustellung des Beschlusses erhobene Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist grundsätzlich zulässig. 1.3 Die Beschwerdegründe sind beschränkt, wenn es sich beim angefochtenen Entscheid um eine vorsorgliche Massnahme handelt, wogegen nur die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte zulässig ist (Art. 98 BGG). Vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG sind einstweilige Verfügungen (BGE 133 III 399 E. 1.5 S. 400; Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4336 Ziff. 4.1.4.2). 1.3.1 Gegenstand des angefochtenen Entscheides ist die Vollstreckbarerklärung nach Art. 31 Abs. 1 LugÜ. Durch die Anerkennung eines ausländischen Urteils wird grundsätzlich die Gleichstellung mit einem inländischen Urteil bewirkt, und mit der Vollstreckbarerklärung kommt dem ausländischen Urteil zusätzlich die Qualität eines Vollstreckungstitels im Inland zu. Die Vollstreckbarkeit eines Urteils im Urteilsstaat wird - im Gegensatz zu den anderen Urteilswirkungen - nicht automatisch auf die Schweiz erstreckt, sondern durch Vollstreckbarerklärung begründet (vgl. Urteil 5P.253/2001 vom 13. September 2001 E. 2a; STAEHELIN, in: Dasser/Oberhammer [Hrsg.], Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, 2008, N. 2 zu Art. 31; DONZALLAZ, La Convention de Lugano, Bd. II, 1997, Rz 1859; vgl. SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, Erster Band: Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2000, Rz 697; MEIER, Internationales Zivilprozessrecht und Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Aufl. 2005, S. 43/44). 1.3.2 Die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils ist keine einstweilige Verfügung. Der Exequaturrichter befindet in keiner Art über den Bestand einer Forderung, sondern über die Frage, ob das ausländische Urteil zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden kann (BGE 118 Ia 118 E. 1b S. 122). In seiner Funktion ist das Exequaturverfahren mit der Rechtsöffnung verwandt, obschon diese an sich bereits ein Teil der durch das Exequatur erst noch zu bewilligenden Vollstreckung ist (Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, § 19 Rz 27). Die Vollstreckbarerklärung muss aber nicht vorfrageweise im Rechtsöffnungsverfahren (Art. 81 Abs. 3 SchKG), sondern kann auch - wie hier - im speziellen (Exequatur-) Verfahren erfolgen (vgl. BGE 135 III 324 E. 3 S. 326). In Anbetracht der Rechtsnatur der Vollstreckbarerklärung rechtfertigt sich, gegen das selbständige Exequatur - wie bei der Rechtsöffnung (BGE 133 III 399 E. 1.5 S. 400) - die Beschwerdegründe nicht einzuschränken, sondern die allgemeinen Beschwerdegründe zuzulassen (Art. 95-97 BGG), unabhängig davon, ob der ausländische Entscheid einstweiligen Charakter hat oder nicht. 1.4 Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann vorliegend die Verletzung von u.a. Bundesrecht einschliesslich Bundesverfassungsrecht sowie von Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a u. b BGG). Da der vorliegende Entscheid eine vermögensrechtliche Streitsache betrifft, kann nicht gerügt werden, das nach dem schweizerischen internationalen Privatrecht massgebende ausländische Recht sei nicht richtig angewendet worden (Art. 96 lit. b BGG), sondern ist nur die Rüge der Verletzung des Willkürverbotes (Art. 9 BV) möglich (BGE 133 III 446 E. 3.1). 1.5 In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten ist in der Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). 2. 2.1 Das Obergericht hat angenommen, dass der Sequestro conservativo des Tribunale Ordinario von Lodi vom 25. April 2007 grundsätzlich eine nach dem LugÜ anerkennbare Entscheidung sei. Im konkreten Fall könne diese in der Schweiz jedoch nicht vollstreckbar erklärt werden, weil sie in Italien nicht vollstreckbar sei. Nach Art. 675 it.CPC verliere die betreffende Massnahme ihre Wirksamkeit, wenn sie nicht innert 30 Tagen seit ihrer Ausfällung vollzogen werde. Diese Frist sei durch das Begehren um Exequatur vom 1. November 2007 beim Bezirksgericht Zürich nicht gewahrt worden. Ob die (im Sequestro conservativo angesetzte) Verhandlung vom 29. Mai 2007 vor der Einzelrichterin des Tribunale Ordinario von Lodi oder deren Entscheid vom 12. Juli 2007 sich auf den Fristenlauf ausgewirkt habe, brauche nicht geprüft zu werden. Daran ändere nichts, dass der Beschwerdegegner keinen Antrag auf Suspendierung der Vollstreckbarkeit gestellt habe. Die Beschwerdeführerin mache zwar geltend, dass sie bereits am 27. April 2007 in Italien um Vollstreckung des Sequestro conservativo ersucht habe und dies (unter Hinweis auf das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten von Prof. A._ vom 21. November 2007) zur Fristwahrung nach Art. 675 it.CPC genüge. Ein Bestätigungsverfahren zur Überprüfung der einstweiligen Massnahme sei jedoch nicht durchgeführt werden. Aus den angeblichen Vollstreckungen vom 18. und 25. Oktober 2007 könne die Beschwerdeführerin nichts für sich ableiten, da der Zeitpunkt des Vollstreckungsbegehrens massgebend sei. Da der umstrittene Sequestro conservativo vom 25. April 2007 nach Art. 675 it.CPC nicht mehr vollstreckbar sei, fehle die Voraussetzung nach Art. 31 LugÜ zur Vollstreckbarerklärung in der Schweiz. 2.2 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des LugÜ, weil das Obergericht die Vorfrage, ob der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 vollstreckbar sei, entgegen der einschlägigen Normen des italienischen Prozessrechts verneint habe. Die Voraussetzungen zur Vollstreckbarkeit gemäss it.CPC seien unter Hinweis auf das Gutachten A._ im Einzelnen dargelegt worden. Die Beschwerdeführerin macht (unter Hinweis auf das neue Gutachten B._) geltend, dass die Auslegung des it.CPC durch das Obergericht willkürlich und die Vorinstanz vom Gutachten A._ in unhaltbarer und aktenwidriger Weise abgewichen sei. Das Obergericht habe ihren Gehörsanspruch verletzt, wenn es sich über ihre Vorbringen bzw. das Gutachten A._ hinweggesetzt habe. 3. 3.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 LugÜ werden die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind. Anlass zur Beschwerde gibt der Sequestro conservativo nach Art. 671 it.CPC, welcher am 25. April 2007 von der Einzelrichterin des Tribunale Ordinario von Lodi/Italien erlassen wurde. Streitpunkt ist die von der Beschwerdeführerin anbegehrte Vollstreckbarerklärung in der Schweiz. 3.1.1 Vorliegend steht die Anwendbarkeit des LugÜ nicht in Frage. Die Beschwerdeführerin hat die Vollstreckbarerklärung eines gerichtlichen Entscheides verlangt, welcher in Italien - als einem Vertragsstaat - zur Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen, mithin in einer Zivil- und Handelssache gemäss Art. 1 Abs. 1 LugÜ ergangen ist (vgl. DASSER, in: Dasser/Oberhammer [Hrsg.], Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, 2008, N. 33 und 36 zu Art. 1). 3.1.2 Der Sequestro conservativo gemäss Art. 671 it.CPC stellt eine Anordnung des Gerichts dar, mit welcher einer Partei vor oder während des ordentlichen Prozesses vorläufiger Rechtsschutz gewährt wird (SATTA/PUNZI, Diritto processuale civile, 13. Aufl., Padua 2000, S. 780 f., 810 f.; CARPI/TARUFFO, Commentario breve al Codice di procedura civile, 5. Aufl. 2006, N. 1 zu Art. 671). Es ist unstrittig, dass der Sequestro conservativo als vorsorgliche Massnahme eine Entscheidung im Sinne von Art. 25 LugÜ darstellt, die vollstreckt werden kann (vgl. STAEHELIN, a.a.O., N. 13 ff., 16 zu Art. 31); dies wurde in der kantonalen Praxis bereits zu Recht erkannt (vgl. BGE 131 III 660 S. 661). Es steht weiter nicht in Frage, dass dem Beschwerdegegner bei Erlass der vorsorglichen Massnahme das rechtliche Gehör gewährt wurde (vgl. BGE 129 III 631 ff.); das Obergericht hat bestätigt, dass das Begehren um Vollstreckbarerklärung nach der (am 29. Mai 2007 erfolgten) Anhörung des Beschwerdegegners durch das Tribunale Ordinario von Lodi verlangt wurde. Ebenso wenig sind Sachverhalte umstritten, welche die Anerkennung ausschliessen (Art. 34 Abs. 2 bzw. Art. 27 f. LugÜ), oder sich gegen die Zustellung der Entscheidung richten (Art. 47 Ziff. 1 LugÜ). 3.1.3 Umstritten ist einzig, ob der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 in Italien vollstreckbar ist. Gemäss Art. 47 Abs. 1 LugÜ kann sich die Vollstreckbarkeit entweder aus der Entscheidung selbst, aus einer Vollstreckbarkeitsbescheinigung des Gerichts oder aus den Gesetzen des Urteilsstaates ergeben (STAEHELIN, a.a.O., N. 22 zu Art. 31; NAEGELI, in: Dasser/Oberhammer [Hrsg.], Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, 2008, N. 9 zu Art. 47). 3.2 Das Obergericht hat die Auffassung der Erstinstanz und der Beschwerdeführerin geteilt, dass Art. 675 it.CPC massgebend ist. Nach dieser Bestimmung verliert der Sequestro conservativo seine Wirksamkeit, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen seit seiner Ausfällung vollzogen wird. Diese Frist erachtet das Obergericht im konkreten Fall als nicht gewahrt. Die Beschwerdeführerin hält demgegenüber fest, sie habe vor dem Obergericht (in der ergänzenden Rekursbegründung) unter Hinweis auf das Gutachten A._ und die einschlägigen Bestimmungen insbesondere dargelegt, dass der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 vollstreckbar sei, weil bereits am 27. April 2007 die Vollstreckung der Massnahme verlangt und diese (nach Verhandlung vom 29. Mai 2007) am 12. Juli 2007 vom Tribunale Ordinario von Lodi bestätigt und weiter innert angesetzter Frist am 26. Oktober 2007 beim gleichen Gericht das Hauptsacheverfahren eingeleitet worden sei. Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht vor, sich darüber und über die einschlägigen italienischen Vorschriften betreffend Vollstreckbarkeit trotz des ihm vorgelegten Gutachtens A._ hinweggesetzt zu haben. 3.3 Zu prüfen ist vorab die Rüge der Beschwerdeführerin, ihre Vorbringen, insbesondere das Privatgutachten A._ seien in Verletzung ihres Gehörsanspruchs übergangen worden. 3.3.1 Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des Betroffenen tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Die Behörde darf sich in ihrem Entscheid auf die wesentlichen Gesichtspunkte und Leitlinien beschränken und braucht sich nicht mit jedem sachverhaltlichen oder rechtlichen Einwand auseinanderzusetzen (vgl. BGE 126 III 97 E. 2b S. 102; 130 II 530 E. 4.3 S. 540; STEINMANN, in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 27 zu Art. 29). Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts ist Parteigutachten nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern von blossen Parteibehauptungen beizumessen (BGE 132 III 83 E. 3.6 S. 88; 127 I 73 E. 3f/bb S. 82; 97 I 320 E. 3 S. 325). 3.3.2 Das Obergericht hat festgehalten, dass die Beschwerdeführerin geltend mache, bereits am 27. April 2007 - also innerhalb von 30 Tagen seit der Ausfällung - um Vollstreckung des Sequestro conservativo ersucht zu haben, und dass am 24. Mai 2007 die Verhandlung vor dem Vollstreckungsrichter stattgefunden habe. Es hat auch ausgeführt, dass gemäss Gutachten A._ das blosse Vollzugsbegehren innert 30 Tagen zur Aufrechterhaltung der Wirksamkeit genüge, und ist zum Schluss gekommen, dass dies "mit der in der älteren Literatur beschriebenen Praxis" im Einklang steht (wobei auf den Kommentar von CARPI/COLESANTI/TARUFFO zum it.CPC aus dem Jahre 1984 hingewiesen wird). Die Beschwerdeführerin hat im Gutachten A._ unter Berücksichtigung der Änderungen des it.CPC von 1990 (Gesetz Nr. 353/1990) die Voraussetzungen dargelegt, damit der Sequestro conservativo seine Wirksamkeit nicht verliert (Arrestvollzug innert 30 Tagen nach Erlass, Anhebung der Klage zur Sache innert Frist, keine Einstellung des Sachverfahrens, keine Aufhebung der einstweiligen Massnahmen durch den Instruktionsrichter im Sachverfahren; Art. 669octies ff. it.CPC). Sie hat in ihrer Eingabe an das Obergericht vom 18. Dezember 2007 anhand des Gutachtens A._ mit Bezug auf das konkrete Begehren um Vollstreckbarerklärung ausgeführt, dass die Voraussetzungen erfüllt seien. Das Obergericht führt jedoch mit keinem Wort aus, dass die Parteivorbringen bzw. das Gutachten A._ falsch, ungenügend oder nicht rechtserheblich seien oder die Konsultation einer aktuellen Kommentierung zu einem anderen Schluss führe. Insoweit fehlt es insgesamt an einer Begründung für das Ergebnis der Vorinstanz, dass die Frist von Art. 675 it.CPC nicht eingehalten und der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 nicht wirksam sein soll. Es wird auch nicht gesagt, die Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach der Beschwerdegegner keinen Antrag auf Suspendierung der Vollstreckbarkeit des Sequestro conservativo gestellt habe, unzutreffend seien. Insoweit ist nicht haltbar, wenn das Obergericht die tatsächlichen Vorbringen und rechtlichen Schlussfolgerungen der Beschwerdeführerin zum Vollstreckungsbegehren vom 27. April 2007 überhaupt nicht in die Entscheidfindung einbezogen hat, sondern es fehlt die Überlegung, wieso die Frist nach Art. 675 it.CPC nicht gewahrt sein soll. 3.3.3 Weiter hat das Obergericht erwogen, dass das Bestätigungsverfahren, das zur Überprüfung der einstweiligen Massnahmen diente, im Jahre 1990 aufgehoben worden sei. Zu diesem Bestätigungsverfahren habe sich das Gutachten A._ nicht geäussert; zudem habe die Beschwerdeführerin weder geltend gemacht, dass ein Bestätigungsverfahren durchgeführt worden sei, noch seien Anhaltspunkte für die Durchführung in den Akten ersichtlich. Es ist zu Recht unbestritten, dass mit dem Gesetz Nr. 353/1990 das separate Bestätigungsverfahren gemäss Art. 680 ff. it.CPC (Convalida) aufgehoben und durch ein neues System - die Kontrolle durch Bestätigung im Hauptverfahren - ersetzt wurde (vgl. SATTA/PUNZI, a.a.O., S. 814, S. 791; CARPI/TARUFFI, a.a.O., N. 3 zu Art. 669octies). Dass es das separate Bestätigungsverfahren nach der Gesetzesänderung im Jahre 1990 nicht mehr gibt, wird im Urteil selber festgehalten. Unter diesen Umständen kann das Obergericht der Beschwerdeführerin - wie diese zu Recht rügt - jedoch nicht vorhalten, sich zum Bestätigungsverfahren nicht geäussert zu haben, und gleichzeitig mit keinem Wort auf ihre Vorbringen zur aktuellen Rechtslage eingehen. In der Tat hat die Beschwerdeführerin vor dem Obergericht (unter Angabe von Belegen) vorgebracht, fristgemäss das Hauptverfahren eingeleitet zu haben, um die Wirksamkeit des Sequestro conservativo aufrechtzuerhalten. Wenn das Obergericht sich über diese sachverhaltlich und rechtlich erheblichen Vorbringen hinweggesetzt hat, ist dies mit dem Gehörsanspruch der Beschwerdeführerin nicht vereinbar. 3.3.4 Das Obergericht hat weiter erwogen, die Beschwerdeführerin könne aus dem Umstand, dass am 18. und 25. Oktober 2007 weitere Vollstreckungen des Sequestro conservativo vom 25. April 2007 erfolgt seien, nichts für sich ableiten, weil das erste Vollstreckungsbegehren innert 30 Tagen gestellt werden müsse und die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt, in dem die Vollstreckungsbegehren gestellt wurden, nichts gesagt habe und im Gutachten A._ von zeitlich unbegrenzten Vollstreckungsbegehren nicht die Rede sei. Das Fristerfordernis von Art. 675 it.CPC sei auch unter diesem Blickwinkel ausser Acht gelassen worden. Die Beschwerdeführerin bestreitet, vor dem Obergericht vorgebracht zu haben, dass gemäss Gutachten A._ weitere Vollstreckungsbegehren "zeitlich unbegrenzt" möglich seien. Tatsächlich wird im betreffenden Gutachten ausgeführt, dass auch nach Ablauf der Frist von 30 Tagen weitere Vollzugsbegehren und Vollzüge (bis spätestens zum Zeitpunkt der Beweisaufnahme) möglich sind, sofern nur der erste Vollzug innerhalb von 30 Tagen nach Erlass der Massnahme eingeleitet worden ist. Die Beschwerdeführerin hat im Einzelnen dargelegt, dass die Prosequierung durch die Einleitung des Hauptverfahrens in Italien erfolgt sei. Dass die Beschwerdeführerin bereits am 27. April 2007 - also innerhalb von 30 Tagen seit der Ausfällung - um Vollstreckung des Sequestro conservativo ersucht habe und dass gemäss Gutachten A._ das blosse Vollzugsbegehren innert 30 Tagen zur Aufrechterhaltung der Wirksamkeit genüge, hat das Obergericht selber festgehalten. Wenn die Vorinstanz auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin, welche sich auf diese Rechtslage und die weiteren Voraussetzungen der Wirksamkeit beruft, nicht eingegangen ist und sich auf die Aussage beschränkt, durch die Eingabe vom 1. November 2007 (an das Bezirksgericht Zürich) sei die Frist von Art. 675 it.CPC nicht gewahrt, hat sie den verfassungsmässigen Anspruch der Beschwerdeführerin auf ernsthafte und sorgfältige Prüfung ihrer Vorbringen - und damit das rechtliche Gehör - verletzt. 3.4 Nach dem Dargelegten fehlen im angefochtenen Beschluss an entscheidender Stelle die Überlegungen, von denen sich das Obergericht leiten liess, um die Vollstreckbarerklärung zu verweigern. In wesentlichen Gesichtspunkten hat das Obergericht die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erheblichen Vorbringen der Beschwerdeführerin übergangen. Ihre Rüge einer Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV ist begründet. 4. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ob das Obergericht zur verfassungskonformen Behandlung der Vorbringen der Beschwerdeführerin - wie diese meint - Gelegenheit zu einer weiteren Stellungnahme zu geben oder ein gerichtliches Gutachten anzuordnen hat, muss vom Bundesgericht nicht entschieden werden. 5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdegegner kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in Zivilsachen wird gutgeheissen, und der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 10. Juli 2008 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 30'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 3. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 30'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. Oktober 2009 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: Hohl Levante
4a7347ba-9de1-4253-a7e8-800c230d6841
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Sachverhalt: A. X._ war von Ende Februar 2010 bis Anfang März 2011 an der Lagerung sowie an landesinternen und grenzüberschreitenden Transporten von rund 6,4 kg Kokaingemisch und ca. 75 kg Streckmitteln beteiligt. Drahtzieher und Organisator der einzelnen Tätigkeiten und insbesondere verantwortlich für den Absatz des Kokains und der Streckmittel war A._. B. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte X._ am 27. Februar 2014 wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (4,4 kg reines Kokain und 75 kg Streckmittel) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Das Obergericht des Kantons Zürich erkannte ein strafbares Verhalten nur hinsichtlich der Handlungen mit 4,4 kg Kokain und sprach ihn von den Vorwürfen des Anstalten-Treffens in Zusammenhang mit Streckmitteln frei. Es verurteilte X._ wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlungen gegen das BetmG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und neun Monaten. C. X._ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, er sei zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren zu verurteilen, deren Vollzug im Umfang von 18 Monaten aufzuschieben sei. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung der Strafe oder des "Vollzugs" an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich haben auf Vernehmlassungen verzichtet.
Erwägungen: 1. 1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz komme angesichts der hohen Einsatzstrafe ihrer Begründungspflicht nicht nach. Sie gewichte das Kriterium der Betäubungsmittelmenge falsch und lasse ausser Acht, dass die von ihm importierten 5 kg Kokaingemisch vollständig sichergestellt wurden, weshalb die mittelbare Gesundheitsgefährdung vieler Personen gering gewesen sei. Die Vorinstanz mache sich die Strafzumessungserwägungen des erstinstanzlichen Gerichts zu eigen und verkenne dabei, dass ihm als Kurierfahrer, der nicht bei der Planung und Organisation des Kokaintransports vom Kosovo in die Schweiz mitgewirkt hat, kein professionelles Verhalten und keine gesteigerte kriminelle Energie vorgeworfen werden könne. Sie berücksichtige nicht hinreichend seine Abhängigkeit vom Haupttäter A._, dem er widerspruchslos gehorcht habe, weshalb auch die Erhöhung der Einsatzstrafe um 13 Monate für die übrigen Tathandlungen unhaltbar sei. Die Vorinstanz begründe die - im Übrigen zu niedrig ausgefallene - Strafminderung infolge der Freisprüche nicht. 1.2. 1.2.1. Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien schriftlich zu eröffnen und müssen namentlich die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen enthalten (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG). Aus dem Entscheid muss klar hervorgehen, von welchem festgestellten Sachverhalt die Vorinstanz ausgegangen ist und welche rechtlichen Überlegungen sie angestellt hat (BGE 138 IV 81 E. 2.2; 135 II 145 E. 8.2; je mit Hinweisen). Die Begründungspflicht dient dazu, den Parteien die für den Entscheid massgebenden Umstände zur Kenntnis zu bringen, damit sie sich ein Bild über die Tragweite machen, ihn auf seine Richtigkeit hin überprüfen und gegebenenfalls sachgemäss anfechten können (Urteil 8C_258/2014 vom 15. Dezember 2014 E. 5.2 mit Hinweis). Genügt ein Entscheid diesen Anforderungen nicht, so kann das Bundesgericht ihn in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben. Hingegen steht es ihm nicht zu, sich an die Stelle der Vorinstanz zu setzen, die ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist (Urteil 5D_10/2014 vom 25. März 2014 E. 2.1 mit Hinweisen). 1.2.2. Ist ein Urteil zu begründen, so hält das Gericht in der Begründung auch die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung fest (Art. 50 StGB). Der Richter muss die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergeben, sodass die Strafzumessung nachvollziehbar ist (BGE 134 IV 17 E. 2.1; Urteil 6B_510/2013 vom 4. März 2014 E. 4.3; je mit Hinweisen). 1.2.3. Im Rechtsmittelverfahren kann das Gericht für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des angeklagten Sachverhalts aus Gründen der Prozessökonomie auf die Begründung der Vorinstanz verweisen, wenn es dieser beipflichtet (Art. 82 Abs. 4 StPO; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1157 Ziff. 2.2.8.5 zu Art. 80). Auf neue tatsächliche oder rechtliche Vorbringen, die erstmals im Rechtsmittelverfahren vorgebracht werden, ist einzugehen. Vom Instrument der Verweisung ist zurückhaltend Gebrauch zu machen, da andernfalls bei der das Rechtsmittel ergreifenden Person der Eindruck entstehen kann, die Rechtsmittelinstanz setze sich mit ihren Vorbringen nicht auseinander (vgl. Nils Stohner, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 9 zu Art. 82 StPO). Ein Verweis erscheint in erster Linie bei nicht streitigen Sachverhalten und abstrakten Rechtsausführungen sinnvoll, kommt hingegen bei strittigen Sachverhalten und Beweiswürdigungen sowie der rechtlichen Subsumtion des konkreten Falls nur dann in Frage, wenn die Rechtsmittelinstanz den vorinstanzlichen Erwägungen (vollumfänglich) beipflichtet. Art. 82 Abs. 4 StPO entbindet die Rechtsmittelinstanzen nicht von deren Begründungspflicht und findet seine Grenzen, wenn sich nicht mehr ohne Weiteres feststellen lässt, was die massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen der Rechtsmittelinstanz sind (vgl. Urteile 6B_776/2013 vom 22. Juli 2014 E. 1.5; 6B_356/2012 vom 1. Oktober 2012 E. 3.5; je mit Hinweisen; Bernhard Ehrenzeller, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 7 f. zu Art. 112 BGG). 1.3. 1.3.1. Die Vorinstanz verweist sowohl bei der (nicht angefochtenen) Sachverhaltsfeststellung als auch bei ihren rechtlichen Erwägungen in Anwendung von Art. 82 Abs. 4 StPO mehrmals "grundsätzlich" bzw. "teilweise" auf das erstinstanzliche Urteil. Sie macht sich dessen Erwägungen jedoch nicht vollumfänglich zu eigen oder bestätigt diese umfassend, sondern nimmt eine Vielzahl von "Korrekturen, Ergänzungen und Präzisierungen" vor. Ihren Verweisungen und Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, in welchem Umfang sie die erstinstanzlichen Erwägungen übernimmt, präzisiert oder korrigiert bzw. ersetzt. Es ist dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten und auch nicht Aufgabe des Bundesgerichts, aufgrund eines Abgleichs beider kantonaler Entscheide zu ermitteln, was aller Wahrscheinlichkeit nach die massgebenden und verbindlichen Erwägungen des Berufungsurteils sind. Die Entscheidgründe müssen sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht ohne Weiteres nachvollziehbar sein, was vorliegend nicht der Fall ist. Zudem ist das Berufungsurteil trotz der zahlreichen Verweise auf die erstinstanzlichen Erwägungen sechs Seiten länger als der Entscheid des Bezirksgerichts, und die vorinstanzlichen Strafzumessungserwägungen sind aufgrund der umfangreichen "Korrekturen, Präzisierungen und Ergänzungen" ebenfalls nicht knapper, weshalb sich die Verweise auch aus Gründen der Verfahrensökonomie als nicht zweckmässig erweisen. 1.3.2. Die vorinstanzlichen Erwägungen sind aufgrund der unklaren Verweise teilweise missverständlich und widersprüchlich. Inwieweit das Bezirksgericht die massgebenden Strafzumessungsfaktoren "grundsätzlich zutreffend genannt und gewürdigt" haben soll, obwohl es entgegen der Vorinstanz auch den Umgang mit Streckmitteln für strafbar hielt und das objektive Tatverschulden als "erheblich" und nicht nur wie die Vorinstanz als "nicht besonders schwer" einstufte, ist nicht nachvollziehbar. Unklar bleibt, in welchem Umfang die Vorinstanz die Freisprüche von rund der Hälfte der Anklagevorwürfe hinsichtlich des Anstalten-Treffens zu Handlungen mit 75 kg Streckmitteln berücksichtigt. Die rudimentäre Erwägung, "dass der Beschwerdeführer bezüglich der Handlungen mit dem Streckmittel freizusprechen ist, wurde berücksichtigt, wirkt sich bei der Strafzumessung aber nur geringfügig aus (vgl. dazu auch Urk. 71 S. 17 [erstinstanzliches Urteil]) ", genügt im Hinblick auf eine transparente, in den Grundzügen nachvollziehbare und überprüfbare Strafzumessung nicht. Daran ändert auch der Verweis auf das erstinstanzliche Urteil nichts, der sich zudem als widersprüchlich erweist. Die Vorinstanz stellt zutreffend fest, dass entgegen der erstinstanzlichen Erwägungen das BetmG nicht in seiner aktuellen, sondern in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden ist, weshalb die vom Bezirksgericht vorgenommene "leichte Erhöhung" nicht mit Art. 19 Abs. 3 lit. c BetmG (gemeint sein dürfte lit. a), der in der zum Tatzeitpunkt geltenden und anwendbaren Gesetzesfassung noch nicht existierte, begründet werden kann. Dass die Vorinstanz das erstinstanzliche Strafmass von 4 Jahren Freiheitsstrafe in ihren Erwägungen bestätigt, letztlich jedoch eine Freiheitsstrafe von 33⁄4 Jahren ausspricht, ist unerklärlich. 1.3.3. Zudem verkennt die Vorinstanz, dass die Berufung nach Art. 398 ff. StPO grundsätzlich ein reformatorisches Rechtsmittel ist (BBl 2006 1318 Ziff. 2.9.3.3). Sie verfügt als Berufungsgericht über umfassende Kognition in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (vgl. Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO; Urteile 6B_497/2014 vom 6. März 2015 E. 1.4; 6B_339/2014 vom 27. November 2014 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 140 IV 145), das - tritt es auf die Berufung ein - ein neues, den erstinstanzlichen Entscheid ersetzendes Urteil fällt (vgl. Art. 408 StPO). Die Vorinstanz hätte die Strafe unter Berücksichtigung der Freisprüche sowie der übrigen wesentlichen Strafzumessungsfaktoren neu festsetzen und nachvollziehbar begründen müssen und sich nicht mit einer Überprüfung der erstinstanzlichen Rechtsanwendung begnügen dürfen. Daran ändert die Möglichkeit, im Rechtsmittelverfahren auf die Begründung der Erstinstanz zu verweisen, nichts (vgl. Urteile 6B_776/2013 vom 22. Juli 2014 E. 1.5; 6B_356/2012 vom 1. Oktober 2012 E. 3.5; je mit Hinweisen). 1.4. Der angefochtene Entscheid genügt in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG und Art. 50 StGB und verletzt zudem Art. 82 Abs. 4 StPO. 2. Die Beschwerde ist gutzuheissen, weshalb es sich erübrigt, auf die weiteren Rügen einzugehen. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 4. November 2014 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 9. April 2015 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Denys Der Gerichtsschreiber: Held
4aa78baa-374d-4214-98b2-0308dafcfb19
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2,009
CH_BGer_004
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civil_law
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Sachverhalt: A. Vierundzwanzig in Deutschland domizilierte Investoren (Beschwerdeführer 1-24) klagten vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich auf Schadenersatz für ihre Verluste aus Anlagen, die nach dem Schneeballsystem funktionierten und über die Gesellschaft "Y._ Inc." angeboten wurden, für welche der in Lugano praktizierende X._ (Beschwerdegegner) als Anwalt und Notar mandatiert worden sei. Mit Klage vom 30. Oktober 2006 forderten sie vom Beschwerdegegner sowie von der miteingeklagten V._ Versicherungen AG (Beschwerdegegnerin), bei welcher der Beschwerdegegner berufshaftpflichtversichert ist, Ersatz für den jedem einzelnen von ihnen aus seiner Anlage entstandenen Schaden. Die Beschwerdeführer begründen die Haftung der Versicherung damit, dass es diese beim Abschluss der Berufshaftpflicht-Police mit dem Beschwerdegegner an der besonderen Sorgfalt habe fehlen lassen, die sie angesichts der möglichen Publikumsgefährdung im Interesse Dritter hätte aufwenden müssen. Darüber hinaus stützen sie sich auf eine Abtretung der Ansprüche des Beschwerdegegners auf Versicherungsdeckung für die ihnen diesem gegenüber bestehenden Haftungsansprüche sowie auf ihr gesetzliches Pfandrecht (Art. 60 VVG; SR 221.229.1). Die Schadenersatzpflicht des Beschwerdegegners führen sie auf die Übernahme des Mandats als solche zurück, und sie werfen ihm vor, seine Treue- und Sorgfaltspflichten als Rechtsanwalt und Notar verletzt zu haben. Zudem leiten sie seine Verantwortlichkeit aus dem Anlagefondsgesetz ab. Der Beschwerdegegner erhob die Einrede der örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit. Die Einrede der fehlenden örtlichen Zuständigkeit wies das Handelsgericht am 29. März 2007 ab, wobei es auf die Behauptungen der Beschwerdeführer abstellte. B. Dieses Urteil hob das Bundesgericht auf. Da der Beschwerdegegner in F._ (Kanton Tessin) wohnt und nicht im Handelsregister eingetragen ist, ging das Bundesgericht davon aus, das Handelsgericht wäre weder örtlich noch sachlich zuständig, wenn er allein eingeklagt worden wäre. Die Zuständigkeit könne sich aber aus Art. 6 Ziff. 1 LugÜ (SR 0.275.11; Gerichtsstand des Zusammenhangs) ableiten. Voraussetzung sei allerdings, dass zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben sei, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheine, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Berufe sich die nicht an ihrem ordentlichen Gerichtsstand belangte Partei auf Umstände, aus denen sich die Unbegründetheit der Klage gegen den Streitgenossen ergebe, sei über Tatsachen, die nur für den Anspruch gegen den Streitgenossen relevant seien, im Rahmen des Zuständigkeitsentscheides Beweis zu führen (BGE 134 III 27 / Urteil des Bundesgerichts 4A_155/2007 vom 9. Oktober 2007, E. 6.2.2 - 6.2.4). C. Das Bundesgericht erkannte, die Versicherung sei bezüglich allfälliger gegenüber dem Beschwerdegegner bestehender Schadenersatzansprüche nicht passivlegitimiert, da im Gesetz kein direktes Forderungsrecht gegenüber der Versicherung vorgesehen sei. Aus der Tatsache allein, dass es sich um eine obligatorische Berufshaftpflichtversicherung handle, lasse sich kein direktes Forderungsrecht konstruieren (BGE 134 III 27 nicht publ. E. 3.1.2). Der Anspruch der Beschwerdeführer gegen die Versicherung hänge namentlich von den Fragen ab, ob ihnen die Deckungsansprüche des Beschwerdegegners gegenüber der Beschwerdegegnerin gültig abgetreten worden seien oder ob der Beschwerdegegnerin eine Sorgfaltspflichtsverletzung bei Abschluss der Versicherung vorgeworfen werden könne. Diese Fragen seien, was die Haftung des Beschwerdegegners anbelangt, einzig bedeutsam zur Beurteilung, ob die Gefahr sich widersprechender Urteile eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheinen lasse (Art. 6 Ziff. 1 LugÜ). Bezüglich dieser nur für den zuständigkeitsbegründenden Konnex massgebenden Aspekte könne nicht auf die Behauptungen der Beschwerdeführer abgestellt werden, sondern es seien bei der Beurteilung der Zuständigkeit die vom Beschwerdegegner erhobenen Einwände zu prüfen und, falls nötig, darüber Beweis abzunehmen. Aus diesem Grund wies das Bundesgericht die Sache an das Handelsgericht zurück, damit dieses die Einwände des Beschwerdegegners betreffend die Aktivlegitimation der Beschwerdeführer bezüglich der Deckungsansprüche einerseits und des Bestandes eines auf ein eigenes Fehlverhalten der Beschwerdegegnerin gestützten Anspruchs andererseits prüfe. Nur hinsichtlich der die Schadenersatzpflicht des Beschwerdegegners begründenden Tatsachen sei bei der Zuständigkeitsprüfung auf die von den Beschwerdeführern erhobenen Behauptungen abzustellen, sofern sich diese nicht als offensichtlich unzutreffend erwiesen (BGE 134 III 27 E. 6.3 f. S. 37.). D. Daraufhin nahm das Handelsgericht das Verfahren wieder auf und vereinigte es mit dem Prozess 000, in welchem zwei weitere Geschädigte (Beschwerdeführer 25 und 26) ihre Forderungen gegen die Beschwerdegegner anhängig gemacht hatten. Damit waren am Verfahren vor Handelsgericht nunmehr 26 Geschädigte als Kläger beteiligt. Das Handelsgericht kam zum Schluss, den Beschwerdeführern stehe kein direkter Anspruch gegen die Beschwerdegegnerin zu und die Ansprüche des Beschwerdegegners auf Versicherungsdeckung seien den Beschwerdeführern nicht abgetreten worden. Daher trat es am 10. September 2008 auf die Klage gegen den Beschwerdegegner nicht ein und überwies den Prozess diesbezüglich dem Tribunale d'appello in Lugano. Die Klage gegen die Beschwerdegegnerin wies es ab und trat auf die Begehren der Beschwerdeführer um Erlass vorsorglicher Massnahmen nicht ein. E. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht sinngemäss, das Handelsgericht bezüglich beider Parteien für zuständig zu erklären und ihm die Sache zur weiteren Beurteilung der Ansprüche zurückzuweisen. Soweit die Rechtskraft des angefochtenen Entscheides durch die Beschwerde nicht aufgehoben sei, ersuchen sie zudem um Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Schliesslich suchen einige Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nach. Eine Vernehmlassung wurde nicht eingeholt.
Erwägungen: 1. Gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und des Bundesverwaltungsgerichts. Dabei knüpft der Begriff der Letztinstanzlichkeit an jenen von Art. 86 Abs. 1 OG an. Letztinstanzlichkeit gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG bedeutet, dass der kantonale Instanzenzug für die Rügen, die dem Bundesgericht vorgetragen werden, ausgeschöpft sein muss (BGE 134 III 524 E. 1.3 S. 527 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführer machen demgegenüber geltend, sie könnten direkt ans Bundesgericht gelangen, ohne zuvor einen Teil ihrer Rügen mit einem ausserordentlichen Rechtsmittel vor das Kassationsgericht zu bringen. Diese Auffassung ist haltlos. Damit dem Bundesgericht neben der Verletzung von Bundesgesetzen auch Rügen betreffend Tatfragen, kantonales Recht oder die Verletzung von Verfassungsrecht unterbreitet werden können, ist vielmehr zunächst die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde zu erheben (Peter Reetz, Das neue Bundesgerichtsgesetz unter besonderer Berücksichtigung der Beschwerde in Zivilsachen, Auswirkungen auf die Anfechtung von Entscheiden des Zürcher Obergerichts und Handelsgerichts, in SJZ 103 [2007] S. 36 ff.). Wohl können die Beschwerdeführer das Urteil der Vorinstanz direkt mit Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht anfechten. Für Rügen, die der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde zugänglich gewesen wären (§§ 281 und 285 der Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976, ZPO/ZH, LS 271), ist der Instanzenzug aber nicht ausgeschöpft, weshalb sie nicht zu hören sind. Daher ist auf die Rügen der Willkür und der Verletzung des rechtlichen Gehörs (beispielsweise im Zusammenhang mit dem Pfandrecht nach Art. 60 VVG oder der Zuständigkeit des Gerichts am Sitz der Y._ Inc.) nicht einzutreten. Auch soweit die Beschwerdeführer ihre Klageberechtigung auf kantonales Recht stützen, sind sie nicht zu hören. Die im angefochtenen Urteil vorgenommene Aufteilung der Kosten unter den Beschwerdeführern stützt sich ebenfalls auf kantonales Prozessrecht. Sie ist mangels Ausschöpfung des Instanzenzuges nicht zu überprüfen. 2. Vor Einführung des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) durfte die kantonale Instanz, an die eine Sache zurückgewiesen wurde, nach Art. 66 Abs. 1 OG neues Vorbringen berücksichtigen, soweit es nach dem kantonalen Prozessrecht noch zulässig war. Die nach kantonalem Prozessrecht zulässigen Noven hatten sich dabei stets innerhalb des rechtlichen Rahmens zu bewegen, den das Bundesgericht mit seinem Rückweisungsentscheid vorgegeben hatte. Der von der Rückweisung erfasste Streitpunkt durfte also nicht ausgeweitet oder auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt werden (BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94; 116 II 220 E. 4a S. 222, je mit Hinweisen). Die mit der Neubeurteilung befasste kantonale Instanz hatte vielmehr die rechtliche Beurteilung, mit der die Rückweisung begründet wurde, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Diese Beurteilung band auch das Bundesgericht (BGE 133 III 201 E. 4.2 S. 208; 125 III 421 E. 2a S. 423). Wegen dieser Bindung der Gerichte war es ihnen wie auch den Parteien, abgesehen von allenfalls zulässigen Noven, verwehrt, der Beurteilung des Rechtsstreits einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu unterstellen oder die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden waren (BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94; 116 II 220 E. 4a S. 222; enger BGE 111 II 94 E. 2 S. 95, je mit Hinweisen). Wie weit die Gerichte und Parteien an die erste Entscheidung gebunden waren, ergab sich aus der Begründung der Rückweisung, die sowohl den Rahmen für die neuen Tatsachenfeststellungen als jenen für die neue rechtliche Begründung vorgab. Jedenfalls durfte der zuvor obsiegende Berufungskläger im neuen Verfahren keine Verschlechterung seiner Rechtsstellung erleiden. Im für ihn ungünstigsten Fall musste er sich mit dem bisherigen, von der Gegenpartei nicht angefochtenen Ergebnis abfinden (BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94; 116 II 220 E. 4a S. 222). 2.1 Entsprechende Bestimmungen finden sich im BGG nicht, da die Bindung der kantonalen Instanz an den Rückweisungsentscheid als selbstverständlich angesehen wurde (vgl. Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4346 Ziff. 4.1.4.5 zu Art. 101 am Ende). Daher besteht kein Anlass, unter der Herrschaft des BGG von der zu Art. 66 Abs. 1 OG ergangenen Rechtsprechung abzuweichen (Urteil des Bundesgerichts 4A_71/2007 vom 19. Oktober 2007 E. 2.1 f.). Offen ist lediglich, ob auch gemäss BGG der Umfang der Bindung je nach dem Grund der Rückweisung unterschiedlich ist, analog der unterschiedlichen Wirkung der Rückweisung im Berufungsverfahren und im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde (Urteil des Bundesgerichts 4A_5/2008 vom 22. Mai 2008 E. 1.1 - 1.3). Mit Blick auf die Bindung des Bundesgerichts und des Handelsgerichts an den Rückweisungsentscheid sind jedenfalls die vom Bundesgericht bereits entschiedenen Fragen nicht mehr zu überprüfen. Diesbezüglich kann die seither ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichts oder des EuGH nicht berücksichtigt werden, und sind neue rechtliche Vorbringen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer unzulässig. 2.2 Vor diesem Hintergrund erscheint die Vereinigung zweier Verfahren problematisch, wenn nur eines vom Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts betroffen war. Die Verfahren befinden sich nicht im selben Prozessstadium (vgl. Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 303; Stefan Kraft, Die gerichtliche Trennung und Vereinigungen von Prozessen im zürcherischen Zivilprozess, Zürich 1959, S. 81), so dass die Ausdehnung des Rückweisungsentscheides auf daran nicht Beteiligte deren Rechte verkürzt. Die Beschwerdeführer 25 und 26 erheben diesbezüglich aber keine Rügen und sind mit der Vereinigung der Verfahren offensichtlich einverstanden. Andernfalls hätten sie sich dagegen bereits im kantonalen Verfahren umgehend zur Wehr setzen müssen, da es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs nicht zulässig ist, formelle Rügen, die in einem früheren Prozessstadium hätten geltend gemacht werden können, bei ungünstigem Ausgang noch später vorzubringen (BGE 134 I 20 E. 4.3.1 S. 21; 132 II 485 E. 4.3 S. 496; 130 III 66 E. 4.3 S. 75). Daher gilt die Bindungswirkung des Rückweisungsentscheides auch für die Beschwerdeführer 25 und 26. 3. Dieser Bindung der Gerichte an den Rückweisungsentscheid, tragen die Beschwerdeführer nicht Rechnung. 3.1 Die Beschwerdeführer bringen vor, es bestehe in jedem Fall ein hinreichender Konnex zwischen den Klagen, ohne dass die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu doppelrelevanten Tatsachen zur Anwendung komme. Der Auffassung des Bundesgerichts stünden zwei Gerichtsentscheide des EuGH entgegen, der eine vor, der andere nach dem Rückweisungsentscheid ergangen. Damit wenden sich die Beschwerdeführer in unzulässiger Weise gegen den Rückweisungsentscheid, der nicht mehr überprüft werden kann. Soweit die Beschwerdeführer eine Gefahr sich widersprechender Urteile behaupten, ohne aufzuzeigen, inwiefern die von der Vorinstanz für die Abweisung der Klage gegen die Beschwerdegegnerin angeführten Gründe auch für die Beurteilung ihrer Ansprüche gegen den Beschwerdegegner massgebend sein können, missachten sie ebenfalls den Rückweisungsentscheid und sind nicht zu hören. 3.2 Auch die These, bei der obligatorischen Berufshaftpflicht der Anwälte handle es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter, hat das Bundesgericht bereits im Rückweisungsentscheid verworfen. Es hielt fest, aus der Tatsache allein, dass es sich um eine obligatorische Berufshaftpflichtversicherung handle, lasse sich kein direktes Forderungsrecht konstruieren (BGE 134 III 27 nicht publ. E. 3.1.2). Damit schloss es die Existenz eines Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter aus. Die Vorinstanz hätte die Ansprüche der Beschwerdeführer unter diesem Titel gar nicht prüfen dürfen. 3.3 Auch soweit die Beschwerdeführer behaupten, gegenüber dem Beschwerdegegner bestehe in Zürich das Deliktsforum des Handlungsortes (Art. 5 Ziff. 3 LugÜ), sprengen sie den Rahmen des Rückweisungsentscheides und berufen sich zudem auf Umstände, die nicht festgestellt sind. Darauf ist nicht einzutreten. 4. Die Beschwerdeführer machen Ansprüche aus Vertrauenshaftung und Delikt gegenüber der Beschwerdegegnerin geltend. Die Zulassung zur Berufsausübung kraft der Versicherungspolice gemäss kantonalem Recht habe bei den Beschwerdeführern die Erwartung begründet, der Beschwerdegegner sei seiner Aufgabe als Überwacher der Sicherheiten im Zusammenhang mit den Anlagen gewachsen. Dieses Vertrauen sei enttäuscht worden. Mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages habe die Beschwerdegegnerin eine Gefährdungslage geschaffen und es unterlassen, alle erforderlichen Schutzmassnahmen zu ergreifen. Die Beschwerdegegnerin habe die eigene Verantwortung zur Berufsausübung nicht wahrgenommen. 4.1 Die Versicherung ist nicht gehalten, die Eignung des Versicherten zur Berufsausübung vor Abschluss einer obligatorischen Berufshaftpflichtversicherung abzuklären oder nach deren Abschluss zu überwachen. Damit geht auch die Rüge der Beschwerdeführer, in diesem Zusammenhang hätte die Versicherungspolice ediert werden müssen, ins Leere. Die Beschwerdeführer legen denn auch nicht dar, wie die Beschwerdegegnerin ihren entsprechenden Pflichten hätte nachkommen sollen. Sie beschränken sich darauf, die Pflichtverletzung zu behaupten. Damit lässt sich keine Haftung der Beschwerdegegnerin begründen. 4.2 Das Wissen um das Vorhandensein einer Haftpflichtversicherung mag das Vertrauen rechtfertigen, im Schadensfall sei eine entsprechende Deckung vorhanden und die Geschädigten könnten die in Art. 60 VVG vorgesehenen Rechte wahrnehmen. Dieses Vertrauen wurde nicht enttäuscht. Die Annahme, die Versicherung habe über die Fähigkeit des Anwaltes zu wachen, entbehrt jeder Grundlage. Ein darauf gestütztes Vertrauen ist nicht schützenswert. Die Auffassung, der Abschluss der Versicherung schaffe eine Gefährdungslage, so dass die Beschwerdegegnerin zu Schutzmassnahmen verpflichtet sei oder ihr eine Garantenstellung zukommt, ist abwegig. Soweit die Beschwerdeführer ihre Ausführungen auf das Recht des Kantons Tessin stützen, ist überdies ohnehin nicht auf die Beschwerde einzutreten, da die Anwendung kantonalen Rechts nur auf Willkür überprüft werden kann, welche Rüge vorab dem Kassationsgericht hätte unterbreitet werden müssen (vgl. E. 1 hiervor). 5. Die Beschwerdeführer behaupten, der Beschwerdegegner habe ihnen seine Ansprüche auf Versicherungsdeckung abgetreten. Der Tatsache, dass er nie von einer Abtretung gesprochen habe, komme keine Bedeutung zu, da aus den früheren schriftlichen Äusserungen zu schliessen sei, er könne die rechtliche Tragweite seiner Äusserungen nicht immer richtig abschätzen. Durch Auslegung sei der wirkliche Wille des Beschwerdegegners festzustellen, der nach dem Vertrauensprinzip in seinen förmlichen schriftlichen Erklärungen zum Ausdruck komme. Daraus hätten die Beschwerdeführer schliessen müssen, der Beschwerdegegner wolle fortan aus dem Spiel gelassen werden und nicht mehr mit den Beschwerdeführern in Kontakt kommen. Ohne Zession wäre er als Haftpflichtiger und als Gläubiger der Versicherungsdeckung für die Beschwerdeführer namentlich im Prozess zentrale Kontaktperson geblieben. Er hätte grundsätzlich allein ins Recht gefasst werden müssen, wodurch ein Kontakt zu den Beschwerdeführern unumgänglich wäre. Daher habe der Beschwerdegegner klar eine Zession verfügt. 5.1 Ziel der Vertragsauslegung ist es, in erster Linie den übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien festzustellen (vgl. Art. 18 Abs. 1 OR). Diese subjektive Vertragsauslegung beruht auf Beweiswürdigung, die mangels Ausschöpfung des Instanzenzuges der bundesgerichtlichen Überprüfung im zu beurteilenden Fall entzogen ist (vgl. BGE 132 III 268 E. 2.3.2 S. 274 mit Hinweisen). Steht eine tatsächliche Willensübereinstimmung fest, bleibt für eine Auslegung nach dem Vertrauensgrundsatz kein Raum (BGE 132 III 626 E. 3.1 S. 632). Erst wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten. Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an Feststellungen des kantonalen Richters über die äusseren Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 133 III 61 E. 2.2.1 S. 67 mit Hinweisen). 5.2 Soweit die Beschwerdeführer der Auffassung sind, der tatsächliche Wille des Beschwerdegegners hätte sich feststellen lassen, hätten sie mit kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde die diesbezügliche Richtigstellung des Sachverhalts verlangen müssen. Vor Bundesgericht sind sie damit nicht zu hören. Aber auch davon abgesehen, gehen ihre Vorbringen an der Sache vorbei. 5.2.1 Das Bundesgericht hat im Rückweisungsentscheid festgehalten (BGE 134 III 27 nicht publ. E. 3.1.1), eine allfällige Abtretung der Versicherungsdeckungsansprüche führe nicht dazu, dass den Beschwerdeführern für ihre Schadenersatzansprüche gegenüber dem Beschwerdegegner ein unmittelbares Klagerecht gegenüber der Versicherung zustünde. Sollte die Abtretung gültig erfolgt sein, machen die Beschwerdeführer vielmehr den auf sie übergegangenen Deckungsanspruch des Beschwerdegegners gegenüber seiner Versicherung geltend und treten diesbezüglich in seine Rechtsstellung ein. 5.2.2 Die Beschwerdeführer könnten gestützt auf eine Abtretung erst gegen die Beschwerdegegnerin vorgehen, wenn die Voraussetzungen für die Erbringung der Versicherungsleistung gegeben sind, was im konkreten Fall voraussetzt, dass der Beschwerdegegner von den Geschädigten erfolgreich in Anspruch genommen wird. Da der Beschwerdegegner seine Haftung bestritten hat, hätten die Beschwerdeführer in jedem Fall gegen ihn vorgehen müssen, denn solange seine Zahlungspflicht nicht rechtskräftig festgestellt oder anerkannt ist, besteht kein Anspruch auf Versicherungsdeckung und könnten die Beschwerdeführer aus der behaupteten Abtretung keine Ansprüche gegenüber der Versicherung erheben. 5.3 Unter den gegebenen Umständen konnten die Beschwerdeführer den Beschwerdegegner nach Treu und Glauben nur dahingehend verstehen, dass er sich ihnen gegenüber durch seine Haftpflichtversicherung vertreten lassen wollte, um den persönlichen Kontakt zu vermeiden. Daher können sie aus der behaupteten vorbehaltlosen Einlassung der Beschwerdegegnerin auf die sachliche Auseinandersetzung im vorprozessualen Stadium nichts zu ihren Gunsten ableiten. Eine Zession liegt somit nicht vor. Ob der Abtretung ein Abtretungsverbot entgegenstand, ist demnach nicht entscheidrelevant. 6. Die Beschwerdeführer weisen darauf hin, sie könnten auf Feststellung der Deckungspflicht der Versicherung gegenüber dem Beschwerdegegner klagen. Da weder aus ihren Vorbringen noch aus dem angefochtenen Entscheid hervorgeht, dass sie dies getan hätten, bleibt im Dunkeln, was sich daraus zu ihren Gunsten ableiten lassen sollte. 7. Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführer verkennen die Bindung der Gerichte an den Rückweisungsentscheid und stützen ihre Ansprüche gegenüber der Beschwerdegegnerin auf Überwachungspflichten, ohne dafür eine tragfähige Grundlage zu nennen. Die Anwendung kantonalen Rechts kann das Bundesgericht nicht prüfen, da keine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde erhoben wurde. Damit erscheint die Beschwerde von Vornherein als offensichtlich aussichtslos, und die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung sind abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Mit Bezug auf allfällige vorsorgliche Massnahmen haben sich die Beschwerdeführer an das für den Hauptprozess gegen den Beschwerdegegner zuständige Gericht zu wenden. Mit dem Entscheid in der Sache selbst wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die Beschwerdeführer anteilsmässig kostenpflichtig. Da keine Vernehmlassung eingeholt wurde, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Anordnung vorsorglicher Massnahmen werden abgewiesen. 2. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 17'000.-- werden den Beschwerdeführern wie folgt auferlegt: Beschwerdeführer: Betrag pro Beschwerdeführer: 7 und 26 Fr. 100.-- 1, 16 und 21 Fr. 200.-- 5, 6, 14, 19, 22 und 23 Fr. 400.-- 4 und 25 Fr. 500.-- 24 Fr. 600.-- 2, 8, 11, 13 und 17 Fr. 700.-- 10 und 18 Fr. 800.-- 12 Fr. 900.-- 3 und 9 Fr. 1'000.-- 20 Fr. 1'200.-- 15 Fr. 3'000.-- 4. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 11. März 2009 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: Klett Luczak
4ac224c5-daba-464a-a2db-9670a9980885
de
2,011
CH_BGer_009
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die ... unter der Firma "Personalfürsorgestiftung für die Angestellten der Firma X._ und allfälliger affiliierter Unternehmen" errichtete "Personalfürsorgestiftung der X._" (nachfolgend: PFS) war seit ... eine registrierte Vorsorgeeinrichtung im Sinne der Gesetzgebung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge. G._ war seit 1988 Stiftungsrat der PFS. B._, seit Februar 1990 kaufmännischer Leiter und Finanzchef der X._ AG (Stifterfirma), war in den Protokollen der Stiftungsratssitzungen anfänglich unter "Verwaltung", später als Protokollführer vermerkt. Kontrollstelle der PFS war - teilweise rückwirkend - von 1992 bis 1994 die Firma D._ AG (seit ... 2006: H._ AG). Am ... wurde über die X._ AG der Konkurs eröffnet. Einen Tag später verfügte die Aufsichtsbehörde BVG und Stiftungsaufsicht Basel-Stadt die Einsetzung einer kommissarischen Verwaltung für die PFS und die Suspendierung des Stiftungsrates. Am ... ordnete die Aufsichtsbehörde die Liquidation der PFS an. B. Am 10. November 2006 reichte die PFS in Liquidation Klage beim Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, ein und beantragte, G._, B._ und die H._ AG seien in solidarischer Verpflichtung zur Zahlung von Schadenersatz in der Höhe von Fr. 6'266'803.81 nebst 5 % Zins auf verschiedenen Teilbeträgen ab verschiedenen Fälligkeiten zu verurteilen. Das Gericht lud die Stiftung Sicherheitsfonds BVG, welche Leistungen für die Auszahlung des Austrittsguthabens des vom Konkurs der Stifterfirma betroffenen Personals erbracht hatte, bei. Im Laufe des Verfahrens schlossen die Klägerin und der Beklagte 1 einen Vergleich ab. Mit Entscheid vom 5. Mai 2010 stellte das Kantonsgericht Basel-Landschaft fest, die Klage gegen G._ sei infolge Vergleichs als gegenstandslos abgeschrieben worden (Dispositiv-Ziff. 1); die Klage gegen B._ und gegen die H._ AG wies es ab (Dispositiv-Ziff. 2). C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lassen die PFS in Liquidation und die Stiftung Sicherheitsfonds BVG das klageweise gestellte Schadenersatzbegehren gegen B._ und die H._ AG erneuern; eventuell sei die Sache zur erneuten Beurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird eine mündliche Verhandlung beantragt. B._ und die H._ AG schliessen auf Abweisung der Beschwerden oder auf Nichteintreten auf das Rechtsmittel. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. In einer weiteren Eingabe haben sich die PFS in Liquidation und die Stiftung Sicherheitsfonds BVG u.a. unter Hinweis auf das Urteil 2C_591/2010 vom 15. März 2011 zur Sache geäussert. Die H._ AG hat eine Stellungnahme dazu eingereicht.
Erwägungen: 1. 1.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen - oder wenn gerügt (Art. 97 Abs. 1 BGG) - berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 1.1.1 Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1). Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteile 9C_999/2010 vom 14. Februar 2011 E. 1 und 9C_735/2010 vom 21. Oktober 2010 E. 3). 1.1.2 Die Rüge des fehlerhaft festgestellten Sachverhalts bedarf einer qualifizierten Begründung. Es reicht nicht aus, in allgemeiner Form Kritik daran zu üben oder einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder ihre eigene Beweiswürdigung zu erläutern (Urteile 9C_735/2010 vom 21. Oktober 2010 E. 3 und 9C_688/2007 vom 22. Januar 2008 E. 2.3). Die Rüge und ihre qualifizierte Begründung müssen in der Beschwerdeschrift selber enthalten sein. Der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten genügt nicht (Urteile 8C_260/2010 vom 12. Januar 2011 E. 2.2.2 und 4A_28/2007 vom 30. Mai 2007 E.1.3, nicht publ. in: BGE 133 III 421). 1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die vorgebrachten Rügen, sofern eine Rechtsverletzung nicht geradezu offensichtlich ist. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 2. Legitimiert zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach Art. 89 Abs. 1 BGG, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Im Unterschied zur Beschwerde in Zivil- (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG) und Strafsachen (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG) sowie zur subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 115 lit. b BGG) ist kein rechtlich geschütztes Interesse erforderlich (BGE 135 V 382 E. 3.1 S. 387). 2.1 Die Beschwerdeführerin 1 ist als klagende Partei vom angefochtenen Entscheid unmittelbar berührt und daher zur Beschwerde legitimiert. 2.2 Der Beschwerdeführerin 2 ist vor Vorinstanz als beigeladene Behörde ebenfalls Parteistellung zugekommen (§ 3 Abs. 1 lit. c des kantonalen Gesetzes über die Verfassungs- und Verwaltungsprozessordnung [VPO; SGS-BL Nr. 271] in Verbindung mit Art. 73 Abs. 2 BVG und Art. 54 Abs. 4 BVG). Sie ist durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt, da sie die gesetzlichen Leistungen von zahlungsunfähig gewordenen Vorsorgeeinrichtungen sicher zu stellen und unbestritten eine Zahlung in der Höhe von Fr. 6,2 Mio. erbracht hat (in diesem Punkt unverändert gebliebener Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG; vgl. BEAT CHRISTEN, in: BVG und FZG, 2010, N. 6 zu Art. 56 BVG). Zwar verfügt die Beschwerdeführerin 2 über einen gesetzlichen Rückforderungsanspruch (Art. 56a Abs. 2 [a]BVG bzw. Art. 10 aSFV 2). Dieser hängt jedoch u.a. von der Einbringlichkeit der eingeklagten Schadenersatzforderung ab (vgl. CHRISTEN, a.a.O., N. 22 zu Art. 56 BVG), weshalb offen bleiben kann, ob es sich bei der Zahlung von Fr. 6,2 Mio. "nur" um eine Vorschussleistung handelt. Auf jeden Fall ist eine (vollständige) Rückzahlung weder ersichtlich noch wird das Gegenteil behauptet. Die effektive und (vorab) vorbehaltlose Leistung der Beschwerdeführerin 2 ist daher, wenn auch finanzieller Natur, schutzwürdig und ihre Beschwerdelegitimation zu bejahen (vgl. BGE 135 V 382 E. 3.3.1 S. 387 mit Hinweisen). 3. Streitgegenstand bildet die Haftung der Beschwerdegegner aus Art. 52 BVG. Die Beschwerdeführerinnen leiten ihren Anspruch aus Umständen ab, die sich vor dem 31. Dezember 2004 ereignet haben. Nach der damals gültigen Fassung sind alle mit der Verwaltung, Geschäftsführung oder Kontrolle der Vorsorgeeinrichtung betrauten Personen für den Schaden verantwortlich, den sie ihr absichtlich oder fahrlässig zufügen. Diese Bestimmung findet sich auch heute noch im Gesetz, nur wurde sie durch zwei Absätze erweitert (heute Art. 52 Abs. 1 BVG). 3.1 Die Vorinstanz erachtete die Klageberechtigung der Beschwerdeführerin 1 als gegeben, indem sie eine rechtsgültige Zession der Verantwortlichkeitsansprüche nach Art. 52 (Abs. 1) BVG an die Beschwerdeführerin 2 und eine ebenso rechtmässige Rückzession angenommen hat. Der Beschwerdegegner 1 bestreitet die vorinstanzliche Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin 1. Seine Vorbringen führen nicht zu einem anderen Ergebnis. 3.1.1 In der Rückzession vom 10. November 2006 erklärte die Beschwerdeführerin 2, alle ihr mittels Zession vom 15. April 1997 abgetretenen Verantwortlichkeitsansprüche gegenüber ehemaligen Stiftungsorganen sowie gegenüber allfälligen Drittpersonen an die Beschwerdeführerin 1 abzutreten. Weiter wurde festgehalten, dass Ansprüche, die dem Sicherheitsfonds BVG gegenüber den erwähnten Personen aus eigenem Recht zustehen, nicht abgetreten werden. Bei diesen Ansprüchen aus eigenem Recht handelt es sich um das Rückgriffsrecht gegenüber nicht notwendigerweise unter aArt. 52 BVG fallende Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Versichertenkollektivs ein Verschulden trifft, im Umfang der gestützt auf Art. 56 Abs. 1 lit. b und c BVG sichergestellten Leistungen (Art. 11 der Verordnung vom 7. Mai 1986 über die Verwaltung des Sicherheitsfonds BVG [aSFV 2] in Verbindung mit Art. 56 Abs. 1 lit. b Satz 2 BVG bzw. ab 1. Januar 1997 Art. 56a Abs. 1 BVG in der bis 31. Dezember 2004 gültig gewesenen Fassung; BGE 135 V 163 E. 5.1 und 5.2 S. 167 f.; vgl. auch BGE 130 V 277 E. 2.1 S. 280 f.). 3.1.2 Die Beschwerdeführerin 2 hatte Leistungen in der Höhe von Fr. 6.2 Mio. für die Auszahlung der Austrittsguthaben des vom Konkurs der Stifterfirma betroffenen Personals erbracht, ohne dass sie in diesem Betrag in die Ansprüche der Beschwerdeführerin 1 nach aArt. 52 BVG subrogierte (BGE 135 V 163 E. 5.1 S. 168). Diese wiederum konnte entgegen dem Wortlaut der Zession vom 15. April 1997 lediglich ihre Verantwortlichkeitsansprüche abtreten und nicht auch Ansprüche gegenüber Personen, welche nicht ehemalige Stiftungsorgane gewesen waren. Die Beschwerdeführerin 2 schliesslich konnte neben den zedierten Ansprüchen aus aArt. 52 BVG - theoretisch zumindest - auch ihre Ansprüche nach Art. 11 aSFV 2 resp. Art. 56a Abs. 1 BVG abtreten, weshalb sie diese richtigerweise von der Rückzession ausgenommen hatte. Aus dem Inhalt der Rückzession vom 10. November 2006 ergibt sich somit nichts, was die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin 1 im vorinstanzlichen Klageverfahren in Frage zu stellen vermöchte. Dass die Vorsorgeinrichtung keinen Schaden geltend gemacht hat, der über oder neben den Ansprüchen der Beschwerdeführerin 2 besteht, sondern sich mit diesem praktisch deckt, wie der Beschwerdegegner 1 vorbringt, ist nicht von Belang. 3.2 Was die Passivlegitimation des Beschwerdegegners 1 betrifft, so verneinte die Vorinstanz diese mangels faktischer Organeigenschaft. 3.2.1 Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde trifft nicht zu, dass die Vorinstanz nur einzelne Aspekte geprüft, aber keine Gesamtwürdigung der für die Frage der faktischen Organstellung des Beschwerdegegners 1 als einer Tatfrage (Urteil 9C_535/2008 vom 3. Dezember 2008 E. 2) bedeutsamen Umstände vorgenommen hat. Soweit die Beschwerdeführerinnen lediglich ihre eigene Sicht der Dinge darlegen, ohne dass sie sich mit den diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid auseinandersetzen, üben sie unzulässige appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (E. 1.1.2). Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Ausführungen in der Beschwerde im Zusammenhang mit der (niedrigen) Kadenz der Sitzungen des Stiftungsrates (ein Mal jährlich) und deren Dauer (15 bis maximal 95 Minuten). So legen die Beschwerdeführerinnen nicht dar, inwiefern die vorinstanzliche Feststellung, dass an der Sitzung vom 25. Januar 1993 der Stiftungsratspräsident und nicht der Beschwerdegegner 1 das Geschäft "Kauf der Liegenschaft Y._" vorgestellt und die Renditeerwartungen erläutert habe, offensichtlich unrichtig und der u.a. daraus gezogene Schluss, dem Wort des Beschwerdegegners 1 sei bei den Stiftungsräten kein grosses Gewicht zugekommen, willkürlich ist (E. 1.1.1). 3.2.2 Im Weitern trifft zwar zu, dass die Vorinstanz nichts zu den Ausführungen in der Klageantwort von G._ betreffend die Funktion des Beschwerdegegners 1 gesagt hat. Dabei handelt es sich indessen zunächst einmal um reine Behauptungen einer (mit-)beklagten Partei, worauf von vornherein nicht unbesehen abgestellt werden darf, zumal wenn sie bestritten sind oder gegensätzliche Schilderungen bestehen. Dies gilt hier umso mehr, als mehrere Beteiligte den Beschwerdegegner 1 nicht als Geschäftsführer der Stiftung oder mit besonderen Entscheidkompetenzen ausgestattet gesehen hatten. Die Strafuntersuchungsbehörde war denn auch zum Schluss gekommen, dass dem Beschwerdegegner 1 eine Organstellung nicht mit ausreichender Sicherheit nachzuweisen sei, wie die Vorinstanz festgestellt hat. Auch wenn das Berufsvorsorgegericht nicht an die strafrechtliche Beurteilung gebunden ist (vgl. Art. 53 Abs. 2 OR und BGE 111 V 172 E. 5a S. 177), besteht kein Anlass davon abzuweichen. Die Beschwerdeführerinnen weisen insoweit richtig darauf hin, dass der ehemalige Stiftungsratspräsident anlässlich der vorinstanzlichen Parteiverhandlung von seinen Aussagen im Strafuntersuchungsverfahren nicht abgewichen ist und den massgeblichen Einfluss des Beschwerdegegners 1 auf die Geschäfte der Stiftung bestätigt hat. Dies erhöhe sinngemäss dessen Glaubwürdigkeit, da er im Falle der Schadenersatzpflicht eines "verurteilten Mitverantwortlichen" Regressforderungen zu befürchten habe. Bei dieser Argumentation wird übersehen, dass auch A._, Verwaltungsrat der Stifterfirma und seit Januar 1992 Stiftungsrat (Arbeitgebervertreter), durch die Vorinstanz (nochmals) befragt wurde. Dabei äusserte er sich wie schon bei der strafrechtlichen Einvernahme im gleichen, aber umgekehrten Sinne, dass der Beschwerdegegner 1 keine die Willensbildung der Stiftung entscheidend beeinflussende Kompetenzen gehabt hatte. Schliesslich wird auch richtig vorgebracht, dass S._, von 1992 bis 1994 Revisor der Stiftung, als Einzelzeichnungsberechtigter der Beschwerdegegnerin 2, selber Beklagter ist. Dies ändert indessen nichts daran, dass seine Aussage in der Strafuntersuchung gegen den ehemaligen Stiftungsratspräsidenten, der Beschwerdegegner 1 sei buchführende Stelle gewesen und es habe der Eindruck bestanden, er könne nicht selber entscheiden, nicht unglaubhaft erscheint, hätte er doch alles Interesse gehabt, im Hinblick auf einen allfälligen Schadenersatzprozess die Verantwortung abzuschieben oder zumindest auf mehrere Schultern zu verteilen. 3.2.3 Mit Bezug auf den als bundesrechtswidrig gerügten Verzicht auf die Befragung von Frau Dr. W._, Leiterin der kantonalen Aufsichtsbehörde, bestreiten die Beschwerdeführerinnen die vorinstanzliche Feststellung nicht, dass der Beschwerdegegner 1 die Korrespondenzen mit der Aufsichtsbehörde lediglich mit unterzeichnet hatte (E. 4.1). Dabei lag es aufgrund seiner Verantwortung für das Tagesgeschäft nahe, dass grundsätzlich er erste Ansprechperson gewesen war, was indessen noch nichts über den materiellen Gehalt seiner Stellung bei der Stiftung aussagt. Die Beschwerdeführerinnen begründen den massgeblichen Einfluss des Beschwerdegegners 1 auf die Willensbildung der Stiftung im Wesentlichen damit, er habe gegenüber der Aufsichtsbehörde (unwahre) Angaben zur Höhe von deren Forderungen gegen die Stifterfirma gemacht und auf eigenen Berechnungen beruhende (unrealistische) Vorschläge für eine Reduktion der Ausstände unterbreitet. Dies mag den Anschein einer bestimmten Entscheidungskompetenz erweckt haben, was aber nicht genügt. Welche unmittelbaren und konkreten Wahrnehmungen Frau Dr. W._ bezeugen könnte, die für die Frage der hinter dem erwähnten Verhalten des Beschwerdegegners 1 stehenden Willensbildung der Stiftung bedeutsam sein könnten, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht dargetan. Es ist trotz Untersuchungsgrundsatz (Art. 73 Abs. 2 BVG) in erster Linie Aufgabe der Parteien, die rechtserheblichen Tatsachen zu nennen (SVR 2010 EL Nr. 7 S. 19, 9C_724/2009 E. 3.2.3.2; Urteil 5P.6/2004 vom 12. März 2004 E. 2.3 in fine). Dass die Vorinstanz von der Befragung von Frau W._ abgesehen hat, verletzt somit kein Bundesrecht. Der Antrag auf mündliche Parteiverhandlung, welche deren Anhörung ermöglichen soll, ist demzufolge abzuweisen (Art. 57 BGG) und zwar auch im Lichte von Art. 29 Abs. 2 BV (Urteil 4A_370/2008 vom 1. Dezember 2008 E. 2). 3.2.4 Die Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung im Zusammenhang mit der Frage der Organstellung von Beschwerdegegner 1 ist somit unbegründet. Dass die Vorinstanz von einem unzutreffenden Begriff des faktischen Organs im Sinne von aArt. 52 BVG ausgegangen wäre, wird nicht geltend gemacht. 4. Die Haftung aus Art. 52 (Abs. 1) BVG setzt einen Schaden, eine Widerrechtlichkeit (pflichtwidriges Verhalten), einen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen eingetretenem Schaden und pflichtwidrigem Verhalten sowie ein Verschulden voraus. Streitig und zu prüfen bleibt die Verantwortlichkeit der Beschwerdegegnerin 2. Im Vordergrund stehen zwei Liegenschaftskäufe (Liegenschaften Y._ und Z._), die hohe Kontokorrentforderung gegenüber der Stifterfirma und der Verlust des Stiftungskapitals. Auf eine umfassende Überprüfung der einzelnen Verfehlungen, welche die Beschwerdeführerinnen der Beschwerdegegnerin 2 vorwerfen, wird verzichtet. Die nachfolgenden Erwägungen beschränken sich darauf, den verschiedenen Vorwürfen punktuell nachzugehen, einerseits aus prozessualen (E. 1.2), anderseits aus prozessökonomischen Gründen, da eine Haftung wegfällt, wenn es nur schon an einer der Voraussetzungen von Art. 52 BVG fehlt. 5. Zunächst zur Voraussetzung des Schadens aus überhöhtem Kaufpreis der Liegenschaft Y._ und aus entgangener Verzinsung des Eigenkapitals, das in dieses Geschäft investiert wurde: 5.1 Die Vorinstanz hat sich für die Bestimmung des Verkehrswerts der Liegenschaft Y._ im Zeitpunkt des Kaufs über zwei Schätzungen - die private der Treuhand E._ vom 27. April 1999 sowie diejenige des U._ vom 13. September 2000 - hinweggesetzt. Die dabei erwähnte personelle Verflechtung zwischen der Beschwerdeführerin 2 und der von ihr beauftragten Treuhand E._ ist unbestritten. Allein aus dem Umstand, dass die Verfasser nicht in beiden Institutionen tätig gewesen seien, ergibt sich keine materielle Unabhängigkeit. Zum einen scheint die Beschwerdeführerin 2 die Treuhand E._ und nicht eine spezifische Person dieses Unternehmens mit der Begutachtung beauftragt zu haben. Zum andern behaupten die Beschwerdeführerinnen nicht, die Verfasser seien - nur schon in hierarchischer Hinsicht - weisungsungebunden gewesen. Indem sich die Vorinstanz an anderer Stelle ihres Urteils auf das (andere) Gutachten der Treuhand E._ vom 27. November 2007 abgestützt hat, verhält sie sich nicht widersprüchlich. Dieses erwies sich im dortigen Kontext (entgangene Verzinsung des in die Liegenschaft Y._ investierten Eigenkapitals) als für die Beschwerdeführerin 1 wenig hilfreich, weshalb sich die Vorinstanz zum Beweiswert an und für sich nicht (mehr) zu äussern brauchte. Wenn auch die Schätzung des U._ Eingang ins Strafverfahren gefunden hatte, war die Vorinstanz nicht daran gebunden. Sie hat ausführlich begründet, weshalb sie nicht darauf abstellte. Dies ist kein Hinderungsgrund, andernorts im Urteil den tatbeständlichen Feststellungen, die im Rahmen des Strafverfahrens gemacht worden sind, zu folgen. Der Sozialversicherungsrichter ist nicht gehalten, strafrechtliche Erkenntnisse integral zu übernehmen (vgl. BGE 111 V 172 E. 5a S. 177). Dazu kommt, dass U._, wie die Vorinstanz nicht offensichtlich unrichtig festgestellt hat, selber erhebliche Vorbehalte zu seiner Schätzung angebracht hat. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen sind die herrschenden Verhältnisse bei Vornahme der Schätzung nicht Massstab für den effektiven Schätzungszeitpunkt in der - hier weit zurückliegenden - Vergangenheit. Ausserdem bedarf es zur Festlegung des Verkehrswerts nicht zwingend einer Expertise. Das Bundesgericht hat im Urteil 9C_238/2009 vom 11. September 2009 E. 3.4, publiziert in SVR 2010 BVG Nr. 7 S. 27, von "in der Regel" gesprochen. Die vorinstanzliche Einschätzung des Verkehrswerts der Liegenschaft Y._ stellt eine der eingeschränkten Kognition unterliegende Tatfrage dar, deren Beantwortung naturgemäss einen weiten Ermessensspielraum umfasst. In die bundesgerichtliche Überprüfungsbefugnis fällt die vorinstanzliche Festsetzung des Verkehrswerts daher insbesondere hinsichtlich Ermessensüberschreitung, -unterschreitung oder -missbrauch, alles Formen rechtsfehlerhafter Ermessensbetätigung (SVR 2010 BVG Nr. 7 S. 27, 9C_238/2009 E. 3.3). Die Vorinstanz ist nachvollziehbar und überzeugend von den zwei genannten Schätzungen abgewichen. Ihre getroffenen Feststellungen sind nicht offensichtlich unrichtig und es ist keine rechtsfehlerhafte Ermessensbetätigung auszumachen. Ein Schaden aus überhöhtem Kaufpreis der Liegenschaft Y._ ist somit nicht eingetreten. 5.2 Hinsichtlich der entgangenen Verzinsung des in die Liegenschaft Y._ investierten Eigenkapitals bildete die Annahme einer hypothetischen Rendite von 5 % pro Jahr Klagegrundlage. Wie die Vorinstanz richtig bemerkt hat, fehlt eine Substanziierung dieser Annahme (vgl. Urteil 9C_314/2008 vom 25. August 2008 E. 3.2). Dass im Januar 1993 die damalige Schweizerische Kreditanstalt einen Sparzins von 5,25 % ausrichtete, ist lediglich eine Momentaufnahme. Inwieweit eine angemessene Ertragserzielung vorliegt, ist - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen - keine statische Einschätzung im Zeitpunkt des Liegenschaftskaufs, sondern erfolgt anhand eines gewissen Zeitverlaufs (vgl. CARL HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, S. 572). Die Beschwerdeführerinnen schweigen sich darüber aus. Den vorinstanzlichen Weiterungen im vorliegenden Punkt kommt Eventualcharakter und damit keine Entscheidrelevanz zu. Dessen ungeachtet sei dazu festgehalten, dass die Sachverhaltsfeststellungen - sowohl im vorliegenden Punkt als auch in der Erwägung 6.5.3.3 des angefochtenen Urteils - insoweit eine offensichtliche Unrichtigkeit aufweisen, als die herangezogene Nettorendite I keine geeignete Vergleichsgrösse bildet. Sie ist nicht vollständig bereinigt, enthält sie nämlich noch die kalkulatorischen Abschreibungen und die Fremdkapitalzinsen. Erstere sind nicht zwingend vorzunehmen, wenn dem Liegenschaftsunterhalt - wie hier - kontinuierlich Rechnung getragen wird (HANS-ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2005, S. 576 Rz 1518). Letztere kommen demgegenüber Gewinnungskosten gleich, die - gerade im Rahmen eines Netto-Ertragsvergleichs - nicht ausgeblendet werden dürfen. In der Folge resultiert bezüglich die Liegenschaft Y._ für das Jahr 1993 eine Rendite auf investiertem Eigenkapital von -2,5 % und für das Jahr 1994 eine solche von -7,5 % (Ausgangswert: Nettomietertrag I abzüglich Fremdkapitalzinsen). Damit wird ersichtlich, dass - isoliert betrachtet - eine Anlage im Festgeldbereich rentabler gewesen wäre (1993 durchschnittlich 4,45 % und 1994 durchschnittlich 3,54 %, wobei diese Zahlen nicht um die Teuerung bereinigt sind [HELBLING, a.a.O., S. 603]). Gradmesser sind ausschliesslich die Grössen des Finanzmarkts und nicht die reglementarischen Zielrenten. Ist der Finanzmarkt nicht ergiebig(er), kann nicht die Beschwerdegegnerin 2 dafür verantwortlich gemacht werden. Für die Ertragsbeurteilung ist indessen nicht nur auf die einzelnen Erträge, sondern auf die Performance zu achten. Bei der Berechnung der Rendite muss der gesamte Vermögensnettoertrag zum durchschnittlichen Gesamtvermögen in der betreffenden Rechnungsperiode berücksichtigt werden (vgl. auch E. 6.2.1; HELBLING, a.a.O., S. 572). In Bezug auf das ganze Immobilienportefeuille führt dies im Jahr 1993 zu einer Rendite auf dem gesamthaft investierten Eigenkapital von 4,3 % und für 1994 zu einer solchen von 3,2 %. Ohne die Liegenschaft Z._, deren Kauf die Beschwerdegegnerin 2 - im Beschwerdeverfahren unbestritten - unter dem Aspekt des hier gültigen Art. 54 lit. c BVV 2 pflichtgemäss moniert hat, ergibt sich für das Jahr 1994 sogar ein Renditewert von 3,7 %. Damit kann, verglichen mit den durchschnittlichen Festgeldzinsen im gleichen Zeitraum, wenn überhaupt, nicht von einem relevanten Schaden gesprochen werden (vgl. DOMENICO GULLO, Die Verantwortlichkeit des Stiftungsrats in der Vorsorgeeinrichtung und die Delegation von Aufgaben, in: SZS 2001 S. 44). 6. Als Nächstes stellt sich die Frage nach dem pflichtwidrigen Verhalten der Beschwerdegegnerin 2 (H. AG) betreffend den Betriebsverlust, der aus dem Erwerb der Liegenschaft Y._ resultierte, sowie betreffend die angewachsene Kontokorrentforderung gegenüber der Stifterfirma, die in deren Konkurs verloren ging. 6.1 Die Beschwerdeführerinnen bemängeln vorab, dass der Liegenschaftskauf Y._ und Z._ an und für sich unzulässig gewesen sei. Inwieweit die beiden Käufe eine Idee der Beschwerdegegnerin 2 gewesen waren, kann offen gelassen werden. Die Beschwerdeführerinnen hielten in der Klage vom 10. November 2006 ausdrücklich fest, dass der Stiftungsrat und der Beschwerdegegner 1 (B.) für beide Investitionsentscheide verantwortlich zeichneten. In der Beschwerde werden diese Entscheide ausschliesslich mit dem Beschwerdegegner 1 in Zusammenhang gebracht. In den Rechtsschriften finden sich keine Sachverhaltsangaben, die für eine massgebliche Mitbeteiligung der Beschwerdegegnerin 2 sprechen. Dieser können somit die Liegenschaftskäufe als solche nicht angelastet werden. 6.2 Eine andere Frage ist, inwieweit die Investition in die Liegenschaft Y._ negative Auswirkungen zeitigte, die eine Intervention der Beschwerdegegnerin 2 erforderlich machten. 6.2.1 Bei der Anlage von Stiftungsvermögen hat die Vorsorgeeinrichtung die Grundsätze der Sicherheit, der Rendite, der Risikoverteilung und der Liquidität zu beachten (Art. 71 Abs. 1 BVG). Im Gegensatz zu klassischen Stiftungen finden die Vermögensanlagen der Vorsorgeeinrichtungen in einem stark reglementierten Umfeld statt. Art. 53 ff. BVV2 stecken den Rahmen sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht ab. Massstab bleibt dabei, dass die Gesamtheit der Vermögensanlage stets die Grundsätze gemäss Art. 71 Abs. 1 BVG zu beachten hat (BGE 132 II 144 E. 2.4 S. 151). Auf der anderen Seite steht den Organen, die mit der Anlagestrategie betraut sind, ein gewisses Ermessen zu (Urteil 2A.639/2005 vom 10. April 2006 E. 5.7). Entsprechend muss die Kontrollstelle die Anlageentscheide prinzipiell nicht im Detail hinterfragen, andernfalls der Kerngedanke der Anlagevorschriften überspannt würde und die primäre Verantwortlichkeit des Stiftungsrates durch jene der Kontrollstelle ersetzt und seines Gehalts entleert würde (vgl. CHRISTOF TRUNIGER/ALEXANDRA ZEITER, Der Anlageentscheid - die Verantwortlichkeit des Stiftungsrates, in: SZS 2004 S. 32 Fn 27; Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Bd. 4, 2009, S. 221). 6.2.2 Die Vorsorgeeinrichtung bestimmt eine Kontrollstelle für die jährliche Prüfung der Geschäftsführung, des Rechnungswesens und der Vermögensanlage (Art. 53 Abs. 1 BVG). In Art. 35 BVV 2 - in der hier massgebenden, bis Ende 2004 gültigen Fassung - finden sich folgende Einzelheiten: 1Die Kontrollstelle muss jährlich die Gesetzes-, Verordnungs-, Weisungs- und Reglementskonformität (Rechtmässigkeit) der Jahresrechnung und der Alterskonten prüfen. 2Sie muss ebenso jährlich die Rechtmässigkeit der Geschäftsführung, insbesondere die Beitragserhebung und die Ausrichtung der Leistungen, sowie die Rechtmässigkeit der Anlage des Vermögens prüfen. (3,4,5) Danach handelt es sich nicht um eine laufende Kontrolle und Überwachung, sondern es geht grundsätzlich um eine jährliche, nachträgliche Prüfung der Geschäftsführung, des Rechnungswesens und der Vermögensanlage (vgl. BBl 1976 I 260). Rechtmässigkeit bedeutet Übereinstimmung mit den Gesetzen, den dazugehörenden Verordnungen und Weisungen der Aufsichtsbehörden sowie die Konformität der Tätigkeit der Stiftung mit Stiftungsurkunde und ihren Reglementen. Der Wortlaut von Art. 35 Abs. 1 und 2 BVV 2 ist dabei klar. Die Kontrollstelle hat nur eine Rechtmässigkeitsprüfung und nicht auch eine Zweckmässigkeitsprüfung vorzunehmen. Es sind keine triftigen Gründe ersichtlich, die ein Abweichen vom unmissverständlichen Wortlaut zu begründen vermögen (vgl. Urteil 9C_68/2010 vom 17. Januar 2011; BGE 135 V 215 E. 7.1 S. 229, 249 E. 4.1 S. 252). Vor allem lässt sich keine andere Regelungsabsicht des Verordnungsgebers ausmachen. Schon der Entwurf des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) vom 2. August 1983 handelte nur von der Prüfung der Einhaltung rechtlicher Vorschriften. Die von ihm vorgeschlagene Version - im Entwurf Art. 31 Obliegenheiten - lautete: 1Die Kontrollstelle hat zu prüfen, ob die Jahresrechnung aus der Buchhaltung hervorgeht und ob diese ordnungsgemäss geführt ist. Sodann hat die Kontrollstelle zu prüfen, ob Anlage und Bewertung des Vermögens den rechtlichen Vorschriften entsprechen. 2Die Prüfung der Geschäftsführung durch die Kontrollstelle bezieht sich auf die Einhaltung rechtlicher Vorschriften. Dies sind insbesondere die Bestimmungen des BVG und der dazugehörigen Verordnungen, des Stiftungsrechts, des Arbeitsvertragsrechts (Art. 331-331c OR), Weisungen der Aufsichts- und Oberaufsichtsbehörde, die Stiftungsurkunde und das Reglement der Vorsorgeeinrichtung. (3,4) Dazu kommentierte das BSV gestützt auf ein breites Vernehmlassungsverfahren, die Praktiker hätten Wert darauf gelegt, dass die Geschäftsführung, das Rechnungswesen und die Vermögensanlage einer Rechtmässigkeitsprüfung, nicht aber einer Zweckmässigkeitsprüfung zu unterziehen seien. Insbesondere würde eine vollumfängliche Prüfung der Geschäftsführung den Rahmen der Zuständigkeit einer Kontrollstelle sprengen (vgl. auch HELBLING, a.a.O., S. 691). Diese Betrachtung hat materiell keine Änderung erfahren und ist unverändert in die Verordnung eingegangen. In der Praxis wird denn auch nichts Gegenteiliges gelebt (vgl. Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, a.a.O., S. 220). 6.2.3 Damit bleibt ein grosser Teil der detaillierten und weitreichenden Darlegungen der Beschwerdeführerinnen unter dem Titel "Unzulässigkeit der Investitionen in die Liegenschaften Y._ (und Z._)" unbeachtlich, da sie die Zweckmässigkeit der Geschäftsführung oder der Vermögensanlage zum Inhalt haben. Auch bestand - vor allem angesichts der Gegebenheiten von E. 5 vorne - keine Verpflichtung der Beschwerdegegnerin 2, den Kaufentscheid betreffend die Liegenschaft Y._ bereits im Vorfeld zu begleiten und zu prüfen (E. 6.2.2; betreffend die Liegenschaft Z._ vgl. E. 7.3.2.2 hinten). Schliesslich ist daran zu erinnern, dass das Bundesgericht keine letzte Appellationsinstanz ist (E. 1.1). Offenbleiben kann, ob und inwieweit die Liquidität in der Regel einer Prüfung unterliegt (verneinend HELBLING, a.a.O., S. 680). Das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, die Beschwerdegegnerin 2 habe es versäumt, die fehlende Finanzplanung der Vorsorgeeinrichtung zu rügen, ist neu, ohne dass dargelegt wird, inwiefern der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Da Anhaltspunkte fehlen, dass sich die neu vorgetragene Tatsache bereits aus den äussert umfangreichen vorinstanzlichen Akten ergibt, hat sie unbeachtet zu bleiben (BGE 136 V 362 E. 3.3.1 S. 364; Urteil 8C_669/2010 vom 27. Oktober 2010 E. 1.2). 6.2.4 Die Beschwerdeführerin 1 kaufte die Liegenschaft Y._ im Frühjahr 1993 der Stifterfirma ab. Der Kaufpreis war nicht überhöht (E. 5.1). Darin liegt ein erheblicher Unterschied zum Liegenschaftskauf Z._. Ein weiterer entscheidender Unterschied liegt, wie die Vorinstanz nicht offensichtlich unrichtig festgestellt hat, darin, dass die Beschwerdegegnerin 2 seit Ende Oktober 1994 um einen allfälligen Kauf der Liegenschaft Z._ zwecks Reduktion resp. Verrechnung mit der Kontokorrentschuld wusste, was den Bilanzwert besonders relevant machte. Die Umstände und die damit korrespondierenden Obliegenheiten der Beschwerdegegnerin 2 in Bezug auf die beiden Liegenschaftskäufe differieren demnach und können nicht über den gleichen Leisten geschlagen werden. Dazu kommt, dass nach dem Kauf der Liegenschaft Y._ die Rendite des gesamten Immobilienportefeuilles trotzdem angemessen war (E. 5.2). Bei dieser Sachlage hatte die Beschwerdegegnerin 2 in Übereinstimmung mit der Vorinstanz und unter Verweis auf die diesbezüglichen Erwägungen keine Veranlassung, den Kauf der Liegenschaft Y._ und die sich allenfalls daraus ergebenden negativen Auswirkungen rückwirkend für das Jahr 1992 festzuhalten. Ebenso wenig drängte sich eine Detailüberprüfung der Aktivposten auf. Die Kaufpreisregelung berührt - wie der sich später ergebende Betriebsverlust - die Zweckmässigkeit des Kaufgeschäfts, die hier nicht interessiert (E. 6.2.2). Dies betrifft insbesondere die Bezahlung der Restkaufsumme von Fr. 500'000.- (anstatt Verrechnung mit der Kontokorrentforderung gegenüber der Stifterfirma). Dieser von den Beschwerdeführerinnen beanstandete Liquiditätsabzug kann auch nicht mit einer Verletzung der Begrenzungsvorschriften von Art. 54 lit. a BVV 2 in Verbindung gebracht werden, da das Kontokorrentguthaben den Fragekomplex der Anlage beim Arbeitgeber nach Art. 57 BVV 2 beschlägt (vgl. E. 6.3). Die Beschwerdeführerinnen beschuldigen die Vorinstanz somit zu Unrecht, diese habe unbesehen festgehalten, die Stimmigkeit des Kaufpreises schliesse jegliche negativen Faktoren des Liegenschaftskaufs für die Folgejahre aus. Einerseits hat die Vorinstanz einen solchen Ausschluss nur für die Jahre 1993 und 1994 angenommen. Anderseits bezieht er sich auf die Bilanzwahrheit und nicht auf die Wirtschaftlichkeit, die zu Recht nicht Gegenstand der vorinstanzlichen Beurteilung bildete. 6.2.5 Im Weitern hat die Vorinstanz auch den Umstand berücksichtigt, dass sich die Grundstücke der Beschwerdeführerin 1 auf den Raum Basel konzentrierten. In Anbetracht der Diversifizierung nach den wichtigsten Anlagekategorien (Liegenschaften, Wertschriften und übrige Werte) und angesichts der Verhältnisse auf der Finanzierungsseite hat sie jedoch ein Klumpenrisiko verneint (anderer Sachverhalt in BGE 132 II 144 E. 2 S. 147 ff.). Die tatsächlichen Eckwerte, die dieser Einschätzung zu Grunde liegen, sind nicht offensichtlich unrichtig oder bundesrechtswidrig festgestellt worden. Die vorinstanzliche Würdigung überzeugt zudem unter dem Blickwinkel, dass dem Stiftungsrat bei der Vermögensanlage ein gewisses Ermessen zukommt (E. 6.2.1). Der Einwand der Beschwerdeführerinnen, das Immobilienportefeuille der Stifterfirma sei, wie auch die Bautätigkeit der Stifterfirma selber, ebenfalls im Raum Basel angesiedelt gewesen, ist nicht zu hören, weil er neu ist und - soweit überblickbar - auch in den Akten keinen Rückhalt findet. Sie begründen nicht, inwieweit erst der Entscheid der Vorinstanz zu diesem neuen Vorbringen Anlass gegeben hat (Art. 99 Abs. 1 BGG). 6.2.6 Schliesslich sind kreditfinanzierte Vermögensanlagen nicht per se unzulässig (vgl. STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2005, S. 576 Rz. 1518; HELBLING, a.a.O., S. 607; MARTIN TH. MARIA EISENRING, Die Verantwortlichkeit für Vermögensanlagen von Vorsorgeeinrichtungen, 1999, S. 155 oben). Die Auffassung der Beschwerdeführerinnen, dass der Verordnungsgeber solche nicht gewollt habe, andernfalls er die Anlagebegrenzungen von Art. 54 und 55 BVV 2 auch unter diesem Aspekt differenziert hätte, kann nicht geteilt werden. Weder dem Wortlaut dieser Bestimmungen noch den Materialien lässt sich ein Verbot kreditfinanzierter Vermögensanlagen entnehmen. Im Gegenteil lässt die explizit festgehaltene Belehnungshöhe für Grundpfandtitel auf Grundstücken nach Artikel 53 Buchstabe c von 80 % des Verkehrswertes in Art. 54 lit. b BVV 2 (in der vom 1. Januar 1993 bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) e contrario vermuten, dass grundsätzlich keine Schranken betreffend Fremdfinanzierung bestehen. Vorliegend hat aufgrund der Akten die Aufsichtsbehörde die Finanzierungsart denn auch nie beanstandet. Die Zweckmässigkeit ist nicht Thema (E. 6.2.2). Im Übrigen kann zwar die Kumulation von Anlage- und Kreditrisiko Verluste auf dem investierten Eigenkapital bei gleichzeitigem massivem Wertberichtigungsbedarf bewirken, wie die Beschwerdeführerinnen richtig vorbringen. Dass im hier fraglichen Zeitraum eine Marktsättigung auf Immobilienanlagen und ein gleichzeitiger Anstieg der Fremdkapitalzinsen zu verzeichnen war oder sich abzeichnete, machen sie indessen nicht geltend. Es bedarf deshalb keiner Expertise zur rein theoretischen Frage nach der "Hebelwirkung fremdfinanzierter Anlagen". 6.2.7 Zusammengefasst kann der Beschwerdegegnerin 2 keine Pflichtverletzung in Bezug auf den Betriebsverlust, der aus dem Erwerb der Liegenschaft Y._ resultierte, vorgeworfen werden. Die Vermögensanlage wurde nicht durch sie selber begründet. Wohl wurden mit ihr die Begrenzungsvorschriften (fast) ausgeschöpft. Allein deswegen kann jedoch nicht von einem Agieren am Rande der Legalität gesprochen werden. Eine Gefährdung der Prinzipien von Art. 71 BVG bzw. der Sicherheit der Erfüllung des Vorsorgezwecks ist - bei der hier herrschenden, für das Bundesgericht massgebenden Sachverhaltslage - nicht ausgewiesen. Die Beschwerdegegnerin 2 traf deshalb keine Monierungspflicht. Vor allem drängte sich keine - auf den Kauf der Liegenschaft Y._ - konzentrierte Prüfung der Rechtmässigkeit auf. Zur Rüge der Beschwerdeführerinnen, die Vorinstanz habe das Gutachten der Treuhand E._ vom 27. April 1999 nicht in ihre Würdigung miteinbezogen, kann auf das in E. 5.1 Gesagte verwiesen werden. Die Rüge, beantragten Beweismitteln im Zusammenhang mit der Unzulässigkeit des Liegenschaftskaufs nicht stattgegeben zu haben, ist nicht rechtsgenüglich begründet (E. 1.1.2). 6.3 Anders präsentieren sich die Gegebenheiten bezüglich der Kontokorrentforderung gegenüber der Stifterfirma. Wie die Vorinstanz - da nicht offensichtlich unrichtig - ebenfalls verbindlich festgestellt hat, sind alle Guthaben, die im Zusammenhang mit dem Inkasso aus Darlehen gegenüber Dritten, dem Wertschriftendepot der Bank Z._ und im Zusammenhang mit der Nichtbezahlung von geschuldeten BVG-Beiträgen stehen, als Kontokorrentforderung zu Lasten der Stifter- resp. Arbeitgeberfirma aufgeführt worden. Die Frage, welchen Begründungsaktes es für eine Anlage beim Arbeitgeber bedarf, insbesondere diejenige, ob an Stelle der effektiven Leistung der BVG-Beiträge auch eine Forderung der Vorsorgeeinrichtung gegen den Arbeitgeber gebucht werden kann (bejahend EISENRING, a.a.O., S. 159), braucht nicht beantwortet zu werden. So oder anders hat die Vorinstanz - zumindest hinsichtlich des ungesicherten Teils - zu Unrecht ein pflichtwidriges Verhalten der Beschwerdegegnerin 2 verneint. 6.3.1 Das Vermögen darf, soweit es zur Deckung der Freizügigkeitsleistungen sowie zur Deckung der laufenden Renten gebunden ist, nicht ungesichert beim Arbeitgeber angelegt werden. Ungesicherte Anlagen beim Arbeitgeber dürfen 20 Prozent des Vermögens nicht übersteigen (Art. 57 Abs. 1 und 2 BVV 2, in der vom 1. Juni 1993 bis 31. März 2004 gültigen Fassung). Mit anderen Worten ist die ungesicherte Anlage von Vorsorgegeldern beim Arbeitgeber auf die Höhe der ungebundenen Mittel, d.h. auf das freie Stiftungskapital und die Arbeitgeber-Beitragsreserve begrenzt (EISENRING, a.a.O., S. 162). Die Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung müssen wirksam und ausreichend sichergestellt werden. Die Aufsichtsbehörde kann im Einzelfall andere Arten der Sicherstellung (als in Abs. 2 vorgesehen) zulassen (Art. 58 Abs. 1 und 3 BVV 2). 6.3.2 Die Beschwerdeführerin 1 wies in der Jahresrechnung 1994 224 Aktien der Firma C._ AG als Sicherstellung eines Teils ihrer Kontokorrentforderung gegenüber der Stifterfirma aus. Gemäss Vorinstanz bestand für die Beschwerdegegnerin 2 kein Anlass, die Bewertung der Aktien zu überprüfen, da deren Wert durch eine andere Kontrollstelle - diejenige der Stifterfirma - bestätigt worden sei. Dies führte zum Ergebnis, dass sich im Verhältnis zu den freien Mitteln, die per 1994 bilanziert worden waren, kein Überhang an ungesicherten Anlagen ergab. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten, dass die Aktien der Firma C._ AG hinreichend und im Umfang der Bewertung der Kontrollstelle der Stifterfirma Sicherheit für die Kontokorrentforderung boten. Die drei Argumente, die sie dagegen vorbringen, vermögen nicht zu überzeugen. Insoweit sie als Erstes bemängeln, die Aktien der Firma C._ AG seien die einzige Sicherstellung gewesen, so findet sich keine Vorschrift, die grundsätzlich mehrere Sicherstellungen fordert. Insbesondere machen sie nicht geltend, die Aufsichtsbehörde habe die Sicherstellung nicht zugelassen (vgl. Art. 58 Abs. 3 BVV 2). Zweitens stützt sich die Bewertung der Kontrollstelle der Stifterfirma wohl auf den Jahresabschluss 1992 der Firma C._ AG ab. Die Beschwerdeführerinnen sagen jedoch nicht, inwieweit in der Zeit bis 1994 Änderungen eingetreten sind, die eine Neubewertung erforderlich gemacht hätten (vgl. E. 3.2.3). Abgesehen davon hinkt eine Aktienbewertung der Aktualität stets nach, weil sie gezwungenermassen auch auf vergangenen Werten beruht. Drittens ist die Behauptung, dass die Firma C._ AG wie die Stifterfirma im regionalen Wohn-Immobilien-Investment tätig gewesen sei, wodurch das Klumpenrisiko bestehen geblieben sei, bestritten und unbewiesen. Den als Beweis aufgeführten Stellen in der Klage lässt sich solches nicht entnehmen. Im Weiteren kann auf E. 6.2.5 (neue Tatsache) verwiesen werden. 6.3.3 Ungesicherte Anlagen beim Arbeitgeber sind auch dann, wenn sie den Grenzwert von Art. 57 Abs. 2 BVV 2 (in der vom 1. Juni 1993 bis 31. März 2004 geltenden Fassung) einhalten, nur insoweit zulässig, als sie den allgemeinen Sicherheitsanforderungen von Art. 71 BVG genügen. Nach dem darin statuierten Sicherheitsgrundsatz darf das Stiftungsvermögen nur dann und so lange beim Arbeitgeber angelegt werden, als es dadurch nicht gefährdet ist. Ist eine ungesicherte Anlage beim Arbeitgeber gefährdet, so haben die Organträger der Vorsorgeeinrichtung sofortige Sicherstellung oder Rückzahlung zu verlangen, selbst wenn dadurch die finanzielle Lage der Stifterfirma verschärft wird. Eine Gefährdung der Vermögenslage beim Arbeitgeber ist dann anzunehmen, wenn die Bonität der Stifterfirma nicht mehr gegeben ist. Die Organträger der Vorsorgeeinrichtung haben daher die wirtschaftliche Situation der Arbeitgeberfirma periodisch zu überprüfen und sich die dafür notwendigen Informationen - regelmässig die Bilanz und Jahresrechnung der Stifterfirma - zu beschaffen (SVR 2011 BVG Nr. 2 S. 5, 9C_997/2009 E. 5; Urteil 9C_579/2007 vom 18. März 2008 E. 4.3.1). 6.3.3.1 Die Kontrollstelle ist ein Bestandteil der Organisation der Vorsorgeeinrichtung (Art. 50 Abs. 1 lit. d und Art. 53 BVG; JÜRG BRÜHWILER, in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Bd. XIV, Soziale Sicherheit, 2. Aufl. 2007, S. 2014) und kann - intern - im Sinne einer Funktionsträgerin als Organ bezeichnet werden (JÜRG BRÜHWILER, Die betriebliche Personalvorsorge in der Schweiz, 1989, S. 413 Rz. 31). In BBl 1976 I S. 259 wird denn auch von Kontrollorgan gesprochen. Inwieweit der Kontrollstelle auch extern - sei es im oben beschriebenen Sinne bzw. im Sinne von Art. 55 ZGB - Organqualität zukommt, bedarf in concreto keiner Antwort (bejahend HANS MICHAEL RIEMER/GABRIELA RIEMER-KAFKA, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, S. 55 Rz. 71; verneinend BRÜHWILER, Die betriebliche Personalvorsorge, a.a.O., S. 414 Rz. 32). Hier geht es nicht um die Entscheidbefugnis, wer gegenüber der Stifterfirma handeln darf (vgl. dazu auch Art. 49a Abs. 1 BVV 2 [Fassung bis Ende Dezember 2008], wonach für die Durchführung und Überwachung der Vermögensanlage der Stiftungsrat verantwortlich zeichnet), sondern um die Entscheidungsgrundlage (inwieweit lässt sich eine Anlage beim Arbeitgeber verantworten), deren Beurteilung in den - internen - Aufgabenbereich der Kontrollstelle fällt (E. 6.2.2). 6.3.3.2 Anlagen beim Arbeitgeber stellen grundsätzlich ein Risiko dar (SVR 2011 BVG Nr. 2 S. 5, 9C_997/2009 E. 5), weswegen die Anforderungen an die Bonität streng zu handhaben sind. Wie die Vorinstanz ausgeführt hat, ist die Bonität vor allem dann als einwandfrei zu bezeichnen, wenn die finanzielle Situation des betroffenen Schuldners einer Vorsorgeeinrichtung längerfristig stabil erscheint. Dem ist zuzustimmen. Indes hat das kantonale Gericht für das Bundesgericht verbindlich festgestellt (E. 1.1), dass in der Stifterfirma von Beginn weg stets Liquiditätsprobleme bestanden haben. Die Geschäftsjahre 1993 und 1994 habe sie lediglich knapp unter Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit überstanden. Ausserdem habe die T._ Treuhand als Kontrollstelle per Ende 1994 infolge der Zunahme eines Liquiditätsengpasses auf eine Gefahr für das Bestehen der Stifterfirma hingewiesen. Bei dieser Sachlage ist die Annahme einer finanziellen Stabilität weder fundiert noch naheliegend, so dass bereits hinter die vorinstanzliche Folgerung, dass (auch) die "Bonitätserklärungen" der T._ Treuhand per Ende 1993 und 1994 keine Einschränkungen enthalten mussten, ein Fragezeichen zu setzen ist. Wie es sich diesbezüglich genau verhält, kann offenbleiben. Auf jeden Fall erweist sich der Schluss der Vorinstanz, auf Grund der "Bonitätserklärungen" habe für die Beschwerdegegnerin 2 kein Anlass bestanden, ihrerseits die durch eine externe Kontrollstelle erstellte Bonität der Stifterfirma in Zweifel zu ziehen, als offensichtlich unhaltbar. 6.3.3.3 Die "Bonitätserklärungen" auf Ende 1993 und 1994 haben nicht die Bonität der Stifterfirma zum Inhalt, sondern die Verneinung ihrer Überschuldung. Sie bestätigen, dass das Fremdkapital - mit Einschluss der Kontokorrentforderung - durch die Aktiven voll gedeckt war. Von der Überschuldung nach Art. 725 OR ist die Bonität zu unterscheiden (vgl. Urteil 4A_91/2011 vom 9. Juni 2011 E. 3.2). Der Bonitätsbegriff umschreibt sowohl die Zahlungsfähigkeit und den Zahlungswillen, als auch die im Geschäftsleben positiv zu vertretenden charakterlichen Eigenschaften eines Schuldners bzw. seiner Organe (Urteil 4C.20/2005 vom 21. Februar 2006 E. 4.2.5.1). Aus dem Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein einer Überschuldung kann nicht automatisch auf die Bonität geschlossen werden. Ein Unternehmen kann über Aktiven verfügen, die das Fremdkapital nicht mehr zu decken vermögen, also überschuldet sein, aber trotzdem hinreichende flüssige Mittel haben, um den laufenden Verbindlichkeiten nachzukommen. Umgekehrt kann es sein, dass ein Unternehmen, ohne überschuldet zu sein, mangels liquider Mittel nicht mehr in der Lage ist, seine Geschäftstätigkeit aufrecht zu erhalten. Die vorinstanzliche Begriffswahl ist somit von vornherein verfehlt und die hier fraglichen "Bonitätserklärungen" allein sind keine rechtsgenügliche Grundlage, um die Beschwerdegegnerin 2 zu entlasten. 6.3.3.4 Die Kontokorrentforderung betrug am 31. Dezember 1992 Fr. 2'161'159.85, am 31. Dezember 1993 Fr. 2'832'185.85 und am 31. August 1994 Fr. 3'256'000.-. Gemäss Aktenlage hatte die Beschwerdegegnerin 2 von letzterer Entwicklung (leicht verzögert) zeitecht Kenntnis. Die Prüfung der Jahresrechnung 1992 erfolgte rückwirkend und konnte realistischerweise nicht vor Ende 1993/anfangs 1994 erwartet werden (vgl. Sachverhalt lit. A und E. 7.3.2). In deren Rahmen bemerkte die Kontrollstelle die voraussichtliche Verletzung von Art. 57 Abs. 2 BVV 2 in der Jahresrechnung 1993, was sie pflichtgemäss anzeigte. Als eine der möglichen Lösungsvarianten wurde anlässlich der Abschlussbesprechung der Revision 1992 vom 20. Dezember 1993 - u.a. im Beisein von R._ und A._, beide damals (auch) Verwaltungsräte der Stifterfirma, sowie in Anwesenheit von S._, Verwaltungsrat und Aktionär der Beschwerdegegnerin 2 - ab 1994 die monatliche Überweisung der neuen reglementarischen Beiträge (monatlich rund Fr. 55'000.-) zwecks Vermeidung einer weiteren Zunahme der Kontokorrentforderung ins Auge gefasst. Im September 1994 trat zu Tage, dass sich die finanzielle Situation nicht stabilisiert, sondern verschlechtert hatte, indem die Kontokorrentforderung entgegen der bekundeten Absicht nochmals angewachsen war. In der Folge schlug die Beschwerdegegnerin 2 als eine von mehreren Massnahmen zur Behebung des - wiederholt - drohenden Verstosses gegen Art. 57 BVV 2 erneut die monatliche Überweisung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge ab 1995 vor, obwohl diese schon für das Jahr 1994 in beträchtlichem Ausmass nicht geleistet worden waren. Im Weiteren führte die Beschwerdegegnerin 2 den Verkauf von Liegenschaften im Besitze der Stifterfirma an die Stiftung oder Dritte auf, wobei dies mit einem vorhersehbaren Verstoss gegen Art. 54 lit. c BVV 2 verbunden war. Damit schlug die Beschwerdegegnerin 2 also vor, einen drohenden Verstoss einfach durch einen anderen zu ersetzen. Gewissheit über die tatsächliche Bonität bei der Stifterfirma verschaffte sie sich dagegen nicht. Dazu wäre sie unter den gegebenen Umständen - fehlendes Gleichgewicht im Anlagebereich, vor allem die Anlage beim Arbeitgeber als dauerndes "Sorgenkind", ausbleibende Zahlungen der laufenden Arbeitgeberbeiträge trotz beidseitigen Wissens (bei der Stiftung und Stifterfirma) um deren Notwendigkeit, beschränkte Aussagekraft der "Bonitätserklärungen" (E. 6.3.3.3) - auch ohne weitere Kenntnis der konkreten finanziellen Belange der Stifterfirma (E. 6.3.3.2) verpflichtet gewesen. Spätestens seit November 1994, als die Beschwerdegegnerin 2 einerseits vom definitiven Kauf der Liegenschaft Z._ erfuhr, mit dem - wie bereits erwähnt - kein Problem gelöst, sondern lediglich umgelagert wurde (vgl. auch E. 7.1), und sie anderseits leicht hätte feststellen können, dass die Stifterfirma nach wie vor keine regelmässigen monatlichen Zahlungen zur Deckung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Beiträge leistete, bestand zwingend Anlass, sich vertieft mit der Zahlungsfähigkeit der Stifterfirma zu befassen. Entsprechend hätte sich die Beschwerdegegnerin 2 die einschlägigen Informationen - soweit möglich - selber oder andernfalls durch den Stiftungsrat beschaffen lassen müssen (E. 6.3.3.1). 6.3.3.5 War das Kontokorrent-Guthaben der Beschwerdeführerin 1 in seinem Wert nicht mit der erforderlichen Klarheit gesichert, standen allfällige Berichtigungen und Abschreibungen im Raum (vgl. HELBLING, a.a.O., S. 486). Das diesbezüglich passive Verhalten der Beschwerdegegnerin 2 stellt eine Verletzung der allgemeinen Sicherheitsanforderung von Art. 71 BVG dar. Ob und inwieweit die Sachumstände, wie sie sich bis November 1994 entwickelt hatten, eine sofortige, unplanmässige Prüfung nötig machten (vgl. WERNER NUSSBAUM, Die Prüfung der Rechtmässigkeit der Geschäftsführung einer Vorsorgeeinrichtung, in: Bewertung, Prüfung und Beratung in Theorie und Praxis, Festschrift für Carl Helbling, 1992, S. 310 f.; BBl 1976 I 260), die je nach Ergebnis in eine umgehende Kündigung und Rückzahlung der Forderung hätte münden müssen, ist an dieser Stelle nicht abschliessend zu erörtern (vgl. E. 7.3.2.2). 7. Sodann gilt es, sich der Voraussetzung des adäquaten Kausalzusammenhangs zuzuwenden. Es fragt sich zum einen, inwieweit die von der Beschwerdegegnerin 2 unterlassene Überprüfung des Liegenschaftswerts Z._ geeignet war, den Schaden aus deren Kauf zu überhöhtem Preis zu bewirken. Zum andern steht die unterlassene Überprüfung der Bonität der Stifterfirma zur Diskussion. 7.1 In Bezug auf die im November 1994 von der Stifterfirma gekaufte Liegenschaft Z._ steht fest, dass diese Vermögensanlage zu einer Überschreitung der Begrenzungsvorschrift von Art. 54 lit. c BVV 2 führte. Diese Abweichung wurde von der Beschwerdegegnerin 2 pflichtgemäss angezeigt. Wie die Vorinstanz nicht offensichtlich unrichtig festgestellt hat, war die Überschreitung der Begrenzungsvorschrift von Art. 54 lit. c BVV 2 unbesehen des effektiven Liegenschaftswerts gegeben. Wenn die Beschwerdeführerinnen dennoch eine Pflichtverletzung durch die Beschwerdegegnerin 2 rügen, indem die Abweichung von Art. 54 lit. c BVV 2 materiell nicht im Sinne von Art. 59 Abs. 1 lit. a und b BVV 2 (in der bis 30. Juni 1996 gültig gewesenen Fassung) fachmännisch begründet worden sei, so entgeht ihnen, dass es sich dabei um eine Erklärung der Vorsorgeeinrichtung zu Handen der Aufsichtsbehörde handelt, die nicht Prüfungsgegenstand der Kontrollstelle bildet (E. 6.2.2). Namentlich ist die fachmännische Begründung gemäss Art. 59 Abs. 2 BVV 2 Folge der im Kontrollstellenbericht erwähnten Überschreitung der Begrenzungsvorschrift von Art. 54 lit. c BVV 2 und nicht Gültigkeitsvoraussetzung für eine entsprechende Anzeige. Anders als die Beschwerdeführerinnen darlegen, verneinte die Vorinstanz die Pflichtwidrigkeit der Beschwerdegegnerin 2 im Zusammenhang mit dem gesetzwidrigen Immobilisierungsgrad nicht mit dem formellen Vorliegen einer fachmännischen Begründung. Vielmehr sei in der betreffenden Erklärung vom 22. Dezember 1994 bereits bezüglich 1993 darauf hingewiesen worden, dass die Liegenschaft Z._ käuflich erworben worden sei. Selbst wenn, wie die Beschwerdeführerinnen geltend machen, die Liegenschaft Z._ ein im Sinne von Art. 71 BVG strukturell unzulässiges Investitionsobjekt war, das schon im Voraus nicht für eine Anlage von Vorsorgegeldern in Frage gekommen sei, bedarf es für die Verantwortlichkeit der Beschwerdegegnerin 2, welche nicht massgeblich am Kaufentscheid mitbeteiligt war (E. 6.1), eines konkreten Schadens und eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen diesem und der ihrerseits widerrechtlichen Handlungsweise. Insoweit in der Beschwerde vorgebracht wird, es gehe in Bezug auf die Pflichtwidrigkeiten der anderen Stiftungsorgane, auf die der Beschwerdegegner 2 nicht reagiert habe, nicht allein um den überhöhten Kaufpreis, wird verkannt, dass gemäss angefochtenem Entscheid hinsichtlich der Liegenschaft Z._ kein weiterer (Folge-)Schaden ausgewiesen ist. Dabei hat es sein Bewenden, da die dazugehörenden Erwägungen in der vorinstanzlichen Beschwerde nicht mehr aufgegriffen worden sind (E. 1.1.2 und 1.2). Gleichzeitig erübrigt es sich, im Zusammenhang mit der Liegenschaft Z._ den "nicht beachteten Pflichten der anderen Stiftungsorgane" nachzugehen. 7.2 Nach Art. 48 Abs. 2 BVV 2 (in der vom 1. Januar 1993 bis 31. März 2004 geltenden Fassung) dürfen Sachwerte, wie Grundstücke, Aktien, Partizipationsscheine und andere Beteiligungsrechte höchstens zum Verkehrswert eingesetzt werden, der ihnen im Zeitpunkt zukommt, auf den die Bilanz errichtet wird. Die Bewertung kann auch zum Anschaffungs-, Kurs- oder Ertragswert erfolgen, sofern dieser nicht über dem Verkehrswert liegt. Es ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin 2 bei der Liegenschaft Z._ gegen diese Vorschrift verstossen hat, indem sie es unterliess, das Fehlen einer objektiven Verkehrswertschätzung als Grundlage für die von ihr vorzunehmende Bewertung zu beanstanden. Die Vorinstanz hat indessen eine Haftung für den Schaden (um Fr. 600'000.- bis Fr. 1'000'000.- übersetzter Kaufpreis und entsprechend zu hohe Handänderungssteuern und Notariatskosten) mangels adäquaten Kausalzusammenhangs mit dem pflichtwidrigen Verhalten der Kontrollstelle verneint. 7.3 Nach der Rechtsprechung hat ein Ereignis (pflichtwidriges Verhalten) dann als adäquate Ursache eines Erfolges (Schaden) zu gelten, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet ist, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt dieses Erfolges also durch das Ereignis allgemein als begünstigt erscheint (BGE 125 V 456 E. 5a S. 461 mit Hinweisen; vgl. BGE 128 V 124 E. 4f S. 133). Nach dieser Umschreibung entfällt selbst bei pflichtwidrigem Verhalten eine Haftung, wenn der Schaden auch bei pflichtgemässem Verhalten nicht hätte verhindert werden können. Die Beschwerdegegnerin 2 ist nur dann und nur so weit verantwortlich, als die Verletzung des Prüfungsauftrags den Schaden selber adäquat mitverursacht oder einen bereits eingetretenen Schaden adäquat vergrössert hat (HERMANN WALSER, Zur Verantwortlichkeit der Kontrollstelle und des Experten für die berufliche Vorsorge gegenüber Vorsorgeeinrichtungen, in: Bewertung, Prüfung und Beratung in Theorie und Praxis, Festschrift für Carl Helbling, 1992, S. 496). 7.3.1 Die Beschwerdeführerinnen werfen der Beschwerdegegnerin 2 vor, sie hätte aufgrund der äusserst gefährlichen finanziellen Situation der Vorsorgeeinrichtung unterjährige Kontrollen vornehmen müssen, was sie jedoch unterlassen habe. Vor allem hätte sie sofort nach dem Kauf der Liegenschaft Z._ im November 1994 eine entsprechende Prüfung durchführen müssen. Damit laufe die vorinstanzliche Argumentation, durch die Fristerstreckung für die Einreichung der Jahresrechnung 1994 bis zum Dezember 1995 sei der Beschwerdegegnerin 2 eine frühere Überprüfung des Kaufpreises nicht möglich gewesen, ins Leere. Diesen Vorbringen ist in Anbetracht des Verfahrensausgangs (vgl. E. 7.3.2.2) nicht weiter nachzugehen. Gleiches gilt in Bezug auf die in E. 6.3.3.5 aufgeworfene Frage. 7.3.2 Die Aufsichtsbehörde erwartet die jährliche Berichterstattung üblicherweise innert sechs Monaten nach dem Bilanzstichtag (Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, a.a.O., S. 230; vgl. auch EISENRING, a.a.O., S. 161). Dieser war hier der 31. Dezember, womit die Jahresrechnung 1994 grundsätzlich bis spätestens Juli 1995 einzureichen gewesen wäre. Ob und inwieweit die von der Aufsichtsbehörde bewilligte Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 1995 opportun gewesen war, braucht nicht beurteilt zu werden. 7.3.2.1 Besteht begründete Besorgnis einer Überschuldung, ist grundsätzlich der Richter zu benachrichtigen (Art. 725 Abs. 2 OR; zu den Ausnahmen Urteil 6B_492/2009 vom 18. Januar 2010 E. 2.2). Dieser eröffnet den Konkurs, kann ihn jedoch auf Antrag des Verwaltungsrates (oder des Stiftungsrates) oder eines Gläubigers aufschieben, falls Aussicht auf Sanierung besteht (Art. 725a Abs. 1 OR). Der Konkurs kann nur aufgeschoben werden, wenn berechtigte Aussicht auf dauerhafte Sanierung besteht (statt vieler: HANSPETER WÜSTINER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2008, N. 6 zu Art. 725a OR). Dabei ist ein Massnahmenplan vorzulegen wie auch in zeitlicher Hinsicht aufzuzeigen, wie die Überschuldung eliminiert werden soll (SVR 2011 AHV Nr. 4 S. 11, 9C_1086/2009 E. 5.1). 7.3.2.2 Nach nicht offensichtlich unrichtiger und damit für das Bundesgericht verbindlicher Feststellung der Vorinstanz hätte zwar eine Verkehrswertkorrektur im Umfange von Fr. 600'000.- bis Fr. 1'000'000.- unmittelbar zu einer Überschuldung der Vorsorgeeinrichtung geführt. Sodann wäre als Massnahme im Nachgang zu einer Verkehrswertschätzung einzig die Rückführung gefährdeter Anlagen, insbesondere die sofortige Einforderung der Beitragsausstände gegenüber der Stifterfirma, in Frage gekommen. Dafür wären - ab Einreichung der Jahresrechnung 1994 im Juli 1995 bis zum Konkurs der Stifterfirma rein rechnerisch rund (...) Monate zur Verfügung gestanden. Nachdem die Stifterfirma aber nicht erst wenige Tage vor ihrem Konkurs, sondern gemäss Vorinstanz bereits anfangs 1996 mit desolaten Verhältnissen zu kämpfen hatte, wäre effektiv ein Zeitraum von nur rund fünf Monaten verblieben. Unter diesen Umständen bestand wenig Aussicht auf eine erfolgreiche Sanierung und hätte in Anbetracht der ständigen Liquiditätsprobleme (E. 6.3.3.2) kaum mit einer Schuldenbegleichung innert nützlicher kurzer Frist gerechnet werden können. Die Beschwerdeführerinnen äussern sich weder zu den möglichen Massnahmen, die zur Überwindung der Überschuldung hätten getroffen werden können, noch zum diesbezüglich zeitlich und liquiditätsmässig Machbaren. Es fehlt somit von vornherein - selbst wenn eine umfassende Prüfung, d.h. auch der wirtschaftlichen Situation bei der Arbeitgeberfirma, im November 1994 oder auch früher angesagt gewesen wäre - eine rechtsgenügliche Darlegung der Verantwortlichkeit der Beschwerdegegnerin 2 (E. 1.2). 7.4 Nach dem Gesagten ist sowohl der Schaden aus der zu teuer gekauften Liegenschaft Z._ als auch derjenige aus der verfehlten Anlagestrategie bei der Stifterfirma für die Beschwerdeführerin 1 schon eingetreten, bevor die Beschwerdegegnerin 2 im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit den Verstoss gegen Art. 48 Abs. 2 BVV 2 bzw. Art. 71 BVG hätte entdecken müssen. Es ist daher ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen - einerseits - dem Kauf der Liegenschaft Z._ zu überhöhtem Preis und dem daraus resultierenden Folgeschaden in Form von zu hohen Handänderungssteuern und Notariatskosten sowie - anderseits - der durch die Beschwerdegegnerin 2 begangenen Verletzung von Art. 48 Abs. 2 BVV 2 zu verneinen, ebenso was die Aufrechterhaltung der Kontokorrentforderung im Verhältnis zu Art. 71 BVG betrifft. 8. Ist kein Schaden oder wohl ein Schaden, aber kein pflichtwidriges Verhalten oder aber ein Schaden und ein pflichtwidriges Verhalten, aber kein adäquater Kausalzusammenhang zwischen diesen beiden Voraussetzungen vorhanden, wird die Frage nach dem Verschulden obsolet, ebenso was den Verlust des Stiftungskapitals betrifft. Denn lässt sich der Beschwerdegegnerin 2 für die Zeit, während welcher sie als Kontrollstelle amtierte, keine oder keine adäquat kausale Pflichtwidrigkeit vorwerfen, hat sie nicht für den totalen Ruin der Beschwerdeführerin 1 einzustehen. An diesem Ergebnis ändert das Urteil 2C_591/2010 vom 15. März 2011, in welchem das hier zu beurteilende Verhalten der Beschwerdegegnerin 2 nicht Prozessthema war, nichts. 9. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend haben die Beschwerdeführerinnen die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und den Beschwerdegegnern eine u.a. nach dem Vertretungsaufwand bemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG), je zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 68 Abs. 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Von den Gerichtskosten von Fr. 36'000.- werden den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftung je Fr. 18'000.- auferlegt. 3. Die Beschwerdeführerinnen haben unter solidarischer Haftung den Beschwerdegegner 1 mit Fr. 44'000.- und die Beschwerdegegnerin 2 mit Fr. 60'000.- für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 30. September 2011 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Meyer Der Gerichtsschreiber: Fessler
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fr
2,010
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Federation
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null
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civil_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. Y._, née en 1936, était au bénéfice, en tout cas depuis août 1981, d'une assurance complémentaire pour hospitalisation en division demi-privée auprès de la caisse-maladie W._ Dès le 1er janvier 1996, cette assurance est devenue «A»; la prime mensuelle s'élevait à 146 fr.70 (groupe d'âge 50 ans). Le 1er janvier 1997, la fusion des caisses-maladie W._ et Z._ a donné naissance à une nouvelle caisse-maladie, X._ (ci-après: la caisse-maladie ou l'assureur). A cette occasion, l'assurée a été incorporée dans l'assurance complémentaire d'hospitalisation demi-privée «B1» régie par la LCA (RS 221.229.1); en 1997, la prime mensuelle était de 282 fr.20. Par lettre du 3 octobre 2003, Y._ a demandé à la caisse-maladie les raisons qui justifiaient chaque année une augmentation massive de la prime de l'assurance «B1». Elle relevait par ailleurs une différence de plus de 100 % entre la prime de l'assurance «A», à laquelle elle avait appartenu, et celle de «B1». Elle s'est plainte d'avoir été transférée dans «B1» sans information préalable, observant au passage que ce type d'assurance ne figurait dans aucune des brochures de l'assureur. L'assurée précisait encore que, selon des renseignements téléphoniques obtenus de l'Office fédéral des assurances privées, l'assureur n'incorporait plus de membres dans l'assurance «B1». Elle a sollicité son retour dans l'assurance «A» à partir de 2004. Par courrier du 27 octobre 2003, la caisse-maladie a répondu que, lors de l'entrée en vigueur de la LAMal le 1er janvier 1996 qui a entraîné le passage des assurances complémentaires sous le régime de la LCA, l'assurée était couverte par l'assurance «A», qui fixait les primes en fonction de l'âge d'entrée sans tenir compte du sexe; après la fusion, tous les assurés ayant cette couverture d'assurance avaient été intégrés dans l'assurance «B1», qui préservait leurs droits acquis. L'assureur précisait que l'assurance complémentaire «C» était un nouveau produit offert depuis le 1er janvier 1997, dont les primes étaient fixées selon le groupe d'âge et le groupe de risque des assurés. En conclusion, comme l'assurée avait dépassé l'âge maximum d'admission pour une assurance complémentaire d'hospitalisation, l'assureur ne pouvait lui proposer aucun autre contrat dans ce secteur. Le 11 octobre 2007, Y._ a demandé à l'assureur de lui accorder le droit de transfert de l'assurance «B1» à l'assurance «C» à partir du 1er janvier 2008; l'assurée invoquait l'art. 216 al. 8 de l'ordonnance du 9 novembre 2005 sur la surveillance des entreprises d'assurance privées (ordonnance sur la surveillance, OS; RS 961.011), aux termes duquel les assurés de portefeuilles d'assurance déjà fermés au moment de l'entrée en vigueur de l'ordonnance sur la surveillance peuvent obtenir le droit de passage selon l'art. 156 OS au plus tard deux ans après l'entrée en vigueur de ladite ordonnance. Le 29 octobre 2007, l'assureur a répondu qu'il ne gérait aucun portefeuille fermé au sens de l'art. 156 OS et que l'assurance «B1» était à disposition des assurés pour de nouveaux contrats, de sorte que l'assurée n'avait pas droit à un libre transfert. B. Par acte du 25 février 2008, Y._ a ouvert action contre la caisse-maladie X._ devant le Tribunal cantonal des assurances sociales de la République et canton de Genève, concluant à son transfert dans l'assurance «C» avec effet rétroactif au 1er janvier 2008, ainsi qu'au remboursement de la part de prime payée en trop à partir du 1er janvier 2008. La demanderesse alléguait qu'en janvier 1997, l'assureur avait opéré une différenciation dans le cadre de son assurance complémentaire d'hospitalisation, en prévoyant, d'une part, «C» pour les assurés sans risques et, d'autre part, «B1» pour les assurés avec risques, cette dernière assurance ayant été assortie d'une forte augmentation des primes. L'assurée aurait été transférée d'office dans l'assurance «B1» et subi ainsi chaque année une sévère majoration de sa prime, laquelle atteignait 636 fr. par mois en 2007, alors que la prime de l'assurance «C» était environ 50 % meilleur marché. Selon la demanderesse, l'assurance «B1» devait être considérée comme un portefeuille fermé au sens de l'art. 156 OS parce qu'elle ne figurait dans aucun prospectus ni publicité de la caisse-maladie, que les jeunes employés de l'assureur n'en connaissaient ni les primes, ni les prestations, que cette assurance n'était pas proposée sur le site Internet de la défenderesse et, enfin, que la comparaison des conditions supplémentaires d'assurance permettait de constater l'équivalence entre les produits «B» et «C». La caisse-maladie a conclu au rejet de la demande. Elle a soutenu que l'assurance «B1» n'était pas un portefeuille fermé au sens de l'art. 156 OS, disposition dont elle contestait au demeurant la constitutionnalité. Par ordonnance du 24 juillet 2008, l'autorité cantonale a invité la caisse-maladie à indiquer, d'une part, à quelle date elle avait conclu, pour la dernière fois, une assurance «B» et, d'autre part, combien de polices «B1» (division hospitalière demi-privée), «B2» (division hospitalière privée), «C» et de polices d'assurances équivalentes à «B» elle avait établies en 2007. La production d'extraits statistiques informatisés a également été requise à titre de preuve. La caisse-maladie a répondu que les chiffres en question n'étaient pas directement disponibles sous la forme demandée et qu'ils nécessitaient des recoupements qui prendraient du temps. De plus, elle ne tenait pas à publier certains chiffres protégés par le secret des affaires, d'autant plus qu'ils ne seraient pas déterminants pour trancher le litige. Elle a requis de l'autorité cantonale de limiter son examen dans un premier temps à la constitutionnalité de l'art. 156 OS avant d'exiger la production de ces chiffres. Par ordonnance du 18 septembre 2008, l'autorité cantonale a réitéré sa demande à la caisse-maladie, en attirant son attention sur son obligation de collaborer et sur les conséquences résultant de l'attitude d'une partie qui refuse de produire une pièce. Elle a averti l'assureur que s'il ne répondait pas aux questions posées, elle statuerait en l'état du dossier. La caisse-maladie a maintenu sa position, tout en ajoutant qu'elle n'entendait pas se soustraire à son obligation de collaborer. Elle a précisé que les données requises, qui n'étaient pas publiées dans son rapport annuel, concernaient la marche des affaires et la stratégie de vente dans le domaine des assurances privées; elles ne devaient pas être disponibles pour le public et, par là-même, pour ses concurrents, car elles dépassaient le rapport entre assureur et assurés et pourraient permettre à un tiers d'adapter sa technique de vente. Par arrêt sur partie et sur incident du 18 décembre 2008, l'autorité cantonale a constaté que l'art. 156 OS ne violait pas la Constitution fédérale, avant de confirmer ses ordonnances des 24 juillet et 18 septembre 2008 et d'inviter la caisse-maladie à y déférer. L'assureur a interjeté un recours en matière civile et un recours constitutionnel subsidiaire au Tribunal fédéral contre cette décision. Par arrêt du 1er mai 2009, les recours ont été déclarés irrecevables, au motif que les conditions ouvrant exceptionnellement le recours contre des décisions incidentes n'étaient pas remplies; dans ce cadre, il a été relevé que la procédure cantonale prévoyait des règles afin de protéger, le cas échéant, les secrets d'affaires des parties (cause 4A_70/2009). Le dossier a été renvoyé au Tribunal des assurances sociales. En réponse aux questions posées dans l'ordonnance du 24 juillet 2008, la caisse-maladie a informé l'autorité cantonale, le 22 juin 2009, que la dernière conclusion d'une assurance «B» remontait au 1er décembre 2007; elle a précisé ne pas avoir recherché si de telles polices avaient été conclues postérieurement au 31 décembre 2007, la procédure en cours portant sur un transfert au 1er janvier 2008, au motif que le portefeuille avait été fermé avant cette date. En ce qui concerne le nombre de polices «B1» et «B2» conclues en 2007, la caisse-maladie a affirmé avoir collecté les chiffres et les tenir à disposition. Invoquant la protection du secret des affaires, elle estimait toutefois que ces données méritaient une protection élargie à garantir par l'application de l'art. 45 de la loi genevoise sur la procédure administrative (LPA/GE; RSG E 5 10); elle était disposée à transmettre ces données dès que la protection qui lui était due lui aurait été formellement garantie. La caisse-maladie a également invoqué le secret d'affaires pour ce qui a trait au nombre de polices d'assurance vendues d'un produit correspondant à «B1». Elle a notamment conclu à ce qu'il soit constaté que les informations précitées bénéficiaient du secret des affaires et à ce qu'ordre lui soit donné de produire les informations en cause dans un délai à fixer dès l'entrée en force de la décision se prononçant sur le caractère secret des données. Dans sa détermination du 15 septembre 2009, Y._ a allégué que le document produit à titre de démonstration de la conclusion d'une police «B1» en décembre 2007 était incompréhensible. Pour le surplus, elle a contesté que les données non produites par la caisse-maladie fussent couvertes par le secret des affaires. A son avis, l'attitude de l'assureur devait être considérée comme un refus de collaborer à l'établissement des faits pertinents. Le Tribunal cantonal des assurances sociales a rendu son arrêt en date du 18 novembre 2009. Admettant l'action, il a ordonné à la caisse-maladie de transférer l'assurée dans l'assurance «C» avec effet rétroactif au 1er janvier 2008 et a condamné l'assureur à rembourser à Y._ la différence de prime payée en trop à partir de cette date. En substance, l'autorité cantonale a admis la constitutionnalité de l'art. 156 OS. Puis, elle a constaté que l'assureur refusait de collaborer à l'établissement des faits et en a déduit qu'elle pouvait statuer en l'état du dossier selon le degré de vraisemblance prépondérante. Enfin, elle a jugé que l'assurance «B1» constituait un portefeuille fermé, de sorte que, fondée sur l'art. 156 OS, l'assurée était en droit de demander son transfert dans un produit équivalent. C. La caisse-maladie X._ interjette un recours en matière civile et un recours constitutionnel subsidiaire contre l'arrêt du 18 novembre 2009. Elle produit des pièces nouvelles sous pli fermé; dans son mémoire, elle allègue des faits nouveaux ressortant du «document secret» déposé. Au fond, la recourante conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué, puis, principalement, au renvoi de la cause à l'autorité cantonale et, subsidiairement, au rejet de la demande de l'assurée. Au niveau procédural, elle requiert que les pièces produites sous pli fermé bénéficient de la protection du secret des affaires et ne soient versées au dossier que dans leur teneur essentielle, à définir par ordonnance judiciaire, et avec stricte interdiction aux parties d'en faire usage en dehors de la présente procédure; elle demande en outre à ce que l'effet suspensif soit accordé au recours et à ce qu'un second échange d'écritures soit ordonné à réception de la réponse. L'intimée a déclaré ne pas s'opposer à la requête d'effet suspensif. La Présidente de la cour de céans l'a dès lors accordé par ordonnance du 25 janvier 2010. A la suite de l'invitation à déposer une réponse, l'intimée a requis la copie des pièces produites par la recourante. L'ordonnance fixant un délai pour le dépôt de la réponse a alors été annulée dans l'attente d'une décision sur la protection du secret d'affaires invoqué par la recourante. Par la suite, il a été renoncé à requérir une réponse.
Considérant en droit: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (ATF 135 III 1 consid. 1.1 p. 3, 329 consid. 1 p. 331). 1.1 L'assurance complémentaire pour hospitalisation en division demi-privée est une assurance complémentaire à l'assurance obligatoire des soins. Elle est soumise à la LCA (art. 12 al. 3 LAMal). La contestation opposant les parties est donc de nature civile (cf. art. 72 al. 1 LTF; ATF 133 III 439 consid. 2.1 p. 441 s. et l'arrêt cité). Il s'agit en outre d'une affaire pécuniaire dès lors que le litige porte sur la possibilité pour l'assurée de conclure une assurance complémentaire moins onéreuse. En principe, la décision rendue dans une telle contestation peut être attaquée par un recours en matière civile pour autant que la valeur litigieuse de 30'000 fr. soit atteinte (art. 74 al. 1 let. b LTF). La valeur litigieuse est déterminée par les conclusions restées contestées devant l'autorité précédente (art. 51 al. 1 let. a LTF). Si les conclusions ne tendent pas au paiement d'une somme d'argent déterminée, la valeur litigieuse fera l'objet d'une appréciation (art. 51 al. 2 LTF). En l'espèce, l'autorité cantonale n'a pas mentionné la valeur litigieuse bien que la loi lui en fasse obligation (cf. art. 112 al. 1 let. d LTF). Selon la recourante, la différence entre la prime annuelle de l'assurance actuelle de l'intimée et celle de l'assurance dans laquelle l'assurée demande à être transférée était de 2'466 fr. en 2008; à ce moment-là, l'intimée était âgée de 72 ans et son espérance de vie moyenne était de 18 ans (Stauffer/Schaetzle, Tables de capitalisation, 5e éd. 2001, tableau n° 42). La valeur litigieuse peut ainsi être fixée à 44'388 fr. (18 x 2'466 fr.) si bien que le recours en matière civile est ouvert ratione valoris. 1.2 L'arrêt attaqué termine la cause (cf. art. 90 LTF). L'exigence légale selon laquelle la dernière instance cantonale statue sur recours n'est pas encore en vigueur (cf. art. 75 al. 2 et art. 130 al. 2 LTF). Le fait que le Tribunal cantonal des assurances sociales a statué en instance unique n'exclut donc pas le recours. Le recours en matière civile est ainsi recevable. Il s'ensuit l'irrecevabilité du recours constitutionnel subsidiaire (art. 113 LTF). 2. A titre liminaire, il y a lieu de traiter la requête incidente de la recourante relative aux nouvelles pièces produites en instance fédérale. Il s'agit de décider si l'intimée peut en prendre connaissance et, dans la négative, quel contenu essentiel lui en sera communiqué (cf. art. 56 al. 2 et 3 LTF). Mais d'abord, il convient d'examiner si la production de ces pièces est admissible à ce stade. En effet, si tel n'est pas le cas, les documents en cause doivent être écartés du dossier et la question de la protection du secret d'affaires de la recourante ne se pose plus. 2.1 Dans un recours au Tribunal fédéral, aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut être présenté à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente (art. 99 al. 1 LTF). L'exclusion des faits et moyens de preuve nouveaux est la règle; en tant que cour suprême, le Tribunal fédéral est juge du droit, et non juge du fait. La règle connaît une exception lorsque, selon les textes allemand et italien plus précis que la formulation française sur ce point, la décision de l'autorité précédente est le motif pour présenter de nouveaux faits ou moyens de preuve (der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt; se ne dà motivo la decisione dell'autorità inferiore) ou, en d'autres termes, lorsque c'est la décision de l'autorité précédente qui, pour la première fois, a rendu pertinents ces faits ou moyens de preuve. Il peut s'agir de faits et moyens de preuve qui se rapportent à la régularité de la procédure devant l'instance précédente (par exemple une violation du droit d'être entendu lors de l'instruction) ou qui sont déterminants pour la recevabilité du recours au Tribunal fédéral (par exemple la date de notification de la décision attaquée) ou encore qui sont propres à contrer une argumentation de l'autorité précédente objectivement imprévisible pour les parties avant la réception de la décision (Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4137 ch. 4.1.4.3). En revanche, le recourant ne peut pas alléguer des faits ou produire des moyens de preuve nouveaux qu'il a omis d'alléguer ou de produire devant l'autorité précédente; pour contester l'état de fait retenu par l'autorité précédente, il ne saurait se fonder sur des faits ou moyens de preuve nouveaux qu'il était en mesure de présenter à cette autorité et dont il devait discerner la pertinence éventuelle (arrêt 4A_36/2008 du 18 février 2008 consid. 4.1). La possibilité de présenter des faits ou des moyens de preuve nouveaux en instance de recours fédérale est exceptionnelle et ne sert pas à corriger des omissions antérieures. 2.2 Selon le recours, les pièces nouvelles produites contiennent une partie des informations que l'autorité cantonale a requises par ordonnance du 24 juillet 2008, confirmée par ordonnance du 18 septembre 2008 et par arrêt du 18 décembre 2008. Le 22 juin 2009, la recourante a déclaré à l'autorité cantonale être disposée à transmettre les informations dès que la protection du secret d'affaires lui serait formellement garantie. Il s'agit donc manifestement de faits et moyens de preuve que la recourante pouvait présenter à l'autorité cantonale et dont elle devait discerner la pertinence pour le sort de la cause. Leur production dans la présente procédure fédérale n'est dès lors pas admissible. Cela vaut également pour les informations relatives aux affiliations postérieures à 2007. L'autorité cantonale avait demandé à quelle date remontait la dernière conclusion d'une police d'assurance «B», sans fixer de limite dans le temps. C'est la recourante qui a décidé que celles postérieures à fin 2007 n'étaient pas pertinentes. Or, il est manifeste que, pour juger si cette assurance relève d'un portefeuille fermé, l'existence ou le défaut d'affiliations après cette date peuvent jouer un rôle. La recourante ne saurait prendre prétexte de sa fausse conception juridique pour se prévaloir d'une argumentation imprévisible de l'autorité cantonale. La recourante soutient également que la cour cantonale l'a empêchée de produire les nouvelles pièces en violation de son droit d'être entendue. Pour démontrer la justesse d'une telle critique, l'auteur du recours peut présenter des faits ou moyens de preuve nouveaux susceptibles de prouver la violation du droit d'être entendu; en revanche, il ne peut pas en profiter pour compléter les faits de la cause en introduisant en instance fédérale les éléments qu'il prétend avoir été empêché de produire en instance cantonale. Si le grief tiré de la violation du droit d'être entendu se révélait fondé, l'arrêt attaqué serait annulé et la cause renvoyée à l'autorité précédente auprès de laquelle les pièces pourraient alors être déposées. 2.3 En conclusion, les conditions pour la présentation de nouveaux faits et moyens de preuve dans la procédure de recours fédérale ne sont pas remplies en l'espèce. Partant, il ne sera pas tenu compte des faits nouvellement allégués et les pièces produites sous pli fermé seront écartées du dossier. Par la même occasion, les mesures de protection requises par la recourante deviennent sans objet. 3. Le recours en matière civile peut être interjeté pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF. Le Tribunal fédéral n'entre pas en matière sur la violation d'un droit de rang constitutionnel ou sur une question afférente au droit cantonal ou intercantonal si le grief n'a pas été invoqué et motivé de manière détaillée par la partie recourante (art. 106 al. 2 LTF). Pour ces griefs, l'acte de recours doit, sous peine d'irrecevabilité, contenir nécessairement un exposé succinct des droits ou principes constitutionnels violés et exposer de manière claire et circonstanciée en quoi consiste leur violation (ATF 134 I 83 consid. 3.2 p. 88 et les arrêts cités). Pour le reste, le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF), sans être limité par les arguments soulevés dans le recours ni par la motivation retenue dans la décision déférée; il peut donc admettre un recours pour d'autres motifs que ceux qui ont été articulés, ou à l'inverse, rejeter un recours en adoptant une argumentation différente de celle de l'autorité précédente (ATF 135 III 397 consid. 1.4 p. 400; 134 III 102 consid. 1.1 p. 104). Cependant, compte tenu de l'exigence de motivation contenue à l'art. 42 al. 1 et 2 LTF, sous peine d'irrecevabilité (art. 108 al. 1 let. b LTF), le Tribunal fédéral n'examine en principe que les griefs invoqués; il n'est pas tenu de traiter, comme le ferait une autorité de première instance, toutes les questions juridiques qui se posent, lorsque celles-ci ne sont plus discutées devant lui (ATF 135 III 397 consid. 1.4 p. 400; 134 III 102 consid. 1.1 p. 105). Par ailleurs, le Tribunal fédéral conduit son raisonnement juridique sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). Il ne peut s'en écarter que si les constatations de l'autorité précédente ont été établies de façon manifestement inexacte - notion qui correspond à celle d'arbitraire au sens de l'art. 9 Cst. (ATF 135 III 127 consid. 1.5 p. 130, 397 consid. 1.5 p. 401; 135 II 145 consid. 8.1 p. 153) - ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF), et pour autant que la correction du vice soit susceptible d'influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). 4. 4.1 L'arrêt attaqué est fondé sur l'art. 156 OS relatif aux portefeuilles fermés. L'alinéa 1 de cette disposition prévoit que, si une entreprise d'assurance n'inclut plus de contrats d'assurance dans un portefeuille (portefeuille fermé), les preneurs d'assurance de ce portefeuille ont le droit de conclure, en remplacement du contrat d'assurance en cours, un contrat aussi équivalent que possible intégré dans un portefeuille ouvert de l'entreprise d'assurance ou d'une entreprise d'assurance appartenant au même groupe d'assurance, pour autant que l'entreprise d'assurance ou l'entreprise du groupe exploite un tel portefeuille ouvert. L'art. 156 al. 3 OS précise que l'âge et l'état de santé du preneur d'assurance lors de la conclusion du contrat en cours sont déterminants pour le calcul de la prime lors du passage au nouveau contrat. Le Conseil fédéral a adopté l'art. 156 OS en vertu de la délégation prévue à l'art. 31 de la loi fédérale du 17 décembre 2004 sur la surveillance des entreprises d'assurance (loi sur la surveillance des assurances, LSA; RS 961.01), lequel l'autorise à édicter des restrictions à la pratique de certaines branches d'assurance afin de protéger les assurés. Dans le domaine de l'assurance-maladie complémentaire à l'assurance-maladie sociale, l'art. 31 LSA devait notamment permettre au Conseil fédéral d'édicter des dispositions applicables aux groupes d'âge élevé afin de protéger les assurés les plus âgés. Il devait également constituer la base pour des dispositions régissant la relation entre entreprise d'assurance et assurés (Message du 9 mai 2003 concernant une loi sur la surveillance des entreprises d'assurance et la modification de la LCA, FF 2003 3386 s. ch. 2.1.2.3.6). L'art. 31 LSA a été adopté sans discussion par les deux Chambres (BO CE 2003 1228; BO CN 2004 391). Cette disposition légale correspond textuellement à l'art. 7 al. 1 2ème phrase de l'ancienne loi fédérale du 23 juin 1978 sur la surveillance des institutions d'assurance privées (aLSA; RO 1978 1836) dans sa teneur adoptée le 20 mars 1992 (RO 1992 2373). La délégation de compétence prévue à l'art. 7 aLSA devait permettre au Conseil fédéral d'édicter des mesures protectrices notamment en matière d'assurance-maladie (Message du 14 août 1991 relatif notamment à une loi fédérale sur l'assurance directe autre que l'assurance sur la vie, FF 1991 IV 21 ch. 237.2). L'art. 31 LSA doit être compris en relation avec l'art. 1 al. 2 et avec l'art. 46 al. 1 let. f LSA. La première disposition définit la protection des assurés contre les abus comme l'un des buts de la LSA. La seconde norme précise que l'une des tâches de la surveillance est de protéger les assurés contre les abus commis par des entreprises d'assurance ou des intermédiaires (cf. Weber/Umbach, Versicherungsaufsichtsrecht, 2006, n. 149 ss p. 133 ss). Dans le cadre de la révision de la LCA en cours, il est prévu un nouvel art. 116 qui reprend pour l'essentiel la réglementation de l'art. 156 OS, sauf à donner le droit à l'assuré de conclure un nouveau contrat déjà lorsque l'entreprise d'assurance «n'affecte généralement plus de contrats individuels à un portefeuille d'assurance». Le rapport explicatif du 24 février 2009 décrit la situation à l'origine de ce projet de disposition de la manière suivante: Des entreprises d'assurance offrent parfois à des preneurs d'assurance, jeunes et en bonne santé, de nouveaux produits assortis de primes avantageuses ressemblant largement aux produits existants, tandis que les personnes déjà assurées qui présentent un risque de maladie plus élevé ne se voient pas proposer de tels produits et restent dans leur portefeuille actuel, qui par conséquent n'est plus élargi (portefeuille fermé). Si l'entreprise d'assurance n'ajoute plus de bons risques dans le portefeuille, les primes risquent d'augmenter massivement, rendant ainsi l'assurance complémentaire hors de prix pour de nombreux preneurs d'assurance, alors même que ceux-ci se sont acquittés de leurs primes pendant de nombreuses années. Le but est d'éviter de telles conséquences en octroyant au preneur d'assurance d'un portefeuille fermé le droit de conclure, en lieu et place du contrat précédent, un contrat aussi équivalent que possible dans un portefeuille ouvert de l'entreprise d'assurance ou d'une entreprise d'assurance appartenant au même groupe (Département fédéral des finances, Rapport explicatif relatif au projet de révision de la LCA, nouvelle version du 24 février 2009, ch. 2.2.27; cf. Weber/Umbach, op. cit., n. 54 s. p. 165 s.). 4.2 La recourante conteste la légalité et la constitutionnalité de l'art. 156 OS. Elle soutient que cette disposition est contraire à l'art. 31 LSA et invoque par ailleurs les principes constitutionnels de la liberté économique (art. 27 Cst.), de la légalité (art. 36 Cst.), de la proportionnalité (art. 5 al. 2 Cst.), de l'égalité de traitement (art. 8 Cst.) et de la bonne foi (art. 9 Cst.). Le Tribunal fédéral peut examiner à titre préjudiciel la légalité et la constitutionnalité d'ordonnances du Conseil fédéral. Lorsqu'il se prononce sur une ordonnance fondée sur une délégation législative, il examine si elle reste dans les limites des pouvoirs conférés par la loi au Conseil fédéral, mais il ne peut pas contrôler si la délégation elle-même est admissible. Si l'ordonnance est conforme à la loi, il examine sa constitutionnalité, à moins que la loi permette d'y déroger. Lorsque la délégation accorde au Conseil fédéral un large pouvoir d'appréciation pour réglementer la matière par ordonnance, le Tribunal fédéral se limite à contrôler si l'ordonnance est contraire à la loi ou à la Constitution; il n'est pas habilité à substituer sa propre appréciation à celle du Conseil fédéral (ATF 131 II 562 consid. 3.2 p. 566; 130 I 26 consid. 2.2.1 p. 32; 128 IV 177 consid. 2.1 p. 180; 126 III 36 consid. 2b/bb p. 39). 4.3 La recourante prétend tout d'abord que l'art. 156 OS sort du cadre de la délégation prévue par l'art. 31 LSA. Par ailleurs, cette disposition aurait été conçue comme une norme de protection tendant à parer aux dérives éventuelles liées à la suppression du contrôle systématique préalable des produits. Or, ce contrôle aurait été finalement maintenu sous son ancienne forme pour les assurances-maladie complémentaires (art. 4 al. 2 let. r LSA), de sorte que l'art. 31 LSA serait obsolète pour ce domaine. 4.3.1 L'art. 156 OS tend à protéger les preneurs d'assurances complémentaires âgés. Il s'agit d'éviter que ces assurés-là soient poussés à résilier leur assurance complémentaire à cause d'une augmentation massive des primes due au mécanisme du portefeuille fermé. Plus généralement, l'art. 156 OS vise à empêcher que les entreprises d'assurance puissent, par un système de portefeuilles fermés successifs (splitting), acquérir les bons risques, puis se débarrasser ultérieurement de ces assurés lorsque, de par leur âge, ils sont devenus de mauvais risques. Dans cette mesure, l'art. 156 OS respecte pleinement tant la lettre de l'art. 31 LSA que le but précisé dans le Message et nullement remis en cause lors des débats parlementaires (cf. consid. 4.1 supra). 4.3.2 Il est exact que le projet du Conseil fédéral prévoyait d'abandonner le contrôle systématique préalable des produits et que le parlement ne l'a pas entièrement suivi sur ce point. Selon une disposition introduite lors des débats parlementaires, les entreprises d'assurance doivent présenter un plan d'exploitation contenant également les tarifs et les conditions générales appliquées en Suisse pour l'assurance de l'ensemble des risques dans la prévoyance sociale et dans l'assurance complémentaire à l'assurance-maladie sociale (art. 4 al. 2 let. r LSA). Le but de cette norme était essentiellement de pouvoir continuer à procéder à un contrôle préalable des tarifs (cf. BO CE 2003 1225 s.; BO CN 2004 382 s.; cf. Weber/Umbach, op. cit., n. 47 ss p. 163 ss). Lors de la discussion sur le maintien du contrôle préventif, le représentant du gouvernement a indiqué expressément que, nonobstant la décision du parlement, le Conseil fédéral fixerait dans son ordonnance des conditions cadres claires, notamment pour les conditions d'assurance; cette déclaration n'a pas suscité de réaction (BO CN 2004 382). Ceci posé, la critique de la recourante n'est pas fondée. L'art. 31 LSA reprend simplement la délégation de compétence déjà prévue à l'art. 7 al. 1 2ème phrase aLSA. Cette dernière disposition avait été adoptée à une époque où le contrôle préalable existait; la délégation qu'elle instituait allait donc nécessairement au-delà du cadre du contrôle préalable, y compris dans le domaine de l'assurance-maladie. Or, en adoptant l'art. 31 LSA, le législateur n'entendait à l'évidence pas restreindre la portée de cette délégation. Le maintien ultérieur du contrôle préventif par le parlement n'était dès lors pas en soi propre à priver la délégation de compétence de toute portée en matière d'assurance-maladie complémentaire. En outre, il n'était manifestement pas dans l'intention du parlement d'être plus restrictif et d'exclure les assurances complémentaires du champ d'application de l'art. 31 LSA. La volonté clairement affichée de protéger les assurés et le défaut de toute réaction, lors de la discussion tant de l'art. 4 LSA que de l'art. 31 LSA et après l'intention exprimée par le représentant du gouvernement d'user le moment venu de la compétence donnée par l'art. 31 LSA, ne peuvent être interprétés que comme un acquiescement tacite du législateur. Que le Conseil fédéral envisage aujourd'hui d'inscrire la règle de l'art. 156 OS dans la LCA ne change rien à cet égard. 4.4 La recourante soutient que l'art. 156 OS contraint les entreprises d'assurance à passer des contrats contre leur gré en matière d'assurance-maladie complémentaire et viole ainsi leur liberté contractuelle, garantie par le principe constitutionnel de la liberté économique (art. 27 Cst.). 4.4.1 L'art. 27 Cst. garantit la liberté économique qui comprend notamment le libre choix de la profession, le libre accès à une activité économique lucrative privée et son libre exercice. Cette liberté protège toute activité économique privée, exercée à titre professionnel et tendant à la production d'un gain ou d'un revenu (ATF 134 I 214 consid. 3 p. 215 s. et les arrêts cités). La garantie de la liberté contractuelle, consacrée explicitement aux art. 1er et 19 CO, fait partie intégrante de l'aspect constitutif de la liberté économique (ATF 131 I 333 consid. 4 p. 339). Une restriction à une liberté fondamentale est admissible si elle repose sur une base légale - qui, en cas d'atteinte grave, doit être une loi au sens formel -, si elle est justifiée par un intérêt public ou par la protection d'un droit fondamental d'autrui et si elle est proportionnée au but visé (art. 36 al. 1-3 Cst.; ATF 134 I 214 consid. 5.4 p. 217; 133 I 27 consid. 3.1 p. 28). Lorsque la restriction n'est pas grave, la base légale peut se trouver dans des actes de rang infra-légal ou dans une clause générale, ce que le Tribunal fédéral examine sous l'angle restreint de l'arbitraire. Pour le surplus, le Tribunal fédéral vérifie librement si les exigences de l'intérêt public et de la proportionnalité sont respectées (ATF 131 I 333 consid. 4 p. 339 s.; 129 I 173 consid. 2.2 p. 177). 4.4.2 En prétendant que l'art. 156 OS oblige les entreprises d'assurance à conclure des contrats contre leur gré, la recourante présente les choses de manière très réductrice. En effet, l'assureur n'est astreint ni à conclure des contrats avec de nouveaux assurés, ni à accorder aux assurés actuels une couverture d'assurance fondamentalement différente. L'art. 156 OS n'impose pas de nouvelle relation contractuelle à l'entreprise d'assurance; le cas échéant, il l'oblige uniquement à corriger une détérioration de la situation contractuelle des assurés actuels au niveau des primes, péjoration que l'assureur a lui-même provoquée. Ainsi, l'art. 156 OS tend essentiellement à limiter la possibilité des entreprises d'assurance d'influer sur des relations contractuelles existantes au détriment de leurs assurés par le système du portefeuille fermé; l'obligation de conclure un nouveau contrat similaire au contrat actuel n'en est que le corollaire. En outre, la faculté des entreprises d'assurance de conclure des assurances complémentaires n'est nullement touchée par la disposition critiquée; les assureurs sont uniquement limités dans leur possibilité d'avantager ou de désavantager certaines catégories d'assurés par le biais des portefeuilles fermés. La restriction à la liberté contractuelle n'apparaît ainsi pas grave, de sorte qu'elle peut être instituée par une ordonnance du Conseil fédéral. 4.4.3 La restriction en cause répond en outre à l'intérêt public, lequel commande assurément que les assurances-maladie complémentaires ne soient pas rendues inabordables pour la plupart des assurés âgés. A cet égard, la coexistence entre assurance-maladie sociale et assurance complémentaire privée suppose que la seconde, bien que régie par les lois du marché, ne soit pas, dans les faits, une assurance essentiellement pour personnes jeunes et en bonne santé. L'assurance complémentaire n'est pas simplement une assurance destinée à couvrir des besoins de luxe (cf. Raymond Spira, Le nouveau régime de l'assurance-maladie complémentaire, RSA 1995 p. 199). Elle offre des prestations en matière de santé dont les assurés doivent légitimement pouvoir continuer à bénéficier lorsqu'ils avancent en âge. La santé n'est pas un bien comme un autre et il ne saurait être fait abstraction de toute considération de politique sociale dans ce domaine. 4.4.4 Pour être conforme au principe de la proportionnalité, une restriction d'un droit fondamental doit être apte à atteindre le but visé, lequel ne peut pas être atteint par une mesure moins incisive; il faut en outre qu'il existe un rapport raisonnable entre les effets de la mesure sur la situation de la personne visée et le résultat escompté du point de vue de l'intérêt public (ATF 134 I 214 consid. 5.7 p. 218; 132 I 229 consid. 11.3 p. 246; 129 I 12 consid. 9.1 p. 24). A cet égard, la règle de l'art. 156 OS est apte à atteindre le but visé, soit la protection des assurés âgés au bénéfice d'une assurance-maladie complémentaire contre le risque de devoir sortir d'une assurance devenue trop onéreuse. En outre, on ne voit pas comment ce but pourrait être réalisé par une mesure moins contraignante que la possibilité offerte à l'assuré de passer d'une assurance dans un portefeuille fermé à une assurance équivalente dans un portefeuille ouvert du même assureur ou du même groupe d'assureurs. Contrairement à ce que la recourante soutient, le contrôle préalable des tarifs ne suffit pas à préserver les assurés des conséquences liées au système du portefeuille fermé; le présent litige et le projet de révision de la LCA le démontrent d'ailleurs si nécessaire. 4.4.5 En résumé, la restriction à la liberté contractuelle apportée par l'art. 156 OS repose sur une base légale suffisante, est justifiée par un intérêt public et respecte le principe de la proportionnalité. 4.5 Selon la recourante, les mesures envisagées par l'art. 156 OS sont source d'inégalité de traitement (art. 8 Cst.), car elles faussent la libre concurrence en imposant des restrictions à certains assureurs uniquement. Cette critique est mal fondée. En effet, l'art. 156 OS ne crée pas d'inégalité de traitement entre les entreprises d'assurance qui offrent plusieurs produits similaires et celles qui ne le font pas. Dès lors que ces dernières n'ont qu'un seul produit, tous les assurés bénéficient de la même assurance. Si ce portefeuille est fermé sans qu'un nouveau portefeuille similaire ne soit ouvert et que l'entreprise d'assurance renonce ainsi à conclure de nouveaux contrats - ce qu'elle est libre de faire -, tous ses assurés restent logés à la même enseigne. Le problème à la base de la réglementation de l'art. 156 OS ne se pose tout simplement pas. 4.6 La recourante fait valoir également que l'art. 156 OS viole le principe de la bonne foi (art. 9 Cst.) et l'interdiction de la rétroactivité des normes. La disposition incriminée restreindrait, notamment par une augmentation des primes due à la péjoration de la structure de risque, les droits de l'ensemble des assurés, y compris de ceux qui ont conclu une assurance complémentaire avant l'entrée en vigueur de l'art. 156 OS et qui pouvaient compter sur le fait que les règles ne changeraient pas. Entré en vigueur le 1er janvier 2006, l'art. 156 OS n'a pas d'effet rétroactif. Il ne donne pas le droit au preneur d'assurance d'un portefeuille fermé de demander à être intégré dans un portefeuille ouvert à une date antérieure au 1er janvier 2006. Il ne rétroagit donc pas non plus sur le niveau des primes des autres assurés pour la période antérieure au 1er janvier 2006; il est uniquement susceptible d'influer sur les primes postérieures à son entrée en vigueur. Pour le reste, l'art. 156 OS veut faire obstacle à un système par lequel l'entreprise d'assurance désavantage les assurés âgés. On ne discerne pas en quoi la bonne foi ou, pour reprendre les termes de la recourante, la confiance que les citoyens peuvent mettre en leurs autorités, postulerait que le législateur doit garantir à l'entreprise d'assurance de pouvoir continuer indéfiniment à défavoriser ses assurés âgés et aux autres assurés d'en profiter. Les primes favorables offertes à certains assurés grâce au mécanisme du portefeuille fermé ne sauraient en elles-mêmes justifier ce système. Une éventuelle augmentation de prime pour les assurés en question est une conséquence logique de la règle de l'art. 156 OS. Si de telles majorations contreviennent à des engagements pris par l'entreprise d'assurance, il appartient à cette dernière, et non aux assurés prétérités par le système du portefeuille fermé, d'en supporter les conséquences. 4.7 Sur le vu de ce qui précède, il convient, à l'instar de la cour cantonale, de reconnaître la légalité et la constitutionnalité de l'art. 156 OS. 5. Invoquant l'art. 29 al. 2 Cst., la recourante se plaint également d'une violation de son droit d'être entendue, au motif que l'instruction de la cause aurait été interrompue abruptement à un moment où elle offrait de produire les pièces demandées en vue d'examiner si le contrat d'assurance de l'intimée relevait d'un portefeuille fermé. La recourante critique le fait que l'autorité cantonale n'a pas rendu la décision incidente requise à propos du secret des affaires. Elle fait état d'une atteinte à son droit à bénéficier d'une procédure équitable dès lors que ses conclusions, clairement formulées et dûment motivées, ont été purement et simplement ignorées. 5.1 Tel qu'il est garanti à l'art. 29 al. 2 Cst., le droit d'être entendu, comprend notamment le droit pour l'intéressé de s'exprimer sur les éléments pertinents avant qu'une décision ne soit prise touchant sa situation juridique, de produire des preuves, d'obtenir qu'il soit donné suite à ses offres de preuve pertinentes, de participer à l'administration des preuves essentielles ou à tout le moins de s'exprimer sur son résultat, lorsque cela est de nature à influer sur la décision à rendre (ATF 133 I 270 consid. 3.1 p. 277; 129 II 497 consid. 2.2 p. 504 s.; 127 I 54 consid. 2b p. 56; 124 I 48 consid. 3a p. 51 et les arrêts cités). 5.2 Par ordonnances de l'autorité cantonale des 24 juillet et 18 septembre 2008 et par jugement du 18 décembre 2008, la recourante a été invitée à produire les pièces litigieuses et rendue attentive aux conséquences d'un refus. Dans l'arrêt de la cour de céans du 1er mai 2009, il a été précisé que la recourante ne risquait pas de dommage irréparable en produisant les pièces requises dès lors que le droit cantonal prévoyait des règles pour protéger le secret d'affaires; en conséquence, le recours contre l'arrêt du 18 décembre 2008 ordonnant notamment la production des pièces a été déclaré irrecevable. Le 22 juin 2009, la recourante a écrit à l'autorité cantonale qu'elle était prête à fournir les pièces en question, exigeant toutefois une décision incidente préalable lui garantissant formellement la protection du secret d'affaires avant de s'exécuter. Il s'ensuit que la recourante a non seulement eu la possibilité de produire les pièces litigieuses, mais qu'elle a même été formellement invitée à les produire, et cela à trois reprises. Son droit de produire des preuves pertinentes a été respecté. Au surplus, la recourante affirme, sans autre démonstration, que le droit de procédure cantonal garantit le prononcé d'une décision incidente au sujet de la protection du secret des affaires. Cette critique ne concerne pas le droit (fédéral) d'être entendu, mais l'application du droit cantonal que le Tribunal fédéral peut examiner uniquement sous l'angle d'une violation de l'interdiction constitutionnelle de l'arbitraire (ATF 133 III 462 consid. 2.3 p. 466). Or, la recourante n'invoque pas un tel grief et, au demeurant, ne motive pas sa critique. Il n'y a dès lors pas à entrer en matière. En tout état de cause, on ne voit guère comment le juge pourrait déterminer si un moyen de preuve est couvert par le secret d'affaires avant d'en avoir pris connaissance. Pour le surplus, la recourante ne démontre pas en quoi le droit d'être entendu imposerait au juge de statuer sur une requête que le destinataire de ses ordonnances formule comme condition pour se soumettre auxdites décisions ou, en d'autres termes, le contraindrait d'entrer en matière sur des tentatives de marchandage relatives à l'exécution de décisions qu'il a rendues. En conclusion, le moyen tiré d'une violation du droit d'être entendu est mal fondé pour autant qu'il soit recevable. 6. 6.1 Dans une argumentation confuse, la recourante se plaint d'arbitraire dans l'établissement des faits, notamment dans la mesure où l'autorité cantonale a retenu que l'assurance-maladie complémentaire de l'intimée faisait partie d'un portefeuille fermé. Elle reproche également à la cour cantonale d'avoir violé l'art. 156 OS en rangeant l'assurance en question dans les portefeuilles fermés. 6.2 Le juge apprécie librement les preuves (art. 85 al. 2 LSA). L'intimée supportait le fardeau de la preuve du fait que le portefeuille d'assurance auquel elle appartenait était fermé (art. 8 CC). Cependant, seule la recourante disposait des renseignements et documents nécessaires pour juger si l'assurance de l'intimée faisait partie d'un portefeuille fermé. Se fondant sur le droit de procédure cantonal (art. 24 al. 1 LPA/GE), l'autorité cantonale a invité formellement la recourante à fournir ces éléments. L'assureur n'a pas donné suite. Dans ces circonstances, il n'y avait aucun arbitraire à apprécier ce refus de collaborer en défaveur de la recourante et à limiter les exigences de preuve à la vraisemblance prépondérante. Sur le fond, la conclusion de la cour cantonale, qualifiant l'assurance complémentaire actuelle de l'intimée de portefeuille fermé, est tout à fait défendable sur le vu des faits constatés dans la décision entreprise. Il peut par conséquent être renvoyé au considérant 11 de l'arrêt attaqué (cf. art. 109 al. 3 2ème phrase LTF par analogie; Bernard Corboz, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 33 ad art. 109). Pour le reste, le moyen tiré d'une violation de l'art. 156 OS se fonde essentiellement sur des faits qui n'ont pas été constatés par l'autorité cantonale et sur de nouvelles pièces, ainsi que sur des faits que la recourante se réserve d'alléguer ultérieurement, une fois qu'une décision quant au caractère protégé de ces données aura été rendue. Comme déjà relevé (consid. 2.3 supra), un tel grief est irrecevable (cf. art. 99 al. 1 et art. 105 al. 1 LTF). 7. 7.1 En dernier lieu, la recourante conteste la mise à sa charge d'un émolument pour défaut de collaboration. Elle invoque l'art. 85 al. 3 LSA, alors que l'autorité cantonale s'est fondée sur l'art. 89 H al. 1 LPA/GE, qui autorise le juge à mettre les débours et un émolument à la charge de la partie qui agit de manière téméraire ou témoigne de légèreté. 7.2 Comme la recourante le relève à juste titre, la question est régie par le droit fédéral. En effet, l'art. 85 al. 3 LSA prévoit que, dans les contestations relatives aux assurances complémentaires à l'assurance-maladie sociale, les parties ne supportent en principe pas de frais de procédure, mais que le juge peut mettre tout ou partie de ces frais à la charge de la partie téméraire. Sur le fond, cette règle correspond toutefois à la disposition cantonale appliquée par l'autorité précédente. La recourante fait valoir qu'elle n'a pas à supporter de frais parce que le jugement attaqué souffre de multiples défauts et ne peut pas être maintenu. Or, comme on l'a vu, cette critique n'est pas fondée. La recourante ne fournit aucune autre argumentation. En particulier, elle n'explique pas pourquoi la mise de frais à sa charge ensuite du jugement tel que rendu par l'autorité cantonale serait contraire à l'art. 85 al. 3 LSA. Partant, le grief est irrecevable. 8. Sur le vu de ce qui précède, le recours constitutionnel subsidiaire est irrecevable et le recours en matière civile doit être rejeté dans la mesure de sa recevabilité. 9. La recourante, qui succombe, supportera les frais judiciaires (art. 66 LTF). Il n'est pas alloué de dépens à l'intimée, qui n'a pas été invitée à déposer une réponse.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. La requête visant au prononcé d'une décision incidente au sens de l'art. 56 al. 2 et 3 LTF est rejetée. 2. Le recours constitutionnel subsidiaire est irrecevable. 3. Le recours en matière civile est rejeté dans la mesure où il est recevable. 4. Les frais judiciaires, arrêtés à 3'000 fr., sont mis à la charge de la recourante. 5. Il n'est pas alloué de dépens. 6. Le présent arrêt est communiqué aux parties et au Tribunal cantonal des assurances sociales de la République et canton de Genève, Chambre 5. Lausanne, le 15 mars 2010 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: La Greffière: Klett Godat Zimmermann
4b0f9134-ef95-4c2f-849d-a13c745233db
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2,007
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critical-1
Sachverhalt: A. A.a Am 4. Februar 2005 beantragte die Bank X._ in der Betreibung Nr. xxxx des Betreibungsamtes Zürich 4 beim Konkursrichteramt des Bezirkes Zürich, über die Y._ AG mit Sitz in Zürich den Konkurs zu eröffnen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu deren Lasten. Die Parteien wurden am 15. Februar 2005 zur Sitzung auf den 12. April 2005 vorgeladen. Am Vortag beglich die Schuldnerin beim Betreibungsamt Zürich 4 die in der Konkursandrohung vom 17. August 2004 aufgeführten Beträge zuzüglich Inkassokosten. Zudem zahlte sie dem Bezirksgericht die Spruchgebühr von Fr. 200.--. Ein Vertreter der Bank X._ erschien am 12. April 2005 zur anberaumten Sitzung, worauf er über die inzwischen erfolgte Zahlung in Kenntnis gesetzt wurde. Mit Verfügung vom gleichen Tag wies der Konkursrichter des Bezirkes Zürich das Konkursbegehren ab. A.b Die Bank X._ erhob gegen die das Konkursbegehren abweisende Verfügung Rekurs, welchen das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 15. Juni 2005 abwies. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hiess die von der Gläubigerin dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde am 14. November 2005 gut, hob den angefochtenen Beschluss auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurück. Es kam zum Schluss, dass die Erstinstanz das rechtliche Gehör der Gläubigerin verletzt habe, als sie über das Konkursbegehren entschieden hatte. Sie hätte dieser zuvor die Gelegenheit geben müssen, sich zur Behauptung der Schuldnerin zu äussern, die Schuld, Zinsen und sämtliche Kosten bezahlt zu haben, und einen Antrag zu den Kosten- und Entschädigungsfolgen des Konkurseröffnungsverfahrens zu stellen. Daraufhin hob das Obergericht die Verfügung vom 12. April 2005 über das Konkursbegehren mit Beschluss vom 27. Februar 2006 auf und wies die Sache zur Durchführung einer Konkursverhandlung und neuer Entscheidung an die Erstinstanz zurück. A.c An der erneuten Konkursverhandlung vom 22. März 2006 machte die Bank X._ geltend, am 12. April 2005 seien Kosten von insgesamt Fr. 3'350.-- ungedeckt geblieben, nämlich Fr. 500.-- Rechtsöffnungskosten, Fr. 250.-- Parteientschädigung aus dem Rechtsöffnungsverfahren, Fr. 300.-- für das Konkurseröffnungsgesuch, Fr. 500.-- Reisespesen für die Verhandlung sowie Fr. 1'800.-- Kostenvorschuss an das Konkursgericht. Letzterer sei ihr später zurückerstattet worden, womit sich die Schuld auf Fr. 1'550.-- belaufe. Im Hinblick auf die Sitzung vom 22. März 2006 seien ihr wiederum Kosten entstanden, die sich aus Fr. 1'800.-- Kostenvorschuss, Fr. 500.-- Reisekosten und Fr. 300.-- für die Teilnahme an der Verhandlung zusammensetzten (total Fr. 2'600.--). Damit beliefen sich ihre Aufwendungen auf insgesamt Fr. 4'150.--. Mit Verfügung vom 22. März 2006 wies der Konkursrichter das Konkursbegehren erneut ab, auferlegte der Schuldnerin die Spruchgebühr von Fr. 200.-- und stellte fest, dass diese bezahlt sei. Den Kostenvorschuss von Fr. 1'800.-- erstattete er der Gläubigerin zurück. Eine Parteientschädigung wurde der Gläubigerin nicht zugesprochen. B. Das Obergericht wies den erneuten Rekurs der Bank X._ am 3. Juli 2006 wiederum ab und bestätigte die konkursrichterliche Verfügung vom 22. März 2006. Mit Zirkulationsbeschluss vom 2. Februar 2007 wies das Kassationsgericht die Nichtigkeitsbeschwerde der Bank X._ ab, soweit es darauf eintrat. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 15. März 2007 beantragt die Bank X._ dem Bundesgericht, den Beschluss des Kassationsgerichts aufzuheben und in der Betreibung Nr. xxxx des Betreibungsamtes Zürich 4 den Konkurs über die Y._ AG zu eröffnen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Ansetzung einer neuen Konkursverhandlung zurückzuweisen. Die Y._ AG hat sich innert angesetzter Frist nicht vernehmen lassen. Das Kassationsgericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Der angefochtene Zirkulationsbeschluss ist nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ergangen, weshalb das neue Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). 1.2 Das Konkurserkenntnis ist ein Entscheid in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, welcher der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Die Beschwerde gegen Entscheide des Konkursrichters ist an keinen Streitwert gebunden (Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG). Der Entscheid des Konkursgerichts gemäss Art. 171 und Art. 172 SchKG beendet ein Verfahren, das durch das Konkursbegehren des Gläubigers nach Art. 166 Abs. 1 SchKG eröffnet worden ist. Er ist damit in einem eigenen Verfahren ergangen, womit er einen Endentscheid nach Art. 90 BGG darstellt. Hingegen kommt er keiner einstweiligen Verfügung gleich, über die in einem späteren Hauptverfahren entschieden wird (Botschaft zur Totalrevieion der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4336, Ziff. 4.1.4.2). Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin sämtliche Beschwerdegründe vorbringen kann und das Bundesgericht in seiner Prüfungsbefugnis nicht auf die verfassungsmässigen Rechte beschränkt ist (Art. 95 ff. BGG). 1.3 Das Kassationsgericht als kantonale Vorinstanz hat die dem Bundesgericht vorgetragene Rechtsfrage nur unter dem beschränkten Gesichtspunkt der Verletzung klaren materiellen Rechts im Sinne von § 281 Ziff. 3 ZPO/ZH geprüft. Dies kann keinen einschränkenden Einfluss auf die Kognition im vorliegenden Verfahren haben. Gemäss Art. 111 Abs. 3 BGG muss die unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts die Rügen nach Art. 95-98 BGG prüfen können, was unter anderem bedeutet, dass das Bundesrecht frei überprüfbar sein muss. Vorbehalten bleiben kantonale Rechtsmittel im Sinne von Art. 100 Abs. 6 BGG, wonach die Beschwerdefrist erst mit der Eröffnung bei der zusätzlichen kantonalen Gerichtsinstanz beginnt, wenn der Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts mit einem Rechtsmittel, das nicht alle Rügen nach Art. 95-98 BGG zulässt, angefochten worden ist. Dass der Beschluss des Obergerichts im Jahre 2006, vor Inkrafttreten des BGG ergangen ist, steht seiner Anfechtbarkeit nicht entgegen. Wenn nach Art. 132 Abs. 1 BGG für ein Verfahren das neue Recht massgebend ist, weil der angefochtene Entscheid nach dem 1. Januar 2007 ergangen ist (E. 1.1), so kommt das BGG als Ganzes - einschliesslich Art. 100 Abs. 6 BGG - zur Anwendung. Der Entscheid des Obergerichts ist daher mitanfechtbar und die dem Bundesgericht vorgetragenen Fragen des Bundesrechts, welche das Kassationsgericht nur unter dem beschränkten Gesichtspunkt (§ 281 Ziff. 3 ZPO/ZH) geprüft hat, sind frei überprüfbar. Vorliegend gilt das obergerichtliche Urteil als mitangefochten, zumal die Beschwerdeführerin die Eröffnung des Konkurses verlangt, was bezüglich der Rüge der Verletzung materiellen Bundesrechts (Art. 172 Ziff. 3 SchKG) die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides voraussetzt. 1.4 Was die Rechtsfrage der Anfechtbarkeit des vor Inkrafttreten des BGG ergangenen Entscheides des oberen kantonalen Gerichts (Art. 100 Abs. 6 BGG) betrifft, so hat die erkennende Abteilung die Zustimmung der I. zivilrechtlichen Abteilung und der Strafrechtlichen Abteilung eingeholt (Art. 23 Abs. 2 BGG). 2. Nach Art. 172 Ziff. 3 SchKG weist das Gericht ein Konkursbegehren unter anderem dann ab, wenn der Schuldner durch Urkunden beweist, dass die Schuld, Zinsen und Kosten inbegriffen, getilgt ist. Ist dies erst nach Erlass des erstinstanzlichen Entscheides erfolgt, kann der Schuldner die konkurshindernde Tatsache noch im kantonalen Rechtsmittelverfahren vorbringen (Art. 174 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG). 2.1 Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Umschreibung der Kosten, welche der Schuldner dem Gläubiger zur Abwendung des Konkurses zu erstatten hat. Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, dass ihr gestützt auf Art. 62 Abs. 1 der Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SR 281.35; GebV SchKG) eine angemessene Entschädigung für die Abfassung des Konkursbegehrens, die zweimalige Reise von Glarus nach Zürich an die Sitzung des Konkursgerichts sowie das damit verbundene Zeitversäumnis zustehe. Ihre Aufwendungen müssten in gleicher Weise gedeckt werden wie die vom Gericht für die Behandlung des Konkursbegehrens nach Art. 52 GebV SchKG verlangte Spruchgebühr. 2.2 Das Kassationsgericht räumte zwar ein, dass der Gläubiger von sämtlichen Kosten des Betreibungsverfahrens zu entlasten sei, damit der Konkurs über den Schuldner nicht eröffnet werde. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck von Art. 68 und Art. 172 Ziff. 3 SchKG. Indessen sprächen auch Gründe dagegen, die Parteientschädigung im Konkurseröffnungsverfahren zu den genannten Kosten zu rechnen. In der einschlägigen Literatur werde diese Frage nicht explizit beantwortet. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung sei nicht bekannt. Selbst wenn das Kassationsgericht eine andere Lösung vorzöge, könne der Vorinstanz zumindest keine Verletzung klaren materiellen Rechts im Sinne von § 281 Ziff. 3 ZPO/ZH vorgeworfen werden. 2.3 Nach Art. 68 Abs. 1 SchKG trägt der Schuldner die Betreibungskosten. Sie sind vom Gläubiger vorzuschiessen, können jedoch von den Zahlungen des Schuldners vorab erhoben werden. Zu den Betreibungskosten gehören nicht nur die von den Vollstreckungsorganen in Anwendung der GebV SchKG verlangten Gebühren und Auslagen. Auch die Gerichtskosten der rein betreibungsrechtlichen Summarsachen nach Art. 25 Ziff. 2 SchKG wie diejenigen des Konkursrichters fallen darunter. Die Parteikosten werden ebenfalls zu den Betreibungskosten geschlagen, soweit sie in einem solchen Verfahren zugesprochen werden (Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Aufl. 2003, § 13 Rz. 2 und 11; Emmel, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 3 zu Art. 68 SchKG). Sie können überdies nicht Gegenstand einer gesonderten Betreibung sein (Ruedin, Commentaire romand, Poursuite et faillite, N. 28 zu Art. 68 SchKG). Die Abweisung des Konkursbegehrens infolge Tilgung (Art. 172 Ziff. 3 SchKG) setzt unter anderem die Regelung der Betreibungskosten im Sinne von Art. 68 SchKG voraus. Da die Parteikosten - wie eben erwähnt - als Betreibungskosten behandelt werden, sind auch diese zu begleichen, wenn der Konkurs abgewendet werden soll. Zwar führt die Lehre in diesem Zusammenhang zuweilen nur die Parteikosten des Rechtsöffnungsverfahrens an (Jaeger, Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 1911, N. 7 zu Art. 172 SchKG; Giroud, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 11 zu Art. 172 SchKG; Cometta, Commentaire romand, Poursuite et faillite, N. 6 zu Art. 172 SchKG; Gilliéron, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 25 zu Art. 172 SchKG; Baumann, Die Konkurseröffnung nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Diss. Zürich 1979, S. 110). Diese werden jedoch als Kosten eines Summarverfahrens nach Art. 25 Ziff. 2 SchKG von denjenigen des ordentlichen Verfahrens abgegrenzt, welche nicht unter Art. 172 Ziff. 3 SchKG fallen (so ausdrücklich Cometta, a.a.O.). Diese Sichtweise entspricht der bundesgerichtlichen Praxis, wonach Betreibungskosten im Sinne von Art. 68 SchKG Kosten aus betreibungsrechtlichen Summarverfahren, nicht aber aus rein materiellrechtlichen Verfahren umfassen (BGE 119 III 63 E. 4b/aa S. 67). Daraus ergibt sich, dass die meist beispielhafte Aufzählung der Kosten in der Lehre nicht nur die Parteientschädigung aus dem Rechtsöffnungsverfahren, sondern auch diejenige aus dem Konkursverfahren einschliesst. In beiden Fällen gelangt das summarische Verfahren nach Art. 25 Ziff. 2 lit. a SchKG zur Anwendung, womit kein sachlicher Grund besteht, die Parteientschädigung unterschiedlich zu behandeln. 2.4 Kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung ist im Übrigen aus dem Umstand abzuleiten, dass der Gläubiger im Rechtsöffnungsverfahren Anspruch auf eine Parteientschädigung hat, weil sein Gesuch um Rechtsöffnung gutgeheissen wurde und er obsiegt hat, währenddem im Fall von Art. 172 Ziff. 3 SchKG sein Konkursbegehren abgewiesen wird. Die Tilgung der Schuld - wie hier - kurz vor der Konkursverhandlung zur Abwendung der Konkurseröffnung ist nicht als Unterliegen des Gläubigers, sondern des Schuldners zu werten, zumal dieser zur Tilgung der Schuld die Gerichtsgebühr decken muss. 2.5 Dagegen vermögen die vornehmlich praktisch motivierten Argumente des Kassationsgerichtes nicht anzukommen. Zwar trifft es zu, dass die Parteientschädigung vom Konkursrichter (wie im Übrigen auch vom Rechtsöffnungsrichter) nach den Kriterien von Art. 62 Abs. 1 GebV SchKG festzusetzen ist. Dies gilt in gleicher Weise für die Gerichtsgebühr im Rahmen von Art. 52 GebV SchKG. Gerade der vorliegende Fall zeigt aber, dass dies zu keinen nennenswerten Problemen führt. Der Konkursrichter setzte die Gerichtsgebühr - wohl auf Anfrage des Schuldners - am Vortag der Verhandlung vom 12. April 2005 auf Fr. 200.-- fest und zog diese direkt beim Schuldner ein. In gleicher Weise hätte er auch die Aufwendung für das Konkursbegehren ermessensweise festlegen und dem Schuldner zwecks umgehender Regelung bekannt geben können. Durch eine sofortige Benachrichtigung der Gläubigerin über die Tilgung wäre diese wohl nicht an die Konkursverhandlung gekommen und wären dieser keine Reisespesen und Zeitversäumnisse erwachsen. Auf jeden Fall hätte der Konkursrichter an der Sitzung vom 22. März 2006 nicht nur über die Gerichtskosten, sondern zugleich über die noch offenen Parteikosten einen Entscheid fällen können. Dass die Parteikosten noch einer Regelung bedürfen, war auch der Schuldnerin bekannt, erkundigte sie sich doch vor der Sitzung vom 22. März 2006 nach der diesbezüglichen Höhe bei der Gläubigerin und erhielt entsprechende Auskunft. 2.6 Nach dem Gesagten verletzte die Vorinstanz Art. 172 Ziff. 3 SchKG, indem sie das Konkursbegehren der Gläubigerin abwies, bevor deren Parteientschädigung für das Konkursverfahren von der Schuldnerin getilgt worden war. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache an das Konkursrichteramt des Bezirkes Zürich zwecks Festlegung der im Konkursverfahren aufgelaufenen Parteikosten der Beschwerdeführerin zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 Satz 2 BGG). Dieses wird die Beschwerdegegnerin anhören und bei Nichtleistung der Parteientschädigung den Konkurs über sie eröffnen müssen. 3. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdegegnerin die Kosten des vorliegenden Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie schuldet der Beschwerdeführerin keine Parteientschädigung, da diese nicht anwaltlich vertreten war.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in Zivilsachen wird gutgeheissen, der Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts vom 2. Februar 2007 und der Beschluss des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 3. Juli 2006 werden aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das Konkursgericht des Bezirks Zürich zurückgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich, dem Obergericht des Kantons Zürich und dem Konkursrichter am Bezirksgericht Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 3. September 2007 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
4baf585a-152e-46bc-b7fd-889332b5942a
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2,012
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Federation
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Sachverhalt: A. A.a Die 1967 geborene K._ war u.a. seit 1999 als Medizinische Praxisassistentin für Dr. med. X._ tätig und dadurch bei der Helsana Unfall AG (nachfolgend: Helsana) obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert. Gemäss Schadenmeldung UVG des Arbeitgebers vom 17. Februar 2011 hatte K._ am 17. Dezember 2010 einen Auffahrunfall erlitten, wobei Dr. med. X._ bei der gleichentags erfolgten Erstbehandlung ein cervicokraniales Beschleunigungstrauma diagnostiziert hatte. Nach Eingang der Unfallmeldung holte die Helsana bei der Versicherten eine Stellungnahme zum Unfallhergang vom 16. März 2011, einen Bericht des Schadeninspektors vom 31. März 2011, ein unfallanalytisches Gutachten vom 6. Mai 2011, ein Aktengutachten des Dr. med. B._, Spezialarzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Vertrauensarzt, vom 1. Juli 2011 sowie diverse medizinische Berichte ein. A.b Mit Rechtsverweigerungs-/Rechtsverzögerungsbeschwerde vom 13. September 2011 liess K._ beantragen, es sei festzustellen, dass sich die Helsana rechtsverzögernd/rechtsverweigernd verhalte, und diese sei anzuweisen, über die Heilkosten- und Taggeldfrage umgehend zu entscheiden. A.c Mit Schreiben vom 16. November 2011 teilte die Helsana K._ mit, dass sie bei Dr. med. A._, Facharzt für Neurologie FMH, Dr. med. C._, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, sowie Dr. med. I._, Fachärztin für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie FMH, ein Gutachten einholen werde, und stellte ihr den Fragenkatalog zu. Nachdem die Versicherte geltend gemacht hatte, den vorgeschlagenen Gutachtern fehle die notwendige Unabhängigkeit, hielt die Helsana mit Zwischenverfügung vom 29. November 2011 an der Begutachtung durch die Dres. med. A._, C._ und I._ fest. B. K._ liess Beschwerde erheben und beantragen, die Zwischenverfügung der Helsana sei aufzuheben und Letztere anzuweisen, ein ordentliches Einigungsverfahren betreffend Anordnung der Begutachtung durchzuführen. Zudem sei die Helsana im Sinne einer vorsorglichen Massnahme zu verpflichten, die angeordnete Begutachtung bis zur rechtskräftigen Klärung der Angelegenheit auszusetzen. Es sei des Weiteren festzustellen, dass die vorgeschlagenen Gutachter die Unabhängigkeitskriterien gemäss Art. 6 EMRK nicht erfüllen, eventualiter sei ein allenfalls angesetztes Mahn- und Bedenkzeitverfahren bis zum rechtskräftigen Entscheid über das vorliegende Verfahren zu sistieren. Mit Entscheid vom 20. März 2012 vereinigte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich das Beschwerdeverfahren gegen die Zwischenverfügung mit dem Verfahren betreffend Rechtsverweigerung/Rechtsverzögerung, schrieb das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen im Sinne einer Aussetzung der interdisziplinären Begutachtung als gegenstandslos geworden ab, trat auf das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen im Sinne einer Sistierung eines allfälligen Mahn- und Bedenkzeitverfahrens nicht ein und wies die Beschwerden ab. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt K._ wiederum beantragen, es sei in Aufhebung des angefochtenen kantonalen Entscheids festzustellen, dass sich die Helsana rechtsverweigernd/rechtsverzögernd verhalten habe, und diese sei anzuweisen, über die Heilkosten- und Taggeldfrage seit dem Unfallereignis zu entscheiden. Zudem sei festzustellen, dass die vorgeschlagenen Gutachter Dres. med. A._, C._ und I._ die Unabhängigkeitskriterien gemäss Art. 6 EMRK nicht erfüllen, eventualiter sei im Sinne einer vorsorglichen Massnahme ein allenfalls angesetztes Mahn- und Bedenkzeitverfahren bis zum rechtskräftigen Entscheid über das vorliegende Verfahren zu sistieren. Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
Erwägungen: 1. Das kantonale Gericht hat das Verfahren betreffend Rechtsverweigerung/Rechtsverzögerung mit dem Verfahren betreffend Anordnung einer interdisziplinären Begutachtung vereinigt und die beiden Beschwerden abgewiesen. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten richtet sich gegen beide Abweisungen, weshalb der angefochtene Entscheid zunächst hinsichtlich der Frage der Rechtsverweigerung/Rechtsverzögerung, hernach hinsichtlich der erhobenen Rügen im Zusammenhang mit der Gutachtensanordnung zu überprüfen ist. 2. 2.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 2.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) - grundsätzlich nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). Im Streit, ob eine Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung vorliegt, kommt diese Ausnahmeregelung allerdings nicht zur Anwendung. Das Bundesgericht kann daher die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen im vorliegenden Fall nur im Rahmen von Art. 105 Abs. 1 und 2 (in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1) BGG überprüfen. 3. Nach Art. 56 Abs. 1 ATSG kann gegen Einspracheentscheide oder Verfügungen, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, Beschwerde erhoben werden. Beschwerde kann gemäss Art. 56 Abs. 2 ATSG auch erhoben werden, wenn der Versicherungsträger entgegen dem Begehren der betroffenen Person keine Verfügung oder keinen Einspracheentscheid erlässt. Diese Bestimmung betrifft Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerden. Gegenstand einer solchen Rechtsverweigerungs- oder Rechtsverzögerungsbeschwerde bilden - wie bereits vor Inkrafttreten des ATSG (RKUV 2000 Nr. KV 131 S. 243 E. 2d, K 25/00) - nicht die materiellen Rechte und Pflichten, insbesondere die Versicherungsleistungen, sondern einzig die Frage der Rechtsverweigerung oder -verzögerung (SVR 2005 IV Nr. 26 S. 101, I 328/03). Ein Vorgehen nach Art. 56 Abs. 2 ATSG setzt voraus, dass die versicherte Person zuvor - ausdrücklich oder zumindest sinngemäss - den Erlass einer anfechtbaren Verfügung verlangt hat (SVR 2009 UV Nr. 24 S. 87, 8C_453/2008). Eine Rechtsverzögerung kann ausnahmsweise auch durch eine positive Anordnung begangen werden, wobei rechtsprechungsgemäss vorausgesetzt wird, dass die fragliche Anordnung rechtsmissbräuchlich getroffen wurde und sich ein Eingreifen des Gerichts hinsichtlich angeordneter Abklärungsmassnahmen nur rechtfertigt, wenn die Behörde ihr Ermessen offensichtlich überschritten hat (zum Ganzen: Urteil 9C_24/2010 vom 31. März 2010 E. 2 mit Hinweisen). 4. Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 11. August und 2. September 2011 den Erlass einer anfechtbaren Verfügung über ihren Leistungsanspruch verlangt, nachdem sie zuvor mehrfach das Erbringen von Leistungen gemahnt hatte. Es ist daher zu prüfen, ob die Helsana eine Rechtsverweigerung oder -verzögerung begangen hat, indem sie (noch) keine Verfügung über den Leistungsanspruch bzw. eine Zwischenverfügung über die Anordnung einer interdisziplinären Begutachtung erlassen hat. Hingegen bilden die materiellen Rechte und Pflichten der Beschwerdeführerin, namentlich der Anspruch auf Taggeld sowie Übernahme von Heilbehandlungskosten und im Zusammenhang mit dessen Abklärung stehende Vorkehren, nur insoweit Gegenstand des Verfahrens, als zu prüfen ist, ob die fragliche Anordnung einer interdisziplinären Begutachtung ermessensüberschreitend getroffen wurde. 5. 5.1 Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen dargelegt, unter denen eine Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung einer Verwaltungsbehörde praxisgemäss bejaht wird (Art. 29 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 56 Abs. 2 ATSG; SVR 2007 IV Nr. 2 S. 6, I 760/05 und 2003 IV Nr. 14 S. 41, I 57/02, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 5.2 Wie das kantonale Gericht dargelegt hat, erfolgte die Meldung des am 17. Dezember 2010 erfolgten Unfalles an die Helsana (erst) am 17. Februar 2011. Nach Eingang der Unfallmeldung traf der Unfallversicherer diverse Abklärungen zum Unfallhergang, holte bei den behandelnden Ärzten medizinische Berichte ein und liess die Versicherte psychiatrisch begutachten. Die Vorinstanz hat aufgezeigt, dass den medizinischen Akten neben somatischen Beschwerden vorwiegend eine psychische Beeinträchtigung zu entnehmen war, welche von den beteiligten Ärzten unterschiedlich beurteilt wurde, und dass auf Grund der medizinischen Aktenlage ernsthafte Zweifel an der Unfallkausalität des Beschwerdebildes und der dadurch verursachten Arbeitsunfähigkeit nicht auszuschliessen waren. Der zeitliche Rahmen der im Anschluss an die Unfallmeldung innerhalb weniger Monate getroffenen Sachverhaltsabklärungen ist mit der Vorinstanz als vertretbar zu qualifizieren. Wenn die Helsana im November 2011 eine interdisziplinäre Begutachtung in die Wege leitete, kann dies mangels schlüssiger Aktenlage - wie das kantonale Gericht überzeugend dargelegt hat - nicht als ein das Verfahren unnötig verlängerndes Verhalten gewertet werden. Daran vermögen die Ausführungen der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Die Helsana hat die echtzeitlichen Arztberichte eingeholt und berücksichtigt. Da sich daraus indessen kein schlüssiges Bild ergibt und gar gerechtfertigte Zweifel an der Unfallkausalität bestehen, lässt sich aus der Vornahme weiterer Abklärungen im gegebenen zeitlichen Rahmen mit der Vorinstanz kein rechtsverweigerndes oder rechtsverzögerndes Verhalten ableiten. Zusammenfassend ist die Beschwerde, soweit sie ein rechtsverweigerndes/rechtsverzögerndes Verhalten der Beschwerdegegnerin rügt, abzuweisen. 6. Was die Rügen im Zusammenhang mit der Anordnung der interdisziplinären Begutachtung durch die Dres. med. A._, C._ und I._ anbelangt, welche durch die Zwischenverfügung der Helsana vom 29. November 2011 erfolgt ist, stellt sich zunächst die Eintretensfrage, prüft doch das Bundesgericht von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 1 E. 1.1 S. 3 mit Hinweisen). 6.1 Mit BGE 137 V 210 hat das Bundesgericht im Zusammenhang mit der Einholung von Administrativ- und Gerichtsgutachten bei Medizinischen Abklärungsstellen (MEDAS) die bisherige Rechtsprechung, wonach der Anordnung einer Begutachtung durch den Sozialversicherer kein Verfügungscharakter zukommt (BGE 132 V 93), geändert und festgehalten, dass die (bei fehlendem Konsens zu treffende) Anordnung einer Expertise in die Form einer Zwischenverfügung zu kleiden ist, welche dem Verfügungsbegriff gemäss Art. 5 VwVG entspricht und die beim kantonalen Versicherungsgericht (bzw. Bundesverwaltungsgericht) anfechtbar ist (BGE 137 V 210 E. 3.4.2.6 und 3.4.2.7 S. 256 f.). Es stellt sich vorliegend zunächst die Frage, ob diese anlässlich der Überprüfung einer MEDAS-Begutachtung im Rahmen der Invalidenversicherung vorgenommene Rechtsprechungsänderung auch in der Unfallversicherung gilt. Andernfalls wäre auf die Beschwerde von vornherein nicht einzutreten. Die Frage ist auch insofern klärungsbedürftig, als die Praxis dazu uneinheitlich ist. Während einige Unfallversicherer seit Erlass von BGE 137 V 210 eine Begutachtung mittels Zwischenverfügung anordnen und der versicherten Person die Gutachterfragen vorgängig zustellen, vertreten andere Unfallversicherer, insbesondere die SUVA, den Standpunkt, das im Bereich der Invalidenversicherung ergangene Grundsatzurteil könne im Bereich der Unfallversicherung nicht zur Anwendung kommen (vgl. MARKUS HÜSLER, Gilt das Urteil auch für die Unfallversicherung ?, HAVE 2012 S. 205 ff.). 6.1.1 Anlass von BGE 137 V 210 war die nähere Prüfung der Sach- und Rechtslage im Umfeld der MEDAS im Lichte der auf das von Prof. Dr. iur. Jörg Paul Müller und Dr. iur. Johannes Reich verfasste "Rechtsgutachten zur Vereinbarkeit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur medizinischen Begutachtung durch Medizinische Abklärungsstellen betreffend Ansprüche auf Leistungen der Invalidenversicherung mit Art. 6 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten" vom 11. Februar 2010 abgestützten Rügen. Der in diesem Urteil vollzogenen Rechtsprechungsänderung lagen im Wesentlichen die Sorge um das Fairnessgebot im Allgemeinen und die prozessuale Chancengleichheit (Waffengleichheit) im Besonderen zu Grunde. Das Bundesgericht hielt - nicht IV-spezifisch, sondern generell - fest, im Verfahren um Sozialversicherungsleistungen bestehe ein relativ hohes Mass an Ungleichheit der Beteiligten (zu Gunsten der Verwaltung), indem der versicherten Person mit oftmals nur geringen finanziellen Mitteln eine spezialisierte Fachverwaltung mit erheblichen Ressourcen, besonders ausgebildeten Sachbearbeitern und juristischen und medizinischen Fachpersonen gegenüberstehe (E. 2.1.2.2 S. 229 f.). Beim Feststellen struktureller Nachteile, von welchen Leistungsansprecher der Sozialversicherung typischerweise betroffen seien - so das Bundesgericht weiter - bedürfe es gegebenenfalls struktureller Korrektive (E. 2.1.2.3 S. 230). Wohl sind einige der in BGE 137 V 210 E. 2.4 S. 237 ff. erwähnten potentiellen Risiken für sachfremde Einflüsse auf die gutachterliche Unabhängigkeit und auf die Gutachtenergebnisse - wie im erwähnten Beitrag von MARKUS HÜSLER zu Recht erwähnt wird (vgl. MARKUS HÜSLER, a.a.O., S. 207) - durch das in der Invalidenversicherung herrschende System bedingt, so namentlich durch die freie Wahl der Gutachterstelle bei der Auftragsvergabe und durch die für alle MEDAS sowie polydisziplinären Gutachten vereinbarten identischen Auftragspauschalen. Die in BGE 137 V 210 vorgesehenen Korrektive der Vergabe von MEDAS-Begutachtungsaufträgen nach dem Zufallsprinzip sowie einer Mindestdifferenzierung des Gutachtenstarifs beziehen sich daher auf das Verfahren in der Invalidenversicherung. Ob und inwieweit diese Korrektive auf das in der Unfallversicherung herrschende System überhaupt anwendbar sind, braucht an dieser Stelle nicht geprüft zu werden. Was hingegen das Fairnessgebot und die prozessuale Chancengleichheit anbelangt, gelten die erwähnten Feststellungen des Bundesgerichts bezüglich eines relativ hohen Masses an Ungleichheit der Beteiligten - entgegen der Auffassung der SUVA (vgl. MARKUS HÜSLER, a.a.O., S. 207) - ebenfalls im System der Unfallversicherung, was eine latente Gefährdung der Verfahrensfairness auch in der Unfallversicherung zur Folge hat. Die diesbezüglichen Korrektive zur Stärkung der Partizipationsrechte müssen daher - sofern nicht IV-spezifisch - auch im Verfahren der Unfallversicherung gelten. 6.1.2 Sowohl im Abklärungsverfahren der Invalidenversicherung wie auch in demjenigen der Unfallversicherung gelten grundsätzlich die selben Verfahrensbestimmungen, namentlich die hier einschlägigen Art. 43-49 ATSG. Es kann daher nicht angehen, dass in den beiden Sozialversicherungszweigen Invalidenversicherung und Unfallversicherung daraus abgeleitet unterschiedliche Verfahrens-, Gehörs- und Partizipationsrechte gelten. 6.1.3 Die den beiden sozialrechtlichen Abteilungen im Verfahren nach Art. 23 Abs. 1 BGG unterbreiteten Fragen (siehe BGE 137 V 210 Sachverhalt C. f. S. 217 f.) sind denn auch "neutral" formuliert und lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Rechtsprechungsänderung jedenfalls auch für die Unfallversicherung gelten soll. Dies rechtfertigt sich entgegen der Auffassung der SUVA (MARKUS HÜSLER, a.a.O., S. 206 f.) einerseits wegen der oben erwähnten latenten Gefährdung der Verfahrensfairness auch in der Unfallversicherung, andererseits wegen der in beiden Bereichen anwendbaren Bestimmungen: Art. 43-49 ATSG. 6.1.4 Zusammenfassend ist somit als Zwischenergebnis festzuhalten, dass auch im Bereich der Unfallversicherung eine Begutachtung bei Uneinigkeit durch eine beim kantonalen Versicherungsgericht (bzw. Bundesverwaltungsgericht) anfechtbare Zwischenverfügung anzuordnen ist und dass der versicherten Person vorgängige Mitwirkungsrechte in dem Sinne zustehen, dass sie sich zu den Gutachterfragen äussern kann. Die dabei zu beachtenden Modalitäten richten sich sinngemäss nach BGE 137 V 210 E. 3.4.2.9 S. 258. 6.2 Bezüglich Eintreten stellt sich als Nächstes die Frage, ob kantonale Entscheide bzw. solche des Bundesverwaltungsgerichts über Beschwerden gegen (Zwischen)Verfügungen der Unfallversicherer betreffend Gutachtensanordnung mit Beschwerde an das Bundesgericht weiterziehbar sind. 6.2.1 Im jüngst ergangenen BGE 138 V 271 hat das Bundesgericht entschieden, dass kantonale Entscheide über Beschwerden gegen Verfügungen der IV-Stellen betreffend die Einholung von medizinischen Gutachten nicht ans Bundesgericht weiterziehbar sind, sofern nicht formelle Ausstandsgründe beurteilt worden sind, und dass die formelle Ablehnung eines Sachverständigen regelmässig nicht allein mit strukturellen Umständen begründet werden kann, wie sie in BGE 137 V 210 behandelt worden sind. 6.2.2 Auch diesbezüglich gibt es keinen Grund, für das Verfahren im Bereich der Unfallversicherung etwas Abweichendes vorzusehen. 6.3 Da die Ablehnung der Sachverständigen vorliegend mit strukturellen Umständen gemäss BGE 137 V 210 begründet wurde und im angefochtenen Entscheid nicht formelle Ausstandsgründe beurteilt worden sind, kann nach dem Gesagten auf die Beschwerde gegen die mit Zwischenverfügung vom 29. November 2011 angeordnete Begutachtung nicht eingetreten werden. 7. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. Luzern, 13. August 2012 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Ursprung Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch
4bb3e299-1881-4e7b-a386-59d709f1855b
de
2,013
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A.a. A.X._ (geboren 1983), kosovarischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 1993 mit seiner Mutter im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein und erhielt in der Folge die Niederlassungsbewilligung. Mit Urteil des Strafgerichts des Kantons Zug vom 14. September 2006 wurde A.X._ zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt. Das Amt für Migration des Kantons Luzern verfügte am 27. Mai 2007 deshalb die Ausweisung. Diese wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 22. Januar 2008 aufgehoben. A.b. Am 8. August 2008 heiratete A.X._ in seiner Heimat die kosovarische Staatsangehörige B.X._ (geboren 1989), welche deshalb am 8. April 2009 in der Schweiz die Aufenthaltsbewilligung erhielt. Am 8. Januar 2010 kam der Sohn C.X._ zur Welt, am 17. August 2012 der Sohn D.X._. A.c. Im Nachgang an das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Januar 2008 wurde A.X._ wie folgt strafrechtlich verurteilt: - am 13. März 2008 wegen Tätlichkeit zu einer Busse von Fr. 250.--; - am 7. April 2010 wegen Hehlerei zu einer Geldstrafe von acht Tagessätzen à Fr. 100.--; - am 10. Oktober 2010 wegen Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (141 km/h ausserorts) zu 280 Stunden gemeinnütziger Arbeit; - am 19. Dezember 2011 wegen versuchten Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe von 82 Tagessätzen à Fr. 80.--. A.d. Mit Verfügung vom 6. September 2011 widerrief das Amt für Migration des Kantons Luzern die Niederlassungsbewilligung von A.X._ und lehnte es ab, die Aufenthaltsbewilligung von B.X._ zu verlängern. Zudem verfügte es die Wegweisung der ganzen Familie. B. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern hiess mit Entscheid vom 5. September 2012 die dagegen erhobene Beschwerde teilweise gut und hob die Verfügung des Amtes für Migration insoweit ab, als sie die Wegweisung von C.X._ betraf. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab und setzte A.X._ und B.X._ Frist zum Verlassen der Schweiz bis zum 31. Oktober 2012. C. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies mit Urteil vom 30. April 2013 die dagegen erhobene Beschwerde ab und setzte A.X._ und B.X._ eine neue Frist zum Verlassen der Schweiz bis Ende Juni 2013. D. Mit gemeinsamer Eingabe vom 10. Juni 2013 erheben A.X._ und B.X._ beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, vom Widerruf der Niederlassungsbewilligung von A.X._ abzusehen und die Aufenthaltsbewilligung von B.X._ zu verlängern. Eventuell sei von der Wegweisung von B.X._ abzusehen und ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlängern, subeventuell die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (nunmehr Kantonsgericht, 4. Abteilung) und das Bundesamt für Migration beantragen Abweisung der Beschwerde. Mit Verfügung des Präsidenten der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 20. Juni 2013 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers 1 ist zulässig, da auf den Fortbestand dieser Bewilligung ein Rechtsanspruch besteht (Art 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario). Solange der Beschwerdeführer 1 im Besitz einer Niederlassungsbewilligung ist, hat auch die Beschwerdeführerin 2 einen Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung (Art. 43 AuG); sie beruft sich zudem in vertretbarer Weise auf einen Bewilligungsanspruch nach Art. 50 AuG (vgl. BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179). Auch in Bezug auf die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin 2 ist daher die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig. Widerruf Niederlassungsbewilligung Beschwerdeführer 1 2. 2.1. Die Niederlassungsbewilligung kann u.a. widerrufen werden, wenn ihr Inhaber zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder gegen ihn eine strafrechtliche Massnahme im Sinne von Art. 64 oder Art. 61 StGB angeordnet wurde. Ebenso kann die Bewilligung widerrufen werden, wenn die ausländische Person in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet (Art. 63 Abs. 1 lit. a [i.V.m. Art. 62 lit. b] und lit. b AuG). Als längerfristige Freiheitsstrafe gilt eine solche von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 379 ff.). Die Vorinstanz hat diese Voraussetzung gestützt auf die Verurteilung des Beschwerdeführers vom 14. September 2006 bejaht, was die Beschwerdeführer mit Recht nicht in Frage stellen. Sie machen jedoch eine Verletzung von Art. 8 EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben) geltend. 2.2. Art. 8 EMRK verschafft praxisgemäss keinen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat oder auf Wahl des für das Familienleben am geeignetsten erscheinenden Orts (BGE 138 I 246 E. 3.2.1 S. 250; 126 II 377 E. 2b/cc S. 383). Es kann jedoch das Recht auf Familienleben verletzen, wenn einem Ausländer, dessen Familienangehörige in der Schweiz weilen, die Anwesenheit in der Schweiz untersagt wird; vorausgesetzt wird nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung, dass der hier weilende Familienangehörige selber ein gefestigtes Anwesenheitsrecht hat (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285; 126 II 377 E. 2b/aa S. 382 ). Unabhängig vom Vorliegen einer familiären Beziehungen kann eine ausländerrechtliche Fernhaltemassnahme Art. 8 EMRK (Recht auf Privatleben) verletzen, namentlich bei Ausländern der zweiten Generation (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.2.2 S. 20), im Übrigen aber nur unter besonderen Umständen: Eine lange Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration genügen hierzu nicht; erforderlich sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286; 126 II 377 E. 2c S. 384 ff.; 120 Ib 16 E. 3b S. 22; vgl. auch BGE 138 I 246 E. 3.2.1 S. 250 f.). 2.3. Vorliegend hat die Beschwerdeführerin 2 gestützt auf Art. 43 AuG eine vom Beschwerdeführer 1 abgeleitete Aufenthaltsbewilligung erhalten. Entfällt die Niederlassungsbewilligung des Ehegatten, so entfällt auch ihr Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung. Sie ist wie ihr Ehemann kosovarische Staatsangehörige, ist erst im Januar 2009 zwecks Zusammenleben mit ihrem Ehemann in die Schweiz gereist und hat vorher - mithin bis etwa zu ihrem zwanzigsten Lebensjahr - im Kosovo gelebt. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es für sie unzumutbar sein soll, zusammen mit ihrem Ehemann wieder in der gemeinsamen Heimat zu leben, in der sie bis vor wenigen Jahren immer gelebt hat. In der Beschwerde wird dazu bloss geltend gemacht, sie habe in der Schweiz eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen und diese eingehalten; das allein ist aber kein Grund, weshalb die Beschwerdeführerin nicht auch wieder im Kosovo leben könnte. Ebenso ist den Kindern die Ausreise zumutbar, da sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. BGE 135 I 153 E. 2.1 S. 154 f., 122 II 289 E. 3c S. 298, Urteil 2C_656/2011 vom 8. Mai 2012 E. 3.2). Wird die Familie bei einer zumutbaren gemeinsamen Ausreise in das Heimatland nicht getrennt, so ist der Anspruch auf Achtung des Familienlebens nicht berührt (BGE 135 I 143 E. 2.2 S. 147; 126 II 377 E. 2b/cc S. 383; Urteil 2C_426/2010 vom 16. Dezember 2010 E. 4.2). Daran ändert auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf die Kinderrechtekonvention (SR 0.107) nichts: Diese gibt keinen Anspruch darauf, in einem bestimmten Staat zu leben, auch dann nicht, wenn dort die wirtschaftlichen Lebensumstände günstiger sein mögen als im Heimatstaat. 2.4. Die Beschwerdeführer berufen sich denn auch nicht primär auf das Familien-, sondern auf das Privatleben. Die Vorinstanz hat ein darauf gestütztes Aufenthaltsrecht verneint, weil es an einer über die normale Integration hinausgehenden vertieften Beziehung fehle. 2.5. Die Frage, ob der Widerruf der Bewilligung einen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers 1 darstellt, kann offen bleiben, wenn sich erweist, dass der Eingriff gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK gerechtfertigt ist. Die Vorinstanz hat dies im Rahmen einer gemeinsamen Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 96 AuG und Art. 8 EMRK geprüft und bejaht. 2.5.1. Im ersten Urteil vom 22. Januar 2008 hatte das Verwaltungsgericht erwogen, der Beschwerdeführer habe im Zeitraum von April 2005 bis Januar 2006 gegen dreissig Einbruchdiebstähle mit einer Deliktssumme von über Fr. 90'000.-- verübt. Das Verschulden sei als schwer gewertet worden, weil er einzig aus eigennützigen finanziellen Motiven gehandelt habe. Strafmildernd sei die glaubhafte Reue und Einsicht gewertet worden. Es sei von einem nicht unerheblichen öffentlichen Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers auszugehen. Allerdings sei dieser mit 9 1/2 Jahren in die Schweiz gekommen und lebe seither hier. Er sei seit mehr als fünf Jahren nicht mehr im Kosovo gewesen; seine Gefühle zum Heimatland dürften damit in den Hintergrund gerückt sein und es könne nicht davon ausgegangen werden, dass er mit den dortigen Verhältnissen noch vertraut sei. Er sei beruflich in der Schweiz integriert und habe gute Beziehungen zu seiner Familie; weitere besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende Beziehungen seien nicht erstellt. Er habe keine besonderen finanziellen Probleme. Bei einer Ausweisung dürfte er es schwer haben, sich in einer ihm fremd gewordenen Umgebung zurecht zu finden. Seine Interessen an einem Verbleib in der Schweiz seien deshalb als sehr gross zu bezeichnen und überwögen insgesamt das Fernhalteinteresse, weshalb die Ausweisung unverhältnismässig sei. Weiter führte das Gericht im Urteil vom 22. Januar 2008 aus: "Diese Entscheidung erfolgt im Sinne einer dem Beschwerdeführer gewährten letzten Chance. Er wird mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass sich bei einem neuerlichen Vorfall eine andere Beurteilung aufdrängen müsste." 2.5.2. Im hier angefochtenen Urteil erwog das Verwaltungsgericht, es seien nicht bloss die seit jenem Urteil ergangenen Strafverfügungen zu berücksichtigen, sondern eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Trotz der im ersten Urteil erfolgten Ermahnung habe der Beschwerdeführer 1 seither vier weitere Verfehlungen begangen, wobei die ausgesprochenen Strafen umgerechnet einer Freiheitsstrafe von insgesamt mehr als fünf Monaten entsprächen. Die Verurteilungen wegen Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sowie diejenige wegen des versuchten Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs wögen schwer. Das Fernhalteinteresse habe sich gegenüber dem ersten Urteil erhöht. Beruflich sei er durchschnittlich integriert. Nach wie vor dürfte er es bei einer Ausweisung schwer haben, sich in einer ihm fremd gewordenen Umgebung zurecht zu finden. Das gelte auch trotz der inzwischen erfolgten Heirat mit einer Kosovarin. Die Familie hätte in ihrem Herkunftsland eine höchst unsichere Zukunft vor sich, mit negativen Folgen in vielerlei Hinsicht. Zwar könnte die Familie mutmasslich auf Unterstützung der Herkunftsfamilie der Ehefrau zählen, doch würde ein Leben im Kosovo die Ehefrau und die Kinder hart treffen. Doch sei mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer 1 erheblich delinquiert habe, als seine Ehefrau bereits schwanger bzw. der Sohn C.X._ bereits auf der Welt gewesen sei. Ganz offensichtlich habe ihn nebst den Ermahnungen auch bevorstehendes Familienleben nicht davon abhalten können, sich in strafrechtlicher Hinsicht auffällig zu verhalten. Weitere Verfehlungen seien nicht auszuschliessen. Das öffentliche Fernhalteinteresse sei daher höher zu gewichten als das Interesse der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib in der Schweiz. 2.5.3. Diese Interessenabwägung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Im ersten Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Januar 2008 wurde der Beschwerdeführer 1 nachdrücklich ermahnt, es werde ihm eine letzte Chance gewährt. Trotzdem hat er seither wiederholt delinquiert, wobei insbesondere die Geschwindigkeitsübertretung und die Verurteilung vom 19. Dezember 2011 schwer wiegen: Die sehr massive Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit (um rund 60 km/h) stellt eine beträchtliche Gefährdung für andere dar und offenbart ein erhebliches Mass an Rücksichtslosigkeit (vgl. heute Art. 90 Abs. 3 und 4 SVG in der Fassung vom 15. Juni 2012). Gemäss Urteil vom 19. Dezember 2011 hat sich der Beschwerdeführer zudem an einem Einbruchdiebstahl in einer ersten Phase beteiligt, weshalb er als Mittäter an den Delikten Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung und Versuch des Diebstahls verurteilt wurde. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass Einbruchdelikte zu den Anlasstaten gehören, welche gemäss Art. 121 Abs. 3 lit. a BV zum Verlust aller Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der Schweiz führen. Diese Bestimmung ist zwar gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht unmittelbar anwendbar (BGE 139 I 16 E. 4.3), doch ist den darin enthaltenen verfassungsrechtlichen Wertungen bei der Auslegung des Gesetzes insoweit Rechnung zu tragen, als dies zu keinem Widerspruch zu übergeordnetem Recht führt (BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34). Der Beschwerdeführer hat mit diesen Delikten den Tatbeweis erbracht, dass er sich durch die deutliche Ermahnung im vorangegangenen Urteil nicht beeindrucken liess und die ihm gebotene letzte Chance nicht ergriffen hat. Die Reue und die Einsicht, die im ersten Urteil des Verwaltungsgerichts zu seinen Gunsten gewichtet wurden, sind nicht mehr glaubhaft. Das Fernhalteinteresse ist damit erheblich angestiegen. 2.5.4. Bei den entgegenstehenden privaten Interessen fällt ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer 1 seit langer Zeit in der Schweiz lebt und hier sozialisiert wurde. Indessen schliesst auch eine langjährige Anwesenheit in der Schweiz den Widerruf der Bewilligung nicht aus (Art. 63 Abs. 2 AuG), namentlich bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit (BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 26, mit weiteren Hinweisen). Im hier zu beurteilenden Fall hat der Beschwerdeführer 1 trotz Ermahnung wiederholt delinquiert, und zwar hat er zum Teil die gleichen Delikte begangen wie diejenigen, für die er 2006 bereits verurteilt wurde (Einbruchdiebstahl), was auf eine erhebliche Einsichtslosigkeit schliessen lässt. Sodann deutet der Umstand, dass der Beschwerdeführer 1 im Kosovo eine kosovarische Frau geheiratet hat, darauf hin, dass er doch noch wesentliche Beziehungen zu seinem Herkunftsland hat. Nach den Feststellungen der Vorinstanz lebt dort auch die Familie seiner Ehefrau. Die familiären Bezüge zur Heimat sind somit seit dem ersten Urteil des Verwaltungsgerichts stärker geworden. Soweit die Vorinstanz auf die schlechteren Verhältnisse im Kosovo in Bezug auf Arbeit und Bildungschancen hingewiesen hat, ist zu bemerken, dass dies generelle Umstände sind, welche die ganze im Kosovo lebende Bevölkerung betreffen und für eine auf die spezifischen Umstände des Einzelfalls zugeschnittene Verhältnismässigkeitsprüfung kein besonderes Gewicht haben können (Urteil 2C_113/2011 vom 16. Juni 2011 E. 2.5; vgl. auch in Bezug auf Art. 50 Abs. 2 AuG Urteile 2C_1000/2012 vom 21. Februar 2013 E. 5.2.1; 2C_635/2009 vom 26. März 2010 E. 5.3.2). 2.5.5. Die Beschwerdeführer berufen sich hauptsächlich auf das Urteil des EGMR Udeh gegen Schweiz vom 16. April 2013 [Nr. 12020/09]. Sie können aber auch daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dieser Entscheid ist kein Grundsatzentscheid. Er erscheint vielmehr als spezifischer Anwendungsfall der bisherigen Praxis des EGMR (vgl. insb. die Urteile Boultif gegen Schweiz vom 2. August 2001 [Nr. 54273/00] und Emre gegen Schweiz (Nr. 2) vom 11. Oktober 2011 [Nr. 5056/10]), die von der Vorinstanz korrekt angewendet worden ist (Urteil 2C_139/2013 vom 11. Juni 2013 E. 7.5; vgl. auch Urteil 2C_365/2013 vom 30. August 2013 E. 2.4, zur Publikation vorgesehen, sowie Urteil 2C_705/2013 vom 11. November 2013 E. 3.4.3). Zudem unterscheidet sich der vorliegende Fall in einem zentralen Punkt vom Fall Udeh: Dort war für den EGMR ausschlaggebend, dass der nigerianische Beschwerdeführer Kinder mit schweizerischer Staatsangehörigkeit hatte, denen die Ausreise nach Nigeria unzumutbar war, so dass die Entfernung des Beschwerdeführers zur Trennung der Familie geführt hätte (zit. Urteil Udeh, § 52-54). Das ist hier nicht der Fall (vorne E. 2.3). 2.6. Insgesamt erweist sich damit der Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers 1 als rechtmässig. Aufenthaltsbewilligung Beschwerdeführerin 2 3. 3.1. Die Beschwerdeführerin 2 macht einen Anspruch nach Art. 50 AuG geltend. Art. 50 AuG (Marginale: "Auflösung der Familiengemeinschaft") in der hier noch massgebenden ursprünglichen Fassung hat folgenden Wortlaut: "1 Nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft besteht der Anspruch des Ehegatten und der Kinder auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach den Artikeln 42 und 43 weiter, wenn: a. die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht; oder: b. wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. 2 Wichtige persönliche Gründe nach Absatz 1 Buchstabe b können namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin oder der Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde und die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint. (...)." 3.2. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich von Sinn und Zweck sowie der dem Text zugrunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (BGE 139 V 66 E. 2.2; 138 V 86 E. 5.1 S. 94 mit Hinweisen). 3.3. Der Wortlaut von Art. 50 AuG ist klar: Er setzt voraus, dass die Familiengemeinschaft aufgelöst worden ist. Dasselbe ergibt sich aus dem Marginale "Auflösung der Familiengemeinschaft". Im vorliegenden Fall sind die Beschwerdeführer weder geschieden noch gerichtlich getrennt und sie machen selber nicht geltend, ihre Familiengemeinschaft aufgelöst zu haben. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kann sich die Beschwerdeführerin 2 deshalb nicht auf diese Bestimmung berufen. Es bleibt zu prüfen, ob sich eine Auslegung gegen den Wortlaut rechtfertigt. 3.4. Systematisch steht Art. 50 AuG im Zusammenhang mit Art. 42 und 43 AuG (BGE 136 II 113 E. 3.3.2 S. 118 f.). Diese beiden Bestimmungen statuieren eine abgeleitete Anwesenheitsberechtigung, die das Ziel verfolgt, das familiäre Zusammenleben in der Schweiz zu ermöglichen (Martina Caroni, Kommentar AuG, Rz. 1 Vorb. zu Art. 42-52). Ist dieser Zweck nicht mehr erreichbar, so fällt der abgeleitete Anwesenheitsanspruch grundsätzlich dahin (vgl. Urteil 2C_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 2.2). Das kann eintreten, wenn die Ehe- oder Familiengemeinschaft aufgelöst wird, aber auch dann, wenn der originär Aufenthaltsberechtigte aus der Schweiz ausreist. Mit ihm zusammen reist grundsätzlich auch der abgeleitet Anwesenheitsberechtigte aus (vgl. 2C_847/2009 vom 21. Juli 2010 E. 3.3) bzw. verliert dieser jedenfalls den abgeleiteten Rechtsanspruch auf Verlängerung seiner Bewilligung. 3.5. Art. 50 AuG statuiert eine Ausnahme von diesen Grundsätzen: Der darin geregelte Anspruch schliesst an den abgeleiteten Anwesenheitsanspruch nach Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 43 Abs. 1 AuG an (vorne E. 3.4), besteht aber unter den genannten Voraussetzungen verselbständigt weiter. Der Entwurf des Bundesrates zum AuG hatte vorgesehen, dass nach Auflösung der Familiengemeinschaft der Anspruch der Ehegatten und Kinder auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach den Artikeln 41-43 (des Entwurfs) weiter besteht, wenn wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 49 des Entwurfs). In der Botschaft wurde dazu ausgeführt, es sei vorgesehen, dass das Aufenthaltsrecht "auch nach Auflösung der Ehe oder der gemeinsamen Wohnung weiter besteht"; die vorgeschlagene Lösung entspreche dem vom Nationalrat gutgeheissenen Vorschlag zur parlamentarischen Initiative 96.461 "Rechte für Migrantinnen". Ein weiterer Aufenthalt in der Schweiz könne sich etwa dann als erforderlich erweisen, wenn der in der Schweiz lebende Ehepartner verstorben sei oder wenn aufgrund der gescheiterten Ehe die familiäre und soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark erschwert werde. Dies gelte auch, wenn gemeinsame Kinder vorhanden seien, zu denen eine enge Beziehung bestehe und die in der Schweiz gut integriert seien. Zu berücksichtigen seien jedoch stets auch die Umstände, die zur Auflösung der Gemeinschaft geführt hätten (BBl 2002 3754). Im Nationalrat als Erstrat (Amtl. Bull. 2004 N 1060 ff.) wurde auf Antrag der Kommissionsmehrheit die Gesetz gewordene Fassung angenommen. Die Kommission wollte damit eine ausgewogene Lösung realisieren, die einerseits Missbräuche mit Scheinehen vermeidet und andererseits verhindern soll, dass Ehegatten den ausländerrechtlichen Status ihrer Partner (innen) missbrauchen, um ihnen gegenüber Gewalt auszuüben (Kommissionssprecher Beck). Dem Antrag der Kommissionsmehrheit standen einschränkendere und weiter gehende Anträge gegenüber. Einig waren sich aber alle, dass es um Ansprüche nach Auflösung der Ehe geht (schriftliche Begründung Antrag Wasserfallen; Voten Christen, Pfister, Kommissionssprecher Beck) bzw. um ein Aufenthaltsrecht für Geschiedene und Getrennte (Votum Thanei). Der Gesetzgeber hatte namentlich gewaltbetroffene Migrantinnen im Blickfeld, die sich von ihrem Partner trennen: Es gelte zu vermeiden, dass solche Frauen wieder allein in ihr Heimatland zurückkehren müssten, evtl. in eine Familie, die sie zwangsverheiratet hat oder die sie wegen der Trennung bzw. Scheidung verstösst (Voten Vermot-Mangold, Menétrey-Savary). Der Ständerat schloss sich der nationalrätlichen Fassung kommentarlos an (Amtl. Bull. 2005 S 310 f.). Nach der gesetzgeberischen Zielsetzung geht es also in Art. 50 AuG darum, die Ehegatten nach Auflösung der Ehe zu schützen: Sie sollen sich nicht vor das Dilemma gestellt sehen, entweder in einer unzumutbaren ehelichen Gemeinschaft zu verbleiben oder allein in ein gesellschaftliches Umfeld zurückzukehren, wo sie wegen ihrer Trennung oder Scheidung möglicherweise geächtet werden (vgl. BGE 138 II 229 E. 3.1 S. 231 f.). Auch nach Rechtsprechung und Lehre visiert Art. 50 AuG den Fall des (definitiven) Scheiterns der ehelichen Gemeinschaft an (BGE 138 II 229 E. 2 S. 231; Cesla Amarelle, in Amarelle/Christen/ Nguyen, Migrations et regroupement familiale, 2012, S. 64; Martina Caroni, Kommentar AuG, Rz. 8 und 10 zu Art. 50; Zünd/Arquint Hill, in: Ausländerrecht, S. 344 Rz. 8.52). 3.6. Die Situation der Beschwerdeführerin 2 entspricht nicht derjenigen, welche dem Gesetzgeber vor Augen stand. Sie sieht sich nicht vor das Dilemma gestellt, in einer unzumutbaren Ehesituation zu verbleiben oder allein in ihre Heimat zurückzukehren. Sie kann zusammen mit ihrem Ehemann, zu dem sie in die Schweiz gezogen ist und von dessen Aufenthaltsrecht sie ihr eigenes abgeleitet hat, in die gemeinsame Heimat zurückkehren und dort das Familienleben wie bisher weiterführen. Es ist im Lichte der gesetzgeberischen Zielsetzung von Art. 50 AuG gerechtfertigt, diese Situation anders zu behandeln als diejenige, die nach Auflösung der Familiengemeinschaft eintritt. 3.7. Es sind somit keine triftigen Gründe ersichtlich, um vom klaren Wortlaut des Gesetzes abzuweichen. Da die Ehegemeinschaft nicht aufgelöst ist, kann sich die Beschwerdeführerin 2 nicht auf Art. 50 AuG berufen. Auch eine bloss missbräuchliche Berufung auf eine angebliche (in Wirklichkeit aber nicht erfolgte) Auflösung der Familiengemeinschaft würde keinen solchen Anspruch begründen (Art. 51 Abs. 2 lit. a AuG). 4. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens unter solidarischer Haftung (Art. 65 sowie Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Amt für Migration, dem Justiz- und Sicherheitsdepartement und dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung (vormals Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung) sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 30. Dezember 2013 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein
4be76655-06e0-4025-bb99-a990697ed401
de
2,014
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Der Verein A._ mit Sitz in St. Gallen (nachfolgend: Verein) bezweckt statutengemäss die Betreuung benachteiligter Mitmenschen und die Gewährung von Hilfe verschiedenster Art an bedürftige Personen im Raum St. Gallen. Er unterhält mehrere Institutionen, so eine Brockenstube, Wohnheime für Kinder, Betagte und Pflegebedürftige, erwachsene Randständige und Behinderte, ferner Werkheime, zudem je eine Sonderschule für Kinder und Jugendliche mit geistiger oder körperlicher Behinderung, denen der Besuch der Regelschule aufgrund ihrer Invalidität unmöglich oder unzumutbar ist. Im Sinne der Schulgesetzgebung des Kantons St. Gallen handelt es sich dabei um "private Sonderschulen". B. Die beiden - beziehungsweise damals noch drei - vom Verein unterhaltenen Sonderschulen haben sich mit drei vereinsfremden Institutionen zu einem Bestellerverbund zusammengeschlossen, dessen Ziel im Betrieb eines gemeinsamen Schulbusdienstes liegt. Hierzu haben sie am 8. November 2006 mit der B._ Taxi AG einen "Rahmenvertrag" geschlossen. Die Institutionen rechnen monatlich zentral über die Administration des Vereins mit dem Taxiunternehmen ab. Dessen Leistungen sind mit dem mehrwertsteuerlichen Normalsatz belastet. Über den Ansatz von Fr. 1.90 pro gefahrenen Kilometer hinaus steht dem Taxiunternehmen ein Fixbetrag von zwei Rappen (inklusive Mehrwertsteuer) pro Kilometer zu, dies zur Deckung dessen Organisationsaufwandes. In der Folge belastet die Administration des Vereins die beförderungsbedingten Kosten an den gesetzlichen Kostenträger weiter. Bis Ende 2007 war dies die Eidgenössische Invalidenversicherung, seither der Kanton St. Gallen. Die Weiterverrechnung erfolgt ohne Gewinnzuschlag. Weiter erhebt sie bei den vereinsfremden Schulen die auf sie entfallenden Kostenanteile. Der Verein ist mehrwertsteuerpflichtig und rechnet mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) nach Pauschalsteuersätzen ab. Er hat für die Versteuerung seiner steuerausgenommenen Umsätze nicht optiert. C. Im Jahr 2011 unterzog die ESTV die Perioden vom ersten Quartal 2006 bis zum vierten Quartal 2009 (MWSTG 1999) sowie das Steuerjahr 2010 (MWSTG 2009) einer Kontrolle. Die ESTV stellte sich auf den Standpunkt, die dem Kostenträger fakturierten Beförderungsleistungen seien steuerbar. Die Nachbelastungen lassen sich wie folgt veranschaulichen (beispielhaft für die Jahre 2006 [Leistungen durch die IV] und 2009 [Leistungen durch den Kanton]) : Beförderung von Schulpflichtigen 2006 2009 Beiträge der Eidg. Invalidenversicherung 1'550'000 (nur bis 2009) + Beiträge anderer Schulen (IV-Fälle) 800'000 (nur bis 2009) + Beiträge anderer Schulen (Nicht-IV-Fälle) 200'000 (nur bis 2009) + Beiträge für Transporte innerkantonal (erst ab 2009) 1'590'000 + Beiträge für Transporte ausserkantonal (erst ab 2009) 70'000 Total Ertrag der Transporte von Schulpflichtigen 2'550'000 1'660'000 - Weiterbelastete Kosten der andern Schulen -1'000'000 0 - Eigentransport mit Behindertenfahrzeugen -140'000 -145'000 - Taxitransport mit Behindertenfahrzeugen -65'000 -105'000 Steuerbare Transporte eigener Schulpflichtiger 1'345'000 1'410'000 Anwendbarer Pauschalsteuersatz 4,60% 4,60% Steuerbetrag 62'000 65'000 Am 26. September 2011 erliess die ESTV je eine "Einschätzungsmitteilung / Verfügung" für den Zeitraum von 2006 bis 2009 beziehungsweise für das Jahr 2010. Darin verpflichtete sie den Verein, unter Berücksichtigung weiterer Nachbelastungen noch nicht entrichtete Mehrwertsteuern von Fr. xxx (2006 bis 2009) und Fr. yyy (2010) zu bezahlen. D. Die Einsprachen des Vereins blieben erfolglos (Einspracheentscheide vom 18. Dezember 2012), ebenso wie die Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht (Urteile A-544/2013 und A-555/2013 vom 30. Oktober 2013). Das Bundesverwaltungsgericht erwog, der Verein erbringe den Schulpflichtigen entgeltliche Beförderungsleistungen. Die Leistungen der Kostenträger fielen für eine logische Sekunde bei den Schulpflichtigen an, die sie hernach an den Verein weiterleiteten. Leistungsinhalt und Leistungsfluss schlössen eine Steuerausnahme oder eine Subvention aus, sodass sich die Beförderungsleistung als steuerbar erweise. E. Mit zwei Eingaben vom 4. Dezember 2013 erhebt der Verein beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, die Urteile A-544/2013 und A-555/2013 vom 30. Oktober 2013 seien aufzuheben. Während das Bundesverwaltungsgericht auf Vernehmlassungen verzichtet, beantragt die ESTV, die Beschwerden seien abzuweisen.
Erwägungen: 1. 1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG; SR 173.110) und mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 140 I 90 E. 1 S. 92; 140 V 22 E. 4 S. 26). 1.2. 1.2.1. Die angefochtenen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2013 betreffen - wenn auch in unterschiedlichen Zeiträumen - weitgehend denselben Sachverhalt. Es stellen sich dieselben Rechtsfragen. Daher rechtfertigt es sich, die zwei vom Bundesgericht eröffneten Verfahren zu vereinigen und die Beschwerde in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP [SR 273]; BGE 131 V 461 E. 1.2 S. 465; Urteil 2C_157/2014 / 2C_158/2014 vom 6. März 2014 E. 1.6). 1.2.2. Bei den angefochtenen Urteilen handelt es sich um verfahrensabschliessende Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Sie können beim Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. a, Art. 83, 86 Abs. 1 lit. a, Art. 89 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Das neurechtlich massgebende Verfahrensrecht (Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer [SR 641.20; nachfolgend: MWSTG 2009]; vgl. dazu dessen Art. 113 Abs. 3) sieht keine spezialgesetzlichen Vorschriften zum bundesgerichtlichen Verfahren vor. 1.3. 1.3.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung schweizerischen Rechts gerügt werden (Art. 95 BGG). Bei der Prüfung angeblich verletzten Bundes- und Völkerrechts (Art. 95 lit. a und b BGG) verfügt das Bundesgericht über volle Kognition und wendet es das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht ist daher weder an die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (Motivsubstitution; BGE 140 III 86 E. 2 S. 89 unten; 140 V 136 E. S. 137). 1.3.2. Trotz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG) geht das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 139 I 306 E. 1.2 S. 308 f.), grundsätzlich nur den geltend gemachten Rügen nach, es sei denn, die rechtlichen Mängel lägen geradezu auf der Hand (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116). 1.3.3. Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Zu den Grundrechten in diesem Sinn zählen neben den Art. 7-34 BV die weiteren verfassungsmässigen Rechte der BV, die Rechtsansprüche der EMRK und anderer Menschenrechtspakte sowie die durch die jeweilige Kantonsverfassung gewährleisteten Rechte (BGE 137 I 77 E. 1.3.1 S. 79 f.). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen. Unterbliebt dies, kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen, wenn eine Verfassungsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232). 1.3.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, soweit sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG). Als "offensichtlich unrichtig" gelten die vorinstanzlichen Feststellungen, wenn sie willkürlich erhoben worden sind (Art. 9 BV; BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; allgemein zur Willkür in der Rechtsanwendung BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 138 I 49 E. 7.1 S. 51; 138 III 378 E. 6.1 S. 379 f.; insbesondere zu jener in der Beweiswürdigung BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 135 III 127 E. 1.5 S. 129 f.). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung genügt den Begründungs- beziehungsweise Rügeanforderungen auch hier nicht (vorne E. 1.3.3). Bei ungenügender Rüge und Begründung ist auf die Rüge nicht einzutreten (BGE 139 I 138 E. 3.8 S. 144). Zudem muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein, was in der Beschwerde aufzuzeigen ist (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f.). 2. 2.1. Streitig und zu prüfen sind mehrwertsteuerliche Nachbelastungen, die einerseits die Perioden vom ersten Quartal 2006 bis zum vierten Quartal 2009, anderseits das Steuerjahr 2010 betreffen. Zu klären ist, auf welche Weise die Vergütung der Transportkosten seitens der Eidgenössischen Invalidenversicherung (bis 2007) beziehungsweise des Kantons St. Gallen (ab 2008) mehrwertsteuerlich zu würdigen ist. 2.2. Dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung kommt im Abgaberecht, das in enger Wechselwirkung zu anderen Rechtsgebieten steht, hohe Bedeutung zu (BGE 139 II 460 E. 3.3 S. 467 [BVG/MWSTG]; 138 II 32 E. 2.3.1 S. 39 [BGBB/StHG], 300 E. 3.6.2 S. 308 [ZGB/DBG]; 136 V 258 E. 4.7 S. 266 f. [OR/AHVV]). Bei Anwendung des Bundessteuerrechts können (und müssen) deshalb die Praxis und Doktrin zur ähnlich gelagerten fremdrechtlichen Frage herangezogen werden, solange keine triftigen Gründe ersichtlich sind, die eine unterschiedliche Behandlung nahelegen (BGE 139 II 460 E. 3.3 S. 467; 137 III 369 E. 4.3 S. 373). Im konkreten Fall stellen sich Rechtsfragen bildungs- (hinten E. 2.3) und sozialversicherungsrechtlicher Natur (hinten E. 2.4), auf die vorfrageweise einzugehen ist. 2.3. 2.3.1. Art. 19 BV gewährleistet den Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht (BGE 138 I 162 E. 3.1 S. 164 mit Hinweisen). Die Norm begründet den rechtlich durchsetzbaren verfassungsmässigen Individualanspruch auf eine positive staatliche Leistung im Bildungsbereich. Sie umschreibt damit ein soziales Grundrecht (Andreas Auer/Giorgio Malinverni/Michel Hottelier, Droit constitutionnel suisse, Band II: Les droits fondamentaux, 3. Aufl. 2013, N. 1560; Giovanni Biaggini, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2007, N. 3 zu Art. 19 BV). "Schulpflichtige" in diesem Sinne und Träger des Rechtsanspruchs sind Kinder und Jugendliche vom Kindergarten, soweit dieser obligatorisch ist (Urteil 2C_433/2011 vom 1. Juni 2012 E. 3.3, in: RDAF 2013 I 556, ZBl 113/2012 S. 546), bis und mit der Sekundarstufe I (BGE 133 I 156 E. 3.5.3 S. 163; 129 I 35 E. 7.4 S. 39). 2.3.2. Die Schulhoheit liegt bei den Kantonen (Art. 62 Abs. 1 BV in Verbindung mit Art. 3 BV; Gerhard Schmid/Markus Schott, in: St. Galler Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 9 zu Art. 62 BV). Sie haben in organisatorischer, fachlicher und finanzieller Hinsicht für einen ausreichenden Grundschulunterricht zu sorgen, der allen Kindern offensteht (Art. 62 Abs. 2 Satz 1 BV in der Fassung vom 16. Dezember 2005, in Kraft seit 21. Mai 2006 [AS 2006 3033]). Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich (so Art. 62 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BV, wiederum in der Fassung vom 16. Dezember 2005). Aus dem Blickwinkel der Schulpflichtigen verbriefen die Art. 19 und 62 BV ein "Pflichtrecht": Dem individuellen Rechtsanspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht steht die individuelle Rechtspflicht zum Besuch des Unterrichts gegenüber (vgl. Pascal Mahon, in: Jean-François Aubert/Pascal Mahon, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, 2003, N. 1 zu Art. 19 BV). Dies begründet ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen Schulträger und Schulpflichtigen (vgl. Regula Kägi-Diener, in: St. Galler Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 17 zu Art. 19 BV). 2.3.3. Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Unterricht bezieht sich auf den Ort, an dem die Schulpflichtigen sich mit der Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten gewöhnlich aufhalten (Jörg Paul Müller/Markus Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 796). Fallen Wohn- und Schulort auseinander, darf dies zu keiner Einschränkung des Anspruchs im Sinne von Art. 19 BV führen (BGE 133 I 156 E. 3.1 S. 158; 129 I 12 E. 4.2 S. 16, 35 E. 7.3 S. 38). Ist der Schulweg übermässig lang, weist er eine ungünstige Topografie auf oder erscheint er als besonders gefährlich, sodass er den Schulpflichtigen insgesamt unzumutbar ist, begründet dies einen Anspruch auf Unterstützung. Der Schulträger hat zu gewährleisten, dass die Schulpflichtigen sicher, zuverlässig und zeitgerecht zur Schule und zurück befördert werden. Seiner Beförderungspflicht kann er etwa dadurch genügen, dass er den Schulpflichtigen die Billettkosten erstattet oder einen Schulbus- oder Schultaxidienst einrichtet. Dem Schulträger steht es aber auch zu, die Erziehungsberechtigten zur Besorgung des Schultransports ihrer Kinder heranzuziehen, soweit ihnen der Transport möglich und zumutbar ist und die Kosten erstattet werden (Urteil 2C_433/2011 vom 1. Juni 2012 E. 4, in: RDAF 2013 I 556, ZBl 113/2012 S. 546; BGE 133 I 156 E. 3.1 S. 159). Während der Mittagspause kann die erneute Beförderung durch einen von der Schule organisierten Mittagstisch ersetzt werden (Urteil 2C_433/2011 vom 1. Juni 2012 E. 4.3). 2.3.4. Ergänzend zur Regelschule (Art. 62 Abs. 2 BV) obliegt den Kantonen eine vergleichbare Pflicht zum Betrieb der erforderlichen Sonderschule. Gemäss Art. 62 Abs. 3 BV (in der Fassung vom 3. Oktober 2003 [AS 2007 5765; BBl 2002 2291, 2003 6591, 2005 951], in Kraft seit dem 1. Januar 2008) haben die Kantone für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr zu sorgen. Auf Gesetzesstufe ergibt sich dasselbe aus Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG; SR 151.3). Danach sorgen die Kantone dafür, dass behinderte Kinder und Jugendliche eine Grundschulung erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst ist. 2.4. 2.4.1. Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA; AS 2007 5779; BBl 2005 6029) ist am 1. Januar 2008 die alleinige organisatorische, fachliche und finanzielle Verantwortung hinsichtlich der Sonderschulung auf die Kantone übergegangen (BGE 138 I 162 E. 3.1 S. 164). Die Bundesverfassung sieht eine dreijährige Übergangsfrist vor (hinten E. 2.4.4). Schon vor dem 1. Januar 2008 war die Finanzierung der Sonderschulung an sich Sache der Kantone, doch leistete die Eidgenössische Invalidenversicherung unter verschiedenen Rechtstiteln Beiträge. Sie tat dies insbesondere im Bereich der Transportkosten (dazu anschliessend) und - was betraglich stärker ins Gewicht fiel - mittels Bau- und Betriebsbeiträgen an die im Bereich der Sonderschulung tätigen Institutionen (Art. 73 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung [IVG; SR 831.20] in der bis Ende 2007 geltenden Fassung). Die Betriebsbeiträge dienten der Deckung der behinderungsbedingten Mehrkosten der Betriebsführung, die der Institution erwuchsen (BGE 106 V 93 E. 4 S. 98 ff.). Mehrwertsteuerlich standen sie mithin in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu den Umsätzen der Institutionen (BGE 126 II 443 E. 7 S. 457 f.). 2.4.2. Die Gesetzgebung über die Invalidenversicherung kennt die Priorität der Eingliederungsmassnahmen vor den Rentenleistungen (Ulrich Meyer, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 2. Aufl. 2010, insb. S. 94 [zu Art. 8 Abs. 1 IVG] und S. 272 [zu Art. 28 Abs. 1 lit. a IVG]). Mit der ebenfalls am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen 5. IV-Revision hat der Gesetzgeber diesen Grundsatz weiter hervorgehoben (BGE 139 V 547 E. 5.7 S. 557; 137 V 351 E. 4.2 S. 358). Unter die Eingliederungsmassnahmen fallen gemäss Art. 8 Abs. 3 lit. c IVG (in der von Anfang 2004 bis Ende 2007 geltenden Fassung gemäss 4. IV-Revision [AS 2003 3837 3853; BBl 2001 3205]) Massnahmen für die Sonderschulung und die Betreuung von hilflosen Versicherten vor dem vollendeten 20. Altersjahr. Die Norm verweist auf Art. 19 IVG ("Die Massnahmen für besondere Schulung"; ebenso in der Fassung gemäss der 4. IV-Revision). Aufgrund von Art. 19 Abs. 1 IVG gilt: An die Sonderschulung bildungsfähiger Versicherter, die das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben und denen infolge Invalidität der Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist, werden Beiträge gewährt. Zur Sonderschulung gehört die eigentliche Schulausbildung sowie, falls ein Unterricht in den Elementarfächern nicht oder nur beschränkt möglich ist, die Förderung in manuellen Belangen, in den Verrichtungen des täglichen Lebens und der Fähigkeit des Kontaktes mit der Umwelt. Die Beiträge umfassen namentlich "besondere Entschädigungen für die mit der Überwindung des Schulweges im Zusammenhang stehenden invaliditätsbedingten Kosten" (Art. 19 Abs. 2 lit. d IVG). Im Anschluss daran findet sich in Art. 8quater der Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201; in der Fassung vom 21. Mai 2003, in Kraft vom 1. Januar 2004 [AS 2003 3859] bis zum 31. Dezember 2007 [AS 2007 5823 5847]) unter dem Titel "Entschädigung für die Transporte" folgende Konkretisierung: 1 Die Versicherung übernimmt die Kosten für die Transporte, die für den Besuch der Sonderschule und die Durchführung von Massnahmen nach Art. 8ter Abs. 2 notwendig sind. Vergütet werden die Kosten höchstens bis zur nächstgelegenen geeigneten Durchführungsstelle. Wird eine entferntere Durchführungsstelle gewählt, so haben die Versicherten die entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen. 2 Vergütet werden: a. die Kosten, die den Preisen der öffentlichen Transportmittel für Fahrten auf dem direkten Weg entsprechen; oder b. die Kosten des von der Sonderschule organisierten oder durch die Erziehungsberechtigten der versicherten Person durchgeführten Transportes. (...). 2.4.3. Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung fallen rechtstechnisch unter die Sachleistungen (Art. 14 f. des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Dies ist Ausdruck des im schweizerischen Sozialversicherungsrecht herrschenden Naturalleistungs- oder Sachleistungsprinzips (BGE 140 V 130 E. 2.1 S. 132; Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 10 zu Art. 14 ATSG). Auch der Ersatz der Kosten, die der versicherten Person etwa im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung erwachsen, gilt als Sachleistung (Urteil 8C_512/2008 vom 14. Januar 2009 E. 1.2). Vorbehalten bleiben einzig die Taggelder (Art. 8 Abs. 3 lit. e in Verbindung mit Art. 22 ff. IVG). Zwangsläufig werden solche in bar erbracht und unmittelbar der versicherten Person ausbezahlt. 2.4.4. Auf den 1. Januar 2008 sind die hier interessierenden Art. 8 Abs. 3 lit. c und Art. 19 IVG, je in der Fassung vom 21. März 2003, sowie Art. 73 IVG ersatzlos entfallen (vorne E. 2.4.1). Im Sinne einer befristeten Anordnung bestimmt Art. 197 Ziff. 2 BV unter dem Titel "Übergangsbestimmungen zu Art. 62 (Schulwesen) " nunmehr: Die Kantone übernehmen ab Inkrafttreten des Bundesbeschlusses vom 3. Oktober 2003 (AS 2007 5765) zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen die bisherigen Leistungen der Invalidenversicherung an die Sonderschulung (einschliesslich der heilpädagogischen Früherziehung gemäss Art. 19 IVG), bis sie über kantonal genehmigte Sonderschulkonzepte verfügen, mindestens jedoch während drei Jahren. 2.5. 2.5.1. Der Bund kann auf Lieferungen von Gegenständen und auf Dienstleistungen einschliesslich Eigenverbrauch sowie auf Einfuhren eine Mehrwertsteuer erheben (Art. 130 Abs. 1 und Art. 196 Ziff. 14 BV). Charakteristisch für die Mehrwertsteuer ist der Austausch von Leistungen. Ein "Leistungsverhältnis" in diesem Sinne liegt vor, sofern zwischen der (Haupt-) Leistung (Lieferung oder Dienstleistung gemäss Art. 5 MWSTG 1999) und der Gegenleistung ("Entgelt" im Sinne von Art. 33 Abs. 1 MWSTG 1999) ein hinreichender Konnex besteht (BGE 140 II 88 E. 2.1 S. 82 f.). Dies setzt eine "innere wirtschaftliche Verknüpfung" voraus (BGE 138 II 239 E. 3.2 S. 241; 132 II 353 E. 4.1 S. 357 ["rapport économique étroit"]; 126 II 443 E. 6a S. 451 f.), was wiederum in marktwirtschaftlich gleichwertigen (äquivalenten) Leistungen ("contrepartie économique équivalente") zum Ausdruck kommt. Massgebend für die Beurteilung sind die konkreten Vertragsverhältnisse (Urteil 2C_576/2013 vom 20. Dezember 2013 E. 2.2.1; vgl. Alois Camenzind/Niklaus Honauer/Klaus A. Vallender/Marcel R. Jung/Simeon L. Probst, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, 3. Aufl. 2012, N. 648; Ivo P. Baumgartner/Diego Clavadetscher/Martin Kocher, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, 2010, § 4 N. 20; Pascal Mollard/Xavier Oberson/Anne Tissot Benedetto, Traité TVA, 2009, Kap. 2 N. 176; Daniel Riedo, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer, 1999, S. 230). 2.5.2. Die Mehrwertsteuer wird vom Entgelt berechnet, wobei zum Entgelt alles zählt, was der Leistungsempfänger - oder an seiner Stelle ein Dritter - als Gegenleistung für die Hauptleistung aufwendet (Art. 33 Abs. 1 und 2 MWSTG 1999). Beurteilung und Bemessung des Entgelts sind demnach aus der Sicht des Leistungsempfängers vorzunehmen (zum Ganzen Urteile 2C_576/2013 vom 20. Dezember 2013 E. 2.2.4; 2C_933/2012 vom 11. April 2013 E. 5.1, in: StR 68/2013 S. 543 [Zusammenfassung]). Das Entgelt kann sich als Geld- oder als Sachleistung darstellen. Steuerbare Leistungen unterliegen im Regelfall dem Normalsatz (Art. 36 Abs. 3 MWSTG 1999). 2.5.3. Art. 18 MWSTG 1999 enthält einen abschliessenden Katalog grundsätzlich steuerbarer Leistungsverhältnisse, die von der objektiven Steuerpflicht ausgenommen sind. Darunter fallen auch die Umsätze im Bereich der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, des Unterrichts, der Ausbildung, Fortbildung und der beruflichen Umschulung einschliesslich des von Privatlehrern oder Privatschulen erteilten Unterrichts. Die damit zusammenhängenden gastgewerblichen und Beherbergungsleistungen sind hingegen steuerbar (Art. 18 Ziff. 11 lit. a MWSTG 1999 in der Fassung vom 14. Dezember 2001, in Kraft seit dem 1. Juli 2002 [AS 2002 1480 1481]). Von der objektiven Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen werden können nur Leistungen, die tatsächlich in engem Zusammenhang mit dem Erziehungs- und Bildungszweck stehen (Urteile 2C_641/2008 und 2C_642/2008 vom 12. Dezember 2008 E. 3.2 [Fitnesscenter]; 2A.485/2004 vom 18. Mai 2005 E. 7.1 [Fitnesscenter]; 2A.429/1999 vom 20. September 2000 E. 3c [Ausbildertage], in: ASA 71 S. 57). Der Anwendungsbereich ist damit auf die eigentliche Vermittlung von Wissen und Kenntnissen beschränkt (Urteile 2C_359/2008 vom 23. Februar 2009 E. 4.2 [Beratungsleistungen]; 2C_613/2007 vom 15. August 2008 E. 2.2 [Kaufmännischer Verband Schweiz]; 2A.269/2005 vom 21. März 2006 E. 5.2 [Coaching], in: RDAF 2007 II 325; Chantal Zbinden, La TVA dans le domaine de l'enseignement et de la formation, in: RDAF 53/1997 S. 53 ff., insb. S. 55 f.; Alois Camenzind/Niklaus Honauer/Klaus A. Vallender, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, 2. Aufl. 2003, N. 72). 2.5.4. Schliesslich nennt Art. 33 Abs. 6 lit. b MWSTG 1999 als "Nichtentgelt" die Subventionen und anderen Beiträge der öffentlichen Hand, selbst wenn deren Ausrichtung gestützt auf einen Leistungsauftrag erfolgt (Urteile 2C_202/2011 vom 24. Oktober 2011 E. 3.2 [Schweizerische Rettungsflugwacht], in: ASA 80 S. 599; 2A.233/1997 vom 25. August 2000 E. 8 [Kurtaxe], in: ASA 71 S. 157, RDAF 2003 II 256). Das Mehrwertsteuerrecht kennt keine eigene Definition der Subvention (Art. 26 Abs. 6 lit. b MWSTV 1994; Art. 33 Abs. 6 lit. b MWSTG 1999; Art. 18 Abs. 2 lit. a MWSTG 2009). Entsprechend dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung (vorne E. 2.2) ist auf die Subventionsgesetzgebung zurückzugreifen. Im Vordergrund stehen die Finanzhilfen gemäss Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (SuG; SR 616.1), also geldwerte Vorteile, die ausserhalb der (Bundes-) Verwaltung stehenden Empfängern gewährt werden, um die Erfüllung einer vom Empfänger gewählten Aufgabe zu fördern oder zu erhalten (Urteil 2C_105/2008 vom 25. Juni 2008 E. 3.2 [Aids-Hilfe Schweiz], in: ASA 78 S. 587). Entsprechendes gilt hinsichtlich der kantonalen Subventionsgesetzgebungen. 2.5.5. Mit der Subvention zielt die öffentliche Hand auf ein bestimmtes Verhalten, das im öffentlichen Interesse liegt, während es (zumindest in erster Linie) nicht darum geht, einen bestimmten Zustand herbeizuführen (Urteile 2C_105/2008 vom 25. Juni 2008 E. 3.2; 2A.273/2004 vom 1. September 2005 E. 2.2 ["Gassenzimmer"], in: ASA 76 S. 248, RDAF 2006 II 61; BGE 126 II 443 E. 6c S. 453 [Behindertenheim]; Gilg Störi, Verhaltenssteuerung durch Subventionen, 1992, S. 49). Auch die Bau- und Betriebsbeiträge gemäss Art. 73 IVG in der Fassung vom 21. März 2003 (vorne E. 2.4.1) fallen unter die Finanzhilfen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 SuG (Urteil 9C_153/2007 vom 15. November 2007 E. 1, nicht publ. in: BGE 133 V 598; BGE 130 V 177 E. 5.2 S. 181 [IVG]; ferner BGE 122 V 189 E. 4a S. 198 [AHVG]). Deshalb sind solche Beiträge auch mehrwertsteuerlich als Subvention zu betrachten (BGE 126 II 443 E. 7 S. 457 f.) und gelten sie als "unentgeltlich" (Urteile 2C_196/2012 vom 10. Dezember 2012 E. 2.3 [Universität Bern]; 2A.197/2005 vom 28. Dezember 2005 E. 4.1 [Suva], in: ASA 78 S. 325). 3. 3.1. Streitig und unter dem Gesichtspunkt des Mehrwertsteuerrechts von 1999 zu klären sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem Verein und dem Taxiunternehmen (hinten E. 3.2), den Schulpflichtigen (hinten E. 3.3) und dem Kostenträger (hinten E. 3.4). Dieselben Fragen stellen sich unter dem Mehrwertsteuerrecht von 2009 (hinten E. 3.5). 3.2. 3.2.1. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) ist der Rahmenvertrag vom 8. November 2006 zwischen dem Verein und dem Taxiunternehmen zustande gekommen. Die Leistungen des Taxiunternehmens sind unstreitig steuerbar. Der Vertrag liegt in den vorinstanzlichen Akten und kann ergänzend zu den vorinstanzlichen Feststellungen beigezogen werden (Art. 105 Abs. 2 BGG). Danach ergibt sich, dass der Vertrag die Rubriken Allgemeines, Fahrpersonal, Fahrzeug, Betrieb des Schulbusses, Abrechnung und Vertragsrücktritt umfasst. Er ist knapp und überschaubar gehalten, lässt aber nichts vermissen, was gewöhnlich Bestandteil eines derartigen Vertragsverhältnisses ist. 3.2.2. Der Verein, wie im Übrigen auch die Vorinstanz, halten Notwendigkeit und Bestand von Einzelverträgen für gegeben. Während die Vorinstanz dem "synchronen" System (Verein - Taxiunternehmen; angefochtene Urteile E. 3.2.2) folgt, wendet der Verein im Wesentlichen ein, er sei zwar Partei des Rahmenvertrags, an den Einzelbeförderungsverträgen sei er aber nicht beteiligt. Damit macht er ein "asynchrones" System geltend (Taxiunternehmen - Schulpflichtige). Soweit der Verein ausführt, er habe den Schulpflichtigen für die vom Taxiunternehmen erbrachten Beförderungsleistungen nie Rechnung gestellt, erscheint dies plausibel, zumal weder die Erst- noch die Vorinstanz von etwas Anderem ausgehen. Dies ändert freilich nichts daran, dass die Existenz von Einzelverträgen zwar behauptet wird, nicht aber nachgewiesen ist. Insbesondere liegt nicht auf der Hand, weshalb die angeblichen Einzelverträge zwischen dem Taxiunternehmen und den jeweiligen Schulpflichtigen hätten zustande kommen sollen. 3.2.3. Nutzniesser des Beförderungsvertrags sind unmittelbar die Schulpflichtigen und mittelbar die Erziehungsberechtigten. Sie sind davon entbunden, den Schulweg ohne Hilfe zu bewältigen oder die Beförderung mit eigenen Mitteln zu besorgen. Bundesrechtskonform schliesst die Vorinstanz auf einen unechten Vertrag zugunsten Dritter (Art. 112 Abs. 1 OR), das heisst auf einen (Beförderungs-) Vertrag mit Drittbegünstigungsklausel (dazu Rolf H. Weber, in: Heinz Hausheer [Hrsg.], Berner Kommentar, Band VI/1, Art. 110-113 OR, 2002, N. 15, 35 und 41 zu Art. 112 OR). Der Drittbegünstigungsklausel kommt hier bloss der Charakter einer Erfüllungsmodalität zu (Art. 112 Abs. 2 OR im Umkehrschluss; Weber, a.a.O., N. 7 zu Art. 112 OR). Anhaltspunkte für ein originäres und selbständiges Forderungsrecht der Schulpflichtigen fehlen, was Ausdruck einer eigentlichen "direkten Drittberechtigung" wäre (Weber, a.a.O., N. 109 zu Art. 112 OR). Selbst bei einem solchen echten Vertrag zu Gunsten Dritter (Art. 112 Abs. 2 OR) würden die Schulpflichtigen aber nicht zur Vertragspartei (Urteil 2C_828/2013 vom 24. März 2014 E. 5.3.1 mit Hinweisen), was hier entscheidend ist. Das Bundesgericht hat damit aufgrund von Art. 105 Abs. 1 BGG von einem einzigen Vertrag (zwischen Verein und Taxiunternehmen) auszugehen, dessen Begünstigte die Schulpflichtigen sind. 3.3. 3.3.1. Zum Verhältnis zwischen Verein und Schulpflichtigen erwägt die Vorinstanz, der Verein sei als Erbringer der Beförderungsleistungen zu betrachten (angefochtene Urteile E. 3.2.2). Den Sonderschulpflichtigen stehe nach Art. 19 Abs. 2 lit. d IVG bis Ende 2007 und hernach während der Übergangsfrist von Art. 197 Ziff. 2 BV ein individueller Anspruch der Schulpflichtigen gegenüber dem Kostenträger auf Erstattung der Transportkosten zu. Der Verein vereinnahme die einzelfallweise Entschädigung lediglich im Namen und auf Rechnung der Schulpflichtigen (angefochtene Urteile E. 3.2.3). Aufgrund des Anspruchs der Schulpflichtigen sei es ausgeschlossen, mehrwertsteuerlich von Subventionen an den Verein auszugehen (angefochtene Urteile E. 3.2.4). Sodann dienten die Hin- und Rückfahrten lediglich der Beförderung, nicht jedoch der Vermittlung von Wissen. Dies schliesse eine Qualifikation als Leistung im Bereich der Bildung und Erziehung aus, weshalb eine Steuerausnahme entfalle und die Leistung steuerbar bleibe (angefochtene Urteile E. 3.3.3). Der Verein macht mit Blick auf Art. 19 BV geltend, es liege eine steuerausgenommene Bildungsleistung vor (Art. 18 Ziff. 11 MWSTG 1999). Aufgrund der fehlenden Rechnungstellung durch den Verein fehle es am erforderlichen Aussenauftritt gegenüber den Schulpflichtigen. 3.3.2. Verträge mit Drittbegünstigungsklausel erfordern neben dem Deckungsverhältnis (zwischen Promissar und Promittent) ein Valutaverhältnis (zwischen Promissar und Drittem). Dieses bildet den Rechtsgrund, aufgrund dessen die Drittbegünstigungsklausel überhaupt geschlossen wird. Vorliegend besteht es im Rechtsverhältnis zwischen Verein und Schulpflichtigen (vorne E. 2.3.2). Ihm zufolge besteht die Hauptleistung des Vereins im Grundschulunterricht. Soweit es den Sonderschulpflichtigen unmöglich oder unzumutbar ist, den Schulweg aus eigener Kraft oder mit eigenen Mitteln zurückzulegen, tritt als Nebenleistung die Beförderungspflicht hinzu. Zwischen Taxiunternehmen und Schulpflichtigen sind keinerlei Vertragsbeziehungen nachgewiesen. Daraus ist abzuleiten, dass die (beim Taxiunternehmen eingekauften) Beförderungsleistungen vom Verein erbracht werden. 3.3.3. Mit Recht beruft sich der Verein auf die verfassungsrechtliche Ausgangslage. Der hier interessierende Kanton St. Gallen wiederholt zum einen den bundesrechtlichen (vorne E. 2.3) Anspruch auf angemessenen und unentgeltlichen Grundschulunterricht (dazu Art. 2 lit. m der Verfassung [des Kantons St. Gallen] vom 10. Juni 2001 [SR 131.225; nachfolgend: KV/SG]). Zum andern gewährleistet er einen "Anspruch von Schulpflichtigen auf Unterstützung, wenn sie beim Schulbesuch wegen der Lage ihres Wohnortes, wegen Behinderung oder aus sozialen Gründen benachteiligt sind" (Art. 3 lit. b KV/SG). Es muss nicht entschieden werden, inwiefern dieser kantonalrechtlichen Garantie überhaupt selbständige Bedeutung zukommt. Entscheidend ist, dass der Transport, soweit er im Rahmen der Grundschulung erfolgt und sich aufgrund der zurückzulegenden Distanz, der Topografie oder der Gefährlichkeit des Schulweges als unzumutbar erweist, von Verfassungs wegen unter die unentgeltlichen Leistungen des Schulträgers fällt. Dies unterscheidet den Grundschulunterricht von anderen Formen des Unterrichts, die typischerweise gegen Entgelt erbracht werden (beispielsweise Fahrstunden beim Fahrlehrer oder Tauchstunden beim Tauchlehrer). 3.3.4. Mit andern Worten schliesst die Unentgeltlichkeit des Grundschulunterrichts einen Leistungsaustausch im mehrwertsteuerlichen Sinne (Hauptleistung gegen Entgelt, sei es eine Geld- oder Sachleistung) zwischen Schulträger und Schulpflichtigen von vornherein aus. Die Ausgestaltung als "Pflichtrecht" ändert daran nichts, gegenteils bestätigt sie die Unentgeltlichkeit. Damit fehlt es an dem für die Mehrwertsteuer unerlässlichen Konnex zweier Leistungen, die wirtschaftlich verknüpft und marktwirtschaftlich gleichwertig sind (vorne E. 2.5.1). Mit der Vorinstanz und entgegen der Auffassung des Vereins stellt sich die Frage nach dem Vorliegen einer Steuerausnahme gar nicht. Weitere Ausführungen zu Art. 18 Ziff. 11 MWSTG 1999 erübrigen sich. 3.3.5. Beurteilung und Bemessung des Entgelts sind aus der Sicht des Leistungsempfängers vorzunehmen (vorne E. 2.5.2). Dieser wendet aber nichts auf, um in den Genuss der Beförderungsleistung zu gelangen, und er lässt auch nichts durch einen Dritten aufwenden. Die Vorinstanz geht hierzu davon aus, dass die Geldleistungen der Kostenträger gewissermassen für eine logische Sekunde zu den Schulpflichtigen gelangen und von diesen an den Schulträger weiterfliessen. Schon mit Blick auf die gewährleistete Unentgeltlichkeit des Grundschulunterrichts überzeugt dies aber nicht. Ohnehin steht die Idee von der "logischen Sekunde" im Widerspruch zu den sozialversicherungsrechtlichen Gegebenheiten (dazu anschliessend). 3.4. 3.4.1. Bis zum Inkrafttreten der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen am 1. Januar 2008 vergütete die Eidgenössische Invalidenversicherung als eine der "Massnahmen für die Sonderschulung" die Kosten des erforderlichen Schultransports (vorne E. 2.4.1). Sozialversicherungsrechtlich galten die Kostenvergütungen als Sachleistungen (vorne E. 2.4.3). Dies bedeutet in der vorliegenden Konstellation Folgendes: Während der versicherten Person bei gegebenen Voraussetzungen ein individueller Rechtsanspruch gegenüber dem Schulträger auf eine Sachleistung zusteht, verfügt der Schulträger bei gegebenen Voraussetzungen über einen Rechtsanspruch gegenüber der Eidgenössischen Invalidenversicherung auf die betragsmässig der Sachleistung entsprechende Geldleistung. Anders verhält es sich (nur), wenn das behinderte Kind keine öffentliche oder private Sonderschule besucht, sondern zuhause von den Erziehungsberechtigten auf deren Kosten unterrichtet wird (BGE 124 V 317 E. 2a S. 320, bestätigt in BGE 126 V 64 E. 3a S. 67). Die Leistungen der Eidgenössischen Invalidenversicherung gelten zum einen die Mehrkosten des behinderungsbedingten Transports ab und dienen zum andern der Verwirklichung des grundrechtlichen Anspruchs auf angemessenen und unentgeltlichen Grundschulunterricht. Die Tatbestandsmerkmale einer Subvention oder eines anderen Beitrags der öffentlichen Hand im Sinne von Art. 33 Abs. 6 lit. b MWSTG sind erfüllt. Entgegen der vorinstanzlichen Beurteilung stellen die Transportkostenbeiträge der Eidgenössischen Invalidenversicherung sich damit als mehrwertsteuerliches "Nichtentgelt" dar. 3.4.2. Art. 197 Ziff. 2 BV sieht eine Übergangsperiode von mindestens drei Jahren vor, in welcher die Kantone die bisherigen Leistungen der Invalidenversicherung an die Sonderschulung übernehmen (vorne E. 2.4.4). Nach dem hier interessierenden Recht des Kantons St. Gallen gewähren Kanton und Schulgemeinde Beiträge an die Kosten von Schulpflichtigen in Sonderschulen (Art. 39 und 124 Abs. 1 des Volksschulgesetzes [des Kantons St. Gallen] vom 13. Januar 1983 [sGS 213.1; nachfolgend: VSG/SG]). Diese erscheinen einerseits als Bau- (Art. 5 ff. des Gesetzes [des Kantons St. Gallen] vom 31. März 1977 über Kantonsbeiträge an private Sonderschulen [sGS 213.95; nachfolgend: SoG/SG]), anderseits als Betriebsbeiträge (Art. 11 ff. SoG/SG). Zu den Betriebsbeiträgen hält Art. 11 SoG/SG ("Höhe") in der Fassung vom 23. September 2007 fest (Hervorhebungen und Auslassungen durch das Bundesgericht) : 1 Als Betriebsbeitrag werden ausgerichtet: a. von der Schulgemeinde an den Kanton ein Beitrag von Fr. 36'000.-- für jedes Kind, das eine Sonderschule besucht; b. vom Kanton an den Träger der Sonderschule: 1. die Kosten des Transports nach Art. 19 Abs. 2 Bst. d des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in der Fassung vor dem Bundesgesetz über die Schaffung und die Änderung von Erlassen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) vom 6. Oktober 2006 (AS 2007 5779) und Art. 8 quater IVV in der Fassung vor dem Bundesgesetz über die Schaffung und die Änderung von Erlassen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) vom 6. Oktober 2006 (AS 2007 5779); 2. die Kosten der Beratungs-, Stütz- und Fördermassnahmen beim Besuch des Kindergartens und der Volksschule (...); 3. ein Beitrag an die durch die Beiträge nach Bst. b Ziff. 1 und 2 dieser Bestimmung nicht gedeckten Kosten (...). Die Vollzugsverordnung (des Kantons St. Gallen) vom 6. Dezember 1977 zum Gesetz über die Staatsbeiträge an private Sonderschulen (sGS 213.951; nachfolgend: SoV/SG) knüpft an Art. 11 lit. b Ziff. 1 SoG/SG in der Fassung vom 23. September 2007 an. Die Bestimmung wiederholt im Wesentlichen die im Gesetz getroffene Anordnung zur Entschädigung der Transportkosten (dazu Art. 28bis Abs. 1 SoV/SG in der Fassung vom 11. Dezember 2007). 3.4.3. Die vom Kanton St. Gallen mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 getroffene Lösung zu den Transportkostenbeiträgen knüpft nahtlos an die frühere bundesrechtliche Rechtslage an. Inhaltlich führt Art. 11 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 SoG/SG die bisherigen Art. 19 Abs. 2 lit. d IVG und Art. 8quater IVV weiter. Die kantonalen Transportkostenbeiträge an die Schulträger unterscheiden sich in nichts von jenen der zuvor zuständigen Eidgenössischen Invalidenversicherung. Gelten die Leistungen der Invalidenversicherung als Subventionen, muss dies für die kantonale Nachfolgeregelung ebenso zutreffen. Mehrwertsteuerlich stellen auch die kantonalrechtlichen Geldleistungen sich als "Nichtentgelt" dar. 3.5. Das Mehrwertsteuergesetz von 2009 bringt in den hier interessierenden Bereichen keine Änderungen. Es kann in allen Teilen auf das zum Mehrwertsteuergesetz von 1999 Gesagte verwiesen werden. 4. 4.1. Die Beschwerden erweisen sich damit als begründet. Sie sind gutzuheissen, die angefochtenen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-544/2013 und A-555/2013 vom 30. Oktober 2013 aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die ESTV zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 Satz 2 BGG). 4.2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die ESTV, die in ihrer Eigenschaft als Abgabegläubigerin handelt und Vermögensinteressen wahrnimmt (Art. 66 Abs. 4 BGG), die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG). 4.3. Die ESTV hat dem Verein eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). 4.4. Die Festsetzung der Kosten und Entschädigung für das vorinstanzliche Verfahren wird der Vorinstanz übertragen (Art. 67 in Verbindung mit Art. 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Verfahren 2C_1143/2013 und 2C_1144/2013 werden vereinigt. 2. Die Beschwerde betreffend die Periode vom ersten Quartal 2006 bis zum vierten Quartal 2009 (Verfahren 2C_1143/2013) wird gutgeheissen, das Urteil A-544/2013 des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 30. Oktober 2013 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Eidgenössische Steuerverwaltung zurückgewiesen. 3. Die Beschwerde betreffend das Steuerjahr 2010 (Verfahren 2C_1144/2013) wird gutgeheissen, das Urteil A-555/2013 des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 30. Oktober 2013 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Eidgenössische Steuerverwaltung zurückgewiesen. 4. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 9'000.-- werden der Eidgenössischen Steuerverwaltung auferlegt. 5. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 9'000.-- auszurichten. 6. Zur Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen für das vorinstanzliche Verfahren wird die Sache an das Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, zurückgewiesen. 7. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 28. Juli 2014 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Kocher
4c25b2e0-1d10-4de5-acef-1e7f2078710b
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2,009
CH_BGer_009
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Sachverhalt: A. Mit Verfügungen vom 10. Dezember 1999 sprach die IV-Stelle des Kantons Aargau dem 1975 geborenen L._ für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 1998 eine ganze Rente und ab 1. Mai 1998 eine halbe Rente samt Zusatzrente für die Ehefrau und zwei Kinderrenten zu. Mit Verfügung vom 25. Februar 2002 setzte sie gestützt auf die Schreiben des behandelnden Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. med. S._ vom 30. August und 8. Dezember 2001 die halbe Rente zum 1. Oktober 2001 auf eine ganze Rente herauf. In der Folge bestätigte die IV-Stelle zweimal die Rente (Mitteilungen vom 28. Januar 2003 und 24. Juni 2005), das zweite Mal gestützt auf den Bericht des Dr. med. S._ vom 17. Juni 2005. Im August 2007 leitete die IV-Stelle ein weiteres Revisionsverfahren ein. Unter anderem holte sie beim behandelnden Psychiater einen Verlaufsbericht ein und liess den Versicherten durch Dr. med. H._, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) untersuchen. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens setzte die IV-Stelle mit Verfügung vom 21. April 2008 die ganze Rente auf Ende Mai 2008 auf eine halbe Rente herab. B. Die Beschwerde des L._ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 14. Januar 2009 ab. C. L._ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit den Rechtsbegehren, es sei der Entscheid vom 14. Januar 2009 aufzuheben und ihm ab 1. Juni 2008 weiterhin eine ganze Rente zuzusprechen, eventualiter die Sache zur Ergänzung des Beweisverfahrens, Anordnung eines psychiatrischen Gutachtens, und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Kantonales Gericht und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen: 1. Das kantonale Gericht hat die von der IV-Stelle in Anwendung von Art. 17 Abs. 1 ATSG verfügte Herabsetzung der ganzen auf eine halbe Rente zum 1. Juni 2008 bestätigt. Es hat gestützt auf den Bericht des Psychiaters Dr. med. H._ vom regionalen Ärztlichen Dienst der IV-Stelle vom 10. Januar 2008 festgestellt, der Gesundheitszustand habe sich im Vergleichszeitraum (22. Oktober [recte: 25. Februar] 2002 bis 21. April 2008) verbessert. Es bestehe keine invalidenversicherungsrechtlich relevante psychische Einschränkung mehr, während die somatischen Beschwerden unverändert blieben. Der Versicherte sei somit wieder zu 50 % arbeitsfähig. Durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG) ermittelte die Vorinstanz einen Invaliditätsgrad von 55 %, was Anspruch auf eine halbe Rente gibt (Art. 28 Abs. 2 IVG). 2. Der Beschwerdeführer rügt, die vorinstanzliche Feststellung einer Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes seit 25. Februar 2002 (Heraufsetzung der halben auf eine ganze Rente) beruhe auf falschen Tatsachen und ungenügenden Beweisen. Das Abstellen allein auf den Bericht des Psychiaters Dr. med. H._ vom regionalen ärztlichen Dienst der IV-Stelle vom 10. Januar 2008 sei willkürlich. Zudem bezeichne die Vorinstanz diesen Bericht als Gutachten, was offensichtlich falsch sei. Falls tatsächlich ein Gutachten und nicht bloss eine interne psychiatrische Abklärung beabsichtigt gewesen sei, wäre dieses in Verletzung von Art. 44 ATSG erstellt worden. 3. 3.1 Muss der Versicherungsträger zur Abklärung des Sachverhalts ein Gutachten einer oder eines unabhängigen Sachverständigen einholen, so gibt er der Partei deren oder dessen Namen bekannt. Diese kann den Gutachter aus triftigen Gründen ablehnen und Gegenvorschläge machen (Art. 44 ATSG). 3.2 Es stellt sich zunächst die Frage der Anwendbarkeit von Art. 44 ATSG im Bereich der Invalidenversicherung. Vor Inkrafttreten des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts richtete sich das Verfahren vor den IV-Stellen nach Art. 69-77 IVV und den kantonalen Vorschriften (BGE 125 V 401). Insbesondere gab es kein Einspracheverfahren. Die versicherte Person konnte ihre Mitwirkungsrechte grundsätzlich erst nach Abschluss der Abklärungen im Rahmen des Vorbescheidverfahrens ausüben (BGE 125 V 401 E. 3b S. 404). Auf den 1. Juli 2006 wurde das seit 1. Januar 2003 bestehende Einspracheverfahren wieder durch das Vorbescheidverfahren ersetzt, nunmehr kodifiziert in Art. 57a IVG. Satz 2 dieser Bestimmung hält zudem fest, dass die versicherte Person Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Artikel 42 ATSG hat. Dies bedeutet indessen nicht, dass im Sinne der früheren Regelung die Versicherten erst nach Abschluss der Abklärungen ihre Mitwirkungsrechte ausüben können. Vielmehr sollte nach dem Willen des Gesetzgebers für Zwischenentscheide im Zusammenhang mit der Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts, insbesondere bei Anordnung eines Gutachtens, die Ordnung gemäss ATSG weiterhin gelten (Botschaft vom 4. Mai 2005 betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung [Massnahmen zur Verfahrensstraffung], BBl 2005 3088). Art. 44 ATSG ist somit im Verfahren vor den IV-Stellen anwendbar, was auch Sinn und Zweck dieser Vorschrift, die Mitwirkungsrechte der Versicherten einheitlich auszugestalten, entspricht (BGE 132 V 376 E. 7.2.3 S. 383; Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 2 zu Art. 44 ATSG). 3.2 Es stellt sich zunächst die Frage der Anwendbarkeit von Art. 44 ATSG im Bereich der Invalidenversicherung. Vor Inkrafttreten des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts richtete sich das Verfahren vor den IV-Stellen nach Art. 69-77 IVV und den kantonalen Vorschriften (BGE 125 V 401). Insbesondere gab es kein Einspracheverfahren. Die versicherte Person konnte ihre Mitwirkungsrechte grundsätzlich erst nach Abschluss der Abklärungen im Rahmen des Vorbescheidverfahrens ausüben (BGE 125 V 401 E. 3b S. 404). Auf den 1. Juli 2006 wurde das seit 1. Januar 2003 bestehende Einspracheverfahren wieder durch das Vorbescheidverfahren ersetzt, nunmehr kodifiziert in Art. 57a IVG. Satz 2 dieser Bestimmung hält zudem fest, dass die versicherte Person Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Artikel 42 ATSG hat. Dies bedeutet indessen nicht, dass im Sinne der früheren Regelung die Versicherten erst nach Abschluss der Abklärungen ihre Mitwirkungsrechte ausüben können. Vielmehr sollte nach dem Willen des Gesetzgebers für Zwischenentscheide im Zusammenhang mit der Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts, insbesondere bei Anordnung eines Gutachtens, die Ordnung gemäss ATSG weiterhin gelten (Botschaft vom 4. Mai 2005 betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung [Massnahmen zur Verfahrensstraffung], BBl 2005 3088). Art. 44 ATSG ist somit im Verfahren vor den IV-Stellen anwendbar, was auch Sinn und Zweck dieser Vorschrift, die Mitwirkungsrechte der Versicherten einheitlich auszugestalten, entspricht (BGE 132 V 376 E. 7.2.3 S. 383; Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 2 zu Art. 44 ATSG). 3.3 3.3.1 Nach der kraft Art. 55 ATSG sinngemäss anwendbaren Rechtsprechung zu Art. 12 lit. e VwVG wird mit Gutachten von Sachverständigen gestützt auf besondere Sachkenntnis Bericht über die Sachverhaltsprüfung und -würdigung erstattet (BGE 132 II 257 E. 4.4.1 S. 269). Ob eine solche medizinische Expertise vorliegt, beurteilt sich im Einzelfall aufgrund der verfahrensmässigen Bedeutung und des Inhalts der ärztlichen Meinungsäusserung. Eine generelle, schematische, formalen Gesichtspunkten folgende Abgrenzung ist nicht möglich (BGE 122 V 157 E. 1b S. 160). Immerhin handelt es sich in der Regel da um ein Sachverständigengutachten, wo ein Arzt im Hinblick auf den Abschluss eines Versicherungsfalles beauftragt wird, einen auf den gesamten medizinischen Akten und allenfalls eigenen Untersuchungen beruhenden zusammenfassenden Bericht zu erstatten (Urteil U 65/06 vom 14. Februar 2007 E. 2.2 mit Hinweisen; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 91/95 vom 9. März 1998 E. 3c). 3.3.2 Gemäss dem intertemporalrechtlich hier anwendbaren Art. 59 Abs. 2bis IVG (in Kraft seit 1. Januar 2008) setzen die regionalen ärztlichen Dienste die für die Invalidenversicherung nach Artikel 6 ATSG massgebende funktionelle Leistungsfähigkeit der Versicherten fest, eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder Tätigkeit im Aufgabenbereich auszuüben. Nach Art. 49 IVV (in der seit 1. Januar 2008 in Kraft stehenden Fassung) beurteilen sie die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des Bundesamtes frei wählen (Abs. 1). Die regionalen ärztlichen Dienste können bei Bedarf selber ärztliche Untersuchungen von Versicherten durchführen. Sie halten die Untersuchungsergebnisse schriftlich fest (Abs. 2). Sofern die RAD-Untersuchungsberichte den Anforderungen an ein ärztliches Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) genügen, auch hinsichtlich der erforderlichen ärztlichen Qualifikationen (Urteil I 142/07 vom 20. November 2007 E. 3.2.3), haben sie einen vergleichbaren Beweiswert wie ein anderes Gutachten (Urteile 9C_76/2008 vom 30. September 2008 E. 3.4, 9C_678/2007 vom 30. September 2007, 9C_773/2007 vom 23. Juni 2008 E. 5.3, 9C_657/2007 vom 12. Juni 2008 E. 2.3 und 3.2; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 827/05 vom 18. Oktober 2006 E. 3; vgl. auch Urteil 8C_756/2008 vom 4. Juni 2009 E. 5.3 e contrario). Der RAD-Bericht vom 10. Januar 2008 stellt einen Bericht nach Art. 49 Abs. 2 IVV dar. Er wurde von einem Facharzt erstellt, welcher Kenntnis aller relevanten medizinischen Akten hatte und eine eigene Untersuchung durchführte. Unabhängig von der Frage, ob der Bericht als Gutachten im Sinne von Art. 44 ATSG zu qualifizieren ist, hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, wenn sie ihm Beweiswert zuerkannte und in dem von der Beurteilung des RAD-Psychiaters abweichenden Verlaufsbericht des behandelnden Psychiaters Dr. med. S._ vom 16. November 2007 keinen Anlass für weitere Abklärungen erblickte (vgl. E. 4.3). 3.3.2 Gemäss dem intertemporalrechtlich hier anwendbaren Art. 59 Abs. 2bis IVG (in Kraft seit 1. Januar 2008) setzen die regionalen ärztlichen Dienste die für die Invalidenversicherung nach Artikel 6 ATSG massgebende funktionelle Leistungsfähigkeit der Versicherten fest, eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder Tätigkeit im Aufgabenbereich auszuüben. Nach Art. 49 IVV (in der seit 1. Januar 2008 in Kraft stehenden Fassung) beurteilen sie die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des Bundesamtes frei wählen (Abs. 1). Die regionalen ärztlichen Dienste können bei Bedarf selber ärztliche Untersuchungen von Versicherten durchführen. Sie halten die Untersuchungsergebnisse schriftlich fest (Abs. 2). Sofern die RAD-Untersuchungsberichte den Anforderungen an ein ärztliches Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) genügen, auch hinsichtlich der erforderlichen ärztlichen Qualifikationen (Urteil I 142/07 vom 20. November 2007 E. 3.2.3), haben sie einen vergleichbaren Beweiswert wie ein anderes Gutachten (Urteile 9C_76/2008 vom 30. September 2008 E. 3.4, 9C_678/2007 vom 30. September 2007, 9C_773/2007 vom 23. Juni 2008 E. 5.3, 9C_657/2007 vom 12. Juni 2008 E. 2.3 und 3.2; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 827/05 vom 18. Oktober 2006 E. 3; vgl. auch Urteil 8C_756/2008 vom 4. Juni 2009 E. 5.3 e contrario). Der RAD-Bericht vom 10. Januar 2008 stellt einen Bericht nach Art. 49 Abs. 2 IVV dar. Er wurde von einem Facharzt erstellt, welcher Kenntnis aller relevanten medizinischen Akten hatte und eine eigene Untersuchung durchführte. Unabhängig von der Frage, ob der Bericht als Gutachten im Sinne von Art. 44 ATSG zu qualifizieren ist, hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, wenn sie ihm Beweiswert zuerkannte und in dem von der Beurteilung des RAD-Psychiaters abweichenden Verlaufsbericht des behandelnden Psychiaters Dr. med. S._ vom 16. November 2007 keinen Anlass für weitere Abklärungen erblickte (vgl. E. 4.3). 3.4 3.4.1 Nach dem Wortlaut des Gesetzes gilt Art. 44 ATSG, wenn der Versicherungsträger ein Gutachten einer oder eines «unabhängigen Sachverständigen» einholen muss. Unklar ist, ob «unabhängig» meint versicherungsextern oder unabhängig im medizinischen Sachentscheid im Einzelfall, wie in Art. 59 Abs. 2bis IVG in Bezug auf die regionalen ärztlichen Dienste festgehalten (vgl. auch BGE 132 V 376 E. 6.2 S. 381). Gemäss dem vor Inkrafttreten des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts u.a. im Verfahren der Unfallversicherung (sinngemäss) anwendbaren Art. 57 Abs. 1 BZP gelten als Sachverständige Drittpersonen, die - von einer Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde - aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse zur Aufklärung des Sachverhaltes beigezogen werden. Dazu zählen ungeachtet ihrer fachlichen Qualifikation nicht Personen, die eine Verfügung zu treffen oder vorzubereiten haben (vgl. Art. 10 Abs. 1 VwVG und Art. 36 Abs. 1 ATSG). Auf die Stellungnahmen von Verwaltungsärzten sind deshalb die nach Art. 19 VwVG i.V.m. Art. 57 ff. BZP geltenden Verfahrensvorschriften nicht anwendbar, auch wenn sie materiell Gutachtenscharakter aufweisen (BGE 123 V 331 E. 1b S. 332). Die Entstehungsgeschichte von Art. 44 ATSG, soweit vorliegend von Bedeutung, zeigt Folgendes: An der Sitzung der Subkommission ATSG der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 8. Mai 1995 wurde bei der Diskussion der bei der Bestellung der Gutachter zu wahrenden Garantien die Frage aufgeworfen, ob der ärztliche Dienst der SUVA abgelehnt werden könnte. Die Frage wurde verneint u.a. mit dem Hinweis darauf, dass es hier um die Begutachtung durch den Experten gehe, der von der Versicherung unabhängig sei. In der parlamentarischen Debatte vom 17. Juni 1999 führte der Berichterstatter der Kommission aus, dass das Recht, einen ernannten Gutachter aus triftigen Gründen abzulehnen, für die verwaltungsinternen Gutachter - beispielsweise für diejenigen der SUVA - nicht gelte (AB 1999 N 1244 [Rechsteiner]). Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates stimmte an ihrer Sitzung vom 6. September 1999 dem Beschluss des Nationalrates diskussionslos zu. Im Plenum führte der Kommissionssprecher aus, es sei klar festzuhalten, dass die aus der Militärversicherung übernommene Regelung, wonach ein ernannter Gutachter aus triftigen Gründen abgelehnt werden könne, für die verwaltungsinternen Gutachter, beispielsweise für diejenigen im Bereich der Träger der obligatorischen Unfallversicherung, nicht gelte. Daran habe die Kommission nichts ändern wollen (AB 2000 S 182 [Schiesser]). Der Gesetzgeber wollte somit klar Art. 44 ATSG (Art. 52 des Entwurfs) nicht auf versicherungsinterne Ärzte angewendet haben. Dies hat als Auslegungsergebnis zu gelten (vgl. zur Bedeutung der Gesetzesmaterialien bei der Interpretation neuerer Texte BGE 131 II 710 E. 4.1 S. 716; in diesem Sinne auch Andreas Freivogel, Zu den Verfahrensbestimmungen des ATSG, in: Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG], 2003, S. 100 ff.; a.M. Kieser, ebd., N. 9 zu Art. 44 ATSG und dort erwähnte Lehre). Es entspricht auch der Regelung im allgemeinen Verwaltungsrecht: Wo die Verwaltung mit eigenem Sachverstand Untersuchungen durchführt, gelten diese nicht als Gutachten im Sinne von Art. 12 lit. e VwVG, so dass nicht die Verfahrensvorschriften von Art. 57 ff. BZP (i.V.m. Art. 19 VwVG) anwendbar sind (Patrick L. Krauskopf/Katrin Emmenegger, in: VwVG Praxiskommentar Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2009, N. 147 zu Art. 12 VwVG; Christoph Auer und andere, Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2008, N. 55 zu Art. 12 VwVG). In Bezug auf gesetzliche Ausstands- und Ablehnungsgründe gemäss Art. 36 Abs. 1 ATSG resp. Art. 10 Abs. 1 VwVG, welche auch bei versicherungsinternen Gutachtern gelten, werden in der Beschwerde mit Bezug auf den RAD-Bericht vom 10. Januar 2008 keine substantiierten Einwendungen gemacht. 3.4.2 Nach Art. 59 IVG haben sich die IV-Stellen so zu organisieren, dass sie ihre Aufgaben nach Artikel 57 unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der Weisungen des Bundes fachgerecht und effizient durchführen können (Abs. 1). Sie richten interdisziplinär zusammengesetzte regionale ärztliche Dienste ein (Abs. 2 Satz 1). Die regionalen ärztlichen Dienste stehen den IV-Stellen zur Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs zur Verfügung (Abs. 2bis Satz 1). Die IV-Stellen können Spezialisten der Invalidenhilfe, Experten, medizinische und berufliche Abklärungsstellen sowie Dienste anderer Sozialversicherungsträger beiziehen (Abs. 3). Das Bundesamt übt die fachliche und administrative Aufsicht über die IV-Stellen und über die regionalen ärztlichen Dienste aus. Insbesondere erteilt es den regionalen ärztlichen Diensten im medizinischen Fachbereich allgemeine Weisungen (Art. 64a Abs. 1 Ingress und lit. c und Abs. 2 IVG). Das Gesetz unterscheidet somit klar zwischen regionalen ärztlichen Diensten, welche unter fachlicher (und administrativer) Aufsicht der zuständigen Bundesbehörde stehen, einerseits, und (externen) medizinischen Experten, welche im Einzelfall beigezogen werden können, anderseits. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die regionalen ärztlichen Dienste nach dem Vorbild der im Bereich der Unfallversicherung geltenden Regelung die Kompetenz haben, selber medizinische Untersuchungen durchzuführen, um sich bei unklaren und komplexen Situationen ein Bild im Hinblick auf Zusatzabklärungen machen zu können (vgl. die Voten in der parlamentarischen Debatte zur 4. IV-Revision gemäss Bundesgesetz vom 21. März 2003 [AS 2003 3837], AB 2001 N 1965 ff., AB 2002 S 771 ff. und N 1903 sowie 2003 S 102 f.; vgl. auch Botschaft vom 22. Juni 2005 zur 5. IV-Revision, BBl 2005 4572, wo die Ärzte und Ärztinnen der RAD als Versicherungsärzte und -ärztinnen bezeichnet werden). Die regionalen ärztlichen Dienste gehören somit zur Verwaltung und deren Berichte und Gutachten stellen versicherungsinterne Dokumente dar, welche von Art. 44 ATSG nicht erfasst werden. 3.5 Es stellt somit keine Verletzung von Art. 44 ATSG dar, dass dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die psychiatrische Untersuchung vom 10. Januar 2008 durch den regionalen ärztlichen Dienst weder vorgängig der Name des untersuchenden Arztes bekannt gegeben noch erwähnt wurde, es handle sich um eine Begutachtung. Die erstmals vor Bundesgericht erhobene Rüge, er habe vor Erlass der rentenherabsetzenden Verfügung vom 21. April 2008 keine Gelegenheit erhalten, zum RAD-Bericht vom 10. Januar 2008 Stellung zu nehmen, ist unbegründet, wurden ihm doch im Rahmen der Vorbescheidverfahrens die Akten zugestellt und hat er sich mit Eingabe vom 21. Februar 2008 auch zum Bericht vom 10. Januar 2008 geäussert. 4. 4.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG), und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die konkrete Beweiswürdigung ist wie die darauf beruhende Sachverhaltsfeststellung ebenfalls nur unter diesem eingeschränkten Blickwinkel überprüfbar (Urteile 9C_801/2008 vom 6. Januar 2009 E. 2.2 und 9C_410/2008 vom 8. September 2008 E. 3.3.1). Demgegenüber ist die Beachtung der Beweiswürdigungsregeln durch das kantonale Versicherungsgericht nach Art. 61 lit. c ATSG eine Rechtsfrage und als solche im Rahmen der den Parteien obliegenden Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei überprüfbar (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil 9C_270/2008 vom 12. August 2008 E. 2.2). Die unvollständige Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen sowie die Nichtbeachtung des Untersuchungsgrundsatzes nach Art. 61 lit. c ATSG durch das kantonale Versicherungsgericht stellen eine Verletzung von Bundesrecht nach Art. 95 lit. a BGG dar (Urteil 9C_802/ 2008 vom 22. Dezember 2008 E. 1.1 mit Hinweisen). 4.2 Der psychiatrische Facharzt des RAD Dr. med. H._ hielt in seinem Bericht vom 10. Januar 2008 über die Untersuchung vom selben Tag fest, es könnten im Vergleich zum Aktenbefund (des behandelnden Psychiaters Dr. med. S._) vom 2. Dezember 2006 heute keine psychiatrischen Befunde mehr erhoben werden, welche sich zu einer ICD-F 10-Diagnose zusammenfassen liessen. Aus psychiatrischer Sicht müsse demzufolge von einer gesundheitlichen Verbesserung seither ausgegangen werden. Der Versicherte wäre für jede berufliche Tätigkeit geeignet, die seinem Körperleiden nicht entgegenstehe. Der seit 1999 behandelnde Psychiater Dr. med. S._ hatte in dem von der IV-Stelle eingeholten Verlaufsbericht vom 16. November 2007 einen stationären Gesundheitszustand, insgesamt keine veränderten Befunde bei unbefriedigendem Verlauf angegeben und Tätigkeiten resp. Belastungen, wie bisher, nicht als zumutbar bezeichnet. 4.3 Die Vorinstanz hat dem Bericht des Dr. med. H._ vom 10. Januar 2008 vollen und damit gegenüber dem Verlaufsbericht des Dr. med. S._ vom 16. November 2007 höheren Beweiswert zuerkannt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, beim Bericht des RAD-Arztes vom 10. Januar 2008 handle es sich um ein Gutachten. Es bestünden keine Hinweise, dass die Expertise nicht objektiv sei. Mit Bezug auf den abweichenden Verlaufsbericht des behandelnden Psychiaters sei auf die Erfahrungstatsache hinzuweisen, dass Hausärzte mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagten (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353). Dieser Bericht sei zudem sehr kurz gehalten, weshalb die IV-Stelle erst ein Gutachten in Auftrag gegeben habe. Ohne Begründung sei nicht zu sehen, weshalb weiter von der bisherigen Diagnose auszugehen wäre, wenn Dr. med. S._ doch selbst festhalte, der Beschwerdeführer leide vorwiegend an Angst und nicht mehr an einer Depression und der psychische Zustand werde vorwiegend von reaktiven Faktoren beeinflusst. 4.3 Die Vorinstanz hat dem Bericht des Dr. med. H._ vom 10. Januar 2008 vollen und damit gegenüber dem Verlaufsbericht des Dr. med. S._ vom 16. November 2007 höheren Beweiswert zuerkannt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, beim Bericht des RAD-Arztes vom 10. Januar 2008 handle es sich um ein Gutachten. Es bestünden keine Hinweise, dass die Expertise nicht objektiv sei. Mit Bezug auf den abweichenden Verlaufsbericht des behandelnden Psychiaters sei auf die Erfahrungstatsache hinzuweisen, dass Hausärzte mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagten (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353). Dieser Bericht sei zudem sehr kurz gehalten, weshalb die IV-Stelle erst ein Gutachten in Auftrag gegeben habe. Ohne Begründung sei nicht zu sehen, weshalb weiter von der bisherigen Diagnose auszugehen wäre, wenn Dr. med. S._ doch selbst festhalte, der Beschwerdeführer leide vorwiegend an Angst und nicht mehr an einer Depression und der psychische Zustand werde vorwiegend von reaktiven Faktoren beeinflusst. 4.4 4.4.1 Der Beschwerdeführer bestreitet zu Recht nicht, dass auch Berichte der regionalen ärztlichen Dienste Beweiswert haben können (E. 3.3.2) und darauf abgestellt werden kann, sofern sie den von der Rechtsprechung formulierten inhaltlichen Anforderungen genügen (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352), insbesondere als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar begründet und in sich widerspruchsfrei sind (BGE 122 V 157 E. 1d S. 162). Sodann verletzt es nicht Bundesrecht, auch bei der Würdigung von Berichten behandelnder Ärzte zu berücksichtigen, dass deren Beurteilung mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zu Gunsten der Patienten ausfällt (Urteile 8C_812/2007 vom 6. Oktober 2008 E. 8.2, 8C_772/2007 vom 6. Mai 2008 E. 5.2.3 und 6B_547/2007 vom 1. Februar 2008 E. 2.3). Immerhin ist bei der Anwendung dieser Beweiswürdigungsregel im vorliegenden Fall zu beachten, dass die IV-Stelle bei der Rentenzusprechung 2001 und auch bei der Bestätigung der Rente 2005 im Rahmen der zweiten Revision von Amtes wegen in psychiatrischer Hinsicht jeweils auf die Beurteilung des Dr. med. S._ abgestellt hatte. Insofern ist dessen Verlaufsbericht vom 16. November 2007 in Bezug auf die zentrale Frage der Änderung des Gesundheitszustandes im Vergleichszeitraum ein höheres Gewicht beizumessen als einem einmaligen Bericht des behandelnden Arztes, wie in der Beschwerde sinngemäss vorgebracht wird. Daran ändert entgegen der Auffassung der Vorinstanz nichts, dass der Bericht vom 16. November 2007 sehr kurz gehalten war. Er wurde in Art und Umfang wie die früheren Berichte verfasst. Anderseits war die IV-Stelle nicht verpflichtet, einen ausführlicheren Bericht einzuholen. Sie durfte die Frage einer Änderung des Gesundheitszustandes und der Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht durch ihren ärztlichen Dienst beurteilen lassen. Im Rahmen pflichtgemässer Beweiswürdigung konnte sie sodann davon absehen, beim behandelnden Arzt eine Stellungnahme zum RAD-Bericht vom 10. Januar 2008 einzuholen. In dieser antizipierten Beweiswürdigung kann keine Gehörsverletzung (Art. 42 ATSG) und auch kein Verstoss gegen den Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1 ATSG) erblickt werden (9C_561/2007 vom 11. März 2008 E. 5.2.1 mit Hinweisen). Insgesamt kann der Vorinstanz keine Verletzung von Beweiswürdigungsregeln vorgeworfen werden. 4.4.2 Im Weitern trifft zwar zu, dass Dr. med. H._ von einer Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes gegenüber dem Befund im Bericht des Dr. med. S._ vom 2. Dezember 2006 an eine Lebensversicherungsgesellschaft ausging. Daraus kann indessen nicht gefolgert werden, der RAD-Psychiater habe den Verlaufsbericht des behandelnden Psychiaters vom 16. November 2007 übergangen, wie in der Beschwerde geltend gemacht wird. Zum einen führte Dr. med. H._ diesen Bericht unter den eingesehenen medizinischen Akten an. Zum andern verwies Dr. med. S._ im Bericht vom 16. Dezember 2007 in Bezug auf den Gesundheitszustand ausdrücklich auf den Bericht vom 2. Dezember 2006. Auch die weiteren Vorbringen in der Beschwerde vermögen den Beweiswert des RAD-Berichts vom 10. Januar 2008 nicht zu mindern. Sie betreffen denn auch nicht direkt diesen Bericht, sondern die vorinstanzliche Beweiswürdigung. Diesbezüglich ist dem Beschwerdeführer zwar darin beizupflichten, dass sich aus dem Verlaufsbericht vom 16. November 2007 keine Änderung des Gesundheitszustandes herleiten lässt. Die gemäss Vorinstanz den Schluss auf eine Verbesserung aus psychiatrischer Sicht stützenden Aussagen in diesem Bericht (vgl. E. 4.3 hiervor) werden im angefochtenen Entscheid ungenau und unvollständig wiedergegeben. Insbesondere äusserte sich Dr. med. S._ nicht in dem Sinne, der Beschwerdeführer leide nicht mehr an Depressionen. Der insoweit berechtigte Einwand ist indessen nicht streitentscheidend. Im Schreiben vom 30. August 2001 an die IV-Stelle, welches Grundlage für die Heraufsetzung der halben auf eine ganze Rente bildete, hatte Dr. med. S._ die Diagnosen Angst schweren Grades und Depression leichten Grades gestellt. Verglichen damit und somit auch bezogen auf den revisionsrechtlich massgebenden Referenzzeitpunkt (Februar 2002) ist aufgrund des RAD-Berichts vom 10. Januar 2008, dem voller Beweiswert zukommt, von einer Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes auszugehen, wie die Vorinstanz im Ergebnis nicht offensichtlich unrichtig festgestellt hat. 5. Die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung ist weiter nicht angefochten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung (vgl. BGE 125 V 413 E. 1b und 2c S. 415 ff.; 110 V 48 E. 4a S. 53). Der angefochtene Entscheid verletzt Bundesrecht nicht. 6. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG)
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, der Ausgleichskasse der Aargauischen Industrie- und Handelskammer und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 6. Juli 2009 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Meyer Fessler
4c70e1ab-baff-48b3-bb3d-a2be95f64610
de
2,009
CH_BGer_009
Federation
null
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Sachverhalt: A. A.a Der 1959 geborene K._ erlitt im Mai 1989 und März 1995 je einen Berufsunfall mit Beteiligung des rechten Kniegelenks. Am 6. Mai 1999 und 15. Februar 2002 wurden arthroskopische Eingriffe durchgeführt. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) kam für die gesundheitlichen und erwerblichen Unfallfolgen auf und richtete Taggelder aus, u.a. im Zeitraum vom 14. September 1989 bis 31. Juli 2000 und vom 7. Februar 2001 bis 11. August 2003 auf Grund einer Arbeitsunfähigkeit von 100 %. Die IV-Stelle Basel-Stadt, bei welcher sich K._ im April 2001 zum Rentenbezug angemeldet hatte, übernahm mit Verfügungen vom 6. August 2003 und 24. Februar 2004 die Umschulung zum Kaufmann mit Eidg. Fähigkeitszeugnis und Handelsdiplom VSH. Wegen unbegründeter Absenzen verfügte sie am 26. Oktober 2004 den sofortigen Abbruch der Massnahme, wogegen der Versicherte Einsprache erhob. Da vermehrt Beschwerden im rechten Knie bestanden, schlug der behandelnde Arzt Dr. med. F._ eine ausgedehnte Gelenkstoilette mit Osteophytenresektion am rechten Knie vor. Zu diesem Zweck sollte K._ am 9. Februar 2005 ins Spital Z._ eintreten. Der Kreisarzt der SUVA, Dr. med. I._, hielt zudem in seinem Bericht über die Untersuchung vom 24. November 2004 fest, es bestehe dringender Verdacht auf eine mediale Meniskusläsion am linken Kniegelenk. Er schlug bei Einwilligung des Versicherten eine arthroskopische Teilmeniskektomie links vor. A.b Am 26. Januar 2005 verstarb K._. Sämtliche Erben, darunter die am 28. November 1990 geborene, bei ihrer Mutter lebende (ältere) Tochter S._, schlugen die Erbschaft aus. Am ... 2005 wurde über den Nachlass der Konkurs eröffnet. Am ... 2006 schloss das Konkursamt das summarisch durchgeführte Verfahren. A.c Die IV-Stelle schrieb mit Entscheid vom 2. Juni 2005 die Einsprache des K._ sel. gegen den Abbruch der Umschulung zum Kaufmann als gegenstandslos geworden ab. Mit Verfügungen vom 27. Februar 2006 stellte sie fest, dass der verstorbene Versicherte für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 2000 und vom 1. Februar 2001 bis 31. März 2003 Anspruch auf eine ganze Invalidenrente sowie u.a. auf zwei Kinderrenten für die beiden Töchter gehabt habe und setzte die Leistungen fest. Die Rentenbetreffnisse von insgesamt Fr. 97'612.- zahlte die Ausgleichskasse Basel-Stadt an das Konkursamt, welches eine Nachverteilung vornahm. Nach Deckung aller Forderungen verblieb ein Überschuss von Fr. 29'289.85, welcher an das Erbschaftsamt zur Auszahlung an die Erben überwiesen wurde. N._, die Mutter von S._, liess gegen die Verfügungen vom 27. Februar 2006 Einsprache erheben, welche die IV-Stelle mit Entscheid vom 22. August 2007 abwies. B. Die Beschwerde der N._ wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt nach zweifachem Schriftenwechsel, Beizug der Pensionskasse X._ AG zum Verfahren und nach Einsichtnahme in die Unfallversicherungsakten mit Entscheid vom 3. Dezember 2008 ab. C. N._ und S._ lassen gemeinsam Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid seien aufzuheben und die IV-Stelle sei zu verpflichten, vom 1. April 2000 bis 31. März 2003 eine ganze Rente und ab 1. April 2003 eine Viertelsrente der Invalidenversicherung auszurichten, unter Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und unter Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung. IV-Stelle und kantonales Sozialversicherungsgericht beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. D. Der Instruktionsrichter hat beim Rechtsvertreter von N._ und S._ eine Beweisauskunft betreffend die konkursamtliche Liquidation der ausgeschlagenen Erbschaft des K._ sel. eingeholt.
Erwägungen: 1. Die Verfügungen vom 27. Februar 2006 und der Einspracheentscheid vom 22. August 2007 waren auch der Pensionskasse X._ AG eröffnet worden, bei welcher Firma der verstorbene Versicherte bis Ende September 1998 angestellt gewesen war. Die Vorinstanz hat diese Vorsorgeeinrichtung zum Verfahren beigeladen. Davon kann für das letztinstanzliche Verfahren abgesehen werden. Einschliesslich der Nachdeckungsfrist gemäss Art. 10 Abs. 3 BVG bestand längstens bis 31. Oktober 1998 Versicherungsdeckung im Rahmen der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge bei der Pensionskasse X._ AG. Wegen verspäteter Anmeldung im April 2001 (mehr als zwei Jahre später) musste die IV-Stelle keine Feststellungen zum genauen Zeitpunkt der Entstehung des Rentenanspruchs resp. der Eröffnung der Wartezeit nach aArt. 29 Abs. 1 lit. b IVG treffen. Die Verfügungen, der Einspracheentscheid und auch der vorinstanzliche Entscheid enthalten somit in Bezug auf den berufsvorsorgerechtlich relevanten Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nach aArt. 23 BVG (seit 1. Januar 2005: Art. 23 lit. a BVG) keine für die Vorsorgeeinrichtung verbindlichen Vorgaben. Diese wäre denn auch nicht berechtigt gewesen, gegen die Verfügungen vom 27. Februar 2006 Einsprache und gegen den Einspracheentscheid vom 22. August 2007 Beschwerde zu erheben (vgl. Urteile 9C_18/2009 vom 7. April 2009 E. 2.2, 8C_539/2008 vom 13. Januar 2009 und 9C_414/2007 vom 25. Juli 2008). 2. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen die formellen Gültigkeitserfordernisse auch des vorinstanzlichen Verfahrens. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben, wenn das kantonale Versicherungsgericht in der Sache entschieden hat, obschon es an einer Eintretensvoraussetzung fehlte (BGE 132 V 93 E. 1.2 S. 95 mit Hinweis; vgl. auch BGE 123 V 280 E. 1 S. 283). 2.1 Nach dem kraft Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1 IVG auch in Streitigkeiten betreffend eine Rente der Invalidenversicherung anwendbaren Art. 59 ATSG ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung oder den Einspracheentscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Der Begriff des schutzwürdigen Interesses für das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht ist gleich auszulegen wie derjenige nach Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG für das Verfahren der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem Bundesgericht (BGE 134 II 120 E. 2.1 S. 122; 133 II 400 E. 2.2 S. 404; SVR 2009 BVG Nr. 27 S. 97, 8C_539/2008 E. 2.1). Ein schutzwürdiges Interesse liegt somit vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des oder der Rechtsuchenden durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann. Dabei wird verlangt, dass die Beschwerde führende Person durch den angefochtenen Verwaltungsakt (Verfügung oder Einspracheentscheid) stärker als jedermann betroffen ist und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht (BGE 133 V 239 E. 6.2 S. 242; 120 Ib 48 E. 2a S. 51 f.). 2.1.1 Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren war N._, die Mutter der damals noch unmündigen Tochter S._ des am 26. Januar 2005 verstorbenen Versicherten. Sie beantragte zur Hauptsache die Aufhebung des Einspracheentscheides vom 22. August 2007 und die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente rückwirkend per Anspruchsbeginn. Das kantonale Gericht hat die Beschwerdeberechtigung der Mutter von S._ als Inhaberin der elterlichen Sorge für die Tochter im Sinne einer Prozessstandschaft bejaht. Es hat erwogen, es gehe um deren Anspruch auf eine Kinderrente nach Art. 35 Abs. 1 IVG und eine Waisenrente nach Art. 20 BVG. Der Anspruch auf Hinterlassenenleistungen der beruflichen Vorsorge setze voraus, dass der verstorbene Vater von der Vorsorgeeinrichtung im Zeitpunkt des Todes eine Alters- oder Invalidenrente erhalten habe (Art. 18 lit. d BVG). S._ habe somit ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des Einspracheentscheids, welcher für die Zeit vom 1. August 2000 bis 31. Januar 2001 und ab 1. April 2003 den Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung verneine. In der Beschwerde war zudem ausgeführt worden, gemäss neuerer Praxis seien Erben legitimiert, wenn die Voraussetzungen nach Art. 103 lit. a OG erfüllt seien, was in casu zutreffe. 2.1.2 Der Anspruch auf Kinderrente nach Art. 35 Abs. 1 IVG steht dem rentenbeziehenden Elternteil zu und nicht dem Kind, für dessen Unterhalt die einzelnen Betreffnisse bestimmt sind (BGE 134 V 15 E. 2.3.3 und 2.3.4 S. 17; Urteil 5A_104/2009 vom 19. März 2009 E. 2.1). Ein zu Lebzeiten entstandener Rentenanspruch geht mit dem Tod des Berechtigten auf dessen Erben über (Art. 560 Abs. 2 ZGB; BGE 99 V 165 E. 2a S. 167; Urteil 8C_146/2008 vom 22. April 2008 E. 1.1; Hans Michael Riemer, Vererblichkeit und Unvererblichkeit von Rechten und Pflichten im Privatrecht und im öffentlichen Recht, in: recht 1/2006, S. 31). In BGE 99 V 58 entschied das Eidg. Versicherungsgericht, dass nicht nur die Erben gemeinsam zu gesamter Hand (Art. 602 Abs. 2 ZGB), sondern auch einzelne Mitglieder der Erbengemeinschaft zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend vermögensrechtliche Interessen des Nachlasses berechtigt sind, sofern sie die Bedingungen von Art. 103 lit. a OG erfüllen (ebenso ARV 1980 Nr. 30, C 90/79 E. 1 und AHI 1995 S. 92, I 147/92 E. 2). Zu den vermögensrechtlichen Interessen des Nachlasses gehören auch der Umfang des Anspruchs auf eine Kinderrente der Invalidenversicherung bis zum Tod des Versicherten sowie Höhe und Beginn der Leistung. Im Urteil U 201/98 vom 30. März 1999 liess das Eidg. Versicherungsgericht unter Hinweis auf das Urteil der I. Öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts A.30/1986 vom 8. Juli 1987, publiziert in: ZBl 89/1988 S. 553, offen, ob an der Rechtsprechung, wonach einzelne Mitglieder einer Erbengemeinschaft zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend vermögensrechtlicher Interessen des Nachlasses berechtigt sind, sofern die Bedingungen von Art. 103 lit. a OG erfüllt sind, festzuhalten sei. Im Urteil 8C_146/2008 vom 22. April 2008, publiziert in: SVR 2008 UV Nr. 20 S. 74, hat die I. sozialrechtliche Abteilung entschieden, dass einzelne Mitglieder einer Erbengemeinschaft nach Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG selber berechtigt sind, in einer sozialversicherungsrechtlichen Leistungsstreitigkeit Beschwerde beim Bundesgericht zu erheben (vgl. auch Urteil 1C_73/2008 vom 1. Oktober 2008 E. 1.4, nicht publiziert in: BGE 134 II 308, aber in ZBl 109/2008 S. 593). Die Beschwerdelegitimation der kurz vor Erlass des angefochtenen Entscheids am 28. November 2008 mündig gewordenen S._ ist somit grundsätzlich zu bejahen. 2.2 Sämtliche (nächsten gesetzlichen) Erben des verstorbenen Versicherten, darunter auch S._, schlugen die Erbschaft aus. Der Nachlass wurde durch das Konkursamt liquidiert (Art. 573 Abs. 1 ZGB; Art. 193 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 SchKG; SJ 2006 I S. 365, 4C.252/2005 E. 4). Dabei wurde das Verfahren nicht mangels Aktiven eingestellt (Art. 230a Abs. 1 SchKG). Ebenfalls hatte keiner der Erbberechtigten vor Schluss des Verfahrens den Antritt der Erbschaft erklärt und für die Bezahlung der Schulden hinreichende Sicherheit geleistet, was zur Einstellung der konkursamtlichen Liquidation geführt hätte (Art. 196 SchKG). Am 18. Januar 2006 schloss das zuständige Zivilgericht das Konkursverfahren. In diesem Zeitpunkt waren lediglich die in der 1. Klasse kollozierten Forderungen voll gedeckt. Die übrigen Forderungen blieben in der Höhe von insgesamt Fr. 68'322.15 ungedeckt. Gestützt auf die Verfügungen der IV-Stelle Basel-Stadt vom 27. Februar 2006 zahlte die kantonale Ausgleichskasse Fr. 97'612.- an das Konkursamt, was zu einer Nachverteilung unter den Gläubigern führte. Es verblieb ein Überschuss von Fr. 29'289.85, welcher an das Erbschaftsamt zur Verteilung unter den Erben überwiesen wurde (Art. 269 Abs. 1 SchKG). 2.2.1 2.2.1.1 Die Ausschlagung der Erbschaft hat den Verlust der Erbenstellung resp. der Erbenqualität zur Folge (Paul-Henri Steinauer, Le droit des successions, 2006, S. 462 ff. N. 951 und 982; Jean Nicolas Druey, Grundriss des Erbrechts, 5. Aufl. 2002, S. 222 N. 42). Ausschlagende Erben verzichten auf ihr Erbrecht (Arnold Escher, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1960, N. 9 zu Art. 573 ZGB). Ein zu Lebzeiten entstandener Anspruch der verstorbenen Person auf eine Rente der Invalidenversicherung geht mit deren Tod somit nicht - endgültig - auf ihre die Erbschaft ausschlagenden Erben über (resolutiv bedingter Erwerb; Escher, a.a.O., N. 6 f. Vorbemerkungen zu Art. 560 ZGB), sondern fällt in die Konkursmasse der ausgeschlagenen Erbschaft (BGE 119 V 165 E. 3c S. 168). 2.2.1.2 Gemäss Art. 573 Abs. 2 ZGB wird zwar ein allfälliger Überschuss in der Liquidation nach Deckung der Schulden den Berechtigten überlassen, wie wenn keine Ausschlagung stattgefunden hätte. Diese Vorschrift macht indessen eine rechtsgültige Ausschlagung mit Bezug auf bestimmte (nachträglich entdeckte) Aktiven des Nachlasses nicht wirkungslos (vgl. Escher, a.a.O., N. 14 in fine zu Art. 573 ZGB). Die Berechtigung am Liquidationserlös besteht nicht als (insoweit wieder eingesetzte) Erben (Tuor/Picenoni, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1964, N. 9 zu Art. 573 ZGB). Vielmehr handelt es sich um einen Anspruch obligationenrechtlicher Natur gegen die ausgeschlagene Erbschaft, vergleichbar dem Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen die Erben auf Herausgabe des Vermachten (Escher, a.a.O., N. 13 zu Art. 573 ZGB; Bernhard Schnyder und andere, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl. 2009, N. 10 S. 615; diesbezüglich unklar Paul Piotet, Erbrecht, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. IV/2, S. 560). Aus einem Überschuss in der konkursamtlichen Liquidation des ausgeschlagenen Nachlasses werden denn auch zuerst die Vermächtnisse entrichtet (Escher und Tuor/Picenoni, a.a.O., je N. 8 zu Art. 573 ZGB; Schnyder und andere, a.a.O., N. 11 S. 722; Ivo Schwander, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 3. Aufl. 2007, N. 6 zu Art. 573 ZGB). 2.2.2 Art. 573 Abs. 2 ZGB gibt den ausschlagenden Erben lediglich Anspruch auf das positive Ergebnis der Liquidation. Die Bestimmung kommt erst zur Anwendung, wenn alle Aktiven liquidiert und alle Nachlassschulden gedeckt sind. Die Rechte der Gläubiger des Erblassers gehen der Berechtigung der ausschlagenden Erben zur Geltendmachung von umstrittenen Rechtsansprüchen jedenfalls vor und dürfen nicht geschmälert oder gefährdet werden. Gestützt auf Art. 573 Abs. 2 ZGB können somit keine Liquidationshandlungen mehr durchgeführt werden. 2.2.2.1 Zur Liquidation gehört auch das Recht, einen umstrittenen Rechtsanspruch durchzusetzen. Handelt es sich bei diesem Aktivum um eine anfechtbare Rentenverfügung, sind - abgesehen von den in Art. 196 und 230a Abs. 1 SchKG geregelten Tatbeständen - die Gesamtheit der Gläubiger oder bei deren Verzicht die Abtretungsgläubiger nach Art. 260 Abs. 1 SchKG (vgl. dazu Kurt Amonn/ Fridolin Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, N. 32 S. 431) berechtigt, an Stelle des ausgeschlagenen Nachlasses in konkursamtlicher Liquidation eine höhere Rente auf gerichtlichem Wege zu erstreiten (BGE 122 III 488 E. 3b S. 489). Wird trotz hinreichender Kenntnis von der Existenz und Massezugehörigkeit eine Rentenverfügung nicht angefochten, ist zu vermuten, dass die Konkursverwaltung und die Konkursgläubiger bewusst darauf verzichtet haben, wodurch der Konkursbeschlag als entfallen und die Verfügungsmacht der Masse darüber als wieder auf den Gemeinschuldner übergegangen gilt (BGE 116 III 96 E. 2a S. 98; Nicolas Jeandin, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2008, N. 13 zu Art. 269 SchKG; vgl. auch BGE 27 I 552). Im Falle der Liquidation einer ausgeschlagenen Erbschaft verbleibt sie bei der Masse. 2.2.2.2 Ergeht die Verfügung, wie vorliegend, erst nach Abschluss des Konkurses, wird der damit bejahte oder verneinte Anspruch in einem Nachkonkurs liquidiert, sofern er als neu entdeckt im Sinne von Art. 269 Abs. 1 SchKG zu gelten hat (vgl. dazu BGE 116 III 96). Dabei findet Art. 260 SchKG entsprechende Anwendung (Art. 269 Abs. 3 SchKG; Jeandin, a.a.O., N. 4 zu Art. 269 SchKG). Der zweifelhafte Rechtsanspruch resp. das Anfechtungsrecht ist denjenigen Gläubigern, welche im Konkurs zu Verlust gekommen sind, zur Abtretung anzubieten (Matthias Staehelin, in: Basler Kommentar, SchKG III, 1998, N. 22 zu Art. 269 SchKG). Im Nachkonkurs ist Art. 573 Abs. 2 ZGB ebenfalls grundsätzlich anwendbar (Zustimmung der I. zivilrechtlichen und der I. sozialrechtlichen Abteilung im Verfahren nach Art. 23 Abs. 2 BGG). Es kann offenbleiben, ob dasselbe auch für Art. 196 SchKG gilt und ein Erbberechtigter vor Schluss des Verfahrens den Antritt der Erbschaft in Bezug auf einen neu entdeckten zweifelhaften Rechtsanspruch nach Art. 269 Abs. 3 SchKG erklären kann. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die am Recht stehende ältere Tochter des Verstorbenen in diesem Sinne vorgegangen war. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass S._ weder erbrechtlich noch konkursrechtlich auf mehr als den Anteil am Überschuss in der Liquidation der ausgeschlagenen Erbschaft ihres verstorbenen Vaters Anspruch hat. Insbesondere hat sie kein eigenes Recht, die - im Original dem Erbschaftsamt eröffneten - Verfügungen vom 27. Februar 2006 anzufechten und allenfalls höhere Rentenleistungen zu erstreiten. Eine Beschwerdeführung "pro Adressat" (BGE 131 V 298 E. 4 S. 300) fällt schon deshalb ausser Betracht, weil die Forderungen der Gläubiger durch die zugesprochenen Rentenleistungen von Fr. 97'612.- vollumfänglich gedeckt wurden. Somit besteht im erb- und konkursrechtlichen Kontext auch kein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 48 VwVG, Art. 59 ATSG und Art. 89 Abs. 1 BGG der am Recht stehenden Tochter des verstorbenen Versicherten an der Geltendmachung einer höheren Rente in einem Einsprache- und verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren (Zustimmung der I. zivilrechtlichen und der I. sozialrechtlichen Abteilung im Verfahren nach Art. 23 Abs. 2 BGG). 2.3 Ob die Ausschlagung der Erbschaft durch S._ sinngemäss als nichtiger und daher unwirksamer Verzicht auf Versicherungsleistungen nach Art. 23 Abs. 1 ATSG aufzufassen ist mit der Folge, dass sie gleichwohl berechtigt ist, die Zusprechung lediglich einer befristeten Kinderrente zur Rente ihres verstorbenen Vaters anzufechten, kann offenbleiben. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, ergäbe sich daraus nichts zu ihren Gunsten. Gemäss Verteilungsplan im Konkurs des Nachlasses des verstorbenen Versicherten vom 19. Oktober 2006 wurden alle eingegebenen und kollozierten Forderungen, insbesondere für unbezahlt gebliebene und von der Sozialhilfe bevorschusste Alimente, vollumfänglich gedeckt. Durch die Ausschlagung der Erbschaft wurden somit keine im Sinne von Art. 23 Abs. 2 ATSG schutzwürdigen Interessen von anderen Personen, von Versicherungen oder Fürsorgestellen beeinträchtigt (vgl. dazu Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 16 ff. zu Art. 23 ATSG und SVR 2006 AHV Nr. 2, H 234/04 E. 6.1 und 6.2). 2.4 Die Einsprache- und Beschwerdeberechtigung von S._, bis zur Mündigkeit ausgeübt durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin, danach in eigenem Namen, ergibt sich auch nicht daraus, dass unter der Voraussetzung von Art. 18 lit. d BVG Anspruch auf eine Waisenrente der obligatorischen beruflichen Vorsorge nach Art. 20 BVG besteht. Ein erleichterten Voraussetzungen unterliegender reglementarischer Anspruch auf Hinterlassenenleistungen wird nicht geltend gemacht. Der Anspruch auf eine Waisenrente nach Art. 20 BVG fällt nicht in den Nachlass (BGE 129 III 305 E. 2.1 S. 307; vgl. auch BGE 134 V 15 E. 2.3.3 S. 17). Wie in E. 1 dargelegt, präjudiziert indessen der von der IV-Stelle festgesetzte Leistungsbeginn am 1. April 2000 den berufsvorsorgerechtlich relevanten Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat (aArt. 23 BVG), nicht. Dasselbe gilt somit auch in Bezug auf die für eine Waisenrente massgebende Frage, ob der Verstorbene im Zeitpunkt des Todes Anspruch auf eine Invalidenrente der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge hatte. Darüber hat gegebenenfalls auf Klage hin das örtlich zuständige Berufsvorsorgegericht nach Art. 73 BVG zu entscheiden. 2.5 Schliesslich wird zu Recht nicht geltend gemacht, die Mutter von S._ sei zur Anfechtung der Verfügungen vom 27. Februar 2006 mit Einsprache und des Einspracheentscheides vom 22. August 2007 mit Beschwerde in eigenem Namen berechtigt gewesen. Selbst bei gegebenem Anspruch auf Drittauszahlung der Kinderrente (Art. 35 Abs. 4 IVG in Verbindung mit Art. 82 IVV und Art. 71ter AHVV; BGE 134 V 15 E. 2.3.4 S. 17) hatte sie keine über den Auszahlungsmodus hinausgehende, den Leistungsanspruch als solchen grundsätzlich und umfangmässig betreffende Beschwerdebefugnis (BGE 130 V 560 E. 4.2 S. 568; vgl. auch SVR 2002 IV Nr. 5 S. 11, I 245/01 E. 4b und BGE 135 V 2 E. 1.1 S. 4). Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die IV-Stelle nicht auf die Einsprache gegen die Verfügungen vom 27. Februar 2006 hätte eintreten dürfen und die Vorinstanz die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 22. August 2007 mit dieser Begründung hätte abweisen müssen (vgl. BGE 129 V 289). Von einer förmlichen Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheide wird indessen abgesehen, auch aus prozessualen Gründen. 3. Bei diesem Prozessausgang ist das vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen in eigenem Namen gestellte Begehren um Zusprechung einer Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren von Fr. 2'150.- zuzüglich Auslagen von Fr. 150.- und 7,6 % Mehrwertsteuer im Falle des Obsiegens obsolet. Hingegen muss die vorinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung bestehen bleiben, weil ihre Aufhebung mit Art. 107 Abs. 1 BGG nicht vereinbar wäre. 4. Die Beschwerdeführerinnen als unterliegende Partei haben grundsätzlich die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann jedoch entsprochen werden (Art. 64 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a S. 202). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt, indes einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. 3. Advokat Jürg Tschopp wird als unentgeltlicher Anwalt der Beschwerdeführerinnen bestellt und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'200.- ausgerichtet. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Pensionskasse X._ AG und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 15. Dezember 2009 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Meyer Fessler
4d9f2997-fd5b-4e28-b761-072040532ae7
de
2,008
CH_BGer_002
Federation
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Sachverhalt: A. Der tunesische Staatsangehörige A._ ersuchte am 25. Oktober 2006 den Stadtschulrat der Stadt Schaffhausen, seine beiden Söhne X._ (geb. 1995) und Y._ (geb. 1997) vom obligatorischen Schwimmunterricht an der Primarschule Steingut (5. bzw. 4. Klasse) zu dispensieren. Er verwies darauf, dass seine Familie dem Islam angehöre und ein geschlechtlich gemischter Schwimmunterricht mit ihren religiösen Überzeugungen nicht vereinbar sei. Die zuständige Kreisschulbehörde des Stadtschulrats lehnte das Gesuch am 1. November 2006 ab. Der Erziehungsrat des Kantons Schaffhausen wies den Rekurs, den X._ und Y._ gegen diesen Entscheid erhoben hatten, am 11. April 2007 ebenfalls ab. Die beim Obergericht des Kantons Schaffhausen dagegen eingereichte Beschwerde blieb ohne Erfolg. B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen X._ und Y._ dem Bundesgericht, den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 14. Dezember 2007 aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an dieses zurückzuweisen, eventuell sie vom gemeinsamen Schwimmunterricht mit den Mädchen zu dispensieren. Der Stadtschulrat und der Erziehungsrat stellen gemeinsam den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Obergericht hat sich zur Beschwerde vernehmen lassen, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen. Das Bundesgericht hat die Beschwerde in öffentlicher Sitzung beurteilt.
Erwägungen: 1. 1.1 Das in Frage stehende Gesuch um Befreiung vom Schwimmunterricht wurde vor mehr als zwei Jahren gestellt. Ob die Beschwerdeführer heute noch ein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides haben (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG), kann offen bleiben, da sich die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage jederzeit und unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht und eine rechtzeitige bundesgerichtliche Prüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (vgl. BGE 131 II 670 E. 1.2). 1.2 Die vorliegende Beschwerde ist von den beiden Beschwerdeführern (geb. 1995 und 1997), gesetzlich vertreten durch ihre Eltern, erhoben worden. Die beiden Knaben sind heute noch nicht 16 Jahre alt, womit gemäss Art. 303 Abs. 1 ZGB noch die Eltern über ihre religiöse Erziehung verfügen. Vor Vollendung des 16. Altersjahres kann sich das urteilsfähige Kind (Art. 11 Abs. 2 BV) zwar selber auf seine Glaubens- und Gewissensfreiheit berufen; wahrzunehmen sind seine Rechte jedoch grundsätzlich durch die Eltern (Art. 304 Abs. 1 ZGB; BGE 119 Ia 178 E. 2b). Auf deren form- und fristgerechte Beschwerde ist daher einzutreten. 2. 2.1 Streitgegenstand bildet die Frage, ob die beiden Beschwerdeführer männlichen Geschlechts gestützt auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 15 BV und Art. 9 EMRK) Anspruch auf Dispensation vom Besuch des gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterrichts an der Primarschule Schaffhausen haben. 2.2 Die kantonalen Instanzen haben dies verneint und änderten damit ihre eigene bisherige Praxis, nach welcher Knaben und Mädchen islamischen Glaubens eine solche Dispensation gewährt wurde. Die zuvor eingenommene Haltung der Behörden stützte sich auf einen Entscheid des Bundesgerichts aus dem Jahre 1993, in dem ein Recht muslimischer Schülerinnen auf Befreiung vom Schwimmunterricht grundsätzlich anerkannt worden war (BGE 119 Ia 178 ff.). Die inzwischen eingetretenen soziokulturellen Veränderungen haben bei den kantonalen Behörden in dieser Frage zu einem Meinungsumschwung geführt. Die Vorinstanz legt im angefochtenen Entscheid die Gründe, die eine Praxisänderung rechtfertigten, näher dar. So spreche eine Güterabwägung unter den heute gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen gegen eine Dispensation muslimischer Schulkinder - Knaben und Mädchen - vom gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht, da es einerseits nicht um eine zentrale, allgemein anerkannte Forderung muslimischen Glaubens gehe und anderseits erhebliche und überwiegende Interessen der Geschlechtergleichstellung und der gesellschaftlichen Integration der Ausländer eine Teilnahme aller Schüler an diesem Unterricht erforderten. Die Beschwerdeführer bestreiten, dass triftige Gründe für die vorgenommene Praxisänderung vorliegen. Die Vorinstanz übersehe, dass die Religionsfreiheit alle Glaubenssätze - auch die weniger zentralen - schütze, eine erfolgreiche Integration Toleranz in Glaubensfragen voraussetze und sich die Verhältnisse seit dem letzten Entscheid des Bundesgerichts überhaupt nicht verändert hätten. 3. Eine Änderung der Praxis lässt sich regelmässig nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelter Rechtsanschauung entspricht; andernfalls ist die bisherige Praxis beizubehalten (BGE 132 III 770 E. 4 S. 777). Eine Praxisänderung muss sich deshalb auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Interesse der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erachtete Rechtsanwendung gehandhabt worden ist (BGE 126 II 122 E. 5 S. 129). Es ist zu prüfen, ob die von der Vorinstanz angeführten Argumente so gewichtig sind, dass sich eine Änderung der vom Bundesgericht eingehend begründeten Rechtsprechung rechtfertigt. 4. 4.1 Knaben und Mädchen streng islamischen Glaubens ist es untersagt, an einem gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht teilzunehmen. Das gilt aus religiös-erzieherischen Gründen bereits für die Zeit vor Eintritt der Geschlechtsreife. Eine Ausnahme besteht nur für im Koran näher umschriebene Angehörige (BGE 119 Ia 178 E. 4d S. 186). 4.2 Die Beschwerdeführer berufen sich auf diese Glaubensregel. Sie haben im kantonalen Verfahren eine am 5. Februar 2007 verfasste Erklärung des Imams der Grossen Moschee von Genf eingereicht, woraus hervorgeht, dass Schwimmen nicht erlaubt sei, wo Mädchen und Knaben zusammen seien; es gelte zu verhindern, dass sie gegenseitig ihre Reize betrachteten. Die Beschwerdeführer machen ausdrücklich geltend, nach den muslimischen Geboten dürften sie als Gläubige nicht den weitgehend nackten Körper des anderen Geschlechts sehen; beim Schwimmen träfen sie auf Mädchen, die viel weniger bekleidet seien, als dies der Glaube erlaube; der Koran auferlege dem Gläubigen, den Blick zu senken, wenn ihm Menschen begegneten, deren Awra (Körper zwischen Bauchnabel und Knie) nicht bedeckt sei; dieses Gebot könnten die Beschwerdeführer beim gemeinsamen Schwimmen mit den Mädchen nicht einhalten (Beschwerde S. 7 f.). Da die Beschwerdeführer insoweit keine Einschränkung anbringen, ist davon auszugehen, dass dieses Gebot für sie unabhängig von der Glaubenszugehörigkeit der Mädchen gilt. 4.3 Die Vorinstanz anerkennt, dass die Beachtung der erwähnten religiösen Vorschrift verfassungsrechtlichen Schutz geniesst. Sie führt jedoch aus, dass nur ein Teil der muslimischen Bevölkerung den Koran in diesem strengen Sinn interpretiere. Für die anderen genüge es, dass der Körper hinreichend bedeckt und die Intimsphäre geschützt sei. Das Verbot des gemischtgeschlechtlichen Schwimmens zähle deshalb nicht zu den zentralen Forderungen des muslimischen Glaubens, sondern sei Ausfluss einer sehr strengen dogmatischen bzw. patriarchalischen Auffassung, die von vielen Muslimen nicht geteilt werde. Dafür könne zwar der Schutz der Religionsfreiheit beansprucht werden, doch komme ihm bei der Interessenabwägung ein geringeres Gewicht zu als anderen Glaubensinhalten. 4.4 Der religiös neutrale Staat kann Glaubensregeln nicht auf ihre theologische Richtigkeit - insbesondere nicht auf ihre Übereinstimmung mit den heiligen Schriften - überprüfen (vgl. BGE 119 Ia 178 E. 4c S. 185). Ebenso ist es ihm verwehrt, die Bedeutung einer religiösen Vorschrift und damit ihr Gewicht bei der Interessenabwägung selber festzustellen. In diesem Punkt haben die staatlichen Organe vielmehr von der Bedeutung auszugehen, welche die religiöse Norm für die Beschwerdeführer hat. In einem neuen Entscheid hat das Bundesgericht in Bestätigung dieser Rechtsprechung erklärt, Glaubensinhalte, die ein religiös motiviertes Verhalten begründen oder bestimmte Bekleidungsweisen nahelegen, seien grundsätzlich nicht zu überprüfen (BGE 134 I 56 E. 4 und 5.2). Das verkennt die Vorinstanz, wenn sie dem Verbot des gleichgeschlechtlichen Schwimmens deshalb einen geringen Stellenwert einräumt, weil es für die Mehrheit der Muslime nicht zu den zentralen Forderungen ihres Glaubens gehöre. Die Beschwerdeführer teilen in dieser Hinsicht gerade nicht die religiösen Auffassungen der Mehrheit der hier lebenden Muslime. Sie machen vielmehr geltend, es stehe für sie ein absolutes Verbot in Frage, über das sie sich nicht hinwegsetzen könnten. Im kantonalen Verfahren ist die Glaubwürdigkeit dieser Behauptung nicht in Zweifel gezogen worden. Wie das Bundesgericht bereits früher festgestellt hat, hängt eine erfolgreiche Berufung auf die Religionsfreiheit nicht davon ab, ob eine religiöse Überzeugung stark vom Landesüblichen abweicht oder ob sie von allen Glaubensangehörigen gleichermassen befolgt wird. Dieses Grundrecht schützt vielmehr ebenso die Überzeugungen religiöser Minderheiten (BGE 119 Ia 178 E. 7e S. 193 und E. 8a S. 194). 4.5 Indem die Vorinstanz der von den Beschwerdeführern angerufenen religiösen Glaubensregel nur einen beschränkten Stellenwert einräumt, weicht sie von der bisherigen und erst kürzlich bestätigten Rechtsprechung in einem zentralen Punkt ab. Ihre dafür angeführte Begründung vermag nicht zu überzeugen, so dass insoweit kein Anlass für eine Praxisänderung besteht. 4.6 Es ist demnach davon auszugehen, dass die Verpflichtung zur Teilnahme am gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht einen Eingriff in die Religionsfreiheit der Beschwerdeführer darstellt. 5. 5.1 Die durch Art. 15 BV und Art. 9 EMRK sowie den von den Beschwerdeführern nicht angerufenen Art. 18 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) gleichermassen gewährleistete Religionsfreiheit umfasst sowohl die innere Freiheit, zu glauben, nicht zu glauben oder seine religiösen Anschauungen zu ändern, wie auch die äussere Freiheit, entsprechende Überzeugungen - innerhalb gewisser Schranken - zu äussern, zu praktizieren und zu verbreiten. Zum nicht einschränkbaren Kernbereich gehört einzig die innere Religionsfreiheit im Sinne der inneren Überzeugung; die äussere Glaubensfreiheit kann hingegen unter den Voraussetzungen von Art. 36 BV eingeschränkt werden (vgl. BGE 134 I 56 E. 4.3, mit Hinweisen). 5.2 Dass die in Frage stehende Verpflichtung nicht den unantastbaren Kerngehalt der Religionsfreiheit berührt, liegt auf der Hand. Betroffen sind Konflikte, die daraus entstehen können, dass gewisse kulturell-religiös verankerte, inhaltlich jedoch das Alltagsleben betreffende Verhaltensnormen mit der in der Schweiz geltenden staatlichen Rechtsordnung kollidieren. Es ist somit zu prüfen, ob die Verpflichtung eine unter dem Blickwinkel von Art. 36 BV zulässige Einschränkung der Glaubens- und Gewissensfreiheit der Beschwerdeführer darstellt. 6. 6.1 Die Beschwerdeführer rügen erstmals vor Bundesgericht das Fehlen einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. 6.2 Personengruppen, die wie Primarschüler zum Staat in einer besonders engen Rechtsbeziehung stehen (sogenanntes Sonderstatus- oder besonderes Rechtsverhältnis), können sich grundsätzlich ebenfalls auf die Religionsfreiheit berufen. In solchen Fällen hat die formellgesetzliche Regelung - abgesehen von der Begründung des Sonderstatusverhältnisses selber - allerdings nicht ins Detail zu gehen, sondern darf der Natur des Rechtsverhältnisses entsprechend weit gefasst sein; namentlich darf die Regelung der Einzelheiten an Exekutivorgane delegiert werden (vgl. BGE 123 I 296 E. 3, mit Hinweisen). 6.3 Der Turn- und Sportunterricht ist an allen Volksschulen obligatorisch (Art. 68 Abs. 3 BV, Art. 2 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 17. März 1972 über die Förderung von Turnen und Sport [SR 415.0]). Die damit erfassten Sportfächer werden vom Bundesrecht nicht näher umschrieben. Sie werden indessen im Kanton Schaffhausen durch den Lehrplan bestimmt, der vom Erziehungsrat erlassen wird. Die (mehrere hundert Seiten umfassenden) Lehrpläne werden seit 1985 nicht mehr im Amtsblatt veröffentlicht und in die kantonale Gesetzessammlung und das Rechtsbuch aufgenommen; sie können jedoch beim kantonalen Erziehungssekretariat eingesehen werden (Art. 22 Abs. 1 des kantonalen Schulgesetzes vom 27. April 1981 [SchulG/SH], Fn 14). Der Lehrplan ist auch im Internet auf der Serviceplattform Bildung des Kantons Schaffhausen ohne weiteres zu finden (Suchbegriff: "Lehrplan Schaffhausen"). Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer ist somit kein besonderes Computerprogramm erforderlich, welches nur gegen eine Entschädigung erworben werden kann. Nach dem Lehrplan des Kantons Schaffhausen zählt zum Fachbereich Sport (Unterstufe) der Lernbereich Spiel und Sport im Wasser; eines der Lernziele bildet das Beherrschen einer frei wählbaren Schwimmart. Schwimmen ist somit im Kanton Schaffhausen Teil des obligatorischen Sportunterrichts. 6.4 Gemäss Art. 62 Abs. 2 BV sorgen die Kantone für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der obligatorisch ist und allen Kindern offen steht. Diese Bestimmung trifft keine Unterscheidungen nach der Geschlechtszugehörigkeit der Kinder; es ist daher davon auszugehen, dass von Verfassungs wegen der Grundschulunterricht grundsätzlich gemischtgeschlechtlich erteilt werden kann. Das kantonale Schulgesetz hält in dieser Hinsicht fest, dass beide Geschlechter Anspruch auf gleiche Bildungsmöglichkeiten haben (Art. 19 Abs. 1 SchulG/SH) und dass für Knaben und Mädchen die gleiche Ausbildung anzubieten ist (Art. 22 Abs. 3 SchulG/SH). Da somit auf Stufe der Grundschule keine Trennung der Geschlechter vorgesehen ist, darf bzw. soll auch der obligatorische Schwimmunterricht nach der gesetzlichen Regelung des Kantons Schaffhausen grundsätzlich gemischtgeschlechtlich stattfinden. Dass der Sportunterricht in höheren Klassen bzw. an der Oberstufe im Kanton Schaffhausen nach Geschlechtern getrennt erteilt wird, steht dem nicht entgegen. 6.5 Angesichts des Sonderstatusverhältnisses, dem die Grundschüler unterstehen, bildet die in Frage stehende kantonale Regelung eine genügende gesetzliche Grundlage für den obligatorischen, gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht an der Unterstufe der öffentlichen Grundschulen im Kanton Schaffhausen. Die nähere normative Regelung braucht nicht in einem Gesetz im formellen Sinn festgelegt zu sein (vgl. BGE 119 Ia 178 E. 6c). 7. 7.1 Das Obligatorium des Schulbesuches - einschliesslich der vom kantonalen Recht statuierten Pflicht zur Teilnahme am Schwimmen im Rahmen des Sportunterrichts - dient der Wahrung der Chancengleichheit aller Kinder und darüber hinaus auch derjenigen zwischen den Geschlechtern bzw. der Gleichstellung von Mann und Frau in der (Aus-)Bildung; sie fördert zudem die Integration von Angehörigen anderer Länder, Kulturen und Religionen und ist somit unbestrittenermassen von gewichtigem öffentlichen Interesse (BGE 119 Ia 178 E. 7c). Dies wird von den Beschwerdeführern zu Recht nicht in Frage gestellt. Soweit im zitierten Urteil das Schwimmen als verzichtbarer Lehrinhalt bezeichnet wird, kann daran - nachdem inzwischen am 24. Februar 1997 die UNO-Kinderrechtskonvention in Kraft getreten ist, welche insbesondere festschreibt, dass bei allen Massnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen ist (Art. 3 Ziff. 1) - nicht festgehalten werden. Denn heute werden immer mehr Wassersportarten auch von Kindern und Jugendlichen ausgeübt (Aquaparks, Thermalbäder, Kanufahren, Riverrafting, Wasserwandern, Windsurfen etc.). Es ist deshalb zunehmend von Bedeutung, dass schon Kinder mit dem Element Wasser vertraut gemacht werden und schwimmen können. Mitunter ertrinken heute Kinder und Jugendliche - u.a. auch bei Schulanlässen -, weil sie nicht schwimmen können (vgl. Urteil 6S.358/2004 vom 10. November 2004: Tod eines Schülers, der beim Besuch eines Aquaparks verschwieg, dass er Nichtschwimmer war). Dem gemeinsam geführten Sportunterricht kommt im in der Schweiz bestehenden gesellschaftlichen Umfeld zudem eine - im Interesse des Kindes liegende - wichtige sozialisierende Funktion zu. Insbesondere gilt es zu vermeiden, dass die Kinder islamischen Glaubens bereits auf der Schulstufe in eine Aussenseiterrolle gedrängt werden. Es besteht somit ein erhebliches öffentliches Interesse am Besuch des Schwimmunterrichts durch alle Schüler, die den sich dabei stellenden Anforderungen körperlich auch gewachsen sind. 7.2 Das öffentliche Interesse, dass alle Schüler den obligatorischen gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht besuchen, ist abzuwägen gegenüber dem Interesse der Beschwerdeführer, sich auf die Einhaltung einer nach ihrer Auffassung wesentlichen religiösen Regel berufen zu können. Dabei ist von Bedeutung, dass nicht etwa die Teilnahme an einer Veranstaltung in Frage steht, die inhaltlich einen Bezug zu religiösen Überzeugungen hätte, wie dies bei der Erteilung von Religionsunterricht oder bei eigentlichen Kulthandlungen der Fall wäre. Es geht nicht um den Inhalt des Lehrstoffes - auch Muslime halten Sport- und Schwimmunterricht für sinnvoll -, sondern allein um die äusseren Bedingungen der Unterrichtserteilung. Seit dem Entscheid des Bundesgerichts im Jahre 1993 haben die bereits in jenem Entscheid berücksichtigten wichtigen Integrationsanliegen in der Öffentlichkeit noch vermehrtes Gewicht erhalten. Ihre ausdrückliche Aufnahme im Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Art. 4 und 53 ff. AuG; SR 142.20; vgl. auch Art. 85 Abs. 2 KV/SH) belegt diese Entwicklung. Verändert hat sich auch die religiöse Zusammensetzung der schweizerischen Wohnbevölkerung: Während im Jahre 1990 noch 152'200 Angehörige islamischer Gemeinschaften in der Schweiz lebten, waren es im Jahr 2000 bereits 310'800 (davon 88,3% Ausländer [56,4% aus Ex-Jugoslawien, v.a. aus dem Kosovo; 20,2% aus der Türkei], 3,9% Schweizer seit der Geburt: vgl. CLAUDE BOVAY, Eidgenössische Volkszählung 2000, Religionslandschaft in der Schweiz, Bundesamt für Statistik, Neuenburg, Dezember 2004). Heute wird ihre Zahl auf gegen 400'000 geschätzt (UWE STOLZ, Schweiz auf dem Weg zum Islam-Staat, Internet: www.israswiss.ch). Die islamische Wohnbevölkerung liegt jedenfalls bereits seit 1980 zahlenmässig nach der römisch-katholischen und der evangelisch-reformierten an dritter Stelle. Diese Zahlen zeigen, dass Streitigkeiten über einen Dispens vom Schwimmunterricht zwar auch Muslime schweizerischer Nationalität treffen können; sie präsentieren sich indessen schwergewichtig als Problem der Ausländerintegration. Die Vorinstanz spricht daher denn auch zu Recht von einer "multikulturellen Schulrealität". Diese verlangt heute noch vermehrt als früher Anstrengungen zur Angewöhnung und Einbindung der Kinder und Jugendlichen aus anderen Kulturen in die hier geltenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Nur auf diese Weise kann ihre Teilnahme am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben und damit der soziale Frieden und die Chancengleichheit gewährleistet werden. Aufgabe des Verfassungsstaates ist namentlich, ein Mindestmass an innerem Zusammenhalt von Staat und Gesamtgesellschaft herzustellen, welches für ein harmonisches, von Achtung und Toleranz geprägtes Zusammenleben notwendig ist (vgl. Probleme der Integration von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz, Bundesamt für Migration, Juli 2006, S. 86). Von Ausländern darf und muss erwartet werden, dass sie zum Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung bereit sind und die schweizerische Rechtsordnung mit ihren demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen - die der Staat auch gegenüber kulturell begründeten abweichenden Ansprüchen zu bewahren hat - sowie die hiesigen sozialen und gesellschaftlichen Gegebenheiten akzeptieren (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 8. März 2002 zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, BBl 2002 3714, 3797 ff.). Wer in ein anderes Land emigriert, muss regelmässig gewisse Einschränkungen und Änderungen seiner Lebensgewohnheiten in Kauf nehmen. Dies bedeutet keineswegs eine Preisgabe der Religionsfreiheit. Es geht dabei regelmässig nicht um den Kerngehalt dieses Grundrechts, sondern lediglich um Konflikte, die daraus entstehen können, dass gewisse kulturell-religiös verankerte, inhaltlich aber das Alltagsleben betreffende Verhaltensnormen mit den hier geltenden Regeln kollidieren. Glaubensansichten entbinden jedoch nicht von der Erfüllung der bürgerlichen Pflichten. Diese in der bisherigen Bundesverfassung (Art. 49 Abs. 5 aBV) noch ausdrücklich verankerte Regel muss als Grundsatz weiterhin gelten. Im sozialen Einbindungsprozess kommt der Schule eine besonders wichtige Aufgabe zu (vgl. BBl 2002 3800 f.). Sie soll zunächst eine Grundbildung vermitteln. Dieses Ziel kann sie nur erreichen, wenn seitens der Schüler die Verpflichtung besteht, die obligatorischen Fächer und Veranstaltungen zu besuchen. Im Gegenzug muss die Schule ein offenes, gesellschaftsübliches Umfeld bieten und den Geboten der weltanschaulichen Neutralität und der Laizität strikt nachleben. In diesem Rahmen darf die Schule angesichts der grossen Bedeutung des Pflichtangebots aber darauf bestehen, dass ihre Lehrveranstaltungen für alle obligatorisch sind und dass sie nicht für alle persönlichen Wünsche eine abweichende Sonderregelung vorsehen oder zulassen muss. Dies gilt auch für Ausnahmen zur Beachtung religiöser Gebote, die mit dem Schulprogramm kollidieren. Dem obligatorischen Schulunterricht kommt hier grundsätzlich der Vorrang zu, weshalb allfällige Ausnahmen nur mit Zurückhaltung zu gewähren sind. Der Sportunterricht dient zudem in hohem Mass der Sozialisierung der Schüler. Diesen Zweck kann er nur erfüllen, wenn der Unterricht (wie auch Klassenlager und Skilager etc.), wie in der Schweiz allgemein üblich, gemeinsam stattfindet. Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass es beim hier in Frage stehenden Verbot darum geht, dass die beiden männlichen Beschwerdeführer beim Besuch des obligatorischen gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterrichts gezwungen wären, bestimmte Teile des weiblichen Köpers im Bereich vom Bauchnabel bis zu den Knien zu sehen. Es liegt auf der Hand, dass sich solche Anblicke für die Beschwerdeführer beim gemeinsamen Schwimmunterricht mit Mitschülerinnen in Badekostümen nicht vermeiden lassen. Dies gilt indessen in der Schweiz für viele Bereiche des alltäglichen Lebens. Denn es lässt sich nicht verhindern, dass die Beschwerdeführer hier täglich Frauen und Mädchen erblicken, bei welchen der in Frage stehende Körperbereich teilweise unverhüllt sichtbar ist. Bauchfreie Bekleidung und kurze Röcke gehören (auch) in der Schweiz zum üblichen Strassenbild. Im Alltag kann den Beschwerdeführern die Konfrontation mit in der Schweiz gängigen Bekleidungsformen somit ohnehin nicht erspart werden. Dies gilt auch in den übrigen europäischen Staaten. In all diesen Ländern werden Kinder nicht nur durch Begegnungen auf der Strasse, sondern auch durch Abbildungen in den Medien mit knapp bekleideten menschlichen Körpern des anderen Geschlechts konfrontiert und müssen damit umzugehen lernen. Es kommt weiter hinzu, dass die hier in Frage stehende Glaubensregel auch nicht mit den für die Mädchen islamischen Glaubens geltenden Bekleidungsvorschriften gleichgestellt werden kann. Diese gebieten den Frauen das Verhüllen des eigenen Körpers und richten sich an die Gläubigen selber. Die Frauen können selber entscheiden, ob sie diese Gebote befolgen wollen. Anders verhält es sich beim verpönten Anblick von Körperteilen des anderen Geschlechts. Hier kann der gläubige Schüler nicht verlangen, dass die Mitschülerinnen anderen Glaubens ihren Körper entsprechend den islamischen Bekleidungsvorschriften verhüllen, nur um ihm diesen Anblick zu ersparen. Die Anerkennung eines Rechts, muslimische Kinder generell vom kollektiven Schwimmunterricht zu befreien, würde den vielfältigen Bestrebungen zur Integration dieser Bevölkerungsgruppe zuwiderlaufen. Namentlich würde damit den betroffenen Kindern erheblich erschwert, sich an das in der hiesigen Gesellschaft übliche natürliche Zusammensein mit dem anderen Geschlecht zu gewöhnen. Die Kinder müssten zur Vermeidung des Anblicks von Personen des anderen Geschlechts in Badekostümen sogar auf die Benützung öffentlicher Badeanstalten und Strandbäder verzichten. 7.3 Wenn daher die Behörden des Kantons Schaffhausen gestützt auf die im angefochtenen Entscheid angestellten grundsätzlichen Erwägungen die bisherige Dispensationspraxis nicht weiterführen, sondern den gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht - verbunden mit flankierenden Massnahmen (eigene körperbedeckende Badebekleidung, getrenntes Umziehen und Duschen) - auch für moslemische Kinder vorschreiben wollen, kann darin kein unzulässiger Eingriff in die Religionsfreiheit erblickt werden. Der vorliegende Fall ist im Übrigen nicht vergleichbar mit dem in BGE 134 I 114 beurteilten Sachverhalt. Dort ging es nicht um regelmässig stattfindenden obligatorischen Unterricht, sondern um die einmal abzulegende Maturitätsprüfung: Streitig war die Verweigerung eines Dispenses gegenüber einem Schüler, welcher einer dem Gebot der Samstags-Ruhe strikt verpflichteten Glaubensgemeinschaft angehört, von schriftlichen Maturitätsprüfungen an einem Samstag. Diese Grundrechtseinschränkung erachtete das Bundesgericht als unverhältnismässig, da insbesondere wegen krankheits- und unfallbedingten Absenzen ohnehin Nachholtermine an anderen Tagen vorgesehen werden mussten und nichts entgegen stand, den Schüler an solchen Terminen zur Prüfung aufzubieten. 8. Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Da die Rechtsbegehren der Beschwerdeführer nicht aussichtslos erschienen und die weiteren Voraussetzungen (Art. 64 BGG) erfüllt sind, ist ihnen die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird verzichtet.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Den Beschwerdeführern wird für das Verfahren vor Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. a) Es werden keine Gerichtskosten erhoben. b) Rechtsanwalt Gerold Meier, Schaffhausen, wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand bestellt und aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 3'000.-- entschädigt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 24. Oktober 2008 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Merkli Küng
4dbd552c-fbb3-4a53-a1b4-02ef479e3ac0
de
2,011
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) erteilte am 23. Februar 2009 der Microsoft Ireland Operations Ltd. im freihändigen Verfahren den Lieferauftrag für die Verlängerung der Lizenzen für den standardisierten Arbeitsplatz Bund und darauf aufbauende Anwendungen (Clients und Server), Wartung und (Third Level) Support. Der Zuschlag wurde im SHAB Nr. 83 vom 1. Mai 2009 publiziert; als Begründung für die freihändige Vergabe wurde auf Art. 13 Abs. 1 lit. c der Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB; SR 172.056.11) hingewiesen, wonach eine freihändige Vergabe zulässig ist, wenn aufgrund der technischen oder künstlerischen Besonderheiten des Auftrags oder aus Gründen des Schutzes geistigen Eigentums nur ein Anbieter oder eine Anbieterin in Frage kommt und es keine angemessene Alternative gibt. B. Am 20. Mai 2009 erhoben 18 Open-Source-Software-Anbieterinnen beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde mit dem Antrag, die Verfügung vom 23. Februar 2009 sei aufzuheben und es sei das BBL zu verpflichten, ein rechtskonformes Vergabeverfahren durchzuführen. Mit Eingabe vom 22. Juni 2009 wurde das Begehren dahin präzisiert, dass eventualiter für den Fall, dass der Vertrag bereits rechtsgültig abgeschlossen sei und einer Aufhebung des Zuschlags entgegenstehen sollte, die Rechtswidrigkeit des Zuschlags festzustellen sei. Mit Eingabe vom 8. Januar 2010 zogen sieben der Beschwerdeführerinnen die Beschwerde zurück. Mit Urteil vom 6. Juli 2010 trat das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde der verbleibenden elf Beschwerdeführerinnen nicht ein. Es erwog zunächst, auf die Beschwerde sei von vornherein nicht einzutreten, soweit damit beantragt werde, es sei eine rechtskonforme Ausschreibung durchzuführen. In Bezug auf den Antrag auf Aufhebung des freihändigen Zuschlags verneinte es sodann die Legitimation der Beschwerdeführerinnen. C. Mit Eingabe vom 7. Oktober 2010 führen die elf Beschwerdeführerinnen beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben. Sie stellen den Beweisantrag, das Protokoll der öffentlichen Urteilsberatung des Bundesverwaltungsgerichts zu edieren. Das BBL beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Prüfung, welche der Beschwerdeführerinnen je einzeln zur Beschwerde legitimiert seien. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung; zum Beweisantrag der Beschwerdeführerinnen teilt es mit, dass bei seinen Beratungen nur die Beschlüsse protokollarisch festgehalten werden und entsprechend kein Wortprotokoll der Urteilsberatung erstellt worden sei.
Erwägungen: 1.1 1.1.1 Gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG zulässig. Art. 83 lit. f BGG schliesst die Beschwerde gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen indes aus, wenn der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrages den massgebenden Schwellenwert des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1) oder des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens (SR 0.172.052.68) nicht erreicht sowie wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (BGE 133 II 396 E. 2.1 S. 398). Die erste Voraussetzung ist hier unstreitig erfüllt. Bei der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung muss es sich um eine Rechtsfrage aus dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungsrechts handeln (BGE 134 II 192 E. 1.3 S. 195) und der Beschwerdeführer hat die Erfüllung dieser Voraussetzung darzutun (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 396 E. 2.2 S. 399). 1.1.2 Die Beschwerdeführerinnen unterbreiten dem Bundesgericht als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Prüfung der Zulässigkeit der anbieterbezogenen Einschränkung des Beschaffungsgegenstandes in die Prüfung der Legitimation verschoben werden darf und ob die Zulässigkeit einer Freihandvergabe im Rahmen der Legitimationsprüfung durch eine vorgelagerte Konkretisierung des Beschaffungsgegenstands so weit präjudiziert werden darf, dass für die Anwendung der Bestimmungen über die Freihandvergabe sowie über die Gleichbehandlung der Anbieter und die technischen Spezifikationen kein Raum mehr bleibt. Dabei geht es zwar um die Anwendung von Art. 48 VwVG (SR 172.021), aber in einer spezifischen submissionsrechtlichen Sonderkonstellation, nämlich in Bezug auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Dritte eine freihändige Auftragsvergabe anfechten können. Es handelt sich dabei um grundsätzliche beschaffungsrechtliche Rechtsfragen, die zudem von grosser praktischer Bedeutung sind. Die Verfahrensbeteiligten legen das zu einer ähnlich gelagerten Fragestellung im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde nach dem OG ergangene Urteil des Bundesgerichts 2P.282/1999 vom 2. März 2000 unterschiedlich aus. Für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und im Rahmen von Art. 48 VwVG hat das Bundesgericht die Frage noch nie entschieden. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist damit grundsätzlich zulässig. 1.1.2 Die Beschwerdeführerinnen unterbreiten dem Bundesgericht als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Prüfung der Zulässigkeit der anbieterbezogenen Einschränkung des Beschaffungsgegenstandes in die Prüfung der Legitimation verschoben werden darf und ob die Zulässigkeit einer Freihandvergabe im Rahmen der Legitimationsprüfung durch eine vorgelagerte Konkretisierung des Beschaffungsgegenstands so weit präjudiziert werden darf, dass für die Anwendung der Bestimmungen über die Freihandvergabe sowie über die Gleichbehandlung der Anbieter und die technischen Spezifikationen kein Raum mehr bleibt. Dabei geht es zwar um die Anwendung von Art. 48 VwVG (SR 172.021), aber in einer spezifischen submissionsrechtlichen Sonderkonstellation, nämlich in Bezug auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Dritte eine freihändige Auftragsvergabe anfechten können. Es handelt sich dabei um grundsätzliche beschaffungsrechtliche Rechtsfragen, die zudem von grosser praktischer Bedeutung sind. Die Verfahrensbeteiligten legen das zu einer ähnlich gelagerten Fragestellung im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde nach dem OG ergangene Urteil des Bundesgerichts 2P.282/1999 vom 2. März 2000 unterschiedlich aus. Für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und im Rahmen von Art. 48 VwVG hat das Bundesgericht die Frage noch nie entschieden. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist damit grundsätzlich zulässig. 1.2 1.2.1 Die Beschwerdegegnerin macht geltend, den Beschwerdeführerinnen fehle ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids; ein solches würde voraussetzen, dass die Beschwerdeführerinnen realistische Chancen auf den Abschluss eines Beschaffungsvertrags hätten. Dies sei nicht der Fall, da der streitige Vertrag bereits abgeschlossen sei und Ende 2011 auslaufe. Bis die Sache allenfalls im Sinne der Beschwerdeführerinnen entschieden sei, wäre der Vertrag längst ausgelaufen. 1.2.2 Dieser Einwand ist unbegründet: Wenn in Submissionsfällen der Vertrag trotz erhobener Beschwerde zulässigerweise abgeschlossen wird, weil die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat (Art. 28 BöB), bleibt er nach bisher geltender Rechtslage gültig, auch wenn im Nachhinein die Beschwerde gutgeheissen wird. Die Gutheissung hat nur, aber immerhin, zur Folge, dass das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsverletzung feststellt (Art. 32 Abs. 2 BöB), was eine Schadenersatzpflicht des Auftraggebers zur Folge haben kann (Art. 34 BöB). Der Umstand, dass die Beschwerdeführerinnen von vornherein nicht mehr erreichen können, dass ihnen der streitige Auftrag erteilt wird, schliesst somit nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung die Anfechtung nicht aus (vgl. im Rahmen der alten staatsrechtlichen Beschwerde bzw. der subsidiären Verfassungsbeschwerde: BGE 131 I 153 E. 1.2 S. 157; 125 II 86 E. 5b S. 97 f.; Urteile 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2; 2C_634/2008 vom 11. März 2009 E. 2.2; je mit Hinweis auf Art. 9 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt [Binnenmarktgesetz, BGBM; SR 943.02]). 1.3 Die Beschwerde hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde an das Bundesgericht ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich die Beschwerde grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zu beantragen, sondern muss einen Antrag in der Sache stellen (BGE 134 III 379 E. 1.3 S. 383; 133 III 489 E. 3.1 S. 489 f.; s. allerdings auch BGE 133 II 409 E. 1.4.1 S. 414 f.), wobei dieser im hier vorliegenden Falle der Anfechtung eines Nichteintretensentscheides darin bestehen kann, die Sache sei zur materiellen Prüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerinnen stellen einen rein kassatorischen Antrag. Aus der Begründung der Beschwerde, die zur Interpretation des Rechtsbegehrens beigezogen werden kann, ist jedoch ersichtlich, dass sie richtigerweise die Rückweisung an die Vorinstanz beantragen, damit diese auf ihre Beschwerde eintrete und die Sache materiell prüfe. Die Beschwerde ist damit zulässig. 1.4 Das Bundesgericht überprüft frei die richtige Anwendung des Bundesrechts (Art. 95 lit. a BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, ausser wenn dieser offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). 2. 2.1 Die vorliegend streitige Vergabe fällt in den Anwendungsbereich des BöB (Art. 2 Abs. 1 lit. a und Art. 6 BöB) und unterliegt daher auch den Bestimmungen des 2. Kapitels (Art. 9 - 31) der VöB. Gemäss Art. 29 lit. a BöB gilt der Zuschlag als selbständig beim Bundesverwaltungsgericht (Art. 27 Abs. 1 BöB) anfechtbare Verfügung. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass dies auch gilt, wenn der Auftraggeber im freihändigen Verfahren einen Auftrag direkt und ohne Ausschreibung einem Anbieter vergibt (Art. 16 BöB). 2.2 Das Bundesgericht hat in BGE 131 I 137 ausgeführt, die Gewährung einer Anfechtungsmöglichkeit habe grundsätzlich nur dort einen Sinn, wo das einschlägige Submissionsrecht im Hinblick auf die Bedeutung des Auftrages ein formalisiertes Vergabeverfahren, welches auf die Einholung und Evaluierung von Offerten nach Massgabe bestimmter Vorgaben ausgerichtet ist, überhaupt vorsehe, was bei einer freihändigen Vergebung nicht der Fall sei (E. 2.4). Soweit der kantonale Gesetzgeber unterhalb der von ihm bestimmten Schwellenwerte die freihändige Vergebung vorsehen dürfe, impliziere dies zugleich, dass grundsätzlich auch kein förmlicher Vergebungsentscheid zu ergehen habe, der Anfechtungsobjekt eines Rechtsmittelverfahrens bilden könnte. Müsste vor dem Vollzug der freihändig erfolgten Vergebung das Ergebnis eines solchen Rechtsmittelverfahrens abgewartet werden, widerspräche dies dem Sinn und Zweck der freihändigen Vergebung, welche bei niedrigen Beträgen regelmässig auf eine formlose und rasche Abwicklung der betreffenden Beschaffung ausgerichtet sei; das Rechtsmittel würde im Ergebnis zu einem nachträglichen Submissionsverfahren führen. Könnte die Anfechtung des freihändig erfolgten Zuschlages die Gültigkeit der Vergebung dagegen von vornherein nicht mehr beeinflussen, hätte ein solches Rechtsmittelverfahren wenig Sinn; der damit verbundene Aufwand könnte, da der Vergebung kein Ausschreibungsverfahren vorangegangen ist, auch nicht mit dem Interesse an der Geltendmachung von Schadenersatz für die Kosten der Offerte gerechtfertigt werden (E. 2.5). 2.3 Bei diesem Entscheid ging es um eine kantonale Gesetzgebung, welche für Bagatellverfahren unterhalb eines tiefen Schwellenwerts ein freihändiges Verfahren ohne Anfechtungsmöglichkeit vorsah, dies in grundsätzlicher Übereinstimmung mit der bundesrechtlichen Regelung für diejenigen Fälle, die nicht unter das Gesetz fallen (Art. 39 VöB). Im gleichen Entscheid hat das Bundesgericht in E. 2.6 aber weiter erwogen, es dürfte auch unabhängig von einer kantonalrechtlichen Regelung eine Beschwerdemöglichkeit gegeben sein, wenn geltend gemacht werde, die betreffende Vergebung hätte nach den einschlägigen Normen nicht freihändig erfolgen dürfen. Im Anwendungsbereich des BöB sieht denn Art. 28 VöB ausdrücklich vor, dass auch freihändig erfolgte Zuschläge zu veröffentlichen sind. Diese Veröffentlichung würde kaum Sinn machen, wenn sie nicht auch im Hinblick auf eine mögliche Anfechtung erfolgte. Im Einklang mit der Vorinstanz und der Lehre ergibt sich somit, dass gegen den freihändigen Zuschlag, soweit er im Anwendungsbereich des Gesetzes erfolgt, die Beschwerde zulässig ist (MARTIN BEYELER, Öffentliche Beschaffung, Vergaberecht und Schadenersatz, 2004, S. 202, 512 ff.; CHRISTIAN BOVET, La procédure de gré à gré, BR 2004 Sonderheft Vergaberecht, S. 43 f.; GALLI/MOSER/LANG/CLERC, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 2. Aufl. 2007, S. 382 f.). 3. Streitig ist, ob die Vorinstanz zu Recht die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerinnen im angefochtenen Entscheid verneinte. 3.1 In der Sache geht es um Folgendes: Die Beschwerdegegnerin verwendet für den Standard-Arbeitsplatz in der Bundesverwaltung Microsoft-Software-Produkte und hat mit der streitigen Freihandbeschaffung eine Verlängerung der entsprechenden Lizenzen sowie darauf aufbauende Anwendungen, Wartung und Support beschafft. Sie beruft sich dabei auf Art. 13 Abs. 1 lit. c VöB, weil nur die Zuschlagsempfängerin die entsprechenden Microsoft-Produkte anbieten könne. Die Beschwerdeführerinnen machen nicht geltend, anstelle der Zuschlagsempfängerin Microsoft-Software anbieten zu können, sondern sie wollen an deren Stelle Open-Source-Software-Produkte anbieten und sind der Meinung, die Einschränkung der Beschaffung auf Microsoft-Produkte sei submissionsrechtlich unzulässig. Umstritten ist also materiellrechtlich, ob die Einschränkung des Beschaffungsgegenstands auf Microsoft-Produkte zulässig ist. Die Beschwerdeführerinnen leiten ihre Beschwerdelegitimation daraus ab, dass sie alternative Produkte anbieten, die bei (ihrer Auffassung nach) rechtmässiger Umschreibung des Beschaffungsgegenstands auch hätten beschafft werden können. 3.2 Die Legitimation für die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich mangels spezialgesetzlicher submissionsrechtlicher Regelungen nach Art. 37 VGG (SR 173.32) i.V.m. Art. 48 VwVG (GALLI/MOSER/LANG/CLERC, a.a.O., S. 399; STEFAN SUTER, Der Abbruch des Vergabeverfahrens, 2010, S. 196). Eine besondere Beschwerdeberechtigung gemäss Art. 48 Abs. 2 VwVG besteht nicht. Somit ist nach Art. 48 Abs. 1 VwVG zur Beschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). 3.3 Unbestritten kann es in Bezug auf das Erfordernis nach Art. 48 Abs. 1 lit. a VwVG nur um die zweite Variante ("keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten") gehen, da die Beschwerdeführerinnen ins freihändige Verfahren nicht einbezogen wurden und erst im Beschwerdeverfahren ihre Rügen geltend machen können. Streitig ist, ob die Beschwerdeführerinnen ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. c VwVG haben. 3.3.1 Im Submissionsrecht ist nach der Rechtsprechung zur Beschwerde gegen den Zuschlag im offenen Verfahren legitimiert, wer mit einer Offerte an der Ausschreibung teilgenommen hat und damit ausgeschlossen oder nicht berücksichtigt worden ist (BEUSCH/MOSER/ KNEUBÜHLER, Ausgewählte prozessrechtliche Fragen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ZBl 109/2008 S. 14); umstritten ist, ob die Beschwerdelegitimation des unterlegenen Anbieters davon abhängt, ob er eine reelle Chance auf den Zuschlag gehabt hätte (vgl. dazu Urteil 2P.261/2002 vom 8. August 2003 E. 4.4 und 4.5 sowie die Übersicht über die nicht einheitliche Rechtsprechung bei HUBERT STÖCKLI, Das Vergaberecht der Schweiz, 7. Aufl. 2008, S. 609 ff.; ROBERT WOLF, Die Beschwerde gegen Vergabeentscheide - Eine Übersicht über die Rechtsprechung zu den neuen Rechtsmitteln, ZBl 104/2003 S. 11 f.). Ein praktisches Rechtsschutzinteresse im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. c VwVG kann nur in Bezug auf solche Anliegen anerkannt werden, die überhaupt mit der Beschwerde erreicht werden können. Grundsätzlich definiert die Vergabestelle aufgrund ihrer Bedürfnisse, was sie beschaffen will; mit der submissionsrechtlichen Beschwerde kann deshalb nicht verlangt und erreicht werden, dass die Gerichte der Verwaltung vorschreiben, ein anderes Produkt zu beschaffen als dasjenige, das sie zu beschaffen beabsichtigt (Urteil 2P.282/1999 vom 2. März 2000 E. 3a; vgl. auch BGE 134 II 192 E. 2.3 S. 199). Legitimiert kann deshalb nur sein, wer das ausgeschriebene Produkt angeboten hat; wer ein anderes Produkt offerieren will, ist hingegen zur Beschwerde nicht legitimiert, weil er von vornherein nicht erreichen kann, was er anstrebt (vgl. Urteil 2C_484/2008 vom 9. Januar 2009 E. 1.4, nicht publ. in: BGE 135 II 49). Ebenso wenig ist legitimiert, wer zwar in der Lage gewesen wäre, eine Offerte einzureichen, dies aber nicht getan hat (vgl. STÖCKLI, a.a.O. S. 619 Rz. 690). 3.3.2 Im freihändigen Verfahren besteht folgende Besonderheit: Wird zulässigerweise das freihändige Verfahren angewendet, wählt der Auftraggeber rechtmässig einen bestimmten Anbieter aus, ohne dass eine Ausschreibung durchgeführt werden müsste (Art. 16 BöB). Ein potenzieller Konkurrent kann deshalb nicht verlangen, in ein (rechtmässiges) Freihandverfahren einbezogen zu werden. Mit der Beschwerde gegen die freihändige Auftragserteilung kann nur geltend gemacht werden, richtigerweise hätte für die in Frage stehende Beschaffung nicht das freihändige Verfahren durchgeführt werden dürfen (vgl. E. 2.3 hiervor; BEYELER, a.a.O., Rz. 279 S. 202 ; vgl. auch die Hinweise auf die Rechtsprechung bei STÖCKLI, a.a.O., S. 439). Auch dazu kann aber nicht jedermann legitimiert sein, sondern nur wer geltend macht, er hätte - wenn für die in Frage stehende Beschaffung ein anderes Verfahren durchgeführt worden wäre - eine Offerte für das zu beschaffende Produkt eingereicht. Mithin steht gegen den Entscheid, unzulässigerweise das Freihandverfahren durchzuführen, nur den potenziellen Anbietern des von der Vergabestelle definierten Beschaffungsgegenstandes eine Beschwerdemöglichkeit zu (BEYELER, a.a.O., Rz. 405 S. 319, Rz. 672 S. 513; GALLI/MOSER/LANG/CLERC, a.a.O., S. 409 f.; vgl. zur Rechtslage unter der staatsrechtlichen Beschwerde Urteile 2P.282/1999 vom 2. März 2000 E. 1b und 3b, 2P.157/2001 vom 8. September 2001 E. 1b). Beruft sich - wie hier - die Vergabestelle für die Zulässigkeit des Freihandverfahrens darauf, dass für den beabsichtigten Beschaffungsgegenstand gemäss Art. 13 lit. c VöB nur ein Anbieter in Frage komme und macht der Beschwerdeführer dagegen geltend, der Beschaffungsgegenstand sei zu Unrecht so definiert worden, dass nur ein Anbieter in Frage komme, so muss beschwerdeweise überprüfbar sein, ob die Umschreibung des Beschaffungsgegenstandes rechtmässig ist. Würde die Legitimation bereits mit der Argumentation verneint, der Beschwerdeführer wolle nicht die beschaffte Leistung erbringen, wäre zu keinem Zeitpunkt überprüfbar, ob die Umschreibung des Beschaffungsgegenstands rechtmässig erfolgt ist. Auch hier kann aber mit der Beschwerde nicht verlangt oder erreicht werden, dass ein anderes Produkt beschafft wird als dasjenige, das bei zulässiger Umschreibung des Auftrags beschafft werden soll. Legitimiert zur Beschwerde kann daher nur sein, wer ein Produkt anbietet, das bei rechtmässiger Ausschreibung Beschaffungsgegenstand sein könnte, nicht aber, wer geltend macht, ein davon verschiedenes Produkt anbieten zu wollen. 3.3.3 Die zulässige Festlegung des Beschaffungsgegenstands wird damit zu einem sogenannten doppelrelevanten Sachverhalt: Sie bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung (weil davon die Zulässigkeit des freihändigen Verfahrens abhängt), aber zugleich ist sie vorfrageweise von Bedeutung für die Frage, wer überhaupt aufgrund des von ihm angebotenen Produkts legitimiert ist, Beschwerde zu erheben. Es liegt im Wesen doppelrelevanter Sachverhalte, dass sie sowohl im Rahmen des Eintretens als auch im Rahmen der materiellen Beurteilung geprüft werden können. Im Zivilprozess und in der ursprünglichen Verwaltungsjustiz genügt es nach der Rechtsprechung, dass die klagende Partei, welche die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auf doppelrelevante Tatsachen stützt, diese mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit geltend macht; ob sie begründet sind, ist alsdann Sache der materiellen Beurteilung (BGE 135 V 373 E. 3.2 S. 378, 131 III 153 E. 5.1 S. 157). Diese Regelung gilt grundsätzlich auch für doppelrelevante Sachverhalte in der nachträglichen Verwaltungsjustiz (für das Submissionsrecht: Urteil 2C_484/2008 vom 9. Januar 2009 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 135 II 49). Dabei ist aber zu beachten, dass es im Klageverfahren von wesentlicher Bedeutung ist, ob die doppelrelevante Tatsache im Rahmen der materiellen Prüfung oder des Eintretens beurteilt wird, weil davon abhängt, ob der Entscheid res iudicata schafft oder nicht. In der nachträglichen Verwaltungsjustiz ist dies nicht der Fall: Es liegt eine Verfügung vor, welche unabhängig davon, ob die Beschwerdeinstanz auf eine Beschwerde nicht eintritt oder diese abweist, zu einem rechtskräftigen Sachentscheid führt. Es ist daher prinzipiell nicht von Bedeutung, ob die Beurteilung auf der Stufe des Eintretens oder der materiellen Beurteilung erfolgt; wesentlich ist, dass sie überhaupt erfolgt, damit der materielle Rechtsanspruch nicht vereitelt wird (vgl. auch Urteil 2P.282/1999 vom 2. März 2000 E. 3a und b, in dem das Bundesgericht - allerdings noch in Bezug auf Art. 88 OG - die Zulässigkeit der Einschränkung des Beschaffungsgegenstandes implizit im Rahmen des Eintretens geprüft hat). 3.4 Von dieser Rechtslage ist zutreffend auch die Vorinstanz ausgegangen: Sie hat erwogen, die Legitimation zur Beschwerde gegen Freihandvergaben stehe nur potenziellen Anbietern zu. Die Stellung als potenzieller Anbieter sei davon abhängig zu machen, ob die vom Beschwerdeführer angebotene Leistung funktional der freihändig beschafften Leistung entspreche, d.h. ob der Mitbewerber das hinter der Beschaffung stehende Bedürfnis mit einem gleichen oder gleichartigen Produkt zu befriedigen vermöge. Es sei einer Vergabestelle unbenommen, ihren Bedarf mit Blick auf die von ihr gewünschte Lösung zu konkretisieren. Die Substituierbarkeit sei alsdann in Bezug auf diese konkrete Leistung zu beurteilen. Wer anstelle dieser Leistung etwas funktional Anderes anbieten wolle, sei nicht als potenzieller Anbieter zu betrachten. Die Konkretisierung des Bedarfs durch die Vergabestelle dürfe nicht jeglicher Rechtskontrolle entzogen werden. Die Frage, ob die Beschwerdeführerinnen aufgrund des (ihres Erachtens) rechtswidrig festgelegten Beschaffungsgegenstandes aus dem Kreis der potenziellen Anbieter fallen, müsse aber im Rahmen des Eintretens geprüft werden. Würde die blosse Behauptung eines Beschwerdeführers, der Beschaffungsgegenstand sei unzulässig festgelegt und er nur deshalb aus dem Kreis der potenziellen Anbieter gedrängt worden, zur Bejahung der Beschwerdelegitimation ausreichen, würden systematisch auch Personen zur Beschwerde zugelassen, denen die Stellung als potenzielle Anbieter gerade nicht zukomme. Im vorliegenden Falle sei eine Verlängerung der Lizenzen und eine Wartung der bisher genutzten Informatikumgebung der Bundesverwaltung ausgeschrieben worden; ein grundlegend neues Informatiksystem entspreche nicht dem Bedürfnis der Vergabestelle. Die Beschwerdeführerinnen hätten nicht dargelegt, dass sie gewillt und in der Lage seien, auf der bestehenden Umgebung aufbauende Leistungen zu erbringen, sondern liessen ein Interesse an einer grundlegenden Änderung der Informatikstrategie des Bundes erkennen. Sie verstünden ihre Lösungen weder als Weiterführung noch als Ergänzung des bestehenden Informatiksystems, sondern als eigentliche Alternative der gesamten Bürokommunikation; sie zielten damit am Beschaffungsgegenstand vorbei. Der Entscheid der Vergabestelle, die bestehende Informatikumgebung weiternutzen zu wollen, sei nicht rechtswidrig. Die Beschwerdeführerinnen seien daher nicht als potenzielle Anbieter zu betrachten und daher zur Beschwerde nicht legitimiert. Die Vorinstanz hat mithin im Rahmen des Eintretens geprüft, ob das Produkt, welches die Beschwerdeführerinnen anbieten wollen, dem von der Vergabestelle umschriebenen Beschaffungsgegenstand entspreche (angefochtener Entscheid E. 4.1-4.4) und ob die anbieterbezogene Einschränkung des Beschaffungsgegenstands unzulässig sei (angefochtener Entscheid E. 4.5). 3.5 Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, die Vorinstanz verschiebe damit unzulässigerweise die Prüfung der Frage, ob sie aufgrund des ihres Erachtens rechtswidrig festgelegten Beschaffungsgegenstands aus dem Kreis der potenziellen Anbieter fallen, in die Legitimationsprüfung. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich infolge seiner Betrachtungsweise nicht mit ihren materiellen Rügen auseinandergesetzt, namentlich nicht geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Freihandvergabe gegeben und die Bestimmungen über die technischen Spezifikationen verletzt seien. Die Vorgehensweise der Vorinstanz lasse damit zu, dass die Vergabestelle den Beschaffungsgegenstand so konkretisiere, dass nur noch ein einziger Anbieter in Frage komme; damit werde die materiellrechtliche Zulässigkeit der Freihandvergabe vorweggenommen, ohne dass die dafür geltenden Voraussetzungen geprüft würden. Durch die Verlagerung der Prüfung auf die Eintretensfrage werde die Beweislast umgekehrt: Während bei der materiellen Beurteilung die Vergabestelle die Beweislast für die Zulässigkeit der Freihandvergabe trage, scheine die Vorinstanz davon auszugehen, dass im Rahmen des Eintretens die Beschwerdeführerinnen die Beweislast für das Vorliegen der Legitimationsvoraussetzungen zu tragen hätten. 3.5.1 Den Beschwerdeführerinnen ist insofern zuzustimmen, dass die Verteilung der Beweislast nicht davon abhängen darf, ob die Prüfung der Zulässigkeit der Einschränkung des Beschaffungsgegenstandes im Rahmen des Eintretens oder der materiellen Beurteilung stattfindet. Mit anderen Worten darf die Hürde für die Prüfung im Rahmen der Legitimation nicht höher angesetzt sein als jene, die sich bei einer materiellen Beurteilung ergäbe. Immerhin ist zu bemerken, dass sich die materielle Beweislast nur auf Beweisbares beziehen kann, mithin nur auf Tatfragen, nicht aber auf Rechtsfragen, und sodann die Beweislast nur im Falle der Beweislosigkeit zum Tragen kommt. Soweit die Zulässigkeit der Umschreibung des Beschaffungsgegenstands von Rechtsfragen oder von nicht beweislosen Tatfragen abhängt, spielt es von vornherein keine Rolle, in welcher Phase die Überprüfung stattfindet. Prozessual ist zudem zu bemerken, dass das Bundesverwaltungsgericht auch das Eintreten von Amtes wegen prüft (Art. 7 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 37 VGG) und umgekehrt auch bei der materiellen Prüfung eine Mitwirkungsobliegenheit der Parteien besteht (Art. 13 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 37 VGG). Insoweit wird die Bedeutung der Beweislastverteilung relativiert. 3.5.2 In Bezug auf die Beweislastverteilung gehen die Beschwerdeführerinnen zudem zu undifferenziert davon aus, dass die Beweislast für die Zulässigkeit der Freihandvergabe bei der Vergabestelle liege. Das trifft als allgemeine Regel zu, kann aber nicht absolut gelten: Für die Anwendung von Art. 13 Abs. 1 lit. c VöB - der im Übrigen inhaltlich mit Art. XV Ziff. 1 lit. b des Übereinkommens vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA; SR 0.632.231.422) übereinstimmt - ist erstens vorausgesetzt, dass aufgrund der technischen oder künstlerischen Besonderheiten des Auftrags oder aus Gründen des geistigen Eigentums nur ein Anbieter in Frage kommt; zweitens darf es keine angemessene Alternative geben. Die Beschwerdeführerinnen stellen nicht in Frage, dass sie aus Gründen des geistigen Eigentums die Microsoft-Software nicht anbieten können, so dass die erste Voraussetzung erfüllt ist. In Bezug auf die zweite Voraussetzung kann nicht der Vergabestelle die Beweislast dafür auferlegt werden, dass keine angemessenen Alternativen bestehen: Das Vorhandensein angemessener Alternativen ist die anspruchsbegründende Tatsache, aus welcher die Beschwerdeführerinnen die Unrechtmässigkeit der Freihandvergabe und damit ihre Zulassung zu einem Submissionsverfahren ableiten; sie tragen deshalb dafür nach Art. 8 ZGB die Beweislast. Der Vergabestelle die Beweislast für das Fehlen angemessener Alternativen aufzuerlegen, würde darauf hinauslaufen, einen Beweis negativer Tatsachen zu verlangen, was grundsätzlich nur zurückhaltend angenommen wird (vgl. Urteile 2C_50/2010 vom 17. Juni 2010 E. 2.3.3, 2A.105/2007 vom 3. September 2007 E. 4.4); weiter würde damit zumindest der Gegenseite nach Treu und Glauben eine verstärkte Mitwirkungspflicht auferlegt, deren Verletzung bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist (BGE 133 V 205 E. 5.5, 119 II 305 E. 1b/aa S. 306; Urteile 5D_63/2009 vom 23. Juli 2009 E. 3.3; 4C.64/2003 vom 18. Juli 2003 E. 4). Schliesslich stünde eine solche Beweislastverteilung im Widerspruch zum Wesen des Freihandverfahrens: Um abklären zu können, ob günstigere Angebote vorhanden sind, müsste nämlich die Vergabebehörde Alternativofferten einholen. Damit wäre als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Freihandverfahrens eine Art offenes oder selektives Verfahren durchzuführen, was dem Wesen des Freihandverfahrens gerade widerspricht. Der Dritte, der behauptet, es bestünden angemessene Alternativen, muss daher substantiiert solche Alternativen anbieten und darlegen, dass sie angemessen sind, und zwar unabhängig davon, ob die Frage im Rahmen des Eintretens oder der materiellen Beurteilung geprüft wird. Es liegt daher - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen - nicht eine unzulässige Umkehr der Beweislast darin, dass die Vorinstanz das Fehlen angemessener Alternativen im Rahmen der Eintretensfrage geprüft hat. 3.6 Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz auf dieser Rechtsgrundlage zu Recht die Legitimation der Beschwerdeführerinnen verneint hat. 3.6.1 Die Beschwerdeführerinnen machen zu Recht geltend, dass die Beschaffungsgegenstände primär funktional umschrieben werden sollten und somit die Angemessenheit der Alternative danach zu beurteilen ist, ob diese funktional das Beschaffungsbedürfnis der Vergabestelle abzudecken vermögen. Hinzu kommt aber ein weiterer Aspekt: Der Zweck des Submissionsrechts besteht unter anderem darin, den wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel zu fördern (Art. 1 Abs. 1 lit. c BöB). Der Zuschlag ist dem wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen (Art. 21 Abs. 1 BöB). Auch im Rahmen der Prüfung, ob eine Freihandvergabe zulässig ist, kann deshalb ein Angebot nicht als angemessene Alternative im Sinne von Art. 13 Abs. 1 lit. c VöB betrachtet werden, wenn es wirtschaftlich nicht mindestens etwa gleich günstig ist wie das beschaffte Produkt. Zudem kann nicht in rein abstrakter und theoretischer Weise geprüft werden, ob prinzipiell angemessene Alternativen denkbar sind. Es liegt im Wesen des Submissionsrechts, dass verschiedene Angebote miteinander zu vergleichen sind. Auch im offenen oder selektiven Verfahren wird nicht abstrakt geprüft, ob die Offerte, die den Zuschlag erhalten hat, die denkbar beste ist, sondern es werden nur die konkret vorliegenden Offerten daraufhin geprüft, welche davon die günstigste ist. Auch im Rahmen der Prüfung, ob angemessene Alternativen vorhanden sind, kann daher weder von der Vergabestelle noch von den Beschwerdeinstanzen verlangt werden, theoretisch und abstrakt zu prüfen, ob alternative Lösungen denkbar sind. Zwar kann vom Beschwerdeführer - anders als im offenen Verfahren (vgl. E. 3.3.1 hiervor) - nicht verlangt werden, dass er in einem Ausschreibungsverfahren eine Offerte eingereicht hat (Urteil 2P.157/2001 vom 8. September 2001 E. 1b), da es ein solches ja gar nicht gegeben hat. Immerhin muss aber der potenzielle Anbieter im Beschwerdeverfahren geltend machen, dass er eine konkrete Lösung anbietet, welche sowohl funktional als auch wirtschaftlich eine angemessene Alternative darstellt. 3.6.2 Die Vorinstanz hat demnach zu Recht erwogen (vgl. angefochtener Entscheid E. 4.4), es reiche nicht aus, wenn die Beschwerdeführerinnen eine Liste einreichten, in welcher die allgemeine Funktionalität der Produkte dargestellt und in genereller Weise alternative Open-Source-Lösungen aufgezeigt würden. Die Beschwerdeführerinnen haben im vorinstanzlichen Verfahren nur in allgemeiner Weise geltend gemacht, Alternativen zu dem von der Beschwerdegegnerin beschafften Produkt wären denkbar und sie wären in der Lage, solche Produkte anzubieten. Selbst wenn man von ihrer Darstellung ausgeht, wonach sie im vorinstanzlichen Verfahren nachgewiesen hätten, dass der grösste Teil des Wertes der "Enterprise Agreements 09" in der Beschaffung von Lizenzrechten bestehe, dass auch die Beschaffung von Software zur Ausrüstung Tausender zusätzlicher Arbeitsplätze erfasst werde und dass nur in untergeordnetem Umfang Nebenleistungen wie Third Level Support verbunden seien, so haben sie doch nicht konkret ein Alternativprodukt angeboten und erst recht nicht dessen funktionale und wirtschaftliche Gleichwertigkeit dargelegt. Sie haben bloss der Beschwerdegegnerin vorgeworfen, das Fehlen angemessener Alternativen nicht abgeklärt zu haben oder beantragt, es sei mittels Expertise oder in einem offenen Verfahren abzuklären, ob die Umstellung auf Open-Source-Produkte mit höherem Aufwand verbunden seien. Damit verkennen sie die im Submissionsrecht geltende Rollenverteilung, die nicht darin bestehen kann, dass die Vergabestelle zunächst ein offenes Verfahren durchführen muss, damit überhaupt entschieden werden kann, ob das Freihandverfahren zulässig ist (vgl. E. 3.5.2 hiervor). 3.7 Soweit die Beschwerdeführerinnen die faktisch dominante Stellung von Microsoft auf dem Software-Markt unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten kritisieren, ist zu bemerken, dass es nicht Sache des Beschaffungsrechts ist, stellvertretend für die Wettbewerbsbehörden das Wettbewerbsrecht durchzusetzen. 3.8 Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, wenn sie im angefochtenen Entscheid die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerinnen verneint hat. Sie musste demnach auch nicht näher auf die materiellen Rügen in Bezug auf die Voraussetzungen gemäss Art. 13 lit. f VöB bzw. Art. XV Ziff. 1 lit. d GPA eingehen, weshalb die diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerinnen unerheblich sind. 4. Damit erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführerinnen die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftung auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, dem Bundesamt für Bauten und Logistik und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 11. März 2011 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Winiger
4e19d06f-c71e-47a4-a5e6-57e925e66697
fr
2,007
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
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critical
critical-1
Faits : A. Par contrat du 20 mars 2001, X._ a remis un appartement à bail aux époux A._. Les époux Y._ont par la suite acquis l'immeuble où se trouve ce logement. Le 10 février 2004, ils ont adressé aux époux A._ le décompte chauffage, eau chaude et frais d'exploitation pour la période du 1er juillet 2002 au 30 juin 2003, que ces derniers ont contesté. B. Le 22 septembre 2004, les époux A._ ont saisi la Commission de conciliation en matière de bail à loyer. La conciliation ayant été vainement tentée, ils ont porté la cause devant le Tribunal des baux par requête du 2 décembre 2004, concluant à ce que X._ ainsi que les époux Y._ soient condamnés à leur payer 1'191 fr. 30 (remboursement d'acomptes versés pour frais accessoires et chauffage) et à ce qu'il soit constaté qu'ils ne leur sont pas redevables de 245 fr. 10 (solde des frais accessoires dus selon le décompte du 10 février 2004). Par jugement du 8 août 2005, le Tribunal des baux a rejeté la première conclusion en paiement et partiellement admis la seconde en ce sens que sur le montant de 245 fr. 10, les locataires n'étaient pas redevables de 27 fr. 90. Par arrêt du 1er février 2007, la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois a rejeté le recours déposé par les époux A._ et confirmé le jugement du 8 août 2005. En résumé, elle a constaté que les frais accessoires facturés ressortaient des conditions générales annexées au contrat de bail, que les locataires avaient signées en même temps que celui-ci; elle en a déduit que ces frais étaient mentionnés de manière suffisamment claire et précise. C. Les époux A._ (les recourants) interjettent le présent recours en matière civile au Tribunal fédéral; ils prennent principalement des conclusions identiques à celles formulées devant le Tribunal des baux et sollicitent subsidiairement l'annulation de l'arrêt attaqué et le renvoi de la cause à celui-ci pour nouvelle instruction et nouvelle décision, avec suite de frais et dépens. X._ et les époux Y._ (les intimés) proposent principalement l'irrecevabilité, subsidiairement le rejet du recours, sous suite de dépens.
Le Tribunal fédéral considère en droit: 1. De l'avis des recourants, la voie du recours en matière civile est ouverte en l'espèce nonobstant le fait que la valeur litigieuse n'atteint pas 15'000 fr., au motif que le présent recours soulèverait une question juridique de principe (cf. art. 74 al. 1 let. a et al. 2 let. a LTF). Cette question serait celle de savoir si des conditions générales signées par le locataire en même temps que le contrat de bail et pour en faire partie intégrante permettent au bailleur de lui réclamer le paiement des frais qui y sont mentionnés. 1.1 Le législateur n'a pas donné de définition de la notion de "question juridique de principe", qui se trouve tant dans la Constitution fédérale (art. 191 al. 2 Cst.) que dans la loi sur le Tribunal fédéral (art. 74 al. 2 let. a LTF). Il s'agit d'une notion juridique indéterminée que la jurisprudence doit concrétiser (cf. Message concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale du 28 février 2001, FF 2001 p. 4000 ss, spéc. p. 4108). A l'origine, le projet de loi sur le Tribunal fédéral prévoyait que dans une cause civile, la seule voie de recours possible était celle du recours en matière civile. Lorsque ce recours n'était pas ouvert faute de valeur litigieuse suffisante, il n'y avait en principe pas de recours au Tribunal fédéral; le recours de droit public (art. 84 ss OJ), qui permettait, sous l'ancien droit, de saisir le Tribunal fédéral lorsque la voie du recours en réforme était fermée, était en effet purement et simplement supprimé. Cela pouvait empêcher de saisir l'autorité judiciaire suprême de la Confédération de questions méritant d'être tranchées par elle. Le projet de loi a dès lors prévu d'ouvrir exceptionnellement la voie du recours en matière civile en cas de valeur litigieuse insuffisante, lorsque le recourant pose une question juridique de principe. Lors des débats parlementaires toutefois, le législateur a introduit le recours constitutionnel subsidiaire (art. 113 ss LTF), que le projet de loi ne prévoyait pas. Ce recours, ouvert lorsque la voie du recours en matière civile est fermée, permet, comme l'ancien recours de droit public, de se plaindre de la violation de droits constitutionnels, et donc notamment d'une application arbitraire du droit fédéral. Dans ces circonstances, l'ouverture exceptionnelle de la voie du recours en matière civile dans les causes à valeur litigieuse insuffisante apparaît sous un autre jour. Il s'ensuit que la notion de "question juridique de principe" doit être appliquée de manière très restrictive, plus restrictive que celle décrite dans le Message (cf. Hohl, Le recours en matière civile selon la loi sur le Tribunal fédéral du 17 juin 2005, in Les recours au Tribunal fédéral, Zurich 2007, p. 73 s.; Karlen, Das neue Bundesgerichtsgesetz, Bâle 2006, p. 44; cf. également Spühler/Dolge/Vock, Kurzkommentar zum Bundesgerichtsgesetz [BGG], Zurich/St-Gall 2006, n. 6 ss ad art. 74). 1.2 La question juridique posée en l'espèce est celle de savoir à quelles exigences doit répondre la convention spéciale mettant les frais accessoires à la charge du locataire, prévue à l'art. 257a al. 2 CO. A ce sujet, il existe une jurisprudence abondante du Tribunal fédéral, que les recourants citent d'ailleurs en partie eux-mêmes. Cette jurisprudence pose les principes en la matière, soit en particulier que la convention doit être claire et précise, sans devoir toutefois répondre à des exigences de forme particulières; dans ce cadre, la jurisprudence traite notamment de la portée de conditions générales prévoyant la mise de frais accessoires à la charge du locataire (cf. arrêt 4C.250/2006 du 3 octobre 2006, reproduit in mp 2006 p. 272, consid. 1.1 et les arrêt cités). La question spécifique soulevée par les recourants n'est rien d'autre que celle de l'application de ces principes à un cas particulier. Que ce cas particulier puisse se répéter dans la pratique et que l'autorité cantonale parle à son égard de question de principe n'y change rien. Il ne s'agit pas d'une question de principe au sens de l'art. 74 al. 2 let. a LTF. Il s'ensuit l'irrecevabilité du recours. 2. Compte tenu de l'issue du litige, les frais et dépens sont mis solidairement à la charge des recourants, qui succombent (art. 66 al. 1 et 5 ainsi que 68 al. 1, 2 et 4 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est irrecevable. 2. Un émolument judiciaire de 200 fr. est mis à la charge des recourants, solidairement entre eux. 3. Les recourants, débiteurs solidaires, verseront aux intimés une indemnité de 1'500 fr. à titre de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué en copie aux mandataires des parties et à la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois. Lausanne, le 28 juin 2007 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse Le président: La greffière:
4e2b00d0-339c-4201-867a-1466192b34a4
de
2,012
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
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Sachverhalt: A. Die Z._ AG als Bestellerin schloss am 22. März 2010 mit der X._ AG und mit der Y._ AG, welche als einfache Gesellschaft "V._" auftraten, einen Werkvertrag, welcher namentlich folgende Klausel enthielt: "Gerichtsstand ist das Bezirksgericht Zürich". Die beiden Unternehmerinnen verpflichteten sich im Vertrag, für die Bestellerin in U._ Arbeiten auf einem Grundstück auszuführen, das im Miteigentum von A._, der Pensionskasse Q._, der Pensionskasse R._, der Pensionskasse S._ und der Personalvorsorgestiftung T._ stand. Infolge Divergenzen mit der Bestellerin über die Leistung von Akontozahlungen an den Werklohn erwirkten die Unternehmerinnen die provisorische Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten auf den Grundstücksanteilen der fünf Miteigentümer. Es wurde den Unternehmerinnen Frist gesetzt, um Klage auf Feststellung der Forderung als Pfandsumme und definitive Eintragung der Pfandrechte zu erheben. B. Am 26. Mai 2011 reichten die Unternehmerinnen beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen die Bestellerin und die fünf Drittpfandeigentümer ein; sie schlossen dahin, es sei die Bestellerin zu verurteilen, ihnen Fr. 560'000.-- plus Verzugszins zu bezahlen, und es seien die fünf provisorischen Bauhandwerkerpfandrechte definitiv einzutragen. Eine Klageantwort wurde nicht eingeholt. Mit Urteil und Beschluss vom 22. August 2011 lehnte es das Bezirksgericht ab, auf die Forderungsklage gegen die Bestellerin sowie auf die Klage auf definitive Eintragung gegen die vier Pensionskassen einzutreten. Es setzte den Unternehmerinnen sodann Frist, um mitzuteilen, ob sie an der Klage gegen den fünften Drittpfandeigentümer A._ festhielten oder diese zurückzögen, und stellte ansonsten eine Sistierung in Aussicht bis zur definitiven Erledigung der Hauptklage und der andern Prosequierungsklagen durch das Handelsgericht; die Klage gegen A._ wurde in der Folge zurückgezogen. Das Bezirksgericht hielt fest, die sachliche Zuständigkeit liege ausserhalb der Dispositionsfreiheit der Parteien; für die Prorogation eines sachlich unzuständigen Gerichts bleibe nach der neuen eidgenössischen ZPO kein Raum. Für die Forderungsklage gegen die Bestellerin sei nach dem neuen Recht ausschliesslich das Handelsgericht zuständig; der unter dem alten Recht geschlossenen anderslautenden Prorogationsklausel komme keine Rechtswirkung mehr zu. Sodann seien die vier beklagten Pensionskassen institutionelle Anleger, weshalb die Klage auf Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts gegen sie ebenfalls zwingend in die Zuständigkeit des Handelsgerichts falle. C. Am 30. August 2011 reichten die Unternehmerinnen beim Handelsgericht Klage ein gegen die Bestellerin auf Bezahlung von Fr. 560'000.-- plus Verzugszins und gegen die fünf Drittpfandeigentümer auf definitive Eintragung der Bauhandwerkerpfandrechte für Pfandsummen zwischen Fr. 67'200.-- und Fr. 201'600.--. Die sechs Beklagten äusserten die Auffassung, das Bezirksgericht sei zuständig. Mit Beschluss vom 11. Dezember 2011 lehnte es das Handelsgericht unter Kosten- und Entschädigungsfolge ab, auf die Klage einzutreten. Das Handelsgericht ging zunächst davon aus, dass die im Werkvertrag vereinbarte Gerichtsstandsklausel weiterhin gültig und das Handelsgericht folglich für die Forderungsklage gegen die Bestellerin sachlich nicht zuständig ist. Es folgerte, dass an sich das Bezirksgericht für die Klage gegen die Bestellerin sowie gegen die Drittpfandeigentümer A._ und Pensionskasse S._ (mangels Eintrags im Handelsregister) zuständig wäre und es selber für die Klage gegen die drei andern (im Handelsregister eingetragenen) Drittpfandeigentümer. Doch dränge es sich auf, für (einfache und notwendige) Streitgenossen von einer einheitlichen sachlichen Zuständigkeit auszugehen. Deshalb müsse die sachliche Zuständigkeit bei passiver einfacher (und wohl auch notwendiger) Streitgenossenschaft beim ordentlichen Bezirksgericht liegen, sobald für mindestens einen passiven Streitgenossen die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts, nicht aber jene des Handelsgerichts gegeben ist. D. Die beiden Unternehmerinnen (nachfolgend: Beschwerdeführerinnen) reichten Beschwerde in Zivilsachen ein. Sie schliessen hauptsächlich dahin, es sei der Beschluss vom 11. Dezember 2011 vollständig aufzuheben und das Handelsgericht für die Durchführung des Prozesses gegen die Bestellerin und gegen alle fünf Drittpfandeigentümer zuständig zu erklären; subsidiär schliessen sie dahin, es sei der Beschluss soweit aufzuheben, als ihnen Kosten und Parteientschädigungen auferlegt werden. Sodann ersuchen sie um die Anweisung an das Grundbuchamt, die vorläufig eingetragenen Bauhandwerkerpfandrechte bis zum rechtskräftigen Entscheid des zuständigen kantonalen Gerichts nicht zu löschen. Die Bestellerin und die fünf Drittpfandeigentümer (nachfolgend: Beschwerdegegner) haben eine gemeinsame Vernehmlassung eingereicht. Sie schliessen hauptsächlich auf Abweisung der Beschwerde; eventualiter beantragen sie, es sei ausdrücklich das Bezirksgericht Zürich zuständig zu erklären. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit bei ihm eingereichter Beschwerden von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 417 E. 1 S. 417 mit Hinweisen). 1.1 Die Beschwerde in Zivilsachen steht grundsätzlich nur gegen Entscheide offen, die von einem oberen kantonalen Gericht auf Rechtsmittel hin in zweiter Instanz gefällt werden (Grundsatz der "double instance cantonale"). Dieses Erfordernis der doppelten kantonalen Instanz gilt aber nicht ausnahmslos; so steht es den Kantonen namentlich offen, Fachgerichte für handelsrechtliche Streitigkeiten, sogenannte Handelsgerichte, als einzige kantonale Instanz einzusetzen (Art. 75 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b BGG; Art. 6 Abs. 1 ZPO). Was eine handelsrechtliche Streitigkeit in diesem Sinn ist, bestimmt allein das Bundesrecht. Eine Streitigkeit gilt als handelsrechtlich, wenn die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betroffen ist - womit die charakteristische Leistung im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit der Partei gemeint ist (ALEXANDER BRUNNER, in: Brunner und andere [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, 2011, N. 20 zu Art. 6 ZPO) - , gegen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht offensteht und die Parteien im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen sind (Art. 6 Abs. 2 ZPO). Ist nur die beklagte Partei im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen, sind aber die übrigen Voraussetzungen erfüllt, hat die (im Handelsregister nicht eingetragene) klagende Partei die Wahl zwischen dem Handelsgericht oder dem ordentlichen Gericht (Art. 6 Abs. 3 ZPO). Die Kantone können das Handelsgericht überdies zuständig erklären für Streitigkeiten, für die das Bundesrecht eine einzige kantonale Instanz vorschreibt (Art. 6 Abs. 4 lit. a i.V.m. Art. 5 Abs. 1 ZPO), sowie für Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften und Genossenschaften (Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO). Der Kanton Zürich hat von der Möglichkeit, in diesem Rahmen ein Handelsgericht zu schaffen, Gebrauch gemacht. Er hat es zuständig erklärt sowohl für handelsrechtliche Streitigkeiten (im Sinn von Art. 6 Abs. 2 und 3 ZPO) als auch für Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften und Genossenschaften (im Sinn von Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO), sofern deren Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (§ 44 lit. b GOG/ZH, Zürcher Gesetz vom 10. Mai 2010 über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess, LS 211.1), ferner - mit Ausnahme der Klagen gegen den Bund (Art. 5 Abs. 1 lit. f ZPO) - für Streitigkeiten, für die das Bundesrecht eine einzige kantonale Instanz vorschreibt (Art. 5 Abs. 1 lit. a - e und h ZPO; § 44 lit. a GOG/ZH; vgl. auch Art. 5 Abs. 1 lit. g ZPO i.V.m. § 45 lit. a GOG/ZH). Es ist somit ein Handelsgericht im Sinn des Bundesrechts (Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG, Art. 6 Abs. 1 ZPO), dessen Entscheide direkt an das Bundesgericht weitergezogen werden können. 1.2 Der angefochtene Beschluss beendet das Verfahren vor dem Handelsgericht; der Streitwert liegt bei Fr. 560'000.--. Die formellen Voraussetzungen an eine Beschwerde sind erfüllt. Auf vorliegende Beschwerde in Zivilsachen ist damit grundsätzlich einzutreten. 1.3 Die Beschwerdeführerinnen ersuchen um Anweisung an das Grundbuchamt, die vorläufig eingetragenen Pfandrechte bis zum rechtskräftigen Entscheid des zuständigen kantonalen Gerichts nicht zu löschen. Darin ist ein Gesuch um aufschiebende Wirkung für die vorliegende Beschwerde zu sehen. Da bei Ablauf der Klagefrist der Verlust des Pfandrechts droht, ist dem Gesuch stattzugeben. 2. Die Beschwerdeführerinnen haben mehrere Klagen gegen verschiedene Beklagte gehäuft. Einerseits verlangen sie Werklohn von der Bestellerin (werkvertraglicher Anspruch), andererseits ersuchen sie um die Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten gegen die Miteigentümer des Grundstücks, auf welchem sie die bestellten Arbeiten geleistet haben (sachenrechtlicher Anspruch). Diese Klagen müssen von Gesetzes wegen nicht verbunden werden: so kann der Gläubiger gegen den Drittpfandeigentümer auf definitive Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts klagen, ohne gleichzeitig den Schuldner auf Bezahlung des Werklohns einzuklagen (BGE 126 III 467 E. 3 S. 469 ff.). Es ist im Folgenden zu prüfen, welche kantonale Instanz zur Beurteilung der einzelnen Klagebegehren je zuständig wäre und, falls es nicht dieselbe Instanz ist, ob eine Klagenhäufung möglich ist und gegebenenfalls mit welchen Folgen hinsichtlich der Zuständigkeit. 3. Die Beschwerdeführerinnen verlangen von der Bestellerin Fr. 560'000.-- Werklohn aus dem am 22. März 2010 geschlossenen Werkvertrag. 3.1 Die Beschwerdeführerinnen und die Bestellerin sind im Handelsregister eingetragen und im Baugewerbe tätig. Die Streitigkeit um die eingeklagte Forderung aus Werkvertrag ist damit offensichtlich handelsrechtlicher Natur; das ist im Übrigen unbestritten. Ein solches Klagebegehren fällt in die Zuständigkeit des Handelsgerichts (Art. 6 Abs. 2 ZPO). Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte (vgl. Art. 4 ff. ZPO) ist der Disposition der Parteien entzogen (vgl. FABIENNE HOHL, Procédure civile, Bd. II, 2. Aufl. 2010, Rz. 130; CHRISTOPH LEUENBERGER/BEATRICE UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, Rz. 2.129). Diese können nicht vereinbaren, einen Streit einem andern als dem vom Gesetz bezeichneten staatlichen Gericht zu unterbreiten, es sei denn, das Gesetz sehe eine Wahlmöglichkeit vor, was für den vorliegenden Fall, in dem alle Parteien im Handelsregister eingetragen sind, nicht zutrifft (vgl. Art. 6 Abs. 3 ZPO). Zwar können die Parteien gemäss Art. 17 ZPO Gerichtsstandsvereinbarungen schliessen (élection de for, proroga di foro); diese Bestimmung steht unter dem Titel "Örtliche Zuständigkeit" (Art. 9 ff. ZPO) und wurde wörtlich von Art. 9 Abs. 1 aGestG (Bundesgesetz vom 24. März 2000 über den Gerichtsstand in Zivilsachen, AS 2000 2355) übernommen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7264 Ziff. 5.2.2 zu Art. 16 E-ZPO), welcher sich nur auf die örtliche Zuständigkeit bezog (vgl. Art. 1 Abs. 1 aGestG); Vereinbarungen über die sachliche Zuständigkeit der Gerichte lassen sich nicht darauf stützen (vgl. ULRICH HAAS/MICHAEL SCHLUMPF, in: Oberhammer [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 2010, N. 1 zu Art. 4 und N. 2 zu Art. 17 ZPO; DOMINIK VOCK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 5 zu Art. 4 ZPO; RAINER WEY, in: Sutter-Somm und andere [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, N. 7 zu Art. 4 ZPO; THEODOR HÄRTSCH, in: Stämpflis Handkommentar ZPO, 2010, N. 8 zu Art. 4 ZPO und N. 26 zu Art. 6 ZPO; DANIEL FÜLLEMANN, in: Brunner und andere [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, 2011, N. 8 zu Art. 17 ZPO; JACQUES HALDY, in: Bohnet und andere [Hrsg.], Code de procédure civile commenté, 2011, N. 2 zu Art. 17 ZPO). 3.2 Die Beschwerdeführerinnen und die Bestellerin haben im Werkvertrag vom 22. Mai 2010 vereinbart, Gerichtsstand sei das Bezirksgericht Zürich. Das Handelsgericht ist - wie auch das Bezirksgericht - der Auffassung, unter der Geltung des bei Vertragsabschluss noch anwendbaren kantonalen Prozessrechts sei es zulässig gewesen, die grundsätzlich gegebene Kompetenz des damaligen Handelsgerichts wegzubedingen; es hat demzufolge festgehalten, die Vertragsparteien hätten bei Vertragsabschluss rechtsgültig die sachliche Kompetenz des Bezirksgerichts begründet. Diesen auf kantonalem Recht fussenden Schluss stellen die Beschwerdeführerinnen nicht in Frage; sie erheben in diesem Zusammenhang insbesondere keine Rüge einer Verletzung des verfassungsmässigen Willkürverbots. Die Frage ist damit der Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen (Art. 95 und 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 462 E. 2.3 und 4.4.1). 3.3 Das Handelsgericht ist der Auffassung, die unter dem altem Recht vereinbarte Wegbedingung seiner Kompetenz sei nach Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung weiterhin gültig. Es beruft sich auf Art. 406 ZPO, wonach sich die Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung nach dem Recht bestimmt, das zur Zeit ihres Abschlusses gegolten hat; es bezieht diese Regel nicht nur auf Vereinbarungen über die örtliche, sondern auch auf solche über die sachliche Zuständigkeit. Das Bezirksgericht war in Anlehnung an einen Entscheid des Zürcher Obergerichts anderer Auffassung. Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung von Art. 406 ZPO; nach ihrem Dafürhalten bezieht sich diese Bestimmung ausschliesslich auf die örtliche Zuständigkeit. Art. 406 ZPO hat nach dem klaren Willen des Gesetzgebers die zuvor geltende Regelung des Art. 39 aGestG übernommen (BBl 2006 7407 Ziff. 5.26.2 zu Art. 403 E-ZPO); diese galt nur für Vereinbarungen über die örtliche Zuständigkeit (Art. 1 Abs. 1 GestG). Nichts deutet darauf hin, dass der Begriff Gerichtsstandsvereinbarung (élection de for, proroga di foro) in den Art. 406 und 17 ZPO verschieden sein sollte und in Art. 406 ZPO einen über die gewöhnliche Bedeutung hinausgehenden Sinn hätte. Entgegen der Auffassung des Handelsgerichts erheischt das Bedürfnis der Parteien nach Vertragstreue, nach Vertrauen in die Rechtsordnung und nach Rechtssicherheit keine andere Auslegung von Art. 406 ZPO; denn es ist nicht ersichtlich, inwiefern dieses Bedürfnis der Parteien dadurch in Frage gestellt wäre, dass sie eine Klage vor jenem staatlichen Gericht einreichen müssen, das gemäss neuem Recht zuständig ist. Anders liegen die Dinge in Bezug auf Klagen, die noch unter dem alten Recht eingereicht worden sind und für welche das angerufene staatliche Gericht auch unter dem neuen Recht weiterhin zuständig bleibt (Art. 404 ZPO), sowie bei Schiedsvereinbarungen, durch welche ein Streit der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen wurde (Art. 407 ZPO); darum geht es vorliegend nicht. 3.4 Die Rüge einer falschen Auslegung von Art. 406 ZPO ist begründet. Es ist somit festzuhalten, dass das Handelsgericht grundsätzlich zuständig wäre, die Klage der Beschwerdeführerinnen gegen die Bestellerin auf Bezahlung von Fr. 560'000.-- zu beurteilen. 4. Die Beschwerdeführerinnen beantragen sodann gegen die fünf Miteigentümer des Grundstücks, das sie im Rahmen der Erfüllung des Werkvertrags mit der Bestellerin überbaut haben, die definitive Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten. Die Zuständigkeit des Handelsgerichts setzt voraus, dass die zu beurteilende Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betrifft (Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO). Bauarbeiten sind charakteristische Leistung eines Bauunternehmers, weshalb Streitigkeiten um den Werklohn des Bauunternehmers dessen geschäftliche Tätigkeit betreffen. Dasselbe muss auch in Bezug auf das Bauhandwerkerpfandrecht gelten, da dieses bloss eine akzessorische Sicherheit für den Werklohnanspruch ist; das Bauhandwerkerpfandrecht hängt eng mit der Werklohnforderung und damit mit der typischen geschäftlichen Tätigkeit des Bauunternehmers zusammen (RAINER SCHUMACHER, Das Bauhandwerkerpfandrecht - Ergänzungsband zur 3. Auflage, 2011, Rz. 568 und 699; vgl. VOCK, a.a.O., N. 8 zu Art. 6 ZPO; offen gelassen in BGE 137 III 563 E. 3.4 S. 568). Es ist im Übrigen aus prozessökonomischen Überlegungen gerechtfertigt, die Zuständigkeit des gleichen Gerichts zur Beurteilung beider Ansprüche des Bauunternehmers gegen Besteller und Drittpfandeigentümer nicht ohne zwingenden Grund zu verunmöglichen. Das Handelsgericht ist allerdings nur zuständig, wenn die beklagte Partei im Handelsregister eingetragen ist (Art. 6 Abs. 2 lit. c und Abs. 3 ZPO). Nach den nicht angefochtenen und damit für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des Handelsgerichts ist das nur für die Pensionskasse Q._, die Pensionskasse R._ und die Personalvorsorgestiftung T._ (Beklagte 3, 4 und 6) der Fall, nicht aber für A._ (den Beklagten 2) und die Pensionskasse S._ (Beklagte 5). 5. Das Handelsgericht ist damit an sich für die Klage gegen die Bestellerin und drei Drittpfandeigentümer zuständig, nicht aber für die Klagen gegen die zwei übrigen Drittpfandeigentümer. 5.1 Die Klage gegen die Bestellerin auf Bezahlung des Werklohns und die Klagen gegen die Drittpfandeigentümer auf definitive Eintragung der Bauhandwerkerpfandrechte können getrennt eingereicht werden (BGE 126 III 467 E. 3 S. 469 ff.), genauso wie die einzelnen Klagen auf definitive Eintragung der Teilpfandsummen (SCHUMACHER, a.a.O., Rz. 742). Es liegt somit keine notwendige passive Streitgenossenschaft vor. Eine einfache passive Streitgenossenschaft setzt voraus, dass Rechte und Pflichten zu beurteilen sind, die auf gleichartigen Tatsachen oder Rechtsgründen beruhen (Art. 71 Abs. 1 ZPO); das ist vorliegend der Fall. Sodann muss für die einzelnen Klagen die gleiche Verfahrensart anwendbar sein (Art. 71 Abs. 2 ZPO); auch diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, da der Streitwert der einzelnen Klagen über Fr. 30'000.-- liegt und folglich das ordentliche Verfahren für alle gilt (vgl. Art. 243 Abs. 1 ZPO). Schliesslich muss die gleiche sachliche Zuständigkeit für alle eingeklagten Ansprüche gelten. Das setzt Art. 71 ZPO stillschweigend voraus; was für die Klagenhäufung gegen dieselbe Partei gilt (vgl. Art. 90 lit. a ZPO), muss umso mehr für Klagen gegen eine einfache Streitgenossenschaft gelten (vgl. PETER RUGGLE, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 17 zu Art. 71 ZPO; NICOLAS JEANDIN, in: Bohnet und andere [Hrsg.], Code de procédure civile commenté, 2011, N. 8 zu Art. 71 ZPO; STAEHELIN/SCHWEIZER, in: Sutter-Somm und andere [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, N. 9 zu Art. 71 ZPO; a.M. ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2012, S. 62). Im Rahmen seiner Kompetenz zur Regelung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte (Art. 4 ZPO) muss dem Kanton erlaubt sein, aus prozessökonomischen Gründen und zur Vermeidung widersprüchlicher Urteile (vgl. BGE 129 III 80 E. 2.1) eine einheitliche sachliche Zuständigkeit für einfache passive Streitgenossenschaften vorzusehen. Wäre für gewisse Streitgenossen das Handelsgericht sachlich zuständig und für andere das ordentliche Gericht, kann er die Zuständigkeit zwar nicht gesamthaft dem Handelsgericht übertragen; denn dessen Zuständigkeit ist durch das Bundesrecht begrenzt und kann nicht auf weitere Fälle (insbesondere auf beklagte Personen, die nicht im Handelsregister eingetragen sind) ausgedehnt werden (Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 ZPO; a.M. ANNE-CATHERINE HAHN, in: Stämpflis Handkommentar ZPO, 2010, N. 7 zu Art. 71 ZPO). Hingegen spricht nichts dagegen, die Zuständigkeit des Handelsgerichts für solche Fälle aufzuheben und das ordentliche Gericht für alle Klagen zuständig zu erklären (TANJA DOMEJ, in: Oberhammer [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 2010, N. 6 zu Art. 71 ZPO; vgl. auch MEIER, a.a.O., S. 62; a.M. wohl DAVID RÜETSCHI, in: Sutter-Somm und andere [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, N. 42 zu Art. 6 ZPO). Die Regelung der handelsgerichtlichen Zuständigkeit nach Art. 6 ZPO bezweckt nicht, in ihrem Anwendungsbereich die einfache Streitgenossenschaft (Art. 71 ZPO) zu verhindern. Es ist dem Kanton - dem es freisteht, die Handelsgerichtsbarkeit überhaupt einzuführen (Art. 6 Abs. 1 ZPO) - vielmehr zuzugestehen, mit seiner Regelung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte zu ermöglichen, Streitgenossen vor dem gleichen Gericht einzuklagen. 5.2 Das Handelsgericht hat eine (stillschweigende) kantonale Regelung angenommen, nach welcher das Bezirksgericht sachlich zuständig ist, alle vorliegenden Klagen zu beurteilen. Die Beschwerdeführerinnen rügen keine Verletzung des verfassungsmässigen Willkürverbots bei der Auslegung des kantonalen Rechts, sodass die Frage der Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen ist (Art. 95 und 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 462 E. 2.3 und 4.4.1). 6. Der Nichteintretensentscheid des Handelsgerichts ist damit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Bezirksgericht hat sich zu Unrecht sachlich unzuständig erklärt. Wird eine Eingabe, auf die mangels örtlicher oder sachlicher Zuständigkeit nicht eingetreten wurde, innert eines Monats seit dem Nichteintretensentscheid beim zuständigen Gericht neu eingereicht, so gilt als Zeitpunkt der Rechtshängigkeit das Datum der ersten Einreichung (Art. 63 Abs. 1 ZPO). Diese Regel gilt - Fälle von Rechtsmissbrauch vorbehalten - auch, wenn sich nach einem ersten Nichteintretensentscheid das als zweites angerufene Gericht ebenfalls unzuständig erklärt (MARKUS MÜLLER-CHEN, in: Brunner und andere [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, 2011, N. 16 zu Art. 63 ZPO; vgl. BGE 130 III 202 E. 3.3.2 S. 210 f., in dem die Frage offengelassen wurde, ob der Gläubiger ein zweites Mal den Schutz von Art. 139 OR beanspruchen kann). Jede Person hat bei Rechtsstreitigkeiten einen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde (Art. 29a BV). Im vorliegenden Fall hat das sachlich zuständige Bezirksgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint und die Beschwerdeführer dazu gebracht, vor dem unzuständigen Handelsgericht zu klagen, welches aber nicht verpflichtet werden kann, auf eine Klage einzutreten, zu deren Behandlung es nicht zuständig ist. Damit stünde kein Gericht zur Verfügung, um die Klage zu beurteilen. Einem Kläger kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn er den Nichteintretensentscheid des ersten Gerichts nicht systematisch weiterzieht, um seinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Zugang zu einem Gericht zu sichern für den Fall, dass das vom ersten Gericht als zuständig erachtete zweite Gericht doch nicht zuständig wäre. Art. 63 ZPO ist verfassungsmässig auszulegen in dem Sinn, dass im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen die Verneinung der sachlichen Zuständigkeit durch das zweite Gericht eine Bindung an den Nichteintretensentscheid des ersten Gerichts nicht besteht, dass dem Entscheid des ersten Gerichts keine Rechtskraft zukommt (vgl. Art. 100 Abs. 5 BGG, BGE 135 V 153 E. 1). Es stellt sich sodann die Frage, ob die dreissigtägige Frist ab formeller Rechtskraft des Nichteintretensentscheids (MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 19 zu Art. 63 ZPO; FRANÇOIS BOHNET, in: Bohnet und andere [Hrsg.], Code de procédure civile commenté, 2011, N. 21 ff. zu Art. 63 ZPO; DOMINIK INFANGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 15 zu Art. 63 ZPO; vgl. auch THOMAS SUTTER-SOMM/MARTIN HEDINGER, in: Sutter-Somm und andere [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, N. 11 zu Art. 63 ZPO) oder nicht vielmehr ab Zustellung des letzten, nicht angefochtenen oder nicht mehr anfechtbaren Entscheids (STEPHEN V. BERTI, in: Oberhammer [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 2010, N. 13 zu Art. 63 ZPO) läuft. Da der Nichteintretensentscheid des Handelsgerichts mit Beschwerde angefochten und dieser aufschiebende Wirkung erteilt wurde, kann die Frage mangels formeller Rechtskraft des angefochtenen Entscheids offengelassen werden und es braucht auch diejenige nach der Rechtsnatur der Beschwerde in Zivilsachen nicht weiter vertieft zu werden. Die dreissigtägige Frist läuft damit ab Zustellung des vorliegenden Entscheids. Die Klage kann folglich wieder beim Bezirksgericht eingereicht werden. Beschwerdeführerinnen und Beschwerdegegner stimmen dem im Ergebnis zu für den Fall, dass das Handelsgericht nicht zuständig ist. 7. Die Beschwerdeführerinnen ersuchen für den Fall, dass das Bezirksgericht als zuständig erachtet würde, die ihnen im angefochtenen Beschluss auferlegten Partei- und Gerichtskosten dem Kanton Zürich zu überbinden. Das Verfahren vor Handelsgericht und die entsprechenden Gerichts- und Parteikosten von Fr. 11'000.-- und Fr. 6'700.-- sind die Folge des unzutreffenden Entscheids des Bezirksgerichts, den dieses von Amtes wegen gefällt hat. Die beklagten Parteien haben weder vor Bezirksgericht noch vor Handelsgericht unbegründete Anträge gestellt. Die Gerichts- und Parteikosten im kantonalen Verfahren sind somit nicht von den Parteien veranlasst worden. Es rechtfertigt sich folglich, sie dem Kanton aufzuerlegen (Art. 107 Abs. 2 ZPO). Infolge des negativen Kompetenzkonflikts waren die Beschwerdeführerinnen gezwungen, den Beschluss des Handelsgerichts vor Bundesgericht anzufechten; die Beschwerdegegner haben hier obsiegt. Der Kanton Zürich hat die beteiligten Parteien für das Verfahren vor Bundesgericht zu entschädigen (Art. 68 Abs. 4 i.V.m. Art. 66 Abs. 3 BGG). Dagegen sind ihm keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Der Beschwerde wird aufschiebende Wirkung erteilt. 2. Der angefochtene Beschluss vom 11. Dezember 2011 wird bestätigt, soweit die Zuständigkeit des Handelsgerichts verneint wird. 3. Der angefochtene Beschluss vom 11. Dezember 2011 wird dahin gehend geändert, dass die Gerichtskosten von Fr. 11'000.-- und die Parteientschädigung von Fr. 6'700.-- an die Beschwerdegegner dem Kanton Zürich auferlegt werden. 4. Für das Verfahren vor Bundesgericht werden keine Kosten erhoben. 5. Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführerinnen eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 9'000.-- und den Beschwerdegegnern eine solche von insgesamt Fr. 5'000.-- zu bezahlen. 6. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 29. Mai 2012 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Klett Der Gerichtsschreiber: Leemann
4e605ccc-994d-4161-9664-afabcd79e8f1
de
2,008
CH_BGer_009
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Mit Verfügung vom 18. Mai 2006 sprach die IV-Stelle Uri dem 1959 geborenen Z._ rückwirkend ab 1. August 2004 eine halbe und ab 1. April 2005 eine ganze Invalidenrente zu. Nach Verrechnung mit ausstehenden AHV/IV/EO-Beiträgen in der Höhe von Fr. 2'161.40 ermittelte die IV-Stelle eine Rentennachzahlung von Fr. 24'118.60 für die Zeit vom 1. August 2004 bis 30. April 2006. Sie hielt in der Verfügung zudem fest, die Nachzahlung erfolge direkt an den Versicherten, nachdem dieser einer Verrechnung mit Leistungen der Sozialhilfe nicht zugestimmt habe und sich aus dem Sozialhilfegesetz kein ausdrücklicher Rückforderungsanspruch ergebe. Dies bestätigte die IV-Stelle auf Einsprache des Sozialrates Altdorf hin (Entscheid vom 21. August 2006). B. Die von der Einwohnergemeinde Altdorf hiegegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Uri mit Entscheid vom 26. Oktober 2007 ab. C. Die Einwohnergemeinde Altdorf lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, und es seien die nachzuzahlenden Rentenbetreffnisse an sie auszurichten. Ferner ersucht sie um Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Die IV-Stelle lässt sich in zustimmendem Sinne vernehmen, ohne jedoch einen Antrag zu stellen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. D. Mit Verfügung vom 19. Februar 2008 erteilt der Instruktionsrichter der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. E. Z._ erhielt Gelegenheit zur Äusserung, wovon er keinen Gebrauch machte.
Erwägungen: 1. 1.1 Die Gemeinde ist durch die Verweigerung der von ihr verlangten Drittauszahlung direkt in ihren vermögensrechtlichen Interessen als Sozialhilfebehörde berührt und zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt (Art. 89 Abs. 1 BGG; BGE 1C_384/2007 vom 14. Mai 2008, E. 3.3; BGE 134 II 45 E. 2.2.1 S. 46 f.; 133 V 188 E. 4.4.1 und E. 5 S. 193 und 195; Urteil 2P.240/1995 vom 22. Januar 1996, E. 1c in: ZBl 98/1997 S. 414); denn sie ist nicht nur mittelbar durch die finanziellen Auswirkungen einer angeblich unrichtigen Rechtsanwendung berührt, was zur Legitimation nicht ausreichen würde (BGE 133 V 188 E. 4.5 S. 194; 134 V 53 E. 2.3.3.4 S. 59; Urteil 1A.260/2000 vom 27. Februar 2001, E. 2c in: FamPra.ch 2001 S. 846). 1.2 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). 1.3 Die Anwendung kantonalen Rechts prüft das Bundesgericht einzig auf Willkür hin (vgl. BGE 123 V 25 E. 5c/cc S. 33). Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 133 I 149 E. 3.1 S. 153; 132 I 13 E. 5.1 S. 17 f.; 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f., je mit Hinweisen). 2. Nach Art. 22 ATSG ist der Anspruch auf Leistungen weder abtretbar noch verpfändbar. Jede Abtretung oder Verpfändung ist nichtig (Abs. 1); Nachzahlungen von Leistungen des Sozialversicherers können jedoch dem Arbeitgeber oder der öffentlichen oder privaten Fürsorge abgetreten werden, soweit diese Vorschusszahlungen leisten (Abs. 2 lit. a). Gemäss Art. 85bis Abs. 1 IVV können u.a. öffentliche Fürsorgestellen, welche im Hinblick auf eine Rente der Invalidenversicherung Vorschussleistungen erbracht haben, verlangen, dass die Nachzahlung dieser Rente bis zur Höhe ihrer Vorschussleistung verrechnet und an sie ausbezahlt wird. Als Vorschussleistungen gelten vertraglich oder aufgrund eines Gesetzes erbrachte Leistungen, soweit aus dem Vertrag oder dem Gesetz ein eindeutiges Rückforderungsrecht infolge der Rentennachzahlung abgeleitet werden kann (Art. 85bis Abs. 2 lit. b IVV). Die in diesem Zusammenhang zu beachtende bundesgerichtliche Rechtsprechung hat die Vorinstanz zutreffend angeführt (BGE 132 V 113; 131 V 242; 123 V 25; 118 V 88). Darauf wird verwiesen. 3. Streitig und zu prüfen ist die Zulässigkeit der Ausrichtung der aufgelaufenen Renten im Betrag von Fr. 24'118.60 an die Beschwerdeführerin durch Verrechnung mit vorschussweise erbrachten und nunmehr zurückzufordernden Sozialhilfeleistungen. Hiebei fragt sich zunächst, ob das Sozialhilfegesetz des Kantons Uri vom 28. September 1997 (Sozialhilfegesetz; SHG) ein eindeutiges Rückforderungsrecht im Sinne von Art. 85bis Abs. 2 lit. b IVV enthält. 4. 4.1 Das kantonale Gericht hat dies mit der Begründung verneint, Art. 32 SHG bilde für ein gesetzliches Rückforderungsrecht keine ausreichende normative Grundlage und der Anspruch der Sozialhilfebehörde gegenüber der Invalidenversicherung ergebe sich nicht direkt aus dieser Bestimmung. Art. 32 SHG lautet: Bestehen Ansprüche der hilfesuchenden Person gegenüber Dritten, so kann die Gewährung wirtschaftlicher Hilfe davon abhängig gemacht werden, dass sie im Umfang der Unterstützungsleistungen an die Sozialhilfebehörde abgetreten werden (Abs. 1). Der Forderungsübergang ist den Dritten mit Hinweis auf diese Bestimmung anzuzeigen (Abs. 2). 4.2 Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat in BGE 123 V 25 eine mit Art. 32 Abs. 1 SHG weitgehend identische Regelung des zürcherischen Sozialhilfegesetzes daraufhin überprüft, ob damit ein eindeutiges Rückforderungsrecht statuiert werde (E. 5c/aa S. 31 f.). Dies hat das Gericht unter dem Gesichtswinkel der Willkürprüfung verneint (E. 5c/cc S. 33). Es sind keine Gründe ersichtlich, welche hier einen anderen Schluss zuliessen. Die Bestimmung richtet sich gemäss ihrem Wortlaut an den Bezüger von Sozialhilfeleistungen (vgl. Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 31/00 vom 5. Oktober 2000, E. 3a/cc, in: AHI 2003 S. 261). Darüber hinaus bestätigt die in Art. 32 Abs. 1 SHG vorgesehene Abtretung das Fehlen eines gesetzlichen Forderungsrechts; denn einer Zession bedarf es regelmässig nur, wenn Letztes nicht besteht. Nachdem die Vorinstanz ein eindeutiges Rückforderungsrecht auf der Basis von Art. 32 Abs. 1 SHG ohne Willkür verneinen konnte, vermag Art. 32 Abs. 2 SHG - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - daran nichts zu ändern. Diese Bestimmung regelt bloss die Anzeige der gestützt auf Art. 32 Abs. 1 SHG erfolgten Abtretung. Nicht zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Art. 34 Abs. 2 lit. a SHG, wonach die unterstützte Person rechtmässig bezogene wirtschaftliche Hilfe zurückzuerstatten hat, falls sich ihre finanziellen Verhältnisse so gebessert haben, dass ihr die Rückerstattung zugemutet werden kann, willkürlich nicht zur Anwendung gebracht hat; denn in dieser Hinsicht fehlt es an einer begründeten Rüge (Art. 106 Abs. 2 BGG). Damit lässt sich die Verrechnung des Rentennachzahlungsbetrages mit für den gleichen Zeitraum bezogenen Sozialhilfeleistungen nicht auf ein eindeutiges Rückforderungsrecht im Sinne von Art. 85bis Abs. 2 lit. b IVV abstützen, und es bleibt zu prüfen, ob hiefür sonst wie eine rechtliche Grundlage besteht. 5. 5.1 Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die vom Rentenbezüger am 31. Oktober 2000 und am 28. Juni 2005 unterzeichneten Abtretungserklärungen. Sie geht von einer rechtsgültig erfolgten Einwilligung zur Drittauszahlung der nachzuentrichtenden Invalidenrenten an die Sozialhilfebehörde aus. Die in Frage stehende Nachzahlung betrifft Leistungen, die für die Zeit nach Inkrafttreten des am 6. Oktober 2000 erlassenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) am 1. Januar 2003 erbracht wurden (Rentenleistungen der Invalidenversicherung mit Rentenbeginn vom 1. August 2004). Die streitige Rechtsfrage (E. 3) beurteilt sich daher nach der Rechtslage seit dem 1. Januar 2003 (vgl. BGE 132 V 113 E. 3.1 S. 115). Der Versicherte hatte sowohl vor (31. Oktober 2000) wie auch nach (28. Juni 2005) der Inkraftsetzung des ATSG eine Abtretungserklärung zu Gunsten der Sozialhilfebehörde abgegeben. Die zweite Abtretung fällt unter die Bestimmungen des ATSG, nicht jedoch jene vom 31. Oktober 2000, weshalb diese unberücksichtigt zu bleiben hat (BGE 130 V 445 E. 1.2.1 S. 446 f.). Die in Frage stehende Nachzahlung betrifft Leistungen, die für die Zeit nach Inkrafttreten des am 6. Oktober 2000 erlassenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) am 1. Januar 2003 erbracht wurden (Rentenleistungen der Invalidenversicherung mit Rentenbeginn vom 1. August 2004). Die streitige Rechtsfrage (E. 3) beurteilt sich daher nach der Rechtslage seit dem 1. Januar 2003 (vgl. BGE 132 V 113 E. 3.1 S. 115). Der Versicherte hatte sowohl vor (31. Oktober 2000) wie auch nach (28. Juni 2005) der Inkraftsetzung des ATSG eine Abtretungserklärung zu Gunsten der Sozialhilfebehörde abgegeben. Die zweite Abtretung fällt unter die Bestimmungen des ATSG, nicht jedoch jene vom 31. Oktober 2000, weshalb diese unberücksichtigt zu bleiben hat (BGE 130 V 445 E. 1.2.1 S. 446 f.). 5.2 5.2.1 Gemäss der mit BGE 118 V 88 eingeleiteten Rechtsprechung waren mangels einer gesetzlichen Bestimmung, welche die Abtretung von Nachzahlungen der Sozialversicherungen erlaubt hätte, an die Einwilligung des Versicherten zur Drittauszahlung, die nach der Praxis nicht contra legem, aber doch praeter legem zulässig war, strenge Anforderungen zu stellen. Sie durfte nur Rechtswirksamkeit entfalten, wenn die Tragweite der Zustimmungserklärung klar ersichtlich war. Der bereits im Zeitpunkt der Anmeldung zum Rentenbezug - in welchem der Anspruch gegenüber der Invalidenversicherung noch gänzlich unbestimmt ist - erfolgten Zustimmung konnte deshalb nicht dieselbe Bedeutung wie einer Erklärung nach Bekanntgabe der konkret zugesprochenen Versicherungsleistung beigemessen werden. Die Zustimmung zur Drittauszahlung konnte daher erst dann rechtsgültig erteilt werden, wenn der entsprechende Beschluss der Invalidenversicherungs-Kommission (heute IV-Stelle) ergangen war. Im Rahmen des daraufhin einsetzenden Vorbescheidverfahrens hatte die Verwaltung bis zum Verfügungserlass Gelegenheit, eine allfällige Einwilligung zur Drittauszahlung einzuholen oder, falls diese vom antragstellenden Dritten beigebracht wurde, deren Eingang abzuwarten (BGE 118 V 88 E. 2b S. 92 f.). 5.2.2 Als Antwort darauf erliess der Verordnungsgeber Art. 85bis IVV mit dem Randtitel "Nachzahlungen an bevorschussende Dritte", welcher am 1. Januar 1994 in Kraft trat. Sodann hat die Verordnungsbestimmung mit der Ergänzung des Art. 50 IVG durch den im Rahmen der 10. AHV-Revision auf 1. Januar 1997 neu hinzugefügten und bis zum 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Abs. 2 die gesetzliche Grundlage erhalten (zum Ganzen BGE 128 V 108 E. 2d S. 110; 123 V 25 E. 3b S. 29; Antrag Nationalrätin Heberlein, AB 1993 N 294; vgl. Ulrich Meyer-Blaser, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], in: Murer/Stauffer [Hrsg.], Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, 1997, S. 289 f.). Art. 50 Abs. 2 IVG schuf allerdings kein Abtretungsrecht. Vielmehr liess diese Bestimmung bloss die Ausrichtung von Nachzahlungen an Drittpersonen oder Drittstellen zu, falls sie im Hinblick auf Leistungen der Invalidenversicherung Vorschussleistungen erbracht hatten. Das dabei zu beachtende Verfahren und die Voraussetzungen sind in Art. 85bis IVV geregelt. Danach ist die Verrechnung mit vorschussweise ausgerichteter wirtschaftlicher Hilfe u.a. zulässig, wenn aus dem kantonalen Sozialhilfegesetz ein eindeutiges Rückforderungsrecht abgeleitet werden kann (Art. 85bis Abs. 2 lit. b IVV). Mit dem gesetzlichen Rückforderungsrecht wird die soziale Hilfe zur Vorschussleistung und die für eine Verrechnung erforderliche Wechselseitigkeit der zu verrechnenden Forderungen (Nachzahlung der Leistung des Sozialversicherers/ Forderung der Behörde auf Rückerstattung als Vorschuss bezogener Sozialhilfe) wird kraft Gesetz herbeigeführt, weshalb es im Anwendungsbereich der Bestimmung der Abtretung nicht bedarf (Art. 120 Abs. 1 OR; SVR 2007 IV Nr. 14, S. 52 E. 2.3; Wolfgang Peter, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 4. Aufl. 2007, N. 7 zu Art. 120). 5.3 Der am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Art. 22 ATSG statuiert das bis anhin nur in einzelnen Versicherungszweigen (u.a. Art. 20 Abs. 1 AHVG [in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 IVG]; Art. 12 ELG, je in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) ausdrücklich verankerte Verbot von Abtretung und Verpfändung (E. 2), lässt aber neu die schon erwähnte Ausnahme zu für Arbeitgeber und die öffentliche oder private Fürsorge, soweit diese Vorschusszahlungen leisten (BGE 132 V 113 E. 3.3.1 S. 119). Mit Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG besteht nunmehr eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage, welche die Abtretung der Nachzahlungen von Leistungen des Sozialversicherers in bestimmten Schranken zulässt. Es stellt sich daher von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG) die Frage, ob die veränderte Rechtslage es erlaubt, eine Zessionserklärung vor dem Beschluss der IV-Stelle rechtsgültig abzugeben. 6. 6.1 Der Begriff der Abtretung, wie er in Art. 22 ATSG verwendet wird, stimmt mit demjenigen der Zession nach Art. 164 ff. OR überein (BGE 132 V 113 E. 3.3.3 S. 120; Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2003, N. 5 zu Art. 22; Gabriela Riemer-Kafka, Auszahlung von Sozialversicherungsleistungen an bevorschussende Dritte, in: René Schaffhauser/ Franz Schlauri [Hrsg.], Aktuelle Rechtsfragen der Sozialversicherungspraxis, 2001, S. 129, welche Autorin in diesem Zusammenhang von einer Abtretung zahlungshalber ausgeht [Art. 172 OR]). Gemäss Art. 164 Abs. 1 OR kann der Gläubiger eine ihm zustehende Forderung ohne Einwilligung des Schuldners an einen andern abtreten, soweit nicht Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen. Unter diesem Aspekt ist die Zession nur zulässig, falls sie den Inhalt nicht verändert oder den Zweck der Forderung nicht vereitelt oder gefährdet (BGE 115 II 264 E. 3b S. 266) und auch die Rechtsstellung des Schuldners nicht verschlechtert (BGE 122 III 145 E. 4c S. 149). Namentlich höchstpersönliche Ansprüche sind einer Abtretung nicht zugänglich (BGE 107 II 465 E. 6b S. 474; Flavio Lardelli, in: Heinrich Honsell [Hrsg.], Kurzkommentar OR, 2008, N. 23 zu Art. 164; Daniel Girsberger, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 4. Aufl. 2007, N. 23 zu Art. 164). 6.1.1 Mit der Zessionsfähigkeit von Nachzahlungen des Sozialversicherers (meistens Taggelder oder Renten) hat der Gesetzgeber verbindlich entschieden, dass deren Natur einer Abtretung nicht entgegensteht. Der zessionsrechtlich interessierende Charakter von Sozialversicherungsleistungen als zweckgebundenem (vgl. Art. 20 ATSG) Einkommensersatz ist im Falle der Nachzahlung ohnehin nicht von Bedeutung, können doch rückwirkend erbrachte Renten oder Taggelder diese Funktion im Gegensatz zu laufenden Leistungen nicht erfüllen (Gabriela Riemer-Kafka, a.a.O., S. 127). 6.1.2 Darüber hinaus lassen es zivilrechtliche Rechtsprechung und Doktrin zu, auch künftige Forderungen in den Schranken von Art. 27 Abs. 2 ZGB und Art. 20 OR zu zedieren (BGE 113 II 163 E. 2a S. 165, 112 II 241 E. 2a S. 243, 84 II 355 E. 3 S. 366; Guhl/Koller/Schnyder/ Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, S. 269; Gauch/Schluep/Emmenegger, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band II, 9. Aufl. 2008, Rz. 3441 ff.). Sowohl der Inhalt der künftigen Forderung, als auch die Person des Schuldners und der Rechtsgrund der Forderung müssen indes genügend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Mit Bezug auf die Globalzession muss dieses Erfordernis im Zeitpunkt des Entstehens oder der Geltendmachung der Forderung und nicht schon bei der Abgabe der formgültigen Abtretungserklärung erfüllt sein. Hingegen hat die Abtretungserklärung selbst alle Elemente aufzuweisen, welche die Bestimmung von Inhalt, Schuldner und Rechtsgrund im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung erlauben (BGE 113 II 163 E. 2a, b und c S. 165 ff.). Es besteht kein Grund für eine im Rahmen des Art. 22 Abs. 2 ATSG prinzipiell abweichende Betrachtungsweise. 6.2 Wie schon Art. 85bis IVV bezweckt auch Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG die Leistungskoordination zwischen Sozialhilfe und Invalidenversicherungsleistungen (BGE 132 V 113 E. 3.2.4 S. 118; SVR 2007 IV Nr. 14, S. 52). Es sollen Doppelzahlungen von Sozialhilfe und Leistungen der Sozialversicherung verhindert werden. Diesem Zweck entsprechend und dem damit einhergehenden gesetzgeberischen Willen, eine Lockerung des Abtretungsverbotes herbeizuführen (Vertiefte Stellungnahme des Bundesrates vom 17. August 1994, BBl 1994 V 938) sowie im Hinblick auf den klaren Wortlaut von Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG sind die zivilrechtlichen Abtretungsregeln (E. 6.1.2) im Geltungsbereich der Bestimmung zur Anwendung zu bringen. Dem mit BGE 118 V 88 aufgestellten Erfordernis des Erkennens der Tragweite der Abtretungserklärung (vgl. E. 5.2.1 hievor) kann demzufolge keine über die zivilrechtlichen Zessionsregeln hinausgehende Bedeutung zukommen. Immerhin sind im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gewisse Anforderungen an die Bestimmbarkeit der zedierten Forderung zu stellen (vgl. E. 6.1.2 hievor; Adrian Staehelin, Zur Abtretung künftiger Forderungen, in: Mélanges Pierre Engel, 1989, S. 383). Verlangt ist somit, dass die schriftliche Abtretungserklärung auf die Invalidenrente Bezug nimmt. Auf deren Zeitpunkt kann es schon deswegen nicht ankommen, weil die Sozialhilfebehörde zur Anmeldung der Unterstützten bei der Invalidenversicherung befugt ist (Art. 66 Abs. 1 IVV). 6.3 Für die Gültigkeit der Abtretung ist ferner nicht von Belang, ob seitens der Behörde die Sozialhilfeleistungen in subjektiver Kenntnis eines (bereits eingereichten oder später zu stellenden) Antrages um Zusprechung einer Rente der Invalidenversicherung ausgerichtet worden sind (BGE 131 V 242 E. 5.2 S. 246 f.). Die für Art. 85bis IVV in diesem Sinn ergangene Rechtsprechung ist auch bei der Anwendung von Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG zu beachten, besteht doch kein Anlass, die in den Bestimmungen verwendeten Begriffe der "Vorschussleistung" (Art. 85bis IVV) und "Vorschusszahlung" (Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG) sowie deren rechtliche Bedeutung jeweils anders zu verstehen. Ebenfalls keine Rolle spielt, ob der Versicherte bei der Unterzeichnung der Abtretung Kenntnis eines bereits bestehenden (aber erst später verfügten) Nachzahlungsanspruches hatte (BGE 131 V 242 E. 5.2 S. 246 f.). Da die Verrechnung von Nachzahlungen mit Leistungen der Sozialhilfe gestützt auf Art. 85bis IVV zulässig ist, welche vor der Anmeldung bei der Invalidenversicherung ausgerichtet worden sind - die Sozialhilfe als Vorschussleistung im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG demnach noch nicht feststand -, muss ebenso gelten, dass Nachzahlungen abgetreten werden können, um deren Begründetheit der Versicherte bei der Abgabe der Abtretungserklärung noch nicht wusste, sei es, weil die Anmeldung bei der Invalidenversicherung noch nicht erfolgt war, sei es, weil die Abklärungen zur Rentenprüfung noch im Gange waren. 7. 7.1 Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (E. 1.2) hat Z._ in den Jahren 2000 und 2005 Zessionen zu Gunsten des Sozialrates Altdorf unterzeichnet. Diese sind mit Bezug auf künftige Rentenleistungen, Ergänzungsleistungen, Arbeitslosengeld usw., mithin als Abtretungen künftiger Sozialversicherungsleistungen ergangen. Es handelt sich dabei um Globalzessionen, welche dadurch gekennzeichnet sind, dass eine unbestimmte Zahl von (gegenwärtigen oder zukünftigen) Forderungen abgetreten wird (Peter Hänseler, Die Globalzession, Zürich 1991, S. 20 N. 2; Flavio Lardelli, a.a.O., N. 18 zu Art. 164 OR; Daniel Girsberger, a.a.O., N. 40 zu Art. 164 OR; Eugen Spirig, in: Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1993, N. 47 ff. zu Art. 164 OR). Somit richtet sich die Gültigkeit der Abtretung in der hier zu beurteilenden Sache danach, ob die Abtretungserklärung vom 28. Juni 2005 (E. 5.1) alle Elemente enthält, welche die Bestimmung der Nachzahlungsforderung (nach Inhalt, Schuldner und Rechtsgrund) bei deren künftiger Entstehung erlauben (vgl. E. 6.1.2 hievor). Nicht von Bedeutung ist der Zeitpunkt, in welchem der nicht abtretbare Grundanspruch auf die Rente als solche entsteht. Es ist denn auch unter der Geltung von Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG weiterhin zwischen dem nicht zessionsfähigen Rentenanspruch und dem der Abtretung zugänglichen Anspruch auf Nachzahlung zu unterscheiden (Ulrich Meyer-Blaser, a.a.O., S. 283; Flavio Lardelli, a.a.O., N. 12 zu Art. 164). 7.2 Gemäss den Feststellungen im angefochtenen Entscheid hat sich der Versicherte am 16. August 2005 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Eine schriftliche und damit formgültige Abtretungserklärung hatte er bereits am 28. Juni 2005 abgegeben. Ferner sprach ihm die Invalidenversicherung mit Verfügung vom 18. Mai 2006 rückwirkend ab 1. August 2004 eine Invalidenrente zu, wobei sie einen Nachzahlungsbetrag von Fr. 24'118.60 ermittelte. Der abgetretene Nachzahlungsbetrag setzt sich somit aus Rentenleistungen zusammen, die für die Zeit vor und für die Zeit nach der Abtretung vom 28. Juni 2005 geschuldet sind. Insoweit die Forderung - vom Augenblick der Abgabe der Abtretungserklärung aus betrachtet - künftige Rentenbetreffnisse beschlägt, waren der Inhalt, die Schuldnerin und der Rechtsgrund der Nachzahlung bei der Entstehung der Nachzahlungsforderung ohne weiteres bestimmbar. Schuldnerin, Rechtsgrund, Ausmass und Höhe des Leistungsanspruches ergeben sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen (Art. 28 f., 37 und 48 IVG). Alle diese Elemente waren - auch wenn noch nicht verfügungsweise festgelegt - aufgrund der Zessionserklärung vom 28. Juni 2005 in diesem Zeitpunkt absehbar, bezog sie sich doch ausdrücklich auf künftige Leistungen wie "Renten, Ergänzungsleistungen, Arbeitslosengeld usw.". Damit ist auch der Vorschusscharakter der Sozialhilfeleistungen erstellt (vgl. E. 6.1.2 hievor). Die Rechtsgültigkeit der Abtretung der künftigen Rentenbetreffnisse steht somit fest. 8. Zu prüfen bleibt die Frage der zeitlichen Kongruenz von Sozialhilfe und IV-Nachzahlung. Gemäss der nicht bestrittenen Feststellung der Vorinstanz hat der Versicherte seit November 2000 Gelder der sozialen Hilfe bezogen. In der Tat sind gemäss Klientenkontoauszug der Sozialbehörde bis zum 30. April 2006 Leistungen ausgewiesen. Die Nachzahlung von Rentenleistungen betrifft die Zeit vom 1. August 2004 bis 30. April 2006. Bei der während dieser Periode bezogenen Sozialhilfe handelt es sich folglich um Vorschusszahlungen im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG (vgl. BGE 131 V 242 E. 5.2 in fine S. 246 f.). Da der durch die Sozialbehörde gewährte Betrag denjenigen des Nachzahlungsbetreffnisses übersteigt, hat die Beschwerdeführerin Anspruch darauf, dass ihr die gesamten nachzuzahlenden Rentenleistungen in der Höhe von Fr. 24'118.60 ausgerichtet werden. 9. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der obsiegenden Gemeinde Altdorf steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG; BGE 134 II 117 E. 7 S. 118 f.).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri vom 26. Oktober 2007 und der Einspracheentscheid der IV-Stelle Uri vom 21. August 2006 werden aufgehoben. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin Fr. 24'118.60 zu bezahlen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri, der Ausgleichskasse des Kantons Uri und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 20. Oktober 2008 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Meyer Ettlin
4e99a90b-a6ef-4b02-a46e-ae45bceb50af
de
2,007
CH_BGer_005
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ (Ehemann) und Y._ (Ehefrau) heirateten im Jahre 1988. Sie sind die Eltern der beiden Töchter S._, geboren 1988, und T._, geboren 1994. Mit Eingabe vom 2. Juli 2004 reichte Y._ beim Gerichtspräsidium A._ ein Gesuch um Anordnung von Eheschutzmassnahmen ein. Der Gerichtspräsident 3 von A._ stellte mit Urteil vom 19. Oktober 2004 fest, dass die Ehegatten zum Getrenntleben berechtigt seien, nahm Vormerk davon, dass sie seit 5. August 2004 getrennt lebten, und wies Y._ und den Kindern, die er unter ihre Obhut stellte, die eheliche Liegenschaft zur alleinigen Benutzung zu. X._ wurde verpflichtet, an den Unterhalt der Töchter monatliche Beiträge von je Fr. 1'200.-- und an denjenigen von Y._ solche von Fr. 3'830.-- für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2004 und von Fr. 3'240.-- für die Zeit darnach zu zahlen. Auf das Begehren von Y._, die Gütertrennung anzuordnen, trat der Gerichtspräsident nicht ein. Beide Ehegatten erhoben Beschwerde an das Obergericht des Kantons Aargau, X._ mit den Rechtsbegehren, die den Töchtern zugesprochenen Unterhaltsbeiträge auf Fr. 1'000.-- herabzusetzen und die Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau aufzuheben, Y._ mit dem Antrag, mit Wirkung ab 1. Juli 2004 die Gütertrennung anzuordnen. Das Obergericht (Zivilgericht, 5. Kammer) setzte mit Urteil vom 18. Januar 2007 die Unterhaltsbeiträge für die beiden Töchter auf monatlich je Fr. 950.-- und diejenigen für die Ehefrau auf Fr. 2'350.-- für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2004, Fr. 2'077.-- für die Zeit ab 1. Januar 2005 und Fr. 2'127.-- für die Zeit ab 1. Juli 2006 fest und ordnete mit Wirkung ab 6. August 2004 ausserdem die Gütertrennung an. Dem Gesuch von Y._ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gab das Obergericht statt, das von X._ gestellte gleichlautende Gesuch wies es dagegen ab. B. Mit Eingabe vom 22. Februar 2007 hat X._ beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht. Er verlangt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids und wiederholt die im kantonalen Beschwerdeverfahren gestellten Anträge. Ausserdem hat er nachträglich per Fax darum ersucht, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Vernehmlassungen zur Beschwerde sind nicht eingeholt worden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der angefochtene Entscheid ist nachher ergangen, so dass das neue Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). 2. Die Anordnung von Massnahmen zum Schutze der ehelichen Gemeinschaft (Art. 172 ff. ZGB) ist eine Zivilsache im Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG. Strittig ist die Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers, mithin eine Frage vermögensrechtlicher Natur. Die Streitwertgrenze von 30'000 Franken (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) ist angesichts der Höhe und der unbestimmten Dauer der der Beschwerdegegnerin zugesprochenen Unterhaltsbeiträge, deren Aufhebung der Beschwerdeführer verlangt, überschritten (vgl. Art. 51 Abs. 4 BGG). Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen können mit keinem kantonalen Rechtsmittel erhoben werden (vgl. §§ 335 ff. der Aargauer Zivilprozessordnung [ZPO]), so dass die Beschwerde in Zivilsachen auch aus der Sicht von Art. 75 Abs. 1 BGG offen steht. 3. Der Beschwerdeführer legt neue Dokumente vor. Gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (im gleichen Sinne schon die Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde: BGE 128 I 354 E. 6c S. 357 mit Hinweisen). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern die erwähnte Voraussetzung für eine nachträgliche Einreichung von Beweismitteln erfüllt sein soll. Die vom Beschwerdeführer hier vorgetragene blosse Behauptung, erst der angefochtene Entscheid habe Anlass zur Nachreichung von Dokumenten gegeben, ist unzureichend. Die neu ins Recht gelegten Schriftstücke sind daher unbeachtlich. 4. Unter der Herrschaft des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943 (OG), das bis Ende 2006 in Kraft stand, galt ein im Eheschutzverfahren ergangener Entscheid der oberen kantonalen Instanz grundsätzlich nicht als Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG, so dass er nicht mit Berufung anfechtbar war; hingegen war (neben der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde) die staatsrechtliche Beschwerde zugelassen (dazu BGE 127 III 474 E. 2 S. 476 ff.). Zur Begründung wurde hauptsächlich darauf hingewiesen, dass Eheschutzentscheide regelmässig in einem summarischen Verfahren mit Beweismittel- und Beweisstrengebeschränkung ergingen, im Allgemeinen lediglich provisorischen Charakter hätten, erleichtert abänderbar seien und nicht in materielle Rechtskraft erwüchsen (BGE 127 III 474 E. 2b/aa und 2b/bb S. 477 ff.). Nach dem Bundesgerichtsgesetz sind Endentscheide Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG). Aus der Sicht dieses rein prozessualen Kriteriums haben nunmehr auch Entscheide in Eheschutzsachen als Endentscheide zu gelten (so auch die Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4331 Ziff. 4.1.4.1). 5. Der Beschwerdeführer rügt hauptsächlich eine Verletzung der Art. 176 und 163 ZGB. Angesichts der Natur von Eheschutzmassnahmen drängt sich die Frage auf, ob sie nicht als vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG zu betrachten seien. Nach dieser Bestimmung kann mit der Beschwerde gegen entsprechende Entscheide nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. 5.1 Laut Botschaft zum neuen Gesetz (a.a.O., S. 4336) sind unter vorsorglichen Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG einstweilige Verfügungen zu verstehen, die eine rechtliche Frage so lange regeln, bis über sie in einem späteren Hauptentscheid definitiv entschieden wird. Eheschutzentscheide sind insoweit mehr als nur vorläufiger Natur, als sie nicht in einem nachfolgenden ordentlichen Verfahren unbeschränkt überprüft werden (BGE 127 III 474 E. 2b/bb S. 478). Provisorischer Charakter eignet ihnen in der Regel dagegen insoweit, als die in den Art. 172 ff. ZGB vorgesehenen Massnahmen nur solange aufrecht bleiben, als aussergewöhnliche Verhältnisse ihren Bestand erfordern: Nehmen die Ehegatten das Zusammenleben wieder auf, fallen, mit Ausnahme der Gütertrennung und der Kindesschutzmassnahmen, die für das Getrenntleben angeordneten Vorkehren ohne weiteres dahin (Art. 179 Abs. 2 ZGB). Falls die Verhältnisse sich geändert haben, kann das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Massnahmen mit Wirkung für die Zukunft anpassen oder aufheben, wenn ihr Grund weggefallen ist (Art. 179 Abs. 1 ZGB). In dieser im Vergleich zu anderen Sachurteilen erleichterten Abänderbarkeit liegt denn auch einer der Gründe, weshalb Entscheide über Eheschutzmassnahmen nicht in materielle Rechtskraft erwachsen (BGE 127 III 474 E. 2b/aa S. 477 mit Hinweisen). Während ein Entscheid, dem unbeschränkte Rechtskraft zukommen soll, eine eingehende und umfassende Abklärung des Sachverhalts voraussetzt, ist bei Eheschutzmassnahmen charakteristisch, dass sie in der Regel - so auch vorliegend - in einem summarischen Verfahren angeordnet werden, wo namentlich blosses Glaubhaftmachen genügt. Ferner fällt in Betracht, dass Eheschutzmassnahmen seit Inkrafttreten des neuen Scheidungsrechts (1. Januar 2000) in zunehmendem Masse dazu dienen, die Folgen des für eine Scheidung nach Art. 114 ZGB erforderlichen Getrenntlebens (von ursprünglich vier und heute zwei Jahren) zu regeln. Es kommt ihnen aus dieser Sicht eine ähnliche Bedeutung zu wie den vorsorglichen Massnahmen, die gestützt auf Art. 137 ZGB für die Dauer des Scheidungsverfahrens angeordnet werden. Eheschutzmassnahmen bleiben im Übrigen über den Zeitpunkt der Einleitung eines Scheidungsverfahrens hinaus bestehen, solange sie nicht durch Vorkehren im Sinne dieser Bestimmung abgeändert werden (BGE 129 III 60 E. 2 S. 61). Dass Anordnungen nach Art. 137 ZGB unter die eingangs angeführte Umschreibung vorsorglicher Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG fallen, steht ausser Zweifel. 5.2 Unter den dargelegten Umständen rechtfertigt es sich, auch Eheschutzmassnahmen grundsätzlich Art. 98 BGG zu unterstellen. Eine andere Behandlung würde dazu führen, dass für Eheschutzmassnahmen mehr Beschwerdegründe zugelassen wären als für die allenfalls an sie anschliessenden vorsorglichen Massnahmen nach Art. 137 Abs. 2 ZGB. Ob ausnahmslos allen denkbaren Eheschutzmassnahmen im Sinne des Gesagten bloss provisorischer Charakter beizumessen ist und entsprechende Entscheide Art. 98 BGG unterstehen oder ob beispielsweise im Falle der Anordnung der Gütertrennung (Art. 176 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB) die Verhältnisse anders zu beurteilen wären (dazu BGE 127 III 474 E. 2b/aa S. 477 f.), mag hier, wo es ausschliesslich um die Unterhaltspflicht geht, offenbleiben. 6. Die Verletzung von Grundrechten, wie sie aufgrund von Art. 98 BGG einzig geltend gemacht werden kann, prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass - entsprechend den altrechtlichen Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG (dazu Botschaft, a.a.O., S. 4294) - klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (vgl. BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen). 7. Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, es habe den Sachverhalt unrichtig festgestellt, und verlangt, dieser sei (in Anwendung von Art. 105 Abs. 2 BGG) von Amtes wegen richtigzustellen. 7.1 Nach Art. 105 Abs. 1 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Bestimmung findet sich ebenfalls im Abschnitt über die Beschwerdegründe: Art. 97 Abs. 1 BGG erklärt, dass die Sachverhaltsfeststellungen der kantonalen Instanz nur hinsichtlich der genannten Mängel gerügt werden können. Da nach dem oben (E. 5.2) Ausgeführten gegen den angefochtenen Entscheid nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden kann, gelangen jedoch die Art. 95 und 97 BGG und auch Art. 105 Abs. 2 BGG nicht (unmittelbar) zur Anwendung. Die hier gegebenen Verhältnisse entsprechen denjenigen bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG). Wie dort (Art. 118 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 116 BGG) kommt eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen ebenfalls hier nur dann in Frage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat. Wird letzteres geltend gemacht, ist neben der Erheblichkeit der gerügten Tatsachenfeststellung für den Ausgang des Verfahrens klar und detailliert darzutun, inwiefern diese verfassungswidrig, insbesondere willkürlich (Art. 9 BV), offensichtlich unhaltbar sein soll, d.h. mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehe, auf einem offenkundigen Versehen beruhe oder sich sachlich in keiner Weise rechtfertigen lasse (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.; 128 I 81 E. 2 S. 86; 120 Ia 31 E. 4b S. 40, mit Hinweisen). 7.2 Der Beschwerdeführer beanstandet die Annahme des Obergerichts, es sei bei ihm von einem massgeblichen Einkommen von monatlich Fr. 6'800.-- auszugehen. Sein Vorbringen, er sei im Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Entscheids ohne Einkommen und massiv verschuldet gewesen, sucht er mit unzulässigen neuen Ausführungen und Schriftstücken (vgl. oben E. 3) zu belegen. Mit den eingehenden Erwägungen der Vorinstanz zu seinen Einkommensverhältnissen setzt er sich in keiner Weise auseinander, und er legt denn auch nicht in einer den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG genügenden Form dar, inwiefern sie verfassungswidrig sein sollen. Soweit der Beschwerdeführer die dem Bundesgericht gegebene Möglichkeit anspricht, Sachverhaltsfeststellungen wegen offensichtlicher Unrichtigkeit zu berichtigen bzw. zu ergänzen (Art. 105 Abs. 2 BGG), ist zu bemerken, dass von einer solchen - im Sinne der Rechtsprechung zum früheren Recht (Art. 63 Abs. 2 OG) - nur dann die Rede sein kann, wenn die kantonale Instanz eine bestimmte Aktenstelle übersehen oder unrichtig, d.h. nicht in ihrer wahren Gestalt, insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut, wahrgenommen hat (BGE 115 II 399 E. 2a S. 399 f.; 109 II 159 E. 2b S. 162, mit Hinweisen). Ein derartiger Mangel, der zudem eine bestimmte Tatsachenfeststellung als willkürlich erscheinen lassen müsste, ist hier indessen nicht dargetan. 8. In der Sache selbst kann es sodann ebenfalls nur darum gehen, ob das Obergericht bei der Festsetzung der den Kindern der Parteien und der Beschwerdegegnerin zugesprochenen Unterhaltsbeiträge die vom Beschwerdeführer angerufenen Bestimmungen von Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 und Art. 163 ZGB in willkürlicher Weise angewendet habe. Was der Beschwerdeführer - namentlich zum Zusammenbruch des T._-Imperiums - vorträgt, beruht zu einem grossen Teil auf unbeachtlichen Noven und ist, soweit nicht auch hier die tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts in Frage gestellt werden, rein appellatorischer Natur. Im Rahmen der Prüfung einer Willkürrüge ist eine Kritik dieser Art nicht zu hören (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262 mit Hinweis). Auf die Beschwerde ist daher auch insofern nicht einzutreten. 9. Das Obergericht hat dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege verweigert mit der Begründung, er sei nicht bedürftig. Darin erblickt der Beschwerdeführer eine Missachtung von Art. 29 Abs. 3 BV. Auch bezüglich dieser Rüge fehlt indessen eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Begründung: Insbesondere legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern die Verneinung der Bedürftigkeit auch dann gegen die erwähnte Verfassungsbestimmung verstossen soll, wenn es bei der von ihm nach dem Gesagten erfolglos angefochtenen Annahme eines monatlichen Einkommens von Fr. 6'800.-- bleibt. 9. Das Obergericht hat dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege verweigert mit der Begründung, er sei nicht bedürftig. Darin erblickt der Beschwerdeführer eine Missachtung von Art. 29 Abs. 3 BV. Auch bezüglich dieser Rüge fehlt indessen eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Begründung: Insbesondere legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern die Verneinung der Bedürftigkeit auch dann gegen die erwähnte Verfassungsbestimmung verstossen soll, wenn es bei der von ihm nach dem Gesagten erfolglos angefochtenen Annahme eines monatlichen Einkommens von Fr. 6'800.-- bleibt. 10. Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten in allen Teilen nicht einzutreten. Sie erschien unter den dargelegten Umständen von vornherein als aussichtslos. Das Gesuch des Beschwerdeführers, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, ist daher abzuweisen (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG), und die Gerichtsgebühr ist ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da keine Vernehmlassungen eingeholt worden und der Beschwerdegegnerin somit keine Kosten erwachsen sind, entfällt die Zusprechung einer Parteientschädigung.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Das Gesuch des Beschwerdeführers, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, wird abgewiesen. 3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (Zivilgericht, 5. Kammer) des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. Mai 2007 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
4eb26a74-c19c-48b5-900e-c1993d1f3ce4
de
2,012
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Eheleute X._ und Y._ wohnten gemeinsam in Münchenstein/BL. Der Ehemann meldete sich im Januar 2005 bei der Gemeinde auf den 15. März 2005 ab und gab als neue Adresse "Weltenbummler" an, während die Ehefrau in Münchenstein blieb. Im Herbst 2006 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft X._ für die Staats- und die direkte Bundessteuer 2005. Dabei rechnete sie ihr die Einkommens- und Vermögensanteile ihres Ehemannes auf. Das bestätigte sie mit Einspracheentscheiden vom 13. März 2007. Das Steuergericht des Kantons Basel-Landschaft hiess die dagegen von X._ erhobenen Rekurse mit Entscheiden vom 6. Juli 2007 teilweise gut. Sie wies die kantonale Steuerverwaltung an, die Ehefrau neu zu veranlagen, indem die Einkommensfaktoren des Ehemannes und bei der Staatssteuer zusätzlich dessen Vermögensfaktoren "lediglich zur Satzbestimmung zu berücksichtigen" seien. Die darauf von der kantonalen Steuerverwaltung beim Kantonsgericht Basel-Landschaft eingereichte Beschwerde wurde am 9. April 2008 abgewiesen. B. Gegen das Urteil des Kantonsgerichts vom 9. April 2008 erhob die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) am 4. Juni 2008 Beschwerde beim Bundesgericht. Dieses trat darauf mit Entscheid vom 3. Februar 2009 (Verfahren 2C_420/2008) nicht ein mit der Begründung, das Urteil des Kantonsgerichts stelle einen Zwischenentscheid dar, wobei die Voraussetzungen gemäss Art. 92 f. BGG zur Anfechtung eines solchen Entscheids nicht erfüllt seien. C. In Umsetzung des Urteils des Kantonsgerichts vom 9. April 2008 veranlagte die kantonale Steuerverwaltung X._ am 24. Juni 2008 neu und bestätigte dies mit Einspracheentscheid vom 14. Dezember 2009. Die von der ESTV betreffend die direkte Bundessteuer erhobenen Rechtsmittel wurden vom Steuergericht am 9. Juli 2010 und vom Kantonsgericht Basel-Landschaft am 20. April 2011 abgewiesen. D. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 4. August 2011 beantragt die ESTV dem Bundesgericht, den Einspracheentscheid der kantonalen Steuerverwaltung vom 14. Dezember 2009 betreffend die direkte Bundessteuer 2005 "in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben" und das Einkommen von Y._ und X._ "für die direkte Bundessteuer 2005 gemeinsam in der Schweiz in Münchenstein zu besteuern". X._ beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Steuerverwaltung Basel-Landschaft stellt den Antrag, die Beschwerde der ESTV gutzuheissen. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 4. Mai 2012 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
Erwägungen: 1. 1.1 Anders als noch im ersten bundesgerichtlichen Verfahren 2C_420/2008 geht es vorliegend nur um die direkte Bundessteuer, nicht jedoch auch um die Kantons- bzw. Staatssteuer, da Streitgegenstand des angefochtenen Entscheids bloss die erstgenannte Steuer bildet. Dementsprechend hat die ESTV auch nur in Bezug auf diese Steuer Anträge formuliert. 1.2 Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid. Dagegen steht gemäss Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen. Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten. Die ESTV ist zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 102 und Art. 146 DBG sowie Art. 4 Abs. 1 und Art. 12 der Organisationsverordnung für das Eidgenössische Finanzdepartement vom 17. Februar 2010 [OV-EFD; SR 172.215.1]). 1.3 Aufgrund des Devolutiveffekts ist nicht der Einspracheentscheid der kantonalen Steuerverwaltung vom 14. Dezember 2009 Anfechtungsobjekt, sondern der Entscheid des Kantonsgerichts vom 20. April 2011, gegen den die ESTV das Rechtsmittel beim Bundesgericht eingereicht hat. Dementsprechend ist der Antrag auf Aufhebung des erwähnten Einspracheentscheides als Antrag auf Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts zu verstehen bzw. umzudeuten. 1.4 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 2. 2.1 Bei der direkten Bundessteuer gilt für verheiratete Personen grundsätzlich die Ehegattenbesteuerung. Gemäss Art. 9 Abs. 1 DBG wird das Einkommen der Eheleute, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet, wobei die Steuer auf der Summe aller Einkünfte zu entrichten ist (sog. Faktorenaddition). Daraus wird umgekehrt gefolgert, dass bei rechtlicher oder tatsächlicher Trennung das Einkommen der Ehegatten je selbständig besteuert wird (vgl. BGE 133 II 305 E. 4.1 S. 308; Urteile 2A.432/2004 vom 16. Dezember 2004 E. 3.2, in: StR 60/2005 S. 435; 2A.353/2006 vom 18. Januar 2007 E. 4.1 und 4.2, in: StR 62/2007 S. 352; Botschaft vom 25. Mai 1983 über die Steuerharmonisierung, BBl 1983 III 30 und 159; Kreisschreiben Nr. 14 der ESTV vom 29. Juli 1994 zur Familienbesteuerung nach dem DBG, lit. A. 2a, publ. in: ASA 63 S. 284 ff., insb. S. 285; Art. 5 Abs. 2 der Verordnung vom 16. September 1992 über die zeitliche Bemessung der direkten Bundessteuer bei natürlichen Personen [SR 642.117.1]). 2.2 Vorliegend hat sich der Ehemann der Beschwerdegegnerin in Münchenstein im Laufe des Jahres 2005 abgemeldet, Letztere hingegen nicht. Selbst wenn die Eheleute dadurch verschiedene Wohnsitze begründet hätten, bedeutet das allein noch nicht, dass die Ehe rechtlich oder tatsächlich getrennt ist und deshalb eine separate Besteuerung stattzufinden hat (vgl. BGE 121 I 14 E. 5c S. 19; Urteil 2P.2/2003 vom 7. Januar 2004 E. 2.4.1, in: ASA 73 S. 420). Für eine derartige Besteuerung müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein; namentlich darf keine eheliche Gemeinschaft mehr bestehen (vgl. Urteile 2A.433/2000 vom 12. Juli 2001 E. 2b, in: ASA 71 S. 558; 2A.432/2004 vom 16. Dezember 2004 E. 3.2, in: StR 60/2005 S. 435; 2C_523/2007 vom 5. Februar 2008 E. 2.3, in: StR 63/2008 S. 364; erwähntes Kreisschreiben Nr. 14, lit. A. 2b und c sowie B. 1b, in: ASA 63 S. 286-288). Den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz zufolge halten die Eheleute an der ehelichen Gemeinschaft weiterhin fest. Sie bestreiten sogar den Lebensunterhalt aus den gemeinsamen Mitteln. Demnach ist nicht von einer getrennten Ehe auszugehen, so dass grundsätzlich - wie von der ESTV verlangt- eine Faktorenaddition bezüglich der Beschwerdegegnerin und ihrem Ehemann stattzufinden hat (vgl. Art. 15 der erwähnten Verordnung vom 16. September 1992 [SR 642.117.1]). Die Beschwerdegegnerin macht allerdings geltend, ihr Ehemann habe - im Gegensatz zu ihr - seit dem 16. März 2005 keinen steuerlichen Wohnsitz mehr in der Schweiz. 2.3 Hat ein Ehegatte einen ausländischen Wohnsitz, ist trotz rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lediglich der in der Schweiz wohnhafte Ehepartner im Inland unbeschränkt steuerpflichtig, wobei auch nur das Einkommen des Letzteren besteuert wird. Das Einkommen des im Ausland wohnhaften Ehegatten ist insoweit nur zur Satzbestimmung des Einkommens heranzuziehen (vgl. erwähntes Urteil 2C_523/2007 E. 2.2, in: StR 63/2008 S. 364; erwähntes Kreisschreiben Nr. 14, lit. B. 1a und b, in: ASA 63 S. 287 f.; CHRISTINE JAQUES, in: Yersin/Noël [Hrsg.], Commentaire romand de l'impôt fédéral direct, 2008, N. 15 zu Art. 9 DBG; PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, 2001, N. 22 f. zu Art. 9 DBG; noch zur Wehrsteuer: BGE 73 I 408 E. 2 S. 409 ff.; 75 I 385 E. 3 S. 388 f.). 2.4 Vorliegend gehen allerdings sämtliche Verfahrensbeteiligten in nicht zu beanstandender Weise davon aus, der Ehemann der Beschwerdegegnerin habe keinen Wohnsitz im Ausland begründet und sei auch nicht in einem anderen Land unbeschränkt steuerpflichtig geworden. Uneins sind sie sich indes über die Konsequenzen. 2.4.1 Unter Berufung auf die bisherige bundesgerichtliche Praxis (s. Hinweise in E. 3.3 hiernach) sind die ESTV und die kantonale Steuerverwaltung der Ansicht, es sei auf Art. 24 Abs. 1 ZGB abzustellen. Gemäss dieser Bestimmung bleibe der einmal begründete Wohnsitz einer Person bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen. Demnach wäre der Ehemann der Beschwerdegegnerin so zu behandeln, als hätte er weiterhin seinen Wohnsitz in der Schweiz in Münchenstein. Damit wäre auch die erwähnte Faktorenaddition nach Art. 9 Abs. 1 DBG vorzunehmen. 2.4.2 Das Kantonsgericht, das kantonale Steuergericht sowie die Beschwerdegegnerin vertreten hingegen die Auffassung, die Anknüpfung an einen fiktiven Wohnsitz sei im Steuerrecht nicht vorgesehen. Die Aufrechterhaltung der Steuerpflicht trotz Aufgabe des Wohnsitzes erfordere aufgrund des im Steuerrecht streng gehandhabten Legalitätsprinzips eine Konkretisierung auf steuergesetzlicher Stufe. Ohne ausdrücklichen Gesetzesverweis auf Art. 24 ZGB sei eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung ausgeschlossen oder zumindest fraglich. Der steuerrechtliche Wohnsitz nach Art. 3 Abs. 2 DBG sei ein vom Zivilrecht losgelöster eigenständiger Begriff. Grundsätzlich sei allein der faktische Wohnsitz massgebend bzw. darauf abzustellen, ob eine Verlagerung des Mittelpunkts der persönlichen Lebensinteressen von der Schweiz ins Ausland stattgefunden habe (ähnlich auch MAJA BAUER-BALMELLI/LUCIA OMLIN, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a, 2. Aufl. 2008, N. 23 zu Art. 8 DBG; ERNST HÖHN/ROBERT WALDBURGER, Steuerrecht, Bd. I, 9. Aufl. 2001, § 13 N. 24; ROBERT WALDBURGER, Aus der Rechtsprechung im Jahr 2010, IFF Forum für Steuerrecht 2011 S. 297 ff.; PETER AGNER ET AL., Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Ergänzungsband, 2000, N. 2a zu Art. 3 DBG; FELIX RICHNER ET AL., Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N. 10 zu Art. 3 DBG; FELIX RICHNER ET AL., Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Aufl. 2006, N. 16 zu § 3 StG/ZH; FELIX RICHNER, Die steuergesetzliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2010 für natürliche Personen, ASA 80 S. 38 f.; MARKUS REICH, Steuerrecht, 2. Aufl. 2012, § 11 N. 18; JEAN-BLAISE PASCHOUD, in: Yersin/Noël [Hrsg.], a.a.O., N. 17 zu Art. 8 DBG; DANIEL STAEHELIN, Basler Kommentar zum ZGB, 4. Aufl. 2010, N. 5 zu Art. 24 ZGB). Laut Vorinstanz werde lediglich für Spezialfälle auf das Zivilrecht verwiesen, indem der besondere gesetzliche Wohnsitz der nicht selbständigen Personen nach Art. 25 ZGB auch als steuerrechtlicher Wohnsitz zu definieren sei. Hingegen sei im Steuerbereich bei Anwendung der Wohnsitzvermutung im Sinne von Art. 24 ZGB jeweils zu prüfen, ob sie dem Einzelfall gerecht werde. Das treffe vorliegend nicht zu. Bei Art. 24 ZGB werde davon ausgegangen, die betroffene Person habe die Absicht, einen neuen Wohnsitz zu begründen. Der Ehemann der Beschwerdegegnerin beabsichtige das jedoch in nächster Zeit nicht. Zudem weise er keine Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ort im Gebiet des schweizerischen Steuerhoheitsträgers auf. Er halte sich im Ausland auf seinem Segelschiff auf. Aus den Akten ergäben sich keine Hinweise, dass er in nächster Zeit in die Schweiz zurückkehren werde. Da ihn seine Ehefrau regelmässig auf dem Boot besuche, sei vielmehr davon auszugehen, dass er beabsichtige, sich weiterhin im Ausland aufzuhalten, und er die Schweiz nicht nur vorübergehend verlassen habe. Es sei unzulässig zu schliessen, es handle sich bloss um eine vorübergehende Unterbrechung des Aufenthaltes in der Schweiz, weil kein neuer Wohnsitz im Ausland begründet worden sei. Deshalb seien die Einkünfte des Ehemannes lediglich zur Satzbestimmung des Einkommens der im Inland wohnhaften Ehefrau heranzuziehen. 3. 3.1 Gemäss Art. 3 Abs. 1 DBG sind natürliche Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz haben. Einen solchen Wohnsitz hat eine Person, wenn sie sich hier mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält oder wenn ihr das Bundesrecht hier einen besonderen gesetzlichen Wohnsitz zuweist (Art. 3 Abs. 2 DBG). Einen steuerrechtlichen Aufenthalt in der Schweiz hat eine Person, wenn sie ungeachtet vorübergehender Unterbrechung während mindestens 30 Tagen in der Schweiz verweilt und eine Erwerbstätigkeit ausübt oder ohne Erwerbstätigkeit während mindestens 90 Tagen hier verweilt (Art. 3 Abs. 3 DBG). Gemäss Art. 8 Abs. 2 DBG endet die Steuerpflicht in der Schweiz unter anderem mit dem Wegzug des Steuerpflichtigen aus der Schweiz. 3.2 Das Bundesgericht hat bereits verschiedentlich festgehalten, dass als Wohnsitz einer Person der Ort gilt, an dem sich faktisch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet. Dieser bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände, aus denen sich diese Interessen erkennen lassen, nicht nach den bloss erklärten Wünschen der steuerpflichtigen Person. Der steuerrechtliche Wohnsitz ist insofern nicht frei wählbar; eine bloss affektive Bevorzugung des einen oder anderen Ortes fällt nicht ins Gewicht (BGE 132 I 29 E. 4 S. 35 ff.; 125 I 54 E. 2 S. 56; 123 I 289 E. 2a und b S. 293 f.; Urteile 2C_627/2011 vom 7. März 2012 E. 4.1; 2C_355/2010 vom 7. Dezember 2010 E. 4.1, in: StE 2011 B 11.1 Nr. 22). 3.3 Das Bundesgericht hat weiter in konstanter Praxis ausgeführt, dass für eine Wohnsitzverlegung ins Ausland nicht genügt, die Verbindungen zum bisherigen Wohnsitz zu lösen; entscheidend ist vielmehr, dass nach den gesamten Umständen ein neuer Wohnsitz begründet worden ist. Obschon das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer - anders als noch Art. 4 Abs. 1 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt; BS 6 350; in Kraft bis 31. Dezember 1994) - zur Umschreibung des steuerlichen Wohnsitzes nicht mehr ausdrücklich auf das Zivilgesetzbuch (Art. 23-26 ZGB) verweist, hat sich der rechtliche Gehalt dieses Begriffs nicht verändert und lehnt sich weitgehend an den Wohnsitzbegriff des ZGB an (vgl. dazu Botschaft über die Steuerharmonisierung, BBl 1983 III 86 und 155): Nach wie vor gilt grundsätzlich, dass niemand an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben kann. Gleichermassen bleibt - wie nach altem Recht - der einmal begründete Wohnsitz grundsätzlich bis zum Erwerb eines neuen bestehen (sog. "rémanence du domicile"). Nicht entscheidend ist deshalb, wann sich der Steuerpflichtige am bisherigen Wohnort abgemeldet oder diesen verlassen hat. Begibt er sich ins Ausland, so hat er die direkte Bundessteuer zu entrichten, bis er nachweisbar im Ausland einen neuen Wohnsitz begründet. Eine andere Sichtweise würde eine zu grosse Missbrauchsgefahr nach sich ziehen (Urteile 2A.475/2003 vom 26. Juli 2004 E. 2.1 und 2.2, in: RDAF 2005 II 103; 2A.337/2000 vom 6. Februar 2001 E. 2b und c; 2A.388/1998 vom 3. Mai 2000 E. 5a, in: StR 55/2000 S. 509; seither in konstanter Praxis bestätigt mit Urteilen 2C_627/2011 vom 7. März 2012 E. 4.1; 2C_472/2010 vom 18. Januar 2011 E. 2.2, in: StE 2011 A 32 Nr. 17; 2C_355/2010 vom 7. Dezember 2010 E. 4.1, in: StE 2011 B 11.1 Nr. 22; 2C_484/2009 vom 30. September 2010 E. 3.4, in: RtiD 2011 I pag. 538; ebenso bzw. ähnlich: MARTIN ARNOLD/ ALFRED MEIER/PETER SPINNLER, Steuerpflicht bei Auslandbezug, ASA 70 S. 8; MARTIN ARNOLD/MARKUS BERGER, Steuerpflicht bei Auslandbezug, in: Peter Uebersax et al. [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 20.18 ff.; DANIEL DE VRIES REILINGH, Le droit fiscal intercantonal et le droit fiscal international de la Suisse, 2011, S. 252; ders., Le domicile des personnes physiques en droit fiscal intercantonal et international, ASA 70 S. 282-284; PETER AGNER/BEAT JUNG/GOTTHARD STEINMANN, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, 1995, N. 2 zu Art. 3 DBG; PETER LOCHER, Einführung in das internationale Steuerrecht der Schweiz, 3. Aufl. 2005, S. 229; Art. 24 Abs. 1 ZGB im Sinne einer Vermutung, die durch Gegenbeweis zerstört werden kann: PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, 2001, N. 9, 13 und 61 zu Art. 3 DBG). 3.4 Die Steuerbehörden haben die den Steuerwohnsitz konstituierenden Sachverhaltselemente zwar von Amtes wegen abzuklären (Art. 123 Abs. 1 DBG). Der Steuerwohnsitz ist als steuerbegründende Tatsache grundsätzlich von den Steuerbehörden nachzuweisen. Der Steuerpflichtige ist jedoch zur Mitwirkung und namentlich zu umfassender Auskunftserteilung über die für die Besteuerung massgebenden Umstände verpflichtet (vgl. Art. 124 ff. DBG). Dass eine Wohnsitzverlegung stattgefunden hat, ist somit vom Steuerpflichtigen darzulegen. Dazu gehört nicht nur die endgültige Lösung der Verbindungen zum bisherigen Wohnsitz, sondern auch die Darstellung der Umstände, welche zur Begründung des neuen Wohnsitzes geführt haben (Urteile 2C_355/2010 vom 7. Dezember 2010 E. 4.1, in: StE 2011 B 11.1 Nr. 22; 2A.350/1990 vom 15. März 1991 E. 3a, in: ASA 60 S. 499; 2P.145/1998 vom 29. September 1999 E. 3c, in: Pra 2000 Nr. 7 S. 29; vgl. auch erwähntes Urteil 2A.475/2003 E. 2.3). 3.5 Die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung ist in der Lehre teilweise auf Kritik gestossen (vgl. Literaturhinweise in E. 2.4.2 hievor). Unter anderem wird eingewandt, die insoweit zitierte Botschaft zur Steuerharmonisierung falle nicht so klar aus, als dass die unter dem erwähnten Bundesratsbeschluss (BdBSt) bestehende Rechtslage betreffend Art. 24 ZGB im aktuellen Recht (DBG) weiterzugelten habe. Darüber hinaus wird - so auch die Vorinstanz - auf einen Entscheid des Bundesgerichts Bezug genommen, in welchem zum damaligen Thurgauer Steuergesetz festgehalten wurde, dieses verweise weder ausdrücklich noch dem Sinn nach auf Art. 24 Abs. 1 ZGB; daher sei es willkürlich auf diese Bestimmung abzustellen (Urteil P.1535/1980 vom 24. Juni 1983, publ. in: ASA 54 S. 225). Das gleiche Ergebnis müsse auch für Art. 3 Abs. 2 DBG gelten. 3.6 Was die Vorinstanz bzw. die in E. 2.4.2 zitierten Lehrmeinungen vorbringen, ist nicht geeignet, von der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen: 3.6.1 Zum einen ist für die Anwendung von Art. 24 Abs. 1 ZGB entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht erforderlich, dass die betroffene Person die Absicht hat, einen neuen Wohnsitz zu begründen (vgl. angefochtener Entscheid E. 5.5.3). Vielmehr ist Art. 24 ZGB die positivrechtliche Verankerung des Grundsatzes der Notwendigkeit eines Wohnsitzes einer natürlichen Person. Jede Person soll prinzipiell einem Wohnsitz zugeordnet werden. Niemand soll sich einer Rechtswirkung durch die Einrede entziehen, er habe nirgends Wohnsitz (EUGEN BUCHER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1976, N. 1 f. und 15 zu Art. 24 ZGB; vgl. auch schon AUGUST EGGER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 1930, N. 1 zu Art. 24 ZGB). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Vorinstanz in diesem Zusammenhang zitierten Basler Kommentar zum ZGB (3. Aufl. 2006). Dort (in N. 5 zu Art. 24 ZGB, ebenso in der 4. Aufl. 2010) wird unter alleinigem Hinweis auf einen Entscheid eines kantonalen Gerichts ausgeführt, der fiktive Wohnsitz nach Art. 24 ZGB finde im Steuerrecht keine Anwendung; dies wird indes nicht damit begründet, die Anwendung von Art. 24 Abs. 1 ZGB setze voraus, dass der Betreffende einen neuen Wohnsitz begründen wolle. Zum anderen mag zutreffen, dass das Einkommenssteuerrecht zunächst grundsätzlich auf den tatsächlichen Wohnsitz abstellt (vgl. E. 3.2 hiervor). Dementsprechend weist die erste Variante von Art. 3 Abs. 2 DBG darauf hin, dass ein steuerrechtlicher Wohnsitz in der Schweiz besteht, wenn sich der Betreffende hier mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Nach der zweiten Variante dieser Bestimmung kann aber auch das Bundesrecht einer Person einen Wohnsitz zuweisen und damit vom faktischen Wohnort abweichen (z.B. nach Art. 25 ZGB für Kinder unter elterlicher Sorge oder bevormundete Personen; vgl. LOCHER, Kommentar zum DBG, N. 21 ff. zu Art. 3 DBG). Daraus erhellt zunächst, dass im Einkommenssteuerrecht nicht allein der faktische Wohnsitz massgebend ist. Mit Blick auf den ausdrücklichen Verweis auf das Bundesrecht ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz (vgl. angefochtener Entscheid E. 5.5.1) im Übrigen das im Steuerrecht geltende Legalitätsprinzip (vgl. Art. 127 Abs. 1 BV; BGE 131 II 562 E. 3.1 S. 565) gewahrt. 3.6.2 Für die analoge Anwendung des Art. 24 Abs. 1 ZGB im internationalen Verhältnis spricht der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Zwar mag im Steuerrecht - beim Vorliegen besonderer Gründe - in Ausnahmefällen vom zivilrechtlichen Wohnsitzbegriff abgewichen werden. Solche Gründe sind für die vorliegende Sach- und Rechtslage jedoch nicht ersichtlich; der blosse Umstand, dass das DBG im Gegensatz zum BdBSt nicht mehr ausdrücklich auf Art. 23-26 ZGB verweist, genügt auf jeden Fall nicht, zumal sich auch aus den Materialien nicht ergibt, dass der Gesetzgeber mit der Streichung des Verweises eine materielle Änderung anstreben wollte. Solange kein neuer Wohnsitz wirksam begründet wird, können zudem berechtigte Zweifel fortbestehen, ob der alte Wohnsitz wirklich definitiv aufgegeben worden ist. Für die hier vertretene Lösung spricht mithin die Rechtssicherheit. Durch das Abstellen auf die zivilrechtliche Regelung des Art. 24 Abs. 1 ZGB ist namentlich eine einfache und voraussehbare Regelung gegeben. Wie im bereits zitierten Bundesgerichtsurteil 2A.475/2003 erwähnt (dort E. 2.2), erlaubt diese Regelung ausserdem, wirksam Rechtsmissbräuchen entgegenzuwirken. Soweit sich die Vorinstanz auf das Urteil P.1535/1980 vom 24. Juni 1983 bezieht, übersieht sie, dass Art. 3 Abs. 2 DBG - im Gegensatz zum damaligen Thurgauer Steuergesetz - explizit von einem vom "Bundesrecht" zugewiesenen "gesetzlichen Wohnsitz" spricht. Zudem hat hier der Ehemann der Beschwerdeführerin in verschiedener Hinsicht einen Bezug zu seiner Heimat behalten. Insbesondere konnte er jederzeit in die eheliche Wohnung, in welcher seine Ehefrau lebt, zurückkehren. Namentlich darin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von der Konstellation im Fall P.1535/1980, in welchem der Betroffene ledig war und sich zudem als Arbeitnehmer in einem bestimmten Land aufhielt und dort tätig war, weshalb vermutet wurde, er weise die engsten Verbindungen zu seinem ausländischen Arbeitsort auf (vgl. auch BGE 125 I 54 E. 2b/bb S. 57). 3.6.3 Im vorliegenden Fall handelt es sich beim Steuerpflichtigen um einen 62-jährigen "Weltenbummler". Zwar bestreitet er heute, irgendwelche Rückkehrabsichten zu haben. Falls sich aber beispielsweise sein Gesundheitszustand verschlechtern oder er in ernsthafte finanzielle Engpässe geraten sollte, wird er wohl kaum "auf Reisen" oder "auf hoher See" verbleiben können oder wollen. Solange er nicht im Ausland einen permanenten, festen Standort hat, fehlt es mithin an einem Bezugspunkt, an dem sich seine Lebensbeziehungen neu konzentrieren könnten. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, wenn vom Weiterbestehen des schweizerischen Steuerdomizils ausgegangen wird, solange er nicht nachweisbar massgebliche Beziehungen - im Sinne der Ansässigkeit - zu einem konkreten anderen Ort im Ausland begründet. Solche werden etwa anerkannt, wenn der Steuerpflichtige im Ausland besteuert wird bzw. den Nachweis erbringt, dass er von der Steuerpflicht befreit ist (vgl. erwähntes Urteil 2C_484/2009 vom 30. September 2010 E. 3.4). 3.6.4 Die analoge Anwendung von Art. 24 Abs. 1 ZGB und damit die Bejahung des Fortbestandes des Steuerdomizils in der Schweiz erscheint auch sachgerecht, da hier berechtigte Zweifel bestehen, ob der Ehemann der Beschwerdegegnerin in der Steuerperiode 2005 seinen Wohnsitz in Münchenstein tatsächlich aufgegeben hat: Zwar will dieser nach eigenen Angaben im Jahre 2005 nach seiner Abmeldung nicht mehr nach Münchenstein zurückgekehrt sein. Seine Ehe besteht jedoch weiterhin nicht nur rechtlich, sondern wird auch tatsächlich gelebt. Wie erwähnt, bestreiten die Eheleute ihren Lebensunterhalt aus den gemeinsamen Mitteln. Darüber hinaus hat der Ehemann der Beschwerdegegnerin in der Schweiz eine Krankenversicherung beibehalten. Auch wickelt er über die Heimat verschiedene, in Anspruch genommene Dienstleistungen ab (wie Kreditkarte, Bank, Telefon). Hier haben die Eheleute zudem Grundbesitz. Ausserdem hat der Ehemann der Schweiz auch in persönlicher Hinsicht nicht definitiv den Rücken gekehrt, da er der Beschwerdegegnerin zufolge "Verwandten und Bekannten von Zeit zu Zeit" Besuche abstattet. 4. Besteht nach dem oben Ausgeführten ein Steuerdomizil des Ehemannes im Jahr 2005 in Münchenstein fort, so ist das Einkommen der Eheleute für diese Steuerperiode zusammen zu besteuern, wie es die kantonale Steuerverwaltung ursprünglich vorgenommen hatte. Demzufolge erweist sich der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts, der eine getrennte Besteuerung des Einkommens vorsieht, als bundesrechtswidrig. Er ist daher aufzuheben; der Einspracheentscheid der kantonalen Steuerverwaltung vom 13. März 2007 ist hingegen zu bestätigen. 5. 5.1 Dem Dargelegten zufolge ist die Beschwerde der ESTV gutzuheissen, das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 20. April 2011 aufzuheben und der Einspracheentscheid der kantonalen Steuerverwaltung vom 13. März 2007 betreffend die direkte Bundessteuer zu bestätigen. 5.2 Diesem Ausgang entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 65 f. BGG). Parteientschädigungen werden nicht zugesprochen (vgl. Art. 68 BGG). Über die Kosten und Parteientschädigungen in den kantonalen Verfahren wird das Kantonsgericht, an welches hiezu die Akten zurückgewiesen werden, neu zu befinden haben (vgl. Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 20. April 2011 aufgehoben. Der Einspracheentscheid der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft vom 13. März 2007 betreffend die direkte Bundessteuer 2005 wird bestätigt. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 3. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an das Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft zurückgewiesen. 4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 4. Mai 2012 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Winiger
4ef53568-9991-47aa-8777-93907540a4d3
de
2,007
CH_BGer_006
Federation
null
null
null
penal_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte X._ mit Urteil vom 15. Dezember 2004 in zweiter Instanz des gewerbsmässigen Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 und 2 StGB, der mehrfachen Amtsanmassung im Sinne von Art. 287 StGB, des Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB sowie des geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 172ter Abs. 1 StGB schuldig und verurteilte ihn zu 2 1⁄2 Jahren Zuchthaus, unter Einrechnung von 491 Tagen Untersuchungs- und Sicherheitshaft. In einzelnen Punkten sprach es ihn von der Anklage des Diebstahls, des Hausfriedensbruchs sowie des versuchten Diebstahls frei. Ferner sah es von der Anordnung einer Massnahme im Sinne von Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ab. Das Obergericht verpflichtete X._ überdies gemäss seiner Anerkennung zur Zahlung von Fr. 1'400.-- als Schadenersatz an die Geschädigte. Im Mehrbetrag trat es auf das Schadenersatzbegehren nicht ein. Schliesslich beschloss es über die Einziehung und Verwertung bzw. die Rückgabe der beschlagnahmten Gegenstände. Eine hiegegen von X._ geführte eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde hiess der Kassationshof des Bundesgerichts mit Urteil vom 11. Mai 2006 gut, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurück. B. Mit Urteil vom 23. Januar 2007 erklärte das Obergericht des Kantons Zürich X._ neu des einfachen Betruges und des mehrfachen Betrugsversuchs, der mehrfachen Amtsanmassung, des Hausfriedensbruchs sowie des geringfügigen Diebstahls schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten sowie zu einer Busse von Fr. 300.-- als Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 24. Februar 2006. Hinsichtlich des Freispruchs in einzelnen Punkten, des Verzichts auf eine Massnahme, des Zivilpunkts sowie des Beschlusses über die Einziehung und die Verwertung bzw. die Rückgabe der beschlagnahmten Gegenstände bestätigte es seinen ersten Entscheid. Ferner stellte das Obergericht fest, die ausgesprochene Freiheitsstrafe sei durch die Untersuchungshaft von 591 Tagen vollumfänglich erstanden. Für die erlittene Überhaft von 141 Tagen sprach es X._ eine Genugtuung von Fr. 9'500.-- zuzüglich Zins zu 5% seit dem 1. Dezember 2004 aus der Gerichtskasse zu. C. X._ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er beantragt, Ziff. 11 des angefochtenen Dispositivs sei aufzuheben und durch folgende Anordnung zu ersetzen: Der Justizvollzug des Kantons Zürich wird angewiesen, 141 Tage Überhaft auf die gegenwärtig bei X._ noch zum Vollzug anstehenden Freiheitsstrafen anzurechnen. Ferner ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. D. Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich haben auf Vernehmlassung verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG, SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006, 1242). Die angefochtene Entscheidung ist nach diesem Datum ergangen. Die gegen diese gerichtete Beschwerde untersteht daher dem neuen Verfahrensrecht (Art. 132 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde richtet sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 80 Abs. 1 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG). Sie ist von der in ihren Anträgen unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG) unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) erhoben worden. Auf die Beschwerde kann daher grundsätzlich eingetreten werden. 1.2 Die Beschwerde an das Bundesgericht kann wegen Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 und Art. 96 BGG geführt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist weder an die in der Beschwerde vorgetragene Begründung der Rechtsbegehren noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde mithin auch aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136, E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht darf indes nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG). Neue Begehren sind unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). -:- Gemäss Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Verletzungen von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht kann es nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 1.3 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer kann die Rüge der offensichtlich unrichtigen oder auf einer Rechtsverletzung beruhenden Sachverhaltsfeststellung nur erheben, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Er muss dabei substantiiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind. Andernfalls kann ein von dem im angefochtenen Entscheid festgestellten abweichender Sachverhalt nicht berücksichtigt werden (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 2. Am 1. Januar 2007 sind auch der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches (erstes Buch) und die revidierten Bestimmungen über die Einführung und Anwendung des Gesetzes (drittes Buch) vom 13. Dezember 2002 in Kraft getreten. Der Beschwerdeführer hat die beurteilten Straftaten vor diesem Datum, zwischen dem 9. und 13. August 2003, begangen. Gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB gelangt bei dieser Konstellation das neue Recht zur Anwendung, wenn es für ihn das mildere ist. Die Vorinstanz kommt zu Recht zum Schluss, das neue Recht sei das mildere. Es kann insofern auf ihre zutreffenden Erwägungen verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG; vgl. auch Franz Riklin, Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches: Fragen des Übergangsrechts, AJP 2006, 1473 f.). 3. Dem zu beurteilenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Das Bezirksgericht Zürich verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 9. Juni 2000 zu einer Freiheitsstrafe von 3 1⁄2 Jahren Gefängnis. Am 23. März 2003 wurde der Beschwerdeführer aus dem Vollzug dieser Strafe mit einer Probezeit von 3 Jahren bedingt entlassen (Akten des Obergerichts act. 43/2). Mit Verfügung vom 15. August 2003 versetzte ihn der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich im Rahmen des vorliegenden, neu eingeleiteten Verfahrens in Untersuchungshaft (Akten des Obergerichts act. 42/5). Auf Verfügung des Präsidenten des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 23. März 2005 hin wurde der Beschwerdeführer am 24. März 2005 nach Verbüssung von 591 Tagen Haft aus dem in diesem Verfahren angetretenen vorzeitigen Strafvollzug entlassen (Akten des Kassationsgerichts act. 14). Am 24. Februar 2006, mithin vor Ausfällung des angefochtenen Urteils sprach das Bezirksgericht Zürich den Beschwerdeführer der Amtsanmassung etc. schuldig und verurteilte ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten Gefängnis. Da der Beschwerdeführer die dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegenden Straftaten vor diesem Urteil des Bezirksgerichts begangen hat, hat die Vorinstanz nach dem Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts eine Zusatzstrafe zum bezirksgerichtlichen Urteil ausgesprochen. Seit dem 4. April 2005 befand sich der Beschwerdeführer wieder in Haft, die in jenem Verfahren angeordnet worden war, das zum Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 24. Februar 2006 führte. Nach Eintritt der Rechtskraft für dieses Urteil widerrief der Justizvollzug des Kantons Zürich mit Verfügung vom 11. Oktober 2006 die bedingte Entlassung aus dem Vollzug verschiedener früherer Strafen mit einem Strafrest von insgesamt 336 Tagen (Beschwerdebeilage 3). Im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils verbüsste der Beschwerdeführer mithin Freiheitsstrafen von 29 Monaten und 6 Tagen (18 Monate und 336 Tage), die auf dem Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 24. Februar 2006 und auf weiter zurückliegenden Urteilen beruhen (Beschwerde S. 5; vgl. auch Akten des Obergerichts act. 115 [Protokoll] S. 5). 4. 4.1 Die Vorinstanz stellt fest, der Beschwerdeführer habe abzüglich der von ihr ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 15 Monaten insgesamt 141 Tage Überhaft erstanden. Gemäss Auskunft des Justizvollzugs des Kantons Zürich stünden zwar noch Freiheitsstrafen zum Vollzug an. Bei diesen handle es sich aber um Rückversetzungen, die mit weiter zurückliegenden Strafverfahren bzw. hier nicht beurteilten Straftaten zusammenhingen. Eine Anrechnung der im vorliegenden Verfahren angefallenen Überhaft auf diese früheren Verfahren sei daher nicht möglich. Sie geht für ihre Auffassung davon aus, der Grundsatz der Verfahrensidentität besage nicht, dass erstandene Haft beliebig in anderen Verfahren angerechnet werden könnte, sondern ermögliche nur die Anrechnung von Haft, welche in jenem Verfahren ausgestanden worden sei, das zur Ausfällung der Strafe geführt habe (angefochtenes Urteil S. 35). 4.2 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, die von ihm ausgestandene Überhaft sei auf den anstehenden bzw. laufenden Strafvollzug anzurechnen. Da im angefochtenen Urteil eine Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 24. Februar 2006 ausgefällt worden sei, hänge jedenfalls dieses frühere Verfahren mit dem dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden zusammen. Da er sich bereits im Vollzug befinde, sei die Anrechnung der Überhaft nicht anders möglich als durch Anweisung an den Justizvollzug des Kantons Zürich (Beschwerde S. 6 f.). 5. 5.1 Gemäss Art. 51 StGB rechnet das Gericht die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an. Nach Art. 110 Abs. 7 StGB ist Untersuchungshaft jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft. Ohne jede Einschränkung anzurechnen ist auch der vorzeitig angetretene Strafvollzug (Art. 75 Abs. 2 StGB). Die ältere Rechtsprechung zu Art. 69 aStGB ist für die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die ausgesprochene Freiheitsstrafe vom Grundsatz der Identität der Tat ausgegangen. Nach diesem Grundsatz kann die Untersuchungshaft nur insoweit angerechnet werden, als sie wegen einer Handlung ausgestanden wurde, für welche der Beschuldigte bestraft wird. Für die nicht anrechenbare Haft steht danach als Ausgleich nur der Weg der Haftentschädigung offen (BGE 104 IV 6 E. 2; 85 IV 11; 77 IV 6). Diese Rechtsprechung hat der Kassationshof mit Entscheid 6S.421/2005 vom 23.3.2006, E. 3.2.3 (in Pra 2006 Nr. 111 S. 765) unter der Geltung des alten Rechts aufgegeben. Nach diesem Entscheid kann auch nach Art. 69 aStGB die im zweiten Verfahren erstandene Untersuchungshaft an die im ersten Urteil ausgefällte Freiheitsstrafe, deren bedingter Strafvollzug im zweiten Verfahren widerrufen wird, angerechnet werden (vgl. auch Entscheid des Kassationshofs 6S.747/2000 vom 11.3.2002 E. 1b in: Pra 2002 Nr. 93 S. 543 zur Anrechnung der Untersuchungshaft im ersten Verfahren auf die im zweiten Verfahren ausgesprochene Freiheitsstrafe). Der bundesrätliche Entwurf zum neuen Recht sah ursprünglich vor, dass diejenige Untersuchungshaft anzurechnen ist, die der Täter während des Verfahrens ausgestanden hat. Der Entwurf folgte somit für die Anrechnung der Untersuchungshaft dem Grundsatz der Verfahrensidentität (Art. 51 E 1998; vgl. Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches [Allgemeine Bestimmungen, Einführung und Anwendung des Gesetzes] und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht vom 21. September 1998, BBl 1999, S. 2063, 2311). Nach der definitiven Gesetzesfassung ist darüberhinaus nunmehr auch die Untersuchungshaft aus einem anderen Verfahren anrechenbar, soweit eine solche Anrechnung überhaupt noch möglich ist (vgl. AmtlBull N 2001, 564 f.). Zu entziehende Freiheit soll demnach wenn immer möglich mit bereits entzogener kompensiert werden (Schwarzenegger/Hug/Jositsch, Zürcher Grundrisse des Strafrechts, Strafrecht II, 8. Aufl., 2007, S. 124; Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, AT II: Strafen und Massnahmen, 2. Aufl. Bern 2006, § 6 N 122 ff.; Stratenwerth/Wohlers, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, Bern 2007, Art. 51 N 2; vgl. auch Schubarth, Anrechnung von Untersuchungshaft auf eine ausgesprochene Strafe oder Entschädigung für ungerechtfertigte Untersuchungshaft?, ZStrR 1998, S. 113). Die Auffassung der Vorinstanz, dass mit dem revidierten Allgemeinen Teil der Grundsatz der Verfahrensidentität eingeführt worden ist (angefochtenes Urteil S. 35), trifft somit nicht zu. Nach dem Wortlaut der Bestimmung ist die Untersuchungshaft auch anzurechnen, wenn sie in einem anderen Verfahren angeordnet wurde. Das entspricht dem Grundsatz, dass der Freiheitsentzug im Untersuchungsverfahren einen Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit darstellt, der - wenn ein Schuldbeweis erbracht werden kann - durch Anrechnung der Haft entschädigt werden muss (BGE 117 IV 404 E. 2a; Stratenwerth, a.a.O., § 6 N 112). Die Auffassung der Vorinstanz, dass mit dem revidierten Allgemeinen Teil der Grundsatz der Verfahrensidentität eingeführt worden ist (angefochtenes Urteil S. 35), trifft somit nicht zu. Nach dem Wortlaut der Bestimmung ist die Untersuchungshaft auch anzurechnen, wenn sie in einem anderen Verfahren angeordnet wurde. Das entspricht dem Grundsatz, dass der Freiheitsentzug im Untersuchungsverfahren einen Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit darstellt, der - wenn ein Schuldbeweis erbracht werden kann - durch Anrechnung der Haft entschädigt werden muss (BGE 117 IV 404 E. 2a; Stratenwerth, a.a.O., § 6 N 112). 5.2 5.2.1 Die Vorinstanz hat in Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB eine Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 24. Februar 2006 ausgesprochen (angefochtenes Urteil S. 23 f./31 ff.). Danach hat das Gericht, wenn es eine Tat zu beurteilen hat, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, die Zusatzstrafe in der Weise zu bestimmen, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die mehreren strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären. Bei der Bemessung der gedanklich zu bestimmenden Gesamtstrafe und damit auch der Zusatzstrafe ist das Gericht sowohl in Bezug auf die Strafart als auch hinsichtlich der Art des Vollzugs nicht an den rechtskräftigen ersten Entscheid gebunden. Der Richter hat darüber im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen nach seinem eigenen Ermessen zu befinden. Zwar bleibt der erste Entscheid nicht nur hinsichtlich der Dauer der Strafe, sondern auch in Bezug auf die Strafart und die Art des Vollzugs unabänderlich, da er in Rechtskraft erwachsen ist. Das Gericht, das die Zusatzstrafe auszufällen hat, kann aber im Rahmen der massgebenden gesetzlichen Vorschriften bei der gedanklichen Bestimmung der Gesamtstrafe eine andere Strafart und eine andere Vollzugsart wählen (Jürg-Beat Ackermann, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch I, Art. 68 N 61). 5.2.2 Der Justizvollzug des Kantons Zürich hat mit Verfügung vom 11. Oktober 2006 den Vollzug des noch nicht verbüssten Strafrests von 336 Tagen Gefängnis angeordnet. Wie sich aus der Begründung der Verfügung ergibt, setzt sich dieser Strafrest zusammen aus dem Strafrest der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug am 22. März 2003, in welchem der Beschwerdeführer mit Urteilen des Bezirksgerichts Zürich vom 9. Juni 2000 und des Kantonsgerichts Waadt vom 28. Juli 1999 ausgesprochene Strafen sowie einen Strafrest aus der mit Verfügung vom 1. Oktober 1998 gewährten bedingten Entlassung verbüsst hatte. Ferner ordnete der Justizvollzug des Kantons Zürich an, dass der Strafrest von 336 Tagen Gefängnis zusammen mit der vom Bezirksgericht Zürich mit Urteil vom 24. Februar 2006 ausgesprochenen Strafe von 18 Monaten Gefängnis, abzüglich 275 Tage erstandener Freiheitsentzug, zu vollstrecken ist (Beschwerdebeilage 3, S. 2 f.). 5.2.3 Dass beim Beschwerdeführer noch Strafen bzw. Strafreste zu vollziehen waren, war der Vorinstanz bekannt. Sie hätte daher ohne weiteres anordnen können, die im von ihr beurteilten Verfahren erstandene Überhaft werde auf den noch ausstehenden Vollzug angerechnet. Wie der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt (Beschwerde S. 7), ergibt sich dies in Bezug auf die vom Bezirksgericht Zürich mit Urteil vom 24. Februar 2006 ausgesprochene Strafe von 18 Monaten Gefängnis auch aus der Regelung der retrospektiven Konkurrenz, nach welcher der Täter trotz Aufteilung der Strafverfolgung in mehrere Verfahren gegenüber jenem Täter, dessen Taten gleichzeitig beurteilt wurden, nicht benachteiligt und soweit als möglich auch nicht besser gestellt werden soll (BGE 132 IV 102 E. 8.2 mit Hinweisen). Durch die Anrechnung der Untersuchungshaft auf den weiteren noch anstehenden Strafvollzug greift die Vorinstanz nicht in die Rechtskraft dieses Urteils des Bezirksgerichts Zürich oder eines anderen Urteils ein, denn dieses bleibt von jener Anordnung gänzlich unberührt. Schliesslich bedarf es in diesem Zusammenhang auch nicht einer Weisung an die Strafvollzugsbehörde. Inwieweit ausgestandene Untersuchungshaft auf den Vollzug angerechnet werden muss, ergibt sich abschliessend aus dem Dispositiv des Urteils, das für die Vollzugsbehörde verbindlich ist. Ob der Vorinstanz gegenüber dem Justizvollzug des Kantons Zürich ein Weisungsrecht zusteht oder nicht (vgl. angefochtenes Urteil S. 35), ist daher in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Ausrichtung einer Haftentschädigung an Stelle der Anrechnung der ausgestandenen Überhaft auf den in einem anderen Verfahren angeordneten Vollzug verletzt daher Bundesrecht. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet. Da für das Bundesgericht nicht ersichtlich ist, in welchem Umfang die Überhaft zum jetzigen Zeitpunkt noch angerechnet werden kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). 6. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gutzuheissen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG) und ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG) gegenstandslos. Die Entschädigung ist jedoch dem Vertreter des Beschwerdeführers zuzusprechen. Das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen vom 24. Mai 2007 wird mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 2007 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Der Kanton Zürich hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten. 4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 29. Mai 2007 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
4efc87fd-2e15-47d5-af6f-ef1d234d3dd8
de
2,013
CH_BGer_001
Federation
194.0
59.0
11.0
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Das Gebiet Quarta Morta liegt im nordwestlichen Teil von Surlej in der Wohnzone W5 der Gemeinde Silvaplana. Es ist gemäss dem Generellen Gestaltungsplan des Jahres 2004 (GGP) mit einer Quartierplanpflicht belegt. Schon 1983 hatte die Gemeinde ein Quartierplanverfahren eingeleitet und 1988 die Durchführung einer Baulandumlegung verfügt. Der Quartierplan wurde in der Folge aber - unter anderem infolge von Rechtsstreitigkeiten - nicht weiter bearbeitet und schliesslich nicht mehr weiterverfolgt. B. Am 29. November 2011 stellten die Geschwister B._, C._ und D._ als Eigentümer der Parzelle Nr. 1950 das Gesuch, das rechtskräftig eingeleitete Quartierplanverfahren so rasch als möglich weiterzuführen und zum Abschluss zu bringen. Mit Beschluss vom 30. Januar 2012, publiziert am 23. Februar 2012, folgte der Gemeindevorstand dem Antrag und gab seine Absicht bekannt, den Quartierplan in Verbindung mit einer Landumlegung neu einzuleiten. Der Zweck der Quartierplanung bestehe darin, die im GGP ausgeschiedenen Baubereiche zeitgemäss zu erschliessen und optimal zu gestalten, mit Festlegung der einzelnen Baustandorte. Dagegen erhoben mehrere Grundeigentümer Einsprache, darunter auch die Genossenschaft X._ als Eigentümerin der Parzellen Nrn. 748, 749, 751, 753, 758, 759, 760, 761 und 766. Sie beantragte, auf die Einleitung des Quartierplanverfahrens mit Landumlegung sei zu verzichten, bis die Grundordnung folgendermassen revidiert sei: Es sei eine Revision des Zonenplans und des GGP für das Planungsgebiet Quarta Morta einzuleiten, mit dem Ziel, zurzeit nicht überbaute Grundstücke, die nicht oder ungenügend erschlossen seien, dem Nichtbaugebiet zuzuweisen. Eventuell seien im Rahmen der Anpassung der Grundordnung zusätzlich zu den überbauten Grundstücken nur die leicht erschliessbaren, noch nicht überbauten Grundstücke im westlichen Bereich der Bauzone beizubehalten. Für das gesamte Planungsgebiet sei zu diesem Zweck eine kommunale Planungszone zu erlassen. Mit Entscheid vom 29. Mai 2012 wies der Gemeindevorstand die Einsprachen im Sinne der Erwägungen ab, soweit er darauf eintrat, und leitete das Quartierplanverfahren ein. Das Begehren um Revision der Grundordnung sei abzuweisen, weil derzeit keine Gründe bestünden, auf die bestehende Regelung zurückzukommen. C. Dagegen erhoben die Genossenschaft X._ und weitere Grundeigentümer Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses vereinigte die Verfahren und wies die Beschwerden am 9. April 2013 ab. D. Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid gelangte die Genossenschaft X._ am 26. Juni 2013 mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht. Sie beantragt, Ziff. II/3 des Beschlusses des Gemeindevorstandes Silvaplana vom 29. Mai 2012 sei aufzuheben und die Gemeinde Silvaplana sei richterlich anzuweisen, die bestehende Grundordnung (Zonenplan und Genereller Gestaltungsplan) im Planungsgebiet Quarta Morta zu überprüfen und den geänderten Verhältnissen anzupassen sowie für die Dauer dieses Verfahrens eine Planungszone zu erlassen. Ziff. III/1 und Ziff. III/2 des angefochtenen Beschlusses betreffend Einleitung des Quartierplanverfahrens im Gebiet Quarta Morta, Silvaplana-Surlej, seien aufzuheben. Eventuell sei die Einleitung des Quartierplanverfahrens mit Landumlegung zu verschieben, bis die bestehende Grundordnung (Zonenplan und GGP) im Planungsgebiet überprüft und rechtskräftig den geänderten Verhältnissen angepasst worden sei. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung und zur rechtsgenüglichen Begründung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragt die Beschwerdeführerin die Durchführung eines Augenscheins. E. Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Geschwister B._ C._ und A._ (im Folgenden: die privaten Beschwerdegegner) sowie die Gemeinde Silvaplana schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin hält in ihrer Replik an ihren Anträgen fest.
Erwägungen: 1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid des Verwaltungsgerichts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). 1.1. Ein Endentscheid i.S.v. Art. 90 BGG liegt unzweifelhaft vor, soweit das Verwaltungsgericht den Antrag auf Überprüfung der bestehenden Nutzungsplanung abgewiesen hat. Fraglich ist dagegen, ob der Beschluss zur Einleitung des Quartierplanverfahrens einen End- oder einen Zwischenentscheid darstellt. Unter der Geltung des OG wurde die Einleitung eines amtlichen Quartierplanverfahrens als Endentscheid i.S.v Art. 87 OG qualifiziert, wenn das kantonale Recht vorsah, dass bestimmte Einwendungen nur mit Rekurs gegen den Einleitungsbeschluss geltend gemacht und im späteren Verfahren nicht mehr erhoben werden können. Diese Regelung zeige, dass der Einleitungsbeschluss ein in sich geschlossenes, selbstständiges Verfahren bilde (BGE 117 Ia 412 E. 1a S. 414). Diese Rechtsprechung ist auch unter der Geltung des BGG beizubehalten. Art. 16 Abs. 2 der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden 24. Mai 2005 [KRVO]) bestimmt, dass Einwendungen gegen das Quartierplanverfahren an sich und das Planungsgebiet mit Einsprache gegen den vom Gemeinderat beabsichtigten Einleitungsbeschluss geltend zu machen sind und im weiteren Verfahren nicht mehr erhoben werden können. Würde der Einleitungsbeschluss als Zwischenbeschluss i.S.v. Art. 93 BGG qualifiziert, könnte er (bzw. der ihn bestätigende kantonal letztinstanzliche Entscheid) noch zusammen mit dem das Quartierplanverfahren abschliessenden Endentscheid angefochten werden (Art. 93 Abs. 3 BGG). Dies würde dem Konzept des kantonalen Rechts widersprechen, wonach ein (u.U. zeit- und kostenaufwendiges) Quartierplanverfahren erst durchgeführt werden soll, wenn der Einleitungsbeschluss rechtskräftig geworden ist. Die separate Anfechtung des Einleitungsbeschlusses erscheint auch nicht unzumutbar: Fehler bei der Einleitung des Verfahrens (Voraussetzungen des Quartierplanverfahrens; Gebietsabgrenzung) können in der Regel unabhängig vom Ausgang des Quartierplanverfahrens erkannt und beurteilt werden. 1.2. Die Beschwerdeführerin ist als Eigentümerin von mehreren, in die Quartierplanung einbezogenen Grundstücken zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde ist daher einzutreten. 1.3. Streitig ist zunächst, ob die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Überprüfung der Zonenordnung gemäss Art. 21 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG; SR 700) i.V.m. Art. 47 Abs. 2 des Raumplanungsgesetz für den Kanton Graubünden vom 6. Dezember 2004 (KRG) hat (unten, E. 2-6). Im Anschluss daran ist zu prüfen, inwiefern sich dies auf den Beschluss zur Einleitung eines Quartierplanverfahrens auswirkt (E. 7) und ob der Erlass einer Planungszone geboten ist (E. 8). 2. Gemäss Art. 21 Abs. 2 RPG kann der Grundeigentümer die Überprüfung und gegebenenfalls die Anpassung der Nutzungsordnung an veränderte Verhältnisse verlangen, wenn er ein eigenes schutzwürdiges (tatsächliches oder rechtliches) Interesse daran hat. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die geltende Zonenplanung ihn in der Nutzung seines Grundstücks einschränkt und kein genügendes öffentliches Interesse mehr an der Aufrechterhaltung der Eigentumsbeschränkung besteht (BGE 127 I 193 E. 6b S. 105 f.; 120 Ia 227 E. 2c S. 232 f.; 106 Ia 383 E. 3c S. 387; je mit Hinweisen). Eine Anpassung der Nutzungsordnung kann aber auch in Bezug auf benachbarte Grundstücke verlangt werden, deren Überbauung die Nutzung der eigenen Liegenschaft (rechtlich oder tatsächlich) beeinträchtigen könnte (BGE 120 Ia 227 E. 2d S. 233 f.; 127 I 103 E. 6b S. 106). Dagegen steht Personen, die lediglich ein allgemeines Interesse an der Anpassung der Nutzungsordnung geltend machen, ohne Bezug zur eigenen Grundstücksnutzung, von Bundesrechts wegen kein Initiativrecht zu (BGE 120 Ia 227 E. 2d und 2f S. 234 f.; BERNHARD WALDMANN/PETER HÄNNI, Handkommentar RPG, N. 23 zu Art. 21 S. 515). 2.1. Das kantonale Recht kann eine weitergehende Antragsbefugnis vorsehen, sofern damit der bundesrechtliche Grundsatz der Planbeständigkeit nicht in Frage gestellt wird (BGE 120 Ia 227 E. 2a S. 230 und E. 2c S. 233; ( THIERRY TANQUEREL, in: RPG-Kommentar N. 24 zu Art. 21 RPG S. 516). Im Kanton Graubünden ist dies nicht der Fall: Art. 47 Abs. 2 KRG sieht vor, dass der Gemeindevorstand über Anträge von Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen über die Einleitung eines Ortsplanungsverfahrens entscheidet. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Rechnung tragen, wonach der Grundeigentümer unter gewissen Bedingungen gestützt auf Art. 21 Abs. 2 RPG einen Anspruch formeller Natur auf Überprüfung der bestehenden Nutzungsplanung erheben kann, namentlich dann, wenn die geltende Planung schon älter ist und sich die Verhältnisse seit Erlass der Planung erheblich geändert haben (vgl. Departement für Volkswirtschaft und Soziales des Kantons Graubünden, Arbeitshilfe zum KRG und zur KRVO vom 1. Dezember 2010, S. 49 f.). 2.2. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke im vorgesehenen Quartierplangebiet. Diese grenzen z.T. unmittelbar an den im GGP vorgesehenen Baubereich an, auf dem die bauliche Nutzung konzentriert werden soll. Die Beschwerdeführerin befürchtet deshalb, dass die benachbarten Parzellen mit grossvolumigen Bauten von insgesamt über 11'000 m3 überstellt werden könnten. Sie hat daher ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die geltende Zonenordnung in der Umgebung ihrer Parzellen überprüft und - wenn nötig - angepasst wird, sofern sich die Verhältnisse wesentlich verändert haben. 3. Art. 21 Abs. 2 RPG unterscheidet mit Blick auf die Änderung von Nutzungsplänen zwei Stufen: In einem ersten Schritt wird geprüft, ob sich die Verhältnisse so erheblich geändert haben, dass die Nutzungsplanung überprüft werden muss; in einem zweiten Schritt erfolgt nötigenfalls die Plananpassung ( PETER KARLEN, Stabilität und Wandel in der Zonenplanung, PBG aktuell 4/1994 S. 8 ff.). 3.1. Ob eine Plananpassung (zweite Stufe) aufgrund veränderter Verhältnisse gerechtfertigt ist, beurteilt sich nach ständiger Rechtsprechung aufgrund einer Interessenabwägung. Dabei ist auf der einen Seite die Notwendigkeit einer gewissen Stabilität nutzungsplanerischer Festlegungen zu beachten, auf der anderen Seite das Interesse, die Pläne an eingetretene Veränderungen anzupassen. Zu berücksichtigen sind insbesondere die bisherige Geltungsdauer des Nutzungsplans, das Ausmass seiner Realisierung und Konkretisierung, das Gewicht des Änderungsgrunds, der Umfang der beabsichtigten Planänderung und das öffentliche Interesse daran (BGE 132 II 408 E. 4.2 S. 413 f.; 128 I 190 E. 4.2 S. 198 f.; je mit Hinweisen; KARLEN, a.a.O., S. 11 ff. und 13 ff.). 3.2. Im Rahmen der ersten Stufe sind geringere Anforderungen zu stellen: Eine Überprüfung der Grundordnung ist bereits geboten, wenn sich die Verhältnisse seit der Planfestsetzung geändert haben, diese Veränderung die für die Planung massgebenden Gesichtspunkte betrifft und erheblich ist (BGE 123 I 175 E. 3a S. 182 f. mit Hinweisen). Die Erheblichkeit ist auf dieser Stufe bereits zu bejahen, wenn eine Anpassung der Zonenplanung im fraglichen Gebiet in Betracht fällt und die entgegenstehenden Interessen der Rechtssicherheit und des Vertrauens in die Planbeständigkeit nicht so gewichtig sind, dass eine Plananpassung von vornherein ausscheidet. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist es Aufgabe der Gemeinde, die gebotene Interessenabwägung vorzunehmen und zu entscheiden, ob und inwiefern eine Anpassung der Zonenplanung nötig ist. 3.3. Vorliegend haben sowohl die Gemeinde als auch das Verwaltungsgericht bereits eine Überprüfung der geltenden Zonenordnung im Gebiet Quarta Morta abgelehnt. Insofern beschränkt sich auch die nachfolgende Prüfung auf die Voraussetzungen der ersten Stufe. 4. Zu prüfen ist zunächst, ob sich die Verhältnisse seit Erlass der geltenden Nutzungsordnung erheblich verändert haben. 4.1. Die Gemeinde und das Verwaltungsgericht verneinten dies. Durch die Annahme der Zweitwohnungsinitiative hätten sich zwar die Rahmenbedingungen geändert. Die Annahme der Beschwerdeführerin, dass dadurch das Bedürfnis nach Wohnraum in Silvaplana beträchtlich zurückgehen werde, könne aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht belegt werden, zumal die Ausführungsgesetzgebung zu Art. 75b BV und Art. 197 Ziff. 9 BV noch nicht vorliege. Entsprechend sei noch nicht absehbar, unter welchen Umständen in der Gemeinde Silvaplana weiterhin gebaut werden dürfe bzw. mit welchen Einschränkungen infolge der Zweitwohnungsinitiative überhaupt gerechnet werden müsse. Das revidierte RPG werde erst im Frühjahr 2014 in Kraft treten und sei somit noch nicht verbindlich; seine Berücksichtigung im vorliegenden Verfahren wäre eine unzulässige Vorwirkung künftigen Rechts. 4.2. Die Beschwerdeführerin ist dagegen der Auffassung, dass die Auswirkungen der am 11. März 2012 angenommenen Zweitwohnungsinitiative auf den Wohnungsbau zumindest in groben Zügen bereits absehbar seien. Silvaplana sei mit einem Zweitwohnungsanteil von rund 70 % sehr stark auf den Zweitwohnungsbau ausgerichtet. Aufgrund des Zweitwohnungsverbots werde der Wohnraumbedarf massiv und dauernd zurückgehen. Auch für Erstwohnungen sei nach Aussage von Experten mit einem Rückgang der Nachfrage aufgrund des Verlusts von Arbeitsplätzen zu rechnen. Die Bauzonen der Gemeinde müssten daher redimensioniert werden (Art. 15 lit. b RPG). 4.3. Die Gemeinde Silvaplana ist eine Tourismusgemeinde im Engadin mit einem erheblichen Anteil von Zweitwohnungen. In den vergangenen Jahren bezog sich ein grosser Teil der Nachfrage auf solche Objekte. Sie wurde durch die 2008/2009 im Kreis Oberengadin eingeführten Bestimmungen zur Förderung von Erstwohnungen und zur Kontingentierung von Zweitwohnungen etwas gedrosselt, blieb aber dennoch auf hohem Niveau: Nach den von der Beschwerdeführerin zitierten und von der Gemeinde nicht bestrittenen Angaben des Bauamts Silvaplana wurden 2008-2010 jährlich durchschnittlich 930 m2 BGF für Zweitwohnungen verwendet Am 11. März 2012 trat Art. 75b BV in Kraft. Dessen Abs. 1 sieht einen maximalen Anteil an Zweitwohnungen von 20 % vor. Da dieser Anteil in der Gemeinde Silvaplana bei Weitem überschritten ist, können bis zum Absinken des Zweitwohnungsanteils unter 20 % grundsätzlich keine neuen Zweitwohnungen mehr bewilligt werden. Zwar liegt das Ausführungsgesetz noch nicht vor, das streitige Fragen regeln soll (beispielsweise die Umnutzung bestehender Bauten und die Zulässigkeit touristisch bewirtschafteter Zweitwohnungen). Art. 75b Abs. 1 lässt jedoch für die Bewilligung neuer, privat genutzter Zweitwohnungen ("kalte Betten") kaum einen Spielraum (vgl. BGE 139 II 243 E. 10.5 S. 256 zum "harten Kern" der Verfassungsnorm). Insofern ist mit einem erheblichen Rückgang der Wohnbaunachfrage zu rechnen. Dies hat zur Folge, dass die Wohnbaureserven der Gemeinde mit grosser Wahrscheinlichkeit überdimensioniert geworden sind und überprüft werden müssen. Überdimensionierte Bauzonen sind bereits nach geltendem RPG (Art. 15 lit. b RPG) rechtswidrig und müssen redimensioniert werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BGE 117 Ia 302 E. 4b S. 307; 116 Ia 221 E. 3b S. 231, 328 E. 4b S. 331; je mit Hinweisen). Insofern spielt es keine Rolle, dass die in der Abstimmung vom 3. März 2013 angenommene RPG-Revision noch nicht in Kraft ist. 4.4. Zwar ist den Beschwerdegegnern einzuräumen, dass eine allfällige Redimensionierung der Bauzonen der Gemeinde nicht zwingend im Gebiet Quarta Morta vorzunehmen ist, sondern eine Gesamtschau aller Bauzonen voraussetzt. Für den Anspruch auf Überprüfung der Nutzungsordnung genügt es jedoch, dass eine Reduktion der baulichen Nutzungsmöglichkeiten im Gebiet Quarta Morta in Betracht fällt. Dies ist zu bejahen, handelt es sich doch um ein peripher gelegenes Gebiet, das erst teilweise überbaut, noch nicht vollständig erschlossen und mangels Quartierplanung auch planungsrechtlich noch nicht baureif ist. 5. Zu prüfen ist noch, ob die Interessen der Rechtssicherheit und des Vertrauens in die Beständigkeit des Zonenplans und des GGP einer solchen Überprüfung entgegenstehen. 5.1. Gemäss Art. 15 RPG umfassen Bauzonen Land, das sich für die Überbauung eignet und entweder weitgehend überbaut ist (lit. a) oder voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird (lit. b). Nach Ablauf dieses Planungshorizonts sind die Bauzonen grundsätzlich einer Überprüfung zu unterziehen und nötigenfalls anzupassen. Je näher eine Planungsrevision dieser Frist kommt, desto geringer ist das Vertrauen auf die Beständigkeit des Plans; je neuer ein Plan ist, desto mehr darf mit seiner Beständigkeit gerechnet werden (BGE 128 I 190 E. 4.2 S. 198 f.; 113 Ia 444 E. 5b S. 455 je mit Hinweisen). 5.2. Lage und Dimension der Bauzonen der Gemeinde Silvaplana gehen auf die erste Zonenplanung der Gemeinde 1976 zurück; sie wurden jedoch unter der Geltung des RPG mehrfach bestätigt. Die letzte Zonenplanrevision wurde am 14. November 2001 von der Gemeindeversammlung Silvaplana beschlossen und am 19. September 2002 von der Regierung genehmigt. Allerdings wurden die Bauzonen bei der Revision 2001/2002 nur marginal abgeändert (Anpassung an Waldfeststellungen, aktualisierte Parzellarvermessungen etc.) und der Stand der Überbauung, Erschliessung und Baureife (UEB) nicht erstellt, wie die Regierung in ihrem Genehmigungsbeschluss vom 18. September 2002 ausdrücklich festgehalten hat). Ob deshalb bereits Art. 15 lit. b RPG eine umfassende Überprüfung des Zonenplans gebietet, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, kann offenbleiben. Jedenfalls liegt die letzte Zonenplanrevision im Jahr 2001/2002 über zehn Jahre und damit geraume Zeit zurück. 5.3. Hinzu kommt, dass die Zonenplanung für das Gebiet Quarta Morta bislang noch kaum konkretisiert und nicht realisiert worden ist. Zwar wurde im GGP 2004 ein Baubereich festgelegt; dessen Überbauung und Erschliessung müssen aber noch durch einen Quartierplan konkretisiert werden. Solange dieser nicht vorliegt, ist das Gebiet nicht baureif (vgl. E. 3b S. 20 des angefochtenen Entscheids). Unter diesen Umständen sind die öffentlichen und privaten Interessen an der Beständigkeit der geltenden Zonenordnung nicht so gewichtig, dass sie eine Anpassung der Planung an die geänderten Verhältnisse von vornherein ausschliessen würden. 6. Die Beschwerdeführerin hat somit einen Anspruch auf die Überprüfung der Zonenordnung. Zwar bezieht sich dieser Anspruch in erster Linie auf die benachbarten Parzellen. Deren planerisches Schicksal hängt jedoch untrennbar insbesondere mit demjenigen der übrigen Parzellen im Gebiet Quarta Morta zusammen, in dem nicht nur eine Quartierplanung, sondern auch eine Landumlegung vorgesehen ist. Es rechtfertigt sich daher, die Gemeinde antragsgemäss zu verpflichten, die geltende Nutzungsordnung im Gebiet Quarta Morta zu überprüfen. Allerdings kann diese gebotene Prüfung nicht isoliert erfolgen, sondern sie setzt eine Gesamtsicht über alle Bauzonen der Gemeinde Silvaplana voraus (vgl. oben E. 4.4). Die Gemeinde wird daher überprüfen müssen, ob die geltenden Bauzonen, insbesondere unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Beschränkung des Zweitwohnungsbaus, überdimensioniert sind und wenn ja, welche Gebiete für eine Rückzonung in Betracht fallen. Dabei hat sie sich auf die vorhandenen Daten und bekannte Entwicklungen zu stützen. Soweit Unsicherheit besteht, sind plausible Schätzungen vorzunehmen. Die Gemeinde darf die Beurteilung des Gesuchs nicht unter Verweis auf offene Fragen (wie beispielsweise die noch ausstehenden Ausführungsbestimmungen zu Art. 75b BV und zu der am 3. März 2013 angenommenen RPG-Revision) über Gebühr hinausschieben oder einfach abweisen, wie im angefochtenen Entscheid geschehen. 7. Solange die Überprüfung der Grundordnung im Gebiet Quarta Morta nicht erfolgt ist, darf das Quartierplanverfahren nicht eingeleitet werden. Dabei kann offenbleiben, ob die Gemeinde aufgrund des GGP 2004 verpflichtet ist, auf Antrag eines einzelnen Grundeigentümers das Quartierplanverfahren einzuleiten (so die Gemeinde und das Verwaltungsgericht) oder ob ihr insoweit ein Entscheidungsspielraum zusteht (wie die Beschwerdeführerin geltend macht). Entscheidend ist, dass der GGP selbst überprüfungsbedürftig ist und daher nicht durch die Eröffnung eines Quartierplanverfahrens umgesetzt werden darf, bevor die gebotene Überprüfung abgeschlossen ist. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass Vertrauenstatbestände geschaffen werden, welche die notwendige Überprüfung der Bauzone negativ präjudizieren könnten. Der Beschluss des Gemeinderats vom 29. Mai 2012 auf sofortige Einleitung des Quartierplanverfahrens ist daher aufzuheben. Erst wenn die Überprüfung und - soweit notwendig - Anpassung der Zonenplanung abgeschlossen ist, wird erneut über den Antrag der Beschwerdegegner auf Einleitung eines Quartierplanverfahrens in Quarta Morta zu entscheiden sein. 8. Die Beschwerdeführerin beantragt ferner, die Gemeinde sei zum Erlass einer Planungszone zu verpflichten. Sie begründet jedoch nicht, weshalb dies geboten sei. Dies ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, hat doch das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid (E. 3b S. 20) dargelegt, dass bereits die Quartierplanpflicht gemäss bestehendem GGP für das betroffene Gebiet (Quarta Morta) die Wirkung einer Planungszone hat. Dieser Antrag ist daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 9. Die Beschwerde ist somit im Wesentlichen gutzuheissen und der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben, soweit er die Beschwerde R 12 61 der Beschwerdeführerin abweist und dieser Gerichts- und Parteikosten auferlegt. Da der verwaltungsgerichtliche Entscheid von den übrigen Einsprechern nicht angefochten wurde, bleibt er bestehen, soweit er deren Beschwerde (R 12 65) abweist und diesen Kosten auferlegt. Aufzuheben ist auch der Beschluss des Gemeindevorstands Silvaplana zur Einleitung des Quartierplanverfahrens Quarta Morta. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens obsiegt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen. Die privaten Beschwerdegegner werden daher kosten- und entschädigungspflichtig, und zwar sowohl für das bundesgerichtliche Verfahren (Art. 66 und 68 BGG) als auch für das Verfahren vor Verwaltungsgericht (Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG). Dem Unterliegen der Beschwerdeführerin in einem untergeordneten Punkt (Planungszone) ist durch eine leichte Kürzung der Parteientschädigung Rechnung zu tragen. Die Gemeinde hat die Möglichkeit, die Kosten des Einspracheverfahrens (die im Beschluss vom 29. Mai 2012 auf die Prozedur genommen wurden, d.h. zu den Kosten des Quartierplanverfahrens gehören) neu zu verlegen, sofern sie dies für erforderlich erachtet.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 9. April 2013 wird aufgehoben, soweit er die Beschwerde R 12 61 der Beschwerdeführerin abweist und dieser Gerichts- und Parteikosten auferlegt. Mit aufgehoben wird der Beschluss des Gemeindevorstands Silvaplana zur Einleitung des Quartierplanverfahrens Quarta Morta, Silvaplana-Surlej, vom 29. Mai 2012. Die Gemeinde Silvaplana wird eingeladen, die bestehende Grundordnung (Zonenplan und Genereller Gestaltungsplan) im Gebiet Quarta Morta zu überprüfen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren und Fr. 3'227.-- für das verwaltungsgerichtliche Verfahren werden den Beschwerdegegnern (A._, B._, C._ und D._) auferlegt. 3. Die Beschwerdegegner haben die Beschwerdeführerin für das bundes- und das verwaltungsgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 8'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Silvaplana und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 6. Dezember 2013 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Die Gerichtsschreiberin: Gerber
5006073b-60ad-4831-b121-6675c05514f9
de
2,015
CH_BGer_005
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. B._, A._ und C._ sind die Kinder und Erben der 1999 bzw. 2002 verstorbenen Eheleute D._. Im Nachlass befanden sich ein Landwirtschaftsbetrieb und ein Schloss mit Zugang zum Bodensee, welche in ersten Etappen der Erbteilung an A._ gingen. Sodann umfasste der Nachlass weiteres Vermögen und vorliegend umstrittene Parzelle Nr. vvv Grundbuch U._. Diese umfasst Uferbereich des Bodensees. Auf ihr stehen vier Ferienhäuschen aus Holz (Assek. Nr. www, xxx, yyy und zzz; "Badehäuschen A-D") mit Nebengebäuden. Für die Nutzung der Häuschen besteht eine Konzession bis 30. April 2017. B. B.a. Am 23. September 2004 reichte B._ beim Bezirksgericht Kreuzlingen Klage auf Feststellung und auf Teilung des Restnachlasses ein. Soweit nachfolgend relevant beantragte er zudem eine Zuteilung der Seeparzelle an sich unter Anrechnung an seinen Erbanspruch, wobei C._ ein durch Dienstbarkeit gesichertes Benutzungsrecht am Badehäuschen A einzuräumen sei. Eventualiter sei die Parzelle unter den Erben real zu teilen. B.b. C._ anerkannte die Klage. B.c. A._ verlangte mit Klageantwort vom 20. Dezember 2004 ebenfalls die Feststellung des Restnachlasses und dessen Teilung. Die Seeparzelle aber sei - ebenfalls unter Einräumung eines Benutzungsrechts zu Gunsten von C._ - unter Anrechnung an seinen Erbanspruch ihm zuzuweisen. Eventualiter sei die Parzelle öffentlich zu versteigern. B.d. Mit (Teil-) Urteil vom 29. Juni 2005 (Expedition begründetes Urteil: 24. November 2005) wies das Bezirksgericht die Seeparzelle B._ zu einem Anrechnungswert von Fr. 153'000.-- und unter Einräumung des beantragten Nutzungsrechts zugunsten von C._ zu. B.e. Am 23./24./28. Mai 2006 schlossen die Parteien bezüglich der übrigen strittigen Punkte einen Vergleich, den das Bezirksgericht genehmigte. C. C.a. Gegen das Urteil vom 29. Juni 2005 erhob A._ Berufung, worauf das Obergericht des Kant ons Thurgau die Sache mit Urteil vom 29. August 2006 (Expedition begründetes Urteil: 9. Februar 2007) zur Durchführung eines Beweisverfahrens und zu neuer Entscheidung an das Bezirksgericht zurückwies. C.b. Diesen Entscheid zog A._ sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde als auch mit Berufung nach OG an das Bundesgericht weiter. Er beantragte die öffentliche Versteigerung der Parzelle. Der Nettoerlös aus der Versteigerung sei im Rahmen der Erbteilung entsprechend den Erbquoten den Erben zuzuweisen. Eventualiter sei die Parzelle entsprechend den Erbquoten real zu teilen. C.c. Das Bundesgericht trat mit zwei separaten Urteilen vom 11. Januar 2008 auf beide Eingaben nicht ein (vgl. Verfahren 5C.49/2007 und 5P.55/2007). D. D.a. Im März 2008 beauftragte das Bezirksgericht F._ und G._ mit einer Schätzung gemäss [ a] Art. 618 Abs. 1 ZGB (Art. 618 ZGB in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung). D.b. Die Gutachter legten den Verkehrswert der Seeparzelle in einer ersten Schätzung vom 9. Juni 2008 auf Fr. 1'650'000.-- fest. B._ rügte in der Folge eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs bei Erstellung des Gutachtens. Die zweite Schätzung der Herren F._ und G._ vom 13. Februar 2009 lautete sodann für den Substanzwert der Seeparzelle auf Fr. 440'000.--. D.c. Mit Urteil vom 8. Juli 2009 (Expedition begründetes Urteil: 19. Oktober 2009) teilte das Bezirksgericht Kreuzlingen die Seeparzelle - unter Einräumung eines durch Dienstbarkeit gesicherten Nutzungsrechts zugunsten von C._ am Badehäuschen A - B._ zum Anrechnungswert von Fr. 1'3 00'000.-- zu. E. E.a. B._ erhob hiergegen am 30. Oktober 2009 Berufung an das Obergericht Thurgau. Er wiederholte seinen Antrag auf Zuweisung der Seeparzelle zum Wert von Fr. 153'000.--. Weiter ersuchte er um Anordnung einer Verkehrswertschätzung gemäss [a]Art. 618 Abs. 1 ZGB, was die Schätzung der Herren F._ und G._ nicht sei. Hingegen richtete sich die Berufung nicht gegen das Nutzungsrecht von C._. E.b. A._ beantragte die Abweisung der Berufung und erhob Anschlussberufung. Die Seeparzelle sei B._ zum Wert von Fr. 1'650'000.-- zuzuweisen, wobei letzterer zu verpflichten sei, A._ und C._ je eine Ausgleichszahlung von Fr. 500'000.-- zu leisten. Auch er richtete sich nicht gegen das Nutzungsrecht von C._, allerdings sei der Wert des Nutzungsrechts von deren Ausgleichszahlung abzuziehen. E.c. C._ ersuchte um Dispensation von der Berufungsverhandlung, da sie zwar formell, nicht aber materiell am Verfahren beteiligt sei. E.d. Mit Urteil vom 7. Oktober 2010 (6. Dezember 2010) hiess das Obergericht die Berufung gut und wies die Angelegenheit zur ergänzenden Beweisaufnahme und zu neuem Entscheid an das Bezirksgericht zurück. Dieses habe gestützt auf § 172 Ziff. 27a ZPO TG i.V.m. [ a] Art. 618 Abs. 1 ZGB ein neues Gutachten über den Verkehrswert der Seeparzelle anzuordnen. Die Anschlussberufung wurde als gegenstandslos erklärt. F. F.a. Am 7. Oktober 2011 erstattete der neue Gutachter, H._, einen Bewertungsbericht. Die Parteien erhielten Gelegenheit Zusatzfragen einzubringen. Die endgültige Fassung der Verkehrswertschätzung von H._ datiert vom 24. Mai 2012. Er schätzte den Verkehrswert auf Fr. 1'361'000.--. F.b. Das Bezirksgericht Kreuzlingen wies die Seeparzelle mit Urteil vom 3. Juni 2013 (23. Oktober 2013) B._ zum Anrechnungswert von Fr. 1'094'000.-- zu, d ies unter Anrechnung auf seinen Erbanspruch und unter Einräumung eines durch Dienstbarkeit gesicherten, lebenslänglichen und unentgeltlichen Nutzungsrechts von C._ für das Badehäuschen A. Für den Fall, dass die Konzessionen für Badehäuschen und Parzelle im Jahr 2017 nicht im bisherigen Umfang für mindestens 10 Jahre verlängert würden, sei der Verkehrswert durch die I._ AG erneut festzulegen. Falle der Verkehrswert tiefer aus, so hätten C._ und A._ dem Bruder je einen Drittel der Differenz zwischen Fr. 1'094'000.-- und dem neu festgelegten Verkehrswert zurückzuerstatten, wofür eine Sicherheit in der Höhe von Fr. 300'000.-- auf ein Sperrkonto einzuzahlen sei. G. G.a. B._ erhob am 21. November 2013 wiederum Berufung an das Obergericht und hielt an einer Zuteilung zu einem Wert von Fr. 153'000.-- fest. Es sei zu Gunsten der Geschwister ein Gewinnbeteiligungsrecht für die Dauer von 20 Jahren einzuräumen. Für den Fall, dass der Anrechnungswert Fr. 153'000.-- deutlich übersteigen sollte und die Konzessionen nicht verlängert würden, hätten ihm die beiden Geschwister je einen Drittel der Differenz zwischen Anrechnungswert und dem neu festzulegenden Verkehrswert zurückzuerstatten. Sollte er bei einem (teilweisen) Verkauf der Parzelle nur einen erheblich unter dem Anrechnungswert liegenden Verkaufserlös erzielen, so hätten ihm C._ und A._ je einen Drittel der Differenz zurückzuerstatten. G.b. A._ erhob am 25. November 2013 ebenfalls Berufung. Es sei eine neue Verkehrswertschätzung vorzunehmen. Der Anrechnungswert sei gemäss dem neuen Gutachten, zumindest aber auf Fr. 1'334'000.-- festzusetzen. B._ sei zu verpflichten, ihm eine Ausgleichszahlung von einem Drittel des zu ermittelnden Anrechnungswerts, mindestens Fr. 444'666.65, zu zahlen. G.c. In ihren Berufungsantworten beantragten beide, die je andere Berufung sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. G.d. C._ liess sich nicht vernehmen. G.e. Das Obergericht des Kantons Thurgau befand in seinem Urteil vom 20. Mai 2014 die Berufung von B._ für unbegründet, diejenige von A._ für teilweise begründet, soweit darauf eingetreten wurde. Es wies die umstrittene Parzelle B._ zu, unter Einräumung eines durch Dienstbarkeit gesicherten, lebenslänglichen und unentgeltlichen Nutzungsrechts zu Gunsten von C._ am Badehäuschen A. Der Anrechnungswert wurde auf Fr. 1'334'000.-- festgesetzt. Für den Fall, dass die Konzession im Jahr 2017 nicht verlängert würde, sah das Obergericht eine erneute Schätzung des Verkehrswerts vor. Bei einem tieferen Wert als im obergerichtlichen Verfahren geschätzt, hätten C._ und A._ je einen Drittel der Differenz zwischen Fr. 1'334'000.-- und dem neu festgelegten Verkehrswert an B._ zurückzuerstatten. Hierfür sei ein Betrag von Fr. 300'000.-- sicherzustellen durch Einrichtung von auf C._ bzw. A._ lautenden Sperrkonti über Fr. 150'000.--. Werde die Konzession im Jahr 2017 im bisherigen Umfang erteilt, werde die Sperrklausel aufgehoben, so dass C._ und A._ je frei über den sichergestellten Betrag verfügen könnten. Ein allfälliger verbleibender Restsaldo werde von der Sperrklausel befreit. In Bezug auf die Kosten bestätigte das Obergericht den erstinstanzlichen Entscheid. Für das Berufungsverfahren sollten A._ und B._ je eine Verfahrensgebühr von Fr. 20'000.-- bezahlen und jede Partei ihre Kosten selbst tragen. H. H.a. Mit Eingaben vom 8. bzw. 15. September 2014 gelangen sowohl A._ als auch B._ mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht. H.b. A._ (nachfolgend Beschwerdeführer 1; Verfahren 5A_678/2014) ve rlangt, es sei eine neue Verkehrswertschätzung vorzunehmen unter Ausserachtlassung von drei nicht geeigneten Vergleichsobjekten und unter Berücksichtigung seiner Einwendungen sowie der Wertsteigerung seit dem 24. Mai 2012 (Rechtsbegehren 1). Die Seeparzelle sei B._ zu einem Anrechnungswert von mindestens Fr. 1'334'000.-- zuzuweisen unter Einräumung des Nutzungsrechts von C._ für das Badehäuschen A (Rechtsbegehren 2). Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten von B._ (Rechtsbegehren 3). B._ beantragte mit Verne hmlassung vom 3. Dezember 2014, die Beschwerde von A._ sei abzuweisen, soweit dar auf einzutreten sei. In seiner Replik vom 5. Februar 2015 hielt A._ vollumfänglich an den Anträgen seiner Beschwerde fest, worauf sich B._ noch einmal mit Eingabe vom 19. Februar 2015 resp. A._ mit Eingabe vom 11. März 2015 äusserten. H.c. B._ (Beschwerdeführer 2; Verfahren 5A_725/2014) verlangt ebenfalls die Aufhebung des angefochtenen Entscheids (Rechtsbegehren 1). Er beantragt eine Reduktion des Anrechnungswertes auf Fr. 153'000.--. Den Geschwistern sei ein Gewinnbeteiligungsrecht bei Veräusserung der Parzelle während 20 Jahren nach Rechtskraft des Urteils einzuräumen (Rechtsbegehren 2). Eventualiter - für den Fall der Festlegung eines den Betrag von Fr. 153'000.-- erheblich übersteigenden Anrechnungswertes - hätten ihm C._ und A._ bei Nichterneuerung der Konzessionen und/oder Baubewilligungen für die Badehäuschen je einen Drittel der Differenz zwischen Anrechnungswert und dem neu zu ermittelnden Verkehrswert der Parzelle zurückzuerstatten. Dasselbe solle gelten bei Erzielung eines erheblich unter dem Anrechnungswert liegenden Verkaufserlöses im Falle eines teilweisen Verkaufs der Parzelle. Die Geschwister hätten als Sicherheit je ein Sperrkonto über Fr. 150'000.-- einzurichten (Rechtsbegehren 3). Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen inkl. Kosten vor den kantonalen Instanzen. A._ beantragte mit Beschwerdeantwort vom 24. Dezember 2014 die Abweisung der Beschwerde von B._ unter Kosten- und Entschädigungsfolgen; er halte vollumfänglich an den Anträgen der eigenen Beschwerde vom 8. September 2014 fest. B._ nahm hierzu mit Replik vom 5. Februar 2015 Stellung, welche A._ zugestellt wurde. Am 17. Februar 2015 ging eine weitere Stellungnahme von A._ ein. H.d. Die Miterbin und formell Beschwerdegegnerin äusserte sich in keinem der beiden bundesgerichtlichen Verfahren.
Erwägungen: 1. Beide Beschwerdeführer fechten das selbe Urteil an und befassen sich mit dem selben Streitgegenstand, weshalb es sich rechtfertigt, die Beschwerden zu vereinigen und in einem Urteil zu behandeln (Art. 71 Bundesgerichtsgesetz [BGG; SR 173.110] i.V.m. Art. 24 Bundesgesetz über den Bundeszivilprozess [BZP; SR 273]). 2. 2.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine bei ihm eingereichte Beschwerde zulässig ist (BGE 140 IV 57 E. 2 S. 59; 138 III 471 E. 1 S. 475). 2.2. Das für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren massgebliche Bundesgerichtsgesetz unterscheidet zwischen Endentscheiden (Art. 90 BGG), Teilentscheiden (Art. 91 BGG) sowie Vor- bzw. Zwischenentscheiden (Art. 92 und Art. 93 BGG). Während Endentscheide, Teilentscheide und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit oder den Ausstand (Art. 92 BGG) jeweils unter Vorbehalt der allgemeinen Zulässigkeitskriterien angefochten werden können und müssen, ist die Beschwerde gegen sog. "andere" Zwischenentscheide nur unter besonderen Voraussetzungen möglich (Art. 93 Abs. 1 BGG), und sind diese durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken (Art. 93 Abs. 3 BGG). Ein Entscheid ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, wenn mit dem vorinstanzlichen Entscheid das Verfahren in der Hauptsache beendet wird, und zwar unabhängig davon, ob aus verfahrensrechtlichen Gründen oder ob materielles Recht zu diesem Ergebnis führt (BGE 134 III 426 E. 1.1 S. 428; 133 III 629 E. 2.2 S. 631; 133 III 393 E. 4 S. 396). Es kommt allein darauf an, ob das erstinstanzliche Verfahren beendet ist oder nicht. Schliesst ein Entscheid das Verfahren nicht vollständig ab, sondern befindet er endgültig entweder nur über eines oder einige von mehreren Rechtsbegehren (objektive Klagenhäufung; Art. 91 lit. a BGG) oder schliesst er das Verfahren nur für einen Teil der Streitgenossen ab (subjektive Klagenhäufung; Art. 91 lit. b BGG), liegt ein Teilentscheid im Sinne von Art. 91 BGG vor. Innerhalb der Systematik des BGG stellt der Teilentscheid eine Variante des Endentscheids dar (BGE 135 III 212 E. 1.2.1 S. 217, 134 III 426 E. 1.1 S. 428, 133 III 629 E. 2.1 S. 630, 133 V 477 E. 4.1.2 S. 480). Erfüllt ein Entscheid weder die Kriterien des Endentscheids noch diejenigen des Teilentscheids, liegt ein Vor- bzw. Zwischenentscheid vor, gegen welchen die Beschwerde nur zulässig ist, sofern die in den Art. 92 bzw. 93 BGG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. 2.3. Der Beschwerdeführer 2 hat im kantonalen Verfahren als Hauptbegehren die Feststellung und Teilung des Restnachlasses verlangt und hat im Rahmen dieses Verfahrens unter anderem die Zuteilung der Seeparzelle an sich zu einem bestimmten Anrechnungswert und unter Anrechnung an seinen Erbteil begehrt. Nachdem die Frage der Zuteilung nicht mehr strittig war, befasst sich der angefochtene Entscheid hauptsächlich mit dem massgeblichen Anrechnungswert. Wie die Vorinstanz festgehalten hat, muss noch über allfällige Ausgleichszahlungen und die vom Beschwerdeführer 2 geltend gemachten und in der Vereinbarung vom 23./24./28. Mai 2006 vorbehaltenen, bislang nicht bezifferten Kosten befunden werden. Das obergerichtliche Urteil schliesst das Verfahren nicht ab, womit kein kantonaler Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vorliegt. 2.4. Damit stellt sich die Frage, ob der angefochtene Entscheid als Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG zu qualifizieren ist. Bei rein formeller Betrachtung trifft zu, dass die Vorinstanz darin über eines von mehreren Rechtsbegehren befunden hat. Der Entscheid, der nur einen Teil der gestellten Begehren behandelt, ist indes nur dann ein vor Bundesgericht anfechtbarer Teilentscheid, wenn diese Begehren unabhängig von den anderen beurteilt werden können. Unabhängigkeit ist zum einen so zu verstehen, dass die gehäuften Begehren auch Gegenstand eines eigenen Prozesses hätten bilden können. Zum anderen erfordert die Unabhängigkeit, dass der angefochtene Entscheid einen Teil des gesamten Prozessgegenstandes abschliessend beurteilt. Besteht die Gefahr, dass das Schlussurteil über den verbliebenen Prozessgegenstand im Widerspruch zum bereits rechtskräftig ausgefällten Teilurteil steht, liegt kein anfechtbarer Teilentscheid vor (BGE 135 III 212 E. 1.2.2 und E. 1.2.3 S. 217; Grundsatz zuletzt bestätigt in Urteil 4A_611/2014 vom 26. Februar 2015 E. 1.3.1; betreffend Erbteilung: Urteil 5A_883/2010 und 5A_887/2010 vom 18. April 2011 E. 4.1). So ist beispielsweise das Urteil über die Ungültigkeitsklage im Rahmen des Ungültigkeits- und Herabsetzungsprozesses - wie bis anhin (vgl. BGE 124 III 406 E. 1a S. 409) - als Teilentscheid anfechtbar (Urteil 5A_12/2009 vom 25. März 2009 E. 1; vgl. für ähnliche Beispiele Urteil 5A_437/2008 vom 23. Februar 2009 E. 1.1: Widerruf einer letztwilligen Verfügung; Urteil 5A_115/2007 vom 31. Oktober 2007 E. 1: Tilgung von Nachlassschulden). Ebenso ist das Bundesgericht von einem Teilentscheid ausgegangen, als die Vorinstanz des Bundesgerichts sich ausschliesslich mit der Frage befasst hatte, ob eine Erbin gestützt auf Art. 21 BGBB Anspruch auf Zuweisung (und auf Anrechnung an ihren Erbteil) von drei landwirtschaftlichen Grundstücken zum doppelten Ertragswert habe (Urteil 5A_512/2007 vom 17. April 2008 E. 1.4, nicht publ. in: BGE 134 III 433). Im Unterschied zum zuletzt genannten Entscheid, in welchem die Erbin einen gesetzlichen Anspruch auf Zuweisung gewisser Grundstücke behauptete, geht es im vorliegenden Fall nur - aber immerhin - um die Höhe des Anrechnungswertes (Art. 617 f. ZGB) für die zuletzt unbestrittene Zuweisung im Sinne von Art. 612 Abs. 1 ZGB der Seeparzelle an den Beschwerdeführer 2. Nun kann die (einfache) Zuweisung einer Erbschaftssache im Sinne von Art. 612 Abs. 1 ZGB an einen von mehreren Erben nicht zum Gegenstand eines eigenen Prozesses gemacht werden, es sei denn, die Erben hätten sich über sämtliche anderen Aspekte der Erbteilung geeinigt oder sie vermöchten sich nach dem Urteil über die Zuweisung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einigen (vgl. BGE 123 III 49 E. 1b S. 52). Wie bereits erwähnt (E. 2.3), muss noch über allfällige Ausgleichszahlungen und die vom Beschwerdeführer 2 geltend gemachten und in der Vereinbarung vom 23./24./28. Mai 2006 vorbehaltenen, bislang nicht bezifferten Kosten befunden werden. Obwohl das Verfahren schon über zehn Jahre dauert, sind zwischen den beiden Beschwerdeführern nach wie vor sämtliche verbliebenen Fragen heftig umstritten. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, sie vermöchten sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einigen. Die Voraussetzungen für eine Qualifizierung des angefochtenen Entscheids als Teilentscheid im Sinne von Art. 91 BGG sind nicht erfüllt. 2.5. Liegt kein Teilentscheid vor, ist das angefochtene Urteil als Zwischenentscheid zu behandeln. Der Zwischenentscheid betrifft vorliegend weder die Zuständigkeit noch den Ausstand (Art. 92 BGG). Die Beschwerde an das Bundesgericht ist daher nur zulässig, wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Der drohende nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss rechtlicher Natur sein. Das setzt voraus, dass er sich auch mit einem späteren günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigen lässt. Die blosse Möglichkeit eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur genügt. Dagegen reichen rein tatsächliche Nachteile wie die Verfahrensverlängerung oder -verteuerung nicht aus (BGE 138 III 190 E. 6 S. 192; 137 III 380 E. 1.2.1 S. 382; je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung obliegt es dem Beschwerdeführer darzutun, dass eine dieser beiden Voraussetzungen erfüllt ist, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 329; 134 III 426 E. 1.2 in fine S. 429). Keiner der Beschwerdeführer legt dar, inwiefern ihm durch das angefochtene Urteil ein Nachteil drohen könnte, der sich im weiteren Verfahren nicht mehr oder nicht mehr vollständig beheben liesse und es springt jedenfalls nicht geradezu in die Augen, weshalb ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG drohen sollte. Angesichts der offenen Fragen, die von den kantonalen Gerichten noch nicht behandelt worden sind und die in jedem Fall noch zu entscheiden sein werden, könnte die Gutheissung vorliegender Beschwerden sodann auch keinen Endentscheid herbeiführen. Damit fällt auch Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ausser Betracht. Auf die Beschwerden kann nicht eingetreten werden. 3. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer entschädigungspflichtig, wobe i von einer solidarischen Haftung abzusehen ist (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Für die von den Beschwerdeführern im jeweils gegnerischen Beschwerdeverfahren eingereichten Vernehmlassungen sind keine Entschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2 entstanden keine entschädigungspflichtigen Kosten.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Verfahren 5A_678/2014 und 5A_725/2014 werden vereinigt. 2. Auf beide Beschwerden wird nicht eingetreten. 3. Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 10'000.-- werden den Beschwerdeführern je zur Hälfte auferlegt. 4. Die Parteikosten werden wettgeschlagen. 5. Dieses U rteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 27. Juli 2015 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: von Werdt Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann
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Sachverhalt: A. F._ meldete sich zur Vermittlung einer Vollzeitstelle ab 1. November 2005 bei der Arbeitslosenversicherung an. Mit Verfügung vom 20. April 2006 stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (AWA) den Versicherten für die Dauer von 4 Tagen ab 1. April 2006 wegen ungenügenden persönlichen Arbeitsbemühungen im Monat März 2006 in der Anspruchsberechtigung ein. Daran hielt die Verwaltung mit Einspracheentscheid vom 4. Juli 2006 fest. B. Die hiegegen eingereichte Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich gut (Entscheid vom 3. Januar 2007). C. Das AWA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei der Einspracheentscheid zu bestätigen. F._ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Weil die angefochtene Entscheidung nach dem Datum des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 172.110), dem 1. Januar 2007 (AS 2006 1242) ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht (Art. 132 Abs. 1 BGG). 1.2 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 2. 2.1 Die Verwaltung hat die Bestimmungen über die Pflichten der versicherten Personen im Hinblick auf die Vermeidung oder Verkürzung von Arbeitslosigkeit und den Nachweis entsprechender Anstrengungen (Art. 17 Abs. 1 AVIG), die Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen ungenügender persönlicher Arbeitsbemühungen (Art. 30 Abs. 1 lit. c AVIG) sowie die verschuldensabhängige Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 AVIG; Art. 45 Abs. 2 AVIV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 2.2 Ist die neue Kognitionsregelung (E. 1.1) anwendbar, ist aufgrund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen (E. 1.2) Bundesrecht verletzt (Art. 95 BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 BGG). Hingegen hat eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht (Art. 132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der Ermessensbetätigung (Art. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen zur Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch besteht (entgegen Art. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge. 3. Anfechtungs- und Streitgegenstand bildet die Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen ungenügenden persönlichen Arbeitsbemühungen (BGE 125 V 413 E. 2a S. 415ff.). Es ist zunächst klarzustellen, inwieweit frei überprüfbare Rechtsfragen (Art. 95 BGG) oder aber vorinstanzliche Tatsachenfeststellungen, an die das Bundesgericht grundsätzlich gebunden ist (Art. 97 BGG), vorliegen. 3.1 Als Rechtsfragen gelten die gesetzlichen und rechtsprechungsgemässen Regeln über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung (Art. 30 AVIG). Zu prüfen ist hierbei insbesondere die falsche Rechtsanwendung (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, Rt. 95 N 9). Diese basiert auf einer grundsätzlich verbindlichen Sachverhaltsfeststellung. Schliesslich ist die Höhe der Einstellungsdauer eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung vorliegt. 3.1 Als Rechtsfragen gelten die gesetzlichen und rechtsprechungsgemässen Regeln über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung (Art. 30 AVIG). Zu prüfen ist hierbei insbesondere die falsche Rechtsanwendung (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, Rt. 95 N 9). Diese basiert auf einer grundsätzlich verbindlichen Sachverhaltsfeststellung. Schliesslich ist die Höhe der Einstellungsdauer eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung vorliegt. 3.2 Hinsichtlich der Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts ist praxisgemäss weiter zu unterscheiden zwischen dem guten Glauben als fehlendem Unrechtsbewusstsein und der Frage, ob sich jemand unter den gegebenen Umständen auf den guten Glauben berufen kann oder ob er bei zumutbarer Aufmerksamkeit den bestehenden Rechtsmangel hätte erkennen sollen. Die Frage nach dem Unrechtsbewusstsein gehört zum inneren Tatbestand und ist daher Tatfrage, deren Beurteilung durch die Vorinstanz für das Bundesgericht nach Massgabe von Art. 105 BGG verbindlich ist. Demgegenüber gilt die Frage nach der gebotenen Aufmerksamkeit als frei überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht, festzustellen, ob sich jemand angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben berufen kann (vgl. BGE 122 V 221 E. 3 S. 223; ARV 2005 S. 70 E. 3.1, C 70/03). 3.3 Im Lichte der kognitionsrechtlichen Grundsätze über die Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen ergibt sich folgendes: Als Ergebnis einer umfassenden, sorgfältigen Beweiswürdigung und unbestrittenen Sachverhaltsfeststellung hat das kantonale Gericht die Arbeitsbemühungen im Monat März als ungenügend erachtet. Gestützt auf das Vertrauensprinzip (Art. 9 BV) hob es die Einstellung in der Anspruchsberechtigung indessen wegen Unrechtmässigkeit auf. Dem vorinstanzlichen Entscheid ist zu entnehmen, der Versicherte habe gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben und wegen dem widersprüchlichen Verhalten des RAV-Beraters davon ausgehen können, seine Arbeitsbemühungen seien ausreichend. Der Einwand in der Beschwerde, der Personalberater habe nur die Arbeitsbemühungen für die Monate November und Dezember 2005 überprüft, weshalb kein Vertrauensverhältnis habe entstehen können, ist nicht stichhaltig. Die neun Arbeitsbemühungen für den Monat November und die neun für den Monat Dezember 2005 enthielten jeweils viermal dieselbe Bewerbung, dennoch qualifizierte der RAV-Berater anlässlich zweier Beratungsgespräche (19. Dezember 2005 und 26. Januar 2006) den Monat November als "dem Markt entsprechend gut" und den Monat Dezember als "i.O.". Im Lichte des nicht offensichtlich unrichtig oder unvollständig festgestellten Sachverhalts durfte die Vorinstanz von einem widersprüchlichen Verhalten des RAV-Beraters ausgehen, so dass auch die Begründung gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben insbesondere die Bejahung der gebotenen Aufmerksamkeit Bundesrecht nicht verletzt (Seiler, a.a.O., Art. 95 N 10). 4. 4.1 Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 BGG). Rechtsprechungsgemäss ist die amtliche Mitwirkung von Behörden an bundesgerichtlichen Verfahren grundsätzlich kostenfrei, folgerichtig haben solche Behörden bei Obsiegen auch keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). Die Kostenbefreiung gilt jedoch nur, wenn kumulativ im amtlichen Wirkungskreis und nicht im eigenen Vermögensinteresse gehandelt wird (Art. 66 Abs. 4 BGG; Seiler, a.a.O., S. 234 Rz. 51). 4.2 Bereits unter dem alten Recht durften gemäss Art. 156 Abs. 2 OG "dem Bund, Kantonen oder Gemeinden, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis und ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen, oder gegen deren Verfügungen in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt wird", in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden. Dieser Text findet sich bereits als Art. 156 Abs. 2 in der Botschaft zum OG vom 9. Februar 1943 (BBl 1943 I 97, S. 208). Er wurde mit geringen sprachlichen Änderungen aus Art. 221 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 übernommen (BBl 1893 I 1107, 1165). Die Gerichtspraxis befreite im Bereich der Arbeitslosenversicherung die kantonalen Amtsstellen von Gerichtskosten (ARV 1998 Nr. 41 S. 234 E. 5 S. 240; Urteil C 49/04 vom 2. August 2004). 4.3 Die Grundsätze der Kostentragungspflicht vor Bundesgericht (Art. 66 BGG) sind weitgehend vom bisherigen Recht übernommen worden (Botschaft zum BGG vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4202, 4305). Kostenpflichtig ist grundsätzlich die unterliegende (Abs. 1) oder die unnötige Kosten verursachende (Abs. 3) Partei. Diese Regelung kennt ausdrücklich erwähnte Ausnahmen: Von den Gerichtskosten befreit sind der Bund, die Kantone und die Gemeinden sowie - neu - die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen, sofern sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis handeln und es nicht um ihr Vermögensinteresse geht (Abs. 4). Das Bundesgericht kann die Gerichtskosten anders verteilen oder auf die Kostenerhebung verzichten, wenn es die Umstände rechtfertigen (Abs. 1 zweiter Satz). Das Bundesgericht kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichten, wenn ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt wird (Abs. 2). Aus dem Vergleich des Wortlauts von Art. 156 Abs. 2 OG und Art. 66 Abs. 4 BGG wird deutlich, dass die bisher für Bund, Kantone und Gemeinden geltende Kostenbefreiung auf die Organisationen mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben erweitert werden sollte. Dieser Begriff fand sich bereits bisher in Art. 159 Abs. 2 OG, so dass die zu dieser Bestimmung ergangene Rechtsprechung übernommen werden kann (vgl. Seiler/von Werdt/Güngerich, a.a.O., Art. 66 N 46). 4.4 Es steht ausser Frage, dass das AWA das Bundesgericht in seinem amtlichen Wirkungskreis (Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen ungenügenden persönlichen Arbeitsbemühungen, Art. 30 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 AVIG) angerufen hat. 4.5 Es stellt sich die Frage, ob das AWA in Leistungsstreitigkeiten der Arbeitslosenversicherung im eigenen Vermögensinteresse handelt. Die Kantone und die mit dem Vollzug betrauten kantonalen Durchführungsorgane (Art. 76 Abs. 1 lit. c AVIG) richten keine Leistungen aus, da hierfür die Kassen zuständig sind (Art. 81 Abs. 1 lit. c AVIG). Sodann hat das AWA kein Vermögensinteresse daran, ob das Bundesgericht die verfügte Leistungseinstellung bestätigt oder nicht (Art. 85 Abs. 1 lit. g AVIG). Es sind daher der Beschwerdeführerin keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG), was auch der bisherigen Rechtsprechung zum OG entspricht (vgl. E. 4.2).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird der Beschwerdeführerin zurückerstattet. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. Luzern, 25. September 2007 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Sachverhalt: A. E.M._ erhob am 3. März 2008 Strafanzeige gegen B._ wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten. Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis stellte die eröffnete Untersuchung am 18. Juli 2008 ein. B. Gegen diesen Entscheid erhob E.M._ Rekurs. Der Präsident des Obergerichts des Kantons Zürich gab am 11. März 2009 allen Parteien Gelegenheit, sich zur Frage der Wiedergutmachung (Art. 53 StGB) vernehmen zu lassen. Das Obergericht wies am 27. April 2009 den Rekurs in Anwendung von Art. 53 StGB ab. C. E.M._ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem stellt sie ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.
Erwägungen: 1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Es stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin die zweite der beiden Voraussetzungen erfüllt. 1.1 Nach der Rechtsprechung zu Art. 81 BGG ist der Geschädigte, der nicht Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes (OHG) ist, nicht zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert, soweit es um den staatlichen Strafanspruch geht. Dieser steht dem Staat zu. Der Geschädigte hat an der Bestrafung des Täters nur ein tatsächliches und kein rechtlich geschütztes Interesse (BGE 133 IV 228 E. 2). Die Beschwerdeführerin ist nicht Opfer im Sinne des OHG, sondern (angeblich) einfache Geschädigte. 1.2 Bei der Wiedergutmachung gemäss Art. 53 StGB sieht die Behörde von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn der Täter den Schaden gedeckt hat, die Voraussetzungen für die bedingte Strafe (Art. 42 StGB) erfüllt sind und das Interesse der Öffentlichkeit und der Geschädigten an der Strafverfolgung gering sind. Zunächst ist zu prüfen, ob sich aus dieser Bestimmung ein rechtlich geschütztes Interesse der Beschwerdeführerin ableiten lässt. 1.2.1 Nach der Botschaft dient die Wiedergutmachung in erster Linie dem Opfer, dem vielfach mehr am Ersatz des Schadens als an einer Bestrafung des Täters liegt. Es wird an das Verantwortungsbewusstsein des Täters appelliert. Es soll ihm das Unrecht seiner Tat vor Augen geführt werden. Durch die Wiedergutmachung soll auch die Beziehung zwischen Täter und Opfer verbessert werden, was den öffentlichen Frieden wiederherstellt. Die Wiedergutmachung des Schadens rechtfertigt die Strafbefreiung, das Strafbedürfnis schwindet, weil der Täter aktiv eine soziale Leistung erbringt, die der Versöhnung und der Festigung des öffentlichen Friedens dient (BGE 135 IV 12 E. 3.4.1). Gemäss Rechtsprechung muss der Täter die Normverletzung anerkennen und sich bemühen, den öffentlichen Frieden wiederherzustellen (BGE 135 IV 12 E. 3.5.3). 1.2.2 Der Gesetzestext setzt nicht voraus, dass die geschädigte Person der Wiedergutmachung zustimmt. Im Idealfall wird das eintreffen. Wenn anderseits die Geschädigte die Wiedergutmachung nicht akzeptiert, ist dies kein Beweis für den fehlenden Ausgleich des bewirkten Unrechts (FRANZ RIKLIN, Basler Kommentar, Strafrecht I, Art. 53 N. 13; ebenso DANIEL JOSITSCH, Strafbefreiung gemäss Art. 52 ff. StGBneu und prozessrechtliche Umsetzung, SJZ 100/2004, S. 4 f.; HANS WIPRÄCHTIGER, Revision des Allgemeinen Teils des StGB, ZstrR 123/2005, S. 427; SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, Strafrecht II, 8. Auflage, S. 65; GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, 2. Auflage, S. 238 N. 12; SILVAN FLÜCKIGER, Art. 66bis StGB / Art. 54 f. StGBneu - Betroffenheit durch Tatfolgen, S. 326). Nach einhelliger Meinung wird somit nicht vorausgesetzt, dass die Geschädigte der Anwendung von Art. 53 StGB zustimmt. Vielmehr liegt es im Ermessen der zuständigen Behörde zu entscheiden, ob der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen. 1.2.3 Mit Ausnahme von STRATENWERTH erwähnen alle genannten Autoren, dass die Geschädigte ein rechtlich geschütztes Interesse an der Nichtanwendung von Art. 53 haben kann. Ein solches Interesse liege namentlich vor, wenn die Wahrung der Geschädigtenrechte von der Durchführung des Strafverfahrens abhängt, z.B. bei Schadenersatzansprüchen. JOSITSCH, der diesen Standpunkt als erster vertrat, verweist dabei auf SCHMID (DONATSCH/SCHMID, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, § 39a N. 3). Zwar ähneln sich die Gesetzestexte "sofern nicht wesentliche Interessen ... des Geschädigten entgegenstehen" (§ 39a Abs. 1 StPO/ZH) und "wenn ... das Interesse des Geschädigten an der Strafverfolgung gering" ist (Art. 53 StGB). Doch gilt es zu beachten, dass es einerseits sinnvoll sein kann, die Einsprachemöglichkeiten in einem kantonalen Verfahren grosszügiger zu umschreiben als bei einem Weiterzug ans Bundesgericht, und anderseits diese Legitimationsvoraussetzungen durch das Bundesgerichtsgesetz geregelt werden (Art. 81 BGG). 1.2.4 Wie erwähnt (E. 1.1), ist die Beschwerdeführerin "nur" einfache Geschädigte. Es besteht kein Grund, sie nicht als solche zu behandeln und die bisherige Rechtsprechung aufzuweichen. Geschädigte, in deren Verfahren Art. 53 StGB angewandt worden ist, bedürfen auch deshalb keines besonderen Rechtsschutzes, weil die Anwendung dieser Bestimmung gerade voraussetzt, dass der Täter das Unrecht ausgeglichen hat. Die gegenteilige Regelung wäre eine ungerechtfertigte Privilegierung gegenüber anderen Geschädigten, die trotz teilweise erheblicher Schadenssumme nicht beschwerdelegitimiert sind. 1.2.5 Aus Art. 53 StGB lässt sich somit kein rechtlich geschütztes Interesse der Geschädigten ableiten, das sie zur Beschwerde in Strafsachen legitimieren würde. 1.3 Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin Strafanzeige erstattet hat, verhilft ihr ebensowenig zur Beschwerdelegitimation (BGE 129 IV 197 E. 1). 1.4 Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der Geschädigte die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich in diesem Fall nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer nach kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.3.2; 133 I 185 E. 6.2; 131 I 455 E. 1.2.4). Nicht zu hören sind jedoch Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen. Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren noch kann er geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend (Bundesgerichtsurteil 6B_237/2009 vom 25. Juni 2009 E. 1.5; BGE 128 I 218 E. 1.1; 126 I 81 E. 7b) Die Beschwerdeführerin rügt zwar, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden (Art. 29 Abs. 2 BV), weil die Vorinstanz sich mit einem entscheidenden Einwand für die Beurteilung des Art. 53 StGB nicht auseinandergesetzt habe. In der Sache macht sie jedoch geltend, die kantonalen Behörden hätten ihren Schaden nicht richtig berechnet, indem sie die Anwaltskosten nicht dazu gerechnet hätten, die zur Eintreibung der Unterhaltszahlungen notwendig gewesen seien. Diese Vorbringen zielen aber auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids ab, was unzulässig ist. 2. Da es der Beschwerdeführerin an einem rechtlich geschützten Interesse mangelt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die Beschwerdeführerin stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Die Annahme, dass Art. 53 StGB einer einfachen Geschädigten ein rechtlich geschütztes Interesse gewähren könnte, erschien nicht von vornherein aussichtslos. Weil die Beschwerdeführerin zudem nicht die erforderlichen Mittel für das Verfahren vor Bundesgericht hat, ist ihrem Gesuch zu entsprechen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 3. Es werden keine Kosten erhoben. 4. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'000.-- entschädigt. 5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 29. Oktober 2009 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Favre Borner
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Faits: A. La société anonyme Y._ SA, ayant son siège à Genève, a pour but notamment la location et la gérance d'immeubles, l'exploitation de meublés et d'hôtels. A Genève, elle est propriétaire d'un immeuble sis rue ... et d'autres situés à la rue ..., dont l'un d'eux abrite une résidence hôtelière. Y._ SA est également propriétaire de biens-fonds sis dans les cantons de Neuchâtel et du Valais. Le capital-actions de la société se compose de 100 actions nominatives de 1'000 fr. Par un contrat du 13 janvier 1996, X._ et son neveu par alliance, A._, sont devenus titulaires de la totalité du capital-actions. Par une convention du 11 juillet 1997, B._ a acquis une partie des actions. Actuellement, le capital-actions est réparti de la manière suivante: 32% à X._, 32% à A._ et 36% à B._. X._ et A._ ont été administrateurs de la société avec signature collective à deux, puis la première est devenue administratrice unique, avant que A._ ne la remplace comme seul administrateur depuis le 9 février 2005. La situation économique de la société est saine. Elle paye régulièrement ses intérêts et amortissements hypothécaires et, selon les comptes des exercices 2005 à 2007, elle réalise chaque année un bénéfice et le montant total des fonds propres augmente constamment. Depuis plusieurs années, il existe une vive animosité entre X._ et A._, ce qui a donné lieu à de nombreuses procédures. X._ a reproché à A._ de manipuler le troisième actionnaire B._ de manière à la mettre systématiquement en minorité. Il a été constaté que B._ ne fait actuellement l'objet d'aucune mesure tutélaire; lorsque de telles mesures avaient été prises à son égard, il avait participé à l'assemblée générale en étant assisté de son conseil légal et avait également voté dans le même sens que A._. Il n'a pas été établi que son vote ne résulterait pas d'une volonté valablement formée et encore moins qu'il conduirait à des décisions contraires aux intérêts de la société. X._ a obtenu l'annulation de certaines décisions prises lors de l'assemblée générale tenue le 29 novembre 2002 et le constat de la nullité d'autres décisions prises lors de l'assemblée générale du 14 novembre 2003. En revanche, ses actions dirigées contre d'autres décisions des assemblées générales des 14 novembre 2003 et 22 novembre 2004 ont été rejetées. Son action dirigée contre l'assemblée du 26 août 2005 a été déclarée irrecevable. X._ n'a attaqué aucune des décisions des assemblées 2006 et 2007. X._ s'est plainte de ne pas recevoir les renseignements auxquels elle avait droit en sa qualité d'actionnaire. Elle n'a cependant pas intenté d'action en justice pour les obtenir et une violation de ses droits n'a pas été constatée. X._ a requis des poursuites à l'encontre de Y._ SA en vue d'obtenir le remboursement de son compte courant d'actionnaire; après un ajournement de faillite et un paiement, l'affaire a été liquidée et la société agit actuellement en répétition de l'indu. Plusieurs différends civils ont opposé Y._ SA à la société W._ SA, dont X._ est l'unique actionnaire et administratrice. Plusieurs plaintes pénales ont été déposées entre les différents protagonistes de cette affaire, mais aucune d'elles n'a conduit, jusqu'à présent, à une condamnation pénale. B. Par demande déposée au Tribunal de première instance du canton de Genève le 8 mai 2007, X._ a sollicité la dissolution de la société Y._ SA pour de justes motifs au sens de l'art. 736 ch. 4 CO. Par jugement du 19 février 2009, le Tribunal de première instance a ordonné la dissolution de la société. Saisie d'un appel de Y._ SA, la Cour de justice du canton de Genève, par arrêt du 16 octobre 2009, a annulé ce jugement et débouté X._ de toutes ses conclusions avec suite de dépens. En substance, la cour cantonale a considéré que la situation n'était pas d'une gravité telle qu'elle doive entraîner la dissolution de la société. En particulier, l'autorité précédente a relevé que les deux autres actionnaires, A._ et B._, souhaitaient le maintien de la société. Quant à l'argument fondé sur l'absence de distribution de dividende, la cour cantonale a retenu que le fait avait été allégué tardivement selon les règles de la procédure cantonale. C. X._ exerce un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre l'arrêt du 16 octobre 2009. Invoquant une application arbitraire du droit cantonal et une violation de l'art. 736 ch. 4 CO, elle conclut, sous suite de frais et dépens, à l'annulation de l'arrêt attaqué et à une décision conforme au jugement de première instance; subsidiairement, elle demande le renvoi de la cause à l'autorité cantonale. L'intimée a conclu, avec suite de frais et dépens, au rejet du recours dans la mesure où il est recevable.
Considérant en droit: 1. 1.1 Interjeté par la partie qui a succombé dans ses conclusions tendant à la dissolution de la société (art. 76 al. 1 LTF) et dirigé contre un arrêt final (art. 90 LTF) rendu en matière civile (art. 72 al. 1 LTF) par une autorité cantonale de dernière instance (art. 75 LTF) dans une affaire pécuniaire dont la valeur litigieuse atteint le seuil de 30'000 fr. (les deux actionnaires antagonistes se sont offerts mutuellement de reprendre leurs actions pour 38'000 fr. par action) (art. 74 al. 1 let. b LTF), le recours est en principe recevable, puisqu'il a été déposé dans le délai (art. 45 al. 1, 48 al. 1 et 100 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi. 1.2 Le recours peut être interjeté pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF. Il en résulte que le recours ne peut pas être formé pour violation du droit cantonal, mais la partie recourante peut invoquer une violation de son droit de ne pas être traitée arbitrairement par le juge suisse - garanti par l'art. 9 Cst. - et provoquer sous cet angle restreint un examen de l'application du droit cantonal (ATF 134 III 379 consid. 1.2 p. 382 s.; 133 I 201 consid. 1 p. 203; 133 III 462 consid. 2.3 p. 466). Le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF). Il n'est donc limité ni par les arguments soulevés dans le recours, ni par la motivation retenue par l'autorité précédente; il peut admettre un recours pour un autre motif que ceux qui ont été invoqués et il peut rejeter un recours en adoptant une argumentation différente de celle de l'autorité précédente (ATF 135 III 397 consid. 1.4 p. 400). Compte tenu de l'exigence de motivation contenue à l'art. 42 al. 1 et 2 LTF, sous peine d'irrecevabilité (art. 108 al. 1 let. b LTF), le Tribunal fédéral n'examine en principe que les griefs invoqués; il n'est pas tenu de traiter, comme le ferait une autorité de première instance, toutes les questions juridiques qui se posent, lorsque celles-ci ne sont plus discutées devant lui (ATF 135 III 397 consid. 1.4 p. 400). Par exception à la règle selon laquelle il applique le droit d'office, le Tribunal fédéral ne peut entrer en matière sur la violation d'un droit constitutionnel ou sur une question relevant du droit cantonal ou intercantonal que si le grief a été invoqué et motivé de manière précise par la partie recourante (art. 106 al. 2 LTF). 1.3 Le Tribunal fédéral conduit son raisonnement juridique sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). Il ne peut s'en écarter que si les faits ont été établis de façon manifestement inexacte - ce qui correspond à la notion d'arbitraire (ATF 135 III 127 consid. 1.5 p. 130, 397 consid. 1.5 p. 401; 135 II 145 consid. 8.1 p. 153) - ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). La partie recourante qui entend s'écarter des constatations de l'autorité précédente doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées, faute de quoi il n'est pas possible de tenir compte d'un état de fait qui diverge de celui contenu dans la décision attaquée (ATF 133 IV 286 consid. 1.4 et 6.2). Encore faut-il que la correction demandée soit susceptible d'influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). Aucun fait nouveau, ni preuve nouvelle ne peut être présenté à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente (art. 99 al. 1 LTF). En l'espèce la recourante, sans se prévaloir avec précision d'aucune des hypothèses de l'art. 105 al. 2 LTF, présente sur une quinzaine de pages sa propre version des faits, ce qui n'est évidemment pas admissible. Le raisonnement juridique doit donc être conduit exclusivement sur la base de l'état de fait contenu dans l'arrêt attaqué (art. 105 al. 1 LTF). 1.4 Le Tribunal fédéral ne peut aller au-delà des conclusions des parties (art. 107 al. 1 LTF). Toute conclusion nouvelle est irrecevable (art. 99 al. 2 LTF). 2. 2.1 La recourante invoque une violation arbitraire (art. 9 Cst.) de l'art. 126 de la Loi genevoise de procédure civile du 10 avril 1987 (LPC/GE; E 3 05). Ce grief est peu compréhensible. La recourante signale que le troisième actionnaire reçoit des intérêts sur sa créance à l'encontre de la société. Elle explique cependant elle-même, dans son état de fait, qu'il est entré dans la société pour y apporter de l'argent frais provenant d'un héritage. S'il a prêté de l'argent à la société, on ne voit pas pourquoi il ne devrait pas recevoir un intérêt sur les fonds mis à disposition. La recourante ne dit rien du taux d'intérêt et on ne voit pas en quoi cette situation serait choquante et viendrait à l'appui de sa demande. Elle indique aussi que l'autre actionnaire reçoit une rémunération pour son activité d'administrateur; elle ne dit toutefois rien du montant de cette rémunération et on ne voit pas non plus en quoi cette situation serait anormale et pourrait être invoquée à l'appui de sa demande. En réalité, la recourante se plaint du fait que la société ne distribue pas de dividende depuis plusieurs années. En soi, la non-distribution d'un dividende ne lèse pas nécessairement la recourante, puisque les fonds accumulés accroissent en principe la valeur des actions. La doctrine admet cependant que des actionnaires minoritaires peuvent se plaindre d'un refus répété de distribuer des dividendes et que le juge, dans une telle situation, peut adresser une injonction à la société en lieu et place de prononcer la dissolution (Peter Böckli, Schweizer Aktienrecht, 4e éd. 2009, § 16 n° 207; François Rayroux, Commentaire romand, CO II, 2008, n° 21 ad art. 736 CO). La cour cantonale n'a pas eu à approfondir la question, puisqu'elle a retenu que le fait (l'absence de dividende) n'avait pas été allégué en temps utile selon les règles de la procédure cantonale. La recourante savait nécessairement, dès le début de la procédure, que la société ne distribuait pas de dividende depuis plusieurs années, puisque cette décision la touchait personnellement. Il ne s'agit donc pas - contrairement à ce qu'elle semble soutenir - d'un fait qu'elle ignorait, ce qui l'aurait mise dans l'impossibilité de l'alléguer en temps utile. En vertu de l'art. 126 LPC/GE, les parties doivent alléguer et contester les faits lors de l'échange d'écritures préalable à l'administration des preuves devant le premier juge; cette disposition exprime le principe de la maxime éventuelle qui commande que les parties doivent articuler leurs moyens d'attaque et de défense en une seule fois jusqu'à un certain stade du procès sous peine de déchéance (cf. sur ce principe: Fabienne Hohl, Procédure civile, I, Berne 2001, n° 807); dans le canton de Genève toute allégation doit ainsi être formulée en première instance avant l'ordonnance de mesures probatoires, à défaut de quoi elle est sans portée (arrêt 5A_220/2009 du 30 juin 2009 consid. 7.1.2; Bertossa/Gaillard/Guyet, Commentaire de la loi de procédure civile du canton de Genève du 10 avril 1987, n° 3 ad art. 126 LPC/GE). La recourante ne conteste pas qu'elle n'a pas allégué l'absence de dividende dans son écriture avant l'ouverture des mesures probatoires. Ainsi, en écartant cet allégué pour cause de tardiveté, la cour cantonale n'a en rien violé arbitrairement l'art. 126 LPC/GE. En alléguant l'absence de dividende après l'administration des preuves, la recourante plaçait sa partie adverse dans l'impossibilité d'alléguer et prouver des faits en vue de justifier sa politique en matière de dividende. 2.2 La recourante invoque également une violation de l'art. 736 ch. 4 CO. 2.2.1 Selon cette disposition, la société anonyme est dissoute par un jugement lorsque des actionnaires représentant ensemble 10% au moins du capital-actions requièrent la dissolution pour de justes motifs; en lieu et place, le juge peut adopter une autre solution adaptée aux circonstances et acceptable pour les intéressés (art. 736 ch. 4 CO). Lorsque la loi charge le juge de prononcer en tenant compte de justes motifs, il doit appliquer les règles du droit et de l'équité (art. 4 CC; ATF 126 III 266 consid. 2b p. 273; 105 II 114 consid. 6a p. 124). La référence aux règles de l'équité signifie que le juge dispose en cette matière d'un large pouvoir d'appréciation. Dans un tel cas, le Tribunal fédéral ne doit pas substituer sa propre appréciation à celle de l'autorité cantonale (ATF 132 III 97 consid. 1 p. 99, 109 consid. 2 p. 111; 130 III 504 consid. 4.1 p. 508). Le Tribunal fédéral ne revoit qu'avec réserve la décision d'équité prise en dernière instance; il n'intervient que lorsque celle-ci s'écarte sans raison des règles établies par la doctrine et la jurisprudence en matière de libre appréciation, lorsqu'elle s'appuie sur des faits qui, dans le cas particulier, ne devaient jouer aucun rôle, ou à l'inverse, lorsqu'elle n'a pas tenu compte d'éléments qui auraient absolument dû être pris en considération; il sanctionne en outre les décisions rendues en vertu du pouvoir d'appréciation lorsqu'elles aboutissent à un résultat manifestement injuste ou à une iniquité choquante (ATF 130 III 28 consid. 4.1 p. 32, 213 consid. 3.1 p. 220, 571 consid. 4.3 p. 576; 128 III 428 consid. 4 p. 432; 126 III 266 consid. 2b p. 273). 2.2.2 Dans une société anonyme, les décisions les plus importantes sont prises par l'assemblée générale selon le principe majoritaire (ATF 67 II 162 consid. d p. 166). Lorsque des divergences ou des conflits apparaissent entre les actionnaires, les décisions doivent être prises selon la volonté de la majorité; que les conflits entre actionnaires subsistent ou soient susceptibles de se répéter ne suffit en principe pas pour justifier une dissolution de la société, puisqu'il appartient à la majorité de trancher et que la minorité doit en principe se soumettre à la décision valablement prise (cf. ATF 104 II 32 consid. 3 p. 43; 67 II 162 consid. d p. 166; arrêt 4C.185/1998 du 28 août 1998 consid. 3a). La possibilité, pour une minorité qualifiée, de demander la dissolution de la société pour justes motifs est conçue pour tempérer la rigueur du principe majoritaire (ATF 109 II 140 consid. 4 p. 142). La dissolution est cependant une mesure de dernier recours, lorsque l'application du principe majoritaire aboutit à une situation intolérable, essentiellement parce que la majorité agit systématiquement à l'encontre des intérêts de la société ou à l'encontre des droits et intérêts légitimes des actionnaires minoritaires. La possibilité d'une dissolution ne doit pas conduire à battre en brèche le principe majoritaire; il ne saurait être question de dissoudre une société du seul fait qu'une minorité n'accepte pas la décision prise par la majorité (ATF 126 III 266 consid. 1a et 2a; 109 II 140 consid. 4 p. 142; 105 II 114 consid. 6c p. 125; 104 II 32 consid. 1a p. 35). La dissolution est une mesure subsidiaire; elle ne sera pas prononcée s'il apparaît, à la suite d'un examen concret en fonction des circonstances du cas d'espèce, que l'actionnaire minoritaire peut défendre ses intérêts légitimes par une voie moins lourde de conséquences, par exemple en demandant l'annulation d'une décision de l'assemblée générale ou en s'adressant au juge pour obtenir des renseignements (cf. ATF 126 III 266 consid. 1a et 2a; 109 II 140 consid. 4 p. 142; 105 II 114 consid. 6c p. 125 et consid. 6d p. 126 s.; 104 II 32 consid. 1a p. 35; 84 II 44 consid. 1 p. 47; 67 II 162 consid. d p. 166). En cas de conflit personnel entre deux actionnaires, on ne doit pas perdre de vue que la société anonyme est une société de capitaux et non une société de personnes, de sorte que les intérêts financiers sont déterminants (ATF 67 II 162 consid. b p. 164), même s'il est vrai que l'on peut, dans les petites sociétés de familles, tenir compte également dans une certaine mesure des relations personnelles (ATF 126 III 266 consid. 1a p. 268; 105 II 114 consid. 7b; 84 II 44 consid. 2 p. 50). La dissolution ne peut être prononcée qu'en respectant le principe de la proportionnalité, c'est-à-dire en procédant à une pesée des intérêts en présence (ATF 105 II 114 consid. 7 p. 127). Il ne faut donc pas prendre en considération seulement l'intérêt de l'actionnaire demandeur, mais tenir compte aussi de l'intérêt que peuvent avoir les autres actionnaires au maintien de la société (ATF 105 II 114 consid. 7 p. 128). A l'issue de l'appréciation, la situation doit apparaître tellement grave qu'il en résulte que la société a perdu son droit à l'existence et doit disparaître (ATF 67 II 162 consid. c p. 165). Parmi les circonstances qui peuvent conduire typiquement à une dissolution pour justes motifs, il faut citer tout d'abord l'abus de la position dominante qui amène une majorité à décider systématiquement à l'encontre des intérêts de la société ou des droits ou intérêts légitimes des actionnaires minoritaires (ATF 126 III 266 consid. 1a p. 268; 109 II 140 consid. 4 p. 142; 105 II 114 consid. 6b p. 125; 67 II 162 consid. c p. 165). Mais d'autres cas de figure sont aussi concevables, par exemple une mauvaise gestion constante de nature à entraîner la ruine de la société (ATF 126 III 266 consid. 1b et c; 84 II 44 consid. 2 p. 50), une violation persistante des droits des actionnaires minoritaires, une attitude qui rend impossible l'atteinte du but social, des décisions poursuivant un but étranger au but social, une situation de blocage des organes, des décisions qui vident la société de sa substance économique etc. (arrêt 4C.185/1998 du 28 août 1998 consid. 3a). 2.2.3 En l'espèce, la recourante ne conteste pas les principes juridiques rappelés par la cour cantonale, dont on ne voit pas en quoi ils violeraient le droit fédéral. Elle ne pose aucune question de droit. Elle se borne, en présentant sa propre version des faits, à opposer son appréciation de la situation à celle de la cour cantonale dans l'espoir de faire admettre l'existence de justes motifs. Un tel recours est purement appellatoire. 2.2.4 La recourante a certes obtenu par deux fois que des décisions de l'assemblée générale soient déclarées nulles. Elle a cependant succombé dans ses actions ultérieures et elle n'a pas attaqué les décisions des dernières assemblées générales. On ne peut donc pas déduire de ces circonstances que la majorité aurait la volonté persistante de violer ses droits d'actionnaire lors de l'assemblée générale. Bien que se plaignant du non-respect de son droit aux renseignements, la recourante n'a jamais agi en justice pour cela, de sorte qu'il n'est pas établi, à la lecture de l'état de fait cantonal qui lie le Tribunal fédéral, que ses droits aient été bafoués. Quant aux nombreuses procédures civiles et pénales qui opposent diverses personnes physiques et morales, on ne peut rien en déduire quant à une éventuelle atteinte aux droits d'actionnaire de la recourante à l'égard de l'intimée. L'argument selon lequel le troisième actionnaire serait manipulé est inconsistant; non seulement il n'a pas été établi en fait qu'il serait incapable de former valablement une volonté, mais la recourante admet elle-même qu'il vote logiquement conformément à son propre intérêt. L'absence de dividende est un argument qui ne peut pas être invoqué, puisque le point de fait n'a pas été correctement apporté dans la procédure. S'agissant d'une société de capitaux, l'aspect financier est prépondérant. Or, il n'a pas été établi que la société intimée serait mal gérée. Il apparaît au contraire qu'elle réalise chaque année des bénéfices et que son capital s'accroît. Elle paye régulièrement ses intérêts et amortissements hypothécaires, de sorte qu'on ne voit pas qu'elle soit menacée de déconfiture. En conséquence, les intérêts pécuniaires de la recourante, en sa qualité d'actionnaire, ne paraissent pas mis en péril par le maintien de la société. Si une violation ponctuelle de ses droits devait intervenir, elle dispose des voies de droit ouvertes pour y remédier. Certes, il faut s'attendre, si la demande en dissolution est rejetée, que l'animosité entre les deux actionnaires perdure et suscite de nouveaux conflits. Il résulte cependant des principes qui ont été rappelés que cette situation ne suffit en principe pas à elle seule pour justifier une dissolution. On ne se trouve pas dans l'hypothèse où deux actionnaires se partageraient chacun le 50% des actions, de telle sorte que leur conflit conduirait à une paralysie dans la gestion de la société. La recourante a déjà reçu une offre de rachat de ses actions; il n'est ainsi pas exclu, si elle le souhaite, qu'elle puisse sortir de la situation actuelle dans des conditions acceptables. Quoi qu'il en soit, il faut aussi tenir compte de l'intérêt des autres actionnaires et, en l'occurrence, deux actionnaires sur trois souhaitent le maintien de la société. Compte tenu du large pouvoir d'appréciation reconnu à la cour cantonale, celle-ci n'a pas violé le droit fédéral en considérant, dans les circonstances d'espèce, qu'il n'y avait pas lieu de prononcer la dissolution de la société pour de justes motifs. Le recours doit donc être rejeté. 3. Les frais judiciaires et les dépens sont mis à la charge de la partie qui succombe (art. 66 al. 1 et 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 15'000 fr., sont mis à la charge de la recourante. 3. La recourante versera à l'intimée une indemnité de 17'000 fr. à titre de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Cour de justice du canton de Genève, Chambre civile. Lausanne, le 5 mars 2010 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Le Greffier: Klett Piaget
50b7ed91-0c03-444c-aa1d-e02901ebbcb0
de
2,011
CH_BGer_009
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Mit Verfügungen vom 23. Februar und 2. Juli 2009 sowie Einspracheentscheid vom 30. September 2009 verpflichtete das Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt den 1960 geborenen K._ zur Rückerstattung unrechtmässig bezogener Ergänzungsleistungen, kantonaler Beihilfen, Prämienverbilligungen sowie Vergütungen von Krankheitskosten im Gesamtbetrag von Fr. 158'444.30. Die genannten Leistungen waren dem Versicherten zum Teil seit Dezember 2003 zu Unrecht ausgerichtet worden, weil er dem Amt für Sozialbeiträge bei der Anmeldung nicht zur Kenntnis gebracht hatte, dass er neben den angegebenen Renten von Invaliden- und Unfallversicherung auch eine berufsvorsorgerechtliche Invalidenrente bezieht. B. Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt wies die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 20. Dezember 2010 ab. C. K._ führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem sinngemässen Antrag, zufolge teilweiser Verwirkung sei die Rückerstattungsforderung betreffend Ergänzungsleistungen, kantonale Beihilfen und Prämienverbilligungen auf die seit dem 24. Februar 2004 erbrachten Leistungen, diejenige betreffend Vergütungen von Krankheitskosten auf die seit dem 3. Juli 2004 entrichteten Beträge zu beschränken. Das Amt für Sozialbeiträge verzichtet ausdrücklich auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 2. Die streitigen Rückforderungen betreffen neben bundesrechtlich geregelten Leistungen (jährliche Ergänzungsleistungen und Vergütung von Krankheitskosten) auch solche kantonalen Rechts (kantonale Beihilfen und Prämienverbilligungen). Das Bundesgericht kann sich mit der Sache auch insoweit befassen, als es um kantonale (oder kommunale) Leistungen geht, jedoch nur, sofern die Verletzung von Bundesrecht oder Völkerrecht gerügt wird (Art. 82 lit. a, Art. 95 lit. a und b BGG). Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, die vorinstanzlichen Feststellungen zu seiner Befragung durch die EL-Sachbearbeiterin anlässlich der Unterzeichnung des Antragsformulars würden gegen den bundes(verfassungs)rechtlichen und völkerrechtlichen Grundsatz der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK) verstossen. Diese auf eine Grundrechtsverletzung abzielende Rüge wurde überdies hinreichend begründet (Art. 106 Abs. 2 BGG). 3. Der Beschwerdeführer unterzeichnete am 11. Juni 2003 das von der zuständigen Sachbearbeiterin aufgrund seiner Angaben und der beigebrachten Unterlagen ausgefüllte Antragsformular für Ergänzungsleistungen. Darin waren die Renten der Invalidenversicherung und der Unfallversicherung aufgeführt, nicht aber die seit August 1996 bezogene Invalidenrente der Pensionskasse X._ in Höhe von rund Fr. 34'000.- pro Jahr, weshalb das Amt für Sozialbeiträge in der Folge fälschlicherweise die eingangs genannten verschiedenartigen Leistungen ausrichtete. Unter sämtlichen Verfahrensbeteiligten ist zu Recht unbestritten, dass der Beschwerdeführer die unrechtmässig bezogenen Leistungen grundsätzlich zurückzuerstatten hat (Art. 25 Abs. 1 erster Satz ATSG [SR 830.1]; BGE 122 V 134). Streitig und nachfolgend zu prüfen ist hingegen, ob der Rückforderungsanspruch der Verwaltung teilweise verwirkt ist. 4. 4.1 Gemäss Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG erlischt der Rückforderungsanspruch mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung. Wird der Rückerstattungsanspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so ist diese Frist massgebend (zweiter Satz der angeführten Gesetzesbestimmung). Bei den genannten Fristen handelt es sich um Verwirkungsfristen (BGE 133 V 579 E. 4.1 S. 582; 119 V 431 E. 3a S. 433). Die kantonale Gesetzgebung verweist hinsichtlich der Verwirkung des Rückforderungsanspruchs betreffend zu Unrecht entrichteter Beihilfen ausdrücklich auf die Bestimmungen des ATSG (§ 22 Abs. 1 letzter Satz des basel-städtischen Gesetzes vom 11. November 1987 über die Einführung des ELG sowie über die Ausrichtung von kantonalen Beihilfen [EG/ELG; SG 832.700]). Ferner stimmt die Regelung der Verwirkungsfrage im Zusammenhang mit der Rückforderung unrechtmässig bezogener Prämienverbilligungen mit Art. 25 Abs. 2 ATSG vollständig überein (vgl. § 17 Abs. 3 des Gesetzes vom 25. Juni 2008 über die Harmonisierung und Koordination von bedarfsabhängigen Sozialleistungen [SoHaG; SG 890.700]). 4.2 Die einjährige, relative Verwirkungsfrist liegt zu Recht nicht im Streite: Nachdem die Pensionskasse X._ der EL-Behörde am 18. Februar 2009 die Höhe der bisher nicht berücksichtigten vorsorgerechtlichen Invalidenrente mitgeteilt hatte, erliess das Amt für Sozialbeiträge bereits am 23. Februar 2009 die Rückerstattungsverfügungen betreffend zu Unrecht ausgerichtete Ergänzungsleistungen, kantonale Beihilfen und Prämienverbilligungen sowie am 2. Juli 2009 die Rückforderungsverfügung hinsichtlich unrechtmässig bezogener Vergütungen von Krankheitskosten. Wäre - wie der Beschwerdeführer geltend macht - eine absolute Verwirkungsfrist von (bloss) fünf Jahren zu beachten, könnten die entsprechenden vor dem 24. Februar bzw. vor dem 3. Juli 2004 geleisteten Betreffnisse nicht mehr zurückgefordert werden. Verwaltung und Vorinstanz berufen sich indessen auf eine längere strafrechtliche Verjährungsfrist gemäss Art. 25 Abs. 2 zweiter Satz ATSG. Sie werfen dem Beschwerdeführer vor, er habe die ihm zu Unrecht ausgerichteten Leistungen im Sinne der hier massgebenden, bis Ende 2007 gültig gewesenen Strafbestimmung des Art. 16 Abs. 1 altELG "erwirkt" (vgl. auch den am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen, mit der früheren Regelung weitgehend übereinstimmenden Art. 31 Abs. 1 lit. a ELG [SR 831.30]). 5. 5.1 Nach Art. 16 Abs. 1 altELG wird - sofern nicht ein mit höherer Strafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen des Strafgesetzbuches vorliegt - mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Busse bis zu Fr. 20'000.- bestraft, wer durch unwahre und unvollständige Angaben oder in anderer Weise u.a. von einem Kanton für sich oder einen anderen eine Leistung im Sinne dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt. Die Straftat des Art. 16 Abs. 1 altELG besteht darin, die Auszahlung von Ergänzungsleistungen durch täuschende - d.h. falsche oder unvollständige - Angaben über anspruchsrelevante Tatsachen oder in anderer Weise zu erwirken, obschon die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Leistung bzw. für Zahlungen in der erbrachten Höhe objektiv nicht gegeben sind. Mit der Strafbestimmung soll namentlich mit Blick auf die begrenzten finanziellen Mittel der öffentlichen Haushalte, den zielgerichteten und effizienten Einsatz dieser Mittel sowie die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts sichergestellt werden, dass Ergänzungsleistungen nur an Personen ausbezahlt werden, welche die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen und auf finanzielle Hilfe angewiesen sind. Schutzzweck der Norm sind die rechtmässige, möglichst effiziente und rechtsgleiche Durchführung des Versicherungszweiges der Ergänzungsleistungen sowie Treu und Glauben im Verkehr zwischen Behörden und Leistungen beanspruchenden Personen (BGE 131 IV 83 E. 2.1.1 S. 87 f.). Der Tatbestand des Art. 16 Abs. 1 altELG ist mit der ersten Auszahlung von Ergänzungsleistungen formell vollendet. In diesem Zeitpunkt sind alle objektiven und subjektiven Tatbestandserfordernisse verwirklicht. Angesichts des Erfordernisses der erfolgten (erstmaligen) Zahlung stellt sich die Norm als Erfolgsdelikt dar (a.a.O., E. 2.1.3 S. 87 unten). 5.2 Gemäss am 11. Juni 2003, d.h. im Zeitpunkt der Unterzeichnung des EL-Antragsformulars durch den Beschwerdeführer geltendem wie auch nach dem bei Erlass der in Frage stehenden Rückerstattungsverfügungen vom 23. Februar und 2. Juli 2009 gültigen Recht verjährt die Tat des Art. 16 Abs. 1 altELG nach sieben Jahren (Art. 70 Abs. 1 lit. c StGB in der bis Ende 2006 gültig gewesenen sowie Art. 97 Abs. 1 lit. c und Art. 389 StGB in der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Fassung). Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem der Täter die strafbare Handlung ausführt (altArt. 71 lit. a StGB; ebenso Art. 98 lit. a des revidierten Gesetzes). Die in E. 4.1 hievor angeführte Ausnahmeregelung des Art. 25 Abs. 2 zweiter Satz ATSG bezweckt, die Vorschriften des Sozialversicherungs- und des Strafrechts im Bereich der Verjährung zu harmonisieren. Es soll vermieden werden, dass der sozialversicherungsrechtliche Anspruch verwirkt, bevor die Verfolgungsverjährung des Strafrechts eintritt; denn es erschiene unbefriedigend, wenn der Täter zwar noch bestraft werden könnte, die Rückerstattung unrechtmässig bezogener Leistungen aber nicht mehr verlangt werden dürfte. Dieser ratio legis wird entsprochen, wenn für den Beginn der längeren strafrechtlichen Verjährungsfrist auf die entsprechende strafrechtliche Regelung - hier altArt. 71 lit. a StGB - abgestellt wird (vgl. BGE 126 III 382 E. 4a/bb S. 383; 113 V 256 E. 4a S. 258; 111 V 172 E. 4a S. 175; Urteil K 70/06 vom 30. Juli 2007 E. 6.6, nicht publ. in: BGE 133 V 579, aber in: SVR 2008 KV Nr. 4 S. 11). Weil beide Rückerstattungsverfügungen (vom 23. Februar und 2. Juli 2009) weniger als sieben Jahre nach Unterzeichnung des EL-Antragsformulars (am 11. Juni 2003) ergingen, könnten sämtliche unrechtmässig bezogenen Leistungsbetreffnisse vollumfänglich zurückgefordert werden, wenn auf diese längere strafrechtliche Verjährungsfrist abzustellen wäre. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers spielt es weder eine Rolle, dass der angefochtene vorinstanzliche Entscheid vom 20. Dezember 2010 seinerseits erst nach Ablauf der siebenjährigen Verjährungsfrist gefällt wurde, noch dass die strafrechtliche Verjährung eingetreten ist. Für die Wahrung der Verwirkungsfrist ist der Erlass der Rückerstattungsverfügung (und deren Zustellung an die rückerstattungspflichtige Person) massgebend (vgl. BGE 119 V 431 E. 3c S. 434; Ulrich Meyer-Blaser, Die Rückerstattung von Sozialversicherungsleistungen, ZBJV 131/1995 S. 473 ff., S. 479). 6. 6.1 Liegt bereits ein verurteilendes oder freisprechendes Strafurteil vor, so ist die über den Rückforderungsanspruch befindende Behörde daran gebunden. Dasselbe gilt für eine Einstellungsverfügung der zuständigen strafrechtlichen Untersuchungsbehörden, wenn sie die gleiche definitive Wirkung wie ein freisprechendes Urteil hat. Fehlt es indessen an einem Strafurteil, haben die Verwaltung und gegebenenfalls das Sozialversicherungsgericht vorfrageweise selber darüber zu befinden, ob sich die Rückforderung aus einer strafbaren Handlung herleite und der Täter dafür strafbar wäre. Dabei gelten die gleichen beweisrechtlichen Anforderungen wie im Strafverfahren, so dass der sonst im Sozialversicherungsrecht geltende Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht ausreicht. Auf jeden Fall hat die Behörde, die sich auf die strafrechtliche Verjährungsfrist beruft, Aktenmaterial zu produzieren, welches das strafbare Verhalten hinreichend ausweist. Erforderlich ist, dass eine objektiv strafbare Handlung vorliegt und dass die auf Rückerstattung belangte Person die strafbare Handlung begangen hat und die subjektiven Strafbarkeitsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BGE 118 V 193 E. 4a S. 197 f.; 113 V 256 E. 4a S. 258 f.; Urteil K 70/06 vom 30. Juli 2007 E. 6.2 und 6.4, nicht publ. in: BGE 133 V 579, aber in: SVR 2008 KV Nr. 4 S. 11). 6.2 Im hier zu beurteilenden Fall erfolgte keine Anzeige an die Strafbehörden. Das Amt für Sozialbeiträge verwies im Text seiner Rückforderungsverfügung vom 23. Februar 2009 auf einen "strafrechtlichen Bestandteil" und führte in der Stellungnahme zuhanden der Vorinstanz aus, der Versicherte habe mit dem Verschweigen der im Zeitpunkt der EL-Anmeldung schon seit Jahren bezogenen Pensionskassenrente den Straftatbestand von Art. 16 Abs. 1 altELG erfüllt. Laut Protokoll der Hauptverhandlung des kantonalen Gerichts vom 20. Dezember 2010 antwortete der Beschwerdeführer bei der abschliessenden Befragung durch den Vorsitzenden, er habe zwei Konten bei der Bank Y._; eines für die IV- und die SUVA-Rente, das andere für die Invalidenrente der Pensionskasse. Im Antragsformular sei nur das erste dieser Konten aufgeführt, weshalb wisse er nicht. Zuvor hatte er schon u.a. ausgeführt, er habe (auch) die Unterlagen betreffend Pensionskasse vorgelegt. Er "habe einfach gebracht, was sie verlangt haben" (S. 1 und 2 des erwähnten Verhandlungsprotokolls). Die Vorinstanz stellte im angefochtenen Urteil fest, es liege nahe, dass die zuständige EL-Sachbearbeiterin den Beschwerdeführer nach einer allfälligen Pensionskassenrente gefragt habe: "Wer eine Rente der IV bezieht und zuvor in einem vollzeitlichen und stabilen Arbeitsverhältnis stand, erhält in aller Regel auch eine Pensionskassenrente", was den Sachbearbeitern des Amtes für Sozialbeiträge bewusst sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Versicherte mit dem vorsätzlichen Verschweigen dieser Vorsorgeleistung eine Täuschung der EL-Behörde beabsichtigt habe. - Der Beschwerdeführer erblickt in diesen vorinstanzlichen Feststellungen eine Missachtung der Unschuldsvermutung. Er macht geltend, dass die Pensionskassenrente beim Ausfüllen des Antragsformulars (durch die zuständige Sachbearbeiterin) "einfach vergessen" ging. 7. Nach der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Unschuldsvermutung und dem davon abgeleiteten Grundsatz "in dubio pro reo" ist bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld zu vermuten, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist (BGE 128 I 81 E. 2 S. 86; 127 I 38 E. 2a S. 40). Die sich daraus ergebenden verfassungsmässigen Anforderungen an die Beweiswürdigung im Strafprozess gelten auch im sozialversicherungsgerichtlichen Rückerstattungsverfahren, wenn es im Rahmen von Art. 25 Abs. 2 zweiter Satz ATSG um die vorfrageweise vorzunehmende Prüfung geht (vgl. E. 6.1), ob sich der Rückforderungsanspruch aus einer strafbaren Handlung herleite, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist als diejenigen von Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG vorsieht. Als Beweiswürdigungsregel besagt der Grundsatz "in dubio pro reo", dass sich das (Straf-)Gericht nicht von der Existenz eines für die beschuldigte Person ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Der Grundsatz ist verletzt, wenn das Gericht an der Schuld hätte zweifeln müssen. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann. Ob der Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel verletzt ist, prüft das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Willkür (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41; 124 IV 86 E. 2a S. 88 mit Hinweisen). Solche liegt nur vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dass das angefochtene Urteil mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt für die Begründung von Willkür praxisgemäss nicht (BGE 136 III 552 E. 4.2 S. 560; 135 V 2 E. 1.3 S. 4 mit Hinweisen). 8. 8.1 Der Beschwerdeführer hat das von der Sachbearbeiterin aufgrund seiner Angaben und der beigebrachten Unterlagen ausgefüllte EL-Antragsformular unterzeichnet, obwohl darin weder die Invalidenrente der Pensionskasse X._ noch das Bankkonto, auf welches diese Leistung jeden Monat floss, angeführt waren. Beim vorauszusetzenden Mindestmass an Kenntnis und Sorgfalt war es dem Versicherten grundsätzlich ohne weiteres möglich, die vorsorgerechtliche Invalidenleistung und das Bankkonto anzugeben; er muss sich daher zweifellos zumindest eine grobfahrlässige Verletzung der Anzeige- und Meldepflicht vorwerfen lassen (Urteil 9C_112/2011 vom 5. August 2011; vgl. auch ZAK 1989 S. 179, P 31/88). Hier stellt sich indessen die Frage, ob er (auch) strafrechtlich hätte belangt werden können. 8.2 Es darf als unter den Parteien unbestritten gelten, dass die objektiven Straftatbestandsmerkmale von Art. 16 Abs. 1 altELG erfüllt sind. Die unvollständigen Angaben im Antragsformular veranlassten das Amt für Sozialbeiträge zur Auszahlung von Ergänzungsleistungen, welche dem Beschwerdeführer nicht zukamen. Streitig ist hingegen, ob er dies vorsätzlich, d.h. mit Wissen und Willen anstrebte (altArt. 18 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 333 StGB in der hier massgebenden, bis Ende 2006 gültig gewesenen Fassung; vgl. nunmehr den am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen neuen Art. 12 Abs. 2 StGB). Nach ständiger Rechtsprechung handelt bereits vorsätzlich, wer den Eintritt des Erfolgs bzw. die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 4; 134 IV 26 E. 3.2.2 S. 28; 133 IV 1 E. 4.1 S. 3; 9 E. 4.1 S. 16; 222 E. 5.3 S. 225; Trechsel/Jean-Richard, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, N. 13 zu Art. 12 StGB). 8.3 Die Verwaltung bejahte den subjektiven Tatbestand ohne nähere Begründung. In Missachtung der unter E. 6.1 hievor zitierten Rechtsprechung hat das Amt für Sozialbeiträge auch keinerlei Aktenmaterial zum strafbaren Verhalten des Beschwerdeführers angelegt, geschweige denn diesbezügliche Abklärungen vorgenommen. Das kantonale Gericht stellte - wie bereits erwähnt - u.a. fest, es liege nahe, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Unterzeichnung des EL-Antragsformulars von der zuständigen Mitarbeiterin ausdrücklich nach einer allfälligen Pensionskassenrente gefragt worden sei. Denn die Sachbearbeiterinnen des Amtes für Sozialbeiträge seien sich der Tatsache bewusst, dass dem Bezüger einer Rente der Invalidenversicherung, welcher zuvor in einem vollzeitlichen stabilen Arbeitsverhältnis stand, in aller Regel auch eine Rente der früheren Pensionskasse ausgerichtet wird. Nach den im Strafrecht geltenden beweisrechtlichen Anforderungen verbleiben indessen nicht zu unterdrückende erhebliche Zweifel hinsichtlich der vorinstanzlichen Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe den Bezug einer berufsvorsorgerechtlichen Invalidenrente auf entsprechende mündliche Nachfrage hin explizit verneint und auf diese Weise die zu Unrecht ausgerichteten Ergänzungsleistungen mit direktem Vorsatz erwirkt. Soweit sich die Vorinstanz im Rahmen ihrer Beweiswürdigung einfach auf das Fachwissen der Mitarbeiterinnen im Amt für Sozialbeiträge und daraus abgeleitet auf die den Versicherten bei der EL-Anmeldung üblicherweise gestellten Fragen stützte, verstiess sie in willkürlicher Weise gegen den in E. 7 hievor dargelegten Grundsatz "in dubio pro reo". Nach den im Strafrecht geltenden beweisrechtlichen Anforderungen verbleiben indessen nicht zu unterdrückende erhebliche Zweifel hinsichtlich der vorinstanzlichen Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe den Bezug einer berufsvorsorgerechtlichen Invalidenrente auf entsprechende mündliche Nachfrage hin explizit verneint und auf diese Weise die zu Unrecht ausgerichteten Ergänzungsleistungen mit direktem Vorsatz erwirkt. Soweit sich die Vorinstanz im Rahmen ihrer Beweiswürdigung einfach auf das Fachwissen der Mitarbeiterinnen im Amt für Sozialbeiträge und daraus abgeleitet auf die den Versicherten bei der EL-Anmeldung üblicherweise gestellten Fragen stützte, verstiess sie in willkürlicher Weise gegen den in E. 7 hievor dargelegten Grundsatz "in dubio pro reo". 8.4 8.4.1 Zu prüfen ist indessen, ob der Beschwerdeführer den Straftatbestand von Art. 16 Abs. 1 altELG auf andere Weise mit Wissen und Willen, namentlich eventualvorsätzlich erfüllte (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252). Eine solche Tatbegehung liegt nach der in E. 8.2 angeführten Rechtsprechung vor, wenn der Täter den Eintritt des als möglich erkannten Erfolgs ernst nimmt, mit ihm rechnet und sich mit ihm abfindet. Wer den Erfolg dergestalt in Kauf nimmt, "will" ihn im Sinne von altArt. 18 Abs. 2 StGB (BGE 133 IV 1 E. 4.1 S. 3 f.; 9 E. 4.1 S. 16; je mit Hinweisen). Ob der Täter die Tatbestandsverwirklichung in diesem Sinne in Kauf genommen hat, muss das Gericht - bei Fehlen eines Geständnisses des Beschuldigten - aufgrund der Umstände entscheiden. Dazu gehören die Grösse des dem Täter bekannten Risikos der Tatbestandsverwirklichung, die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung, die Beweggründe des Täters und die Art der Tathandlung. Je grösser die Wahrscheinlichkeit der Tatbestandsverwirklichung ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto näher liegt die Schlussfolgerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen. Das Gericht darf vom Wissen des Täters auf den Willen schliessen, wenn sich dem Täter der Eintritt des Erfolgs als so wahrscheinlich aufdrängte, dass die Bereitschaft, ihn als Folge hinzunehmen, vernünftigerweise nur als Inkaufnahme des Erfolgs ausgelegt werden kann. Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft sog. innere Tatsachen und ist damit Tatfrage. Rechtsfrage ist hingegen, ob im Lichte der festgestellten Tatsachen der Schluss auf Eventualvorsatz begründet ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 4; 135 IV 12 E. 2.3.2 und 2.3.3 S. 17 f.; 134 IV 26 E. 3.2.2 S. 28 f.; 133 IV 1 E. 4.1 S. 4; 9 E. 4.1 S. 16; 222 E. 5.3 S. 225 f.; Trechsel/Jean-Richard, a.a.O.; Stratenwerth/Wohlers, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 2. Aufl. 2009, N. 6 zu Art. 12 StGB). 8.4.2 Mit Bezug auf einen von der Vorinstanz nicht beurteilten rechtserheblichen Sachverhalt ist das Bundesgericht in seinen eigenen tatbeständlichen Feststellungen frei (vgl. E. 1 hievor). Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz zu Recht auf eine Befragung der zuständigen Sachbearbeiterin im Amt für Sozialbeiträge als Zeugin verzichtet. Im zeitlichen Abstand von siebeneinhalb Jahren waren davon keine neuen Erkenntnisse über die näheren Begleitumständen anlässlich der Unterzeichnung des Antragsformulars (am 11. Juni 2003) zu erwarten, zumindest keine solchen, die unter strafrechtlichem Blickwinkel relevant wären. Anders als in der Beschwerdeschrift weiter vorgebracht, wurde dem Versicherten hinsichtlich des ihm zur Last gelegten Straftatbestands das rechtliche Gehör durchaus eingeräumt. Mit vorinstanzlicher Verfügung vom 7. Mai 2010 wurde er zur Stellungnahme zu den entsprechenden Vorhaltungen der Verwaltung aufgefordert. Sein Rechtsvertreter hat sich denn auch zum Vorwurf des Erwirkens von Ergänzungsleistungen geäussert. 8.4.3 Nach Lage der Akten wurde der Beschwerdeführer, als er sich am 19. März 2003 beim Amt für Sozialbeiträge nach Ergänzungsleistungen zu seiner IV-Rente erkundigte, mittels Merkblatt über die beizubringenden Unterlagen orientiert. "Unbedingt" einzureichen waren nach dessen Wortlaut u.a. aktuelle Belege über die IV-, UV- und eine allfällige Rente der Pensionskasse usw. sowie Auszüge sämtlicher Bank- und Postcheckkonten per 31. Dezember des Vorjahres. Bereits im Vorfeld der Unterzeichnung des Antragsformulars vom 11. Juni 2003 musste sich der Versicherte somit im Klaren darüber sein, dass grundsätzlich alle Einkommens- und Vermögensbestandteile anzugeben und die entsprechenden Belege einzureichen oder anlässlich der Vorsprache bei der EL-Behörde mitzubringen waren. Auf dem von ihm unterzeichneten Formular wurde der Beschwerdeführer wiederum nach den vorhandenen Bankkonten sowie nach der "AHV/IV-Rente" und "Pensionen/andere Renten wie SUVA/ausländ. Renten" gefragt. Wie bereits mehrfach erwähnt, unterliess er sowohl die Deklaration der Pensionskassenrente als auch des Bankkontos, auf welches diese allmonatlich floss. Mit Blick auf die Höhe der berufsvorsorgerechtlichen Invalidenrente von über Fr. 2800.- pro Monat sowie die diesbezüglichen regelmässigen Gutschriftsanzeigen seitens der Bank erweist sich ein gleichzeitiges tatsächliches Vergessen von Rente und Bankkonto anlässlich der Unterzeichnung des von der EL-Sachbearbeiterin ausgefüllten Antragsformulars als ausgeschlossen. Vielmehr ist mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer der Unvollständigkeit der unterschriftlich bestätigten Angaben bewusst war. Indem er trotz dieses Wissens seine Unterschrift unter das unvollständig ausgefüllte Formular setzte, nahm er zumindest in Kauf, dass ihm Ergänzungsleistungen ausgerichtet würden, welche ihm nicht zustanden. Diese eventualvorsätzliche Tatbegehung im Sinne der dargelegten Rechtsprechung wird dadurch bekräftigt, dass er die Pensionskassenrente gegenüber den Steuerbehörden regelmässig deklarierte (vgl. Urteil 6B_689/2010 vom 25. Oktober 2010, E. 3.2), was ohne Wenn und Aber zeigt, dass er sich dieser ihm monatlich schon seit Jahren zufliessenden Leistung sehr wohl bewusst war. 9. Sind gemäss vorfrageweiser Prüfung sowohl die objektiven (E. 8.2 am Anfang) wie auch die subjektiven (E. 8.4.3 am Ende) Tatbestandsmerkmale von Art. 16 Abs. 1 altELG erfüllt, ist für die Rückforderung der unrechtmässig bezogenen Leistungen die längere strafrechtliche, d.h. eine siebenjährige (E. 5.2 am Anfang) Verjährungsfrist massgebend (Art. 25 Abs. 2 zweiter Satz ATSG). Der Beschwerdeführer hat mithin die zu Unrecht ausgerichteten Ergänzungsleistungen, kantonalen Beihilfen und Prämienverbilligungen wie auch die Vergütungen von Krankheitskosten im Gesamtbetrag von Fr. 158'444.30 vollumfänglich zurückzuerstatten (vgl. E. 5.2 hievor am Ende). 10. Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 19. Dezember 2011 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Meyer Der Gerichtsschreiber: Attinger
512f8c8d-9128-4c76-9fc4-8f2eb10db5ed
de
2,012
CH_BGer_005
Federation
285.0
100.0
19.0
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ (geb. 1947; Ehemann) und Z._ (geb. 1950; Ehefrau) heirateten im Februar 1997. Mit Urteil vom 14. April 2008 schied das Richteramt Dorneck-Thierstein die Ehegatten auf deren gemeinsames Begehren hin, genehmigte ihre Vereinbarung über die Scheidungsfolgen und nahm diese in das Urteilsdispositiv auf (Ziff. 2 des Scheidungsurteils). In ihrer Vereinbarung über die Scheidungsfolgen verzichteten die Ehegatten gegenseitig auf nacheheliche Unterhaltsbeiträge (Ziff. 2.3 des Scheidungsurteils). In Bezug auf den Vorsorgeausgleich vereinbarten sie Folgendes (Ziff. 2.4 des Scheidungsurteils): Der Ehemann anerkennt, der Ehefrau gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB eine angemessene Entschädigung von Fr. 84'000.-- zu schulden. Der Ehemann bezahlt diesen Betrag in monatlichen Raten von Fr. 700.00, zahlbar jeweils monatlich im Voraus und auf die Dauer von 10 Jahren ab Rechtskraft des Scheidungsurteils. Im Übrigen verzichten beide Parteien auf weitergehende Ansprüche aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge. (...). Die Parteien halten ausdrücklich fest, dass die ratenweise Bezahlung der angemessenen Entschädigung gemäss Art. 141 Abs. 1 ZGB weder bei Eingehen eines Konkubinats oder Wiederverheiratung der Ehefrau noch bei deren Namensänderung wegfällt, sondern unverändert bleibt. In Ziff. 3 des Scheidungsurteils bestimmte das Richteramt weiter: Die Personalvorsorgestiftung (...) wird gerichtlich angewiesen, mit Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils während 10 Jahren vom Rentenanspruch des Ehemannes, X._, (...) jeweils monatlich Fr. 700.-- zu Gunsten der Ehefrau, Z._, (...) auf deren Bankkonto (...) zu überweisen. Am 18. April 2008 trat das Scheidungsurteil in Rechtskraft. B. B.a Im September 2010 hat X._ wieder geheiratet. Mit summarisch begründeter Klage vom 18. Januar 2011 an das Richteramt Dorneck-Thierstein verlangte er, es sei Ziff. 2.4 des Scheidungsurteils aufzuheben und die monatliche Zahlung von Fr. 700.-- an Z._ aufzuheben, eventualiter zu sistieren. Er begründete dies insbesondere damit, dass seine Ehefrau schwer erkrankt sei und er nun alleine für den Familienbedarf aufkommen müsse, weshalb mit der Zahlung gemäss Ziff. 2.4 (in Verbindung mit Ziff. 3) des Scheidungsurteils in sein familienrechtliches Existenzminimum eingegriffen werde. Zudem ersuchte er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. B.b Am 12. Mai 2011 fand vor dem Richteramt eine (erfolglose) Einigungsverhandlung statt. Daraufhin setzte das Richteramt X._ mit Verfügung vom gleichen Tag Frist zur Einreichung einer begründeten Klage an; gleichzeitig wies es sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung mangels Bedürftigkeit ab. Eine von X._ gegen das abgewiesene Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gerichtete Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 19. Juli 2011 gut und bejahte die Bedürftigkeit. Es wies die Angelegenheit zu neuer Entscheidung an das Richteramt zurück. B.c Mit Verfügung vom 18. August 2011 entschied das Richteramt neu und wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung erneut ab. Es begründete dies nunmehr mit der Aussichtslosigkeit der Klage. C. Dagegen erhob X._ am 26. August 2011 wiederum Beschwerde an das Obergericht und ersuchte zugleich um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Beschwerdeverfahren. Mit Urteil vom 31. Oktober 2011 wies das Obergericht die Beschwerde gegen die richteramtliche Verfügung vom 18. August 2011 ab (Ziff. 1 des Dispositivs). Ebenso wies es das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Beschwerdeverfahren wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde ab (Ziff. 2 des Dispositivs). Es erhob keine Kosten und sprach keine Entschädigung zu (Ziff. 3 des Dispositivs). D. Dem Bundesgericht beantragt X._ (nachfolgend Beschwerdeführer) in seiner Beschwerde in Zivilsachen vom 5. Dezember 2011, die Ziff. 1 und 2 des obergerichtlichen Urteils seien aufzuheben und ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Verfahren vor den kantonalen Instanzen zu gewähren. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. Das Obergericht hat dem Bundesgericht die Vorakten zugestellt und verlangt in seiner Vernehmlassung vom 13. Januar 2012, die Beschwerde sei abzuweisen. Das Richteramt beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei (Vernehmlassung vom 11. Januar 2012).
Erwägungen: 1. 1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG) über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. In Bezug auf die richteramtliche Abweisung des Gesuchs richtet sich die Beschwerde gegen das Urteil eines oberen Gerichts, das auf Rechtsmittel hin entschieden hat. Auch soweit das Obergericht das Gesuch des Beschwerdeführers für das Beschwerdeverfahren abgewiesen hat, erweist sich die Beschwerde unter dem Blickwinkel von Art. 75 Abs. 2 BGG als zulässig (vgl. BGE 137 III 424 E. 2.2 S. 426 mit Hinweisen). 1.2 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131). Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens sind Zwischenentscheide mit dem in der Hauptsache zulässigen Rechtsmittel anzufechten (BGE 134 V 138 E. 3 S. 144). In der Hauptsache geht es um die Abänderung der im Scheidungsurteil gestützt auf Art. 124 Abs. 1 ZGB zugesprochenen Entschädigung und damit um eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit, wobei die gesetzliche Streitwertgrenze erreicht ist (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist in der Hauptsache zulässig und kann auch gegen den vorliegenden Zwischenentscheid ergriffen werden. 2. 2.1 Das Verfahren auf Abänderung des Scheidungsurteils und die Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung hat der Beschwerdeführer im Jahr 2011 eingeleitet, womit auf diese Verfahren vor den kantonalen Instanzen von vornherein das neue Verfahrensrecht anwendbar war (Art. 404 f. ZPO). 2.2 2.2.1 Der Beschwerdeführer macht vor Bundesgericht eine Verletzung von Art. 117 ZPO und Art. 29 Abs. 3 BV geltend. 2.2.2 Nach Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (lit. b). Sofern es zur Wahrung der Rechte notwendig ist, besteht darüber hinaus ein Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). 2.2.3 Mit Art. 117 ff. ZPO wird der als verfassungsrechtliche Minimalgarantie in Art. 29 Abs. 3 BV verankerte Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung auf Gesetzesstufe geregelt. Im Anwendungsbereich der Zivilprozessordnung sind damit seit dem 1. Januar 2011 Art. 117 ff. ZPO massgebend (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7301 Ziff. 5.8.4; TAPPY, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4 zu Art. 117 ZPO; STAEHELIN UND ANDERE, Zivilprozessrecht, 2008, § 16 N. 51; MEICHSSNER, Das Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege, 2008, S. 25 ff., insb. Fn. 175). Der vom Beschwerdeführer erhobene Einwand der Verletzung seines Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist demnach vorliegend im Lichte von Art. 117 ff. ZPO zu behandeln. 2.2.4 Die vom Bundesgericht zum Begriff der Aussichtslosigkeit gemäss Art. 29 Abs. 3 BV entwickelte Praxis ist auch für die Auslegung von Art. 117 lit. b ZPO zu berücksichtigen (vgl. Urteil 5A_711/2011 vom 21. Dezember 2011 E. 3.1). Als aussichtslos sind demnach Begehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten, wobei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs massgebend sind (BGE 133 III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweisen). 3.1 3.1.1 Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid in einem ersten Schritt erwogen, bei der Zahlung gemäss Ziff. 2.4 des Scheidungsurteils vom 14. April 2008 handle es sich nicht um nachehelichen Unterhalt, sondern um eine im Rahmen des Vorsorgeausgleichs festgesetzte Entschädigung gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB. Damit finde Art. 129 ZGB von vornherein keine Anwendung. 3.1.2 In einem zweiten Schritt führte das Obergericht aus, die monatlichen Zahlungen von Fr. 700.-- stellten nicht eine Rente, sondern eine Ratenzahlung dar. Im Scheidungsurteil sei der Gesamtbetrag von Fr. 84'000.-- von Anfang an festgelegt und in monatliche Raten von Fr. 700.-- aufgeteilt worden, die während zehn Jahren (damit 120 Monate) zu bezahlen seien. 3.1.3 Das Obergericht hielt in einem dritten Schritt fest, eine spätere Abänderung des Scheidungsurteils sei in Bezug auf die ratenweise zu bezahlende Entschädigung gemäss Art. 124 Abs. 1 ZGB nicht möglich. Es verwies für seine Begründung auch auf Art. 126 ZGB: Werde der nacheheliche Unterhalt als (in Raten zu bezahlende) Kapitalabfindung ausgerichtet, komme eine nachträgliche Abänderung dieser Abfindung nicht in Frage. Mit der Kapitalabfindung werde vielmehr eine endgültige Regelung getroffen, weshalb insoweit weder mit Art. 129 ZGB noch mit der clausula rebus sic stantibus eine Anpassung herbeigeführt werden könne. Diese zu Art. 126 ZGB bestehenden Grundsätze müssten erst recht auch für die Entschädigung nach Art. 124 ZGB gelten. Stelle die Entschädigung nach Art. 124 Abs. 1 ZGB eine endgültige und unabänderliche Regelung dar, könne schliesslich auch nicht mit einer allfälligen späteren Verletzung des Existenzminimums eine Anpassung verlangt werden. 3.1.4 Im Ergebnis erachtete deshalb das Obergericht die Klage (wie auch die Beschwerde gegen die abweisende Verfügung des Richteramtes) als aussichtslos, zumal der Beschwerdeführer keine Lehrmeinungen vorbringe, die seine Argumentation stützen würden. 3.2 Der Beschwerdeführer macht vor Bundesgericht geltend, mit seiner Abänderungsklage verlange er nicht eine Änderung hinsichtlich der auf Fr. 84'000.-- festgelegten Entschädigung, sondern einzig bezüglich der Zahlungsmodalitäten. Mit der Ratenzahlung von Fr. 700.-- pro Monat werde in sein Existenzminimum eingegriffen, was der allgemeinen Wertung der Rechtsordnung widerspreche. Deshalb müssten entweder die Zahlungsmodalitäten abgeändert oder die Direktanweisung an seine Pensionskasse aufgehoben werden. Es sei "fraglich", ob die vorliegende Ratenzahlung nicht als Rente betrachtet werden müsste und Art. 129 ZGB anwendbar wäre. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, müsste man das unvollständige Gesetz durch "analoge Anwendung sachähnlicher Normen" ergänzen. Im Ergebnis müsse es deshalb möglich sein, eine Abänderung der "Zahlungsverpflichtung bzw. deren Zahlungsmodalitäten" vorzunehmen. Jedenfalls erweise sich sein Begehren nicht als abwegig und das Obergericht verletze mit der Bejahung der Aussichtslosigkeit seinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 4. 4.1 Die rechtliche Ausgangslage für die Beurteilung der Aussichtslosigkeit des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung präsentiert sich wie folgt: 4.2 Ist bei einem oder bei beiden Ehegatten ein Vorsorgefall bereits eingetreten oder können aus andern Gründen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge, die während der Dauer der Ehe erworben worden sind, nicht geteilt werden, so ist eine angemessene Entschädigung geschuldet (Art. 124 Abs. 1 ZGB). 4.3 4.3.1 Das Gesetz regelt die Form nicht, in der die angemessene Entschädigung gemäss Art. 124 ZGB zu zahlen ist (BGE 129 III 481 E. 3.5.1 S. 488). Mit Art. 22b Abs. 1 FZG (SR 831.42) hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, einen Teil der Austrittsleistung auf Anrechnung an die angemessene Entschädigung zu übertragen (vgl. BGE 134 V 384 E. 1.3 S. 387; 129 III 481 E. 3.5.2 S. 489 f.). Ist dies nicht möglich, muss die Entschädigung in einer anderen Form zugesprochen werden. 4.3.2 Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts einer Entschädigung in der Form einer Kapitalzahlung der Vorzug zu geben, weil sich dadurch das Risiko eines Ausfalls verringern lässt. Die Ehegatten können auch die ratenweise Tilgung der Kapitalleistung vereinbaren. Die Verpflichtung zu einer Kapitalleistung hat zur Folge, dass die Schuldpflicht beim Tod des verpflichteten Ehegatten - anders als beim nachehelichen Unterhalt - nicht erlischt, sondern eine Nachlassschuld bildet, die passiv vererblich ist. Eine Kapitalleistung mit oder ohne ratenweiser Tilgung setzt grundsätzlich voraus, dass das Kapital zur Verfügung steht, ist es doch nicht Aufgabe der Erben, für die Altersvorsorge des überlebenden Ehegatten besorgt zu sein. Fehlen hingegen die nötigen Barmittel für eine Kapitalzahlung und bezieht der Leistungspflichtige aus seiner eigenen Altersrente regelmässige Leistungen, ist die Zahlung in Rentenform vorzuziehen (vgl. zum Ganzen BGE 131 III 1 E. 4.3.1 S. 5 f. mit Hinweisen). 4.4 Was die Frage der Abänderbarkeit einer Entschädigung nach Art. 124 Abs. 1 ZGB betrifft, hat sich das Bundesgericht in grundsätzlicher Weise einzig in einer unpublizierten Erwägung geäussert: Soll die angemessene Entschädigung in Form eines erhöhten nachehelichen Unterhalts bezahlt werden, muss aus dem Urteil beziehungsweise aus der Scheidungsvereinbarung klar hervorgehen, unter welchem Titel die Zahlungen erfolgen. Die Angabe ist unabdingbar, da sich Vorsorgeausgleich in Rentenform und Unterhaltsrente sowohl bezüglich Vererblichkeit als auch hinsichtlich Abänderbarkeit unterscheiden (Urteil 5C.66/2002 vom 15. Mai 2003 E. 3.4.3, nicht publ. in: BGE 129 III 481). Auf dieser Linie hat das Bundesgericht denn auch festgehalten, dass der Abänderungsprozess nach Art. 129 Abs. 1 ZGB einzig den nachehelichen Unterhalt in Form einer Rente, nicht hingegen andere Scheidungsfolgen betrifft (Urteil 5A_721/2007 vom 29. Mai 2008 E. 4.1). In der Lehre wird teilweise die Frage aufgeworfen, ob innerhalb des Vorsorgeausgleichs für die Abänderbarkeit danach unterschieden werden müsste, ob die Entschädigung als (allenfalls ratenweise) Kapitalzahlung oder als Rente ausgestaltet ist (beispielsweise GEISER, Übersicht über die Rechtsprechung zum Vorsorgeausgleich, FamPra.ch 2008 S. 324, wonach es auch möglich sein soll, eine Entschädigung in Rentenform an veränderte Verhältnisse anzupassen; offen gelassen bei CANTIENI/VETTERLI, in: Kurzkommentar ZGB, 2012, N. 4 zu Art. 124 ZGB). 4.5 Nach Art. 124 Abs. 2 ZGB kann das Gericht den Schuldner verpflichten, die Entschädigung sicherzustellen, wenn es die Umstände rechtfertigen. Das Bundesgericht musste sich zu dieser Bestimmung bisher noch nicht unmittelbar äussern. Von einem Teil der Lehre und kantonalen Praxis wird die Möglichkeit anerkannt, zur Sicherstellung der Entschädigung in Rentenform - sofern diese einen Unterhaltszweck erfüllt - eine Schuldneranweisung im Sinne von Art. 132 Abs. 1 ZGB zu erlassen (vgl. beispielsweise GEISER, a.a.O., S. 325 [ohne Einschränkung, dass mit der Entschädigung in Rentenform ein Unterhaltszweck verfolgt werden muss]; GRÜTTER, Vorsorgeausgleich bei Scheidung, FamPra.ch 2006 S. 819; BAUMANN/LAUTERBURG, in: FamKommentar Scheidung, 2. Aufl. 2011, N. 80 zu Art. 124 ZGB; Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 14. Oktober 2002, FamPra.ch 2003 S. 415; Urteil 5C.155/2005 vom 2. Februar 2006 E. 5, nicht publ. in: BGE 132 III 145). 5. 5.1 Für die Beurteilung der Aussichtslosigkeit zeigen die vorstehenden Erwägungen auf, dass sich die rechtliche Ausgangslage im vorliegenden Fall nicht als einfach darstellt und vertiefter Abklärung bedarf. Dies offenbart im Übrigen auch die gut zweiseitige rechtliche Begründung des angefochtenen Urteils, in der sich das Obergericht wiederholt mit der Literatur auseinandergesetzt hat. 5.2 Zu beurteilen ist die Abgrenzung zwischen nachehelichem Unterhalt und Vorsorgeausgleich, die Form der Entschädigung gemäss Ziff. 2.4 des Scheidungsurteils und deren Abänderbarkeit. Insoweit ist jeweils auch Ziff. 3 des Scheidungsurteils mitzuberücksichtigen und darzulegen, was diese Ziffer betrifft und ob diese abgeändert werden könnte. Der Beschwerdeführer bringt vor Bundesgericht zurecht vor, das Obergericht habe bei der Beurteilung der Aussichtslosigkeit seiner Begehren einzig auf die Ziff. 2.4, nicht aber auf die Ziff. 3 des Scheidungsurteils abgestellt. Soweit er geltend macht, ihm gehe es gar nicht um die Abänderung der Kapitalleistung von Fr. 84'000.--, sondern einzig um die Abänderung oder Sistierung der "Zahlungsmodalitäten", müsste allenfalls noch geprüft werden, inwiefern dies von seinen Rechtsbegehren in der (erst summarisch begründeten) Klage vom 18. Januar 2011 mitumfasst ist. 5.3 Solch schwierige und teilweise auch heikle Fragen sind von vornherein - ohne dass sich das Bundesgericht inhaltlich mit den rechtlichen Erwägungen des Obergerichts auseinandersetzen müsste - nicht geeignet, im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten beurteilt beziehungsweise wie vorliegend vom Obergericht eindeutig beantwortet zu werden. Ob ein Begehren als aussichtslos "erscheint" (Art. 117 lit. b ZPO), ist wie erwähnt (vgl. E. 2.2.4 oben) aufgrund einer summarischen Prüfung zu beurteilen. Der summarische Charakter der Prüfung ergibt sich schon daraus, dass sie grundsätzlich zu Prozessbeginn erfolgt. Je schwieriger und je umstrittener die sich stellenden Fragen sind, umso eher ist von genügenden Gewinnaussichten auszugehen. Sind umfangreiche Abklärungen nötig, spricht dies gegen die Aussichtslosigkeit der Begehren (MEICHSSNER, a.a.O., S. 107). Insbesondere darf bei heiklen entscheidrelevanten Rechtsfragen nicht zu Ungunsten des Gesuchstellers Aussichtslosigkeit angenommen werden. Sie sind vielmehr dem Sachrichter zur Beurteilung zu überlassen (Urteil 6B_1093/2010 vom 24. Mai 2011 E. 6.2.2). Der Entscheid über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (und dabei insbesondere über die Voraussetzung der fehlenden Aussichtslosigkeit) muss zwar mit einer gewissen Genauigkeit erfolgen, darf aber gerade nicht dazu führen, dass der Hauptprozess vorverlagert wird (MEICHSSNER, a.a.O., S. 106; RIES, Die unentgeltliche Rechtspflege nach der aargauischen Zivilprozessordnung, 1990, S. 99 und 127; FAVRE, L'assistance judiciaire gratuite en droit suisse, 1989, S. 64). 5.4 Aus den soeben dargelegten Gründen hat das Obergericht die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers in seiner Abänderungsklage zu Unrecht als aussichtslos beurteilt. Da das Obergericht die Beschwerde gegen die richteramtliche Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege aus denselben Gründen wie die Klage als aussichtslos erachtet hat, ist auch diese Beurteilung zu Unrecht erfolgt. Sowohl das Richteramt als auch das Obergericht haben festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht über die erforderlichen Mittel verfügt. Die Voraussetzungen für die Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege für das richteramtliche und das obergerichtliche Verfahren liegen demnach vor. Da zudem die Bestellung eines Rechtsbeistands zur Wahrung der Rechte des Beschwerdeführers notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO), wird ihm Advokat Stefan Fierz als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt. Die Beschwerde ist damit gutzuheissen. 6. Ungeachtet des Verfahrensausgangs sind dem Kanton Solothurn keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Indessen hat er den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren wird damit gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. 1.1 Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Ziff. 1 und 2 des Urteils des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 31. Oktober 2011 aufgehoben. 1.2 Dem Beschwerdeführer wird für das Verfahren vor dem Richteramt Dorneck-Thierstein auf Abänderung des Scheidungsurteils die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt und es wird ihm Advokat Stefan Fierz als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt. 1.3 Dem Beschwerdeführer wird für das Beschwerdeverfahren vor dem Obergericht des Kantons Solothurn die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt und es wird ihm Advokat Stefan Fierz als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Der Kanton Solothurn hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen. 4. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben. 5. Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 24. Februar 2012 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Hohl Der Gerichtsschreiber: Bettler
51729d5b-7f18-4a4d-a763-1b1458211134
de
2,013
CH_BGer_008
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A.a. Der 1957 geborene, zuletzt als Hilfsarbeiter tätige D._ bezog vom 1. Juni 1996 bis 31. August 1997 infolge unfallbedingter Meniskus- und Kreuzbandverletzungen eine ganze Rente der Invalidenversicherung (Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 6. November 1998). A.b. Auf erneute Anmeldung anfangs September 2000 hin zog die IV-Stelle insbesondere Berichte des Psychiatrie-Zentrums X._ vom 16. November 2001 und des behandelnden Arztes Dr. med. C._, Spezialarzt für Chirurgie FMH, vom 30. November 2001 bei. Gestützt darauf wurde D._ am 12. April 2002 verfügungsweise rückwirkend ab 1. Mai 2000 eine ganze Rente zugesprochen. Anlässlich des im Oktober 2004 von Amtes wegen eingeleiteten Revisionsverfahrens holte die Verwaltung u.a. Berichte des Psychiatrie-Zentrums X._ vom 23. Dezember 2004 und des Dr. med. W._, Allgemeine Medizin, vom 23. Januar 2005 ein. Ferner veranlasste sie ein polydisziplinäres Gutachten beim Ärztlichen Begutachtungsinstitut Y._, welches am 25. April 2006 erstattet wurde, und liess am 6. Juni 2006 den Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) Stellung nehmen. Mit Verfügung vom 15. Juni 2006 wurden die Rentenleistungen auf das Ende des der Zustellung folgenden Monats aufgehoben. Daran hielt die IV-Stelle, nachdem der RAD sich am 5. September 2006 erneut hatte vernehmen lassen, fest (Einspracheentscheid vom 19. September 2006). Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen eingereichte Beschwerde mit in Rechtskraft erwachsenem Entscheid vom 21. November 2007 ab, soweit es darauf eintrat. A.c. Basierend auf einem Schreiben des Psychiatrie-Zentrums X._ vom 27. November 2007 und einer RAD-Stellungnahme vom 6. Dezember 2007 sprach die IV-Stelle D._ mit Verfügung vom 14. Februar 2008 ab 1. April 2007 wiederum eine ganze Rente zu. Im Lichte von Berichten des Dr. med. W._ vom 29. März 2010 und des Psychiatriezentrums Z._ vom 27. September 2010 wurde die Rente am 25. Januar 2011 revisionsweise bestätigt. Unter Hinweis auf lit. a Abs. 1 der per 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des IVG (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket [AS 2011 5659; BBl 2011 2723 und 2010 1817]; nachfolgend: SchlBest. IVG) wurde die bisherige Rente nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens sowie der Einholung von Stellungnahmen des RAD vom 3. Februar und 17. Juli 2012 mit Verfügung vom 19. Juli 2012 auf den 1. September 2012 eingestellt. B. Das in der Folge angerufene Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Beschwerde gut und hob die angefochtene Verfügung mit der Feststellung auf, dass D._ weiterhin Anspruch auf eine ganze Invalidenrente habe (Entscheid vom 14. November 2012). C. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids; eventualiter sei die Angelegenheit zur Vornahme weiterer Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen. Zudem sei dem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. D._ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen; ferner sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege (Prozessführung, Verbeiständung) zu gewähren. Die IV-Stelle ersucht um Gutheissung der Rechtsvorkehr. D. Mit bundesgerichtlicher Verfügung vom 11. März 2013 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.
Erwägungen: 1. 1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist auf Grund der Vorbringen in der Beschwerde an das Bundesgericht zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; vgl. dazu BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 II 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft es - unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) - grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). 2. Streitgegenstand bildet die Frage der Weiterausrichtung der bisherigen ganzen Rente des Beschwerdegegners. 2.1. Vorab zu beurteilen ist, ob, wie im angefochtenen Entscheid erwogen, eine Aufhebung der Rente unter Bezugnahme auf lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG bereits zufolge des Umstandes entfällt, dass die Rentenzusprache am 14. Februar 2008 und damit nach dem 1. Januar 2008 verfügt worden ist. 2.1.1. Das kantonale Gericht begründet seine Auffassung damit, dass die Schlussbestimmung bezwecke, vor dem 1. Januar 2008 - und folglich vor Inkrafttreten des im Rahmen der 5. IV-Revision aufgenommenen Abs. 2 Satz 2 von Art. 7 ATSG, wonach eine Erwerbsunfähigkeit nur vorliegt, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist - gestützt auf eine Diagnose von organisch nicht erklärbaren Schmerzzuständen zugesprochene Invalidenrenten einer Überprüfung zu unterziehen. Es fielen mithin nur jene Renten unter diese Beurteilung, welche auf der Basis einer derartigen Diagnose zuerkannt worden seien, ohne dass die Verwaltung geprüft habe, ob die Erwerbsunfähigkeit nicht im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Satz 2 ATSG objektiv überwindbar sei. Bei Erlass der Verfügung vom 14. Februar 2008 sei die entsprechende Prüfung, so die Vorinstanz im Weiteren, bereits vorzunehmen gewesen, was auf der Grundlage des Berichts des Psychiatrie-Zentrums X._ vom 27. November 2007, welcher einige der rechtsprechungsgemäss für die Unüberwindbarkeit sprechenden (Komorbiditäts-) Kriterien (vgl. E. 4.2.1 hiernach) als erfüllt eingestuft habe, denn auch geschehen sei. 2.1.2. Dem wird in der Beschwerde entgegengehalten, aus den Materialien ergebe sich klar, dass eine Rentenüberprüfung nach lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG nicht auf Invalidenrenten habe beschränkt werden wollen, die vor dem 1. Januar 2008 auf Grund einer Diagnose von organisch unerklärbaren Schmerzzuständen zugesprochen worden seien. Eine Überprüfung der Rente unter dem Titel der Schlussbestimmung falle in casu somit nicht allein schon deshalb ausser Betracht, weil die rentenzusprechende Verfügung nach dem 1. Januar 2008 ergangen sei. 2.2. Gemäss lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG, gültig seit 1. Januar 2012, werden Renten, die bei pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage gesprochen wurden, innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Änderung überprüft. Sind die Voraussetzungen nach Art. 7 ATSG nicht erfüllt, so wird die Rente herabgesetzt oder aufgehoben, auch wenn die Voraussetzungen von Art. 17 Abs. 1 ATSG nicht erfüllt sind. 2.2.1. Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Ordnung zu unterstellen. Insbesondere bei jüngeren Gesetzen sind auch die Gesetzesmaterialien zu beachten, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben und dem Gericht damit weiterhelfen (BGE 138 III 694 E. 2.4 S. 698; 137 IV 249 E. 3.2 S. 251; 137 V 369 E. 4.4.3.2 S. 371; 134 II 308 E. 5.2 S. 311). 2.2.1.1. Weder die deutsch- noch die französisch- noch die italienischsprachige Fassung von lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG sehen eine zeitliche Limitierung der Überprüfbarkeit von bei pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage zugesprochenen Renten in dem Sinne vor, als nur vor dem 1. Januar 2008 verfügte Renten einer Überprüfung zugänglich wären. 2.2.1.2. Dem historischen Auslegungselement kommt im vorliegenden Kontext, da die betreffende Norm erst mit der 6. IV-Revision per 1. Januar 2012 in das IVG gelangte, erhöhter Stellenwert zu und ist gleichzusetzen mit einer geltungszeitlichen Herangehensweise (vgl. E. 2.2.1 hievor; BGE 139 V 442 E. 4.2.2.1 S. 447; 136 V 216 E. 5.3.1 S. 218 f.; je mit Hinweisen). Diesbezüglich ist der bundesrätlichen Botschaft vom 24. Februar 2010 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket; BBl 2010 1817 ff.) unter dem Titel "Überprüfung der Renten, die vor dem 1. Januar 2008 gestützt auf die Diagnose von organisch nicht erklärbaren Schmerzzuständen gesprochen wurden" zu entnehmen (BBl 2010 1911 f.), dass mit der Schlussbestimmung die rechtliche Grundlage zur Anpassung der laufenden Renten, die vor dem 1. Januar 2008 wegen somatoformer Schmerzstörungen, Fibromyalgie und ähnlicher Sachverhalte zugesprochen worden waren, geschaffen werden sollte. Ergebe die Überprüfung durch die IV-Stelle, dass eine somatoforme Schmerzstörung, eine Fibromyalgie oder ein ähnlicher Sachverhalt in Anwendung von Art. 7 Abs. 2 ATSG mit einer zumutbaren Willensanstrengung überwindbar sei, müsse die Rente innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Änderung entsprechend adaptiert werden - dies in Abweichung von Art. 17 Abs. 1 ATSG auch dann, wenn weder eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes noch der erwerblichen Verhältnisse vorliege. Eine Herabsetzung oder Aufhebung der Rente erfolge nur nach eingehender Prüfung des Sachverhalts. In jedem Fall seien für die Beurteilung der Zumutbarkeit die in BGE 130 V 352 formulierten Kriterien (Foerster-Kriterien) zu prüfen. Zudem seien dem bisher berechtigterweise erfolgten Rentenbezug und der dadurch entstandenen Situation angemessen Rechnung zu tragen. So sei in jedem einzelnen Fall eine Güterabwägung vorzunehmen und auf dieser Basis zu entscheiden, ob eine Anpassung jeweils als verhältnismässig erscheine (vgl. auch BGE 139 V 442 E. 4.2.2.1 S. 447 f.; Urteil 9C_228/2010 vom 26. April 2011 E. 3.4, in: SVR 2011 IV Nr. 73 S. 220). Von der bundesrätlich beantragten zeitlichen Einschränkung der Überprüfung wurde im Laufe der Debatte in den Räten, insbesondere mit Blick auf den am 30. August 2010 entschiedenen BGE 136 V 279 (sinngemässe Anwendbarkeit der Rechtsprechung zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen nach BGE 130 V 352 auch auf spezifische und unfalladäquate Verletzungen der Halswirbelsäule [HWS; Schleudertrauma] ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle), schliesslich jedoch abgesehen. Dies mit der Begründung, dass, um nicht neue Ungerechtigkeiten zu schaffen bzw. um alle entsprechenden Renten im Sinne einer Gleichbehandlung überprüfen zu können, auch später zugesprochene Renten, auf die gemäss der nach dem 1. Januar 2008 ergangenen Rechtsprechung zu den unklaren Beschwerdebildern kein Anspruch bestanden hätte, korrigierbar sein sollten (Antrag der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit [SGK-N] vom 13. Oktober 2010, Protokoll der SGK-N vom 4. und 5. November 2010, S. 68 ff., Protokoll der SGK-S vom 31. Januar und 1. Februar 2011, S. 17 ff.; ferner AB 2010 N 2116 ff. und 2011 S 36 ff.). 2.2.1.3. In Bezug auf Sinn und Zweck der Schlussbestimmung - und damit das teleologische Element des Auslegungsprozesses - kann weitgehend auf das hievor Gesagte verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG im Nachgang zu BGE 135 V 201 und 215 (Urteile 8C_502/2007 vom 26. März 2009 und 9C_1009/2008 vom 1. Mai 2009), wonach weder die mit BGE 130 V 352 zur somatoformen Schmerzstörung begründete Rechtsprechung noch der mit der 5. IV-Revision eingefügte Art. 7 Abs. 2 ATSG allein eine Herabsetzung oder Aufhebung einer laufenden Rente unter dem Titel der Anpassung an geänderte Rechtsgrundlagen rechtfertigen, ins Gesetz aufgenommen wurde. Damit ermöglicht der Gesetzgeber die Überprüfung von gestützt auf unklare Beschwerdebilder zugesprochenen Renten nach Massgabe von Art. 7 Abs. 2 ATSG für den Fall, dass die Rückkommensgründe der materiellen Revision im Sinne von Art. 17 ATSG oder der Wiedererwägung gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG nicht erfüllt sind. Wenn die Rentenzusprache bereits auf der Grundlage der massgebenden Überwindbarkeitsrechtsprechung erfolgt ist (bislang: Anhaltende somatoforme Schmerzstörung: BGE 130 V 352 [Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 683/03 vom 12. März 2004], 130 V 396 [Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 457/02 vom 18. Mai 2004] und 131 V 49 [Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 770/03 vom 16. Dezember 2004]; Fibromyalgie: BGE 132 V 65 E. 4 S. 70 ff. [Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 336/04 vom 8. Februar 2006]; dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörung: Urteil I 9/07 vom 9. Februar 2007 E. 4 in fine, in: SVR 2007 IV Nr. 45 S. 149; dissoziative Bewegungsstörung: Urteil 9C_903/2007 vom 30. April 2008 E. 3.4; Chronic Fatigue Syndrome [CFS; chronisches Müdigkeitssyndrom] und Neurasthenie: Urteile I 70/07 vom 14. April 2008 E. 5; 9C_98/2010 vom 28. April 2010 E. 2.2.2, in: SVR 2011 IV Nr. 17 S. 44, und 9C_662/2009 vom 17. August 2010 E. 2.3, in: SVR 2011 IV Nr. 26 S. 73; spezifische und unfalladäquate HWS-Verletzungen [Schleudertrauma] ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle: BGE 136 V 279 [Urteil 9C_510/2009 vom 30. August 2010]; nichtorganische Hypersomnie: BGE 137 V 64 E. 4 S. 67 ff. [Urteil 9C_871/2010 vom 25. Februar 2011]; leichte Persönlichkeitsveränderung bei chronischem Schmerzsyndrom: Urteil 8C_167/2012 vom 15. Juni 2012 E. 5.2 und 6.1; vgl. ferner Rz. 1002 des Kreisschreibens des BSV über die Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des IVG, gültig ab 1. März 2013 [KSSB]), soll die Schlussbestimmung indessen nicht Hand bieten für eine nochmalige Überprüfung unter denselben Vorzeichen. Eine solche ist einer allfälligen Wiedererwägung mit den Voraussetzungen der zweifellosen Unrichtigkeit und der erheblichen Bedeutung der Berichtigung vorbehalten. 2.2.1.4. Der Gesichtspunkt einer systematischen Auslegung führt zu keinen von den bisherigen Schlussfolgerungen abweichenden Erkenntnissen. 2.2.2. Zusammenfassend ist die Überprüfung nach lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG nicht auf vor dem 1. Januar 2008 zugesprochene Renten beschränkt. Erging die fragliche Rentenzusprache aber schon in Beachtung der jeweils relevanten Rechtsprechung zu pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage, bleibt kein Raum mehr für ein Rückkommen unter dem Titel der Schlussbestimmung. 2.3. Die IV-Stelle hat die am 14. Februar 2008 verfügte ganze Rente in Kenntnis der Praxis zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen zuerkannt (vgl. E. 2.1.1 hievor). Ob dies in rechtskonformer Weise geschehen ist, muss, aus den hievor dargelegten Gründen, nicht im Verfahren gemäss SchlBest. IVG entschieden werden. 3. 3.1. In der Beschwerde wird im Weiteren geltend gemacht, die Verfügung der IV-Stelle vom 14. Februar 2008, mit welcher auf der Basis des Schreibens des Psychiatrie-Zentrums X._ vom 27. November 2007 sowie der RAD-Stellungnahme vom 6. Dezember 2007 eine ganze Rente zugesprochen worden war, erweise sich als zweifellos unrichtig im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG. Die Rentenleistungen seien auf Grund der Diagnosen einer somatoformen Schmerzstörung und einer mittelgradigen depressiven Episode erfolgt, ohne dass die Kriterien, deren es für die ausnahmsweise Bejahung der Unüberwindbarkeit der Schmerzstörung bedürfe, in genügendem Ausmass vorgelegen hätten. Die rentenaufhebende Verfügung vom 19. Juli 2012 sei daher mit der substituierten Begründung der Wiedererwägung zu schützen. 3.2. Der Einwand der zweifellosen Unrichtigkeit der Rentenverfügung vom 14. Februar 2008 wird erstmals vor dem Bundesgericht vorgetragen. Es handelt sich dabei um einen neuen Rechtsgrund der verfügten Rentenaufhebung, zu dem sich der Beschwerdegegner letztinstanzlich im Rahmen seiner Vernehmlassung vom 18. Februar 2013 geäussert hat. Da eine entsprechende Beurteilung gestützt auf die vorhandenen Akten möglich ist, kann auf die Beschwerde auch in diesem Punkt eingetreten werden. Mangels für das Bundesgericht verbindlicher vorinstanzlicher Feststellungen verfügt es über uneingeschränkte Überprüfungsbefugnis. 3.3. Die Verfügung vom 19. Juli 2012, mit welcher die bisherigen Rentenleistungen auf den 1. September 2012 eingestellt wurden, basierte einzig auf lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG. Die IV-Stelle hat sich zu keiner Zeit - auch nicht vor der Vorinstanz - auf den Aufhebungsgrund der Wiedererwägung berufen. Das Zurückkommen auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide bei Fehlen eigentlicher Revisionsgründe liegt jedoch im alleinigen Ermessen des Versicherungsträgers. Er kann weder von der betroffenen Person noch vom Gericht zu einer Wiedererwägung verhalten werden, weshalb kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Wiedererwägung besteht (vgl. BGE 119 V 475 E. 1b/cc S. 479 mit Hinweis; Urteil 9C_157/2011 vom 17. Juni 2011 E. 5 mit diversen Hinweisen). Entgegen der in der Beschwerde erhobenen Rüge ist dem kantonalen Gericht vor diesem Hintergrund in Bezug auf die nicht vorgenommene Prüfung einer allfälligen fehlerhaften ursprünglichen Rechtsanwendung keine Verletzung der Untersuchungspflicht vorzuwerfen. 4. 4.1. Gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG kann der Versicherungsträger auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn die ursprüngliche Leistungszusprechung nach damaliger Sach- und Rechtslage zweifellos unrichtig war (vgl. BGE 125 V 383 E. 3 S. 389; 119 V 475 E. 1c S. 480 mit Hinweisen; Urteil 8C_769/2010 vom 12. November 2010 E. 2.2) und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Vorausgesetzt ist, dass kein vernünftiger Zweifel an der Unrichtigkeit der Verfügung möglich, also nur dieser einzige Schluss denkbar ist (Urteile 9C_418/2010 vom 29. August 2011 E. 3.2, in: SVR 2012 IV Nr. 18 S. 81, und 9C_575/2007 vom 18. Oktober 2007 E. 2.2; je mit Hinweisen). Dieses Erfordernis ist zumeist erfüllt, wenn eine Leistungszusprache auf Grund falscher Rechtsregeln erfolgt ist oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht oder unrichtig angewandt wurden (Urteil 9C_649/2011 vom 28. Juni 2012 E. 3.3). Sind die Voraussetzungen der Wiedererwägung gegeben, werden die Anspruchsberechtigung und allenfalls der Umfang des Anspruchs pro futuro geprüft (Urteile 9C_215/2007 vom 2. Juli 2007 E. 6.1 und 9C_960/2008 vom 6. März 2009 E. 1.2). Wird die zweifellose Unrichtigkeit der ursprünglichen Rentenverfügung erst vom Gericht festgestellt, so kann es die im Revisionsverfahren verfügte Aufhebung der Rente mit dieser substituierten Begründung schützen (Urteil 8C_441/2012 vom 25. Juli 2013 E. 10.1 mit Hinweisen). 4.2. Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit können in gleicher Weise wie körperliche Gesundheitsschäden eine Invalidität im Sinne von Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 ATSG bewirken. Nicht als Folgen eines psychischen Gesundheitsschadens und damit invalidenversicherungsrechtlich nicht als relevant gelten Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit, welche die versicherte Person bei Aufbietung allen guten Willens, die verbleibende Leistungsfähigkeit zu verwerten, abwenden könnte; das Mass des Forderbaren wird dabei weitgehend objektiv bestimmt (BGE 102 V 165; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 138/98 vom 31. Januar 2000 E. 2b mit Hinweisen, in: AHI 2001 S. 227; vgl. auch BGE 127 V 294 E. 4c in fine S. 298). 4.2.1. Die Annahme eines psychischen Gesundheitsschadens, so auch einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, setzt zunächst eine fachärztlich (psychiatrisch) gestellte Diagnose nach einem wissenschaftlich anerkannten Klassifikationssystem voraus (BGE 130 V 396 E. 5.3 und E. 6 S. 398 ff.). Wie jede andere psychische Beeinträchtigung begründet indes auch eine diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung als solche noch keine Invalidität. Vielmehr besteht eine Vermutung, dass die somatoforme Schmerzstörung oder ihre Folgen mit einer zumutbaren Willensanstrengung überwindbar sind. Bestimmte Umstände, welche die Schmerzbewältigung intensiv und konstant behindern, können den Wiedereinstieg in den Arbeitsprozess unzumutbar machen, weil die versicherte Person alsdann nicht über die für den Umgang mit den Schmerzen notwendigen Ressourcen verfügt. Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, entscheidet sich im Einzelfall anhand verschiedener Kriterien. Im Vordergrund steht die Feststellung einer psychischen Komorbidität von erheblicher Schwere, Ausprägung und Dauer. Massgebend sein können auch weitere Faktoren, so: chronische körperliche Begleiterkrankungen; ein mehrjähriger, chronifizierter Krankheitsverlauf mit unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne länger dauernde Rückbildung; ein sozialer Rückzug in allen Belangen des Lebens; ein verfestigter, therapeutisch nicht mehr beeinflussbarer innerseelischer Verlauf einer an sich missglückten, psychisch aber entlastenden Konfliktbewältigung (primärer Krankheitsgewinn; "Flucht in die Krankheit"); das Scheitern einer konsequent durchgeführten ambulanten oder stationären Behandlung (auch mit unterschiedlichem therapeutischem Ansatz) trotz kooperativer Haltung der versicherten Person (BGE 130 V 352). Je mehr dieser Kriterien zutreffen und je ausgeprägter sich die entsprechenden Befunde darstellen, desto eher sind - ausnahmsweise - die Voraussetzungen für eine zumutbare Willensanstrengung zu verneinen (Meyer-Blaser, Der Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit und seine Bedeutung in der Sozialversicherung, in: Schmerz und Arbeitsunfähigkeit, 2003, S. 77). 4.2.2. Beruht die Leistungseinschränkung auf Aggravation oder einer ähnlichen Konstellation, liegt regelmässig keine versicherte Gesundheitsschädigung vor (siehe Meyer-Blaser, a.a.O., S. 92 f.). Eine solche Ausgangslage ist etwa gegeben, wenn: eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geschilderten Schmerzen und dem gezeigten Verhalten oder der Anamnese besteht; intensive Schmerzen angegeben werden, deren Charakterisierung jedoch vage bleibt; keine medizinische Behandlung und Therapie in Anspruch genommen wird; demonstrativ vorgetragene Klagen auf den Sachverständigen unglaubwürdig wirken; schwere Einschränkungen im Alltag behauptet werden, das psychosoziale Umfeld jedoch weitgehend intakt ist (siehe Kopp/Willi/Klipstein, Im Graubereich zwischen Körper, Psyche und sozialen Schwierigkeiten, in: Schweizerische Medizinische Wochenschrift 1997, S. 1434, mit Hinweis auf eine grundlegende Untersuchung von Winckler und Foerster; zum Ganzen: BGE 131 V 49). 4.2.3. Wenn die begutachtende Fachperson allein auf Grund der Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit attestiert, hat die rechtsanwendende Behörde diesfalls mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob die ärztliche Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit auch invaliditätsfremde Gesichtspunkte (insbesondere psychosoziale und/oder soziokulturelle Belastungsfaktoren) mitberücksichtigt, welche aus sozialversicherungsrechtlicher Optik regelmässig unbeachtlich sind. Ferner ist das Augenmerk auf die Frage zu richten, ob die ärztlicherseits anerkannte (Teil-) Arbeitsunfähigkeit auch im Lichte der für eine Unüberwindlichkeit der Schmerzsymptomatik massgebenden rechtlichen Kriterien standhält (BGE 130 V 352 E. 2.2.5 S. 355 f.). 4.3. Im Schreiben des Psychiatrie-Zentrums X._ vom 27. November 2007 wird erwähnt, dass sich der psychische Gesundheitszustand des Versicherten seit der medizinischen Begutachtung durch das Ärztliche Begutachtungsinstitut Y._ im Februar 2006 deutlich verschlechtert habe. Spätestens seit dem Beginn der regelmässigen ambulanten Behandlung im Psychiatrischen Ambulatorium A._ Mitte April 2007 sei davon auszugehen, dass sich die vom Ärztlichen Begutachtungsinstitut Y._ diagnostizierte leichte depressive Episode zu einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom im Rahmen der rezidivierenden depressiven Störung gemäss ICD-10 F 33.11 entwickelt habe. Neben diesem Beschwerdebild bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung nach ICD-10 F 45.4, wobei sich mittlerweile auch Kriterien fänden, die für eine ausnahmsweise Unüberwindbarkeit der somatoformen Schmerzstörung sprächen. Es lägen etwa ein sozialer Rückzug in allen Bereichen des täglichen Lebens sowie ein chronifizierter Verlauf trotz Ausschöpfens sämtlicher therapeutischer Möglichkeiten vor. So besuche der Versicherte ein Mal pro Woche eine ambulante Gruppe der Bewegungstherapie für Patienten mit Schmerzstörung. Aus der Kombination beider psychischer Störungen resultiere eine vollumfängliche Arbeitsunfähigkeit für jegliche Tätigkeit in der freien Wirtschaft. Die Stellungnahme des RAD vom 6. Dezember 2007 gibt Befund und Diagnose des Psychiatrie-Zentrums X._ wieder und stuft diese wie auch die daraus resultierenden Folgen als plausibel ein. 4.3.1. In den aufgeführten Berichten wurde neben der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Eine nachvollziehbare Begründung für die Aussage, wonach sich die von den Ärzten des Ärztlichen Begutachtungsinstituts Y._ im Februar 2006 noch als leichte depressive Episode beschriebene psychische Störung spätestens seit April 2007 deutlich verschlechtert haben sollte, geht aus den (echtzeitlichen) Unterlagen indes nicht hervor. Für die allein darauf basierende Erkenntnis, dass damit von einer im Zeitpunkt der Berentung von depressiven Verstimmungszuständen klar unterscheidbaren Depression im Sinne eines verselbstständigten Gesundheitsschadens auszugehen sei, fehlten mithin genügende Anhaltspunkte. Was ferner die mit Blick auf die für eine Unüberwindlichkeit der Schmerzsymptomatik massgebenden Kriterien anbelangt, wird weder im Bericht des Psychiatrie-Zentrums X._ noch in der RAD-Stellungnahme näher dargelegt, wie sich der erwähnte soziale Rückzug des Beschwerdegegners manifestiert hat. Vielmehr war im Gutachten des Ärztlichen Begutachtungsinstituts Y._ vom 25. April 2006 noch ausdrücklich postuliert worden, dass in Zusammenhang mit der somatoformen Schmerzstörung kein ausgewiesener sozialer Rückzug feststellbar sei. Ebenso wenig ist den Ausführungen zu entnehmen, ob in Bezug auf das Kriterium der unbefriedigenden Behandlungsergebnisse trotz konsequent durchgeführter ambulanter und/oder stationärer Behandlungsbemühungen (auch mit unterschiedlichem therapeutischem Ansatz) und gescheiterten Rehabilitationsmassnahmen bei vorhandener Motivation und Eigenanstrengung des Versicherten tatsächlich sämtliche therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft worden waren. Die Ärzte des Psychiatrie-Zentrums X._ stützten ihre Aussage einzig auf den Umstand, dass der Versicherte seit April 2007 einmal wöchentlich die ambulante Gruppe der Bewegungstherapie für Patienten mit Schmerzstörung besuche. Belege hierfür fehlten aber im Zeitpunkt der Rentenzusprache. In der Expertise des Ärztlichen Begutachtungsinstituts Y._ war diesbezüglich festgehalten worden, der Explorand führe nachweislich weder die indizierte Gesprächstherapie durch, noch nehme er die verordneten antidepressiven Medikamente ein. Die Gutachter hatten überdies vermerkt, dass der Explorand betreffend Mitwirkung keine grosse Motivation zeige. Explizit ausgeschlossen wurden seitens der Ärzte des Ärztlichen Begutachtungsinstituts Y._ alsdann chronische körperliche Begleiterkrankungen. Von einem verfestigten, therapeutisch nicht mehr angehbaren innerseelischen Verlauf einer an sich missglückten, psychisch aber entlastenden Konfliktbewältigung liesse sich zudem nur sehr bedingt sprechen, sei es im Rahmen der psychiatrischen Behandlung doch zu einer Besserung gekommen. Weder in den besagten Berichten noch in den übrigen Akten finden sich schliesslich Hinweise für einen mehrjährigen Krankheitsverlauf bei unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne längerfristige Remission. Auch fehlt sowohl im Bericht des Psychiatrie-Zentrums X._ wie in der Stellungnahme des RAD eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der - ausdrücklich bejahten - psychosozialen und allenfalls soziokulturellen Belastungsfaktoren auf das Leistungsvermögen des Beschwerdegegners. Das Gutachten des Ärztlichen Begutachtungsinstituts Y._ war in diesem Kontext zum Schluss gelangt, dass psychosoziale Faktoren im Sinne finanzieller Schwierigkeiten und familiärer Konflikte bestünden. Auf Grund des momentan objektivierbaren Zustandsbildes und der Selbsteinschätzung des Exploranden, nicht mehr arbeiten zu können, müsse davon ausgegangen werden, dass die krankheitsfremden Faktoren deutlich überwögen. 4.3.2. Das Schreiben des Psychiatrie-Zentrums X._ vom 27. November 2007 und die Stellungnahme des RAD vom 6. Dezember 2007, welche Grundlage bildeten für die mit Verfügung vom 14. Februar 2008 rückwirkend auf 1. April 2007 zugesprochene ganze Rente, erfüllen nach dem Dargelegten die Anforderungen an eine rechtskonforme Sachverhaltsabklärung nach Massgabe der in E. 4.2.3 hievor aufgezeigten Grundsätze nicht. Die Leistungszusprache ist vor diesem Hintergrund in fehlerhafter Anwendung der massgeblichen Regeln ergangen und daher als zweifellos unrichtig im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG zu qualifizieren. Da das zusätzliche Erfordernis der erheblichen Bedeutung der Berichtigung (vgl. Urteil 9C_342/2008 vom 20. November 2008 E. 5.3, nicht publ. in: BGE 135 I 1, aber in: SVR 2009 IV Nr. 20 S. 52) ebenfalls zu bejahen ist, kann, dem Antrag des BSV folgend, - ex nunc et pro futuro (vgl. E. 4.1 hievor) - auf die Verfügung zurückgekommen werden. 4.3.3. Fraglich und nach Lage der vorhandenen Akten nicht abschliessend beurteilbar ist indes, wie sich der psychische Gesundheitszustand des Versicherten bis zur am 19. Juli 2012 verfügten Rentenaufhebung entwickelt hat. Während 2006/2007 noch von einer leichten bis mittelgradigen depressiven Episode die Rede gewesen war, sprach Dr. med. W._ am 29. März 2010 von einer manifesten chronischen Depression. Im Bericht des Psychiatriezentrums Z._ vom 27. September 2010 wurde neben der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung alsdann eine rezidivierend depressive Störung, erneut mittelgradige bis schwere Episode (ICD-10: F33.1/F33.2), diagnostiziert. Am 29. März 2012 beschrieben die Ärzte des Psychiatriezentrums Z._ schliesslich eine schwerwiegende depressive Störung (ICD-10: F33.1/F33.2) : Die Symptomatik fluktuiere, ohne dass je eine Remission erreicht worden sei. Zum jetzigen Berichtszeitpunkt bestehe erneut eine mittel- bis schwergradig depressive Symptomatik, wobei bilanzierend auch suizidale Gedanken des Patienten eine Rolle spielten. Die der Verfügung vom 19. Juli 2012 in medizinischer Hinsicht zugrunde gelegte Aussage der RAD-Ärztin vom 17. Juli 2012, wonach sich keine Rückschlüsse auf neue medizinische Erkenntnisse ergäben, lässt sich angesichts dieser Verhältnisse nicht ohne Weiteres bestätigen. Vielmehr muss - mit dem BSV (vgl. Ziff. 2.6 der Beschwerde) - davon ausgegangen werden, dass der relevante Sachverhalt unvollständig abgeklärt wurde. Die Sache ist somit an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie die erforderlichen vertieften Abklärungen vornehme. Hernach wird sie erneut über den Rentenanspruch des Beschwerdegegners zu befinden haben. 5. 5.1. Die Rückweisung der Sache an den Versicherungsträger oder an das vorinstanzliche Gericht zu erneuter Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235; Urteil 8C_671/2007 vom 13. Juni 2008 E. 4.1). Demgemäss sind die Gerichtskosten dem Beschwerdegegner zu überbinden. Seinem Gesuch um unentgeltliche Prozessführung im Sinne der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung kann jedoch stattgegeben werden, da die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist. Das obsiegende BSV hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 5.2. Da der einzig erfolgreiche Wiedererwägungsantrag erst vor dem Bundesgericht gestellt wurde, bleibt es beim vorinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsentscheid.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 14. November 2012 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 19. Juli 2012 werden aufgehoben. Die Sache wird an die IV-Stelle des Kantons Zürich zurückgewiesen, damit sie über den Anspruch des Beschwerdegegners auf eine Invalidenrente neu verfüge. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 2. Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 4. Rechtsanwalt Sebastian Lorentz wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter des Beschwerdegegners bestellt und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.- ausgerichtet. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und der IV-Stelle des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Luzern, 13. Dezember 2013 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Leuzinger Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl
51bcf9cd-2a71-4164-8177-a80017ba0ed0
de
2,010
CH_BGer_006
Federation
null
null
null
penal_law
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. Das Geschworenengericht des Kantons Zürich sprach X._ und Y._ am 18. Februar 2008 der vorsätzlichen Tötung ihrer Tochter A._ schuldig. Es verurteilte Y._ zu 12 Jahren und X._ zu 6 Jahren Freiheitsstrafe, unter Anrechnung der erstandenen Polizei- und Untersuchungshaft. B. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Beschwerde in Strafsachen, wobei sie nur das Urteil gegen X._ anficht. Sie beanstandet die Strafzumessung und beantragt, die Sache zur neuen Entscheidung an das Geschworenengericht zurückzuweisen. Das Urteil gegen Y._ ist inzwischen in Rechtskraft erwachsen. C. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Gleichzeitig stellt sie das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht hat die Beschwerde in öffentlicher Sitzung beurteilt.
Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerdegegnerin X._ und Y._ wurden am 11. Juni 2003 Eltern der Tochter A._. Y._ misshandelte in der Folge seine Tochter regelmässig. Der überwiegende Teil der Misshandlungen trug sich zu, als die Beschwerdegegnerin nach der Geburt ihre Arbeit wieder aufgenommen hatte und der arbeitslose Mitangeklagte sich um die Tochter kümmerte. Y._ schlug das Kleinkind mehrfach auf das entblösste Gesäss, den entblössten Bauch sowie den Brustbereich und schüttelte es mehrmals mit steigender Intensität, ohne den Kopf des Kindes zu fixieren. Er versetzte ihm Kopfnüsse und bewegte es mehrere Male im Lavabo derart hin und her, dass es seine Stirn und den Hinterkopf am Waschbeckenrand und am Wasserhahn aufschlug. Er liess das Kleinkind mehrmals aus einer Höhe von ca. 70 cm ungeschützt auf eine Matratze fallen, er würgte es am Hals und stand mit den Füssen auf den Rücken des auf dem Bauch liegenden Mädchens. Er steckte ihm mehrmals für ca. 5 Minuten eine Socke in den Mund (wobei er das Zimmer des Kindes zwischenzeitlich auch verliess) und führte ihm den Stil eines Kunststoffpinsels in die Scheide ein. Er liess es in der zur Hälfte gefüllten Badewanne während rund einer Minute los, um zu sehen, wie lange das Kind unter Wasser bleiben kann. Zwischen ca. Mitte Juni 2003 und 29. Oktober 2003 ernährte Y._ seine Tochter ungenügend. Die Nahrung war zudem nicht ausreichend zusammengesetzt und wurde in unregelmässigen Zeitabständen verabreicht. Zudem bestrafte er das Kind mit Essensentzügen. Schliesslich führte er bei seiner Tochter, die zwischenzeitlich nicht mehr geatmet hatte, mehrmals Herzmassagen durch und unterliess in der Folge, einen Arzt zu konsultieren oder beizuziehen, um die gesundheitlichen Ursachen des Atemstillstandes abklären zu lassen. Am frühen Morgen des 29. Oktober 2003 schüttelte er seine Tochter erneut kräftig. Dabei bewegte sich deren Kopf unkontrolliert hin- und her. Die viereinhalb Monate alte A._ verstarb gleichentags an den Folgen eines Schädel-Hirntraumas. 1.2 Das rechtsmedizinische Gutachten stellte diverse frische und ältere Hirnläsionen mit Blutungen fest. Es fanden sich Einblutungen im Brustbereich, die von stumpfer Gewalteinwirkung herrührten. Das viereinhalb Monate alte Opfer litt an starkem Verlust von Körperfett, sein Gewicht lag 42% unter dem altersentsprechenden Sollgewicht. Das Kind wog 540 Gramm weniger als bei seiner Geburt. Es wies diverse zwei bis acht Wochen alte Rippenbrüche im gesamten Brustkorb auf. Zudem wurde eine Lungenentzündung diagnostiziert. Todesursache waren gemäss Gutachten die durch das Schütteln erlittenen Hirnverletzungen. Hätte das Kind überlebt, wären aufgrund der bestehenden Hirnverletzungen sowie der durch die Mangelernährung bedingten Funktionsstörungen der Organe bleibende Schäden zu erwarten gewesen. Selbst ohne Schütteltrauma habe jederzeit mit dem Tod des Kindes gerechnet werden müssen. Nicht lebensgefährlich seien die Verletzung des Lippenbändchens sowie die weiteren Verletzungen und Blutergüsse an den Extremitäten gewesen. Sie deuteten jedoch ebenfalls auf eine stumpfe Gewalteinwirkung hin. 1.3 Die Beschwerdegegnerin hat nach den Feststellungen der Vorinstanz Schläge des Mitangeklagten auf das Gesäss ihrer Tochter, Kopfnüsse, Gehversuche sowie das Knebeln des Kindes mit einer Socke beobachtet. Der Mitangeklagte habe ihr auch vom Loslassen des Kindes in der Badewanne erzählt. Sie habe einen Blutfleck an der Wand von den Schlägen, blaue Flecken bzw. Blasen am Kopf der Tochter sowie am Vortag des Todes ein erhebliches Erbrechen festgestellt. Ebenso habe diese an einer für sie erkennbaren massiven Unterernährung und einer dadurch hervorgerufenen Entwicklungsstörung gelitten. Sie sei nicht gegen die Handlungen ihres Partners eingeschritten, obwohl sie hinreichend Gelegenheit gehabt habe, Hilfe von Dritten (Verwandte, Nachbarn, Hausarzt, Kinderarzt, Anwalt, Vormundschaftsbehörde) zu holen. Sie habe sich abgeschottet, als Verwandte und Bekannte versucht hätten, mit ihr in Kontakt zu treten. Diejenigen Leute, welche sich nach dem Wohlergehen von A._ erkundigt hätten, habe sie angelogen. Ihre Aufforderungen an den Mitangeklagten, die Tochter nicht zu schlagen bzw. ihr keine Socke in den Mund zu stecken, seien nicht erfolgreich gewesen, ebenso wenig die heimliche Ernährung der Tochter, als der Mitangeklagte ihr das Essen entzog. 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz missbrauche bei der Festsetzung der Strafe das ihr zustehende Ermessen. Sie verstosse gegen Art. 47 StGB und Art. 19 Abs. 2 StGB, indem sie das objektive Tatverschulden der Beschwerdegegnerin falsch gewichte. Sie bemesse die Einsatzstrafe für das objektive Tatverschulden im Vergleich zum Mitangeklagten Y._ zu tief, obwohl die Unterlassungen der Beschwerdegegnerin den aktiven Handlungen von Y._ gleichkämen. 2.2 Die Vorinstanz sprach die Beschwerdegegnerin der vorsätzlichen Tötung ihrer Tochter A._ nach Art. 111 StGB schuldig. Das objektive Tatverschulden sei auf einer Skala von leicht bis äusserst schwer als sehr schwer zu bezeichnen. Das Tatmotiv sei egoistisch. Die Beschwerdegegnerin habe aus Angst vor Tätlichkeiten ihres Partners und zum Erhalt der Beziehung nicht in dessen Handlungen eingegriffen. Straferhöhend wirke sich aus, dass sie ihr eigenes, völlig hilfloses Kind nicht geschützt habe. Strafmindernd sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Unterlassung nach Art. 11 Abs. 4 StGB handle. Alleine aufgrund der objektiven Verschuldenskomponenten wäre eine Freiheitsstrafe von 16 Jahren angemessen. Infolge der mittelgradig verminderten Schuldfähigkeit sei eine hälftige Strafreduktion angebracht. Im Weiteren seien der Eventualvorsatz, das kooperative Verhalten im Strafverfahren, das Teilgeständnis, die Reue und Einsicht, die freiwillig in Angriff genommene Therapie, die Vorstrafenlosigkeit sowie die Verletzung des Beschleunigungsgebots strafmindernd zu berücksichtigen. Unter Würdigung der objektiven und subjektiven Tatschwere wertet sie das Verschulden als erheblich. Insgesamt erscheine eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren angemessen. 3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist im vorliegenden Fall nicht das neue, sondern das zur Zeit der Tat geltende Recht anwendbar. Die Strafzumessungsgrundsätze haben im neuen Recht nicht geändert. Die Strafe wäre deshalb nach altem wie nach neuem Recht gleich ausgefallen, weshalb Art. 2 Abs. 2 StGB nicht anwendbar ist. Die unrichtige Rechtsanwendung ist jedoch nicht von Bedeutung, weil sie an der Strafzumessung nichts ändert und im Ergebnis deshalb als bundesrechtskonform erscheint (vgl. BGE 127 IV 101 E. 2c S. 204 f. mit Hinweisen). 4. 4.1 Die Beschwerdeführerin beanstandet die von der Vorinstanz berücksichtigten Strafzumessungsfaktoren nicht. Sie rügt lediglich deren Gewichtung. Im Rahmen des objektiven Tatbestandes der vorsätzlichen Tötung nach Art. 111 StGB prüfte die Vorinstanz, ob sich die Beschwerdegegnerin eines unechten Unterlassungsdeliktes strafbar gemacht hat. Voraussetzung für die Tatbestandsmässigkeit dieser heute in Art. 11 Abs. 3 StGB geregelten Begehungsform ist, dass dem pflichtwidrig Untätigen derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er aktiv gehandelt hätte. Aus diesem Tatbestandsmerkmal lässt sich nicht schliessen, es müsse bei der Strafzumessung stets von einem gleichwertigen Verschulden ausgegangen werden. Gerade weil die aufgewendete kriminelle Energie bei einem Unterlassungsdelikt oft geringer ist als bei einem Handlungsdelikt, wird in Art. 11 Abs. 4 StGB für unechte Unterlassungsdelikte eine fakultative Strafmilderung vorgesehen (vgl. SEELMANN, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl. 2007, N. 84 zu Art. 11 StGB). Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das objektive Tatverschulden der Beschwerdegegnerin anders bewertet als jenes von Y._. 4.2 Das objektive Verschulden der Beschwerdegegnerin wiegt nach Auffassung der Vorinstanz sehr schwer, weshalb sie die Einsatzstrafe auf 16 Jahre ansetzt. Bei einem Strafrahmen von fünf bis zwanzig Jahren Freiheitsstrafe liegt dies innerhalb des Ermessens und ist nicht zu beanstanden. Die Einsatzstrafe hält auch einem Vergleich mit derjenigen von Y._ stand. Die Vorinstanz hat für dessen von ihr als sehr schwer bis äusserst schwer bewertetes Verschulden eine Einsatzstrafe von 20 Jahren angenommen. 5. 5.1 Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz gewichte die verminderte Schuldfähigkeit in ermessensüberschreitender Weise strafmindernd. Die Beschwerdegegnerin leide nicht an einer Persönlichkeitsstörung. Die Abhängigkeitsproblematik gegenüber dem Mitangeklagten sei eine persönlichkeitsakzentuierte Eigenschaft, welche nicht einer psychischen Störung krankhafter Natur gleichzusetzen sei. Bei der Einschätzung der mittelgradig verminderten Steuerungsfähigkeit handle es sich um eine grobe Schätzung des Gutachters. Aus einer derart unsicheren, mathematisch ungenauen Einschätzung dürfe keine mathematisch präzise Strafreduktion ("rund um die Hälfte") erfolgen. Angesichts des objektiven Tatverschuldens sei die ausgefällte Strafe von 6 Jahren weitaus zu mild. 5.2 Die Vorinstanz hält unter Hinweis auf die Feststellungen des psychiatrischen Sachverständigen im Gutachten vom 15. September 2004 (Vorakten Ordner 4, HD 22/7) und anlässlich der Hauptverhandlung (Vorakten Ordner Protokoll Band 2, S. 624 bis 662) fest, bei der Beschwerdegegnerin liege eine Abhängigkeitsproblematik vor, die aus ihrer Kindheit herrühre. Sie könne im Sinne eines Schutzmechanismus negative, traumatische Erfahrungen ausblenden. Sie und Y._ seien gegenseitig voneinander abhängig gewesen. Auf der einen Seite habe er ein Bedürfnis nach Kontrolle und Dominanz in der Beziehungssituation gehabt. Auf der anderen Seite habe sie sich stark an ihn angelehnt. Die Tochter habe die Exklusivität der Paarbeziehung gesprengt. Es sei bereits während der Schwangerschaft zu tätlichen Übergriffen des Mitangeklagten gekommen. Resultat dieser Drucksituation sei gewesen, dass sich das Paar gegen aussen immer mehr abgeschottet habe. Die Dependenzstörung der Beschwerdegegnerin sei noch nicht als Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren, weil die Problematik nicht in allen Lebensbereichen zum Vorschein komme. Es handle sich um eine akzentuierte Eigenschaft. Die Problematik habe die Beschwerdegegnerin in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, sich anders zu verhalten. Die Einsichtsfähigkeit sei aber vorhanden gewesen. Im Ergebnis läge gemäss dem Gutachter eine mittlere Verminderung der Schuldfähigkeit vor. Dies sei innerhalb des ordentlichen Strafrahmens nach Art. 19 Abs. 2 StGB strafmindernd zu berücksichtigen. Die Strafe sei um rund die Hälfte zu reduzieren. 5.3 Ist der Täter zur Zeit der Tat vermindert zurechnungsfähig (schuldfähig), so ist die Strafe gemäss dem Wortlaut des Gesetzes zu mildern (Art. 11 aStGB bzw. Art. 19 Abs. 2 StGB). Nach der bisherigen Rechtsprechung ist dabei die aus den Tatkomponenten resultierende Einsatzstrafe nach Massgabe der Verminderung der Schuldfähigkeit zu reduzieren. Die Täterkomponenten sind davon unabhängig zu bewerten. Allerdings können einzelne Tatsachen, welche die Verminderung der Schuldfähigkeit begründen, unter Umständen auch für die Gewichtung bestimmter Täterkomponenten von Bedeutung sein. Der Verminderung der Schuldfähigkeit ist bei der Strafzumessung im vollen Ausmass der Verminderung Rechnung zu tragen. Das Bundesgericht hat mehrfach entschieden, dass dabei keine lineare Reduktion nach einem bestimmten Tarif vorzunehmen ist (BGE 129 IV 22 E. 6.2 S. 35; 123 IV 49 E. 2c S. 51 je mit Hinweis). Eine leichte, mittelgradige oder schwere Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit führe daher nicht zwingend zu einer rein mathematischen Reduktion der Strafe um 25, 50 oder 75%. Indessen müsse ein bestimmtes Verhältnis zwischen der festgestellten Verminderung der Zurechnungsfähigkeit und den Folgen für die Strafe bestehen (BGE 129 IV 22 E. 6.2 S. 35). Diese Rechtsprechung wird in der Lehre teilweise so interpretiert, dass eine besondere Begründung erforderlich sei, sofern die verminderte Schuldfähigkeit nicht linear berücksichtigt werde (so etwa Schwarzenegger/Hug/Jositsch, Strafrecht II, 8. Aufl. 2007, S. 97; Hug, in: StGB Kommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 17. Aufl. 2006, zu Art. 48a StGB). Auch das Bundesgericht hat in einzelnen Entscheiden die eigene Rechtsprechung relativiert und den Eindruck vermittelt, es müsse von der Regel einer linearen Reduktion ausgegangen werden (vgl. etwa Urteil 6S.547/2006 vom 1. Februar 2007 E. 4.3). In BGE 118 IV 1 wurde festgehalten, die Strafe sei entsprechend dem Grad der Verminderung herabzusetzen. Bei einer verminderten Zurechnungsfähigkeit in mittlerem Grad sei die Strafe, die für die gleiche Tat eines voll Zurechnungsfähigen ausgesprochen würde, in mittlerem Ausmass zu reduzieren (a.a.O. E. 2 S. 5 mit Hinweisen). In einem solchen Fall dürfe die Strafe nicht lediglich um 40% herabgesetzt werden (BGE 129 IV 22 E. 6.2 S. 36). In einem neuen Entscheid hat das Bundesgericht befunden, dass es bei einer schweren Verminderung der Schuldfähigkeit nicht gegen Bundesrecht verstosse, die aus den Tatkomponenten resultierende Einsatzstrafe um 75% zu ermässigen. Eine Reduktion exakt in diesem Umfang sei aber bundesrechtlich nicht zwingend. Der Richter könne in Ausübung seines Ermessens die aus den Tatkomponenten resultierende Einsatzstrafe auch um etwas weniger herabsetzen, soweit diese Reduktion noch im gewissen Rahmen dessen liege, was geboten ist, um einer schweren Verminderung der Schuldfähigkeit im vollen Ausmass der Verminderung Rechnung zu tragen. Eine diesen Rahmen unterschreitende Reduktion der aus den Tatkomponenten resultierenden Einsatzstrafe sei nur zulässig, wenn besondere Umstände dafür sprechen, die in der Urteilsbegründung darzulegen seien (BGE 134 IV 132 E. 6.6 S. 139). 5.4 Gemäss Art. 63 aStGB hat der Richter die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu bemessen, wobei die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen zu berücksichtigen sind. Der am 1. Januar 2007 in Kraft getretene neue Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches hat die bisherigen Strafzumessungsgrundsätze in Art. 47 Abs. 1 StGB beibehalten. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wieweit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 19). Sowohl nach altem wie nach neuem Recht kommt somit dem (subjektiven) Tatverschulden bei der Strafzumessung eine entscheidende Rolle zu. 5.5 Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat der Richter dieses Verschulden zu bewerten. Er hat im Urteil darzutun, welche verschuldensmindernden und welche verschuldenserhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen. Der Gesetzgeber hat einzelne Kriterien aufgeführt, welche für die Verschuldenseinschätzung von wesentlicher Bedeutung sind und allenfalls bewirken können, das Verschulden als derart gering einzustufen, dass eine Strafe unterhalb des ordentlichen Strafrahmens geboten ist (E. 5.6 und 5.8 nachfolgend). In diesem Sinne spricht auch Art. 19 StGB (Art. 11 aStGB) davon, die Strafe sei bei verminderter Schuldfähigkeit (Zurechnungsfähigkeit) zu mildern. Dabei geht es zunächst entgegen dem Wortlaut des Gesetzes und in Änderung der bisherigen Rechtsprechung (vgl. BGE 134 IV 132 E. 6.1 S. 136 f.) nicht um die Herabsetzung einer Strafe, sondern um die Reduktion des Verschuldens. Der Schuldvorwurf, der einem nur vermindert schuldfähigen Täter gemacht werden kann, ist verglichen mit einem voll schuldfähigen Täter geringer (BGE 118 IV 1 E. 2 S. 4). Das Schuldprinzip verlangt deshalb, dass die Strafe für eine in verminderter Schuldfähigkeit begangene Tat niedriger sein muss, als wenn der Täter - unter sonst gleichen Umständen - voll schuldfähig gewesen wäre. Die mildere Strafe ergibt sich aus dem leichteren Verschulden (Urteil 6B_585/2008 vom 19. Juni 2009 E. 3.5). Wenn das Gesetz in einem verschuldensrelevanten Zusammenhang von Strafmilderung bzw. Strafminderung spricht, so bedeutet dies, dass die Strafe aufgrund des geringeren Verschuldens tiefer auszufallen hat als wenn keiner dieser Gründe vorläge. 5.6 Bei der Frage, in welchem Umfang die Einschränkung der Schuldfähigkeit die Verschuldensbewertung beeinflusst, gilt es vor Augen zu halten, dass die verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 2 StGB (bzw. Art. 11 aStGB) eines von mehreren Kriterien sein kann, wenn auch - je nach Grad der Verminderung - von wesentlichem Gewicht. So trifft etwa denjenigen ein geringerer Schuldvorwurf, dem lediglich eventualvorsätzliches Handeln anzulasten ist (Art. 12 Abs. 2 StGB; vgl. Urteil 6S.233/2003 vom 4. November 2003 E. 4.3 mit Hinweis). Das StGB selbst erwähnt verschiedene Umstände, die das Verschulden reduzieren können: Wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen, in schwerer Bedrängnis oder unter dem Eindruck einer schweren Drohung gehandelt hat; ebenso wenn sein Handeln durch eine Person, der er Gehorsam schuldet oder von der er abhängig ist, veranlasst worden ist (Art. 48 lit. a StGB). Im gleichen Sinne ist von einem minderen Verschulden auszugehen, wenn der Täter durch das Verhalten der verletzten Person ernsthaft in Versuchung geführt worden ist (Art. 48 lit. b), wenn er in einer heftigen Gemütsbewegung oder unter grosser seelischer Belastung (Art. 48 lit. c StGB) gehandelt hat. Ein reduziertes Verschulden trifft auch denjenigen, der die Tat durch Unterlassung begeht (Art. 11 Abs. 4 StGB). Zu nennen sind schliesslich die entschuldbare Notwehr (Art. 16 Abs. 1 StGB) und der entschuldbare Notstand (Art. 18 Abs. 1 StGB), der vermeidbare Irrtum über die Rechtswidrigkeit (Art. 21 StGB), der Rücktritt (Art. 23 Abs. 1 StGB) und die Gehilfenschaft (Art. 25 StGB). In all diesen Fällen liegen Sachverhaltselemente vor, die sich verschuldensmindernd auswirken, was zu einer milderen Strafe führt. Auf der anderen Seite sind Umstände denkbar, welche das Tatverschulden erhöhen und namentlich die wegen der reduzierten Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit des Täters geringere Schuld wieder auszugleichen vermögen (so auch Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 3. Aufl. 2000 S. 25 mit Hinweis auf BGHSt 7, 28 [31]). Zu erwähnen ist beispielsweise ein verwerfliches Motiv. Es liegt im Ermessen des Sachrichters, in welchem Umfang er die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Die strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts greift auf Beschwerde in Strafsachen hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 19 mit Hinweisen). Das Gericht ist nicht gehalten, in Zahlen oder Prozenten anzugeben, wie es die einzelnen Strafzumessungskriterien berücksichtigt (BGE 127 IV 101 E. 2c S. 104 f. mit Hinweisen). Bereits von daher ist es abzulehnen, bei der Verminderung der Schuldfähigkeit einen genauen Raster etwa von 75%, 50% und 25% oder eine lineare Abstufung zu verlangen (was bereits in BGE 76 IV 34 E. 2 S. 38 als "offensichtlich verfehlt" bezeichnet wurde). Andernfalls wäre der Richter gehalten, eine vom psychiatrischen Gutachter vorgegebene grobe Einschätzung willkürlich einzuengen. Der Nachweis und die Einstufung der verminderten Schuldfähigkeit lassen sich nicht mit exakten naturwissenschaftlichen Methoden objektivieren. Die forensische Psychiatrie ist nicht in der Lage, ein mathematisch exaktes Messsystem anzubieten, weshalb sich in der Praxis eine pragmatische Dreiteilung (leichte, mittlere oder schwere Verminderung) eingespielt hat. Wenn der Gutachter den Grad der Verminderung beurteilt, so macht er von einem grossen und auch subjektiven Ermessen Gebrauch. Er gelangt zur konkreten Einstufung der verminderten Einsichts- und Steuerungsfähigkeit, indem er die forensisch relevanten Auswirkungen einer konkreten Störung mit anderen vorkommenden Schweregraden vergleicht (Bommer/Dittmann, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl. 2007, N. 73 zu Art. 19 StGB). Zu Recht wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass es sich dabei um einen Ausgangspunkt handeln muss, der für die Strafzumessung aufgrund der Besonderheiten des Falles zu verfeinern ist (a.a.O.). Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass der Richter ein psychiatrisches Gutachten rechtlich zu würdigen hat. Er ist diesbezüglich grundsätzlich frei und nicht an die Schlussfolgerungen des Gutachtens gebunden (vgl. BGE 129 I 49 E. 4 S. 57 zu Glaubhaftigkeitsgutachten; 113 IV 1 E. 3 S. 4 zu Gutachten über die Schuldfähigkeit). Insbesondere hat er auch die Ursache einer verminderten Schuldfähigkeit zu gewichten. Der einer psychiatrischen Einschätzung zugrunde liegende Ermessensspielraum kommt auch dem Richter zu, wenn er zu entscheiden hat, wie sich die festgestellte Einschränkung der Schuldfähigkeit unter Würdigung aller Umstände auf die (subjektive) Verschuldensbewertung auswirkt. Es ist naheliegend, dabei das übliche Abstufungsmuster anzuwenden: Ein (objektiv) sehr schweres Tatverschulden kann sich wegen einer leichten Verminderung der Schuldfähigkeit auf ein schweres bis sehr schweres Verschulden reduzieren, bei einer mittelgradigen Beeinträchtigung auf ein mittelschweres bis schweres und bei einer schweren Einschränkung auf ein leichtes bis mittelschweres. Gestützt auf diese grobe Einschätzung hat der Richter unter Berücksichtigung der weiteren Strafzumessungsgründe innerhalb des ihm zur Verfügung stehenden Strafrahmens die Strafe auszufällen, wobei ihm wiederum ein erhebliches Ermessen zusteht. Mit einem solchen Vorgehen wird der Verminderung der Schuldfähigkeit im ganzen Ausmass Rechnung getragen, wie es von der Rechtsprechung gefordert wird, ohne diesem Umstand eine zu weit gehende Bedeutung zukommen zu lassen. Eine rein mathematische Reduktion einer (hypothetischen) Einsatzstrafe, wie nach bisheriger Rechtsprechung als zulässig erachtet, ist systemwidrig. Sie schränkt die Ermessensfreiheit des Richters in unzulässiger Weise ein und ist abzulehnen. Sie führt im Übrigen auch dazu, dass der vom psychiatrischen Experten eingestuften Verminderung der Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit regelmässig ein zu grosses Gewicht beigemessen wird. 5.7 Liegt eine Verminderung der Schuldfähigkeit vor, hat der Richter im Sinne einer nachvollziehbaren Strafzumessung somit, in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung (vgl. BGE 134 IV 132), wie folgt vorzugehen: In einem ersten Schritt ist aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Gutachters zu entscheiden, in welchem Umfange die Schuldfähigkeit des Täters in rechtlicher Hinsicht eingeschränkt ist und wie sich dies insgesamt auf die Einschätzung des Tatverschuldens auswirkt. Das Gesamtverschulden ist zu qualifizieren und mit Blick auf Art. 50 StGB im Urteil ausdrücklich zu benennen, wobei von einer Skala denkbarer Abstufungen nach Schweregrad auszugehen ist. Hierauf ist in einem zweiten Schritt innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens die (hypothetische) Strafe zu bestimmen, die diesem Verschulden entspricht. Die so ermittelte Strafe kann dann gegebenenfalls in einem dritten Schritt aufgrund wesentlicher Täterkomponenten (sowie wegen eines allfälligen blossen Versuchs im Sinne von Art. 22 Abs. 1 StGB) verändert werden (Urteil 6B_585/2008 vom 19. Juni 2009 E. 3.5 mit Hinweis auf BGE 134 IV 132 E. 6.1 S. 135). 5.8 Die tat- und täterangemessene Strafe ist grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der (schwersten) anzuwendenden Strafbestimmung festzusetzen (Schwarzenegger/Hug/Jositsch, Strafrecht II, 8. Aufl. 2007, S. 74). Dieser Rahmen ist vom Gesetzgeber in aller Regel sehr weit gefasst worden, um sämtlichen konkreten Umständen Rechnung zu tragen. Entgegen einer auch in der Praxis verbreiteten Auffassung wird der ordentliche Strafrahmen durch Strafschärfungs- oder Strafmilderungsgründe nicht automatisch erweitert, worauf dann innerhalb dieses neuen Rahmens die Strafe nach den üblichen Zumessungskriterien festzusetzen wäre (Urteil 6S.73/2006 vom 5. Februar 2007 E. 3.2). Zwar ist auch in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung darauf hingewiesen worden, das Gesetz sehe eine Strafrahmenerweiterung vor (vgl. BGE 116 IV 300 E. 2a S. 302). Damit sollte aber nur ausgedrückt werden, dass der Richter infolge eines Strafschärfungs- bzw. Strafmilderungsgrundes nicht mehr in jedem Fall an die Grenze des ordentlichen Strafrahmens gebunden ist. Der ordentliche Rahmen ist nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint (Schwarzenegger/Hug/Jositsch, a.a.O.). Die Frage einer Unterschreitung des ordentlichen Strafrahmens kann sich stellen, wenn verschuldens- bzw. strafreduzierende Faktoren zusammentreffen, die einen objektiv an sich leichten Tatvorwurf weiter relativieren, so dass eine Strafe innerhalb des ordentlichen Rahmens dem Rechtsempfinden widerspräche. Dabei hat der Richter zu entscheiden, in welchem Umfang er den unteren Rahmen wegen der besonderen Umstände erweitern will. Der vom Gesetzgeber vorgegebene ordentliche Rahmen ermöglicht in aller Regel, für eine einzelne Tat die angemessene Strafe festzulegen. Er versetzt den Richter namentlich in die Lage, die denkbaren Abstufungen des Verschuldens zu berücksichtigen. Die verminderte Schuldfähigkeit allein führt deshalb grundsätzlich nicht dazu, den ordentlichen Strafrahmen zu unterschreiten. Dazu bedarf es weiterer ins Gewicht fallender Umstände, die das Verschulden als besonders leicht erscheinen lassen. Nur eine solche Betrachtungsweise vermag der gesetzgeberischen Wertung des Unrechtsgehaltes einer Straftat und damit letztlich der Ausgleichsfunktion (auch) des Strafrechts Rechnung zu tragen. 5.9 Im vorliegenden Fall stuft die Vorinstanz das objektive Verschulden der Beschwerdegegnerin als sehr schwer ein, weshalb sie eine Einsatzstrafe von 16 Jahren annimmt. Dies ist angesichts des ordentlichen Strafrahmens von fünf bis zwanzig Jahren nicht zu beanstanden. Geht man von den Feststellungen des psychiatrischen Experten aus und billigt man der Beschwerdegegnerin eine Verminderung der Schuldfähigkeit in mittlerem Masse zu, so trifft sie subjektiv ein zumindest mittelschweres Verschulden. Zu Recht weist die Vorinstanz darauf hin, der Beschwerdegegnerin sei ein egoistisches Motiv anzulasten, weil sie es vorzog, die Beziehung zum Mitangeklagten aufrechtzuerhalten, anstatt ihre wehrlose Tochter zu beschützen. Dass sie dabei die schweren Folgen für das Kind nur in Kauf nahm und nicht direkt wollte, vermag sie nicht wesentlich zu entlasten. Der Säugling war ihr völlig ausgeliefert. Betroffen war ihr eigenes Kind, was eine besondere Verantwortung begründete. Im vorinstanzlichen Urteil wird zutreffend festgehalten, die Beschwerdeführerin habe in schwerer Weise gegen ihre Fürsorge- und Betreuungspflichten als Mutter verstossen. Die Vorinstanz selbst erachtet das Verschulden insgesamt als erheblich. Wenn sie - auch unter Berücksichtigung der günstigen Täterkomponenten (tadelloses Verhalten im Strafverfahren, Teilgeständnis, zu langes Verfahren u.a.) - eine Strafe von lediglich 6 Jahren festsetzt, ist dies nicht mehr vertretbar. Eine solche Sanktion am untersten Rand des ordentlichen Strafrahmens weist auf ein leichtes Verschulden hin, wovon wie dargetan nicht auszugehen ist. Die Vorinstanz verletzt deshalb Bundesrecht, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und die Sache zu neuer Festsetzung der Strafe zurückzuweisen. 6. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat indessen das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt, welches gutgeheissen werden kann. Es sind somit keine Gerichtskosten zu erheben. Der Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin ist aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen. Der obsiegenden Beschwerdeführerin ist keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutheissen, das Urteil des Geschworenengerichts des Kantons Zürich vom 18. Februar 2008 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 4. Dem Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin, RA Dr. Max Bleuler, Zürich, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet. 5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Geschworenengericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 8. März 2010 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: Favre Koch
51ef7b29-d69e-42f3-bb1b-9bd2ab453a42
de
2,010
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
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critical
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Sachverhalt: A. Vom 15. August bis zum 16. September 2005 lag der Strassenplan "Sanierung Ortsdurchfahrt Münsingen" betreffend die Abschnitte Ortseinfahrt von Rubigen, Ortsdurchfahrt Münsingen und Ortseinfahrt von Wichtrach öffentlich auf. Der Plan umfasst verschiedene bauliche Massnahmen an der Kantonsstrasse Nr. 6 (Bern-Münsingen-Thun) im Bereich des Ortskerns von Münsingen, so unter anderen die Verschiebung und Umgestaltung der Kreuzung beim Dorfplatz zu einem vierarmigen Kreisel, den Bau eines Mittelstreifens als Querungs- und Abbiegehilfe in den Knotenbereichen, die Einführung einer Kernfahrbahn mit durchgehendem Radstreifen und die Verbreiterung der Bernstrasse. Vom 1. bis zum 31. Mai 2006 lag sodann der Strassenplan betreffend den Abschnitt östliche Ortseinfahrt von Münsingen öffentlich auf. Dieser Plan sieht auf der Kantonsstrasse Nr. 228 (Münsingen-Konolfingen-Zäziwil) neben verschiedenen anderen Massnahmen den Bau einer Insel auf der Fahrbahn und einer Bushaltestelle im Gebiet "Sandacher" vor. Bestandteil des Strassenplans ist weiter ein "Signalisationsplan", der namentlich die Signalisation einer Tempo-30-Zone im Umkreis des Kreisels Dorfplatz und das Anbringen einer Wechselsignalisation (Tempo 30 von 06.30 Uhr bis 19.00 Uhr, Tempo 50 in der übrigen Zeit) auf der Bernstrasse zum Gegenstand hat. Gegen den Strassenplan gingen zahlreiche Einsprachen ein, darunter diejenige des Touring Club Schweiz (TCS), Landesteil Bern-Mittelland. B. Mit Gesamtbauentscheid vom 18. Juli 2007 erliess die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) den Strassenplan "Sanierung Ortsdurchfahrt Münsingen" samt Verkehrsmassnahmen und erteilte eine wasserbaupolizeiliche Bewilligung. Die Einsprache des TCS hiess die BVE in einem Nebenpunkt gut und wies sie im Übrigen ab. Die gegen diese Verfügung der BVE erhobene Beschwerde des TCS wies der Regierungsrat des Kantons Bern am 27. Mai 2009 ab. Gegen diesen Entscheid führte der TCS Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 24. November 2009 ab, soweit es darauf eintrat. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 11. Januar 2010 beantragt der TCS, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die mit dem Strassenplan "Sanierung Ortsdurchfahrt Münsingen" am 18. Juli 2007 verfügte Verkehrs- und Signalisationsmassnahme (Tempo-30-Zone) auf den Kantonsstrassen Nr. 6 und Nr. 228 seien aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zur Ergänzung des Beweisverfahrens, insbesondere zur Einholung eines Obergutachtens durch eine neutrale Fachstelle, an die Vorinstanz bzw. an die Genehmigungsbehörde zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei diese abzuweisen. Die BVE und der Regierungsrat des Kantons Bern beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit auf diese eingetreten werden könne. Den gleichen Antrag stellt die Einwohnergemeinde Münsingen. In seiner Stellungnahme zu den Vernehmlassungen hält der Beschwerdeführer an seinen Rechtsauffassungen und Anträgen fest.
Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerde richtet sich gegen einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Es liegt keine Ausnahme gemäss Art. 83 BGG vor. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist deshalb grundsätzlich gegeben. Die umstrittene Tempo-30-Zone stellt eine sogenannte funktionelle Verkehrsanordnung im Sinne von Art. 3 Abs. 4 SVG dar. Das Strassenverkehrsrecht räumt den Automobilverbänden kein Beschwerderecht im Sinne von Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG ein. Somit ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt ist. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, wer zudem durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 89 Abs. 1 BGG). Der TCS, Landesteil Bern-Mittelland, ist ein Verein gemäss Art. 60 ff. ZGB und somit als juristische Person konstituiert. Was die Legitimation der beschwerdeführenden Vereine betrifft, sind die von der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten Verfahrensrecht entwickelten Grundsätze über das Verbandsbeschwerderecht grundsätzlich weiter anwendbar (vgl. etwa 2C_561/2007 vom 6. November 2008 E. 1.4.3). Danach kann ein Verband insbesondere zur Wahrung der eigenen Interessen Beschwerde führen. Er kann aber auch die Interessen seiner Mitglieder geltend machen, wenn es sich um solche handelt, die er nach seinen Statuten zu wahren hat, die der Mehrheit oder doch einer Grosszahl seiner Mitglieder gemeinsam sind und zu deren Geltendmachung durch Beschwerde jedes dieser Mitglieder befugt wäre (BGE 131 I 198 E. 2.1 S. 200; 130 II 514 E. 2.3.3 S. 519 mit Hinweisen; Urteil 2C_52/2009 vom 13. Januar 2010 E. 1.2.2, nicht publ. in: BGE 136 I 1; sogenannte "egoistische Verbandsbeschwerde"). Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein; sie sollen die Popularbeschwerde ausschliessen. Wer keine eigenen, sondern nur allgemeine oder öffentliche Interessen geltend machen kann, ist nicht befugt, Beschwerde zu führen. Das Beschwerderecht steht daher auch nicht jedem Verein zu, der sich in allgemeiner Weise mit dem fraglichen Sachgebiet befasst. Vielmehr muss ein enger, unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem statutarischen Vereinszweck und dem Gebiet bestehen, in welchem die fragliche Verfügung erlassen worden ist (Entscheid des Bundesrats vom 23. Mai 2001, in: VPB 65/2001 Nr. 114 S. 1236). Der Beschwerdeführer bezweckt gemäss Ziff. 1.2 seiner Statuten unter anderem die Wahrung der Rechte und Interessen seiner Mitglieder im Strassenverkehr und im Tourismus sowie in den entsprechenden Bau-, Planungs- und verwaltungsrechtlichen Verfahren. Was die Beschwerdebefugnis der einzelnen Mitglieder anbelangt, steht sie allen Verkehrsteilnehmern zu, welche die mit einer Beschränkung belegte Strasse mehr oder weniger regelmässig benützen, wie das bei Anwohnern oder Pendlern der Fall ist, während bloss gelegentliches Befahren der Strasse nicht genügt (Urteil 1A.73/2004 vom 6. Juli 2004 E. 2.2, in: Pra 2004 Nr. 157 S. 894). Der Beschwerdeführer macht diesbezüglich geltend, die Gemeinde Münsingen mit einer Einwohnerzahl von 11'000 sowie Zu- und Wegpendlern von 7'000 weise eine grosse Zahl von Automobilisten auf, die Mitglieder des Vereins seien. Hinzu kämen Tausende von Automobilisten aus Nachbargemeinden und aus der Region, die täglich durch Münsingen fahren würden. Diese Ausführungen sind plausibel. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine ansehnliche Zahl von Mitgliedern des Beschwerdeführers (Landesteil Bern-Mittelland) die mit der umstrittenen Beschränkung belegte Strasse mehr oder weniger regelmässig benutzt und zur Beschwerde berechtigt wäre. Die Legitimation des Beschwerdeführers ist damit gegeben, und auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten. Diese Schlussfolgerung steht in Einklang mit der bisherigen Praxis des Bundesrats. So stufte dieser den Automobil Club der Schweiz (ACS) Luzern als legitimiert ein, eine erlassene Geschwindigkeitsbeschränkung auf einer Autobahn anzufechten, da davon ausgegangen werden könne, dass ein überwiegender Anteil der Mitglieder eines Automobilclubs in einem regional beschränkten Sektionsgebiet die Autobahn regelmässig benutze (Entscheid des Bundesrats vom 23. Mai 2001, in: VPB 65/2001 Nr. 114 S. 1236). 1.2 Als Folge des im Beschwerdeverfahren geltenden Devolutiveffekts hat der Entscheid des Verwaltungsgerichts den bei ihm angefochtenen Entscheid des Regierungsrats und die diesem zugrunde liegenden Verfügungen ersetzt. Diese Verwaltungsakte sind inhaltlich notwendigerweise mitangefochten, wenn der Sachentscheid der obersten kantonalen Instanz mit Beschwerde ans Bundesgericht weitergezogen wird. Auf das Rechtsbegehren, die mit dem Strassenplan vom 18. Juli 2007 verfügte Tempo-30-Zone sei aufzuheben, ist daher nicht einzutreten (vgl. BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144). 2. 2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Kantonsstrassen Nr. 6 und Nr. 228 seien im Anhang 2 der Durchgangsstrassenverordnung vom 18. Dezember 1991 (SR 741.272) aufgeführt. Auf diesen Hauptstrassen seien lediglich signalisierte Verkehrsanordnungen, wie Mass- und Gewichtsbeschränkungen, erlaubt. Die Errichtung von Tempo-30-Zonen sei einzig auf siedlungsorientierten, nicht aber auf sog. verkehrsorientierten Durchgangsstrassen zulässig. Zur Begründung beruft sich der Beschwerdeführer auf die Botschaft vom 13. März 2000 zur Volksinitiative "für mehr Verkehrssicherheit durch Tempo 30 innerorts mit Ausnahmen (Strassen für alle)" (BBl 2000 2887 ff.), auf die Erläuterungen des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zur Verordnung über die Tempo-30-Zonen und Begegnungszonen vom 28. September 2001 (SR 741.213.3), auf die Empfehlungen des Bundesamts für Strassen ASTRA und des Bundesamts für Umwelt BAFU (vormals BUWAL), auf die Fachbroschüre der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) sowie auf die Normen der Vereinigung Schweizerischer Strassenfachleute (VSS-Normen 640 044 und 640 045). Der Beschwerdeführer macht ergänzend geltend, in einer Tempo-30-Zone gelte generell Rechtsvortritt. Die in Frage stehenden Hauptstrassenabschnitte, in welche auch Nebenstrassen einmündeten, eigneten sich daher per se nicht für einen Einbezug in eine Tempo-30-Zone. 2.2 Zu klären ist damit vorab, ob auf Durchgangsstrassen, d.h. auf Hauptstrassen, welche in Anhang 2 der Durchgangsstrassenverordnung aufgeführt sind, Tempo-30-Zonen grundsätzlich zulässig sind. Nach Art. 32 Abs. 2 SVG beschränkt der Bundesrat die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen. Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge in Ortschaften ist mit Art. 4a Abs. 1 lit. a der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV; SR 741.11) vom Bundesrat auf 50 km/h festgelegt worden. Art. 32 Abs. 3 SVG sieht weiter vor, dass die vom Bundesrat festgesetzten Höchstgeschwindigkeiten für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde aufgrund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden können. Bei der Einführung von Tempo-30-Zonen gemäss Art. 2a und Art. 22a der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV; SR 741.21) handelt es sich um sogenannte funktionelle Verkehrsanordnungen im Sinne von Art. 3 Abs. 4 SVG (Urteil 2A.90/2006 vom 26. Juni 2006 E. 1.1 mit Hinweisen). Im Grundsatz sind Tempo-30-Zonen nur auf Nebenstrassen mit möglichst gleichartigem Charakter zulässig (Art. 2a Abs. 5 SSV). Ausnahmsweise und bei besonderen örtlichen Gegebenheiten kann aber auch ein Hauptstrassenabschnitt in eine Tempo-30-Zone einbezogen werden, namentlich in einem Ortszentrum oder in einem Altstadtgebiet (Art. 2a Abs. 6 SSV). Die Gründe, welche eine Herabsetzung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit erforderlich machen können, werden in Art. 108 Abs. 2 SSV abschliessend aufgezählt: Eine Gefahr ist nur schwer oder nicht rechtzeitig erkennbar und anders nicht zu beheben (lit. a); bestimmte Strassenbenützer bedürfen eines besonderen, nicht anders zu erreichenden Schutzes (lit. b); es kann auf Strecken mit grosser Verkehrsbelastung der Verkehrsablauf verbessert (lit. c) oder es kann eine im Sinne der Umweltschutzgesetzgebung übermässige Umweltbelastung (Lärm, Schadstoffe) vermindert werden (lit. d). In Art. 108 Abs. 5 SSV werden für jede Strassenkategorie die zulässigen abweichenden Höchstgeschwindigkeiten genannt. Innerorts sind unter anderem Tempo-30-Zonen zulässig (Art. 108 Abs. 5 lit. e SSV). Einzelheiten zu den Anforderungen hat das UVEK in der Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen geregelt (vgl. zum Ganzen Urteil 1C_206/2008 vom 9. Oktober 2008 E. 2.1). Nach dem Gesagten sind Tempo-30-Zonen unter den Voraussetzungen von Art. 108 Abs. 2 SSV auch auf Hauptstrassen grundsätzlich zulässig (vgl. auch Urteil 2A.38/2006 vom 13. Juli 2006 E. 3.4.3, publ. in: ZBl 108/2007 S. 611). Für als Durchgangsstrassen bezeichnete Hauptstrassen - die Kantonsstrassen Nr. 6 und Nr. 228 sind in Anhang 2 der Durchgangsstrassenverordnung aufgeführt - gilt insoweit keine abweichende Regelung. Auf Durchgangsstrassen darf der Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr nicht vollständig untersagt werden. Signalisierte Verkehrsanordnungen, wie Mass- und Gewichtsbeschränkungen, bleiben hingegen ausdrücklich vorbehalten (Art. 1 Satz 2 der Durchgangsstrassenverordnung). Aus dem Wortlaut folgt, dass die Nennung von Mass- und Gewichtsbeschränkungen beispielhaften Charakter hat und die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit - auch in Form von Tempo-30-Zonen - nicht im Sinne qualifizierten Schweigens ausschliesst. 2.3 Die vom Beschwerdeführer hiergegen vorgebrachten Einwände sind nicht stichhaltig: Mit den bundesrätlichen Ausführungen zur Volksinitiative "für mehr Verkehrssicherheit durch Tempo 30 innerorts mit Ausnahmen (Strassen für alle)" lässt sich eine prinzipielle Unzulässigkeit der Zonensignalisation auf Durchgangsstrassen nicht begründen. Gemäss der Botschaft zur Initiative wurde die Beschränkung der Zonensignalisation auf siedlungsorientierte Nebenstrassen ganz bewusst getroffen. Fahrzeugführer würden im Alltag überfordert, wenn Verkehrsmassnahmen mit Zonensignalisation grossflächig für alle Innerortsstrassen, d.h. für ganz unterschiedliche Strassenkategorien angeordnet würden (BBl 2000 2897). Diese Ausführungen sind jedoch im Kontext der Initiative zu verstehen, welche innerorts die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h als Regel vorsah und Abweichungen nur in begründeten Fällen zuliess. Die geltende Ordnung geht demgegenüber vom gegenteiligen Konzept aus, wonach die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h die Ausnahme bildet (vgl. Art. 2a Abs. 5 und 6 SSV und E. 2.2 hiervor). Im Übrigen wird vorliegend die Höchstgeschwindigkeit nicht flächendeckend auf dem gesamten Innerortsgebiet auf 30 km/h herabgesetzt. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde wird damit auch der mit der Ablehnung der genannten Initiative geäusserte Volkswille nicht umgangen. Ebenso wenig kann der Beschwerdeführer aus den Erläuterungen des UVEK zur Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen etwas zu seinen Gunsten ableiten, wird doch dort explizit festgehalten, der Einbezug von Hauptstrassen in Tempo-30-Zonen sei ausnahmsweise möglich (Erläuterung UVEK, S. 3). Gleiches ergibt sich aus der Empfehlung "innerorts Verkehrsberuhigung" des Bundesamts für Strassen ASTRA. Gemäss dieser Empfehlung eignen sich "für verkehrsberuhigende Massnahmen in der Form der Zonensignalisation (...) vor allem siedlungsorientierte Strassen", bei denen es sich "in der Regel um Nebenstrassen" handelt (Empfehlung ASTRA, S. 12 f.). Auch das ASTRA geht demnach nicht von der generellen Unzulässigkeit verkehrsberuhigender Massnahmen in Form von Tempo-30-Zonen auf Hauptstrassen aus. Nichts anderes folgt aus der Empfehlung des BAFU. Gestützt wird die Position des Beschwerdeführers demgegenüber durch die Ausführungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung, wonach auf Durchgangsstrassen keine Tempo-30-Zonen eingeführt werden können. Allerdings kommt der Broschüre der bfu nicht der Charakter eines Rechtssatzes oder einer Weisung zu, weshalb hierauf nicht abzustellen ist. Soweit der Beschwerdeführer ferner auf die VSS-Normen SN 640 044 und 640 045 (Projektierung, Grundlagen; Strassentyp: Erschliessungsstrassen) verweist, substanziiert er seine Rüge nicht näher. 2.4 Schliesslich führt der Einbezug der beiden Kantonsstrassen in eine Tempo-30-Zone im Bereich des Ortszentrums von Münsingen entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht zwingend dazu, dass Rechtsvortritt zu gelten hat: Gemäss Art. 36 Abs. 2 SVG hat auf Strassenverzweigungen das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt, während Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen den Vortritt haben, auch wenn sie von links kommen. Art. 4 der Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, in Tempo-30-Zonen eine vom Rechtsvortritt abweichende Vortrittsregelung zu treffen, wenn die Verkehrssicherheit es erfordert. Die Unterstellung eines Hauptstrassenabschnitts unter eine Tempo-30-Zone unter Beibehaltung der für Hauptstrassen geltenden Vortrittsregelung ist folglich aus Verkehrssicherheitsgründen durchaus zulässig. 3. 3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, das angefochtene Urteil verletze Bundesrecht, weil es auf ein Gutachten des Tiefbauamts des Kantons Bern vom 19. Juni 2007 abstelle, das den bundesrechtlichen Vorgaben (Art. 32 Abs. 3 SVG, Art. 108 SSV und Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen) nicht genüge. So basierten die gutachterlichen Ergebnisse auf Simulationen ohne Beweiswert. Die Herabsetzung der Geschwindigkeit bewirke keine Reduktion des Verkehrs, sondern führe einzig zu einer Verlagerung des Staus an die Dorfeingänge. Angesichts des nicht überzeugenden Gutachtens wäre es vorliegend unerlässlich gewesen, im Interesse der vollständigen Sachverhaltsfeststellung und richtigen Rechtsanwendung ein unabhängiges Obergutachten einzuholen. Mit der Abweisung seines entsprechenden Antrags habe die Vorinstanz seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. 3.2 Die Anordnung von abweichenden Höchstgeschwindigkeiten ist nur gestützt auf ein vorgängig zu erstellendes Gutachten zulässig. Dieses hat aufzuzeigen, dass die Massnahme nötig, zweck- und verhältnismässig ist und keine anderen Massnahmen vorzuziehen sind (Art. 32 Abs. 3 SVG i.V.m. Art. 108 Abs. 4 SSV). Gutachten unterliegen der freien richterlichen Beweiswürdigung. In Fachfragen darf das Gericht jedoch nur aus triftigen Gründen von einer Expertise abweichen. Die Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden Rechtsfragen ist Aufgabe des Gerichts. Dieses hat zu prüfen, ob sich aufgrund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Erscheint dem Gericht die Schlüssigkeit eines Gutachtens in wesentlichen Punkten zweifelhaft, hat es nötigenfalls ergänzende Beweise zur Klärung dieser Zweifel zu erheben. Das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen kann gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen (BGE 130 I 337 E. 5.4.2 S. 345; 128 I 81 E. 2 S. 84). Art. 3 der Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen umschreibt den Inhalt des zu erstellenden Gutachtens näher, wobei der Inhalt und der Umfang des Gutachtens auch vom Zweck der Geschwindigkeitsbeschränkung und den örtlichen Gegebenheiten abhängen. Umfangreiche Untersuchungen können beispielsweise bei verkehrsreichen Kantonsstrassen nötig sein. Im Ergebnis entscheidend ist, dass die zuständige Behörde die erforderlichen Informationen besitzt um zu beurteilen, ob eine der Voraussetzungen von Art. 108 Abs. 2 SSV erfüllt ist, und ob die Massnahme im Hinblick auf das betreffende Ziel nötig, zweck- und verhältnismässig ist (Art. 108 Abs. 4 SSV; vgl. zum Ganzen Urteil 1C_206/2008 vom 9. Oktober 2008 E. 2.2). Ob die Anordnung einer Tempo-30-Zone zulässig ist, prüft das Bundesgericht mit freier Kognition. Es übt jedoch Zurückhaltung, soweit die Beurteilung von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die zuständigen Behörden besser kennen als das Bundesgericht (vgl. BGE 129 I 337 E. 4.1 S. 344). Verkehrsbeschränkungen der hier in Frage stehenden Art sind zudem regelmässig mit komplexen Interessenabwägungen verbunden. Die zuständigen Behörden besitzen einen erheblichen Gestaltungsspielraum (vgl. Urteile 1C_153/2009 vom 3. Dezember 2009 E. 4.2 und 1C_206/2008 vom 9. Oktober 2008 E. 2.3). 3.3 Die Einführung der Tempo-30-Zone wird vorliegend insbesondere auf die Bestimmung von Art. 108 Abs. 2 lit. c SSV gestützt, wonach die Herabsetzung der Geschwindigkeit zulässig ist, wenn auf Strecken mit grosser Verkehrsbelastung der Verkehrsablauf verbessert werden kann. Die Ortsdurchfahrt von Münsingen weist mit einem durchschnittlichen Tagesverkehr von 17'300 Fahrzeugen auf der Bernstrasse (vgl. Betriebskonzept, S. 5) eine grosse Verkehrsbelastung auf. Umstritten ist, ob die Einführung der Tempo-30-Zone zu einem verbesserten Verkehrsfluss führt. Der Beschwerdeführer stellt insoweit die gutachterlichen Ergebnisse in Frage. Das Gutachten hält die Vorgaben von Art. 3 der Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen ein. So werden im Gutachten die Ziele, welche mit der Tempo-30-Zone erreicht werden sollen (Art. 3 lit. a der Verordnung), aufgelistet. Der von Art. 3 lit. b der Verordnung verlangte Übersichtsplan mit der Hierarchie der Strassen fehlt zwar. In Übereinstimmung mit der Argumentation im angefochtenen Urteil ist jedoch davon auszugehen, dass die BVE als Oberaufsichtsbehörde auf dem Gebiet der Strassen über die örtlichen Gegebenheiten und die Hierarchie der dortigen Strassen informiert ist. Zu den Sicherheitsdefiziten und den Massnahmen zu deren Behebung (Art. 3 lit. c der Verordnung) äussert sich das Gutachten ebenso wie zum vorhandenen Geschwindigkeitsniveau (Art. 3 lit. d der Verordnung) und zur bestehenden und angestrebten Qualität als Wohn-, Lebens- und Wirtschaftsraum (Art. 3 lit. e der Verordnung). Thematisiert werden weiter die möglichen Auswirkungen der Temporeduktion und Vorschläge zur Vermeidung allfälliger negativer Folgen (Art. 3 lit. f der Verordnung). Schliesslich wird die Erforderlichkeit einer Tempo-30-Zone (Art. 3 lit. g der Verordnung) im Gutachten wie auch im Betriebskonzept zum Strassenplan ausdrücklich begründet. 3.4 Die Gutachter kommen zusammenfassend zum Schluss, die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h verbessere den Verkehrsfluss. Gemäss dem auf Computersimulationen beruhenden Betriebskonzept weist die Ortsdurchfahrt von Münsingen mit einer Tempo-30-Zone und Querungszonen eine höhere Leistungsfähigkeit auf als bei Tempo 50 mit Fussgängerstreifen. Die Verflüssigung des Verkehrs sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass zu Fuss gehende Personen beim Queren der Strasse ohne Fussgängerstreifen (vgl. insoweit Art. 4 Abs. 2 der Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen) die Zeitlücken zwischen den Fahrzeugen besser ausnutzten und ihnen kein Vortrittsrecht zustünde. Hierdurch könne insbesondere das Stau verursachende und den öffentlichen Verkehr behindernde "Stop-and-Go-Fahrverhalten" vermieden und die Durchflusskapazität erhöht werden. Im Ergebnis wird im Betriebskonzept und im Gutachten gefolgert, die Massnahmen seien zweck- und verhältnismässig und erfüllten die für die Festsetzung abweichender Höchstgeschwindigkeiten erforderlichen Voraussetzungen gemäss Art. 108 SSV. In Übereinstimmung mit der Einschätzung der Vorinstanz erscheinen die Ausführungen der Fachbehörde im Betriebskonzept nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer macht hiergegen einzig pauschal geltend, den Computersimulationen käme kein Beweiswert zu, ohne diese Rüge jedoch näher zu substanziieren. Insbesondere vermag er mit seinen Vorbringen nicht darzutun, dass das Betriebskonzept und das Gutachten auf offensichtlich falschen Sachverhaltsannahmen beruhten. Selbst wenn der Stau - wie vom Beschwerdeführer betont - aufgrund der Tempo-30-Zone primär an die Dorfeingänge verlagert würde, ändert dies nichts daran, dass die Temporeduktion in Kombination mit der Umgestaltung des Verkehrsraums und der Einführung sog. Dosierungsanlagen zur angestrebten Verflüssigung des Verkehrs im belebten Ortszentrum führen dürfte. Das Gutachten und das Betriebskonzept legen zusammenfassend schlüssig dar, weshalb die Massnahme als nötig, zweck- und verhältnismässig einzustufen ist. Bei diesem Ergebnis konnte die Vorinstanz - ohne den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör zu verletzen - in antizipierter Beweiswürdigung auf die Einholung eines Obergutachtens verzichten. 4. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinde Münsingen, der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion sowie dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 8. September 2010 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Stohner
5298475a-90ee-413e-9784-c85747b66b32
de
2,009
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ und Y._ arbeiten als Forscher am Institut für Neuroinformatik der Universität Zürich und der ETH. Sie ersuchten am 1. Februar 2006 das Veterinäramt des Kantons Zürich, ihnen einen Tierversuch zu bewilligen (Titel: Physiological, anatomical and neurochemical investigations of the circuits of neocortex in rodents, cats and primates. Kurztitel: Circuits of neocortex). Im Rahmen dieses Versuchs wird geprüft, ob die Schaltkreise in der Hirnrinde aller Säugetiere nach denselben Regeln aufgebaut sind, insbesondere, ob die strukturell und funktionell unterschiedlichen Areale des Neokortex bei Ratten, Katzen und Rhesusaffen in der Grundstruktur gleiche grundlegende neuronale Organisationseinheiten aufweisen. Angestrebt wird eine einheitliche Theorie des Neokortex. Dieser ist der stammesgeschichtlich jüngste Teil der Grosshirnrinde und kommt nur bei Säugetieren vor. Die Forscher sehen drei Verfahren vor, in welchen der Neokortex bei insgesamt 300 Ratten, 100 Katzen und 36 Rhesusaffen verglichen wird. Im ersten Verfahren wird ein Teil der Tiere narkotisiert, um in einer dreistündigen Operation Hirngewebe für In-vitro-Untersuchungen zu entnehmen und sie anschliessend zu töten. Im zweiten Verfahren werden wiederum einige Tiere 24 bis 72 Stunden betäubt, um die Schädeldecke zu öffnen und Elektroden zur Messung der Aktivitäten der Nervenzellen einzuführen; danach werden sie getötet. Im dritten Verfahren werden die restlichen Tiere bis zu 12 Stunden anästhesiert, um die Nervenverbindungen im Neokortex mithilfe von operativ injizierten Spurensubstanzen kenntlich zu machen. Nach einem Zeitraum von einem bis 14 Tagen werden sie erneut narkotisiert, um entweder Aktivitäten - wie im zweiten Verfahren - zu messen oder Hirngewebe - wie im ersten Verfahren - zu entnehmen. Anschliessend werden sie eingeschläfert. B. Das Veterinäramt legte das Gesuch der kantonalen Tierversuchskommission zur Prüfung vor. Nach Einholung ergänzender Auskünfte und dreier Gutachten beantragte diese dem Veterinäramt, das Gesuch abzulehnen. Das Veterinäramt bewilligte am 16. Oktober 2006 den Tierversuch mit Auflagen. Dagegen erhoben die Tierversuchskommission und fünf ihrer Mitglieder Rekurs bei der Gesundheitsdirektion, soweit es die Verwendung der nicht-menschlichen Primaten betraf. Diese hiess am 26. Februar 2007 den Rekurs gut und hob die Tierversuchsbewilligung mit Bezug auf die angefochtene Verwendung auf. Gegen diesen Entscheid gelangten die beiden Gesuchsteller erfolglos an das Verwaltungsgericht. C. Mit Eingabe vom 4. Juni 2008 beantragen X._ und Y._, den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2008 aufzuheben und die Verfügung des Veterinäramtes des Kantons Zürich zu bestätigen. Die Tierversuchskommission und fünf ihrer Mitglieder beantragen, die Beschwerde abzuweisen und den Entscheid des Verwaltungsgerichts zu bestätigen. Die Beschwerdeführer (27. November 2008) sowie die Tierversuchskommission und fünf ihrer Mitglieder (16. Januar 2009) haben sich ein zweites Mal geäussert. Das Verwaltungsgericht und die Gesundheitsdirektion beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Veterinäramt verzichtete auf eine Stellungnahme. Das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) beantragte Gutheissung der Beschwerde. Dazu haben die Tierversuchskommission und fünf ihrer Mitglieder unaufgefordert eine weitere Stellungnahme eingereicht, worauf sich die Beschwerdeführer noch einmal geäussert haben.
Erwägungen: 1. 1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Die Beschwerdeführer haben vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen, sind als unterlegene Gesuchsteller durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist deshalb grundsätzlich einzutreten. 1. 1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Die Beschwerdeführer haben vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen, sind als unterlegene Gesuchsteller durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist deshalb grundsätzlich einzutreten. 1.2 1.2.1 Nicht Partei im vorliegenden Verfahren sind die Tierversuchskommission des Kantons Zürich und die fünf Mitglieder der Tierversuchskommission: Vor Bundesgericht sind als Parteien nur Personen zugelassen, denen nach Art. 89 BGG ein Beschwerderecht zusteht oder zustünde, wenn der vorinstanzliche Entscheid nicht zu ihren Gunsten ausgefallen wäre (vgl. BGE 131 II 253 E. 1.2 S. 255/6). Weitere Beteiligte (Art. 102 Abs. 1 BGG) kann das Bundesgericht in das Verfahren einbeziehen, wenn sie durch den Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens in rechtlicher oder tatsächlicher Weise, direkt oder indirekt betroffen sind, ohne indes die Intensität und Eigenschaften zu erfüllen, um formell als Gegenparteien auftreten zu können (vgl. BGE 118 Ib 356 E. 2c S. 360; Urteil 2A.207/2001 vom 25. Mai 2001 E. 2a; Isabelle Häner, Die Beteiligten im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 2000, Rz. 311 am Ende; Ulrich Meyer, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 13 zu Art. 102 BGG). 1.2.2 Nach Art. 18 Abs. 2 des Tierschutzgesetzes vom 9. März 1978 (aTSchG [zur Anwendung des alten Rechts siehe unten E. 2.3]; AS 1981 562, 1991 2345, 1995 1469 Art. 59 Ziff. 1, 2003 4181, 4803 Anhang Ziff. 3, 2006 2197 Anhang Ziff. 45) bestellen die Kantone eine von der Bewilligungsbehörde unabhängige Tierversuchskommission von Fachleuten; ihr müssen Vertreter von Tierschutzorganisationen angehören. Die Tierversuchskommission nimmt am Verfahren teil (Art. 18 Abs. 3 aTSchG): Sie prüft die Gesuche und stellt Antrag an die Bewilligungsbehörde. Sie wird für die Kontrolle der Versuchstierhaltung und der Durchführung der Tierversuche beigezogen. Die Kantone können ihr weitere Aufgaben übertragen. Im aTSchG findet sich keine Regelung im Sinne von Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG, wonach die Tierversuchskommission Beschwerde gegen Tierversuchsbewilligungen führen könnte. Ihre Parteistellung im kantonalen Verfahren stützt sich vielmehr auf § 12 Abs. 2 des kantonalen Tierschutzgesetzes vom 2. Juni 1991 (LS 554.1), wonach die Tierversuchskommission im Bewilligungsverfahren für Tierversuche zum Rekurs an den Regierungsrat und zur Beschwerde an das Verwaltungsgericht berechtigt ist. Die gleichen Befugnisse haben mindestens drei gemeinsam handelnde Mitglieder. 1.2.3 Mangels einer bundesgesetzlichen Beschwerdebefugnis kann die Tierversuchskommission des Kantons Zürich somit nicht Gegenpartei im bundesgerichtlichen Verfahren sein. Die fünf Mitglieder der Tierversuchskommission, denen im kantonalen Verfahren Parteistellung zukam, sind durch den angefochtenen Entscheid persönlich nicht besonders berührt und haben auch kein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG), wie sie in ihrer Eingabe selber zugestehen. Die Tierversuchskommission und die Mitglieder, deren Beschwerderecht nach kantonalem Recht vor allem dem Zweck dient, Mehrheitspositionen in der Tierversuchskommission einer rechtlichen Überprüfung zuzuführen, erfüllen allerdings eine wichtige öffentliche Aufgabe (vgl. Andreas Steiger/Rainer J. Schweizer, in: Die schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, Rz. 18 zu Art. 80 BV). Ihre Vernehmlassungen und Eingaben sind daher gestützt auf Art. 102 Abs. 1 BGG als Eingabe weiterer Beteiligter zu berücksichtigen (vgl. BGE 131 II 253 E. 1.2 S. 255/6). 1.3 Die weiteren Beteiligten (Tierversuchskommission und fünf Mitglieder) haben am 17. März 2009 aus Anlass der Vernehmlassung des Bundesamtes für Veterinärwesen vom 24. Februar 2009 und der Eingabe des kantonalen Veterinäramtes vom 17. Dezember 2008 unaufgefordert Stellung genommen. Die Beschwerdeführer haben sich dazu am 7. April 2009 geäussert. Diese Eingaben sind den Akten beizufügen (vgl. BGE 133 I 100 E. 4.5 und 4.6 S. 103 f.). 2. 2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 BGG). Ob eine behauptete Tatsache neu ist, beurteilt sich aufgrund eines Vergleichs mit den Vorbringen im vorausgehenden, kantonalen Verfahren (Meyer, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 20 zu Art. 99 BGG). Die Beschwerdeführer machen sinngemäss geltend, dass das kantonale Veterinäramt im Gegensatz zur Tierversuchskommission unzählige Tierversuche besucht und damit profundere Kenntnisse über die Belastungen der Tiere durch die Versuchsanordnung habe. Ihre Argumente sind nicht zu hören: Die Vorinstanzen haben sich mit den Kompetenzen der Tierversuchskommission und des kantonalen Veterinäramtes in sachlicher Hinsicht detailliert auseinandergesetzt. Die tatsächlichen Vorbringen der Beschwerdeführer sind im Vergleich zu den Vorbringen vor kantonalen Instanzen neu. Sie sind nicht zu berücksichtigen, denn sie sind - wie die Beschwerdeführer selbst ausführen - nicht durch den vorinstanzlichen Entscheid, sondern durch die Ausführungen der Beteiligten veranlasst. Sie hätten ohne Weiteres im vorinstanzlichen Verfahren erhoben werden können. Die Beschwerdeführer machen sinngemäss geltend, dass das kantonale Veterinäramt im Gegensatz zur Tierversuchskommission unzählige Tierversuche besucht und damit profundere Kenntnisse über die Belastungen der Tiere durch die Versuchsanordnung habe. Ihre Argumente sind nicht zu hören: Die Vorinstanzen haben sich mit den Kompetenzen der Tierversuchskommission und des kantonalen Veterinäramtes in sachlicher Hinsicht detailliert auseinandergesetzt. Die tatsächlichen Vorbringen der Beschwerdeführer sind im Vergleich zu den Vorbringen vor kantonalen Instanzen neu. Sie sind nicht zu berücksichtigen, denn sie sind - wie die Beschwerdeführer selbst ausführen - nicht durch den vorinstanzlichen Entscheid, sondern durch die Ausführungen der Beteiligten veranlasst. Sie hätten ohne Weiteres im vorinstanzlichen Verfahren erhoben werden können. 2.2 2.2.1 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Trotzdem obliegt es dem Beschwerdeführer, sich in seiner Beschwerde sachbezogen mit den Darlegungen im angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254; siehe auch BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Soweit die Beschwerdeführer die Bedeutung der Grundlagenforschung für die Forschung und die Innovation im Allgemeinen und für die Hirnforschung im Besonderen anführen und dabei ohne weitere sachbezogene Ausführungen auf die Botschaft vom 24. Januar 2007 über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovationen in den Jahren 2008 - 2011 (BBl 2007 1223 ff.), auf verschiedene fachtechnische Publikationen sowie auf Unterstützungsschreiben verweisen, ist darauf nicht weiter einzugehen. 2.2.2 Das Bundesgericht schränkt seine Kognition bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe in gewissen Fällen ein. Zwar ist es grundsätzlich Aufgabe der Gerichte, diese im Einzelfall auszulegen und zu konkretisieren. Ergibt die Gesetzesauslegung indessen, dass der Gesetzgeber mit der offenen Normierung der Entscheidbehörde einen zu respektierenden Beurteilungsspielraum einräumen wollte, darf und muss das Gericht seine Kognition entsprechend einschränken. Dies befreit es allerdings nicht davon, die Rechtsanwendung unter Beachtung der gebotenen Zurückhaltung auf ihre Vereinbarkeit mit Bundesrecht hin zu prüfen (vgl. zum Ganzen BGE 132 II 257 E. 3.2 S. 262 f.; bestätigt in BGE 2C_899/2008 vom 18. Juni 2009 E. 4.4.3). Das Bundesgericht übt zudem eine gewisse Zurückhaltung, wenn Vorinstanzen über ein besonderes Fachwissen verfügen (BGE 132 II 257 E. 3.3 S. 263; 131 II 13 E. 3.4 S. 20 mit Hinweis). Im Rahmen dieses "technischen Ermessens" belässt es der verfügenden Behörde bei der Bewertung von ausgesprochenen Fachfragen einen gewissen Beurteilungsspielraum, soweit sie die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte geprüft und die erforderlichen Abklärungen sorgfältig und umfassend durchgeführt hat (vgl. BGE 131 II 681 E. 2.3.2 S. 683 f. mit Hinweisen). 2.3 Der angefochtene Entscheid stützt sich auf die Tierversuchsregelungen des aTSchG (dazu oben E. 1.2.2) und der Tierschutzverordnung vom 27. Mai 1981 (aTSchV; AS 1981 572, 1986 1408, 1991 2349, 1997 1121, 1998 2303, 2001 1337 Anhang Ziff. 1, 2063, 2006 1427, 5217 Anhang Ziff. 2, 2007 1847 Anhang 3 Ziff. 1). Im Laufe des bundesgerichtlichen Verfahrens sind das Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 (TSchG; SR 455) und die Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV; SR 455.1) in Kraft getreten. Es stellt sich daher die Frage, welche Rechtsnormen auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar sind. Da das Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 keine Übergangsregelung enthält, ist für die bundesgerichtliche Beurteilung grundsätzlich die Rechtslage massgeblich, wie sie bestand, als der angefochtene Verwaltungsakt erging (BGE 125 II 591 E. 5e/aa S. 598 mit Hinweisen). Eine Ausnahme zum genannten Grundsatz ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dann zu machen, wenn zwingende Gründe für eine sofortige Anwendung des neuen Rechts sprechen (BGE 125 II 591 E. 5e/aa S. 598 mit Hinweisen). Das Bundesgericht erachtete diese Voraussetzungen insbesondere im Bereich des Gewässer-, Natur-, Heimat- und Umweltschutzrechts als gegeben (zu weiteren Anwendungsfeldern vgl. Ulrich Meyer/Peter Arnold, Intertemporales Recht, ZSR 2005 I 115, 134). Vorliegend kann offengelassen werden, ob auch das Tierschutzrecht, dessen verfassungsrechtliche Kompetenzbestimmung sich im Abschnitt "Umwelt und Raumplanung" findet, diese Voraussetzungen erfüllen würde. Da das neue TSchG keine Verschärfung gegenüber dem TSchG von 1978 bringt (Botschaft vom 9. Dezember 2002 zur Revision des Tierschutzgesetzes [nachfolgend Botschaft Revision TSchG], BBl 2003 657, 665 Ziff. 1.2, 678 f. Ziff. 2.5 Bemerkungen zu Art. 15 - 18), liegt kein zwingender Grund für eine sofortige Anwendung des neuen Rechts vor und somit auch kein Anlass für das Abweichen vom intertemporalen Grundsatz. Es ist deshalb das alte Recht anwendbar. 3. 3.1 Das aTSchG basiert auf mehreren Verfassungsnormen, insbesondere auf Art. 80 BV; Art. 80 Abs. 2 lit. b BV hebt die Regelungen über Tierversuche besonders hervor. Die Vorschriften des aTSchG über Tierversuche sind zudem auch Ausdruck der Forschungsfreiheit nach Art. 20 BV (dazu Verena Schwander, Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit, 2002, S. 220 ff.). Sie repräsentieren daher teilweise eine bereits vom Gesetzgeber vorgenommene Interessenabwägung (Schwander, a.a.O, S. 221). Bundesgesetze sind für das Bundesgericht im Sinne eines Anwendungsgebotes (dazu BGE 133 II 305 E. 6.6 am Ende S. 312) massgebend. Ihm ist deshalb deren verfassungsrechtliche Überprüfung, im vorliegenden Fall insbesondere mit der Forschungsfreiheit, gestützt auf Art. 190 BV grundsätzlich verwehrt (vgl. BGE 134 II 249 E. 2.3 S. 251 f.; 133 II 305 E. 5.2. S. 310 mit Hinweisen). Soweit der Gesetzgeber unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, wie in Art. 13 Abs. 1 aTSchG, wo er nur den Zielkonflikt zwischen den Grundrechten, insbesondere der Forschungsfreiheit, und dem Verfassungsinteresse des Schutzes der Tiere formuliert und dessen Lösung dem Bundesrat sowie im Einzelfall der Verwaltung übertragen hat, muss der massgebliche Sinn verfassungskonform ermittelt werden (vgl. BGE 134 II 249 E. 2.3 S. 252; 131 II 697 E. 4.1 S. 703). Dabei ist auch die Würde der Kreatur zu berücksichtigen, welcher der Bundesgesetzgeber beim Erlass von Vorschriften über nichtmenschliches Keim- und Erbgut Rechnung zu tragen hat (Art. 120 Abs. 2 BV). Die Beachtung der Würde der Kreatur wird zwar nur in der Kompetenzvorschrift der Gentechnologie im Ausserhumanbereich ausdrücklich erwähnt, dort aber als etwas Existierendes vorausgesetzt. Nur etwas Existierendem kann Rechnung getragen werden. Kreaturen kommt deshalb unabhängig von der Gentechnologie im Ausserhumanbereich Würde zu (vgl. Steiger/Schweizer, a.a.O., Rz. 8 zu Art. 80 BV; Peter Saladin/Rainer J. Schweizer, in: Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874, 1987 ff. [nachfolgend: Kommentar aBV], Rz. 119 zu Art. 24novies aBV; Botschaft Revision TSchG, BBl 2003 663). Das aTSchG basiert noch nicht ausdrücklich auf einer Anerkennung der Würde der Kreatur von Tieren, auch wenn ihm bereits ansatzweise zugrundeliegt, dass Tiere "um ihrer selbst willen" zu schützen sind (Botschaft Revision TSchG, BBl 2003 663; Christoph Andreas Zenger, Das "unerlässliche Mass" an Tierversuchen, Beihefte zur ZSR Nr. 8, 1989, S. 50; vgl. auch Steiger/ Schweizer, a.a.O., Rz. 9 zu Art. 80 BV; siehe zudem BGE 115 IV 248 E. 5a S. 254, der vom Tier als "Mitgeschöpf" spricht). Dabei ist auch die Würde der Kreatur zu berücksichtigen, welcher der Bundesgesetzgeber beim Erlass von Vorschriften über nichtmenschliches Keim- und Erbgut Rechnung zu tragen hat (Art. 120 Abs. 2 BV). Die Beachtung der Würde der Kreatur wird zwar nur in der Kompetenzvorschrift der Gentechnologie im Ausserhumanbereich ausdrücklich erwähnt, dort aber als etwas Existierendes vorausgesetzt. Nur etwas Existierendem kann Rechnung getragen werden. Kreaturen kommt deshalb unabhängig von der Gentechnologie im Ausserhumanbereich Würde zu (vgl. Steiger/Schweizer, a.a.O., Rz. 8 zu Art. 80 BV; Peter Saladin/Rainer J. Schweizer, in: Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874, 1987 ff. [nachfolgend: Kommentar aBV], Rz. 119 zu Art. 24novies aBV; Botschaft Revision TSchG, BBl 2003 663). Das aTSchG basiert noch nicht ausdrücklich auf einer Anerkennung der Würde der Kreatur von Tieren, auch wenn ihm bereits ansatzweise zugrundeliegt, dass Tiere "um ihrer selbst willen" zu schützen sind (Botschaft Revision TSchG, BBl 2003 663; Christoph Andreas Zenger, Das "unerlässliche Mass" an Tierversuchen, Beihefte zur ZSR Nr. 8, 1989, S. 50; vgl. auch Steiger/ Schweizer, a.a.O., Rz. 9 zu Art. 80 BV; siehe zudem BGE 115 IV 248 E. 5a S. 254, der vom Tier als "Mitgeschöpf" spricht). 3.2 3.2.1 Art. 12 aTSchG definiert Tierversuche: Danach gilt jede Massnahme als Tierversuch, bei der lebende Tiere verwendet werden mit dem Ziel, eine wissenschaftliche Annahme zu prüfen, Informationen zu erlangen, einen Stoff zu gewinnen oder zu prüfen oder die Wirkungen einer bestimmten Massnahme am Tier festzustellen, sowie das Verwenden von Tieren zur experimentellen Verhaltensforschung. Tierversuche, welche dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in schwere Angst versetzen oder sein Allgemeinbefinden erheblich beeinträchtigen können, dürfen nach Art. 13a aTSchG nur mit einer befristeten Bewilligung durchgeführt werden und sind nach Art. 13 Abs. 1 aTSchG auf das unerlässliche Mass zu beschränken. Der Bundesrat bestimmt nach Art. 13 Abs. 2 aTSchG Kriterien zur Beurteilung des unerlässlichen Masses. Er kann bestimmte Versuchszwecke als unzulässig erklären. Versuche müssen nach Art. 14 aTSchG gewissen Zwecken dienen. Art. 15 aTSchG regelt die Anforderungen an den Bewilligungsnehmer, Art. 16 aTSchG an die Durchführung der bewilligungspflichtigen Versuche. 3.2.2 Im 7. Kapitel ("Tierversuche"; AS 1997 1125) der aTSchV (Art. 58 ff.) werden die gesetzlichen Regelungen näher ausgeführt. Während die hier nicht interessierenden Absätze 1 und 2 des Art. 61 aTSchV (Abs. 1: AS 1997 1127; Abs. 2: AS 1991 2352) vor allem die Bewilligungsvoraussetzungen nach Art. 14 - 16 aTSchG konkretisieren, umschreibt Art. 61 Abs. 3 aTSchV (AS 1991 2353) die Beschränkungen auf das unerlässliche Mass nach Art. 13 aTSchG näher (vgl. BIRGITTA REBSAMEN-ALBISSER, Der Vollzug des Tierschutzrechts durch Bund und Kantone, 1994, S. 214 ff.). Art. 61 Abs. 3 aTSchV lautet: "Ein Tierversuch darf nicht bewilligt werden, wenn: a. sein Ziel mit Verfahren ohne Tierversuche erreicht werden kann, die nach dem jeweiligen Stand der Kenntnisse tauglich sind; b. er in keinem Zusammenhang mit der Erhaltung oder dem Schutz des Lebens und der Gesundheit von Mensch und Tier steht, er keine neuen Kenntnisse über grundlegende Lebensvorgänge erwarten lässt und auch nicht dem Schutz der natürlichen Umwelt oder der Verminderung von Leiden dient; c. er der Prüfung von Erzeugnissen dient und die angestrebte Kenntnis durch Auswertung der Daten über deren Bestandteile gewonnen werden kann oder das Gefährdungspotential ausreichend bekannt ist; d. er, gemessen am erwarteten Kenntnisgewinn oder Ergebnis, dem Tier unverhältnismässig Schmerzen, Leiden oder Schäden bereitet." Der dieser Verordnungsvorschrift zugrunde liegende Art. 13 aTSchG geht auf eine Gesetzesänderung zurück, welche die eidgenössischen Räte im Rahmen der Behandlung der Volksinitiative "zur drastischen und schrittweisen Einschränkung der Tierversuche (Weg vom Tierversuch!)" (Botschaft vom 30. Januar 1989 über die Volksinitiative "zur drastischen und schrittweisen Einschränkung der Tierversuche (Weg vom Tierversuch!)" [nachfolgend Botschaft Volksinitiative], BBl 1989 I 1003) als indirekten Gegenvorschlag beschlossen haben (Bericht der Kommission des Nationalrates vom 16. Januar 1990 über einen Gegenentwurf auf Gesetzesstufe (Änderung des Tierschutzgesetzes) [nachfolgend Bericht], BBl 1990 III 1257; AS 1991 2345; Rebsamen-Albisser, a.a.O., S. 200 ff.). Mit Art. 13 Abs. 2 aTSchG sollte der Bundesrat verpflichtet werden, Kriterien zur Präzisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "unerlässlichen Masses" aufzustellen (Bericht, BBl 1990 III 1267), nachdem unter dem aTSchG vor der Änderung von 1991 noch wenig klar war, inwiefern darunter neben der instrumentalen auch die finale Unerlässlichkeit zu verstehen war (Zenger, a.a.O., S. 85 ff., 113 ff.; Bericht, BBl 1990 III 1267 mit Hinweis auf Zenger, a.a.O.; Rebsamen-Albisser, a.a.O., S. 208, 210). Mit "finaler Unerlässlichkeit" wird die Unentbehrlichkeit des Versuchszwecks, mit "instrumentaler Unerlässlichkeit" die methodische Notwendigkeit des Tierversuchs zur Erreichung des konkreten Zwecks bezeichnet (Zenger, a.a.O., S. 113; Peter E. Wirth, Gesetzgebung und Vollzug im Bereich der Tierversuche, 1991, S. 35 ff.; Rebsamen-Albisser, a.a.O., S. 208 f.). 3.2.3 Nach Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV darf ein Tierversuch nicht bewilligt werden, wenn er, gemessen am erwarteten Kenntnisgewinn oder Ergebnis, dem Tier unverhältnismässige Schmerzen, Leiden oder Schäden bereitet. Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV verlangt eine umfassende Güterabwägung zwischen den Schmerzen, welche den Tieren zugefügt werden, einerseits und dem erwarteten Kenntnisgewinn oder Ergebnis des Versuchs andererseits (Steiger/Schweizer, a.a.O., Rz. 8, 18 zu Art. 80 BV; Zenger, a.a.O., S. 54 f., 87, 173 f.). Danach darf der Tierversuch somit nicht über das zur Verfolgung des konkreten Versuchszwecks erforderliche Mass hinausgehen (Rebsamen-Albisser, a.a.O., S. 218), andernfalls er nicht zu bewilligen ist (Botschaft Volksinitiative, BBl 1989 I 1021 f. Ziff. 42 f.; Bericht, BBl 1990 III 1267 zu Art. 13 Abs. 3). Mit Blick auf Art. 13 aTSchG, wonach Tierversuche nicht nur auf das vernünftige oder notwendige, sondern auf das unerlässliche Mass zu beschränken sind (Rebsamen-Albisser, a.a.O., S. 206), darf ein Tierversuch nicht leichthin zugelassen werden. Er soll ultima ratio bleiben (Zenger, a.a.O., S. 20), weshalb der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber denjenigen, der Tierversuche vornehmen will, u.a. auf alternative Verfahren und Methoden oder Versuche mit anderen Tieren verpflichtet (Art. 16 aTSchG bzw. Art. 61 Abs. 1 und 3 lit. a und c aTSchV; siehe auch Botschaft über ein Tierschutzgesetz vom 9. Februar 1977 [nachfolgend Botschaft TSchG], BBl 1977 I 1075, 1091 Ziff. 2206). 3.3 Die Kantone erteilen die Bewilligung (Art. 18 Abs. 1 aTSchG, Art. 62 Abs. 3 aTSchV). Sie überweisen zuvor das Gesuch an die kantonale Tierversuchskommission, die es prüft und Antrag an die Bewilligungsbehörde stellt (Art. 18 Abs. 3 aTSchG, Art. 62 Abs. 3 aTSchV). Die Tierversuchskommission ist von der Bewilligungsbehörde unabhängig und besteht von Gesetzes wegen aus Fachleuten (Art. 18 Abs. 2 aTSchG; Bericht, BBl 1990 III 1268 zu Art. 18 Abs. 2). Damit soll - nach der Intention des Gesetzgebers - eine klare Aufgabenteilung zwischen der Tierversuchskommission, welche mit ihrem umfassenden wissenschaftlichen Sachverstand die Gesuche beurteilt, und der Entscheidungsbehörde, welche die "administrativen Arbeiten erledigt sowie den formellen Entscheid begründet und formuliert", verwirklicht werden (Bericht, BBl 1990 III 1269). Die Bewilligungsbehörde soll sich nicht ohne weiteres über den Antrag der Kommission hinwegsetzen (Bericht, BBl 1990 III 1269). Entscheidet sie entgegen dem Antrag der Tierversuchskommission, hat sie dies gegenüber der Kommission zu begründen (Art. 62 Abs. 3 aTSchV). 3.3 Die Kantone erteilen die Bewilligung (Art. 18 Abs. 1 aTSchG, Art. 62 Abs. 3 aTSchV). Sie überweisen zuvor das Gesuch an die kantonale Tierversuchskommission, die es prüft und Antrag an die Bewilligungsbehörde stellt (Art. 18 Abs. 3 aTSchG, Art. 62 Abs. 3 aTSchV). Die Tierversuchskommission ist von der Bewilligungsbehörde unabhängig und besteht von Gesetzes wegen aus Fachleuten (Art. 18 Abs. 2 aTSchG; Bericht, BBl 1990 III 1268 zu Art. 18 Abs. 2). Damit soll - nach der Intention des Gesetzgebers - eine klare Aufgabenteilung zwischen der Tierversuchskommission, welche mit ihrem umfassenden wissenschaftlichen Sachverstand die Gesuche beurteilt, und der Entscheidungsbehörde, welche die "administrativen Arbeiten erledigt sowie den formellen Entscheid begründet und formuliert", verwirklicht werden (Bericht, BBl 1990 III 1269). Die Bewilligungsbehörde soll sich nicht ohne weiteres über den Antrag der Kommission hinwegsetzen (Bericht, BBl 1990 III 1269). Entscheidet sie entgegen dem Antrag der Tierversuchskommission, hat sie dies gegenüber der Kommission zu begründen (Art. 62 Abs. 3 aTSchV). 3.4 3.4.1 Mit dem Einbezug der Tierversuchskommission wird gewährleistet, dass ein unabhängiges, ausgewogen zusammengesetztes (Bericht, BBl 1990 III 1268) Fachorgan bei der Beurteilung des Projekts auf die Anliegen des Tierschutzes speziell achtet und die Bewilligungsbehörden über zuverlässige Unterlagen verfügen. Dieses Anliegen war u.a. Anlass der Revision des aTSchG (vgl. Bericht, BBl 1990 III 1268 f. zu Art. 18). Der Prüfung des Gesuchs durch die Tierversuchskommission kommt somit erhebliches Gewicht zu (vgl. auch Steiger/Schweizer, a.a.O., Rz. 18 zu Art. 80 BV; Thomas Fleiner-Gerster, in: Kommentar aBV, a.a.O., Rz. 26 zu Art. 25bis aBV). So entspricht es dem Sinn des Beizugs einer Fachkommission als sachkundige Spezialbehörde, dass nur aus triftigen Gründen vom Ergebnis der Begutachtung abgewichen wird. Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht beispielsweise im Zusammenhang mit den Gutachten der beratenden Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) entwickelt (BGE 125 II 591 E. 7a S. 602; vgl. auch Urteil 1A.185/2006 E. 6.1 in: URP 2007 S. 461 ff., 465 f.; für die UVP vgl. BGE 119 Ia 254 E. 8a S. 274). Die gleiche Rechtsprechung wird zudem auch auf fachspezialisierte bundesgerichtliche Vorinstanzen angewendet (vgl. etwa BGE 133 II 263 E. 8.2 S. 278; 132 II 257 E. 3.2 und 3.3. S. 262 ff.; siehe auch E. 2.2.2). Es besteht deshalb kein Anlass, von dieser Rechtsprechung für Gutachten der Tierversuchskommission abzuweichen. Vielmehr drängt sich eine Übernahme geradezu auf: So findet sich die verfassungsrechtliche Tierschutzbestimmung, wie diejenige über den Natur- und Heimatschutz, ebenfalls im Abschnitt Umwelt (Art. 73 ff. BV). Die Tierversuchskommission ist wie die ENHK (Art. 7 i.V.m. 25 Abs. 1 NHG; SR 451) ein unabhängiges, beratendes Fachorgan, welches neben der Beantwortung von Sachverhaltsfragen auch unbestimmte Rechtsbegriffe, wie etwa das in Art. 13 aTSchG festgeschriebene "unerlässliche Mass", auszulegen hat. Hinzu kommt, dass Art. 62 Abs. 3 aTSchV die dargestellte Rechtsprechung, wonach nur aus triftigen Gründen von der Begutachtung abgewichen werden darf, positiv rechtlich geregelt hat: ein Abweichen vom Antrag der Tierversuchskommission ist nur aus guten Gründen zulässig (vgl. auch Bericht, BBl 1990 III 1269 zu Art. 18). Das Bundesgericht auferlegt sich bei der rechtlichen Überprüfung der unbestimmten Rechtsbegriffe in Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV deshalb eine gewisse Zurückhaltung (siehe auch oben E. 2.2.2). 3.4.2 Auch die kantonalen Rechtsmittelinstanzen dürfen sich bei der Rechtsüberprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe unter den dargestellten Voraussetzungen (Art. 111 Abs. 3 BGG), und soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, zurückhalten (BGE 130 II 449 E. 4.1 S. 452 mit Hinweisen; Urteil 2P.44/2007 vom 2. August 2007 E. 2.2). So hat das Verwaltungsgericht entsprechend diesem Grundsatz und dem kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 24. Mai 1959 (LS 175.2) zu Recht (vgl. dazu KÖLZ UND ANDERE, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl. 1999, Rz. 72 ff. zu § 50) - und auch unbestritten - darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe der zweiten, auf Rechtskontrolle beschränkten Rechtsmittelinstanz sein könne, die gesetzliche Güterabwägung von Grund auf neu vorzunehmen, wie wenn es als erste Instanz oder als erste, auch Sachverhaltskontrolle umfassende Rechtsmittelinstanz urteilen würde. 4. Vorliegend ist die Frage zu beantworten, ob gestützt auf Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV der strittige Tierversuch bewilligt werden kann. Da dabei eine umfassende Güterabwägung (oben E. 3.2.3) vorzunehmen ist, müssen die beiden, bereits vom Verordnungsgeber bezeichneten Güter - Kenntnisgewinn oder Ergebnis des konkreten Tierversuchs einerseits sowie Tierschmerzen, -schäden oder -leiden andererseits - zunächst gewichtet (E. 4.3 - 4.5) und anschliessend gegeneinander abgewogen werden (E. 4.6). 4.1 4.1.1 Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich hielt in ihrem Entscheid fest, dass es sich beim geplanten Tierversuch grundsätzlich um Grundlagenforschung handle. Die entsprechenden Forschungsergebnisse müssten allerdings mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet sein, später in angewandter Form und allenfalls in Kombination mit anderen Erkenntnissen dem Leben oder der Gesundheit von Mensch und Tier zu dienen. Je weniger sie dies tun würden, desto weniger würden sie Tierversuche zur Erlangung dieser Kenntnis rechtfertigen und desto weniger belastend dürften diese für die Tiere sein. Vor allem die langfristigen Ziele und auch die Anwendungsmöglichkeiten bei medizinischen Behandlungen seien sehr ungewiss. Damit reduziere sich die Bedeutung des Kenntnisgewinns. Die Belastung der Tiere für den gesamten Tierversuch entspreche - in Übereinstimmung mit dem verfügenden Veterinäramt - dem Schweregrad 2. Dabei sei zusätzlich auch der Verbrauch von 36 Rhesusaffen in Rechnung zu stellen. Da nicht-menschlichen Primaten aufgrund ihrer Nähe zum Menschen eine Sonderstellung zukomme, sei unter diesen Umständen das Interesse der Versuchstiere an Belastungsfreiheit höher zu gewichten als das menschliche Interesse am Versuchsergebnis. 4.1.2 Das Verwaltungsgericht hat die Argumente und die Gewichtung der Gesundheitsdirektion geschützt. Nach Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV verlange die Güterabwägung eine konkrete, umfassende, nicht schematische Bestimmung des Forschungsnutzens, weshalb auch die klinische Anwendbarkeit der Versuchsergebnisse mitzuberücksichtigen sei; dies sähen etwa auch die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) in ihren ethischen Grundsätzen und Richtlinien bei Tierversuchen vor. Im Übrigen hätten die Beschwerdeführer selbst und auch die Gutachter den zukünftigen klinischen Nutzen hervorgehoben. Da das Erreichen der langfristigen Versuchsziele und allfällige spätere Anwendungsmöglichkeiten jedoch unsicher seien, reduziere sich die Bedeutung des Kenntnisgewinns entsprechend. Eine Einstufung der Belastung in Schweregrad 2 sei korrekt. Sie entspreche auch der Bewertung des kantonalen Veterinäramts. Bei der eigentlichen Güterabwägung sei schliesslich zu Recht die Nähe der nicht-menschlichen Primaten zum Menschen und deren Sonderstellung in der Hierarchie der Tiere berücksichtigt worden, wie dies das aTSchG und die aTSchV verlange. Deshalb sei das Interesse der Versuchstiere an Belastungsfreiheit gewichtiger als das menschliche Interesse am Versuchsergebnis. 4.2 Die Beschwerdeführer rügen, dass das Verwaltungsgericht eine unzulässige, da über die gesetzlichen Entscheidungen hinausgehende Differenzierung zwischen der Grundlagen- und der angewandten Forschung vorgenommen habe. Es setze bei jener zu Unrecht strengere Massstäbe als bei dieser. Die Abstützung auf die Richtlinien der SAMW und der SCNAT zur Bestimmung des Umfangs des Nutzens habe gegenüber Dritten lediglich empfehlenden Charakter und stehe in Widerspruch zum Verfassungs- und Bundesverwaltungsrecht. Tierversuche würden - gestützt auf Art. 12 aTSchG - dazu dienen, wissenschaftliche Annahmen zu prüfen oder Informationen zu erlangen. Ein darüber hinausgehender Zweck sei deshalb nicht erforderlich, und auch einer zusätzlichen Rechtfertigung, um einen Tierversuch zu bewilligen, bedürfe es nicht. Demzufolge unterscheide das aTSchG bei der Forschung nicht zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung. Der Gesetzgeber habe bewusst auf eine Wertung verzichtet und konsequenterweise keinen strengeren Prüfungsmassstab für die Grundlagenforschung statuiert. Gesuche für Tierversuche müssten unabhängig von den jeweiligen Forschungstypen an den gleichen abstrakten Massstäben gemessen werden. Da die Grundlagenforschung für die allgemeine wissenschaftliche Erkenntnis wichtig sei, sei es unbestritten, dass sie per se dem Gebot der finalen Unerlässlichkeit eines Tierversuchs genüge und deshalb nicht zusätzlich die künftige praktische Verwendbarkeit eines Erkenntnisgewinns geprüft werden dürfe. 4.3 Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV verlangt, dass der erwartete Kenntnisgewinn den Schmerzen, Leiden oder Schäden der Tiere gegenübergestellt wird. Strittig ist zunächst, ob neben dem Zweck der Erkennung grundlegender Lebensvorgänge auch ein späterer Anwendungsnutzen des vorliegenden Versuchs zu berücksichtigen ist. Die Beschwerdeführer verneinen dies; ihr Standpunkt macht aber nur Sinn, wenn es auf eine Gewichtung des Kenntnisgewinns gar nicht ankäme. Ihm kann nicht beigepflichtet werden: Es trifft nicht zu, dass die zu erwartenden Forschungsergebnisse überhaupt nicht gewichtet werden müssten, für sich allein genügen und in jedem Fall stärker wögen als die gegenläufigen Interessen des Tierschutzes. Die Vorschriften über Tierversuche sind Ausdruck sowohl der Forschungsfreiheit (Art. 20 BV) als auch des Verfassungsinteresses des Tierschutzes (Art. 80 Abs. 2 lit. b BV). Dabei ist eine generell-abstrakte Regelung über die abgewogenen Interessen auf Gesetzes- und grundsätzlich auch auf Verordnungsstufe unterblieben, da für die Beurteilung des Einzelfalles spezifisches Fachwissen notwendig ist (vgl. Botschaft Volksinitiative, BBl 1989 I 1021 Ziff. 42). Deshalb wurde der Verwaltung die Aufgabe übertragen, diese Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei hat weder die Forschungsfreiheit noch der Tierschutz Vorrang. Vielmehr sind beide gleichrangig (vgl. Fleiner-Gerster, a.a.O., Rz. 23 zu Art. 25bis aBV; Zenger, a.a.O., S. 42, 52 ff.), und es ist im Einzelfall das jeweilige Gewicht des Forschungsinteresses und des Tierschutzinteresses zu bestimmen und diese sind hernach gegeneinander abzuwägen. Würde der Auffassung der Beschwerdeführer gefolgt, wäre dem Tierschutz nicht hinreichend Rechnung getragen und dem Forschungsinteresse in verfassungswidriger Weise per se ein höherer Rang zugesprochen worden. Es wäre zudem auch nicht einsichtig, eine Bewilligungspflicht einzuführen, da solche grundsätzlich dann vorgesehen werden, wenn präventiv abzuklären ist, ob mit einer Tätigkeit andere Rechtsgüter beeinträchtigt werden (vgl. Peter Saladin, Die Kunst der Verfassungserneuerung, hrsg. von Walter Kälin und anderen, 1998, S. 333). Unter diesen Umständen ist es für das Forschungsprojekt auch vorteilhafter, wenn einem Kenntnisgewinn im Bereich der Grundlagenforschung ein klinischer Nutzen hinzukommt. Abgesehen davon kann ohnehin nicht apodiktisch zwischen der Grundlagen- und angewandter Forschung differenziert werden, da nicht lediglich zwischen diesen, sondern zwischen "reiner Grundlagenforschung" einerseits und "anwendungsorientierter Grundlagenforschung" oder "gerichteter" bzw. "angewandter Grundlagenforschung" andererseits unterschieden wird (Beat König, Grundlagen der staatlichen Forschungsförderung, 2007, S. 33). Diese soll die wissenschaftliche Grundlage für spezielle weiterführende Forschungen schaffen und weist deshalb auch eine spezifische praktische Orientierung auf (König, a.a.O., S. 33). 4.3 Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV verlangt, dass der erwartete Kenntnisgewinn den Schmerzen, Leiden oder Schäden der Tiere gegenübergestellt wird. Strittig ist zunächst, ob neben dem Zweck der Erkennung grundlegender Lebensvorgänge auch ein späterer Anwendungsnutzen des vorliegenden Versuchs zu berücksichtigen ist. Die Beschwerdeführer verneinen dies; ihr Standpunkt macht aber nur Sinn, wenn es auf eine Gewichtung des Kenntnisgewinns gar nicht ankäme. Ihm kann nicht beigepflichtet werden: Es trifft nicht zu, dass die zu erwartenden Forschungsergebnisse überhaupt nicht gewichtet werden müssten, für sich allein genügen und in jedem Fall stärker wögen als die gegenläufigen Interessen des Tierschutzes. Die Vorschriften über Tierversuche sind Ausdruck sowohl der Forschungsfreiheit (Art. 20 BV) als auch des Verfassungsinteresses des Tierschutzes (Art. 80 Abs. 2 lit. b BV). Dabei ist eine generell-abstrakte Regelung über die abgewogenen Interessen auf Gesetzes- und grundsätzlich auch auf Verordnungsstufe unterblieben, da für die Beurteilung des Einzelfalles spezifisches Fachwissen notwendig ist (vgl. Botschaft Volksinitiative, BBl 1989 I 1021 Ziff. 42). Deshalb wurde der Verwaltung die Aufgabe übertragen, diese Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei hat weder die Forschungsfreiheit noch der Tierschutz Vorrang. Vielmehr sind beide gleichrangig (vgl. Fleiner-Gerster, a.a.O., Rz. 23 zu Art. 25bis aBV; Zenger, a.a.O., S. 42, 52 ff.), und es ist im Einzelfall das jeweilige Gewicht des Forschungsinteresses und des Tierschutzinteresses zu bestimmen und diese sind hernach gegeneinander abzuwägen. Würde der Auffassung der Beschwerdeführer gefolgt, wäre dem Tierschutz nicht hinreichend Rechnung getragen und dem Forschungsinteresse in verfassungswidriger Weise per se ein höherer Rang zugesprochen worden. Es wäre zudem auch nicht einsichtig, eine Bewilligungspflicht einzuführen, da solche grundsätzlich dann vorgesehen werden, wenn präventiv abzuklären ist, ob mit einer Tätigkeit andere Rechtsgüter beeinträchtigt werden (vgl. Peter Saladin, Die Kunst der Verfassungserneuerung, hrsg. von Walter Kälin und anderen, 1998, S. 333). Unter diesen Umständen ist es für das Forschungsprojekt auch vorteilhafter, wenn einem Kenntnisgewinn im Bereich der Grundlagenforschung ein klinischer Nutzen hinzukommt. Abgesehen davon kann ohnehin nicht apodiktisch zwischen der Grundlagen- und angewandter Forschung differenziert werden, da nicht lediglich zwischen diesen, sondern zwischen "reiner Grundlagenforschung" einerseits und "anwendungsorientierter Grundlagenforschung" oder "gerichteter" bzw. "angewandter Grundlagenforschung" andererseits unterschieden wird (Beat König, Grundlagen der staatlichen Forschungsförderung, 2007, S. 33). Diese soll die wissenschaftliche Grundlage für spezielle weiterführende Forschungen schaffen und weist deshalb auch eine spezifische praktische Orientierung auf (König, a.a.O., S. 33). 4.4 4.4.1 Tatsächlich gehen auch die Beschwerdeführer in ihrem Gesuch vom 1. Februar 2006 von einem doppelten Ziel ihres Tierversuchs aus: erstens sollen "grundlagenwissenschaftliche" Erkenntnisse zum Verständnis des komplexen Netzwerkes im Neokortex gewonnen werden; zweitens sollen diese Erkenntnisse in einer späteren Phase auf klinische Fragestellungen übertragen werden (Ziff. 63). Wie sich ferner aus den Akten ergibt, ging auch das Veterinäramt zusammen mit den Beschwerdeführern von diesem erwarteten Kenntnisgewinn für die Bestimmung der fachlichen Gutachter und für die Evaluation des Tierversuchs aus. Dass die Beschwerdeführer auch eine mögliche klinische Anwendbarkeit als Erkenntnisgewinn erwarteten, ist zudem deshalb nicht abwegig, weil - wie auch die Gutachten ausführen - nur Menschen und Affen den quantitativ und qualitativ höchsten differenzierten Phänotyp des Neokortex aufweisen und somit die Tierversuchsresultate auf den Menschen übertragen werden können. Schliesslich ist auch hervorzuheben, dass die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerdeschrift zur Verteidigung eines grossen Nutzens ebenfalls von dieser doppelten Zielsetzung ausgehen. Das Verwaltungsgericht hat deshalb kein Bundesrecht verletzt, wenn es - auch zugunsten der Beschwerdeführer - den späteren klinischen Nutzen des Versuchs in den erwarteten Kenntnisgewinn einbezogen hat. Angesichts dieses Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob die Vorinstanz sich auch auf die gemeinsamen "Ethischen Grundsätze und Richtlinien für Tierversuche" (3. Aufl. 2005; www.samw.ch) der SAMW und des SCNAT stützen durfte. 4.4.2 Für die Gewichtung des Kenntnisgewinns stellt Art. 61 Abs. 3 lit. b aTSchV selbst Wertungsgesichtspunkte zur Verfügung. Danach verfolgen Tierversuche unterschiedliche Zwecke. Diese haben entsprechend der verfassungsrechtlichen Gewichtung der verschiedenen Interessen (Zenger, a.a.O., S. 102 ff., 104 ff. 115 ff.; Fleiner-Gerster, a.a.O., Rz. 25 zu Art. 25bis aBV) nicht alle das gleiche Gewicht. So ist die Erhaltung oder der Schutz des Lebens und der Gesundheit der Menschen gewichtiger als die Erkenntnisse über grundlegende Lebensvorgänge: Ein Tierversuch, der nur rudimentäre Erkenntnisse für die menschliche Gesundheit erwarten lässt, hat deshalb ein geringeres Gewicht als ein solcher, der eine höhere Erkenntnis für die menschliche Gesundheit aufweist. Und ein Tierversuch, der "nur" Erkenntnisse über grundlegende Lebensvorgänge ohne Bezug zur menschlichen Gesundheit vorsieht, hat weniger Gewicht als ein solcher, der rudimentäre Erkenntnisse über die menschliche Gesundheit oder über Verringerungen menschlichen Leidens anstrebt. Der vorliegende Tierversuch verfolgt - wie auch die im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Gutachter festhalten - ein ambitioniertes Ziel: der Entwurf einer ersten umfassenden Theorie des Neokortex. Einem solchen Versuchsresultat komme grundlegende Bedeutung zu. Allerdings bedürfe es zu dessen Erreichung mehrerer, zusätzlicher Schritte. Diese Einschätzung teilen auch die Beschwerdeführer in ihrer Gesuchsergänzung vom 26. Juni 2006: Diese Theorie sei ein sehr grosses Problem und könne nicht in drei Jahren gelöst werden, sondern dazu bedürfe es eines sehr langen Zeitraums. Mit dem Versuch wird folglich ein bedeutendes Ziel angestrebt, der Gewinn der grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse fällt indes nicht in die Versuchs- oder in eine daran anschliessende, absehbare Zeitdauer, sondern es ist völlig offen, wann hiermit gerechnet werden kann. Der Erkenntnisgewinn für eine klinische Anwendbarkeit rückt zudem in noch weitere Ferne. Angesichts dieses Befundes muss der Erkenntnisgewinn - wie die Vorinstanz in Auseinandersetzung mit dem Entscheid der Direktion zu Recht festgehalten hat - insgesamt als "äusserst unsicher" und damit als niedrig bezeichnet werden. 4.4.3 Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, überzeugt nicht: Nach ihrem Standpunkt ist einzig relevant, dass die Forschungsergebnisse auch längerfristig mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer Theorie des Funktionierens des Neokortex führen und die gewonnenen Erkenntnisse auch für die Klärung klinischer Fragestellungen fruchtbar gemacht werden können; die Beschränkung der Bewilligungsdauer auf drei Jahre diene einzig dazu, die Forschung periodisch auf ihre Übereinstimmung mit den längerfristigen Zielen zu prüfen. Würde diese Argumentation zutreffen, so wäre die notwendige Verbindung des konkret beantragten Tierversuchs mit dem zu erreichenden Ziel nicht mehr in genügendem Mass vorhanden. Damit nämlich dieses in weiter Ferne liegende Ziel erfüllt werden kann, bedürfte es unzähliger weiterer Tierversuche. Darauf haben u.a. auch zwei Gutachter hingewiesen und selbst die Beschwerdeführer anerkennen dies in ihrer Gesuchsergänzung vom 26. Juni 2006. Zu berücksichtigen sind deshalb nur die Erkenntnisse, welche mit dem beantragten Tierversuch zu gewinnen erhofft werden, und nicht das Resultat einer Kette von Tierversuchen. Andernfalls würde das Erkenntnisgewicht vieler Tierversuche den Belastungen von Tieren eines Tierversuchs gegenübergestellt, was zu einer Verzerrung der gesetzlich geforderten Interessenabwägung führte. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht auf den Umstand hingewiesen, dass die Wahrscheinlichkeit von Forschungsergebnissen und von deren Anwendbarkeit auch daran gemessen werden dürfe, in welchem Zeitrahmen mit diesen zu rechnen sei. 4.5 Dem erwarteten Erkenntnisgewinn oder Ergebnis sind nach Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV die Schmerzen, Leiden oder Schäden gegenüber zu stellen. Diese Bestimmung ist - wie bereits ausgeführt - eine Konkretisierung von Art. 13 Abs. 1 aTSchG. Allerdings ist sie - wie die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat - unvollständig, fehlt doch die Passage "es [d.h. das Tier] in schwere Angst versetzen oder sein Allgemeinbefinden erheblich beeinträchtigen können". Für die Beurteilung der Belastung ist demnach auch der fehlende Passus zu berücksichtigen, andernfalls der Verordnungsgeber in unzulässiger Weise den vom Gesetzgeber gewünschten Normsinn verändert hätte. Für die Gewichtung der Schmerzen werden vier Schweregrade von 0 bis 3 verwendet (dazu BVET, Einteilung von Tierversuchen nach Schweregraden vor Versuchsbeginn (Belastungskategorien), Information Tierschutz 1.04, 1995). Die von der Vorinstanz in Auseinandersetzung mit den beiden Fachbehörden und den Parteien festgestellten Schmerzen, Leiden, Schäden oder erheblichen Beeinträchtigungen des Allgemeinbefindens sind als massgebender Sachverhalt für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Gesundheitsdirektion hat in Übereinstimmung mit dem verfügenden Amt die Belastung der nicht-menschlichen Primaten durch den Tierversuch mit dem Schweregrad 2 bewertet. Auch die Tierversuchskommission geht grundsätzlich von dieser Belastung aus. Das Verwaltungsgericht hat diese Gewichtung geschützt. Das Bundesgericht sieht keinen Anlass, sie in Frage zu stellen. 4.5 Dem erwarteten Erkenntnisgewinn oder Ergebnis sind nach Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV die Schmerzen, Leiden oder Schäden gegenüber zu stellen. Diese Bestimmung ist - wie bereits ausgeführt - eine Konkretisierung von Art. 13 Abs. 1 aTSchG. Allerdings ist sie - wie die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat - unvollständig, fehlt doch die Passage "es [d.h. das Tier] in schwere Angst versetzen oder sein Allgemeinbefinden erheblich beeinträchtigen können". Für die Beurteilung der Belastung ist demnach auch der fehlende Passus zu berücksichtigen, andernfalls der Verordnungsgeber in unzulässiger Weise den vom Gesetzgeber gewünschten Normsinn verändert hätte. Für die Gewichtung der Schmerzen werden vier Schweregrade von 0 bis 3 verwendet (dazu BVET, Einteilung von Tierversuchen nach Schweregraden vor Versuchsbeginn (Belastungskategorien), Information Tierschutz 1.04, 1995). Die von der Vorinstanz in Auseinandersetzung mit den beiden Fachbehörden und den Parteien festgestellten Schmerzen, Leiden, Schäden oder erheblichen Beeinträchtigungen des Allgemeinbefindens sind als massgebender Sachverhalt für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Gesundheitsdirektion hat in Übereinstimmung mit dem verfügenden Amt die Belastung der nicht-menschlichen Primaten durch den Tierversuch mit dem Schweregrad 2 bewertet. Auch die Tierversuchskommission geht grundsätzlich von dieser Belastung aus. Das Verwaltungsgericht hat diese Gewichtung geschützt. Das Bundesgericht sieht keinen Anlass, sie in Frage zu stellen. 4.6 4.6.1 Abschliessend ist zu prüfen, ob der Versuch, "gemessen am erwarteten Kenntnisgewinn oder Ergebnis", den nicht-menschlichen Primaten "unverhältnismässige Schmerzen, Leiden oder Schäden bereitet" (Art. 61 Abs. 3 lit. d aTSchV). Hierfür sind die beiden gewichteten Elemente (erwarteter Erkenntnisgewinn einerseits und Belastung der nicht-menschlichen Primaten andererseits) gegeneinander abzuwägen. Der Gesetzgeber hat für diese Interessenabwägung auf Vorgaben verzichtet, weil für die Beurteilung des Einzelfalles spezifisches Fachwissen nötig sei und es schwer falle, griffige allgemeinverbindliche Kriterien zu formulieren; letztlich bleibe immer ein erheblicher Ermessensspielraum (vgl. Botschaft Volksinitiative, BBl 1989 I 1021; siehe auch Bericht, BBl 1990 III 1266 f.). Bei der Prüfung der Frage, ob bei der eigentlichen Interessenabwägung die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, ist von folgendem Grundsatz auszugehen: Je gewichtiger das eine und je weniger gewichtig das andere Interesse ist, desto eher ist die Interessenabwägung verhältnismässig bzw. unverhältnismässig (Zenger, a.a.O., S. 124 f.). Im vorliegenden Fall muss berücksichtigt werden, dass der Nutzen des zu erwartenden Erkenntnisgewinns insgesamt, sowohl aufgrund der grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse als auch aufgrund des Anwendungsnutzens, tief ist. Auf der anderen Seite ist die Belastung relativ hoch (Schweregrad 2). Da es sich nicht um quantitative, nummerische Werte handelt, lässt sich daraus noch nicht ohne Weiteres schliessen, dass der Tierversuch unverhältnismässig wäre und daher nicht bewilligt werden könnte. Für ein Verbot des beantragten Tierversuchs spricht indes, dass die nicht-menschlichen Primaten eine sehr starke genetische und sinnesphysiologische Nähe zum Menschen aufweisen (Almuth Hirt und andere, Tierschutzgesetz, 2. Aufl. 2007, N 74 zu § 7 TierSchG; Roman Kolar, L'expérimentation animale, in: Conseil de l'Europe (Hrsg.), Le bien-être animal, 2006, S. 71 ff., 84). Diese besondere Nähe ist aus rechtlicher Sicht von Bedeutung: So nimmt bereits Art. 1 aTSchG selbst eine rudimentäre Hierarchisierung zwischen Wirbeltieren und wirbellosen Tieren vor (zu dieser Unterteilung aus geschichtlichen Gründen Kolar, a.a.O., S. 73); nur jene sind grundsätzlich schutzwürdig, diese nur dann, wenn der Bundesrat eine Verordnungsvorschrift erlassen hat. Detaillierter und konkreter wird auf die Entwicklungsstufe bzw. Hierarchie der Tiere für den Tierversuch in Art. 16 Abs. 3 aTSchG und in Art. 61 Abs. 1 lit. d aTSchV Bezug genommen: Je höher ein Tier in der Hierarchiestufe ist, d.h. je näher es dem Menschen genetisch und sinnesphysiologisch steht, desto mehr Gewicht kommt der Belastung der Tiere zu und desto wahrscheinlicher ist die Unverhältnismässigkeit des Versuchs. Auch andere Bestimmungen verlangen, dass die hierarchische Stellung zu berücksichtigen ist: Nach Art. 120 Abs. 2 BV sind abgestufte Vorschriften über den Umgang mit Keim- und Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen zu erlassen (dazu Saladin/ Schweizer, a.a.O., Rz. 107, 114, 116 zu Art. 24novies Abs. 3 aBV). Für die Achtung der Würde der Kreatur von Tieren und Pflanzen nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 GTG (SR 814.91) sind etwa die artspezifischen Eigenschaften und Funktionen zu berücksichtigen, und bei der Bewertung der Beeinträchtigung ist dem Unterschied zwischen Tieren und Pflanzen (Satz 3) Rechnung zu tragen (dazu etwa Botschaft vom 1. März 2000 zu einer Änderung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz, BBl 2000 2391, 2405 zu Abs. 2 Satz 2). Auch Art. 74 BV und das Umweltschutzgesetz (SR 814.1) tragen der Rangordnung innerhalb der natürlichen Umwelt Rechnung (dazu etwa Jörg Leimbacher, in: USG-Kommentar, 2. Aufl. 2003, N. 63 ff. ad Art. 26 USG). Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ist zudem die Würde der Kreatur zu berücksichtigen (E. 3.1 am Ende). Auch wenn sie nicht mit der Menschenwürde gleichgesetzt werden kann und darf, so verlangt jene doch, dass über Lebewesen der Natur, jedenfalls in gewisser Hinsicht, gleich reflektiert und gewertet wird wie über Menschen (Steiger/Schweizer, a.a.O., Rz. 8 zu Art. 80 BV mit Hinweis auf Rainer J. Schweizer, in: Die schweizerische Bundesverfassung, a.a.O., Rz. 16 zu Art. 120 BV). Diese Nähe zwischen der Würde der Kreatur und der Menschenwürde zeigt sich besonders bei nicht-menschlichen Primaten, wenn in der Literatur ausdrücklich auf die Differenzen zum Menschen hingewiesen wird (vgl. René Rhinow/Markus Schefer, Schweizerisches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 169; siehe auch Kolar, a.a.O., S. 84). Ebenfalls ins Gewicht fällt, dass eine grosse Anzahl von nicht-menschlichen Primaten von diesem Versuch betroffen ist. Während somit zugunsten der nicht-menschlichen Primaten deren starke genetische und sinnesphysiologische Nähe zum Menschen (siehe auch Hirt und andere, a.a.O., Rz. 74 zu § 7 TierSchG; für die EU vgl. den Vorschlag der Kommission vom 5.11.2008 für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, KOM(2008) 543 endg. [http://eur-lex.europa.eu/de/index.htm], passim), die Würde der Kreatur sowie die grosse Anzahl der nicht-menschlichen Primaten besonders ins Gewicht fallen, sprechen keine zusätzlichen Argumente zugunsten einer stärkeren Gewichtung des erwarteten Kenntnisgewinns. Aufgrund dieser zusätzlichen Argumente zugunsten der nicht-menschlichen Primaten bereitet der vorliegende Tierversuch, gemessen am erwarteten Kenntnisgewinn, den Versuchstieren unverhältnismässige Schmerzen, Leiden, Schäden, Angst oder Beeinträchtigungen ihres Allgemeinbefindens. Die Vorinstanz hat deshalb zu Recht das Interesse der Versuchstiere an der Belastungsfreiheit höher gewichtet als das menschliche Interesse am Versuchsergebnis. 4.6.2 Was die Beschwerdeführer gegen diese Interessenabwägung vorbringen, überzeugt nicht: Mit dem Verbot für den vorliegenden Tierversuch wird kein absolutes Verbot von Tierversuchen mit nicht-menschlichen Primaten bei Schweregrad 2 oder 3 statuiert. Wie gezeigt, sind für die Zulässigkeit eines Tierversuchs die Gewichte der einzelnen Interessen sowie die eigentliche Interessenabwägung massgebend. Zu Unrecht wenden sie auch ein, dass ein solches Verbot nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche; sie verweisen dabei auf den Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) vom 16. Februar 2007 zur Parlamentarischen Initiative von Maya Graf. Mit der Initiative (06.464; siehe auch AB 2007 N 2054 ff.) beantragte diese ein Verbot von Tierversuchen mit grossen Menschenaffen (Bonobos, Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans), wenn die Belastung den Schweregrad 1 - 3 erreicht, und mit anderen nicht-menschlichen Primaten bei einer Belastung von Schweregrad 2 und 3. Die Kommission lehnte die Initiative mit 12 zu 8 Stimmen ab. Abgesehen davon, dass sie mit Hinweis u.a. auf den vorliegenden Fall auch die Auffassung vertrat, dass Tierversuche mit nicht-menschlichen Primaten im Einzelfall verboten werden können, handelt es sich bei einer Kommission des Nationalrates nicht um den Gesetzgeber. Aus dem Bericht der Kommission geht zudem nur hervor, dass de lege ferenda kein gesetzliches Verbot der in der Initiative aufgeführten Tierversuche erwünscht sei; wie bisher solle auch in Zukunft der Einzelfall darüber entscheiden, ob ein Tierversuch bewilligt werden könne. Die Kommission bezieht sich damit auf den geltenden Art. 13 Abs. 1 aTSchG in Verbindung mit Art. 61 Abs. 3 aTSchV; daneben ist aufgrund von Art. 13 Abs. 2 Satz 2 aTSchG der Bundesrat verpflichtet, bestimmte Versuchszwecke durch Verordnungen zu verbieten. Insoweit ist auch das Argument der fehlenden gesetzlichen Grundlage für Eingriffe in die Forschungsfreiheit nicht stichhaltig (siehe auch Fleiner-Gerster, a.a.O., Rz. 24 zu Art. 25bis aBV). 5. 5.1 Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. 5. 5.1 Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. 5.2 5.2.1 Dem Verfahrensausgang entsprechend haben die unterliegenden Beschwerdeführer die Gerichtskosten solidarisch je hälftig zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 65 BGG). 5.2.2 Die Tierversuchskommission und fünf ihrer Mitglieder beantragen eine Entschädigung zu Lasten der Beschwerdeführer. Dem Gesuch kann nicht entsprochen werden: Sie sind bloss weitere Beteiligte im Sinne von Art. 102 BGG. Nach Art. 68 BGG kann nur Parteien - wie die Überschrift und Abs. 3 ausdrücklich festhalten - eine "Parteientschädigung" zugesprochen werden (siehe auch Bernard Corboz, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 24, 27 zu Art. 68 LTF).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden den Beschwerdeführern je zur Hälfte unter solidarischer Haftung auferlegt. 3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Kammer, und dem Bundesamt für Veterinärwesen schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 7. Oktober 2009 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Müller Errass
53283e3f-8c91-45c9-86ec-b94e2163ab3e
de
2,007
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Seit 1956 besteht am Standort "Trogsiten" in der Gemeinde Sool auf der ausserhalb der Bauzone gelegenen Parzelle Nr. 282 ein Antennenmast für die Rundfunkversorgung des Glarnerlands. Der ursprüngliche Gittermast wurde 1979/80 durch einen höheren Rundmast ersetzt, um Platz für die Mobilfunkdienste Natel A, B, C und D zu schaffen. Die Swisscom Mobile AG plant, auf dem bestehenden Antennenmast 9 neue Antennenkörper anzubringen und gleichzeitig 31 veraltete Antennen (für Natel A und B sowie GSM) zu entfernen. Die neuen Antennen dienen dem Aufbau des UMTS-Netzes (Universal Mobile Telecommunications System) und der qualitativen Verbesserung der GSM-Versorgung (Global System for Mobile Communications). Das neben dem Antennenmast bestehende Betriebsgebäude soll baulich nicht geändert werden. Mit Eingaben vom 26. Februar 2003 an die Gemeinde Sool und vom 24. März 2003 an die Baudirektion des Kantons Glarus ersuchte die Swisscom Mobile AG um die baurechtliche Bewilligung ihres Vorhabens und insbesondere um eine Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG, SR 700). X._, Eigentümer eines 60 m vom Antennenmast entfernt liegenden Grundstücks, erhob gegen das Vorhaben Einprache. Während die Baudirektion dem Projekt zustimmte, hiess der Gemeinderat Sool die Einsprache von X._ gut und wies das Baugesuch mit Entscheid vom 22. Januar 2004 ab. Gegen diesen Entscheid erhob die Swisscom Mobile AG Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Glarus. Dieser hiess die Beschwerde am 22. November 2005 gut und wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Gemeinde zurück. Er forderte die Gemeinde Sool auf, der Swisscom Mobile AG die Ausnahmebewilligung für ihr Vorhaben zu erteilen. Eine gegen diesen Entscheid gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde von X._ und der Gemeinde Sool wies das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus mit Urteil vom 20. März 2007 ab. B. Mit als staatsrechtliche Beschwerde bezeichneter Eingabe vom 30. April 2007 beantragen die Gemeinde Sool und X._, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. März 2007 sei aufzuheben. Sie beanstanden eine unrichtige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Verletzung von Art. 24 RPG. C. Das Verwaltungsgericht beantragt unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde. Die Swisscom Mobile AG stellt den Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, und die vorinstanzlichen Rechtsmittelentscheide seien zu bestätigen. Das zur Vernehmlassung eingeladene Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) hat auf eine Stellungnahme zur vorliegenden Angelegenheit verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz [BGG; SR 173.110]) in Kraft getreten. Der angefochtene Entscheid erging nach dem 1. Januar 2007. Gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG ist hier das Bundesgerichtsgesetz anwendbar. 1.1 Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts unterliegt, wie der Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen ist, der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 ff. BGG. Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel steht auch auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund. Gemäss Art. 34 Abs. 1 RPG in der Fassung nach Ziff. 64 des Anhangs zum Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG; SR 173.32; vgl. AS 2006 2261) gelten für die Rechtsmittel an die Bundesbehörden die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege (BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251; Urteil des Bundesgerichts 1C_2/2007 vom 4. Oktober 2007 E. 2.1). Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels ändert an dessen Zulässigkeit nichts. 1.2 Dem angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts liegt ein Entscheid des Regierungsrats zu Grunde, mit welchem die Sache an den Gemeinderat Sool zur Erteilung der Baubewilligung zurückgewiesen wurde. Das Verwaltungsgericht beschränkte sich auf die Abweisung der gegen den Regierungsratsentscheid gerichteten Beschwerde. Mit der Rückweisung der Sache an die Gemeinde zur Bewilligungserteilung wird das Verfahren nicht abgeschlossen, sondern sinngemäss an die erste Instanz zurückgewiesen zur Durchführung des ordentlichen Baubewilligungsverfahrens. Gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist gegen (andere) selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide die Beschwerde zulässig, wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. Diese Bestimmung gibt die früher in Art. 50 Abs. 1 OG verankerte Regelung wieder (vgl. Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege in BBl 2001 S. 4334; siehe dazu auch das zur Publikation vorgesehene BGE 133 IV 288 E. 3.2 S. 292), welche für das zivilrechtliche Verfahren vor Bundesgericht galt. Ob die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG erfüllt sind, prüft das Bundesgericht frei (vgl. BGE 118 II 91 E. 1a S. 92). Würde das Bundesgericht vorliegend in Gutheissung der Beschwerde die Zulässigkeit einer Ausnahmebewilligung für das umstrittene Vorhaben der Swisscom verneinen, wäre das Verfahren endgültig abgeschlossen und den Beschwerdeführern bliebe der weitere mit dem Baugesuchsverfahren verbundene Aufwand erspart. Demzufolge ist von einem Anwendungsfall von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG auszugehen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_136/2007 vom 24. September 2007 E. 1.2). Im Übrigen liegt nach der Rechtsprechung bei einem Rückweisungsentscheid, welcher der Gemeinde Vorgaben für die Erteilung einer Bewilligung macht, für diese ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vor (BGE 133 V 477 E. 5.2; Urteil des Bundesgerichts I 126/2007 vom 6. August 2007, E. 1.2 nicht publ. in BGE 133 V 504; BGE 129 I 313 E. 3.3 S. 318; 128 I 3 E. 1b S. 7, je mit Hinweisen). Der Gemeinde, die sich nach Art. 50 BV auf die Gemeindeautonomie berufen kann, ist nicht zuzumuten, einer von ihr als falsch erachteten Weisung Folge zu leisten, um später ihren eigenen Entscheid anzufechten (BGE 128 I 3 E. 1b S. 7; 116 Ia 41 E. 1b S. 44, 221 E. 1d/aa S. 225, je mit Hinweisen). Nachdem die Gemeinde sich gegen den Rückweisungsentscheid des Verwaltungsgerichts wehrt, ist auch die gleichzeitige Beschwerde eines betroffenen privaten Beschwerdeführers zulässig (vgl. BGE 116 Ia 221 E. 1e S. 226). 1.3 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung besitzt (Art. 89 Abs. 1 BGG). Verlangt ist somit neben der formellen Beschwer (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG), dass der Beschwerdeführer über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügt (Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG) und einen praktischen Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zieht (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG). Die Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei Bauprojekten insbesondere in räumlicher Hinsicht gegeben sein. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann (vgl. Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4236). Die Voraussetzungen von Art. 89 Abs. 1 lit. b und lit. c BGG hängen eng zusammen; insgesamt kann insoweit an die Grundsätze, die zur Legitimationspraxis bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 103 lit. a des früheren Organisationsgesetzes vom 16. Dezember 1943 (OG) entwickelt worden sind (vgl. BGE 120 Ib 48 E. 2a S. 51 f., 379 E. 4b S. 386 f.), angeknüpft werden (BGE 133 II 249 E. 1.3 S. 252 f.; zur Publikation bestimmte Urteile 1C_94/2007 vom 3. September 2007 E. 3 und 1C_2/2007 vom 4. Oktober 2007 E. 2.2). 1.3.1 Der private Beschwerdeführer X._ ist als Eigentümer eines 60 m vom Antennenmast entfernt liegenden Grundstücks, auf welchem die Strahlenbelastung nach den von der Swisscom eingereichten Standortdatenblättern deutlich über 10 % des Anlagegrenzwerts erreicht, zur Beschwerde legitimiert (vgl. BGE 128 II 168 E. 2.3 S. 171 mit Hinweisen). 1.3.2 Personen, Organisationen und Behörden können nach Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG gestützt auf ein anderes Gesetz zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert sein. Nach Art. 34 Abs. 2 RPG (in der Fassung vom 23. März 2007, AS 2007 3639, in Kraft seit 1. September 2007, s. auch Fassung gemäss Ziff. 64 Anhang VGG) sind Kantone und Gemeinden zur Beschwerde berechtigt gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über Entschädigungen als Folge von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5), über die Zonenkonformität von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen sowie über Bewilligungen im Sinne der Art. 24-24d und 37a RPG. Im vorliegenden Fall ist eine Bewilligung im Sinne von Art. 24 RPG umstritten. Die Beschwerdeberechtigung der Gemeinde Sool ergibt sich aus Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 2 lit. c RPG (in der seit 1. September 2007 gültigen Fassung). 1.4 Die Beschwerdeführer beantragen die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts vom 20. März 2007. Sie stellen jedoch keinen Antrag zu einem neuen Entscheid in der Sache (Feststellungs-, Leistungs-, Gestaltungs- oder begründetes Rückweisungsbegehren). Die Swisscom macht geltend, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, weil ein materieller Antrag in der Hauptsache fehle. Bei der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten handle es sich um ein grundsätzlich reformatorisches Rechtsmittel (Art. 107 Abs. 2 BGG), weshalb sich die Beschwerdeführer nicht darauf beschränken dürften, nur die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu verlangen, wie dies unter der alten Rechtsmittelordnung bei der staatsrechtlichen Beschwerde noch zulässig gewesen sei. 1.4.1 Nach der vor Inkrafttreten des BGG geltenden Rechtsordnung hätte das Bundesgericht die vorliegende Streitsache, in welcher eine Bewilligung im Sinne von Art. 24 RPG umstritten ist, gestützt auf Art. 97 ff. OG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 1 RPG (in der Fassung vom 6. Oktober 1995, AS 1996 966) im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde behandelt (BGE 132 II 10 E. 1 S. 13, 21 nicht publizierte E. 1). Auch dieses Rechtsmittel konnte wie die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten reformatorische Wirkung haben. Nach dem mit Art. 107 Abs. 2 BGG im Wesentlichen gleich lautenden Art. 114 Abs. 2 OG entschied das Bundesgericht selbst in der Sache oder wies diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück, wenn es einen Entscheid aufhob. Ob das Bundesgericht in der Sache selbst entschied oder die Sache zurückwies, lag in seinem Ermessen. Beide Rechtsfolgen wurden in Anwendung der Regel von Art. 114 Abs. 2 OG vom Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids mitumfasst. Verzichtete ein Beschwerdeführer auf einen anderslautenden Antrag, so gab er damit zu verstehen, dass er die konkreten materiellen Rechtsfolgen der Aufhebung des angefochtenen Entscheids in das Ermessen des Gerichts stellte. Das Bundesgericht verlangte in seiner Praxis zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde unter Vorbehalt der Fälle nach Art. 108 Abs. 3 OG in der Regel keinen zusätzlichen Antrag in der Sache (zur Publikation bestimmtes Urteil des Bundesgerichts 1A.237/2006 vom 7. September 2007 E. 2.2 mit Hinweisen auf BGE 132 II 178 sowie Urteile 1A.108/2004 vom 17. November 2004 und 1A.85/2006 vom 26. Januar 2007). Es besteht in der vorliegenden Angelegenheit kein Anlass, im Rahmen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten von der dargelegten früheren Praxis zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweichen. Aus der Begründung der vorliegenden Beschwerde ergibt sich zweifelsfrei, dass die Beschwerdeführer die Verweigerung einer bau- und planungsrechtlichen Ausnahmebewilligung für das umstrittene Vorhaben und die Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids des Gemeinderats Sool vom 22. Januar 2004 anstreben. Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit auch in Bezug auf den Beschwerdeantrag als zulässig. 1.4.2 Der Weiterführung der früheren Praxis zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 2 BGG im Rahmen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht die Rechtsprechung zur gleichen Bestimmung im Rahmen der Beschwerde in Zivilsachen nicht entgegen (vgl. BGE 133 III 489 E. 3.1). Nach dieser Rechtsprechung ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beschwerde in Zivilsachen ein reformatorisches Rechtsmittel ist, dass sich der Beschwerdeführer grundsätzlich nicht darauf beschränken darf, ohne Antrag in der Sache lediglich die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu verlangen. Diese Praxis, die den Regeln der früheren Berufung nach Art. 43 ff. OG, insbesondere Art. 55 Abs. 1 lit. b OG, folgt, wird aus den besonderen Verhältnissen des Zivilprozesses abgeleitet, welche eine gewisse Formstrenge rechtfertigen (Fabienne Hohl, Procédure civile, Bern 2001/2002, Bd. 1, N. 230 ff., Bd. 2, N. 3241 ff.; Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auflage, Zürich 1979, S. 193, 234 ff., 496 f.). Aber auch im Zivilprozess unterliegt die Pflicht zur Antragsstellung in der Sache gewissen Ausnahmen (BGE 133 II 489 E. 3.1 mit Hinweisen auf BGE 132 III 186 E. 1.2 S. 188; 130 III 136 E. 1.2 S. 139; 125 III 412 E. 1b S. 414 mit weiteren Hinweisen; Urteil 4C.407/2006 vom 22. Januar 2007 E. 3.1; 4C.267/2006 vom 13. November 2006 E. 2.1; 4C.284/2005 vom 20. November 2006 E. 1.1; s. auch Max Guldener, a.a.O., S. 550). So müssen Geldforderungen grundsätzlich beziffert werden, doch liess es die Praxis genügen, wenn sich aus der Berufungsbegründung, allenfalls in Verbindung mit dem angefochtenen Entscheid, ohne weiteres ergab, welchen Geldbetrag der Berufungskläger von der Gegenpartei verlangte (BGE 125 III 412 E. 1b S. 414 mit Hinweisen). 1.5 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sind erfüllt und geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Auf das Rechtsmittel ist somit einzutreten. 2. Die Beschwerdeführer machen zunächst geltend, die Vorinstanz habe die Zulässigkeit des umstrittenen Vorhabens gestützt auf Art. 24 RPG bejaht und in diesem Zusammenhang ausgeführt, die kantonalen Fachbehörden hätten dem Projekt anlässlich des Vorprüfungsverfahrens zugestimmt. Dabei handle es sich um eine aktenwidrige Feststellung. Die kantonalen Behörden seien davon ausgegangen, es handle sich um die Änderung einer bestehenden Anlage im Sinne von Art. 24c RPG. Sie hätten das Gesuch nie unter dem Gesichtspunkt des Neubaus beurteilt. Die Voraussetzungen nach Art. 24 RPG seien von keiner kantonalen Behörde geprüft worden. Diesen Ausführungen der Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden. Aus dem ausführlich begründeten Baugesuch der Swisscom ergibt sich, dass diese um eine raumplanungsrechtliche Ausnahmebewilligung im Sinne von "Art. 24c RPG, eventuell Art. 24 RPG" nachsuchte. Die kantonalen Behörden, insbesondere auch die Baudirektion bejahten die Standortgebundenheit der umstrittenen Antennen (Art. 24 lit. a RPG) und nannten keine dem Vorhaben entgegenstehenden Interessen (Art. 24 lit. b RPG). Die von den Beschwerdeführern erhobene Rüge der unrichtigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 97 Abs. 1 BGG) erscheint somit als unbegründet. 3. Umstritten ist, ob die neuen Antennen gestützt auf Art. 24 RPG bewilligt werden können. Das Verwaltungsgericht hat diese Frage bejaht, nachdem es zunächst prüfte, ob es sich um eine massvolle Erweiterung im Sinne von Art. 24c Abs. 2 RPG handle. Eine Bewilligung gestützt auf diese Bestimmung hat es jedoch abgelehnt, da mit dem Vorhaben eine weitgehende Erneuerung der technischen (elektronischen) Ausrüstung verbunden sei. Die Anlage werde künftig sowohl als Rundfunk- und GSM-Station wie auch als UMTS-Station betrieben. Das Frequenzband werde durch die neuen UMTS-Antennen zumindest auf 2110-2170 MHz erweitert und die Sendeleistung (ERP = effektive abgestrahlte Leistung [effective radiated power]) werde um 2'400 Watt erhöht. Allein die Änderung der Anlage in eine UMTS-Station stelle eine derart wesentliche Änderung dar, dass die projektierte Mobilfunkanlage der Swisscom in Sool einer neuen Bewilligung gemäss Art. 24 RPG bedürfe. Diese zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts werden von den Parteien nicht kritisiert. Im Folgenden ist die Zulässigkeit des Vorhabens im Lichte von Art. 24 RPG zu beurteilen. 4. 4.1 Zu prüfen ist somit, ob die zusätzlichen Antennen gemäss Art. 24 RPG bewilligt werden können. Dies setzt voraus, dass der Zweck der Anlage einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert. Das gilt nicht nur für die erstmalige Bewilligung einer Baute oder Anlage ausserhalb der Anlage, sondern grundsätzlich auch für jede Änderung oder Erweiterung einer bestehenden, zonenfremden Anlage. Die Rechtskraft einer früheren Bewilligung erfasst nur die bewilligte Anlage. Bei einer wesentlichen Änderung der bewilligten Anlage ist die Standortgebundenheit der gesamten Anlage erneut zu überprüfen. Allerdings führt die Verneinung der Standortgebundenheit in diesem Fall - sofern keine Widerrufsgründe vorliegen - nur zur Verweigerung des Änderungsgesuchs und nicht zur Beseitigung der rechtskräftig bewilligten bestehenden Anlage (Urteil des Bundesgerichts 1A.274/2006 vom 6. August 2007 E. 4.1). 4.2 Mobilfunkantennen können nach der Rechtsprechung ausnahmsweise auf einen Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen sein, wenn eine Deckungs- oder Kapazitätslücke aus funktechnischen Gründen mit einem oder mehreren Standorten innerhalb der Bauzonen nicht in genügender Weise beseitigt werden kann bzw. es bei einem Standort innerhalb der Bauzonen zu einer nicht vertretbaren Störung der in anderen Funkzellen des Netzes verwendeten Frequenzen kommen würde. Nicht ausreichend sind dagegen wirtschaftliche Vorteile des gewählten Standorts (z.B. geringere Landerwerbskosten; voraussichtlich geringere Zahl von Einsprachen) oder zivilrechtliche Gründe für die Standortwahl, wie z.B. die Weigerung von Eigentümern, einer Mobilfunkantenne auf ihren Grundstücken innerhalb der Bauzonen zuzustimmen (zur Publikation bestimmtes Urteil des Bundesgerichts 1P.68/2007 vom 17. August 2007 E. 4.3.3 mit Hinweisen). Unter besonderen qualifizierten Umständen kann sich allerdings ein Standort ausserhalb der Bauzonen unter Beachtung aller massgebenden Interessen als derart vorteilhaft erweisen, dass er ausnahmsweise in weiteren als den vorne genannten Fällen als standortgebunden im Sinne von Art. 24 lit. a RPG anerkannt werden kann. Im Unterschied zu anderen Bauten und Anlagen (wie Strassen, Parkplätzen, Deponien, Materialgewinnungsanlagen, Sportanlagen usw.) können Mobilfunkantennen ausserhalb der Bauzonen angebracht werden, ohne dafür zwingend neues unüberbautes Nichtbauzonenland in Anspruch zu nehmen. Dies ist der Fall, soweit sie auf bestehende Bauten und Anlagen, wie hier dem bestehenden Antennenmast, montiert werden. Diesem Umstand ist bei der im Rahmen der Standortevaluation vorzunehmenden Interessenabwägung, in welche namentlich Standorte innerhalb aber auch solche ausserhalb der Bauzonen einzubeziehen sind, Rechnung zu tragen. Bei den Standorten ausserhalb der Bauzonen können nach dem Gesagten somit nicht mehr nur solche ausgewählt werden, die für eine angemessene Abdeckung für die Mobiltelefonie aus technischen Gründen unentbehrlich sind. Vielmehr können sich bei der genannten Abwägung auch Standorte ausserhalb der Bauzonen gegenüber solchen innerhalb der Bauzonen als wesentlich geeigneter erweisen, soweit sie auf bestehenden Bauten und Anlagen angebracht werden können. Eine entsprechende auf die speziellen Verhältnisse der Mobilfunktechnik zugeschnittene Bejahung der Standortgebundenheit ist jedoch an die folgenden, streng zu beachtenden Bedingungen zu knüpfen: Grundvoraussetzung einer solchen erweiterten ausnahmsweisen Bejahung der Standortgebundenheit ist, dass die Mobilfunkanlage ausserhalb der Bauzonen keine erhebliche Zweckentfremdung von Nichtbauzonenland bewirkt und nicht störend in Erscheinung tritt. Ein positiver Ausgang der genannten Interessenabwägung reduziert sich somit wie erwähnt grundsätzlich auf Örtlichkeiten, an welchen sich bereits zonenkonforme oder zonenwidrige Bauten und Anlagen befinden. Auch wenn sich ein bereits baulich genutzter Standort im Rahmen der Standortabklärung als klarerweise besser geeignet erweist als ein Standort innerhalb der Bauzonen, so darf eine Ausnahmebewilligung für eine Mobilfunkantenne nur erteilt werden, wenn als zusätzliche Voraussetzung gewährleistet ist, dass dem Vorhaben keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (Art. 24 lit. b RPG; zur Publikation bestimmtes Urteil des Bundesgerichts 1P.68/2007 vom 17. August 2007, E. 4.3.3). 4.3 Die neuen Antennen für die GSM- und UMTS-Versorgung sollen auf dem bestehenden Antennenmast angebracht werden. Dieser Antennenmast dient nicht nur dem Mobilfunknetz, sondern auch der Versorgung mit Radio- und Fernsehprogrammen. Die beantragte Erweiterung für GSM- und UMTS-Dienste dient nach Angaben der Swisscom in erster Linie der Kapazitätsanpassung an die Bedürfnisse der Benutzer und der Steigerung der Verbindungsqualität. Es ist gerichtsnotorisch, dass sich die Nachfrage nach GSM-Mobilfunkdiensten seit den 90er Jahren vervielfacht hat und die Swisscom zum Aufbau eines UMTS-Netzes verpflichtet ist. Der Antennenstandort wurde 1979 bewilligt und wird seit über 25 Jahren für die Bedürfnisse der Mobiltelefonie genutzt. Die Swisscom war daher berechtigt, ihr Mobilfunknetz im Kanton Glarus um den Standort Trogsiten herum zu konzipieren. Soll die Qualität der bestehenden Mobilfunkversorgung des Kantons Glarus auf dem Netz der Swisscom verbessert werden, so geschieht dies am einfachsten, indem die Versorgung vom umstrittenen Antennenmast aus optimiert wird. Zwar bestünde auch die Möglichkeit, auf andere Antennenstandorte auszuweichen, welche bereits von anderen Mobilfunkanbietern genutzt werden. Aus raumplanerischer Sicht wäre damit jedoch nichts gewonnen: Zunächst ist zu beachten, dass der Standort Trogsiten ohnehin noch während einem längeren Zeitraum für die Rundfunkdienste der Swisscom Broadcast AG benötigt wird und somit auch bei einem Verzicht auf die Mobilfunkantennen weiterbestehen würde. Im Hinblick auf die bevorstehende Digitalisierung der Radio- und Fernsehnetze legte die Swisscom Broadcast AG im kantonalen Verfahren dar, dass der Standort Sool ein wichtiger Stützpunkt für das Zuführungsnetz mit Richtfunkanlagen sein werde. Damit könne die Signalzuführung im Glarner Gross- und Kleintal gewährleistet werden. Zudem erlauben die umstrittenen Antennen dank ihrem erhöhten Standort eine weitflächige Abdeckung, wodurch weitere Standorte in der Umgebung von Sool vermieden werden können. Die von den Beschwerdeführern genannten Alternativstandorte liegen im Übrigen auch ausserhalb der Bauzone und müssten nach den glaubwürdigen Äusserungen der Swisscom ausgebaut werden, wenn sie ihr Netz von diesen Standorten aus betreiben müsste (zusätzliche Betriebscontainer, evtl. Masterhöhung und Verkabelung). Am Standort Trogsiten hingegen verfügt die Swisscom neben dem Antennenmast über ein Betriebsgebäude, das baulich nicht verändert werden muss. Es ist somit nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht zum Schluss gelangte, die geltend gemachten, ebenfalls ausserhalb der Bauzonen gelegenen Alternativstandorte seien weniger geeignet als der Standort Trogsiten. Auch durfte es berücksichtigen, dass die baulichen Veränderungen durch die neuen Antennen keine zusätzlichen Auswirkungen auf das Landschaftsbild haben werden und sich ein anderer Standort schwerer ins bestehende Netz der Swisscom eingliedern lasse. Die kantonalen Behörden durften somit die Standortgebundenheit des umstrittenen Vorhabens im Sinne von Art. 24 lit. a RPG bejahen. 4.4 Die Beschwerdeführer bringen weiter vor, es sei keine umfassende Interessenabwägung vorgenommen worden. Dem kann nach den Ausführungen in E. 4.3 hiervor nicht beigepflichtet werden. Der Einwand, die bauliche und wohnliche Entwicklung der Gemeinde Sool werde durch die umstrittenen Antennen beeinträchtigt, erscheint unbegründet, zumal die Beschwerdeführer nicht behaupten, die Anlagegrenzwerte der Verordnung vom 23. Dezember 1999 über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710) würden überschritten. Die Annahme, der Antennenmast erfülle ohne die Anlagen für die Mobiltelefonie mittelfristig keinen Zweck mehr, wird durch die glaubwürdigen Auskünfte der Swisscom Brodcast AG entkräftet. Im Übrigen liegt dem angefochtenen Entscheid eine umfassende Abwägung und Würdigung sämtlicher Interessen zu Grunde. Die umstrittenen Antennen sind gestützt auf Art. 24 RPG mit dem Bundesrecht vereinbar. 5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist. Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens wird der private Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 OG). Der Gemeinde Sool, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis ohne eigenes Vermögensinteresse handelt, sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Gemeinde Sool und der private Beschwerdeführer haben die Swisscom Mobile AG hingegen angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Dem privaten Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- auferlegt. 3. Die Beschwerdeführer haben die Swisscom Mobile AG für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- unter solidarischer Haftbarkeit zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, I. Kammer, sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 31. Oktober 2007 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
53625f80-7eae-46da-9dd0-befd84121b26
fr
2,009
CH_BGer_002
Federation
147.0
47.0
8.0
public_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. Par acte d'abandon de biens et cession en lieu de partage du 19 juin 1987, C.X._ a cédé à ses fils A.X._ et B.X._ tous ses biens immobiliers agricoles, soit les domaines de D._ et E._, à l'exception du pâturage dit de F._ composé des articles **** (pâturages et bois de ***** m2), **** (chalet, pâturages et bois de ***** m2) et **** (pâturage de **** m2) du registre foncier de G._. L'alpage de F._, situé à une altitude de 995 mètres, comprend un chalet d'alpage avec une installation adaptée à la fabrication du fromage et des étables avec un système de traite directe. Il a été exploité durant de nombreuses années par C.X._ et ses deux fils, principalement A.X._. A l'époque, les intéressés dormaient et fabriquaient du fromage sur place de mai à fin septembre. Cet alpage supporte actuellement une charge de trente vaches pendant cent dix jours puis de seize génisses pendant trente jours. B. Par acte de partage du 2 juillet 1997, B.X._ a acquis le domaine de D._ formé des articles ***, ****, ****, **** et **** du registre foncier de G._ et A.X._ celui de E._ composé des articles ****, ****, **** et **** dudit registre foncier. Postérieurement à ce partage, l'alpage de F._ a été affermé à B.X._, qui l'exploite de début mai à fin septembre de chaque année. Durant cette période, B.X._ ne séjourne ni ne fabrique de fromage sur place. Par contre, il effectue la traite du bétail au chalet de F._. C. C.X._ est décédé en 2005. Son testament contenait la disposition suivante: "J'attribue par une règle de partage mon gîte de "F._" à mes deux fils agriculteurs, A.X._ et B.X._. Ceux-ci devront se partager "F._" selon les règles: "F._" est divisé par une route en deux lots, le haut et le bas. Le haut sera attribué à mon fils A.X._ et le bas, avec le chalet de "F._", à mon fils B.X._." A.X._ est propriétaire de l'alpage H._ qui jouxte la partie supérieure du domaine de F._, qui lui a ainsi été attribuée. Saisie par l'exécuteur testamentaire, l'Autorité foncière cantonale du canton de Fribourg (ci-après: l'Autorité foncière) a constaté, par décision du 23 juin 2006, que l'alpage F._ constituait une entreprise agricole et que, partant, il tombait sous le coup de l'interdiction de partage. Elle a retenu que cet alpage, qui était situé à 995 mètres d'altitude, devait se distinguer des propriétés traditionnelles de la région préalpine. En effet, le climat à une telle altitude offrait des conditions de travail qui permettaient de gérer une exploitation à l'année. Par ailleurs, ayant procédé à une inspection des lieux, l'Autorité foncière a retenu que le complexe en cause possédait des bâtiments ruraux en très bon état et des équipements de traite qui permettaient un travail rationnel. De plus, le chalet comprenait un local de transformation du lait. Le bâtiment présentait, en outre, une partie habitable, certes aménagée en rapport aux conditions alpestres, mais d'une surface importante. Le gîte était en outre situé dans une zone habitable à l'année. Enfin, au vu de la charge de bétail du complexe, celui-ci répondait à la condition légale de trois quarts d'une unité de main d'oeuvre standard, condition posée pour être considéré comme entreprise agricole. D. Par arrêt du 25 septembre 2008, le Tribunal cantonal du canton de Fribourg (ci-après: le Tribunal cantonal) a rejeté le recours de A.X._. Il a en substance considéré que les éléments constitutifs d'une entreprise agricole étaient réalisés. Le complexe d'alpage F._ était constitué d'immeubles, de bâtiments (chalet d'habitation) et d'installations agricoles (local de transformation du lait). Selon une appréciation objective, l'ensemble des bâtiments devait pouvoir servir de base à la production agricole, indépendamment de l'usage effectif qui en était fait. Ainsi, il importait peu que l'alpage n'ait jamais été exploité en hiver. En outre, il était évident que la valeur d'une unité de main d'oeuvre agricole, nécessaire pour qu'une exploitation soit considérée comme une entreprise agricole, était largement dépassée. E. Agissant par la voie du recours en matière de droit public, A.X._ demande au Tribunal fédéral, sous suite de dépens, d'annuler l'arrêt du 25 septembre 2008 du Tribunal cantonal, de constater que le complexe d'alpage F._ ne constitue pas une entreprise agricole au sens de l'art. 7 de la loi fédérale du 4 octobre 1991 sur le droit foncier rural (LDFR ou la loi fédérale sur la droit foncier rural; RS 211.412.11) et n'est de ce fait pas soumise à l'interdiction de partage; subsidiairement, de renvoyer l'affaire au Tribunal cantonal pour une nouvelle décision dans le sens des considérants. Il invoque une mauvaise application du droit fédéral. L'Autorité foncière et B.X._ concluent, sous suite de frais et dépens, au rejet du recours. Le Tribunal cantonal et l'Office fédéral de la Justice se réfèrent aux dispositif et considérants de l'arrêt attaqué et proposent le rejet du recours.
Considérant en droit: 1. Dirigé contre un arrêt final (art. 90 LTF) rendu dans une cause de droit public (art. 82 lettre a LTF) par une autorité cantonale supérieure de dernière instance (art. 86 al. 1 lettre d et al. 2 LTF), le recours ne tombe pas sous le coup d'une des exceptions mentionnées à l'art. 83 LTF. Déposé en temps utile (art. 100 al. 1 LTF) et en la forme prévue (art. 42 LTF), par le destinataire de la décision attaquée qui a un intérêt digne de protection à l'annulation ou à la modification de celle-ci (art. 89 al. 1 LTF), il est en principe recevable comme recours en matière de droit public (art. 89 LDFR). 2.1 2.1.1 Se pose la question du droit applicable puisque la loi fédérale sur le droit foncier rural a été modifiée alors que la présente procédure était pendante devant le Tribunal cantonal. En effet, le 1er septembre 2008 est entrée en vigueur la novelle du 5 octobre 2007 (RO 2008 3585). Celle-ci a notamment modifié l'art. 7 LDFR, disposition qui définit l'entreprise agricole, du point de vue de son volume, en recourant au concept d'unité de main-d'oeuvre standard (ci-après: UMOS), ladite unité ayant passé d'un minimum de 0.75 UMOS à 1 UMOS. Auparavant, la loi faisait appel à la notion de moitié des forces de travail annuelles d'une famille paysanne (cf. sur la modification, Caroline Emery, Le droit de préemption en droit foncier rural, 2005, p. 93; Thomas Meyer, Der Gewinnanspruch der Miterben im bäuerlichen Bodenrecht, 2004, p. 107 ss). L'Autorité foncière cantonale, qui a rendu sa décision en constatation le 23 juin 2006, a appliqué l'art. 7 LDFR dans son ancienne teneur. Dans son arrêt du 25 septembre 2008, le Tribunal cantonal s'est basé sur la nouvelle disposition sans en expliquer les raisons. 2.1.2 Le Message du 17 mai 2006 concernant l'évolution future de la politique agricole (Politique agricole 2001; FF 2006 6027, ch. 3.5.1 p. 6180) a précisé qu'en raison de l'élévation des exigences en matière de besoin minimal en travail susmentionnée, "un certain nombre d'entreprises ne pourront plus être considérées comme des entreprises agricoles. Il est donc indispensable de définir l'état de fait pertinent et la date à laquelle le nouveau seuil minimal est applicable. ... il est prévu de déclarer applicables à la présente révision les dispositions transitoires édictées au moment de l'entrée en vigueur de la loi." De fait, selon l'art. 95b LDFR, les dispositions transitoires des art. 94 et 95 LDFR s'appliquent à la modification du 5 octobre 2007. L'art. 95 al. 2 LDFR prévoit que les procédures d'autorisation et de recours qui sont en cours au moment de l'entrée en vigueur de la présente loi sont liquidées selon le nouveau droit si, à ce moment-là, l'inscription de l'acte juridique n'était pas encore requise auprès de l'office du registre foncier. Est ici en cause, non pas une procédure d'autorisation, mais une procédure en constatation qui n'est pas mentionnée par l'art. 95 al. 2 LDFR. Toutefois le Message du 19 octobre 1988 à l'appui des projets de loi fédérale sur le droit foncier rural (...) (FF 1988 III 889, ad art. 101) utilise l'expression plus générale de "procédures en cours" et précise: "le nouveau droit ne s'applique aux procédures en cours que si l'inscription des actes juridiques n'était pas encore requise auprès de l'office du registre foncier au moment de son entrée en vigueur (2e al.). Ainsi, l'acte juridique, dont le prix n'aura été déclaré licite qu'à titre provisionnel par une décision de constatation, sera-t-il régi par le nouveau droit." Dès lors, il convient d'appliquer l'art. 95 al. 2 LDFR par analogie à la procédure en constatation. Cette application est confortée par le fait qu'une décision en constatation sera, le cas échéant, suivie par une procédure d'autorisation (d'acquisition, de partage matériel, etc.). Or, dans le cadre d'une procédure d'autorisation consécutive à une procédure en constatation, l'autorité compétente est en principe liée par sa décision en constatation (Eduard Hofer, in Le droit foncier rural, Commentaire de la loi fédérale sur le droit foncier rural du 4 octobre 1991 [ci-après: Le droit foncier rural], 1998, no 9 ad art. 84 LDFR). Ainsi, l'art. 95 al. 2 LDFR prévoyant d'appliquer le nouveau droit aux procédures d'autorisation qui sont en cours au moment de l'entrée en vigueur de celui-ci, il s'impose d'appliquer également ce nouveau droit aux procédures en constatation en cours à ce moment-là, afin d'éviter l'application de l'ancien droit dans un cas et du nouveau droit dans l'autre. En l'espèce, les parties ne prétendent pas que l'inscription de l'acte juridique dans le cadre du partage aurait déjà été requise auprès de l'office du registre foncier. Dès lors, l'art. 7 LDFR est applicable dans sa teneur de la novelle du 5 octobre 2007. En l'espèce, les parties ne prétendent pas que l'inscription de l'acte juridique dans le cadre du partage aurait déjà été requise auprès de l'office du registre foncier. Dès lors, l'art. 7 LDFR est applicable dans sa teneur de la novelle du 5 octobre 2007. 2.2 2.2.1 La novelle du 5 octobre 2007 a également modifié l'art. 5 let. a LDFR. Selon cette disposition dans sa nouvelle teneur, les cantons peuvent soumettre aux dispositions sur les entreprises agricoles les entreprises agricoles qui ne remplissent pas les conditions prévues à l'art. 7 LDFR relatives à l'unité de main d'oeuvre standard; la taille minimale de l'entreprise devant être fixée en une fraction d'unité de main-d'oeuvre standard et ne devant pas être inférieur à 0.75 unité. Le droit cantonal étant ainsi réservé, le Grand conseil du canton de Fribourg a édicté la loi du 8 octobre 2008 relative à la définition de l'entreprise agricole pour les années 2008 à 2011 (ci-après: la loi fribourgeoise relative à la définition de l'entreprise agricole; RS/FR 214.2.2). L'art. 1 de cette loi dispose que sont soumises aux dispositions sur les entreprises agricoles les entreprises agricoles qui exigent au moins 0.75 UMOS et qui remplissent les autres conditions fixées par l'art. 7 LDFR. Selon l'art. 2, ladite loi entre en vigueur avec effet rétroactif au 1er septembre 2008 et expire le 31 décembre 2011. 2.2.2 La loi fribourgeoise relative à la définition de l'entreprise agricole a été adoptée le 8 octobre 2008. Dès lors, ni l'Autorité foncière dans sa décision du 23 juin 2006, ni le Tribunal cantonal dans son arrêt du 25 septembre 2008 ne pouvaient appliquer ladite loi, bien qu'elle mentionne une entrée en vigueur au 1er septembre 2008. La question du droit applicable devant le Tribunal fédéral se pose. La loi cantonale susmentionnée ne contient pas de disposition transitoire. Dès lors, selon les principes généraux, la validité d'une décision doit être examinée selon le droit applicable au moment où elle a été prise (ATF 112 Ib 39 consid. 1c p. 42). Il est fait exception à ce principe en application, par analogie, de l'art. 2 Tit. fin. CC lorsque les nouvelles règles sont établies dans l'intérêt de l'ordre public (ATF 133 II 181 consid. 11.2.2 p. 206 concernant l'ordonnance du 15 décembre 1986 sur la protection contre le bruit; 127 III 16 consid. 3 p. 20 concernant la loi fédérale sur le droit foncier rural). Dans ce cas, le nouveau droit régit d'emblée tous les faits pour lesquels la loi n'a pas prévu d'exception, lorsque le changement de loi intervient pendant la procédure cantonale de recours (ATF 99 Ia 113 consid. 9 p. 124/125 concernant la loi fédérale de 1971 sur la protection des eaux contre la pollution). Toutefois, étaient en cause, dans les affaires où le nouveau droit a été appliqué, des dispositions de droit fédéral. Tel n'est pas le cas de la présente cause où il s'agit d'une nouvelle disposition de droit cantonal. Le Tribunal de céans ne contrôle l'application d'une disposition de droit cantonal qu'avec un pouvoir limité à l'arbitraire. Or, le Tribunal de céans ne peut pas contrôler l'application de la disposition en cause puisque le Tribunal cantonal ne l'a pas appliquée, étant mentionné que le recourant ne se plaint pas de ce fait (art. 106 al. 2 LTF). Le Tribunal cantonal ne le pouvait du reste pas, puisqu'au moment où l'arrêt attaqué a été rendu, la nouvelle loi n'était pas encore adoptée. En outre, il ne revient pas au Tribunal fédéral d'appliquer l'art. 1 de la loi relative à la définition de l'entreprise agricole, en quelque sorte, en première et unique instance mais avec un pouvoir d'examen limité alors que les autorités cantonales auraient eu un plein pouvoir d'examen. 2.2.3 Dès lors, la loi fribourgeoise relative à la définition de l'entreprise agricole n'est pas applicable en l'espèce. 3. Le seul point litigieux est de savoir si le domaine de F._ constitue ou non une entreprise agricole au sens de l'art. 7 nouveau LDFR. Ce n'est que dans la première hypothèse, soit celle retenue par le Tribunal cantonal, qu'il serait soumis à l'interdiction de partage matériel de l'art. 58 LDFR. 4. 4.1 L'art. 7 LDFR dispose: "1 Par entreprise agricole, on entend une unité composée d'immeubles, de bâtiments et d'installations agricoles qui sert de base à la production agricole et qui exige, dans les conditions d'exploitation usuelles du pays, au moins une unité de main-d'oeuvre standard. Le Conseil fédéral fixe, conformément au droit agraire, les facteurs et les valeurs servant au calcul de l'unité de main d'oeuvre standard. "1 Par entreprise agricole, on entend une unité composée d'immeubles, de bâtiments et d'installations agricoles qui sert de base à la production agricole et qui exige, dans les conditions d'exploitation usuelles du pays, au moins une unité de main-d'oeuvre standard. Le Conseil fédéral fixe, conformément au droit agraire, les facteurs et les valeurs servant au calcul de l'unité de main d'oeuvre standard. ... 3 Pour apprécier, s'il s'agit d'une entreprise agricole, on prendra en considération les immeubles assujettis à la présente loi (art. 2). 4 Doivent, en outre, être pris en considération: a. les conditions locales; b. la possibilité de construire des bâtiments manquants nécessaires à l'exploitation ou de transformer, rénover ou remplacer ceux qui existent, lorsque l'exploitation permet de supporter les dépenses correspondantes; c. les immeubles pris à ferme pour une certaine durée. ..." Selon l'art. 58 al. 1 LDFR aucun immeuble ou partie d'immeuble ne peut être soustrait à une entreprise agricole (interdiction de partage matériel). 4.2 Pour sa part, l'art. 9 al. 1 de l'ordonnance du 7 décembre 1998 sur la terminologie agricole et la reconnaissance des formes d'exploitation (ci-après: OTerm ou ordonnance sur la terminologie agricole; RS 910.91) prévoit: "1 Par exploitation d'estivage, on entend une entreprise agricole qui: a. sert à l'estivage d'animaux; b. est séparée des exploitations des propriétaires du bétail estivé; c. comprend des pâturages d'estivage (art. 26); d. comprend des bâtiments ou des installations nécessaires à l'estivage; e. est exploitée durant l'estivage, et f. ne dépend pas d'autres exploitations d'estivage." 4.3 La loi fédérale sur le droit foncier rural est fondée sur deux concepts juridiques, soit ceux d'immeuble et d'entreprise agricoles (cf. art. 1 al. 2, art. 2 al. 1, art. 6 et art. 7 LDFR). L'ordonnance sur la terminologie agricole, qui contient les dispositions d'exécution nécessaires à la loi fédérale du 29 avril 1998 sur l'agriculture, établit d'autres notions, relatives aux différentes formes d'exploitation que l'on peut trouver dans le domaine agricole, dont celle d'exploitation d'estivage. D'une manière générale, on peut dire que toutes les entreprises au sens de la loi fédérale sur le droit foncier rural sont des exploitations, l'inverse n'étant pas vrai, dans la mesure où la loi énonce des critères spécifiques tant qualitatifs que quantitatifs qui excluent certaines exploitations de l'appellation d'entreprise (Jean-Michel Henny, Questions choisies en matière de droit foncier rural, Revue suisse du notariat et du registre foncier, 87/2006, p. 244). Le traitement des exploitations d'estivage a toujours posé des problèmes d'incorporation tout d'abord en droit successoral paysan du code civil, puis au régime de la loi fédérale sur le droit foncier rural. Celles-ci sont en effet utilisées comme le complément d'entreprises agricoles situées en plaine, pour l'estivage, et non pas comme des entités fondant des entreprises agricoles indépendantes (Willy Neukomm/Anton Czettler, Le droit successoral paysan, 5e éd., 1983, p. 91). En effet, ces exploitations ne sont utilisables que quelques mois par année (Eduard Hofer, in Le droit foncier rural, no 35 ad art. 7 LDFR) et ne sont souvent pas équipées en locaux techniques essentiels à une gestion de bétail conforme aux différentes exigences légales durant la majeure partie de l'année; elles ne comportent généralement pas de grange et les étables, quand il y en a, sont souvent rudimentaires. Ceci explique que la doctrine, en général, n'analyse pas les exploitations d'estivage comme des entités indépendantes mais s'interroge plutôt sur leur incorporation à l'entreprise de plaine du point de vue de l'unité géographique nécessaire à l'intégration d'immeubles dans une entreprise agricole (p. ex. Sandra Dosios Probst, La loi sur le droit foncier rural: objet et conditions du droit à l'attribution dans une succession ab intestat, 2002, no 182 et 185 p. 90 ss, Caroline Emery, op. cit., p. 92). Sous l'ancien droit agraire, le Tribunal fédéral avait d'ailleurs jugé, sous l'angle de l'unité géographique, qu'il n'est pas rare qu'une exploitation de plaine soit complétée par un alpage (ATF 44 I 237). Le législateur, lorsqu'il a adopté la loi fédérale sur le droit foncier rural, n'avait nullement pour but d'empêcher l'intégration de tels immeubles, situés dans la zone des collines ou de montagne, aux entreprises dont le centre se trouvait en plaine, pour autant que la distance les séparant ne soit pas excessive. Il ne s'agissait ainsi pas d'interdire les entreprises par étages (Stufenbetriebe) traditionnelles dans certaines régions de Suisse (cf. Bruno Beeler, Bäuerliches Erbrecht, 1998, p. 72, avec référence aux travaux préparatoires; Sandra Dosios Probst, op. cit., no 182 p. 90 ss). Par contre, des motifs de rentabilité de l'exploitation et des raisons écologiques s'opposent à des déplacements trop importants et imposent d'assigner des limites à ce cas de figure. A cet égard, les autorités cantonales n'ont pas retenu, en l'espèce, que le domaine en cause constituait un alpage lié à une exploitation agricole qui formerait un tout avec celle-ci. L'exploitation d'estivage doit donc être examinée en tant que telle, individuellement. 5. Pour qu'une entreprise agricole soit reconnue comme telle, il faut tout d'abord la présence cumulative d'immeubles (a), de bâtiments (b) et d'installations agricoles (c) qui doivent former une unité (d). Il faut, en outre, que ces éléments servent de base à la production agricole (e) et que leur exploitation exige au moins une UMOS (f) (Yves Donzallaz, Commentaire de la loi fédérale du 4 octobre 1991 sur le nouveau droit foncier rural [ci-après: Commentaire], 1993, no 90 ad art. 7 LDFR p. 47; le même auteur, Quelques problèmes relatifs à la LDFR [ci-après: Problèmes LDFR], RVJ 1993 337, p. 344; Sandra Dosios Probst, op. cit., no 174 p. 87; Eduard Hofer, op. cit., no 29 ad art. 7 LDFR). 5.1 Les immeubles (a) mentionnés à l'art. 7 LDFR sont ceux de l'art. 655 al. 2 CC, sauf les mines (Yves Donzallaz, Commentaire, no 91 ad art. 7 LDFR p. 47; Thomas Meyer, op. cit., p. 97 ss spéc. 99). Le fait que l'alpage en cause comporte des biens-fonds (art. 655 al. 2 ch. 1 CC) appropriés à un usage agricole (art. 6 et 7 al. 3 LDFR) ne fait aucun doute et ce point n'est pas contesté par le recourant. 5.1 Les immeubles (a) mentionnés à l'art. 7 LDFR sont ceux de l'art. 655 al. 2 CC, sauf les mines (Yves Donzallaz, Commentaire, no 91 ad art. 7 LDFR p. 47; Thomas Meyer, op. cit., p. 97 ss spéc. 99). Le fait que l'alpage en cause comporte des biens-fonds (art. 655 al. 2 ch. 1 CC) appropriés à un usage agricole (art. 6 et 7 al. 3 LDFR) ne fait aucun doute et ce point n'est pas contesté par le recourant. 5.2 5.2.1 Les bâtiments agricoles (b) sont ceux servant, d'une part, à l'habitation et, d'autre part, à l'exploitation - p. ex. les locaux techniques, granges et étables - (Yves Donzallaz, Traité de droit agraire suisse: droit public et droit privé [ci-après: Traité], 2006, p. 347; Sandra Dosios Probst, op. cit., no 177 ss p. 88; Eduard Hofer, op. cit., no 23 ad art. 7 LDFR p. 146; cf. aussi ATF 121 III 75 consid. 3c p. 78). La loi ne définit pas la notion d'installations agricoles (c). Certaines peuvent être de nature immobilière et faire partie des bâtiments d'exploitation. Ainsi en est-il des silos ou des hangars. Leur nombre et leur variété dépendent du type d'agriculture, de son implantation géographique et de la grandeur de l'entreprise (Yves Donzallaz, Traité, no 2556 p. 355; Sandra Dosios Probst, op. cit., no 180 p. 89). Les éléments principaux des bâtiments et des installations agricoles doivent être convenables (ATF 82 II 4 consid. 2 p. 8). Pour juger si tel est le cas, seuls devraient être pris en compte les besoins normaux au regard des standards prévalant dans le monde agricole (Yves Donzallaz, Traité, no 2549 p. 353). La condition de l'existence de bâtiments d'exploitation, posée pour pouvoir qualifier un domaine d'entreprise agricole, doit être considérée comme remplie même si des réparations sont nécessaires et s'il y a lieu de compléter les bâtiments existants (Yves Donzallaz, Traité, no 2532 et 2539 p. 348 ss). A cet égard, l'aménagement ou la rénovation de bâtiment doit être économiquement supportable. Il faut pour cela prendre en considération uniquement les revenus agricoles créés par l'entité concernée, comme l'impose l'art. 7 al. 4 let. b LDFR, et non des apports extérieurs (héritage, donation, etc.; cf. Yves Donzallaz, Traité, no 2755 p. 422). Les experts jouent un rôle primordial dans cette appréciation (Jean-Michel Henny, L'entreprise agricole au sens du droit foncier rural et du droit du bail à ferme agricole, Communications de droit agraire, 2003 I 133 ss, no 2.1.3 p. 137). Quant aux locaux d'exploitation, ils doivent être adaptés au type d'agriculture choisi ainsi qu'à l'étendue de l'entreprise. 5.2.2 Le Tribunal fédéral, qui est un juge du droit, fonde son raisonnement juridique sur les faits retenus par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF), sauf s'ils ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (cf. art. 105 al. 2 LTF). Si le recourant entend s'écarter des constatations de fait de l'autorité précédente, il doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions de l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées et la correction du vice susceptible d'influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). A ce défaut, un état de fait divergent de celui de la décision attaquée ne peut être pris en compte. En particulier, l'autorité de céans n'entre pas en matière sur des critiques de type appellatoire portant sur l'état de fait ou sur l'appréciation des preuves (cf. ATF 133 II 249 consid. 1.4 p. 254/255; 133 IV 286 consid. 6.2 p. 288; voir aussi arrêt 4A_326/2007 du 29 novembre 2007 consid. 4.1). L'arrêt entrepris retient que "le chalet est habitable, et le local de transformation du fromage est utilisable". Il mentionne en outre que "le complexe d'alpage possède des ruraux en très bon état et des équipements de traite qui permettent un travail rationnel. .... Enfin, le bâtiment présente une partie habitable, certes aménagée selon des conditions alpestres, mais d'une surface importante". Le recourant estime que le gîte de F._, bien que disposant de volumes importants, n'est pas habitable à l'année. D'ailleurs, alors qu'ils y fabriquaient du fromage, C.X._ et lui-même n'y séjournaient que de mai à fin septembre. De coûteux travaux devraient être entrepris en ce qui concerne le chauffage et le sanitaire. En outre, le recourant prétend que les installations sont vétustes: le local de fabrication du fromage n'est plus utilisé depuis 1997 et nécessiterait des travaux pour être à nouveau exploitable; la presse ne fonctionne plus; l'alimentation en eau est insuffisante; il n'y a plus de chaudière; la chambre à lait est trop petite. Ainsi, à défaut de logement habitable toute l'année et d'installations agricoles utilisables en l'état ni réparables étant donné que le coût des travaux ne pourrait être supporté par le revenu engendré par le domaine, celui-ci ne pourrait être considéré comme une entreprise. Le recourant prétend ainsi, de façon implicite, que l'état de fait retenu par le Tribunal cantonal est manifestement inexact, puisque, selon lui, l'habitation n'est pas dans le bon état décrit par le Tribunal cantonal et les installations agricoles ne sont pas utilisables telles quelles alors que l'arrêt du Tribunal cantonal mentionne le contraire. Il est vrai que l'arrêt est extrêmement succinct dans sa description des bâtiments et installations et de leur état. Pourtant ces faits sont importants pour la qualification d'entreprise agricole (cf. consid. 5.2.1). Toutefois, les critiques du recourant sont essentiellement appellatoires. L'intéressé n'explique pas de la manière exigée en quoi l'état de fait retenu par le Tribunal cantonal serait manifestement inexact ou violerait le droit, en particulier serait arbitraire, et ces prétendues inexactitudes ne sont pas manifestes. Le grief est insuffisamment motivé au regard des art. 42 al. 2 et 106 al. 2 LTF et, partant, irrecevable. 5.2.3 Comme susmentionné, pour être reconnus comme entreprise agricole, les bâtiments et installations agricoles nécessaires à un domaine doivent être convenables (cf. consid. 5.2.1). L'arrêt du Tribunal cantonal mentionne que le chalet, aménagé selon des conditions alpestres, est toutefois habitable, la partie rurale en très bon état, le local de transformation du fromage utilisable et que les équipements de traite permettent un travail rationnel. Il faut ainsi conclure que les bâtiments et les installations agricoles sont dans un état convenable par rapport aux exigences prévalant en économie rurale alpestre. Quant à la partie rurale, elle est adaptée au type d'activité choisi, soit uniquement le bétail. Il n'est ainsi pas contestable que F._ dispose de bâtiments équipés de manière suffisante, d'un point de vue technique, pour permettre une exploitation correcte d'un alpage. Autre est la question de savoir s'il en est de même s'agissant d'admettre l'existence d'une entreprise agricole. Ce point étant lié à la condition du centre d'existence de l'exploitant (cf. consid. 5.3.1) il sera tranché ci-après (cf. consid. 5.3.3). Il n'est ainsi pas contestable que F._ dispose de bâtiments équipés de manière suffisante, d'un point de vue technique, pour permettre une exploitation correcte d'un alpage. Autre est la question de savoir s'il en est de même s'agissant d'admettre l'existence d'une entreprise agricole. Ce point étant lié à la condition du centre d'existence de l'exploitant (cf. consid. 5.3.1) il sera tranché ci-après (cf. consid. 5.3.3). 5.3 5.3.1 L'exploitation doit former une unité (d) tant sous l'angle économique que géographique. Il faut en principe qu'une seule personne gère et dirige la totalité des immeubles agricoles avec les mêmes moyens humains, financiers et matériels depuis un centre d'exploitation (Yves Donzallaz, Traité, no 2656 p. 390). En outre, les bâtiments et installations, avec les terres qui y sont rattachées, constituant le domaine agricole, doivent être propres à constituer le centre d'existence du paysan et de sa famille (Eduard Hofer, op. cit., no 35 p. 150; Jean-Michel Henny, op. cit., no 2.1.2 p. 136) et la base de l'exploitation de l'entreprise agricole (ATF 110 II 304 consid. 2a p. 306; 107 II 375 consid. 2 c/bb/ p. 378; Beat Stalder, Die verfassungs- und verwaltungsrechtliche Behandlung unerwünschter Handänderungen im bäuerlichen Bodenrecht, p. 95). 5.3.2 Selon l'arrêt attaqué, le fait que l'alpage n'ait jamais été exploité en hiver et que le chalet n'ait jamais été habité durant cette saison est un fait dénué de pertinence. L'essentiel est que l'ensemble du domaine peut servir de base à la production agricole, indépendamment de l'usage effectif qui en est fait, puisque le complexe en cause comporte toutes les installations nécessaires à un usage agricole, le local de transformation du fromage étant utilisable et le chalet étant habitable toute l'année. Ainsi, le Tribunal cantonal estime implicitement que le domaine de F._ peut constituer le centre d'existence de l'exploitant et la base de l'exploitation de l'entreprise agricole. Selon le recourant (p. 11 du recours), F._ ne permet qu'une utilisation pendant environ cent dix jours pour trente vaches, et pendant trente jours pour seize génisses. Le reste de l'année, l'exploitant doit disposer de pâturages supplémentaires ou d'autres moyens pour assurer la subsistance de son bétail. Ainsi, contrairement à ce qu'a retenu le Tribunal cantonal, F._ ne serait pas un domaine exploitable toute l'année et ne pourrait être utilisé qu'en complément d'une entreprise agricole. Il ne constituerait dès lors pas le centre d'existence de l'exploitant. 5.3.3 Il ressort des faits (cf. supra partie "Faits" lettres A et B) que F._ n'a jamais été le centre d'existence des personnes qui s'en sont occupées. En effet, ni C.X._ et A.X._, ni B.X._ par la suite, n'ont habité à l'année sur l'alpage lorsqu'ils exploitaient le domaine. En outre, les intéressés n'ont jamais eu que cet alpage à gérer. C.X._ l'exploitait en parallèle avec d'autres domaines (lesquels comprenaient notamment, selon l'acte d'abandon de biens et cession en lieu de partage du 19 juin 1987, une habitation, un garage, une grange, une écurie, des prés et des champs) qui semblaient constituer son exploitation principale. Les deux frères ont également des domaines agricoles autres que celui de F._ et des habitations en plaine proches des zones habitées. Ainsi, F._ a toujours été exploité en sus d'un domaine principal et n'est utilisé qu'une centaine de jours par année, ce qui correspond d'ailleurs pleinement à sa nature de pâturages d'estivage. Pour la majeure partie de l'année, l'exploitant doit ainsi trouver un autre gîte pour son bétail qu'il faut nourrir. Il semble en effet qu'il ne dispose pas de prairie de fauche. En outre, ce domaine ne comporte pas de grange ou de silo pour stocker la nourriture du bétail. Au vu de ces éléments, le domaine de F._ ne saurait constituer le centre d'existence de celui qui s'en occupe, puisqu'il ne bénéficie notamment pas des bâtiments nécessaires à une exploitation tout au long de l'année. Il lui manque dès lors au moins deux des éléments nécessaires à la qualification d'entreprise agricole. Le fait de devoir tenir compte des conditions locales (art. 7 al. 4 let. a LDFR) ne permet pas de pallier à cette carence. Peu importe, dès lors, le nombre d'UMOS qu'exige le domaine de F._. Au surplus, on relèvera que la reconnaissance d'une UMOS au moins sur une exploitation ne saurait permettre d'affirmer, indépendamment de l'étude de sa structure, qu'elle constitue une entreprise agricole (art. 8 lit. b LDFR). Le domaine de F._ n'étant pas une entreprise agricole, il n'est pas soumis au régime des entreprises agricoles mais uniquement à celui des immeubles agricoles (art. 6 LDFR). Au demeurant, soumettre les exploitations d'alpage au régime légal des immeubles agricoles et non à celui des entreprises agricoles va dans le sens du système instauré par la loi fédérale du 4 octobre 1985 sur le bail à ferme agricole (LBFA; RS 221.213.2). L'art. 1 al. 3 LBFA prévoit en effet expressément que les dispositions relatives au bail des immeubles agricoles - et non des entreprises agricoles - s'appliquent également au bail des allmends, alpages et pâturages (sur la volonté d'harmonisation des concepts dans les différentes lois touchant le domaine agricole cf. Yves Donzallaz, Les mutations de la LDFR dans un contexte législatif évolutif: Constitution fédérale, LAT, LAgr, Revue suisse du notariat et du registre foncier, 85/2004, p. 24). 5.4 Au vu de ce qui précède, l'alpage de F._ ne répond pas aux conditions de l'art. 7 al. 1 LDFR définissant l'entreprise agricole puisqu'il n'est pas propre à constituer le centre d'existence de son exploitant. Partant, il n'est pas soumis à l'art. 58 al. 1 LDFR interdisant le partage des entreprises agricoles. 6. 6.1 Le domaine, tel que décrit dans l'arrêt attaqué (lettres C et F p. 2 ss), correspond à la définition de l'exploitation d'estivage (étant précisé que la notion d'entreprise agricole utilisée dans cette disposition (recte: à l'art. 9 al. 1 OTerm) ne correspond pas à celle de l'art. 7 LDFR et ne constitue pas un renvoi à cette disposition). En effet, le domaine de F._ sert à l'estivage des animaux (art. 9 al. 1 let. a OTerm). En outre, on peut déduire de l'arrêt attaqué que B.X._, qui s'occupe actuellement de F._, possède une exploitation agricole qui est séparée dudit domaine (art. 9 al. 1 let. b OTerm), puisque C.X._ a cédé à son fils B.X._ le domaine agricole de D._. Il ressort de plus du dossier que l'alpage en cause ne serait constitué que de pâturages d'estivage (art. 9 al. 1 let. c OTerm; cf. art. 26 OTerm et art. 1 al. 2 de l'ordonnance du 7 décembre 1998 sur le cadastre de la production agricole et la délimitation de zones [RS 912.1]) et que les bâtiments et installations qu'il comporte, outre la partie habitable de l'immeuble, sont uniquement ceux nécessaires au bétail (art. 9 al. 1 let. d OTerm). F._ n'est, conformément à l'art. 9 al. 1 let. e OTerm, exploité que pendant l'estivage (par opposition au pâturage de l'art. 7 let. b OTerm). Finalement, au vu des faits de l'arrêt attaqué, F._ ne dépend pas d'autres exploitations d'estivage (art. 9 al. 1 let. f OTerm). Ainsi, toutes les conditions de l'exploitation d'estivage sont remplies. Va également dans le sens d'une qualification d'exploitation d'estivage le fait que l'estimation du prix licite du 23 juin 2006 de l'Autorité foncière se base sur les "pâquiers normaux" que représente F._. Or, le recours à la notion de pâquier - laquelle correspond à une unité de calcul de la charge en bétail admissible sur une surface donnée - est typique de l'estimation des exploitations d'estivage et de pâturages ou de pâturages communautaires (cf. art. 1 al. 1, art. 6 et art. 10 de l'ordonnance du 14 novembre 2007 sur les contributions d'estivage; RS 910.133). 6.2 Les exploitations d'estivage ne constituent jamais le centre de l'existence du paysan et de sa famille et, par conséquent, ne remplissent pas les conditions de l'entreprise agricole. La définition même de l'exploitation d'estivage exclut en effet qu'elle puisse être le centre d'existence de celui qui l'exploite puisqu'elle implique uniquement une utilisation estivale. 6.3 On comprend certes le souci des autorités qui souhaitent que ce type d'exploitation soit considéré comme une entreprise agricole afin de jouir de la protection des dispositions régissant celle-ci, notamment de l'interdiction du démantèlement - avec les conséquences économiques que cela peut avoir - ce qui permettrait, entre autres, de préserver le patrimoine culturel de régions en possédant. Il n'en demeure pas moins que tout le régime légal de la loi fédérale sur le droit foncier rural, qu'il soit de droit public ou de droit privé, est fondé sur la distinction entre immeuble et entreprise agricoles, de sorte qu'on ne peut y intégrer un concept intermédiaire. Il incomberait, le cas échéant, au législateur de prendre en considération les conséquences engendrées par la soumission des exploitations d'estivage au régime des immeubles et non à celui des entreprises agricoles pour modifier la législation en vigueur. 7. Il suit de ce qui précède que le recours doit être admis dans la mesure où il est recevable et l'arrêt attaqué annulé. Le domaine de F._ ne constitue pas une entreprise agricole et n'est pas soumise à l'interdiction de partage matériel imposée à ce type d'entreprise. L'intimé, qui a conclu au rejet du recours, supportera les frais de la procédure (art. 66 al. 1 LTF) et versera des dépens au recourant (art. 68 al. 1 LTF). L'admission du recours implique une autre répartition des frais devant l'instance inférieure. Le Tribunal cantonal réglera à nouveau le sort de ces frais (art. 67 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est admis et l'arrêt rendu le 25 septembre 2008 par le Tribunal cantonal est annulé. Le domaine de F._ ne constitue pas une entreprise agricole et n'est pas soumis à l'interdiction de partage matériel imposée aux entreprises agricoles. 2. La cause est renvoyée au Tribunal cantonal afin qu'il statue à nouveau sur le sort des frais de la procédure cantonale. 3. Les frais judiciaires, arrêtés à 2'500 fr., sont mis à la charge de l'intimé. 4. Une indemnité de 2'000 fr., à payer au recourant à titre de dépens, est mise à la charge de l'intimé. 5. Le présent arrêt est communiqué aux mandataires du recourant et de l'intimé, à l'Autorité foncière cantonale et au Tribunal cantonal du canton de Fribourg, ainsi qu'à l'Office fédéral de la justice. Lausanne, le 25 mai 2009 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: La Greffière: R. Müller E. Kurtoglu-Jolidon
548c56c7-97d6-4bf2-9df3-bc5936cf28f7
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Federation
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Sachverhalt: Sachverhalt: A. R._, geb. 1959, reiste erstmals 1985 in die Schweiz ein und arbeitete als Saisonnier im Baugewerbe, ab 1993 in der Landwirtschaft. Seit April 1995 litt er an Lumboischialgien, weshalb er seine Erwerbstätigkeit Ende Oktober 1995 aufgeben und sich am 14. November 1995 einer Diskushernienoperation unterziehen musste. Am 7. März 1996 meldete sich R._ bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Freiburg zog in der Folge Berichte des Spitals und Pflegeheims S._ vom 15. November 1995, des Spitals I._ vom 30. November 1995 und 25. Juni 1996, der Klinik M._, Neurologische Rehabilitations- und Multiple Sklerose-Abteilung, vom 20. Dezember 1995 sowie des Dr. med. G._, Innere Medizin FMH, vom 5. Mai und 2. September 1996 bei. Die Erkundigung beim vormaligen Arbeitgeber vom 26. März 1996 ergab, dass der Versicherte von März bis November 1995 Fr. 2'540.- monatlich verdient hatte. Mit Vorbescheid vom 24. Oktober 1996 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit, dass ihm auf Grund des verbesserten Gesundheitszustands nach operativer Behandlung seit Anfang September 1996 wieder eine volle Arbeitsfähigkeit im angestammten Beruf zumutbar sei, weshalb sein Leistungsbegehren abgewiesen werden müsse. Auf Empfehlung von Dr. med. G._ (Schreiben vom 5. November 1996) liess die IV-Stelle R._ bei der Abklärungs- und Ausbildungsstätte A._ auf seine Eingliederungs- und Arbeitsfähigkeit hin begutachten (Schlussbericht vom 30. Juni 1998). Mit erneutem Vorbescheid vom 30. Dezember 1998 stellte die IV-Stelle beim Versicherten einen Invaliditätsgrad von 27 % fest und wies sein Leistungsbegehren wiederum ab. Auf Antrag von R._ beauftragte sie in der Folge das Zentrum für Medizinische Begutachtung (ZMB) mit einer medizinischen Expertise. Dessen Ärzte erachteten in ihrem Gutachten vom 2. Februar 2000 eine dem Rücken adaptierte Tätigkeit von vier Stunden täglich als zumutbar. Die IV-Stelle errechnete gestützt darauf einen Invaliditätsgrad von 28 %, wies das Leistungsbegehren mit einem weiteren Vorbescheid vom 31. März 2000 ab und bestätigte diesen mit Verfügung vom 30. August 2000. Mit erneutem Vorbescheid vom 30. Dezember 1998 stellte die IV-Stelle beim Versicherten einen Invaliditätsgrad von 27 % fest und wies sein Leistungsbegehren wiederum ab. Auf Antrag von R._ beauftragte sie in der Folge das Zentrum für Medizinische Begutachtung (ZMB) mit einer medizinischen Expertise. Dessen Ärzte erachteten in ihrem Gutachten vom 2. Februar 2000 eine dem Rücken adaptierte Tätigkeit von vier Stunden täglich als zumutbar. Die IV-Stelle errechnete gestützt darauf einen Invaliditätsgrad von 28 %, wies das Leistungsbegehren mit einem weiteren Vorbescheid vom 31. März 2000 ab und bestätigte diesen mit Verfügung vom 30. August 2000. B. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg mit Entscheid vom 7. September 2001 ab. B. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg mit Entscheid vom 7. September 2001 ab. C. R._ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Rechtsbegehren um Aufhebung des angefochtenen Entscheides und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, damit diese zusätzliche Abklärungen vornehme; eventualiter sei ihm bei einem Invaliditätsgrad von 70 % eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Des Weiteren stellt er ein Gesuch um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; vgl. auch BGE 104 V 136 Erw. 2a und b) und zur richterlichen Beweiswürdigung von Arztberichten (BGE 122 V 160 Erw. 1c; vgl. auch 125 V 352 Erw. 3a und b mit Hinweisen) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 1. Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; vgl. auch BGE 104 V 136 Erw. 2a und b) und zur richterlichen Beweiswürdigung von Arztberichten (BGE 122 V 160 Erw. 1c; vgl. auch 125 V 352 Erw. 3a und b mit Hinweisen) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die ihm verbleibende Arbeitsfähigkeit sei medizinisch nicht korrekt ermittelt worden. Zum einen lasse namentlich das Gutachten des ZMB vom 2. Februar 2000 die Abklärung der neuropsychologischen Komponente vermissen, zum andern sei er in psychiatrischer Hinsicht nur ungenügend begutachtet worden, weshalb die Vorinstanz die Akten insofern hätte ergänzen müssen. Ferner rügt er, das Valideneinkommen sei zu Unrecht ausschliesslich entsprechend der zuletzt ausgeübten Tätigkeit in der Landwirtschaft statt auf Grund des zuvor während Jahren erzielten Einkommens im Baugewerbe ermittelt worden. Es sei zu berücksichtigen, dass seine Saisonbewilligung spätestens 1996 in eine Jahresaufenthaltsbewilligung umgewandelt worden wäre, sodass er ohne Behinderung eine Ganzjahresanstellung im Baugewerbe hätte annehmen und sein Gehalt entsprechend verbessern können. Schliesslich habe man ihm die unentgeltliche Prozessführung zu Unrecht verweigert. 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die ihm verbleibende Arbeitsfähigkeit sei medizinisch nicht korrekt ermittelt worden. Zum einen lasse namentlich das Gutachten des ZMB vom 2. Februar 2000 die Abklärung der neuropsychologischen Komponente vermissen, zum andern sei er in psychiatrischer Hinsicht nur ungenügend begutachtet worden, weshalb die Vorinstanz die Akten insofern hätte ergänzen müssen. Ferner rügt er, das Valideneinkommen sei zu Unrecht ausschliesslich entsprechend der zuletzt ausgeübten Tätigkeit in der Landwirtschaft statt auf Grund des zuvor während Jahren erzielten Einkommens im Baugewerbe ermittelt worden. Es sei zu berücksichtigen, dass seine Saisonbewilligung spätestens 1996 in eine Jahresaufenthaltsbewilligung umgewandelt worden wäre, sodass er ohne Behinderung eine Ganzjahresanstellung im Baugewerbe hätte annehmen und sein Gehalt entsprechend verbessern können. Schliesslich habe man ihm die unentgeltliche Prozessführung zu Unrecht verweigert. 3. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass das Gutachten des ZMB vom 2. Februar 2000 die Beweisanforderungen gemäss der Rechtsprechung erfüllt (BGE 125 V 352). Der rechtserhebliche medizinische Sachverhalt ist umfassend und hinreichend abgeklärt und insbesondere wurden bei der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit auch die psychisch bedingten Einschränkungen berücksichtigt. Zusätzliche psychiatrische und neuropsychologische Untersuchungen sind daher unnötig. Da die Diagnose der somatoformen Schmerzstörung als hier die Arbeitsfähigkeit beeinflussender Befund in der Beurteilung der Gutachter bereits erfasst ist, braucht ihren Gründen nicht weiter nachgegangen zu werden. Die vom kantonalen Gericht der Invaliditätsbemessung zugrunde gelegte Arbeitsfähigkeit von 47,5 % (oder annähernd 50 %) in einer leidensangepassten Tätigkeit trägt den medizinischen Gegebenheiten hinreichend Rechnung. 3. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass das Gutachten des ZMB vom 2. Februar 2000 die Beweisanforderungen gemäss der Rechtsprechung erfüllt (BGE 125 V 352). Der rechtserhebliche medizinische Sachverhalt ist umfassend und hinreichend abgeklärt und insbesondere wurden bei der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit auch die psychisch bedingten Einschränkungen berücksichtigt. Zusätzliche psychiatrische und neuropsychologische Untersuchungen sind daher unnötig. Da die Diagnose der somatoformen Schmerzstörung als hier die Arbeitsfähigkeit beeinflussender Befund in der Beurteilung der Gutachter bereits erfasst ist, braucht ihren Gründen nicht weiter nachgegangen zu werden. Die vom kantonalen Gericht der Invaliditätsbemessung zugrunde gelegte Arbeitsfähigkeit von 47,5 % (oder annähernd 50 %) in einer leidensangepassten Tätigkeit trägt den medizinischen Gegebenheiten hinreichend Rechnung. 4. Zu prüfen bleibt die erwerbliche Seite. 4.1 Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat sich in BGE 128 V 174 mit der Frage beschäftigt, welcher Zeitpunkt für den Einkommensvergleich im Unfallversicherungsrecht massgebend sei. Während die Gesetzmässigkeit von Verfügungen des Versicherers in diesem Bereich in der Regel nach dem Sachverhalt zu beurteilen ist, der zur Zeit des Erlasses des Einspracheentscheides gegeben war (BGE 116 V 248 Erw. 1a mit Hinweisen), hat das Gericht im Urteil P. vom 20. März 1991, U 80/90, und zuletzt in den Urteilen K. vom 18. März 2002, U 239/00, und C. vom 19. Februar 2002, U 99/00, entschieden, dass massgebend für den Einkommensvergleich gemäss Art. 18 Abs. 2 UVG der Zeitpunkt des Rentenbeginns ist (vgl. auch Omlin, Die Invalidität in der obligatorischen Unfallversicherung, Diss. Freiburg 1995, S. 291). In BGE 128 V 174 hat es einlässlich erwogen, dass es keinen Grund gebe, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, und dass allfälligen nach dem Urteil P. vom 20. März 1991, U 80/90, ergangenen anders lautenden Urteilen nicht gefolgt werden könne. Der aus dem Einkommensvergleich resultierende Invaliditätsgrad würde im Falle des Abstellens auf den Zeitpunkt des Einspracheentscheides nämlich davon abhängen, wann der Unfallversicherer diesen - zufälligerweise - erlässt. Insbesondere würde man zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen in Fällen, in denen die anfängliche Verfügung unangefochten in Rechtskraft erwächst, und solchen, in denen Einsprache erhoben und ein Einspracheentscheid gefällt wird. Des Weiteren hat das Eidgenössische Versicherungsgericht ausgeführt, dass Validen- und Invalideneinkommen in jedem Fall auf den gleichen Zeitpunkt hin zu erheben und allfällige rentenwirksame Änderungen der Vergleichseinkommen bis zum Einspracheentscheid zu berücksichtigen sind. 4.2 Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht wiederholt ausgeführt hat, stimmt der Invaliditätsbegriff in der Invalidenversicherung mit demjenigen in der obligatorischen Unfallversicherung und der Militärversicherung grundsätzlich überein (BGE 119 V 470 Erw. 2b mit Hinweisen). Die ausgeführten Grundsätze des beim Einkommensvergleich massgebenden Zeitpunkts des (potentiellen) Rentenbeginns, der Erhebung von Validen- und Invalideneinkommen auf zeitidentischer Grundlage und der Berücksichtigung von allfälligen rentenwirksamen Änderungen der Vergleichseinkommen bis zum Verfügungserlass müssen daher auch im Invalidenversicherungsrecht gelten. 4.2 Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht wiederholt ausgeführt hat, stimmt der Invaliditätsbegriff in der Invalidenversicherung mit demjenigen in der obligatorischen Unfallversicherung und der Militärversicherung grundsätzlich überein (BGE 119 V 470 Erw. 2b mit Hinweisen). Die ausgeführten Grundsätze des beim Einkommensvergleich massgebenden Zeitpunkts des (potentiellen) Rentenbeginns, der Erhebung von Validen- und Invalideneinkommen auf zeitidentischer Grundlage und der Berücksichtigung von allfälligen rentenwirksamen Änderungen der Vergleichseinkommen bis zum Verfügungserlass müssen daher auch im Invalidenversicherungsrecht gelten. 4.3 4.3.1 Für die Ermittlung des Einkommens, welches der Versicherte ohne Invalidität erzielen könnte (Valideneinkommen), ist entscheidend, was er im Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns, im vorliegenden Fall am 1. Oktober 1996, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunder tatsächlich verdient hätte (RKUV 1993 Nr. U 168 S. 100 Erw. 3b). Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft, da es empirischer Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein (RKUV 1993 Nr. U 168 S. 101 Erw. 3b). 4.3.2 Der Beschwerdeführer war zuletzt (von 1993 bis 1995) als Saisonnier in der Landwirtschaft tätig. Nach der Aktenlage liegt keine Ausnahme im Sinne der genannten Rechtsprechung vor, weshalb Verwaltung und Vorinstanz als Valideneinkommen zum Zeitpunkt des potentiellen Rentenbeginns zu Recht den Lohn für einen landwirtschaftlichen Mitarbeiter ohne Qualifikation angenommen und es gestützt auf die Richtlinien der Ausgleichskasse Freiburg mit Fr. 30'240.- (12 x Fr. 2'520.-) veranschlagt haben. 4.3.3 Der Beschwerdeführer bringt letztinstanzlich neu vor, dass er spätestens 1996 eine Jahresaufenthaltsbewilligung erhalten, seine Familie in die Schweiz nachgezogen und auch eine Ganzjahresanstellung im Baugewerbe mit besserer Entlöhnung gefunden hätte. Das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg wies ein am 4. März 1996 gestelltes Gesuch des Beschwerdeführers um Umwandlung seiner Saisonbewilligung in eine Jahresaufenthaltsbewilligung mit Entscheid vom 5. November 1997 ab, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dazu nicht erfüllt waren. Auch könne ihm keine Bewilligung zu Lasten des kantonalen Kontingentes ausgestellt werden, da er auf Grund seiner gesundheitlichen Probleme keiner dauerhaften Beschäftigung nachgehe. Fest steht demnach, dass zum Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns noch keine Jahresaufenthaltsbewilligung vorlag. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass dem Beschwerdeführer im Gesundheitsfall in einer späteren Zeit eine solche erteilt worden wäre. Die Sache ist diesbezüglich abklärungsbedürftig und daher an die Verwaltung zurückzuweisen. Bei Veränderung der finanziellen Verhältnisse müsste ein erneuter Einkommensvergleich angestellt werden (Erw. 4.1 und 4.2). 4.4 Zur Ermittlung des hypothetischen Einkommens nach Eintritt der Invalidität (Invalideneinkommen) stützt sich die Vorinstanz auf die vom Bundesamt für Statistik herausgegebene Schweizerische Lohnstrukturerhebung (LSE) des Jahres 1998, während die IV-Stelle auf die Einkommensverhältnisse im Jahr 1996 abstellt. Nach der genannten Rechtsprechung (Erw. 4.1 und 4.2) ist mit der Verwaltung auch hier vorerst auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des hypothetischen Rentenbeginns im Oktober 1996 abzustellen. Da invaliditätsfremde Gesichtspunkte im Rahmen des Einkommensvergleichs nach Art. 28 Abs. 2 IVG überhaupt nicht oder dann bei beiden Vergleichsgrössen gleichmässig zu berücksichtigen sind (ZAK 1989 S. 458 Erw. 3b; RKUV 1993 Nr. U 168 S. 104 Erw. 5b; Urteil S. vom 16. April 2002, I 640/00), ist auch bei der Bestimmung des Invalideneinkommens dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Versicherte damals nur über eine Saisonnierbewilligung verfügte, weshalb nicht auf die Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik abzustellen ist. Vielmehr hat die Verwaltung aufgrund konkreter Abklärungen zu eruieren, welches Einkommen der Beschwerdeführer als Saisonnier bei 50 %iger Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit, insbesondere etwa in der Landwirtschaft hätte erzielen können. Anders als bei der Ermittlung des Invalideneinkommens auf Grund von Tabellenlöhnen ist dabei kein leidensbedingter Abzug vorzunehmen. Da invaliditätsfremde Gesichtspunkte im Rahmen des Einkommensvergleichs nach Art. 28 Abs. 2 IVG überhaupt nicht oder dann bei beiden Vergleichsgrössen gleichmässig zu berücksichtigen sind (ZAK 1989 S. 458 Erw. 3b; RKUV 1993 Nr. U 168 S. 104 Erw. 5b; Urteil S. vom 16. April 2002, I 640/00), ist auch bei der Bestimmung des Invalideneinkommens dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Versicherte damals nur über eine Saisonnierbewilligung verfügte, weshalb nicht auf die Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik abzustellen ist. Vielmehr hat die Verwaltung aufgrund konkreter Abklärungen zu eruieren, welches Einkommen der Beschwerdeführer als Saisonnier bei 50 %iger Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit, insbesondere etwa in der Landwirtschaft hätte erzielen können. Anders als bei der Ermittlung des Invalideneinkommens auf Grund von Tabellenlöhnen ist dabei kein leidensbedingter Abzug vorzunehmen. 5. Im vorliegenden Verfahren geht es um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, weshalb von der Auferlegung von Gerichtskosten abzusehen ist (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend ist dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, einschliesslich der unentgeltlichen Verbeiständung, erweist sich damit als gegenstandslos. Die Frage, ob dem im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege hätte stattgegeben werden müssen, kann demnach offen bleiben.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 1. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg vom 7. September 2001 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Freiburg vom 30. August 2000 aufgehoben und es wird die Sache an die IV-Stelle zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre. 1. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg vom 7. September 2001 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Freiburg vom 30. August 2000 aufgehoben und es wird die Sache an die IV-Stelle zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Die IV-Stelle des Kantons Freiburg hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 3. Die IV-Stelle des Kantons Freiburg hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 4. Das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 4. Das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, der Ausgleichskasse des Kantons Freiburg und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. Luzern, 3. Februar 2003 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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Faits : A. Par décision du 23 août 2012, le juge III du district de Sion a reconnu X._ coupable d'abus de confiance au préjudice de A._ et l'a condamné à une peine de dix mois d'emprisonnement ainsi qu'au versement à la prénommée d'un montant de 23'550 francs avec intérêts à 5% dès le 28 avril 2006 à titre de dommages-intérêts. Les frais et dépens étaient à sa charge. B. Par jugement du 10 mars 2014, la Cour pénale II du Tribunal cantonal du Valais a partiellement admis l'appel formé par X._ contre la décision de première instance et a ramené la durée de la peine d'emprisonnement à six mois. Elle a pour le reste confirmé le jugement de première instance, à cela près, que le montant de 23'550 francs avec intérêts à 5% dès le 28 avril 2006 devait être versé aux héritiers de A._, décédée le 8 décembre 2012. Les frais de la procédure d'appel ont été mis pour trois quarts à la charge du prévenu. En substance, la cour cantonale s'est fondée sur les faits suivants. X._ (né en 1938) et A._ (née en 1927) se sont liés d'amitié en 1997, alors qu'ils habitaient tous deux à H._. Leur attachement a perduré malgré les déménagements successifs du premier nommé qui s'est finalement installé en 2001 à I._, où A._ l'a rejoint quelques mois plus tard pour emménager dans un appartement sis au-dessus du sien. X._ lui rendait alors divers services, effectuant notamment ses paiements quotidiens. En 2006, A._ a transféré le solde de son compte d'épargne s'élevant à plus de 33'000 francs sur son compte-courant. Détenant la carte bancaire ainsi que le code de ce compte afin de procéder aux paiements de son amie, X._ a effectué sept retraits entre le 7 mars et le 13 avril 2006, pour un montant total de 29'500 francs, contre la volonté de cette dernière. Le 28 avril 2006, X._ a signé une "reconnaissance de dette" à teneur de laquelle il attestait notamment avoir retiré un montant de 28'000 francs sur le compte de A._, pour ses besoins personnels et s'engageait à rembourser de suite la somme de 4'000 francs, puis 450 francs par mois pendant 5 ans. Il s'est aussitôt acquitté d'un montant de 4'450 francs. C. X._ forme un recours en matière pénale au Tribunal fédéral contre le jugement cantonal et conclut, avec suite de frais et dépens, à son annulation et au renvoi de la cause à l'autorité précédente pour nouvelle décision dans le sens des considérants. Il sollicite l'effet suspensif du recours en particulier s'agissant de la condamnation à verser le montant de 23'550 francs, ainsi que l'assistance judiciaire.
Considérant en droit : 1. Se prévalant d'un établissement arbitraire des faits et de la violation de l'art. 110 al. 2 CP (art. 110 ch. 3 aCP) ainsi que de l'art. 138 ch. 1 al. 4 CP, le recourant reproche à l'autorité cantonale de ne pas lui avoir reconnu la qualité de "familier". Compte tenu de la plainte tardive de A._, le recourant soutient qu'il manquait une condition à la poursuite de l'action pénale et en déduit qu'il devrait être acquitté. 1.1. Les faits reprochés au recourant se sont produits en 2006, de sorte qu'ils sont antérieurs à l'entrée en vigueur, le 1 er janvier 2007, de la loi fédérale du 13 décembre 2002 modifiant la partie générale du code pénal suisse (RO 2006 3459, 3535). Les conditions de réalisation de l'infraction d'abus de confiance commis au préjudice des familiers (cf. art. 138 ch. 1 al. 4 CP) sont demeurées inchangées. Il en va de même de la définition de "familiers", telle qu'elle figure à l'art. 110 al. 2 CP (cf. art. 110 ch. 3 aCP). Aussi, l'examen de la question dans le cas présent ne commande pas de distinction entre l'ancien et le nouveau droit. 1.2. A teneur de l'art. 138 ch. 1 al. 4 CP, l'abus de confiance commis au préjudice des proches ou des familiers ne sera poursuivi que sur plainte. Les familiers d'une personne sont ceux qui font ménage commun avec elle (art. 110 al. 2 CP). La notion de membres de la communauté domestique, comme celle de "proches", doit être interprétée restrictivement, compte tenu de l'intérêt de la société et de la justice à poursuivre l'auteur d'une infraction (ATF 74 IV 88 consid. 2 p. 91 s; 72 IV 4 consid. 1 p. 5 ss; arrêt 6B_263/2011 du 26 juillet 2012 consid. 5.2). Forment une communauté domestique deux ou plusieurs personnes qui mangent, vivent et dorment sous le même toit (ATF 102 IV 162 consid. 2a p. 163). La cohabitation doit s'inscrire dans la durée et s'entend a priori comme le désir de vivre ensemble de manière stable pour une durée indéterminée (arrêt 6B_637/2012 du 21 janvier 2013 consid. 2.1). La nature quasi familiale de la communauté domestique présuppose, en outre, que ses membres soient unis par une relation personnelle d'une certaine proximité, analogue à celle unissant un couple et/ou ses enfants. L'aspect psychologique ou émotionnel n'est cependant pas déterminant, faute pour les sentiments de pouvoir être appréciés avec la précision nécessaire à la sécurité du droit. Pour déterminer si l'auteur et le lésé forment une communauté domestique, seuls les critères objectifs sont déterminants. Enfin, le ménage commun doit exister au moment de la commission de l'infraction (arrêts 6B_637/2012 du 21 janvier 2013 consid. 2.1; 6B_263/2011 du 26 juillet 2012 consid. 5.2 et 5.3). La forme privilégiée de l'infraction commise au préjudice de familiers est liée au souci de préserver le lien qui unit l'auteur au lésé (ATF 72 IV 4 consid. 1 p. 6; arrêt 6B_263/2011 du 26 juillet 2012 consid. 5.1). Elle vise à préserver l'unité familiale et la paix au sein du foyer en évitant une intervention d'office des autorités de poursuite pénale contre la volonté du titulaire du bien protégé (ATF 86 IV 158 p. 159; 72 IV 4 consid. 1 p. 6). 1.3. La cour cantonale a retenu que le prévenu avait employé à son profit les valeurs patrimoniales qui lui avaient été confiées par A._ (cf. art. 138 ch. 1 al. 2 CP). Elle a par ailleurs relevé que, s'ils entretenaient des relations personnelles étroites, ils vivaient et dormaient toutefois dans des appartements séparés. Dans la mesure où la communauté de toit et de lit faisait défaut au moment des faits, elle a dénié la qualité de "familier" au prévenu au sens des art. 138 ch. 1 al. 4 CP et 110 al. 2 CP (cf. art. 110 ch. 3 aCP). 1.4. Le recourant ne conteste pas l'infraction retenue, il estime toutefois que la cour cantonale a arbitrairement omis de prendre en compte des éléments de faits figurant au dossier, qu'il qualifie de primordiaux dans le cadre de l'examen de sa qualité de "familier". 1.4.1. Le Tribunal fédéral est lié par les faits constatés par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). Le recourant ne peut critiquer la constatation des faits, susceptibles d'avoir une influence sur l'issue du litige, que si ceux-ci ont été établis de manière manifestement inexacte (art. 97 al. 1 et 105 al. 2 LTF), c'est-à-dire arbitraire (cf. ATF 136 II 447 consid. 2.1 p. 450; sur la notion d'arbitraire voir par ex.: ATF 138 III 378 consid. 6.1 p. 379 et les arrêts cités). En bref, pour qu'il y ait arbitraire, il ne suffit pas que la décision attaquée apparaisse discutable ou même critiquable; il faut qu'elle soit manifestement insoutenable et cela non seulement dans sa motivation, mais aussi dans son résultat. 1.4.2. La qualité de "familier" a été déniée, faute pour le recourant et la lésée d'avoir vécu en communauté de toit et de lit. Les déclarations de l'entourage de A._, dont se prévaut le recourant, relatives à la "liaison" qu'ils entretenaient de sorte qu'ils formaient un "couple", étant précisé qu'elle était "éprise" de lui et l'accueillait souvent chez elle, ne sont pas pertinentes, dans la mesure où elles portent sur la nature de leur relation et non sur les critères objectifs fondant la communauté domestique. En effet, ces éléments ne permettent pas d'établir que les intéressés faisaient ménage commun et vivaient sous un même toit, comme l'exige l'art. 110 al. 2 CP. C'est en vain que le recourant allègue qu'il lui faisait ses lessives, lui préparait à manger ou qu'ils allaient ensemble chez le médecin traitant. D'ailleurs, contrairement à ce que prétend le recourant, la cour cantonale a expressément relevé que ce dernier rendait divers services à A._, que cette dernière avait déménagé à I._ pour le rejoindre (cf. jugement entrepris consid. 2.2.1 p. 9) et qu'ils se rendaient à la banque ensemble (cf. jugement entrepris consid. 2.2.2 p. 10), de sorte qu'il ne saurait rien déduire de plus de ses propres déclarations relatives à l'intensité de leur relation. Sauf à confirmer que les intéressés ne vivaient et dormaient pas sous le même toit ( "Elle descendait ensuite chez moi pour lire (...) ", "après le dîner commun, elle remontait chez elle pour une sieste" mémoire de recours ch. 1 p. 5 in fine, cf. PV des débats d'appel du 23 janvier 2014 p. 3), les déclarations du recourant lors des débats d'appel ne lui sont d'aucune utilité. Faute pour le recourant d'apporter des éléments de fait susceptibles d'avoir une influence sur l'issue du litige, son grief est infondé. 1.5. Le recourant estime qu'il doit bénéficier de la forme privilégiée de l'infraction d'abus de confiance en sa qualité de "familier". Il fonde son argumentation sur la doctrine qui, tout en relevant l'interprétation restrictive de la notion de "familiers", énonce que cette qualité a été admise à titre exceptionnel dans la jurisprudence cantonale, pour des pensionnaires d'un établissement pour personnes âgées ou des élèves d'un pensionnat (cf. ANDREAS ECKERT, in Basler Kommentar, Strafrecht I, 3ème éd. 2013, n° 5 ad art. 110 al. 2 CP; Yvan Jeanneret, in Commentaire romand, Code pénal I, n° 4 ad art. 110 al. 2 CP). Le recourant établit un parallèle entre les institutions susmentionnées et l'immeuble dans lequel les intéressés vivaient, puisqu'ils disposaient d'appartements situés l'un au-dessus de l'autre, et insiste à nouveau sur le fait que leur mode de vie correspondait à une communauté domestique. Ce faisant, il omet que l'interprétation restrictive de la notion de "familiers" implique non seulement une communauté de table, mais également une communauté de toit et de lit, comme il est d'usage entre les membres d'une famille (ATF 86 IV 158 p. 159; 72 IV 4 consid. 1 p. 6 s.), ce précisément afin de préserver l'unité familiale et la paix au sein du foyer. Le recourant ne saurait donc rien déduire en sa faveur des arrêts cantonaux susmentionnés, lesquels ne traitent au demeurant pas des aspects communautaires, mais uniquement du lien de proximité entre les résidents, respectivement entre les élèves de l'internat (arrêt du Tribunal cantonal zurichois du 18 juin 1962 in Blätter für zürcherische Rechtsprechung [ZR], 1962, n° 148 p. 340 et arrêt du 8 décembre 1944 in ZR, 1945, n° 25 p. 81 s.). En l'espèce, la qualité de familier n'ayant pas été déniée sur la base d'un lien trop ténu entre les intéressés, c'est en vain que le recourant allègue qu'il était lié à A._ par une relation personnelle de proximité. En effet, la nature de la relation ne réalise pas, à elle seule, les éléments objectifs de la cohabitation constituant la communauté domestique (cf. arrêt 6B_637/2012 du 12 janvier 2013 consid. 2.2). Dans la mesure où la forme privilégiée de l'infraction commise au préjudice de familiers vise en particulier à préserver la paix au sein d'un même foyer, l'on ne saurait reconnaître cette qualité aux voisins d'immeuble, aussi proches soient-ils, et quand bien même ils passeraient leur quotidien ensemble. Cela reviendrait à interpréter l'art. 138 ch. 1 al. 4 en lien avec l'art. 110 al. 2 CP (art. 110 ch. 3 aCP) de manière large, contrairement à ce que préconise la jurisprudence constante en la matière. Mal fondé, le grief du recourant doit être rejeté. 2. Condamné à six mois d'emprisonnement ferme, le recourant ne met pas en cause le genre de la peine ni sa quotité. Il critique toutefois le refus d'assortir sa peine du sursis et allègue qu'il présentait un pronostic favorable. 2.1. Le nouveau droit pose des exigences moins élevées dans le cadre de l'établissement du pronostic pour l'octroi du sursis que l'ancien droit. Auparavant, il fallait que le pronostic soit favorable; désormais, il suffit qu'il n'y ait pas de pronostic défavorable (cf. arrêts 6B_43/2007 du 12 novembre 2007 consid. 3.3.2 non publié in ATF 134 IV 53; 6S.80/2007 du 22 mai 2007 consid. 3.1). Aussi, le sursis sera examiné sous l'angle du nouveau droit, en vertu du principe de la lex mitior (art. 2 al. 2 CP). 2.2. Aux termes de l'art. 42 CP, le juge suspend en règle générale l'exécution d'une peine privative de liberté de six mois au moins et de deux ans au plus lorsqu'une peine ferme ne paraît pas nécessaire pour détourner l'auteur d'autres crimes ou délits. Pour l'octroi du sursis, le juge doit poser un pronostic quant au comportement futur de l'auteur. En l'absence de pronostic défavorable, il doit prononcer le sursis. Celui-ci est ainsi la règle dont le juge ne peut s'écarter qu'en présence d'un pronostic défavorable ou hautement incertain (ATF 134 IV 1 consid. 4.2.2 p. 5). Pour émettre ce pronostic, le juge doit se livrer à une appréciation d'ensemble, tenant compte des circonstances de l'infraction, des antécédents de l'auteur, de sa réputation et de sa situation personnelle au moment du jugement, notamment de l'état d'esprit qu'il manifeste. Il doit tenir compte de tous les éléments propres à éclairer l'ensemble du caractère de l'accusé et ses chances d'amendement. Il ne peut accorder un poids particulier à certains critères et en négliger d'autres qui sont pertinents (ATF 134 IV 1 consid. 4.2.1 p. 5). Le défaut de prise de conscience de la faute peut justifier un pronostic défavorable, car seul celui qui se repent de son acte mérite la confiance que l'on doit pouvoir accorder au condamné bénéficiant du sursis (arrêts 6B_281/2013 du 16 juillet 2013 consid. 5.1; 6S.489/2005 du 12 avril 2006 consid. 1.3). Toutefois, le seul refus de collaborer à l'instruction, respectivement le déni des infractions commises, ne permet pas de tirer des conclusions sur la prise de conscience du condamné et de motiver le refus du sursis. Le juge doit, au contraire, rechercher les raisons qui motivent ce refus puis les confronter à l'ensemble des éléments pertinents pour le pronostic (ATF 101 IV 257 consid. 2a p. 259; arrêts 6B_619/2012 du 18 décembre 2012 consid. 4.2; 6B_610/2008 du 2 décembre 2008 consid. 4.2.3). 2.3. L'autorité cantonale a considéré que, si le recourant remplissait les conditions objectives du sursis (peine privative de liberté de six mois), il en allait différemment des conditions subjectives, puisqu'il avait été condamné à de multiples reprises pour des infractions comparables et qu'il avait démontré, tout au long de la procédure, qu'il n'avait absolument pas pris conscience de la gravité de ses actes. Il avait notamment persisté à contester les faits qui lui étaient reprochés, niant l'évidence, allant jusqu'à laisser planer des soupçons sur la santé mentale de sa victime au moment des faits. Cela augurait mal des perspectives d'amendement, ce d'autant qu'il avait persisté dans la délinquance, alors même qu'il venait tout juste de faire appel d'un jugement le condamnant à trois ans de réclusion pour escroquerie par métier. Sur la base de ces éléments, la cour cantonale a posé un pronostic défavorable. 2.4. Le recourant reproche à la cour cantonale d'avoir omis de prendre en considération certains éléments dans l'établissement de son pronostic. Il ressort de la décision cantonale que la peine a été fixée en tenant compte notamment de l'âge et de la santé physique du recourant (cf. jugement entrepris, consid. 6.2.1 p. 22 et 23). Ce dernier n'expose toutefois pas en quoi ces circonstances influenceraient le pronostic. D'ailleurs, force est de constater que ce n'est ni son âge au moment des faits reprochés, ni son état de santé, qui ont empêché le recourant de commettre les retraits litigieux au préjudice d'une amie, de sorte que ces circonstances personnelles ne favorisent en rien ses perspectives d'amendement. S'agissant du fait que le prévenu n'a pas commis de nouvelles infractions depuis huit ans, il n'est d'aucune pertinence, dès lors qu'un tel comportement correspond à ce que l'on doit pouvoir attendre de tout un chacun (arrêts 6B_479/2011 du 24 novembre 2011 consid. 1.3.3; 6B_889/2010 du 24 mai 2011 consid. 4.2). Par ailleurs, en niant l'évidence et en s'en prenant à la santé mentale de sa victime, le recourant a adopté un comportement allant au-delà d'un simple refus de collaborer à l'instruction (notamment par crainte de la sanction). Ce dernier dénote d'un défaut de prise de conscience qu'il convient de prendre en compte dans l'établissement du pronostic. C'est à ce titre d'ailleurs que la cour cantonale a retenu un manque de scrupule ou de conscience de sa faute, et non en raison de ses seules dénégations, contrairement à ce que suggère le recourant. Enfin, il sied de relever que les faits reprochés ont été accomplis en avril 2006, soit peu après qu'une peine de trois ans de réclusion avait été prononcée par jugement du 3 octobre 2005 pour escroquerie par métier, décision donnant lieu à un jugement sur appel du 11 décembre 2006, selon lequel l'aggravante du métier a été abandonnée et la peine ramenée à quinze mois de réclusion (cf. dossier cantonal p. 267 ss). Quand bien même une telle récidive ne permet pas de présumer un pronostic défavorable en application de l'art. 42 al. 2 CP, faute pour le jugement de première instance d'être entré en force avant la commission des faits reprochés ( SCHNEIDER/GARRÉ in Basler Kommentar, Strafrecht I, 3 ème éd. 2013, n° 89 ad art. 42 CP), elle constitue un élément important en défaveur du recourant, en particulier compte tenu de la similitude des infractions dont il est question. 2.5. Au vu de l'ensemble de ces éléments, la cour cantonale n'a pas abusé de son pouvoir d'appréciation en considérant que le pronostic était défavorable et que seule l'exécution de la peine pouvait détourner le recourant de commettre de nouvelles infractions. Le grief du recourant doit être rejeté. Au surplus, on constate qu'au vu de la peine maximale de cinq ans de peine privative de liberté prévue par l'art. 138 ch. 1 CP (équivalente à une peine de cinq ans de réclusion ou de l'emprisonnement sous l'ancien droit, cf. ATF 134 IV 82 consid. 7.2.1 p. 89), la sanction prononcée en l'espèce ne paraît pas excessive au regard des éléments à charge et à décharge retenus par l'autorité cantonale. C'est enfin à juste titre que la peine a été fixée de manière indépendante et non complémentaire à celle prononcée le 3 octobre 2005 par le Tribunal du II ème arrondissement de Sion, réduite le 11 décembre 2006 par le Tribunal cantonal du Valais, dès lors que les infractions reprochées en l'espèce sont ultérieures au jugement de première instance (cf. art. 68 ch. 2 aCP; art. 49 al. 2 CP). 3. Au vu de ce qui précède, le recours doit être rejeté, ce qui rend sans objet la demande d'effet suspensif. Le recourant a requis le bénéfice de l'assistance judiciaire. Comme ses conclusions étaient dépourvues de chance de succès, celle-ci ne peut être accordée (art. 64 al. 1 LTF). Le recourant devra donc supporter les frais (art. 66 al. 1 LTF), dont le montant sera toutefois arrêté en tenant compte de sa situation financière.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce : 1. Le recours est rejeté. 2. La demande d'assistance judiciaire est rejetée. 3. Les frais judiciaires, arrêtés à 1'600 francs, sont mis à la charge du recourant. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et au Tribunal cantonal du canton du Valais, Cour pénale II. Lausanne, le 19 juin 2014 Au nom de la Cour de droit pénal du Tribunal fédéral suisse Le Président : Mathys La Greffière : Boëton
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Faits: A. X._, né en 1955, et dame X._, née en 1956, tous deux de nationalité suisse, se sont mariés le 18 mai 1978 à Onex (Genève); ils ont adopté le régime de la séparation de biens. Quatre enfants sont issus de cette union: A._, née le 30 septembre 1980, B._, née le 21 novembre 1982, C._, né le 6 août 1990, et D._, né le 22 novembre 1991. Le mari a une autre fille, E._, née hors mariage le 19 avril 1993. Les époux se sont séparés en mars 1997. B. Le mari a ouvert action en divorce le 21 juillet 1997. Par jugement du 5 avril 2005, le Tribunal civil de l'arrondissement de la Côte a, notamment, prononcé le divorce des époux (ch. I); attribué à la mère l'autorité parentale et la garde des deux enfants encore mineurs (ch. II); fixé le droit de visite du père (ch. III); condamné celui-ci à contribuer à leur entretien par le versement d'une pension, indexée, de 2'500 fr. par mois et par enfant, allocations familiales éventuelles en sus, jusqu'à l'âge de 25 ans, ou l'accession à l'indépendance financière si elle intervient avant, aux conditions de l'art. 277 al. 2 CC (ch. IV et VII), et à leur payer les frais d'écolage (ch. V). Il a octroyé à l'épouse le droit d'habiter gratuitement la maison de Y._ jusqu'au 22 novembre 2009, l'époux en assumant les charges du propriétaire (charges hypothécaires, assurances, impôts, réparations, etc.), et fixé la contribution, indexée, à l'entretien de l'épouse à 1'800 fr. par mois jusqu'au 31 août 2009, puis à 4'000 fr. jusqu'à l'âge de sa retraite (ch. VI, VII et VIII); il a en outre condamné le mari à verser à l'épouse le montant de 890'000 fr. à titre de réparation de sa lacune de prévoyance (ch. X). C. Par arrêt du 12 avril 2006, la Chambre des recours du Tribunal cantonal du canton de Vaud a partiellement admis le recours du mari. Sur le fond, l'autorité cantonale n'a modifié le jugement de première instance que sur la question relative à la lacune de prévoyance de l'épouse: en lieu et place d'un capital de 890'000 fr., elle lui a alloué 350'000 fr. et une rente mensuelle de 1'185 fr., non limitée dans le temps (ch. VIbis nouveau), et ordonné le transfert d'un montant de 80'000 fr. du compte de libre passage du mari sur un compte de prévoyance à désigner par l'épouse (ch. X). D. Statuant le 29 mars 2007 sur le recours de droit public et le recours en réforme du mari, le Tribunal fédéral a rejeté le premier dans la mesure où il était recevable (5P.209/2006); il a admis partiellement le second dans la mesure de sa recevabilité - le recours joint étant devenu sans objet -, annulé l'arrêt attaqué en tant qu'il a complété le jugement de première instance par un ch. VIbis (capital et rente de la défenderesse) et renvoyé la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants (5C.123/2006). E. Le mari demande la révision de ces deux arrêts; il conclut à ce qu'ils soient annulés et à ce que le Tribunal fédéral statue à nouveau sur les deux recours (de droit public et en réforme) et détermine les effets de cette annulation à l'égard du nouvel arrêt de la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois rendu entre-temps. L'opposante n'a pas été invitée à se déterminer.
Considérant en droit: 1. Les demandes de révision concernent deux arrêts connexes, rendus à l'encontre de la même décision cantonale et soulèvent des questions juridiques identiques; partant, il se justifie de joindre les causes et de statuer à leur sujet par un seul arrêt (art. 24 PCF, applicable en vertu du renvoi de l'art. 71 LTF). 2. 2.1 Aux termes de l'art. 123 al. 2 let. a LTF, la révision peut être demandée dans les affaires civiles si le requérant découvre après coup des faits pertinents ou des moyens de preuve concluants qu'il n'avait pas pu invoquer dans la procédure précédente, à l'exclusion des faits ou moyens de preuve postérieurs à l'arrêt. Cette disposition reprend en substance l'art. 137 let. b aOJ, de sorte que la jurisprudence antérieure conserve toute sa valeur (ATF 134 III 45 consid. 2.1 p. 47; 134 IV 48 consid. 1.2 p. 50, avec la jurisprudence citée dans ces arrêts). 2.2 Lorsque le Tribunal fédéral rejette ou déclare irrecevable le recours de droit public, ou déclare irrecevable le recours en réforme, son arrêt ne se substitue pas à la décision cantonale attaquée; celle-ci demeure en force et est sujette à révision cantonale pour les motifs qui affectent l'état de fait qu'elle constate. Les faits pertinents et moyens de preuve concluants qui existaient déjà au moment où, dans la procédure (cantonale) principale, des allégations de fait et offres de preuve étaient encore recevables, mais qui n'étaient pas connus du requérant malgré toute sa diligence et n'ont été découverts par lui que postérieurement à l'arrêt du Tribunal fédéral, peuvent donc faire l'objet d'une procédure de révision cantonale devant la dernière juridiction cantonale saisie de la cause au fond (ATF 134 III 45 consid. 2.2 et 2.3 p. 47/48, avec les références citées; pour le recours en réforme irrecevable: ATF 118 II 477 consid. 1 p. 478/479). En revanche, lorsque, statuant sur la base des faits constatés dans la décision cantonale, le Tribunal fédéral admet ou rejette le recours en réforme, son arrêt se substitue à la décision (cantonale) entreprise et constitue la seule décision en force (cf. art. 61 LTF) susceptible d'être révisée pour les motifs énumérés aux art. 121 et 123 LTF (ATF 118 II 477 consid. 1 p. 478). Seuls peuvent justifier une révision fondée sur l'art. 123 al. 2 let. a LTF les faits qui se sont produits jusqu'au moment où, dans la procédure principale, des allégations de fait étaient encore recevables, mais qui n'étaient pas connus du requérant malgré toute sa diligence et n'ont été découverts par lui que postérieurement à l'arrêt du Tribunal fédéral; ces faits doivent, de surcroît, être pertinents, à savoir de nature à modifier l'état de fait qui est à la base de l'arrêt attaqué et à aboutir à un jugement différent en fonction d'une appréciation juridique correcte (ATF 134 IV 48 consid. 1.2 p. 50; arrêts 4F_1/2007 du 13 mars 2007 consid. 7.1; 4F_3/2007 du 27 juin 2007 consid. 3.1 et les références citées dans ces arrêts). 3. 3.1 Le requérant allègue que le Tribunal d'arrondissement de la Côte lui a transmis trois déclarations d'impôts de son ex-épouse, dont il ressort que le revenu net de l'activité principale de celle-ci s'est élevé à 101'958 fr.67 en 2004, à 71'191 fr.02 en 2005 et à 83'957 fr. en 2006 (7'141 fr. par mois en moyenne). Il en déduit qu'elle gagnait beaucoup plus que 2'000 fr. depuis 2004, à savoir déjà avant le jugement de première instance du 5 avril 2005 qui avait retenu ce montant et avant les arrêts du Tribunal fédéral du 29 mars 2007; partant, elle n'a pas droit à une contribution d'entretien, ni à une indemnité en capital sous forme de rente pour sa lacune de prévoyance. 3.2 Les deux arrêts du Tribunal fédéral dont la révision est demandée sont des arrêts connexes rendus contre la même décision cantonale sur les effets accessoires du divorce. Le premier a rejeté le recours de droit public dans la mesure où il était recevable; examinant la question du montant de 2'000 fr. admis comme revenu de l'épouse par la cour cantonale, le Tribunal fédéral a déclaré les griefs du recourant irrecevables, l'un pour défaut d'épuisement des instances cantonales, l'autre pour défaut de motivation (consid. 7.2). Le second arrêt a partiellement accueilli le recours en réforme dans la mesure de sa recevabilité (le recours joint devenant sans objet). Le Tribunal fédéral n'est pas entré en matière sur les griefs se rapportant au revenu de l'épouse, qui ressortissaient en réalité au fait et, en conséquence, au recours de droit public (consid. 6); il a dès lors déclaré le recours irrecevable en ce qui concerne la contribution à l'entretien de l'épouse. Il a admis le recours et annulé l'arrêt cantonal s'agissant du capital et de la rente allouée à l'épouse au titre de lacune de prévoyance, car la cour cantonale avait calculé l'avoir de prévoyance que le mari aurait pu se constituer pendant le mariage sur la base de son salaire théorique (correspondant au train de vie de la famille), et non pas en considération de son épargne effective, voire en tenant compte de la volonté des époux de renoncer à constituer une telle prévoyance en raison de l'héritage du mari ainsi que des expectatives successorales de l'épouse, accord impliquant un engagement conventionnel d'entretenir cette dernière après sa retraite (consid. 8.2 et 8.3). Dans ces conditions, la demande de révision apparaît irrecevable tant à l'égard de l'arrêt sur le recours de droit public qu'à l'égard de l'arrêt sur le recours en réforme. La décision cantonale est demeurée en force en ce qui touche la contribution à l'entretien de l'épouse. La question de savoir si le requérant doit agir par la voie de la révision cantonale, parce que les faits et moyens de preuve n'auraient pas pu être invoqués dans la procédure précédente puisqu'ils n'étaient pas connus du requérant malgré toute sa diligence (supra, consid. 2.2), ou celle d'une nouvelle action, en l'espèce d'une action en modification du jugement de divorce (cf. art. 129 et 134 CC), parce que les faits se sont produits à un moment où de nouveaux faits ou preuves ne pouvaient plus être produits dans la procédure principale cantonale, n'a pas à être résolue ici. Quant au revenu réalisé par l'épouse en 2004, 2005 et 2006, il n'est pas pertinent pour le calcul de la compensation qui lui est due pour la lacune de prévoyance correspondant à la durée du mariage. 4. Vu le sort de la présente procédure, les frais judiciaires incombent au requérant (art. 66 al. 1 LTF). Il n'y a pas lieu d'accorder des dépens à l'opposante, qui n'a pas été invitée à répondre.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Les causes 5F_4/2008 et 5F_5/2008 sont jointes. 2. Les demandes de révision des arrêts 5C.123/2006 et 5P.209/2006 sont irrecevables. 3. Les frais judiciaires, arrêtés à 3'000 fr., sont mis à la charge du requérant. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Chambre des recours du Tribunal cantonal du canton de Vaud. Lausanne, le 15 septembre 2008 Au nom de la IIe Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse Le Président: Le Greffier: Raselli Braconi
55f9864b-bf11-44a8-a16f-562770d2c267
de
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Sachverhalt: A. Die Gemeindeversammlung von Golaten beschloss am 2. Juni 2010 eine Revision der Ortsplanung, bestehend aus Zonen- und Schutzzonenplan, Baureglement und Richtplan, und wies dabei im Zonenplan elf Gebiete der Intensivlandwirtschaftszone für Gewächshäuser zu. Eine solche Zone wurde namentlich auf der Südseite des Dorfes Golaten ausgeschieden. Die daran nördlich angrenzende und in der Dorfkernzone gelegene Parzelle Nr. 178 steht im Eigentum von A._, der gegen die Revision der Ortsplanung Einsprache erhob. B. Am 6. Dezember 2010 genehmigte das Amt für Gemeinden und Raumordnung des Kantons Bern die Ortsplanungsrevision der Gemeinde Golaten vom 2. Juni 2010 (mit Ausnahme einer Intensivlandwirtschaftszone im Richtplan) und wies die Einsprache von A._ ab. Dieser erhob dagegen eine Beschwerde, welche die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion (JGK) des Kantons Bern am 15. September 2011 abwies, soweit sie darauf eintrat. Diesen Entscheid focht A._ mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern an, das diese mit Urteil vom 14. Januar 2013 bezüglich des Grenzabstands zwischen dem Baugebiet und der Landwirtschaftszone teilweise guthiess und im Übrigen, d.h. namentlich bezüglich der Ausscheidung von Intensivlandwirtschaftszonen, abwies, soweit es darauf eintrat. C. A._ (Beschwerdeführer) erhebt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2013 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem sinngemässen Antrag, das angefochtene Urteil im Punkt "Ausscheidung von Intensivlandwirtschaftszonen" aufzuheben und zu neuem Entscheid an die Gemeinde Golaten zurückzuweisen. Die Gemeinde Golaten und das Verwaltungsgericht ersuchen um Abweisung der Beschwerde. Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdeführer und die Gemeinde Golaten halten in weiteren Eingaben an ihren Anträgen fest. Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde am 15. April 2013 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. D. Am 4. Dezember 2014 wurde die Sache in öffentlicher Sitzung beraten.
Erwägungen: 1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über eine Nutzungsplanung. Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel steht auch auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund (BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251). Der Beschwerdeführer, der am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat, ist gemäss der nachstehenden Erwägung zur Beschwerde legitimiert. Da auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. 2.1. Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung besitzt (lit. c). Verlangt ist somit neben der formellen Beschwer, dass der Beschwerdeführer über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügt und einen praktischen Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zieht. Die Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei Bauprojekten insbesondere in räumlicher Hinsicht gegeben sein (BGE 137 II 30 E. 2.2.2 S. 34). Liegt diese besondere Beziehungsnähe vor, braucht das Anfechtungsinteresse nicht mit dem Interesse übereinzustimmen, das durch die vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Normen geschützt wird (Urteil 1C_236/2010 vom 16. Juli 2010 E. 1.4 mit Hinweisen). Er kann daher die Überprüfung eines Bauvorhabens im Lichte all jener Rechtssätze verlangen, die sich rechtlich oder tatsächlich in dem Sinne auf seine Stellung auswirken, dass ihm im Falle des Obsiegens ein praktischer Nutzen entsteht. Nicht zulässig ist hingegen das Vorbringen von Beschwerdegründen, mit denen einzig ein allgemeines öffentliches Interesse an der richtigen Anwendung des Rechts verfolgt wird, ohne dass dem Beschwerdeführer im Falle des Obsiegens ein Vorteil entsteht (BGE 137 II 30 E. 2.2.3 S. 34; 139 II 499 E. 2.2 S. 504; je mit Hinweisen). Entsprechend diesen Grundsätzen können bei der Planung von Hochspannungsleitungen die in räumlicher Hinsicht betroffenen Personen nicht nur Mängel des Projekts in ihrer unmittelbaren Umgebung geltend machen, sondern innerhalb des Planungsperimeters die Notwendigkeit des Neubaus und die Linienführung in Frage stellen, soweit der gerügte Mangel zu einer Aufhebung oder Änderung der Linienführung im Nahbereich dieser Personen führen und ihnen damit einen konkreten Vorteil verschaffen könnte (BGE 139 II 499 E. 2.3 S. 505 mit Hinweisen). 2.2. Gemäss Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG gewährleistet das kantonale Recht gegen Verfügungen betreffend die Raumplanung die Legitimation mindestens im gleichen Umfang wie für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Zudem sieht Art. 111 Abs. 1 und 3 BGG die Einheit des Verfahrens vor. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die kantonalen Behörden die Rechtsmittelbefugnis nicht enger fassen dürfen, als dies für die Beschwerde an das Bundesgericht vorgesehen ist (Urteil 1C_82/2007 vom 19. November 2007 E. 3.1). 2.3. Die Vorinstanz führte bezüglich der Legitimation des Beschwerdeführers unter Berufung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung aus, ein Nachbar sei nur in dem Umfang zur Anfechtung von Planfestsetzungen legitimiert, als diese sich wegen der räumlichen Nähe auf seine Parzelle nachteilig auswirken könnten. Der Beschwerdeführer sei von der Zuordnung des südlich an seine Parzelle angrenzenden Gebiets zur Intensivlandwirtschaftszone beschwert und insoweit zur Beschwerde befugt. Seine Vorbringen zu den übrigen Intensivlandwirtschaftszonen hingegen würden allgemeine öffentliche Interessen betreffen. Diese Zonen würden das Grundstück des Beschwerdeführers angesichts des Abstands dazu nicht beeinträchtigen. Der Beschwerdeführer sei daher nur bezüglich der an seine Parzelle angrenzenden Intensivlandwirtschaftszone beschwerdebefugt. Soweit er die Festlegung der weiteren Intensivlandwirtschaftszonen auf dem Gemeindegebiet beanstande, sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. Im Ergebnis zutreffend habe somit auch die JGK ihre Prüfung auf diese angrenzende Zone beschränkt. 2.4. Der Beschwerdeführer rügt, diese Beschränkung seiner Legitimation widerspreche Art. 89 Abs. 1 BGG, weil sie die Überprüfung des raumplanerischen Konzepts sowie der raumplanerischen Interessenabwägung verunmögliche. Die Vorinstanz habe nicht beachtet, dass die Rüge der Missachtung des Konzentrationsprinzips eine Überprüfung der Anordnung und Dimensionierung aller Intensivlandwirtschaftszonen auf dem Gemeindegebiet erfordere, um die umfassende raumplanerische Interessenabwägung zu ermöglichen. Diese Überprüfung könne zu einer Redimensionierung der Intensivlandwirtschaftszone vor seiner Liegenschaft führen und verschaffe ihm damit einen praktischen Nutzen. 2.5. Mit der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 20. März 1998 hat der Gesetzgeber in Art. 16a Abs. 3 RPG die Ausscheidung von Intensivlandwirtschaftszonen erlaubt, in denen bodenunabhängige Bewirtschaftungsformen in der Landwirtschaftszone als zonenkonform gelten (Urteil 1C_561/2012 vom 4. Oktober 2013 E. 2.4.3 und 2.4.4). Intensivlandwirtschaftszonen zählen somit nach der bundesrechtlichen Systematik zu den Nichtbauzonen. Faktisch handelt es sich bei ihnen jedoch um "landwirtschaftliche Bauzonen", da sie im Ergebnis bauliche Tätigkeit relativ weitgehend zulassen (Urteil 1C_157/2009 vom 26. November 2009 E. 3.2.4 mit Hinweisen, in: ZBl 2011 S. 220). Dies rechtfertigt gemäss der zutreffenden Meinung der Vorinstanz, das bezüglich Bauzonen geltende Konzentrationsprinzip sinngemäss auch auf Intensivlandwirtschaftszonen anzuwenden. Entsprechend wird in den vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) herausgegebenen Erläuterungen zum neuen Raumplanungsrecht ausgeführt, ein Wildwuchs einzelner Bauten und Anlagen für die bodenunabhängige Produktion in zufälliger Verteilung über den gesamten Landschaftsraum sei zu verhindern; anzustreben sei eine Zusammenfassung der Bedürfnisse an einem Standort pro Planungsgebiet (ARE, Neues Raumplanungsrecht, Teil II, Ausscheidung von Zonen nach Artikel 16a Absatz 3 RPG in Verbindung mit Artikel 38 RPV, Bern 2000/01, S. 3). 2.6. Der Beschwerdeführer wird durch die Zuweisung des südlich an seine Liegenschaft angrenzenden Gebiets zur Intensivlandwirtschaftszone in räumlicher Hinsicht belastet. Er ist daher befugt, die Verletzung des Konzentrationsprinzips hinsichtlich der Anordnung der auf dem Gemeindegebiet vorgesehenen Intensivlandwirtschaftszonen zu rügen, weil eine Zusammenfassung dieser über weite Teile des Gebiets verstreuten Zonen an einem oder wenigen Standorten dazu führen könnte, dass auf die an seine Parzelle angrenzende Intensivlandwirtschaftszone verzichtet oder diese verkleinert wird. Bei der Anwendung des Konzentrationsprinzips sind übergeordnete raumplanerische Aspekte zu beachten und widerstreitende Interessen bezüglich der Standortauswahl in ihrer Gesamtheit gegeneinander abzuwägen (vgl. BGE 132 II 209 E. 2.2.3 S. 216; ARE, a.a.O., S. 6). Demnach ist insoweit eine Gesamtbeurteilung der kommunalen Nutzungsplanung erforderlich, bei der alle im Planungsgebiet festgesetzten Intensivlandwirtschaftszonen in die Betrachtung einzubeziehen sind. Der Beschwerdeführer ist daher legitimiert, bezüglich des als verletzt gerügten Konzentrationsprinzips eine Gesamtbeurteilung der Intensivlandwirtschaftszonen auf dem Gemeindegebiet zu verlangen. Dies hat die Vorinstanz nicht beachtet. Sie prüfte zwar, ob die Intensivlandwirtschaftszone südlich des Dorfes mit dem Konzentrationsprinzip vereinbar ist, fokussierte sich dabei jedoch auf diese Zone und die westlich des Dorfes Golaten und beidseits des Weilers Lachen vorgesehenen Intensivlandwirtschaftszonen. Mit dieser eingeschränkten Prüfung beging die Vorinstanz eine formelle Rechtsverweigerung. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese umfassend prüft, ob die Beachtung des Konzentrationsprinzips bezüglich der Anordnung aller Intensivlandwirtschaftszonen in der Gemeinde einen Verzicht auf die südlich des Dorfes Golaten vorgesehene Intensivlandwirtschaftszone oder deren Verkleinerung erfordert. Sollte die Vorinstanz diese Frage beim neuen Entscheid bejahen, müsste die Gemeinde die Intensivlandwirtschaftszonen unter Berücksichtigung des Konzentrationsprinzips neu planen und auflegen. 3. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung (im Sinne der obigen Erwägungen) an die Vorinstanz zurückzuweisen. Da der künftige vorinstanzliche Entscheid in der Sache noch offen ist, erübrigt es sich, auf die vom Beschwerdeführer erhobenen materiellen Rügen einzugehen. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (vgl. Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (vgl. Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. Urteil 1C_555/2013 vom 28. März 2014 E. 9).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 14. Januar 2013 wird aufgehoben und die Sache wird zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Der Kanton Bern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Justiz-, Gemeinde und Kirchendirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 4. Dezember 2014 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Der Gerichtsschreiber: Gelzer
560ba645-c3d4-4683-bc7d-d7d2a34311bd
fr
2,015
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Faits : A. Ressortissants français, les époux X._, qui habitaient auparavant à Paris, résident à Genève depuis le mois de mars 2010 où ils ont d'abord été imposés à la dépense, puis sur une base ordinaire à compter de la période fiscale 2013. Le 26 juillet 2013, les autorités françaises ont adressé à l'Administration fédérale des contributions (ci-après: l'Administration fédérale ou l'AFC) une demande d'assistance administrative portant sur la situation fiscale en Suisse des époux X._ pendant les périodes fiscales 2010, 2011 et 2012. L'Administration fédérale est entrée en matière et a transmis une partie des informations demandées. B. B.a. Le 18 décembre 2013, les autorités françaises ont déposé une seconde demande portant sur les années 2010 à 2013. Elles ont mentionné que les époux X._ faisaient l'objet d'un contrôle fiscal et que, selon les indications des services fiscaux, des éléments permettaient de considérer qu'ils étaient domiciliés en France, où se trouvait leur foyer, qu'ils y séjournaient principalement et y exerçaient leurs activités professionnelles. En outre, il avait été découvert que les époux X._ détenaient des comptes bancaires ouverts en Suisse auprès de la banque Y._ (ci-après: la Banque) sous le numéro IBAN CH** **** **** **** **** * et le numéro de portefeuille ******. Au regard de la législation française, les résidents fiscaux avaient notamment l'obligation de déclarer les comptes bancaires ouverts à l'étranger et les revenus de source française et étrangère. Malgré les demandes de l'administration française, les époux X._ n'avaient pas déclaré ces comptes ni les avoirs qui y figuraient et les revenus en découlant. Les autorités françaises ont ainsi demandé des renseignements concernant les deux comptes, soit les relevés de fortune aux 1 er janvier 2010, 2011, 2012 et 2013, les relevés de compte indiquant la nature et le montant des revenus (intérêts, dividendes, gains en capital) et la liste des transactions (transferts, dépôts, retraits) pour la période du 1 er janvier 2010 au 31 décembre 2011, une copie du formulaire A, ainsi que les références et les mêmes informations au sujet de tous autres comptes bancaires au sein de la Banque dont les intéressés seraient titulaires, ayants droit économiques ou pour lesquels ils disposeraient d'une procuration. A la suite d'une requête de l'Administration fédérale du 14 janvier 2014, la Banque a transmis les informations demandées en date du 28 janvier 2014 et, le 30 janvier 2014, les représentants des époux X._ ont fait part de leurs pouvoirs à l'AFC. Divers échanges de courriels ontensuite eu lieu entre l'AFC et les autorités françaises concernant les motifs pour lesquels la France refusait de tenir compte du domicile fiscal suisse des époux X._. Après avoir donné l'occasion à ces derniers de se prononcer sur le dossier et sur les renseignements qu'elle comptait transmettre aux autorités françaises, l'AFC a décidé, le 19 mai 2014, d'accorder aux autorités compétentes françaises l'assistance administrative les concernant et de transmettre aux autorités compétentes françaises les informations et la documentation reçues du détenteur d'informations. Concrètement, les documents communiqués par la B anque se rapportaient à trois comptes dont les époux X._ étaient directement titulaires et dont ils étaient également ayants droit économiques. Ils éta ient constitués des formulaires A, des relevés de fortune aux 1 er janvier 2010, 2011 et 2012, ainsi que des relevés faisant apparaître les mouvements sur ces comptes pour la période du 1 er janvier 2010 au 31 décembre 2011, les informations relatives aux tiers non visés par la demande ayant été caviardées B.b. Statuant le 8 décembre 2014 sur recours des époux X._, le Tribunal administratif fédéral a admis celui-ci et annulé la décision du 19 mai 2014 (A-3294/2014). En substance, il a considéré que les renseignements demandés par les autorités françaises ne remplissaient pas l'exigence de la pertinence vraisemblable, dès lors que la France n'avait donné que quelques indications sommaires sur les motifs pour lesquels elle estimait que les recourants étaient domiciliés sur son sol. La demande d'assistance devait donc être entièrement rejetée pour cette raison. Les juges précédents ont en outre retenu que l'assistance n'aurait de toute manière pas été accordée en relation avec des comptes détenus de manière indirecte, de sorte quela décision attaquée aurait égalementdû être annulée sur ce point, même s'il n'en serait résulté aucun effet concret pour les contribuables, les époux X._ étant les titulaires directs des comptes concernés. Enfin, l'arrêt attaqué a indiqué que les documents bancaires que l'AFC envisageait de transmettre à la France n'auraient pas pu être obtenus en vertu du droit suisse, ce qui aurait également exclu leur transmission à la France en cas d'admission, sur le principe, de la demande d'assistance française. C. A l'encontre de l'arrêt du Tribunal administratif fédéral du 8 décembre 2014, l'Administration fédérale des contributions interjette un recours en matière de droit public au Tribunal fédéral en concluant à l'admission du recours et à l'annulation de l'arrêt attaqué, subsidiairement au renvoi de la cause au Tribunal administratif fédéral pour nouvel arrêt dans le sens des considérants. Dans leur réponse, les époux X._ ont conclu à la confirmation de l'arrêt entrepris. La IIe Cour de droit public a délibéré sur le présent recours en séance publique le 24 septembre 2015.
Considérant en droit : 1. 1.1. L'arrêt attaqué est une décision finale (art. 90 LTF), rendue dans une cause de droit public (art. 82 let. a LTF) émanant du Tribunal administratif fédéral (art. 86 al. 1 let. a LTF). Seul un recours en matière de droit public est donc envisageable (cf. art. 113 LTF a contrario). 1.2. Selon l'art. 83 let. h LTF, un tel recours est irrecevable contre les décisions en matière d'entraide administrative internationale, à l'exception de l'assistance administrative en matière fiscale. Il découle de l'art. 84a LTF que, dans ce dernier domaine, le recours n'est recevable que lorsqu'une question juridique de principe se pose ou lorsqu'il s'agit pour d'autres motifs d'un cas particulièrement important au sens de l'art. 84 al. 2 LTF. Il appartient au recourant de démontrer de manière suffisante en quoi ces conditions sont réunies (art. 42 al. 2 LTF; ATF 139 II 404 consid. 1.3 p. 410; 340 consid. 4 p. 342), à moins que tel soit manifestement le cas (arrêt 2C_511/2013 du 27 août 2013 consid. 1.3 non publié in ATF 139 II 451 mais in Pra 2014/12 p. 83). La présence d'une question juridique de principe suppose que la décision en cause soit importante pour la pratique; cette condition est en particulier réalisée lorsque les instances inférieures doivent traiter de nombreuses causes analogues ou lorsqu'il est nécessaire de trancher une question juridique qui se pose pour la première fois et qui donne lieu à une incertitude caractérisée, laquelle appelle de manière pressante un éclaircissement de la part du Tribunal fédéral. Des questions juridiques de principe peuvent se poser également à la suite de l'adoption de nouvelles normes matérielles ou de procédure (ATF 139 II 404 consid. 1.3 p. 410; arrêt 2C_511/2013 précité consid. 1.3). Il faut en tous les cas qu'il s'agisse d'une question juridique d'une portée certaine pour la pratique (cf. arrêt 2C_54/2014 du 2 juin 2014 consid. 1.1, in StE 2014 A 31.4. Nr. 20). L'Administration fédérale recourante expose que l'arrêt attaqué soulève deux questions juridiques de principe. La première porte sur l'étendue des obligations de vérification l'Etat requis s'agissant de la pertinence vraisemblable de la demande, notamment en lien avec la résidence à l'étranger des contribuables concernés. Comme le relève la recourante, il n'est pas rare que des procédures d'assistance administrative portent sur des aspects susceptibles de conduire à un conflit de résidence. Il est donc important pour l'Administration fédérale de savoir quelles informations doit lui fournir l'Etat requérant et dans quelle mesure elle doit procéder à des contrôles afin de s'assurer que les documents requis sont vraisemblablement pertinents. Cette problématique est indéniablement importante et n'a pas encore été tranchée par le Tribunal fédéral. Elle remplit donc les exigences de l'art. 84a LTF, ce qui suffit à admettre la recevabilité du recours (cf. consid. 1.3 in fine non publié de l'ATF 139 II 451). Il en va au demeurant de même de la seconde question soulevée par la recourante, qui porte sur le point de savoir dans quelle mesure le droit interne (en l'occurrence les art. 127 de la loi fédérale du 14 décembre 1990 sur l'impôt fédéral direct [LIFD; RS 642.11] et 4 al. 3 de la loi fédérale du 28 septembre 2012 sur l'assistance administrative internationale en matière fiscale [LAAF; RS 651.1]) peut s'opposer à la transmission de documents bancaires dans le cadre de l'assistance administrative internationale. 1.3. Le présent recours a été interjeté par l'Administration fédérale des contributions, qui est l'autorité compétente pour l'exécution de l'assistance administrative internationale en matière fiscale (cf. art. 2 LAAF). Il s'agit d'une unité administrative du Département fédéral des finances qui est habilitée à recourir devant le Tribunal fédéral dans ses domaines de compétences en vertu des art. 4 al. 1 et 12 s. de l'ordonnance du 17 février 2010 sur l'organisation du Département fédéral des finances (RS 172.215.1). Par conséquent, cette autorité remplit, s'agissant des questions visées à l'art. 84a LTF, les conditions de l'art. 89 al. 2 let. a LTF (cf. ATF 140 II 539 consid. 4.2), de sorte que la qualité pour recourir doit lui être reconnue. Déposé au surplus en temps utile (art. 100 al. 2 let. b LTF) et en la forme prévue (art. 42 LTF), le recours est ainsi recevable. Le présent litige porte sur une demande d'assistance administrative déposée le 18 décembre 2013 par les autorités fiscales françaises et qui concerne les années 2010 à 2013. Il est donc régi par la Convention du 9 septembre 1966 entre la Suisse et la France en vue d'éliminer les doubles impositions en matière d'impôts sur le revenu et sur la fortune et de prévenir la fraude et l'évasion fiscale en vigueur depuis le 26 juillet 1967 (RS 0.672.934.91; ci-après, la convention franco-suisse ou CDI-F), complétée par son Protocole additionnel, dans leur version modifiée par l'Avenant conclu le 27 août 2009 et entré en vigueur le 4 novembre 2010 (cf. art. 11 par. 3 de l'Avenant; RO 2010 5683 ss). Sur le plan procédural, la LAAF, entrée en vigueur le 1er février 2013, est également applicable (cf. art. 24 LAAF; ATF 139 II 404 consid. 1.1 p. 408). 2. La première question litigieuse concerne l'exigence de la pertinence vraisemblable de la demande. La recourante reproche au Tribunal administratif fédéral d'avoir violé l'art. 28 par. 1 CDI-F en considérant que les documents et indications fournis par les autorités françaises n'étaient pas suffisants sous l'angle de la pertinence vraisemblable. 2.1. Selon l'art. 28 par. 1 1ère phrase CDI-F, les autorités compétentes des Etats contractants échangent les renseignements vraisemblablement pertinents pour appliquer les dispositions de la présente Convention ou pour l'administration ou l'application de la législation interne relative aux impôts de toute nature ou dénomination perçus pour le compte des Etats contractants, de leurs subdivisions politiques ou de leurs collectivités locales dans la mesure où l'imposition qu'elle prévoit n'est pas contraire à la Convention. Cette disposition correspond au standard OCDE en matière d'échange de renseignements tel qu'il est libellé à l'art. 26 par. 1 du Modèle de Convention fiscale OCDE concernant le revenu et la fortune (ci-après MC OCDE). L'exigence de la pertinence vraisemblable des renseignements requis peut donc être interprétée à la lumière de ce Modèle et de son Commentaire (ATF 102 Ib 264 consid. 3c p. 269; arrêt 2C_750/2013 du 9 octobre 2014 consid. 2.2.4, in StE 2015 A 42 Nr. 4, traduit in RDAF 2015 II 136). L'exigence de la pertinence vraisemblable des renseignements requis figure également à l'art. 17 al. 2 LAAF. 2.1.1. Selon le Commentaire MC OCDE, la notion de pertinence vraisemblable "a pour but d'assurer un échange de renseignements en matière fiscale qui soit le plus large possible tout en indiquant clairement qu'il n'est pas loisible aux Etats contractants d'aller à la pêche aux renseignements ou de demander des renseignements dont il est peu probable qu'ils soient pertinents pour élucider les affaires d'un contribuable déterminé" (Commentaire MC OCDE, version au 17 juillet 2012, par. 5 ad art. 26; cf. également MADELEINE SIMONEK, Fishing expeditions in Steuersachen, in Festschrift für Andreas Donatsch, 2014, p. 901 s.; XAVIER OBERSON, in Modèle de Convention fiscale OCDE concernant le revenu et la fortune, Commentaire, 2014, n° 35 ad art. 26 MC OCDE; DANIEL HOLENSTEIN, in Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Internationales Steuerrecht, n° 93 ad art. 26 OECD MA). Le par. 2 ch. XI du Protocole additionnel à la CDI-F reprend presque mot pour mot ce passage du Commentaire MC OCDE. Il prévoit en effet que "la référence aux renseignements "vraisemblablement pertinents" a pour but d'assurer un échange de renseignements en matière fiscale qui soit le plus large possible, sans qu'il soit pour autant loisible aux Etats contractants "d'aller à la pêche aux renseignements" ou de demander des renseignements dont il est peu probable qu'ils soient pertinents pour élucider les affaires fiscales d'un contribuable déterminé". La condition de la pertinence vraisemblable est réputée réalisée si, au moment où la demande est formulée, il existe une possibilité raisonnable que les renseignements demandés se révéleront pertinents. En revanche, peu importe qu'une fois fournis, il s'avère que l'information demandée soit finalement non perti nente. Il n'incombe pas à l'Etat requis de refuser une demande ou de transmettre les informations parce que cet Etat serait d'avis qu'elles manqueraient de pertinence pour l'enquête ou le contrôle sous-jacents (Commentaire MCOCDE,par. 5 ad art. 26). Il en découle que l'appréciation de la pertinence vraisemblable des informations demandées est en premier lieu du ressort de l'Etat requérant (cf. ATF 139 II 404 consid. 7.2.2 p. 424; CHARLOTTE SCHODER, Praxiskommentar zum Bundesgesetz über die internationale Amtshilfe in Steuersachen [Steueramtshilfegesetz, StAhiG], 2014, n° 227 ad art. 17 StAhiG). Le rôle de l'Etat requis est assez restreint (AURÉLIA RAPPO/AURÉLIE TILLE, Les conditions d'assistance administrative internationale en matière fiscale selon la LAAF, in RDAF 2013 II 1, p. 16), puisqu'il se limite à un contrôle de la plausibilité (HOLENSTEIN, in op. cit., n° 94 ad art. 26 OECD MA). L'Etat requis se borne ainsi à examiner si les documents demandés ont un rapport avec l'état de fait présenté dans la demande et s'ils sont potentiellement propres à être utilisés dans la procédure étrangère (ATF 139 II 404 consid. 7.2.2 p. 424; SCHODER, op. cit., n° 227 ad art. 17 StAhiG). Selon la doctrine, l'Etat requis ne peut refuser de transmettre les informations que s'il apparaît avec certitude que celles-ci ne sont pas pertinentes pour l'Etat requérant (HOLENSTEIN, in op. cit., n° 146 ad art. 26 OECD MA; SCHODER, op. cit., n° 227 ad art. 17 StAhiG). L'exigence de la pertinence vraisemblable ne représente donc pas un obstacle très important à la demande d'assistance administrative (ANDREAS DONATSCH/STEFAN HEIMGARTNER/FRANK MEYER/MADELEINE SIMONEK, Internationale Rechtshilfe, unter Einbezug der Amtshilfe im Steuerrecht, 2e éd. 2015, p. 233). Le Tribunal fédéral a par ailleurs récemment rappelé que ce serait méconnaître le sens et le but de l'assistance administrative que d'exiger de l'Etat requérant qu'il présente une demande dépourvue de lacune et de contradiction, car la demande d'assistance implique par nature certains aspects obscurs que les informations demandées à l'Etat requis doivent éclaircir (cf. ATF 139 II 404 consid. 7.2.2 p. 424). 2.1.2. Cette répartition des rôles est similaire à celle qui prévaut dans la jurisprudence du Tribunal fédéral développée en matière d'entraide judiciaire internationale pénale ou d'entraide administrative dans le domaine boursier. Selon celle-ci, l'autorité requise n'a pas à déterminer si l'état de fait décrit dans la requête correspond absolument à la réalité, mais doit examiner si les documents requis se rapportent bien aux faits qui figurent dans la requête et ne peut refuser de transmettre que les documents dont il apparaît avec certitude qu'ils ne sont pas déterminants, de sorte que la demande apparaît comme le prétexte à une recherche indéterminée de moyens de preuve (A TF 136 IV 82 consid. 4.1 p. 85; ATF 129 II 484 consid. 4.1 p. 494; 122 II 367 consid. 2c p. 371). La Cour de céans a du reste confirmé que cette approche était aussi valable dans le contexte de l'assistance administrative en matière fiscale (cf. ATF 139 II 404 consid. 7.2.2 p. 424). 2.1.3. Lorsqu'une convention internationale est en jeu, il faut également veiller au respect des principes contenus dans la Convention de Vienne du 23 mai 1969 sur le droit des traités (RS 0.111; ci-après la Convention ou CV). Celle-ci a en effet vocation à s'appliquer pour interpréter et exécuter notamment les conventions de double imposition (cf. ATF 139 II 404 consid. 7.2.1 p. 422; arrêts 2C_498/2013 du 29 avril 2014 consid. 5.1, in StE 2014 A 32 Nr. 22, résumé in RDAF 2015 II 74; 2C_436/2011 du 13 décembre 2011 consid. 3.2, in RF 67/2012, p. 172), même en l'absence de mention expresse dans les textes conventionnels (arrêts 2A.416/2005 du 4 avril 2006 consid. 3.1; cf. également PETER LOCHER, Einführung in das internationale Steuerrecht der Schweiz, 3e éd. 2005, p. 167 SS). Comme tout traité, les conventions de double imposition doivent être interprétées de bonne foi, suivant le sens ordinaire à attribuer aux termes utilisés dans leur contexte et à la lumière de leur objet et de leur but (cf. art. 31 al. 1 CV; ATF 139 II 404 consid. 7.2.1 p. 422 s.; 131 III 227 consid. 3.1 p. 229). Le principe de la bonne foi est par ailleurs lié à la règle de l'effet utile, même si cette dernière n'apparaît pas expressément à l'art. 31 CV. L'interprète doit donc choisir, entre plusieurs significations possibles, celle qui permet l'application effective de la clause dont on recherche le sens, en évitant d'aboutir à une signification en contradiction avec la lettre ou l'esprit du traité (ATF 141 III 495 consid. 3.5.1; arrêt 4A_736/20 11 du 11 avril 2012 consid. 3.3.4). Un Etat contractant doit partant proscrire tout comportement ou toute interprétation qui aboutirait à éluder ses engagements internationaux ou à détourner le traité de son sens et de son but (cf. arrêt 2C_498/2013 précité consid. 5.1; RENÉ MATTEOTTI/NICOLE ELISCHA KRENGER, in Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Internationales Steuerrecht, n° 109 et 129 ss ad Einleitung et les références citées). Ce principe implique également qu'un Etat est toujours présumé agir de bonne foi (JEAN-MARC SOREL, in Les Conventions de Vienne sur le droit des traités, Commentaire article par article, 2006, n° 57 ad art. 31 CV; cf. ATF 107 Ib 264 consid. 4b p. 272). Dans le contexte de l'assistance administrative en matière fiscale, il signifie que l'Etat requis ne saurait en principe mettre en doute les allégations de l'Etat requérant (RAPPO/TILLE, in op. cit., p. 16). Ainsi, s'il ne fait pas obstacle au droit de l'Etat requis de vérifier que les renseignements demandés sont bien vraisemblablement pertinents pour servir le but fiscal recherché par l'Etat requérant, il lui impose néanmoins de se fier en principe aux indications que lui fournit celui-ci. 2.1.4. Il découle de ces principes que c'est avant tout le contenu de la demande formée par l'Etat requérant qui va permettre à l'Etat requis d'évaluer la condition de la pertinence vraisemblable (cf. SCHODER, op. cit., n° 63 ad art. 6 StAhiG). Le législateur suisse a énuméré, à l'art. 6 al. 2 LAAF, une liste d'informations que doit comporter la demande. Celle-ci n'est toutefois que subsidiaire. En l'occurrence, la CDI-F comprend des indications sur le contenu de la demande qui l'emportent donc sur la liste subsidiaire de l'art. 6 al. 2 LAAF. Celles-ci sont énumérées au par. 3 ch. XI du Protocole additionnel et exigent que l'Etat requérant fournisse des informations relatives au nom, à l'adresse et à l'identification de la personne faisant l'objet d'un contrôle (let. a) et à la période fiscale visée par la demande (let. b). Il doit aussi fournir une description des renseignements recherchés, notamment leur nature et la forme sous laquelle il souhaite les recevoir (let. c), le but fiscal poursuivi (let. d) et, dans la mesure où ils sont connus, les nom et adresse de toute personne dont il y a lieu de penser qu'elle est en possession des renseignements demandés (let. e). La liste figurant dans la CDI-F (comme du reste celle figurant à l'art. 6 al. 2 LAAF) est conçue de telle manière que si l'Etat requérant s'y conforme scrupuleusement, il est en principe censé fournir des informations qui devraient suffire à démontrer la pertinence vraisemblable de sa demande, compte tenu des exigences précitées (cf. supra consid. 2.1.1). Si, néanmoins, les informations fournies ne remplissent pas les conditions requises, la LAAF contient des règles procédurales permettant à l'AFC d'interpeller l'autorité requérante et de lui donner la possibilité de compléter sa demande par écrit (cf. art. 6 al. 3 LAAF). L'art. 7 LAAF prévoit en outre, que dans certaines situations, l'AFC peut refuser d'entrer en matière, s'il lui apparaît que la demande est déposée à des fins de recherches de preuves (let. a), porte sur des renseignements qui ne sont pas prévus par les dispositions régissant l'assistance administrative de la convention applicable (let. b) ou si elle viole le principe de la bonne foi, notamment lorsqu'elle se fonde sur des renseignements obtenus par des actes punissables au regard du droit suisse (let. c). Excepté le cas où la prise en compte d'un fait notoire fait apparaître d'emblée que les indications fournies sont manifestement erronées (cf. arrêt 2C_252/2015 du 4 avril 2015 consid. 5.1) ou que l'Etat requis soupçonne l'existence d'une situation visée à l'art. 7 LAAF, les règles de procédure prévues dans la LAAF n'imposent pas à l'Etat requis de procéder lui-même à des vérifications ni à remettre en cause le bien-fondé des informations fournies par l'Etat requérant (SCHODER, op. cit., n° 62 ad art. 6 StAhiG). La LAAF prévoit ainsi une procédure qui respecte parfaitement la répartition des rôles entre Etat requérant et Etat requis telle qu'elle est mise en place au sein de l'OCDE (cf. supra consid. 2.1.1). 2.2. Il ressort en outre de l'art. 28 par. 1 in fine CDI-F (correspondant à l'art. 26 par. 1 in fine MC OCDE) que l'Etat requis n'est tenu de transmettre des renseignements que dans la mesure où l'imposition que la législation interne de l'Etat requérant prévoit n'est pas contraire à la Convention. 2.2.1. Selon HOLENSTEIN (in op. cit., n° 235 à 237 ad art. 26 OECD MA), l'on peut se trouver dans une telle situation lorsque tant l'Etat requérant que l'Etat requis considèrent que la personne au sujet de laquelle des renseignements sont demandés fait partie de ses contribuables assujettis de manière illimitée à l'impôt. Se référant à l'art. 4 par. 2 MC OCDE, il rappelle qu'une personne physique ne peut être résidente fiscale que d'un seul Etat contractant et que la détermination de la résidence fiscale s'effectue selon des critères applicables successivement (cf. sur ce point NATASSIA MARTINEZ, in Modèle de Convention fiscale OCDE concernant le revenu et la fortune, Commentaire, n° 57 s. ad art. 4 MC OCDE; MARTIN ZWEIFEL/SILVIA HUNZIKER, in Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Internationales Steuerrecht, 2015, n° 26 ad art. 4 OECD MA). Il en déduit que si la Suisse reçoit une demande de renseignements portant sur un de ses contribuables assujettis à l'impôt de manière illimitée provenant d'un Etat qui considère aussi ce contribuable comme y étant assujetti à l'impôt de manière illimitée, l'Administration fédérale doit alors trancher au préalable ce conflit de résidences en recourant aux critères successifs prévus dans la Convention applicable et ne transmettre les renseignements demandés que s'il en résulte que la personne physique est effectivement un résident fiscal de l'Etat requérant (et non pas un résident fiscal suisse). Dans le cas contraire, la Suisse ne serait pas tenue de transmettre les informations à l'Etat requérant. 2.2.2. La position d' HOLENSTEIN ne peut pas être suivie. Elle suppose qu'un conflit de résidences fiscales soit avéré au moment où la Suisse reçoit la demande d'assistance. Or, tel n'est pas forcément le cas. Le contribuable visé par cette demande a peut-être contesté la décision d'assujettissement illimité à l'impôt dans l'Etat requérant devant les tribunaux de cet Etat; en pareille hypothèse, la procédure judiciaire y afférente n'est pas nécessairement terminée ni même entrée en force au moment où l'Etat requérant forme sa demande d'assistance administrative. En effet, l'Etat requérant n'est pas tenu d'attendre l'issue du litige sur le principe de la résidence fiscale pour former une demande d'assistance administrative, et ce d'autant moins que la demande peut aussi avoir pour but de consolider sa position quant à la résidence fiscale du contribuable concerné. Par ailleurs, l'Etat requérant doit aussi pouvoir former une demande d'assistance administrative même en cas de conflit de résidences effectif, et ce afin d'obtenir de l'Etat requis des documents qui viendraient appuyer sa prétention concurrente à celle de celui-ci. Il s'agit ici en particulier de tenir compte de l'hypothèse selon laquelle un contribuable assujetti de manière illimitée en Suisse a, en réalité, sa résidence fiscale dans l'Etat requérant, par exemple parce qu'il y a conservé son foyer d'habitation permanent. Dès lors, la question de la conformité avec la Convention au sens de l'art. 28 par. 1 in fine CDI-F dans le contexte particulier d'une demande visant un contribuable considéré par les deux Etats comme assujetti à l'impôt de manière illimitée ne doit pas s'apprécier en fonction de l'existence ou non d'une double résidence fiscale effective, mais à la lumière des critères que l'Etat requérant applique pour considérer la personne visée par la demande comme un de ses contribuables assujettis à l'impôt de manière illimitée. Cela signifie que si l'Etat requérant fait valoir un critère d'assujettissement illimité à l'impôt que l'on retrouve dans la Convention (par exemple, parce qu'il soutient que le contribuable a le centre de ses intérêts vitaux dans cet Etat), l'imposition qui en découle dans l'Etat requérant n'est pas en soi contraire à la Convention (cf. art. 4 par. 2 let. a MC OCDE), même si la Suisse considère aussi la personne visée comme un de ses contribuables. En d'autres termes, lorsqu'une demande porte sur un contribuable que les deux Etats contractants considèrent comme un de ses résidents fiscaux,le rôle de la Suisse en tant qu'Etat requis doit ainsi se limiter, au stade de l'assistance administrative, à vérifier que le critère d'assujettissement auquel l'Etat requérant recourt se retrouve dans ceux qui sont prévus dans la norme conventionnelle applicable concernant la détermination de la résidence fiscale. La position d' HOLENSTEIN est par ailleurs problématique à double titre. D'une part, elle fait abstraction du fait que la Suisse n'est en principe pas en mesure de trancher un conflit de résidences lorsqu'elle reçoit une demande d'assistance: s'étant jusqu'ici "limitée" à imposer la personne visée, elle n'a jamais eu à se soucier du lieu de sa résidence fiscale au plan international et ne dispose donc pas de l'ensemble des éléments de fait et d'indices lui permettant de trancher un tel conflit. D'autre part, on peut pour le moins douter de la compétence de la Suisse de se saisir d'office d'une telle problématique. Il incombe en effet au contribuable touché par une potentielle double imposition de s'en plaindre auprès des autorités compétentes (cf. le libellé de l'art. 27 par. 1 CDI-F, correspondant à l'art. art. 25 par. 1 MC OCDE, selon lequel lorsqu'une personne estime que les mesures prises par un Etat contractant ou par les deux Etats contractants entraînent ou entraîneront pour elle une imposition non conforme aux dispositions de la présente convention, elle peut, indépendamment des recours prévus par le droit interne de ces Etats, soumettre son cas à l'autorité compétente de l'Etat contractant). 2.3. En l'espèce, l'arrêt attaqué retient que la demande d'assistance formée par la France remplit les conditions de forme et de contenu imposées par la CDI-F et qu'aucune des restrictions visées à l'art. 7 LAAF qui auraient pu justifier un refus d'entrer en matière ne sont réunies. Néanmoins, la demande devait être rejetée, car la condition de la pertinence vraisemblable n'était pas réalisée. Le Tribunal administratif fédéral considère que, comme les personnes concernées étaient domiciliés fiscalement à Genève et imposées de manière illimitée en Suisse à la période considérée, les autorités suisses devaient faire preuve d'une attention particulière quant aux arguments soulevés par la France pour justifier la présence d'un autre domicile fiscal principal. Or, les autorités françaises, à qui l'AFC avait demandé des précisions quant à la résidence en France des contribuables les 6 et 7 février 2014, avaient fourni des indications insuffisantes. D'après les juges précédents, lorsque l'Etat requérant prétend avoir mené une enquête sur son sol et que sa démarche risque d'entraîner la remise en cause des taxations déjà effectuées en Suisse, il devrait être possible de contrôler que les assertions des autorités françaises ne sont pas de pure forme et que des éléments qui permettent de remettre en cause le domicile des contribuables reposent sur des faits concrets. 2.4. Cette position n'est pas conforme à la répartition des rôles entre Etat requérant et Etat requis (cf. supra consid. 2.1.4). En l'occurrence, les autorités fiscales françaises ont indiqué, dans leur demande d'assistance du 18 décembre 2013, qu'elles considéraient les époux X._ comme domiciliés en France parce qu'ils y séjournaient principalement, qu'ils y possédaient leur foyer et qu'ils y exerçaient leurs activités professionnelles. Cette demande remplissait toutes les conditions de forme imposées par l'art. 28 CDI-F et par le ch. XI du Protocole additionnel, et en particulier l'exigence de pertinence vraisemblable. Exiger de l'Administration fédérale qu'elle procède à un contrôle pour vérifier que les assertions françaises ne soient pas purement formelles revient à adopter une attitude de défiance et de remise en cause de la bonne foi de la France (sur cette manière de procéder, cf. arrêt 2C_252/2015 du 4 avril 2015 consid. 5.3). Or, en l'absence d'élément concret qui permettrait de remettre en cause la présomption de bonne foi de l'Etat requérant, l'Etat requis qui se comporterait de la sorte méconnaîtrait la Convention de Vienne sur le droit des traités. Il y a du reste lieu de relever que l'Administration fédérale aurait dès lors été fondée à donner une suite favorable après réception de la demande initiale, sans requérir encore, comme elle l'a encore fait le 6 février 2014 - sans toutefois fonder cette requête sur l'art. 6 al. 3 LAAF - des précisions aux autorités françaises quant aux critères de rattachement appliqués. La réponse obtenue des autorités françaises n'a du reste pas apporté des éléments nouveaux par rapport à la demande initiale, ce qui n'a pas empêché l'Administration fédérale de donner une suite favorable à la demande En outre, la demande d'assistance formée ne pouvait pas non plus être rejetée du fait que les époux X._ étaient résidents fiscaux suisses, ni parce que l'imposition qui en découlerait en France serait contraire à la Convention, la France ayant fait valoir deux critères de rattachement que l'on retrouve à l'art. 4 par. 2 let. a ou b CDI-F, à savoir le critère du foyer et celui du séjour (cf. ci-dessus consid. 2.2.2). Par conséquent, l'arrêt attaqué, qui considère que la demande aurait dû être refusée par l'AFC sous l'angle de la pertinence vraisemblable n'est pas conforme aux principes régissant l'assistance administrative en matière fiscale. C 'est partant à juste titre que l'AFC a, sur le principe, accordé l'assistance administrative à la France au sujet des époux X._ quand bien même ceux-ci sont assujettis de manière illimitée à l'impôt en Suisse. 3. L'arrêt attaqué considère ensuite que l'assistance administrative ne peut être accordée en relation avec des comptes détenus de manière indirecte par la personne concernée. L'AFC n'aurait donc pas dû inviter la Banque à lui faire connaître les comptes dont les contribuables étaient simplement les ayants droits économiques, ce qui justifie également l'admission du recours, même s'il n'en résulte pas d'effet concret. Un tel raisonnement perd de vue que le Tribunal admin istratif fédéral, comme le Tribunal fédéral du reste, n'a pas à trancher des questions abstraites (cf. arrêt 2C_565/2013 du 6 décembre 2013 consid. 4.3.2), mais doit uniquement se prononcer sur les aspects de la décision entreprise qui exercent une incidence concrète pour les parties. En l'occurrence, les juges précédents devaient se demander si la décision de l'AFC du 19 mai 2014 de transmettre les documents bancaires relatifs aux trois comptes dont les contribuables étaient les titulaires directs auprès de la banque Y._ aux autorités françaises, était ou non conforme au droit. Partant, le fait que les autorités fiscales aient aussi demandé à la Banque des informations sur d'éventuels comptes détenus de manière indirecte n'a eu aucune incidence pratique pour les époux X._, qui ne disposaient pas de tels comptes. Ce motif ne pouvait en conséquence justifier l'admission du recours déposé par les contribuables, sans qu'il soit nécessaire d'en examiner le bien-fondé. 4. Reste à déterminer dans quelle mesure il est admissible de transmettre l'ensemble des documents bancaires requis par la France, en tant qu'ils comprennent le détail des transactions qui sont intervenues sur les comptes et les noms de tiersqui y figurent. L'AFC reproche au Tribunal administratif d'avoir violé l'art. 28 par. 3 et 5 CDI-F, ainsi que le droit fédéral, notamment l'art. 8 al. 2 LAAF. 4.1. Selon l'arrêt attaqué, la documentation que l'AFC envisage de transmettre aux autorités françaises excède le cadre fixé par l'art. 127 LIFD et l'art. 4 al. 3 LAAF et donc aussi l'art. 28 al. 3 CDI-F. Ces dispositions, qui interdisent la remise de documents concernant des tiers, n'ont pas de lien avec le secret bancaire. Cela exclut que l'Etat requis transmette, du moins tant qu'il n'est pas question d'une grave infraction pénale, l'intégralité des documents et des informations en possession d'une banque et plus particulièrement le détail des transactions liées à un compte bancaire. L'AFC ne peut que demander aux banques des attestations portant sur la somme en compte à la date souhaitée, les intérêts courus et les éventuelles sûretés. Elle peut également requérir la liste des valeurs dont les banques ont la gestion avec les dates d'achat et de vente, et les revenus y relatifs, ainsi que les frais et les commissions perçus par la banque. En l'occurrence, l'AFC a décidé de transmettre toute la documentation remise par la Banque aux autorités françaises après avoir caviardé les noms de tiers non concernés. Le Tribunal administratif fédéral considère que, comme les documents requis auprès de la banque portaient sur l'ensemble des relations des contribuables avec celle-ci et que la documentation transmise est ample, il n'est pas en mesure de vérifier quelles données exactement seront transmises aux autorités françaises, les éléments à rendre anonymes n'ayant pas été mis en évidence. Il ne lui appartient pas non plus de dire à l'AFC sous quelle forme exactement livrer les informations requises par les Etats étrangers, mais il doit vérifier si les limites du cadre légal ne sont pas franchies, ce qu'il n'est pas possible de savoir en l'état. 4.2. Cette argumentation n'est pas claire. L'on ne sait pas si, ni dans quelle mesure, le Tribunal administratif fédéral admettrait la remise d'une documentation bancaire partiellement caviardée aux autorités françaises. Les juges ne se prononcent pas définitivement, puisqu'ils retiennent de toute façon que la remise d'une documentation bancaire intégrale relative à un contribuable dans le cadre d'une demande d'assistance administrative, telle qu'envisagée par l'AFC en l'espèce, excède le cadre légal. La Cour de céans n'étant pas là pour se prononcer sur des conjectures, elle ne prendra en compte que le second pan de la motivation présentée. 4.3. Au préalable, il faut rappeler qu'en date du 13 mars 2009, le Conseil fédéral a annoncé un changement de politique majeur en matière d'échange de renseignements en déclarant vouloir désormais appliquer le standard de l'art. 26 MC OCDE dans les conventions de double imposition (XAVIER OBERSON, Précis de droit fiscal international, 4e éd. 2014, p. 349 s.; HOLENSTEIN, in op. cit., n° 42 ad art. 26 OECD MA; URS BEHNISCH, Neue Entwicklungen der internationalen Amtshilfe im Bereich der direkten Steuern, in EC 2010/1-2 p. 67). La reprise du standard OCDE en la matière implique en particulier que l'échange de renseignements est désormais accordé, sur demande, lorsqu'il a pour but l'application du droit interne de l'Etat requérant même dans les cas de simple soustraction d'impôt, sans qu'il ne soit plus nécessaire que les cas impliquent des actes de fraude passibles d'emprisonnement dans les deux Etats (ROBERT WALDBURGER, Entwicklungen in der schweizerischen Amtshilfepolitik in Steuersachen - ein Überblick, in IFF Forum für Steuerrecht 2010, p. 88; MARIE BONVIN, L'échange de renseignements suivant les nouvelles Conventions franco-suisse et américano-suisse: le changement que ces Conventions représentent du point de vue suisse, in Not@lex 4/2010, p. 115; JEAN-FRÉDÉRIC MARAÏA/PIETRO SANSONETTI, in Cahiers IFA de droit fiscal international, 2013, vol. 98b, Exchange of information and cross-border cooperation between tax authorities, Rapport Suisse, pp. 740 et 742; XAVIER OBERSON, International exchange of informations in tax matters, 2015, p. 20). Le droit interne suisse n'a toutefois pas été modifié depuis le 13 mars 2009, de sorte que les dispositions de droit suisse protégeant le secret bancaire sont toujours en vigueur, en particulier les art. 127 al. 2 LIFD et 47 de la loi fédérale du 8 novembre 1934 sur les banques (LB; RS 952.0; OBERSON, Précis, p. 351). La reprise du standard de l'art. 26 MC OCDE implique toutefois que le secret bancaire ne peut plus être opposé pour refuser l'échange de renseignements, même en cas de simple soustraction fiscale (ROBERT WALDBURGER, Aktuelle Entwicklungen in der schweizerischen Amtshilfe im Steuerbereich, in RSDA 2009 p. 489; BONVIN, in op. cit., p. 137; BEHNISCH, in op. cit., p. 67). 4.4. En ce qui concerne la CDI-F, le standard de l'art. 26 MC OCDE a été introduit par l'art. 7 de l'Avenant à la CDI-F signé le 27 août 2009 et entré en vigueur le 4 novembre 2010, qui modifie l'art. 28 CDI-F (cf. consid. 1.4). Il en découle que la Suisse doit désormais fournir aux autorités françaises les renseignements destinés à l'application du droit interne français non seulement en cas de fraude fiscale, mais aussi en cas de simple soustraction au sens du droit suisse (BONVIN, in op. cit., pp. 118 et 120). 4.4.1. L'art. 28 par. 3 CDI-F, qui correspond à l'art. 26 par. 3 MC OCDE, prévoit que les dispositions du par. 1 (principe de l'échange des renseignements vraisemblablement pertinents) et du par. 2 (limitation dans la communication et l'utilisation des documents reçus) "ne peuvent en aucun cas être interprétées comme imposant à un Etat contractant l'obligation: a) de prendre des mesures administratives dérogeant à sa législation et à sa pratique administrative ou à celles de l'autre Etat contractant; b) de fournir des renseignements qui ne pourraient être obtenus sur la base de sa législation ou dans le cadre de sa pratique administrative normale ou de celles de l'autre Etat contractant; c) de fournir des renseignements qui révéleraient un secret commercial, industriel, professionnel ou un procédé commercial ou des renseignements dont la communication serait contraire à l'ordre public". Selon le Commentaire, sont considérés comme renseignements pouvant être obtenus selon le droit et la pratique internes au sens de cette disposition ceux dont disposent les autorités fiscales ou que celles-ci peuvent obtenir par application de la procédure normale d'établissement de l'impôt (Commentaire MC OCDE, n° 16 ad art. 26). Pour la Suisse, il est admis de manière générale en doctrine que la réserve conventionnelle en faveur du droit interne qui est libellée à l'art. 28 par. 3 CDI-F (art. 26 par. 3 MC OCDE) renvoie, pour ce qui a trait à l'obtention de renseignements auprès d'une personne en Suisse, à la LIFD. Sont ici concernées les dispositions réglant les obligations de procédure qui incombent au contribuable et aux tiers, soit les art. 123 à 129 LIFD (cf. OBERSON, in op. cit., n° 115 s. ad art. 26 MC OCDE; HOLENSTEIN, n° 285, 287 et 290 ad art. 26 OECD MA; DONATSCH/ HEIMGARTNER/MEYER/SIMONEK, op. cit., p. 250 s.). Le par. 3 doit toutefois être lu en lien avec le par. 5 de l'art. 28 CDI-F ( dont la 1e phrase correspond au par. 5 de l'art. 26 MC OCDE), selon lequel : "En aucun cas les dispositions du par. 3 ne peuvent être interprétées comme permettant à un Etat contractant de refuser de communiquer des renseignements uniquement parce que ceux-ci sont détenus par une banque, un autre établissement financier, un mandataire ou une personne agissant en tant qu'agent ou fiduciaire ou parce que ces renseignements se rattachent aux droits de propriété d'une personne. Aux fins de l'obtention des renseignements mentionnés dans le présent paragraphe, nonobstant le par. 3 ou toute disposition contraire du droit interne, les autorités fiscales de l'Etat contractant requis disposent ainsi des pouvoirs de procédure qui leur permettent d'obtenir les renseignements visés par le présent paragraphe". Ce paragraphe 5 a pour objet d'éviter que "les limitations du paragraphe 3 ne puissent être utilisées pour empêcher les échanges de renseignements détenus par des banques, autres établissements fi nanciers, mandataires, agents et fiduciaires, ainsi que les renseignements concernant la propriété" (Commentaire MC OCDE, n° 19.10 ad art. 26). En lien avec le secret bancaire, le paragraphe 5 1e phrase l'emporte sur le paragraphe 3, dans la mesure où son application permettrait à l'Etat requis de refuser de transmettre des renseignements pour des motifs tenant au secret bancaire (Commentaire MC OCDE, n° 19.11 ad art. 26). En d'autres termes, si l'Etat contractant qui connaît l'institution du secret bancaire dans son droit interne ne peut s'en prévaloir en vertu du paragraphe 5 pour refuser de transmettre des renseignements détenus par une banque, il lui est toujours possible d'invoquer le paragraphe 3 pour refuser de communiquer de tels renseignements, pour autant que ce refus soit fondé sur des motifs indépendants du statut de banque (OBERSON, in op. cit., n° 135 ad art. 26 MC OCDE; HOLENSTEIN, in op. cit., n° 278 ad art. 26 OECD MA). La seconde phrase du paragraphe 5 de l'art. 28 CDI-F n'apparaît pas dans le MC OCDE et figure en principe dans toutes les conventions de double imposition conclues par la Suisse depuis le 13 mars 2009. Elle a pour but de permettre à la Suisse de mettre en oeuvre le standard OCDE à l'égard des établissements suisses concernés par le secret bancaire (HOLENSTEIN, in op. cit., n° 316 ad art. 26 OECD MA; DONATSCH/HEIMGARTNER/MEYER/SIMONEK, op. cit., p. 249; OBERSON, in op. cit., n° 148 s. ad art. 26 MC OCDE; WALDBURGER, op. cit., in RSDA 2009 p. 487 s.), dès lors qu'en droit interne, le secret fiscal (recte: bancaire) empêche l'autorité fiscale, sous réserve de graves infractions fiscales (cf. sur ce point ci-dessous consid. 4.5.2), d'exiger directement des renseignements auprès d'une banque. 4.5. Le Tribunal administratif fédéral reconnaît que le secret bancaire ne peut plus être opposé par la Suisse en cas de demande d'assistance administrative en matière fiscale. Les juges précédents entendent toutefois limiter le devoir de renseignement des banques à la seule production des attestations prévues par l'art. 127 al. 1 LIFD. Cette disposition "redeviendrait" en effet applicable selon l'instance inférieure (cf. arrêt attaqué, consid. 3.3.4 p. 26) ensuite de la levée du secret bancaire. Le Tribunal administratif fédéral laisse par ailleurs entendre que ce ne serait que dans les cas de graves infractions fiscales (fraude) qu'une banque suisse serait tenue de fournir toutes les informations pertinentes dont elle dispose, indépendamment de l'art.127 al. 1 LIFD (arrêt attaqué,consid. 2.4.4). La recourante conteste cette interprétation. Elle soutient en substance que l'art. 28 par. 5 CDI-F est une disposition self executing qui exclut le paragraphe 3, l'idée à la base de cette disposition consistant précisément à contourner les limitations posées par le droit interne suisse, en particulier par l'art. 127 LIFD. Une banque serait partant tenue de fournir toutes les informations vraisemblablement pertinentes en sa possession ou sous son contrôle en vertu de l'art. 28 par. 5 2e phrase CDI-F (en lien avec l'art. 8 al. 2 LAAF), indépendamment de toute disposition de droit interne qui restreindrait cette obligation, le paragraphe 3 de l'art. 28 CDI-F n'étant pas applicable. 4.5.1. Selon la jurisprudence, une disposition de droit international est directement applicable si son contenu est suffisamment déterminé et clair pour constituer, dans chaque cas particulier, le fondement d'une décision. La règle doit par conséquent se prêter au contrôle judiciaire; elle doit donc délimiter les droits et obligations de l'individu et son destinataire doit être l'autorité d'application (ATF 140 II 185 consid. 4.2 p. 190 et les références citées). 4.5.2. Le point de savoir si l'art. 28 par. 5 2e phrase CDI-F est suffisamment précis pour être self executing et constituer une base légale est controversé en doctrine (sont d'avis que tel est le cas: OBERSON, in op. cit., n° 5 et 149 ad art. 26 MC OCDE, qui relève que le but et l'esprit de cette règle sont suffisamment clairs compte tenu des déclarations du Conseil fédéral du 13 mars 2009, et BONVIN, in op. cit., p. 138; d'un avis contraire: URS BEHNISCH, Amtshilfe in der Schweiz in Steuer[straf]sachen, in Archives 77, p. 747; doute du caractère self executing: WALDBURGER, op. cit., in RSDA 2009, p. 488; ne tranche pas: HOLENSTEIN, in op. cit., n° 317 ad art. 26 OECD MA). L'art. 28 par. 5 2ème phrase CDI-F exclut, par une double formulation ("nonobstant le paragraphe 3 ou toute disposition contraire du droit interne") que le droit interne puisse s'opposer à la transmission d'informations visées au par. 5. Le contenu de cette règle est clair. Il permet à l'autorité compétente de fonder une décision et à son destinataire de fixer ses droits et obligations. La règle peut donc être soumise à un contrôle judiciaire sans avoir besoin de concrétisation en droit interne. Elle remplit partant les critères d'une norme internationale directement applicable. Les déclarations du Conseil fédéral du 13 mars 2009 plaident également en faveur de l'applicabilité directe de l'art. 28 par. 5 2e phrase CDI-F, de même que le Message complémentaire du 27 novembre 2009 au message du 6 mars 2009 concernant l'approbation du nouvel avenant à la convention contre les doubles impositions avec la France, où le Conseil fédéral précise que "De tels renseignements [soit les renseignements visés par le par. 5] doivent être échangés nonobstant les limitations prévues au paragraphe 3. L'Etat requis doit également pouvoir obtenir et transmettre les renseignements demandés même si ces renseignements ne seraient pas disponibles en vertu de sa propre législation ou de sa pratique administrative. Par conséquent, la Suisse ne peut pas refuser de communiquer des renseignements en invoquant uniquement le secret bancaire suisse" (FF 2010 1409, p. 1416). Les autorités suisses ont par ailleurs également expliqué aux autorités françaises que la demande de la Suisse de compléter la rédaction du paragraphe 5 de l'art. 26 MC OCDE provenait de sa volonté "de clarifier l'articulation entre les paragraphes 3 et 5 de cet article et de permettre aux autorités suisses de déroger aux dispositions de leur droit interne qui limitent l'accès de l'administration fiscale aux renseignements, notamment bancaires, aux fins de l'établissement des impôts" (cf. Projet de loi autorisant l'approbation de l'avenant à la convention entre la France et la Suisse en vue d'éviter les doubles impositions en matière d'impôts sur le revenu et sur la fortune, consultable sur le lien http://www.assemblee-nationale.fr/13/projets/ pl2338-ei.asp). Le caractère self executing de cette norme implique non seulement que le secret bancaire ne peut être opposé par une banque suisse, mais que l'Administration fédérale dispose des pouvoirs de procédure nécessaires pour obtenir les renseignements vraisemblablement pertinents requis. L'art. 28 par. 5 2e phrase CDI-F ne fait en revanche pas obstacle à l'application du par. 3 en tant qu'il protège les secrets professionnels non concernés par le par. 5, tel que, par exemple, le secret de l'avocat ( cf. Commentaire OCDE, n° 19.3 ad art. 26; OBERSON, in op. cit., n° 139 ad art. 26 MC OCDE; HOLENSTEIN, in op. cit., n° 296 ad art. 26 OECD MA). Il découle de ce qui précède que l'Administration fédérale dispose, en vertu de l'art. 28 par. 5 2e phrase CDI-F, des pouvoirs de procédure nécessaires pour exiger des banques la transmission de l'ensemble des documents requis qui remplissent la condition de la pertinence vraisemblable, sans que puissent lui être opposés l'art. 47 LB ou toute autre disposition de droit interne. Dans ces circonstances, il n'est pas nécessaire d'examiner si, comme le soutient le Tribunal administratif fédéral, la disposition de procédure interne de l'art. 127 al. 1 LIFD "redevient applicable" en cas de levée du secret bancaire, puisque, même si cette disposition s'avérait applicable en droit interne en pareilles circonstances, cette disposition s'effacerait de toute manière face à l'art. 28 par. 5 CDI-F. 4.6. L'art. 4 al. 3 LAAF, également cité par les juges précédents pour limiter la remise de la documentation bancaire dans son ensemble, exclut la transmission de renseignements concernant des personnes qui ne sont pas concernées par la demande. 4.6.1. La notion de personne non concernée au sens de l'art. 4 al. 3 LAAF doit être examinée à la lumière du but du standard OCDE et du critère conventionnel de renseignement vraisemblablement pertinent (arrêt 2C_963/2014 précité consid. 4, qui procède à une interprétation détaillée de l'art. 4 al. 3 LAAF). Cette disposition doit être interprétée de manière restrictive (cf. également RAPPO/TILLE, in op. cit., p. 14), de telle façon que son application ne fasse pas perdre toute portée à la demande d'assistance administrative (cf. SCHODER, op. cit., n° 49 ad. art. 4 LAAF) mais permette au contraire un échange de renseignements aussi large que possible, sous réserve des fishing expeditions. En effet, il ne faut pas oublier que la LAAF a pour fonction de régler, sur le plan interne, les compétences, la procédure et les voies de droit, mais n'a pas pour vocation d'introduire des contraintes matérielles pour contrer les demandes d'informations fondées sur les CDI (RAPPO/TILLE, in op. cit., p. 4) ou restreindre la portée de l'assistance administrative définie dans ces conventions (FF 2011 5774). Le caractère directement applicable de l'art. 28 par. 5 2e phrase CDI CH-F concerne aussi les tiers. Lorsque les renseignements demandés portent non seulement sur des personnes concernées au sens de l'art. 4 al. 3 LAAF, mais aussi sur des tiers non impliqués, il appartient à l'autorité saisie de procéder à une pesée des intérêts (cf. art. 5 al. 2 Cst.; cf. sur l'application de cette disposition en matière d'assistance administrative, TOBIAS F. ROHNER, Amtshilfe nach den OECD-konformen Doppelbesteuerungsabkommen ein Überblick, in Vermögensverwaltung IV, 2013, p. 88; cf. également MICHAEL BEUSCH/URSULA SPÖRRI, in Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Internationales Steuerrecht, 2015, n° 334 ad art. 26 OECD MA). Cela signifie que l'Etat requis doit supprimer les indications relatives aux tiers non concernés lorsqu'elles sont sans incidence sur la demande (par exemple le nom des employés de banque qui n'ont rien à voir avec la question fiscale motivant la demande). En revanche, l'art. 4 al. 3 LAAF ne saurait être compris comme imposant à l'autorité suisse de supprimer des indications qui concernent des tiers non concernés (qui figurent par exemple sur la liste de transactions relatives à un compte bancaire) lorsque leur suppression rendrait vide de sens la demande d'assistance administrative (cf. FF 2011 5783 et BEUSCH/SPÖRRI, in, op. cit., n° 334 ad art. 26 OECD MA). Les tiers dont les noms apparaissent sur de tels documents sont au demeurant protégés. A la clôture de la procédure, l'autorité requise doit en effet rappeler à l'autorité requérante les restrictions à l'utilisation des renseignements transmis et l'obligation de maintenir le secret (cf. art. 20 al. 2 LAAF). 4.6.2. En l'occurrence, les documents bancaires objet de la demande d'assistance administrative et en particulier la liste des transactions sur des comptes bancaires dont les contribuables sont titulaires, remplissent l'exigence de la pertinence vraisemblable (cf. supra consid. 2). De tels documents révèlent les apports et les prélèvements enregistrés, les gains générés, ainsi que le montant et la nature des revenus perçus (versement de dividendes, revenu d'activité, plus-values, etc.) et sont donc de nature à permettre à l'autorité fiscale française de compléter l'assiette de l'impôt sur le revenu des contribuables en France. S'agissant de déterminer si le lieu de séjour effectif de contribuables était bien en France aux périodes considérées, il est aussi plausible que les relevés des transactions sur ces comptes contribuent à confirmer (ou à exclure) un tel séjour, car ces documentssont susceptibles de contenir des indices (lieu et objet des dépenses) de nature à localiser leurs intérêts vitaux (cf. arrêt 2C_1139/2014 du 20 juillet 2015 consid. 5.2.2). Or, supprimer l'ensemble des noms des personnes non concernées qui figurent sur la liste de ces transactions ferait perdre toute portée à la demande d'assistance administrative à cet égard. Quant aux autres noms, en particulier ceux des employés de banque qui pourraient aussi figurer sur ces comptes et dont la remise pourrait être contraire à l'art. 4 al. 3 LAAF, car sans lien avec la demande d'assistance, l'Administration fédérale des contributions a indiqué au Tribunal administratif fédéral, sans être contredite, que ceux-ci avaient été caviardés. 5. En résumé,c'est à tort que l'arrêt attaqué s'est opposé à la transmission des renseignements aux autorités françaises telle que prévue par l'AFC. Par conséquent, le recours de cette dernière doit être admis, l'arrêt attaqué annulé et la décision du 19 mai 2014 par laquelle l'AFC a accordé l'assistance administrative aux autorités compétentes françaises confirmée. 6. Compte tenu de l'issue du litige, les frais seront mis à la charge des intimés qui succombent, solidairement entre eux (art. 66 al. 1 et 5 LTF). Il ne sera pas alloué de dépens (art. 68 al. 3 LTF). Le Tribunal fédéral ne fera pas usage de la faculté offerte par l'art. 67 LTF et renverra la cause au Tribunal administratif fédéral pour qu'il statue à nouveau sur les frais et dépens de la procédure antérieure.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce : 1. Le recours est admis. 2. L'arrêt du Tribunal administratif fédéral du 8 décembre 2014 est annulé et la décision de l'Administration fédérale des contributions du 19 mai 2014 est confirmée. 3. Les frais judiciaires, arrêtés à 10'000 fr., sont mis à la charge des intimés, solidairement entre eux. 4. Il n'est pas alloué de dépens. 5. Le présent arrêt est communiqué à la recourante, aux mandataires des intimés et au Tribunal administratif fédéral, Cour I. Lausanne, le 24 septembre 2015 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président : Zünd La Greffière Vuadens
5663ec31-aae8-4709-bfd5-285d639e21d5
de
2,004
CH_BGer_016
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die 1944 geborene Z._ arbeitete seit 1982 teilzeitlich als Verkäuferin bei der Firma L._ AG. Am 29. Mai 2000 meldete sie sich unter Hinweis auf seit April 1999 bestehende Fussbeschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern holte u.a. Berichte der Arbeitgeberin vom 30. Juni 2000, des Dr. med. H._, Innere Medizin FMH vom 20. Juli 2000 sowie einen Auszug aus den Individuellen Konten (IK) ein. Ferner liess sie die Verhältnisse der Versicherten vor Ort abklären (Abklärungsbericht Haushalt vom 3. Oktober 2000). Gestützt darauf wies sie das Leistungsbegehren mit der Begründung ab, dass im mit 58 % gewichteten Erwerbsanteil eine Einschränkung von 16,05 % sowie im auf 42 % veranschlagten häuslichen Bereich eine solche von 6 % bestehe, woraus eine Gesamtinvalidität von rund 12 % resultiere (Vorbescheid vom 8. November 2000, Verfügung vom 7. Dezember 2000). In Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache zur Vornahme zusätzlicher Abklärungen an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 2. Juli 2001). Die IV-Stelle zog in der Folge weitere Berichte des Dr. med. H._ vom 6. Oktober 2001, der Arbeitgeberin vom 17. Dezember 2001 sowie des Dr. med. B._, Allgemeine Medizin FMH, vom 10. Februar 2002 bei und sprach Z._ mit Verfügung vom 18. Februar 2002 Leistungen in Form von Berufsberatung und Abklärung der beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten durch die IV-Berufsberatung zu. Vom 10. September bis 4. Oktober 2002 hielt sich die Versicherte in der Beruflichen Abklärungsstelle (befas) auf (Abklärungsbericht vom 17. Oktober 2002, Schlussbericht der IV-Stelle vom 28. Oktober 2002). Zudem veranlasste die Verwaltung eine Begutachtung durch die Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie/Allergologie des Spitals E._, deren Expertise am 5. November 2002 erstattet wurde, sowie eine weitere Abklärung im Haushalt der Versicherten (Abklärungsbericht Haushalt vom 6. Januar 2003). Unter Zugrundelegung einer Invalidität im anteilsmässig auf 58 % bezifferten Erwerbsbereich von nunmehr 23,26 % sowie einer Behinderung im Haushalt von 11 % ermittelte sie anhand der gemischten Methode einen - erneut rentenausschliessenden - Invaliditätsgrad von 18 % (Verfügung vom 24. Januar 2003). Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 5. Mai 2003). B. Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher Z._ zwei Berichte des Dr. med. S._, Schulter-/Ellbogensprechstunde der Orthopädischen Klinik A._, vom 29. Oktober 2002 hatte auflegen lassen, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Entscheid vom 20. August 2003). C. Z._ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihr eine Rente zuzusprechen. Der Eingabe liegen u.a. eine Kopie der Steuererklärung 2002 sowie ein Berechnungsblatt des Sozialdienstes bei. Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zum Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG [in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung]; Art. 8 Abs. 1 ATSG), zu den Voraussetzungen und zum Umfang des Anspruchs auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 (in der bis 31. Dezember 2003 in Kraft gestandenen Fassung) sowie Abs. 1bis IVG (in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2003), zur Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG [in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung]; Art. 1 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG), bei Nichterwerbstätigen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 IVG, namentlich im Haushalt beschäftigten Versicherten, nach der spezifischen Methode des Betätigungsvergleichs (Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 und 2 IVV [je in den bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassungen]; Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 und 2 IVV [je in den vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassungen] sowie Art. 8 Abs. 3 ATSG [und Art. 1 Abs 1 IVG]) und bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode (Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27bis Abs. 1 und 2 IVV [in den vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassungen]; Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27bis Abs. 1 und 2 IVV [je in den vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 in Kraft gestandenen Fassungen] sowie Art. 8 Abs. 3 und Art. 16 ATSG [sowie Art. 1 Abs. 1 IVG]) zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig sind ferner die Erwägungen zur Aufgabe des Arztes und der Ärztin bei der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen; AHI 2000 S. 319 Erw. 2b; vgl. auch AHI 2002 S. 70 Erw. 4b/cc) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis; AHI 2000 S. 152 Erw. 2b). Darauf wird verwiesen. 1.2 Zu präzisieren ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG hinsichtlich der IV-rechtlichen Invaliditätsbemessung keine substantiellen Änderungen gegenüber der bis zum 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Normenlage brachte (zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes Urteil A. vom 30. April 2004, I 626/03). Im erwähnten Urteil hat das Eidgenössische Versicherungsgericht insbesondere hinsichtlich der ATSG-Bestimmungen zur Arbeitsunfähigkeit (Art. 6), Erwerbsunfähigkeit (Art. 7) und Invalidität (Art. 8) erkannt, dass es sich bei den in Art. 3-13 ATSG enthaltenen Legaldefinitionen in aller Regel um eine formellgesetzliche Fassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den entsprechenden Begriffen vor In-Kraft-Treten des ATSG handelt und sich inhaltlich damit keine Änderung ergibt, weshalb die hiezu entwickelte Rechtsprechung übernommen und weitergeführt werden kann (vgl. Erw. 3.1, 3.2 und 3.3). Wie das Gericht ferner aufgezeigt hat, bewirkt auch die Normierung des Art. 16 ATSG keine Modifizierung der bisherigen Judikatur zur Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten, welche weiterhin nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs vorzunehmen ist (Erw. 3.4; BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 f. Erw. 2a und b). Bei dieser Rechtslage kann offen bleiben, ob der Rentenanspruch, mit der Vorinstanz, integral dem ATSG untersteht oder aber nicht vielmehr für die Zeit bis 31. Dezember 2002 altes und ab 1. Januar 2003 neues Recht massgeblich ist. Zu letzterer Lösung gelangt man, wenn darauf erkannt wird, dass keine laufenden Leistungen gemäss Art. 82 Abs. 1 ATSG vorliegen und - bedingt durch den fragmentarischen Charakter der übergangsrechtlichen Ordnung des ATSG - der allgemeine intertemporalrechtliche Grundsatz herangezogen wird, wonach jenes Recht anwendbar ist, das bei Verwirklichung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhaltes in Geltung stand (BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweis). 2. 2.1 Streitig ist der Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente. Umstritten und zu prüfen ist dabei vorab, in welchem Umfang die Versicherte ohne gesundheitliche Beeinträchtigung eine Erwerbstätigkeit ausüben würde. Während Vorinstanz und Verwaltung von einem Pensum von 58 % ausgehen, macht die Beschwerdeführerin geltend, dass sie bei guter Gesundheit nach dem Tod ihres Pflegevaters im Jahre 1992 eine Vollzeitstelle aufgenommen hätte. 2.2 Letztinstanzlich nicht mehr beanstandet wird demgegenüber der Grad der Arbeitsfähigkeit im erwerblichen Bereich, welcher sich gemäss übereinstimmenden Angaben in den Berichten des Dr. med. H._ vom 20. Juli 2000 und 6. Oktober 2001, des Dr. med. B._ vom 10. Februar 2002, der Befas-Abklärungspersonen vom 17. Oktober 2002 sowie im Gutachten des Inselspitals vom 5. November 2002 auf 50 % in einer leichten bis mittelschweren, leidensangepassten Tätigkeit beläuft. Als unzumutbar erachteten die Ärzte dagegen die bisherige Beschäftigung im Verkauf. Ebenfalls keine Einwände werden gegen die gemäss Abklärungsbericht Haushalt vom 6. Januar 2003 auf - ungewichtet - 11 % geschätzte Einschränkung im Haushalt sowie die Höhe des trotz Gesundheitsschadens durch eine zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage im Jahre 2000 noch realisierbaren Verdienstes (Invalideneinkommen: Fr. 17'204.--) erhoben. Es besteht weder auf Grund der Akten noch der Vorbringen der Parteien Anlass zu einer näheren Prüfung dieser Bemessungsfaktoren (BGE 125 V 417 oben). 3. Zu beurteilen ist in einem ersten Schritt, ob die Invaliditätsbemessung bei teilerwerbstätigen Versicherten auch unter der Geltung des ATSG weiterhin nach der so genannten gemischten Methode vorzunehmen ist. 3.1 Während das ATSG selber keine diesbezügliche Regelung enthält, sieht Art. 27bis Abs. 1 IVV (in der vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 in Kraft gestandenen, vorliegend massgeblichen Fassung) vor, dass bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind oder die unentgeltlich im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin mitarbeiten, für diesen Teil die Invalidität nach Art. 16 ATSG festgelegt wird. Waren sie daneben in einem Aufgabenbereich nach Art. 8 Abs. 3 ATSG tätig, so wird die Invalidität für diese Tätigkeit nach Art. 27 IVV ("Nichterwerbstätige") festgelegt. In diesem Falle sind der Anteil der Erwerbstätigkeit beziehungsweise der unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin und der Anteil der Tätigkeit im andern Aufgabenbereich festzulegen und ist der Invaliditätsgrad entsprechend der Behinderung in beiden Bereichen zu bemessen (so genannte gemischte Methode). Ist - so Abs. 2 der Bestimmung - anzunehmen, dass Versicherte im Zeitpunkt der Prüfung des Rentenanspruchs ohne Gesundheitsschaden ganztätig erwerbstätig wären, hat die Invaliditätsbemessung ausschliesslich nach den Grundsätzen für Erwerbstätige zu erfolgen. 3.2 Wie bis anhin (vgl. Art. 28 Abs. 3 IVG [in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung] in Verbindung mit Art. 27bis Abs. 1 und 2 IVV [in den bis 31. Dezember 2000 sowie vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassungen]) fehlt es somit auf gesetzlicher Ebene an einer ausdrücklichen Grundlage für eine besondere Bemessungsmethode der Invalidität bei Teilerwerbstätigen (vgl. indes nunmehr seit 1. Januar 2004: Art. 28 Abs. 2ter IVG [in Verbindung mit Art. 27bis IVV]). Aus den Art. 7 f. ATSG wird jedoch erkennbar, dass der Gesetzgeber die Bemessung der Invalidität sowohl von Erwerbstätigen (Art. 7, 8 Abs. 1 und 16 ATSG) wie auch von Nichterwerbstätigen (Art. 8 Abs. 3 ATSG) regeln wollte. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Bestimmung der Invalidität von teilerwerbstätigen Versicherten - als deren Mischform - davon ausgenommen werden sollte (vgl. auch Ueli Kieser, ATSG-Kommentar: Kommentar zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000, Zürich 2003, N 25 zu Art. 7). Der Umstand, dass das ATSG keine für mehrere Sozialversicherungszweige verbindliche Regelung der Invaliditätsbemessung bei teilerwerbstätigen Versicherten enthält, lässt indes klar erkennen, dass in dieser Frage eben gerade keine - mit der Einführung des ATSG grundsätzlich beabsichtigte - Vereinheitlichung des bisherigen materiellen Sozialversicherungsrechts angestrebt wurde (vgl. Erw. 2.2 [mit Hinweisen] des zur Publikation in der Amtlichen Sammlung bestimmten Urteils A. vom 30. April 2003, I 626/03). Der Gesetzgeber wollte die nicht in allen Teilen nach den gleichen Kriterien vorgenommene bisherige Bemessung der Invalidität von Teilerwerbstätigen (vgl. dazu etwa für die Invalidenversicherung BGE 125 V 152 ff. Erw. 4 und für die Unfallversicherung BGE 119 V 481 Erw. 2b; Alexandra Rumo-Jungo, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, UVG, Zürich 2003, S. 128) somit durch das ATSG nicht harmonisieren, sondern in den einzelnen Sozialversicherungen weiterhin singuläre Lösungen ermöglichen. Eine entsprechende Umsetzung findet sich denn auch einerseits im zuvor zitierten Art. 27bis IVV sowie - per 1. Januar 2004 - im neuen Art. 28 Abs. 2ter IVG, welcher im Wesentlichen die nun auf Gesetzesstufe gehobene bisherige Verordnungsnorm beinhaltet. Wie namentlich der bundesrätlichen Botschaft zur 4. IVG-Revision zu entnehmen ist, sollte sich dadurch bei der Methode der Invaliditätsbemessung im Vergleich zur geltenden Regelung nichts ändern (vgl. die Botschaft vom 21. Februar 2001 über die 4. Revision des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung [BBl 2001 3267 und 3287], was weder im Rahmen der Vorberatungen in den jeweiligen Kommissionen (Protokoll der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 1./2. November 2001 [S. 46]; Protokoll der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 27./28. Mai 2002 [S. 9]) noch in den parlamentarischen Beratungen zu Diskussionen Anlass gab (Amtl. Bull. 2001 N 1943 und S 756 f.). 3.3 Da sich, wie zuvor beschrieben, dem Invalidenversicherungsgesetz bis Ende 2003 keine unmittelbaren Hinweise zur Bestimmung der Invalidität bei Teilerwerbstätigen entnehmen liessen, entwickelte das Eidgenössische Versicherungsgericht eine ständige Rechtsprechung zur Anwendung der gemischten Methode nach Massgabe von Art. 27bis IVV (zur Entstehung vgl. namentlich Franz Schlauri, Gemischte Methode der Invaliditätsbemessung, in: René Schaffhauser/Franz Schlauri [Hrsg.], Schmerz und Arbeitsunfähigkeit, St. Gallen 2003, S. 309 - 328 mit diversen Hinweisen). An dieser insbesondere in BGE 125 V 146 ausführlich dargelegten und bekräftigten Praxis wurde trotz Kritik (vgl. u.a. BGE 125 V 152 f. Erw. 4; Franz Schlauri, a.a.O., S. 317 - 328; Ueli Kieser, a.a.O., N 24 zu Art. 7 mit Hinweisen) auch in neuester Zeit ausdrücklich festgehalten (vgl. u.a. Urteile M. vom 23. Februar 2004, I 399/01, S. vom 23. Februar 2004, I 219/02, und F. vom 17. Februar 2004, I 473/03). Danach wird zunächst der Anteil der Erwerbstätigkeit und derjenige der Tätigkeit im Aufgabenbereich (so u.a. im Haushalt) bestimmt, wobei sich die Frage, in welchem Ausmass die versicherte Person ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erwerbstätig wäre, mit Rücksicht auf die gesamten Umstände, so die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse, beurteilt (BGE 125 V 150 Erw. 2c mit Hinweisen; SVR 2001 IV Nr. 25 S. 75 ff.). Die Invalidität bestimmt sich in der Folge dadurch, dass im Erwerbsbereich ein Einkommens- und im Aufgabenbereich ein Betätigungsvergleich vorgenommen wird, wobei sich die Gesamtinvalidität aus der Addierung der in beiden Bereichen ermittelten und gewichteten Teilinvaliditäten ergibt. Von dieser Gerichts- und Verwaltungspraxis abzuweichen besteht nach dem Gesagten auch mit In-Kraft-Treten des ATSG keine Veranlassung. 4. 4.1 Ob eine versicherte Person als ganztägig oder zeitweilig erwerbstätig oder als nichterwerbstätig einzustufen ist - was je zur Anwendung einer anderen Methode der Invaliditätsbemessung führt -, ergibt sich aus der Prüfung, was die Person bei im Übrigen unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde. Diese Frage beurteilt sich - nachdem auch im Bereich der Invalidenversicherung das Einspracheverfahren eingeführt worden ist (Art. 52 ATSG) - praxisgemäss nach den Verhältnissen, wie sie sich bis zum Erlass des Einspracheentscheides entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-) Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 125 V 150 Erw. 2c, 117 V 194 Erw. 3b, je mit Hinweisen; SVR 1996 IV Nr. 76 S. 222 Erw. 2c; Urteil M. vom 13. November 2002, I 58/02, Erw. 1.2). 4.2 Die Beschwerdeführerin arbeitete seit Mitte Februar 1982 zu einem variablen Pensum, welches sich zumeist jedoch um 58 % (23 Stunden wöchentlich) bewegte, als Papeterie-Verkäuferin bei der Firma L._ AG. Seit Mitte August 1999 ist sie ihrer Tätigkeit - mit Ausnahme eines erfolglos verlaufenen Arbeitsversuchs im Januar 2000 - auf Grund von Fuss- und Ellbogenbeschwerden fern geblieben. Im Abklärungsbericht Haushalt vom 3. Oktober 2000 wurde die Frage, ob die Versicherte ohne Behinderung eine Erwerbstätigkeit ausüben würde, bejaht und vermerkt, dass sie bei guter Gesundheit im bisherigen Rahmen von 58 % als Verkäuferin tätig wäre. Dieser Feststellung opponierte die Beschwerdeführerin weder auf Vorbescheid (vom 8. November 2000) hin noch nach Erlass der Verfügung (vom 7. Dezember 2000), gegen welche sie beschwerdeweise lediglich Einwände hinsichtlich der ihr noch verbliebenen Arbeitsfähigkeit vorbrachte. Nachdem die Verwaltung in Nachachtung des Entscheides des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 2. Juli 2001 weitere Abklärungen vorgenommen hatte, wurde im Schlussbericht der IV-Stelle, Berufliche Eingliederungen, vom 27. Mai 2002 angegeben, dass die Versicherte gemäss eigenen Angaben ohne ihre gesundheitlichen Einschränkungen heute zu 100 % arbeiten würde und die Reduktion vor 20 Jahren ebenfalls behinderungsbedingt erfolgt sei. Dem Befas-Abklärungsbericht vom 17. Oktober 2002 ist sodann zu entnehmen, dass die Versicherte bis zum Tod ihrer Pflegeeltern (Pflegemutter: 1983; Pflegevater: 1992) in deren Haushalt gelebt und Pflegeaufgaben übernommen hatte. Gemäss eigenen Aussagen seien schon zu Beginn ihrer Anstellung bei der Firma L._ AG Schwierigkeiten mit dem linken Fuss aufgetreten, welche sie zur Aufnahme lediglich einer Teilzeitstelle bewogen hätten. Nachdem am 20. Dezember 2002 eine weitere Haushalterhebung durchgeführt worden war, gab die Abklärungsperson im Bericht vom 6. Januar 2003 erneut an, die Beschwerdeführerin würde ohne Behinderung im bisherigen Umfang von 58 % als Verkäuferin tätig sein. Auf Verfügung (vom 24. Januar 2003) wie auch auf Einspracheentscheid (vom 5. Mai 2003) hin machte die Versicherte indessen geltend, einzig aus gesundheitlichen und familiären Gründen (Pflege der Eltern) seit dem Jahre 1982 ein Teilzeitpensum ausgeübt zu haben, welches sie jedoch angesichts ihrer finanziellen Situation bei guter Gesundheit nach dem Tod des Vaters 1992 auf 100 % erhöht hätte. 4.2.1 Aus den Akten ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin bereits seit den 80er Jahren an Fussschmerzen rechts litt, welche sich zusehends auch links einstellten. Zusätzlich traten seit 1986 Beschwerden in beiden Ellbogen auf, die 1987 (rechts) sowie 1989 (links) operativ behandelt wurden. Im Mai 1999 begannen ferner starke Fersenschmerzen links, welche zu einer Ermüdungsfraktur des Os cuboideum links im April 2000 führten, sowie ab Mai 2000 rechts. Im Sommer 2001 wurde eine Ansatztendinopathie rechts festgestellt, ab Dezember 2001 klagte die Versicherte erneut über vermehrte Schmerzen im linken Ellbogen/Vorderarm. Obgleich die Versicherte somit seit über zwanzig Jahren unter diversen Beschwerden leidet, ist - wie das kantonale Gericht zutreffend erkannt hat - eine medizinisch begründete Arbeitsunfähigkeit erst seit Juli/August 1999 ärztlich ausgewiesen (vgl. Berichte des Dr. med. H._ vom 20. Juli 1999 und 6. Oktober 2001 sowie des Dr. med. B._ vom 10. Februar 2002). Auch gegenüber Dr. med. S._ gab die Versicherte anlässlich der Schulter-/Ellbogensprechstunde der Klinik A._ im Oktober 2002 an, nach den Ellbogenoperationen in den Jahren 1987 und 1989 sei es ihr - zumindest in Bezug auf die Armbeschwerden - bis im Dezember 2001 gut gegangen. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sich bereits im Jahre 1989 bei der Invalidenversicherung hinsichtlich allfälliger Leistungen erkundigt zu haben, entbehrt sodann jeglicher Beweisgrundlage, zumal der Umstand, dass ein Leistungsanspruch nach ihrer eigenen Aussage verneint worden ist, eher gegen das Vorliegen einer rechtserheblichen Arbeitsunfähigkeit im damaligen Zeitpunkt spricht. Des Weitern erscheint das Vorbringen der keiner familienrechtlichen Fürsorge- und Unterstützungspflichten unterworfenen Beschwerdeführerin, sie hätte ihr Arbeitspensum spätestens nach dem Tod ihres Pflegevaters im Jahre 1992 bereits aus finanziellen Gründen erhöhen müssen, in Anbetracht eines ihr im Jahre 1992 zugefallenen Nachlasses in Höhe von doch Fr. 357'104.-- nicht stichhaltig. Daran vermag auch die Tatsache, dass die Versicherte im Jahre 2002 laut Angaben in der Steuererklärung anscheinend nurmehr über ein Vermögen von Fr. 26'762.20 verfügte und - gemäss letztinstanzlich eingereichtem "SH Berechnungsblatt 01.08.2003" der Sozialdienste - im August 2003 Sozialhilfe bezogen hat, nichts zu ändern. Insbesondere letztgenanntem Kriterium wäre - sofern überhaupt relevant -, im Rahmen eines neuen Verfahrens Rechnung zu tragen, da es sich erst nach Erlass des Einspracheentscheides (vom 5. Mai 2003) verwirklicht hat (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweis). Im Übrigen ist aus den IK-Auszügen ersichtlich, dass die Versicherte zu keinem Zeitpunkt - also auch nicht vor 1980 - einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen ist. 4.2.2 Nach dieser Aktenlage ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt, dass die Beschwerdeführerin ohne Gesundheitsschaden im hier massgeblichen Zeitraum ihr bisheriges Arbeitspensum bei der Firma L._ AG gesteigert bzw. andernorts eine Vollzeitstelle aufgenommen hätte. Auch wenn eine abschliessende Beurteilung allein auf Grund der Aussagen der Beschwerdeführerin während des Abklärungsverfahrens zu ihrem erwerblichen Status als Gesunde (vgl. Erw. 4.2 hievor) zufolge Widersprüchlichkeit selbst unter Berücksichtigung der Erfahrungstatsache, dass spätere, anders lautende Erklärungen oftmals von Überlegungen sozialversicherungsrechtlicher Natur beeinflusst sein können (AHI 2000 S. 197 Erw. 2d; Erw. 3 des in RKUV 2001 Nr. U 437 S. 342 ff. auszugsweise publizierten Urteils C. vom 18. Juli 2001, U 430/00; Urteil Z. vom 2. September 2003, I 77/03, Erw. 3.2.3; vgl. auch BGE 121 V 47 Erw. 2a mit Hinweisen), schwer fallen dürfte, sprechen doch die in Erw. 4.2.1 hievor dargelegten objektiven Gegebenheiten gegen das Argumentarium der Versicherten. Es ist demnach eine Erwerbstätigkeit ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen von 58 % - und folglich eine Haushaltsquote von 42 % - anzunehmen. 5. 5.1 Mit Bezug auf den für die Invaliditätsbemessung im erwerblichen Bereich vorzunehmenden Einkommensvergleich ist hinsichtlich des Einkommens, das die Beschwerdeführerin als Gesunde zu erzielen vermöchte (Valideneinkommen), auf die Angaben gemäss Arbeitgeberbericht vom 17. Dezember 2001 abzustellen, wonach die Versicherte im Jahre 2000 einen Stundenlohn von Fr. 20.-- erzielt hat. Es sind namentlich keine Hinweise ersichtlich, dass es sich dabei um einen zufolge der damals bereits bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen reduzierten Verdienst gehandelt hätte. Ausgehend von einem wöchentlichen Arbeitspensum von 23 Stunden, einer durchschnittlichen Jahresarbeitszeit von 47 Wochen sowie einer Gratifikation von rund Fr. 900.-- beläuft sich das massgebliche Valideneinkommen im Rahmen eines 58 %-Pensums auf Fr. 22'520.-- (vgl. auch die Berechnung im Abklärungsbericht Haushalt vom 6. Januar 2003), welches von der Beschwerdeführerin, abgesehen vom zu berücksichtigenden Beschäftigungsgrad (100 %), denn auch nicht beanstandet wird. Unbestritten ist ferner - wie bereits dargelegt (Erw. 2.2 hievor) - zu Recht auch die Höhe des Invalideneinkommens (Fr. 17'204.--). 5.2 Aus der Gegenüberstellung von Validen- und Invalideneinkommen resultiert ein Invaliditätsgrad im erwerblichen Bereich von 23 %. Daraus ergibt sich angesichts einer ebenfalls nicht gerügten Behinderung im Haushalt von 11 % (Erw. 2.2 hievor) in Anwendung der gemischten Methode eine gewichtete - rentenausschliessende - Gesamtinvalidität von 18 % (0,58 x 23 % + 0,42 x 11 %) (zur Rundung vgl. BGE 130 V 121).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung und zugestellt. Luzern, 15. Juni 2004 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
56928b29-cc2d-44b3-865e-a01b3dc609cc
fr
2,010
CH_BGer_008
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. A.a M._, de nationalité africaine, née en 1975, est arrivée en Suisse en 2003. En septembre 2004, les médecins du Centre hospitalier universitaire vaudois (ci-après: CHUV) lui ont appris qu'elle était séropositive au virus HIV; elle souffrait en outre d'un dysfonctionnement sérieux du rein gauche. En raison de son état de santé, le Service social de X._ a déposé pour elle, le 4 mars 2005, une demande d'autorisation de séjour auprès du Service de la population du canton de Vaud. Le 30 janvier suivant, ce service a informé M._ du fait qu'après un examen de son dossier, et compte tenu de sa situation médicale, il était disposé à lui délivrer une autorisation de séjour fondée sur l'art. 13 let. f de l'Ordonnance limitant le nombre des étrangers, du 6 octobre 1986 (OLE, aujourd'hui abrogée; RO 1986 1791, 2007 5528). Il transmettrait donc son dossier pour approbation à l'Office fédéral des migrations (ci-après : ODM), avec un préavis positif. Le 27 novembre 2006, cet office a toutefois rendu une décision négative. L'intéressée a recouru devant le Tribunal administratif fédéral. A.b M._ perçoit, depuis le 1er janvier 2006, une aide sociale sous la forme d'un revenu d'insertion. Le 19 janvier 2009, le Centre social régional de Lausanne (ci-après : CSR) a mis fin à cette prestation, avec effet dès le 1er avril 2009, en l'informant que dès cette date, seule une aide d'urgence lui serait allouée. A la suite d'un recours contre cette décision, le Service de prévoyance et d'aide sociales du canton de Vaud (ci-après : SPAS) s'est enquis, auprès du Service de la population, de la situation de M._ du point de vue de la police des étrangers. Celui-ci a répondu : « L'Office fédéral des migrations (ODM) a refusé [...] d'accorder une exception aux mesures de limitation au sens de l'art. 13, lettre f de l'ordonnance limitant le nombre des étrangers du 6 octobre 1986 (OLE). Un recours a été formulé le 21 décembre 2006 auprès du Tribunal administratif fédéral (TAF). L'ODM a statué uniquement sur l'exception aux mesures de limitation et non sur le séjour, en effet, le séjour relève de la compétence du canton, pour autant que l'autorité fédérale accorde préalablement une exception. Dès lors, il n'y a pas lieu que le TAF rende une décision relative à l'effet suspensif. Nous vous confirmons ainsi que le TAF n'a pas rendu une décision quant à l'effet suspensif. En l'espèce, le séjour de l'intéressé est toléré sur le canton de Vaud par notre Service ». Par décision du 28 avril 2009, le SPAS a rejeté le recours interjeté par M._. B. Cette dernière a recouru devant le Tribunal cantonal vaudois, qui a rejeté le recours par jugement du 7 août 2009. C. M._ interjette un recours en matière de droit public contre ce jugement, en concluant formellement à la constatation de la violation de diverses dispositions de la Constitution du canton de Vaud (Cst./VD; [RS 131.231]) et de la Convention européenne des droits de l'homme (CEDH). Elle a demandé que l'effet suspensif soit attribué au recours. Le CSR a conclu au rejet du recours et s'en est remis à justice en ce qui concerne l'octroi de l'effet suspensif au recours. Le SPAS s'est référé au jugement entrepris et à la décision du 28 avril 2009. Par ordonnance du 30 octobre 2009, le juge délégué à l'instruction de la cause a attribué l'effet suspensif au recours.
Considérant en droit: 1. 1.1 La voie du recours en matière de droit public est ouverte en l'espèce. Le recours est en effet dirigé contre un jugement final (art. 90 LTF) rendu dans une cause de droit public (art. 82 let. a LTF) par une autorité cantonale de dernière instance (art. 86 al. 1 let. d LTF), sans que l'on se trouve dans l'un des cas d'exception mentionnés par l'art. 83 LTF. 1.2 L'art. 99 al. 2 LTF déclare irrecevable toute conclusion nouvelle, c'est-à-dire toute conclusion qui n'aurait pas été soumise à l'autorité précédente et qui tend, par conséquent, à élargir l'objet du litige (Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4137 ch. 4.1.4.3; BERNARD CORBOZ, in Commentaire de la LTF, 2009, no 30 ad art. 99). En outre, des conclusions uniquement constatatoires sont en principe irrecevables, faute d'intérêt digne de protection au recours, lorsque le recourant peut obtenir en sa faveur un jugement condamnatoire ou formateur; en ce sens, le droit d'obtenir un jugement en constatation de droit est subsidiaire (cf. ATF 135 I 119 consid. 4 p. 122; 132 V 18 consid. 2.1 p. 19; 129 V 289 consid. 2.1 p. 290; 125 V 21 consid. 1b p. 24). 1.3 La recourante a conclu formellement à la constatation de la violation de diverses dispositions de la Convention européenne des droits de l'homme (CEDH) et de la Constitution du canton de Vaud (Cst./VD). Indépendamment de leur caractère uniquement constatatoire, ces conclusions semblent nouvelles, au sens de l'art. 99 al. 2 LTF, par rapport à celles prises en instance cantonale. Il ressort néanmoins de l'ensemble du mémoire de recours (cf. ATF 135 I 119 consid. 4 cité; 118 Ib 134 consid. 2 p. 135; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in Commentaire de la LTF, 2009, no 18 ad art. 42; LAURENT MERZ, in Commentaire bâlois, Bundesgerichtsgesetz, 2008, no 18 ad art. 42), que la recourante souhaite en réalité obtenir le maintien de son droit à l'aide sociale, sans réduction à l'aide d'urgence. Il convient d'interpréter ses conclusions dans ce sens et d'entrer en matière sur le recours. 2. 2.1 La loi sur l'action sociale vaudoise, du 2 décembre 2003 (LASV; RSV 850.051) s'applique aux personnes domiciliées ou en séjour dans le canton (art. 4 al. 1 LASV). Elle ne s'applique pas aux personnes visées par la loi sur l'aide aux requérants d'asile et à certaines catégories d'étrangers, du 7 mars 2006 (LARA; RSV 142.21), à l'exception des dispositions relatives à l'aide d'urgence (art. 4 al. 2 LASV). Sont notamment concernées par cette exclusion les personnes séjournant illégalement sur territoire vaudois (art. 2 al. 1 ch. 4 LARA). 2. 2.1 La loi sur l'action sociale vaudoise, du 2 décembre 2003 (LASV; RSV 850.051) s'applique aux personnes domiciliées ou en séjour dans le canton (art. 4 al. 1 LASV). Elle ne s'applique pas aux personnes visées par la loi sur l'aide aux requérants d'asile et à certaines catégories d'étrangers, du 7 mars 2006 (LARA; RSV 142.21), à l'exception des dispositions relatives à l'aide d'urgence (art. 4 al. 2 LASV). Sont notamment concernées par cette exclusion les personnes séjournant illégalement sur territoire vaudois (art. 2 al. 1 ch. 4 LARA). 2.2 2.2.1 Aux termes de l'art. 4a al. 3 LASV, l'aide d'urgence est dans la mesure du possible allouée sous forme de prestations en nature. Elle comprend en principe le logement, en règle générale dans un lieu d'hébergement collectif (a), la remise de denrées alimentaires et d'articles d'hygiène (b), les soins médicaux d'urgence dispensés en principe par la Policlinique Médicale Universitaire (PMU), en collaboration avec les Hospices cantonaux CHUV (c), ainsi que l'octroi, en cas de besoin établi, d'autres prestations de première nécessité (d). 2.2.2 Les personnes qui n'entrent pas dans le champ d'application personnel de la LARA, et pour lesquelles l'action sociale vaudoise n'est donc pas limitée à l'aide d'urgence, peuvent prétendre, en fonction de leur situation personnelle, des mesures d'appui social (encadrement, soutien, écoute, information, conseil et intervention en faveur des personnes concernées auprès d'autres organismes, dans le but notamment de prévenir le recours au revenu d'insertion; art. 24 ss LASV), des prestations financières ainsi que des mesures d'insertion sociale ou professionnelle (revenu d'insertion; art. 27, 31 ss, 47 ss LASV). 3. Les premiers juges considèrent que le séjour de la recourante en Suisse est illicite au sens de l'art. 2 al. 1 ch. 4 LARA, dès lors qu'elle n'est pas au bénéfice d'une autorisation de séjour. Le fait qu'elle se trouve dans l'attente du résultat du recours interjeté contre la décision de l'ODM du 27 novembre 2006 et que le Service de la population tolère son séjour sur le territoire vaudois pendant cette procédure ne rend pas son séjour licite au sens de la disposition citée. Par conséquent, la recourante ne peut pas prétendre aux prestations prévues par la LASV, exceptée l'aide d'urgence. La recourante soulève les griefs de violation des art. 11, 12, 15, 33 et 38 Cst./VD, ainsi que des art. 3 et 8 CEDH. Elle soutient que l'interprétation et l'application des normes cantonales en matière d'aide sociale et d'aide d'urgence par les premiers juges, en particulier les art. 4 LASV et 2 LARA, sont incompatibles avec les normes constitutionnelles et internationales invoquées. 4. 4.1 La recourante rappelle d'abord que la notion d'aide d'urgence sous forme de prestations essentiellement en nature a été introduite avec l'entrée en vigueur, le 1er avril 2004, de la loi fédérale du 19 décembre 2003 sur le programme d'allégement budgétaire 2003 (RO 2004 1633 ss). Il s'agissait à l'époque de réduire les dépenses dans le domaine de l'asile en incitant les personnes frappées d'une décision de non-entrée en matière et de renvoi exécutoire à quitter le territoire. La recourante fait valoir qu'elle n'a pas fait l'objet d'une décision de renvoi, mais qu'elle a, au contraire, reçu le soutien des autorités cantonales pour l'obtention d'une autorisation de séjour. Les autorités fédérales n'ont par ailleurs pas refusé leur approbation, puisqu'un recours devant le Tribunal administratif fédéral est pendant. 4.2 Aux termes de l'art. 12 de la Constitution fédérale, quiconque est dans une situation de détresse et n'est pas en mesure de subvenir à son entretien a le droit d'être aidé et assisté, et de recevoir les moyens indispensables pour mener une existence conforme à la dignité humaine. La recourante ne soutient pas que l'art. 33 Cst./VD, auquel elle se réfère, aurait une portée plus large, de sorte que la jurisprudence relative à l'art. 12 Cst. est pertinente pour trancher le litige. Selon cette jurisprudence, le droit fondamental à des conditions minimales d'existence ne garantit pas un revenu minimum, mais uniquement la couverture des besoins élémentaires pour survivre d'une manière conforme aux exigences de la dignité humaine, tels que la nourriture, le logement, l'habillement et les soins médicaux de base. L'art. 12 Cst. se limite, autrement dit, à ce qui est nécessaire pour assurer une survie décente afin de ne pas être abandonné à la rue et réduit à la mendicité (cf. ATF 135 I 119 consid. 5.3 p. 123; 131 V 256 consid. 6.1 p. 261; 131 I 166 consid. 3.1 p. 172; 130 I 71 consid. 4.1 p. 74; 121 I 367 consid. 2c p. 373). Sa mise en oeuvre peut être différenciée selon le statut de la personne assistée. Ainsi la jurisprudence a-t-elle admis, pour les personnes qui doivent quitter la Suisse, en particulier les requérants d'asile sous le coup d'une décision de non-entrée en matière, qu'il n'y a pas lieu de poursuivre un intérêt d'intégration ou de garantir des contacts sociaux durables, compte tenu du caractère en principe temporaire de leur présence sur le territoire suisse (ATF 131 I 166 consid. 8.2 p. 182). Il est vrai que cette jurisprudence a été rendue sur recours de personnes auxquelles une décision de non-entrée en matière sur la demande d'asile ainsi qu'une décision de renvoi exécutoire avaient été notifiées. Elle trouve toutefois également application dans une situation telle que celle de la recourante, pour les motifs suivants. Selon cette jurisprudence, le droit fondamental à des conditions minimales d'existence ne garantit pas un revenu minimum, mais uniquement la couverture des besoins élémentaires pour survivre d'une manière conforme aux exigences de la dignité humaine, tels que la nourriture, le logement, l'habillement et les soins médicaux de base. L'art. 12 Cst. se limite, autrement dit, à ce qui est nécessaire pour assurer une survie décente afin de ne pas être abandonné à la rue et réduit à la mendicité (cf. ATF 135 I 119 consid. 5.3 p. 123; 131 V 256 consid. 6.1 p. 261; 131 I 166 consid. 3.1 p. 172; 130 I 71 consid. 4.1 p. 74; 121 I 367 consid. 2c p. 373). Sa mise en oeuvre peut être différenciée selon le statut de la personne assistée. Ainsi la jurisprudence a-t-elle admis, pour les personnes qui doivent quitter la Suisse, en particulier les requérants d'asile sous le coup d'une décision de non-entrée en matière, qu'il n'y a pas lieu de poursuivre un intérêt d'intégration ou de garantir des contacts sociaux durables, compte tenu du caractère en principe temporaire de leur présence sur le territoire suisse (ATF 131 I 166 consid. 8.2 p. 182). Il est vrai que cette jurisprudence a été rendue sur recours de personnes auxquelles une décision de non-entrée en matière sur la demande d'asile ainsi qu'une décision de renvoi exécutoire avaient été notifiées. Elle trouve toutefois également application dans une situation telle que celle de la recourante, pour les motifs suivants. 4.3 4.3.1 En l'espèce, la recourante n'a pas déposé une demande d'asile, mais a demandé l'octroi d'une autorisation de séjour en Suisse au regard de la législation sur les étrangers. La loi fédérale sur le séjour et l'établissement des étrangers, du 26 mars 1931 (LSEE; RS 1 113), en vigueur à l'époque de la demande présentée par la recourante et jusqu'au 31 décembre 2007, prévoyait le droit, pour l'étranger entré légalement en Suisse, d'y résider sans autorisation pour une durée de trois mois d'affilée au maximum s'il n'avait pas l'intention d'y prendre domicile ou d'y exercer une activité lucrative. Il devait s'annoncer aux autorités et demander une autorisation de séjour avant l'échéance de ce délai de trois mois s'il avait l'intention de rester plus longtemps en Suisse. S'il souhaitait y prendre domicile ou y exercer une activité lucrative, le délai pour s'annoncer et demander une autorisation était réduit à huit jours dès l'entrée en Suisse (art. 2 al. 1 LSEE; RO 1949 225). Jusqu'à l'expiration du délai dans lequel il était tenu de déclarer son arrivée ou, lorsqu'il avait fait régulièrement cette déclaration, jusqu'à la décision sur sa demande d'autorisation de séjour ou d'établissement, l'étranger entré légalement en Suisse pouvait y résider, sous réserve d'une décision contraire de l'autorité (art. 12 al. 3 LSEE a contrario et art. 1 al. 1 du Règlement d'exécution de la loi fédérale sur le séjour et l'établissement des étrangers, du 1er mars 1949 [RSEE]; RO 1949 232). En cas de séjour illégal en Suisse avant le dépôt de la demande d'autorisation de séjour, l'étranger n'était en principe pas admis à demeurer en Suisse pendant la durée de la procédure, à moins d'une décision contraire de l'autorité (cf. Minh Son Nguyen, Droit public des étrangers, 2003, p. 171 sv.; Andreas Zünd, Beendigung der Anwesenheit, Entfernung und Fernhaltung, in Peter Uebersax et al. [édit.]), Ausländerrecht, 1ère éd. 2002, n. 6.67 et note 202 p. 242). 4.3.2 Depuis le 1er janvier 2008, la loi fédérale sur les étrangers, du 16 décembre 2005 (LEtr; RS 142.20) prévoit que tout étranger peut séjourner en Suisse sans exercer d'activité lucrative pendant trois mois, sans autorisation, sauf si la durée fixée dans le visa est plus courte (art. 10 al. 1 LEtr). S'il prévoit un séjour plus long sans activité lucrative, il doit être titulaire d'une autorisation, qu'il doit solliciter avant son entrée en Suisse auprès de l'autorité compétente du lieu de résidence envisagé (art. 10 al. 2, 1ère phrase, LEtr). Il doit également être titulaire d'une autorisation s'il entend exercer une activité lucrative, quelle que soit la durée de son séjour (art. 11 al. 1 LEtr). Par ailleurs, l'étranger entré légalement en Suisse pour un séjour temporaire et qui dépose une demande d'autorisation de séjour durable doit attendre la décision à l'étranger (art. 17 al. 1 LEtr). L'autorité cantonale compétente peut l'autoriser à séjourner en Suisse durant la procédure si les conditions d'admission sont manifestement remplies (art. 17 al. 2 LEtr). 4.3.3 La recourante est entrée en Suisse et y a séjourné sans s'annoncer régulièrement aux autorités au sens de l'art. 2 al. 1 LSEE. Après le dépôt tardif d'une demande d'autorisation de séjour, le 4 mars 2005, le Service de la population du canton de Vaud ne l'a pas autorisée à séjourner en Suisse pendant la durée de la procédure. La renonciation à prendre des mesures en vue de son renvoi ne peut être assimilée à une décision d'autorisation (cf. ATF 130 II 39 consid. 4 p. 43; voir également consid. 5 ci-après). Que l'on se fonde sur les art. 12 al. 3 LSEE et 1 al. 1 RSEE ou sur l'art. 17 LEtr, la recourante ne dispose donc pas d'un véritable titre de séjour en Suisse pendant la durée de la procédure d'autorisation devant le Service de la population. La question du droit transitoire applicable ne se pose pas (cf. art. 126 al. 1 et 2 LEtr), puisque la législation en vigueur jusqu'au 31 décembre 2007 comme celle qui l'a remplacée conduisent au même constat. Malgré l'absence de décision formelle de renvoi, les autorités cantonales peuvent donc, en principe, réduire les prestations allouées à la recourante à une aide présentant un caractère transitoire marqué, comme l'aide d'urgence garantie au terme d'une décision de non-entrée en matière ou de rejet d'une demande d'asile au sens de l'art. 82 al. 1 et 2 LAsi, sans contrevenir à l'art. 12 Cst. 5. 5.1 La recourante voit un comportement contradictoire des autorités vaudoises dans le fait qu'elles déclarent, d'une part, « tolérer » le séjour de la recourante et qu'elles lui refusent, d'autre part, le revenu d'insertion au motif qu'elle ne dispose pas d'un véritable titre de séjour. 5.2 Aux termes de l'art. 5 al. 3 Cst., les organes de l'Etat et les particuliers doivent agir conformément aux règles de la bonne foi. Cela implique notamment qu'ils s'abstiennent d'adopter un comportement contradictoire ou abusif (ATF 134 V 306 consid. 4.2 p. 312). De ce principe découle notamment le droit de toute personne à la protection de sa bonne foi dans ses relations avec l'Etat (art. 9 Cst.; sur le rapport avec l'art. 5 al. 3 Cst.: arrêt 1P.701/2004 du 7 avril 2005 consid. 4.2 et les références). L'art. 11 Cst./VD auquel se réfère la recourante ne revêt pas une portée plus large. 5.2 Aux termes de l'art. 5 al. 3 Cst., les organes de l'Etat et les particuliers doivent agir conformément aux règles de la bonne foi. Cela implique notamment qu'ils s'abstiennent d'adopter un comportement contradictoire ou abusif (ATF 134 V 306 consid. 4.2 p. 312). De ce principe découle notamment le droit de toute personne à la protection de sa bonne foi dans ses relations avec l'Etat (art. 9 Cst.; sur le rapport avec l'art. 5 al. 3 Cst.: arrêt 1P.701/2004 du 7 avril 2005 consid. 4.2 et les références). L'art. 11 Cst./VD auquel se réfère la recourante ne revêt pas une portée plus large. 5.3 5.3.1 L'art. 20 LEtr autorise le Conseil fédéral à limiter le nombre d'autorisations de courte durée initiales et celui des autorisations de séjour initiales (art. 32 et 33) octroyées en vue de l'exercice d'une activité lucrative (al. 1, 1ère phrase). Le Conseil fédéral peut fixer un nombre maximum d'autorisations pour la Confédération et pour chaque canton (al. 2). Avant l'entrée en vigueur de la LEtr, ces mesures de limitation étaient fixées dans l'OLE, en relation avec l'art. 25 al. 1 LSEE. L'art. 13 let. f OLE autorisait les cantons à délivrer une autorisation de séjour indépendamment des nombres maximaux fixés par le Conseil fédéral, lorsque l'ODM y consentait en raison de la situation personnelle d'extrême gravité dans laquelle se trouvait l'intéressé (sur la notion de situation personnelle d'extrême gravité : ATF 130 II 39 consid. 3 p. 41; 128 II 200 consid. 4 et 5.3 p. 207 ss). Lorsqu'une telle situation était reconnue, cette disposition permettait notamment la régularisation d'une personne se trouvant jusqu'alors en situation irrégulière en Suisse, même si elle n'avait pas été conçue dans ce but (cf. ATF 130 II 39 consid. 5.2 p. 45; Marc Spescha, n. 5 ad art. 30 LEtr, in Marc Spescha et al. (édit.), Migrationsrecht, 2ème éd. 2009, p. 74; Peter Nideröst, Sans-Papiers in der Schweiz, in Peter Uebersax et al. (édit.), Ausländerrecht, 2ème éd. 2009, n. 9.15 ss, 9.19 ss p. 379 ss.). La question est désormais régie par l'art. 30 al. 1 let. b LEtr, qui prévoit la possibilité d'une dérogation aux conditions d'admission (art. 18 à 29 LEtr) en cas de situation personnelle d'extrême gravité. La notion est la même que celle de l'art. 13 let. f OLE (Message du 8 mars 2003 concernant la loi sur les étrangers, FF 2002 p. 3543 sv.); la jurisprudence relative à cette dernière disposition reste donc applicable (cf. art. 31 al. 1 de l'Ordonnance relative à l'admission, au séjour et à l'exercice d'une activité lucrative, du 24 octobre 2007 [OASA; RS 142.201]; Spescha, loc. cit.; Nideröst, loc. cit.). 5.3.2 Lorsqu'une personne dépose une demande d'autorisation de séjour en vue de régulariser sa situation, elle encourt le risque d'être renvoyée à l'étranger avant même qu'une décision soit rendue sur sa demande. Cette situation pourrait dissuader des personnes de s'annoncer aux autorités alors même que leur séjour en Suisse pourrait être régularisé. Afin de l'éviter, certains cantons semblent admettre le dépôt d'une demande de régularisation sous une forme anonymisée (cf. Nideröst, op. cit., n. 9.30 p. 383). D'autres renoncent provisoirement à des mesures de renvoi lorsqu'ils soumettent à l'ODM une demande de dérogation aux conditions d'admission pour un cas individuel d'extrême gravité (dans ce sens, Bulletin des séances du Grand Conseil du canton de Vaud no 70, séance du 21 février 2006, p. 8306 et 8307). C'est dans ce contexte que le Service de la population du canton de Vaud a déclaré tolérer le séjour de la recourante jusqu'à l'issue de la procédure. Cette tolérance est destinée à permettre aux personnes pour lesquelles une régularisation en raison d'une situation personnelle d'extrême gravité est envisageable de s'annoncer aux autorités sans craindre un renvoi immédiat, plutôt que de rester dans la clandestinité. Elle n'entre pas en contradiction, quant au principe, avec le refus de prestations plus étendues que l'aide d'urgence pendant la durée de la procédure, fondé sur les art. 2 al. 1 ch. 4 LARA et 4a LASV. 6. 6.1 La recourante soutient que l'exclusion de l'aide sociale pendant la durée de la procédure implique une ingérence dans sa vie privée, en particulier dans le choix de son domicile, puisque la prise en charge du loyer d'un logement individuel sera supprimée et qu'elle devra s'attendre à un hébergement collectif malgré l'atteinte à la santé dont elle souffre. Elle y voit une violation de l'art. 8 CEDH garantissant le droit de toute personne au respect de sa vie privée et familiale, de son domicile et de sa correspondance et conteste que l'atteinte soit nécessaire, dès lors que les autorités pourraient y mettre fin en statuant dans un délai raisonnable sur sa demande d'autorisation de séjour. La recourante se réfère également aux art. 12 et 15 Cst./VD. 6.2 Le droit d'obtenir de l'aide en situation de détresse est étroitement lié au droit à la vie et à la liberté personnelle (art. 10 Cst.) qui en constitue l'un des principaux fondements, avec la garantie de la dignité humaine (art. 7 Cst.; cf. ATF 135 I 119 consid. 7.3 p. 126; 132 I 49 consid. 5.1 p. 54; 121 I 367 consid. 2b p. 371; KATHRIN AMSTUTZ, Das Grundrecht auf Existenzsicherung, 2002, p. 71 ss, 78 ss, 110 sv.; MARGRITH BIGLER-EGGENBERGER, in: Die Schweizerische Bundesverfassung, 2ème éd. 2008, no 2 et 6 ad art. 12; ; HÄFELIN/ HALLER/KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7ème éd. 2008, n. 337 sv. p. 106; FELIX WOLFFERS, Grundriss des Sozialhilferechts, 2ème éd. 1999, p. 79 ss, p. 83). L'un des aspects du droit à la liberté personnelle se trouve par ailleurs concrétisé, au niveau international, par l'art. 8 CEDH, relatif au respect de la vie privée et familiale. Les art. 10 al. 2 Cst. et 8 CEDH garantissent ainsi tous deux le droit de toute personne à un espace de liberté dans lequel elle puisse se développer et se réaliser. Dans le cadre de sa sphère privée, l'individu doit pouvoir disposer librement de sa personne et de son mode de vie (cf. ATF 133 I 58 consid. 6.1 p. 66; arrêt 6C_1/2008 du 9 mai 2008 consid. 4, non publié in ATF 134 I 214). Les art. 12 et 15 Cst./VD ne revêtent pas une portée plus large. 6.3 En lien avec la garantie de la dignité humaine et le droit à la liberté personnelle, plusieurs auteurs soutiennent que l'aide allouée ponctuellement pour faire face à une situation de détresse transitoire peut s'avérer insuffisante sur une longue durée, en particulier pour une famille ou une personne atteinte dans sa santé (AMSTUTZ, op. cit., p. 145 sv., 213, 228, 332 sv.; MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4ème éd. 2008, p. 769; CARLO TSCHUDI, Nothilfe an Personen mit Nichteintretensentscheid, Jusletter du 20 mars 2006, no 31; cf. également BIGLER-EGGENBERGER, op. cit., n. 8 sv. ad art. 12 Cst.; CHARLOTTE GYSIN, Der Schutz des Existenzminimums in der Schweiz, 1999, p. 233 sv.). Le Tribunal fédéral a laissé ouverte la question dans l'ATF 135 I 119 (consid. 7.3, p. 126), en rapport avec le point de savoir si un minimum de prestations en espèces (argent de poche) doit être remis, en plus de prestations en nature, à tout le moins pour des éventualités où l'aide d'urgence se prolonge. 6.4 Dans le canton de Vaud, en ce qui concerne plus particulièrement la question du logement, la conception doctrinale évoquée ci-avant a trouvé un relais lors des discussions parlementaires relatives à l'art. 4a al. 3 let. a LASV. La formulation de cette disposition est finalement restée relativement ouverte, en prévoyant « en règle générale » un hébergement collectif, de manière à laisser une marge d'appréciation suffisante à l'autorité d'exécution pour statuer dans des cas particuliers (cf. Bulletin des séances du Grand Conseil du canton de Vaud no 68, séance du 14 février 2006, p. 8184, 8187, 8189). Rendue sur la base de cette réglementation cantonale, la décision de suppression du revenu d'insertion du 19 janvier 2009 n'est pas critiquable. Elle précise que l'Etablissement vaudois pour l'accueil des migrants (EVAM) continuera à prendre en charge le loyer de la recourante au titre de l'aide d'urgence, jusqu'à ce qu'un éventuel autre hébergement soit décidé; compte tenu de la marge d'appréciation réservée à l'EVAM par l'art. 4a al. 3 LASV, sur laquelle la décision du 19 janvier 2009 n'empiète pas, la contestation de la recourante relative à ses conditions d'hébergement est prématurée. 6.5 Au demeurant, la procédure d'autorisation de séjour est ouverte depuis maintenant plus de cinq ans, mais la décision administrative à l'origine de la présente procédure ne prévoyait de limiter les prestations allouées à la recourante qu'à partir du 1er avril 2009. Cette décision n'a pas encore pris effet en raison de l'effet suspensif attribué aux recours successifs de l'intéressée. 6.6 Vu ce qui précède, le grief tiré d'une violation des art. 8 CEDH, 12 et 15 Cst./VD est mal fondé. 7. La recourante invoque l'interdiction de toute peine ou traitement inhumain ou dégradant au sens des art. 3 CEDH et 12 al. 3 Cst./VD. Elle n'expose toutefois pas en quoi la limitation à l'aide d'urgence des prestations qui lui sont allouées pendant la procédure d'examen de sa demande de régularisation constituerait un tel traitement, quand bien même elle a invoqué des motifs médicaux à l'appui de cette demande. A défaut de motivation suffisante - la seule référence à une situation « schizophrénique » dans laquelle elle serait placée ne constitue pas une telle motivation -, il n'y a pas lieu d'entrer en matière sur ce grief. Par ailleurs, le grief de violation de l'art. 38 Cst./VD, également soulevé par la recourante sans développement particulier, ne revêt aucune portée propre par rapport aux autres dispositions constitutionnelles auxquelles elle se réfère, de sorte qu'il convient de le rejeter, pour autant qu'il soit recevable, pour les motifs déjà exposés en rapport avec ces dispositions. 8. Vu ce qui précède, la recourante voit ses conclusions rejetées et ne peut prétendre de dépens (art. 68 al. 1 LTF). Elle a déposé une demande d'assistance judiciaire en vue d'être dispensée d'avancer les frais de justice. Dès lors que le recours n'était pas dénué de chances de succès et que l'indigence de la recourante est établie (art. 64 al. 1 LTF), il convient d'accepter cette requête. La recourante est toutefois rendue attentive au fait qu'elle devra rembourser la caisse du Tribunal si elle se trouve ultérieurement en mesure de le faire (art. 64 al. 4 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. L'assistance judiciaire est accordée à la recourante. 3. Les frais judiciaires, arrêtés à 300 fr., sont mis à la charge de la recourante. Ils sont toutefois supportés provisoirement par la caisse du Tribunal. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties, au Centre social régional de Lausanne et au Tribunal cantonal vaudois. Lucerne, le 11 juin 2010 Au nom de la Ire Cour de droit social du Tribunal fédéral suisse Le Président: Le Greffier: Ursprung Métral
57182114-a696-457a-890f-ff3e138f9c02
de
2,012
CH_BGer_006
Federation
287.0
100.0
19.0
penal_law
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. F._ war Geschäftsführer und Finanzverantwortlicher der G._ AG, deren Gesellschaftszweck in der Projektierung, Planung und Ausführung von Industriebauten bestand. A._, B._, C._, D._ und E._ erstellten auf Anregung von F._ in den Jahren 1998 und 1999 falsche Rechnungen für Lieferungen und Bau- bzw. Handwerksarbeiten, die in Wahrheit zugunsten der Privatliegenschaft von F._ erfolgten. Die Rechnungen wurden zu Unrecht an die G._ AG adressiert. Sie waren inhaltlich unwahr, da darin anstelle der tatsächlich (an die Privatadresse von F._) gelieferten Gegenstände andere Artikel aufgeführt wurden (beispielsweise "Werkzeuge" anstatt "Besteck" oder "Ergänzung Werkstatteinrichtung" für die Lieferung eines Briefkastens und eines Schlauchwagens für das Einfamilienhaus von F._). Objekt der Bau- bzw. Handwerksarbeiten waren jeweils nicht die in den Rechnungen erwähnten Projekte "H._", "I._", "J._" bzw. "K._ AG" der G._ AG, sondern das Einfamilienhaus von F._. Zudem wurden in den Rechnungen teilweise andere als die tatsächlich ausgeführten Arbeiten aufgeführt (beispielsweise "Stahlkonstruktion streichen" anstatt "allgemeine Malerarbeiten"). F._ erfasste die in Rechnung gestellten Beträge in der Buchhaltung der G._ AG als erfolgswirksame Aufwände, wobei er den Verbuchungen die inhaltlich unwahren Rechnungen als Belege zugrunde legte, dies in der Absicht, sich einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, da er die Ausgaben nicht persönlich bezahlen musste. A._, B._, C._, D._ und E._ erstellten die Rechnungen jeweils mit dem von F._ verlangten unwahren Wortlaut. Sie leisteten dessen Aufforderung Folge, da sie künftige Aufträge von diesem und der G._ AG nicht verlieren wollten. B. Mit Urteil vom 29. April 2010 erkannte das Amtsgericht Olten-Gösgen D._ und C._ der Urkundenfälschung und A._, B._ sowie E._ der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig. Vom Vorwurf der Gehilfenschaft zum Steuerbetrug sprach es sie frei. Es verurteilte sie je zu bedingten Geldstrafen zwischen 10 und 60 Tagessätzen. Auf Beschwerden von A._, B._, C._, D._ und E._ hin sprach das Obergericht des Kantons Solothurn diese am 29. Juni 2011 von der angeklagten einfachen bzw. mehrfachen Urkundenfälschung frei. Der erstinstanzliche Freispruch vom Vorwurf der Gehilfenschaft zum Steuerbetrug erwuchs unangefochten in Rechtskraft. C. Die Staatsanwaltschaft führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts vom 29. Juni 2011 aufzuheben und die Sache zur Verurteilung wegen (mehrfacher) Urkundenfälschung an die Vorinstanz zurückzuweisen. D. Das Obergericht und die Beschwerdegegner beantragen die Abweisung der Beschwerde. E. Die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 24. Mai 2012 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 251 Ziff. 1 StGB. 1.1 Die Vorinstanz führt aus, die Rechnungen seien insofern falsch gewesen, als die von den Beschwerdegegnern tatsächlich erbrachten Leistungen falschen Projekten zugeordnet worden seien. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellten Rechnungen für sich allein keine Urkunden dar. Sie hätten bei der G._ AG im Rahmen eines schriftlichen Kontrollsystems zu einer zusammengesetzten Urkunde werden können. Dass dies der Fall war, sei nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen. Ein Schuldspruch würde zudem am Anklagegrundsatz scheitern, da den Beschwerdegegnern in der Anklage nicht vorgehalten werde, es sei zu zusammengesetzten Urkunden gekommen. Auch wenn sich der Gedanke an eine mögliche Manipulation der Buchhaltung durch F._ aufgedrängt habe, hätten die Beschwerdegegner nicht gewusst, ob dies auch geschehen würde. Sie seien teilweise von internen Verrechnungen zwischen F._ und der G._ AG ausgegangen, eine Möglichkeit, die nicht von der Hand zu weisen sei. Im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnungen sei deren Verwendung für die Buchhaltung noch offen und auch später im alleinigen Entscheidbereich von F._ gewesen. Den Beschwerdegegnern könne auch nicht nachgewiesen werden, sie hätten mit den falschen Rechnungen in erster Linie die Buchhaltung der G._ AG fälschen wollen. Die Rechnungen stellten schriftliche Lügen dar, welchen (für sich allein) keine Beweiseignung zukomme. 1.2 Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, bei den inhaltlich unwahren Rechnungen habe es sich um Buchhaltungsbelege gehandelt, da sie Eingang in die Buchhaltung der G._ AG gefunden hätten und klarerweise dazu bestimmt gewesen seien. Buchhaltungsbelege seien als Urkunden zu qualifizieren, weil ihnen aufgrund von Art. 957 OR erhöhte Glaubwürdigkeit zukomme. Wenn eine Privatperson einer Aktiengesellschaft eine Rechnung stelle, müsse einer im Geschäftsleben tätigen Person klar sein, dass die Rechnung als Buchhaltungsbeleg diene. Alle Beschwerdegegner seien sich offensichtlich bewusst gewesen, dass ihre Rechnungen für die Buchhaltung bestimmt gewesen seien und mit den inhaltlich unwahren Rechnungen ein falscher Buchhaltungsbeleg erstellt werden sollte. Dies sei der Grund für die verlangte Änderung des Rechnungstextes durch F._ gewesen. Nicht weiter führe die Erwägung der Vorinstanz, die Beschwerdegegner hätten nicht gewusst, ob F._ die Buchhaltung der G._ AG auch manipuliere. Eventualvorsatz reiche aus. Ein solcher sei vorliegend naheliegend. Auch hätten die Rechnungen tatsächlich Eingang in die Buchhaltung gefunden. Einem Buchhaltungsbeleg komme gemäss BGE 129 IV 130 nicht erst mit der Verbuchung Urkundencharakter zu. Anders als in BGE 131 IV 125 sowie in den Urteilen 6B_421/2008 und 6B_1019/2009 gehe es vorliegend nicht um zusammengesetzte Urkunden. Rechnungsaussteller und Rechnungsadressat seien Mittäter. Eine Beglaubigung der Richtigkeit der Rechnung mittels eines Visums oder einer Kontierung erübrige sich daher. Eine Rechnung werde nicht erst zur Urkunde, wenn sie einen Kontierungsstempel trage oder visiert worden sei. Art. 957 ff. OR würden dies nicht vorschreiben. 2. 2.1 Den Tatbestand der Urkundenfälschung nach Art. 251 Ziff. 1 StGB erfüllt, wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (Abs. 1), eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt (Abs. 2) oder eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht (Abs. 3). Urkunden sind u.a. Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (Art. 110 Abs. 4 StGB). Die Tatbestände des Urkundenstrafrechts schützen das Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als einem Beweismittel entgegengebracht wird (BGE 137 IV 167 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Die Urkundenfälschung im engeren Sinne erfasst das Herstellen einer unechten Urkunde, deren wirklicher Aussteller mit dem aus ihr ersichtlichen Urheber nicht identisch ist. Demgegenüber betrifft die Falschbeurkundung die Errichtung einer echten, aber unwahren Urkunde, bei der der wirkliche und der in der Urkunde enthaltene Sachverhalt nicht übereinstimmen. Die Falschbeurkundung erfordert eine qualifizierte schriftliche Lüge. Eine solche wird nur angenommen, wenn dem Schriftstück eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt und der Adressat ihm daher ein besonderes Vertrauen entgegenbringt. Das ist der Fall, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gegenüber Dritten gewährleisten, die gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen. Blosse Erfahrungsregeln hinsichtlich der Glaubwürdigkeit irgendwelcher schriftlicher Äusserungen genügen dagegen nicht, mögen sie auch zur Folge haben, dass sich der Geschäftsverkehr in gewissem Umfang auf die entsprechenden Angaben verlässt (BGE 132 IV 12 E. 8.1; 131 IV 125 E. 4.1; 129 IV 130 E. 2.1; je mit Hinweisen). Die Urkundenfälschung im engeren Sinne erfasst das Herstellen einer unechten Urkunde, deren wirklicher Aussteller mit dem aus ihr ersichtlichen Urheber nicht identisch ist. Demgegenüber betrifft die Falschbeurkundung die Errichtung einer echten, aber unwahren Urkunde, bei der der wirkliche und der in der Urkunde enthaltene Sachverhalt nicht übereinstimmen. Die Falschbeurkundung erfordert eine qualifizierte schriftliche Lüge. Eine solche wird nur angenommen, wenn dem Schriftstück eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt und der Adressat ihm daher ein besonderes Vertrauen entgegenbringt. Das ist der Fall, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gegenüber Dritten gewährleisten, die gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen. Blosse Erfahrungsregeln hinsichtlich der Glaubwürdigkeit irgendwelcher schriftlicher Äusserungen genügen dagegen nicht, mögen sie auch zur Folge haben, dass sich der Geschäftsverkehr in gewissem Umfang auf die entsprechenden Angaben verlässt (BGE 132 IV 12 E. 8.1; 131 IV 125 E. 4.1; 129 IV 130 E. 2.1; je mit Hinweisen). 2.2 2.2.1 Der Urkundencharakter eines Schriftstücks ist relativ. Es kann mit Bezug auf bestimmte Aspekte Urkundenqualität haben, hinsichtlich anderer Gesichtspunkte nicht. Nach der Gerichtspraxis kann sich unmittelbar aus dem Gesetz oder aus der Verkehrsübung bzw. dem Sinn oder der Art des Schriftstücks ergeben, ob dieses zum Beweis einer bestimmten Tatsache bestimmt und geeignet ist (BGE 129 IV 130 E. 2.2). Rechnungen sind nach ständiger Rechtsprechung in der Regel keine Urkunden (BGE 131 IV 125 E. 4.2; 121 IV 131 E. 2c; 117 IV 35; 88 IV 33). Eine erhöhte Glaubwürdigkeit und damit eine Urkundenqualität von Rechnungen kann sich ausnahmsweise aus dem konkreten Verwendungszweck ergeben. Die Rechtsprechung bejaht dies, wenn Rechnungen im Zollverkehr als Beleg für die Richtigkeit der Angaben in der Zollanmeldung verwendet werden (BGE 96 IV 150 E. 2a; Urteil 1A.253/2002 vom 28. Januar 2003 E. 2.2). Eine Urkunde liegt zudem vor, wenn dem Aussteller eine garantenähnliche Stellung zukommt bzw. wenn dieser in einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Empfänger steht. Dies wurde etwa bezüglich eines Arztes gegenüber der Krankenkasse angenommen (BGE 103 IV 178 E. IV). Eine garantenähnliche Stellung hat nach der Rechtsprechung auch der bauleitende Architekt, der die Pflicht zur ordnungsgemässen Prüfung der Schlussabrechnung übernommen hat. Die von diesem visierte und als richtig bestätigte Unternehmerrechnung ist eine Urkunde (BGE 119 IV 54 E. 2). Gleiches gilt, wenn Rechnungen im Rahmen eines hierfür beim Rechnungsempfänger vorgesehenen Rechnungskontrollverfahrens nach einer materiellen Prüfung mit einem Prüfungsvermerk versehen werden (BGE 131 IV 125 E. 4.5; Urteil 6B_916/2008 vom 21. August 2009 E. 9, nicht publ. in: BGE 135 IV 198). Der schriftlich als richtig bescheinigten Rechnung kommt nach der Rechtsprechung als sogenannte zusammengesetzte Urkunde erhöhte Glaubwürdigkeit zu (BGE 131 IV 125 E. 4.2; Urteil 6B_916/2008 vom 21. August 2009 E. 9.5 und 9.6). Unabhängig davon werden Rechnungen zu Urkunden, wenn sie als Buchhaltungsbelege Eingang in die kaufmännische Buchhaltung finden. Die kaufmännische Buchführung und ihre Bestandteile (Belege, Bücher, Buchhaltungsauszüge über Einzelkonten, Bilanzen oder Erfolgsrechnungen) sind kraft Gesetzes (Art. 957 OR) bestimmt und geeignet, Tatsachen von rechtlich erheblicher Bedeutung zu beweisen. Für den Urkundencharakter spielt der mit der Buchführung verfolgte Zweck keine Rolle (BGE 132 IV 12 E. 8.1; 129 IV 130 E. 2.2 mit Hinweisen). Ist ein Schriftstück bereits bei der Erstellung objektiv und subjektiv dazu bestimmt, Bestandteil der kaufmännischen Buchführung zu sein, kommt ihm nicht erst mit der Verbuchung der darin enthaltenen Angaben, sondern bereits mit dessen Ausfertigung Urkundencharakter zu (BGE 129 IV 130 E. 3.2 und 3.3 betreffend einen zurückdatierten Kaufvertrag sowie eine Kaufrechtsvereinbarung). 2.2.2 Die Beschwerdeführerin weist zutreffend drauf hin, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien nicht kumulativ zur Anwendung gelangen. Dient die Rechnung als Beleg für die kaufmännische Buchhaltung, liegt eine Urkunde auch vor, wenn deren Aussteller keine garantenähnliche Stellung innehatte. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Buchhaltungsbeleg vorgängig im Rahmen eines schriftlichen Kontrollverfahrens als richtig visiert wurde. Ein solcher Prüfungsvermerk ist nicht zwingend. Fehl geht der Hinweis der Vorinstanz auf das Anklageprinzip. Dass die Anklageschrift nicht von einer zusammengesetzten Urkunde ausgeht, steht einem Schuldspruch nicht entgegen. 2.3 Eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB setzt eine Tathandlung voraus, sei es, dass der Täter die inhaltlich unwahre Rechnung als Urkunde erstellt, dass er diese schriftlich als richtig bescheinigt (womit sie zur zusammengesetzten Urkunde wird) oder dass er sie als Beleg für die Jahresrechnung oder anderweitig im Verkehr mit Dritten als Schriftstück mit erhöhter Glaubwürdigkeit verwendet. Ist die Rechnung objektiv und subjektiv als Beleg für die kaufmännische Buchhaltung bestimmt, verfasst der Täter mit der inhaltlich unwahren Rechnung auch einen inhaltlich unwahren Buchhaltungsbeleg (BGE 118 IV 35 E. 3b/cc; 115 IV 225 E. 2e; vgl. oben E. 2.2.1). Eine Urkundenfälschung begeht namentlich, wer als (Mit-)Verantwortlicher für die Buchhaltung der rechnungsstellenden Gesellschaft eine inhaltlich unwahre Rechnung erstellt, die als Bestandteil der eigenen Buchhaltung erscheint (BGE 118 IV 35 E. 3; 117 IV 35 E. 2c; 115 IV 225 E. 2; vgl. auch STRATENWERTH/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil II, 6. Aufl. 2008, N. 41 S. 169). Darüber hinaus wurde eine Zweckbestimmung von Rechnungen als Buchhaltungsbelege in der bisherigen Rechtsprechung nur mit Zurückhaltung angenommen. Dass die inhaltlich unwahre Rechnung später Eingang in die Buchhaltung des Rechnungsempfängers (BGE 131 IV 125 E. 4.2; Urteil 6B_421/2008 vom 21. August 2009 E. 5.4 und 5.5) oder eines Dritten (vgl. BGE 117 IV 35) fand, war für eine Verurteilung des Ausstellers wegen Urkundenfälschung nicht ausreichend, auch nicht, wenn sowohl der Rechnungsaussteller als auch der Rechnungsempfänger bzw. die bei diesem für die Prüfung der Rechnung verantwortliche Person wussten, dass die Rechnung falsch war. In Betracht kam höchstens eine Gehilfenschaft zur Urkundenfälschung (vgl. Urteile 6B_421/2008 vom 21. August 2009 E. 5.6; 6B_1019/2009 vom 11. März 2010 E. 2.4). Diese setzt nach dem Grundsatz der Akzessorietät eine Haupttat voraus (BGE 130 IV 131 E. 2.4 mit Hinweis), welche tatbestandsmässig, rechtswidrig und zumindest ein strafbarer Versuch sein muss (Urteil 6B_808/2010 vom 17. Mai 2011 E. 4.2 mit Hinweisen). 2.4 2.4.1 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Urkundenfälschung wurde im Schrifttum verschiedentlich kritisiert. Für eine weitere Auslegung des Tatbestands der Urkundenfälschung sprach sich namentlich NIKLAUS SCHMID aus, der die Beweiseignung von Rechnungen bejaht, wenn diese beim Aussteller oder Empfänger als Buchhaltungsbelege Bestandteil der Buchhaltung werden. Massgebend ist nach SCHMID, ob der Aussteller der Rechnung mit dem Wissen handelt, dass diese im Rahmen einer Buchführung Beweisfunktion erlangt und nicht, ob die Rechnung tatsächlich in eine Buchhaltung integriert wird (vgl. NIKLAUS SCHMID, Fragen der Falschbeurkundung bei Wirtschaftsdelikten, ZStrR 95/1978 S. 306 f.). Eine ähnliche Auffassung vertritt LUCREZIA GLANZMANN-TARNUTZER, wonach eine strafbare Falschbeurkundung anzunehmen ist, wenn eine falsche Rechnung Bestandteil der kaufmännischen Buchhaltung einer der beteiligten Parteien, d.h. des Rechnungsausstellers oder des Rechnungsempfängers wird. Ausserhalb des kaufmännischen Bereichs soll die Erstellung einer falschen Rechnung demgegenüber grundsätzlich nicht als Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 StGB zu ahnden sein (vgl. LUCREZIA GLANZMANN-TARNUTZER, Art. 251 StGB und die Erstellung einer inhaltlich falschen Rechnung, AJP 2002 S. 770 und 773). Die Beschwerdeführerin beruft sich massgeblich auf GLANZMANN-TARNUTZER. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach Rechnungen selbst im Verkehr mit buchführungspflichtigen Gesellschaften nur ausnahmsweise Urkunden sind, wurde auch von weiteren Autoren kritisiert (vgl. etwa PIERRE GABUS, Le fraudeur, le faussair, l'escroc et l'assureur, SJ 1999 II 28 ff.; REMUND/BOSSARD/THORMANN, Le faux intellectuel dans le droit pénal économique, in: Droit pénal économique, 2011, S. 309 f.). Nach einer anderen Lehrmeinung ist der Umstand, dass eine inhaltlich falsche Rechnung möglicherweise als Beleg in die Buchhaltung des Adressaten eingeht, demgegenüber kein taugliches Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung zwischen Falschbeurkundung und straffreier schriftlicher Lüge (vgl. HANS VEST, Probleme des Urkundenstrafrechts, AJP 2003 S. 886; HEINZ OTTIGER, Treten an Ort bei der Falschbeurkundung, forumpoenale 1/2010 S. 46 ff.; MARKUS BOOG, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, 2. Aufl. 2007, N. 56 zu Art. 251 StGB; in diesem Sinne auch STRATENWERTH/BOMMER, a.a.O., N. 41 S. 169; BERNARD CORBOZ, Le faux dans les titres, ZBJV 131/1995 S. 551 f.). 2.4.2 Im Verhältnis zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger bzw. -adressat kann eine Rechnung höchstens unter besonderen Umständen erhöhte Glaubwürdigkeit haben (so beispielsweise bei einer garantenähnlichen Stellung, vgl. oben E. 2.2.1). Prüft der Rechnungsempfänger die Rechnung und hat er die Möglichkeit, allfällige Fehler beim Aussteller zu beanstanden, hat diese keine Beweisfunktion. Insoweit enthält eine Rechnung blosse Behauptungen des Ausstellers über die vom Empfänger geschuldete Leistung. Die darin enthaltenen Angaben können vom Rechnungsaussteller gegenüber dem Rechnungsempfänger nicht als Beweis dafür angerufen werden, dass der in Rechnung gestellte Betrag geschuldet ist, sondern wären von diesem im Rahmen einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung gerade zu beweisen. Vor diesem Hintergrund wäre es verfehlt, eine Urkundenqualität von Rechnungen generell alleine deshalb zu bejahen, weil die Adressatin buchführungspflichtig ist. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass eine Rechnung auch bei einer buchführungspflichtigen Adressatin in der Regel erst nach erfolgter Prüfung zum Buchhaltungsbeleg erhoben wird. Dieser Entscheid obliegt dem Rechnungsempfänger bzw. den beim Empfänger für die Buchhaltung verantwortlichen Personen. Soweit die Beschwerdeführerin eine Urkundenfälschung bereits mit der Begründung annimmt, die Beschwerdegegner hätten ihre Rechnungen an eine buchführungspflichtige Gesellschaft adressiert, kann ihr nicht gefolgt werden. 2.4.3 Der Urkundenfälschung kann sich allerdings auch der Rechnungsaussteller strafbar machen, wenn die inhaltlich unwahre Rechnung nicht mehr nur Rechnungsfunktion hat, sondern in erster Linie auch als Beleg für die Buchhaltung der Rechnungsempfängerin bestimmt ist. Die bisherige Rechtsprechung ist insofern weiterzuführen, dass eine objektive Zweckbestimmung von Rechnungen als Buchhaltungsbelege auch angenommen werden muss, wenn der Rechnungsaussteller mit der buchführungspflichtigen Rechnungsempfängerin bzw. deren Organen oder Angestellten zusammenwirkt und auf deren Geheiss oder Anregung hin oder mit deren Zustimmung eine inhaltlich unwahre Rechnung erstellt. Darunter können sogenannte Gefälligkeitsrechnungen fallen. Buchhaltungsbelege sind Urkunden. Dies rechtfertigt, auch einen Dritten in die Pflicht zu nehmen, der im Einvernehmen mit einer buchführungspflichtigen Rechnungsempfängerin inhaltlich unwahre Rechnungen anfertigt, mit welchen deren Buchhaltung verfälscht werden soll. Dieses Verhalten ist gleichermassen strafwürdig wie dasjenige von Organen oder Angestellten der buchführungspflichtigen Gesellschaft, die Buchhaltungsbelege fälschen. Steht ein solches Zusammenwirken des Rechnungsausstellers mit dem Rechnungsempfänger fest, ist die inhaltlich unwahre Rechnung aufgrund ihrer Zweckbestimmung als Buchhaltungsbeleg eine Urkunde. Täter (und nicht bloss Gehilfe) im Sinne von Art. 251 StGB kann daher auch sein, wer einen falschen Buchhaltungsbeleg erstellt, ohne selber für die Buchhaltung verantwortlich zu sein. Ist die Zweckbestimmung einer Rechnung als Buchhaltungsbeleg zu bejahen, entsteht die inhaltlich unwahre Urkunde bereits mit deren Erstellung und nicht erst mit der Verbuchung in der Buchhaltung der Rechnungsempfängerin (vgl. BGE 129 IV 130 E. 3.2 und 3.3). 3. 3.1 Die Beschwerdegegner verfassten auf Geheiss von F._ inhaltlich unwahre Rechnungen, welche dieser der Geschäftsbuchhaltung der G._ AG zugrunde legte. Die Beschwerdegegner erstellten nicht nur Rechnungen, sondern auch Buchhaltungsbelege. Diese waren inhaltlich unwahr, da darin andere als die tatsächlich erfolgten Leistungen in Rechnung gestellt wurden. Damit wurde der Eindruck erweckt, es handle sich um geschäftliche Auslagen der G._ AG. Mit den inhaltlich unwahren Rechnungen wurde die Buchhaltung der G._ AG verfälscht, da private Auslagen als geschäftsbedingt ausgewiesen wurden und der Gewinn der G._ AG damit geschmälert wurde. Durch die Erstellung der inhaltlich unwahren Rechnungen als Buchhaltungsbelege erfüllten die Beschwerdegegner den objektiven Tatbestand der Urkundenfälschung. Anzufügen bleibt, dass den Beschwerdegegnern grundsätzlich nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass sie die Rechnungen an die G._ AG anstatt an F._ persönlich adressierten. Die Rechnungen geben diesbezüglich die Erklärung von F._ wieder. Tritt dieser gegenüber den Beschwerdegegnern nicht persönlich, sondern als Organ der G._ AG auf, erscheint darin die Gesellschaft als Vertragspartnerin. Vorliegend waren die Rechnungen jedoch unwahr, da geschäftliche Auslagen der G._ AG vorgetäuscht wurden. Anzufügen bleibt, dass den Beschwerdegegnern grundsätzlich nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass sie die Rechnungen an die G._ AG anstatt an F._ persönlich adressierten. Die Rechnungen geben diesbezüglich die Erklärung von F._ wieder. Tritt dieser gegenüber den Beschwerdegegnern nicht persönlich, sondern als Organ der G._ AG auf, erscheint darin die Gesellschaft als Vertragspartnerin. Vorliegend waren die Rechnungen jedoch unwahr, da geschäftliche Auslagen der G._ AG vorgetäuscht wurden. 3.2 3.2.1 In subjektiver Hinsicht erfordert Art. 251 Ziff. 1 StGB Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale, wobei Eventualvorsatz genügt. Eventualvorsätzlich handelt, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt (Art. 12 Abs. 1 und 2 StGB). Das für den Vorsatz notwendige Wissen verlangt, soweit es sich auf Tatbestandsmerkmale bezieht, deren Verständnis eine rechtliche Wertung voraussetzt, nicht die juristisch exakte Erfassung des gesetzlichen Begriffs. Vielmehr genügt es, wenn der Täter den Tatbestand so verstanden hat, wie es der landläufigen Anschauung eines Laien entspricht (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre). Versteht der Täter in laienhafter Anschauung die soziale Bedeutung des von ihm verwirklichten Sachverhalts, so handelt er mit Vorsatz, auch wenn er über die genaue rechtliche Qualifikation irrt (BGE 135 IV 12 E. 2.2; 129 IV 238 E. 3.2.2 mit Hinweisen). 3.2.2 Die Vorinstanz geht zu Unrecht davon aus, die Beschwerdegegner hätten sich nur strafbar gemacht, wenn sie sicher darum gewusst hätten, dass die Rechnungen als Urkunden Eingang in die Buchhaltung der G._ AG finden werden. Strafbar ist auch die eventualvorsätzliche Tatbegehung. Eventualvorsatz in Bezug auf die Urkundenqualität muss angenommen werden, wenn der Rechnungsaussteller mit der Möglichkeit rechnete, dass die auf Wunsch oder im Einvernehmen mit der Rechnungsempfängerin abgeänderte Rechnung für deren Buchhaltung bestimmt war. Dies liegt nahe, wenn Rechnungen auf Verlangen der Rechnungsempfängerin verfälscht und darin geschäftliche Auslagen vorgetäuscht werden. Davon geht auch die Vorinstanz aus, wenn sie darauf hinweist, der Gedanke an eine mögliche Manipulation der Buchhaltung durch F._ habe sich aufgedrängt. 3.2.3 Die Beschwerdegegner können sich nicht damit entlasten, sie seien von internen Verrechnungen zwischen F._ und der G._ AG ausgegangen. Dies vermöchte allenfalls zu erklären, weshalb sie die Rechnungen an die G._ AG und nicht an F._ persönlich adressierten, nicht jedoch, dass darin andere als die tatsächlich erbrachten Leistungen aufgeführt wurden. Die Beschwerdegegner waren gemäss der Feststellung des Amtsgerichts erfahrene Geschäftsmänner bzw. verfügten über fundamentale buchhalterische Kenntnisse (erstinstanzliches Urteil S. 11-14). Dies wird von der Vorinstanz nicht infrage gestellt. 3.2.4 Im Weiteren verlangt der Tatbestand der Urkundenfälschung ein Handeln in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Der Täter braucht nicht zu wissen, worin dieser Vorteil liegt (BGE 135 IV 12 E. 2.2 mit Hinweis). Er muss die Urkunde im Rechtsverkehr als wahr verwenden (lassen) wollen, was eine Täuschungsabsicht voraussetzt. Der erstrebte Vorteil bzw. die Schädigung muss sich gerade aus dem Gebrauch der unechten bzw. unwahren Urkunde ergeben (BGE 135 IV 12 E. 2.2; Urteil 6P.51/2005 vom 30. November 2005 E. 4.2, nicht publ. in: BGE 132 IV 12). Eine Täuschung Dritter wird bei der Erstellung einer unwahren Buchhaltung in der Regel in Kauf genommen (BGE 133 IV 303 E. 4.6-4.9). Die Bereicherungsabsicht ist zu bejahen, wenn die Beschwerdegegner in der Absicht handelten, F._ oder der G._ AG einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Davon ist grundsätzlich auszugehen. Im Gegenzug erhofften sich die Beschwerdegegner von diesem und der G._ AG weitere Aufträge. 3.3 Die Angelegenheit ist in diesem Sinne zur erneuten Prüfung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 4. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdegegner kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführerin ist keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Das Bundesgericht erkennt: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 29. Juni 2011 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Den Beschwerdegegnern werden je Gerichtskosten von Fr. 800.-- unter solidarischer Haftung auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 24. Mai 2012 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Mathys Die Gerichtsschreiberin: Unseld
57759611-7a5d-414d-8e03-abded8336fb5
de
2,009
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Shisha Bar GmbH betreibt in Bern und Thun je eine Shisha-Bar, worin sie einerseits Getränke, andererseits die Möglichkeit anbietet, vor Ort Wasserpfeifen zu rauchen. B. B.a Am 10. September 2008 erliess der Grosse Rat des Kantons Bern das Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen (SchPG; BSG 811.51). Nach Art. 8 SchPG erhielt Art. 27 des bernischen Gastgewerbegesetzes vom 11. November 1993 (GGG; BSG 935.11) den folgenden Wortlaut: "Schutz vor Passivrauchen 1 In öffentlich zugänglichen Innenräumen von Betrieben, die eine Betriebs- oder Einzelbewilligung nach diesem Gesetz benötigen, ist das Rauchen verboten. 2 Im Freien und in Fumoirs (abgeschlossene Räume mit einer eigenen Lüf- tung) bleibt das Rauchen gestattet. 3 Die verantwortliche Person und die von ihr instruierten Angestellten und weiteren Hilfspersonen setzen das Rauchverbot um, indem sie a die Innenräume rauchfrei einrichten, b über das Rauchverbot informieren, beispielsweise mit Verbotstafeln, c die Gäste anhalten, das Rauchen zu unterlassen, d nötigenfalls Personen wegweisen, die das Verbot missachten. 4 Der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer richtet sich nach der eidgenössischen Arbeitsgesetzgebung." Gleichzeitig wurde die Strafbestimmung von Art. 49 Abs. 2 GGG neu wie folgt gefasst: "Mit Busse von 40 Franken bis 2000 Franken wird bestraft, wer als Gast einen Gastgewerbebetrieb zur Schliessungsstunde nicht verlassen hat oder das Rauchverbot gemäss Artikel 27 Absatz 1 missachtet." Die Gesetzesänderung trat am 1. Juli 2009 in Kraft. B.b Am 1. April 2009 erliess der Regierungsrat des Kantons Bern die Verordnung zum Schutz vor Passivrauchen (SchPV; BSG 811.511). Mit Art. 6 Ziff. 1 SchPV fügte er gleichzeitig unter dem Titel "Va. Schutz vor Passivrauchen" die neuen Art. 20a - 20e in die bernische Gastgewerbeverordnung (GGV; BSG 935.111) ein. Diese Verordnungsbestimmungen traten ebenfalls am 1. Juli 2009 in Kraft. B.c Am 3. Oktober 2008 erliess die Bundesversammlung das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen (BBl 2008 8243; dazu auch BBl 2007 6185 und 6207). Die Referendumsfrist lief unbenützt ab. Der Bundesrat hat inzwischen angekündigt, das Gesetz und die dieses ausführenden Verordnungsbestimmungen auf den 1. Mai 2010 in Kraft zu setzen. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 19. März 2009 an das Bundesgericht stellt die Shisha Bar GmbH die folgenden Anträge: "1. Es sei Art. 8 des bernischen Gesetzes zum Schutz vor Passivrauchen (SchPG) vom 10. September 2008 und die Art. 27 Abs. 1 bis 3 und Art. 49 Abs. 2 in fine ("oder das Rauchverbot gemäss Artikel 27 Absatz 1 missachtet") der Änderung des bernischen Gastgewerbegesetzes (GGG) aufzuheben. 2. Eventualiter sei die Verfassungswidrigkeit von Art. 8 des bernischen Gesetzes zum Schutz vor Passivrauchen (SchPG) vom 10. September 2008 und von Art. 27 Abs. 1 bis 3 und Art. 49 Abs. 2 in fine ("oder das Rauchverbot gemäss Artikel 27 Absatz 1 missachtet") der dazugehörigen Änderung im bernischen Gastgewerbegesetz (GGG) festzustellen. ..." Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, die angefochtenen Gesetzesbestimmungen verstiessen gegen die Wirtschaftsfreiheit, die Eigentumsgarantie und das Rechtsgleichheitsgebot. D. Die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Shisha Bar GmbH hat sich mit Eingabe vom 13. Juli 2009 nochmals zur Sache geäussert und hält dabei im Wesentlichen an ihrem Standpunkt fest. Die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern verzichtete darauf, eine weitere Stellungnahme einzureichen. E. Mit Verfügung vom 19. Mai 2009 wies der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts ein Gesuch der Shisha Bar GmbH um aufschiebende Wirkung ab.
Erwägungen: 1. 1.1 Ein kantonaler Erlass kann beim Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. b BGG). Der Ausschlusskatalog von Art. 83 BGG betrifft nur Beschwerden gegen Entscheide und kommt bei der Anfechtung von Erlassen (abstrakte Normenkontrolle) nicht zur Anwendung. Gegen kantonale Erlasse ist unmittelbar die Beschwerde zulässig, sofern kein kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann (Art. 87 Abs. 1 BGG). Der Kanton Bern kennt - im Unterschied zu kommunalen Erlassen - keine abstrakte Normenkontrolle gegen kantonale Erlasse (vgl. MARKUS MÜLLER, Bernische Verwaltungsrechtspflege, 2008, 139). 1.2 Nach Art. 101 BGG ist die Beschwerde gegen einen Erlass innert 30 Tagen nach der nach dem kantonalen Recht massgebenden Veröffentlichung des Erlasses beim Bundesgericht einzureichen. Zu frühe Einreichung schadet grundsätzlich nicht und führt nicht zum Nichteintreten auf die Beschwerde, sondern in der Regel lediglich zu einer Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens (BGE 130 I 286 E. 1 S. 288 f.; 124 I 159 E. 1d S. 162; je mit Hinweis). In der Ausgabe des Amtsblatts des Kantons Bern vom 18. Februar 2008 stellte der Regierungsrat des Kantons Bern fest, dass die für das kantonale Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen laufende Referendumsfrist am 5. Januar 2009 unbenutzt abgelaufen und dieser Erlass damit zustande gekommen sei. Die damit zusammenhängenden Änderungen des Gastgewerbegesetzes wurden nicht separat publiziert. Inzwischen trat die fragliche Gesetzesnovelle am 1. Juli 2009 in Kraft. Die Beschwerde wurde demnach rechtzeitig erhoben, und eine Sistierung des Verfahrens war und ist nicht erforderlich. 1.3 Angefochten sind einzig Art. 8 SchPG sowie Art. 27 Abs. 1-3 und Art. 49 Abs. 2 am Ende (Satzteil: "oder das Rauchverbot gemäss Artikel 27 Absatz 1 missachtet") GGG. In ihren Rechtsschriften äussert sich die Beschwerdeführerin aber auch wiederholt zu den bernischen Ausführungsbestimmungen im Verordnungsrecht (SchPV und GGV). Obwohl sich im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde an das Bundesgericht aufgrund der entsprechenden politischen Diskussionen bzw. Verhandlungen mit den betroffenen Kreisen abzeichnete, welche Regelung dem Regierungsrat des Kantons Bern auf Verordnungsstufe vorschwebte, waren die kantonalen Verordnungsbestimmungen damals noch nicht erlassen. Soweit die Beschwerdeführerin diese in der Fassung der damaligen Konsultationsunterlagen prospektiv als unzulässig bezeichnet, kann darauf nicht eingetreten werden, da es dazu am erforderlichen Anfechtungsgegenstand fehlt. Die Beschwerdeführerin hat es unterlassen, die nachmalig erlassenen Verordnungsbestimmungen selbständig anzufechten. Eine Aufhebung derselben und die Kontrolle ihrer Verfassungskonformität fallen daher ausser Betracht. Zu prüfen ist mithin einzig die Verfassungsmässigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmungen. 2. 2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein (BGE 133 I 286 E. 2.2 S. 290). Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (vgl. BGE 133 I 206 E. 2.1 S. 210). 2.2 Die Beschwerdeführerin ist Betreiberin verschiedener Gaststätten, die im Rahmen einer klassischen Barkultur ein ausgewähltes Angebot an alkoholischen und alkoholfreien Getränken führen, das durch Wasserpfeifen (Shisha) in verschiedenen Aromen ergänzt wird. In Thun betreibt die Beschwerdeführerin eine Shisha-Bar auf zwei Etagen mit einer Lokalfläche von ungefähr 140 m2, in Bern eine solche in einem einräumigen Kellerlokal von rund 70 m2, in dem im Übrigen die Zubereitung von Speisen nicht erlaubt ist und zu welchem Personen unter 18 Jahren keinen Zutritt haben. Aufgrund des angefochtenen Erlasses bzw. weil der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht erteilt wurde und mangels baulicher Anpassungen ist zurzeit das Raucherangebot in der Bar in Bern nicht möglich. In Thun hat die Beschwerdeführerin die Lokalitäten angepasst und einen Raucherraum (Fumoir) eingerichtet, in dem nebst Wasserpfeifen auch andere Raucherartikel wie insbesondere eine Auswahl von Zigarren angeboten werden. 2.3 Die Beschwerdeführerin ficht die angefochtenen Bestimmungen einzig insoweit an, als sich diese auf das Rauchen von Wasserpfeifen beziehen. Die Rechtswirkung hinsichtlich anderer Tabakwaren stellt sie nicht in Frage, und sie erklärt auch ausdrücklich ihre Bereitschaft, sich insofern der Gesetzesordnung zu unterziehen. Damit ist einzig zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin legitimiert ist, das bernische Gesetz zum Schutz vor dem Passivrauchen insoweit anzufechten, als sich dieses auf ihr Angebot zum Konsum von Wasserpfeifen auswirkt. Dies hängt wiederum davon ab, ob die gesetzliche Regelung auch für Wasserpfeifen gilt, wovon grundsätzlich alle Verfahrensbeteiligten ausgehen, ohne eine gewisse Unsicherheit gänzlich zu verhehlen. In der Tat wäre die Beschwerdeführerin von den angefochtenen Bestimmungen weder aktuell noch virtuell beschwert, wenn sich diese auf Wasserpfeifen gar nicht erstrecken würden. 2.4 Bei der Shisha handelt es sich um eine Wasserpfeife arabischen Ursprungs, wobei der Tabak zumeist mit Fruchtaromen oder ähnlichen Geschmacksrichtungen geraucht wird. Vor dem Einatmen wird der Rauch zunächst durch ein so genanntes Bowl (ein mit Wasser gefülltes Gefäss) gezogen. Der Rauch wird dadurch gefiltert und gekühlt. Um die Shisha entwickelte sich in den letzten Jahrhunderten eine Gemeinschaftskultur, die auch in den Bars der Beschwerdeführerin gepflegt wird. Wie die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern in ihrer Vernehmlassung an das Bundesgericht ausführt, ging der kantonale Gesetzgeber davon aus, dass das Gesetz die Bevölkerung vor den schädlichen Folgen des Passivrauchens in allen Formen schützen sollte. Die Volkswirtschaftsdirektion verweist dazu darauf, dass das Rauchen von Wasserpfeifen gemäss verschiedenen Fachinstanzen wie der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme oder der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin sowie gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht weniger schädlich ist als das Rauchen von Zigaretten und bezüglich der Einflüsse auf die Gesundheit dem Rauchen gleichzustellen ist bzw. den gleichen Rechtsregeln zu unterwerfen sei. Der bernische Gesetzgeber trug dieser Einschätzung Rechnung. Der Regierungsrat des Kantons Bern hatte dazu ausdrücklich ausgeführt, das Passivrauchen von Tabak, vor dem zu schützen sei, erstrecke sich auch auf Pfeifen, Wasserpfeifen oder Zigarren. Daraus geht hervor, dass das Rauchen von Wasserpfeifen zum Tabakrauchen gehört und dem Geltungsbereich der Gesetzgebung zum Schutz vor Passivrauchen unterstellt ist. 2.5 Die Beschwerdeführerin ist demnach als Betreiberin von Gaststätten, in denen der Genuss von Wasserpfeifen zum betrieblichen Angebot zählt, durch die angefochtenen Bestimmungen aktuell betroffen und damit zur Beschwerde berechtigt. 3. 3.1 Nach dem mit Art. 8 SchPG eingeführten Art. 27 GGG ist das Rauchen in öffentlich zugänglichen Innenräumen von Betrieben verboten, die eine Betriebs- oder Einzelbewilligung gemäss Gastgewerbegesetz benötigen (Abs. 1). Im Freien und in Fumoirs (abgeschlossene Räume mit einer eigenen Lüftung) bleibt das Rauchen gestattet (Abs. 2). Die verantwortliche Person und ihre Angestellten haben das Rauchverbot angemessen umzusetzen, wobei das Gesetz bestimmte erforderliche Massnahmen ausdrücklich nennt (Abs. 3; vgl. zur Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Ordnung MICHAEL MÜLLER, 13. Kapitel: Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: Markus Müller/Reto Feller [Hrsg.], Bernisches Verwaltungsrecht, 2008, 714 f.). 3.2 Nach Art. 27 BV ist die Wirtschaftsfreiheit gewährleistet. Dazu zählt insbesondere der freie Zugang und die freie Ausübung einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit. Das Rauchverbot in Restaurants, deren Haupttätigkeit im Angebot von Speisen und Getränken besteht, schränkt die Wirtschaftsfreiheit ihrer Betreiber nicht direkt ein (BGE 133 I 110 E. 7.4 S. 126; ANDREAS AUER, Le droit face à la political correctness: La constitutionnalité de l'initiative populaire genevoise "Fumée passive et santé", AJP 2006, 12 f.). In der Literatur wird sogar bezweifelt, ob insofern überhaupt von einem Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit auszugehen ist (vgl. VINCENT MARTENET, L'interdiction de fumer dans les lieux publics intérieurs ou fermés, AJP 2007, 255), jedenfalls solange ein Wirt nicht ein spezifisches Angebot für Raucher unterhalten will (vgl. AUER, a.a.O., 13). Der Kanton Bern verunmöglicht nicht das Wirten als solches, d.h. insbesondere die Abgabe von Speisen oder Getränken zum Konsum gegen Entgelt. Diese Tätigkeiten können unter der Geltung des Passivraucherschutzes weiterhin vollumfänglich ausgeübt werden. Selbst das Rauchverbot fällt nicht absolut aus. Ein abgetrennter Nebenraum darf als Fumoir unterhalten werden, womit das grundsätzliche Rauchverbot wieder gelockert wird. Mit den angefochtenen Bestimmungen wird den Wirten einzig untersagt, den Hauptraum des Gaststättenbetriebs als Fumoir zu benutzen. Auch wenn dies detailliert erst im Verordnungsrecht festgelegt wird, ergibt sich aus dem Gesetz doch eindeutig, dass im Hauptbereich des Betriebes nicht geraucht werden darf und es sich beim Fumoir um einen Nebenraum handeln muss. 3.3 Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, die Gesetzesordnung zum Schutz vor Passivrauchen führe bei ihr zu einem Betriebsverbot, weil der Konsum von Wasserpfeifen unverzichtbarer Bestandteil ihres Angebotes darstelle. In der Tat betreibt die Beschwerdeführerin nicht einen reinen Gastgewerbebetrieb im eigentlichen Sinne, der sich auf das Angebot von Speis und Trank beschränkt. In ihrem Betriebskonzept hängt das Rauchen von Wasserpfeifen mit dem Konsum von Getränken zusammen. Feilgehalten wird ein in diesem Sinne ganzheitliches Angebot. In ihrem Betrieb in Bern erzielte die Beschwerdeführerin allerdings bereits vor Inkrafttreten des Rauchverbots zwei Drittel ihres Umsatzes mit allgemeinen gastgewerblichen Dienstleistungen und nur einen Drittel im Bereich der Wasserpfeifen. In Thun war der Anteil aus diesem Bereich am gesamten Umsatz sogar wesentlich (um mehr als die Hälfte) kleiner. Von einem eigentlichen Betriebsverbot kann schon aus diesem Grunde nicht ausgegangen werden. Das ändert aber nichts daran, dass die Beschwerdeführerin ein spezifisches Angebot für den Konsum von Wasserpfeifen unterhält und sich insofern auf die Wirtschaftsfreiheit berufen kann. Angesichts des Zusammenhanges von klassischen Gastgewerbeleistungen mit dem Bereich der Wasserpfeifen und des doch nicht unbedeutenden Anteils des letzteren am Gesamtumsatz ist von einem schweren Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit auszugehen. Die Einschränkung muss daher im formellen Gesetz selbst vorgesehen sein (Art. 36 Abs. 1 BV). Überdies muss sie durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein (Art. 36 Abs. 2 BV), wobei zulässige öffentliche Interessen nur solche sind, die sich an den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit halten (vgl. Art. 94 Abs. 1 BV). Der Eingriff muss sodann verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 3 BV) und den Kerngehalt des berührten Grundrechts wahren (Art. 36 Abs. 4 BV). 4. 4.1 Das bernische Gesetz verbietet der Beschwerdeführerin die grundsätzliche Fortführung ihres Betriebes nicht. Es verlangt lediglich gewisse Voraussetzungen bzw. macht Auflagen, wie sie für andere Gastgewerbebetriebe, die Angebote für Raucher unterhalten wollen, auch gelten. Die Argumentation der Beschwerdeführerin läuft darauf hinaus, dass das nichtrauchende Publikum und die Arbeitnehmenden in ihren Shisha Bars keinen Schutz vor Passivrauchen beanspruchen können sollten. Sie geht davon aus, dass ihre Betriebe nur von einer Kundschaft besucht würden, die sich bewusst auf den passiven Kon-sum von Wasserpfeifen einliessen, und der Kanton keine Regelung zum Arbeitnehmerschutz treffen dürfe. Die bernische Gesetzgebung nimmt eine entsprechende Unterscheidung jedoch nicht vor. Alle dem Gesetz unterstehenden Betriebe, selbst wenn sie sich vornehmlich an ein rauchendes Publikum richten, bieten zwangsläufig ebenfalls gastgewerbliche Leistungen an. Das gilt auch für die Betriebe der Beschwerdeführerin. Für den Konsum von Wasserpfeifen in Gastgewerbebetrieben greift keine besondere Regelung. Genauso wenig lässt das Gesetz eine Ausnahme bei Einverständnis zum Passivrauchen zu. Der Schutz davor soll vielmehr unabhängig von allfälligem Sozialdruck greifen. Wird davon ausgegangen, dass auch das Rauchen von Wasserpfeifen unter das allgemeine Rauchverbot von Art. 27 GGG fällt, was sich, wie bereits dargelegt (vgl. E. 2.4), aus Gründen der Zweckrichtung und der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Bestimmungen aufdrängt, ist das Rauchverbot im formellen Gesetz verankert und nicht allenfalls bloss Folge der Regelung auf Verordnungsstufe. 4.2 Die Regelungen des Gastgewerbes und des Gesundheitsschutzes sind Bereiche, die in die Kompetenz der Kantone fallen. Demgegenüber wird der Arbeitnehmerschutz, auch im Bereich des Schutzes vor Passivrauchen, in erster Linie durch Bundesrecht geregelt (vgl. BGE 132 III 257; so auch Art. 27 Abs. 4 GGG). Eine völlige Trennung des Schutzes von Konsumenten und Angestellten ist jedoch einzig denkbar bei Regelungen, die sich ausschliesslich auf eine Kategorie beziehen und wo auch faktisch, insbesondere örtlich, eine klare Abgrenzung vorliegt, wie dies etwa bei Arbeitsstellen, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, oder umgekehrt bei öffentlichen Räumen zutreffen kann, in denen keine Arbeitnehmer tätig sind. Vermischen sich Angestellte und Konsumenten, dient der Schutz vor Passivrauchen der gesamten Bevölkerung, es sei denn, der Bund habe eine sinnvolle und umsetzbare abschliessende Regelung für die Arbeitnehmer getroffen. Insoweit verbleibt den Kantonen eine ergänzende Kompetenz jedenfalls dort, wo sich wie hier der Schutz der Adressaten eines Angebots in einem dem Kanton unterstellten Regelungsbereich wie dem Gastronomiewesen (vgl. TOBIAS JAAG/MARKUS RÜSSLI, Schutz vor Passivrauchen: verfassungsrechtliche Aspekte, AJP 2006, 23 und 27) nicht von demjenigen des Personals unterscheiden lässt und der Bund nicht abschliessend legiferiert hat (vgl. BGE 133 I 110 E. 4 S. 115 ff.). Art. 4 des noch nicht in Kraft getretenen Bundesgesetzes zum Schutz vor Passivrauchen hält sogar ausdrücklich fest, dass die Kantone auch künftig strengere Vorschriften als der Bund zum Schutz der Gesundheit erlassen können. Um so mehr ist von einer solchen Kompetenz auszugehen, solange das Bundesgesetz noch gar nicht gilt. Die Anforderungen an die Legalität gemäss Art. 36 Abs. 1 BV erweisen sich damit als erfüllt. 4.3 Der Schutz vor dem Passivrauchen dient dem Gesundheitsschutz insbesondere der Gäste und der Angestellten von Restaurationsbetrieben. Dies liegt im öffentlichen Interesse und vermag selbst Rauchverbote zu rechtfertigen (BGE 133 I 110 E. 7.1.1 S. 123 f.; AUER, a.a.O., 13 f.; JAAG/RÜSSLI, a.a.O., 28; MARTENET, a.a.O., 257 f.). Ein solches wahrt denn auch mit Blick auf die gesundheitspolizeiliche Herleitung den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit. Im Übrigen dienen die gesetzlichen Bestimmungen dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit und damit der persönlichen Freiheit Dritter im Sinne von Art. 10 Abs. 2 BV. Die angefochtene Regelung hält damit auch vor Art. 36 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 94 BV stand. 4.4 Die Verhältnismässigkeit eines Grundrechtseingriffs bemisst sich im Wesentlichen an dessen Zweckgeeignetheit, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit für den oder die Betroffenen. 4.4.1 Die angefochtenen Bestimmungen sind geeignet, die Gäste und die Angestellten vor den Auswirkungen des Passivrauchens zu schützen (MARTENET, a.a.O., 272 ff.; vgl. dazu in einem weiteren Sinne auch BGE 133 I 110 E. 7.2-7.5 S. 124 ff.). 4.4.2 Die Beschwerdeführerin stellt die Erforderlichkeit der gesetzlichen Regelung für das Rauchen klassischer Tabakwaren wie Zigaretten, Pfeifen oder Zigarren ausdrücklich nicht in Frage. Eine andere Einschätzung bei Wasserpfeifen erscheint nur zulässig, wenn sich das Rauchen bzw. die Auswirkungen des Passivrauchens von solchen massgeblich von klassischen Tabakwaren unterscheiden würden. Unterschiedliche Rauchertechniken für sich allein begründen allerdings keine erhebliche Differenz. Wie bereits dargelegt (vgl. E. 2.4), gilt das Rauchen von Wasserpfeifen in Fachkreisen als genauso schädlich wie dasjenige anderer Raucherwaren. Der Gesetzgeber ist daher nicht verpflichtet, eine Sonderlösung für Gaststätten mit einem Angebot von Wasserpfeifen zu treffen, ja eine solche wäre angesichts des vergleichbaren Gefährdungspotenzials unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit sogar fragwürdig. Die von der Beschwerdeführerin angestrebte - offenbar allgemeingültig gedachte - Unterscheidung von "reinen Raucherbetrieben", wo das Rauchen ein Hauptbestandteil des Angebots bilden soll, und anderen Gastronomiestätten, in denen nur nebenbei geraucht wird, erscheint ebenfalls problematisch. Zwar hat das Bundesgericht festgehalten, bei Betrieben, die sich ausschliesslich dem Tabakkonsum widmeten, stelle sich die Frage des Passivrauchens nicht in gleicher Weise wie bei den üblichen Gastgewerbestätten (BGE 133 I 110 E. 7.4 S. 126; vgl. auch MARTENET, a.a.O., 276 f.). Wie dargelegt, macht aber auch die Beschwerdeführerin den Grossteil ihres Umsatzes mit dem Verkauf von Getränken und nicht mit dem Angebot im direkten Zusammenhang mit den Wasserpfeifen, wobei immerhin offen ist und sich nur schwer erheben lässt, wieweit die beiden Angebote betriebswirtschaftlich so eng miteinander verknüpft sind, dass sie sich nicht trennen liessen. So oder anders verbietet das bernische Gesetz indessen mit der Zulassung von Fumoirs ein kombiniertes Angebot nicht. Mit der Möglichkeit der Einrichtung von Raucherräumen steht es der Beschwerdeführerin offen, den Konsum von Wasserpfeifen weiterhin anzubieten, gleichermassen wie sie oder auch andere Gastgewerbebetriebe das Rauchen anderer Tabakwaren im Fumoir zulassen können. Eine weitergehende Ausnahmeregelung für das Rauchen von Wasserpfeifen ist nicht erforderlich. Es kann hier offen bleiben, ob es auch andere taugliche Lösungen gebe und was gälte, würde der Kanton Bern Fumoirs nicht zulassen. Jedenfalls bietet das bernische Gesetz eine taugliche Möglichkeit, das Rauchen von Wasserpfeifen in einem Gastronomiebetrieb in Kombination mit dem üblichen Gastronomieangebot - Speis und Trank oder auch nur Bargetränke - anzubieten. 4.4.3 Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der angefochtenen Regelung ist massgeblich, dass die Haupttätigkeit des Führens eines Gastronomiebetriebes, auch in der Form einer Bar, nicht verboten oder verunmöglicht wird. Selbst die Beschwerdeführerin kann beide bestehenden Betriebe weiter unterhalten. Denjenigen in Thun vermochte sie offenbar bereits durch betriebswirtschaftliche bzw. räumliche Anpassungen derart umzugestalten, dass sie unter Beachtung der neuen Gesetzesordnung das Angebot von Getränken mit demjenigen von Wasserpfeifen in einem Raucherraum kombinieren kann. Das belegt, dass die angefochtene Regelung auch für den Konsum von Wasserpfeifen in zumutbarer Weise umsetzbar ist. Dass der Umsatz wegen der neuen gesetzlichen Einschränkungen erheblich schrumpft, ist nicht belegt; im Übrigen wäre dies mit Blick auf das legitime Ziel des Gesundheitsschutzes auch für sich allein nicht wesentlich. Zwar mögen die räumlichen Möglichkeiten der Einrichtung eines Fumoirs in der Bar in Bern beschränkt sein. Das führt aber nicht zur Unzumutbarkeit der gesetzlichen Regelung. Es ist der Beschwerdeführerin unbenommen, sich entweder auf einen reinen Gaststättenbetrieb ohne Raucherangebot zu beschränken oder tauglichere Räumlichkeiten zu suchen (vgl. dazu auch MARTENET, a.a.O., 276 f.). Ihre Situation unterscheidet sich insofern nicht von derjenigen anderer Gastronomieanbieter, die ihren bisherigen Betrieb in ähnlichen Kellerräumlichkeiten in Bern eingerichtet haben und denen es nicht möglich ist, einen Raucherraum auszuscheiden. Mehr ist verfassungsrechtlich nicht erforderlich. 4.4.4 Die angefochtene Regelung erweist sich mithin auch als verhältnismässig. 4.5 Eine Verletzung des Kerngehalts der Wirtschaftsfreiheit wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich, wobei hier offen bleiben kann, ob bzw. wieweit sich der Kerngehaltsschutz bei Art. 27 BV nicht bereits mit dem Erfordernis der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (nach Art. 94 BV) deckt. 4.6 Die angefochtenen Bestimmungen halten demnach vor Art. 27 BV stand. 5. 5.1 Die Beschwerdeführerin rügt überdies einen Verstoss gegen die Eigentumsgarantie (Art. 26 Abs. 1 BV) und das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV). 5.2 Nach Art. 26 Abs. 1 BV ist das Eigentum gewährleistet. Auf dieses Grundrecht kann sich grundsätzlich auch die Beschwerdeführerin als Mieterin von Räumlichkeiten berufen, deren Nutzung durch die gesetzliche Regelung beeinträchtigt wird (vgl. BGE 120 Ia 120 E. 1b S. 121). Das angefochtene Rauchverbot berührt die Nutzung von Liegenschaften allerdings nur teilweise. Wird eine Räumlichkeit nicht in einer öffentlich zugänglichen Art oder von vornherein rauchfrei verwendet, entfaltet das Rauchverbot keine unmittelbaren Wirkungen. Für die öffentliche Nutzung als Barräumlichkeit kann der angefochtenen Regelung eine zumindest indirekte beschränkende Wirkung indes nicht abgesprochen werden. Gleichermassen und aus den gleichen Gründen wie der Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit erweist sich aber auch derjenige in die Eigentumsgarantie als verfassungskonform, weshalb kein Verstoss gegen Art. 26 BV vorliegt. 5.3 Der von der Beschwerdeführerin weiter angerufene Rechtsgleichheitsgrundsatz nach Art. 8 Abs. 1 BV verlangt, dass Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Der Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung wird insbesondere verletzt, wenn hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche Unterscheidungen getroffen werden, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn Unterscheidungen unterlassen werden, die aufgrund der Verhältnisse hätten getroffen werden müssen (vgl. BGE 134 I 23 E. 9.1 S. 42 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin sieht eine massgebliche Differenz zwischen ihren Barbetrieben mit einem Angebot von Wasserpfeifen und anderen Gaststätten. Wie bereits dargelegt, gibt es jedoch mit Blick auf die hier wesentliche Frage des Schutzes vor Passivrauchen keine ernsthaften sachlichen Unterscheidungsmerkmale. Vielmehr drängt es sich im Gegenteil angesichts des vergleichbaren Gefährdungspotenzials für die Gesundheit Dritter auf, das Rauchen von Shishas gleich zu behandeln wie dasjenige anderer Tabakwaren (vgl. E. 2.4 und 4.4.2). Das Rechtsgleichheitsgebot von Art. 8 Abs. 1 BV ist daher nicht verletzt. 6. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 65 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Grossen Rat des Kantons Bern, vertreten durch den Regierungsrat des Kantons Bern, handelnd durch die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 23. November 2009 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Müller Der Gerichtsschreiber: Uebersax
57dcd1f5-b33d-43c4-9e54-99ae805ad375
de
2,007
CH_BGer_006
Federation
378.0
142.0
27.0
penal_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Ende Januar 2006 übergab X._ in ihrer Wohnung in Zürich 22 Gramm reines Kokain gegen einen Barbetrag von Fr. 2'600.-- an A._. Am folgenden Tag war sie bei ihrer Verhaftung im Besitz von 940 Gramm Kokain (Reinheitsgrad 55 % bzw. 60 %), welches sie wenige Tage zuvor im Hauptbahnhof Zürich von einem Unbekannten übernommen hatte und für diesen gegen eine Provision von maximal Fr. 20'000.-- zu verkaufen beabsichtigte. B. Das Bezirksgericht Zürich (8. Abteilung) sprach X._ am 2. Juni 2006 der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff. 1 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG) schuldig und bestrafte sie mit 27 Monaten Gefängnis. Dagegen erhob X._ Berufung mit den Anträgen, sie sei mit einer Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten zu bestrafen und der Vollzug der Freiheitsstrafe sei unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit aufzuschieben. Das Obergericht des Kantons Zürich bestrafte X._ mit Urteil vom 26. Februar 2007 in Anwendung des inzwischen in Kraft getretenen neuen Rechts mit 27 Monaten Freiheitsstrafe. Es schob den Vollzug dieser Strafe im Umfang von 15 Monaten unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren auf. Im übrigen Umfang von 12 Monaten wurde die Strafe als vollziehbar erklärt. C. X._ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Februar 2007 sei aufzuheben, sie sei mit einer Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten zu bestrafen und der Vollzug der Freiheitsstrafe sei unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit aufzuschieben. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Das angefochtene Urteil ist nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) am 1. Januar 2007 ergangen. Das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht bestimmt sich daher nach dem Bundesgerichtsgesetz (Art. 132 Abs. 1 BGG). 1.2 Am 1. Januar 2007 sind auch der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches (Erstes Buch) und die revidierten Bestimmungen über die Einführung und Anwendung des Gesetzes (Drittes Buch) gemäss Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 in Kraft getreten. Die Beschwerdeführerin hat die beurteilten Taten vor diesem Zeitpunkt, zwischen dem 22. und 25. Januar 2006, begangen, und das angefochtene Berufungsurteil ist nach dem 1. Januar 2007 ergangen. In dieser Konstellation ist gemäss Art. 2 StGB (alte und neue Fassung) das neue Recht anwendbar, wenn es für die Beschwerdeführerin das mildere ist. 2. Die Beschwerdeführerin wendet sich ausschliesslich gegen die Strafzumessung. Die Vorinstanz hat diese nach neuem Recht vorgenommen, weil es im vorliegenden Fall den teilbedingten Strafvollzug erlaube und damit für die Beschwerdeführerin milder sei. Diese Beurteilung ist zutreffend und wird von der Beschwerdeführerin denn auch nicht beanstandet. 2.1 Der am 1. Januar 2007 in Kraft getretene neue Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches hat die bisher geltenden Strafzumessungsgrundsätze in Art. 47 Abs. 1 StGB beibehalten. Danach misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Er berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Es liegt im Ermessen des Sachrichters, in welchem Umfang er die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts greift auf Beschwerde in Strafsachen hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (vgl. BGE 129 IV 6 E. 6.1; 127 IV 101 E. 2; 124 IV 286 E. 4a). Nach Art. 50 StGB hat der Richter, sofern er sein Urteil zu begründen hat, die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten. Diese nunmehr gesetzlich festgeschriebene Begründungspflicht entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten Recht, wonach der Richter die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergeben muss, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Besonders hohe Anforderungen an die Begründung der Strafzumessung werden unter anderem gestellt, wenn die ausgesprochene Strafe ungewöhnlich hoch oder auffallend milde ist (BGE 127 IV 101 E. 2c; 121 IV 49 E. 2a/aa; 120 IV 136 E. 3a; 118 IV 337 E. 2a). 2.1 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil die Strafzumessung ausführlich begründet. Sie hat zunächst die objektiven und subjektiven Tatkomponenten gewichtet. Das Tatverschulden sei als erheblich einzustufen. Die Beschwerdeführerin habe die grosse Menge von zirka 1 Kilogramm Kokain entgegengenommen und sei bereit gewesen, diese wegen der in Aussicht stehenden Provision von maximal Fr. 20'000.-- weiterzuveräussern. Sie habe die Betäubungsmittelmenge gestreckt und portioniert und sich hiefür eine Waage angeschafft. Sie habe im Zeitpunkt ihrer Verhaftung bereits Kokain für Fr. 2'600.-- veräussert. Dass die Beschwerdeführerin die in Aussicht stehende Provision für die ärztliche Behandlung ihres in den USA lebenden älteren Sohnes verwenden wollte, ist gemäss den Ausführungen im angefochtenen Urteil nur leicht strafmindernd zu berücksichtigen, da es nicht angehe, zu diesem Zweck durch den Handel mit Betäubungsmitteln die Gesundheit von zahlreichen anderen Menschen zu gefährden. Aufgrund der objektiven und subjektiven Tatkomponenten erscheint der Vorinstanz eine Freiheitsstrafe von 36 - 39 Monaten angemessen. Die Vorinstanz hat sodann die Täterkomponenten gewichtet. Sie sieht keine aussergewöhnlichen Umstände, welche der Beschwerdeführerin unter dem Titel der Strafempfindlichkeit beziehungsweise der Wirkung der Strafe zu ihren Gunsten anzurechnen wären. Die Verbüssung einer Freiheitsstrafe stelle an sich für jeden in ein familiäres oder soziales Umfeld eingebetteten Verurteilten eine gewisse Härte dar. Die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt ihrer deliktischen Tätigkeit sehr genau gewusst, dass sie für ihren jüngeren Sohn aufzukommen habe, der im Übrigen nicht mehr bei seinem Vater, sondern nunmehr ebenfalls in der Familie ihrer Tochter lebe. Die Vorinstanz gewichtet hingegen die Vorstrafenlosigkeit, das Geständnis und das kooperative Verhalten der Beschwerdeführerin in der Strafuntersuchung insgesamt klar strafmindernd. Unter Berücksichtigung dieser Täterkomponenten erscheint ihr eine Freiheitsstrafe von 28 - 30 Monaten angemessen. Wegen des Verbots der "reformatio in peius" bestimmt die Vorinstanz die Strafe in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils auf 27 Monate. 2.2 Was die Beschwerdeführerin gegen diese Strafzumessungserwägungen der Vorinstanz vorbringt, überzeugt nicht. Von einem bloss geringen Verschulden kann keine Rede sein. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe mangels Vergleichswerten nicht einschätzen können, wie viele Personen mit der fraglichen Menge Kokain gefährdet werden könnten, ist unbehelflich. Bereits aus der ihr zugesicherten Provision von maximal Fr. 20'000.-- konnte sie ersehen, dass es sich um eine grosse Betäubungsmittelmenge und damit auch um ein erhebliches Gefährdungspotential handelte. Dass die Beschwerdeführerin eine relativ untergeordnete Stellung hatte, kann sich nicht weitergehend auf die Verschuldensbewertung auswirken. Die Erwägung der Vorinstanz, von einer "sehr" untergeordneten Funktion könne keine Rede sein, ist nicht zu beanstanden. Die Feststellung der Vorinstanz, die deliktische Tätigkeit habe sich zwar tatsächlich nur über eine kurze Zeit erstreckt, doch sei sie nicht aus eigenem Antrieb, sondern durch die Verhaftung der Beschwerdeführerin beendet worden, ist vertretbar, zumal die Beschwerdeführerin selbst ausdrücklich erklärt hat, sie hätte auch noch weiteres Kokain verkauft. Dass die Vorinstanz aus der kurzen Dauer der deliktischen Tätigkeit nichts zu Gunsten der Beschwerdeführerin ableitete, ist deshalb nicht zu beanstanden. Zu Recht hat die Vorinstanz den Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Tat begangen hat, um die ärztliche Behandlung ihres nierenkranken älteren Sohnes zu finanzieren, aus den im angefochtenen Urteil erwähnten Gründen nur leicht strafmindernd berücksichtigt. Wenn die Vorinstanz aufgrund aller wesentlichen Strafzumessungsfaktoren eine Freiheitsstrafe im Bereich zwischen 28-30 Monaten als angemessen erachtete und die Strafe mit Rücksicht auf das Verschlechterungsverbot auf 27 Monate festlegte, hat sie ihr Ermessen nicht überschritten. Nach Art. 50 StGB hat der Richter, sofern er sein Urteil zu begründen hat, die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten. Diese nunmehr gesetzlich festgeschriebene Begründungspflicht entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten Recht, wonach der Richter die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergeben muss, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Besonders hohe Anforderungen an die Begründung der Strafzumessung werden unter anderem gestellt, wenn die ausgesprochene Strafe ungewöhnlich hoch oder auffallend milde ist (BGE 127 IV 101 E. 2c; 121 IV 49 E. 2a/aa; 120 IV 136 E. 3a; 118 IV 337 E. 2a). 2.1 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil die Strafzumessung ausführlich begründet. Sie hat zunächst die objektiven und subjektiven Tatkomponenten gewichtet. Das Tatverschulden sei als erheblich einzustufen. Die Beschwerdeführerin habe die grosse Menge von zirka 1 Kilogramm Kokain entgegengenommen und sei bereit gewesen, diese wegen der in Aussicht stehenden Provision von maximal Fr. 20'000.-- weiterzuveräussern. Sie habe die Betäubungsmittelmenge gestreckt und portioniert und sich hiefür eine Waage angeschafft. Sie habe im Zeitpunkt ihrer Verhaftung bereits Kokain für Fr. 2'600.-- veräussert. Dass die Beschwerdeführerin die in Aussicht stehende Provision für die ärztliche Behandlung ihres in den USA lebenden älteren Sohnes verwenden wollte, ist gemäss den Ausführungen im angefochtenen Urteil nur leicht strafmindernd zu berücksichtigen, da es nicht angehe, zu diesem Zweck durch den Handel mit Betäubungsmitteln die Gesundheit von zahlreichen anderen Menschen zu gefährden. Aufgrund der objektiven und subjektiven Tatkomponenten erscheint der Vorinstanz eine Freiheitsstrafe von 36 - 39 Monaten angemessen. Die Vorinstanz hat sodann die Täterkomponenten gewichtet. Sie sieht keine aussergewöhnlichen Umstände, welche der Beschwerdeführerin unter dem Titel der Strafempfindlichkeit beziehungsweise der Wirkung der Strafe zu ihren Gunsten anzurechnen wären. Die Verbüssung einer Freiheitsstrafe stelle an sich für jeden in ein familiäres oder soziales Umfeld eingebetteten Verurteilten eine gewisse Härte dar. Die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt ihrer deliktischen Tätigkeit sehr genau gewusst, dass sie für ihren jüngeren Sohn aufzukommen habe, der im Übrigen nicht mehr bei seinem Vater, sondern nunmehr ebenfalls in der Familie ihrer Tochter lebe. Die Vorinstanz gewichtet hingegen die Vorstrafenlosigkeit, das Geständnis und das kooperative Verhalten der Beschwerdeführerin in der Strafuntersuchung insgesamt klar strafmindernd. Unter Berücksichtigung dieser Täterkomponenten erscheint ihr eine Freiheitsstrafe von 28 - 30 Monaten angemessen. Wegen des Verbots der "reformatio in peius" bestimmt die Vorinstanz die Strafe in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils auf 27 Monate. 2.2 Was die Beschwerdeführerin gegen diese Strafzumessungserwägungen der Vorinstanz vorbringt, überzeugt nicht. Von einem bloss geringen Verschulden kann keine Rede sein. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe mangels Vergleichswerten nicht einschätzen können, wie viele Personen mit der fraglichen Menge Kokain gefährdet werden könnten, ist unbehelflich. Bereits aus der ihr zugesicherten Provision von maximal Fr. 20'000.-- konnte sie ersehen, dass es sich um eine grosse Betäubungsmittelmenge und damit auch um ein erhebliches Gefährdungspotential handelte. Dass die Beschwerdeführerin eine relativ untergeordnete Stellung hatte, kann sich nicht weitergehend auf die Verschuldensbewertung auswirken. Die Erwägung der Vorinstanz, von einer "sehr" untergeordneten Funktion könne keine Rede sein, ist nicht zu beanstanden. Die Feststellung der Vorinstanz, die deliktische Tätigkeit habe sich zwar tatsächlich nur über eine kurze Zeit erstreckt, doch sei sie nicht aus eigenem Antrieb, sondern durch die Verhaftung der Beschwerdeführerin beendet worden, ist vertretbar, zumal die Beschwerdeführerin selbst ausdrücklich erklärt hat, sie hätte auch noch weiteres Kokain verkauft. Dass die Vorinstanz aus der kurzen Dauer der deliktischen Tätigkeit nichts zu Gunsten der Beschwerdeführerin ableitete, ist deshalb nicht zu beanstanden. Zu Recht hat die Vorinstanz den Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Tat begangen hat, um die ärztliche Behandlung ihres nierenkranken älteren Sohnes zu finanzieren, aus den im angefochtenen Urteil erwähnten Gründen nur leicht strafmindernd berücksichtigt. Wenn die Vorinstanz aufgrund aller wesentlichen Strafzumessungsfaktoren eine Freiheitsstrafe im Bereich zwischen 28-30 Monaten als angemessen erachtete und die Strafe mit Rücksicht auf das Verschlechterungsverbot auf 27 Monate festlegte, hat sie ihr Ermessen nicht überschritten. 1 3. 3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, entgegen der Ansicht der Vorinstanz seien auch nach dem neuen Recht bei der Strafzumessung die Grenzwerte zu berücksichtigen, bei welchen noch der bedingte Strafvollzug (24 Monate) beziehungsweise der teilbedingte Vollzug (36 Monate) möglich sei. Dabei könne allerdings nicht weiterhin nur eine den Grenzwert um höchstens drei Monate übersteigende Strafe auf den Grenzwert herabgesetzt werden. Denn ob eine Strafe den Grenzwert nicht erheblich überschreite, bestimme sich nicht in absoluten Zahlen, sondern in Prozenten des Grenzwerts. Daher könne nicht nur eine Freiheitsstrafe von 27 Monaten, sondern auch noch eine (an sich angemessene) Freiheitsstrafe von 28-29 Monaten auf den Grenzwert von 24 Monaten herabgesetzt werden, bei welchem der vollbedingte Vollzug möglich sei. Selbst eine (an sich angemessene) Freiheitsstrafe von 30 Monaten könne unter diesem Gesichtspunkt auf 24 Monate herabgesetzt werden. Dies dränge sich schon deshalb auf, weil der Richter bei der Strafzumessung zu oft wenig wissenschaftlich und kaum begründet runde Zahlen bevorzuge, weshalb denn auch selten eine Strafe beispielsweise von 29 Monaten ausgefällt werde. Somit sei die von der Vorinstanz in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils ausgefällte Freiheitsstrafe von 27 Monaten ohne weiteres auf 24 Monate herabzusetzen und der Vollzug dieser Strafe unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit bedingt aufzuschieben, da die subjektiven Voraussetzungen des bedingten Vollzugs unstreitig erfüllt seien. Dies müsse auch gelten, wenn man eine von der Vorinstanz als angemessen erachtete, aber wegen des Verbots der "reformatio in peius" nicht ausgefällte Freiheitsstrafe von 28-30 Monaten als massgebenden Ausgangspunkt erachten wollte. Eine Freiheitsstrafe von 28 Monaten überschreite den Grenzwert von 24 Monaten im gleichen Prozentsatz wie eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten den altrechtlichen Grenzwert von 18 Monaten. 3.2 Nach der Praxis des Bundesgerichts zum alten Recht war die Grenze von 18 Monaten für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs (Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB) bei der Strafzumessung mit zu berücksichtigen, wenn eine Freiheitsstrafe von nicht erheblich längerer Dauer in Betracht fiel und die Voraussetzungen des bedingten Vollzugs im Übrigen erfüllt waren (BGE 127 IV 97 E. 3 S. 101; 118 IV 337 E. 2c S. 339 ff.). Der Richter hat sich nach dieser Rechtsprechung mit der Frage auseinander zu setzen, ob angesichts der persönlichen Verhältnisse des Schuldigen der Vollzug einer Freiheitsstrafe nicht dem Zweck der Verbrechensverhütung zuwiderlaufe. Bejaht er dies - etwa weil sich der Täter im Urteilszeitpunkt in einer gefestigten beruflichen Stellung befindet und in günstigen familiären Verhältnissen lebt und durch den Strafvollzug aus diesem günstigen Umfeld oder einer vorteilhaften Entwicklung herausgerissen würde und damit entsozialisiert werden könnte -, hat er diesem Umstand gemäss Art. 63 aStGB unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Verhältnisse strafmindernd Rechnung zu tragen (BGE 118 IV 337 E. 2c S. 340 f. mit Hinweis). Im Nachgang zu diesem Grundsatzentscheid präzisierte das Bundesgericht, es könne dabei allerdings nur um Fälle von Freiheitsstrafen bis zu 21 Monaten gehen (BGE 127 IV 97 E. 3 S. 101, mit Hinweisen; Urteil 6S.262/2003 vom 19. Oktober 2003, E. 5.3). Damit wurde die gesetzliche Grenze für den bedingten Strafvollzug in bestimmten Fällen im Ergebnis überschritten. Schon früher war jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, es sei Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob er die Möglichkeit des bedingten Strafvollzugs auch für längere Freiheitsstrafen vorsehen will (BGE 118 IV 337 E. 2c S. 341). 3.3 Diese Möglichkeit besteht nach dem neuen Recht. Nunmehr können Freiheitsstrafen von 6 bis zu 24 Monaten bedingt sowie Freiheitsstrafen von 12 bis zu 36 Monaten teilbedingt ausgesprochen werden (Art. 42 und 43 StGB). Bedingte Strafen können mit einer unbedingten Geldstrafe oder mit einer Busse verbunden werden (Art. 42 Abs. 4 StGB). Damit wird das System des bedingten Strafvollzugs flexibler und verliert der Grenzwert für den bedingten Vollzug teilweise seine frühere einschneidende Bedeutung, welche der Rechtsprechung zum alten Recht bei Strafen von nicht erheblich mehr als 18 Monaten zu Grunde lag (siehe dazu bereits Urteil 6S.262/2003 vom 19. Oktober 2003, E. 5.3). Ziel der Revision war, mit teilbedingten Strafen im Sinne von Art. 43 StGB sowie mit der Strafenkombination nach Art. 42 Abs. 4 StGB die Sanktion in erhöhtem Masse zu individualisieren und den Strafvollzug zu entlasten, namentlich dort, wo früher eine unbedingte Freiheitsstrafe verhängt werden musste. Das gilt ohne Einschränkungen für zwei Jahre übersteigende Freiheitsstrafen, wobei die Möglichkeit zur Individualisierung durch die Obergrenze des bedingten Strafvollzugs (Art. 42 Abs. 1 StGB) beziehungsweise die Verschuldensklausel (Art. 43 Abs. 1 StGB) begrenzt wird. Solche Freiheitsstrafen müssen zum Schuldausgleich teilweise vollstreckt werden, selbst wenn ihr vollständiger Aufschub unter spezialpräventiven Gesichtspunkten vorzuziehen wäre (zur Publikation bestimmte Urteile 6B_103/2007 vom 12. November 2007, E. 5.4.3, 6B_43/2007 vom 12. November 2007, E. 4.4.3; Urteil 6B_214/2007 vom 13. November 2007 E. 5.10.3). Bei Freiheitsstrafen von mehr als drei Jahren kommt nur der vollständige Vollzug in Frage. Auch die relativ flexible Regelung im neuen Sanktionensystem sieht somit notwendigerweise objektive und starre Grenzen vor. Der Gesetzgeber hat diese - teils nach eingehendem politischen Ringen - neu festgesetzt in der offenkundigen Meinung, dass damit der Bereich des Vorranges spezialpräventiver Gesichtspunkte klar umschrieben wird. Es bleibt kein Raum, diese Grenzen auf dem Weg der Gesetzesauslegung wieder zu relativieren und entgegen dem klaren Wortlaut einen erweiterten Grenzbereich offen zu halten, um besonderen Anliegen eines Täters entgegenzukommen. 3.4 Damit wird nicht ausgeschlossen, die Folgen einer unbedingten Freiheitsstrafe in die Würdigung mit einzubeziehen. Dies hat im normalen Rahmen der Strafzumessung zu erfolgen. Art. 47 Abs. 1 StGB verlangt, bei der Festlegung der Strafe deren Wirkung auf das Leben des Täters zu berücksichtigen. Dass der Verurteilte durch die Verbüssung einer Freiheitsstrafe aus einem günstigen Umfeld herausgerissen wird, kann sich deshalb im einzelnen Fall nach wie vor strafmindernd auswirken und zur Folge haben, dass die auszufällende Strafe unter der schuldangemessenen Strafe liegt. Ob und wie weit dieser Strafminderungsgrund zum Tragen kommt, hängt von den konkreten Umständen ab und ist an sich unabhängig von der Höhe der Strafe. 3.5 Losgelöst davon hat der Richter bei der Strafzumessung angesichts der einschneidenden Konsequenzen des unbedingten Vollzugs den Umstand mit zu berücksichtigen, dass die subjektiven Voraussetzungen des Strafaufschubs im Sinne einer günstigen beziehungsweise nicht ungünstigen Prognose im konkreten Einzelfall an sich erfüllt sind. Diese folgenorientierte Überlegung kann durchaus in die Strafzumessung einfliessen, bei welcher dem Richter ein weites Ermessen zusteht. Liegt die ins Auge gefasste Sanktion in einem Bereich, der die Grenze für den bedingten Vollzug (24 Monate) beziehungsweise für den teilbedingten Vollzug (36 Monate) - wie übrigens auch für die Halbgefangenschaft nach Art. 77b StGB (1 Jahr) - mit umfasst, so hat sich der Richter die Frage zu stellen, ob eine Strafe, welche die Grenze nicht überschreitet, noch vertretbar ist. Bejaht er sie, hat er diese Strafe zu verhängen. Andernfalls ist es ihm unbenommen, auch eine nur unwesentlich über dem Grenzwert liegende - angemessene und begründbare - Strafe auszufällen. Mit der Festlegung einer Obergrenze hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass der Täter, gegen welchen eine Strafe jenseits dieses Grenzbereichs auszusprechen ist, die nachteiligen Auswirkungen des Strafvollzugs auf sich zu nehmen hat. Dies gilt für den Täter, dessen Strafe nur knapp über der gesetzlichen Obergrenze liegt, genauso wie für denjenigen, welcher eine klar darüber hinausgehende, langjährige Freiheitsstrafe zu verbüssen hat. Die Praxis zum alten Recht hat teilweise dazu verleitet, eine Freiheitsstrafe von 22 oder gar 24 Monaten zu verhängen, obwohl eine kürzere, aber über 18 Monate liegende Strafe auch angemessen gewesen wäre. Dass dies nicht im Interesse des Täters lag, bedarf keiner weiteren Begründung. Erforderlich ist eine Strafzumessung, die alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, wobei der Richter sein pflichtgemässes Ermessen auszuüben und gleichzeitig die klaren gesetzlichen Schranken zu beachten hat. 3.6 Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass die in BGE 118 IV 337 begründete Praxis nicht ins neue Recht übernommen werden kann. Führt die Strafzumessung unter Würdigung aller wesentlichen Umstände zu einer Freiheitsstrafe, welche im Bereich eines Grenzwertes liegt, hat sich der Richter zu fragen, ob - zugunsten des Beschuldigten - eine Sanktion, welche die Grenze nicht überschreitet, noch innerhalb des Ermessensspielraumes liegt. Bejaht er die Frage, hat er die Strafe in dieser Höhe festzulegen. Verneint er sie, ist es zulässig, auch eine nur unwesentlich über der Grenze liegende Freiheitsstrafe auszufällen. In jedem Fall hat der Richter diesen Entscheid im Urteil ausdrücklich zu begründen, andernfalls er seiner Begründungspflicht nach Art. 50 StGB nicht nachkommt. 3.7 Die Vorinstanz führt in ihrem Urteil aus, es bestehe - auch und insbesondere angesichts der neu geschaffenen Möglichkeit des teilbedingten Strafvollzugs - keine Notwendigkeit, die Grenze von 24 Monaten für die Gewährung des vollbedingten Strafvollzugs anzuheben beziehungsweise etwa eine Freiheitsstrafe von 27 Monaten auf 24 Monate herabzusetzen, um der Beschwerdeführerin dadurch den bedingten Strafvollzug zu ermöglichen. Hinzu komme, dass vorliegend ohnehin eine Freiheitsstrafe von etwa 28 - 30 Monaten schuldangemessen wäre. Die Ausfällung einer Freiheitsstrafe von 27 Monaten erfolge lediglich mit Rücksicht auf das Verschlechterungsverbot. Auch dies spreche gegen eine weitere Reduktion. Mit diesen Erwägungen hat die Vorinstanz dargelegt, dass eine Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten, welche den vollbedingten Vollzug ermöglicht, nicht mehr angemessen ist. 4. Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Damit würde die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Angesichts der grundsätzlichen Frage, welche sich im vorliegenden Fall stellte, war die Beschwerde nicht aussichtslos, weshalb das Gesuch der mittellosen Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege gutzuheissen ist. Daher sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1 BGG) und ist die Vertreterin der Beschwerdeführerin aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in Strafsachen wird abgewiesen. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 3. Es werden keine Kosten erhoben. 4. Der Vertreterin der Beschwerdeführerin, Rechtsanwältin Ruth Dönni, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet. 5. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. November 2007 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Schneider Näf
58075496-de79-4c81-8caa-0f611896b20f
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2,010
CH_BGer_008
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Sachverhalt: A. Die 1982 geborene H._ arbeitete bis 30. November 2004 bei der V._ AG als Teilzeitverkäuferin und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 16. Dezember 2004 prallte ein nachfolgendes Fahrzeug in das Heck des Personenwagens, in dessen Fond sich die Versicherte befand, wodurch dieses in das vor einem Fussgängerstreifen zum Stillstand gebrachte Automobil gestossen wurde (vgl. Rapport der Polizei vom 31. Dezember 2004). Auf eine Unfallmeldung UVG der V._ AG vom 8. September 2005 hin holte die SUVA die Akten des medizinischen Zentrums X._ (worunter ein Bericht an die Motorfahrzeughaftpflichtversicherung des Unfallverursachers der Chirurgischen Notfallstation des Spitals Y._ vom 16. Dezember 2004) sowie einen Dokumentationsbogen für Erstkonsultation nach kranio-zervikalem Beschleunigungstrauma des Dr. med. K._, Facharzt für Allg. Medizin FMH, vom 19. September 2005 und dessen Bericht vom 30. September 2005 ein. Zusätzliche medizinische Abklärungen ergaben zunächst neurologisch (Bericht des Dr. med. M._, Facharzt FMH für Neurologie, vom 2. November 2005) und rheumatologisch (Bericht Dr. med. I._, FMH Rheumatologie, vom 1. Februar 2006) übereinstimmend eine Arbeitsunfähigkeit von 50 %, wobei der weiter konsultierte Dr. med. U._, Spezialarzt für Neurologie FMH, EEG, EMG, Dopplersonographie, Verhaltensneurologie, vorschlug, die noch bestehenden diagnostischen Differenzen im Rahmen einer Hospitalisation zu klären (Bericht vom 23. Februar 2006). Anlässlich einer kreisärztlichen Untersuchung vom 6. März 2006 kam Dr. med. C._, Kreisarzt SUVA, zum Schluss, dass wegen fehlender struktureller und objektivierbarer Verletzungen sowie mangels einer wesentlichen Krafteinwirkung auf den Körper der Versicherten von einer psychiatrischen Ursache auszugehen sei. Die SUVA ordnete in Absprache mit der Versicherten, die ihren Angaben gemäss nach dem Unfall teilzeitlich im Service und auf Marktständen gearbeitet hatte (vgl. Protokoll einer mündlichen Besprechung vom 25. September 2006), einen Rehabilitationsaufenthalt in der Rehaklinik Bellikon (vom 20. November bis 11. Dezember 2006) an, deren Ärzte neben einem Austrittsbericht (vom 29. Dezember 2006) auftragsgemäss neuropsychologische (der Frau lic. phil. B._, Fachpsychologin für Neuropsychologie FSP, vom 27. November 2006), psychiatrische (des Dr. med. O._, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinischer Leiter Begutachtungszentrum Z._, vom 28. November 2006), physikalisch-medizinische (der Frau Dr. med. G._, Fachärztin Physikalische Medizin und Rehabilitation FMH, Oberärztin Neurologische Rehabilitation, vom 9. Februar 2007) sowie neurologische (des Prof. Dr. med. J._, MBA Facharzt für Neurologie, Medizinischer Leiter der Neurologischen Rehabilitation, vom 20. Februar 2007) Stellungnahmen abgaben, die sie interdisziplinär zusammenfassten (hinter Bericht des Prof. Dr. med. J._). Gestützt darauf stellte die SUVA mit Verfügung vom 6. Juli 2007 die bislang erbrachten Leistungen (Heilbehandlung; Taggeld) auf den 31. Juli 2007 ein und verneinte mangels adäquaten Kausalzusammenhangs der geltend gemachten Beschwerden mit dem Unfall vom 16. Dezember 2004 einen Anspruch auf Invalidenrente oder Integritätsentschädigung. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 16. November 2007). B. Hiegegen liess H._ beschwerdeweise weitere ärztliche Auskünfte (Berichte des Dr. N._, Chiropraktor SCG, vom 16. August 2007 und des Dr. med. K._ vom 11. Dezember 2007) einreichen und beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihr weiterhin die ihr zustehenden Leistungen aus UVG zu entrichten; eventualiter sei die Sache zwecks Einholung eines polydisziplinären Gutachtens bei einer externen und unabhängigen Gutachterstelle an die SUVA zurückzuweisen. Mit Entscheid vom 18. Dezember 2008 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern das Rechtsmittel ab. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt H._ die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren wiederholen und ersucht um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 2. Das kantonale Gericht bestätigt in seinem Entscheid vom 18. Dezember 2008 die Leistungseinstellung der SUVA per 31. Juli 2007, da in diesem Zeitpunkt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine somatischen und psychischen Unfallfolgen mehr bestanden hätten. SUVA und Vorinstanz stützten sich bei ihrer Beurteilung im Wesentlichen auf die verschiedenen Berichte aus dem stationären Aufenthalt in der Rehaklinik Bellikon vom 20. November bis 11. Dezember 2006, namentlich auf die interdisziplinäre Zusammenfassung vom 20. Februar 2007. Wie bereits im Einsprache- und kantonalen Verfahren macht die Beschwerdeführerin diesbezüglich vorab eine Verletzung von Art. 44 ATSG sowie des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 42 ATSG und Art. 29 Abs. 2 BV) geltend. 3. Aktenkundig und unbestritten ist, dass Ziel des Aufenthaltes neben der stationär durchzuführenden Rehabilitationsmassnahme eine Beurteilung der Zumutbarkeit sowie eine interdisziplinäre Stellungnahme waren und dass der Rechtsvertreter der Versicherten von der SUVA vor und unmittelbar nach dem Aufenthalt in der Rehaklinik Bellikon darüber nicht informiert worden war. Streitig und zu prüfen ist zunächst, ob Art. 44 ATSG, dessen Verletzung die Beschwerdeführerin rügt, hier anwendbar ist. 3.1 Gemäss Art. 44 ATSG gibt der Versicherungsträger, wenn er zur Abklärung des Sachverhalts ein Gutachten einer oder eines unabhängigen Sachverständigen einholen muss, der Partei deren oder dessen Namen bekannt. Diese kann den Gutachter aus triftigen Gründen ablehnen und kann Gegenvorschläge machen. 3.1 Gemäss Art. 44 ATSG gibt der Versicherungsträger, wenn er zur Abklärung des Sachverhalts ein Gutachten einer oder eines unabhängigen Sachverständigen einholen muss, der Partei deren oder dessen Namen bekannt. Diese kann den Gutachter aus triftigen Gründen ablehnen und kann Gegenvorschläge machen. 3.2 3.2.1 Nach im Einspracheentscheid vom 16. November 2007 vertretener Auffassung der SUVA handelt es sich bei den Stellungnahmen der Rehaklinik Bellikon nicht um Gutachten im Rechtssinne. Diese habe lediglich die durchgeführten medizinischen Massnahmen sowie die ärztlichen Feststellungen und Beobachtungen dokumentiert und hierüber berichtet. 3.2.2 Das kantonale Gericht erwog hiezu, die SUVA habe die zur Abklärung des Gesundheitszustands erforderlichen und zweckmässigen diagnostischen und therapeutischen Massnahmen von Gesetzes wegen anordnen dürfen. Die Ergebnisse von Rehabilitationsaufenthalten in speziellen Kliniken, seien es solche der SUVA oder von Dritten, könnten nicht als Begutachtungen im Sinne von Art. 44 ATSG betrachtet werden, da sie in erster Linie der Therapie und Wiedereingliederung in das Arbeitsleben dienten. Die Vorinstanz stützte sich dabei auf MARKUS FUCHS, Rechtsfragen im Rahmen des Abklärungsverfahrens bei Unfällen, SZS 2006 S. 316. 3.2.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, im Austrittsbericht der Rehaklinik Bellikon vom 29. Dezember 2006 würden als Hauptziel die Beurteilung der Zumutbarkeit und auf Wunsch der SUVA eine interdisziplinäre Stellungnahme, mithin eine Begutachtung genannt. Schon umfangmässig entsprächen die Unterlagen einer interdisziplinären Expertise und nicht dem üblichen Austrittsbericht. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz schliesse ein Gutachterauftrag nicht ohne weiteres jegliche Behandlung aus. Das kantonale Gericht komme denn auch in Widerspruch dazu zum Ergebnis, dass die interdisziplinäre Zusammenfassung der Rehaklinik Bellikon den von der Praxis gestellten Anforderungen an ein medizinisches Gutachten entspreche. Insgesamt sei der Anspruch, an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken, erheblich verletzt worden, weshalb die Verwaltungsverfügung ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde aufzuheben und die Sache gemäss Eventualantrag zur Bestellung eines Gutachtens durch unabhängige Sachverständige zurückzuweisen sei. 3.3 Die SUVA weist im Einspracheentscheid vom 16. November 2007 zwar zu Recht darauf hin, dass Behandlungs- und Begutachtungsauftrag nicht vermischt werden sollten (vgl. dazu BGE 124 I 170 E. 4 S. 175 sowie Urteil I 701/05 vom 5. Januar 2007 E. 2 in fine mit Hinweisen). Für die Anwendbarkeit von Art. 44 ATSG ist indessen entscheidend, ob die Stellungnahmen der Ärztinnen und Ärzte der Rehaklinik Bellikon, namentlich die interdisziplinäre Zusammenfassung, als Gutachten eines oder einer unabhängigen Sachverständigen im Sinne dieser Bestimmung gelten. 3.3.1 3.3.1.1 Nach der zu Art. 44 ATSG ergangenen Rechtsprechung (BGE 132 V 376, insbesondere E. 9 S. 386; vgl. auch die in BGE 132 V 418 nicht publizierte E. 3.5 [U 178/04]) ist der versicherten Person vorgängig mitzuteilen, von wem das Gutachten durchgeführt wird. Sind dem Versicherer bei dessen Anordnung die Namen der Ärztinnen und Ärzte noch nicht bekannt, genügt es, wenn diese der versicherten Person (allenfalls durch die beauftragte Gutachterstelle) erst zu einem späteren Zeitpunkt eröffnet werden. Dies muss indessen frühzeitig genug erfolgen, damit sie in der Lage ist, noch vor der eigentlichen Begutachtung gesetzliche Ausstands- und Ablehnungsgründe geltend zu machen. Handelt es sich um diesbezüglich substanziiert begründete Einwendungen, hat der Sozialversicherer darüber noch vor der eigentlichen Begutachtung mittels einer beschwerdefähigen Verfügung zu befinden. Werden dagegen einzig materielle Einwendungen vorgebracht, genügt eine einfache Mitteilung, dass darüber im Rahmen der Beweiswürdigung zusammen mit dem Entscheid in der Sache befunden werde (vgl. dazu BGE 132 V 93 E. 6.5 S. 108 f.). 3.3.1.2 In BGE 132 V 376 E. 5 ff. S. 380 ff. hat das Bundesgericht weiter auf dem Wege der Auslegung unter Berücksichtigung des Schrifttums geprüft, ob Medizinische Abklärungsstellen (MEDAS) unter den Anwendungsbereich von Art. 44 ATSG fallen (E. 5 S. 380). Es stellte fest, dass der Gesetzgeber den Begriff des Gutachtens in einem funktionellen Sinne gebraucht, mithin entscheidend ist, wer (als beauftragtes Subjekt) ein Gutachten erstellt und dafür verantwortlich zeichnet. Sachverständiger bedeutet demnach zum einen das mit der Begutachtung beauftragte Subjekt und zum andern die natürliche Person, die das Gutachten erarbeitet, weshalb die fehlende Erwähnung der Medizinischen Abklärungsstellen in Art. 44 ATSG nicht darauf schliessen lässt, die Bestimmung sei auf sie nicht anwendbar (E. 6.1 S. 381). Weiter erwog das Bundesgericht zum Begriff der Unabhängigkeit des Sachverständigen, dass zumindest dem Wortlaut von Art. 44 ATSG nach nicht eine Unterscheidung zwischen verwaltungsinternen und -externen Gutachten vorgenommen wird. Ob eine solche Unterscheidung überhaupt zu treffen ist, brauchte nicht geprüft zu werden, da für die streitigen Belange die Feststellung genügte, dass es sich bei der MEDAS gemäss der auch nach Inkrafttreten des ATSG weiterhin geltenden Rechtsprechung (BGE 123 V 175) um eine unabhängige und unparteiliche Gutachterstelle handelt (E. 6.2 S. 382). 3.3.2 Das zur Unabhängigkeit der MEDAS Gesagte gilt aus den folgenden Gründen nicht für die Rehakliniken der SUVA: 3.3.2.1 Praxisgemäss stellt der in Art. 10 Abs. 1 UVG verankerte Anspruch der Versicherten auf zweckmässige Behandlung der Unfallfolgen eine vom Versicherungsträger zu erbringende Naturalleistung dar (RKUV 1995 Nr. U 227 S. 190, U 29/95 E. 2a mit Hinweisen). Laut Art. 17 Abs. 2 des Organisationsreglementes SUVA vom 14. Juni 2002 (vom Bundesrat genehmigt am 18. Dezember 2002) kann die SUVA, die eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit ist (Art. 61 Abs. 1 UVG), Spezialkliniken mit dem Ziel führen, eine umfassende Rehabilitation anzubieten, wobei für diese separate Rechnungen mit eigenen Bilanzen zu führen sind. Diesen gesetzlichen Anforderungen ist die SUVA unter anderem mit der Gründung der Rehaklinik Bellikon (vgl. dazu GEORG LUTZ, Das Nachbehandlungszentrum der SUVA in Bellikon, in: Schweizerische Zeitschrift für Sozialversicherung 1978 S. 34 ff.) nachgekommen. Insoweit kann die Rehaklinik Bellikon im Verhältnis zur SUVA nicht als unabhängig betrachtet werden. Auf der anderen Seite bietet sie auf ihrer Website unter anderem ambulante sowie stationäre Rehabilitationsmassnahmen von nicht SUVA-versicherten Unfallgeschädigten an und setzt zudem einen Schwerpunkt in der interdisziplinären Beurteilung/Begutachtung von Unfallfolgen, die je nach Situation ambulant oder im Rahmen eines kürzeren stationären Aufenthalts erfolgen (http://www.rehabellikon.ch, besucht am 24. Juni 2009). Es stellt sich daher die Frage, ob die Ärzte der Rehaklinik Bellikon im Verhältnis zur SUVA versicherungsinterne oder -externe medizinische Sachverständige sind. 3.3.2.2 ROGER PETER kam in der Dissertation mit dem Titel "Der Sachverständige im Verwaltungsverfahren der obligatorischen Unfallversicherung", Zürich 1999, S. 150 mit Hinweisen (vgl. auch DERSELBE, Der Anspruch auf verwaltungsexterne Sachverständige im Verwaltungsverfahren der obligatorischen Unfallversicherung, in: Schweizerische Versicherungszeitschrift 2000 [Jhg. 68], S. 83 ff., und Administrativsachverständige ohne Hinweis auf die vier Hauptpflichten: Unparteilichkeit, Fachkunde, Wahrheit, persönliche Erstattung des Gutachtens?, SZS 2002 S. 152) zum Schluss, dass keine sachlichen Gründe für eine verfahrensrechtliche Ungleichbehandlung von verwaltungsinternen und -externen Sachverständigengutachten gegeben seien. Den Parteien stünden in Bezug auf Beweismittel, die inhaltlich und funktionell einem Sachverständigengutachten im Sinne von Art. 12 lit. e VwVG gleichkämen, sowohl im Verwaltungsverfahren der SUVA als auch der anderen Unfallversicherer im Sinne von Art. 68 UVG die Mitwirkungsrechte im Sinne von Art. 57 ff. BZP zu. Andernfalls könnten die Verwaltungsbehörden die Gewährung dieser Mitwirkungsrechte durch Einsetzung verwaltungsinterner Sachverständiger umgehen. Dieser Rechtsauffassung schliesst sich KIESER (a.a.O., S. 565) auch für den Anwendungsbereich von Art. 44 ATSG mit den Worten an, der Terminus des unabhängigen Sachverständigen lasse die Abgrenzung zwischen versicherungsinternen und -externen Personen als nicht massgebend erscheinen; Art. 44 ATSG beziehe sich auch auf versicherungsinterne Sachverständige. 3.3.2.3 Gemäss dem schon vor Inkrafttreten des ATSG unter anderem im Verfahren der Unfallversicherung sinngemäss anwendbaren Art. 57 Abs. 1 BZP gelten als Sachverständige Drittpersonen, die - von einer Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde - aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse zur Aufklärung des Sachverhalts beigezogen werden. Dazu zählen ungeachtet der fachlichen Qualifikation nicht Personen, die eine Verfügung zu treffen oder vorzubereiten haben (vgl. Art. 10 Abs. 1 VwVG und Art. 36 Abs. 1 ATSG). Die nach Art. 19 VwVG in Verbindung mit Art. 57 ff. BZP für Sachverständigengutachten geltenden Verfahrensvorschriften sind daher auf die Auskünfte versicherungsinterner Ärzte nicht anwendbar (BGE 123 V 331). Den Materialien zur Entstehung des ATSG sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass mit Art. 44 ATSG eine von der bisherigen Rechtsprechung abweichende Regelung eingeführt wurde. An der Sitzung der Subkommission ATSG der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 8. Mai 1995 wurde bei der Diskussion der bei der Bestellung der Gutachter zu wahrenden Garantien festgehalten, der ärztliche Dienst der SUVA könne nicht abgelehnt werden. Zur Begründung wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass es hier um die Begutachtung durch den Experten gehe, der von der Versicherung unabhängig sei. In der parlamentarischen Debatte vom 17. Juni 1999 führte der Berichterstatter der Kommission aus, dass das Recht, einen ernannten Gutachter aus triftigen Gründen abzulehnen, für die verwaltungsinternen Gutachter - beispielsweise diejenigen der SUVA - nicht gelte (AB 1999 N 1244 [Rechsteiner]). Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates stimmte an der Sitzung vom 6. September 1999 dem Beschluss des Nationalrates diskussionslos zu. Im Plenum führte der Kommissionssprecher aus, es sei klar festzuhalten, dass die aus der Militärversicherung übernommene Regelung, wonach ein ernannter Gutachter aus triftigen Gründen abgelehnt werden könne, für die verwaltungsinternen Gutachter, beispielsweise für diejenigen im Bereich der Träger der obligatorischen Unfallversicherung, nicht gelte. Daran habe die Kommission nichts ändern wollen (AB 2000 S 182 [Schiesser]). Der Gesetzgeber sah demnach nicht vor, Art. 44 ATSG (Art. 52 des Entwurfs) auf versicherungsinterne Ärzte anzuwenden (vgl. auch ANDREAS FREIVOGEL, Zu den Verfahrensbestimmungen des ATSG, in: Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG], St. Gallen 2003, S. 100 ff.). Dieses Ergebnis entspricht auch der Regelung im allgemeinen Verwaltungsrecht, wonach die von der Verwaltung mit eigenem Sachverstand durchgeführten Untersuchungen nicht als Gutachten im Sinne von Art. 12 lit. e VwVG gelten, weshalb die Verfahrensvorschriften von Art. 57 ff. BZP (in Verbindung mit Art. 19 VwVG) nicht anwendbar sind (KRAUSKOPF/EMMENEGGER, Kommentar zum VwVG, 2009, N. 147 zu Art. 12; AUER, Kommentar zum VwVG, 2008, N. 55 zu Art. 12; BGE 135 V 254 E. 3.4.1 S. 259). 3.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass fachmedizinische Stellungnahmen der Rehaklinik Bellikon, soweit sie von der SUVA verlangt werden, nicht als Gutachten unabhängiger Sachverständiger im Sinne des Art. 44 ATSG zu betrachten sind. Art. 44 ATSG ist somit nicht anwendbar und eine Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs kann sich vorliegend nicht aus dieser Bestimmung ergeben. 3.5 In diesem Zusammenhang kann darauf hingewiesen werden, dass es der SUVA freisteht, sich bei entsprechenden Sachverhaltsabklärungen Art. 44 ATSG zu unterziehen, wodurch die Akzeptanz solcher Berichte erhöht würde. 4. Zu prüfen bleibt, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör anderweitig verletzt ist. 4.1 In Art. 42 ATSG wird unter dem Titel "Abklärung" statuiert, dass die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör haben. Sie müssen nicht angehört werden vor Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind. Gemäss Art. 43 ATSG prüft der Versicherungsträger die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten (Abs. 1). Soweit ärztliche oder fachliche Untersuchungen für die Beurteilung notwendig und zumutbar sind, hat sich die versicherte Person diesen zu unterziehen (Abs. 2). 4.1 In Art. 42 ATSG wird unter dem Titel "Abklärung" statuiert, dass die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör haben. Sie müssen nicht angehört werden vor Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind. Gemäss Art. 43 ATSG prüft der Versicherungsträger die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten (Abs. 1). Soweit ärztliche oder fachliche Untersuchungen für die Beurteilung notwendig und zumutbar sind, hat sich die versicherte Person diesen zu unterziehen (Abs. 2). 4.2 4.2.1 Der zuständige Sachbearbeiter der SUVA hielt in einer Notiz vom 16. Oktober 2006 ein telefonisch geführtes Gespräch mit der Versicherten fest. Danach verzögerte sich der Eintritt in die Rehaklinik Bellikon aufgrund des Umstands, dass der "federführende Arzt und Neurologe" sich nicht nur um eine stationäre Rehabilitation, "sondern auch um eine interdisziplinäre Untersuchung" kümmern müsse, was eine Koordination der involvierten Ärzte unterschiedlicher Fachrichtung nötig mache. Aus diesen Angaben kann nicht geschlossen werden, dass der Versicherten auch eine interdisziplinäre gutachterliche Beurteilung bevorstand. Nichts anderes ergibt sich aus der telefonischen Notiz der SUVA vom 22. September 2006, wonach der Rechtsvertreter der Versicherten telefonisch lediglich "über den vorgesehenen Eintritt in die Rehaklinik Bellikon" in Kenntnis gesetzt wurde, womit dieser sich grundsätzlich einverstanden erklärte. Unter diesen Umständen ist nicht nachgewiesen, dass die Versicherte oder ihr Rechtsanwalt vor Beginn des Klinikaufenthalts hätte realisieren können oder gar müssen, dass der von der SUVA angeordnete Rehabilitationsaufenthalt zusätzlich der gutachterlichen Beurteilung des medizinischen Sachverhalts galt. Schliesslich hat gemäss Angaben der Rehaklinik Bellikon auch kein Arzt oder keine Ärztin darauf hingewiesen. Damit steht fest, dass die SUVA der Versicherten keine Gelegenheit gab, zur Notwendigkeit und Zumutbarkeit der medizinischen Begutachtung in der Rehaklinik Bellikon Stellung zu nehmen. 4.2.2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 3 EMRK) stellt einen wichtigen und deshalb eigens aufgeführten Teilaspekt des allgemeineren Grundsatzes des fairen Verfahrens von Art. 29 Abs. 1 BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK dar (BGE 129 I 85 E. 4.1 S. 88) dar. Als Teilgehalt des Gebots des fairen Verfahrens anerkennt das Bundesgericht ein grundsätzliches Verwertungsverbot widerrechtlich erlangter Beweise (BGE 131 I 272 E. 3.2.1 S. 275 und E. 3.2.3.4 S. 277). Die Verwertbarkeit solcher Beweismittel ist nicht in jedem Fall ausgeschlossen, sondern lediglich dem Grundsatze nach. Es ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei einerseits das öffentliche Interesse an der Verwertung, anderseits das Gewicht und das Ausmass der Rechtsgüterverletzung bei der Beweisbeschaffung zu würdigen sind (BGE 131 I 272 E. 4.1 S. 278 f.; Urteil 1B_241/2008 vom 26. Februar 2009 E. 5.2). 4.2.2.1 Die Anordnung einer medizinischen Begutachtung ohne der versicherten Person Gelegenheit zu geben, zur Notwendigkeit und Zumutbarkeit Stellung zu nehmen, beschlägt den in Art. 10 Abs. 2 BV (vgl. auch Art. 8 EMRK) gewährleisteten Anspruch auf persönliche Freiheit. Zu dessen Schutzbereich gehört insbesondere das Recht auf physische und psychische Unversehrtheit respektive Integrität (vgl. BGE 130 I 369 E. 2 S. 373 mit Hinweisen; 127 I 6 E. 5a S. 13; siehe zu Art. 4 aBV: BGE 118 Ia 427 E. 4b S. 434 mit Hinweisen). Die Anordnung medizinischer Untersuchungen an einer Person greift zweifellos in dieses Recht ein (vgl. BGE 134 III 241 E. 5.4.3 S. 247 mit Hinweisen; ferner: BGE 104 Ia 480 E. 4a S. 468 mit Hinweisen und Urteil 1P.109/2000 vom 26. April 2000 E. 1c; FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, 3. Aufl. 2009, S. 291 mit Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte i.S. Y.F. gegen Türkei vom 22. Juli 2003, Recueil CourEDH 2003-IX S. 185). Wohl handelte es sich hier um einen leichten Eingriff in das Recht auf körperliche und geistige Integrität gemäss Art. 10 Abs. 2 BV (vgl. BGE 134 III 241 E. 5.4.3 S. 247; 128 II 259 E. 3.3 S. 259 mit Hinweisen). Auch mögen die Voraussetzungen des Art. 36 BV (vgl. auch Art. 8 Ziff. 2 EMRK) für eine Grundrechtseinschränkung vorgelegen haben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die ohne Wissen der Versicherten durchgeführte medizinische Begutachtung das Recht auf Selbstbestimmung, welches ebenfalls Teil des bundesverfassungsrechtlichen Anspruchs auf persönliche Freiheit bildet (vgl. BGE 128 II 259 E. 3.2 S. 268; 127 I 6 E. 5a S. 11 f. mit Hinweisen; JÖRG PAUL MÜLLER, Grundrechte der Schweiz, 4. Aufl., 2008, S. 138; vgl. auch BGE 129 I 302 E. 1.2.3 S. 309 mit Hinweisen), deutlich einschränkte. Auf der anderen Seite musste die SUVA, die für die Durchführung der obligatorischen Unfallversicherung vieler öffentlich- und privatrechtlicher Unternehmenszweige verpflichtet ist, zur Erfüllung ihrer Aufgabe im Interesse der Versichertengemeinschaft bestrebt sein, keine nicht geschuldeten Leistungen zu erbringen. Dieses Interesse wog jedoch dasjenige der Versicherten an einer rechtskonformen Abklärung des medizinischen Sachverhalts im sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren nicht auf. Insgesamt betrachtet ist die gerügte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör schwerwiegend. 4.2.2.2 Nach der Rechtsprechung kann selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von einer Rückweisung der Sache an die Verwaltung (im Sinne einer "Heilung" des Mangels) abgesehen werden, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 133 I 201 E. 2.2 S. 204; 132 V 387 E. 5.1 S. 390 mit Hinweis). Hier liegen, wie dargelegt, Verletzungen der bundesverfassungsrechtlich garantierten Ansprüche auf persönliche Freiheit und auf rechtliches Gehör vor, weshalb eine Rückweisung der Sache an die Verwaltung angezeigt ist. Die SUVA wird neue Abklärungen zu tätigen haben, bei welchen sie den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör zu wahren hat. 5. Die Gerichtskosten sind gemäss Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG der unterliegenden SUVA aufzuerlegen (vgl. BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235). Sie hat ausserdem eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Beschwerdeführerin gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 18. Dezember 2008 sowie der Einspracheentscheid vom 16. November 2007 der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) aufgehoben werden und die Sache an die SUVA zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Leistungsanspruch neu verfüge. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 3. Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 4. Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern zurückgewiesen. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. Luzern, 25. Januar 2010 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Ursprung Grunder
585de492-e2ad-4ff9-b60f-c82b7901c379
de
2,012
CH_BGer_006
Federation
287.0
100.0
19.0
penal_law
nan
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critical-1
Sachverhalt: A. Die Staatsanwaltschaft legt X._ zur Last, er habe zusammen mit A._ vereinbart, mindestens einen Liter flüssiges Kokaingemisch von Spanien in die Schweiz einzuführen. Am 13. April 2006 sei er nach Madrid gereist, um die Betäubungsmittel von einem unbekannten Dritten zu übernehmen. Das Vorhaben sei aus unbekannten Gründen fehlgeschlagen (Anklage Ziffer 1). Weiter habe er zwischen Anfang 2005 und Ende Juni 2006 von A._ insgesamt fünf Gramm Kokaingemisch zum Weiterverkauf erworben (Ziffer 2.1). Zwischen 2004 und Mitte 2006 habe er zehnmal je ein Gramm Kokaingemisch an ihm unbekannte Abnehmer verkauft (Ziffer 2.2). Zudem habe er im Juni 2006 trotz Führerausweisentzugs ein Motorfahrzeug gelenkt (Ziff. 3). Schliesslich habe er vom 5. August bis Anfang September 2006 Betäubungsmittel konsumiert (Ziffer 4). B. Der Amtsgerichtspräsident Bucheggberg-Wasseramt verurteilte X._ am 26. November 2009 wegen einfacher Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Anklage Ziffern 1 und 2), der Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Anklage Ziffer 4) und des mehrfachen Führens eines Personenwagens trotz Führerausweisentzugs (Anklage Ziffer 3) zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 70.-- sowie zu einer Busse von Fr. 200.--, als Zusatzstrafe zum Urteil des Untersuchungsrichteramtes Emmental-Oberaargau vom 8. September 2006. Die dagegen von der Staatsanwaltschaft erhobene Appellation hiess das Obergericht des Kantons Solothurn am 5. Mai 2011 gut. Es sprach X._ wegen mengenmässig qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Anklage Ziffer 1) schuldig und stellte die Rechtskraft der weiteren erstinstanzlichen Schuldsprüche fest. Das Obergericht bestrafte X._ mit einer bedingten Geldstrafe von 330 Tagessätzen zu Fr. 110.-- und mit einer Busse von Fr. 200.--. Es ging von einer qualifizierten Drogenmenge aus, weil die Auftraggeber bereit gewesen seien, einen erheblichen Aufwand zu betreiben. Sie hätten für X._ ein Flugticket Zürich-Madrid und retour sowie ein Hotel für zwei Nächte gebucht und ihm Fr. 2'000.-- für seine Dienste angeboten. Der Transport alleine hätte Fr. 3'000.-- gekostet. Dieser Aufwand habe nur Sinn gemacht, wenn das Geschäft Gewinn abwerfe. Deshalb habe X._ davon ausgehen müssen, dass er eine qualifizierte Menge Kokain hätte transportieren sollen. C. X._ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz freizusprechen. Die Strafsache sei zur Ausfällung einer schuldangemessenen Strafe und zur neuen Festsetzung der Kosten an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
Erwägungen: 1. 1.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz verletze das Anklageprinzip. Sie halte fest, er habe die Tat als Teil einer dominikanischen Drogenhandelsgruppe begangen, welche grosse Mengen Kokain umgesetzt habe. Diesen Sachverhalt führe die Anklage nicht auf. Er dürfe nicht Grundlage des angefochtenen Urteils bilden. 1.2 Nach dem aus Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV sowie aus Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a und b EMRK abgeleiteten Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe genügend konkretisiert sind. Das Anklageprinzip bezweckt zugleich den Schutz der Verteidigungsrechte der angeschuldigten Person und dient dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion). Nach Art. 6 Ziff. 3 lit. a EMRK hat die angeschuldigte Person Anspruch darauf, in möglichst kurzer Frist über die Art und den Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden. Das Gericht ist an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden, nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde (BGE 133 IV 235 E. 6.3 S. 245 mit Hinweisen). 1.3 Die Anklagebehörde legt dem Beschwerdeführer zur Last, er habe in mittäterschaftlichem Zusammenwirken mit A._ Anstalten zur Einfuhr von mindestens einem Liter flüssigem Kokaingemisch von Spanien in die Schweiz getroffen. Sein Tatbeitrag habe darin bestanden, nach Madrid zu reisen, um die Betäubungsmittel von einem Unbekannten zu übernehmen und in die Schweiz einzuführen. Der Plan sei aus unbekannten Gründen fehlgeschlagen. Am Vorhaben seien drei "Hintermänner" (B._, C._ und D._) beteiligt gewesen, was der Beschwerdeführer wahrscheinlich nicht gewusst habe. Deshalb werde mit Bezug auf diese Personen keine Mittäterschaft angenommen (Anklageschrift vom 5. August 2009 S. 2 Ziff. I.1 mit Hinweisen in den Fussnoten 1 und 2). 1.4 Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer sei von einer professionellen dominikanischen Drogenhandelsgruppe angeworben worden, die den Willen hatte und in der Lage war, grosse Mengen von Kokain für den illegalen Transport von der Dominikanischen Republik bereitzustellen. Er habe im Rahmen dieser Organisation gehandelt, indem er die Anweisungen, wohin er sich in Madrid zu begeben habe, von seinem Auftraggeber A._ entgegennahm und mit diesem jeweils in Kontakt trat, wenn sich vor Ort Probleme ergaben (angefochtenes Urteil S. 12 Ziff. 1.3.3.). 1.5 Die Anklage enthält den Vorwurf, der Beschwerdeführer habe mit seinem Auftraggeber A._ zusammengewirkt. Insoweit sind die Feststellungen, A._ habe ihm Anweisungen zur Übernahme der Drogenlieferung erteilt, von der Anklageschrift umfasst. Auch das Zusammenwirken von A._ mit den "Hintermännern" ist von der Anklageschrift gedeckt, wobei darin ausdrücklich erwähnt wird, der Beschwerdeführer habe nichts von den weiteren Beteiligten gewusst. Ein bandenmässiges Vorgehen legt die Vorinstanz dem Beschwerdeführer auch nicht zur Last. Die Rügen erweisen sich als unbegründet. 2. 2.1 Der Beschwerdeführer rügt, die vorinstanzlichen Feststellungen im Zusammenhang mit der Drogenhandelsorganisation in der Dominikanischen Republik seien willkürlich. Es sei aus den Akten nicht ersichtlich, dass er von dieser Organisation Kenntnis gehabt und für diese gehandelt habe. Jedenfalls dürften diese Sachverhaltselemente nicht dazu dienen, die mengenmässige Qualifikation zu begründen. 2.2 Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 136 II 304 E. 2.4 S. 313 f. mit Hinweis; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 136 III 552 E. 4.2 S. 560 mit Hinweisen). 2.3 Die Vorinstanz stellt zur Begründung hinsichtlich der Drogenmenge nicht auf die internationale Organisation ab (vgl. Urteil S. 6). Auf diese vorinstanzlichen Erwägungen kann vollumfänglich verwiesen werden. Der Beschwerdeführer geht darauf nicht ein. Dass er ohne sein Wissen als Teil einer internationalen Organisation gehandelt hat, wie die Vorinstanz feststellt, bestreitet er nicht. Die Rüge erweist sich als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. 3. 3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, es liege keine qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 6 i.V.m. aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG (in der bis zum 30. Juni 2011 gültigen Fassung; AS 1975 1220) vor. Eine solche wäre nur erfüllt, wenn er mengenmässig tatsächlich eine qualifizierte Widerhandlung begangen hätte, was nicht zutreffe. Der blosse Versuch genüge nicht, da sich die Bestimmung von aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ausschliesslich auf die Strafzumessung, nicht aber auf die Strafbarkeit beziehe. 3.2 Die seit dem 1. Juli 2011 revidierten Bestimmungen (Art. 19 Abs. 1 lit. b und lit. g BetmG; SR 812.121) sind nicht milder, weshalb das alte Recht anzuwenden ist (Art. 2 Abs. 2 StGB). Wer unbefugt Anstalten zur Einfuhr von Betäubungsmitteln trifft, wird (bei vorsätzlicher Tatbegehung) mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 3 und Abs. 6 BetmG). Abs. 6 erfasst sowohl den Versuch im Sinne von Art. 22 StGB wie auch gewisse qualifizierte Vorbereitungshandlungen und wertet sie zu selbstständigen Taten mit derselben Strafdrohung wie die übrigen verbotenen Verhaltensweisen auf (BGE 133 IV 187 E. 3.2 S. 193 mit Hinweisen). Die Rechtsprechung hat den Begriff des Anstaltentreffens eingegrenzt. Zu ahnden sind nur Fälle, in denen das Verhalten des Täters nicht ebenso gut einem gesetzmässigen Zweck dienen könnte, sondern seinem äussern Erscheinungsbild nach die deliktische Bestimmung klar erkennen lässt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn sich jemand mit der Absicht des Erwerbs von Betäubungsmitteln nach Bezugsquellen erkundigt (BGE 117 IV 309 E. 1a S. 310 f. und E. 1d S. 312 f. mit Hinweisen). In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, womit eine Geldstrafe verbunden werden kann (aArt. 19 Ziff. 1 BetmG). Ein schwerer Fall liegt namentlich vor, wenn der Täter weiss oder annehmen muss, dass sich die Widerhandlung auf eine Menge von Betäubungsmitteln bezieht, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann (aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG). Enthält das Kokaingemisch mindestens 18 Gramm reinen Wirkstoff, ist die Grenze zu aArt. 19 Ziff. 2 BetmG überschritten (BGE 120 IV 334 E. 2a S. 338 mit Hinweisen; 109 IV 143 E. 3b S. 145). 3.3 Die bisherige Rechtsprechung, ob der mengenmässig schwere Fall als Versuch begangen werden kann, ist uneinheitlich. In seiner publizierten Rechtsprechung erwog das Bundesgericht, die Annahme eines mengenmässig schweren Falles im Sinne von aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG sei an eine objektive und eine subjektive Voraussetzung geknüpft. Werde die Grenze von 18 Gramm Kokain unterschritten, fehle es an der objektiven Voraussetzung. Der Qualifikationsgrund nach Ziff. 2 lit. a scheide aus, auch wenn der Täter irrtümlicherweise meine, das gehandelte Kokain enthalte mindestens 18 Gramm reinen Wirkstoff. Die subjektive Vorstellung des Täters könne die fehlende objektive Voraussetzung nicht ersetzen. Es bestehe insoweit eine Analogie zum Wahndelikt (BGE 122 IV 360 E. 2a S. 362 ff. mit Hinweisen). Bei aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG gehe es nicht um die Strafbarkeit, sondern um die Strafzumessung. Diese Bestimmung nenne nur Umstände, welche zur Anwendung des höheren Strafrahmens führten, nicht aber Tatbestandsmerkmale. Die Frage des Versuchs, welche sich gegebenenfalls bei der Tatbestandsmässigkeit stelle, könne in diesem Stadium der Bewertung nicht mehr aufgeworfen werden (BGE 122 IV 360 E. 2b S. 363 f. mit Hinweisen, bestätigt in BGE 124 IV 79 E. 2d S. 81; je mit Hinweisen; vgl. zur analogen Rechtsprechung betreffend aArt. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG: BGE 129 IV 188 E. 3.3 S. 195 f. mit Hinweisen). Der Rechtsprechung von BGE 122 IV 360, S. 363 f. lag ein Sachverhalt zugrunde, in welchem der Täter 49.1 Gramm Kokaingemisch besass, der reine Wirkstoff aber weniger als 18 Gramm betrug. Deshalb durfte der Richter den Täter nicht wegen Versuchs bestrafen. Denn die Tat im Sinne von aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 5 BetmG war vollendet (BGE 122 IV 360 a.a.O.). In einem anderen Fall, in welchem der Täter nach seiner Vorstellung eine grosse Menge Betäubungsmittel transportierte, welche die Polizei vorgängig ohne sein Wissen gegen einen harmlosen Stoff ausgetauscht hatte, schützte das Bundesgericht die Verurteilung wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz nach aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 6 ("Anstalten treffen") i.V.m. aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG (Urteil 6S.108/1997 vom 28. April 1997 E. 2b mit Hinweisen). Im Gegensatz zu der in BGE 122 IV 360 publizierten Rechtsprechung wertete das Bundesgericht in einem neueren Entscheid die Verurteilung wegen mengenmässig qualifiziertem Anstaltentreffen zum Betäubungsmittelhandel als bundesrechtskonform. Der Täter reiste nach Buenos Aires, um von dort ein Kilogramm Kokain gegen einen Lohn von Fr. 10'000.-- nach Madrid zu bringen. Dieser Transport kam nicht zustande, da der Täter aus eigenem Antrieb ohne die Betäubungsmittel in die Schweiz zurückkehrte (Urteil 6B_96/2011 vom 7. Juni 2011 E. 3). Gegenstand dieses Entscheids war allerdings nur, ob der Täter die Schwelle zum Anstaltentreffen überschritten hatte und nicht die Frage nach der qualifizierten Menge Drogen. 3.4 In der Lehre sind die Ansichten geteilt, ob es ein "Anstaltentreffen" zu einem mengenmässig schweren Fall nach aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG i.V.m. aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG gibt. Einige Autoren betrachten Ziffer 2 als blosse Strafzumessungsregel, weil sie dasselbe Rechtsgut schütze wie Ziffer 1. Deshalb falle der Versuch nach aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 6 ausser Betracht (FINGERHUTH/TSCHURR, Betäubungsmittelgesetz, 2007, N. 181 zu aArt. 19 BetmG; GERHARD FIOLKA, Das Rechtsgut, Band 2, Diss. 2006, S. 892; 896, 910; sinngemäss auch HANS SCHULZ, Die strafrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1996, in: ZBJV 1997 133 S. 406: Der Kassationshof schliesse mit überzeugender Begründung die Möglichkeit jeder Versuchsstrafe aus. Bloss in Bezug auf den untauglichen Versuch gebe es Zweifel an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung). Obwohl auch CORBOZ von einer Strafzumessungsregel ausgeht, hält er ein Anstaltentreffen zum qualifizierten Fall für möglich (BERNARD CORBOZ, La jurisprudence du Tribunal fédéral concernant les infractions à la loi fédérale sur les stupéfiants, in: SJ 1999, Band II, S. 10). Andere Autoren sind der Auffassung, der Täter könne Anstalten zu einem mengenmässig schweren Fall treffen (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I: Die Straftat, 4. Aufl. 2011, § 12 N. 34 Fn. 67, worin er sich kritisch zur Bezeichnung von aArt. 19 Ziff. 2 BetmG als Strafzumessungsregel äussert; PETER ALBRECHT, in: Die Strafbestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes [Art. 19-28 BetmG], 2. Aufl. 2007, N. 235 ff.; DERS., Untauglicher Versuch oder Wahndelikt?, in: AJP 1997 S. 752 ff; TRECHSEL/NOLL, Schweizerisches Strafrecht Allgemeiner Teil I, 6. Aufl. 2004, § 30 S. 179; GUIDO JENNY, Die Strafrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1998, in: ZBJV 135 1999 S. 625 ff.). SCHÜTZ geht davon aus, es sei (lediglich) ein unvollendeter Versuch zum mengenmässig qualifizierten Betäubungsmitteldelikt denkbar, weil es sich um ein schlichtes Tätigkeitsdelikt handle (ALFRED SCHÜTZ, Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel vom 3. Oktober 1951 in der Fassung vom 20. März 1975, Diss. 1980, S. 160 f.). 3.5 Bei qualifizierten Delikten ist der strafbare Versuch nicht generell ausgeschlossen, sondern von Fall zu Fall zu prüfen (BGE 123 IV 128 E. 2b S. 131 mit Hinweisen). Anders als im Entscheid BGE 122 IV 360, wo der Täter fälschlicherweise glaubte, eine qualifizierte Menge Drogen zu besitzen, ist der Täter beim Anstaltentreffen zum Betäubungsmittelhandel noch nicht in Kontakt mit den Drogen gelangt. Zusammen mit CORBOZ (vgl. E. 3.4) ist davon auszugehen, dass aus dem Fehlen der Drogen nicht geschlossen werden muss, es fehle an der objektiven Tatbestandsvoraussetzung. Es ist nach wie vor möglich, dass die bestellten Betäubungsmittel geliefert werden. Hinsichtlich der Menge des reinen Drogenwirkstoffs besteht jedoch ein Beweisproblem. Bei Vorbereitungshandlungen zum schweren Handel können die Ermittlungsbehörden in der Regel keine Betäubungsmittel sicherstellen und daher auch nicht den Reinheitsgrad zuverlässig nachweisen. Man darf aber vernünftigerweise davon ausgehen, dass die Drogen mittlerer Qualität seien, solange es keine Hinweise auf eine besonders reine oder gestreckte Substanz gibt (BERNARD CORBOZ a.a.O.). Für eine solche Auslegung spricht sowohl die neuere Rechtsprechung (Urteil 6B_96/2011 vom 7. Juni 2011 E. 3) als auch ein Teil der Lehre (vgl. oben E. 3.4, 2. Absatz). 3.6 Das zu beurteilende Delikt blieb unvollendet und der Transport einer qualifizierten Menge Kokain mit über 18 Gramm reinem Wirkstoff wäre an sich noch möglich. Die Tat beschränkte sich auf das Anstaltentreffen nach aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG, ohne dass tatsächlich Besitz im Sinne von aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 5 BetmG vorgelegen hätte. Der Beschwerdeführer hatte beabsichtigt, eine grosse Menge Drogen zu transportieren und in die Schweiz einzuführen. Die vorinstanzlichen Ausführungen hierzu sind unbestritten (vgl. Sachverhalt lit. B) bzw. vertretbar (vgl. oben Erwägung 2). Seinen von der Vorinstanz festgestellten Tatwillen stellt der Beschwerdeführer nicht in Frage. Er hätte seinen Tatplan ohne Weiteres verwirklichen können. Somit erfüllt er den objektiven und subjektiven Tatbestand des Anstaltentreffens zum mengenmässig schweren Betäubungsmittelhandel. Die Verurteilung des Beschwerdeführers erweist sich deshalb als bundesrechtskonform. 4. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 13. Februar 2012 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Mathys Die Gerichtsschreiberin: Koch
58633a4c-1867-46a4-b80b-5a45d9d9d4a0
fr
2,012
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. Le 28 juillet 2010, X._, domiciliée à Meyrin (GE), a demandé au Conseil d'Etat de la République et canton de Genève (ci-après: le Conseil d'Etat), via la Chancellerie d'Etat, à pouvoir se présenter aux examens de traducteur-juré pour le canton. Bien que n'étant pas titulaire d'un diplôme universitaire, tel que le prescrit le règlement genevois du 6 décembre 2004 relatif aux traducteurs-jurés (RTJ/GE; RS/GE I 2 46.03), elle estimait pouvoir attester d'une solide expérience professionnelle et remettait au demeurant en cause la légalité dudit règlement. B. Par arrêté du 20 avril 2011, le Conseil d'Etat a déclaré irrecevable la demande de X._, au motif qu'elle ne remplissait pas les conditions permettant son assermentation en qualité de traductrice-jurée. Par arrêt du 1er novembre 2011, la Chambre administrative de la Cour de Justice de la République et canton de Genève (ci-après: la Cour de Justice) a partiellement admis, dans la mesure de sa recevabilité, le recours interjeté par X._ contre l'arrêté du 20 avril 2011 et a annulé ce dernier, au motif qu'il avait été pris en vertu d'un règlement dépourvu de base légale. C. Agissant par la voie du recours en matière de droit public, la Chancellerie d'Etat demande au nom et pour le compte du Conseil d'Etat au Tribunal fédéral, sous suite de frais, principalement, d'annuler l'arrêt de la Cour de Justice et, statuant à nouveau, de déclarer irrecevable le recours formé par X._ contre l'arrêté du Conseil d'Etat du 20 avril 2011, subsidiairement, de rejeter ledit recours et, plus subsidiairement, de renvoyer le dossier à la Cour de Justice. La Cour de Justice persiste dans les considérants et le dispositif de l'arrêt attaqué. X._ conclut au déboutement du Conseil d'Etat de toutes ses conclusions.
Considérant en droit: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (ATF 137 I 371 consid. 1 p. 372; 136 II 470 consid. 1 p. 472). 1.1 En annulant la décision du Conseil d'Etat du 20 avril 2011, la Cour de Justice a délibérément renoncé à renvoyer la cause au Conseil d'Etat, estimant qu'un tel renvoi serait inutile en l'absence d'une base légale formelle. Indépendamment de la question du bien-fondé de cette position, qui sera examinée ultérieurement, il en découle que l'arrêt querellé met un terme à la procédure et qu'il constitue partant une décision finale (art. 90 LTF), rendue en dernière instance cantonale par un tribunal supérieur (art. 86 al. 1 let. d et al. 2 LTF) dans une cause de droit public (art. 82 let. a LTF) ne tombant pas sous le coup des exceptions de l'art. 83 LTF. En effet, selon l'art. 83 let. t LTF plus particulièrement, le recours est exclu lorsque le résultat d'examens ou d'autres évaluations des capacités est contesté, ce qui n'est en revanche pas le cas lorsque le litige porte, comme en l'espèce, sur la question de savoir si un examen ou un titre est nécessaire ou non pour obtenir une autorisation d'exercer une activité (cf. arrêts 2C_736/2010 du 23 février 2012 consid. 1.1; 2C_560/2007 du 23 octobre 2007 consid. 2.2 e contrario; 2C_258/2007 du 17 octobre 2007 consid. 2.2). La voie du recours en matière de droit public est donc en principe ouverte. 1.2 Le recours est formé par le Conseil d'Etat, qui invoque notamment le principe de la séparation des pouvoirs, arguant que l'arrêt attaqué l'entraverait dans ses prérogatives de puissance publique, dans la mesure où il lui dénierait toute compétence réglementaire et organisationnelle en matière de traducteurs-jurés. 1.2.1 Le droit de recourir des collectivités publiques est visé en premier lieu par l'art. 89 al. 2 LTF. Toutefois, lorsque les conditions de cet alinéa ne sont pas remplies, il faut examiner si l'autorité peut se prévaloir de l'art. 89 al. 1 LTF. D'après l'art. 89 al. 2 let. c LTF, les collectivités publiques ont qualité pour agir lorsqu'elles invoquent la violation de garanties qui leur sont reconnues par les Constitutions cantonale ou fédérale (arrêt 1C_365/2010 du 18 janvier 2011 consid. 1.1, non publié in ATF 137 II 23). Cette disposition ouvre notamment aux communes la voie du recours pour violation de leur autonomie (ATF 136 I 265 consid. 1.3 p. 268; 135 I 302 consid. 1.1 p. 304). La question de savoir si un canton peut se prévaloir de l'art. 89 al. 2 let. c LTF pour se plaindre de la violation de sa souveraineté garantie par l'art. 3 Cst. est controversée en doctrine (en faveur d'une application aux cantons: HANSJÖRG SEILER, ad art. 89 LTF, in: Handkommentar BGG, Berne 2007, p. 370 N 59; BERNHARD WALDMANN, ad art. 89 LTF, in: Basler Kommentar - Bundesgerichtsgesetz, 2e éd., Bâle 2011, p. 1204 N 59; dubitatif: YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, Berne 2008, p. 1184 N 3160; en défaveur: ALAIN WURZBURGER, ad art. 89 LTF, in: Commentaire de la LTF, Berne 2009, p. 871 N 39). La jurisprudence n'a pas encore tranché la question (arrêt 9C_476/2010 du 24 novembre 2010 consid. 1, in: SVR 2011 BVG n° 17 p. 62); s'agissant de recours par lesquels un canton entendrait, de manière générale, contester les jugements rendus par ses propres tribunaux, elle va néanmoins plutôt dans le sens d'un refus (cf. ATF 133 II 400 consid. 2.4.1 p. 405 s.). Cependant, il n'est pas nécessaire de résoudre cette controverse, dès lors qu'une collectivité publique peut fonder son recours sur l'art. 89 al. 1 LTF lorsqu'elle est touchée dans ses prérogatives de puissance publique ("in ihren hoheitlichen Befugnissen berührt") et dispose d'un intérêt public propre digne de protection à l'annulation ou à la modification de l'acte attaqué (cf. ATF 136 I 265 consid. 1.4 p. 268; 136 II 383 consid. 2.3 et 2.4 p. 386 s.). Lorsqu'il est porté atteinte à ses intérêts spécifiques, la collectivité publique peut ainsi se voir reconnaître la qualité pour recourir, pour autant qu'elle soit touchée de manière qualifiée (arrêts 2C_736/2010 du 23 février 2012 consid. 1.3; 2C_931/2010 du 28 mars 2011 consid. 2.5). Tel est le cas lorsqu'un acte de puissance publique concerne des intérêts publics essentiels dans un domaine de politique qui relève de la compétence de l'autorité (ATF 137 IV 269 consid. 1.4 p. 274; 136 II 383 consid. 2.4 p. 386; 136 V 346 consid. 3.3.2 p. 349; 135 II 12 consid. 1.2.2 p. 15 s.). En revanche, le simple intérêt public à la bonne application du droit, notamment, est insuffisant pour fonder la qualité ordinaire pour recourir des collectivités (ATF 136 II 274 consid. 4.2 p. 279; 134 II 45 consid. 2.2.1 p. 47). Compte tenu de ces principes, la qualité pour recourir du canton dérivée de l'art. 89 al. 1 LTF ne doit être admise que de manière limitée. 1.2.2 Sur la base de l'art. 89 al. 1 LTF, le Tribunal fédéral a en particulier ouvert le recours à un canton contre une décision du Tribunal administratif fédéral autorisant, en vertu de la loi fédérale du 6 octobre 1995 sur le marché intérieur (LMI; RS 943.02), une psychothérapeute à exercer son activité indépendante; en effet, le prononcé en cause avait la valeur d'un précédent propre à contraindre le canton à délivrer, en contradiction avec le droit cantonal, de nombreuses autres autorisations similaires et des intérêts importants de santé publique étaient en jeu (ATF 135 II 12 consid. 1.2.2 p. 15 s.). Dans une autre cause, le Tribunal fédéral a reconnu au canton de Genève le droit de recourir contre un arrêt cantonal déniant au Service des votations et élections un droit d'intervention en cas de violation de la loi cantonale sur l'exercice des droits politiques (arrêt 1C_507/2010 du 9 juin 2011 consid. 1.2.2 s.). Dans l'arrêt 9C_476/2010 du 24 novembre 2010, la qualité pour recourir du canton a été admise s'agissant d'un arrêt du Tribunal administratif fédéral qui annulait partiellement un règlement que l'exécutif cantonal avait adopté selon des compétences normatives propres (consid. 1, in: SVR 2011 BVG n° 17 p. 62). 1.2.3 En l'occurrence, la Cour de Justice a annulé la décision litigieuse au motif qu'elle serait "fondée sur un texte réglementaire dépourvu de base légale", déniant toute validité au RTJ/GE. D'une part, cet arrêt empêche le Conseil d'Etat de rendre, en application de ce règlement, d'autres décisions concernant les traducteurs-jurés; d'autre part, il revient à nier la compétence du Conseil d'Etat de réglementer la matière de façon indépendante. Ne se confinant pas à désavouer le gouvernement cantonal sur une décision isolée à la faveur d'une conception juridique divergente, l'arrêt litigieux lui dénie partant une prérogative qu'il estime pouvoir tirer directement de l'ordre juridique genevois. L'arrêt porte ainsi atteinte à l'existence même d'une compétence relevant de la puissance publique (cf. ATF 135 II 12 consid. 1.2 p 15) et se prononce au sujet de la répartition constitutionnelle des compétences au sein du canton de Genève, de sorte à affecter le bon fonctionnement de l'administration en matière de certifications officielles. Le canton se plaint d'ailleurs d'une violation de la répartition des compétences et de la séparation des pouvoirs dans son recours. Il faut partant admettre que l'arrêt attaqué touche le canton de manière significative et concerne un intérêt digne de protection lié à l'exécution de tâches publiques, de sorte que la légitimation à recourir du canton de Genève doit être exceptionnellement retenue sur la base de l'art. 89 al. 1 LTF. 1.3 En sa qualité d'autorité exécutive représentant le canton de Genève à l'extérieur (cf. art. 128 al. 1 de la Constitution de la République et canton de Genève du 24 mai 1847 [Cst./GE; RS/GE A 2 00]), le Conseil d'Etat est habilité à agir au nom du canton devant le Tribunal fédéral (ATF 136 V 351 consid. 2.4 p. 354; 134 II 45 consid. 2.2.3 p. 48). Sur requête, la Chancellerie d'Etat a attesté de son pouvoir de représenter le Conseil d'Etat dans la présente cause (cf. ATF 136 V 351 consid. 2.4 p. 354; 135 II 12 consid. 1.2.3 p. 16). Etant au demeurant formé dans le délai utile (art. 100 al. 1 LTF) et dans les formes prescrites (art. 42 LTF), le recours est par conséquent recevable. 2. 2.1 Saisi d'un recours en matière de droit public, le Tribunal fédéral contrôle librement le respect du droit fédéral, qui comprend les droits de nature constitutionnelle (cf. art. 95 let. a et 106 al. 1 LTF), sous réserve des exigences de motivation figurant à l'art. 106 al. 2 LTF. Aux termes de cet alinéa, le Tribunal fédéral n'examine les droits fondamentaux ainsi que le droit cantonal que si le grief a été invoqué et motivé par le recourant (ATF 136 II 304 consid. 2.5 p. 314; cf. ATF 136 I 316 consid. 2.2.2 p. 318). 2.2 Le Tribunal fédéral conduit son raisonnement juridique sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). Il ne peut s'en écarter que si les constatations de ladite autorité ont été établies de façon manifestement inexacte - notion qui correspond à celle d'arbitraire au sens de l'art. 9 Cst. (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62; 136 II 304 consid. 2.4 p. 314) - ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF), et pour autant que la correction du vice soit susceptible d'influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). S'il entend s'écarter des constatations de fait de l'autorité précédente, le recourant doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF sont réalisées. 2.3 Le recourant reproche à la Cour de Justice d'avoir, de manière contraire à l'art. 97 al. 1 LTF, omis de constater l'historique à la base de la réglementation de l'institution des traducteurs-jurés à Genève. Ce grief tombe à faux, dès lors que les circonstances entourant la genèse et l'évolution d'une norme relèvent de son interprétation (cf. ATF 137 V 405 consid. 4.3 p. 408) et, par voie de conséquence, du droit. En tant que de besoin, la Cour de céans se référera donc librement à l'historique du RTJ/GE pour cerner le sens de la réglementation en cause. 3. Le présent litige concerne la question de savoir si c'est à juste titre que le Conseil d'Etat a refusé d'entrer en matière (cf. art. 8 al. 1 RTJ/GE) sur la requête de l'intimée de se présenter aux examens de traducteurs-jurés parce que cette dernière ne disposait pas d'un diplôme universitaire exigé par l'art. 2 al. 1 let. a et b RTJ/GE. 4. Le recourant soutient en substance que la Cour de Justice a porté atteinte au principe de la séparation des pouvoirs en retenant à tort l'absence de base légale voire constitutionnelle du RTJ/GE et, partant, en déniant au Conseil d'Etat la compétence de prévoir une réglementation concernant les traducteurs-jurés. 4.1 Le principe de la séparation des pouvoirs est garanti au moins implicitement par toutes les Constitutions cantonales. Il sauvegarde le respect des compétences établies par la Constitution. Il appartient en premier lieu au droit public cantonal de fixer les compétences des autorités (ATF 134 I 269 consid. 3.3.2 p. 274; 130 I 1 consid. 3.1 p. 5; 128 I 113 consid. 2c p. 116). Dans le canton de Genève, le principe de la séparation des pouvoirs est en particulier consacré à l'art. 130 Cst./GE (cf. ATF 134 I 322 consid. 2.2 et 2.3 p. 326 s.; arrêt 2C_649/2010 du 5 avril 2011 consid. 2.2). Il interdit, en règle générale, au pouvoir exécutif d'édicter des dispositions qui devraient figurer dans une loi, car cette attribution revient au pouvoir législatif; l'exécutif cantonal peut en revanche adopter des dispositions d'exécution (art. 116 Cst./GE). Cette règle connaît des exceptions s'agissant en particulier de compétences législatives déléguées à l'exécutif ou découlant directement de la Constitution (cf. ATF 134 I 269 consid. 4.2 p. 279; arrêt 2C_763/2009 du 28 avril 2010 consid. 5.1). 4.2 En l'occurrence, le RTJ/GE émane du Conseil d'Etat, soit du pouvoir exécutif cantonal. Il sied par conséquent de déterminer si, en posant la condition de la titularité d'un diplôme universitaire à l'art. 2 RTJ/GE, le Conseil d'Etat a agi dans le cadre de ses compétences. 4.3 L'activité de traducteur-juré consiste à traduire par écrit, principalement à partir d'une langue étrangère vers le français, ou subsidiairement, du français vers une langue étrangère, tout document nécessitant une certification officielle (art. 1 al. 1 RTJ/GE). Si le Conseil d'Etat, qui se réserve du reste la possibilité de statuer souverainement, notamment en fonction des besoins (art. 7 al. 2 RTJ/GE), accepte la requête d'assermentation du candidat (cf. art. 3 à 8 RTJ/GE), le traducteur-juré entre de son plein gré dans une relation de droit public avec l'Etat. Cette relation comporte des privilèges, en particulier le droit de traduire, dans les langues autorisées, les documents nécessitant une certification officielle, la prérogative de figurer sur le tableau des traducteurs-jurés publié dans la Feuille d'avis officielle et de pouvoir conférer une valeur probante aux textes traduits en y apposant le sceau officiel du canton (cf. art. 9 et 10 RTJ/GE); simultanément, ladite relation impose des obligations strictes aux traducteurs-jurés, notamment la tarification de leurs prestations (art. 12 RTJ/GE), le devoir de procéder en priorité aux traductions qui leur sont demandées par les services de l'Etat et par les particuliers nécessitant une certification officielle (art. 11 al. 2 et 3 RTJ/GE), ou encore des contrôles de qualité et du respect des conditions de la part de l'Etat, tels qu'accompagnés d'un régime de sanctions (art. 15 RTJ/GE). Il découle du statut réglementaire de traducteur-juré que ce dernier se voit conférer une parcelle limitée de la puissance publique qui le place dans un rapport de droit public spécial vis-à-vis du canton de Genève (cf. ATF 124 I 297 consid. 4a p. 300). Le traducteur-juré est en effet appelé à traduire des documents requérant une certification officielle non seulement pour l'administration, mais aussi pour des particuliers (art. 11 al. 2 et 3 RTJ/GE); ces derniers doivent pouvoir placer une confiance accrue en ses traductions, dont il pourra être fait usage dans le cadre de procédures ou transactions. Muni du sigle de l'Etat, le traducteur-juré atteste ainsi d'une traduction fidèle et de qualité de documents officiels et/ou probants. Si le traducteur-juré ne détient pas le monopole des traductions officielles, le sceau officiel de la République et canton de Genève apposé sur les certifications n'en signale pas moins aux particuliers qu'une présomption de conformité est attachée à ses travaux, dans le sens où l'Etat leur reconnaît une force probante accrue. En cela, la fonction du traducteur-juré, qui ne se limite pas à traduire des documents soumis par les services de l'Etat, dépasse le cadre d'une fonction administrative interne (s'agissant d'un traducteur-interprète auprès d'une mission diplomatique: ATF 120 II 408 consid. 5c p. 410 s.; arrêt 4A_386/2011 du 4 août 2011 consid. 3) et présente, dans le canton de Genève, certaines analogies avec le ministère d'un notaire indépendant (pour cette notion: FRANÇOIS BOHNET, Droit des professions judiciaires, Neuchâtel 2008, p. 74; cf., s'agissant de la rédaction des actes notariés et de leur traduction, l'art. 13 de la loi genevoise du 25 novembre 1988 sur le notariat [LNot/GE; RS/GE E 6 05]). 4.4 Selon que l'Etat exerce lui-même une tâche étatique ou en délègue l'exécution à des tiers externes à l'administration, les exigences quant à la légalité (cf. art. 5 al. 1 Cst.) de la réglementation applicable à cette activité ne sont pas les mêmes. 4.4.1 Lorsque l'Etat exécute ses tâches par le biais de ses propres services administratifs, il est en principe en droit de réglementer le domaine concerné au travers d'une ordonnance législative, voire le cas échéant, par le biais d'une ordonnance administrative (pour cette notion: ATF 136 V 295 consid. 5.7 p. 308; 128 I 167 consid. 4.3 p. 171; arrêt 8C_860/2009 du 22 septembre 2010 consid. 4.2). Dans le canton de Genève, l'exécutif peut du reste adopter des ordonnances législatives indépendantes sur la base des art. 101, 119 et 122 Cst./GE et dans les domaines régis par ces dispositions; celles-ci confient l'administration générale du canton, l'organisation et la surveillance de l'administration au Conseil d'Etat (FABIEN WAELTI, La 'directive' dans le paysage législatif genevois, in: Actualités juridiques de droit public 2011 [David Hofmann/Fabien Waelti (éd.)], Berne 2011, p. 137 s.). Par conséquent, tant que l'Etat gère le service de traducteurs-jurés de manière interne à son administration, il lui compète de fixer les exigences que les employés de l'Etat doivent remplir pour exécuter cette tâche par le biais d'ordonnances. 4.4.2 Le cas de figure décrit ci-dessus (consid. 4.4.1) est également réalisé lorsque, au lieu ou en plus d'effectuer lui-même les traductions officielles en faveur de l'administration et de particuliers, le service de traducteurs-jurés mandate des traducteurs privés à cette fin, mais qu'il maintient simultanément un contrôle sur les traductions externes et endosse ces dernières sous la responsabilité de l'Etat. Dans une telle hypothèse, les traducteurs externes à l'administration n'agissent en effet qu'en qualité d'auxiliaires et sous la supervision du service étatique concerné, lequel atteste et continue à répondre de la qualité et de la valeur probante des traductions transitant via son ministère. Il en découle que le recourant ne peut rien tirer des Instructions de la Chancellerie fédérale du 12 décembre 2000 sur le recours à des traducteurs ou réviseurs privés, car cette ordonnance administrative interne rédigée à l'attention des unités administratives de la Confédération (art. 1.2) instaure un contrôle des traductions externes par l'Etat (art. 5.3) et précise que la publication des textes traités par des traducteurs externes intervient sous la responsabilité de l'Etat (cf. art. 5.4). De même, il ressort du dossier que, jusqu'en 1993 au plus tard, le canton de Genève confiait ses traductions à un traducteur officiel, employé par l'Etat, qui avait recours aux services de traducteurs-jurés sélectionnés par ses soins et assermentés par le Conseil d'Etat, mais qui demeurait l'interlocuteur principal de l'Etat. 4.4.3 En revanche, si le canton choisit de déléguer une tâche de l'Etat à des services extérieurs à l'administration, cette délégation et ses modalités doivent être prévues dans une loi formelle. Au niveau de la Confédération, une telle obligation découle de l'art. 178 al. 3 Cst. (cf. ATF 137 II 409 consid. 4.3 p. 411); cette disposition constitutionnelle reflète toutefois un principe général du droit public qui exige qu'un acte de décentralisation administrative, de même que toute délégation de l'exercice de pouvoirs de puissance publique à des tiers reposent sur une base légale formelle suffisamment précise, dès lors qu'ils portent atteinte à l'unité organique de l'administration et constituent une entorse au monopole de l'Etat (cf. arrêt 2C_11/2010 du 25 novembre 2011 consid. 4.3.1, destiné à la publication; arrêts 2A.166/2005 du 8 mai 2006 consid. 10.2; 2P.96/2000 du 8 juin 2001 consid. 4c/aa, in: ZBl 102/2001 p. 656; SJ 2001 I 557; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6e éd., Zurich/St-Gall 2010, p. 339 N 1509; PIERRE MOOR, Droit administratif, vol. III, Berne 1992, p. 116). Etant investi d'une parcelle de puissance publique et accomplissant dans cette fonction une tâche étatique, le traducteur-juré n'en demeure pas moins, depuis l'abolition de la fonction de traducteur officiel à Genève, indépendant de l'administration (cf., mutatis mutandis, ATF 129 I 330 consid. 2.1 p. 333; 124 I 297 consid. 4a p. 300). Il doit d'ailleurs établir, en vue de son assermentation, qu'il n'est pas soumis à un lien de subordination contractuel, pour une part importante de son activité professionnelle, avec une collectivité ou administration publique, ou avec une représentation diplomatique étrangère (cf. art. 2 al. 1 let. f RTJ/GE). S'il doit effectuer ses traductions en priorité pour l'Etat, il reste libre de déployer en sus des activités privées, pour lesquelles il ne bénéficie d'aucun privilège, voire de fonctionner également en tant qu'interprète (art. 11 al. 2, 3 et 10 RTJ/GE). Il est personnellement et exclusivement responsable des travaux qu'il réalise et sur lesquels il appose son sceau (art. 11 al. 6 RTJ/GE). De plus, les litiges entre les traducteurs-jurés et leurs clients relèvent de la compétence des tribunaux civils ordinaires (art. 15 al. 5 RTJ/GE). Il s'ensuit que le traducteur privé exerçant la fonction de traducteur-juré se voit, en sa qualité de particulier extérieur à l'administration, confier une tâche de cette dernière (cf. ATF 137 II 409 consid. 7.3.2 p. 415), de sorte que la réglementation relative à l'exercice de la fonction de traducteur-juré par des traducteurs privés doit reposer sur une base légale émanant du législateur cantonal. Dans de telles circonstances, le point de savoir si l'exigence d'une base légale formelle pourrait aussi, comme retenu par la cour cantonale, découler de la liberté économique des traducteurs, à supposer que le traducteur-juré puisse se prévaloir d'une telle liberté, n'a pas à être tranché. 4.5 A l'aune de ce qui précède, il convient de vérifier si le règlement du Conseil d'Etat repose sur des compétences législatives qui lui ont été déléguées (cf. consid. 4.1 in fine supra). 4.5.1 Il est établi et non contesté qu'aucune loi formelle ne régit les traducteurs-jurés dans le canton de Genève. Reste à examiner si le Conseil d'Etat tient sa compétence réglementaire directement de la Constitution, de sorte que le RTJ/GE serait assimilable à une ordonnance législative indépendante de substitution contenant des normes primaires ne figurant pas dans une loi (cf. ATF 132 I 229 consid. 4.2 p. 234; 123 II 295 consid. 3a p. 298; arrêt 1C_103/2007 du 7 décembre 2007 consid. 4.3, in: ZBl 110/2009 p. 266; RDAF 2010 I 490). 4.5.2 Le recourant estime que la réglementation de cette fonction relèverait de la "matière de police", en vertu de l'art. 125 Cst./GE, et serait justifiée par le besoin d'assurer le bon fonctionnement de l'administration et la protection du public. L'art. 125 Cst./GE institue la compétence du Conseil d'Etat d'édicter les règlements de police dans les limites fixées par la loi, ainsi que d'en ordonner et d'en surveiller l'exécution. Cette disposition accorde à l'exécutif cantonal genevois un large pouvoir normatif indépendant dans les matières de police (arrêt 1P.598/2004 du 27 avril 2005 consid. 2.4), soit le droit d'adopter des ordonnances en se fondant directement sur la Cst./GE (ATF 134 I 322 consid. 2.4 p. 327). La notion de "police" au sens de cette norme constitutionnelle est plus large que celle comprise dans la "clause générale de police" relative à la prise de mesures urgentes pour rétablir ou préserver l'ordre public (ATF 114 Ia 286 consid. 5b p. 289). Les matières pouvant faire l'objet d'un règlement de police étaient exhaustivement circonscrites par l'art. 37 de l'ancienne loi pénale genevoise du 20 septembre 1941 (cf. ANDREAS AUER/GIORGIO MALINVERNI/MICHEL HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, vol. I, Berne 2006, p. 593 N 1679), avant son abrogation par la loi pénale genevoise du 17 novembre 2006 (LPG/GE; RS/GE E 4 05); elles se concentraient essentiellement sur des aspects sécuritaires et de droit pénal (administratif) cantonal (cf. ATF 114 Ia 286 consid. 5b p. 289 s.; 100 Ia 189 p. 196; arrêts 1P.598/2004 précité, consid. 2.4; 1P.469/1996 du 21 janvier 1997 consid. 2a). Malgré l'abrogation de l'aLPG/GE, on doit dès lors admettre que la notion indéterminée de "police" prévue à l'art. 125 al. 1 Cst./GE ne saurait s'interpréter de manière trop large (cf. ATF 111 Ia 231 consid. 5a p. 236). Or, le bon fonctionnement de l'administration et la protection du public invoqués par le recourant sont trop généraux pour que le RTJ/GE puisse être considéré comme ayant pour objectif principal la sauvegarde de l'ordre public. Le RTJ/GE ne peut par conséquent se fonder sur l'art. 125 Cst./GE. 4.5.3 A titre subsidiaire, le recourant se prévaut des art. 101 et 119 Cst./GE, dont le premier lui confie le pouvoir exécutif et l'administration générale du canton, tandis que le second l'habilite à régler les attributions et l'organisation des bureaux de chaque département, à déterminer le nombre et les occupations des employés et à fixer les émoluments sous réserve de l'approbation du parlement cantonal. La mention de ces dispositions constitutionnelles figure dans le préambule du RTJ/GE depuis son amendement du 30 mars 2011. Contrairement à ce qu'affirme le recourant, la réglementation de la fonction de traducteur-juré n'est pas purement organisationnelle. Elle concerne encore moins, comme évoqué précédemment (consid. 4.4.3), le personnel ou les services internes à l'administration, mais vise à conférer une tâche de l'administration à des particuliers extérieurs à celle-ci. Partant, les bases constitutionnelles avancées par le recourant sont inadéquates en vue d'autoriser le Conseil d'Etat à édicter le RTJ/GE. 4.5.4 En dernier lieu, le recourant affirme que sa compétence pour réglementer le domaine des traducteurs-jurés résulterait en tout état d'une coutume constitutionnelle séculaire. Le Tribunal fédéral n'exclut pas la naissance et la reconnaissance de droit coutumier en droit public. Il a ainsi exposé qu'il n'est pas contraire au droit constitutionnel de reconnaître une norme juridique née d'un usage prolongé, pour autant qu'elle ne porte pas atteinte aux droits fondamentaux des citoyens. Le silence de la loi ne peut pas être interprété d'emblée comme un silence qualifié prohibant tout droit coutumier; cela dépend de savoir s'il est nécessaire de compléter la loi ou, alors, s'il faut interpréter le caractère exhaustif de la norme juridique écrite comme s'opposant à tout complètement. La reconnaissance d'une coutume est soumise à des conditions strictes (cf. ATF 136 I 376 consid. 5.2 p. 387; 119 Ia 59 consid. 4b p. 62; 105 Ia 2 consid. 2a p. 5; 96 V 49 consid. 4 p. 51 s.; MICHEL BÉGUELIN, Das Gewohnheitsrecht in der Praxis des Bundesgerichts, thèse Berne 1968, p. 23 ss et p. 109). Une lacune véritable a été admise et une coutume a jadis été reconnue s'agissant de la compétence du Conseil d'Etat genevois de connaître, sur la base de l'art. 101 Cst./GE, des recours hiérarchiques contre les décisions prises par l'administration cantonale (cf. ATF 99 Ia 586 consid. 1c p. 591). Cela étant, il ne peut pas être tenu compte d'une coutume lorsqu'elle revient à déroger à une loi formelle, voire à la Constitution (ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER/HELEN KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7e éd., Zurich/Bâle/ Genève 2008, p. 6 N 12 s. et p. 314 N 1061; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, op. cit., p. 43 N 206). La coutume alléguée par le recourant consisterait à lui octroyer la compétence de réglementer l'activité de traducteur-juré à Genève. Or, il découle de la Cst./GE que le constituant genevois a entendu limiter les situations dans lesquelles le Conseil d'Etat est en droit d'édicter des ordonnances législatives indépendantes. Ainsi, comme on l'a vu, l'art. 125 Cst./GE autorise l'adoption de règlements de police, les art. 119 et 122 Cst./GE traitent de la réglementation de l'administration et l'art. 128 Cst./GE confie les relations extérieures du canton au Conseil d'Etat (cf. VINCENT MARTENET, La conclusion des conventions internationales et intercantonales au regard de la séparation des pouvoirs, spécialement dans le canton de Genève, in: ZBl 4/2011, p. 173 ss, 201 s.; WAELTI, op. cit., p. 137). Au-delà des hypothèses expressément envisagées par la Cst./GE, les compétences normatives du Conseil d'Etat se limitent à l'exécution et à la concrétisation des lois adoptées par le Grand Conseil. Il est partant permis d'exclure toute lacune véritable de la part du constituant s'agissant des compétences normatives attribuées au Conseil d'Etat. L'existence d'une coutume constitutionnelle qui, comme en l'espèce, permettrait d'étendre les compétences législatives du Conseil d'Etat au détriment de la répartition des compétences régie par la Constitution genevoise -, de surcroît dans un domaine soumis à la réserve de la loi en raison de la délégation d'une tâche de l'administration à des particuliers -, doit par conséquent être réfutée. 4.6 Au vu de ce qui précède, c'est à bon droit que la Cour de Justice a retenu que le RTJ/GE était dénué de toute base constitutionnelle ou légale, en violation du principe de la séparation des pouvoirs, et qu'elle a annulé l'arrêté du 20 avril 2011 appliquant ledit règlement. Les griefs du recourant doivent être écartés sur ce point. 5. Le Conseil d'Etat se plaint également d'une violation arbitraire des art. 60 al. 1 et 69 al. 1 de la loi genevoise du 12 septembre 1985 sur la procédure administrative (LPA/GE; RS/GE E 5 10). Il reproche en substance à la Cour de Justice de s'être cantonnée à annuler l'arrêté d'irrecevabilité, sans se prononcer sur les conclusions prises par l'intéressée et qui visaient à ce qu'il soit entré en matière sur sa demande d'assermentation en qualité de traductrice-jurée. 5.1 L'art. 60 al. 1 let. b LPA/GE reconnaît la qualité pour recourir au niveau cantonal à toute personne qui est touchée directement par une décision et a un intérêt personnel digne de protection à ce qu'elle soit annulée ou modifiée. En vertu de l'art. 69 al. 1 LPA/GE, la juridiction administrative chargée de statuer est liée par les conclusions des parties (...). L'art. 69 al. 1 LPA/GE exprime ainsi l'adage "ne eat iudex ultra petita partium" qui interdit au juge de dépasser le cadre fixé par les conclusions des parties (cf. arrêt 1C_233/2009 du 30 septembre 2009 consid. 2.2-2.3, in: SJ 2008 I 193; DEP 2008 259). 5.2 On peut certes s'interroger au sujet de la portée que l'arrêt litigieux revêt pour l'intimée. Ledit arrêt se contente en effet d'annuler l'arrêté du Conseil d'Etat déclarant sa requête irrecevable au motif que le RTJ/GE est dénué de base légale, mais sans trancher concrètement le sort du litige, soit la requête d'assermentation déposée par l'intimée. Quoi qu'il en soit, il incombait en premier lieu à la recourante sur le plan cantonal, laquelle était assistée d'un mandataire professionnel, de s'en plaindre devant la Cour de céans. Dès lors que cette dernière n'a pas recouru, il n'appartient pas au Conseil d'Etat d'invoquer à sa place une violation arbitraire du droit de procédure cantonal ni de se prévaloir d'un déni de justice formel au motif que la cour cantonale aurait statué "infra petita". Le grief susmentionné est par conséquent irrecevable. 6. Le Conseil d'Etat soutient par ailleurs que la Cour de Justice aurait arbitrairement outrepassé ses compétences en traitant le recours de la candidate au poste de traductrice-jurée comme un recours abstrait, alors que le droit cantonal genevois ne prévoit plus depuis longtemps une telle possibilité, qui serait du ressort exclusif du Tribunal fédéral. 6.1 Le canton de Genève ne connaît aucun contrôle abstrait des normes (cf. arrêts 2C_725/2010 du 31 octobre 2011 consid. 1.1; 2C_230/2010 du 12 avril 2011 consid. 1.1, non publié aux ATF 137 I 167). Reprenant les attributions du Tribunal administratif genevois à partir du 1er janvier 2011 (cf. art. 143 al. 5 de la loi genevoise du 26 septembre 2010 sur l'organisation judiciaire [LOJ/GE; RS/GE E 2 05]), la Cour de Justice ne dispose donc pas d'une telle compétence de contrôle abstrait (cf. art. 132 a contrario LOJ/GE; STÉPHANE GRODECKI, Quelques réflexions sur l'histoire tumultueuse du Tribunal cantonal des assurances sociales genevois, in: RDAF 2005 I 35, p. 35 ss, 52 ss). En revanche, les juridictions genevoises se voient reconnaître le droit d'exercer un contrôle concret des normes, soit un contrôle préjudiciel de la conformité des lois et des règlements cantonaux à la Constitution au moment de leur application à un cas d'espèce (cf. arrêt 1P.451/1998 du 9 novembre 1998 consid. 2a, in: SJ 1999 I 268; RDAF 1999 I 340; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, op. cit., vol. I, p. 671 N 1896 et 799 s. N 2299). Si, à l'issue d'un tel contrôle, la norme s'avérait inconstitutionnelle, la juridiction compétente ne saurait formellement annuler celle-ci, mais pourrait modifier la décision qui l'applique (cf. ATF 132 I 49 consid. 4 p. 54; arrêts 2C_116/2011 du 29 août 2011 consid. 2.4; 2C_410/2009 du 17 décembre 2009 consid. 2). 6.2 En l'espèce, c'est à tort que le recourant considère que l'arrêt attaqué aurait tranché le recours de l'intimée "comme s'il s'agissa[i]t d'un recours abstrait" (recours, p. 11) portant sur la légalité du RTJ/GE. 6.2.1 Comme l'ordre constitutionnel l'y autorise, la Cour de Justice a procédé à un contrôle préjudiciel, et non pas à un contrôle abstrait du RTJ/GE en relation avec la décision concrète entreprise. Ayant constaté l'illégalité du règlement cantonal, les juges cantonaux ont à bon droit annulé l'arrêté du Conseil d'Etat - soit un acte d'application - et non l'acte normatif lui-même, au motif que l'arrêté du 20 avril 2011 se fonde sur un acte normatif qui est dénué de base légale formelle. Il est vrai que le constat d'illégalité du RTJ/GE a pour conséquence pratique de rendre inopérant ce règlement, plus précisément de rendre inopposable l'exigence réglementaire portant sur la présentation d'un diplôme universitaire en vue d'accéder à la fonction de traducteur-juré; en effet, toute décision qui se fonderait sur le RTJ/GE serait d'emblée viciée et donc annulable. Cette conséquence n'équivaut toutefois pas à une invalidation formelle du RTJ/GE, laquelle aurait été envisageable uniquement dans le cadre d'un contrôle normatif abstrait. 6.2.2 Quant à la question de savoir si la renonciation de la Cour de Justice à se prononcer sur la possibilité pour l'intéressée de faire concrètement partie des traducteurs-jurés agréés par le canton de Genève représente un déni de justice, l'on a vu qu'elle ne saurait être invoquée par le gouvernement cantonal, mais, le cas échéant, par la seule intimée. Or, cette dernière n'a pas recouru contre l'arrêt de la Cour de Justice (consid. 5.2 supra). 7. Compte tenu de ce qui précède, le recours doit être rejeté dans la mesure de sa recevabilité. Le canton de Genève, qui succombe, versera des dépens à l'intimée, laquelle a conclu au déboutement du recours (cf. art. 68 al. 1 et 2 LTF). Il n'y a pas lieu de percevoir des frais judiciaires (cf. art. 66 al. 1 et 4 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours en matière de droit public est rejeté dans la mesure où il est recevable. 2. Il n'est pas perçu de frais judiciaires. 3. Une indemnité de 2'000 fr., à payer à titre de dépens à l'intimée, est mise à la charge du canton de Genève. 4. Le présent arrêt est communiqué au mandataire de l'intimée, au Conseil d'Etat de la République et canton de Genève, représenté par la Chancellerie d'Etat, ainsi qu'à la Cour de Justice de la République et canton de Genève, Chambre administrative. Lausanne, le 3 mai 2012 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Zünd Le Greffier: Chatton
5867ca80-707c-4c4f-852b-801e5cc6a93c
fr
2,007
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Faits : A. Par acte authentique du 20 juin 1978, à l'issue de longs pourparlers, les époux Roger et Françoise Varenne ont fait don à la Ville de Genève d'une importante collection de tableaux, de sculptures et d'objets de mobilier. Ils agissaient « conjointement et solidairement entre eux ». Au nom de la Ville de Genève, la donation était acceptée par deux membres du Conseil administratif que ce corps avait, le 23 mai 1978, délégués à cette fin; il s'agissait du maire et de la vice-présidente du conseil. L'affaire fut ensuite soumise au Conseil municipal de Genève; l'assemblée a accepté le 31 janvier 1979 et sa propre décision a été approuvée le 6 mars 1979 par le Département cantonal de l'intérieur et de l'agriculture. L'un des tableaux était une Fête au village, dite aussi Danse autour de l'arbre de mai, de Pierre Breughel le jeune; il devait être remis sans délai au Musée d'art et d'histoire de la Ville de Genève. Les deux donateurs se réservaient l'usufruit de tous les autres objets donnés, de sorte que ceux-ci ne seraient remis au musée qu'après la mort du donateur ayant survécu à l'autre. L'acte contenait par ailleurs les clauses suivantes: La donation est faite pour assurer l'intégrité et la pérennité de la collection qui doit demeurer inaliénable. La donation portera le nom de « Donation de Roger et Françoise Varenne ». La collection sera présentée d'une façon permanente. Elle sera exposée comme un ensemble cohérent, groupant dans une ou plusieurs salles les tableaux et les objets donnés selon une disposition logique. Toutes les précautions serons prises, notamment pour protéger les oeuvres contres le vol, le vandalisme et l'incendie et pour assurer leur parfait état de conservation. Roger et Françoise Varenne sont décédés, respectivement, en 1985 et le 25 juillet 2002. Ils ont pour héritiers leurs quatre enfants Daniel et Miriam Varenne, Lynn Holmes Varenne et Nancy Brunot Varenne. Marie-Claude Roché et Claude Brechbühl sont les exécuteurs testamentaires de Françoise Varenne. B. Le Musée d'art et d'histoire a rapidement pris possession de la Fête au village et il l'a exposée au public avec l'indication « don anonyme ». Cette dernière modalité correspondait à la volonté exprimée par les donateurs après la passation de l'acte: pour des raisons de sécurité, ils souhaitaient rester dans l'anonymat jusqu'à leur décès. La Fête au village fut demandée en prêt par les organisateurs d'expositions temporaires à l'étranger. Le 17 septembre 1996, la direction du musée rejeta une sollicitation de la Fondation culturelle de la Ruhr en vue d'une exposition à Essen, au motif qu'il s'agissait d'une peinture sur bois et que son transport présentait des risques de détérioration inacceptables. En mars 1998, la direction donna suite, au contraire, à une demande semblable du Musée royal des beaux-arts à Anvers, pour une exposition qui eut lieu du 2 mai au 26 juillet de la même année. Les transports d'aller et de retour furent accomplis dans une caisse climatisée construite spécialement pour cette occasion. Néanmoins, après que la Fête au village fut revenue à Genève, on constata que la couche de peinture présentait des cloques en trois endroits et il parut évident que le tableau avait souffert du changement de climat et du transport. Entre-temps, la direction avait accordé un autre prêt pour une exposition à Crémone; elle communiqua à l'organisateur qu'en raison des dégâts déjà survenus, cette opération était désormais exclue. La Fête au village fut alors confiée à la restauratrice du musée pour la réparation de ces dégâts. D'entente avec la direction, cette spécialiste décida de restaurer le ciel du tableau qui présentait des repeints. De son départ pour Anvers jusqu'à l'achèvement de la restauration, soit d'avril 1998 à avril 2002, l'oeuvre resta inaccessible aux visiteurs du musée. Par ailleurs, contrairement aux usages, on n'établit aucune documentation scientifique concernant son état avant les travaux de réparation et de restauration. En 1993 déjà, la direction avait adressé un avertissement à la restauratrice en raison des dysfonctionnements de son atelier, et elle avait simultanément ordonné, pour l'avenir, diverses modalités concernant surtout la planification des travaux de restauration et le concours de restaurateurs externes pour les oeuvres nécessitant des connaissances particulières. Le 28 janvier 2003, dans le cadre d'une enquête administrative, la direction produisit derechef un rapport défavorable à sa collaboratrice. Elle lui reprochait de ne pas tenir à jour la documentation qui se trouve à la base des constats relatifs à l'état de conservation des oeuvres. Cette absence de rigueur avait entraîné de graves erreurs de jugement sur l'état de certaines oeuvres, lesquelles n'auraient pu être sauvées que par une restauration confiée à des spécialistes externes. La restauratrice ne suivait pas l'évolution et les progrès de son métier et elle se trouvait à l'origine de nombreux retards. Le rapport stigmatisait notamment le retard survenu dans la restauration de la Fête au village. C. Daniel Varenne est actif dans le commerce des oeuvres d'art. De 1999 à 2001, il a négocié avec la direction du musée en vue d'une éventuelle modification de la donation. La Ville de Genève aurait renoncé à certaines pièces de la collection; en contrepartie, elle aurait été libérée de la charge concernant l'exposition groupée des autres pièces. Ces pourparlers n'ont pas abouti. La direction a d'ailleurs gardé le silence au sujet du prêt de la Fête au village et des dégâts alors survenus. En novembre 2001, Marie-Claude Roché découvrit que le tableau n'était plus exposé au musée et que l'on ne trouvait, à l'emplacement qui était auparavant le sien, aucune information à son sujet. A son interrogation téléphonique, une employée ne put donner aucune réponse. En décembre 2001, dans une librairie spécialisée à Paris, Nancy Brunot Varenne examina le catalogue de l'exposition d'Anvers et découvrit que le tableau y avait été présenté. Dans des circonstances semblables, un membre de la famille découvrit aussi que la Fête au village apparaissait dans le catalogue de l'exposition de Crémone. Par lettre du 12 décembre 2001, adressée notamment au Conseil administratif de Genève, Françoise Varenne s'est plainte de ce que la Fête au village avait été, dès sa remise au Musée d'art et d'histoire, mal exposée. Le musée n'avait rien entrepris pour préparer la réception et l'exposition de la collection complète. De plus, le tableau avait disparu du musée. La charge convenue lors de la donation n'était pas honorée et cette libéralité était donc nulle; le tableau devait être restitué. Le 30 janvier 2002, le conseil juridique de Françoise Varenne a confirmé la révocation de la donation. Dans la correspondance ultérieure, les représentants de la Ville de Genève ont expliqué qu'une « analyse approfondie » avait révélé la nécessité de restaurer le tableau; ils n'ont pas mentionné le prêt à Anvers ni la détérioration alors survenue. Lorsque le tableau fut de nouveau exposé, dès fin avril 2002, la correspondance porta aussi sur la clause d'anonymat convenue après la donation, clause qui n'était plus respectée. Françoise Varenne et, après son décès, ses héritiers confirmèrent plusieurs fois la révocation de la donation. D. Le 25 octobre 2002, la Ville de Genève a ouvert action contre les quatre héritiers et les deux exécuteurs testamentaires de Françoise Varenne devant le Tribunal de première instance du canton de Genève. Elle revendiquait les objets à elle donnés le 20 juin 1978, grevés d'un usufruit jusqu'à la mort des donateurs. Elle a aussi introduit une demande de saisie conservatoire de ces objets. Les défendeurs ont fait savoir que ces biens se trouvaient « en lieu sûr » et ils ont pris l'engagement de ne pas s'en dessaisir jusqu'à droit connu sur l'action. Le 10 décembre suivant, devant le même tribunal et au nom des héritiers, les exécuteurs testamentaires ont ouvert action contre la Ville de Genève; leur demande tendait essentiellement à la restitution de la Fête au village. Après jonction des causes, le tribunal a statué le 7 septembre 2005. Il a accueilli l'action de la Ville de Genève et condamné les défendeurs, sous menace des peines prévues par l'art. 292 CP en cas d'insoumission à une décision de l'autorité, à remettre tous les objets énumérés dans l'acte de donation, hormis la Fête au village que la demanderesse détenait déjà. Le tribunal a rejeté l'action des défendeurs. Ces derniers ayant appelé du jugement, la Cour de justice a confirmé ce prononcé par arrêt du 19 janvier 2007. Elle a rejeté la thèse des défendeurs selon laquelle l'acceptation de la donation avait été approuvée par une autorité cantonale incompétente. Elle a également rejeté le moyen selon lequel Roger et Françoise Varenne avaient donné la collection sous l'influence d'une erreur essentielle, en croyant à tort que la demanderesse avait la volonté et la capacité d'honorer la charge convenue. Elle a jugé que le droit de révoquer la donation pour cause d'inexécution de la charge devait être exercé, le cas échéant, par les deux donateurs agissant conjointement; Françoise Varenne ayant agi seule, après le décès de son mari, sa déclaration était inefficace. Les héritiers pouvaient toutefois agir sur la base des règles générales concernant la demeure du débiteur, de sorte que la Cour leur reconnaissait, en définitive, un droit de révocation équivalent à celui que la loi accorde au donateur. La Fête au village aurait dû être exposée au public conformément aux modalités de la donation; de ce point de vue, la charge convenue n'avait été que partiellement respectée puisque le tableau était resté absent du musée pendant près de quatre ans, mais l'inexécution n'était pas suffisamment grave pour justifier une révocation. Il n'était pas nécessaire d'élucider si la restauration avait abouti, selon l'opinion des défendeurs, à endommager le tableau, de sorte que leur offre de preuve tendant à une expertise était rejetée. Pour le surplus, les défendeurs n'étaient pas fondés à mettre en doute que la demanderesse eût la capacité et la volonté d'exposer l'ensemble de la collection, après qu'elle l'aurait reçue, conformément auxdites modalités. La Cour a taxé l'émolument judiciaire sur la base d'une valeur litigieuse qu'elle évaluait à 20'000'000 de francs. E. Agissant par la voie du recours en matière civile, les défendeurs requièrent le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt de la Cour de justice et de condamner la demanderesse, sous menaces des peines de l'art. 292 CP, à leur restituer la Fête au village; ils requièrent en outre que la valeur de la donation soit fixée à 19'800'000 fr. pour la taxation de l'émolument judiciaire cantonal et que l'adverse partie soit déboutée de toutes ses conclusions. La demanderesse conclut au rejet du recours. Par ordonnance du 29 mars 2007, le Président de la Ire Cour de droit civil a donné effet suspensif au recours.
Le Tribunal fédéral considère en droit: 1. L'arrêt de la Cour de justice étant postérieur à l'entrée en vigueur, au 1er janvier 2007, de la loi fédérale sur le Tribunal fédéral du 17 juin 2005 (LTF; RO 2006 p. 1242), la cause est soumise à cette loi (art. 132 al. 1 LTF). 1.1 Aux termes de l'art. 76 al. 1 let. b LTF, la qualité pour exercer le recours en matière civile suppose un intérêt juridique à l'annulation ou à la modification de la décision attaquée. Cette disposition n'avait pas d'équivalent dans les règles antérieures relatives au recours en réforme, désormais remplacé par le recours en matière civile. Selon la jurisprudence, le recours n'était ouvert qu'au plaideur lésé par la décision, c'est-à-dire celui qui avait pris des conclusions et qui, selon le dispositif du prononcé, en était au moins partiellement débouté (ATF 94 II 209 consid. 3 p. 210; Jean-François Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire du 16 décembre 1943, ch. 5.1 ad art. 53 OJ). D'après le Message du Conseil fédéral du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, l'introduction de l'art. 76 al. 1 let. b LTF (art. 72 al. 1 let. b dans le projet joint au message, adopté sans changement par l'Assemblée fédérale) n'a pas pour objet de modifier cette situation dans les affaires civiles « proprement dites »; il vise surtout les affaires de droit public qui sont susceptibles du recours en matière civile selon l'art. 72 al. 2 let. b LTF. Du reste, selon le Conseil fédéral, l'intérêt juridique doit aussi être reconnu aux personnes qui ont qualité pour agir ou défendre, d'après le droit déterminant, en leur nom mais pour le compte de tiers (FF 2001 p. 4110/4111). Il suffit donc de retenir, pour entrer en matière, que les six défendeurs ont pris part à l'instance précédente (art. 76 al. 1 let. a LTF) et qu'ils ont succombé dans leurs conclusions; il n'y a pas à opérer de distinction entre les héritiers et les exécuteurs testamentaires. 1.2 Pour le surplus, le recours est dirigé contre un jugement final (art. 90 LTF), rendu en matière civile (art. 72 al. 1 LTF), en dernière instance cantonale (art. 75 al. 1 LTF) et par un tribunal supérieur statuant sur recours (art. 75 al. 2 LTF). La valeur litigieuse excède le minimum légal de 30'000 fr. (art. 51 al. 1 let. a et 74 al. 1 let. b LTF). Déposé en temps utile (art. 100 al. 1 LTF) et dans les formes requises (art. 42 al. 1 à 3 LTF), le recours est en principe recevable. 1.3 Le recours peut être exercé, parmi d'autres griefs, pour violation du droit fédéral (art. 95 let. a LTF). Le Tribunal fédéral applique ce droit d'office (art. 106 al. 1 LTF); il n'est pas lié par l'argumentation des parties et il apprécie librement la portée juridique des faits; il s'en tient cependant, d'ordinaire, aux questions juridiques que la partie recourante soulève conformément aux exigences légales relatives à la motivation du recours (art. 42 al. 2 LTF). Le Tribunal fédéral ne contrôle pas d'office le respect des droits fondamentaux (art. 106 al. 2 LTF). Le recours n'est pas recevable pour violation du droit cantonal, hormis les droits constitutionnels cantonaux (art. 95 let. c LTF) et certaines dispositions concernant les droits politiques, sans pertinence en matière civile (art. 95 let. d LTF). Le Tribunal fédéral doit conduire son raisonnement juridique sur la base des faits constatés dans la décision attaquée (art. 105 al. 1 LTF). Il peut compléter ou rectifier même d'office les constatations de fait qui se révèlent manifestement inexactes ou établies en violation du droit (art. 105 al. 2 LTF). La partie recourante est autorisée à attaquer des constatations de fait ainsi irrégulières si la correction du vice est susceptible d'influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). Cette partie ne peut toutefois pas se borner à contredire les constatations litigieuses par ses propres allégations ou par l'exposé de sa propre appréciation des preuves; elle doit plutôt indiquer de façon précise en quoi ces constatations sont contraire au droit ou entachées d'une erreur indiscutable; une critique qui ne satisfait pas à cette exigence est irrecevable (cf. ATF 130 I 258 consid. 1.3 p. 261/262; 125 I 492 consid. 1b p. 495). L'art. 99 LTF interdit les faits nouveaux, les moyens de preuve nouveaux et les conclusions nouvelles. Lue a contrario, cette disposition n'interdit pas une argumentation juridique nouvelle, pour autant que celle-ci repose sur les constatations de fait de la décision attaquée (cf. ATF 130 III 28 consid. 4.4 p. 34; 125 III 305 consid. 2e p. 312). 2. Il est constant que la libéralité du 20 juin 1978 est une donation aux termes de l'art. 239 al. 1 CO. Les défendeurs contestent que la demanderesse l'ait valablement acceptée et ils soutiennent aussi que la volonté des donateurs était viciée. 2.1 D'après l'art. 1er al. 1 CO, le contrat est parfait lorsque les parties ont manifesté leur volonté de manière réciproque et concordante. Les défendeurs ne mettent pas en doute que par leur concours à l'acte authentique, le maire et la vice-présidente du Conseil administratif de Genève aient exprimé une volonté qui fût apte à obliger la demanderesse et emporter la perfection de la donation selon cette disposition. Sur la base de la législation cantonale alors en vigueur, ils font seulement valoir que la demanderesse n'avait pas la capacité d'accepter par elle-même une donation et qu'une approbation du gouvernement cantonal, qui n'a pas été sollicitée et moins encore obtenue, était nécessaire à cette fin. Or, cette argumentation est irrecevable car à teneur de l'art. 95 LTF, le recours au Tribunal fédéral n'est pas recevable pour violation de dispositions cantonales concernant l'administration des communes ou la surveillance de ces collectivités. 2.2 L'art. 28 al. 1 CO prévoit que la partie induite à contracter par le dol de l'autre n'est pas obligée. Les époux Roger et Françoise Varenne ont été prétendument induits à donner par le dol des représentants de la demanderesse: on affirme que ceux-ci ont accepté les clauses relatives à l'exposition et à la conservation de la collection tout en sachant et en taisant qu'ils ne s'y conformeraient pas. Le dol, tromperie intentionnelle que l'une des parties commet au préjudice de l'autre, peut résulter aussi bien d'une affirmation inexacte de la partie malhonnête que de son silence sur un fait qu'elle avait le devoir de révéler (ATF 117 II 218 consid. 6a p. 228). Le dol peut donc aussi résulter d'une violation du devoir de chaque partie de négocier sérieusement et conformément à ses véritables intentions (ATF 121 III 350 consid. 6c p. 354; 105 II 75 consid. 2a p. 80), si cette violation détermine la partie lésée à contracter. Toutefois, le comportement que les défendeurs imputent à la demanderesse, lors de la passation de l'acte ou dans les pourparlers qui l'ont précédée, ne ressort en aucune manière des constatations de la Cour de justice. 2.3 L'art. 23 CO prévoit que le contrat n'oblige pas celle des parties qui, au moment de conclure, se trouvait dans une erreur essentielle. Selon l'art. 24 al. 1 ch. 4 CO, parmi d'autres cas, l'erreur est essentielle lorsqu'elle porte sur des faits que la partie concernée pouvait considérer, du point de vue de la loyauté en affaires, comme des éléments nécessaires du contrat. Les défendeurs prétendent que les époux Varenne croyaient à tort, lors de la passation de l'acte, que la demanderesse se conformerait aux clauses de la donation relatives à l'exposition et à la conservation de la collection. Il est évident que pour chacune des parties, lors de la conclusion d'un contrat, l'exécution promise par l'autre partie est un élément nécessaire de ce contrat. Néanmoins, les dispositions précitées n'ont pas pour objet de protéger la partie qui est, le cas échéant, déçue dans son attente. En règle générale, si elle le souhaite, cette partie peut se départir du contrat selon les règles concernant la demeure du débiteur (art. 107 al. 2 et 109 al. 1 CO). Dans le cas particulier de la donation grevée d'une charge, le donateur jouit d'un droit de révocation spécifique (art. 249 ch. 3 CO). Au regard de ces règles, il est indifférent que l'inexécution fût éventuellement prévisible dès la conclusion du contrat. Chaque partie assume toujours, à un degré variable selon les circonstances, le risque de l'inexécution par l'autre partie, et, toujours aussi, elle bénéficie desdites règles; celles-ci tendent à limiter le risque d'inexécution et à garantir la réciprocité qui se trouve à la base des relations contractuelles. L'erreur essentielle de l'art. 24 al. 1 ch. 4 CO peut porter sur un fait futur, mais seulement si, lors de la conclusion du contrat, ce fait pouvait objectivement être tenu pour certain; l'erreur est au contraire exclue lorsque le fait futur était expectatif ou aléatoire (ATF 118 II 297; Bruno Schmidlin, Commentaire bernois, ch. 202 à 210 ad art. 23 et 24 CO). Appliquées au risque d'inexécution, les règles de l'erreur essentielle se révèlent donc, en raison de cette limitation, inaptes à favoriser la réciprocité du contrat; elles ne peuvent y contribuer que dans les situations exceptionnelles où la bonne exécution paraissait objectivement certaine. De cette inaptitude, il faut conclure que les règles sur l'erreur essentielle ne s'appliquent pas, dans le cas de l'inexécution, en concours avec celles sur la demeure du débiteur ou la révocation de la donation. A cela s'ajoute que d'après les règles sur la demeure, la partie qui n'exécute pas est d'abord, avant la résolution du contrat, avertie par une sommation de la partie créancière (art. 107 al. 1 CO), or celle-ci ne doit pas être autorisée à éluder cette démarche par le biais des règles sur l'erreur essentielle. La Cour de justice juge donc avec raison que les art. 23 et 24 al. 1 ch. 4 CO sont hors de cause. De plus, on verra que les reproches des défendeurs, concernant l'exécution des modalités convenues le 20 juin 1978, sont inconsistants. 3. Selon l'art. 246 al. 1 CO, le donateur peut exiger, dans les termes du contrat, l'exécution d'une charge acceptée par le donataire. Par ailleurs, l'art. 249 ch. 3 CO autorise le donateur à révoquer la donation lorsque, sans cause légitime, le donataire n'exécute pas les charges dont cette libéralité est grevée; le donateur peut alors exiger la restitution de ce qu'il a donné jusqu'à concurrence de l'enrichissement actuel du donataire. De l'art. 251 al. 2 CO, il ressort que le droit de révocation ne se transmet pas aux héritiers du donateur, sinon dans la mesure limitée et temporaire admise par cette disposition, tandis que l'action en exécution de la charge est au contraire transmissible (ATF 96 II 119 consid. 3 p. 126; Sandra Maissen, Der Schenkungsvertrag im schweizerischen Recht, thèse, Fribourg 1996, ch. 445 et 446 p. 131, ch. 509 p. 151). Il est constant que les modalités prévues pour l'exposition et la conservation de la collection donnée constituent une charge selon les dispositions précitées. Les défendeurs soutiennent qu'en raison de l'inexécution par la demanderesse, Françoise Varenne ou, à défaut, eux-mêmes ont valablement révoqué. 4. Il est nécessaire de rechercher qui était, en cas d'inexécution de la charge, autorisé à révoquer la donation faite le 20 juin 1978. 4.1 L'acte authentique ne précise pas si la révocation pouvait être déclarée à la demanderesse par Roger ou Françoise Varenne individuellement ou s'il fallait plutôt une déclaration commune des deux époux. Il y est seulement indiqué que ceux-ci donnaient « conjointement et solidairement entre eux ». Cette formule n'autorise aucune conclusion au sujet de l'exercice ultérieur des droits appartenant au donateur d'après la loi. En particulier, on ne sait pas si les époux révoqueraient « conjointement », c'est-à-dire en commun, ou « solidairement » selon l'art. 150 CO, c'est-à-dire indépendamment l'un de l'autre mais avec les mêmes effets. Le droit de révoquer est strictement personnel (ATF 96 II 119 ibidem; 85 II 609 consid. 5 p. 617; Maissen, op. cit., ch. 406 p. 121) mais cela n'a guère de signification lorsque le droit appartient à plusieurs donateurs. En l'occurrence, ce problème doit être résolu d'après ce que les parties à la donation auraient probablement convenu, raisonnablement et de bonne foi, si elles avaient envisagé le cas non réglé; il faut ici s'inspirer de l'économie et du but de leur contrat (ATF 131 III 467 consid. 1.2 p. 470; 127 III 300 consid. 6a p. 307; 115 II 484 consid. 4b p. 488). Sur les objets de la collection autres que la Fête au village, l'acte authentique conférait aux époux Varenne un usufruit qui, au décès de l'un d'eux, était reporté sur le survivant. Cette modalité devait raisonnablement s'appliquer aussi aux autres droits que les donateurs pouvaient, le cas échéant, faire valoir sur la base de l'acte ou de la loi. On ne discerne pas pour quel motif les parties auraient voulu que le droit de révocation, au contraire, s'éteignît dès le premier décès. Les donateurs ne pouvaient d'ailleurs pas renoncer d'avance à ce droit (Maissen, op. cit., ch. 407 p. 121; cf. ATF 113 II 252 consid. 5 p. 258). On retiendra donc qu'après la disparition de Roger Varenne, Françoise Varenne était en droit de révoquer seule s'il advenait que la demanderesse n'exécutât pas la charge convenue. La Cour de justice parvient à la conclusion contraire par référence à la jurisprudence relative au compte qu'une banque ouvre à plusieurs personnes: même si le contrat autorise chacune de ces personnes à réclamer individuellement la totalité des valeurs confiées, elles ne peuvent pas, sinon conjointement, résilier ce même contrat (ATF 94 II 313 consid. 6 p. 318). Le compte bancaire et la donation ont en commun que les co-titulaires, comme les co-donateurs, remettent des biens à l'autre partie. En revanche, dans le compte bancaire mais pas dans la donation, ces biens peuvent être repris librement et sans rupture de la relation contractuelle. En raison de cette différence déjà, la jurisprudence ainsi mentionnée n'est pas pertinente. 4.2 C'est également à tort que la Cour de justice reconnaît aux héritiers du donateur un droit de révocation semblable, dans ses conditions, ses modalités d'exercice et ses effets, à celui conféré au donateur par l'art. 249 ch. 3 CO. Cela élude entièrement l'art. 251 al. 2 CO selon lequel ce droit ne se transmet que de manière limitée dans le temps. La Cour applique les art. 107 al. 2 et 109 al. 1 CO à l'action en exécution - qui est, elle, transmissible - prévue par l'art. 246 al. 1 CO. Il est vrai qu'en relation avec cette action, le Tribunal fédéral a accordé des dommages-intérêts pour cause d'inexécution en se référant sans plus de discussion aux règles sur l'inexécution des obligations (ATF 80 II 260 consid. 4 p. 266/267). C'est le donateur qui agissait, non ses héritiers, et le droit aux dommages-intérêts est du reste controversé (Claude Ramoni, Demeure du débiteur et contrats de droit suisse, thèse de Lausanne, Zurich 2002, ch. 267 p. 122, avec références à d'autres études). Avec les auteurs qui discutent ce point en particulier, il faut admettre que les règles sur la demeure du débiteur, soit les art. 107 à 109 CO, ne s'appliquent pas en concours avec les art. 246 al. 1 et 249 ch. 3 CO parce que la donation n'est pas un contrat synallagmatique, que le donateur ne se trouve pas dans la position d'un créancier face au donataire et que ces dispositions-ci sont donc des règles spéciales destinées à remplacer, dans leur domaine de validité, ces règles-là (Ramoni, op. cit., ch. 269 p. 123; Emanuel Grüninger, Schenkung unter Auflage, thèse dactyl., Bâle 1941, p. 81/82; Walter Heinrich Meier, Der Widerruf von Schenkungen im schweizerischen Recht, thèse, Zurich 1958, p. 70). Par conséquent, les héritiers peuvent peut-être prétendre à des dommages-intérêts mais ils n'ont en tous cas pas le droit de révoquer la donation. 5. Il reste à examiner si Françoise Varenne était fondée à se plaindre d'inexécution. Selon les défendeurs, les modalités convenues ont été violées, ou elles le seront dans le futur, par le fait que le prêt de la Fête au village pour l'exposition d'Anvers n'avait aucune justification scientifique, contrairement à ce qui a été affirmé par l'adverse partie, et que le tableau en est revenu endommagé; par le fait que l'on a ensuite confié cette oeuvre à une restauratrice dont on savait que le travail manquait de rigueur, et sans prendre les précautions que la direction du musée avait pourtant elle-même ordonnées à la suite de précédentes difficultés; par le fait qu'une restauration a été entreprise et accomplie sans égard aux normes scientifiques et professionnelles et qu'elle a abouti à une dégradation de l'oeuvre; par le fait que la restauration n'a été exécutée qu'avec retard, après que les héritiers se furent plaints de ce que le tableau avait disparu des salles d'exposition; par le fait que le musée n'expose au public qu'une partie de ses possessions et que, de toute évidence, il n'exposera pas la totalité de la collection donnée par les époux Varenne, compte tenu que celle-ci comprend aussi des objets sans grand intérêt; outre d'autres griefs encore, par le fait que, de l'aveu même de la direction, les locaux actuels ne permettent pas une conservation satisfaisante des collections et qu'une rénovation complète du musée, équivalant à une reconstruction, est devenue indispensable. Les défendeurs critiquent aussi le silence de la demanderesse, jusque pendant le procès, au sujet de ce qu'il advenait à la Fête au village. Dans la mesure où cette version des faits ne repose pas sur les constatations de la Cour de justice, les défendeurs critiquent ces constatations comme manifestement incomplètes et ils se réfèrent aux pièces du dossier. On observe d'abord que dès la donation, ou peu après, et jusqu'en avril 1998, soit pendant près de vingt ans, la Fête au village a été exposée exactement selon les modalités convenues. Elle est de nouveau exposée depuis avril 2002; sur réquisition des défendeurs, la demanderesse a réappliqué la clause d'anonymat. Les perturbations survenues dans l'intervalle de quatre ans, quoique regrettables, ne suffisent pas à mettre en doute la capacité et la volonté de la demanderesse de respecter ce à quoi elle s'est engagée. Pour apprécier la portée des clauses convenues, il faut prendre en considération que les époux Varenne ont donné après de longs pourparlers, pour un musée qui existait depuis des décennies déjà et qu'ils connaissaient. Cela implique que, dans la mesure où l'acte de donation n'en disposait pas autrement, ils s'en remettaient au standard de ce musée pour les modalités d'exposition et de conservation des objets donnés. Le prêt d'oeuvres fait partie des opérations classiques d'un musée, en dépit de risques impossibles à prévenir d'une manière absolue, et les parties n'ont pas convenu de l'exclure pour les objets de la donation. L'atelier de restauration est celui du musée et il n'est pas constaté ni allégué que la Fête au village aurait été traitée avec plus de négligence ou de désinvolture que d'autres tableaux. Si l'obsolescence des locaux est reconnue par la demanderesse, elle nuit à toutes les collections de la même manière; la nécessité d'une rénovation est également reconnue et il s'agit évidemment, pour cette partie, d'une entreprise de longue haleine. La charge acceptée par elle n'a pas conféré aux époux Varenne, ni, après eux, à leurs héritiers, un droit de regard et d'intervention équivalant à celui dont jouit, dans les contrats de prestation de service, la partie ayant confié un objet afin que celui-ci fût réparé ou conservé. Pour l'avenir, après que la collection complète aura été remise à la demanderesse, les modalités spécifiées dans l'acte semblent très contraignantes. On doit néanmoins prévoir que la donataire s'y conformera. A l'époque où Françoise Varenne a déclaré la révocation, cette donatrice n'avait aucun motif objectif d'en douter. La situation ne s'était pas modifiée depuis la passation de l'acte en 1978. Celui-ci ne prévoyait pas de mesures préparatoires à réaliser déjà avant la fin de l'usufruit. Compte tenu que l'ordre juridique, avec l'art. 249 ch. 3 CO, n'a pas pour objet de sanctionner des comportements simplement discourtois du donataire (cf. ATF 131 III 535 consid. 4.2 p. 539), il importe peu que la Fête au village fût alors absente du musée et que la donatrice n'obtînt aucune information à son sujet. Ainsi, même si l'état de faits était complété selon les allégations des défendeurs, il demeurerait que le cas visé par cette dernière disposition n'était pas réalisé. Si l'avenir confirmait les appréhensions des héritiers, ceux-ci pourraient encore agir contre la demanderesse sur la base de l'art. 246 al. 1 CO. 6. La donation, valablement conclue, n'a pas été efficacement révoquée. La demanderesse n'a donc aucune obligation de restituer la Fête au village. Conformément à l'opinion de la Cour de justice, cette partie-ci est devenue propriétaire des autres objets dès la donation, les donateurs conservant la possession de ces mêmes objets au titre spécial, selon l'art. 924 al. 1 CC, que constituait l'usufruit à eux réservé. Ce dernier ayant pris fin, ceux qui possèdent maintenant les biens doivent les remettre à la demanderesse conformément à l'art. 751 CC. Aucun des défendeurs ne conteste qu'il puisse être recherché conjointement avec les autres, de sorte qu'il n'est pas nécessaire d'examiner si la qualité pour résister à l'action de la demanderesse appartenait aux héritiers ou aux exécuteurs testamentaires (cf. ATF 129 V 113 consid. 4.2 p. 116; 116 II 131 consid. 3 p. 133). C'est à bon droit que les précédents juges ont accueilli cette action et rejeté celle des défendeurs. 7. A teneur de l'art. 95 LTF, le recours au Tribunal fédéral n'est pas recevable pour violation de dispositions cantonales concernant les émoluments judiciaires cantonaux. Les défendeurs critiquent donc vainement l'évaluation de la valeur litigieuse qui a été faite en application de ces dispositions. Il n'est pas nécessaire d'examiner, au regard de l'art. 107 al. 1 et 2 LTF, la recevabilité des conclusions en constatation qu'ils ont prises sur ce point particulier. 8. Le recours se révèle privé de fondement, dans la mesure où il est recevable. A titre de parties qui succombent, ses auteurs acquitteront l'émolument que le Tribunal fédéral doit percevoir (art. 65 al. 3 let. b LTF) et les dépens auxquels l'autre partie peut prétendre (art. 68 al. 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté, dans la mesure où il est recevable. 2. Les défendeurs acquitteront un émolument judiciaire de 50'000 fr. 3. Les défendeurs acquitteront, solidairement entre eux, une indemnité de 60'000 fr. due à la demanderesse à titre de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué en copie aux mandataires des parties et à la Cour de justice du canton de Genève. Lausanne, le 30 mai 2007 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse Le président: Le greffier:
59b3b085-1e80-41fe-b670-7109432936f1
de
2,011
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Der deutsche Staatsangehörige X._, geboren 7. Oktober 1962, reiste 1986 in die Schweiz ein, wo er eine Niederlassungsbewilligung erhielt. Mit Urteil vom 14. August 1996 sprach ihn das Strafgericht Basel-Stadt der mehrfachen sexuellen Handlung mit Kindern schuldig, verurteilte ihn zu 14 Monaten Gefängnis bedingt und wies ihn an, sich auf eigene Kosten einer ambulanten psychiatrischen Behandlung zu unterziehen. Am 27. Januar 2006 wurde er vom Strafgericht Basel-Landschaft der mehrfachen sexuellen Handlung mit Kindern, der mehrfachen sexuellen Nötigung sowie der einfachen Körperverletzung für schuldig gesprochen und zu drei Jahren und neun Monaten Zuchthaus verurteilt unter Anrechnung einer Untersuchungshaft von 980 Tagen. Der Strafvollzug wurde aufgeschoben und X._ gemäss aArt. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in eine Heil- oder Pflegeanstalt eingewiesen. Seit 10. Februar 2004 befindet er sich im vorzeitig angetretenen Massnahmenvollzug. B. Mit Verfügung vom 13. Dezember 2006 wies die Justiz-, Polizei- und Militärdirektion des Kantons Basel-Landschaft (JPMD; heute: Sicherheitsdirektion; nachfolgend: Direktion) X._ gestützt auf Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG für 5 Jahre aus der Schweiz aus. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft am 27. Oktober 2009 ab. Dagegen erhob X._ Beschwerde an das Kantonsgericht, welches diese mit Urteil vom 25. August 2010 ebenfalls abwies. C. X._ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts sowie die Verfügung der Direktion seien aufzuheben. Zudem beantragt er aufschiebende Wirkung und Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. D. Die Sicherheitsdirektion (sinngemäss) und das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. E. Mit Verfügung vom 26. November 2010 erteilte der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die aufschiebende Wirkung.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Namentlich steht auch Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen, bezieht sich doch die dortige Ausnahme für die politische Ausweisung und die Wegweisung nicht auf die (altrechtliche) Ausweisung gemäss Art. 10 ANAG bzw. den (neurechtlichen) Bewilligungswiderruf gemäss Art. 62 f. AuG (THOMAS HÄBERLI, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 101 zu Art. 83 BGG). Anfechtbar ist allerdings nur das Urteil des Kantonsgerichts (sog. Devolutiveffekt); dem Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Direktionsentscheids kann daher von vornherein nicht stattgegeben werden. Immerhin gelten die Entscheide der unteren Instanzen als inhaltlich mitangefochten (vgl. BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144; 129 II 438 E. 1 S. 441). 2. In der ursprünglichen Verfügung vom 13. Dezember 2006 wurde der Beschwerdeführer "für 5 Jahre" aus der Schweiz ausgewiesen. Er befand sich damals im strafgerichtlich angeordneten Massnahmenvollzug. In der Vernehmlassung im Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat beantragte die Direktion, die Ausreisefrist auf den Zeitpunkt der Entlassung aus dem stationären Massnahmenvollzug anzusetzen, sofern das Strafgericht den Vollzug der Freiheitsstrafe nicht anordne. Demgemäss hielt der Regierungsrat im Dispositiv seines Beschwerdeentscheids vom 27. Oktober 2009 fest, der Beschwerdeführer habe die Schweiz "zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem stationären Massnahmenvollzug beziehungsweise aus dem Strafvollzug zu verlassen". Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde an das Kantonsgericht diese Präzisierung nicht beanstandet; das Kantonsgericht hat die Beschwerde abgewiesen und in den Erwägungen ausgeführt, die 5-jährige Ausweisung nach der Entlassung aus dem Massnahmen- bzw. Strafvollzug sei zulässig. Vor Bundesgericht hält der Beschwerdeführer fest, die Vorinstanz habe richtigerweise die Korrektur im Beschwerdeentscheid vom 27. Oktober 2009 übernommen, wonach die 5-jährige Ausweisungsdauer mit dem Zeitpunkt der Entlassung aus dem Massnahmen- bzw. Strafvollzug beginnt. Dies bildet somit den Streitgegenstand, wobei der Beginn der 5-jährigen Frist noch nicht feststeht, da sich der Beschwerdeführer nach wie vor im Massnahmenvollzug befindet und nach Lage der Akten ungewiss ist, wann er daraus entlassen wird. 3. 3.1 Das Ausweisungsverfahren wurde noch unter der Herrschaft des ANAG eröffnet. Nach der Rechtsprechung bleibt dieses daher materiellrechtlich auch nach dem Inkrafttreten des AuG anwendbar (Art. 126 Abs. 1 AuG analog; Urteil 2C_329/2009 vom 14. September 2009 E. 2.1). Nach Art. 10 Abs. 1 ANAG kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde (lit. a), was beim Beschwerdeführer zutrifft. Die Ausweisung soll nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint (Art. 11 Abs. 3 ANAG). Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung ist ein niedergelassener Ausländer, der sich schon seit langer Zeit hier aufhält, nur mit Zurückhaltung auszuweisen. Bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit ist diese Massnahme jedoch selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn ein Ausländer hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben in der Schweiz verbracht hat (BGE 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190). Bei schweren Straftaten, insbesondere unter anderem bei Sexualdelikten, und bei Rückfall bzw. wiederholter Delinquenz besteht ein wesentliches öffentliches Interesse an einer Ausweisung (BGE 122 II 433 E. 2c S. 436). Erst recht wenn die Straftaten an Kindern und Jugendlichen verübt wurden, ist angesichts der durch den traumatisierenden Übergriff oftmals hervorgerufenen Entwicklungsstörungen und langjährigen, schweren psychischen Leiden der Betroffenen eine strenge Praxis gerechtfertigt und angezeigt (Urteil 2C_18/2009 vom 7. September 2009 E. 2.4). Diese hohe rechtliche Bedeutung des Kindesschutzes wird auch dadurch unterstrichen, dass sogar im Ausland begangene sexuelle Handlungen mit Kindern gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. b StGB ohne das Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit in der Schweiz strafbar sind; diese Regelung setzt ein Zeichen, indem sie die Verwerflichkeit sexuellen Kindsmissbrauchs unterstreicht (BBl 1999 1995). 3.2 Der Beschwerdeführer hat gemäss Strafurteil vom 27. Januar 2006 während vieler Jahre sieben Knaben sexuell missbraucht (manuelle und orale Manipulation des Penis der Knaben; von den Kindern verlangte manuelle Befriedigung des Beschwerdeführers), indem er sich gezielt an die Opfer heranmachte, diese durch Zuwendungen und Geschenke vereinnahmte und das Vertrauen der Kinder und Eltern in gravierender Weise missbrauchte. Er fuhr damit trotz einer ersten Verurteilung und einer darin angeordneten Psychotherapie fort und wurde daher trotz einer mittelgradig reduzierten Zurechnungsfähigkeit mit drei dreiviertel Jahren Zuchthaus bestraft. Die Vorinstanz erachtete unter dem Gesichtspunkt einer Verhältnismässigkeitsprüfung gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG die Ausweisung mit Recht als zulässig: Die Delikte wiegen schwer. Der Beschwerdeführer ist erst im Alter von 24 Jahren in die Schweiz eingereist und ist hier weder beruflich noch gesellschaftlich besonders integriert; eine Ausreise nach Deutschland ist ihm zumutbar. Zu prüfen ist allerdings noch die Zulässigkeit der Ausweisung unter dem besonderen Gesichtspunkt des Freizügigkeitsrechts. 4. 4.1 Als deutscher Staatsangehöriger kann sich der Beschwerdeführer auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) berufen. Gemäss Art. 2 Abs. 1 Anhang I FZA hat er das Recht, sich nach Massgabe der Kapitel II bis IV dieses Anhangs in der Schweiz aufzuhalten und hier eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Nach Art. 5 Anhang I FZA darf dieses Recht nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden. Dazu wird auf die Richtlinien 64/221/EWG (ABl. Nr. 56, 1964, S. 850), 72/194/EWG (ABL. Nr. L 121, 1972, S. 32) und 75/35/EWG (ABl. Nr. L 14, 1975, S. 10) Bezug genommen. 4.2 Aus dem vorinstanzlichen Urteil geht nicht hervor, ob der Beschwerdeführer überhaupt nach den Kapiteln II-IV von Anhang I FZA Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz hat. Dies kann jedoch offen bleiben, wenn sich erweist, dass die Voraussetzungen für eine Einschränkung eines solchen Anspruchs nach Art. 5 Anhang I FZA ohnehin erfüllt sind. 4.3 Nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 64/221/EWG darf bei Massnahmen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausschliesslich das persönliche Verhalten der betreffenden Person ausschlaggebend sein, und nach Absatz 2 dieses Artikels können strafrechtliche Verurteilungen allein ohne weiteres diese Massnahmen nicht begründen. Nach der gemäss Art. 16 Abs. 2 FZA zu berücksichtigenden Rechtsprechung des EuGH und derjenigen des Bundesgerichts darf daher eine strafrechtliche Verurteilung nur insoweit als Anlass für eine Ausweisung herangezogen werden, als die ihr zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Art. 5 Anhang I FZA steht somit Massnahmen entgegen, die (allein) aus generalpräventiven Gründen verfügt werden (Urteile vom 27. Oktober 1977 in der Rechtssache 30/77, Bouchereau, Slg. 1977, 1999, Randnr. 28, vom 19. Januar 1999 in der Rechtssache C-348/96, Calfa, Slg. 1999, I-11, Randnr. 24). Dabei kommt es wesentlich auf das Rückfallrisiko an. Zu verlangen ist eine nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Ausländer künftig die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören wird. Je schwerer die möglichen Rechtsgüterverletzungen sind, desto niedriger sind die Anforderungen an die in Kauf zu nehmende Rückfallgefahr (BGE 136 II 5 E. 4.2 S. 20 mit Hinweisen). 4.4 Von dieser Rechtslage ist die Vorinstanz ausgegangen. Sie hat festgestellt, der Beschwerdeführer habe eine sexuelle Präferenz für Jungen im vorpubertären Alter oder im frühen Stadium der Pubertät. Pädophilie sei nach vorherrschender Meinung nicht heilbar, sondern lediglich kontrollierbar. Der Beschwerdeführer habe über Jahre hinweg mehrere Jungen sexuell missbraucht und damit trotz der ersten Verurteilung fortgefahren. Die Direktion sei am 13. Dezember 2006 zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstelle. Mittlerweile befinde sich der Beschwerdeführer im fünften Jahr des Massnahmenvollzugs. Gemäss aktuellem Verlaufsbericht vom 12. Juli 2010 bereite es ihm immer noch sehr grosse Schwierigkeiten, sich und seine pädosexuellen Neigungen zu kontrollieren. Auch in der Vollzugsanstalt fühle er sich zu jungen erwachsenen Männern hingezogen und verhalte sich ihnen gegenüber teilweise aufdringlich. Trotz intensiver Therapie seien die Behandlungserfolge gering. Wegen diverser Vorfälle hätten die Ausgangsmöglichkeiten des Beschwerdeführers stufenweise wieder reduziert werden müssen, so dass er sich momentan nur noch mit Begleitung auf dem Klinikgelände aufhalten dürfe. Die Aussagen von Dr. A._ deuteten darauf hin, dass das Gefährdungspotential nach wie vor sehr hoch sei und tendenziell sogar anzusteigen scheine. Das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefährdung könne demnach auch bei der heutigen Prüfung bestätigt werden. 4.5 Bei diesen Ausführungen handelt es sich um Sachverhaltsfeststellungen, die vom Beschwerdeführer als solche nicht in Frage gestellt werden, auch sonst nicht offensichtlich unrichtig erscheinen und damit für das Bundesgericht verbindlich sind (vgl. Art. 105 BGG). Auf dieser Grundlage hat die Vorinstanz grundsätzlich mit Recht die Ausweisung bestätigt. Sie hat ihren Entscheid nicht auf generalpräventive Überlegungen oder ausschliesslich auf die ausgesprochene Strafe, sondern auf eine konkrete Risikobeurteilung gestützt und dabei mit Recht eine erhebliche Gefährdung angenommen. Auch im Rahmen von Art. 5 Anhang I FZA kommt dem Schutz der sexuellen Integrität - namentlich von Kindern und Jugendlichen - ein hoher Stellenwert zu, was Einschränkungen des Freizügigkeitsrechts zu rechtfertigen vermag (Urteil 2C_396/2008 vom 15. September 2008 E. 6). 5. 5.1 Der Beschwerdeführer bestreitet im Grundsatz nicht ernsthaft, dass er aktuell eine Gefährdung darstellt und dass die Voraussetzungen für eine Ausweisung gemäss Art. 10 und 11 ANAG bzw. Art. 5 Anhang I FZA zur Zeit erfüllt sind. Er macht aber geltend, die Voraussetzungen einer gegenwärtigen Gefährdung müssten in dem Zeitpunkt erfüllt sein, in dem die Ausweisung vollzogen werde. Die stationäre Massnahme, in der er sich befinde, könne noch Jahre dauern, so dass die im Zeitpunkt des Vollzugs der Ausweisung entscheidrelevanten Umstände heute noch gar nicht bekannt seien. Die Ausweisung sei daher erst nach Beendigung der gerichtlich angeordneten Sanktionen und gestützt auf die in jenem Zeitpunkt vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse zu prüfen. Im Verlauf der Therapie könne sich die Legalprognose ändern. Gemäss Art. 62 StGB dürfe die Entlassung aus dem Strafvollzug erst angeordnet werden, wenn dem Betroffenen eine günstige Prognose gestellt werden könne. Solange dies nicht zutreffe, dürfe er nicht entlassen werden, so dass eine ausländerrechtliche Ausweisung obsolet sei. Werde er aber dereinst entlassen, so nur deshalb, weil ihm eine günstige Prognose gestellt werden könne, was eine Ausweisung ausschliesse. Die heute bereits ausgesprochene Ausweisung sei daher überflüssig und damit rechtswidrig. Dieses Vorbringen ist im Folgenden zu prüfen, und zwar zunächst unter dem Gesichtspunkt des Landesrechts (E. 5.2), dann unter demjenigen des Staatsvertragsrechts (E. 5.3). 5. 5.1 Der Beschwerdeführer bestreitet im Grundsatz nicht ernsthaft, dass er aktuell eine Gefährdung darstellt und dass die Voraussetzungen für eine Ausweisung gemäss Art. 10 und 11 ANAG bzw. Art. 5 Anhang I FZA zur Zeit erfüllt sind. Er macht aber geltend, die Voraussetzungen einer gegenwärtigen Gefährdung müssten in dem Zeitpunkt erfüllt sein, in dem die Ausweisung vollzogen werde. Die stationäre Massnahme, in der er sich befinde, könne noch Jahre dauern, so dass die im Zeitpunkt des Vollzugs der Ausweisung entscheidrelevanten Umstände heute noch gar nicht bekannt seien. Die Ausweisung sei daher erst nach Beendigung der gerichtlich angeordneten Sanktionen und gestützt auf die in jenem Zeitpunkt vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse zu prüfen. Im Verlauf der Therapie könne sich die Legalprognose ändern. Gemäss Art. 62 StGB dürfe die Entlassung aus dem Strafvollzug erst angeordnet werden, wenn dem Betroffenen eine günstige Prognose gestellt werden könne. Solange dies nicht zutreffe, dürfe er nicht entlassen werden, so dass eine ausländerrechtliche Ausweisung obsolet sei. Werde er aber dereinst entlassen, so nur deshalb, weil ihm eine günstige Prognose gestellt werden könne, was eine Ausweisung ausschliesse. Die heute bereits ausgesprochene Ausweisung sei daher überflüssig und damit rechtswidrig. Dieses Vorbringen ist im Folgenden zu prüfen, und zwar zunächst unter dem Gesichtspunkt des Landesrechts (E. 5.2), dann unter demjenigen des Staatsvertragsrechts (E. 5.3). 5.2 5.2.1 Auf Vollzug und Beendigung der nach aArt. 43 StGB angeordneten Massnahmen sind heute die Art. 56-65 StGB anwendbar (Ziff. 2 Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung des StGB vom 13. Dezember 2002). Gemäss Art. 59 Abs. 4 StGB beträgt der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug in der Regel höchstens fünf Jahre. Sind die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach fünf Jahren noch nicht gegeben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Massnahme lasse sich der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verlängerung der Massnahme um jeweils höchstens fünf Jahre anordnen. Die Verlängerung über die fünf Jahre hinaus setzt somit einerseits voraus, dass eine Gefährdung weiterhin besteht, mithin die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Art. 62 StGB noch nicht erfüllt sind (BGE 135 IV 139 E. 2.2.1). Andererseits wird vorausgesetzt, dass dieser Gefahr durch die Massnahme begegnet werden kann, mithin dass der Täter überhaupt behandlungsfähig ist (BGE 134 IV 315 E. 3.4.1; 109 IV 73 E. 3; MARIANNE HEER, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar zum StGB, 2. Aufl., 2007, N. 63 zu Art. 59 StGB); gemeint ist damit eine therapeutische dynamische Einflussnahme, die zu einer Verbesserung der Legalprognose führt (BGE 134 IV 315 E. 3.6). Eine Verlängerung über die fünf Jahre hinaus kann deshalb nur in Betracht gezogen werden, wenn sich davon eine therapeutische Wirkung in diesem Sinne erwarten lässt (BBl 1999 2078 f.; BGE 135 IV 139 E. 2.3.2). Zudem hat die Verlängerung der Massnahme im Grunde Ausnahmecharakter und rechtfertigt sich deshalb nur bei Gefahr relativ schwerwiegender Delikte (BGE 135 IV 139 E. 2.1 S. 141 und E. 2.4 S. 144). Sodann wird die stationäre Massnahme nach Art. 62c Abs. 1 lit. a StGB aufgehoben, wenn ihre Durch- oder Fortführung als aussichtslos erscheint, also namentlich wenn eine therapeutische Behandlung erfolglos ist (ANDREA BAECHTOLD, Strafvollzug, 2. Aufl., 2009, S. 281; HEER, a.a.O., N. 17 ff. zu Art. 62c StGB). Es ist also nicht so, dass die stationäre Massnahme in jedem Fall erst beendet wird, wenn dem Täter eine günstige Prognose gestellt werden kann. Sie kann gerade auch dann und deshalb beendet werden, weil eine therapeutische Besserung nicht mehr zu erwarten ist. Zwar könnte in diesem Fall gemäss Art. 62c Abs. 3 StGB eine andere Massnahme angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen. Da in solchen Fällen auch eine ambulante therapeutische Behandlung nicht zielführend wäre, käme nur die Verwahrung in Frage (Art. 64 Abs. 1 StGB; vgl. BBl 1999 2079; BGE 134 IV 121 E. 3.4.2 S. 130; 134 IV 315 E. 3.2 S. 320 und 3.7 S. 324), die indessen strengeren Voraussetzungen unterliegt und als ultima ratio nur bei qualifizierter Wahrscheinlichkeit einer erneuten schweren Delinquenz in Frage kommt (zur Publikation in den BGE vorgesehenes Urteil 137 IV 59 E. 6.3 S. 70; 134 IV 121 E. 3.4.4 S. 132). Dabei ist zu beachten, dass eine Verwahrung ein bedeutend schwererer Eingriff in die Rechtsstellung des Betroffenen ist als eine ausländerrechtliche Ausweisung und deshalb im Lichte des Verhältnismässigkeitsprinzips zurückhaltender angeordnet werden darf. Eine Gefährdung, die ausreicht, um eine Ausweisung zu rechtfertigen, genügt deshalb nicht unbedingt für eine Verwahrung. Es ist also denkbar, dass zwar eine stationäre therapeutische Massnahme mangels Therapierbarkeit des Beschwerdeführers nicht mehr weitergeführt und eine Verwahrung mangels qualifizierter Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung nicht angeordnet wird, aber weiterhin eine Gefährdung besteht. 5.2.2 Aber selbst wenn der Beschwerdeführer dereinst wegen verbesserter Legalprognose aus dem Massnahmenvollzug entlassen werden sollte, schliesst dies eine Ausweisung nicht aus. Strafrecht und Ausländerrecht verfolgen unterschiedliche Ziele und sind unabhängig voneinander anzuwenden. Der Straf- und Massnahmenvollzug hat nebst der Sicherheitsfunktion eine resozialisierende bzw. therapeutische Zielsetzung; für die Fremdenpolizeibehörden steht demgegenüber das Interesse der öffentliche Ordnung und Sicherheit im Vordergrund, woraus sich ein im Vergleich mit den Straf- und Strafvollzugsbehörden strengerer Beurteilungsmassstab ergibt (BGE 120 Ib 129 E. 5b S. 132; Urteil 2A.103/2005 vom 4. August 2005 E. 4.2.2; NÄGELI/SCHOCH, Ausländische Personen als Straftäterinnen und Straftäter, in: Uebersax et al., Ausländerrecht, 2. Aufl., 2009, S. 1163). So kann aus dem Umstand, dass ein Straftäter bedingt aus dem Strafvollzug entlassen wurde, nicht bereits geschlossen werden, es gehe keine Gefahr (im fremdenpolizeilichen Sinne) mehr von ihm aus (BGE 130 II 176 E. 4.3.3 S. 188). Auch eine aus der Sicht des Massnahmenvollzugs positive Entwicklung oder ein klagloses Verhalten im Strafvollzug schliessen eine Rückfallgefahr und eine fremdenpolizeiliche Ausweisung nicht aus (BGE 125 II 521 E. 4a/bb S. 528; Urteile 2A.688/2005 vom 4. April 2006 E. 3.1.3 und 2C_832/2009 vom 29. Juni 2010 E. 4.3). Die Argumentation des Beschwerdeführers, wonach er nach seiner allfälligen Entlassung aus dem Massnahmenvollzug keine Gefahr im ausländerrechtlichen Sinne mehr darstellen werde, geht deshalb fehl. 5.2.3 Die Frage kann höchstens sein, ob eine Koordination zwischen den Strafvollzugsbehörden und den Fremdenpolizeibehörden stattzufinden habe in dem Sinne, dass diese eine Ausweisung bzw. einen Bewilligungswiderruf erst dann anordnen, wenn sich jene zur Fortführung einer stationären Massnahme bzw. zur Anordnung einer Verwahrung geäussert haben. Gemäss Art. 70 Abs. 1 VZAE bleibt im Falle eines Straf- oder Massnahmenvollzugs die bisherige ausländerrechtliche Bewilligung bis zur Entlassung aus dem Straf- oder Massnahmenvollzug gültig. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung ist das Anwesenheitsverhältnis spätestens auf den Zeitpunkt der bedingten oder unbedingten Entlassung neu zu regeln. Besteht die Möglichkeit, die betroffene Person zum Vollzug eines Strafurteils in den Heimatstaat zu überstellen, ist sofort über das Anwesenheitsverhältnis zu entscheiden. Diese Bestimmung entspricht ungefähr der früheren Regelung von Art. 14 Abs. 8 ANAV. Dazu hatte das Bundesgericht erkannt, dass Art. 14 Abs. 8 ANAV den Zeitpunkt der Verfügung nicht näher regle, dass aber jedenfalls vor der Entlassung verfügt werden soll, damit der Ausländer sein Leben in Freiheit vorbereiten könne. Es sollte auf eine vernünftige zeitliche Distanz zwischen der Verfügung und der Entlassung geachtet werden, wobei die Zeitspanne zwischen der Regelung des künftigen Aufenthalts und der Entlassung aus dem Vollzug die voraussichtliche Dauer eines Rechtsmittelverfahrens nicht übertreffen sollte (BGE 131 II 329 E. 2.3 und 2.4). Als zulässig erachtet wurde auch eine Ausweisung, die rund sechs Jahre vor der frühestmöglichen bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug angeordnet worden war, da keine erkennbaren Anzeichen dafür vorhanden waren, dass sich die für die Anordnung der Ausweisung massgebenden Verhältnisse bis zu deren Vollzug entscheidend verändern würden (Urteil 2C_201/2007 vom 3. September 2007 E. 5). Auch brauchte eine während des Strafvollzugs durchgeführte psychotherapeutische Behandlung nicht abgewartet zu werden, um die Ausweisung zu verfügen. Einerseits erschienen nämlich die Erfolgsaussichten der Behandlung als ungewiss und könne ein Rückfallrisiko selbst nach einer psychiatrischen Behandlung nicht ausgeschlossen werden und andererseits habe der frühzeitige, noch vor der Haftentlassung getroffene Entscheid über die Ausweisung auch Vorteile, indem Klarheit darüber geschaffen werde, wo der Straftäter nach der Entlassung aus dem Vollzug leben würde. Das ermögliche den Strafvollzugsbehörden und auch dem Betroffenen selber, sich im Hinblick auf die Wiedereingliederung in die Gesellschaft rechtzeitig darauf einzurichten. Im Geltungsbereich des Übereinkommens vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (SR 0.343) kommt hinzu, dass der Verurteilte bei geklärter fremdenpolizeilicher Ausgangslage daran interessiert sein könnte, für den weiteren Vollzug der Sanktion in seinen Heimatstaat überstellt zu werden (Urteil 2A.153/1999 vom 3. September 1999 E. 4b). 5.2.4 Diese Rechtsprechung ist auch unter der Geltung von Art. 70 VZAE massgebend, denn nach dieser Rechtslage kann eine Ausweisung selbst dann erfolgen, wenn sich der Verurteilte gegebenenfalls im Straf- oder Massnahmenvollzug gebessert hat, so dass ein Zuwarten mit der Verfügung bis zum Ende des Vollzugs keinen Sinn macht. Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass Pädosexualität kaum heilbar, sondern lediglich kontrollierbar ist. Es erscheint in solchen Fällen daher fraglich, ob eine Therapierung so weit zu gedeihen vermag, dass eine ausländerrechtlich relevante Gefahr entfällt. Jedenfalls gibt es hier keine Anhaltspunkte dafür, dass sich vorliegend eine andere Schlussfolgerung aufdrängen würde. Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass Pädosexualität kaum heilbar, sondern lediglich kontrollierbar ist. Es erscheint in solchen Fällen daher fraglich, ob eine Therapierung so weit zu gedeihen vermag, dass eine ausländerrechtlich relevante Gefahr entfällt. Jedenfalls gibt es hier keine Anhaltspunkte dafür, dass sich vorliegend eine andere Schlussfolgerung aufdrängen würde. 5.3 5.3.1 Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, dass nach dem Freizügigkeitsabkommen die Ausweisung erst nach Beendigung der strafrechtlichen Sanktion und gestützt auf die dannzumal vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse zu prüfen sei. Er stützt sich dabei auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Orfanopoulos und Oliveri vom 29. April 2004, C-482/01 und C-493/01, Slg. 2004, I-5257, Randnrn. 77 bis 79. In diesem Urteil hat der EuGH erkannt, dass Artikel 3 der Richtlinie 64/221/EWG einer innerstaatlichen Praxis entgegensteht, wonach die nationalen Gerichte nicht verpflichtet sind, bei der Prüfung der Rechtmässigkeit einer Ausweisung einen Sachvortrag zu berücksichtigen, der nach der letzten Behördenentscheidung erfolgt ist und der den Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der gegenwärtigen Gefährdung mit sich bringen kann, die das Verhalten des Betroffenen für die öffentliche Ordnung darstellen würde. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn ein längerer Zeitraum zwischen der Entscheidung über die Ausweisung und der Beurteilung dieser Entscheidung durch das zuständige Gericht liegt. 5.3.2 Dieses Urteil bejaht somit nur die novenrechtliche Frage, ob ein Verwaltungsgericht verpflichtet ist, neue Sachverhalte zu berücksichtigen, die seit dem Verwaltungsentscheid ergangen sind. Das hat aber die Vorinstanz bereits so getan. Zwar stammt die ursprüngliche Verfügung der Direktion vom 13. Dezember 2006. Indessen hat der Regierungsrat in seinem Beschwerdeentscheid vom 27. Oktober 2009 die Entwicklung des Beschwerdeführers während des Massnahmenvollzugs (Bericht der Sicherheitsdirektion vom 28. Juli 2009) berücksichtigt. Das Kantonsgericht seinerseits stützte sich zusätzlich auf die seither erfolgte Entwicklung, nämlich den Verlaufsbericht vom 12. Juli 2010 und die Parteiverhandlung vom 25. August 2010, an welcher der Beschwerdeführer und der für ihn zuständige Oberarzt der Massnahmenvollzugsanstalt befragt wurden. Das Kantonsgericht hat also die aktuelle Entwicklung bis zum Urteilstag berücksichtigt. 5.3.3 Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass die Gefährdung der öffentlichen Ordnung "gegenwärtig" sein muss (Urteil des EuGH in der Rechtssache Calfa C-348/96 vom 19. Januar 1999, Rdnr. 24; BGE 131 II 329 E. 3.2). Weder das Freizügigkeitsabkommen noch die Rechtsprechung äussern sich dazu, in welchem Zeitpunkt die Gefahr gegenwärtig sein muss. Die Interpretation des Beschwerdeführers, wonach die Gefährdung im Zeitpunkt der Entlassung aus dem Straf- oder Massnahmenvollzug vorliegen müsse, ist zwar vertretbar, aber andere Interpretationen sind ebenfalls denkbar. Ein Zuwarten bis zum Ende des Vollzugs würde nur Sinn machen, wenn die seitherige Entwicklung für den Entscheid massgeblich sein kann. Dem kann das Interesse an einem sofortigen oder frühzeitigen Entscheid über die Entfernungsmassnahme entgegenstehen (E. 5.2). 5.3.4 In diesem Sinne steht die Interpretation des Beschwerdeführers in einem gewissen Widerspruch zum Zusatzprotokoll vom 18. Dezember 1997 zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (SR 0.343.1), das für die Schweiz am 1. Oktober 2004 und für Deutschland am 1. August 2007 in Kraft getreten ist und damit im Verhältnis zwischen diesen beiden Staaten als jüngerer Vertrag dem Freizügigkeitsabkommen vorgeht, welches nicht nur mit der EG, sondern auch mit den einzelnen Mitgliedstaaten abgeschlossen wurde (Art. 30 Abs. 3 und Abs. 4 lit. a des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge [VRK; SR 0.111]). Gemäss Art. 3 Abs. 1 dieses Zusatzprotokolls kann eine verurteilte Person auch ohne ihre Zustimmung zum Vollzug in ihren Heimatstaat überstellt werden. Darin liegt der Unterschied zum ursprünglichen Übereinkommen vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (SR 0.343; vgl. Art. 101 Abs. 2 IRSG in der Fassung vom 19. Dezember 2003; Botschaft vom 1. Mai 2002 zu diesem Zusatzübereinkommen, BBl 2002 4341, 4348 f.; BAECHTOLD, a.a.O., S. 96 f.). Voraussetzung für die Überstellung ist, dass die verhängte Sanktion oder eine infolge dieser Sanktion getroffene Verwaltungsentscheidung eine Ausweisungsanordnung enthält, auf Grund deren es der betroffenen Person nicht gestattet sein wird, nach der Entlassung aus der Haft im Hoheitsgebiet des Urteilsstaats zu bleiben. Diese völkerrechtliche Regelung lässt somit ausdrücklich zu bzw. setzt sogar voraus, dass eine allfällige Ausweisungsverfügung möglichst frühzeitig ergeht (BAECHTOLD, a.a.O., S. 97; vgl. auch NAEGELI/SCHOCH, a.a.O., S 1155 f.), wenn möglich gleich zu Beginn des Vollzugs. Dies wird denn auch in Art. 70 Abs. 2 Satz 2 VZAE umgesetzt, wonach sofort über das Anwesenheitsverhältnis zu entscheiden ist, wenn die Möglichkeit besteht, die verurteilte Person zum Vollzug in den Heimatstaat zu überstellen. 5.4 Insgesamt entspricht es jedenfalls vorliegend sowohl dem Landesrecht als auch dem Staatsvertragsrecht, dass möglichst früh und jedenfalls vor dem Ende des Straf- oder Massnahmenvollzugs über die Ausweisung entschieden wird. Der angefochtene Entscheid ist auch in dieser Hinsicht nicht zu beanstanden. 6. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet. Damit wird der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da er bedürftig ist und seine Rechtsbegehren nicht von vornherein aussichtslos erscheinen, kann ihm jedoch die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewährt werden (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der Beschwerdeführer wird ausdrücklich auf seine Ersatzpflicht aufmerksam gemacht, wenn er später dazu in der Lage sei wird (Art. 64 Abs. 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Dem Beschwerdeführer wird für das Verfahren vor Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. a) Es werden keine Gerichtskosten erhoben. b) Advokat Alain Joset wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand bestellt und aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'000.-- entschädigt. 3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Sicherheitsdirektion, dem Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 6. Juni 2011 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Uebersax
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Faits: A. P._ a travaillé comme maçon-carreleur pour la société X._ SA à partir du 1er juillet 1997. Ayant subi deux accidents qui ont entraîné notamment une entorse de la cheville gauche et une contusion de l'épaule gauche, respectivement de l'épaule droite, il a présenté une demande de prestations de l'assurance-invalidité le 30 décembre 2002. L'Office de l'assurance-invalidité pour le canton de Vaud (ci-après: l'office AI) a recueilli des renseignements médicaux et économiques, avant de soumettre l'assuré à un examen bidisciplinaire auprès de son Service médical régional (SMR; rapport du 10 août 2004). Après avoir transmis un projet de décision à P._, dont celui-ci a contesté les termes, l'office AI a chargé la Clinique Y._ d'une expertise interdisciplinaire. Dans leur rapport du 17 juillet 2007, dont les conclusions ont été précisées par le docteur B._ sur interpellation de l'office AI (courrier au docteur M._ du SMR du 2 avril 2008), les docteurs A._, psychiatre et psychothérapeute, et C._, spécialiste en rhumatologie, médecine physique et rééducation, ont diagnostiqué, avec répercussion sur la capacité de travail, entre autres atteintes, des omalgies bilatérales persistantes sur status post acromioplastie et réinsertion du tendon sus-épineux de l'épaule gauche et sur status post réinsertion d'une rupture complète du sus-épineux, partielle du sous-épineux et acromioplastie de l'épaule droite, des lombalgies chroniques avec sciatalgies gauches non déficitaires de type mécanique et des gonalgies bilatérales à prédominance gauche (status post arthoscopie/arthrotomie). Les médecins ont conclu qu'une activité adaptée aux limitations décrites dans leur rapport était exigible de la part de l'assuré à plein temps, mais avec une diminution de rendement de 20 à 30 %. Le SMR s'étant prononcé à nouveau dans un avis du 15 avril 2008, l'office AI a rendu une décision, le 8 juillet 2009, par laquelle il a nié le droit de l'assuré à une rente, au motif que le taux d'invalidité de 17 % obtenu après la comparaison des revenus déterminants n'ouvrait pas le droit à cette prestation. B. Statuant le 15 février 2010 sur le recours formé par l'intéressé, le Tribunal cantonal, Cour des assurances sociales, du canton de Vaud l'a rejeté. C. P._ interjette un recours en matière de droit public contre ce jugement dont il demande l'annulation. Sous suite de frais et dépens, il conclut au renvoi de la cause à l'office AI pour instruction complémentaire sur le plan médical et économique, puis nouvelle décision. L'office AI conclut implicitement au rejet du recours, tandis que l'Office fédéral des assurances sociales a renoncé à se déterminer.
Considérant en droit: 1. 1.1 Le recours en matière de droit public (art. 82 ss LTF) peut être formé pour violation du droit selon l'art. 95 sv. LTF. Le Tribunal fédéral statue en principe sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF), sous réserve des cas prévus à l'art. 105 al. 2 LTF. Cette disposition lui donne la faculté de rectifier ou compléter d'office l'état de fait de l'arrêt attaqué dans la mesure où des lacunes ou erreurs dans celui-ci lui apparaîtraient d'emblée comme manifestes. Quant au recourant, il ne peut critiquer la constatation de faits importants pour le jugement de la cause que si ceux-ci ont été constatés en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF ou de manière manifestement inexacte (art. 97 al. 1 LTF). 1.2 Conformément aux principes relatifs au pouvoir d'examen du Tribunal fédéral développés dans l'ATF 132 V 393 consid. 3 p. 397 s., les constatations de l'autorité cantonale de recours sur la capacité de travail de l'assuré et l'exigibilité relèvent d'une question de fait (ATF 132 V 393 consid. 3.2 p. 398). Quant aux règles légales et jurisprudentielles sur la manière d'effectuer la comparaison des revenus (prévue à l'art. 16 LPGA), y compris celles concernant l'utilisation de l'Enquête suisse sur la structure des salaires (ESS), elles relèvent de questions de droit. Sous cet angle, la constatation des deux revenus hypothétiques à comparer est une question de fait, dans la mesure où elle repose sur une appréciation concrète des preuves; il s'agit en revanche d'une question de droit si elle se fonde sur l'expérience générale de la vie. 2. Le litige porte sur le droit du recourant à une rente de l'assurance-invalidité. A cet égard, le jugement entrepris expose correctement les dispositions légales relatives à la notion d'invalidité et à l'évaluation de l'incapacité de gain des assurés exerçant une activité lucrative, ainsi que les principes jurisprudentiels sur la valeur probante d'un rapport médical. On peut donc y renvoyer. 3. Pour déterminer la capacité de travail du recourant, les premiers juges se sont fondés sur les conclusions de l'expertise de la Clinique Y._, à laquelle ils ont accordé pleine valeur probante et qu'ils ont préférée aux avis des médecins consultés par l'assuré et du SMR, ainsi qu'au rapport de stage, en en indiquant les raisons. Ils ont constaté que le recourant présentait depuis le mois de juin 2002 une incapacité totale de travail dans le métier exercé jusqu'alors, mais disposait en revanche d'une capacité de travail résiduelle de 75 % (en raison d'une diminution de rendement de 25 %) dans une activité adaptée à ses limitations fonctionnelles. En particulier, ils ont considéré qu'au regard de la fourchette de 20 à 30 % de diminution de rendement admise par les docteurs A._ et C._, il y avait lieu de retenir un taux de 25 % (soit le milieu de la fourchette indiquée par les experts). En fonction de la capacité résiduelle de travail de 75 % (en raison d'une diminution de rendement de 25 %) ainsi constatée, l'autorité cantonale de recours a ensuite évalué le taux d'invalidité en comparant les salaires déterminants en application de la méthode de la comparaison des revenus. Fixant à 60'892 fr. le revenu sans invalidité (en 2003) et à 38'480 fr. 40 celui avec invalidité en confirmant l'abattement de 10 % sur le revenu statistique effectué par l'intimé, elle a constaté que le recourant présentait un taux d'invalidité de 37 %, lequel était insuffisant pour ouvrir le droit à une rente d'invalidité. 4. 4.1 Reprochant aux premiers juges d'avoir fixé arbitrairement le degré d'invalidité, le recourant soutient tout d'abord qu'ils ne pouvaient retenir une diminution de rendement au milieu de la fourchette proposée par les experts, mais auraient dû ordonner une instruction complémentaire pour fixer plus précisément cette diminution parce que le taux d'invalidité se situait à proximité d'une valeur limite (soit une valeur ouvrant le droit à une rente). 4.2 Ce grief est mal fondé. Lorsque, comme en l'espèce, un rapport médical indique la capacité de travail sous la forme d'une fourchette de valeurs (ici, 20 à 30 %), il convient en règle générale de se fonder sur la valeur moyenne, ce qui permet d'éviter les inégalités de traitement résultant de ce genre d'évaluation (arrêts 9C_776/2009 du 11 juin 2010 consid. 3.3 et I 822/04 du 21 avril 2005 consid. 4.4 et les arrêts cités; Meyer, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 2e éd., 2010, p. 352). Il n'y a pas lieu, en l'occurrence, de s'écarter de cette règle, quoi qu'en dise le recourant, qui cite en vain les rapports de la doctoresse L._ et de la Fondation "Z._" à l'appui de la prise en compte de la valeur supérieure de 30 %. Les premiers juges n'ont en effet pas suivi ces évaluations, en procédant à une appréciation globale des preuves qui n'apparaît nullement arbitraire, ni quant aux motifs évoqués pour écarter ces moyens de preuve, ni dans son résultat. C'est en vain, par ailleurs, que le recourant se réfère à deux arrêts du Tribunal fédéral (I 521/03 du 28 juillet 2004 et I 483/02 du 6 juin 2003) qu'il qualifie de "cas similaires". Les raisons pour lesquelles le Tribunal fédéral avait ordonné un renvoi à l'administration pour instruction complémentaire dans les deux causes n'étaient pas (ou en tout cas pas exclusivement) liées à une évaluation médicale de la diminution de rendement sous la forme d'une fourchette de valeurs, de sorte que le recourant ne peut rien en tirer en sa faveur. En conséquence, le Tribunal fédéral n'a pas à s'écarter de la constatation de la juridiction cantonale relative à la capacité de travail résiduelle de 75 % dans une activité adaptée, une instruction complémentaire sur ce point n'étant pas nécessaire. 5. Dans un second moyen, le recourant s'en prend à l'abattement opéré par la juridiction cantonale sur le salaire avec invalidité résultant des statistiques ESS. A son avis, en appliquant une déduction en raison uniquement des limitations fonctionnelles qu'il présentait, les premiers juges n'ont à tort pas tenu compte d'autres facteurs déterminants, tel son âge, son manque de polyvalence dû à une expérience professionnelle relativement limitée, sa nationalité (italienne) et la diminution du rendement, au regard desquels un abattement de 10 % apparaissait insuffisant. 5.1 Alors que le point de savoir s'il y a lieu de procéder à un abattement sur le salaire statistique en raison de circonstances particulières (liées au handicap de la personne ou d'autres facteurs) est une question de droit qui peut être examinée librement par le Tribunal fédéral, l'étendue de l'abattement du salaire statistique dans un cas concret constitue une question relevant du pouvoir d'appréciation, qui est soumise à l'examen du juge de dernière instance uniquement si la juridiction cantonale a exercé son pouvoir d'appréciation de manière contraire au droit, soit a commis un excès positif ("Ermessensüberschreitung") ou négatif ("Ermessensunter-schreitung") de son pouvoir d'appréciation ou a abusé ("Ermessensmissbrauch") de celui-ci (ATF 132 V 393 consid. 3.3 p. 399). Il y a abus du pouvoir d'appréciation lorsque l'autorité, tout en restant dans les limites du pouvoir d'appréciation qui est le sien, se fonde sur des considérations qui manquent de pertinence et sont étrangères au but visé par les dispositions légales applicables, ou viole des principes généraux du droit tels que l'interdiction de l'arbitraire et de l'inégalité de traitement, le principe de la bonne foi et le principe de la proportionnalité (ATF 123 V 150 consid. 2 p. 152 et les références). Commet un excès positif de son pouvoir d'appréciation, l'autorité qui exerce son appréciation alors que la loi l'exclut, ou qui, au lieu de choisir entre les deux solutions possibles, en adopte une troisième. Il y a également excès du pouvoir d'appréciation dans le cas où l'excès de pouvoir est négatif, soit lorsque l'autorité considère qu'elle est liée, alors que la loi l'autorise à statuer selon son appréciation, ou qu'elle renonce d'emblée en tout ou partie à exercer son pouvoir d'appréciation (ATF 116 V 307 consid. 2 p. 310 et les références). 5.2 Contrairement au pouvoir d'examen du Tribunal fédéral, celui de l'autorité judiciaire de première instance n'est en revanche pas limité dans ce contexte à la violation du droit (y compris l'excès ou l'abus du pouvoir d'appréciation), mais s'étend également à l'opportunité de la décision administrative ("Angemessenheitskontrolle"). En ce qui concerne l'opportunité de la décision en cause, l'examen porte sur le point de savoir si une autre solution que celle que l'autorité, dans un cas concret, a adoptée dans le cadre de son pouvoir d'appréciation et en respectant les principes généraux du droit, n'aurait pas été plus judicieuse quant à son résultat. A cet égard, le juge des assurances sociales ne peut, sans motif pertinent, substituer sa propre appréciation à celle de l'administration; il doit s'appuyer sur des circonstances de nature à faire apparaître sa propre appréciation comme la mieux appropriée (ATF 126 V 75 consid. 6 p. 81). Par le passé, la compétence de l'autorité cantonale de recours d'examiner en opportunité la décision attaquée découlait du principe de l'unité de la procédure, selon lequel les motifs de recours devant les juridictions cantonales statuant en dernière instance cantonale, dans les causes pouvant faire l'objet d'un recours de droit administratif au Tribunal fédéral des assurances devaient être admis au moins aussi largement que pour l'instance fédérale (cf. art. 98a al. 3 aOJ et ATF 123 V 300). Avec l'entrée en vigueur de l'art. 132 al. 2 aOJ (dans sa teneur selon le ch. III de la loi fédérale du 16 décembre 2005 sur la modification de la LAI, en vigueur du 1er juillet 2006 au 31 décembre 2006), puis, à partir du 1er janvier 2007 des art. 95 ss LTF, le Tribunal fédéral ne peut plus contrôler en matière d'octroi ou de refus de prestations d'assurance l'opportunité de la décision cantonale, de sorte que la référence au principe de l'unité de la procédure est désormais caduque. L'examen de l'opportunité de la décision administrative par le juge cantonal découle toutefois du droit fédéral. En vertu des art. 37 LTAF et 49 PA, le Tribunal administratif fédéral dispose d'un pouvoir d'examen tant en ce qui concerne l'excès ou l'abus du pouvoir d'appréciation que l'opportunité de la décision attaquée, lorsqu'il se prononce comme autorité judiciaire de première instance dans le domaine des assurances sociales (pour l'assurance-invalidité, cf. art. 69 al. 1 let. b LAI). Il faut en déduire que les tribunaux cantonaux des assurances au sens de l'art. 57 LPGA, qui constituent l'autorité de recours ordinaire dans la très grande majorité des cas relevant des assurances sociales, doivent disposer d'un pouvoir d'examen identique à celui du Tribunal administratif fédéral, ce également au regard du principe constitutionnel de l'égalité de traitement de tous les assurés (art. 8 al. 1 Cst.; cf. à cet égard ATF 134 V 199 consid. 1.2 p. 200). Cela s'impose d'autant plus que le domaine des assurances sociales comprend de nombreuses situations - et le point litigieux ici en cause de l'étendue de l'abattement sur le revenu d'invalide en matière d'assurance-invalidité en est un exemple flagrant - dans lesquelles l'administration dispose d'une marge d'appréciation importante, dont l'application doit pouvoir être contrôlée par l'autorité de recours de première instance. Il n'existe par ailleurs aucun indice qui ressortirait des travaux préparatoires ou de la procédure législative ayant conduit à l'adoption successive de la LPGA, de la modification de la LAI du 16 décembre 2005 et de la LTF que le législateur fédéral aurait entendu restreindre le pouvoir d'examen des juridictions de recours de première instance quant à l'opportunité de la décision administrative. Il découle de ce qui précède que la juridiction cantonale, lorsqu'elle examine l'usage qu'a fait l'administration de son pouvoir d'appréciation pour fixer l'étendue de l'abattement sur le revenu d'invalide, doit porter son attention sur les différentes solutions qui s'offraient à l'organe de l'exécution de l'assurance-invalidité et voir si un abattement plus ou moins élevé (mais limité à 25 % [ATF 126 V 75]) serait mieux approprié et s'imposerait pour un motif pertinent, sans toutefois substituer sa propre appréciation à celle de l'administration. 5.3 D'après le Tribunal cantonal des assurances sociales, l'abattement de 10 % admis par l'intimé était conforme au droit: hormis les limitations fonctionnelles relativement nombreuses du recourant, il n'y avait pas d'autre élément déterminant dans ce contexte qui aurait justifié une réduction supérieure au taux retenu par l'administration, de sorte que l'office AI n'avait pas abusé de son pouvoir d'appréciation. Si on pourrait penser à la lecture de certaines expressions utilisées par la juridiction cantonale qu'elle a restreint son pouvoir d'examen de manière inadmissible, ses considérations relatives à l'étendue de l'abattement prises dans leur ensemble montrent qu'elle a également contrôlé l'opportunité de la décision de l'intimé. Au surplus, l'argumentation du recourant n'est pas propre à démontrer que la juridiction cantonale aurait commis un excès positif ou négatif de son pouvoir d'appréciation ou aurait abusé de celui-ci. Les éléments cités par le recourant ne sont en effet pas pertinents pour justifier un abattement, puisqu'il est encore relativement jeune, a apparemment disposé d'une autorisation de travail en Suisse, que les activités adaptées envisageables (qualification 4, simples et répétitives) ne requièrent pas une expérience professionnelle diversifiée et que la diminution de rendement a été dûment prise en compte pour déterminer sa capacité de travail résiduelle. 6. Compte tenu de ce qui précède, le recours est mal fondé. 7. Vu l'issue de la procédure, le recourant doit en supporter les frais (art. 66 al. 1 LTF) et ne peut prétendre de dépens (art. 68 al. 1 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 500 fr., sont mis à la charge du recourant. 3. Le présent arrêt est communiqué aux parties, à la Cour des assurances sociales du Tribunal cantonal du canton de Vaud et à l'Office fédéral des assurances sociales. Lucerne, le 12 avril 2011 Au nom de la IIe Cour de droit social du Tribunal fédéral suisse Le Président: La Greffière: Meyer Moser-Szeless
5a1c1fa7-cf2d-452a-b90f-1d3672993cea
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2,010
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Federation
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Sachverhalt: A. X._ bestand nach vier Jahren Schule in der Berufsklasse der Musikhochschule des Konservatoriums Freiburg die Ausscheidungsprüfung im April 2008. Diese berechtigte ihn zur Abschlussprüfung, welche - als öffentlich vorgetragener Klaviervortrag - er am 26. Juni 2008 nicht bestand. Der Grund lag darin, dass er sich in einem Zustand eines offensichtlichen Unwohlseins und einer emotionalen Blockade befand. Die Prüfungskommission entschied danach, dass X._ die Prüfung im Oktober 2008 unter Ausschluss der Öffentlichkeit wiederholen könne. Am 13. Oktober 2008 bestand dieser das Examen, was ihm durch die Aushändigung des von der Kommission unterzeichneten Protokolls mitgeteilt wurde. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 wurde ihm bestätigt, dass er die Ausbildung zum Lehrdiplom erfolgreich bestanden habe. B. Der Direktor des Konservatoriums beantragte Ende November 2008 bei der für die Ausstellung der Diplome zuständigen Direktion für Erziehung, Kultur und Sport des Kantons Freiburg (nachfolgend: EKSD), X._ kein Diplom auszustellen, da der Klaviervortrag nicht öffentlich erfolgt sei. In der Folge verweigerte diese am 2. März 2009 die Ausstellung des Diploms. Die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde war erfolglos. C. Vor Bundesgericht beantragt X._, das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, vom 1. Dezember 2009 aufzuheben und die EKSD anzuweisen, dem Beschwerdeführer das Lehrdiplom innert einer Frist von 10 Tagen seit Eröffnung des Entscheides des Bundesgerichts auszustellen. Er macht im Wesentlichen eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach Art. 9 BV geltend. Mit separater Eingabe beantragt der Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege, die Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten sowie die Bestellung seines Rechtsvertreters zum amtlichen Rechtsbeistand. Sowohl das Kantonsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, als auch die EKSD beantragen unter Verzicht auf eine Stellungnahme, die Beschwerde abzuweisen.
Erwägungen: 1. 1.1 Nach Art. 83 lit. t BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung. Diese Ausschlussbestimmung zielt auf Prüfungsergebnisse im eigentlichen Sinn sowie auf alle Entscheide ab, die auf einer Bewertung der intellektuellen oder physischen Fähigkeiten eines Kandidaten beruhen (BGE 136 I 229 E. 1 S. 231; 136 II 61 E. 1.1.1 S. 63; Urteil 2C_579/2010 vom 17. November 2010 E. 1.1), nicht aber auf andere Entscheide im Zusammenhang mit Prüfungen wie insbesondere solche organisatorischer Natur (BGE 136 I 229 E. 1 S. 231, mit Hinweisen). Ob der Ausschlussgrund zur Anwendung kommt, hängt grundsätzlich vom Gegenstand des angefochtenen Entscheids, nicht vom Inhalt der erhobenen Rügen ab (Urteil 2C_577/2009 vom 6. Januar 2010 E. 1.1 mit Hinweisen). Ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht zulässig, ist zu prüfen, ob Entscheide letzter kantonaler Instanzen mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde angefochten werden können. In diesem Fall muss der Beschwerdeführer vom angefochtenen Entscheid nicht nur besonders berührt und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung haben (Art. 89 Abs. 1 BGG), sondern ein rechtlich geschütztes Interesse daran (Art. 115 BGG). Mit der Verfassungsbeschwerde kann im Gegensatz zu Art. 95 ff. BGG zudem nur die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an, prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber nur auf Rechtsverletzungen hin, die vom Beschwerdeführer geltend gemacht werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Dabei gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten, insbesondere des Willkürverbots, eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 136 I 229 E. 4.1 S. 235; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254, 396 E. 3.1 S. 399). 1.2 Angefochten ist die Verweigerung der Ausstellung des Diploms. Die EKSD verweigerte dessen Ausfertigung damit, dass die Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt sei. Nach Art. 46 der Verordnung vom 5. April 2005 über die Prüfungen am Konservatorium (PrVK; SGF 481.4.12; in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung) hat der Werkvortrag öffentlich zu erfolgen. Die Frage, ob es sich dabei um eine Bewertung der Fähigkeiten des Beschwerdeführers oder aber um einen Entscheid organisatorischer Natur handelt, kann vorliegend offengelassen werden: In jedem Fall kann auf die Beschwerde eingetreten werden, verfügt der Beschwerdeführer doch aufgrund der Bestimmungen der PrVK über ein rechtlich geschütztes Interesse (dazu BGE 136 I 229 E. 3.2 S. 235) und richtet sich das Rechtsmittel gegen einen Entscheid einer letzten kantonalen Instanz. Er rügt substantiiert die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten, was so wohl im Rahmen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch der subsidiären Verfassungsbeschwerde zulässig ist. 2. 2.1 Die EKSD hat dem Beschwerdeführer das Diplom nach Art. 44 PrVK nicht erteilt (sekundäre Verfügung); in der Sache geht es allerdings nicht um das Diplom als solches, sondern um die dem Diplom zugrundeliegende Abschlussprüfung (primäre Verfügung). Da diese mit einem schweren Mangel behaftet sei, betrachtete sich die EKSD als berechtigt, den Prüfungsentscheid zu widerrufen. Als Aufsichtsbehörde des Konservatoriums kann sich die EKSD selbst der Sache annehmen (BGE 107 Ib 35 E. 4a S. 37; 100 Ia 94 E. 2 S. 97 f.; siehe auch BEATRICE WEBER-DÜRLER, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, 1983, S. 169) und damit die primäre Verfügung widerrufen. 2.2 Der Beschwerdeführer hat die Prüfung am 13. Oktober 2008 bestanden. Die Verfügung ist Mitte November in formelle Rechtskraft erwachsen; die EKSD hat diese erst anfangs März 2009 widerrufen. Der Verfügung kommt Rechtsbeständigkeit zu, weshalb formell rechtskräftige Verfügungen nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen einseitig aufgehoben oder zum Nachteil des Adressaten abgeändert werden dürfen (vgl. e contrario BGE 134 V 257 E. 2.2 [2. Abs.] S. 261; 121 II 273 E. 1a/aa S. 276 f.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 821, 995; PIERRE MOOR, Droit administratif, Volume II, deuxième édition, 2002, S. 323 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 283 f. [Rz. 8 f.]). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt es deshalb nicht im Ermessen der Behörden, ob sie einen Entscheid widerrufen will. 2.3 Die PrVK und auch das Gesetz vom 23. Mai 1991 über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SGF 150.1) enthalten weder Bestimmungen über den Widerruf von Prüfungsentscheiden noch über solche von Diplomen noch über den Widerruf in allgemeiner Weise. Es ist deshalb (vgl. BGE 127 II 306 E. 7a S. 313 f.) nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vorzugehen, wonach eine materiell unrichtige Verfügung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist unter bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden kann. Danach stehen sich das Interesse an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts (E. 2.4) und dasjenige am Vertrauensschutz gegenüber - dieses allerdings nur dann, wenn seine Voraussetzungen überhaupt erfüllt sind (E. 2.5). Die beiden Interessen sind anschliessend gegeneinander abzuwägen (E. 2.6). Eine Verfügung kann somit grundsätzlich nicht widerrufen werden, wenn das Interesse am Vertrauensschutz demjenigen an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts vorgeht: Dies trifft in der Regel dann zu, wenn durch die Verwaltungsverfügung ein subjektives Recht begründet worden oder die Verfügung in einem Verfahren ergangen ist, in dem die sich gegenüberstehenden Interessen allseitig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen waren, oder wenn der Private von einer ihm durch die Verfügung eingeräumten Befugnis bereits Gebrauch gemacht hat. Diese Regel gilt allerdings nicht absolut; auch in diesen drei Fällen kann ein Widerruf in Frage kommen, wenn er durch ein besonders gewichtiges öffentliches Interesse geboten ist (BGE 127 II 307 E. 7a S. 313 f.; 121 II 273 E. 1a/aa S. 276; siehe etwa auch WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 168 ff.; MOOR, a.a.O., S. 326 ff., 332 ff.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., S. 220 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 287 ff.; PETER SALADIN, Wiedererwägung und Widerruf formell rechtskräftiger Verfügungen, Die Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts im Vergleich zur Praxis des Bundesgerichts in Lausanne, in: Sozialversicherungsrecht im Wandel, FS 75 Jahre Eidgenössisches Versicherungsgericht 1992, S. 113 ff.). In jedem Fall sind alle Aspekte des Einzelfalls einzubeziehen. 2.4 Damit ein Schüler zur Abschlussprüfung für das Lehrdiplom nach Art. 36 lit. a PrVK zugelassen wird, hat er verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen: neben dem Besuch des Unterrichts während 8 Semestern muss er die im Lehrplan festgelegte Theorieprüfung (Art. 40 Abs. 2 lit. b PrVK) und die obligatorischen Zusatzprüfungen (Art. 40 Abs. 2 lit. d PrVK) sowie die Ausscheidungsprüfung (Art. 40 Abs. 2 lit. c PrVK), welche in einem etwa 30-45 minütigen Vortrag besteht (Art. 39 PrVK), bestanden haben. Für das Lehrdiplom sind zudem zusätzlich verschiedene Praktika zu absolvieren, und eine Diplomarbeit in Pädagogik muss angenommen werden (Art. 47 PrVK). Den Abschluss der gesamten vierjährigen Ausbildung bildet schliesslich die Abschlussprüfung, welche in einem Vortrag von Werken aus allen Epochen und Stilen besteht und 30-45 Minuten dauert (Art. 41 PrVK). Diese hat nach Art. 46 PrVK vor Publikum zu erfolgen. Die Abschlussprüfung, welche der Beschwerdeführer bestanden hat, erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit und widersprach somit den rechtlichen Vorgaben. Die Verfügung vom 13. Oktober 2008 ist demnach ursprünglich fehlerhaft. Nachfolgend ist nunmehr zu prüfen, inwiefern sich der Beschwerdeführer auf den Vertrauensschutz berufen kann. Die Abschlussprüfung, welche der Beschwerdeführer bestanden hat, erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit und widersprach somit den rechtlichen Vorgaben. Die Verfügung vom 13. Oktober 2008 ist demnach ursprünglich fehlerhaft. Nachfolgend ist nunmehr zu prüfen, inwiefern sich der Beschwerdeführer auf den Vertrauensschutz berufen kann. 2.5 2.5.1 Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens u.a. - wie im vorliegenden Fall - in eine Verfügung (WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 181; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 632; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 162). Vorausgesetzt ist indes weiter, dass die Person, die sich auf den Vertrauensschutz beruft, berechtigterweise auf diese Grundlage vertrauen durfte und gestützt darauf nachteilige Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr rückgängig machen kann (BGE 131 II 627 E. 6.1 S. 636 f.; 129 I 161 E. 4.1 S. 170; je mit weiteren Hinweisen; PIERRE MOOR, Droit administratif, Volume I, deuxième édition, 1994, S. 431 f.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 161 ff.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, S. 140 ff.; PASCAL MAHON, in: Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse [...], 2003, Rz. 12 ad art. 9 Cst., S. 97 f.). 2.5.2 Die Vorinstanz und die EKSD werfen dem Beschwerdeführer fehlenden guten Glauben vor. Er hätte zumindest aufgrund der ersten Prüfung, welche öffentlich war, erkennen müssen, dass die Abschlussprüfung nur vor Publikum durchzuführen gewesen sei. Der Beschwerdeführer weist demgegenüber darauf hin, dass die Prüfungskommission ihm und nicht er dieser vorgeschlagen habe, dass er seine Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit ablegen könne. Die zu beachtende Sorgfaltspflicht hat sich hier nach den Kenntnissen und Fähigkeiten eines Musikschülers und nicht eines Juristen zu richten (vgl. dazu BGE 132 II 21 E. 6 S. 35 ff.; 129 II 361 E. 7.2 i.f. S. 382; WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 94 ff., 158). Ein Konsultieren der Verordnung kann deshalb nicht verlangt werden. Schüler dürfen sich auf die Aussagen der Prüfungsexperten und der -kommission grundsätzlich verlassen. Immerhin wäre naheliegend, aus der nicht bestandenen Prüfung abzuleiten, die zu wiederholende Prüfung habe ebenfalls vor Publikum zu erfolgen. Allerdings wurden die Schüler verschiedentlich nicht verordnungskonform geprüft: So ist der Direktor entgegen Art. 37 Abs. 1 und 2 PrVK seit Jahren nicht mehr Mitglied und Präsident der Prüfungskommission. Zudem waren mehrere Prüfungsverfahren anders abgelaufen als vorgeschrieben, und die Prüfungskommission war oftmals nicht den Vorgaben der Verordnung gemäss zusammengesetzt gewesen. Es musste daher für den Beschwerdeführer nicht aussergewöhnlich erscheinen und im Rahmen des Zulässigen liegen, als die Prüfungskommission ihm den Vorschlag unterbreitete, die Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu wiederholen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist auch das Verhalten der Prüfungskommission zu berücksichtigen (vgl. BGE 132 II 21 E. 6.2 i.i. S. 36). Es wäre primär an ihr gewesen, die Verordnung zu konsultieren (vgl. WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 110) und den Widerspruch zum vorgeschlagenen Vorgehen zu erkennen (siehe dazu Urteil vom 1. Juni 1983, in: ZBl 1984, S. 127 ff., 129 E. 4b., 130 E. 5a i.f.; dazu auch BEATRICE WEBER-DÜRLER, Neuere Entwicklungen des Vertrauensschutzes, ZBl 2002, 281 ff., 297). Hätte der Direktor entsprechend den rechtlichen Vorgaben in der Prüfungskommission Einsitz genommen, hätte er überdies bereits vor dem Ablegen der Prüfung korrigierend eingreifen können. 2.5.3 Der Beschwerdeführer hat sodann im Vertrauen auf die von der Behörde gesetzte Vertrauensgrundlage Dispositionen getroffen. So hat er aufgrund seiner Prüfungsbestätigung eine Stelle als Klavierlehrer erhalten. Weiter ist zu berücksichtigen, dass er auf den gleichen Zeitpunkt eine öffentliche Prüfung hätte verlangen können, wenn er von der ungültigen Vertrauensgrundlage gewusst hätte. Im Rahmen seiner Ausbildung zum Lehrdiplom hat er öffentliche Werkvorträge gehalten und auch erfolgreich bestanden. Es wird nicht behauptet, dass er einem öffentlichen Vortrag ausweichen wollte, und es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er beim zweiten Versuch der Abschlussprüfung hätte scheitern sollen. Indem er aufgrund des Vorschlags der Prüfungskommission sich auf die Prüfung vorbereitete, diese absolvierte und nicht statt dessen auf einem öffentlichen Vortrag bestand, hat er nicht rückgängig zu machende Dispositionen getroffen. 2.6 Im Folgenden sind nunmehr das Interesse an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts (Legalitätsprinzip) und dasjenige an der Wahrung der Rechtssicherheit (Vertrauensschutz) zunächst zu gewichten (E. 2.6.1 u. 2.6.2) und alsdann gegeneinander abzuwägen (E. 2.6.3). 2.6.1 Die Abschlussprüfung ist nicht vor Publikum erfolgt und steht somit im Widerspruch zu den rechtlichen Vorgaben. Um das Gewicht des Interesses an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts zu bestimmen, ist indes die Prüfung in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Wie ausgeführt (oben E. 2.4) bildet die Abschlussprüfung lediglich den Abschluss der gesamten vierjährigen Ausbildung; für das Lehrdiplom (Studiengang I; Art. 36 lit. a PrVK) werden neben den Voraussetzungen, welche alle Studiengänge betreffen (Art. 39 und 40 PrVK), vor allem der Abschluss verschiedener Praktika und die Annahme einer Pädagogikdiplomarbeit verlangt. Die Abschlussprüfung muss zwar nach Art. 46 PrVK vor Publikum erfolgen, was auch für das Lehrdiplom gilt; doch kommt dem öffentlichen Vortrag nicht bei allen Studiengängen das gleiche Gewicht zu, da das dahinter stehende Interesse unterschiedlich ist: Dass für das Konzertdiplom und für das Solistendiplom (Studiengang II; Art. 36 lit. b PrVK) sowie für das höhere Studienzertifikat für Chorleitung oder für das höhere Studienzertifikat für Blasorchester (Studiengang IV; Art. 36 lit. d PrVK) der Vortrag vor Publikum wesentlich ist, ist offensichtlich. Die diesen Prüfungen zugrundeliegenden Tätigkeiten werden grundsätzlich nur vor Publikum ausgeübt. Für das Lehrdiplom trifft dies nicht zu, worauf der Beschwerdeführer zu Recht hinweist. Die Fähigkeiten, über welche ein Klavierlehrer verfügen muss, bestehen vor allem darin, das technische Können sowie das Verstehen der Musikstücke zu vermitteln - mithin pädagogische Fähigkeiten, die nach Art. 47 PrVK als besondere Voraussetzung für das Lehrdiplom verlangt werden. Das Vortragen von Werken vor Publikum ist demgegenüber weniger bedeutsam. Der Verordnungsgeber ist sich dieser Abstufung bewusst gewesen, weshalb er für das (allerdings weniger gewichtige) Lehrdiplom für Musik- und Gesangsunterricht an Orientierungsschulen und Mittelschulen (Studiengang III; Art. 36 lit. c PrVK) auf eine öffentlich durchgeführte Abschlussprüfung verzichtete (Art. 46 PrVK). 2.6.2 Bei der Gewichtung des Vertrauensinteresses ist grundsätzlich von der erfolgten Vertrauensbetätigung auszugehen (vgl. oben E. 2.5.3), im vorliegenden Fall also von der Unterlassung, im Jahre 2008 eine Prüfung vor Publikum zu verlangen. Das Gewicht wird dabei vor allem durch den Nachteil bestimmt, der dem Beschwerdeführer im Falle des Vertrauensbruchs droht (WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 120). In einem solchen Fall hätte er die Prüfung oder mehrere Prüfungen mit allen dadurch verbundenen Unannehmlichkeiten nachzuholen, allenfalls sich wieder für einen Studiengang, welcher nach der Rechtsänderung nicht mehr in Freiburg möglich ist (vgl. dazu den geänderten Art. 1 und die aufgehobenen Art. 36-51 PrVK in der Fassung ab 1.9.2009), einzuschreiben sowie finanzielle Verluste durch den Studiengang und dem Ausbleiben eines Verdienstes hinzunehmen. Allenfalls müsste der Beschwerdeführer sogar auf eine Fortsetzung und einen Abschluss des Studiengangs verzichten, weshalb die vierjährige Ausbildung viel von ihrem Nutzen verlöre. 2.6.3 Das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer rechtmässigen Prüfung vor Publikum ist entsprechend den Ausführungen gering, während das Vertrauensinteresse relativ gewichtig ist. Mit einer Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird die ratio legis für das Lehrdiplom nach Art. 36 lit. a PrVK nicht stark tangiert, sind doch dafür vor allem die pädagogischen Fähigkeiten ausschlaggebend. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Prüfungskommission selbst den Beschwerdeführer veranlasst hat, die Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit abzuhalten, womit sie auch für eine gesteigerte Vertrauenslage verantwortlich ist. Angesichts dieses Umstandes ist das Interesse an der Rechtssicherheit der Verfügung vom 13. Oktober 2008 aufgrund der Vertrauensgrundlage, des guten Glaubens und der Vertrauensbetätigung höher zu gewichten als die Einhaltung des objektiven Rechts. Insofern ist der Staat an die von ihm geschaffene Vertrauensgrundlage gebunden; die ursprüngliche Verfügung ist rechtens und darf nicht widerrufen werden. 3. 3.1 Die Beschwerde erweist sich damit als begründet und ist gutzuheissen. Das Urteil des Kantonsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, vom 1. Dezember 2009 ist deshalb aufzuheben und der Entscheid der Prüfungskommission vom 13. Oktober 2008 zu bestätigen. Der Beschwerdeführer hat nach Art. 44 PrVK Anspruch auf das Diplom. 3.2 Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen hat der Kanton Freiburg den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos. Das Kantonsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, wird über die kantonale Kosten- und Entschädigungsregelung neu zu befinden haben (Art. 67 e contrario und 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, vom 1. Dezember 2009 aufgehoben, der Entscheid der Prüfungskommission vom 13. Oktober 2008 bestätigt und die EKSD angewiesen, dem Beschwerdeführer das Diplom zu erteilen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Der Kanton Freiburg hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 4. Zur Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolge des kantonalen Verfahrens wird die Sache an das Kantonsgericht des Kantons Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, zurückgewiesen. 5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Freiburg, I. Verwaltungsgerichtshof, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 16. Dezember 2010 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Zünd Errass
5aa6e459-7963-433c-8239-bfea2f2ef7c5
de
2,011
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
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Sachverhalt: A. X._ befindet sich seit dem 15. Juli 2010 in Untersuchungshaft. Gegen ihn wurde ein Strafverfahren wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz eingeleitet. Am 29. September 2010 beantragte das Besondere Untersuchungsrichteramt des Kantons Basel-Landschaft die Verlängerung der Untersuchungshaft um sechs Monate. Mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 entsprach die Präsidentin des Verfahrensgerichts in Strafsachen des Kantons Basel-Landschaft dem Gesuch. Sie verlängerte die Untersuchungshaft für die Dauer von sechs Monaten bis zum 7. April 2011. Am 3. November 2010 erhob X._ Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 23. November 2010 ab (Urteil 1B_356/2010). B. Im Hinblick auf das Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) per 1. Januar 2011 reichte die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft dem Zwangsmassnahmengericht Basel-Landschaft am 30. Dezember 2010 ein Gesuch um Bestätigung, eventualiter um Neuanordnung der Untersuchungshaft gegen X._ bis zum 7. April 2011 ein. Mit Entscheid vom 14. Januar 2011 stellte das Zwangsmassnahmengericht fest, die mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 bis zum 7. April 2011 verlängerte Untersuchungshaft entspreche den gesetzlichen Bestimmungen der StPO. Gegen diesen Entscheid erhob X._ am 20. Januar 2011 Beschwerde ans Kantonsgericht Basel-Landschaft. Mit Beschluss vom 28. Februar 2011 wies das Kantonsgericht die Beschwerde ab und bestätigte den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts vom 14. Januar 2011. C. Mit Beschwerde in Strafsachen vom 21. März 2011 beantragt X._, den Beschluss des Kantonsgerichts vom 28. Februar 2011 sowie den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts vom 14. Januar 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Untersuchungshaft mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011 rechtswidrig sei. Dementsprechend sei er sofort aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Des Weiteren sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Das Zwangsmassnahmengericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Staatsanwaltschaft und das Kantonsgericht beantragen die Beschwerdeabweisung. In seiner abschliessenden Stellungnahme vom 4. April 2011 hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest.
Erwägungen: 1. 1.1 Gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen. Der angefochtene Entscheid ist kantonal letztinstanzlich (Art. 80 i.V.m. Art. 130 Abs. 1 BGG). Mit dem angefochtenen Beschluss wurde die Untersuchungshaft gegen den Beschwerdeführer verlängert. Der Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab, weshalb es sich um einen Zwischenentscheid handelt. Da dieser einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann, ist die Beschwerde auch insoweit zulässig. Der Beschwerdeführer nahm vor der Vorinstanz am Verfahren teil und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Er ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Das Bundesgericht kann nach Art. 107 Abs. 2 BGG bei Gutheissung der Beschwerde in der Sache selbst entscheiden. Der Antrag auf Haftentlassung ist somit zulässig (vgl. BGE 133 I 270 E. 1.1 S. 272 f.). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten. 1.2 Soweit der Beschwerdeführer jedoch die Aufhebung des Entscheids des Zwangsmassnahmengerichts beantragt, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, denn Anfechtungsobjekt bildet einzig der kantonal letztinstanzliche Beschluss der Vorinstanz vom 28. Februar 2011 (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG). Mangels eines besonderen Feststellungsinteresses ist auch auf das Rechtsbegehren, es sei festzustellen, dass die Untersuchungshaft mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011 rechtswidrig sei, nicht einzutreten. 2. Die Untersuchungshaft schränkt die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers ein (Art. 10 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 BV, Art. 5 EMRK). Eine Einschränkung dieses Grundrechts ist zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist; zudem darf sie den Kerngehalt des Grundrechts nicht beeinträchtigen (Art. 36 BV). Im vorliegenden Fall steht ein Freiheitsentzug und damit eine schwerwiegende Einschränkung der persönlichen Freiheit in Frage. Es bedarf deshalb sowohl nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV als auch nach Art. 31 Abs. 1 BV einer Grundlage im Gesetz selbst. Nach Art. 221 StPO ist Untersuchungshaft nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Abs. 1 lit. a); Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Abs. 1 lit. b); oder durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat (Abs. 1 lit. c). Haft ist auch zulässig, wenn ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen (Abs. 2). Das zuständige Gericht ordnet gemäss Art. 237 Abs. 1 StPO an Stelle der Untersuchungshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen. Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit wegen der Anordnung von Untersuchungshaft erhoben werden, prüfte das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs bereits bisher die Auslegung und Anwendung des kantonalen Strafprozessrechts frei (BGE 135 I 71 E. 2.5 S. 73 f.). Dementsprechend unterliegen auch die Bestimmungen der Schweizerischen Strafprozessordnung über die Untersuchungshaft der freien bundesgerichtlichen Prüfung. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG). 3. 3.1 Der Beschwerdeführer bestreitet den dringenden Tatverdacht nicht. Er rügt jedoch, die Vorinstanz habe den Haftgrund der Wiederholungsgefahr gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO zu Unrecht bejaht. 3.2 Sinn und Zweck der Anordnung von Haft wegen Wiederholungs- bzw. Fortsetzungsgefahr ist die Verhütung von Delikten. Die Haft ist somit überwiegend Präventivhaft. Die Notwendigkeit, die beschuldigte Person an der Begehung einer strafbaren Handlung zu hindern, anerkennt Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK ausdrücklich als Haftgrund. Die Anordnung von Haft wegen Wiederholungsgefahr dient auch dem strafprozessualen Ziel der Beschleunigung, indem verhindert wird, dass sich das Verfahren durch immer neue Delikte kompliziert und in die Länge zieht (BGE 135 I 71 E. 2.2 S. 72). Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr ist restriktiv zu handhaben (BGE 135 I 71 E. 2.3, 2.6 und 2.11 S. 73 ff.). Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO setzt die ernsthafte Befürchtung voraus, dass die beschuldigte Person durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Strafen verübt hat. Verlangt ist mithin eine ernsthafte und erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer durch "schwere Verbrechen oder Vergehen". Verbrechen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind (Art. 10 Abs. 2 StGB); Vergehen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht sind (Art. 10 Abs. 3 StGB). Die deutschsprachige Fassung von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO ist als missglückt einzustufen, denn "minder schwere" Verbrechen werden vom Wortlaut nicht erfasst, obwohl sie mit höheren Strafen bedroht sind als Vergehen. Sachgerecht erscheint, jegliche Verbrechen zu erfassen. Gestützt auf den französischsprachigen Gesetzestext - "des crimes ou des délits graves" - ist die Bestimmung deshalb durch Umplatzierung des Adjektivs "schwere" dahingehend auszulegen, dass "Verbrechen oder schwere Vergehen" drohen müssen (vgl. zum Ganzen Marc Forster, Basler Kommentar StPO 2010, N. 11 ff. zu Art. 221). Die Begehung der in Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO genannten Delikte muss ernsthaft zu befürchten sein. Erforderlich ist eine sehr ungünstige Rückfallprognose; dabei sind insbesondere die Häufigkeit und Intensität der untersuchten Delikte sowie die einschlägigen Vorstrafen zu berücksichtigen (Forster, a.a.O., N. 14 zu Art. 221). Das Gesetz verlangt als weitere Voraussetzung der Präventivhaft wegen Wiederholungsgefahr, dass die beschuldigte Person bereits früher gleichartige Vortaten verübt hat (vgl. insoweit BGE 1B_25/2011 vom 14. März 2011). Auch bei den Vortaten muss es sich um Verbrechen oder schwere Vergehen gegen gleiche oder gleichartige Rechtsgüter gehandelt haben. Die früher begangenen Straftaten können sich aus rechtskräftig abgeschlossenen früheren Strafverfahren ergeben. Sie können jedoch auch Gegenstand eines noch hängigen Strafverfahrens bilden, in dem sich die Frage der Untersuchungs- und Sicherheitshaft stellt. Das Gesetz spricht von verübten Straftaten und nicht bloss einem Verdacht, sodass dieser Haftgrund nur bejaht werden kann, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die beschuldigte Person solche Straftaten begangen hat. Neben einer rechtskräftigen Verurteilung gilt der Nachweis auch bei einem glaubhaften Geständnis oder einer erdrückenden Beweislage als erbracht (Forster, a.a.O., N. 15 zu Art. 221; Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 12 zu Art. 221). 3.3 Den Akten ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer wegen verschiedener zwischen 1999 und 2009 begangener Delikte mehrfach verurteilt worden ist. So wurde er unter anderem wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Angriff, einfache Körperverletzung und Vergehen gegen das Waffengesetz zu bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafen verurteilt. Am 12. Dezember 2006 wurde er vom Landgericht Freiburg im Breisgau (Deutschland) wegen Betäubungsmittelvergehen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt, weil er versucht hatte 20'000 Ecstasy-Tabletten zu verkaufen. Weiter ist aus den Akten ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer in einem hängigen Strafverfahren weitere Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, begangen in den Jahren 2003 bis 2006, vorgeworfen werden. Konkret wird ihm angelastet, rund 50 "Indoor-Anlagen" gebaut, 300-500 kg Marihuana gerüstet und Handel mit mindestens 50-100 kg Marihuana betrieben zu haben. Im Rahmen dieses Strafverfahrens befand sich der Beschwerdeführer im Jahr 2008 in Untersuchungshaft. Die dem Beschwerdeführer nun vorgeworfene qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz fällt in die Zeit von mindestens Januar bis Juli 2010. Die Vorinstanz hat insoweit festgestellt, der Beschwerdeführer habe weitgehend eingestanden, erneut ca. 20 kg Marihuana produziert und verkauft zu haben. 3.4 Das Bundesgericht hat sich, wie dargelegt, in der gleichen Sache bereits mit dem Haftgrund der Wiederholungsgefahr gemäss der damals geltenden Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft befasst. Betreffend die Rückfallgefahr hat das Bundesgericht erwogen, der Beschwerdeführer habe sich weder durch die Verurteilungen noch das laufende Strafverfahren von der Begehung weiterer Betäubungsmitteldelikte abhalten lassen, weshalb auf eine sehr ungünstige Rückfallprognose zu schliessen sei. Die teilweise Geständigkeit des Beschwerdeführers und seine Beteuerungen, sich künftig aus dem Hanfanbau und -handel herauszuhalten, vermöchten an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Dies gelte auch für die Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei seit der Entlassung aus der Untersuchungshaft am 10. Mai 2008 bis ins Jahr 2010 strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten, und er stehe in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis, welches er weiterführen möchte (vgl. Urteil 1B_356/2010 vom 23. November 2010 E. 6.3). Bezüglich der Bewertung der Rückfallgefahr hat sich die Rechtslage mit dem Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung nicht geändert. Der Beschwerdeführer bringt keine neuen Einwände vor, welche die damalige Einschätzung des Bundesgerichts und die damit übereinstimmenden Schlussfolgerungen der Vorinstanz im angefochtenen Beschluss in Zweifel ziehen würden. 3.5 Das Bundesgericht hat im Urteil vom 23. November 2010 weiter ausgeführt, angesichts der deliktischen Vergangenheit des Beschwerdeführers sei ernsthaft zu befürchten, dass er in Freiheit erneut schwere Betäubungsmitteldelikte begehen würde. Unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung zum Haftgrund der Wiederholungsgefahr gemäss der damals geltenden Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft (Urteil 1P.614/2006 vom 11. Oktober 2006) hat das Bundesgericht gefolgert, vorliegend sei die Anordnung von Präventivhaft gerechtfertigt (Urteil 1B_356/2010 vom 23. November 2010 E. 6.4). Im erwähnten Urteil 1P.614/2006 vom 11. Oktober 2006 hat das Bundesgericht erwogen, Sinn und Zweck des Haftgrunds der Wiederholungsgefahr sei (auch) die Verhütung von Delikten, bei denen öffentliche Rechtsgüter auf dem Spiel stünden; dazu gehöre die vom Betäubungsmittelstrafrecht geschützte öffentliche Gesundheit bzw. Volksgesundheit (E. 4.4). Im Ergebnis spiele es keine wesentliche Rolle, ob die hier in Frage stehenden Delikte Leib und Leben von Dritten gefährdeten. Somit sei es unbehelflich, wenn der Beschwerdeführer das geringe gesundheitliche Gefährdungspotential von Cannabis ins Feld führe. Bei den Tatbeständen von Art. 19 Ziff. 2 BetmG (SR 812.121) handle es sich um schwerwiegende Delikte, welche die Anordnung von Präventivhaft rechtfertigten (E. 4.5). 3.6 Der Beschwerdeführer bringt in diesem Zusammenhang vor, die sich auf die Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft beziehenden Ausführungen des Bundesgerichts in den Urteilen 1P.614/2006 vom 11. Oktober 2006 und 1B_356/2010 vom 23. November 2010 seien unter geltendem Recht nicht mehr haltbar. Die Befürchtung, er könnte auch in Zukunft Handel mit Cannabisprodukten betreiben, genüge zur Bejahung des Haftgrunds der Wiederholungsgefahr gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO nicht. Die ihm zur Last gelegte qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz beschränke sich auf die banden- und gewerbsmässige Begehung (Art. 19 Ziff. 2 lit. b und c BetmG); nicht umfasst sei unstreitig die Gefährdung der Gesundheit einer Vielzahl von Menschen (Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG). Dies folge bereits aus BGE 120 IV 256, wonach Cannabisprodukte unabhängig von ihrer Menge und ihrem THC-Gehalt gerade nicht geeignet seien, die körperliche und seelische Gesundheit vieler Menschen in eine naheliegende und ernstliche Gefahr zu bringen. Weshalb und inwieweit der banden- und gewerbsmässige Handel mit Cannabisprodukten trotz fehlender Gesundheitsgefährdung eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit Dritter darstellen sollte, werde im angefochtenen Beschluss nicht begründet und sei auch nicht ersichtlich. 3.7 Der Beschwerdeführer steht unter dem dringenden Tatverdacht, banden- und gewerbsmässig gehandelt und hierdurch die Voraussetzungen von Art. 19 Ziff. 2 lit. b und c BetmG erfüllt zu haben. Solche qualifizierten Widerhandlungen sind mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr bis zu drei Jahren bedroht; mit der Freiheitsstrafe kann eine Geldstrafe verbunden werden (vgl. Art. 19 Ziff. 1 und 2 BetmG). Ausgehend von dieser gesetzlichen Strafdrohung sind solche Widerhandlungen mit Blick auf Art. 10 Abs. 3 StGB als "schwere Vergehen" zu qualifizieren. Nach dem Wortlaut von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO können sämtliche schweren Vergehen, welche die Sicherheit anderer erheblich gefährden, eine Wiederholungsgefahr begründen. Weder der Botschaft (Botschaft des Bundesrats zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2006, BBl 2006 1085 ff., insb. 1229) noch den parlamentarischen Beratungen (vgl. insbesondere Amtliche Bulletins Ständerat 2006 1027 und Nationalrat 2007 966) lassen sich Hinweise entnehmen, dass eine Einschränkung der zu befürchtenden Straftaten auf Delikte gegen Leib und Leben respektive eine Ausklammerung drohender Betäubungsmitteldelinquenz beabsichtigt wurde. Die vom Beschwerdeführer propagierte einschränkende Auslegung von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO wäre auch sachlich nicht gerechtfertigt. Die hohe Strafdrohung für qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz ist Ausdruck davon, dass solche Verstösse vom Gesetzgeber als schwerwiegend eingestuft werden. Das in der Lehre vorgebrachte Argument, "der in der Praxis häufige Fall des fortgesetzten Betäubungsmittelhandels dürfte deshalb nicht ohne Weiteres unter die Formel der Fortsetzungsgefahr zu subsumieren sein, weil die Drittgefährdung durch ein erhebliches Mass an Selbstgefährdung erst ermöglicht" werde (Mark Pieth, Schweizerisches Strafprozessrecht, 2009, S. 115 Fn. 53), vermag entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu überzeugen, wird doch mit dem Hinweis auf die Selbstgefährdung insbesondere dem Suchtcharakter von Betäubungsmitteln und der daraus resultierenden Abhängigkeit der Konsumenten keine Rechnung getragen. Zwar trifft zu, dass nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei Cannabis ein mengenmässig qualifizierter Fall gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ausgeschlossen ist, da die Gesundheitsgefährdung, welche vom Konsum von Cannabis ausgeht, als vergleichsweise gering zu bewerten ist (BGE 120 IV 256 E. 2). Die Annahme einer qualifizierten Widerhandlung wegen Banden- oder Gewerbsmässigkeit nach Art. 19 Ziff. 2 lit. b bzw. c BetmG bleibt aber bei Cannabis unstreitig möglich (vgl. Urteil 1B_43/2010 vom 22. März 2010 E. 3.3). Nach der Wertung des Gesetzgebers sind die Fälle von Art. 19 Ziff. 2 lit. b und c BetmG als ebenso schwerwiegend einzustufen wie Verstösse gegen Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG. Aus dem Umstand, dass vorliegend (einzig) die Tatbestände von Art. 19 Ziff. 2 lit. b und c BetmG zur Diskussion stehen, kann der Beschwerdeführer daher nichts zu seinen Gunsten ableiten. Dass mit banden- und gewerbsmässigem Betäubungsmittelhandel die Sicherheit anderer Personen erheblich gefährdet werden kann, kann nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass sich solche Delikte häufig in einem gewaltbereiten Umfeld abspielen, nicht zweifelhaft sein. Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass sich die erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer durch drohende Verbrechen und schwere Vergehen grundsätzlich auf Rechtsgüter jeder Art beziehen kann (Forster, a.a.O., N. 15 zu Art. 221); in Betracht kommen insoweit insbesondere auch qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. 3.8 Dem Beschwerdeführer wird, wie dargelegt, angelastet, in den Jahren 2003 bis 2006 rund 50 "Indoor-Anlagen" gebaut, 300-500 kg Marihuana gerüstet und Handel mit mindestens 50-100 kg Marihuana betrieben zu haben. Im Jahr 2010 soll er erneut rund 20 kg Marihuana produziert und verkauft haben. Der Beschwerdeführer hat damit mutmasslich über eine lange Zeitdauer hinweg mit ausserordentlich grossen Mengen von Cannabis Handel betrieben. Die Gefahr, dass er bei seiner Freilassung den Betäubungsmittelhandel mit ähnlicher Intensität fortsetzen würde, ist aufgrund der gesamten Umstände als sehr gross einzustufen. Vor diesem Hintergrund hat die Vorinstanz den Haftgrund der Wiederholungsgefahr zu Recht bejaht. Sie hat sich dabei in ihrer Entscheidbegründung mit sämtlichen entscheiderheblichen Einwänden des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, mithin dessen Anspruch auf rechtliches Gehör gewahrt. 3.9 Da sich die Wiederholungsgefahr nach dem Gesagten bereits aus der ernsthaften Befürchtung ergibt, der Beschwerdeführer werde (auch) künftig mit grossen Mengen von Cannabis handeln, erübrigt sich ein Eingehen auf sein Vorbringen, der ihm von der Vorinstanz gemachte Vorwurf, bei einer Freilassung in den Kokainhandel einsteigen zu wollen, stelle ein Novum dar, welches nicht zu seinen Lasten hätte berücksichtigt werden dürfen. Auf die in diesem Zusammenhang erhobene Gehörsverweigerungsrüge braucht daher ebenfalls nicht weiter eingegangen zu werden. 4. 4.1 Der Beschwerdeführer rügt eventualiter die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft als unverhältnismässig, da Ersatzmassnahmen möglich seien. Im Urteil vom 23. November 2010 in der gleichen Sache ist das Bundesgericht zum Schluss gekommen, es seien keine Ersatzmassnahmen ersichtlich, welche geeignet wären, der bestehenden Wiederholungsgefahr zu begegnen. Insbesondere könne mit dem Einsatz von Electronic Monitoring, der Anordnung einer Meldepflicht oder dem Verbot, sich an bestimmten Orten aufzuhalten bzw. einen bestimmten Bezirk zu verlassen, das Begehen von (weiteren) Straftaten nicht wirksam verhindert werden (Urteil 1B_356/2010 vom 23. November 2010 E. 7). Die Vorinstanz übernimmt diese Einschätzung und der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was dieses Ergebnis in Frage stellen würde. Die Beschwerde ist daher auch insoweit abzuweisen. 4.2 Der Beschwerdeführer wendet sich schliesslich gegen die Dauer der Untersuchungshaft. 4.2.1 Er rügt vorab eine Verletzung von Art. 227 Abs. 7 StPO, da die Vorinstanz zu Unrecht von einem Ausnahmefall ausgegangen sei. Gemäss Art. 227 Abs. 7 StPO wird die Untersuchungshaft jeweils für längstens drei Monate, in Ausnahmefällen für längstens sechs Monate verlängert. Nach der Botschaft liegt ein Ausnahmefall vor, wenn von vornherein ersichtlich ist, dass der Haftgrund auch nach mehr als drei Monaten noch gegeben sein wird. Dies ist namentlich der Fall bei Verfahren, in welchen eine grosse Menge beschlagnahmter Dokumente auszuwerten oder zahlreiche Zeugen zu befragen sind (Botschaft des Bundesrats zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2006, BBl 2006 1233). Die Vorinstanz hat in ihrer Begründung auf diese Ausführungen in der Botschaft verwiesen und insbesondere erwogen, es handle sich vorliegend um ein umfangreiches und komplexes Verfahren mit insgesamt vier Beteiligten, und es sei zum Vornherein klar gewesen, dass der Haftgrund der Wiederholungsgefahr bis zum 7. April 2011 nicht wegfallen werde. Diese Erwägungen der Vorinstanz überzeugen. 4.2.2 Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, die Untersuchungshaft erweise sich als rechtswidrig, da die Dauer der bei einer Verurteilung zu erwartenden Strafe längst erreicht sei. Die Vorinstanz hat insoweit festgehalten, die Mindeststrafandrohung für die vom Beschwerdeführer eingestandenen qualifizierten Betäubungsmitteldelikte betrage ein Jahr Freiheitsstrafe, weswegen die seit dem 15. Juli 2010 dauernde Untersuchungshaft auch unter Berücksichtigung der zu erwartenden Freiheitsstrafe nicht zu beanstanden sei. Die bis am 7. April 2011 verlängerte Untersuchungshaft sei mithin auch in zeitlicher Hinsicht als verhältnismässig einzustufen. Die Ausführungen der Vorinstanz sind zutreffend. Der Beschwerdeführer begründet seinen gegenteiligen Standpunkt im Wesentlichen unter Verweis auf Art. 86 Abs. 1 StGB, wonach er damit rechnen könne, nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe bedingt aus dem Strafvollzug entlassen zu werden, sodass sich ein theoretisch noch zu verbüssender Strafrest von rund sieben Monaten ergebe. Damit verkennt der Beschwerdeführer, dass nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in Fällen wie dem vorliegenden die Möglichkeit einer bedingten Entlassung bei der Berechnung der mutmasslichen Dauer der Freiheitsstrafe ausser Acht zu lassen ist (vgl. Urteil 1B_51/2008 vom 19. März 2008 E. 4.1). 5. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (Art. 64 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 2.1 Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 2.2 Rechtsanwältin Ana Dettwiler wird zur unentgeltlichen Rechtsbeiständin ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'000.-- entschädigt. 3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft, dem Zwangsmassnahmengericht und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 6. April 2011 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Fonjallaz Stohner
5ad22571-ef3a-4349-a9e4-67931c1018c1
de
2,013
CH_BGer_004
Federation
285.0
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civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A.a. A._ (Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin) fuhr am 13. Juni 2004 gegen 16.00 Uhr auf der Autobahn A1 in Fahrtrichtung Zürich auf der Überholspur. Dabei bildete sich infolge eines Verkehrsunfalles auf der Höhe des Autobahnanschlusses Wangen an der Aare ein Rückstau. A._ bremste ab. Die hinter ihr fahrende, bei der Versicherung X._ AG (Gesuchs- und Beschwerdegegnerin) versicherte Fahrzeuglenkerin bemerkte das Abbremsen zu spät und prallte frontal in das Heck des Personenwagens von A._. Dieser kollidierte darauf mit dem vor ihm stehenden Fahrzeug. A._ beklagte sich sogleich über Nacken- und Kopfschmerzen. Sie steht seither wegen einer Halswirbelsäulen-Distorsion, einer Kontusion der linken Schulter und wegen Kopfschmerzen in fachärztlicher Behandlung. A.b. Für die Unfallfolgen richtete die Suva Zürich im Rahmen einer unfallähnlichen Körperschädigung (Art. 9 UVV) zunächst die gesetzlichen Versicherungsleistungen aus. Mit Verfügung vom 26. März 2009 verneinte die Suva Zürich jedoch das Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall vom 13. Juni 2004 und den aktuellen Beschwerden. Sie stellte die Versicherungsleistungen per 31. März 2009 ein. Die dagegen am 15. April 2009 erhobene Einsprache wies die Suva mit Entscheid vom 25. September 2009 ab. B. B.a. Um ihre Prozesschancen gegen die Haftpflichtversicherung der Unfallverursacherin besser abschätzen zu können, gelangte A._ am 4. Oktober 2012 mit einem Gesuch um vorsorgliche Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO an das Richteramt Solothurn-Lebern. Sie beantragte, es sei im Rahmen einer vorsorglichen Beweisführung ein polydisziplinäres medizinisches Gutachten zur Feststellung der bestehenden gesundheitlichen Beschwerden, zur sich daraus ergebenden Arbeitsunfähigkeit und Einschränkung in der Haushaltsführung und zur Kausalität der Beschwerden zu veranlassen. Zur Begründung führte A._ aus, dass in einem allfälligen Haftpflichtprozess die Frage entscheidend sei, ob ihre gegenwärtigen Beschwerden, die ihr nur eine 75-prozentige Arbeitstätigkeit gestatten, natürlich kausale Folge des versicherten Unfalles seien. Sodann sei zu fragen, in welchem Umfang sie in ihrer Arbeitsfähigkeit und in der Fähigkeit, ihren Haushalt zu führen, eingeschränkt sei. Sobald diese vom medizinischen Gutachter zu beurteilenden Fragen beantwortet seien, sollten sich die Parteien im Quantitativen einigen können. Sollte jedoch das Gutachten auch nur eine dieser Fragen verneinen, erübrige sich ein Haftpflichtprozess mangels kausalem Schaden. Mit Urteil vom 5. Dezember 2012 wies der Amtsgerichtspräsident von Solothurn-Lebern das Gesuch um vorsorgliche Beweisführung ab. B.b. Dagegen erhob A._ am 21. Dezember 2012 Berufung an das Obergericht des Kantons Solothurn mit den folgenden Rechtsbegehren: "1. Das angefochtene Urteil des Einzelrichters am Richteramt Solothurn-Lebern vom 5. Dezember 2012, mitgeteilt am 12. Dezember 2012, sei aufzuheben. 2. Das Gesuch der Berufungsklägerin, es sei im Rahmen einer vorsorglichen Beweisführung ein polydisziplinäres medizinisches Gutachten zu veranlassen, zur Feststellung ihrer bestehenden gesundheitlichen Beschwerden, zur sich daraus ergebenden Arbeitsunfähigkeit, zu den Einschränkungen in der Haushaltsführung sowie zur Kausalität der Beschwerden, sei gutzuheissen. 3. Eventuell sei der Einzelrichter am Richteramt Solothurn-Lebern anzuweisen, auf das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen einzutreten und das beantragte polydisziplinäre Gutachten zur Feststellung der gesundheitlichen Beschwerden der Berufungsklägerin, zu der sich daraus ergebenden Arbeitsunfähigkeit und Einschränkung in der Haushaltsführung und zur Kausalität der Beschwerden in Auftrag zu geben. 4. Unter gesetzlicher Kosten- und Entschädigungsfolge für das erstinstanzliche und das Berufungsverfahren. 5. Verfahrensantrag: Falls die Berufung gutgeheissen und das Gesuch grundsätzlich bewilligt wird, ist den Parteien Frist einzuräumen, um Gutachter vorzuschlagen und Gutachterfragen zu stellen." Mit Urteil vom 28. März 2013 wies das Obergericht die Berufung ab. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt A._ dem Bundesgericht die folgenden Anträge: "1. Das angefochtene Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn sei aufzuheben und das Gesuch der Beschwerdeführerin, es sei im Rahmen einer vorsorglichen Beweisführung ein polydisziplinäres medizinisches Gutachten zu veranlassen zur Feststellung ihrer bestehenden gesundheitlichen Beschwerden, zur sich daraus ergebenden Arbeitsunfähigkeit, zu den Einschränkungen in der Haushaltsführung sowie zur Kausalität der Beschwerden, sei gutzuheissen. 2. Im Falle einer Gutheissung der Beschwerde sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese den Parteien Frist ansetze zur Bezeichnung von Sachverständigen und zur Einreichung von Gutachterfragen. 3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge für das Verfahren vor den beiden Vorinstanzen und vor dem Bundesgericht zulasten der Beschwerdegegnerin." Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde, soweit Eintreten. Die Vorinstanz trägt auf Abweisung an.
Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 137 III 417 E. 1; 136 II 101 E. 1 S. 103, 470 E. 1 S. 472; 135 III 212 E. 1 S. 216). 1.1. Der angefochtene Entscheid betrifft ein Gesuch um vorsorgliche Beweisführung, auf das die Bestimmungen über die vorsorglichen Massnahmen Anwendung finden (Art. 158 Abs. 2 ZPO). Massnahmenentscheide gelten nur dann als Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG, wenn sie in einem eigenständigen Verfahren ergehen. Selbständig eröffnete Massnahmenentscheide, die vor oder während eines Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des Hauptverfahrens Bestand haben bzw. unter der Bedingung, dass ein Hauptverfahren eingeleitet wird, stellen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG dar (BGE 138 III 76 E. 1.2 S. 79; 134 I 83 E. 3.1 S. 86 f.). Der vorliegend angefochtene Entscheid ist in einem Gesuchsverfahren betreffend vorsorgliche Beweisführung ergangen, das von der Einleitung eines ordentlichen Hauptverfahrens unabhängig und damit eigenständig ist. Mit dem angefochtenen Entscheid wurde das Gesuch abgewiesen und damit das Gesuchsverfahren zum Abschluss gebracht. Es handelt sich folglich um einen Endentscheid i.S. von Art. 90 BGG (BGE 138 III 76 E. 1.2 S. 79; 138 III 46 E. 1.1 S. 46 f.). Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig. 1.2. Bei einem Entscheid über vorsorgliche Beweisführung handelt es sich um einen Entscheid i.S. von Art. 98 BGG (BGE 138 III 46 E. 1.1 S. 46; 133 III 638 E. 2 S. 639). Dagegen kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 134 I 83 E. 3.2 S. 88; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 III 439 E. 3.2 S. 444 f.; je mit Hinweisen). 1.3. 1.3.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den Lebenssachverhalt, der dem Streitgegenstand zugrunde liegt, als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt ( faits de la procédure; fatti procedurali; vgl. zum Ganzen BERNARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 31 zu Art. 105 BGG; YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, Commentaire, Bern 2008, N. 3672 zu Art. 97 BGG; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. 2, 1990, N. 4.2 zu Art. 63 aOG; BIRCHMEIER, Handbuch des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, S. 89; HENRI DESCHENAUX, La distinction du fait et du droit dans les procédures de recours au Tribunal fédéral, Habil. Fribourg 1948, S. 19; CHRISTOPH HURNI, Gedanken zur künftigen Anwendung der neuen Schweizerischen ZPO durch das Bundesgericht, recht 2010, S. 92 f.). Zum Prozesssachverhalt gehören namentlich die Anträge der Parteien, ihre Tatsachenbehauptungen, rechtlichen Erörterungen ( BIRCHMEIER, a.a.O.; CORBOZ, a.a.O.), Prozesserklärungen und Beweisvorbringen ( DONZALLAZ, a.a.O.), der Inhalt einer Zeugenaussage, einer Expertise oder die Feststellungen anlässlich eines Augenscheins ( CORBOZ, a.a.O.). Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (vgl. BGE 133 III 350 E. 1.3 S. 351 f., 393 E. 7.1 S. 398, 462 E. 2.4 S. 466 f.). 1.3.2. Diese Grundsätze verkennt die Beschwerdeführerin, soweit sie unter dem Titel " II. Begründung / A. Sachverhalt" ihrer Beschwerdeschrift den Sachverhalt im Wesentlichen aus eigener Sicht wiedergibt, dies unter Hinweis auf im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Beweismittel, jedoch ohne gleichzeitig Sachverhaltsrügen zu erheben. Die entsprechenden Ausführungen sind somit unbeachtlich. 2. Die Beschwerdeführerin macht eine willkürliche Anwendung von Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO geltend. 2.1. Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Praxis nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint. Willkür in der Rechtsanwendung liegt nur vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft; dabei ist erforderlich, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f.; 134 II 124 E. 4.1 S. 133; 132 III 209 E. 2.1 S. 211; je mit Hinweisen). 2.2. Art. 158 ZPO regelt die vorsorgliche Beweisführung. Nach Abs. 1 lit. b nimmt das Gericht jederzeit Beweis ab, wenn die gesuchstellende Partei eine Gefährdung der Beweismittel oder ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht. 2.2.1. Gemäss der Botschaft wird mit dem Begriff des schutzwürdigen Interesses in Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO auf die Möglichkeit Bezug genommen, eine vorsorgliche Beweisführung auch zur Abklärung der Beweis- und Prozessaussichten durchzuführen. Diese Möglichkeit soll dazu beitragen, aussichtslose Prozesse zu vermeiden (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221, S. 7315; BGE 138 III 76 E. 2.4.2 S. 81). 2.2.2. Zur Glaubhaftmachung eines schutzwürdigen Interesses an einer vorsorglichen Beweisführung genügt die blosse Behauptung eines Bedürfnisses, Beweis- und Prozessaussichten abzuklären, freilich nicht. Eine vorsorgliche Beweisführung kann nur mit Blick auf einen konkreten materiellrechtlichen Anspruch verlangt werden, hängt doch das Interesse an einer Beweisabnahme vom Interesse an der Durchsetzung eines damit zu beweisenden Anspruchs ab (BGE 138 III 76 E. 2.4.2 S. 81). Der Gesuchsteller, der sich auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO stützt, muss daher glaubhaft machen, dass ein Sachverhalt vorliegt, gestützt auf den ihm das materielle Recht einen Anspruch gegen die Gesuchsgegnerin gewährt und zu dessen Beweis das abzunehmende Beweismittel dienen kann (BGE 138 III 76 E. 2.4.2 S. 81 mit Hinweisen). Lediglich für Tatsachen, die mit dem vorsorglich abzunehmenden Beweismittel bewiesen werden sollen, kann keine eigentliche Glaubhaftmachung verlangt werden, denn sonst würde der Zweck von Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO, die vorprozessuale Abklärung von Beweisaussichten zu ermöglichen, vereitelt. Stellt das abzunehmende Beweismittel das einzige dar, mit dem der Gesuchsteller seinen Anspruch beweisen kann, muss es genügen, dass er das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen lediglich substanziiert und schlüssig behauptet (BGE 138 III 76 E. 2.4.2 S. 82). Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen freilich nicht überspannt werden, geht es doch beim Verfahren der vorsorglichen Beweisabnahme noch nicht um die Prüfung der Begründetheit des Hauptanspruchs ( MARK SCHWEIZER, Vorsorgliche Beweisabnahme nach schweizerischer Zivilprozessordnung und Patentgesetz, ZZZ 2010, S. 8; LAURENT KILLIASet al., Gewährt Art. 158 ZPO eine "pre-trial discovery" nach US-amerikanischem Recht?, in: Lorandi/Staehelin [Hrsg.], Innovatives Recht, Festschrift für Ivo Schwander, 2011, S. 941). Abgesehen von der Glaubhaftmachung eines Hauptsacheanspruchs bzw. der schlüssigen und substanziierten Behauptung der anspruchsbegründenden Tatsachen, die durch das vorsorglich beantragte Beweismittel bewiesen werden sollen, sind an das Bestehen eines schutzwürdigen Interesses keine hohen Anforderungen zu stellen ( WALTER FELLMANN, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 19 zu Art. 158). Ein solches wäre namentlich etwa dann zu verneinen, wenn das beantragte Beweismittel untauglich ist ( SCHWEIZER, a.a.O., S. 8; LEUCHet al., Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 1b zu Art. 227), muss doch das vorsorglich abgenommene Beweismittel in einem allfälligen Hauptprozess verwertet werden können. Ebenfalls kein Interesse an einer vorsorglichen Beweisführung besteht sodann, wenn es der gesuchstellenden Partei lediglich darum geht, ein bereits vorliegendes Gutachten mit einem weiteren Gutachten in Frage zu stellen. 2.2.3. Im Verfahren nach Art. 158 Abs. 1 ZPO ist schliesslich zu beachten, dass im Stadium einer vorsorglichen Beweisführung vor Einleitung des Hauptprozesses das Prozessthema noch nicht abschliessend herausgeschält ist. Es liegt daher primär in der Verantwortung des Gesuchstellers, dem Gericht die erforderlichen Angaben zum Sachverhalt zu machen und den Umfang der beantragten Beweisführung zu bestimmen ( FELLMANN, a.a.O., N. 20 zu Art. 158 ZPO). Verlangt der Gesuchsteller die Einholung eines Gutachtens, obliegt es in erster Linie ihm, dem Gericht die Fragen zu unterbreiten, die dem Experten zu stellen sind ( KILLIASet al., a.a.O., S. 943; FELLMANN, a.a.O., N. 20 zu Art. 158 ZPO; LEUCHet al., a.a.O., N. 4 zu Art. 223 ZPO/BE). Die Gesuchsgegnerin, welche im Verfahren der vorsorglichen Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 2 i.V.m. Art. 248 lit. d und Art. 253 ZPO anzuhören ist (BGE 139 III 33 E. 4.3 S. 36), kann dabei durch eigene Fragen oder durch Zusatz- und Ergänzungsfragen ihren eigenen Standpunkt in das Verfahren einbringen ( FELLMANN, a.a.O., N. 20 zu Art. 158 ZPO), wobei das Gericht dafür zu sorgen hat, dass der durch das Gesuch definierte Prozessgegenstand gewahrt bleibt und nicht durch Ergänzungsfragen erweitert wird. Der endgültige Entscheid über die Formulierung der Fragen liegt stets beim Gericht (BGE 139 III 33 E. 4.3 S. 36). Die Gesuchsgegnerin kann eine Ausdehnung der Beweisführung auf weitere Tatsachen sowie die Abnahme von Gegenbeweismitteln nur insoweit beantragen, als auch diesbezüglich die Voraussetzungen von Art. 158 ZPO erfüllt sind ( FELLMANN, a.a.O., N. 26 zu Art. 158 ZPO; LEUCHet al., a.a.O., N. 1 zu Art. 224 ZPO/BE). 2.2.4. Für die vorliegend umstrittene vorsorgliche Abnahme eines Expertengutachtens gelten im Übrigen die allgemeinen Regeln gemäss Art. 183 ff. ZPO. Dies gilt namentlich in Bezug auf die Auswahl des Gutachters: Die Parteien können dem Gericht diesbezüglich zwar Vorschläge unterbreiten und gegenüber in Frage kommenden Kandidaten Ausstandsgründe vorbringen (Art. 183 Abs. 2 i.V.m. Art. 47 ZPO), die definitive Wahl des Gutachters und dessen Ernennung ist jedoch Sache des Gerichts ( SVEN RÜETSCHI, in: Berner Kommentar, 2012, N. 17, 19 zu Art. 183 ZPO; Hans Schmid, a.a.O., N. 6 zu Art. 183 ZPO). 2.3. Die Vorinstanz hat ein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführerin an einer vorsorglichen Beweisführung verneint. Zur Begründung verwies sie auf rund 20 medizinische Stellungnahmen aus dem Zeitraum zwischen Juli 2004 und Oktober 2012, darunter diverse Arztzeugnisse, fachärztliche Berichte sowie eine biomechanische Kurzbeurteilung, deren Schlussfolgerungen sie kurz zusammenfasste. Nach Auffassung der Vorinstanz geben diese Unterlagen ein umfassendes und einheitliches Bild über den Gesundheitszustand bzw. die gesundheitlichen Beschwerden der Beschwerdeführerin ab. Zwar hätten sich nicht alle untersuchenden Ärzte (explizit) zur Kausalität der Beschwerden zum Unfallereignis sowie zur bestehenden Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin geäussert. Es lägen aber sowohl Stellungnahmen zur Kausalität zwischen Unfall und geklagten Beschwerden als auch zur Arbeitsfähigkeit vor, anhand deren sich eine Verfahrensprognose für einen Schadenersatzprozess stellen lässt. Aufgrund der umfangreichen Dokumentation ihres Gesundheitszustandes seit dem Unfall vom Juni 2004 sei es der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin möglich, ihre Chancen in einem allfälligen Haftpflichtprozess gegen die Beschwerdegegnerin abzuschätzen. Die Beschwerdeführerin sei im Verfahren um vorsorgliche Beweisführung nicht auf ein polydisziplinäres Gutachten angewiesen, weshalb ihr ein schutzwürdiges Interesse abzusprechen sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass ein polydisziplinäres Gutachten ein wichtiges Beweismittel für die Beurteilung der Kausalität in Schleudertraumata-Fällen sei und deshalb in einem allfälligen Haftpflichtprozess wohl unentbehrlich sein werde. Auch mit der Prozessökonomie lässt sich nach Auffassung der Vorinstanz eine vorgängige Beweisabnahme mittels Gutachtens nicht rechtfertigen. Denn erst der Prozess in der Hauptsache führe zu definitiven Erkenntnissen. Es dürfte sich in der Regel nicht vermeiden lassen, im nachfolgenden Prozess über die Hauptsache die - bereits vorsorglich durchgeführte - Beweisabnahme aufgrund des erst im Hauptprozess definitiv fixierten Streitgegenstandes zu wiederholen oder zumindest zu ergänzen. Auch wenn das Vorliegen eines Gutachtens dazu führen könnte, dass von einem Hauptprozess abgesehen wird, dürfe die vorsorgliche Beweisabnahme nicht dazu führen, dass sich das Beweisverfahren ohne Not in den vorprozessualen Bereich verlagere. Schliesslich könne es nicht Zweck einer vorgängigen Beweisabnahme sein, eine Partei vor jeglichem Prozessrisiko zu schützen, d.h. ein solches mittels vorsorglicher Beweisabnahme gänzlich auszuschliessen. Der Beschwerdeführerin erwachse kein Nachteil, wenn sie ein Gutachten erst in einem allfälligen Hauptprozess beantrage. Auch aus diesem Grund müsse die Notwendigkeit eines polydisziplinären Gutachtens verneint werden. 2.4. Dagegen wendet die Beschwerdeführerin ein, dass die von der Vorinstanz angeführten medizinischen Stellungnahmen keine Antwort gäben auf Fragen, die in einem allfälligen Haftpflichtprozess gegen die Beschwerdegegnerin entscheidend wären. So etwa auf die Frage, ob die Unfallkausalität auch noch für die Zeit nach der Einstellung der Suva-Leistungen zu bejahen ist und ob es unfallkausale Beschwerden sind, die zu einer Reduktion der Arbeitsfähigkeit ab dem Jahr 2011 geführt haben. Auf genau diese Fragen verspreche sich die Beschwerdeführerin mit dem beantragten interdisziplinären Gutachten aber eine Antwort. Der angefochtene Entscheid leide an einem Widerspruch, wenn die Vorinstanz zwar festhalte, dass in einem allfälligen Haftpflichtprozess ein medizinisches Gutachten wohl unumgänglich sei, andererseits der Beschwerdeführerin das schutzwürdige Interesse an genau dieser Begutachtung im Rahmen des vorsorglichen Beweisverfahrens abspreche. Es liege auf der Hand, dass ein aufwändiger Prozess mit einem vorgängigen Gutachten verhindert werden könne: Falls die Beschwerden als unfallfremd beurteilt werden, falle der Beschwerdeführerin die Basis ihrer Klage dahin; werde die Unfallkausalität derjenigen Beschwerden, welche die Arbeitsfähigkeit heute verursachen, aber bejaht, dürfte eine gütliche Einigung möglich werden. 2.5. Die Rüge ist begründet. Mit ihren Erwägungen verkennt die Vorinstanz den Zweck und die Voraussetzungen der vorsorglichen Beweisführung nach Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hängt das Interesse an einer vorsorglichen Beweisabnahme vom Interesse an der Durchsetzung eines damit zu beweisenden Anspruchs ab (oben E. 2.2.2). Das schutzwürdige Interesse gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO bezieht sich mithin unmittelbar auf die potentielle Durchsetzung eines konkreten Anspruches (vgl. auch Francesco Trezzini, Funzioni ordinatorie e garantistiche dell'interesse degno di protezione nel processo civile, SZZP 2012, S. 374). Vor diesem Hintergrund lässt sich vorliegend ein schutzwürdiges Interesse an der vorsorglichen Beweisführung aber nicht willkürfrei verneinen, wenn - wie die Vorinstanz selber ausführt - das beantragte polydisziplinäre Gutachten "in einem allfälligen Haftpflichtprozess wohl unentbehrlich" sein wird, also der von der Beschwerdeführerin behauptete Anspruch ohne ein solches Gutachten nicht beurteilt werden kann. Es ist in der Tat widersprüchlich, wenn die Vorinstanz zwar einerseits festhält, dass in einem allfälligen Haftpflichtprozess ein medizinisches Gutachten benötigt werde, andererseits der Beschwerdeführerin das schutzwürdige Interesse an genau dieser Begutachtung im Rahmen des vorsorglichen Beweisverfahrens aber abspricht. Die Vorinstanz übersieht denn auch, dass die vorsorgliche Beweisführung nach Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO nicht bloss eine vage Abschätzung der Prozesschancen ermöglichen soll, sondern eine eigentliche Abklärung der Prozessaussichten im Allgemeinen und der Beweisaussichten im Besonderen. Eine hinreichende Klärung der Prozessaussichten kann dabei aber nur mit der vorsorglichen Abnahme von Beweismitteln erreicht werden, welche zum Beweis der anspruchsbegründenden Tatsache tauglich sind und sich auch eignen, im Beweisverfahren eines allfälligen Hauptprozesses eine tragende Rolle zu spielen. Dies gilt ganz besonders, wenn solche Klärung eine Expertise erfordert (vgl. Leuch et al., Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 1a zu Art. 222 ZPO/BE; Fellmann, a.a.O., N. 18 zu Art. 158 ZPO). Nur so lassen sich aussichtslose Prozesse vermeiden, sei dies durch Förderung der Bereitschaft der Gesuchstellerin, auf Klageerhebung zu verzichten, oder aber der Bereitschaft beider Parteien, sich zu vergleichen. Dass ein polydisziplinäres Gutachten für den vorliegend in Frage kommenden Haftpflichtprozess nicht nur ein taugliches, sondern geradezu zentrales Beweismittel sein wird, hat die Vorinstanz zu Recht nicht in Abrede gestellt. Bei den vorliegend bereits vorhandenen rund 20 medizinischen Stellungnahmen (Arztzeugnisse, fachärztliche Berichte etc.) handelt es sich beweisrechtlich betrachtet denn auch um blosse Privatgutachten (BGE 125 V 351 E. 3 b/dd), welche nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung als Bestandteil der Parteivorbringen und nicht als eigentliche Beweismittel gelten (BGE 132 III 83 E. 3.4 S. 87 f.; vgl. auch BGE 127 I 73 E. 3f/bb S. 82 f.). Demgegenüber strebt die Beschwerdeführerin ein gerichtliches Gutachten i.S. von Art. 183 ff. ZPO an. Ist aber ein solches Gutachten im Hauptprozess notwendig, lässt sich ein schutzwürdiges Interesse an dessen vorsorglicher Abnahme nicht willkürfrei verneinen, sofern die Beschwerdeführerin glaubhaft gemacht hat, dass ein Sachverhalt vorliegt, gestützt auf den ihr das materielle Recht einen Anspruch gegen die Beschwerdegegnerin gewährt. 3. Die Rüge, die Vorinstanz habe Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO willkürlich angewendet, erweist sich als begründet und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. Den vorinstanzlichen Feststellungen lässt sich indessen nicht entnehmen, ob die Beschwerdeführerin den Sachverhalt, aus dem sie einen Anspruch gegenüber der Beschwerdegegnerin ableitet, auch hinreichend glaubhaft gemacht hat (vgl. oben E. 2.2). Ein reformatorischer Entscheid (Art. 107 Abs. 2 BGG) ist mithin nicht möglich, womit die Sache zur Prüfung dieser Voraussetzungen und neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen ist. Die Kosten für ein allfälliges Gutachten wird gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Gesuchstellerin (hier also die Beschwerdeführerin) zu tragen haben. Blosse Zusatz- oder Erläuterungsfragen, die Bestandteil der von der Gesuchstellerin verlangten Beweisführung bilden, lösen keine Kostenpflicht der Gesuchsgegnerin aus (dazu eingehend BGE 139 III 33 E. 4 S. 34 ff.). Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdegegnerin kosten- und entschädigungspflichtig.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 3. Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 14. November 2013 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Klett Der Gerichtsschreiber: Hurni
5b5fdb6f-6ae7-445a-aef7-b9beb4344789
fr
2,007
CH_BGer_004
Federation
null
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Faits : A. A.a X._, célibataire et sans charge de famille, née en 1959, a obtenu un diplôme d'employée de commerce en 1985, puis une licence en droit de l'Université de Genève en 1994, et, enfin, un brevet d'avocat le 2 décembre 1997. Bilingue français-allemand, elle est encore titulaire d'un "proficiency" en anglais et possède de bonnes notions d'espagnol; elle maîtrise par ailleurs le traitement de texte. A partir de 1976 et jusqu'à la fin de ses études universitaires, X._ a travaillé successivement comme télégraphiste-télexiste, employée de commerce et secrétaire dans une fiduciaire, occasionnellement encore à la Faculté de droit de l'Université. Elle a par la suite effectué un stage d'avocat dans une étude genevoise. Par contrat de travail du 29 octobre 1997, la Compagnie d'assurances Y._ (ci-après: Y._ ou la compagnie) a engagé dès le 1er décembre 1997 X._ en qualité de juriste. La salariée a été affectée au service "micro-entreprises/indépendants" dirigé d'abord par A._, puis, à partir du 1er janvier 2000, par B._. Lors de son entretien d'engagement, X._, invitée à chiffrer ses prétentions salariales, avait demandé une rémunération mensuelle brute de 7'500 fr. payable douze fois l'an, laquelle lui fut accordée. X._ s'est occupée au sein de la compagnie en particulier de la rédaction de conditions générales pour un nouveau produit, du contentieux lié à des fraudes à l'assurance ou à l'encaissement de primes, ainsi que de diverses questions fiscales. Elle a assisté au niveau légal l'équipe de la "distribution", composée de trois cents collaborateurs. A.b En 1998, X._ a perçu une gratification de 4'375 fr. calculée sur sept mois, ainsi qu'une participation ou une prime de fidélité de 3'500 fr., soit pour cette année un total brut de 97'875 fr. Dès le 1er avril 1999, elle a été promue cadre de la compagnie. Son salaire mensuel brut ayant été porté à 7'800 fr. payable treize fois l'an, elle a perçu pour 1999, avec la participation, une rémunération brute de 108'343 fr. Le 1er septembre 1999, X._ a été inscrite au registre du commerce en tant que mandataire commerciale, avec signature collective à deux. A sa requête, X._ a été transférée le 1er mai 2000 au service "contentieux/recouvrement de primes" de Y._, dirigé par C._. A la demande de B._, elle a toutefois continué d'assister le service "indépendants" jusqu'au 7 mars 2001, date à laquelle elle a informé ce dernier que, pour préserver sa santé, elle cessait avec effet immédiat cette autre activité. Pour l'année 2000, la travailleuse a encaissé un salaire brut de 108'483 fr. 60. A compter du 1er avril 2001, sa rémunération annuelle brute a passé à 108'530 fr. Peu après, elle a sollicité de réduire son taux d'activité à 80%, ce qui lui a été accordé à partir du 1er mai 2001, son nouveau traitement annuel brut étant désormais arrêté à 87'780 fr. A.c Par lettre du 31 juillet 2001, Y._ a fait savoir aux collaborateurs de l'unité dont faisait partie X._ que leurs contrats de travail seraient repris par la Compagnie d'assurances V._ (ci-après: V._) avec effet au 1er janvier 2002. En septembre 2001, constatant que sa rémunération allait se trouver diminuée par l'effet du transfert des rapports de travail, X._ s'en est plainte auprès de V._, arguant que cette baisse s'ajoutait aux inégalités de salaire entre hommes et femmes dont elle aurait été la victime jusque-là. Par contrat du 22 octobre 2001, V._ a engagé X._ à compter du 1er décembre 2001 comme conseillère juridique du service contentieux, au taux d'activité de 80% pour un salaire annuel brut de 98'000 fr., porté à 98'600 fr. dès le 1er avril 2002. En décembre 2002, C._, alors responsable du contentieux au sein de V._, a annoncé à X._ que son poste allait être supprimé au vu de la réduction des activités dévolues audit service. Comme B._, devenu membre de la direction de Y._, recherchait un juriste, V._ s'est abstenue de licencier X._ et a pris des dispositions en mars 2003 afin que la prénommée soit retransférée au service "indépendants" de Y._. Le vendredi 11 avril 2003, X._ a remis à B._ une note à propos d'éléments qui devaient être discutés dans le cadre de son futur contrat de travail (prohibition de discrimination salariale sexiste, participation aux frais de formation, heures supplémentaires). Ce dernier, après avoir étudié la note, a considéré que les prétentions qui y étaient formulées étaient inacceptables, de sorte qu'il a renoncé à engager X._. A la suite de quoi, V._, par pli du 29 avril 2003, a licencié X._ pour le 31 juillet 2003 en la dispensant de l'obligation de travailler jusqu'à ce terme. Compte tenu de périodes d'incapacité de travail de la salariée, les rapports contractuels qui la liaient à V._ ont pris fin le 31 janvier 2004. A.d Le 15 avril 2004, X._ a ouvert action contre Y._ devant le Tribunal des prud'hommes de Genève. En dernier lieu, elle a conclu au versement d'une indemnité pour licenciement injustifié, abusif et discriminatoire, par 66'500 fr., d'une somme de 30'000 fr. au titre du tort moral éprouvé et d'un montant de 140'182 fr. comme arriéré de salaire non discriminatoire pour la période du 1er janvier 1998 au 31 décembre 2001. Pour cette dernière conclusion, elle s'est fondée sur une comparaison de sa rémunération avec les salaires versés à D._, responsable du service juridique de Y._, et à E._, autre juriste de la compagnie. Y._ a conclu à libération. Le Tribunal des prud'hommes a entendu six témoins. Par jugement du 29 septembre 2005, l'autorité prud'homale a entièrement débouté X._. Elle a considéré qu'un refus discriminatoire d'embauche ne pouvait être reproché à la défenderesse et qu'aucun acte illicite ne justifiait l'octroi d'une réparation morale. Enfin, la demanderesse avait échoué à établir une discrimination salariale. D'une part, E._ occupait un poste de responsable, de sorte qu'il était logique que sa rémunération fût plus élevée que celle de la demanderesse. D'autre part, la différence de 15% qui existait en 1998 avec le salaire perçu par D._, laquelle avait pour origine l'ancienneté plus grande de ce dernier, s'était atténuée avec le temps, pour ne plus être que de 3% en 2001. B. B.a X._ a appelé de ce jugement devant la Cour d'appel de la juridiction des prud'hommes de Genève. N'invoquant plus qu'une discrimination salariale avec les traitements versés par la défenderesse entre 1998 et 2001 à E._ et à D._, la demanderesse a chiffré ses prétentions à 143'969 fr., subsidiairement à 135'415 fr. Dans son mémoire d'appel, elle a exposé que, pour une activité de moindre importance, deux autres collaborateurs de la défenderesse, à savoir G._ et H._, avaient touché un salaire plus élevé que celui qu'elle avait encaissé pendant la période considérée. Elle a requis expressément qu'une expertise judiciaire soit ordonnée pour établir l'équivalence des fonctions qu'elle a assumées par rapport à celles qui ont été dévolues à E._, D._, G._ et H._. Les enquêtes ont été ouvertes à nouveau devant la Cour d'appel. Si dix-neuf témoins ont été entendus, il n'a pas été donné suite à la requête d'expertise de la demanderesse. B.b Par arrêt du 22 janvier 2007, la Cour d'appel a confirmé le jugement entrepris. Les motifs de cette décision seront développés ci-après dans la mesure utile. C. X._ exerce un recours en matière civile et un recours constitutionnel subsidiaire contre l'arrêt cantonal. Dans son recours ordinaire, elle requiert l'annulation de l'arrêt déféré. Cela fait, elle conclut préalablement à ce que soit ordonnée une expertise d'évaluation analytique du travail pour déterminer l'équivalence des fonctions qui étaient dévolues à X._ en comparaison avec E._, D._, G._ et H._. A titre principal, elle sollicite que la défenderesse soit condamnée à lui payer 143'969 fr. plus intérêts à 5 % l'an dès le 30 mars 2003. Subsidiairement, elle demande à sa partie adverse 135'415 fr. avec intérêts à 5 % dès la même date. Encore plus subsidiairement, elle conclut au renvoi de la cause à la cour cantonale pour que soit ordonnée l'expertise dont il a été question ci-dessus. Dans son recours constitutionnel subsidiaire, la demanderesse requiert l'annulation de l'arrêt de la Cour d'appel et le renvoi de l'affaire à cette autorité pour qu'il soit ordonné une expertise afin de déterminer l'équivalence des fonctions qui lui étaient attribuées par rapport à E._, D._, G._ et H._. L'intimée propose le rejet du recours en matière civile dans la mesure de sa recevabilité. Elle conclut encore principalement à l'irrecevabilité du recours constitutionnel subsidiaire, subsidiairement au rejet de ce recours dans la mesure où il est recevable.
Le Tribunal fédéral considère en droit: 1. L'arrêt attaqué a été rendu après l'entrée en vigueur, le 1er janvier 2007, de la loi sur le Tribunal fédéral du 17 juin 2005 (LTF; RS 173.110), de sorte que le présent recours est soumis au nouveau droit (art. 132 al. 1 LTF). 2. 2.1 Formé par la partie qui a succombé dans ses conclusions condamnatoires (art. 76 al. 1 LTF) et dirigé contre un arrêt final (art. 90 LTF) rendu en matière civile (art. 72 al. 1 LTF) par une autorité cantonale de dernière instance (art. 75 LTF) dans une affaire pécuniaire dont la valeur litigieuse dépasse largement le seuil de 15'000 fr. applicable en matière de droit du travail (art. 74 al. 1 let. a LTF), le recours en matière civile est en principe recevable, puisqu'il a été déposé dans le délai (art. 100 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi. 2.2 Le recours en matière civile peut être interjeté pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF. Le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF). Il n'est donc limité ni par les arguments soulevés dans le recours ni par la motivation retenue par l'autorité précédente; il peut admettre un recours pour un autre motif que ceux qui ont été invoqués et il peut rejeter un recours en adoptant une argumentation différente de celle de l'autorité précédente (cf. ATF 130 III 136 consid. 1.4 in fine, 297 consid. 3.1). Compte tenu de l'exigence de motivation contenue à l'art. 42 al. 1 et 2 LTF, sous peine d'irrecevabilité (art. 108 al. 1 let. b LTF), le Tribunal fédéral n'examine en principe que les griefs invoqués; il n'est pas tenu de traiter, comme le ferait une autorité de première instance, toutes les questions juridiques qui se posent, lorsque celles-ci ne sont plus discutées devant lui. Il ne peut pas entrer en matière sur la violation d'un droit constitutionnel ou sur une question relevant du droit cantonal ou intercantonal si le grief n'a pas été invoqué et motivé de manière précise par la partie recourante (art. 106 al. 2 LTF). 2.3 Le Tribunal fédéral conduit son raisonnement juridique sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). Il ne peut s'en écarter que si les faits ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). 2.4 Le Tribunal fédéral ne peut aller au-delà des conclusions des parties (art. 107 al. 1 LTF). Toute conclusion nouvelle est irrecevable (art. 99 al. 2 LTF). 3. Dans son arrêt du 22 janvier 2007, la cour cantonale a pris acte que la demanderesse a choisi de rechercher exclusivement son ancien employeur devant la juridiction des prud'hommes, sans actionner V._. Examinant les prétentions de la travailleuse au regard de la loi fédérale du 24 mars 1995 sur l'égalité entre femmes et hommes (loi sur l'égalité, LEg; RS 151.1), l'autorité cantonale a successivement analysé et mis en parallèle les rétributions touchées par la demanderesse entre 1998 et 2001 avec les salaires versés par la défenderesse aux deux juristes E._ et D._, puis au sous-directeur F._, et enfin aux collaborateurs G._ et H._. S'agissant de E._, la Cour d'appel a estimé qu'en fonction du fait qu'il avait été engagé plus de dix ans avant X._ ainsi qu'au vu des tâches et des responsabilités diverses qui lui avaient été conférées, les salaires dont il a bénéficié entre 1998 et 2001, lesquels dépassaient de 33% à 45% ceux accordés à la demanderesse, ne reflétaient aucune discrimination, cela bien qu'il ne disposât pas d'un brevet d'avocat. En ce qui concernait D._, compte tenu qu'il avait été engagé comme juriste huit ans avant X._, qu'il avait été nommé fondé de pouvoir (alors que la précitée n'était que mandataire commerciale), qu'il avait assumé plus de règlements de sinistres et qu'il s'était occupé de certains dossiers de la direction, aucun indice ne permettait de suspecter une discrimination salariale sexiste lors même que son traitement avait excédé celui de l'intéressée de 28,8% à 49% selon les années. De toute manière, cette différence résultait du fait que D._, en tant que cadre, avait été mis au bénéfice d'un système de rémunération dépendant des résultats financiers du groupe Zurich; comme C._, responsable du contentieux, s'était vu offrir le même avantage, on ne saurait considérer que X._, qui n'en avait pas bénéficié, ait subi une quelconque inégalité salariale à raison du sexe, a poursuivi la cour cantonale. Pour ce qui est de F._, sous-directeur de la compagnie depuis 1990, son niveau hiérarchique et ses responsabilités expliquaient qu'il ait eu accès aux avantages du plan salarial lié aux résultats de Y._, à la différence de X._. Quant à G._, juriste yougoslave engagé onze ans avant la demanderesse, qui s'est notamment occupé du recouvrement mais quasiment jamais du contentieux dans sa phase judiciaire, son salaire excédait certes celui de X._ d'environ 8'000 fr. entre 1998 et 1999, de 10'000 fr. en 2000 et enfin de 21'000 fr. en 2001. Mais, pour l'autorité cantonale, ces disparités reflétaient simplement la plus grande ancienneté de l'intéressé au sein de la compagnie, son âge et sa situation de famille. H._, titulaire d'un certificat de maturité, est entré au service de la défenderesse en tant que spécialiste de la prévoyance professionnelle quelques mois seulement avant la demanderesse. Si sa rémunération pour 1998 (115'530 fr.) avait dépassé de 18 % celle octroyée à X._, qui se montait à 97'875 fr., c'est parce qu'il avait obtenu de recevoir la même rétribution que celle qu'il touchait chez son précédent employeur. En revanche, son salaire avait stagné par la suite, car il avait déçu les attentes de la compagnie. L'autorité cantonale a encore ajouté qu'il ne pouvait être procédé à des comparaisons salariales avec deux autres juristes, i.e. L._ et M._, étant donné qu'ils n'avaient pas été entendus comme témoins et que leur cas n'avait pas été spécifiquement évoqué durant les enquêtes. 4. 4.1 Dans la dernière partie de son recours en matière civile (cf. p. 18 à 20 du mémoire), la recourante soutient qu'en ne donnant pas suite à la requête d'expertise judiciaire qu'elle avait formulée expressément en appel, la cour cantonale a violé les art. 8 al. 3 Cst., 12 al. 2 LEg et 343 al. 4 CO. Elle expose que l'expertise requise avait pour but de déterminer l'équivalence des fonctions qui lui étaient dévolues par rapport à celles que l'intimée avait attribuées à E._, D._, G._ et H._. Elle prétend que le refus d'administrer cette offre de preuve constitue de la part de l'autorité cantonale une violation de son devoir de tout mettre en oeuvre pour assurer le respect de l'égalité entre femmes et hommes. 4.2 A teneur de l'art. 12 al. 2 LEg, dans sa nouvelle teneur selon le ch. 1 de l'annexe à la LTF, en vigueur depuis le 1er janvier 2007, l'art. 343 du code des obligations est applicable indépendamment de la valeur litigieuse devant les tribunaux cantonaux. Par ce renvoi à l'art. 343 CO, et singulièrement à l'al. 4 de cette disposition, le droit fédéral impose notamment aux tribunaux cantonaux un devoir d'examen étendu (cf. ATF 130 III 145 consid. 3.1.2 et les références). Ils doivent ainsi veiller, en collaboration avec les parties, à ce que les moyens de preuve soient mentionnés et les preuves administrées (Sabine Steiger-Sackmann, Commentaire de la loi sur l'égalité, n. 12 ad art. 12 LEg). Si l'équivalence entre les diverses fonctions d'une même entreprise ne saute pas aux yeux ou si elle n'est pas établie par d'autres modes de preuve, les tribunaux cantonaux doivent ordonner des expertises. Les experts doivent alors décider si ces fonctions sont comparables les unes aux autres et déterminer les critères permettant de mettre à jour un cas de discrimination (sur ces points, ATF 130 III 145 ibidem). Le juge qui refuse d'ordonner une expertise requise par une partie consacre une violation de l'art. 12 al. 2 LEg, à moins que l'expertise apparaisse d'emblée inutile, parce que, par exemple, le juge dispose lui-même des connaissances scientifiques nécessaires pour élucider une possible discrimination liée au sexe (Kathrin Klett, Richterliche Prüfungspflicht und Beweiserleichterung, AJP 2001, ch. 3 p. 1295; Monique Cossali Sauvain, Egalité entre femmes et hommes II, FJS n° 545, ch. V p. 21 in fine). 4.3 En l'espèce, il a été constaté que la Cour d'appel n'a pas donné suite à la requête d'expertise judiciaire formulée par la recourante en instance d'appel. L'autorité cantonale n'a pas motivé sa décision de refus. Au vu des considérations jurisprudentielles et doctrinales précédentes, il appert que la cour cantonale a violé le devoir d'examen qui lui incombait en vertu de l'art. 12 al. 2 LEg. Le principe constitutionnel de l'égalité salariale entre l'homme et la femme (cf. art. 8 al. 3, dernière phrase, Cst.) est fondé sur la notion de travail de valeur égale (ATF 130 III 145 consid. 3.1.2). Autrement dit, auprès d'un même employeur, la travailleuse a droit à un salaire égal à celui que touche le travailleur s'ils accomplissent tous deux, dans des conditions égales, des tâches semblables ou des travaux, certes de nature différente, mais ayant une valeur identique. La cour cantonale a tout particulièrement contesté l'équivalence entre les tâches qui étaient exercées au sein de la défenderesse par la demanderesse et celles assumées par les juristes E._ et D._. Pourtant cette autorité n'a jamais prétendu avoir des compétences techniques pour comparer les activités de ces trois juristes, qui ne se recoupaient apparemment nullement. Son raisonnement, dépourvu de toute approche méthodologique et scientifique, est du reste fondé sur un choix de critères vagues. Il est tout particulièrement significatif à cet égard que la Cour d'appel a attribué une grande importance à l'ancienneté au sein de la compagnie, alors qu'il a été constaté définitivement (art. 105 al. 1 LTF) que cet élément avait perdu de son importance dès 1991 au profit d'un système fondé sur le mérite (cf. consid. F/a p. 8 de l'arrêt cantonal). Il suit de là que le recours en matière civile doit être admis, l'arrêt critiqué étant annulé. Ce résultat dispense la juridiction fédérale d'examiner les nombreuses critiques de la recourante prises d'une violation singulièrement des art. 8 al. 3 Cst., 2 al. 2 CC et 6 LEg, qu'elle a développées aux pages 6 à 18 de son mémoire. Conformément à l'art. 107 al. 2 LTF, le Tribunal fédéral renvoie l'affaire à l'autorité précédente pour qu'elle ordonne l'expertise sollicitée par la recourante. 5. Comme la voie du recours en matière civile était ouverte en l'occurrence à considérer la valeur litigieuse déterminante (art. 74 al. 1 LTF), le recours constitutionnel subsidiaire est irrecevable (art. 113 LTF). 6. Les frais judiciaires, calculés par application de l'art. 65 al. 4 let. b LTF, seront mis à la charge de l'intimée, qui succombe (art. 66 al. 1 LTF). La recourante a droit à des dépens, dont sa partie adverse est débitrice, car elle était encore assistée par un avocat lorsqu'elle a déposé ses recours au Tribunal fédéral (art. 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est admis, l'arrêt attaqué est annulé et la cause est renvoyée à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. 2. Le recours constitutionnel subsidiaire est irrecevable. 3. Un émolument judiciaire de 1'000 fr. est mis à la charge de l'intimée. 4. L'intimée versera à la recourante une indemnité de 10'000 fr. à titre de dépens. 5. Le présent arrêt est communiqué en copie aux parties et à la Cour d'appel de la juridiction des prud'hommes du canton de Genève. Lausanne, le 3 juillet 2007 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse Le président: Le greffier:
5b808037-52b2-4b2e-92e9-5b1a3c59895b
fr
2,015
CH_BGer_004
Federation
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Faits : A. B._, titulaire du brevet d'avocat, a été engagé en 1997 par la société A.A._, devenue par la suite A._ SA. Il a été rattaché au département juridique. A._ SA a résilié le contrat de travail de B._ le 2 août 2012. B. Par requête de citation en conciliation du 18 décembre 2012, puis, celle-ci ayant échoué, par demande du 6 février 2013 adressée au Tribunal des prud'hommes de Genève, B._ a ouvert contre A._ SA une action en paiement d'un montant total de 604'023 fr. avec intérêts, comprenant une indemnité pour résiliation abusive de son contrat de travail, 175 unités de performance selon le plan d'intéressement à long terme et des dommages-intérêts pour tort moral. Dans sa réponse du 19 juin 2013, A._ SA a conclu au rejet de la demande. Dans un premier temps (à l'audience de débats d'instruction du 3 octobre 2013), le Tribunal a décidé d'entendre comme partie sept représentants de la société, dont notamment les six personnes suivante: C._, D._, E._, F._, G._ et H._. C. Puis, dans son " ordonnance d'instruction et ordonnance de preuves " du 23 décembre 2013, le Tribunal a décidé, notamment, d'entendre C._ en qualité de partie (ch. 8) et, parmi d'autres témoins, les autres personnes susmentionnées, sauf Mme H._, en qualité de témoin (ch. 7). A l'audience du 6 janvier 2014, tenue avant l'échéance du délai de recours contre l'ordonnance du 23 décembre 2013, l'avocat de A._ SA s'est présenté accompagné non de C._, mais de D._. Le défendeur s'étant opposé à ce que D._ représente la société contrairement à l'ordonnance de preuves du 23 décembre 2013, le tribunal a décidé que celui-ci sera entendu en qualité de témoin, et non en qualité de partie et qu'il ne pouvait donc assister aux audiences sans y être convoqué, ensuite de quoi D._ a quitté la salle d'audience. A._ SA a interjeté un recours à la Cour de justice du canton de Genève contre l'ordonnance du 23 décembre 2013 et la décision intervenue à l'audience du 6 janvier 2014, remettant en cause plusieurs points tranchés, dont seule est encore litigieuse la question de la représentation de la société par C._ seulement (comme partie), les autres personnes susmentionnées devant être entendues en qualité de témoins. La société a conclu à ce qu'elle soit représentée aussi par les cinq personnes suivantes: D._, E._, F._, G._ et H._. Statuant par arrêt du 30 mai 2014, la Cour de justice a déclaré le recours irrecevable pour trois motifs. Premièrement, elle a considéré que seul C._ est inscrit au registre du commerce en tant qu'administrateur et que la question de savoir si les cinq personnes susmentionnées participent également à la formation de la volonté sociale peut rester indécise, puisque la société a pu répondre en détail aux allégués de l'employé, qu'elle a donc largement instruit son avocat sur les faits de la cause et que rien ne permet de penser que l'impossibilité pour celles-ci d'assister aux actes d'instruction pourrait avoir des conséquences préjudiciables difficilement réparables pour la société. Deuxièmement, elle a jugé qu'en cas de jugement au fond qui lui serait défavorable, la société aurait la possibilité de former appel et d'attaquer cette décision avec la décision au fond, et que, si la cour estimait que certaines de ces personnes auraient dû être entendues en tant que partie et non en tant que témoin, elle pourrait apprécier la valeur probante de leurs déclarations. Troisièmement, elle a estimé que, puisque l'instruction n'est pas terminée, il n'est en l'état pas exclu que la décision soit modifiée à un stade ultérieur de la procédure et que le tribunal reconnaisse la qualité de partie à l'une ou l'autre de ces cinq personnes si sa qualité d'organe devait apparaître évidente en cours d'instruction. D. Contre cet arrêt, A._ SA a interjeté un recours en matière civile au Tribunal fédéral le 2 juillet 2014, concluant en substance à ce que les cinq personnes susmentionnées représentent la société et soient entendues en qualité de partie, et non en qualité de témoins, et à ce qu'il soit constaté que D._ a été exclu de manière contraire au droit de l'audience du 6 janvier 2014. Subsidiairement, elle conclut à l'annulation de l'arrêt cantonal et au renvoi de la cause à la Cour de justice. Elle soutient que la décision prise par le tribunal, confirmée par la Cour de justice, a pour effet concret de l'empêcher de choisir elle-même ses représentants lors des audiences et que les cinq personnes en question ne peuvent assister aux audiences, alors que leur rôle est crucial pour seconder l'avocat lors de celles-ci. Selon elle, il s'agit d'une décision qui lui cause un préjudice irréparable au sens de l'art. 93 al. 1 let. a LTF et donc a fortiori un préjudice difficilement réparable au sens de l'art. 319 let. b ch. 2 CPC. Elle invite le Tribunal fédéral à réformer l'arrêt attaqué, dès lors que, bien que la cour ait prononcé un arrêt d'irrecevabilité, elle a statué au fond, les parties s'étant exprimées sur le fond. Elle invoque la violation de l'art. 55 CC et de l'art. 159 CPC. La recourante allègue un fait nouveau, à savoir que le contrat de travail de C._ a été résilié le 27 mai 2014 pour le 31 août 2014. L'intimé a conclu à l'irrecevabilité, respectivement au rejet du recours. La recourante a formulé de brèves observations. L'intimé a renoncé à y répondre.
Considérant en droit : 1. Le Tribunal fédéral examine d'office la recevabilité des recours qui lui sont soumis (ATF 139 III 252 consid. 1; 139 V 42 consid. 1 p. 44). 1.1. Le recours en matière civile au Tribunal fédéral n'est recevable que contre les décisions finales (art. 90 LTF), contre les décisions partielles (art. 91 LTF) et, sous réserve des cas visés par l'art. 92 LTF, contre les décisions incidentes (art. 93 al. 1 LTF) si celles-ci peuvent causer un préjudice irréparable (let. a) ou si l'admission du recours peut conduire immédiatement à une décision finale qui permet d'éviter une procédure probatoire longue et coûteuse (let. b). En l'espèce, les décisions attaquées sont des décisions incidentes au sens de l'art. 93 LTF. 1.2. Conformément à l'art. 93 al. 1 let. a LTF, une décision incidente ne peut faire séparément l'objet d'un recours au Tribunal fédéral que si elle peut causer un préjudice irréparable. Cela suppose que la partie recourante soit exposée à un préjudice de nature juridique, qui ne puisse pas être ultérieurement réparé ou entièrement réparé par une décision finale qui lui serait favorable; un dommage économique ou de pur fait n'est pas considéré comme un dommage irréparable de ce point de vue (ATF 138 III 333 consid. 1.3.1; 134 III 188 consid. 2.1 p. 190 et consid. 2.2). Cette condition s'apprécie par rapport à la décision de première instance, et non par rapport à la décision d'irrecevabilité du recours rendue par le tribunal supérieur. En particulier, si la question qui a fait l'objet de la décision incidente de première instance peut être soulevée à l'appui d'un recours contre la décision finale (art. 93 al. 3 LTF), il n'y a pas de préjudice irréparable (arrêts 4A_248/2014 du 27 juin 2014 consid. 1.2.3; 5A_435/2010 du 28 juillet 2010 consid. 1.1.1; 5D_72/2009 du 9 juillet 2009 consid. 1.1). Tel est en principe le cas des décisions sur l'administration des preuves dans le procès principal, puisqu'il est normalement possible, en recourant contre la décision finale, d'obtenir l'administration de la preuve refusée à tort ou d'obtenir que la preuve administrée à tort soit écartée du dossier (arrêt 5A_435/2010 précité consid. 1.1.1; pour des exceptions, cf. notamment les arrêts 5A_315/2012 du 28 août 2012 consid. 1.2.1; 4A_64/2011 du 1er septembre 2011 consid. 3 publié in sic! 1/2012 p. 52; 4A_195/2010 du 8 juin 2010 consid. 1.1.1; 5A_603/2009 du 26 octobre 2009 consid. 3.1). Cette réglementation est fondée sur des motifs d'économie de procédure, le Tribunal fédéral ne devant en principe s'occuper d'une affaire qu'une seule fois, lorsqu'il est certain que la partie recourante subit effectivement un dommage définitif (ATF 134 III 188 consid. 2.2). Il incombe au recourant de démontrer l'existence d'un tel préjudice lorsque celui-ci n'est pas d'emblée évident (ATF 137 III 522 consid. 1.3). 1.3. La première décision à l'origine de l'arrêt attaqué, bien qu'elle soit intitulée " ordonnance sur preuves ", est en réalité matériellement une décision portant sur la capacité d'ester en justice de la société anonyme. La capacité d'ester en justice est le corollaire en procédure de l'exercice des droits civils (art. 67 al. 1 CPC). La personne morale a l'exercice des droits civils, à condition qu'elle possède les organes que la loi et les statuts exigent à cet effet (art. 54 CC). Elle exerce ses droits civils par l'intermédiaire de ses organes, qui expriment sa volonté à l'égard des tiers (art. 55 al. 1 CC). Il y a lieu d'entendre par là les organes exécutifs, et non l'organe législatif ou l'organe de contrôle (Leuenberger/Uffer-Tobler, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, n° 9.127; Bohnet, in La personne morale et l'entreprise en procédure, Bâle 2014, p. 15 n. 35, p. 18 n. 44 et p. 42 n. 122; Brönnimann, in Berner Kommentar, n° 3-4 et 9 ad art. 159 CPC; Hasenböhler, in Kommentar zum Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger (éd.), 2e éd. 2013, n° 3 ad art. 159 CPC). Les organes exécutifs, mais aussi toutes les personnes qui peuvent valablement représenter la société anonyme dans les actes juridiques avec des tiers en vertu des règles du droit civil, peuvent accomplir des actes judiciaires en son nom, comme signer des écritures, donner procuration à un avocat et comparaître aux audiences. Sont en premier lieu légitimés à représenter la société en justice les membres du conseil d'administration et, à moins que les statuts ou le règlement d'organisation ne l'exclue, un seul des membres de celui-ci (art. 718 al. 1 CO). En second lieu, la société peut être représentée en justice par un ou plusieurs des membres du conseil d'administration (délégués) ou par des tiers (directeurs), auxquels le conseil d'administration a délégué son pouvoir de représentation (art. 718 al. 2 CO; Leuenberger/Uffer-Tobler, loc. cit.; Bohnet, loc. cit.; Leu, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner/Gasser/Schwander (éd.), 2011, n° 6 ad art. 159 CPC). Toutes ces personnes sont organes, expriment directement la volonté de la société et sont inscrites au registre du commerce (art. 720 CO). En troisième lieu, sans avoir la qualité d'organes, en vertu de leurs pouvoirs de représentation, peuvent représenter la société en justice les fondés de procuration (art. 458 CO), qui sont inscrits au registre du commerce et n'ont pas besoin de pouvoir spécial pour plaider, à moins que leur procuration n'ait été restreinte (art. 460 al. 3 CO), ainsi que les mandataires commerciaux (art. 462 CO), qui ne sont pas inscrits au registre du commerce, à condition qu'ils aient reçu le pouvoir exprès de plaider (art. 462 al. 2 CO; dans ce sens déjà, pour la comparution à l'audience de conciliation: ATF 140 III 70 consid. 4.3 p. 72; cf. Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5e éd., 2000, n° 1a ad art. 83 aCPC/BE). Chacune des personnes habilitée à représenter la société en justice doit justifier de sa qualité et de son pouvoir en produisant soit un extrait du registre du commerce, soit l'autorisation qui lui a été délivrée pour plaider et transiger dans l'affaire concrète dont le tribunal est saisi (cf. art. 68 al. 3 CPC). Savoir quelle (s) personne (s) est (sont) habilitée (s) à représenter la société anonyme en procédure ressortit ainsi à la capacité d'ester en justice de celle-ci. Il s'agit d'une condition de recevabilité de la demande (art. 59 al. 2 let. c CPC). Le fait que cette ou ces personnes ne doivent ensuite être interrogées que comme partie (art. 159 CPC en relation avec les art. 163-164 et 191-192 CPC), et non comme témoin (art. 169 ss en relation avec les art. 165-167 CC), qu'elles peuvent donc avoir des contacts avec l'avocat de la société anonyme, peuvent assister aux audiences au cours desquelles sont notamment interrogés les témoins, n'en est qu'une conséquence. 1.4. En l'espèce, la cour cantonale n'a pas dénié à la société défenderesse la capacité d'ester en justice, ayant choisi qu'elle serait représentée au procès par C._, de sorte que la question de la recevabilité du recours sous l'angle de l'art. 93 al. 1 let. b LTF n'entre pas en considération. En n'admettant comme représentant de la société défenderesse qu'une seule personne, C._ - qui, au demeurant, n'a que la signature collective à deux -, la cour cantonale a privé la société de son droit de désigner le membre du conseil d'administration, le directeur, le fondé de procuration ou le mandataire commercial, ce dernier avec pouvoir exprès pour plaider, qui ont personnellement connaissance des faits de la cause pour la représenter en justice. Une telle décision est susceptible de causer un préjudice irréparable au sens de l'art. 93 al. 1 let. a LTF, dès lors que la question de savoir si une autre personne ou d'autres personnes auraient pu également représenter la société ne pourra pratiquement pas être soulevée avec la décision finale. Les mêmes considérations valent pour la décision prise en audience du 6 janvier 2014, laquelle n'est que la conséquence de la décision du 23 décembre 2014. 2. Il s'ensuit que c'est à tort que la cour cantonale a refusé d'entrer en matière sur le recours interjeté par la société, la condition du préjudice irréparable admise ici au sens de l'art. 93 al. 1 let. a LTF réalisant a fortiori la condition du préjudice difficilement réparable de l'art. 319 let. b ch. 2 CPC (ATF 137 III 380 consid. 2 p. 384). L'arrêt attaqué doit donc être annulé et la cause renvoyée à la cour cantonale pour qu'elle entre en matière sur le recours de la société défenderesse. Contrairement à ce que demande la recourante, le Tribunal fédéral n'est en effet pas en mesure de statuer sur le fond: il ne résulte pas de l'extrait du registre du commerce figurant au dossier que C._ - qui aurait d'ailleurs quitté entre-temps la société - serait administrateur, ni qu'il aurait le pouvoir de représenter à lui seul la société, puisqu'il ne dispose que de la signature collective à deux. Il en est de même de D._, administrateur secrétaire, et des quatre autres personnes par lesquelles la recourante souhaite être représentée. Au demeurant, si la société doit pouvoir désigner pour la représenter la personne qui a connaissance des faits de la cause, il appartient au tribunal de diriger la procédure et l'administration des preuves et, en particulier, de désigner parmi les différentes personnes que la société entend faire interroger celle qui le sera (cf. pour la procédure fédérale, l'art. 63 al. 2 PCF). 3. Vu le sort du recours, les frais de la procédure doivent être mis à la charge de l'intimé, qui a conclu à l'irrecevabilité, respectivement au rejet du recours (art. 66 al. 1 LTF). L'intimé devra verser en outre une indemnité de dépens à la recourante (art. 68 al. 1 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce : 1. Le recours est admis, l'arrêt attaqué est annulé et la cause est renvoyée à la cour cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. 2. Les frais de la procédure, arrêtés à 2'000 fr., sont mis à la charge de l'intimé. 3. L'intimé versera à la recourante une indemnité de 2'500 fr. à titre de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Cour de justice du canton de Genève, Chambre des prud'hommes. Lausanne, le 12 janvier 2015 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente : Kiss Le Greffier : Piaget
5b8e01a1-cbea-45c5-abd3-12db029d64e0
fr
2,015
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Faits : A. A.a. La société anonyme X._ SA, sise à Sion, ainsi que son président et directeur B.X._ ont fait l'objet d'enquêtes pour soustraction fiscale menées par l'Administration fédérale des contributions à partir de l'été 2011; le rapport d'enquête, concluant à l'existence d'un délit fiscal, a été déposé en 2013 et transmis au Service cantonal des contributions du canton du Valais (ci-après: le Service cantonal), qui a lui-même ouvert des procédures en rappel d'impôt et en soustraction fiscale à l'encontre des intéressés (art. 105 al. 2 LTF). A.b. Avant son élection à la tête du Département des finances et des institutions du Conseil d'Etat valaisan (ci-après: le Conseil d'Etat), C._ dirigeait la Fiduciaire D._, qui représentait notamment B.X._ vis-à-vis des autorités fiscales. C._ s'est formellement récusé et a été remplacé par le Conseiller d'Etat E._ en lien avec la dénommée "affaire X._" en janvier 2014 (art. 105 al. 2 LTF). A.c. Lors de sa séance du 21 janvier 2014, la Commission de gestion du Grand Conseil du canton du Valais (ci-après: la COGEST respectivement le Grand Conseil) s'est saisie de "l'affaire X._" pour, en particulier, vérifier le bon fonctionnement des services étatiques, y compris celui du Conseil d'Etat, dans ce dossier. Sur demande de la COGEST du 27 janvier 2014, le Conseil d'Etat a, le 29 janvier 2014, délié des secrets fiscal et de fonction divers employés du Service cantonal et autorisé ce service à remettre à la COGEST, pour consultation, l'ensemble des pièces du dossier fiscal de l'affaire de même qu'un résumé chronologique. L'extrait du procès-verbal de la séance du Conseil d'Etat du 29 janvier 2014 a la teneur suivante: "Vu (...), le Conseil d'Etat décide: 1. de remettre à la COGEST un résumé chronologique du dossier; 2. de délier du secret de fonction et du secret fiscal les personnes suivantes afin d'être auditionnées par la COGEST dans le cadre de l'affaire X._ (...); 3. d'autoriser le Service cantonal de[s] contributions à remettre à la COGEST, pour consultation, l'ensemble des pièces du dossier fiscal de l'affaire X._ en sa possession; 4. sur demande de la COGEST et après décision du Conseil d'Etat, de délier du secret de fonction et du secret fiscal d'autres personnes concernées". Sur interpellation de B.X._ et de X._ SA le 18 avril 2014, qui indiquaient avoir entendu des "bruits" selon lesquels la COGEST avait eu accès à leur dossier fiscal et qui s'opposaient à toute levée du secret fiscal, le Conseil d'Etat a confirmé les faits susmentionnés par courrier du 30 avril 2014, en précisant qu'il s'était plié "aux exigences particulières liées à l'enquête décidée par la COGEST". B. B.a. Par lettre du 5 juin 2014, B.X._ et X._ SA se sont plaints de la violation de leur droit d'être entendus quant à la levée du secret fiscal accordée par le Conseil d'Etat et ont notamment sollicité une décision formelle à cet égard. Le Conseiller d'Etat en charge du dossier s'est référé, le 30 juin 2014, à l'obligation du gouvernement de renseigner le Grand Conseil et à l'absence de voie de droit contre les décisions de commissions de haute surveillance. B.b. Le 26 août 2014, A.X._ et B.X._ ainsi que X._ SA ont saisi la Cour de droit public du Tribunal cantonal du canton du Valais (ci-après: le Tribunal cantonal) d'un recours pour déni de justice formel. Ils ont, en substance, conclu à ce qu'il soit ordonné au Conseil d'Etat de notifier aux recourants dans un délai de dix jours une décision (principalement de refus, subsidiairement définissant les limites de l'acceptation) de lever le secret fiscal concernant leurs dossiers fiscaux et d'intimer à la COGEST d'exclure de son rapport tous éléments se fondant sur les données couvertes par le secret fiscal; plus subsidiairement, de refuser la levée du secret fiscal; encore plus subsidiairement, de restreindre la levée du secret fiscal et l'accès aux dossiers fiscaux. Le Tribunal cantonal a déclaré manifestement irrecevable le recours formé pour déni de justice par arrêt du 3 octobre 2014. En substance, les juges cantonaux ont considéré que la levée du secret de fonction ordonnée par le Conseil d'Etat s'inscrivait dans la haute surveillance que le Grand Conseil exerçait sur l'administration cantonale. Comme cet acte interne se contentait de formaliser le processus de collaboration entre les pouvoirs, le Conseil d'Etat n'était pas compétent pour rendre une décision formelle attaquable au sens de la procédure administrative valaisanne. Quant au grief des recourants tiré de la garantie de l'accès au juge, le Tribunal cantonal a retenu que la réponse du Conseil d'Etat à la requête de la COGEST revêtait un caractère politique prépondérant et était sans incidence sur les droits des particuliers, de sorte qu'il n'appartenait pas audit tribunal de garantir cet accès. C. C.a. A.X._ et B.X._, ainsi que X._ SA ont saisi le Tribunal fédéral d'un recours en matière de droit public contre l'arrêt du Tribunal cantonal du 3 octobre 2014. Ils concluent, principalement, à l'annulation de l'arrêt précité et à ce qu'il soit ordonné au Conseil d'Etat de rendre une décision concernant la levée du secret fiscal dans le sens des considérants; subsidiairement, ils demandent l'annulation dudit arrêt et le renvoi de la cause au Tribunal cantonal pour compléments et nouvelle décision dans le sens des considérants. Le Tribunal cantonal a renoncé à se déterminer sur le recours; le Conseil d'Etat a conclu à son irrecevabilité, subsidiairement à son rejet. La COGEST, au nom du Grand Conseil, s'en est rapportée à justice. C.b. Par ordonnance présidentielle du 26 novembre 2014, le Tribunal fédéral a rejeté la requête de mesures provisionnelles contenue dans l'acte de recours, qui tendait en substance à ce qu'il soit ordonné à la COGEST de surseoir à rendre son rapport d'enquête jusqu'à droit jugé sur le fond, de restituer au Service cantonal les dossiers fiscaux des recourants et les résumés chronologiques des dossiers, de s'abstenir de toute communication fondée sur les informations ou pièces obtenues du Service cantonal et du Conseil d'Etat et de s'abstenir de consulter les dossiers fiscaux et d'auditionner les employés de l'Etat du Valais concernant leurs dossiers fiscaux. C.c. Dans leurs observations du 3 mars 2015, les recourants ont, d'une part, indiqué "compléter leur mémoire du 5 novembre 2015", en concluant de surcroît, tant à titre principal que subsidiaire, à ce qu'il soit ordonné à la COGEST de rendre un nouveau rapport, exempt de toute information acquise en violation du secret fiscal; d'autre part, ils ont requis de nouvelles mesures provisionnelles du Tribunal fédéral, consistant, en particulier, à enjoindre au Grand Conseil de surseoir à tout examen du rapport de la COGEST, de restituer au Service cantonal les dossiers fiscaux des recourants, et d'ordonner à la COGEST, au Grand Conseil et au Conseil d'Etat de cesser toute communication publique sur le rapport de la COGEST jusqu'à droit jugé. A l'appui de leurs observations du 3 mars 2015, les recourants ont produit le Rapport de la Commission de gestion du Grand Conseil de décembre 2014 sur le fonctionnement de l'Etat dans le cadre du dossier X._ (ci-après: le Rapport de la COGEST), le communiqué de presse de janvier 2015 par lequel le Conseil d'Etat informait le public qu'il avait pris connaissance de ce rapport, en en résumant certains points, et annonçait que les mesures qui s'imposaient seraient prises, ainsi qu'un document inscrivant à l'ordre du jour de la séance du Grand Conseil du mois de mars 2015 le Rapport de la COGEST. Par ordonnance du 6 mars 2015, la Juge fédérale chargée de l'instruction de la cause a rejeté la requête de mesures provisionnelles du 3 mars 2015.
Considérant en droit : 1. Le Tribunal fédéral examine d'office sa compétence (art. 29 al. 1 LTF) et contrôle librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (ATF 140 I 252 consid. 1 p. 254; 139 V 42 consid. 1 p. 44). 1.1. L'arrêt attaqué est une décision finale (art. 90 LTF; cf., concernant le refus d'entrer en matière, arrêts 6B_549/2013 du 24 février 2014 consid. 1; 2C_752/2012 du 19 novembre 2012 consid. 1.2), rendue en dernière instance cantonale par un tribunal supérieur (art. 86 al. 1 let. d et al. 2 LTF) dans une cause de droit public (art. 82 let. a LTF) ne tombant pas sous le coup des exceptions de l'art. 83 LTF. Partant, la voie du recours en matière de droit public est en principe ouverte. 1.2. Les recourants ont participé à la procédure devant le Tribunal cantonal. Ils sont en outre directement touchés par la décision d'irrecevabilité attaquée et ont a priori un intérêt digne de protection à son annulation. Celle-ci leur dénie en effet le droit d'obtenir une décision au fond contre laquelle ils pourraient recourir, afin de s'opposer à la levée des secrets de fonction et fiscal des agents du Service cantonal vis-à-vis de la COGEST en rapport avec leurs dossiers fiscaux (cf. art. 89 al. 1 LTF). Le point de savoir si les recourants disposent, comme ils le prétendent, d'un droit à une telle décision relève du fond. 1.3. La qualité pour recourir au sens de l'art. 89 al. 1 LTF suppose encore que l'intérêt digne de protection à l'annulation ou à la modification de la décision entreprise de la partie recourante soit actuel (cf. ATF 137 I 23 consid. 1.3.1 p. 24; arrêt 8C_745/2011 du 6 juin 2012 consid. 1.1). Cet intérêt actuel doit exister non seulement au moment du dépôt du recours, mais encore au moment où l'arrêt est rendu (cf. ATF 137 I 296 consid. 4.2 p. 299; 136 II 101 consid. 1.1 p. 103). 1.3.1. Le Tribunal fédéral fait exceptionnellement abstraction de l'exigence d'un intérêt actuel, lorsque la contestation peut se reproduire en tout temps dans des circonstances identiques ou analogues, que sa nature ne permet pas de la trancher avant qu'elle ne perde son actualité et que, en raison de sa portée de principe, il existe un intérêt public suffisamment important à la solution de la question litigieuse (ATF 137 I 23 consid. 1.3.1 p. 24; 136 II 101 consid. 1.1 p. 103). En outre, dans un souci de concilier les critères de la recevabilité des recours interjetés devant lui avec les exigences liées au droit à un recours effectif garanti à l'art. 13 CEDH et, implicitement, à l'art. 29 al. 1 Cst. (cf. AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, vol. II, 3e éd., 2013, n. 1225 p. 569), le Tribunal fédéral entre aussi en matière, en dépit de la disparition d'un intérêt actuel, sur le recours d'une personne s'estimant lésée dans ses droits reconnus par la CEDH qui formule son grief de manière défendable; ceci suppose une obligation de motivation accrue comparable à celle qui est prévue à l'art. 106 al. 2 LTF (cf. ATF 139 I 206 consid. 1.2.1 p. 209; 137 I 296 consid. 4.3.4 p. 302; arrêt 2C_80/2015 du 9 février 2015 consid. 3.1). 1.3.2. Il résulte des pièces au dossier que le Rapport de la COGEST a certes déjà été remis aux autorités concernées et que des débats ont été agendés au sein du Grand Conseil du mois de mars 2015. La procédure de haute surveillance entamée par la COGEST ne semble toutefois pas encore être achevée et les répercussions de la levée du secret querellée sont susceptibles de perdurer. Au demeurant, il est le propre des commissions parlementaires, du moins lorsqu'elles enquêtent sur des dysfonctionnements institutionnels allégués à l'origine de controverses politiques, d'agir et de rendre leur rapport avec toute la diligence requise; il est partant difficile pour le Tribunal fédéral de trancher un litige y relatif avant que la cause ne perde de son intérêt actuel stricto sensu. Or, le litige sous examen revêt un intérêt public suffisamment important pour qu'il soit exceptionnellement entré en matière en dépit de ceci. En effet, sont notamment en jeu les interactions juridiques entre la garantie de l'accès au juge du particulier et la haute surveillance parlementaire (partant politique) sur le pouvoir exécutif ainsi que son administration. Par ailleurs, les recourants affirment d'une manière prima facie défendable, en se fondant notamment sur les art. 13, 29 et 29a Cst., que ce prononcé viole leur droit fondamental à recevoir une décision formelle quant à la levée de leur secret fiscal, qui relève notamment de la protection de la sphère privée (cf., mutatis mutandis [secret bancaire], ATF 137 II 431 consid. 2.1.2 p. 437; arrêt 2C_84/2012 du 15 décembre 2012 consid. 7.1, non publié in ATF 139 IV 137; RAPHAËL GANI, Le secret fiscal en matière d'impôts directs et d'impôts successoraux: aperçu du droit interne suisse, in Archives 79/2010-2011, p. 649 ss, 652; JEAN-FRÉDÉRIC MARAIA, Le secret fiscal et sa portée dans le cadre de l'assistance et l'entraide en droit interne suisse, in Les secrets et le droit [Piermarco Zen-Ruffinen (éd.)], 2004, p. 247 ss, 255), et à contester utilement celle-ci devant une autorité de recours (judiciaire). Or, ces dispositions d'ordre constitutionnel étant également consacrées aux art. 6 (en tant qu'applicable: ATF 140 I 68 consid. 9.2 p. 74), 8 et 13 CEDH, les recourants conservent un intérêt à ce qu'une autorité se prononce sur les violations alléguées (cf. la jurisprudence rendue par rapport à l'art. 13 CEDH: ATF 137 I 296 consid. 4.3.1 p. 300; 136 I 274 consid. 1.3 p. 276 ss; arrêts 2C_406/2013 du 23 septembre 2013 consid. 3.1; 4A_744/2011 du 12 juillet 2012 consid. 11.1), qui serait de surcroît susceptible de se reproduire à tout moment (cf. ATF 137 II 40 consid. 2.1 p. 41; arrêt 2C_668/2013 du 19 juin 2014 consid. 1.2). Les recourants ont donc qualité pour recourir. 1.4. Au surplus, le recours a été déposé en temps utile (art. 100 al. 1 LTF) et dans les formes prescrites (art. 42 LTF). Le recours en matière de droit public est ainsi en principe recevable. Il sera ajouté que les arguments que développe le Conseil d'Etat pour conclure à l'irrecevabilité du recours devant le Tribunal fédéral ne concernent pas la recevabilité de ce recours, mais la procédure devant le Tribunal cantonal, qui relève du fond du présent litige. 1.5. En tant que, dans leurs observations du 3 mars 2015, les recourants demandent pour la première fois au Tribunal fédéral d'ordonner à la COGEST de rendre un nouveau rapport, exempt de toute violation du secret fiscal, ils formulent une conclusion nouvelle qui tend à élargir l'objet du litige et doit pour cette raison être déclarée irrecevable (cf. art. 99 al. 2 LTF; ATF 136 II 457 consid. 4.2 p. 462 s.). 2. Saisi d'un recours en matière de droit public, le Tribunal fédéral contrôle librement le respect du droit fédéral, qui comprend les droits de nature constitutionnelle (cf. art. 95 let. a et 106 al. 1 LTF), sous réserve des exigences de motivation figurant à l'art. 106 al. 2 LTF. Aux termes de cet alinéa, le Tribunal fédéral n'examine les droits fondamentaux ainsi que le droit cantonal que si le grief a été invoqué et motivé par le recourant (ATF 136 II 304 consid. 2.5 p. 314; arrêt 2C_123/2013 du 16 décembre 2013 consid. 2.1, non publié in ATF 140 I 218). 3. 3.1. Dans son arrêt du 3 octobre 2014, le Tribunal cantonal a déclaré irrecevable la requête des recourants tendant à ce qu'il soit ordonné au Conseil d'Etat de rendre et notifier une décision motivée refusant principalement de lever le secret relatif à leurs dossiers. Le Tribunal cantonal a, en particulier, considéré que le Conseil d'Etat avait exercé la prérogative que lui conférait l'art. 135 al. 1 de la loi valaisanne du 28 mars 1996 sur l'organisation des Conseils et les rapports entre les pouvoirs [LOCRP/VS; RS/VS 171.1]), en libérant de leur secret divers agents du fisc et en autorisant la production de dossiers soumis au secret fiscal. L'art. 135 al. 1 LOCRP/VS a la teneur suivante: "Seul le Conseil d'Etat peut libérer du secret de fonction auquel ils sont liés les conseillers d'Etat et les fonctionnaires de l'administration cantonale pour leur permettre de répondre aux questions des commissions et de leurs sections et de produire des dossiers soumis au secret de fonction. Les articles 136 et 137 sont réservés". Il s'agissait donc de l'exercice de tâches incombant à l'exécutif cantonal dans le cadre de la haute surveillance parlementaire, qui était soustrait à l'examen du Tribunal cantonal en vertu de l'art. 74 de la loi valaisanne du 6 octobre 1976 sur la procédure et la juridiction administratives (LPJA/VS; RS/VS 172.6). En outre, aucune décision formelle n'avait été prononcée à l'égard des recourants. L'acte du 29 janvier 2014 rendu par le Conseil d'Etat formalisait le processus de collaboration entre les pouvoirs et relevait de la haute surveillance exercée par le Grand Conseil, de sorte qu'il entrait dans le cadre de l'art. 75 let. d LPJA/VS, qui exclut la voie du recours de droit administratif contre les décisions relatives à la haute surveillance sur l'administration cantonale. Par conséquent, c'est à juste titre que le Conseil d'Etat s'était prévalu d'une situation dans laquelle il pouvait refuser de rendre une décision motivée envers les recourants au sujet de la levée du secret de fonction de divers employés du fisc et de la transmission de leurs dossiers fiscaux à la COGEST contre laquelle ils pourraient recourir. Pour ce qui est de la garantie d'accès au juge invoquée par les recourants (art. 29a Cst.féd.; cf. aussi art. 77bis LPJA/VS), elle ne leur était, d'après les précédents juges, d'aucun secours. Cette garantie ne s'appliquait pas aux décisions cantonales revêtant un caractère politique prépondérant. Or, tel était le cas de la réponse du Conseil d'Etat du 29 janvier 2014 à la requête de la COGEST, qui était sans incidence sur les droits des particuliers. 3.2. Il découle de l'objet du litige, tel que défini par l'arrêt cantonal attaqué et le recours, qu'outre la question du droit d'accès à un juge pour se plaindre de la levée du secret fiscal des recourants, le point principal consiste à déterminer si le Tribunal cantonal pouvait refuser d'entrer en matière sur le recours pour déni de justice formé par les recourants. 4. Les recourants font valoir, en substance, qu'en n'entrant pas en matière sur leur recours à l'encontre du refus par le Conseil d'Etat de rendre une décision attaquable, le Tribunal cantonal aurait arbitrairement appliqué le droit cantonal de procédure administrative, notamment ses clauses prévoyant l'irrecevabilité des recours administratifs devant cette juridiction, ainsi que violé leurs droits d'accès à un juge (art. 29a Cst.; cf. art. 86 LTF) et d'être entendus (art. 29 al. 2 Cst.). 4.1. Les recourants se contentent d'invoquer la violation de leur droit d'être entendus aux côtés de nombreux autres griefs, sans pour autant exposer en quoi leur situation propre entrerait dans son champ de protection, ni sous quel angle spécifique il aurait été violé. Il sied donc de déclarer irrecevable ce grief (art. 106 al. 2 LTF). 4.2. Les griefs recevables des recourants commandent, d'une part, de vérifier si, tel que l'affirment les autorités cantonales, le Tribunal cantonal était justifié à interpréter la procédure administrative valaisanne comme l'empêchant de connaître du fond du litige qui a été porté devant lui (consid. 4.3 infra). D'autre part, il y a lieu d'examiner si le droit fédéral tolère qu'un canton exclue la compétence de ses tribunaux dans le domaine de la haute surveillance parlementaire (consid. 4.4 infra). 4.3. S'agissant de l'interprétation du droit cantonal par les précédents juges, question que le Tribunal fédéral ne contrôle pas librement mais uniquement sous l'angle des droits constitutionnels et dans la limite des griefs invoqués (art. 106 al. 2 LTF; ATF 138 I 232 consid. 3 p. 237; 133 III 462 consid. 2.3 p. 466), les recourants se plaignent en particulier d'une violation des art. 14 al. 1, 74, 75 let. d et 77bis LPJA/VS, qui disposent: art. 14 al. 1 LPJA/VS: "Lorsque la partie s'adresse en temps utile à une autorité incompétente, le délai est réputé observé". art. 74 LPJA/VS: "Le recours de droit administratif n'est pas recevable lorsque l'affaire relève de la compétence du Grand Conseil, de la Cour des assurances sociales ou lorsqu'il existe une autre voie de droit ordinaire". art. 75 let. d LPJA/VS: "Le recours de droit administratif n'est pas recevable: (...) contre les décisions relatives à l'exercice de la haute surveillance sur l'administration cantonale". art. 77bis LPJA/VS: "Dans les causes visées aux articles 75 et 76, le recours de droit administratif est néanmoins recevable lorsque le droit fédéral exige qu'un tribunal supérieur statue comme autorité précédant immédiatement le Tribunal fédéral". 4.3.1. Appelé à revoir l'interprétation d'une norme sous l'angle restreint de l'arbitraire, le Tribunal fédéral ne s'écarte de la solution retenue par l'autorité précédente que si elle apparaît insoutenable, en contradiction manifeste avec la situation effective, adoptée sans motifs objectifs et en violation d'un droit certain (ATF 137 I 1 consid. 2.4 p. 5; arrêt 8C_1077/2009 du 17 décembre 2010 consid. 5.3). Il appartient au recourant de l'exposer et de le démontrer de manière claire et circonstanciée (cf. ATF 136 II 101 consid. 3 p. 104 s.; arrêt 8C_395/2014 du 19 mai 2015 consid. 6.2, non publié au recueil officiel). 4.3.2. Est irrecevable le grief concernant l'application arbitraire de l'art. 14 al. 1 LPJA/VS, dont les recourants ne démontrent pas, du moins de façon suffisamment motivée (art. 106 al. 2 LTF), en quoi il serait pertinent pour la résolution du cas d'espèce. L'analyse de l'art. 77bis LPJA/VS, également invoqué sous l'angle de l'arbitraire, se recoupe en substance avec l'examen ultérieur de l'art. 29a Cst. (cf. ATF 137 I 167 consid. 3.7 p. 176). 4.3.3. L'art. 75 let. d LPJA/VS exclut expressément la compétence du Tribunal cantonal pour connaître des décisions " relatives à l'exercice de la haute surveillance sur l'administration cantonale ". Quant à l'art. 74 LPJA/VS, il soustrait au contrôle judiciaire les affaires qui relèvent " de la compétence du Grand Conseil ". Etant donné que l'exercice de la haute surveillance sur l'administration cantonale est une prérogative du Grand Conseil (cf. art. 40 al. 1 et 2 de la Constitution du canton du Valais, du 8 mars 1907 [Cst./VS; RS/VS 101.1]), il n'était pas arbitraire pour le Tribunal cantonal de considérer que la haute surveillance cantonale pouvait aussi être appréhendée par l'art. 74 LPJA/VS. Encore faut-il que le présent litige évolue effectivement dans un contexte de haute surveillance parlementaire, visé par les clauses d'exclusion cantonales susmentionnées (consid. 4.3.5 infra), ce qui nécessite, dans un premier temps, de définir la notion de "haute surveillance parlementaire" (consid. 4.3.4 infra). 4.3.4. La haute surveillance parlementaire sur l'activité gouvernementale consiste essentiellement à vérifier que le pouvoir exécutif et l'administration agissent conformément au droit, qu'ils se servent à cette fin de moyens rationnels, appropriés, efficaces, économiques, qu'ils font un bon usage de leur pouvoir d'appréciation et que ces tâches produisent des résultats satisfaisants du point de vue politique (cf. MARTIN ALBRECHT, Die parlamentarische Oberaufsicht im neuen Parlamentsgesetz, in LeGes 2/2003, p. 31 ss, 32; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, La haute surveillance de l'Assemblée fédérale sur le Conseil fédéral et sur l'Administration fédérale, in Staats- und verwaltungsrechtliches Kolloquium, 14.-16. April 1986 in Interlaken, 1986, p. 113 ss, 115; BERNHARD HEUSLER, Parlamentarische Oberaufsicht und Kontrolle im Bund, in L'expert-comptable suisse 11/1993, p. 813 ss, 814 s.; pour une analyse théorique de l'institution de la haute surveillance: BERNHARD HEUSLER, Oberaufsicht und Kontrolle im schweizerischen Verfassungsrecht, 1993; MÜLLER/VOGEL, Oberaufsicht der Bundesversammlung über verselbständigte Träger von Bundesaufgaben, in ZBl 111/2010, p. 649 ss, 650; NIKLAUS OBERHOLZER, Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus strafprozessualer Sicht, avis de droit du 5 juin 2008, ch. 1.51, p. 5, consultable sur le site www.parlament.ch/d/ organe-mitglieder / kommissionen/aufsichtskommissionen/ geschaefts-pruefungskommissionen/Seiten/grundlagendokumente.aspx). Le con-trôle parlementaire de l'administration incite les organes contrôlés à exposer publiquement les motifs de leur action en la rendant compréhensible et transparente, en justifiant les mesures prises ou le fait de s'abstenir d'en prendre, et en assumant la responsabilité politiqueen cas de dysfonctionnements (cf. MASTRONARDI/SCHINDLER/LOUIS, ad art. 169 Cst., in Die schweizerische Bundesverfassung - St. Galler Kommentar, 3e éd., 2014, n. 3 p. 2751 s.; ALEXANDER RUCH, Die parlamentarische Kontrolle der mittelbaren Verwaltung im Bund, in ZBl 93/1992, p. 241 ss, 244; ULRICH ZIMMERLI, Le contrôle parlementaire, in Surveillance et contrôles de l'administration [Bellanger/Tanquerel (éd.)], 2008, p. 111 ss, 112). Les instruments et sanctions dont dispose le parlement lorsqu'il constate des irrégularités dans l'administration de l'Etat sont en principe également de nature exclusivement politique. En partant d'actes ou d'omissions spécifiques de l'administration, l'organe de haute surveillance formule des critiques, recommandations ou projets budgétaires ou de réforme législative ayant pour unique objet l'amélioration de la gestion à l'avenir. Le parlement ne peut en revanche se substituer aux organes surveillés, leur donner des directives concrètes, ni casser ou modifier leurs décisions (cf. art. 130bis al. 3 LOCRP/VS; ALBRECHT, op. cit., p. 32; AUBERT, op. cit., p. 117; HEUSLER, op. cit. [in L'expert-comptable], p. 816 s.; HEINRICH KOLLER, Verhältnis der Aufsicht zur Oberaufsicht im Verwaltungsrecht, in Annuaire svvor/asdpo 2010, p. 35 ss, 38 s.; MASTRONARDI/SCHINDLER/ LOUIS, op. cit., n. 6, p. 2752 et n. 50 p. 2763; voir aussi HANSJÖRG SEILER, Praktische Fragen der parlamentarischen Oberaufsicht über die Justiz, in ZBl 101/2000 p. 281 ss, 287). L'exercice de la haute surveillance parlementaire se limite par ailleurs à identifier la responsabilité collective de l'exécutif, voire d'une unité administrative par rapport aux éventuels dysfonctionnements de l'Etat; cette activité ne consiste donc pas à rechercher des chefs fondant la responsabilité de l'Etat ou encore la responsabilité civile, pénale ou administrative des individus qui se seraient trouvés à l'origine des comportements inadéquats ou irréguliers constatés (cf. EROL BARUH, Les commissions d'enquête parlementaires, 2007, n. 466 p. 183; THOMAS SÄGESSER, Oberaufsicht der Bundesversammlung, in RSJ 109/2013, p. 125 ss, 132 et 134 s.). 4.3.5. In casu, la levée du secret fiscal par le Conseil d'Etat, autorité compétente pour ce faire (art. 135 al. 1 LOCRP/VS), est intervenue dans un contexte spécifique, à savoir en réponse à la demande de la COGEST. Celle-ci souhaitait prendre connaissance du dossier fiscal des recourants dans le but d'évaluer l'adéquation du comportement de l'administration et du Conseil d'Etat en "l'affaire X._", activité qui tombe en principe sous la notion de "haute surveillance" exercée par le parlement sur le pouvoir exécutif. S'ajoute à cela que, dans le canton du Valais, la commission parlementaire susmentionnée (cf., pour la répartition de ses sièges entre les groupes politiques, art. 18 al. 3 LOCRP/VS) est, précisément, chargée d'exercer la haute surveillance sur la gestion du Conseil d'Etat (art. 130bis LOCRP/VS). Il s'ensuit que l'on ne saurait reprocher aux juges cantonaux d'avoir retenu arbitrairement que la levée du secret litigieuse décrétée par le gouvernement cantonal à la demande de la COGEST intervenait dans le contexte de la haute surveillance parlementaire et était, en application du droit de procédure valaisan, soustrait à tout contrôle judiciaire sur le plan cantonal. 4.4. Reste à déterminer si le refus par le Tribunal cantonal d'entrer en matière sur le recours cantonal, au motif que la cause ressortissait à la haute surveillance parlementaire, était conforme au droit fédéral, en particulier au droit d'accès au juge garanti par l'art. 29a Cst. 4.4.1. L'art. 29a Cst. donne à toute personne le droit à ce que sa cause (en all.: "bei Rechtsstreitigkeiten"; en it.: "nelle controversie giuridiche"; en romanche: "en cas da dispitas giuridicas"), c'est-à-dire un différend juridique mettant en jeu des intérêts individuels dignes de protection, soit jugée par une autorité judiciaire (cf. ATF 137 II 409 consid. 4.2 p. 411; 136 I 323 consid. 4.3 p. 328 s.; arrêts 2C_423/2012 du 9 décembre 2012 consid. 3.5, Archives 81 p. 588; 2C_457/2011 du 26 octobre 2011 consid. 4.4). La Confédération et les cantons peuvent toutefois, par la loi, exclure l'accès au juge dans des cas exceptionnels. Cette norme étend le contrôle judiciaire à toutes les matières, y compris aux actes de l'administration, en établissant une garantie générale de l'accès au juge. Elle est concrétisée par l'art. 86 al. 2 LTF selon lequel les cantons doivent instituer des tribunaux supérieurs qui statuent comme autorité précédant immédiatement le Tribunal fédéral, sauf dans les cas où une autre loi fédérale prévoit qu'une décision d'une autre autorité judiciaire peut faire l'objet d'un recours devant le Tribunal fédéral (cf. ATF 136 I 323 consid. 4.3 p. 328 s., et les références et jurisprudences citées; arrêt 1C_531/2010 du 28 décembre 2011 consid. 2.5). D'après l'art. 86 al. 3 LTF, pour les décisions revêtant un caractère politique prépondérant, les cantons peuvent instituer, sans y être tenus, une autorité autre qu'un tribunal (cf. ATF 136 I 323 consid. 4.2 p. 328; arrêts 1C_459/2011 du 4 septembre 2013 consid. 4.1.3; 1C_240/2013 du 22 avril 2013 consid. 1.2). La notion juridique de "décision revêtant un caractère politique prépondérant" est en elle-même indéterminée. Dérogeant à la garantie constitutionnelle de l'accès au juge (art. 29a, 2ème phr., Cst.; cf. ATF 136 I 323 consid. 4.3 p. 328 s., et les références et jurisprudences citées; arrêt 1C_531/2010 du 28 décembre 2011 consid. 2.5), elle ne doit trouver application que si l'aspect politique prévaut sans discussion (cf. ATF 136 I 42 consid. 1.5 p. 45 ss). 4.4.2. A l'aune de la définition qui a été donnée précédemment de la haute surveillance parlementaire, force est de retenir que celle-ci revêt par nature des caractéristiques essentiellement politiques, au sens de l'art. 86 al. 3 LTF. Ceci est corroboré tant par l'objectif habituellement poursuivi par la haute surveillance que par l'implication directe des deux autorités politiques suprêmes du canton, à savoir le parlement et le gouvernement, et par les instruments et éventuelles sanctions, politiques, qui accompagnent l'exercice de la surveillance. 4.5. Il s'ensuit que le canton du Valais était en droit d'exclure par la loi, comme il l'a fait, la possibilité de recourir devant les juridictions cantonales contre des actes qui, à l'instar du décret du Conseil d'Etat du 29 janvier 2014, présentaient un lien direct avec l'exercice de la haute surveillance parlementaire cantonale. L'arrêt attaqué n'a partant ni violé l'interdiction de l'arbitraire dans l'application du droit cantonal, ni la garantie de l'accès au juge, ni encore l'art. 86 LTF. 5. Invoquant le grief de l'interdiction du déni de justice formel (art. 29 al. 1 Cst.; cf., pour cette notion, ATF 135 I 6 consid. 2.1 p. 9; 134 I 229 consid. 2.3 p. 232; arrêt 2C_601/2010 du 21 décembre 2010 consid. 2, RF 66/2011 p. 620), les recourants se plaignent du refus par le Conseil d'Etat de rendre une décision relative à la mise à disposition de la COGEST de leurs dossiers fiscaux, au motif qu'il n'était pas nécessaire que l'acte par lequel le Conseil d'Etat avait autorisé certains fonctionnaires fiscaux à renseigner la COGEST prît la forme d'une décision. Dans ce contexte, les recourants se plaignent aussi de la violation matérielle dudit secret fiscal, en particulier sous l'angle des art. 39 al. 1 LHID (RS 642.14), 110 LIFD (RS 642.11) et 120 de la loi fiscale valaisanne du 10 mars 1976 (LF/VS; RS/VS 642.1), qui garantissent l'obligation de garder le secret des personnes chargées de l'application de la législation fiscale sans pour autant instaurer un droit procédural à une décision ou l'accès au juge. Ils se prévalent en outre du grief tiré de l'infraction à l'art. 320 CP (RS 311.0), qui réprime pénalement la violation du secret de fonction, et du droit au respect de la sphère privée (art. 13 cum 36 Cst.). Selon les intéressés, la levée du secret fiscal sans décision préalable conduirait les membres de la COGEST à divulguer librement leurs données fiscales, sans moyen de contrôle ni de sanction possible. 5.1. Dans la mesure où le Tribunal cantonal s'est, en principe à bon droit (consid. 4 supra; sous réserve d'un cas atypique de haute surveillance, cf. infra), déclaré incompétent pour traiter du recours interjeté devant lui, il peut paraître contradictoire qu'il ait néanmoins examiné au fond s'il incombait au Conseil d'Etat d'ordonner la levée du secret sous la forme d'une décision. Le constat de cette incompétence matérielle aurait pu, voire dû amener le Tribunal cantonal à transmettre d'office la cause au Tribunal fédéral en vue du traitement des griefs matériels soulevés (cf. art. 48 al. 3 LTF; ATF 140 III 636 consid. 3.2 p. 639; arrêt 2C_462/2014 du 24 novembre 2014 consid. 3.1). Quoi qu'il en soit, le Tribunal fédéral se trouvant désormais saisi de cette affaire, bien que sur recours contre l'arrêt rendu par les juges cantonaux, il vérifiera le point de savoir si la levée des secrets de fonction et fiscal par le Conseil d'Etat aurait dû, comme le prétendent les recourants, revêtir la forme d'une décision administrative. 5.2. En droit public, l'administré a en principe droit à ce que l'autorité compétente saisie se prononce lorsque, par rapport à la décision qu'il sollicite, il possède la légitimation active dans la procédure contentieuse et non contentieuse (cf., dans ce sens, THIERRY TANQUEREL, Manuel de droit administratif, 2011, n. 1407 p. 474 et n. 1484 p. 496; cf. aussi DUBEY/ZUFFEREY, Droit administratif général, 2014, n. 1947 p. 687). Dans son acception traditionnelle, la haute surveillance parlementaire sur l'administration n'a pas pour but ni pour effet de réglementer les rapports avec ou entre les justiciables, ce qui conduit en règle générale à la négation d'une telle légitimation et, par voie de conséquence, du droit à recevoir une décision dans ce domaine. Etant donné que les recourants soutiennent que la haute surveillance a été biaisée, il sied toutefois d'examiner la forme concrète qu'a prise la présente procédure de haute surveillance en "l'affaire X._". 5.3. Il ressort du courrier du 27 janvier 2014, par lequel la COGEST a requis la levée des secrets de fonction et fiscal des agents du Service cantonal à son égard, que cette commission parlementaire entendait concentrer "ses investigations uniquement sur les aspects institutionnels et administratifs et non pas sur les aspects juridiques et pénaux actuellement traités par l'autorité judiciaire". Quant au Rapport de la COGEST de décembre 2014 (p. 5), il rappelle les objectifs que cette autorité s'est fixés dans "l'affaire X._", à savoir: "- vérifier le bon fonctionnement des services étatiques concernés par le dossier X._; - estimer la pertinence des réactions y relatives du Conseil d'Etat, dont le chef du DFI; - identifier les éventuels manquements d'employés d'Etat ou de membres du Gouvernement; - proposer les recommandations favorisant une gestion plus efficiente de telles situations". 5.3.1. D'après ces documents, la COGEST s'est donc saisie de "l'affaire X._" dans la double perspective, d'une part, d'obtenir une vue d'ensemble de la problématique soulevée, aux fins de cerner et évaluer au mieux le rôle joué par l'administration et le Conseil d'Etat et, d'autre part, d'enquêter sur d'éventuels dysfonctionnements administratifsen lien avec cette affaire, notamment s'agissant de l'implication et de conflits d'intérêts potentiels du chef du Département des finances et des institutions dans ce dossier ou s'agissant de manquements éventuels imputables à d'autres agents et organismes de l'Etat, dont le Service cantonal. 5.3.2. En tant que l'enquête ciblait le (bon) fonctionnement de l'administrationen général, voire cherchait à identifier des manquements de services de l'administration cantonale pris dans leur ensemble, en leur qualité d'institutions étatiques, elle concernait des tâches à prépondérance politique qui sont traditionnellement associées à l'exercice de la haute surveillance (cf. RUCH, op. cit., p. 244 s.). En d'autres termes, ce volet de l'activité de la COGEST n'examine "l'affaire X._" qu'en tant qu'elle illustre d'éventuels dysfonctionnements de l'administration cantonale susceptibles de se reproduire. Dans cette optique, la levée du secret de fonction en faveur de la COGEST, en accord avec le droit valaisan régissant le rapport entre les organes de l'Etat, était indispensable pour lui procurer la vue d'ensemble souhaitée. 5.3.3. En revanche, le volet de l'enquête parlementaire tendant à l'identification individ uelle des agents de l'administration à l'origine d'éventuels manquements serait susceptible de déborder le cadre classique de la haute surveillance ainsi que les compétences particulières reconnues au Grand Conseil par les art. 74 et 75 LPJA/VS. Il ne peut donc être exclu qu'en leur qualité de personnes potentiellement mises en cause ou "concernées", les agents de l'administration devraient se voir conférer des droits procéduraux distincts (cf., s'agissant spécifiquement de la procédure d'enquête parlementaire, art. 133bis LOCRP/VS par analogie). Toutefois, les recourants ne font pas partie du cercle des "employés d'Etat" ni des membres du Conseil d'Etat dont les actes ou omissions seraient, selon le Rapport de la COGEST, soumis à investigation. Sur ce point également, les recourants ne sont ainsi pas directement concernés par l'enquête (cf. BARUH, op. cit., n. 496 s. p. 193 s.; ZIMMERLI, op. cit., p. 142; s'agissant d'enquêtes administratives, ATF 129 I 249 consid. 2 p. 252 [admission cependant quant à l'intérêt à pouvoir consulter le dossier d'enquête]; arrêt 1A.137/2004 du 25 juin 2004 consid. 1). 5.3.4. De surcroît, aucun élément constaté par le Tribunal cantonal ne permet de retenir que l'enquête parlementaire considérée aurait été mise en oeuvre à des fins déguisées ou étrangères à son objectif primordial, notamment qu'elle pût déboucher, par le biais du Rapport de la COGEST, sur une "mise au pilori" institutionnelle des recourants (cf., à ce titre, BARUH, op. cit., n. 465 p. 182 et n. 611 ss p. 241 s.; voir arrêt 1P.274/1990 du 23 août 1991 consid. 1 et 2; cf., s'agissant de la notion de "naming and shaming", arrêts 2C_71/2011 du 26 janvier 2012 consid. 5.3.1; 2C_30/2011 du 12 janvier 2012 consid. 5.2.1; 2C_929/2010 du 13 avril 2011 consid. 5.2.1). Les recourants ne rendent pas non plus vraisemblable et ne peuvent s'appuyer sur aucun élément pour défendre la thèse que la COGEST entendait utiliser les informations relatives à leur situation fiscale à leur détriment, soit en dépassement des tâches traditionnelles attribuées à la haute surveillance. Une telle hypothèse - atypique pour les activités liées à la haute surveillance -, à supposer que les recourants l'eussent démontrée, aurait affecté leurs droits fondamentaux, notamment leur droit à la protection de la sphère privée. 5.3.5. Or, ce n'est que dans les cas exorbitants ou "détournés" susmentionnés que des tiers pourraient être considérés comme des "personnes concernées" et seraient légitimés à faire appel à un juge pour qu'il procède, en particulier, à une pesée des intérêts entre celui de l'Etat à la divulgation et/ou utilisation des informations litigieuses et la protection de la sphère privée (voir, à ce sujet, GIOVANNI BIAGGINI, Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus verfassungsmässiger Sicht, avis de droit du 5 juin 2008, p. 15, 22, 24 et 32 s.; IDEM, Möglichkeiten und Grenzen parlamentarischer Oberaufsicht im Bereich des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI), avis de droit du 26 août 2013, p. 24, textes consultables sur le site www.parlament.ch/f/organe-mitglieder/kommissionen/aufsichtskommissionen/ges chaeftspruefungskommissionen/Pages/grundlagendokumente.aspx). 5.3.6. Par ailleurs, en tant que les recourants semblent spécifiquement déduire leur légitimation à agir et, partant, un droit de recevoir une décision concernant la levée de leur secret fiscal en invoquant la violation matérielle dudit secret fiscal, leur argument tombe à faux. D'après la jurisprudence, lorsque des devoirs de révélation, de dénonciation ou d'annonce sont prévus par la loi, les fonctionnaires ou mem-bres d'une autorité ne sont pas tenus d'obtenir au préalable l'autorisation de la part de leur autorité supérieure afin de pouvoir divulguer l'information considérée; ils ne violent partant pas leur secret de fonction (art. 320 CP) en y procédant (cf. ATF 140 IV 177 consid. 3.3 p. 180; voir déjà ATF 114 IV 44 consid. 3b p. 48; OBERHOLZER, op. cit., ch. 1.4, p. 4). Cette jurisprudence est transposable, mutatis mutandis, au cas d'espèce. En effet, une autorité de haute surveillance parlementaire, la COGEST, a requis des autorités exécutives et administratives surveillées, dans l'optique d'en vérifier le fonctionnement correct sur fond de "l'affaire X._", que celles-ci lui remettent les documents fiscaux concernant ladite affaire. Or, le droit de demander la remise de telles informations découle d'une base légale formelle, notamment des attributions qui sont reconnues aux commissions de haute surveillance parlementaire à l'art. 130 let. a LOCRP/VS, en contrepartie desquelles les députés et membres de commissions sont du reste tenus au secret de fonction, au sens de l'art. 134 LOCRP/VS. Sous réserve des situations atypiques précitées (cf. consid. 5.3.3 ss supra), la divulgation, improprement dite, d'un secret, en l'occurrence du dossier fiscal des recourants, à la COGEST n'affectait dès lors pas les recourants dans leur droit au secret fiscal et ne saurait leur conférer de droit à obtenir une décision sur ce point de la part du Conseil d'Etat. 5.4. Par conséquent, en l'absence de lien suffisamment étroit entre la procédure de haute surveillance litigieuse et les recourants et à défaut de toute forme déguisée de haute surveillance affectant ces derniers, ils ne disposaient pas de la légitimation active pour exiger du Conseil d'Etat qu'il leur notifiât une décision administrative au sujet de la levée des secrets. Les griefs invoqués à ce titre doivent ainsi tous être écartés. 5.5. Au demeurant, on indiquera qu'en tant que les recourants seraient d'avis que la COGEST aurait conservé, traité, voire divulgué leurs données en violation de leur secret fiscal, notamment en outrepassant le cadre de sa mission politique, en faisant fi des précautions d'usage ou du principe de la proportionnalité, ils disposeraient de divers moyens civils, pénaux et administratifs pour faire contrôler et, le cas échéant, sanctionner une telle atteinte. 5.6. Dans ces circonstances, le recours doit être rejeté, dans la mesure où il est recevable. 6. Succombant, les recourants doivent supporter les frais judiciaires, solidairement entre eux (art. 66 al. 1 et 5 LTF). Aucun dépens ne sera alloué (art. 68 al. 1 et 3 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce : 1. Le recours est rejeté dans la mesure où il est recevable. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 3'000 fr., sont mis à la charge des recourants, solidairement entre eux. 3. Le présent arrêt est communiqué aux mandataires des recourants, au Grand Conseil, Commission de gestion, au Conseil d'Etat ainsi qu'au Tribunal cantonal du canton du Valais, Cour de droit public. Lausanne, le 24 août 2015 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président : Zünd Le Greffier : Chatton
5bb81de4-b58b-4610-b15a-21e82462da4f
de
2,010
CH_BGer_005
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Mit Urteil vom 22. Mai 2003 schied die delegierte Richterin des Amtsgerichtspräsidenten II von Luzern-Land die Ehe von X._ (geb. 1960) und Y._ (geb. 1961). Gemäss Ziff. 2.4 des Dispositivs wurde Y._ dazu verurteilt, seiner geschiedenen Ehefrau für den Unterhalt der drei gemeinsamen Kinder A._ (geb. 1989), B._ (geb. 1992) und C._ (geb. 1993) monatliche und indexierte Unterhaltsbeiträge von je Fr. 180.-- bis Ende Juli 2003 und danach je Fr. 200.-- zu bezahlen, jeweils zuzüglich Kinder- und Ausbildungszulagen. Nach der Scheidung heiratete Y._ erneut. Aus der Ehe mit D._ gingen die Kinder E._ (geb. 2006) und F._ (geb. 3. Juni 2008) hervor. B. Am 15. Februar 2007 leitete Y._ beim Amtsgericht Hochdorf ein Verfahren auf Abänderung des Scheidungsurteils vom 22. Mai 2003 ein. Er stellte den Antrag, er sei von der Unterhaltspflicht gegenüber seinen drei Kindern aus erster Ehe zu befreien und lediglich zu verpflichten, X._ die Kinder- und Ausbildungszulagen zu überweisen. Zur Begründung seiner Klage führt Y._ aus, seine wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich seit der Scheidung von X._ dauerhaft und wesentlich verändert. Erstens habe er inzwischen wieder geheiratet und eine neue Familie gegründet. Zweitens habe sich sein Einkommen im Vergleich zum Zeitpunkt des Scheidungsurteils vermindert. Mit Eingabe vom 10. September 2007 beantragte X._ die Abweisung der Klage. Widerklageweise stellte sie das Begehren, die Unterhaltsbeiträge für die Kinder B._ und C._ seien ab 1. Januar 2008 auf Fr. 400.-- pro Monat zu erhöhen; ausserdem sei Y._ zu verpflichten, ihr Fr. 1'000.-- an die Kosten für einen Sprachaufenthalt der Tochter A._ zu bezahlen. Das Amtsgericht Hochdorf hiess die Klage mit Urteil vom 10. November 2009 gut. Es verurteilte Y._ lediglich dazu, X._ ab 15. Februar 2007 die Kinder- bzw. Ausbildungszulagen für die drei gemeinsamen Kinder zu überweisen; im Übrigen befreite es Y._ von der Pflicht zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen. Die Begehren von X._ wies das Amtsgericht Hochdorf ab. C. Am 3. Dezember 2009 appellierte X._ beim Obergericht des Kantons Luzern gegen das erstinstanzliche Urteil. Sie verlangte, Y._ sei zu verpflichten, ihr für die Kinder B._ und C._ ab 1. Januar 2008 monatliche Unterhaltsbeiträge von je Fr. 300.-- zuzüglich Kinder- bzw. Ausbildungszulagen zu bezahlen. Y._ beantragte die Abweisung der Appellation. Mit Urteil vom 2. März 2010 wies das Luzerner Obergericht die Appellation ab. D. Mit Beschwerde vom 12. April 2010 wendet sich X._ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und Y._ (nachfolgend: Beschwerdegegner) sei zur Bezahlung der bereits vor Obergericht geforderten Unterhaltsbeiträge zuzüglich Kinder- und Ausbildungszulagen zu verurteilen; im Übrigen sei die Urteilsabänderungsklage abzuweisen. Die Beschwerdeführerin stellt weiter das Eventualbegehren, die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Schliesslich verlangt sie, es sei ihr für das Verfahren vor Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Auf Einladung hin, sich zur Beschwerde vom 12. April 2010 vernehmen zu lassen, hat der Beschwerdegegner mit Eingabe vom 7. Juli 2010 in der Hauptsache den Antrag gestellt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen. Weiter ersucht der Beschwerdegegner das Bundesgericht um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Das Obergericht des Kantons Luzern hat sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 und 90 BGG) in einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG). 1.2 Die vorliegende Streitigkeit betrifft die Aufhebung bzw. Neufestsetzung des Unterhaltsbeitrages (Art. 134 Abs. 2 i.V.m. Art. 286 Abs. 2 ZGB). Sie ist vermögensrechtlicher Natur und unterliegt grundsätzlich der Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Das Obergericht beziffert den Streitwert nach Art. 51 Abs. 1 BGG für die monatlichen Unterhaltsbeiträge der Kinder B._ und C._ auf Fr. 18'900.--. Die Beschwerdeführerin anerkennt diesen Betrag ausdrücklich als richtig. Auf diese unbestrittene Streitwertschätzung ist abzustellen, zumal dem Bundesgericht im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, die es rechtfertigen würden, von der vorinstanzlichen Angabe des Streitwerts abzuweichen (Urteil 5A_587/2008 vom 29. September 2008 E. 1.1). 1.3 Erreicht der Streitwert den nach Art. 74 Abs. 1 BGG massgebenden Betrag nicht, so ist die Beschwerde in Zivilsachen dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG stellt. Die Beschwerdeführerin trägt vor, als Rechtsfrage im Sinne dieser Vorschrift sei vorliegend zu klären, ob minderjährige Kinder aus erster Ehe bei der Berechnung der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern desselben Elternteils aus zweiter Ehe benachteiligt werden dürfen, wenn wegen der ungenügenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners (in diesem Fall des Vaters) eine Mangelsituation vorliegt. Die Beschwerdeführerin macht mithin geltend, die Vorinstanz habe die in Art. 285 ZGB enthaltenen Vorschriften über die Bemessung des Kinderunterhaltsbeitrages offensichtlich falsch angewendet und in rechtswidriger Weise an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Rentenschuldners als unüberwindbarer Schranke für die Erfüllung aller seiner familienrechtlicher Unterhaltspflichten festgehalten. Die Frage, in welchem Verhältnis die Leistungsfähigkeit des Rentenschuldners zu seinen Unterhaltspflichten gegenüber seinen aus verschiedenen Verbindungen hervorgegangenen minderjährigen Kindern steht, ist in der Tat von grundsätzlicher Bedeutung. Die Beschwerde in Zivilsachen ist somit gestützt Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG zulässig. 1.4 Die Beschwerdeführerin ist im vorinstanzlichen Verfahren mit der Geltendmachung ihres Rechtsanspruches unterlegen und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides (Art. 76 Abs. 1 BGG). Auf die rechtzeitig (Art. 100 BGG) eingereichte Beschwerde ist demnach grundsätzlich einzutreten. 1.5 Im ordentlichen Beschwerdeverfahren sind vor Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig. Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft behauptete Rechtsverletzungen (Art. 42 Abs. 2 BGG) mit freier Kognition. Hingegen legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Beschwerdeführer lediglich einwenden, sie seien offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (vgl. BGE 134 V 53 E. 4.3 S. 62; 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252), oder würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Urteil 5A_374/2010 vom 9. Juli 2010 E. 1). In der Beschwerde ist überdies darzutun, inwiefern die Behebung des gerügten Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2 S. 22). Für Vorbringen betreffend die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gilt indessen das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft demnach nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen; auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). 2. Die Beschwerdeführerin rügt zunächst eine Verletzung der Begründungspflicht als Teilgehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Sie wirft dem Obergericht vor, es sei nicht auf die von ihr vorgebrachten Argumente betreffend die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 8 BV und Art. 2 Abs. 2 des Übereinkommens vom 28. November 1989 über die Rechte des Kindes (SR 0.107; nachfolgend: "UNO-Kinderrechtskonvention") eingegangen. In Anbetracht der formellen Natur des Gehörsanspruches ist diese Rüge vorweg zu prüfen (BGE 122 II 464 E. 4a S. 469; 121 I 230 E. 2a S. 232). Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV folgt, dass die Behörde die Vorbringen der Person, die vom Entscheid in ihrer Rechtsstellung betroffen ist, auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242 mit Hinweisen). Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründungspflicht erfordert nicht, dass sich die Behörde mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Die Behörde kann sich auf die Gesichtspunkte beschränken, die für den Entscheid wesentlich sind. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt. Die genannten Grundsätze gelten auch für eine Rechtsmittelinstanz (BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; 130 II 530 E. 4.3 S. 540; 129 I 232 E. 3.2 S. 236; 126 I 97 E. 2b S. 102 f., je mit Hinweisen). Zwar trifft es zu, dass sich die Vorinstanz im Urteil vom 2. März 2010 mit dem Vorwurf der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bzw. des Diskriminierungsverbotes nicht im Einzelnen auseinandergesetzt hat. Sie hat aber ihren Entscheid in sich geschlossen begründet und dabei zum Ausdruck gebracht, dass das Existenzminimum des Beschwerdegegners und seiner neuen Familie unantastbar sei, was notwendigerweise zur Folge habe, dass die Kinder der ersten Familie erst berücksichtigt werden können, wenn keine Mankosituation vorliegt. Die Beschwerdeführerin war denn auch ohne weiteres in der Lage, das obergerichtliche Urteil in allen Teilen umfassend und sachgerecht anzufechten. Dies zeigen ihre Rügen bzw. Ausführungen vor Bundesgericht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb die Vorinstanz die Begründungspflicht verletzt haben soll (vgl. Urteil 5A_206/2009 vom 23. April 2009 E. 2.2). Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erweist sich als unbegründet. 3. Die Beschwerdeführerin rügt auch eine Verletzung von Art. 2 der UNO-Kinderrechtskonvention. Nach Absatz 1 dieser Bestimmung achten die Vertragsstaaten alle in diesem Übereinkommen festgelegten Rechte und gewährleisten sie jedem ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Kind ohne jede Diskriminierung unabhängig von der Rasse, der Hautfarbe, dem Geschlecht, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen, ethnischen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, einer Behinderung, der Geburt oder des sonstigen Status des Kindes, seiner Eltern oder seines Vormunds. Art. 2 Abs. 2 der UNO-Kinderrechtskonvention bestimmt, dass die Vertragsstaaten alle geeigneten Massnahmen treffen, um sicherzustellen, dass das Kind vor allen Formen der Diskriminierung oder Bestrafung wegen des Status, der Tätigkeiten, der Meinungsäusserungen oder der Weltanschauung seiner Eltern, seines Vormunds oder seiner Familienangehörigen geschützt wird. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Befreiung des Beschwerdegegners von der Pflicht zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen gegenüber seinen erstehelichen Kindern führe zu einer "Diskriminierung wegen des Status der Eltern" im Sinne von Art. 2 der UNO-Kinderrechtskonvention. Sie äussert sich indessen nicht zur Frage, ob die angerufene Konventionsbestimmung überhaupt direkt anwendbar ist (vgl. BGE 123 III 445 E. 2b/bb S. 449 mit Hinweisen). Diese Frage kann jedoch offengelassen werden: Die Beschwerdeführerin tut nicht dar, inwiefern sich aus der UNO-Kinderrechtskonvention ein Schutz ergibt, der über das Diskriminierungsverbot hinausgeht, wie es schon in Art. 8 BV verankert bzw. seinem Gehalt nach in Art. 285 ZGB enthalten ist. Ebenso wenig erläutert die Beschwerdeführerin im Einzelnen, inwiefern dieser (gegebenenfalls erweiterte) konventionsrechtliche Schutzbereich verletzt sein soll. Die Rüge der Verletzung von Art. 2 der UNO-Kinderrechtskonvention genügt den Anforderungen an die Begründung von Verfassungsrügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. E. 1.5) nicht. Deshalb kann das Bundesgericht auf diese Rüge nicht eintreten. 4. Die Beschwerdeführerin beanstandet weiter, die Unterhaltsregelung, die zum einen den Notbedarf der Kinder des Beschwerdegegners aus seiner zweiten Ehe decke und zum andern den Beschwerdegegner von der Unterhaltspflicht gegenüber seinen unmündigen Kindern aus erster Ehe entbinde, verstosse gegen das in Art. 8 Abs. 2 BV enthaltene verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot. Die Befreiung des Beschwerdegegners von seiner Unterhaltspflicht würdige die erstehelichen Kinder zu Kindern "zweiter Klasse" herab und wirke sich nicht nur psychisch, sondern auch materiell diskriminierend aus: Mangels Alimentenbevorschussung seien die Kinder aus erster Ehe auf Sozialhilfeleistungen angewiesen, die bei verbesserten finanziellen Verhältnissen zurückerstattet werden müssen. Zur Begründung ihrer Rüge führt die Beschwerdeführerin weiter aus, allein der Umstand, dass der Beschwerdegegner mit seinen Kindern aus zweiter Ehe zusammenlebt, sei kein sachlicher Grund, die gemeinsamen Kinder aus erster Ehe unterhaltsrechtlich schlechter zu stellen. Auch die Maxime, wonach familienrechtliche Unterhaltspflichten durch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners begrenzt sind, vermöge die qualifizierte Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen. Vielmehr hätten mehrere Kinder des gleichen Elternteils mit Bezug auf die elterliche Unterhaltspflicht Anspruch auf Gleichbehandlung. 4.1 Das in Art. 8 Abs. 2 BV enthaltene allgemeine Diskriminierungsverbot entfaltet seine Schutzwirkung grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Die Vorschrift hat keine unmittelbare Drittwirkung in den Beziehungen zwischen Privatpersonen, weshalb sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, die sich gegen einen Entscheid in einer Streitigkeit zwischen Privaten richtet, grundsätzlich nicht auf diese Vorschrift berufen kann. Indessen sind bei der Auslegung der Vorschriften des Zivilrechts die besonderen Anforderungen zu berücksichtigen, die sich aus den Grundrechten ergeben. Wie auch aus der Beschwerdeschrift hervorgeht, kommt dem Beschwerdegrund der Verletzung von Art. 8 Abs. 2 BV keine eigenständige Bedeutung zu. Im Ergebnis wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz nämlich vor, sie habe den Grundsatz der Gleichbehandlung aller unterhaltsberechtigten Kinder, wie er sich aus Art. 285 ZGB ergebe, ohne sachlichen Grund in qualifizierter Weise verletzt und damit die zivilrechtlichen Vorschriften über die Bemessung des Unterhaltsbeitrages offensichtlich falsch angewendet. Mit dieser Begründung verlangt die Beschwerdeführerin, der Unterhalt der erstehelichen Kinder sei dem Beschwerdegegner im analogen Rahmen zum Unterhalt der zweitehelichen Kinder zu überbinden, das heisst in der Höhe des monatlichen Grundbetrages zuzüglich Anteil Krankenkassenprämien. 4.1 Das in Art. 8 Abs. 2 BV enthaltene allgemeine Diskriminierungsverbot entfaltet seine Schutzwirkung grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Die Vorschrift hat keine unmittelbare Drittwirkung in den Beziehungen zwischen Privatpersonen, weshalb sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, die sich gegen einen Entscheid in einer Streitigkeit zwischen Privaten richtet, grundsätzlich nicht auf diese Vorschrift berufen kann. Indessen sind bei der Auslegung der Vorschriften des Zivilrechts die besonderen Anforderungen zu berücksichtigen, die sich aus den Grundrechten ergeben. Wie auch aus der Beschwerdeschrift hervorgeht, kommt dem Beschwerdegrund der Verletzung von Art. 8 Abs. 2 BV keine eigenständige Bedeutung zu. Im Ergebnis wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz nämlich vor, sie habe den Grundsatz der Gleichbehandlung aller unterhaltsberechtigten Kinder, wie er sich aus Art. 285 ZGB ergebe, ohne sachlichen Grund in qualifizierter Weise verletzt und damit die zivilrechtlichen Vorschriften über die Bemessung des Unterhaltsbeitrages offensichtlich falsch angewendet. Mit dieser Begründung verlangt die Beschwerdeführerin, der Unterhalt der erstehelichen Kinder sei dem Beschwerdegegner im analogen Rahmen zum Unterhalt der zweitehelichen Kinder zu überbinden, das heisst in der Höhe des monatlichen Grundbetrages zuzüglich Anteil Krankenkassenprämien. 4.2 4.2.1 Die Grundsätze zur Bemessung des elterlichen Unterhaltsbeitrages sind in Art. 285 Abs. 1 ZGB geregelt. Nach der Rechtsprechung ergibt sich aus dieser Vorschrift, dass alle unterhaltsberechtigten Kinder eines Elternteils im Verhältnis zu ihren objektiven Bedürfnissen finanziell gleich zu behandeln sind. Ungleiche Unterhaltsbeiträge sind somit nicht von vorneherein ausgeschlossen, bedürfen aber einer besonderen Rechtfertigung (BGE 126 III 353 E. 2b S. 358 f. mit Hinweisen). Die Höhe des Unterhaltsbeitrages hängt freilich nicht nur von der Leistungsfähigkeit des in die Unterhaltspflicht genommenen, sondern auch von den finanziellen Umständen des obhuts- bzw. sorgeberechtigten Elternteils ab (BGE 126 III 353 E. 2b S. 359 mit Hinweisen). Über die Schranke der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils kann sich das Gericht bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrags für die Kinder nach Art. 285 Abs. 1 ZGB aber in aller Regel nicht hinwegsetzen (BGE 127 III 68 E. 2c S. 70 f.; 123 III 1 E. 3b/bb S. 5 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist dem Rentenschuldner mit Bezug auf alle familienrechtlichen Unterhaltskategorien zumindest das betreibungsrechtliche Existenzminimum stets voll zu belassen vgl. BGE 126 III 353 E. 1a/aa S. 356, bestätigt in 135 III 66 E. 2 ff. S. 67 ff. mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung ist dahingehend zu verdeutlichen, dass der Rentenschuldner lediglich für seine eigene Person die Sicherung der Existenz beanspruchen kann. Er ist also nur im für ihn allein massgeblichen betreibungsrechtlichen Existenzminimum zu schützen. 4.2.2 Diesem Grundsatz und dem aus Art. 285 ZGB folgenden Gleichbehandlungsprinzip ist insbesondere bei angespannten finanziellen Verhältnissen dadurch Rechnung zu tragen, dass zur Ermittlung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rentenschuldners zunächst von dessen betreibungsrechtlichem Grundbetrag auszugehen ist. Massgeblich ist je nach den konkreten Umständen der Grundbetrag für einen alleinstehenden Schuldner, derjenige für einen alleinerziehenden Schuldner oder derjenige für einen verheirateten, in einer eingetragenen Partnerschaft oder als Paar mit Kindern lebenden Schuldner. In den drei zuletzt genannten Fällen ist dem Unterhaltsschuldner jedoch nur die Hälfte des Grundbetrages anzurechnen, denn der (neue) Ehegatte, eingetragene Partner bzw. Lebensgefährte des Rentenschuldners soll gegenüber dessen Kindern jedenfalls nicht privilegiert werden. Zum Grundbetrag sind alsdann die üblichen betreibungsrechtlichen Zuschläge hinzuzuzählen, soweit sie für den Unterhaltsschuldner allein massgeblich sind. Dazu zählen namentlich seine Wohnkosten, seine unumgänglichen Berufsauslagen sowie die Kosten für seine Krankenversicherung und - bei selbständiger Erwerbstätigkeit - für seine Altersvorsorge. Benützt der Unterhaltsschuldner seine Wohnung zusammen mit seinem Ehegatten oder mit anderen erwachsenen Personen, so ist ihm nach Massgabe deren - tatsächlicher oder hypothetischer - wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit lediglich ein angemessener Anteil an den gesamten Wohnkosten als eigenes Existenzminimum anzurechnen. Bei der Ermittlung des Existenzminimums des Rentenschuldners sind demnach weder kinderbezogene Positionen (namentlich der betreibungsrechtliche Grundbetrag und die Krankenkassenprämie) der im gleichen Haushalt wohnenden Kinder des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen noch allfällige Unterhaltsbeiträge miteinzubeziehen, die der Unterhaltsschuldner seinen in einem anderen Haushalt lebenden vor- oder ausserehelichen Kindern zu bezahlen hat (BGE 127 III 68 E. 2c. S. 71; Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.1 mit Hinweisen). Ausser Acht bleiben müssen aber auch diejenigen Positionen, die ausschliesslich den Ehegatten betreffen und für die der Rentenschuldner allenfalls nach den in Art. 163 ff. ZGB enthaltenen Vorschriften aufzukommen hätte, soweit der Ehegatte seinen eigenen Unterhalt nicht aus eigenen Kräften bestreitet bzw. bestreiten kann. Das Gleiche gilt sinngemäss im Falle einer eingetragenen Partnerschaft des Rentenschuldners (vgl. Art. 13 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004 [SR 211.231]). 4.2.3 Soweit das massgebliche Einkommen des Unterhaltsschuldners sein nach der geschilderten Berechnungsweise (E.4.2.1) ermitteltes eigenes Existenzminimum übersteigt, ist dieser Überschuss zunächst unter alle unterhaltsberechtigten Kinder (nach Massgabe ihrer jeweiligen Bedürfnisse und der Leistungsfähigkeit des anderen Elternteils) zu verteilen; gegebenenfalls muss der Schuldner zu diesem Zweck auch auf Abänderung früherer Urteile klagen, die zu hohe Beiträge festsetzen (Urteil 5A_62/2007 vom 24. August 2008 E. 6.2; Urteil 5C.197/2004 vom 9. Februar 2005, E. 3.1; Urteil 5C.127/2003 vom 15. Oktober 2003, E. 4.1.4). Vom Bedarf jedes unterhaltsberechtigten Kindes ist dabei in jedem Fall dessen Kinder- oder Ausbildungszulage abzuziehen, denn diese Leistungen, die ausschliesslich für den Unterhalt des Kindes bestimmt sind, werden nach der Rechtsprechung nicht zum Einkommen des bezugsberechtigten Elternteils hinzugezählt, sondern sind bei der Ermittlung des durch den Unterhaltsbeitrag zu deckenden Bedarfs des Kindes vorweg in Abzug zu bringen (BGE 128 III 305 E. 4b S. 310; Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.1 mit Hinweisen). Reicht der allfällige Überschuss des unterhaltspflichtigen Elternteils nicht aus, um die Bedürfnisse all seiner Kinder zu decken, so ist das Manko auf alle Kinder und somit auf alle betroffenen Familien zu verteilen. Verbleibt überhaupt kein Überschuss, so können auch keine Unterhaltsbeiträge zugesprochen werden. 4.2.4 Die erläuterten Grundsätze gelten nicht nur für das aussereheliche Kind, das unterhaltsmässig gleichgestellt werden will wie seine älteren Halbgeschwister aus einer anderen Verbindung seines Vaters. Die Prinzipien sind in gleicher Weise anzuwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Gleichbehandlung der älteren Kinder aus der ersten Ehe mit den jüngeren Halbgeschwistern aus der zweiten Ehe desselben Vaters in Frage steht (vgl. Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.1). 4.2.4 Die erläuterten Grundsätze gelten nicht nur für das aussereheliche Kind, das unterhaltsmässig gleichgestellt werden will wie seine älteren Halbgeschwister aus einer anderen Verbindung seines Vaters. Die Prinzipien sind in gleicher Weise anzuwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Gleichbehandlung der älteren Kinder aus der ersten Ehe mit den jüngeren Halbgeschwistern aus der zweiten Ehe desselben Vaters in Frage steht (vgl. Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.1). 4.3 4.3.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Im vorliegenden Fall anerkennt die Beschwerdeführerin die zahlenmässige Bestimmung der entscheiderheblichen Beträge, wie sie von der Vorinstanz für die Bemessung des elterlichen Unterhaltsbeitrages vorgenommen wurde, ausdrücklich als "nicht streitig". Den diesbezüglichen Feststellungen ist zu entnehmen, dass der Beschwerdegegner bei voller Ausschöpfung seiner Arbeitskraft ein Monatseinkommen von Fr. 3'348.-- (exkl. Kinderzulagen) erzielen kann und seine jetzige Ehefrau keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Das Existenzminimum der gesamten Familie, das heisst des Beschwerdegegners, dessen zweiter Ehefrau und der von dieser geborenen Kinder, beläuft sich gemäss vorinstanzlichen Berechnungen auf Fr. 3'534.-- (bis Ende Mai 2008), Fr. 3'876.-- (bis Ende September 2009) bzw. Fr. 4'326.-- (ab Oktober 2009). Das Obergericht hat ausserdem festgestellt, der Ehefrau des Beschwerdegegners könne zugemutet werden, eine Teilzeiterwerbstätigkeit aufzunehmen und ein (hypothetisches) Einkommen von monatlich Fr. 1'000.-- zu erzielen; diese zusätzlichen Einnahmen seien den Einkünften der Familie des Beschwerdegegners ab Juni 2010 anzurechnen. Gestützt auf diese Feststellung gelangt die Vorinstanz zum Schluss, dass der Beschwerdegegner selbst unter Berücksichtigung des hypothetischen Einkommens seiner Ehefrau ab Juni 2010 bloss den Notbedarf seiner Familie (Fr. 4'326.--) decken kann und somit nicht in der Lage ist, die Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern aus erster Ehe zu erfüllen. 4.3.2 Aus diesen vorinstanzlichen Schlussfolgerungen bzw. aus den erstinstanzlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts vom 10. November 2009, auf welche die Vorinstanz ihre Erkenntnisse abstützt, geht hervor, dass das Obergericht des Kantons Luzern bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdegegners die in E. 4.2 dargelegten Regeln nicht befolgt und damit die in Art. 285 ZGB enthaltene Vorschrift falsch angewendet hat. Die vorinstanzliche Rechtsverletzung beruht zunächst darauf, dass das Obergericht nicht das Existenzminimum des Beschwerdegegners allein, sondern dasjenige seiner gesamten (zweiten) Familie ermittelt und bei der Prüfung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Ganzes berücksichtigt hat. Anstatt alle kinder- und ehegattenbezogenen Positionen von der Berechnung auszuklammern, ist das Obergericht unter Einrechnung dieser Elemente zum falschen Schluss gelangt, der Beschwerdegegner könne selbst unter Anrechnung des hypothetischen Einkommens seiner zweiten Ehefrau ab Juni 2010 bloss den Notbedarf seiner Familie decken und daher die Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern aus erster Ehe nicht erfüllen. Sodann hat das Obergericht auch gegen das Bundeszivilrecht verstossen, indem es die Kinderzulagen, die der Beschwerdegegner für seine zweitehelichen Kinder beanspruchen kann, von deren Grundbedarf nicht in Abzug gebracht hat. Diese Rechtsfehler haben zur Folge, dass der Beschwerdegegner gemäss dem angefochtenen Urteil jedenfalls bei Mitberücksichtigung eines (hypothetischen) Einkommens seiner Ehefrau und bei Anrechnung der Kinderzulagen den Unterhalt seiner zweitehelichen Kinder über deren betreibungsrechtlichen Grundbedarf hinaus decken kann, während der Grundbedarf der erstehelichen Kinder überhaupt nicht oder - unter Berücksichtigung allfälliger Kinder- bzw. Ausbildungszulagen - nur teilweise gesichert ist. 4.4 Im Ergebnis erweist sich die Beschwerde als begründet. Im Rahmen der Ermittlung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdegegners nach den dargelegten Regeln (E. 4.2) wird das Obergericht auch zu berücksichtigen haben, dass den Einkünften der Familie des Beschwerdegegners ab Juni 2010 ein hypothetisches Einkommen seiner Ehefrau von monatlich Fr. 1'000.-- anzurechnen ist. Das Obergericht wird prüfen müssen, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass die Ehefrau dem Beschwerdegegner in der Erfüllung seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinen vorehelichen Kindern beizustehen hat, entsprechend der in Art. 278 Abs. 2 ZGB enthaltenen Vorschrift und der dazu entwickelten Grundsätze (vgl. dazu Urteil 5A_352/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 6.2.2 mit Hinweisen). In welcher Höhe die Beistandspflicht der Ehefrau des Beschwerdegegners im Einzelnen anzusetzen ist, bestimmt sich zunächst nach dem massgeblichem Grundbedarf der Kinder aus erster Ehe. Davon sind nach dem Gesagten (E. 4.2.3) wiederum allfällige Familienzulagen in Abzug zu bringen, die der Beschwerdegegner bezieht und der Beschwerdeführerin überweist. Ob er dies tatsächlich getan hat bzw. immer noch tut, nachdem die beiden jüngeren Kinder aus erster Ehe bereits am 28. Januar 2008 (B._) bzw. 7. Februar 2009 (C._) ihr sechszehntes Altersjahr vollendet haben, geht weder aus dem angefochtenen Entscheid noch aus den übrigen Akten hervor. Gestützt auf die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann das Bundesgericht in der Sache selbst deshalb kein Urteil fällen. 5. Die Beschwerde ist gestützt auf die vorstehenden Erwägungen teilweise gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und zur ergänzenden Tatsachenfeststellung und neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt es sich, die Gerichtsgebühr vor Bundesgericht den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen und die Parteikosten wettzuschlagen, so dass jede Partei die eigenen Parteikosten für das bundesgerichtliche Verfahren selbst trägt (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG). 6. 6.1 Beide Parteien ersuchen um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. In materieller Hinsicht setzt die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zunächst voraus, dass die betreffende Partei ihre Bedürftigkeit nachweist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Bedürftig ist nach der Rechtsprechung diejenige Partei, welche die Leistung der erforderlichen Prozess- und Parteikosten nur erbringen kann, wenn sie die Mittel angreift, die sie zur Deckung des Grundbedarfs für sich und ihre Familie benötigt. Es obliegt der Antrag stellenden Partei, ihre aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend aufzuzeigen und ihre finanziellen Verpflichtungen zu belegen. Kommt sie diesen Obliegenheiten nicht nach, ist der Antrag abzuweisen (BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164 f.; Urteil 6B_482/2007 vom 12. August 2008 E. 21.2). 6.2 Nachdem die Beschwerdeführerin teilweise obsiegt und der Beschwerdegegner seinen hälftigen Anteil an der Gerichtsgebühr sowie seine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren selbst trägt, wird das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren insoweit gegenstandslos. Im Übrigen ist der Antrag der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen. Obwohl das Bundesgericht die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 14. April 2010 aufgefordert hat, die in Aussicht gestellte Darlegung ihrer aktuellen Einkommens- und Auslagenverhältnisse innerhalb von 15 Tagen seit Zustellung der Verfügung nachzureichen, ist sie dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Damit hat die Beschwerdeführerin den Nachweis ihrer Bedürftigkeit nicht erbracht. 6.3 Aus den vorstehenden Erwägungen geht hinreichend hervor, dass der Beschwerdegegner nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, um den Prozess aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sind erfüllt. Gestützt auf Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG ist sein entsprechendes Gesuch für das bundesgerichtliche Verfahren gutzuheissen. Damit ist der hälftige Anteil des Beschwerdegegners an den Gerichtskosten einstweilen auf die Bundesgerichtskasse zu nehmen und seinem Vertreter aus der Bundesgerichtskasse eine reduzierte Entschädigung zu entrichten.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 2. März 2010 aufgehoben. Die Sache wird zu neuem Entscheid an das Obergericht zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist. Das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. Ihm wird Rechtsanwalt Christian Affentranger als amtlicher Rechtsbeistand beigegeben. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt. Der Anteil des Beschwerdegegners an den Gerichtskosten von Fr. 1'250.-- wird einstweilen auf die Bundesgerichtskasse genommen. 4. Die Parteikosten werden wettgeschlagen. 5. Rechtsanwalt Christian Affentranger wird für seine Bemühungen im bundesgerichtlichen Verfahren ein reduziertes Honorar von Fr. 1'000.-- aus der Bundesgerichtskasse entrichtet. 6. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 30. November 2010 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: Hohl V. Monn
5bdff2ea-5825-452a-b7b9-6e3ebe671ee3
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Faits : A. A.a. B.A._ (1957) et A.A._ (1958), tous deux de nationalité française, se sont mariés le 16 mars 1988 à Civry-la-Forêt (Yvelines, France). Trois enfants, aujourd'hui majeurs, sont issus de cette union: C._ (1991), ainsi que D._ et E._ (1994). Par contrat de mariage du 10 mars 1988, les parties ont adopté le régime de la séparation de biens au sens des art. 1536 à 1541 du Code civil français. A.b. Le 11 mai 2005, B.A._ a déposé une demande unilatérale en divorce devant le Tribunal de l'arrondissement de La Côte (ci-après: Tribunal d'arrondissement). A.c. Le 13 août 2009, A.A._ a déposé devant la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois une demande tendant, principalement, au paiement par B.A._ d'un montant de 500'000 fr., avec intérêts au taux de 12% l'an dès le 25 juillet 2007, ainsi qu'à la mainlevée définitive de l'opposition formée au commandement de payer notifié dans la poursuite n° xxxx de l'Office des poursuites et faillites de Nyon-Rolle, et, subsidiairement, à la remise de l'exemplaire original de la cédule hypothécaire au porteur d'un montant de 500'000 fr. grevant en deuxième rang la parcelle n° xxxx du cadastre de U._, dont elle est propriétaire. Par jugement incident du 2 mai 2013, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a décliné d'office sa compétence et reporté la cause, dans l'état où elle se trouvait, devant le Tribunal d'arrondissement, en relevant que la cause était en état d'être jugée. A.d. Le 10 avril 2014, les parties ont conclu, lors d'une audience qui s'est tenue devant le Juge de paix du district de Nyon, une convention portant sur la répartition entre elles de divers biens meubles figurant sur un inventaire établi le 8 mars 2001 et se trouvant dans la villa de U._. Cette convention a été ratifiée séance tenante par le Juge de paix pour valoir jugement partiel d'exécution forcée. A.e. Par jugement du 3 novembre 2014, le Tribunal d'arrondissement a, entre autres, prononcé le divorce des époux (I), dit que le demandeur doit payer à la défenderesse le montant de 500'000 fr., avec intérêts à 5% l'an dès le 21 avril 2009 (II), prononcé la mainlevée définitive de l'opposition formée par le demandeur au commandement de payer n° xxxx de l'Office des poursuites et faillites de Nyon-Rolle à concurrence du montant en capital et intérêts indiqués au chiffre II ci-dessus (III), constaté que, pour le surplus, le régime matrimonial est dissous et les rapports patrimoniaux des parties sont liquidés (V), et dit que le demandeur contribuera à l'entretien de la défenderesse par le régulier versement, en mains de la bénéficiaire, d'une pension mensuelle de 2'000 fr., payable d'avance le premier de chaque mois, la première fois dès jugement définitif et exécutoire, jusqu'à l'âge de la retraite du débirentier, soit jusqu'au 31 décembre 2022 (VIII). A.f. Le 4 décembre 2014, tant A.A._ que B.A._ ont interjeté appel contre ce jugement devant le Tribunal cantonal vaudois. B.A._ a pris, entre autres, les conclusions suivantes: « Principalement : II. Le Jugement de divorce rendu le 3 novembre 2014 par le Tribunal d'arrondissement de la Côte est réformé en son dispositif comme suit : « II. dit que la défenderesse A.A._ doit payer au demandeur B.A._ la somme de CHF 1'288'000.-, avec intérêts à 5% l'an dès le 3novembre 2014 au titre de la liquidation du régime matrimonial; III. [Supprimé] V. [Inchangé] VIII. dit qu'aucune rente ni pension n'est due par les parties pour elles- mêmes; » Subsidiairement à la conclusion II. ci-dessus : III. Le Jugement de divorce rendu le 3 novembre 2014 par le Tribunal d'arrondissement de la Côte est réformé en son dispositif comme suit : « II. dit que la défenderesse A.A._ doit payer au demandeur B.A._ la somme de CHF 788'000.-, avec intérêts à 5% l'an dès le 3 novembre 2014 au titre de la liquidation du régime matrimonial; » Subsidiairement à la conclusion VIII. ci-dessus : IV. Le Jugement de divorce rendu le 3 novembre 2014 par le Tribunal d'arrondissement de la Côte est réformé en son dispositif comme suit : « VIII. [Inchangé] » Plus subsidiairement encore : V. Le Jugement de divorce rendu le 3 novembre 2014 par le Tribunal d'arrondissement de la Côte est annulé et la cause est renvoyée à cette autorité pour nouvelle instruction et nouvelle décision dans le sens des considérants. » A.g. Le 5 mars 2015, l'épouse a déposé un mémoire de réponse, par lequel elle a confirmé ses propres conclusions d'appel et conclu au rejet de l'appel formé par le mari. Le même jour, ce dernier a également produit une réponse par laquelle il a conclu au rejet de l'appel interjeté par son épouse. A.h. Par mémoire du 12 mars 2015 intitulé " Faits et moyens de preuve nouveaux, modification de la demande ", l'époux a produit un bordereau de pièces et modifié les conclusions prises au pied de son appel du 4 décembre 2014 de la manière suivante: «Principalement : II. Le Jugement de divorce rendu le 3 novembre 2014 par le Tribunal d'arrondissement de la Côte est réformé en son dispositif comme suit: « II est dit que la défenderesse A.A._ doit payer au demandeur B.A._ la somme de CHF 1'563'170.50, avec intérêts à 5% l'an dès le 3 novembre 2014 au titre de la liquidation du régime matrimonial; III. [Supprimé] V. [Inchangé] VIII. dit qu'aucune rente ni pension n'est due par les parties pour elles- mêmes» Subsidiairement à la conclusion II. ci-dessus : III. Le Jugement de divorce rendu le 3 novembre 2014 par le Tribunal d'arrondissement de la Côte est réformé en son dispositif comme suit : « II. dit que la défenderesse A.A._ doit payer au demandeur B.A._ la somme de CHF 1'063'170.50, avec intérêts à 5% l'an dès le 3novembre 2014 au titre de la liquidation du régime matrimonial; » Subsidiairement à la conclusion VIII. ci-dessus : IV. Le Jugement de divorce rendu le 3 novembre 2014 par le Tribunal d'arrondissement de la Côte est réformé en son dispositif comme suit : « VIII. dit que le demandeur contribuera à l'entretien de la défenderesse par le régulier versement, en mains de la bénéficiaire, d'une pension mensuelle de CHF 500.- (cinq cents francs), payable d'avance le premier de chaque mois, la première fois dès jugement définitif et exécutoire, jusqu'à la retraite du débirentier, soit jusqu'au 31 décembre 2022 » Plus subsidiairement encore : V. Le Jugement de divorce rendu le 3 novembre 2014 par le Tribunal d'arrondissement de la Côte est annulé et la cause est renvoyée à cette autorité pour nouvelle instruction et nouvelle décision dans le sens des considérants. » Pour modifier ses conclusions, B.A._ s'est prévalu d'un fait nouvellement découvert, soit les offres de vente, pour un montant de 4'550'000 fr., de la villa de U._ publiée par l'agence immobilière mandatée par son épouse, alors que celle-ci avait toujours fermement refusé de quitter cette maison. A.i. Un exemplaire de l'écriture de l'époux du 12 mars 2015 a été communiqué pour information au conseil de l'épouse par pli de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois daté du vendredi 13 mars 2015. A.j. Par arrêt du 1er avril 2015, dont le dispositif a été communiqué par écrit aux parties le lendemain, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois a partiellement admis l'appel de l'époux, rejeté celui de l'épouse, et réformé le jugement attaqué en ce sens que le chiffre II de son dispositif est supprimé et que l'opposition formée par le demandeur au commandement de payer n° xxxx de l'Office des poursuites et faillites de Nyon-Rolle est définitivement maintenue. Le jugement querellé a été confirmé pour le surplus. Dans son arrêt, la cour d'appel a notamment admis que les conditions de l'art. 317 CPC étaient remplies. En conséquence, les faits et offres de preuve nouveaux que l'époux avait invoqués dans son mémoire du 12 mars 2015 étaient recevables, de même que ses conclusions modifiées sur cette base. L'expédition complète de cet arrêt a été notifiée aux parties le 11 juin 2015. B. Par acte posté le 13 juillet 2015, A.A._ exerce un recours en matière civile contre l'arrêt du 1er avril 2015. Elle conclut à sa réforme en ce sens que l'intimé est condamné à lui payer un montant de 500'000 fr. avec intérêts à 12% l'an dès le 25 juillet 2007 - subsidiairement un montant de 500'000 fr. avec intérêts à 5% l'an dès le 21 avril 2009, plus subsidiairement un montant de 522'500 fr. en capital et intérêts -, que la mainlevée définitive de l'opposition formée au commandement de payer n° xxxx de l'Office des poursuites et des faillites de Nyon-Rolle est prononcée, et que l'intimé contribuera à son entretien par le versement en ses mains, d'avance le premier de chaque mois, la première fois dès jugement définitif et exécutoire, et ce jusqu'au 31 décembre 2022, d'un montant de 7'500 fr. A titre très subsidiaire, elle sollicite le renvoi de la cause à l'autorité précédente pour nouveau jugement. L'intimé conclut au rejet du recours dans la mesure de sa recevabilité. La cour cantonale s'est référée aux considérants de son arrêt. C. Par ordonnance du 14 juillet 2015, la demande d'effet suspensif assortissant le recours a été rejetée.
Considérant en droit : 1. L'arrêt entrepris est une décision finale (art. 90 LTF), rendue en matière civile (art. 72 al. 1 LTF), par une autorité cantonale supérieure de dernière instance statuant sur recours (art. 75 LTF), dans une contestation pécuniaire dont la valeur litigieuse atteint 30'000 fr. (art. 51 al. 1 let. a et al. 4 LTF, art. 74 al. 1 let. b LTF). La recourante, qui a qualité pour recourir (art. 76 al. 1 LTF), a agi dans le délai (art. 100 al. 1 cum 45 al. 1 LTF) et selon la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi, de sorte que son recours est en principe recevable au regard des dispositions qui précèdent. 2. 2.1. Le recours en matière civile peut être interjeté pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF. Le Tribunal fédéral applique le droit d'office, sans être lié ni par les moyens des parties ni par les motifs de l'autorité cantonale (ATF 138 II 331 consid. 1.3; 137 II 313 consid. 4). Il peut donc admettre un recours pour un autre motif que ceux invoqués par le justiciable ou rejeter un recours en adoptant une argumentation différente de celle de l'autorité précédente. Compte tenu de l'exigence de motivation, sous peine d'irrecevabilité (art. 42 et art. 108 al. 1 let. b LTF), le Tribunal fédéral n'examine que les griefs invoqués, le cas d'une violation manifeste du droit demeurant réservé (ATF 140 III 115 consid. 2 p. 116; 135 III 397 consid. 1.4 p. 400). Par exception à la règle selon laquelle il applique le droit d'office, le Tribunal fédéral ne peut entrer en matière sur la violation d'un droit constitutionnel que si le grief a été expressément soulevé et motivé de façon claire et détaillée. La partie recourante doit donc indiquer quelle disposition constitutionnelle ou légale a été violée et démontrer, par une argumentation précise, en quoi consiste la violation (" principe d'allégation ", art. 106 al. 2 LTF; ATF 139 I 229 consid. 2.2; 137 II 305 consid. 3.3; 135 III 232 consid. 1.2, 397 consid. 1.4 in fine). Les critiques de nature appellatoire sont irrecevables (ATF 140 III 264 consid. 2.3; 139 II 404 consid. 10.1 et les arrêts cités). 2.2. L'examen du Tribunal fédéral se fonde sur les faits constatés par l'autorité précédente (cf. art. 105 al. 1 LTF), à moins que ces faits n'aient été établis de façon manifestement inexacte (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62) ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). Aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut être présenté à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente (art. 99 al. 1 LTF). En l'espèce, il ne sera pas tenu compte des pièces nouvelles que la recourante produit devant le Tribunal fédéral, en tant qu'elles ne ressortent pas déjà du dossier cantonal. 3. 3.1. L'autorité cantonale a jugé que les conditions de l'art. 317 al. 1 CPC étaient remplies, de sorte que les faits et moyens de preuve nouveaux invoqués par l'intimé dans son mémoire du 12 mars 2015, à savoir les offres de vente d'un montant de 4'550'000 fr. portant sur la villa familiale, étaient recevables. Elle a ensuite considéré que ce fait nouveau permettait à l'intimé de déterminer sa part à la plus-value résultant de cette vente et, en conséquence, d'augmenter ses conclusions prises au titre de la liquidation du régime matrimonial et de réduire sa conclusion subsidiaire relative aux contributions d'entretien. Retenant que les conditions de l'art. 317 al. 2 CPC étaient satisfaites, elle a également déclaré recevables ces conclusions modifiées. 3.2. La recourante se plaint de la violation de son droit d'être entendue, au sens des art. 29 al. 2 Cst. et 53 CPC, au motif qu'elle n'a pas pu se déterminer sur les conclusions nouvelles déposées par l'intimé. Elle expose que le mémoire du 12 mars 2015, intitulé " Faits et moyens de preuve nouveaux, modification de la demande ", a été notifié à son conseil par courrier daté du vendredi 13 mars 2015 et que celui-ci l'a donc reçu au plus tôt le lundi 16 mars 2015. Or, l'autorité cantonale avait déjà statué le 1er avril 2015, soit 16 jours plus tard, respectivement 17 jours plus tard si l'on tient compte de la date (d'expédition de l'arrêt) du 2 avril 2015. 4. La question qui se pose est de savoir si l'autorité cantonale a violé le droit d'être entendu de la recourante, garanti à l'art. 29 al. 2 Cst., en statuant sur les conclusions amplifiées de la partie intimée, fondées sur des faits nouveaux, après lui avoir transmis pour information le mémoire contenant celles-ci. 4.1. 4.1.1. Compris comme l'un des aspects de la notion générale de procès équitable au sens de l'art. 29 Cst., le droit d'être entendu garantit notamment au justiciable le droit de s'expliquer avant qu'une décision ne soit prise à son détriment, d'avoir accès au dossier, de prendre connaissance de toute argumentation présentée au tribunal et de se déterminer à son propos, dans la mesure où il l'estime nécessaire, que celle-ci contienne ou non de nouveaux éléments de fait ou de droit, et qu'elle soit ou non concrètement susceptible d'influer sur le jugement à rendre (ATF 139 II 489 consid. 3.3 p. 496; 139 I 189 consid. 3.2 p. 191 s.; 138 I 484 consid. 2.1 p. 485 s.; 138 I 154 consid. 2.3.3 p. 157; 137 I 195 consid. 2.3.1 p. 197). En procédure civile, le droit d'être entendu trouve son expression à l'art. 53 al. 1 CPC, qui reprend la formulation générale de l'art. 29 al. 2 Cst. (arrêt 5A_350/2013 du 8 juillet 2013 consid. 2.1.1, publié in FamPra.ch 2013 p. 1034); il confère à toute partie, parmi d'autres prérogatives, de prendre position sur toutes les écritures de la partie adverse (ATF 138 I 484 consid. 2 p. 485; 138 I 154 consid. 2.3.3 p. 157; voir aussi ATF 139 I 189 consid. 3.2 p. 191/192). Outre à l'art. 53 CPC, le droit d'être entendu trouve sa consécration dans diverses dispositions du Code. Il en va ainsi du droit de répondre, que ce soit à une demande principale (art. 222 CPC) ou reconventionnelle (art. 224 al. 3 in initio CPC), ou encore dans la procédure de recours (art. 312 et 322 CPC), et du droit de répliquer (p. ex. GEHRI, in Basler Kommentar, ZPO, 2ème éd., n° 5 ad art. 53 CPC; JEANDIN, in Code de procédure civile commenté, 2011, n° 1 ad art. 312 CPC; STERCHI, in Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, tome II, 2012, n° 2 ad art. 312 CPC). Si le droit de répondre et celui de répliquer ont le même fondement, ils divergent néanmoins sur deux points. Premièrement, le droit de répondre s'exerce contre une demande (principale ou reconventionnelle), un appel (principal ou joint) ou un recours. En revanche, le droit de répliquer vise le droit conféré à la partie de se déterminer sur " toute prise de position " versée au dossier, quelle que soit sa dénomination procédurale (réponse, réplique, prise de position, etc.; ATF 133 I 100 consid. 4.5; 133 I 98 consid. 2.2; 132 I 42 consid. 3.3.2 - 3.3.4); même si le juge renonce à ordonner un nouvel échange d'écritures, il doit néanmoins transmettre cette prise de position aux autres parties (ATF 139 I 189 consid. 3.2; 138 I 484 consid. 2.2; arrêts 2C_560/2012 du 21 janvier 2013 consid. 4.3, publié in RF (68) 2013 p. 405; 5A_535/2012 du 6 décembre 2012 consid. 2.3; 5A_779/2010 du 1er avril 2011 consid. 2.2, publié in Pra 2012 (1) p. 1). Secondement, le juge doit fixer un délai (ou impartir le délai légal) à la partie adverse pour déposer sa réponse (art. 222 al. 1, 224 al. 3, 253, 312 [qui s'applique par analogie à l'appel joint, cf. ATF 138 III 568 consid. 3] et 322 CPC). En revanche, le droit de répliquer n'impose pas à l'autorité judiciaire l'obligation de fixer un délai à la partie pour déposer d'éventuelles observations. Elle doit seulement lui laisser un laps de temps suffisant, entre la remise des documents et le prononcé de sa décision, pour qu'elle ait la possibilité de déposer des observations si elle l'estime nécessaire (ATF 138 I 484 consid. 2.4; arrêt 2C_560/2012 du 21 janvier 2013 consid. 4.4 et les références, publié in RF (68) 2013 p. 405). 4.1.2. Selon l'art. 317 al. 2 CPC la demande ne peut être modifiée en appel que si les conditions fixées à l'art. 227 al. 1 CPC sont remplies (let. a) et que la modification repose sur des faits ou des moyens de preuve nouveaux (let. b). Le juge d'appel statue d'office sur la recevabilité des conclusions modifiées (art. 60 CPC). A tout le moins en tant qu'il envisage de les prendre en considération, la partie adverse doit avoir l'occasion, en vertu de son droit d'être entendue, de se déterminer auparavant (cf. KILLIAS, in Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, tome II, 2012, n° 24 ad art. 227 CPC; REETZ/HILBER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Sutter-Somm et al. [éd.], 2ème éd., 2014, n° 77 ad art. 317 CPC; SEILER, Die Berufung nach ZPO, 2013, n° 1417 p. 612; WILLISEGGER, in Basler Kommentar, ZPO, 2ème éd., 2013, n° 54 ad art. 227 CPC). Quant à la forme de cette détermination, elle doit suivre dans leur principe, en raison de la modification substantielle des conclusions sur laquelle la partie adverse n'a encore jamais eu l'occasion de se déterminer, les règles du droit de réponse. Il ne s'agit ni d'un deuxième échange d'écritures que le juge d'appel est libre d'ordonner (art. 316 al. 2 CPC), ni de l'exercice du droit de réplique qu'il doit respecter. Le juge d'appel ne peut dès lors se limiter à transmettre la demande modifiée pour information à la partie adverse. Il doit le faire en fixant à cette partie un délai pour se déterminer par écrit. 4.2. En l'espèce, le mémoire du 12 mars 2015 de l'intimé contenait des conclusions amplifiées, au regard de celles prises au pied de son écriture d'appel du 4 décembre 2014. Il n'est pas contesté qu'il s'agit là d'une modification des conclusions prises en procédure d'appel au sens de l'art. 317 al. 2 CPC, sur laquelle l'autorité cantonale est entrée en matière. L'intimé a en outre produit des pièces nouvelles à l'appui de ses conclusions, lesquelles ont également été admises à la procédure. Ainsi, il faut admettre que le droit d'être entendu de la recourante a effectivement été violé en l'espèce puisqu'aucun délai pour répondre ne lui a été fixé. 4.3. Le Tribunal fédéral peut exceptionnellement réparer une violation du droit d'être entendu s'il dispose d'un libre pouvoir de cognition, autrement dit lorsque seules des questions de droit demeurent litigieuses (ATF 133 I 201 consid. 2.2 p. 204; arrêt 5A_503/2010 du 28 mars 2011 consid. 2.4), et qu'il n'en résulte aucun préjudice pour le justiciable (ATF 136 III 174 consid. 5.1.2 p. 177 a contrario). En l'espèce, la violation du droit d'être entendu ne peut pas être guérie dans la présente procédure de recours: la recourante se plaint en effet de l'application du droit fédéral à l'aune notamment de la situation de l'espèce et de pièces nouvelles irrecevables en instance fédérale, étant pour le surplus rappelé que le Tribunal fédéral ne revoit pas librement les faits (art. 97 et 105 LTF). Il s'ensuit que le sort du présent recours est scellé, sans qu'il soit besoin d'examiner les autres griefs de la recourante. 5. En définitive, le recours doit être admis, l'arrêt attaqué annulé et la cause renvoyée à l'autorité précédente pour nouvelle décision après avoir permis à la recourante de se déterminer sur les conclusions modifiées de l'intimé et les nouveaux moyens de preuve produits à leur appui. Au vu de ce résultat, les frais et dépens de l'instance fédérale incombent à l'intimé, qui succombe dans ses conclusions (art. 66 al. 1 et 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce : 1. Le recours est admis, l'arrêt attaqué annulé et la cause renvoyée à l'autorité précédente pour nouvelle décision. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 1'500 fr., sont mis à la charge de l'intimé. 3. Une indemnité de 2'000 fr. à payer à la recourante, à titre de dépens, est mise à la charge de l'intimé. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud. Lausanne, le 16 décembre 2015 Au nom de la IIe Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse Le Président : von Werdt La Greffière : Hildbrand
5bfeaabe-9e36-4d09-8981-62bbd0363405
de
2,012
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A.a X._ wurde am 7. Februar 1982 in Finnland geboren. Er besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit seines Vaters und die finnische seiner Mutter. Vorwiegend lebte er in Finnland, in jüngerer Zeit teilweise auch in Deutschland. A.b X._s Urgrossmutter war Schweizer Bürgerin. Sie verlor diese Staatsangehörigkeit nach damaligem Recht durch ihre Heirat mit einem deutschen Staatsangehörigen im Jahre 1920. Am 13. April 1954 erhielt sie das Schweizer Bürgerrecht in einem Verfahren der damals so genannten Wiederannahme (heute: Wiedereinbürgerung). Ihre Tochter, X._s Grossmutter, wurde am 9. November 2005 im Alter von 83 Jahren gestützt auf die Übergangsbestimmung von Art. 58a des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0) in der Schweiz erleichtert eingebürgert. Der Vater von X._ wurde am 29. Dezember 2006 ebenfalls in Anwendung von Art. 58a BüG (nunmehr in einer neuen Fassung der Bestimmung) erleichtert eingebürgert. Mit Entscheid vom 9. März 2007 bezog das Bundesamt für Migration den im Jahre 1988 geborenen, im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung noch unmündigen Bruder von X._ in die Einbürgerung des Vaters ein. B. B.a Am 4. Juni 2007 ersuchte X._ das Bundesamt für Migration ebenfalls um erleichterte Einbürgerung nach Art. 58a BüG. Nachdem das Bundesamt das Gesuch zunächst als gegenstandslos abgeschrieben hatte, wies es dieses schliesslich mit Verfügung vom 20. November 2008 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Art. 58a BüG sei auf X._ nicht anwendbar. B.b Mit Urteil vom 4. November 2011 wies das Bundesverwaltungsgericht eine dagegen gerichtete Beschwerde von X._ ab. Im Wesentlichen führte es aus, X._ könne sich nicht auf Art. 58a BüG berufen und es gebe für seinen Fall auch keine zu füllende Gesetzeslücke. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 12. Dezember 2011 an das Bundesgericht beantragt X._, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und sein Gesuch um erleichterte Einbürgerung gutzuheissen. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, Art. 58a BüG sei so auszulegen, dass sämtliche geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Einbürgerung von Nachkommen beseitigt würden. In der Beschwerdeschrift wird die Nachreichung eines Rechtsgutachtens angekündigt. D. Das Bundesamt für Migration schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet. E. Mit Eingabe vom 18. Januar 2012 reichte X._ das angekündigte Rechtsgutachten nach.
Erwägungen: 1. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts im Bereich des Bürgerrechts, gegen den grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 ff. BGG offensteht. Nach Art. 83 lit. b BGG ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen Entscheide über die ordentliche Einbürgerung, woraus e contrario folgt, dass sie gegen Entscheide über die erleichterte Einbürgerung zulässig ist. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als direkter Adressat vom angefochtenen Entscheid, der die Verweigerung der Einbürgerung durch das Bundesamt bestätigte, zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 2. 2.1 Der Beschwerdeführer kündigte in seiner Rechtsschrift die Nachreichung eines Rechtsgutachtens an. Am 18. Januar 2012 kam er dieser Ankündigung nach und stellte dem Bundesgericht ein auf den 10. Januar 2012 datiertes Kurzgutachten zu. 2.2 Nach Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, bei ihm sei diese gesetzliche Voraussetzung erfüllt, habe doch erst das angefochtene Urteil Anlass zu weiteren Rechtsabklärungen gegeben. 2.3 Gutachten sind Beweismittel, die grundsätzlich dem Novenverbot von Art. 99 BGG unterstehen. Das ist offensichtlich bei Expertisen über tatsächliche Zusammenhänge. Rechtsgutachten sind freilich davon zu unterscheiden. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Einreichung eines Rechtsgutachtens zulässig, solange dies während der Beschwerdefrist geschieht (Urteil 5A_261/2009 vom 1. September 2009 E. 1.3, nicht publiziert in BGE 135 III 608; Urteil 4A_190/2007 vom 10. Oktober 2007 E. 5.1; zum alten Verfahrensrecht gemäss dem Bundesrechtspflegegesetz vgl. BGE 126 I 95 sowie das Urteil 4P.137/2002 vom 4. Juli 2003 E. 5.2). Diese Rechtsprechung erging allerdings in Fällen, in denen ausländisches Recht anzuwenden war und sich die eingereichten Rechtsgutachten auf das ausländische Recht bezogen. Unter der Geltung des Bundesgerichtsgesetzes ist das Recht von Amtes wegen anzuwenden (Art. 106 Abs. 1 BGG). Obwohl dies grundsätzlich auch für das einschlägige ausländische Recht gilt, kann das Gericht für die Feststellung des Inhalts des ausländischen Rechts die Mitwirkung der Parteien verlangen und ihnen bei vermögensrechtlichen Ansprüchen den entsprechenden Nachweis sogar ganz überbinden (Art. 16 Abs. 1 IPRG; MEYER/DORMANN, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl., 2011, N. 9 zu Art. 106 BGG; MARKUS SCHOTT, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl., 2011, N. 12 zu Art. 96 BGG). Unterliegen die Parteien insoweit einer gewissen Beweisführungspflicht, kommt Rechtsgutachten über ausländisches Recht jedenfalls teilweise der Charakter von Beweismitteln zu. 2.4 Bei Rechtsgutachten zum anwendbaren schweizerischen Recht trifft ein solcher Zusammenhang nicht zu. Beim schweizerischen Recht gilt der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nach Art. 106 Abs. 1 BGG uneingeschränkt. Dem Rechtsgutachten einer Verfahrenspartei kommt in diesem Sinne kein eigentlicher Beweiswert zu. Es handelt sich mithin nicht um ein Beweismittel gemäss Art. 99 BGG, sondern einzig um die Untermauerung der Rechtsauffassung der entsprechenden Partei. Damit untersteht ein solches Rechtsgutachten von vornherein nicht dem Novenverbot, und es ist unmassgeblich, ob der angefochtene Entscheid Anlass zur Einholung eines Gutachtens gegeben hat oder nicht. 2.5 Die Verfahrensbeteiligten haben für die Unterbreitung ihrer Rechtsauffassung freilich die gesetzlichen oder richterlichen Fristen zu wahren. Für die Einreichung der Beschwerde zusammen mit einer gemäss Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG rechtsgenüglichen Begründung galt dabei im vorliegenden Fall eine Frist von 30 Tagen (Art. 100 BGG). Diese lief hier unbestrittenermassen am 12. Dezember 2011 ab. Der Beschwerdeführer erhob seine Beschwerde fristgerecht und mit einer genügenden Begründung und legte dabei seine Rechtsauffassung dar. Das Rechtsgutachten wurde am 10. Januar 2012 erstellt und am 18. Januar 2012 und damit verspätet an das Bundesgericht versandt. Daran vermag nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer die Nachreichung in der Beschwerdefrist angekündigt hatte. Dadurch lässt sich keine Fristverlängerung bewirken. Die Nachreichung des Rechtsgutachtens erweist sich damit genauso als unzulässig wie die verspätete Einreichung einer weiteren Rechtsschrift, in welcher der Beschwerdeführer selbst seinen rechtlichen Standpunkt zusätzlich erläutert hätte. Dem eingereichten Gutachten kommt im vorliegenden Fall auch nicht der Charakter einer Replik (im Sinne von Art. 102 Abs. 3 BGG) zu, haben die Behörden doch in ihren Vernehmlassungen an das Bundesgericht auf sachverhaltsmässige oder rechtliche Ausführungen verzichtet, zu denen sich der Beschwerdeführer allenfalls noch hätte äussern dürfen. 3. 3.1 Nach Art. 57 BüG richten sich Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts unter Vorbehalt besonderer Übergangsbestimmungen nach dem Recht, das bei Eintritt des massgeblichen Sachverhalts in Kraft steht (HARTMANN/MERZ, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, § 12 Einbürgerung: Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts, 2. Aufl., 2009, Rz. 12.67). Zu solchen Sonderbestimmungen zählt Art. 58a Abs. 1 BüG, wonach das ausländische Kind, das vor dem 1. Juli 1985 geboren wurde und dessen Mutter vor oder bei der Geburt des Kindes das Schweizer Bürgerrecht besass, ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen kann, wenn es mit der Schweiz eng verbunden ist. Gemäss Abs. 3 derselben Bestimmung können die eigenen Kinder dieses Kindes ebenfalls ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn sie eng mit der Schweiz verbunden sind. 3.2 Das Bundesverwaltungsgericht zeichnet im angefochtenen Entscheid die Geschichte des Gesetzes und der Einbürgerungen der Familienangehörigen des Beschwerdeführers ausführlich nach. Massgeblich ist dabei, dass die Urgrossmutter des Beschwerdeführers, die ihr Schweizer Bürgerrecht durch Heirat eines Ausländers im Jahre 1920 verloren hatte (dazu ROLAND SCHÄRER, Das Bürgerrecht der mit einem Ausländer verheirateten Schweizerin und ihrer Kinder [Übersicht über die Rechtsentwicklung], in: Zeitschrift für Zivilstandswesen 54/1986, S. 34 f.), erst mit Inkrafttreten des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. September 1952 (AS 1952 1087) am 1. Januar 1953 die Möglichkeit zur Wiedereinbürgerung (durch so genannte Wiederaufnahme in das Schweizer Bürgerrecht; vgl. SCHÄRER, a.a.O., 1986, S. 36) erhielt. Am 13. April 1954 wurde sie denn auch eingebürgert. Der Grossmutter des Beschwerdeführers stand damals hingegen die Einbürgerung nicht offen. In der Volksabstimmung vom 14. Juni 1981 wurde die verfassungsrechtliche Gleichstellung von Mann und Frau angenommen (Art. 4 Abs. 2 aBV; AS 1981 1243). Gestützt darauf regelte der Gesetzgeber mit der am 1. Juli 1985 in Kraft getretenen Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom 14. Dezember 1984 (AS 1985 420; BBl 1984 II 211) das Bürgerrecht der Kinder eines schweizerischen Elternteils mit dem Ziel der Gleichbehandlung der Geschlechter ein erstes Mal neu und führte eine entsprechende Übergangsordnung ein. Die Regelung wurde in der Folge mehrmals revidiert. Für die Grossmutter des Beschwerdeführers entstand die Möglichkeit zur Einbürgerung erst mit den Gesetzesrevisionen vom 23. März 1990 (AS 1991 1034; BBl 1987 III 293), als Art. 58a BüG erlassen wurde, bzw. vom 20. Juni 1997 (in Kraft seit dem 1. Dezember 1997; AS 1997 2370; BBl 1993 III 1388 und 1995 II 493; vgl. zu dieser Fassung der Bestimmung MINH SON NGUYEN, Droit public des étrangers, 2003, 735 f.). Das erklärt, weshalb sich die Grossmutter erst relativ spät zur Einbürgerung in der Schweiz entschloss, die am 9. November 2005 erfolgte. Am 1. Januar 2006 trat eine weitere Gesetzesnovelle vom 3. Oktober 2003 in Kraft (AS 2005 5233; BBl 2002 1911), welche die heute noch gültige Fassung von Art. 58a BüG einführte. Kurz darauf, nämlich am 29. Dezember 2006, wurde auch der Vater des Beschwerdeführers eingebürgert. Nach Auffassung des Bundesamtes geschah dies gestützt auf eine entsprechende Praxis der Bundesbehörden zum insofern angeblich nicht eindeutigen Gesetzestext. Gemäss dem angefochtenen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts ist unklar, ob die Einbürgerung des Vaters des Beschwerdeführers auf Art. 58a BüG in der Fassung vom 20. Juni 1997 oder in derjenigen vom 3. Oktober 2003 beruhte, was aber offenbleiben könne. Mit Verfügung des Bundesamtes vom 9. März 2007 konnte der im Jahre 1988 geborene, im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung noch unmündige, jüngere Bruder des damals bereits volljährigen Beschwerdeführers im Unterschied zu diesem gemäss Art. 33 BüG in die Einbürgerung des Vaters einbezogen werden. 3.3 Für die Frage der Einbürgerung des Beschwerdeführers ist entscheidend, wie Art. 58a BüG auszulegen ist. Das Bundesamt für Migration begründete seine ablehnende Verfügung im Wesentlichen damit, bei der erleichterten Einbürgerung nach Art. 58a BüG könne höchstens eine nachfolgende Generation übersprungen werden. Im Fall des Beschwerdeführers hätten nach der Wiedereinbürgerung der Urgrossmutter mit der Grossmutter und dem Vater aber bereits zwei nachfolgende Generationen von einer erleichterten Einbürgerung profitiert. Für weitere Generationen sei ein Bürgerrechtserwerb ausdrücklich nicht mehr vorgesehen. 3.4 Nach der Begründung des Bundesverwaltungsgerichts im angefochtenen Entscheid stützte sich die Einbürgerung der Grossmutter des Beschwerdeführers auf Art. 58a Abs. 1 BüG. Der Vater habe gemäss dem damaligen Gesetzestext eigentlich gar nicht erleichtert eingebürgert werden können, die Schweizer Staatsangehörigkeit aber im Sinne einer Lückenfüllung gemäss der damaligen Praxis erhalten. Es komme nicht darauf an, ob eine Generation übersprungen worden sei. Art. 58a Abs. 3 BüG besage lediglich, dass die betroffenen Nachkommen (eigene Kinder des ausländischen Kindes gemäss Abs. 1 der Bestimmung) einen selbständigen Anspruch auf erleichterte Einbürgerung hätten, und zwar unabhängig davon, ob der Elternteil vorher selbst aufgrund von Art. 58a Abs. 1 BüG eingebürgert worden sei. Unter Auslegung von Art. 58a BüG kommt das Gericht zum Schluss, der Beschwerdeführer könne sich nicht auf diese Bestimmung berufen. Der Wortlaut spreche nur von der Mutter und nicht vom Vater und erfasse nur eigene Kinder, schliesse mithin weitere Generationen aus. Der Gesetzgeber habe zwar Mann und Frau im Bürgerrecht gleich behandeln wollen, aber nicht beabsichtigt, dass es im Sinne eines Automatismus für die Erlangung des Schweizer Bürgerrechts für alle weiteren Generationen keine Rolle mehr spielen solle, ob der betreffende Schweizer Vorfahre ein Mann oder eine Frau gewesen sei. Eine Gesetzeslücke liege nicht vor. Das Gesetz sei weder unvollständig noch ergänzungsbedürftig und daher einer verfassungskonformen Auslegung gemäss dem Anliegen des Beschwerdeführers nicht zugänglich. 3.5 Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, es könne nicht Sinn von Art. 58a BüG sein, die Weitergabe des Bürgerrechts nach zwei Generationen wieder zu unterbrechen. Dies widerspreche dem Zweck der Bestimmung, durch verfassungsmässiges Unrecht entstandene Unterschiede zwischen Mann und Frau bei der Einbürgerung von deren Nachkommen zu beseitigen. Art. 58a BüG habe nur einen Sinn, wenn sich alle künftigen Generationen darauf berufen könnten. Eine Beschränkung lasse sich allenfalls einzig dann aus dem Gesetzeswortlaut und den Materialien ableiten, wenn nacheinander zwei Generationen auf die Einbürgerung verzichteten. Hingegen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die erleichterte Einbürgerung allgemein nur zwei Generationen und den minderjährigen Kindern der zweiten Generation, deren volljährigen Kindern hingegen nicht mehr offenstehen sollte. Eine verfassungskonforme Auslegung führe daher zum Schluss, dass der Beschwerdeführer erleichtert einzubürgern sei. 4. 4.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut. Ist der Text nicht klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente. Abzustellen ist dabei namentlich auf die Entstehungsgeschichte, auf den Zweck der Norm, die ihr zugrunde liegenden Wertungen und ihre Bedeutung im Kontext mit anderen Bestimmungen. Die Materialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen und nur dann allein auf das grammatische Element abgestellt, wenn sich daraus zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergab (BGE 138 V 17 E. 4.2 S. 20; 135 II 78 E. 2.2 S. 81; je mit Hinweisen). Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben am besten entspricht. Eine verfassungskonforme Auslegung findet dabei im klaren Wortlaut und Sinn einer Gesetzesbestimmung ihre Schranken (BGE 138 V 17 E. 4.2 S. 20; 136 II 149 E. 3 S. 154; je mit Hinweisen). 4.2 Gemäss dem Wortlaut von Art. 58a Abs. 1 BüG steht dem ausländischen Kind, das vor dem 1. Juli 1985 geboren wurde und dessen Mutter vor oder bei der Geburt des Kindes das Schweizer Bürgerrecht besass, die erleichterte Einbürgerung offen. Im vorliegenden Fall betrifft dies einzig die Grossmutter des Beschwerdeführers, denn nur seine Urgrossmutter besass vor der Geburt ihres Kindes das Schweizer Bürgerrecht. Art. 58 Abs. 1 BüG spricht sodann nur von der Mutter und nicht vom Vater, weshalb der Beschwerdeführer sich nicht wegen der späteren Einbürgerung seines Vaters auf den Wortlaut der Bestimmung berufen kann. Nach Art. 58 Abs. 3 BüG können die eigenen Kinder des Kindes ebenfalls ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen. Der Wortlaut legt nahe, dass damit das Kind des ausländischen Kindes gemäss Art. 58 Abs. 1 BüG bzw. das Enkelkind der darin genannten Mutter gemeint ist. Die Bestimmung sagt direkt nichts aus zu den weiteren Generationen. Sie scheint eine Einbürgerung nicht unmittelbar vorzusehen, schliesst sie entgegen der Auffassung des Bundesamtes aber auch nicht ausdrücklich aus. Der Wortlaut ist damit nicht klar und es sind verschiedene Interpretationen desselben möglich. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Nichterwähnung der weiteren Generationen eindeutig sei, würde sich insofern die Frage einer Lücke stellen, nämlich die Frage danach, ob der Gesetzgeber absichtlich auf die Nennung der weiteren Generationen verzichtet hat oder ihm gar nicht bewusst war, dass sich eine solche Problematik ergeben könnte. 4.3 Auf diese Umstände bei der Entstehung der Norm zielt das historische Auslegungselement. Die Idee des Gesetzgebers war es, die diskriminierende Wirkung zu beseitigen, die sich unter dem vorbestandenen Recht ergeben hatte. Diese bestand darin, dass früher Kinder aus der Ehe eines Ausländers mit einer Schweizerin im Unterschied zur umgekehrten Ausgangslage das Schweizer Bürgerrecht nicht automatisch mit der Geburt erwarben. Die bundesrätliche Botschaft hielt dazu fest, dass es "in der Regel für den Erwerb des Schweizer Bürgerrechts keine Rolle spielen soll, ob der Vater oder die Mutter das Schweizer Bürgerrecht besitzt, wenn die Eltern miteinander verheiratet sind. Beide Eltern können es in gleicher Weise ihren Kindern vermitteln" (BBl 1984 II 219). Bis und mit dem Erlass der heutigen Fassung von Art. 58a BüG scheint der Gesetzgeber, abgesehen von den in Abs. 3 der Bestimmung geregelten Grosskindern, an die weiteren Generationen nicht gedacht zu haben. Jedenfalls werden sie in den Materialien genauso wenig wie im Gesetzestext ausdrücklich erwähnt. Daraus lässt sich entgegen den Vorinstanzen nicht zwingend schliessen, von einer weiteren Wirkung über die ersten zwei Generationen hinaus sei explizit abgesehen worden. Die Vorinstanzen vermögen denn auch ihre entsprechenden Standpunkte mit keinerlei überzeugenden Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien zu belegen. Zwar trifft es zu, dass das Gesetz noch weitere Bedingungen für die Einbürgerung vorsah, die mit der Zeit zunehmend gelockert wurden und sich heute auf das Erfordernis der engen Verbundenheit mit der Schweiz beschränken. Diese Regelungen sind jedoch im Gesamtkontext zu sehen, dass auch eine erleichterte Einbürgerung nicht einfach automatisch erfolgen soll bzw. sollte, sondern an bestimmte Voraussetzungen gebunden war und ist (vgl. BRIGITTE STUDER, Von einer exklusiven zu einer integrativen Bürgerrechtspolitik? 1934 - 2004, in: Studer/Arlettaz/Argast, Das Schweizer Bürgerrecht, 2008, S. 141 f.). Dass damit von der Geschlechterneutralität hätte abgewichen werden sollen, ist nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil wurde es bereits 1984 als undenkbar erachtet, Gesetzestexte vorzuschlagen, die nicht mit der Geschlechtergleichheit vereinbar gewesen wären (ROLAND SCHÄRER, La révision de la loi sur la nationalité, in: Zeitschrift für Zivilstandswesen 52/1984, S. 333), bzw. war schon damals nachgerade bezweckt, "die völlige Gleichheit zwischen Mann und Frau im Bereich des Bürgerrechts herzustellen" (SCHÄRER, a.a.O., 1986, S. 39). Bei Art. 58a BüG kann das daher im Hinblick auf weitere Generationen einzig bedeuten, dass für diese allenfalls dieselben Voraussetzungen der Einbürgerung gelten sollten wie für die ersten zwei Generationen; es kann hingegen nicht daraus abgeleitet werden, ihre Einbürgerung sei vom Gesetzgeber von vornherein und absolut ausgeschlossen worden. Selbst wenn Art. 58a Abs. 3 BüG so verstanden würde, dass die Bestimmung einen solchen Ausschluss vorsieht, so legt das diesbezügliche Schweigen der Materialien gegebenenfalls das Vorliegen einer entsprechenden Lücke nahe. 4.4 Was den Gesetzeszweck betrifft, so ist die heutige Ordnung des Bürgerrechtsgesetzes unter anderem gekennzeichnet vom Prinzip der Gleichstellung von Mann und Frau (RHINOW/SCHEFER, Schweizerisches Verfassungsrecht, 2. Aufl., 2009, Rz. 300). Dieses inzwischen in Art. 8 Abs. 3 BV als weitgehende Spezialbestimmung zu Art. 8 Abs. 2 BV geregelte Grundrecht (vgl. RHINOW/SCHEFER, a.a.O., Rz. 1933; RAINER J. SCHWEIZER, in: St. Galler Kommentar, 2. Aufl., 2008, Rz. 63) wurde mit der Volksabstimmung vom 14. Juni 1981 in die damals gültige Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (AS I 1) eingeführt (Art. 4 Abs. 2 aBV; AS 1981 1243). Die Revisionen des Bürgerrechtsgesetzes vom 14. Dezember 1984 und vom 23. März 1990 waren die direkte Folge dieser Verfassungsrevision und bezweckten deren Umsetzung im Bürgerrechtsgesetz und insbesondere beim Erwerb des Bürgerrechts. Der Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter führte namentlich zur heutigen Regelung des Erwerbs des Bürgerrechts durch Abstammung in Art. 1 BüG (zur unwesentlich anders lautenden ursprünglichen Fassung vom 14. Dezember 1984 vgl. BBl 1984 II 218 f. und 228). Mit der Übergangsordnung sollte die Ungerechtigkeit beseitigt werden, die sich beim Erwerb des Schweizer Bürgerrechts für die Kinder von Müttern ergab, die vor Inkrafttreten der Gleichstellung von Mann und Frau im Bürgerrechtsgesetz bestanden hatte. Zweck von Art. 58a BüG ist in diesem Sinne die Korrektur von Unterschieden, die wegen der vorbestandenen Ungleichbehandlung der Geschlechter bei der Weitergabe des Schweizer Bürgerrechts ohne intertemporalrechtliche Auffangbestimmung weiterbestanden hätten bzw. weiterhin gelten würden. Da die Übergangsordnung demnach gerade die Verwirklichung des Verfassungsrechts bezweckt, drängt sich eine verfassungskonforme Auslegung erst recht auf bzw. rechtfertigt es sich, eine gegebenenfalls als Lücke erkannte unvollständige Gesetzesregelung im Sinne des Verfassungsrechts zu füllen. Im Übrigen ergibt sich auch unter teleologischen Gesichtspunkten keine Rechtfertigung für eine Privilegierung von lediglich zwei und den Ausschluss der weiteren Generationen von der erleichterten Einbürgerung. 4.5 In systematischer Hinsicht fällt auf, dass das Bürgerrechtsgesetz in verschiedenen Bestimmungen Auswirkungen von Einbürgerungen auf nachfolgende Generationen vorsieht (vgl. etwa Art. 1 Abs. 3 oder Art. 31a BüG). Der Gesetzgeber war also bemüht, entsprechende Lücken möglichst weitgehend zu schliessen. Auch insofern spricht nichts dafür, dass er solche Wirkungen in Art. 58a BüG bewusst ausschliessen wollte oder den entsprechenden Bedarf im Übergangsrecht einfach übersah. Auffällig ist im vorliegenden Fall sodann, dass der Bruder des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 33 BüG aufgrund des Umstandes, dass er im Zeitpunkt der Einbürgerung des Vaters noch minderjährig war, darin einbezogen werden konnte, was dem Beschwerdeführer selbst aufgrund der bereits eingetretenen Volljährigkeit vorenthalten blieb. Gewiss mögen sich analoge Konstellationen auch in anderen Fällen der ordentlichen oder erleichterten Einbürgerung ergeben, weshalb insofern nicht zwingend ein Verstoss gegen das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot von Art. 8 Abs. 1 BV vorliegt. Dennoch spricht auch dies im Rahmen des bestehenden Interpretationsspielraumes für eine Gesetzesauslegung, die solche unterschiedlichen Folgen möglichst reduziert. 4.6 Unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente ergibt sich mithin, dass sich Art. 58a BüG auf verschiedene Weise auslegen lässt. Damit rechtfertigt sich eine verfassungskonforme Anwendung des Gesetzes. Das bedingt eine unmittelbar durch verfassungsgemässe und damit beide Geschlechter bei der Weitergabe des Schweizer Bürgerrechts gleich behandelnde Auslegung bei der Weitergabe des Schweizer Bürgerrechts bzw. spezifischer bei der Zulassung zur erleichterten Einbürgerung für weitere Generationen im Anwendungsbereich von Art. 58a BüG. Hätte im Jahre 1920 der Urgrossvater des Beschwerdeführers eine Ausländerin und nicht die Urgrossmutter einen Ausländer geheiratet, hätte der Urgrossvater das Schweizer Bürgerrecht behalten und die männlichen Nachkommen der nachfolgenden Generationen hätten diese Staatsangehörigkeit an ihre Nachkommen weitergegeben. Dem Beschwerdeführer blieb die gleiche Rechtsfolge verwehrt, weil seine Urgrossmutter das Schweizer Bürgerrecht durch Heirat verloren hatte. Es handelt sich mithin um eine durch das Geschlecht der Vorfahren bedingte Benachteiligung, die durch eine entsprechende Gesetzesinterpretation verfassungskonform zu beheben ist. Selbst wenn Art. 58a BüG der Sinn beigemessen würde, dass die Bestimmung nur zwei Nachkommensgenerationen die erleichterte Einbürgerung ermöglichen und weitere Generationen davon ausschliessen würde, wäre jedenfalls von einer entsprechenden Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes (vgl. BGE 129 II 438 E. 4.1.2 S. 446) auszugehen, denn es ist nicht ersichtlich, dass dies die gesetzgeberische Absicht war. Da eine solche Lücke verfassungskonform zu füllen wäre, würde das zu demselben Ergebnis führen wie die verfassungsgemässe Gesetzesauslegung. 4.7 Zu prüfen bleibt, wieweit die Gleichstellung der Geschlechter zurückreichen soll. Denkbar wäre eine unbegrenzte Wirkung, wofür spricht, dass mit der Verfassungsrevision von 1981 die Gleichstellung der Geschlechter definitiv beseitigt werden sollte, womit es sich nicht rechtfertigt, alte Unterschiede mit rechtlichen Auswirkungen über 1981 hinaus bestehen zu lassen. Fraglich wäre bei dieser Lösung, ob die Folgen überschaubar bleiben würden und es sich tatsächlich lediglich um Einzelfälle handeln würde, wie der Beschwerdeführer behauptet, oder ob nicht unzählige neue Fallkonstellationen möglich wären, was im vorliegenden Verfahren von keiner Seite abgeklärt wurde. Mit Blick auf eine überschaubare und der Verfassungsentwicklung auch in zeitlicher Hinsicht angepasste Rechtslage könnte es sich allenfalls auch rechtfertigen, für die Wirkung einer verfassungskonformen Gesetzesinterpretation an den Zeitpunkt der verfassungsrechtlichen Einführung der Geschlechtergleichheit am 14. Juni 1981 anzuknüpfen und diese nur auf später eingetretene Sachverhalte anzuwenden (vgl. BERNHARD WALDMANN, Das Diskriminierungsverbot von Art. 8 Abs. 2 BV als besonderer Gleichheitssatz, 2003, S. 555 ff.). Wie es sich damit verhält, kann im vorliegenden Fall jedoch offenbleiben. Der Beschwerdeführer ist am 7. Februar 1982 und damit nach Inkrafttreten des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung der Geschlechter geboren. Damit ist in seinem Fall die verfassungskonforme Anwendung von Art. 58a BüG so oder so geboten. 4.8 Nach der Gesetzesbestimmung setzt die erleichterte Einbürgerung des Beschwerdeführers eine enge Verbundenheit mit der Schweiz voraus. Obwohl das Vorliegen dieser Voraussetzung wahrscheinlich erscheint, so wurde sie von den Vorinstanzen bisher nicht geprüft, was aufgrund von deren Rechtsauffassungen auch nicht erforderlich war. Der Sachverhalt ist insoweit unvollständig. Die Angelegenheit ist daher an die erste Instanz zurückzuweisen zu ergänzenden Abklärungen und neuem Entscheid gestützt auf die entsprechenden Feststellungen. 5. Die Beschwerde erweist sich als begründet und ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid muss aufgehoben werden. Die Sache geht zurück an das Bundesamt für Migration zur Ergänzung des Sachverhalts sowie zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen. Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Dem Beschwerdeführer ist für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zu Lasten des Bundesamts zuzusprechen (Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. November 2011 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Bundesamt für Migration zurückgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Das Bundesamt für Migration hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Migration und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 18. Juni 2012 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Der Gerichtsschreiber: Uebersax
5c25a0a0-d0f0-4d1f-bb57-9ea012bb42b7
de
2,010
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Das Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) wurde am 24. März 2006 mit Vorkehren zur Vorbeugung von Gewalt an Sportveranstaltungen mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 ergänzt (AS 2006 3703). Die Ergänzung sah u.a. Rayonverbote (Art. 24b), Meldeauflagen (Art. 24d) und Polizeigewahrsam (Art. 24e) vor (vgl. zum Ganzen BGE 134 I 125 S. 126). Diese Massnahmen waren wegen der fragwürdigen Zuständigkeit des Bundes zeitlich begrenzt. Sie wurden durch Änderung des BWIS vom 3. Oktober 2008 auf Ende 2009 ausser Kraft gesetzt (AS 2009 5091). B. Wegen der Befristung der bundesrechtlichen Massnahmen beschloss die Frühjahrsversammlung 2007 der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD), zur Weiterführung der erforderlichen Massnahmen ein entsprechendes Konkordat zu schaffen. Am 15. November 2007 verabschiedete die Konferenz das Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen (im Folgenden: Konkordat). Das Konkordat übernimmt im Wesentlichen die befristete Regelung des BWIS und der entsprechenden Verordnung. Es ergänzt die Definition gewalttätigen Verhaltens in Art. 2 und enthält in Art. 10 eine Empfehlung zu Stadionverboten. Das Konkordat hat folgenden Wortlaut: "1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 - Zweck Die Kantone treffen in Zusammenarbeit mit dem Bund zur Verhinderung gewalttätigen Verhaltens vorbeugende polizeiliche Massnahmen nach diesem Konkordat, um frühzeitig Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen zu erkennen und zu bekämpfen. Art. 2 - Definition gewalttätigen Verhaltens 1 Gewalttätiges Verhalten und Gewalttätigkeiten liegen namentlich vor, wenn eine Person folgende Straftaten begangen oder dazu angestiftet hat: a) Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben nach den Artikeln 111-113, 117, 122, 123, 125 Absatz 2, 129, 133, 134 des Strafgesetzbuches (StGB); b) Sachbeschädigungen nach Artikel 144 StGB; c) Nötigung nach Artikel 181 StGB; d) Brandstiftung nach Artikel 221 StGB; e) Verursachung einer Explosion nach Artikel 223 StGB; f) Öffentliche Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit nach Artikel 259 StGB; g) Landfriedensbruch nach Artikel 260 StGB; h) Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte nach Artikel 285 StGB. 2 Als gewalttätiges Verhalten gilt ferner die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch das Mitführen oder Verwenden von Waffen, Sprengmitteln, Schiesspulver oder pyrotechnischen Gegenständen an Sportstätten, in deren Umgebung sowie auf dem An- und Rückreiseweg. Art. 3 - Nachweis gewalttätigen Verhaltens 1Als Nachweis für gewalttätiges Verhalten nach Artikel 2 gelten: a) entsprechende Gerichtsurteile oder polizeiliche Anzeigen; b) glaubwürdige Aussagen oder Bildaufnahmen der Polizei, der Zollverwaltung, des Sicherheitspersonals oder der Sportverbände und -vereine; c) Stadionverbote der Sportverbände und -vereine; d) Meldungen einer zuständigen ausländischen Behörde. 2 Aussagen nach Absatz 1 Buchstabe b sind schriftlich festzuhalten und zu unterzeichnen. 2. Kapitel: Polizeiliche Massnahmen Art. 4 - Rayonverbot 1 Einer Person, die sich anlässlich von Sportveranstaltungen nachweislich an Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen beteiligt hat, kann der Aufenthalt in einem genau umschriebenen Gebiet im Umfeld von Sportveranstaltungen (Rayon) zu bestimmten Zeiten verboten werden. Die zuständige kantonale Behörde bestimmt den Umfang der einzelnen Rayons. 2 Das Rayonverbot kann längstens für die Dauer eines Jahres verfügt werden. 3 Das Verbot kann von den Behörden des Kantons verfügt werden, in dem die betroffene Person wohnt oder in dem sie an der Gewalttätigkeit beteiligt war. Die Behörde des Kantons, in dem die Gewalttätigkeit geschah, hat dabei Vorrang. Die Schweizerische Zentralstelle für Hooliganismus (Zentralstelle) kann den Erlass von Rayonverboten beantragen. Art. 5 - Verfügung über ein Rayonverbot 1 In der Verfügung über ein Rayonverbot sind die Geltungsdauer und der Geltungsbereich des Rayonverbots festzulegen. Der Verfügung ist ein Plan beizulegen, der die vom Verbot erfassten Orte und die zugehörigen Rayons bezeichnet. 2 Wird das Verbot von der Behörde des Kantons verfügt, in dem die Gewalttätigkeit geschah, ist die zuständige Behörde des Wohnsitzkantons der betroffenen Person umgehend zu informieren. 3 Für den Nachweis der Beteiligung an Gewalttätigkeiten gilt Artikel 3. Art. 6 - Meldeauflage 1 Eine Person kann verpflichtet werden, sich zu bestimmten Zeiten bei einer Polizeistelle zu melden, wenn: a) sie in den letzten zwei Jahren gegen ein Rayonverbot nach Artikel 4 oder gegen eine Ausreisebeschränkung nach Artikel 24c BWIS verstossen hat; b) aufgrund konkreter und aktueller Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich durch andere Massnahmen nicht von Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen abhalten lässt; oder c) die Meldeauflage im Verhältnis zu andern Massnahmen im Einzelfall als milder erscheint. 2 Die betroffene Person hat sich bei der in der Verfügung genannten Polizeistelle zu den bezeichneten Zeiten zu melden. Grundsätzlich ist dies eine Polizeistelle am Wohnort. Die verfügende Behörde berücksichtigt bei der Bestimmung von Meldeort und Meldezeiten die persönlichen Umstände der betroffenen Person. 3 Die Behörde des Kantons, in dem die betroffene Person wohnt, verfügt die Meldeauflage. Die Zentralstelle kann den Erlass von Meldeauflagen beantragen. Art. 7 - Handhabung der Meldeauflage 1 Dass eine Person sich durch andere Massnahmen als eine Meldeauflage nicht von Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen abhalten lässt (Art. 6 Abs. 1 Bst. b), ist namentlich anzunehmen, wenn: a) aufgrund von aktuellen Aussagen oder Handlungen der betreffenden Person behördlich bekannt ist, dass sie mildere Massnahmen umgehen würde; oder b) die betreffende Person aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse, wie Wohnlage oder Arbeitsplatz in unmittelbarer Umgebung eines Stadions, durch mildere Massnahmen nicht von künftigen Gewalttaten abgehalten werden kann. 2 Kann sich die meldepflichtige Person aus wichtigen und belegbaren Gründen nicht nach Artikel 6 Absatz 2 bei der zuständigen Stelle (Meldestelle) melden, so hat sie die Meldestelle unverzüglich und unter Bekanntgabe des Aufenthaltsortes zu informieren. Die zuständige Polizeibehörde überprüft den Aufenthaltsort und die Angaben der betreffenden Person. 3 Die Meldestelle informiert die Behörde, die die Meldeauflage verfügt hat, unverzüglich über erfolgte oder ausgebliebene Meldungen. Art. 8 - Polizeigewahrsam 1 Gegen eine Person kann der Polizeigewahrsam verfügt werden, wenn: a) konkrete und aktuelle Hinweise dafür vorliegen, dass sie sich anlässlich einer nationalen oder internationalen Sportveranstaltung an schwerwiegenden Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen beteiligen wird; und b) dies die einzige Möglichkeit ist, sie an solchen Gewalttätigkeiten zu hindern. 2 Der Polizeigewahrsam ist zu beenden, wenn seine Voraussetzungen weggefallen sind, in jedem Fall nach 24 Stunden. 3 Die betroffene Person hat sich zum bezeichneten Zeitpunkt bei der Polizeistelle ihres Wohnortes oder bei einer andern in der Verfügung genannten Polizeistelle einzufinden und hat für die Dauer des Gewahrsams dort zu bleiben. 4 Erscheint die betreffende Person nicht bei der bezeichneten Polizeistelle, so kann sie polizeilich zugeführt werden. 5 Die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzuges ist auf Antrag der betroffenen Person richterlich zu überprüfen. 6 Der Polizeigewahrsam kann von den Behörden des Kantons verfügt werden, in dem die betroffene Person wohnt, oder von den Behörden des Kantons, in dem die Gewalttätigkeit befürchtet wird. Die Behörde des Kantons, in dem die Gewalttätigkeit befürchtet wird, hat dabei Vorrang. Art. 9 - Handhabung des Polizeigewahrsams 1 Nationale Sportveranstaltungen nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a sind Veranstaltungen, die von den nationalen Sportverbänden oder den nationalen Ligen organisiert werden oder an denen Vereine dieser Organisationen beteiligt sind. 2 Schwerwiegende Gewalttätigkeiten im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a sind namentlich strafbare Handlungen nach den Artikeln 111-113, 122, 123 Ziffer 2, 129, 144 Absatz 3, 221, 223 oder nach Artikel 224 StGB. 3 Die zuständige Behörde am Wohnort der betreffenden Person bezeichnet die Polizeistelle, bei der sich die betreffende Person einzufinden hat, und bestimmt den Beginn und die Dauer des Gewahrsams. 4 Die Kantone bezeichnen die richterliche Instanz, die für die Überprüfung der Rechtmässigkeit des Polizeigewahrsams zuständig ist. 5 In der Verfügung ist die betreffende Person auf ihr Recht, den Freiheitsentzug richterlich überprüfen zu lassen, hinzuweisen (Art. 8 Abs. 5). 6 Die für den Vollzug des Gewahrsams bezeichnete Polizeistelle benachrichtigt die verfügende Behörde über die Durchführung des Gewahrsams. Bei Fernbleiben der betroffenen Person erfolgt die Benachrichtigung umgehend. Art. 10 - Empfehlung Stadionverbot Die zuständige Behörde für die Massnahmen nach den Artikeln 4-9 und die Zentralstelle können den Organisatoren von Sportveranstaltungen empfehlen, gegen Personen Stadionverbote auszusprechen, welche in Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung ausserhalb des Stadions gewalttätig wurden. Die Empfehlung erfolgt unter Angabe der notwendigen Daten gemäss Artikel 24a Absatz 3 BWIS. Art. 11 - Untere Altersgrenze Massnahmen nach den Artikeln 4-7 können nur gegen Personen verfügt werden, die das 12. Altersjahr vollendet haben. Der Polizeigewahrsam nach den Artikeln 8-9 kann nur gegen Personen verfügt werden, die das 15. Altersjahr vollendet haben. 3. Kapitel: Verfahrensbestimmungen Art. 12 - Aufschiebende Wirkung Einer Beschwerde gegen eine Verfügung über Massnahmen nach den Artikeln 4-9 kommt aufschiebende Wirkung zu, wenn dadurch der Zweck der Massnahme nicht gefährdet wird und wenn die Beschwerdeinstanz oder das Gericht diese in einem Zwischenentscheid ausdrücklich gewährt. Art. 13 - Zuständigkeit und Verfahren 1 Die Kantone bezeichnen die zuständige Behörde für die Massnahmen nach den Artikeln 4-9. 2 Die zuständige Behörde weist zum Zweck der Vollstreckung der Massnahmen nach Kapitel 2 auf die Strafdrohung von Art. 292 StGB hin. 3 Die Kantone melden dem Bundesamt für Polizei (fedpol) gestützt auf Artikel 24a Absatz 4 BWIS: a) Verfügungen und Aufhebungen von Massnahmen nach den Artikeln 4-9 und 12; b) Verstösse gegen Massnahmen nach den Artikeln 4-9 sowie die entsprechenden Strafentscheide; c) die von ihnen festgelegten Rayons unter Beilage der entsprechenden Pläne. 4. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 14 - Information des Bundes Das Generalsekretariat der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) informiert die Bundeskanzlei über das vorliegende Konkordat. Das Verfahren richtet sich nach Art. 27o RVOV. Art. 15 - Inkrafttreten Dieses Konkordat tritt in Kraft, sobald ihm mindestens zwei Kantone beigetreten sind, frühestens jedoch auf den 1. Januar 2010. ..." C. Mit Antrag und Weisung vom 16. Juli 2008 unterbreitete der Regierungsrat des Kantons Zürich dem Kantonsrat einen Entwurf für ein Gesetz über den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen. Am 18. Mai 2009 verabschiedete der Kantonsrat unter gleichem Titel das folgende Gesetz (kantonale Gesetzessammlung 551.19): "§ 1. - Beitritt Der Kanton tritt dem Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen vom 15. November 2007 bei. § 2. - Zuständigkeiten 1 Der Regierungsrat bezeichnet die für Massnahmen nach Art. 4-9 und für die Meldungen nach Art. 13 Abs. 3 des Konkordates zuständigen Behörden. 2 Die Haftrichterin oder der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich ist zuständig für die Überprüfung von Massnahmen nach Art. 4-9 des Konkordats. Der Entscheid kann mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht angefochten werden. § 3. - Änderung bisherigen Rechts Das Gerichtsverfassungsgesetz vom 13. Juni 1976 wird wie folgt geändert: § 24a. Abs. 1-4 unverändert. 5 Er (der Einzelrichter) ist zuständig für die Überprüfung von Massnahmen nach § 2 des Gesetzes vom 18. Mai 2009 über den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen." Dieser Erlass unterstand dem fakultativen Referendum. Davon ist nicht Gebrauch gemacht worden. Der Regierungsrat stellte am 12. August 2009 fest, dass der Beschluss des Kantonsrats rechtkräftig geworden ist (Amtsblatt Nr. 34 vom 21. August 2009). Am 1. September 2009 beschloss er das Inkrafttreten auf den 1. Januar 2010. D. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 21. September 2009 haben Rolf Zopfi, weitere im Kanton Zürich wohnhafte Personen, eine im Kanton Basel-Landschaft ansässige Person, das Referendumskomitee BWIS sowie die Demokratischen Juristinnen und Juristen die vollumfängliche Aufhebung des Gesetzes über den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen beantragt. Sie rügen im Wesentlichen die Verletzung des Vorrangs von Bundesrecht (Art. 49 BV), von Grundrechten (Art. 10, 22 und 31 BV), der Garantien fairer gerichtlicher und administrativer Verfahren (Art. 29, 29a , 30 und 32 BV), des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit und der Legalität (Art. 5 BV) sowie Verletzungen entsprechender Garantien gemäss EMRK und UNO-Pakt II. Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich beantragt im Namen des Regierungsrats die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Beschwerdeführer halten in ihrer Beschwerdeergänzung an ihren Anträgen fest. Mit Vernehmlassung vom 27. August 2010 hat die KKJPD zur Beschwerde Stellung genommen und deren Abweisung beantragt. Die Beschwerdeführer reichten dem Bundesgericht am 7. Oktober 2010 eine weitere Eingabe ein und liessen ihm weitere Unterlagen zukommen, namentlich die neuen, ab 1. August 2010 geltenden Richtlinien des Zentralvorstandes des Schweizerischen Fussballverbandes. E. Mit Verfügung vom 6. Oktober 2009 ist das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen worden. F. Die vorliegende Beschwerdesache ist am 13. Oktober 2010 öffentlich beraten worden.
Erwägungen: 1. 1.1 Die vorliegende Beschwerde richtet sich in erster Linie gegen den Kanton Zürich und dessen Übernahme des Konkordats über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen (Konkordat). Ihre Beurteilung zeitigt über den Kanton Zürich hinaus Auswirkungen auf die übrigen Konkordatskantone. Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) hatte das Konkordat geschaffen. Im vorliegenden Verfahren hat sie die Interessen der Konkordatskantone wahrgenommen und eine Vernehmlassung zur Beschwerde eingereicht. Dementsprechend wird die Konferenz im vorliegenden Verfahren als Partei behandelt (vgl. BGE 136 II 291, nicht publizierte E. 1.3). 1.2 Die Beschwerdeführer verlangen die Aufhebung des ganzen Gesetzes über den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen (Beitrittsgesetz). Sie machen allerdings nicht geltend, § 2 und § 3 des Beitrittsgesetzes verstiessen gegen übergeordnetes Recht oder das Beitrittsgesetz sei in Verletzung von politischen Rechten zustande gekommen. Der Antrag um gänzliche Aufhebung ergibt sich vielmehr aus der Rüge, das Konkordat verstosse in seiner Gesamtheit gegen verfassungsmässige Rechte und könne gesamthaft nicht verfassungskonform angewendet werden. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Antrag als zulässig. 1.3 Die Beschwerdeführer beanstanden ausschliesslich die Bestimmungen des Konkordats. Konkordatsbestimmungen sind unter der Herrschaft des Organisationsgesetzes als kantonale Hoheitsakte und im Falle von rechtsetzenden Konkordaten als kantonale Erlasse im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. a OG betrachtet worden (vgl. Urteil 1P.428/1988 vom 1. Februar 1989 E. 1a; Roland Vetterli, Kantonale Erlasse als Anfechtungsobjekt der staatsrechtlichen Beschwerde, 1989, S. 205 ff. und 213 ff.; Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Auflage 1994, S. 111, je mit weitern Hinweisen). Sie können auch unter dem Bundesgerichtsgesetz als kantonale Erlasse gemäss Art. 82 lit. b BGG verstanden und angefochten werden (vgl. Aemisegger/Scherrer, Basler Kommentar zum BGG, 2008, Art. 82 N. 44). Es gehören dazu Konkordate, die von einem Konkordatsorgan als direkt verbindliches und direkt anwendbares Recht geschaffen werden (vgl. Urteil 2C_561/2007 vom 6. November 2008 E. 1.1.1, in: ZBl 110/2009 S. 571). Gleiches gilt für Konkordate, die einen Beitritt von Kantonen erfordern. Mit dem Beitritt einer bestimmten Anzahl von Kantonen kann das Konkordat in Kraft treten (vgl. Art. 15 Konkordat). Es erlangt für den betreffenden Kanton Rechtsgültigkeit. Das Konkordatsrecht wird entsprechend publiziert (vgl. Zürcher Gesetzessammlung 551.19). Das hat im Falle der Gutheissung der Beschwerde - soweit sich die einzelnen Vorschriften nicht verfassungs- und konventionskonform auslegen lassen - zur Folge, dass die entsprechenden Konkordatsbestimmungen aufgehoben werden (vgl. Urteil 2C_561/2007 vom 6. November 2008, in: ZBl 110/2009 S. 571). Anders als nach der alten Bundesverfassung (vgl. Art. 7 und Art. 84 Ziff. 5 aBV), unterliegen Konkordate keiner Bundesgenehmigung, sondern nach Art. 48 Abs. 3 Satz 2 BV bloss der Pflicht zur Mitteilung an die Bundesbehörden (vgl. Ursula Abderhalden, Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Auflage 2008, Art. 48 N. 38 ff.). Art. 14 Konkordat sieht eine entsprechende Information vor. Das Erfordernis ist ohne Bedeutung für die Anfechtung des Konkordats. Die vorliegende Beschwerde kann als Beschwerde im Sinne von Art. 82 lit. b BGG entgegengenommen und behandelt werden. 1.4 Die Beschwerde ist mit Blick auf die Feststellung, dass das Beitrittsgesetz zustande gekommen ist, gemäss Art. 101 BGG rechtzeitig erhoben worden. Ein kantonales Rechtsmittel ist nicht gegeben, sodass der kantonale Instanzenzug erschöpft und die Beschwerde nach Art. 87 BGG zulässig ist (vgl. Art. 79 Abs. 2 der Zürcher Kantonsverfassung [SR 131.211]). Die im Kanton Zürich wohnhaften Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Konkordatsbestimmungen im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG zumindest virtuell betroffen und haben nach Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG ein Interesse an deren Aufhebung. Das gilt gleichermassen für den im Kanton Basel-Landschaft wohnhaften Beschwerdeführer, da denkbar ist, dass er als Zuschauer von Sportveranstaltungen in den Kanton Zürich reist und das Konkordat von den Zürcher Behörden auf ihn angewendet wird. Seine Legitimation ist daher im Grundsatz zu bejahen (in diesem Sinne auch BGE 134 I 125). Wie es sich mit der Legitimation des Vereins Referendum BWIS verhält, über dessen Mitglieder wiederum keine nähern Angaben vorliegen, ist fraglich und kann (wie schon in BGE 134 I 125) offen bleiben. Schliesslich sind die Demokratischen Juristinnen und Juristen zur abstrakten Normkontrolle in entsprechendem Zusammenhang zugelassen worden (vgl. BGE 136 I 87). 1.5 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Das Bundesgericht prüft Verletzungen von Grundrechten gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur insofern, als entsprechende Rügen in der Beschwerdeschrift vorgebracht und begründet werden. Es ist im entsprechenden Sachzusammenhang zu prüfen, ob und inwiefern die vorliegende Beschwerdeschrift diesen Anforderungen genügt. 2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines Erlasses im Rahmen der abstrakten Normkontrolle massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungs- oder EMRK-Garantien vereinbar erscheinen lässt. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Norm nur auf, sofern sie sich jeglicher verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich bleibt. Es ist grundsätzlich vom Wortlaut der Gesetzesbestimmung auszugehen und der Sinn nach den überkommenen Auslegungsmethoden zu bestimmen. Eine verfassungs- und konventionskonforme Auslegung ist namentlich zulässig, wenn der Normtext lückenhaft, zweideutig oder unklar ist. Der klare und eindeutige Wortsinn darf indes nicht durch eine verfassungskonforme Interpretation beiseitegeschoben werden. Im Einzelnen wird auf die Tragweite des Grundrechtseingriffs, die Möglichkeit eines hinreichenden verfassungsrechtlichen Schutzes bei einer späteren Normkontrolle, die konkreten Umstände der Anwendung und die Auswirkungen auf die Rechtssicherheit abgestellt. Der blosse Umstand, dass die angefochtene Norm in einzelnen Fällen auf eine verfassungswidrige Weise angewendet werden könnte, führt für sich allein noch nicht zu deren Aufhebung (vgl. BGE 136 I 87, nicht publizierte E. 2; 135 II 243 E. 2 S. 248; 133 I 77 E. 2 S. 79; 131 ll 697 E. 4.1 S. 703; 123 I 112 E. 2a S. 116; 119 la 460 E. 11b S. 497 und E. 12e S. 502; 109 Ia 273 E. 2a S. 277 und E. 12c S. 301; Urteil 1C_140/2008 vom 17. März 2009 E. 3, in: ZBl 111/2010 S. 42; je mit Hinweisen; kritisch zu einer als zu weit gehend erachteten Auslegung Häfelin/Haller/Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Auflage, 2008, N. 148 ff. und 154 ff.; Axel Tschentscher, in: ZBJV 145/2009 S. 750). 3. Das vorliegend umstrittene Konkordat stellt spezifisches Polizeirecht dar. Es ist auf die besondere Erscheinung der Gewalttätigkeiten im Umfeld von Sportveranstaltungen ausgerichtet. Das Konkordat bezweckt, mit den speziellen Massnahmen von Rayonverboten, Meldeauflagen und Polizeigewahrsam solche Gewalttätigkeiten zu verhindern und auf diese Weise eine friedliche Durchführung von Sportanlässen zu ermöglichen. Das Konkordat wird ergänzt durch die im BWIS vorgesehenen Massnahmen. Als besonderes Polizeirecht reiht sich das Konkordat in das allgemeine Polizeirecht ein, das unabhängig davon nach seinen eigenen Regeln zur Anwendung gelangt. Es ist für den Kanton Zürich insbesondere im Polizeigesetz vom 23. April 2007 umschrieben (PolG; kantonale Gesetzessammlung 550.1; vgl. BGE 136 I 87). Dieses sieht in allgemeiner Weise polizeilichen Zwang und polizeiliche Massnahmen vor und nennt als besondere Vorkehren u.a. die Wegweisung und Fernhaltung (§ 33 PolG) sowie den polizeilichen Gewahrsam (§ 25 PolG). Ferner treten strafprozessuale Massnahmen wie die vorläufige Festnahme nach Art. 217 der eidgenössischen Strafprozessordnung (AS 2010 1881) hinzu. Das im vorliegenden Verfahren umstrittene Konkordat ist vor diesem weitern Hintergrund zu betrachten und im Rahmen der abstrakten Normkontrolle auf seine Verfassungs- und Konventionskonformität zu prüfen. 4. Die Beschwerdeführer rügen vorerst unter Berufung auf Art. 49 Abs. 1 und Art. 123 BV eine Verletzung des Vorrangs von Bundesrecht. Sie gehen davon aus, dass die im Konkordat vorgesehenen Massnahmen der Rayonverbote, der Meldeauflagen und des Polizeigewahrsams Anordnungen mit strafrechtlichem Charakter darstellen, und folgern daraus, dass die Kantone mit Blick auf Art. 123 BV und Art. 335 StGB zum Erlass solcher Bestimmungen nicht befugt seien. 4.1 Der Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht nach Art. 49 Abs. 1 BV schliesst in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend regelt, eine Rechtssetzung durch die Kantone aus. In Sachgebieten, die das Bundesrecht nicht abschliessend ordnet, dürfen die Kantone nur solche Vorschriften erlassen, die nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht beeinträchtigen oder vereiteln. Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts kann als verfassungsmässiges Individualrecht angerufen werden. Das Bundesgericht prüft mit freier Kognition, ob die kantonale Norm mit dem Bundesrecht im Einklang steht (BGE 134 I 125 E. 2.1 S. 128 mit Hinweisen). 4.2 Für die Beurteilung der von den Beschwerdeführern vorgebrachten Rüge ist die Natur der im Konkordat vorgesehenen Massnahmen von ausschlaggebender Bedeutung. Der Bundesrat hielt in seiner Botschaft zur Ergänzung des BWIS fest, die entsprechenden Massnahmen seien als verwaltungsrechtliche, nicht als strafrechtliche Vorkehren konzipiert (Botschaft vom 17. August 2005, BBl 2005 5613, 5626). Die Sanktionierung im Falle der Widerhandlung gegen die Massnahmen richte sich in Anwendung von Art. 24h BWIS nach Art. 292 StGB. Die Bundeskompetenz sei gerade mit Blick auf die polizeiliche Natur der Massnahmen fragwürdig (Botschaft, a.a.O., S. 5637 ff.). Vor diesem Hintergrund hat das Parlament die Gültigkeit der Massnahmen im BWIS zeitlich beschränkt. Das Bundesgericht ging davon aus, dass die im BWIS vorgesehenen Massnahmen verwaltungsrechtlichen Charakter aufwiesen. Es prüfte den einzuschlagenden Rechtsmittelweg ausschliesslich unter dem Gesichtswinkel des Verwaltungsverfahrens (BGE 134 I 125 E. 4.1 S. 136). Im Entscheid zum Zürcher Polizeigesetz führte es allgemein aus, das Polizeirecht sei grundsätzlich öffentlich-rechtlicher Natur, auch wenn es im Einzelnen Bezüge zum Straf- und insbesondere zum Strafprozessrecht aufweise. Polizeiliche Massnahmen wie etwa der Polizeigewahrsam stellten verwaltungsrechtliche Anordnungen dar. Entsprechend hat es den Rechtsweg unter dem Gesichtswinkel von Art. 5 Ziff. 4 EMRK und Art. 31 Abs. 4 BV untersucht (BGE 136 I 87 E. 3.4 S. 93 und E. 6.5 S. 106). 4.3 Vor diesem Hintergrund ist auch für die im Konkordat vorgesehenen Massnahmen der Rayonverbote, der Meldeauflagen und des Polizeigewahrsams die öffentlich-rechtliche, verwaltungsrechtliche Natur zu bejahen. Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, vermag nicht zu überzeugen. Sie übersehen, dass das Konkordat bezweckt, Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. Im Vordergrund steht die Prävention, die Verhinderung von Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen. Die Massnahmen sind auf Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit durch Gewalttätigkeiten unterschiedlichster Art ausgerichtet. Sie weisen keinen pönalen, repressiven Charakter auf, werden nicht wegen Erfüllung von Straftatbeständen ausgesprochen und bezwecken nicht die Besserung der betroffenen Person. Damit unterscheiden sich die im Konkordat vorgesehenen polizeilichen Massnahmen auch wesentlich vom Warnungsentzug nach dem SVG, dem das Bundesgericht eine pönale, unter Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallende Natur zugesprochen hat (BGE 121 II 22 E. 3 S. 25; 128 II 173 E. 3b und 3c S. 175). Daran ändert der Umstand nichts, dass für den Nachweis der Gefahr von gewalttätigem Verhalten gemäss Art. 3 Konkordat u.a. auf entsprechende Gerichtsurteile und Anzeigen abgestellt wird und die Schwere nach Art. 2 Konkordat an Straftatbeständen gemessen wird. 4.4 Die umstrittenen Massnahmen der Rayonverbote, der Meldeauflagen und des Polizeigewahrsams weisen somit keinen strafrechtlichen Charakter auf. Damit können sie von vornherein nicht mit Art. 123 BV in Konflikt geraten und müssen sich nicht nach Art. 335 StGB richten. Andere Aspekte, weshalb die Massnahmen gegen Bundesrecht verstossen sollten, machen die Beschwerdeführer nicht geltend. Damit erweist sich die Rüge der Verletzung des Grundsatzes des Vorrangs von Bundesrecht nach Art. 49 Abs. 1 BV als unbegründet. 5. Im gleichen Sachzusammenhang rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung der Unschuldsvermutung gemäss von Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK. Sie machen geltend, dass sich die Massnahmen der Rayonverbote, der Meldeauflagen und des Polizeigewahrsams nach Art. 3 Konkordat auf strafrechtlich relevante Grundlagen abstützen und damit ohne gerichtliche Verurteilung einen Schuldvorwurf enthalten. Ein solcher bleibe auch dann aufrechterhalten, wenn in einem Strafverfahren die Unschuld nachgewiesen werde. 5.1 Die Unschuldsvermutung ergibt sich aus Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK. Sie bedeutet, dass jede Person bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt. Es ist das Recht, als unschuldig behandelt zu werden, bis ein zuständiges Gericht nach Durchführung eines fairen Verfahrens die strafrechtliche Schuld in rechtsgenüglicher Weise nachgewiesen und festgestellt hat. Für den vorliegenden Sachzusammenhang heisst das insbesondere, dass ohne entsprechendes Verfahren niemand einer strafbaren Handlung bezichtigt werden darf. 5.2 Die umstrittenen polizeilichen Massnahmen weisen keinen strafrechtlichen Charakter auf und enthalten keine repressiven Komponenten. Sie sind vielmehr polizeilicher Natur und dienen präventiv der Gefahrenabwehr (E. 3). Deren Anordnung enthält für sich gesehen keinen strafrechtlichen Vorwurf. Es wird nicht zum Ausdruck gebracht, dass die betroffene Person sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht hätte. Es kann auch nicht gesagt werden, dass von den Massnahmen indirekt ein strafrechtlicher Vorwurf ausgehen würde. Der Hinweis auf BGE 120 Ia 147 E. 3 S. 155, wo ein Verstoss gegen die Unschuldsvermutung im Zusammenhang mit der Aufbewahrung erkennungsdienstlichen Materials verneint worden ist, ist unbeachtlich. Mit Blick auf die Unschuldsvermutung kann in Bezug auf die einzelnen Massnahmen das Folgende angefügt werden. Die Meldeauflage stützt sich nach Art. 6 Abs. 1 lit. b Konkordat u.a. darauf, dass aufgrund konkreter und aktueller Tatsachen anzunehmen ist, dass sich die Person nicht von Gewalttätigkeiten abhalten lasse. Für den Polizeigewahrsam nach Art. 8 Abs. 1 lit. a Konkordat ist massgebend, dass aufgrund von konkreten und aktuellen Hinweisen eine Beteiligung an schwerwiegenden Gewalttätigkeiten zu befürchten ist. Damit kommt kein strafrechtlicher Vorwurf zum Ausdruck, der mit der Unschuldsvermutung unvereinbar ist. Ein Rayonverbot kann nach Art. 4 Abs. 1 Konkordat angeordnet werden, wenn sich eine Person nachweislich an Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen beteiligt hat. Der Terminus "nachweislich" ist im Zusammenhang mit Art. 3 Konkordat zu verstehen, wo der Nachweis gewalttätigen Verhaltens umschrieben wird. Neben entsprechenden Gerichtsurteilen, die unter der Unschuldsvermutung ohnehin unbedenklich sind, werden polizeiliche Anzeigen, glaubwürdige Aussagen oder Bildaufnahmen, Stadionverbote von Sportverbänden und -vereinen sowie Meldungen zuständiger ausländischer Behörden genannt. In all diesen Fällen kommt lediglich ein Verdacht zum Ausdruck, dem in den entsprechenden Verfahren nachgegangen wird. Dieser Verdacht ist es, der nach Art. 3 und 4 Konkordat Ausgangspunkt für die polizeiliche Massnahme des Rayonverbots bildet. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kommt darin kein strafrechtlicher Vorwurf zum Ausdruck. Es verhält sich nicht wesentlich anders als bei strafprozessualen Massnahmen, die einen entsprechenden Tatverdacht voraussetzen und gleichwohl mit der Unschuldsvermutung vereinbar sind (vgl. BGE 107 Ia 138 E. 4c S. 141). Die Rüge der Verletzung der Unschuldsvermutung ist unbegründet. 6. Hinsichtlich aller drei im Konkordat vorgesehenen Massnahmen - Rayonverbote, Meldeauflagen und Polizeigewahrsam - rügen die Beschwerdeführer Verletzungen der Versammlungsfreiheit nach Art. 22 BV. Sie machen geltend, es fehle an den Voraussetzungen gemäss Art. 36 BV für Einschränkungen des Grundrechts. Insbesondere fehlten die gesetzliche Grundlage, das erforderliche öffentliche Interesse und die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. 6.1 Gemäss Art. 22 BV verbietet die Versammlungsfreiheit staatliche Massnahmen gegen Einberufung, Organisation, Durchführung oder Gestaltung einer Versammlung oder gegen die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an einer solchen. Zu den Versammlungen im Sinne dieser Bestimmung gehören verschiedenste Formen des Zusammenfindens von Menschen im Rahmen einer gewissen Organisation mit einem weit verstandenen gegenseitig meinungsbildenden, -äussernden oder -austauschenden Zweck (BGE 132 I 49 E. 5.3 S. 56; 132 I 256 E. 3 S. 258, je mit Hinweisen). Im Vordergrund stehen in einem weiten Sinne kommunikative Zwecke von Gruppen, die durch die Versammlungsfreiheit geschützt werden und die auch auf lose Gruppierungen zutreffen können (BGE 132 I 49 E. 5.3 S. 57). Anders verhält es sich mit zufälligen Ansammlungen von Personen und Schaulustigen ohne verbindendes Ziel (Christoph Rohner, in: Die Schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, Art. 22 N. 6; Müller/Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 580 f.). In diesem Sinne vermag die Versammlungsfreiheit beliebige Gruppen von Besuchern von Sportveranstaltungen grundsätzlich nicht zu schützen. Gleichwohl ist im Einzelfall nicht auszuschliessen, den Versammlungsbegriff auf Gruppierungen anzuwenden, wenn sie sich zum gemeinsamen Besuch von Sportveranstaltungen zusammenfinden, möglicherweise Hin- und Rückreise gemeinsam unternehmen und insoweit gewissermassen organisiert auftreten. Insoweit könnten solche Personen durch Rayonverbote, Meldeauflagen und Polizeigewahrsam in ihrem Zusammentreffen beeinträchtigt werden. Wie es sich mit dem Vorliegen einer Versammlung im Sinne von Art. 22 BV verhält, kann indes im Verfahren der abstrakten Normkontrolle offenbleiben. 6.2 Die Beschwerdeführer rufen mit denselben Rügen die Bewegungsfreiheit an. Diese ist als Teil der persönlichen Freiheit im Sinne von Art. 10 Abs. 2 BV garantiert. Sie wird durch Rayonverbote, Meldeauflagen und Polizeigewahrsam beeinträchtigt. Versammlungsfreiheit und Bewegungsfreiheit können wie andere Grundrechte gestützt auf und nach den Kriterien von Art. 36 BV eingeschränkt werden. Einschränkungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein und müssen sich schliesslich als verhältnismässig erweisen. Die Kerngehaltsgarantie ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang. 6.3 Die Beschwerdeführer rügen das Fehlen einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Die Konkordatsbestimmungen seien lediglich eine Konkretisierung der polizeilichen Generalklausel. Diese aber könne nur zum Zuge kommen, wenn im Einzelfall unaufschiebbare Massnahmen zur Behebung einer unmittelbar drohenden Gefährdung oder zur Verhinderung bevorstehender Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu treffen seien. Dies treffe in den vorliegenden Konstellationen nicht zu. Die Rüge ist von vornherein unbegründet. Das angefochtene Konkordat stellt, wie ausgeführt, autonomes kantonales Recht dar. Dieses unterstand dem fakultativen Referendum. Es bildet eine hinreichende gesetzliche Grundlage für Einschränkungen von Grundrechten. Als spezielles, auf spezifische Situationen ausgerichtetes Polizeirecht konkretisiert das Konkordatsrecht allgemeines Polizeirecht zur Gefahrenabwehr und damit auch die polizeiliche Generalklausel (vgl. BGE 130 I 369 E. 7.3 S. 381; Urteil 2C_166/2009 vom 30. November 2009 E. 2.3.2; Urteil EGMR Gsell gegen Schweiz vom 8. Dezember 2009). Es wird in einem förmlichen Erlass umschrieben, welche konkreten Massnahmen bei gegebener Gefährdungslage ergriffen werden können. Das Konkordat stellt insoweit die demokratische Umsetzung der Gefahrenabwehr in spezifischen Situationen dar. Als solches gilt es nach Art. 36 Abs. 1 BV als hinreichende Grundlage für Einschränkungen von Grundrechten (vgl. BGE 128 I 327 E. 3.2 S. 335). 6.4 Ferner stellen die Beschwerdeführer ein hinreichendes Interesse für die beanstandeten Massnahmen in Frage. Es besteht ein ebenso offensichtliches wie gewichtiges öffentliches Interesse daran, Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen zu verhindern. Der Bundesrat hat in seiner BWIS-Botschaft auf die zunehmenden Ausschreitungen im Zusammenhang mit Fussball- und Eishockeyspielen und das damit einhergehende Gefahrenrisiko für Gewaltaktionen aufmerksam gemacht (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 5617 f. und 5637 f.). Es handelt sich um ein allgemeines Phänomen, das über die Fussball-Europameisterschaft und die Eishockey-Weltmeisterschaft hinausreicht und auch nach Aufhebung der entsprechenden BWIS-Bestimmungen von aktueller Bedeutung ist. Der Bundesrat hat zudem hingewiesen auf das Europäische Übereinkommen vom 19. August 1985 über Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen von Zuschauern bei Sportanlässen, insbesondere bei Fussballspielen (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 5624). Die Schweiz ist dem Übereinkommen im Jahre 1990 beigetreten (SR 0.415.3). Es verpflichtet die Vertragsstaaten u.a. dazu, in verschiedener Hinsicht Massnahmen zur Verhinderung von Gewaltakten bei Fussballspielen zu treffen (vgl. Art. 1-3 des Übereinkommens). Überdies sind auf eidgenössischer Ebene parlamentarische Vorstösse zur Verhinderung von Gewalt mittels Präventionsmassnahmen überwiesen worden (vgl. das am 17. März 2008 überwiesene Postulat der Rechtskommission des Ständerates, 08.3000, AB 2008 S. 170 f. sowie die parlamentarische Initiative 06.454). Die mit den Polizeimassnahmen angegangenen Gewalttätigkeiten berühren öffentliche Interessen, sowohl im Hinblick auf Störungen und Gefährdungen der öffentlichen Ordnung wie auch mit Blick auf den erforderlichen Einsatz von Sicherheitskräften. Gleichermassen sind unbeteiligte Besucher und Veranstalter von Sportveranstaltungen durch Gewalttätigkeiten in ihren privaten Interessen beeinträchtigt und in ihren Grundrechten betroffen. Damit sind die Interessen zur Grundrechtseinschränkung gegenüber Hooligans im Sinne von Art. 36 Abs. 2 BV klar und hinreichend ausgewiesen. 6.5 Schliesslich machen die Beschwerdeführer geltend, dass die vorgesehenen Massnahmen der Rayonverbote, der Meldeauflagen und des Polizeigewahrsams weder zweckmässig noch notwendig seien und daher mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht im Einklang stünden. Die Beschwerdeführer begründen ihre Rüge der Unverhältnismässigkeit nur sehr partiell. Sie legen nicht dar, dass und inwiefern alle drei umstrittenen Massnahmen unverhältnismässig seien. Sie beschränken sich im Wesentlichen auf die Rayonverbote und bestimmte Aspekte der Meldeauflagen. Es ist einzig auf die gerügten Aspekte einzugehen. Zur Hauptsache bringen die Beschwerdeführer vor, die Rayonverbote könnten das Gewaltproblem nicht lösen und führten lediglich dazu, dass Gewalttätigkeiten in andere Gebiete verschoben oder auf Sportveranstaltungen unterer Ligen übertragen würden. Dieser Einwand ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen, vermag die Verhältnismässigkeit von Rayonverboten indes nicht grundsätzlich in Frage zu stellen. Rayonverbote sind geeignet, Personen, von denen Gewalttätigkeiten ausgehen könnten, sowohl vom Umkreis der Stadien als auch von den Bahnhöfen und Örtlichkeiten, welche zur Hin- bzw. Rückfahrt benutzt werden, fernzuhalten. Damit wird in effizienter Weise verhindert, dass die betroffenen Personen in jene Gebiete gelangen, wo es erfahrungsgemäss besonders häufig zu Gewalttätigkeiten kommt. Das schliesst es allerdings nicht aus, dass sich gewaltbereite Personen an andern, von den Rayonverboten nicht betroffenen Orten treffen. Insoweit bieten Rayonverbote keine Gewähr, dass es überhaupt nicht zu Ausschreitungen kommt. Das dürfte - abgesehen von drakonischen und deshalb unverhältnismässigen Anordnungen - für die meisten Massnahmen der Gefahrenabwehr gelten. Gerade für solche Konstellationen stellt das Konkordat weitere Massnahmen zur Verfügung. Insbesondere mit der Meldeauflage oder gar mit einem Polizeigewahrsam zur Durchsetzung von Rayonverboten kann dem von den Beschwerdeführern angesprochenen Problem möglicherweise begegnet und auf diese Weise verhindert werden, dass die betroffenen Personen auf Gebiete ausserhalb der Rayons ausweichen, sich dort zusammenfinden und Gewalttätigkeiten auslösen. Vor diesem Hintergrund können Rayonverbote nicht generell als unzweckmässig oder als nicht notwendig bezeichnet werden. Sie halten daher vor dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nach Art. 36 Abs. 3 BV stand. Ob ein konkretes Rayonverbot angemessen und verhältnismässig ist, kann erst im Einzelfall geprüft werden. Im Verfahren der abstrakten Normkontrolle genügt die Feststellung, dass sich Rayonverbote nach Art. 4 Konkordat ohne Weiteres verfassungsmässig handhaben lassen. Die Verhältnismässigkeit der umstrittenen Massnahmen kann auch mit Blick auf das Strafrecht nicht in Frage gestellt werden. Das Konkordat sieht, wie dargelegt, administrative polizeiliche Massnahmen vor. Diese dienen der Gefahrenabwehr und sind auf die Zukunft ausgerichtet. Sie bezwecken nicht die Repression von Gewalttätigkeiten. Hierzu dient das Strafrecht. Es tritt als Ergänzung zu den Polizeimassnahmen hinzu und führt zu Strafverfahren, soweit die polizeilichen Vorkehren Gewalttätigkeiten nicht zu verhindern vermochten und Straftatbestände vorliegen. Das Strafrecht dient als letztes Mittel zur Ahndung von Hooligan-Verstössen. Es vermag die Prävention in Form von polizeilichen Massnahmen nicht zu ersetzen. Die Rüge, die Rayonverbote hielten vor dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit im Sinne von Art. 36 Abs. 3 BV nicht stand, ist demnach unbegründet. 6.6 Spezifisch mit Blick auf die Bewegungsfreiheit machen die Beschwerdeführer geltend, Rayonverbote verhinderten die freie Zirkulation der Betroffenen. Werden Rayonverbote im Raum Zürich für Hallenstadion, Letzigrund, Bahnhof Altstetten und Hauptbahnhof verordnet, so würden die Betroffenen daran gehindert, etwa eine Reise via Hauptbahnhof anzutreten oder an bestimmten Orten Einkäufe zu tätigen; in Winterthur könnte die Fachhochschule nicht besucht werden. Dies belege die Unverhältnismässigkeit der Massnahme. Rayonverbote bringen ihrem Zweck entsprechend eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit mit sich. Sie untersagen den Betroffenen, sich während bestimmter Zeiten an bestimmten Örtlichkeiten aufzuhalten. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass eine Person Orte und Gebiete nicht betreten darf, die sie ohne Zusammenhang mit Sportveranstaltungen für andere Aktivitäten wie Antritt einer Reise, Einkäufe oder Besuch einer Schule aufsuchen möchte. Dieser auf den Einzelfall bezogenen Problematik kann im Rahmen der Anordnung eines konkreten Rayonverbots Rechnung getragen werden, sei es anlässlich der Gewährung des rechtlichen Gehörs, sei es allenfalls in einem Rekursverfahren. Die von den Beschwerdeführern zu den Akten gegebenen Beispiele zeigen, dass in Einzelfällen entsprechende, präzis umschriebene Ausnahmen eingeräumt worden sind. Rayonverbote lassen sich demnach verfassungskonform handhaben. Im Verfahren der abstrakten Normkontrolle vermag die Problematik von besonderen Situationen die Massnahme der Rayonverbote als solche nicht als verfassungswidrig erscheinen zu lassen. Die Beschwerde ist auch in dieser Hinsicht unbegründet. 6.7 An der Verfassungs- und Konventionskonformität des Konkordats ändert auch der Umstand nichts, dass private Personen und Organisationen wie der Schweizerische Fussballverband SFV im Anschluss an die umstrittenen Polizeimassnahmen ihrerseits privatrechtliche Massnahmen treffen. Rechtskräftige Rayonverbote werden gemäss Art. 24a BWIS in das elektronische Informationssystem des Bundesamtes für Polizei, Fedpol, aufgenommen und führen nach den Richtlinien des Fussballverbandes zu privatrechtlichen Stadionverboten. Das lässt sie allerdings entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht als unverhältnismässig erscheinen. Deren Ausführungen in ihrer Eingabe vom 7. Oktober 2010 führen zu keinem andern Schluss. Daher kann die prozessuale Frage, ob diese neuen Ausführungen unter dem Gesichtswinkel des Novenverbots gemäss Art. 99 BGG zulässig sind, offenbleiben. 7. Art. 8 Konkordat sieht die Möglichkeit des Polizeigewahrsams vor, Art. 9 Konkordat umschreibt dessen Handhabung. Mit Blick auf diese Bestimmungen rügen die Beschwerdeführer Verletzungen von Art. 10 Abs. 2 und Art. 31 BV und bringen vor, der Polizeigewahrsam könne nicht als rechtmässige Festnahme im Sinne der Bundesverfassung betrachtet werden. Sie begründen ihre Rügen nicht in spezifischer und hinreichender Weise, sodass darauf nicht einzutreten ist. Hingegen rügen die Beschwerdeführer in genügender Weise, der Polizeigewahrsam nach Art. 8 Konkordat lasse sich nicht unter Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK subsumieren und sei in Anbetracht des abschliessenden Charakters von Art. 5 Ziff. 1 EMRK mit der Konvention nicht vereinbar. 7.1 Nach Art. 5 Ziff. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den von der Bestimmung aufgezählten Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden. Die Aufzählung der möglichen Konstellationen von Freiheitsentzug in Art. 5 Ziff. 1 EMRK ist abschliessend (vgl. Urteil EGMR Borer gegen Schweiz vom 10. Juni 2010, Nr. 22493/06, Ziff. 40; Urteil Epple gegen Deutschland vom 24. März 2005, Nr. 77909/01, Ziff. 33, in: EuGRZ 2005 S. 474; BGE 121 I 208 E. 4c S. 214, je mit Hinweisen). 7.2 Der Bundesrat hat in seiner BWIS-Botschaft den Polizeigewahrsam ohne weitere Prüfung als Massnahme im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK bezeichnet (Botschaft, a.a.O., S. 5633 f.). Das Bundesgericht hat diese Aussage wiedergegeben, ohne die Vereinbarkeit des Polizeigewahrsams mit Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK im Einzelnen zu untersuchen (BGE 134 I 125 E. 4.4 S. 138). Eine nähere Prüfung unter diesem Gesichtswinkel konnte auch im Urteil zum Zürcher Polizeigesetz unterbleiben (vgl. BGE 136 I 87 E. 6 S. 104). 7.3 Im vorliegenden Sachzusammenhang fällt für die Rechtfertigung von Polizeigewahrsam ausschliesslich lit. b von Art. 5 Ziff. 1 EMRK in Betracht. Die übrigen Litterae von Art. 5 Ziff. 1 EMRK kommen von vornherein nicht zur Anwendung. Nach der genannten Bestimmung ist die rechtmässige Festnahme oder der rechtmässige Freiheitsentzug zulässig wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung. Die Bestimmung von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK bringt nach ihrem Wortlaut zwei unterschiedliche Alternativen mit verschiedenen Zweckausrichtungen zum Ausdruck (vgl. BGE 135 II 105 E. 2.2.1 S. 107; aus der Lehre Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 3. Auflage, 2009, N. 51 zu Art. 5; Joachim Renzikowski, Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, 2004, N. 139 ff. zu Art. 5; Walter Gollwitzer, Menschenrechte im Strafverfahren, MRK und IPBPR, 2005, N. 49 zu Art. 5 MRK; Christoph Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 21 N. 13 S. 170; Velu/Ergec, La Convention européenne des droits de l'homme, 1990, S. 264 N. 320). Nach der ersten Alternative bezweckt der Freiheitsentzug die Befolgung einer gerichtlichen Anordnung. Er weist ein repressives Element auf, ist darauf angelegt, dass eine auf ein künftiges Verhalten ausgerichtete gerichtliche Anordnung tatsächlich befolgt und durchgesetzt wird. Als Beispiele hierzu werden in der Lehre genannt: gerichtliche Weisungen, eine Busse zu bezahlen, sich einer psychiatrischen Untersuchung zu unterziehen oder eine Blutentnahme zu dulden (vgl. Haefliger/Schürmann, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Auflage, 1999, S. 94; Frowein/Peukert, a.a.O., N. 52 ff. zu Art. 5; Renzikowski, a.a.O., N. 143 ff. zu Art. 5 EMRK). Im vorliegenden Zusammenhang geht dem Polizeigewahrsam keine gerichtliche Anordnung voraus, die es mit einer Haft durchzusetzen gilt. Damit entfällt die erste Alternative von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK für die Rechtfertigung des Polizeigewahrsams nach Art. 8 Konkordat. 7.4 Zu prüfen ist die zweite Alternative von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK. Danach kann Haft angeordnet werden zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung. Sie dient dazu, eine Person dazu anzuhalten, einer spezifischen Verpflichtung nachzukommen. Es geht um Konstellationen, in denen das Gesetz es gestattet, jemanden in Haft zu nehmen oder zu behalten, ohne dass der Massnahme Strafcharakter zukommt. Erforderlich ist, dass der Betroffene vorher Gelegenheit hat, die gesetzliche Pflicht von sich aus freiwillig zu erfüllen, und dass es ausser dem Freiheitsentzug keine wirksame Massnahme gibt, um die Pflichterfüllung zu bewirken. Nach der Lehre gehören dazu etwa Beugemassnahmen, Massnahmen wegen Verletzung der Wehrpflicht oder der Verweigerung der Identitätsfeststellung sowie zur Duldung von strafprozessualen Ermittlungshandlungen und Zwangsvollstreckungsmassnahmen (vgl. Frowein/Peukert, a.a.O., N. 55 ff. zu Art. 5; Haefliger/Schürmann, a.a.O., S. 94 f.; Renzikowski, a.a.O., N. 147 ff. zu Art. 5; Gollwitzer, a.a.O., N. 53 ff. zu Art. 5 MRK). Diese Konstellation von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK darf nicht als weite Generalklausel verstanden werden, die es erlauben würde, Bürgern die Freiheit zu entziehen, damit sie sich in genereller Weise an allgemeine gesetzliche Regeln zum Schutz von Ruhe und Ordnung halten. Der Bestimmung sind zur Verhinderung von missbräuchlichem Freiheitsentzug Grenzen zu setzen. Es ist ein Ausgleich zwischen der Durchsetzung von gesetzlichen Pflichten in einer demokratischen Gesellschaft und der Bedeutung des Rechts auf Freiheit zu suchen. Erforderlich ist daher, dass die gesetzliche Verpflichtung, die mit Haft sichergestellt werden soll, hinreichend bestimmt, konkret und nach Umfang und Inhalt eindeutig umschrieben ist. Die Haft kann nicht mit der allgemeinen Befolgung der Rechtsordnung oder der Befehle von Vorgesetzten gerechtfertigt werden (Urteil EGMR Epple gegen Deutschland, a.a.O., Ziff. 37; Urteil Vasileva gegen Dänemark vom 25. September 2003, Nr. 52792/99, Ziff. 36 f.; Urteil Engel gegen Niederlande vom 8. Juni1976, Ziff. 69, Serie A Nr. 22, in: EGMR-E 1, S. 178; Urteil Guzzardi gegen Italien vom 6. November 1980, Ziff. 101, Serie A Nr. 39, in: EGMR-E 1 S. 492; vgl. Urteil EGMR Lawless gegen Irland vom 1. Juli 1961, Ziff. 12, Serie A Nr. 3, in: EGMR-E 1, S. 10; Bericht EKMR Eggs gegen Schweiz vom 4. März 1978, DR 15, 35 [46], VPB 1983 Nr. 82, EuGRZ 1980 S. 308; Entscheidung EGMR Susanne Paradis und Mitbeteiligte gegen Deutschland vom 4. September 2007, EuGRZ 2007 S. 678; Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 3. Auflage 2009, N. 55 ff. zu Art. 5; Renzikowski, a.a.O., N. 147 ff. zu Art. 5; Gollwitzer, a.a.O., N. 53 ff. zu Art. 5 MRK; Grabenwarter, a.a.O., § 21 N. 13 f. S. 170 f.; Haefliger/Schürmann, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Auflage 1999, S. 94 f.; Velu/Ergec, a.a.O., S. 265 N. 322; Mark E. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Auflage, 1999, S. 213 N. 334; Stefan Trechsel, Human Rights in Criminal Proceedings, 2005, S. 444 f.). 7.5 Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob der Polizeigewahrsam nach Art. 8 Konkordat als Massnahme gemäss Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK zur Erzwingung einer gesetzlichen Pflicht verstanden und das Konkordat in diesem Sinne konventionskonform ausgelegt werden kann. 7.5.1 Auszugehen ist von der besonderen Charakteristik des Polizeigewahrsams nach dem Konkordatsrecht. Ein solcher wird nach Abklärung der erforderlichen Voraussetzungen in dem Sinne verfügt, dass die betroffene Person aufgeboten wird, sich - in den Worten von Art. 8 Abs. 3 Konkordat - zum bezeichneten Zeitpunkt bei einer bestimmten Polizeistelle einzufinden und für die Dauer des Gewahrsams zu verbleiben (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 5634; vgl. Christoph Jenni, Beweisrechtliche Anforderungen an Fernhalteverfügungen, in: Sicherheit&Recht 2010 S. 47). Sie verfügt über den aus Art. 31 Abs. 4 BV fliessenden Rechtsschutz und kann unmittelbar einen Richter anrufen (vgl. BGE 136 I 87 E. 6 S. 104). Der hier in Frage stehende Polizeigewahrsam unterscheidet sich im Normalfall von andern Formen des Polizeigewahrsams gemäss kantonalen Polizeigesetzen, welcher für die betroffene Person oftmals einen unmittelbaren und unvorhergesehenen Freiheitsentzug bedeutet (vgl. BGE 136 I 87 E. 6 S. 104). 7.5.2 Dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit kommt im Polizeirecht besondere Bedeutung zu. Er verlangt, dass behördliche Massnahmen im öffentlichen oder privaten Interesse geeignet und erforderlich sind und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung zumutbar und verhältnismässig erweisen. Erforderlich ist eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation. Eine Massnahme ist unverhältnismässig, wenn das Ziel mit einem weniger schweren Grundrechtseingriff erreicht werden kann (vgl. BGE 136 I 87 E. 3.2 S. 91). Dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit sind auch die im Konkordat vorgesehenen polizeilichen Massnahmen verpflichtet. Sie weisen gesamthaft ein kaskadenartiges Konzept auf, wie sich aus den Materialien zum BWIS klar ergibt (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 5615, 5620, 5626 und 5633). Das Rayonverbot nach Art. 4 Konkordat bildet die mildeste Massnahme zur Verhinderung von Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen. Die Meldeauflage gemäss Art. 6 Konkordat greift stärker in die Grundrechte ein. Sie wird nur angeordnet, soweit ein Rayonverbot missachtet worden ist (Art. 6 Abs. 1 lit. a Konkordat). Die schärfste Massnahme ist der Polizeigewahrsam nach Art. 8 Konkordat. Er wird als "ultima ratio" bezeichnet (Botschaft, a.a.O., S. 5634). Voraussetzung ist, dass der Gewahrsam als einzige Möglichkeit erscheint, die betroffene Person von der Beteiligung an Gewalttätigkeiten abzuhalten (Art. 8 Abs. 1 lit. b Konkordat). Der Polizeigewahrsam gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. b Konkordat darf demnach nur angeordnet werden, wenn ein Rayonverbot vorausgegangen ist und dieses sich als nicht wirksam herausgestellt hat, weil es nicht befolgt worden ist oder weil sich die betroffene Person nachweislich nicht daran halten will. Das Rayonverbot bildet Ausgangspunkt und Grundlage der Betrachtung des Polizeigewahrsams. Es stellt eine durch eine Verfügung konkretisierte gesetzliche Verpflichtung im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. b letzter Satzteil EMRK dar (vgl. Urteil EGMR Epple gegen Deutschland, a.a.O., Ziff. 38). Es ist diese mildere gesetzliche Verpflichtung des Rayonverbots, die mit dem schwerer wiegenden Polizeigewahrsam durchgesetzt werden soll. In Form des Polizeigewahrsams ohne Strafcharakter wird einer bestimmten Person die Freiheit entzogen, um ein ihr gegenüber konkret und bestimmt ausgesprochenes Rayonverbot umzusetzen. Auf diese Weise soll eine friedliche Durchführung von Sportveranstaltungen ermöglicht werden. Die dem Polizeigewahrsam zugrunde liegende gesetzliche Verpflichtung liegt somit im Rayonverbot. Gestützt auf Art. 4 Abs. 1 Konkordat wird einer Person untersagt, sich zu bestimmten Zeiten in genau umschriebenen Gebieten aufzuhalten. Diese Verpflichtung erweist sich als bestimmt und konkret sowie nach Inhalt und Umfang klar umschrieben. Sie stellt keine Generalklausel dar, die Rechtsordnung in allgemeiner Weise zu befolgen. Die betroffene Person hat Gelegenheit, das Rayonverbot von sich aus zu befolgen. Diese Auslegung des Konkordats erlaubt es, den Polizeigewahrsam nach Art. 8 Konkordat unter die Bestimmung von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK zu subsumieren. Sie orientiert sich am Konkordatstext, findet eine Stütze in der Systematik des Konkordats und kann schliesslich auf die Materialien zum BWIS abstellen. Damit wird der Rahmen der verfassungs- und konventionskonformen Auslegung gewahrt. 7.5.3 Über diese aus der Konvention fliessenden Anforderungen an den Polizeigewahrsam hinaus ergeben sich aus der konkordatsrechtlichen Ausgestaltung weitere Einschränkungen im Sinne des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes. Der Polizeigewahrsam kann - anders als bei Rayonverbot und Meldepflicht - nur angeordnet werden bei Gefahr von besonderen Straftaten gemäss Art. 9 Abs. 2 Konkordat und lediglich hinsichtlich von qualifizierten Sportveranstaltungen nach Art. 9 Abs. 1 Konkordat. Der Polizeigewahrsam darf gemäss Art. 8 Abs. 2 Konkordat längstens 24 Stunden dauern. Er ist sofort aufzuheben, sobald die Umstände dies erlauben. Die von den Beschwerdeführern angeführten Beispiele, in denen Rayonverbote für die Zeit von sechs Stunden vor Beginn bis sechs Stunden nach Beendigung der Veranstaltung galten, zeigen, dass auch der Polizeigewahrsam im Einzelfall auf eine verhältnismässige Dauer beschränkt werden kann. 7.6 Gesamthaft gesehen liegt dem Polizeigewahrsam nach Art. 8 Konkordat eine hinreichend bestimmte gesetzliche Verpflichtung in Form eines Rayonverbots gemäss Art. 4 Konkordat zugrunde. Der von den Beschwerdeführern beanstandete Polizeigewahrsam lässt sich somit in Übereinstimmung mit der Strassburger Praxis (vgl. insbesondere Urteil Epple gegen Deutschland, a.a.O.) unter die zweite Alternative von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK subsumieren. Damit erweist sich die Rüge, Art. 8 Konkordat stehe mit Art. 5 Ziff. 1 EMRK im Widerspruch, als unbegründet. Die Beschwerde ist in diesem Punkte abzuweisen. 8. Schliesslich beanstanden die Beschwerdeführer Art. 10 Konkordat, wonach die zuständigen Behörden den Organisationen von Sportveranstaltungen Stadionverbote empfehlen können. Sie erblicken darin Verletzungen von Art. 5, 9, 29, 29a, 30 und 49 BV. Die Bestimmung von Art. 10 Konkordat steht im Zusammenhang mit dem im BWIS geregelten Informationsfluss. Von zentraler Bedeutung ist Art. 24a BWIS. Nach Abs. 1 betreibt Fedpol ein elektronisches Informationssystem mit Daten über Personen, die sich anlässlich von Sportveranstaltungen gewalttätig verhalten haben. Die Daten, die aufgenommen werden dürfen, sind in Abs. 2 und 3 umschrieben. Die Vollzugsbehörden können gemäss Abs. 5 besonders schützenswerte Personendaten bearbeiten. Das Informationssystem steht den in Abs. 7 festgehaltenen Stellen und Behörden zur Verfügung. Gemäss Abs. 8 können die Vollzugsbehörden entsprechende Personendaten an Organisatoren von Sportveranstaltungen weitergeben, wenn die Daten für die Anordnung von Massnahmen zur Verhinderung von Gewalttätigkeiten anlässlich bestimmter Veranstaltungen nötig sind. Es zeigt sich zum einen, dass die Vollzugsbehörden Personendaten bearbeiten dürfen. Zum andern, dass entsprechende Daten im Sinne der Gewaltprävention anlässlich von Sportveranstaltungen an andere Vollzugsstellen wie auch an private Veranstalter weitergegeben werden dürfen. Mit dieser Regelung steht die Bestimmung von Art. 10 Konkordat nicht im Widerspruch und sie verletzt Art. 49 Abs. 1 BV nicht. Es ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob entsprechende Daten bloss ausgetauscht werden oder ob die Datenvermittlung auch noch mit einer entsprechenden Empfehlung für den Erlass eines privatrechtlichen Stadionverbots verbunden ist. Eine solche Empfehlung kann den Erlass von polizeilichen Massnahmen sinnvoll ergänzen, weil Rayonverbote möglicherweise leichter missachtet werden können als Stadionverbote. Dass die Regelung willkürlich sein soll und gegen Art. 9 BV verstossen sollte, ist nicht ersichtlich. Es ist Sache der privaten Organisatoren und Verbände, nach ihren eigenen Regeln vorzugehen, die Sachlage gestützt auf eine Empfehlung einzuschätzen und allenfalls ein Stadionverbot zu erlassen oder davon abzusehen. Umgekehrt kann ein Stadionverbot nach Art. 3 Abs. 1 lit. c Konkordat beim Erlass einer polizeilichen Massnahme mitberücksichtigt werden. Allerdings sind die Voraussetzungen für die Anordnung von polizeilichen Massnahmen im Einzelfall zu prüfen. Sie können vom Betroffenen im entsprechenden Verfahren bestritten werden (vgl. Urteil 1C_453/2009 vom 12. Januar 2010). Von privaten Sportverbänden oder -vereinen ausgesprochene Stadionverbote führen daher nicht schon von sich aus zu polizeilichen Massnahmen wie etwa Rayonverbote. Damit ist nicht ersichtlich, inwiefern Verfahrensgrundrechte verletzt sein sollten. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkte als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 9. Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Kantonsrat und dem Regierungsrat des Kantons Zürich sowie der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 13. Oktober 2010 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Steinmann
5c27956c-71b5-443b-bece-770b09e1e18c
fr
2,013
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. X._, ressortissant portugais né en 1983, a rejoint sa mère en Suisse le 16 juillet 1989 au bénéfice d'un permis d'établissement délivré au titre du regroupement familial. Après être retourné au Portugal dans le courant de l'année 2000 pendant environ deux ans pour faire des études et accomplir son service militaire, il est revenu vivre en Suisse, où il est devenu le père d'une fille, A._, née le *** 2007 d'une relation avec une ressortissante suisse dont il est aujourd'hui séparé depuis une date qui ne ressort pas du dossier. Il est reparti au Portugal en avril 2009. Durant ses séjours en Suisse, il a commis des infractions qui ont donné lieu aux condamnations suivantes: - six mois d'emprisonnement avec sursis pendant deux ans pour crime manqué de vol en bande et violation de la loi fédérale du 3 octobre 1951 sur les stupéfiants (Loi sur les stupéfiants, LStup; RS 812.121), selon ordonnance du 13 septembre 2002 du Tribunal d'instruction pénale du Bas-Valais; - vingt jours d'emprisonnement avec sursis pendant trois ans pour conduite d'un véhicule en état défectueux, conduite sans permis de conduire, conduite sans permis de circulation et sans plaques de contrôle, conduite d'un véhicule non couvert en assurance responsabilité civile et contravention à la LStup (ordonnance du 11 octobre 2004 du Juge d'instruction de l'arrondissement de l'Est vaudois); - trente jours d'emprisonnement pour infractions à la LStup (ordonnance du 16 novembre 2004 de l'Office du juge d'instruction du Bas-Valais); - vingt jours d'emprisonnement et révocation du sursis du 11 octobre 2004 pour contravention et délit contre la LStup (ordonnance du 11 juillet 2007 du Juge d'instruction itinérant du canton de Vaud); - vingt mois d'emprisonnement pour dommage à la propriété, délit et contravention à la LStup, violation simple des règles de la circulation routière, conduite d'un véhicule en état d'incapacité, conduite d'un véhicule défectueux et conduite d'un véhicule sous le coup d'un retrait du permis de conduire; il a bénéficié d'un sursis partiel à l'exécution de la peine qui a été suspendue pour une durée de dix mois, avec un délai d'épreuve de quatre ans (arrêt du Tribunal cantonal du canton du Valais du 31 octobre 2008); - quatre mois d'emprisonnement et 500 fr. d'amende pour contravention à la LStup, vol d'usage, conduite d'un véhicule sous le coup d'un retrait de permis, conduite d'un véhicule dépourvu d'assurance responsabilité civile et usage abusif de plaques (jugement du 19 novembre 2009 du Tribunal de district de Monthey); - 120 jours-amende ferme (à 30 fr. le jour) et 800 fr. d'amende pour délit et contravention à la LStup, peine partiellement complémentaire à celle prononcée le 31 octobre 2008 par le Tribunal cantonal du canton du Valais (ordonnance du 22 décembre 2009 du Juge d'instruction du Bas-Valais). Par décision du 30 novembre 2009, qui n'a pas pu être notifiée à X._ en raison de son départ pour le Portugal en avril 2009, l'Office fédéral des migrations (ci-après: l'Office fédéral) a prononcé à son encontre une interdiction d'entrée en Suisse de quinze ans valable jusqu'au 29 novembre 2024. B. Le 13 mai 2011, X._, revenu en Suisse depuis peu selon ses déclarations, a été appréhendé par la police valaisanne et incarcéré, afin de purger les peines privatives de liberté prononcées à son encontre. A cette occasion, la décision d'interdiction d'entrée précitée de l'Office fédéral lui a été notifiée. Il a recouru contre cette décision. Par arrêt du 28 février 2012, le Tribunal administratif fédéral a partiellement admis le recours, en ce sens qu'il a réduit de cinq ans la durée de l'interdiction d'entrée en Suisse litigieuse, en la ramenant du 29 novembre 2024 au 29 novembre 2019. En bref, les juges ont considéré que l'intéressé constituait certes, au vu de ses antécédents, une menace réelle, grave et actuelle pour la sécurité et l'ordre publics de nature à justifier son éloignement au sens de l'Accord du 21 juin 1999, entré en vigueur le 1er juin 2002, entre la Confédération suisse, d'une part, et la Communauté européenne et ses Etats membres, d'autre part, sur la libre circulation des personnes (ci-après: ALCP; RS 0.142.112.681); les juges ont cependant estimé qu'une mesure d'interdiction d'une durée de dix ans était suffisante sous l'angle de la proportionnalité au vu du jeune âge de l'intéressé lors de la commission des infractions et de ses attaches avec la Suisse. C. X._, en détention à la prison de B._, forme un " recours de droit public " ( recte: un recours en matière de droit public) contre l'arrêt précité du Tribunal administratif fédéral dont il requiert, sous suite de frais et dépens, l'annulation ou, à titre subsidiaire, la réforme en ce sens que l'interdiction d'entrée en Suisse le frappant soit limitée au 29 novembre 2012. L'Office fédéral conclut au rejet du recours, tandis que le Tribunal administratif fédéral renonce à se déterminer. D. Par lettre datée du 7 septembre 2012, X._ a saisi le Tribunal fédéral d'une requête formelle en restitution de l'effet suspensif, en indiquant que, selon les informations reçues de la direction de la prison, il serait libéré le 20 septembre 2012. Par ordonnance de la Juge instructrice du 19 septembre 2012, le Tribunal fédéral a admis la demande d'effet suspensif ainsi requise.
Considérant en droit: 1. 1.1. Selon l'art. 83 let. c ch. 1 LTF, le recours en matière de droit public est irrecevable contre les décisions en matière de droit des étrangers qui co ncernent l'entrée en Suisse, soit notamment les décisions d'interdiction d'entrée fondées, comme en l'espèce, sur l'art. 67 de la loi fédérale du 16 décembre 2005 sur les étrangers (LEtr; RS 142.20). Cette exception ne s'applique toutefois pas dans le cas présent en vertu de l'obligation pour la Suisse prévue à l'art. 11 par. 1 et 3 ALCP d'instaurer un double degré de juridictioncontre de telles décisions lorsqu'elles visent un ressortissant d'un Etat membre de l'Union européenne (ci-après: l'UE; cf. arrêt 2C_1045/2011 du 18 avril 2012 consid. 1.1 et les nombreuses références citées). Le recours, qui porte sur un arrêt du Tribunal administratif fédéral, ce qui exclut au demeurant la possibilité d'envisager l'ouverture du recours constitutionnel subsidiaire (cf. art. 113 et 114 LTF), échappe donc à la clause d'irrecevabilité prévue à l'art. 83 let. c ch. 1 LTF. 1.2. Pour le surplus, déposé dans le délai prescrit (cf. art. 100 al. 1 LTF), le recours a été interjeté à l'encontre d'une décision finale (cf. art. 90 LTF) rendue par le Tribunal administratif fédéral (cf. art. 86 al. 1 let. a LTF). Il est donc recevable. 2. 2.1. Saisi d'un recours en matière de droit public, le Tribunal fédéral applique d'office le droit fédéral (art. 106 al. 1 LTF). Toutefois, à moins que la décision attaquée ne contienne des vices juridiques manifestes, il s'en tient aux arguments juridiques soulevés dans le recours (cf. art. 42 al. 1 et 2 LTF; ATF 134 III 102 consid. 1.1 p. 105; 133 II 249 consid. 1.4.1 p. 254; arrêt 2C_70/2012 du 10 juillet 2012 consid. 2) et n'entre pas en matière sur de simples renvois à des écritures antérieures (cf. ATF 131 III 384 consid. 2.3 p. 387 s.; 126 III 198 consid. 1d p. 201). Par ailleurs, il n'examine la violation de droits fondamentaux que si ce grief a été invoqué et motivé par le recourant (art. 106 al. 2 LTF). Le recourant axe toute son argumentation sur l'art. 67 LEtr. Même si le recourant ne critique pas la décision attaquée en tant qu'elle confirme la réalisation des conditions prévues à l'art. 5 par. 1 annexe I ALCP pour restreindre les droits liés à la libre circulation des personnes, cet aspect sera néanmoins examiné - indirectement - par le Tribunal fédéral, car il est indispensable, ainsi qu'on va le voir (consid. 5infra ), pour résoudre la question soulevée par le recourant. 2.2. Le Tribunal fédéral statue sur la base des faits constatés par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF), à moins que ceux-ci n'aient été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). Le recourant doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées et en quoi la correction du vice serait susceptible d'influer sur le sort de la cause (cf. art. 97 al. 1 LTF), faute de quoi il n'est pas possible de tenir compte d'un état de fait qui diverge de celui contenu dans l'acte attaqué (cf. ATF 136 II 101 consid. 3 p. 104 et les arrêts cités). Aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut être présenté devant le Tribunal fédéral à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente (art. 99 LTF). Le recourant produit devant la Cour de céans une copie de tests urinaires de dépistage de substances psychotropes, réalisés durant sa détention entre le 12 janvier et le 13 mars 2012, ainsi qu'une attestation d'incarcération du 30 mars 2012. Sous réserve de la date d'octroi du régime de liberté conditionnelle, que la Cour de céans a déjà prise en considération dans le cadre de son ordonnance du 19 septembre 2012 sur effet suspensif, il ne sera pas tenu compte de ces pièces nouvelles conformément à l'art. 99 LTF. Au demeurant, le comportement du recourant pendant sa période d'incarcération, en particulier le fait que ses tests urinaires ne révèlent pas l'absorption de produits stupéfiants, n'apparaît pas comme un élément décisif pour l'issue du litige (sur ce point, cf. consid. 5.5.2 infra ). Pour le surplus, le recourant ne remet pas en cause les constatations de l'autorité précédente d'une manière conforme aux exigences de l'art. 97 al. 1 LTF, mais se contente de présenter librement les faits qu'il juge pertinents pour apprécier sa situation. Il sera dès lors statué sur la base des seules constatations contenues dans l'arrêt attaqué (cf. ATF 137 II 353 consid. 5.1 p. 356). 3. 3.1. Même si elle n'a pu être notifiée au recourant qu'après son retour du Portugal et son arrestation en Suisse le 13 mai 2011, il n'en demeure pas moins que la décision litigieuse de l'Office fédéral est datée du 30 novembre 2009; elle est donc antérieure à l'entrée en vigueur, le 1er janvier 2011, de la novelle du 18 juin 2010 (RO 2010 5925) ayant modifié l'art. 67 LEtr. 3.2. Conformément aux principes généraux concernant l'application ratione temporis du droit (cf. ATF 137 II 409 consid. 7.4.5 p. 417; 136 V 24 consid. 4.3 p. 27 et les arrêts cités), en cas de changement de législation, sont en principe applicables les dispositions légales en vigueur lors de la réalisation de l'état de fait qui doit être apprécié juridiquement et qui a des conséquences juridiques, sous réserve d'une réglementation transitoire contraire. Un changement de loi intervenu au cours d'une procédure de recours devant un tribunal administratif n'a donc pas à être pris en considération, à moins qu'une application immédiate du nouveau droit s'impose pour des motifs impératifs, par exemple pour des raisons d'ordre ou de sécurité publics ou pour la sauvegarde d'intérêts publics prépondérants; il peut notamment en aller ainsi lorsque le recours porte sur une décision fondée sur un comportement passé mais qui a des conséquences durables dans le futur; dans une telle hypothèse, la jurisprudence admet, selon les circonstances, que le tribunal saisi puisse confirmer la décision querellée sur la base du nouveau droit (cf. ATF 129 II 497 consid. 5.3.2 p. 522 et les arrêts cités). 3.3. Dans le cas particulier, même si elle est fondée sur le comportement du recourant antérieur au 1er janvier 2011, la décision litigieuse règle un état de choses durable en interdisant à l'intéressé d'entrer en Suisse pendant dix ans pour préserver l'ordre et la sécurité publics. Par ailleurs, le nouvel art. 67 LEtr s'inscrit dans les modifications que la Suisse s'est engagée à mettre en oeuvre avant le 12 janvier 2011 pour reprendre l'acquis de Schengen; cet engagement comprend notamment l'obligation pour notre pays - et non plus seulement comme jusqu'à présent la faculté - de prononcer une interdiction d'entrée en Suisse dans les cas visés à l'alinéa 1 de la nouvelle teneur de l'art. 67 LEtr (cf. Message du 18 novembre 2009 sur le développement de l'acquis de Schengen, in: FF 2009 8043, spécialement p. 8044, 8051 et 8057). Quant à l'art. 67 al. 2 let. a et al. 3 LEtr, dont l'application est ici litigieuse, sa nouvelle mouture se distingue de la précédente en ce qu'elle plafonne par défaut à cinq ans la durée de la mesure d'interdiction d'entrée en Suisse, à moins que l'étranger en cause ne constitue une menace grave pour la sécurité et l'ordre publics. Dans ces conditions, il faut admettre que les premiers juges pouvaient, comme ils l'ont fait, décider d'appliquer au présent cas l'art. 67 LEtr dans sa nouvelle version. Le recourant ne conteste du reste pas ce choix; au contraire, il fonde toute son argumentation, comme on l'a vu (consid. 2.1 supra ), sur cette nouvelledisposition, plus particulièrement son troisième alinéa. 4. 4.1. Aux termes de l'art. 67 al. 2 let. a LEtr, l'Office fédéral peut interdire l'entrée en Suisse à un étranger qui a notamment attenté à la sécurité et à l'ordre publics en Suisse. L'alinéa 3 de cette disposition précise que l'interdiction d'entrée est prononcée en principe pour une durée maximale de cinq ans (première phrase), mais que cette durée peut être plus longue lorsque la personne concernée constitue une menace grave pour la sécurité et l'ordre publics (seconde phrase). 4.2. Le recourant admet qu'une interdiction d'entrée en Suisse puisse, au vu de ses condamnations, être prononcée à son encontre en vertu de l'art. 67 al. 2 let. a LEtr. Il estime toutefois que la durée de l'interdiction, de dix ans, est disproportionnée. Plus précisément, il fait valoir que cette durée ne saurait excéder cinq ans, car ses antécédents et sa situation actuelle ne permettraient pas de retenir qu'il représente une menace grave pour la sécurité et l'ordre publics au sens de l'art. 67 al. 3 LEtr (seconde phrase). Il considère un délai de trois ans d'interdiction d'entrée comme approprié à sa situation. L'examen de la Cour de céans se concentrera, dans un premier volet, sur les conditions du prononcé d'une interdiction d'entrée à l'encontre du recourant en regard de l'ALCP (consid. 5infra ). Dans un second volet, elle se prononcera au sujet de la durée de cette interdiction (consid. 6infra ). 5. 5.1. Aux termes de son art. 2 al. 2, la LEtr n'est applicable aux ressortissants des Etats membres de la Communauté européenne, aux membres de leur famille et aux travailleurs détachés par un employeur ayant son siège ou son domicile dans un de ces Etats que dans la mesure où l'ALCP n'en dispose pas autrement ou lorsque ladite loi contient des dispositions plus favorables. L'ALCP ne réglemente pas en tant que telle l'interdiction d'entrée. C'est donc l'art. 67 LEtr qui est applicable (cf. art. 24 de l'ordonnance fédérale du 22 mai 2002 sur l'introduction progressive de la libre circulation des personnes entre, d'une part, la Confédération suisse et, d'autre part, l'Union européenne et ses Etats membres, ainsi qu'entre les Etats membres de l'Association européenne de libre-échange [OLCP; RS 142.203]). Toutefois, l'art. 67 LEtr doit être interprété en tenant compte des exigences spécifiques de l'ALCP. Ainsi, l'art. 67 LEtr ne saurait aboutir à priver les étrangers au bénéfice de l'ALCP des droits que leur confère ce traité. 5.2. A teneur de l'art. 67 al. 2 let. a LEtr, l'Office fédéral peut interdire l'entrée en Suisse à un étranger lorsque ce dernier a attenté à la sécurité et à l'ordre publics en Suisse ou à l'étranger ou les a mis en danger. L'art. 80 de l'ordonnance du 24 octobre 2007 relative à l'admission, au séjour et à l'exercice d'une activité lucrative (OASA; RS 142.201) considère notamment qu'il y a atteinte à la sécurité et à l'ordre publics en cas de violation de prescriptions légales ou de décisions d'autorités (al. 1 let. a), et que la sécurité et l'ordre publics sont menacés lorsque des éléments concrets indiquent que le séjour en Suisse de la personne concernée conduit selon toute vraisemblance à une atteinte à la sécurité et à l'ordre publics (al. 2). 5.3. Cependant, dès lors qu'une mesure d'interdiction d'entrée en Suisse restreint la libre circulation des personnes, l'interdiction signifiée à un ressortissant communautaire doit, contrairement à ce qui vaut pour les ressortissants d'Etats non-parties à l'ALCP (ci-après: "de pays tiers"), aussi se conformer à l'exigence de l'art. 5 par. 1 annexe I ALCP, selon laquelle le droit de demeurer en Suisse pour y exercer une activité lucrative ne peut être limité que par des mesures d'ordre ou de sécurité publics. Le cadre et les modalités de cette disposition sont déterminés par les trois directives citées - dont la plus importante est la directive 64/221/CEE -, ainsi que par la jurisprudence y relative de la Cour de Justice des Communautés européennes, devenue la Cour de Justice de l'Union européenne (ci-après: la Cour de Justice), rendue avant la signature de l'accord le 21 juin 1999 (cf. art. 5 par. 2 annexe I ALCP en relation avec l'art. 16 al. 2 ALCP; au sujet de la prise en considération des arrêts de la Cour de Justice postérieurs à cette date, cf. ATF 136 II 5 consid. 3.4 p. 12 s.; 130 II 1 consid. 3.6 p. 9 ss). Conformément à la jurisprudence rendue en rapport avec l'art. 5 annexe I ALCP, les limites posées au principe de la libre circulation des personnes doivent s'interpréter de manière restrictive. Ainsi, le recours par une autorité nationale à la notion d'"ordre public" pour restreindre cette liberté suppose, en dehors du trouble de l'ordre social que constitue toute infraction à la loi, l'existence d'une menace réelle et d'une certaine gravité affectant un intérêt fondamental de la société (ATF 136 II 5 consid. 4.2 p. 20; arrêt 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 2.3). La seule existence d'antécédents pénaux ne permet donc pas de conclure (automatiquement) que l'étranger constitue une menace suffisamment grave pour l'ordre et la sécurité publics. Il faut procéder à une appréciation spécifique du cas, portée sous l'angle des intérêts inhérents à la sauvegarde de l'ordre public, qui ne coïncide pas obligatoirement avec les appréciations à l'origine des condamnations pénales. Autrement dit, ces dernières ne sont déterminantes que si les circonstances les entourant laissent apparaître l'existence d'une menace actuelle et réelle et d'une certaine gravité pour l'ordre public (cf. ATF 136 II 5 consid. 4.2 p. 20; 134 II 10 consid. 4.3 p. 24). Il n'est pas nécessaire d'établir avec certitude que l'étranger commettra d'autres infractions à l'avenir pour prendre une mesure d'éloignement à son encontre; inversement, ce serait aller trop loin que d'exiger que le risque de récidive soit nul pour que l'on renonce à une telle mesure. En réalité, ce risque ne doit pas être admis trop facilement et il faut l'apprécier en fonction de l'ensemble des circonstances du cas, en particulier au regard de la nature et de l'importance du bien juridique menacé, ainsi que de la gravité de l'atteinte qui pourrait y être portée. L'évaluation de ce risque sera d'autant plus rigoureuse que le bien juridique menacé est important (ATF 136 II 5 consid. 4.2 p. 20; 130 II 493 consid. 3.3 p. 499 s. et les références). A cet égard, le Tribunal fédéral se montre particulièrement rigoureux en présence d'infractions à la législation fédérale sur les stupéfiants (cf. arrêts 2C_401/2012 du 18 septembre 2012 consid. 3.3; 2C_492/2011 du 6 décembre 2011 consid. 4.1; 2C_473/2011 du 17 octobre 2011 consid. 2.2; 2A.308/2004 du 4 octobre 2004 consid. 3.3; voir aussi arrêt C-145/09 de la Cour de Justice [GC] du 23 novembre 2010, Panagiotis Tsakouridis c/ Land Baden-Württemberg, pts 46 s. et 54 ss), étant précisé que la commission d'infractions qui sont en étroite relation avec la toxicomanie du délinquant peuvent, selon les circonstances, atténuer cette position de principe (cf. arrêt 2C_625/2007 du 2 avril 2008 consid. 8.2; voir aussi arrêt 2C_547/2010 du 10 décembre 2010 consid. 4). 5.4. Par conséquent, il faut, pour faire l'objet d'une interdiction d'entrée en application de l'art. 67 al. 2 let. a LEtr, que le ressortissant d'un Etat partie à l'ALCP représente une menace d'une certaine gravité pour l'ordre et la sécurité publics de nature à le priver de son droit de demeurer en Suisse au sens de l'art. 5 annexe I ALCP. En revanche, un étranger ressortissant d'un pays tiers n'a pas besoin d'avoir atteint de manière grave l'ordre et la sécurité publics avant de pouvoir se voir interdire d'entrée en Suisse sur la base du seul art. 67 LEtr. 5.5. 5.5.1. En l'espèce, le recourant a été condamné, entre 2002 et 2009, pour des violations répétées et graves des règles de la circulation routière, pour de multiples infractions à la LStup,consistant notamment en l'écoulement d'au minimum 9,18 grammes d'héroïne pure et en la vente de plusieurs doses de ce produit à d'autres toxicomanes, et, dans une mesure moindre, pour des délits contre le patrimoine (tentative de vol en bande et dommage à la propriété). Quoi qu'en dise l'intéressé, les infractions qui lui sont reprochées apparaissent objectivement graves, y compris, dans les circonstances de l'espèce, les délits en matière de circulation routière, dès lors que la conduite en état d'ébriété compromet gravement la sécurité routière et met en danger la vie du conducteur et celle d'autres usagers de la route (cf. arrêt 2A.39/2006 du 31 mai 2006 consid. 2.3). Aucune des infractions en cause, prise isolément, ne permet pourtant d'inférer que le recourant constitue pour l'avenir une menace réelle et grave pour l'ordre et la sécurité publics de nature à justifier une interdiction d'entrée en Suisse en dérogation à la libre circulation des personnes au sens des art. 67 al. 2 let. a LEtr cum art. 5 annexe I ALCP. En revanche, si l'on prend en considération l'ensemble des faits reprochés, il apparaît que ceux-ci se sont déroulés sur une période étendue (environ sept années), qu'ils ont la plupart du temps été commis en état de récidive et qu'ils totalisent une peine de plus de trente-deux mois d'emprisonnement (cf., pour la prise en compte des récidives au regard de l'ALCP, arrêts 2C_401/2012 du 18 septembre 2012 consid. 3.5.1; 2C_839/2011 du 28 février 2012 consid. 3.1 et 3.2). L'on n'est donc pas en présence de simples actes isolés que l'on pourrait mettre sur le compte d'erreurs de jeunesse du recourant, mais bien en face d'une délinquance chronique qui ne permet pas, en l'absence de nouveaux éléments, de poser un pronostic favorable pour l'avenir; les antécédents pénaux du recourant dénotent au contraire une propension certaine à transgresser la loi en même temps qu'une incapacité à s'amender. 5.5.2. Sous réserve de la prise en compte de cet argument en vue d'évaluer la proportionnalité de la durée d'interdiction prononcée, c'est en vain que le recourant objecte qu'il a vendu de la drogue uniquement dans le but d'assurer sa propre consommation et que, n'étant plus consommateur, il ne constituerait dès lors plus une menace pour l'ordre et la sécurité publics. Il ressort en effet des constatations des premiers juges que le Service de l'état civil et des étrangers du canton du Valais avait signifié à l'intéressé en juin 2005 et février 2009 deux sérieux avertissements le rendant attentif au fait qu'il pourrait faire l'objet d'une mesure de renvoi en cas de nouvelle condamnation pénale. Or, pas plus ces avertissements des autorités administratives que les sursis octroyés par les autorités pénales ne l'ont dissuadé de poursuivre dans la voie de la délinquance. L'arrêt attaqué retient également qu'une analyse des urines effectuée le 24 mai 2011, soit immédiatement avant l'incarcération de l'intéressé, avait révélé un résultat positif au cannabis. Le fait que le recourant ait ultérieurement fait preuve d'un comportement adéquat durant l'exécution de sa peine n'est pas de nature à apporter un nouvel éclairage, car il s'agit d'une circonstance généralement attendue de tout délinquant (arrêt 2C_201/2012 du 20 août 2012 consid. 3.3.1). En outre, la vie à l'intérieur d'un établissement pénitentiaire ne saurait être comparée à la vie en société, pour ce qui est des possibilités de retomber dans la délinquance (cf. arrêts 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 3.3.2, 2C_562/2011 du 21 novembre 2011 consid. 4.3.1 et 2C_14/2010 du 15 juin 2010 consid. 7.1). En réalité, compte tenu du contrôle relativement étroit que les autorités pénales exercent sur un détenu au cours de la période d'exécution de sa peine, on ne saurait tirer des conclusions déterminantes de son comportement carcéral, du point de vue du droit des étrangers, en vue d'évaluer sa dangerosité une fois en liberté (cf. arrêts précités 2C_201/2012 consid. 3.3.1; 2C_238/2012 consid. 3.3.2 et 2C_562/2011 consid. 4.3.1). Le même argument, bien qu'à un degré moindre compte tenu de la plus grande liberté dont jouit l'intéressé, peut être retenu s'agissant de la période de libération conditionnelle de ce dernier, étant donné qu'une récidive conduirait probablement à la révocation de ce régime. Au demeurant, la phase de libération conditionnelle n'a débuté qu'au 20 septembre 2012, de sorte que l'on ne saurait en tirer des conclusions ni en faveur ni en défaveur du recourant (cf. arrêt 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 3.3.2). 5.5.3. Dans ces conditions, force est d'admettre que le recourant constitue une menace d'une certaine gravité, réelle et actuelle pour l'ordre et la sécurité publics, de nature à justifier une mesure d'interdiction d'entrée au sens des art. 67 al. 2 let. a LEtr cum art. 5 annexe I ALCP (pour une casuistique sous l'angle de l'art. 5 annexe I ALCP, cf. arrêts précités 2C_401/2012 du 18 septembre 2012 consid. 3.5.1 et 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 3.1). 6. Encore faut-il s'interroger sur la durée de l'interdiction d'entrée prononcée, que l'arrêt attaqué a réduite de quinze à dix années. Il convient, à ce titre, d'analyser le fonctionnement de l'art. 67 al. 2 et 3 LEtr, le cas échéant à l'aune du droit européen. 6.1. En vertu de l'art. 67 al. 3 LEtr, l'interdiction d'entrée en Suisse est prononcée pour une durée maximale de cinq ans. Il découle de l'art. 67 al. 2 let. a LEtr que, pour interdire l'entrée en Suisse d'un ressortissant d'un pays tiers pour une durée maximale de cinq ans, il suffit que celui-ci ait attenté à la sécurité et à l'ordre publics en Suisse ou à l'étranger ou qu'il les ait mis en danger (ci-après: "palier I"). En revanche, il résulte de l'interaction des art. 67 al. 2 let. a et al. 3 LEtr, et 5 annexe I ALCP (consid. 5.4 supra ) que, pour interdire d'entrée en Suisse un ressortissant qui se trouve au bénéfice de l'ALCP, l'autorité doit au préalable vérifier que ce dernier représente une menace d'une certaine gravité pour les ordre et sécurité publics, soit une menace qui dépasse la simple mise en danger de l'ordre public ("palier I bis"). Il s'ensuit que, selon que les autorités suisses ont affaire au ressortissant d'un Etat tiers ou d'un Etat partie à l'ALCP, le prononcé d'une interdiction d'entrée en Suisse pour une durée maximale de cinq ans sera conditionné au régime "simple" de droit interne, respectivement à un régime davantage favorable à l'étranger, procédant des conditions plus strictes de l'ALCP. 6.2. Selon l'art. 67 al. 3, seconde phr., LEtr, l'interdiction d'entrée peut être prononcée pour une durée supérieure à cinq années, à condition que la personne concernée constitue une menace grave pour la sécurité et l'ordre publics (ci-après: "palier II"). La gradation des exigences qui est prévue à l'art. 67 al. 3 LEtr selon que l'autorité envisage de prononcer une interdiction pour une durée inférieure ou supérieure à cinq ans ne repose pas sur l'ALCP ni sur la jurisprudence y afférente. Ce système a été repris de l'art. 11 al. 2 de la directive 2008/115/CE du Parlement européen et du Conseil du 24 décembre 2008 relative aux normes et procédures communes applicables dans les Etats membres au retour des ressortissants de pays tiers en séjour irrégulier (cf. FF 2009 8043, p. 8058). Aux termes de l'art. 11 al. 2 de cette directive, "la durée de l'interdiction d'entrée est fixée en tenant dûment compte de toutes les circonstances propres à chaque cas et ne dépasse pas cinq ans en principe. Elle peut cependant dépasser cinq ans si le ressortissant d'un pays tiers constitue une menace grave pour l'ordre public, la sécurité publique ou la sécurité nationale". Comme l'indiquent son intitulé et son article premier, cette directive vise à fixer des normes et des procédures communes à appliquer dans les États membres au retour des ressortissants de pays tiers en séjour irrégulier (cf. art. 1er et 2 de la directive), dans le respect des droits fondamentaux garantis par le droit communautaire et international. Etant donné que, en reprenant le contenu de l'art. 11 al. 2 de la directive précitée, l'art. 67 al. 3, seconde phr., LEtr ne distingue pas entre les ressortissants d'un Etat partie à l'ALCP ou d'un Etat tiers, et que l'ALCP reste muet sur les mesures d'interdiction d'entrée et, a fortiori, sur leur durée possible, force est d'admettre que le législateur fédéral a entendu appréhender de la même manière les deux catégories de ressortissants étrangers pour ce qui est du prononcé d'une interdiction d'entrée supérieure à cinq années. 6.3. Il sied encore de déterminer quelles sont les exigences pour qu'une autorité puisse prononcer l'interdiction d'entrée pour une durée supérieure à cinq ans, c'est-à-dire quels sont les critères permettant de retenir l'existence d'une "menace grave pour la sécurité et l'ordre publics", au sens de l'art. 67 al. 3, seconde phr., LEtr. Sous peine de vider de sens la distinction entre "mise en danger" ou "atteinte" (palier I), respectivement "menace d'une certaine gravité" (palier I bis), et "menace grave" (palier II) qui découle de l'interprétation de l'art. 67 al. 3 LEtr, il y a lieu de retenir que la "menace grave" permettant d'éloigner un étranger pour une durée supérieure à cinq ans doit s'interpréter comme requérant un degré de gravité qui soit non seulement supérieur à la "simple" atteinte ou menace à la sécurité et à l'ordre publics, mais aussi à la "menace d'une certaine gravité" nécessaire pour éloigner le ressortissant d'un Etat partie à l'ALCP. Par rapport à la notion découlant de l'art. 5 annexe I ALCP (cf., pour une casuistique afférente à la "menace d'une certaine gravité", arrêts 2C_923/2012 du 26 janvier 2013 consid. 4.3.2; 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 3.1), le terme de "menace grave" de l'art. 67 al. 3 LEtr présuppose l'existence d'une menace caractérisée. Ce degré de gravité particulier, dont il est prévu que l'application demeurera exceptionnelle (FF 2009 8043, p. 8058), doit s'examiner au cas par cas, en tenant compte de tous les éléments pertinents au dossier (cf. Marc Spescha, Migrationsrecht-Kommentar, 3e éd., ad art. 67 LEtr, n. 5 p. 196; Andrea Binder Oser, Bundesgesetz über die Ausländer/innen, ad art. 67 LEtr, n. 24 p. 689). Il peut en particulier dériver de la nature du bien juridique menacé (par exemple: atteinte grave à la vie, l'intégrité corporelle ou sexuelle ou à la santé de personnes), de l'appartenance d'une infraction à un domaine de criminalité particulièrement grave revêtant une dimension transfrontière (comp. art. 83 par. 1 du Traité sur le fonctionnement de l'UE, dans sa version consolidée de Lisbonne [C 2010/C 83/01], mentionnant notamment les actes de terrorisme, la traite d'êtres humains, le trafic de drogues et la criminalité organisée), de la multiplication d'infractions (récidives), en tenant compte de l'éventuel accroissement de leur gravité, ou encore de l'absence de pronostic favorable. 6.4. A l'aune des principes dégagés, il convient de vérifier si c'est à bon droit que le Tribunal administratif fédéral a considéré que le recourant, qui est de nationalité portugaise et bénéficie ainsi de la libre circulation des personnes, constitue une menace grave pour la sécurité et l'ordre publics au sens de l'art. 67 al. 3, seconde phr., LEtr. Comme il a été dit auparavant (consid. 5.5.1 supra ), les infractions perpétrées n'étaient pas, individuellement prises et en dépit de leur gravité certaine, propres à justifier une interdiction d'entrée en Suisse en dérogation à la libre circulation des personnes au sens des art. 67 al. 2 let. a et al. 3, première phr., LEtr cum art. 5 annexe I ALCP. Ce n'est qu'en les examinant dans leur ensemble, à la lumière des récidives commises et du comportement réfractaire du recourant, qu'il a été possible d'en inférer une menace réelle et actuelle pour l'ordre public helvétique. Il y a de plus lieu, comme il ressort des constatations du Tribunal administratif fédéral, de tenir compte de ce que la plupart des récidives et des infractions à la LStup mises à l'actif du recourant étaient en lien avec sa propre consommation de drogue, de sorte que le critère aggravant de la vente de stupéfiants se doit d'être relativisé dans le cas particulier. Pour le surplus, les infractions perpétrées par le recourant, dont un certain nombre relève du domaine contraventionnel, ne laissent du point de vue chronologique pas apparaître une quelconque aggravation et ne dénotent pas de comportement qui se démarquerait par une attitude ou un mode opératoire particulièrement odieux ou propre à la criminalité organisée. Enfin, les actes commis par l'intéressé ne permettent que difficilement, d'un point de vue qualitatif tout comme quantitatif, d'établir un pronostic fiable du risque que ce dernier pourrait, après plusieurs années d'absence de Suisse, représenter pour notre pays, de sorte qu'il ne se justifie pas de limiter davantage, en admettant un éloignement d'une durée supérieure à cinq ans, le principe de la libre circulation des personnes. Il s'ensuit que la menace représentée par le recourant, qui est assurément réelle et justifie le prononcé d'une interdiction d'entrée, contrairement à ce que tente de faire accroire celui-ci, ne saurait pas pour autant être qualifiée de "menace grave", au sens de l'art. 67 al. 3, seconde phr., LEtr, c'est-à-dire un danger particulièrement sérieux à même de justifier que le droit du recourant à pouvoir circuler librement sur sol suisse soit supprimé pour une durée supérieure à cinq ans. L'arrêt entrepris devra être modifié sur ce point. 6.5. Il reste à examiner si, comme le soutient le recourant, dont la conclusion subsidiaire tend au prononcé d'une interdiction d'entrée valable pour une durée de trois ans, échéant au 29 novembre 2012, la durée de la mesure, limitée - en l'absence de "menace grave" - au maximum légal de cinq ans, est disproportionnée. 6.5.1. Tant en application de l'ALCP que des art. 5 par. 2 Cst., 96 LEtr et 8 par. 2 CEDH, il faut en effet que la pesée des intérêts publics et privés effectuée dans le cas d'espèce fasse apparaître la mesure d'éloignement comme proportionnée aux circonstances. A cet égard, il faut prendre en considération, outre la gravité de la faute, la situation personnelle de l'étranger, son degré d'intégration, la durée de son séjour en Suisse ainsi que les inconvénients que lui et sa famille devraient subir si la mesure litigieuse était appliquée (ATF 135 II 377 consid. 4.3 p. 381). 6.5.2. En l'espèce, il ressort de l'arrêt attaqué que le recourant, alors âgé de 29 ans, a vécu en Suisse de 1989 à 2000, puis de 2001 à avril 2009, et qu'il a purgé, depuis son arrestation le 13 mai 2011 jusqu'à sa libération conditionnelle récente le 20 septembre 2012, une peine d'emprisonnement. Il est certain que l'intéressé a passé une grande partie de sa vie en Suisse, notamment son enfance à partir de l'âge de six ans, puis l'essentiel de sa vie d'adulte. Le point de savoir si l'arrêt querellé retient des liens suffisamment étroits entre le recourant et sa fille née en 2007 pour qu'il puisse s'en prévaloir au titre de l'examen de la proportionnalité de la mesure d'éloignement est peu clair (cf. arrêt, consid. 8.1 et 8.2). Quoi qu'il en soit, même si de tels liens suffisants existaient, on ne saurait en l'occurrence y attacher une importance déterminante, propre à faire apparaître comme disproportionnée une mesure d'éloignement d'une durée de cinq ans. En effet, force est de constater que le recourant n'a guère eu l'occasion de vivre avec sa fille, en particulier au regard de ses démêlés judiciaires, de son séjour au Portugal à partir d'avril 2009 et, finalement, lors de son retour en Suisse en mai2011, de son arrestation et de son incarcération jusqu'à une date très récente. Dans ces circonstances, on ne saurait accorder un poids décisif à la relation qui unit le recourant à sa fille dans la pesée des intérêts. Par ailleurs, il est également établi que, malgré les nombreuses années passées en Suisse, l'intéressé n'a pas fait montre d'une bonne intégration dans notre pays, étant tombé au plus tard dès sa majorité dans la drogue et la délinquance. Bien plus, il n'a apparemment jusqu'à ce jour mentionné aucun projet professionnel ou personnel concret qui pourrait laisser espérer un changement de trajectoire stable et des perspectives d'avenir prometteuses sur le long terme, même pas dans son recours dans le cadre duquel il se contente de mentionner l'accomplissement d'une formation de cariste à C._ (VS). Du reste, l'arrêt attaqué retient qu'en plus des six premières années d'enfance passées au Portugal, le recourant est reparti dans ce pays pour y effectuer des séjours d'une certaine durée au moins à deux reprises et dans des moments clé de sa vie, soit pendant environ deux ans vers l'âge de dix-sept ans, puis encore pendant deux ans d'avril 2009 à mai 2011 à la suite de ses problèmes judiciaires, échappant ainsi à une mise en détention en Suisse. En définitive, les liens avec la Suisse et les perspectives du recourant dans notre pays n'apparaissent pas déterminants pour apprécier sa situation; ils ne permettent en tout cas pas de considérer que son éloignement de Suisse pour une durée de cinq ans et, partant, que son obligation de séjourner dans son Etat d'origine ou dans un autre pays pendant la durée susmentionnée ne serait pas exigible. 6.6. Il découle des éléments qui précèdent qu'au vu de la gravité des actes reprochés au recourant et de l'importance du risque de récidive que laissent redouter son passé judiciaire, son mépris des avertissements qu'il a reçus et sa situation personnelle précaire, il s'impose de retenir qu'une mesure d'interdiction d'entrée pour une durée de cinq ans, à savoir jusqu'au 29 novembre 2014, apparaît comme nécessaire, adéquate et proportionnée en vue de bannir le risque que représente le recourant pour l'ordre et la sécurité publics de la Suisse, tout en donnant à ce dernier la possibilité de mettre à profit son éloignement de Suisse pour stabiliser sa vie et amender durablement son comportement. L'arrêt attaqué se doit dès lors d'être réformé dans ce sens. 7. 7.1. En conclusion, l'intérêt public à l'éloignement du recourant l'emporte en l'occurrence sur son intérêt privé à demeurer en Suisse. Cependant, la durée d'interdiction d'entrée de dix ans retenue dans l'arrêt querellé n'est pas conforme à l'art. 67 al. 3, seconde phr., LEtr et devra être réduite. Partant, le recours en matière de droit public devra être partiellement admis et le chiffre 2 du dispositif de l'arrêt du 28 février 2012 réformé en ce sens que les effets de l'interdiction d'entrée prononcée le 30 novembre 2009 seront limités à une durée de cinq ans, conformément à l'art. 67 al. 3, première phr., LEtr. L'arrêt attaqué sera confirmé pour le surplus, sous réserve des frais et dépens. 7.2. Le recourant n'obtenant que partiellement gain de cause devant le Tribunal fédéral, il conviendra de lui faire supporter des frais judiciaires réduits (art. 66 al. 1 LTF). En tant qu'il succombe partiellement, l'Office fédéral sera condamné à verser au recourant des dépens réduits (art. 68 al. 1 LTF), aucun frais n'étant mis à la charge de cette autorité et aucun dépens ne lui étant alloué (art. 66 al. 4 et 68 al. 3 LTF). La cause sera renvoyée au Tribunal administratif fédéral pour qu'il statue à nouveau sur les frais et dépens de la procédure menée devant lui (cf. art. 67 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est partiellement admis. 2. Le chiffre 2 du dispositif de l'arrêt du 28 février 2012 est réformé en ce sens que les effets de l'interdiction d'entrée prononcée le 30 novembre 2009 sont limités au 29 novembre 2014. L'arrêt attaqué est confirmé pour le surplus, sous réserve des frais et dépens. 3. Des frais judiciaires réduits, arrêtés à 1'500 fr., sont mis à la charge du recourant. 4. L'Office fédéral des migrations versera au recourant une indemnité de 1'000 fr. à titre de dépens. 5. La cause est renvoyée au Tribunal administratif fédéral pour nouvelle décision sur les frais et dépens de la procédure antérieure. 6. Le présent arrêt est communiqué au mandataire du recourant, à l'Office fédéral des migrations et au Tribunal administratif fédéral, Cour III. Lausanne, le 22 février 2013 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Zünd Le Greffier: Chatton
5ca19799-4b04-48a9-8408-6e02674ff539
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2,015
CH_BGer_004
Federation
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critical
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Faits : A. A.a. Le 8 décembre 1991, vers 2h. 20 du matin, B._ (le lésé), né le 28 octobre 1967, circulait sur la route cantonale de Genève, en direction de Founex; sa compagne C._ occupait le siège passager. A la sortie d'un virage, D._, qui roulait en automobile à vive allure en sens inverse, a perdu la maîtrise de son véhicule, lequel a violemment percuté celui piloté par B._. La violence extrême de la collision a complètement détruit la voiture du lésé; ce dernier et sa passagère ont dû être désincarcérés, opération qui a duré 56 minutes avant que les premiers secours ne puissent leur être prodigués. La responsabilité civile de détenteur de D._ est assurée par l'assurance E._, dont les droits et obligations ont été repris par A._ SA (ci-après: A._). Quatre heures après l'accident, D._ présentait un taux d'alcoolémie compris entre 1,11 et 1,22 g/kg. L'analyse effectuée sur le lésé a établi l'absence d'alcool dans son sang. B._ et sa compagne ont été grièvement blessés. C._ a perdu de manière irréversible l'usage de ses membres inférieurs. Le lésé présentait des fractures du radius droit, de l'astragale gauche, de la sacro-iliaque gauche, des branches ilio-ischio-pubiennes, de la jambe droite stade 3B (fracture ouverte), du fémur droit stade supra-condylienne (fracture ouverte), du col fémoral gauche et du fémur gauche; il a en outre subi une fracture de la pyramide nasale, des fractures dentaires multiples et des contusions hépatiques et spléniques graves. Le lésé a été admis conscient aux urgences des Hôpitaux universitaires genevois (HUG). Son état de santé a nécessité une première intervention chirurgicale de 27 heures, qui a été suivie de six autres opérations. Il a séjourné aux HUG jusqu'au 5 février 1992 sous la responsabilité de l'orthopédiste F._, médecin-adjoint, puis a suivi une rééducation jusqu'au 16 juillet 1992 à la Clinique genevoise de Beau-Séjour sous la responsabilité du Prof. G._, puis de sept semaines à la Clinique neurologique SVK de Loèche-les-Bains (VS), pris en charge par les Drs H._ et I._. Par jugement du 11 juin 1993, D._ a été condamné à une peine privative de liberté de douze mois, assortie d'un sursis de cinq ans, pour lésions corporelles graves par négligence et ivresse au volant. Le lésé, après ses diverses hospitalisations, a été examiné par de nombreux spécialistes, soit la neuropsychologue J._ en octobre 1992, août 1993 et août 1995, le Dr K._ (médecin-conseil de la SUVA) en 1994 et février 1995, le neurologue L._ en avril 1995, la Dresse M._ du Centre de consultation de la mémoire des HUG en mars 1998 et la psychiatre N._ en avril 1998. Sur la base d'un questionnaire établi par A._, accepté par le lésé, le Centre Multidisciplinaire de la Douleur à Genolier a rédigé le 30 juin 1998 un rapport d'expertise hors procès, dite expertise Genolier, menée conjointement par le neurologue O._, le psychiatre P._ et la psychologue Q._. A.b. Le lésé a déposé le 5 janvier 1993 une demande de prestations auprès de l'Office régional de l'assurance-invalidité (AI) du canton de Genève. Dans un rapport du 18 janvier 1994 pour la Caisse suisse de compensation, l'AI a constaté que le lésé souffrait de séquelles définitives sur le plan intellectuel, au niveau de la concentration et de la mémoire ainsi qu'au niveau du langage, un défaut de mot occasionnel et des erreurs d'orthographe dans l'écriture, non présentes avant l'accident, ayant été constatés; sa capacité de concentration est limitée à 90 minutes environ. Les médecins de l'AI ont retenu le diagnostic de traumatisme crânio-cérébral et de polyfractures aux membres inférieurs. Par décision du 19 juillet 1994, l'AI a alloué au lésé, dès le 1 er décembre 1992, une rente entière à raison de son invalidité de 70%; elle se montait à 2'280 fr. par mois au 1 er janvier 2009. A la suite de la naissance de sa fille, le 12 avril 1997, il lui a également été octroyé une rente AI complémentaire, qui était de 912 fr. par mois au 1 er janvier 2009. A.c. Le lésé était assuré pour le risque accident par la SUVA et deux assurances privées. Le médecin-conseil de la SUVA (i.e. le Dr K._), dans son premier rapport du 22 juin 1994, s'est référé au rapport du Prof. G._ dans lequel il est fait état d'un traumatisme crânio-cérébral subi par le lésé, sans contester ce diagnostic. Dans son rapport final du 6 juillet 1995, le Dr K._ s'est rapporté à son premier rapport, indiquant que le lésé avait subi une perte de connaissance passagère. Relevant que ce dernier avait des troubles du sommeil, ce praticien l'a assimilé, pour sa capacité de gain avant l'accident, à un être d'élite qui appartenait aux cadres supérieurs eu égard à son potentiel. Après avoir perçu des indemnités journalières jusqu'au 31 août 1995, le lésé a été mis au bénéfice par la SUVA, depuis le 1 er septembre 1995, d'une rente LAA en raison d'une incapacité de gain de 100%. Au 1 er janvier 2009, sa rente LAA se montait à 5'667 fr.20 par mois, compte tenu du versement de la rente AI complémentaire pour sa fille. La SUVA a aussi versé au lésé une indemnité pour atteinte à l'intégrité de 56'960 fr. L'assurance R._, auprès de laquelle le lésé avait souscrit une assurance-accidents individuelle complémentaire, lui a accordé des indemnités journalières de 40 fr. du 9 décembre 1991 à fin septembre 1995; selon convention de règlement avec cette assurance du 10 octobre 1995, le lésé a encaissé de celle-ci 87'900 fr. à titre de capital invalidité et 9'000 fr. comme solde d'indemnités journalières. Au bénéfice d'une assurance-accidents collective complémentaire conclue par un de ses employeurs (i. e. S._ SA) auprès de U._ Assurance, le lésé a touché des indemnités journalières de 28 fr.89 jusqu'au 31 août 1995; d'après une convention de règlement du 5 juillet 1996, cette assurance lui a octroyé une indemnité en capital de 201'600 fr. A.d. Le lésé, après avoir obtenu une maturité scientifique le 20 juin 1987, a suivi du 2 novembre 1987 au 11 mars 1988 un cours d' entrepreneurship dispensé par l'Université de Neuchâtel, qui lui a délivré un certificat attestant de sa présence aux cours et de la remise d'un travail final consistant dans la rédaction d'un business plan. Il est trilingue (français, allemand et anglais) et possède d'excellentes connaissances en informatique, gestion et marketing. Avant l'accident, il avait séjourné en Afrique et y avait noué diverses relations professionnelles. A l'époque du sinistre de décembre 1991, le lésé menait de front trois activités professionnelles sur deux continents différents et y consacrait de 50 à 60 heures par semaine. Primo, avec un ressortissant africain (i.e. V._), il avait fondé en 1989 la société de droit kenyan W._ Ltd, avec siège à Nairobi (Kenya), dont il était administrateur et directeur en charge du marketing. En fondant cette société, qui a acquis par la suite des participations dans d'autres personnes morales africaines, les associés avaient pour but la construction d'une usine d'ionisation alimentaire par irradiation polyvalente et l'acquisition de domaines agricoles pour produire les aliments à traiter, ensuite destinés à être exportés dans les pays occidentaux. Des contacts avaient été pris avec les autorités kenyanes, qui avaient accepté de soumettre le projet aux responsables compétents de l'Agence internationale de l'énergie atomique, à Vienne, afin d'obtenir une aide. Un terrain avait été mis à disposition de W._ Ltd par le gouvernement kenyan. Au moment de l'accident, le lésé percevait mensuellement, pour son activité hebdomadaire de 10 à 15 heures au sein de W._ Ltd, un salaire net de 8'000 fr. ce qui représentait 96'000 fr. par an (12 x 8'000 fr.). Secundo, le lésé a travaillé depuis le 2 juillet 1990 à temps complet pour la société X._ SA en qualité d'adjoint de direction dans le cadre d'un projet de restructuration, moyennant un salaire de 5'700 fr. brut par mois, versé douze fois l'an. X._ SA l'a promu dès le 1 er janvier 1991 comme directeur administratif avec un salaire brut de 6'000 fr. par mois, payé treize fois l'an. Une fois le travail de restructuration terminé, au vu des compétences et de la motivation exceptionnelles montrées par l'intéressé, ladite société a réduit son taux d'activité à 50% tout en maintenant son traitement à 6'000 fr. brut par mois, plus un défraiement mensuel faisant partie du salaire. En décembre 1991, le salaire annuel net du lésé auprès de ladite société était de 78'891 fr. Tertio, le lésé travaillait depuis l'été 1991 pour l'entreprise S._ SA, active dans la vente et la pose de stores ainsi que de films de protection, cela à raison de 15 à 20 heures par semaine. Aucun contrat écrit n'a été passé entre cette société et le lésé. L'actionnaire majoritaire et directeur de S._ SA, soit T._, entretenait une relation de confiance avec le lésé depuis les années 1986 à 1988, époque où ce dernier avait travaillé pour la société précitée en tant que poseur de films de protection. Alors qu'il avait été envisagé que le lésé prenne une participation financière comme associé de l'entreprise, celui-ci avait préféré être rémunéré, dès le 1 er décembre 1991, par un salaire brut de 4'000 fr. par mois, versé treize fois l'an, ce qui représentait un gain annuel net de 48'594 fr. après déduction des cotisations sociales. Le lésé a allégué qu'en plus de ce salaire fixe, il devait percevoir une participation de 10% au chiffre d'affaires prévu pour l'année suivante, soit pour 1991 une participation de 130'000 fr. par rapport au chiffre d'affaires budgété pour 1992 de 1'300'000 fr. A._ a contesté cette allégation. A.e. L'accident de décembre 1991 a joué un rôle prépondérant dans la fin de la relation intime qu'entretenait le lésé avec C._. Ayant de la peine à reprendre le dessus compte tenu de son état physique et de sa difficulté à se projeter dans l'avenir, il a entrepris en 1994 une thérapie cognitive auprès d'un psychothérapeute, qu'il a vu onze fois au total. A.f. Une fois son état stabilisé, le lésé a voulu reprendre une activité professionnelle. Ainsi, au mois de juillet 1995, il a créé la société Y._ Sàrl, active dans la gestion informatique et le marketing. Grâce aux compétences du précité, la société a acquis au fil des années une clientèle relativement importante, incluant des études d'avocats genevoises, la ville de Genève ou Z._ SA. Les exercices des années 1996, 1997, 1998 et 2000 se sont cependant clos sur des pertes de respectivement 54'689 fr., 29'190 fr., 46'091 fr. et 30'000 fr. Le lésé a expliqué ces résultats négatifs par l'augmentation de la masse salariale en raison de la demande croissante qu'il ne parvenait pas à assumer seul. De 1995 à 1998, le lésé a retiré de son activité au service de cette société un salaire de 800 fr. par mois pour un travail d'une à six heures par jour. Dans le courant de l'année 2000, Y._ Sàrl comportait cinq employés, y compris le lésé. En septembre 2000, le lésé a racheté le manteau d'actions d'une société, qui a été renommée A1._ SA dès décembre 2000, à laquelle les activités informatiques de Y._ Sàrl ont été transférées en mars 2001. En 2001, Y._ Sàrl a dégagé un bénéfice de 6'386 fr. 14. Il a été constaté que le lésé ne touche aucune indemnité ni salaire de la part de A1._ SA. Dès 2002, Y._ Sàrl, qui n'employait plus que le lésé et une assistante, a versé à celui-ci un salaire de 800 fr. par mois, versé treize fois l'an, pour un travail à temps partiel. B. B.a. A._ s'est montrée d'emblée réticente à indemniser le lésé, mettant en doute, vu son jeune âge, la réalité de ses engagements professionnels lors de l'accident. Elle lui a versé les sommes de 100'000 fr. le 26 février 1993 et de 50'000 fr. le 14 février 1996, acomptes à valoir sur le règlement final du cas. Il a été retenu que A._ a considéré le lésé comme un simulateur et qu'elle a porté plainte à deux reprises à son encontre pour tentative d'escroquerie; ces plaintes n'ont abouti à aucune condamnation pénale. Par demande du 7 décembre 1999, B._ (demandeur) a ouvert action contre A._ (défenderesse) devant la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois. Dans ses dernières conclusions, il a requis paiement par sa partie adverse du montant total en capital de 11'495'684 fr.07, se décomposant en quatre postes: soit 5'063'494 fr.48, avec intérêts à 5% dès la date moyenne entre le 8 décembre 1991 et le jour du jugement, à titre de perte de gain actuelle; 5'793'656 fr.97, avec intérêts à 5% dès la date du jugement, à titre de perte de gain future; 595'492 fr.62, avec intérêts à 5% dès la date du jugement, pour réparer le préjudice de rente; 43'040 fr. avec intérêts à 5% dès le 8 décembre 1991 à titre de tort moral. La défenderesse a conclu à sa libération. De nombreux témoins ont été entendus. En cours d'instance, une expertise comptable (visant la possibilité financière pour S._ SA de verser au demandeur une participation de 10% au chiffre d'affaires budgété) a été confiée à BB._, de la société fiduciaire CC._ SA, qui a déposé un rapport le 31 mars 2005 et un rapport complémentaire le 12 mai 2006. Une expertise médicale a été ordonnée par le Juge instructeur, qui a désigné comme expert le Prof. DD._, médecin-chef de la division autonome de neuropsychologie du Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV). Elle a rendu un rapport le 16 décembre 2002, retenant le diagnostic de traumatisme crânio-cérébral avec diminution des capacités cognitives, soit de l'efficience intellectuelle. La défenderesse ayant requis un complément d'expertise sur la question des troubles neuropsychologiques, le Prof. DD._ a déposé un rapport complémentaire le 5 juin 2003. Selon l'experte, le traumatisme crânio-cérébral du lésé est significatif en ce sens qu'un des critères habituellement utilisés pour évaluer la sévérité de tels traumatismes avait été positif, à savoir la présence de déficits cognitifs apparus après le sinistre et évoluant avec un amendement progressif. Quant à l'état de conscience du lésé pendant les 50 minutes suivant l'accident, il n'était pas connu. Les parties s'étant réformées pour introduire de nouveaux allégués soumis à la preuve par expertise, ayant trait notamment à la question de la réalité et de la persistance des troubles neuropsychologiques du demandeur, une nouvelle expertise médicale a été mise en oeuvre. Le spécialiste proposé par la défenderesse n'ayant pas pu se charger de l'expertise, la Cour civile a nommé en qualité d'expert, l'un à défaut de l'autre, le Prof. DD._ et le Dr EE._, neurologue. La nouvelle expertise a finalement été exécutée par le Prof. DD._, qui a rendu son rapport le 27 août 2008. De l'avis de l'experte, la nouvelle investigation neuropsychologique des troubles du lésé est globalement superposable à ses précédentes investigations. Il persiste chez ce dernier un ralentissement avec principalement des troubles attentionnels auxquels s'associent des difficultés en mémoire de travail et dans les tâches de reconnaissance mnésique en modalité verbale et non verbale. Insatisfaite de ce second rapport d'expertise, la défenderesse, par courrier du 7 octobre 2008, a sollicité un complément d'expertise sur les troubles anxio-dépressifs dont aurait souffert le lésé avant l'accident et requis une nouvelle expertise, devant être confiée à un expert autre que le Prof. DD._, pour procéder à une " évaluation pratique " de la capacité de travail résiduelle du demandeur. Par courrier du 23 janvier 2009, le Juge instructeur a rejeté la requête de complément d'expertise, l'existence d'éventuels troubles anxio-dépressifs n'ayant pas été alléguée. Ce magistrat a également refusé d'ordonner une nouvelle expertise, aux motifs en particulier que la mise en oeuvre de l'" évaluation pratique " requise aboutirait en fin de compte à doubler inutilement la mesure ordonnée par l'AI en vue de la révision éventuelle de la rente du premier pilier du lésé. Sur mandat de l'Office AI pour les assurés résidant à l'étranger (OAIE), dans le cadre d'une procédure de révision de la rente AI allouée au demandeur, celui-ci a été soumis à une évaluation pluridisciplinaire mise en oeuvre par le Dr FF._, spécialiste FMH en psychiatrie et psychothérapie, qui s'est adjoint le concours de la Dresse GG._, spécialiste en neuropsychologie FSP et du Dr HH._, spécialiste FMH en neurologie. Le Dr FF._ a rendu son rapport le 27 février 2009. Se fondant sur l'expertise FF._, l'OAIE, par décision du 17 novembre 2009, a réduit la rente AI du demandeur à une demi-rente dès le 1 er janvier 2010. Le demandeur a déféré cette décision au Tribunal administratif fédéral, juridiction qui, par arrêt du 28 juin 2011, l'a annulée et a renvoyé la cause à l'OAIE pour prise d'une nouvelle décision après instruction complémentaire sur le revenu sans invalidité ainsi que le taux d'activité et de rendement actuel du demandeur. On ignore l'issue de cette procédure. Par jugement du 28 mars 2012, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a condamné la défenderesse à payer au demandeur les montants de 2'431'265 fr.10 avec intérêts à 5% dès le 4 août 2001 pour réparer la perte de gain actuelle, 1'908'012 fr. avec intérêts à 5% dès le 31 mars 2012 à titre de réparation de la perte de gain future, 358'791 fr.80 avec intérêts à 5% dès le 31 mars 2012 à titre de dommage de rente et 23'040 fr. avec les mêmes intérêts à titre d'indemnité pour tort moral. B.b. Saisie d'un appel de la défenderesse, qui concluait au fond principalement au rejet de l'action, et d'un appel joint du demandeur, qui voulait obtenir en capital 3'642'012 fr.45 pour la perte de gain actuelle et 3'241'758 fr.80 pour la perte de gain future, les autres montants lui ayant été alloués devant être confirmés, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois, par arrêt du 18 mars 2014, a dit que la défenderesse était débitrice du demandeur de 1'610'901 fr.50 avec intérêts à 5% dès le 4 août 2001 pour indemniser la perte de gain actuelle, de 1'463'502 fr.80 avec intérêts à 5% dès le 31 mars 2012 pour indemniser la perte de gain future et de 23'040 fr. avec intérêts à 5% dès le 31 mars 2012 pour réparer le tort moral éprouvé, aucun dommage de rente n'étant établi. C. C.a. A._ exerce un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre l'arrêt cantonal (cause 4A_543/2014). Elle conclut principalement à l'annulation de l'arrêt déféré et, cela fait, à ce que la demande soit intégralement rejetée; subsidiairement, elle requiert l'annulation de l'arrêt cantonal, qu'une nouvelle expertise soit ordonnée et que l'affaire soit retournée à la cour cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. Le demandeur propose le rejet du recours. La défenderesse a répliqué, alors que le demandeur a renoncé à dupliquer. Par ordonnance du 13 octobre 2014, la Présidente de la Ie Cour de droit civil a accordé l'effet suspensif au recours de la défenderesse. C.b. B._ exerce également un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre l'arrêt cantonal (cause 4A_547/2014). Il conclut à ce que la défenderesse lui doive paiement de 3'642'012 fr.45 plus intérêts à 5% dès le 4 août 2001 pour la perte de gain actuelle, 3'241'758 fr.80 avec intérêts à 5% dès le 31 mars 2012 pour la perte de gain future, 358'791 fr.80 avec les mêmes intérêts à titre de dommage de rente direct et 23'040 fr., toujours avec les mêmes intérêts, à titre d'indemnité pour tort moral résiduel. La défenderesse propose le rejet du recours. Le demandeur a répliqué et la défenderesse a dupliqué.
Considérant en droit : 1. Dirigés contre la même décision, les deux recours en matière civile sont étroitement connexes, de sorte qu'il se justifie de joindre les causes par économie de procédure et de statuer sur les deux recours dans un seul arrêt (cf. art. 71 LTF et 24 al. 2 PCF). 2. 2.1. Interjetés par la partie défenderesse qui a partiellement succombé dans ses conclusions libératoires et par la partie demanderesse qui a partiellement succombé dans ses conclusions en paiement, de sorte qu'elles ont toutes deux la qualité pour recourir (art. 76 al. 1 LTF), dirigés contre un arrêt final (art. 90 LTF) rendu en matière civile (art. 72 al. 1 LTF) par un tribunal supérieur statuant sur recours (art. 75 LTF) dans une affaire pécuniaire dont la valeur litigieuse dépasse très largement le seuil de 30'000 fr. de l'art. 74 al. 1 let. b LTF, les recours sont par principe recevables, puisqu'ils ont été déposés dans le délai (art. 100 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi. 2.2. Le recours en matière civile peut être interjeté pour violation du droit fédéral (art. 95 let. a LTF), y compris le droit constitutionnel (ATF 136 I 241 consid. 2.1 p. 247; 136 II 304 consid. 2.4 p. 313). Le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF). Il n'est pas lié par l'argumentation des parties (ATF 138 II 331 consid. 1.3 p. 336) et apprécie librement la portée juridique des faits; il s'en tient cependant aux questions juridiques que la partie recourante soulève dans la motivation du recours et ne traite donc pas celles qui ne sont plus discutées par les parties (art. 42 al. 2 LTF; ATF 137 III 580 consid. 1.3 p. 584). Le Tribunal fédéral n'examine la violation d'un droit constitutionnel que si le grief a été invoqué et motivé de façon détaillée (art. 106 al. 2 LTF; ATF 135 III 397 consid. 1.4 in fine). Le Tribunal fédéral doit conduire son raisonnement juridique sur la base des faits constatés dans la décision attaquée (art. 105 al. 1 LTF). La juridiction fédérale peut compléter ou rectifier même d'office les constatations de fait qui se révèlent manifestement inexactes, c'est-à-dire arbitraires au sens de l'art. 9 Cst. (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62), ou établies en violation du droit comme l'entend l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). La partie recourante n'est autorisée à attaquer des constatations de fait ainsi irrégulières que si la correction du vice est susceptible d'influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). Il lui incombe alors d'indiquer de façon précise en quoi les constatations critiquées sont contraires au droit ou entachées d'une erreur indiscutable, à défaut de quoi le grief est irrecevable (ATF 137 I 58 ibidem). I. Recours de A._ 3. La présente cause présente un aspect international puisque l'intimé, dans son propre recours en matière civile, indique une adresse postale au Kenya tout en affirmant résider en France (ATF 131 III 76 consid. 2). En vertu de l'art. 134 LDIP, norme qui renvoie à l'art. 3 de la Convention de La Haye du 4 mai 1971 sur la loi applicable en matière d'accident de la circulation routière (RS 0.741.31), le droit interne suisse est de toute manière applicable en l'espèce, en tant que loi du lieu de l'accident, lequel est survenu dans le canton de Genève. 4. Invoquant l'art. 29 Cst., la recourante se plaint tout d'abord d'une violation de son droit d'être entendue par le fait que la cour cantonale lui a refusé une contre-expertise à propos de l'existence des troubles neuropsychologiques du lésé, laquelle serait susceptible de clarifier les prétendues incohérences des expertises judiciaires effectuées par DD._. En outre, en ne tenant pas compte du fait nouveau qu'elle a allégué en appel, selon lequel l'intimé a participé le 17 janvier 2013 à une séance d'une durée de plus de trois heures devant un procureur à Genève sans solliciter d'interruption tout en prenant des notes, la cour cantonale aurait porté une nouvelle atteinte à son droit d'être entendue. 4.1. Le droit d'être entendu, tel qu'il est garanti à l'art. 29 al. 2 Cst., comprend notamment le droit pour l'intéressé d'obtenir qu'il soit donné suite à ses offres de preuve pertinentes (ATF 131 I 153 consid. 3 p. 157; 129 II 497 consid. 2.2 p. 505). Le juge est cependant autorisé à effectuer une appréciation anticipée des preuves déjà disponibles et, s'il peut admettre de façon exempte d'arbitraire qu'une preuve supplémentaire offerte par une partie serait impropre à ébranler sa conviction, refuser d'administrer cette preuve (ATF 131 I 153 consid. 3 p. 157; 130 II 425 consid. 2.1 p. 428; en ce qui concerne le refus d'une expertise, cf. arrêt 2C_724/2008 du 16 février 2009 consid. 3.3). 4.2. 4.2.1. La cour cantonale a retenu, au considérant 2.4.2 de l'arrêt attaqué, que la question de l'existence de troubles neuropsychologiques affectant le demandeur a déjà fait l'objet de plusieurs rapports d'expertise détaillés effectués par des spécialistes en neurologie, neuropsychologie et psychologie, y compris une expertise multidisciplinaire (expertise FF._). Elle en a inféré qu'elle disposait de tous les éléments nécessaires pour se déterminer sur la problématique évoquée. Il a été retenu en fait (art. 105 al. 1 LTF) que le demandeur a été examiné à trois reprises par la neuropsychologue J._ entre octobre 1992 et août 1995, par le neurologue L._ en avril 1995 et une psychiatre en avril 1998. En mars 1998, il a subi des tests au Centre de consultation de la mémoire des HUG. En plus du résultat de ces nombreux examens, la cour cantonale avait à disposition la première expertise judiciaire du Dr DD._ et son complément, la seconde expertise judiciaire menée par cette praticienne, ainsi que l'évaluation pluridisciplinaire mise en oeuvre par le Dr FF._ sur mandat de l'OAIE. Devant un tel foisonnement de documents, il saute aux yeux que les juges cantonaux pouvaient, sans aucun arbitraire, s'estimer suffisamment renseignés sur les troubles neuropsychologiques affectant le demandeur. On ne discerne pas trace d'une violation de l'art. 29 al. 2 Cst. 4.2.2. Au considérant 2.5 de l'arrêt critiqué, la cour cantonale a relaté le fait nouveau invoqué par la recourante dans son appel, fait qu'elle a considéré comme non décisif, compte tenu des autres moyens de preuve administrés. Ce faisant, la cour a procédé à une appréciation des preuves, de sorte que le droit à la preuve n'est pas en cause. La recourante ne prétendant pas que cette appréciation est arbitraire, il n'y a pas lieu d'examiner la question sous cet angle (art. 106 al. 2 LTF). Ce pan du grief est irrecevable. 5. Se prévalant d'arbitraire dans l'appréciation des preuves, la recourante soutient sur plus de 25 pages que les rapports d'expertise judiciaire établis par le Prof. DD._ sont atteints de tels défauts qu'il était insoutenable de s'y référer pour retenir que le lésé souffre de troubles neuropsychologiques et qu'il a subi un traumatisme crânio-cérébral (TCC). Une décision est arbitraire, au sens de l'art. 9 Cst., lorsqu'elle est manifestement insoutenable, méconnaît gravement une norme ou un principe juridique clair et reconnu, ou encore heurte de manière choquante le sentiment de la justice et de l'équité. Il ne suffit pas que sa motivation soit insoutenable; encore faut-il que la décision apparaisse arbitraire dans son résultat. Il n'y a pas arbitraire du fait qu'une autre solution pourrait entrer en considération ou serait même préférable (ATF 138 I 49 consid. 7.1 p. 51, 305 consid. 4.4 p. 319; 138 III 378 consid. 6.1 p. 379 s.; 138 IV 13 consid. 5.1 p. 22). De jurisprudence constante, le Tribunal fédéral se montre réservé en matière de constatation des faits et d'appréciation des preuves, vu le large pouvoir qu'il reconnaît en la matière aux autorités cantonales (ATF 120 Ia 31 consid. 4b p. 40; 104 Ia 381 consid. 9 p. 399 et les arrêts cités). Dans ce domaine, l'autorité verse dans l'arbitraire lorsqu'elle ne prend pas en compte, sans raison sérieuse, un élément de preuve propre à modifier la décision, lorsqu'elle se trompe manifestement sur son sens et sa portée, ou encore lorsqu'elle tire des conclusions insoutenables à partir des éléments recueillis (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62; 136 III 552 consid. 4.2 p. 560). Concernant plus particulièrement l'appréciation du résultat d'une expertise, lorsque l'autorité cantonale juge une expertise concluante et en fait sien le résultat, le Tribunal fédéral n'admet le grief d'appréciation arbitraire des preuves que si l'expert n'a pas répondu aux questions posées, si ses conclusions sont contradictoires ou si, d'une quelconque autre façon, l'expertise est entachée de défauts à ce point évidents et reconnaissables, même sans connaissances spécifiques, que le juge ne pouvait tout simplement pas les ignorer. Il n'appartient pas au Tribunal fédéral de vérifier si toutes les affirmations de l'expert sont exemptes d'arbitraire; sa tâche se limite bien plutôt à examiner si l'autorité intimée pouvait, sans arbitraire, se rallier au résultat de l'expertise (ATF 133 II 384 consid. 4.2.3 p. 391; 132 II 257 consid. 4.4.1 p. 269). 5.1. 5.1.1. A suivre la recourante, l'autorité cantonale aurait d'abord méconnu que les rapports d'expertise du Prof. DD._ ne sont pas complets. Cette dernière ne se serait pas prononcée sur l'absence des critères déterminants et des symptômes propres à un TCC et n'aurait pas analysé la nature des troubles apparus plus de huit mois après l'accident. L'experte aurait ainsi ignoré que les premiers rapports médicaux écrits peu après l'accident ne faisaient état d'aucune perte de conscience du lésé, ni d'une quelconque amnésie. La question d'une éventuelle perte de connaissance n'aurait été évoquée pour la première fois que par le Prof. G._ en juillet 1992. La reprise ultérieure du diagnostic de TCC par les différents médecins traitants qui sont intervenus serait dénuée de toute portée. La recourante affirme aussi que le Prof. DD._, qui n'est ni neuropsychologue, ni médecin spécialisé en neurologie, n'était pas qualifiée pour reconnaître la présence d'un TCC et qu'elle n'a pas recueilli les pièces qui étaient nécessaires pour décrire les antécédents médicaux du lésé. 5.1.2. En ce qui concerne la valeur probante d'un rapport médical, ce qui est décisif c'est que les points litigieux aient fait l'objet d'une étude circonstanciée, que le rapport se fonde sur des examens complets, qu'il prenne également en considération les plaintes exprimées par la personne examinée, qu'il ait été établi en pleine connaissance de l'anamnèse, que la description du contexte médical et l'appréciation de la situation médicale soient claires et enfin que les conclusions de l'expert soient dûment motivées (ATF 134 V 231 consid. 5.1 p. 232; 125 V 351 consid. 3a p. 352). 5.1.3. Le Prof. DD._ a rédigé son premier rapport d'expertise, daté du 16 décembre 2002, en qualité de médecin-chef du Département de médecine du CHUV, division autonome de neuropsychologie. Ce rapport est cosigné par II._, psychologue associée, spécialisée en neuropsychologie. Il n'est donc pas possible de soutenir que l'experte, au vu de sa position de cadre dans un grand hôpital universitaire lui faisant assumer des responsabilités de supervision médicale et au vu du concours que lui a apporté une neuropsychologue, ne pouvait discerner la présence d'un TCC ayant affecté le lésé. Le lésé n'a pas fait état de maladies graves dont il aurait souffert dans son enfance. Il a certes fait état de deux précédents accidents de voiture, mais pour le premier il n'a mentionné aucune perte de connaissance ni fracture et, pour le second, il l'a décrit comme sans gravité. On ne peut donc reprocher à l'experte de ne s'être pas documentée plus avant sur l'histoire médicale du lésé avant l'accident du 8 décembre 1991. L'experte a rencontré le demandeur à trois reprises avant d'écrire le premier rapport d'expertise du 16 décembre 2002, qui comporte 34 pages. Ce rapport contient, dans sa première partie de 10 pages, une description de l'état du lésé immédiatement après l'accident, puis il retrace soigneusement l'évolution de celui-ci, fait état des plaintes du lésé, renferme une partie " évaluation neuropsychologique " relatant précisément les investigations menées par l'experte, enfin résume les conclusions qu'elle en a tirées. La seconde partie dudit rapport est consacrée aux réponses détaillées apportées aux allégués des parties, textuellement reproduits. Le rapport d'expertise, du 27 août 2008, est, pour sa part, plus bref (12 pages). Après avoir rappelé les données sur lesquelles étaient assises les constatations de son premier rapport, l'experte mentionne les informations en sa possession depuis 2003, décrit les nouveaux examens auxquels elle a soumis le lésé et fait la synthèse de leur résultat. Sur les trois dernières pages y figurent les réponses qu'elle a apportées aux allégués des parties introduits après réforme. Il apparaît manifestement que ces rapports d'expertise, qui font clairement état des opérations menées par l'experte judiciaire (partie descriptive) et qui répondent ensuite aux questions posées par les plaideurs (partie appréciative), ont une structure qui répond aux exigences de qualité auxquelles doivent satisfaire les rapports d'expertise médicaux (cf. à ce propos JACQUES MEINE, L'expert et l'expertise - critères de validité de l'expertise médicale, in L'expertise médicale, Genève 2002, p. 17-18 et 26-27). Ainsi que la cour cantonale le relate aux pages 52 et 53 de son arrêt, l'experte, dans son premier rapport, a souligné que la gravité d'un TCC est évaluée par la présence de quatre éléments: perte de connaissance au moment de l'accident ou immédiatement après, présence de lésions cérébrales mises en évidence par imagerie, présence d'amnésie postraumatique et sévérité des atteintes fonctionnelles, neurologiques et neuropsychologiques. Dans le cas du lésé, il manque les données exactes sur une éventuelle perte de connaissance et/ou des fluctuations de l'état d'éveil, étant précisé qu'un TCC ne s'accompagne pas nécessairement d'une perte de connaissance; aucune imagerie cérébrale n'a été faite en phase aiguë; une amnésie postraumatique n'a pas été recherchée; la gravité des séquelles fonctionnelles a en revanche été constatée, dès l'instant où le lésé a présenté des troubles mnésiques dans le domaine verbal et des troubles attentionnels, qualitativement compatibles avec les séquelles des traumatismes crânio-cérébraux, comme le relève la lettre de sortie de la Clinique de Beau-Séjour du 14 juillet 1992. Contrairement aux dires de la recourante, l'experte judiciaire a donc expliqué pourquoi elle retenait l'existence d'un TCC sur la base des éléments entrant en considération et a décrit avec soin les troubles qui sont apparus chez le lésé après l'accident, au moment de sa rééducation. La recourante a tort en prétendant que la perte de conscience du lésé n'a été évoquée pour la première fois qu'en juillet 1992. En effet, le rapport d'entrée de ce dernier aux HUG, du 9 décembre 1991, mentionne qu'il s'agit d'une victime d'un accident de la route " avec notion de PC (perte de connaissance) " (cf. consid. 18 let. a de l'arrêt attaqué, p. 47). Il s'ensuit que les rapports d'expertise incriminés sont complets. 5.2. 5.2.1. D'après la recourante, les rapports d'expertise judiciaire de la Prof. DD._ ne sont pas compréhensibles. La méthodologie qu'elle a adoptée serait erronée, car les rapports d'expertise ne contiendraient qu'une maigre évaluation neuropsychologique, sans nommer les tests effectués par le demandeur et les valeurs qui y ont été obtenues, ce qui fait que lesdits rapports manqueraient totalement à leur devoir de transparence. Et de se référer aux Lignes directrices pour l'expertise neuropsychologique éditées en 2011 par l'Association suisse des neuropsychologues et à l'arrêt 9F_9/2007 du 15 septembre 2008 consid. 4.2.4.2. Les troubles mnésiques et attentionnels du lésé ne se seraient pas améliorés dans le second semestre 1992, mais bien péjorés. La recourante affirme longuement que l'exclusion d'une simulation de la part du lésé ne reposerait pas sur une source fiable. L'experte n'aurait enfin pas discuté l'évaluation divergente ressortant de l'expertise Genolier quant à l'existence de troubles mnésiques. 5.2.2. Comme on l'a vu ci-dessus, les rapports d'expertise judiciaire des 16 décembre 2002 et 27 août 2008 sont rédigés selon un plan cohérent, de sorte que le reproche de manque de transparence formé à leur encontre tombe à faux (cf. MEINE, op. cit., p. 27-28). Le premier rapport d'expertise mentionne, aux pages 9-10, les nombreux tests auxquels a été soumis le lésé, à savoir épreuve de dénomination, épreuve de répétition simultanée, test de mémoire verbale, épreuve de recognition d'items récurrents, épreuves sensibles aux perturbations exécutives, épreuve d'organisation et de planification de tâches simples, épreuve en condition tachistoscopique, quotient intellectuel, mesure des perturbations thymiques (art. 105 al. 2 LTF). Le second rapport d'expertise relève, en p. 7, que le lésé a passé à nouveau plusieurs tests, certains à l'aide de logiciel informatique: épreuves de lecture et de dénomination, épreuve de répétition simultanée, divers tests de mémoire (art. 105 al. 2 LTF). Les résultats de ces tests sont indiqués dans les rapports, certes de manière cursive. On cherche vainement en quoi la méthodologie choisie par l'experte en vue de l'évaluation neuropsychologique du lésé, fondée en particulier sur le résultat de tests psychotechniques, serait erronée. La recourante ne peut rien tirer des Lignes directrices pour l'expertise neuropsychologique invoquées, du moment qu'elles sont postérieures à la rédaction des rapports d'expertise judiciaire. Quant à arrêt 9F_9/2007 du 15 septembre 2008, il a laissé explicitement ouverte, au consid. 4.2.4.3, la question de savoir si une expertise neuropsychologique qui n'indique pas les valeurs précises obtenues aux tests passés satisfait, sur le plan méthodologique, aux exigences formelles requises en la matière. Lorsque la recourante allègue, en se référant singulièrement à la neuropsychologue J._, que les troubles mnésiques et attentionnels du lésé se sont péjorés lors du second semestre 2002, elle s'en prend aux constatations effectuées par la précitée, figurant en p. 10 de l'arrêt critiqué, selon lesquelles l'efficience intellectuelle du demandeur n'avait pas eu d'évolution notable depuis octobre 1992, " les séquelles du demandeur pouvant être qualifiées de stables et définitives 20 mois après le traumatisme crânien ". Concernant la possibilité pour le lésé d'avoir simulé des déficits, l'experte judiciaire, dans son second rapport en p. 10, a écrit que l'évaluation neuropsychologique ne permet pas de conclure à une telle simulation, car les performances dans des tests relativement faciles ou connues pour se normaliser rapidement après un TCC sont dans les limites des normes, voire dans des normes supérieures. Elle en a inféré que les déficits constatés sont ceux qui sont généralement associés aux séquelles des TCC, même s'ils peuvent aussi provenir, dans des conditions autres, de troubles de l'humeur. Cette déduction, quoi qu'en pense la recourante, est bien étayée. L'experte judiciaire a relaté, aux pages 5-6 de son premier rapport d'expertise, les résultats de l'expertise dite Genolier. Elle les a critiqués, en ce sens que l'expertise Genolier a accordé trop d'importance au facteur de la survenue d'une perte de connaissance pour nier le diagnostic de TCC (cf. arrêt cantonal, p. 53 in medio). Que l'expertise judiciaire contienne une appréciation différente de celle de cette expertise hors procès n'entache en rien sa valeur probante. 5.3. 5.3.1. Selon la recourante, les rapports d'expertise du Prof. DD._ ne seraient pas logiques. Alors que l'experte reconnaît quatre critères décisifs pour admettre la présence d'un TCC, elle a admis ledit traumatisme sur la base d'un seul de ces critères. Elle ne se serait pas prononcée sur l'aptitude à la conduite du lésé. Elle n'aurait pas envisagé tous les diagnostics possibles au mépris de la technique médicale de diagnostic différentiel et aurait fait preuve d'arrogance en faisant coïncider le diagnostic de TCC avec les troubles neuropsychologiques constatés. 5.3.2. Le rapport d'expertise judiciaire doit être rédigé dans une langue aussi compréhensible que possible, en suivant une structure logique afin que le lecteur puisse comprendre le cheminement intellectuel et scientifique à la base de l'avis qu'il exprime. L'expert doit s'efforcer de décrire les phénomènes qu'il constate par rapport à un état standard des connaissances médicales, sans vider des querelles de spécialistes par-dessus la tête des juges et des parties (cf. arrêt 9C_603/2009 du 2 février 2010 consid. 3.3; FRANÇOIS PAYCHÈRE, Le juge et l'expert - plaidoyer pour une meilleure compréhension, in L'expertise médicale, Genève 2002, p. 143). 5.3.3. L'experte judiciaire a dûment expliqué les raisons pour lesquelles elle a admis la présence d'un TCC en fonction du critère des atteintes fonctionnelles constatées chez le lésé (cf. consid. 5.1.3 ci-dessus). Son raisonnement à ce sujet est limpide. L'examen de l'aptitude à la conduite du demandeur n'est justifié que si se pose la question du retrait à titre préventif de son permis de conduire lorsqu'il existe des doutes sérieux quant à l'aptitude à conduire de l'intéressé (ATF 125 II 492 consid. 2b p. 495 s.; 122 II 359 consid. 3a p. 364). Le présent litige n'a rien à voir avec ce problème. Que l'experte n'ait pas utilisé la méthode du diagnostic différentiel ne rend pas ipso facto son diagnostic illogique. La recourante ne disconvient d'ailleurs pas que la persistance des troubles mnésiques et attentionnels du lésé est compatible avec les séquelles d'un TCC. 5.4. C'est donc sans arbitraire que les magistrats vaudois ont reconnu, sur la base des rapports d'expertise judiciaire, que les troubles neuropsychologiques dont souffre le lésé sont établis. Le moyen, sous toutes ses facettes, doit être rejeté. 6. La recourante reproche à la cour cantonale d'avoir admis arbitrairement l'existence d'un lien de causalité naturelle entre l'accident du 8 décembre 1991 et les troubles neuropsychologiques du lésé en se fondant quasi exclusivement sur les constatations médicales du Prof. DD._. L'expertise neuropsychologique de cette dernière, contradictoire à celle de Genolier, ne serait pas apte à elle seule à résoudre la question de la causalité naturelle. Quant à l'expertise FF._, elle ne serait pas convaincante pour retenir, à l'instar de la cour cantonale, que la causalité naturelle peut être admise à 75%. La recourante allègue encore que des troubles du sommeil, étrangers à l'accident, peuvent avoir faussé le profil neuropsychologique et que les troubles neuropsychologiques pourraient avoir été causés par des troubles anxio-dépressifs antérieurs à l'accident. 6.1. Il y a causalité naturelle entre deux événements lorsque, sans le premier, le second ne se serait pas produit; il n'est pas nécessaire que l'événement considéré soit la cause unique ou immédiate du résultat. L'existence d'un lien de causalité naturelle entre le fait générateur de responsabilité et le dommage est une question de fait que le juge doit trancher selon la règle du degré de vraisemblance prépondérante. Dans ce cas, l'allègement de la preuve se justifie par le fait que, en raison de la nature même de l'affaire, une preuve stricte n'est pas possible ou ne peut être raisonnablement exigée de celui qui en supporte le fardeau (cf. ATF 133 III 81 consid. 4.2.2 p. 88, 462 consid. 4.4.2). 6.2. Au considérant 3.3.3.2 de l'arrêt cantonal, p. 83-84, la cour cantonale a retenu que le lien de causalité naturelle entre l'accident du 8 décembre 1991 et les troubles du demandeur a été reconnu de manière unanime par les experts médicaux, y compris ceux de la clinique de Genolier. En ce qui concerne ces derniers, elle s'est rapportée aux réponses qu'ils ont apportées aux questions 4 et 5 de la recourante, lesquelles ont été retranscrites dans l'arrêt déféré en page 15: (ad question 4) "Pour ce qui est des troubles neuropsychologiques/psychologiques ... ..., nous pensons qu'il existe également une relation de causalité naturelle entre les troubles psychologiques entraînant les déficits attentionnels actuels et l'accident du 8.12.1991 "; (ad question 5) " En ce qui concerne l'atteinte neurologique stricto sensu, il n'y a pas de phénomène indépendant de l'accident jouant un rôle significatif dans l'évolution du cas. En ce qui concerne les troubles psychologiques/neuropsychologiques non plus, en revanche la personnalité préexistante est déterminante dans la capacité d'adaptation ". Les juges cantonaux ont relevé que l'expertise du Dr FF._ retient un degré de vraisemblance prépondérante de plus de 75% s'agissant de la causalité naturelle entre les troubles neuropsychologiques constatés et le sinistre. Quant à l'experte judiciaire DD._, elle a écrit, dans son second rapport d'expertise, p. 11, qu'il est " fort probable " que les troubles neuropsychologiques qui persistent depuis sa première expertise de 2002 sont à mettre en relation avec l'accident de décembre 1991. Il suit de là que l'autorité cantonale n'a pas apprécié arbitrairement les preuves administrées en retenant, au degré de la vraisemblance prépondérante, un rapport de causalité naturelle entre le sinistre et les troubles de santé qui affectent le lésé. Le moyen est dénué de tout fondement. 7. La recourante soutient que l'autorité cantonale a admis de manière insoutenable que le lésé a une capacité résiduelle de travail de 30%. Faisant état de la " suffisance, l'incompétence et l'inexpérience " dont aurait fait preuve l'experte judiciaire pour évaluer concrètement les qualifications du lésé dans un poste de travail adéquat, la recourante affirme que l'expertise effectuée par le Dr FF._ sur mandat de l'OAIE serait inutilisable pour l'évaluation des capacités psychiques et physiques du lésé, à l'instar d'ailleurs des évaluations neuropsychologiques de J._ et des évaluations du médecin-conseil de la SUVA. A part l'expertise Genolier, poursuit-elle, il n'existerait aucune expertise pluridisciplinaire ayant analysé l'impact des troubles du demandeur sur sa capacité de travail. 7.1. La cour cantonale, à la page 16 de l'arrêt cantonal, a indiqué que les experts de Genolier étaient d'avis que les atteintes neurologiques présentées par le lésé en 1998 n'étaient pas la cause d'une incapacité de travail, laquelle devait être mise en relation avec sa " personnalité prémorbide ". Au consid. 4.2 de l'arrêt critiqué, en pages 92 à 95, la Cour d'appel a constaté, sans se voir reprocher l'arbitraire à ce propos, que le lésé, au point de vue locomoteur, souffre d'arthrose à la hanche gauche, la cheville gauche et le genou droit. Se référant à la déposition de trois témoins, elle a admis que les troubles attentionnels dont il est atteint entament en grande partie sa capacité de travail. Elle a ensuite exposé que les évaluations neuropsychologiques du Dr J._ ont mis en évidence des difficultés de concentration après 90 minutes et une diminution de l'efficience intellectuelle, que dans son rapport final du 15 février 1995 à l'attention de la SUVA le Dr K._ a estimé la capacité résiduelle de travail du demandeur à 15% dans une activité antérieure à l'accident, que l'experte judiciaire DD._ a évalué en 2002 ladite capacité résiduelle à 30% (appréciation maintenue dans le rapport complémentaire du 5 juin 2003 et dans le second rapport d'expertise du 27 août 2008), que l'expertise FF._ de 2009 - qui est une expertise pluridisciplinaire - a rejoint l'appréciation du Dr K._ et que quatre témoins ont déclaré que le lésé devait aménager son temps de travail actuel en fonction de ses plages de concentration. 7.2. Devant une telle convergence du résultat ressortant des preuves administrées, on ne voit pas comment la cour cantonale aurait commis arbitraire en admettant, à la suite de leur appréciation globale, que le lésé ne possède plus qu'une capacité résiduelle de travail de 30% dans une activité adaptée. Le moyen est sans consistance. 8. 8.1. La recourante prétend qu'il était arbitraire de retenir que le lésé, avant l'accident percevait de la société kenyane W._ Ltd un revenu annuel net de 96'000 fr. Elle affirme que le lésé n'a pas prouvé qu'il était lié à cette société par un contrat de travail et qu'il ne ressort pas des pièces au dossier que le lésé percevait un salaire de celle-ci, étant donné qu'il n'y avait aucune régularité des montants payés et qu'il n'a pas produit de déclaration fiscale démontrant l'imposition d'un salaire au Kenya. Pour la recourante, des cotisations sociales auraient dû être prélevées sur ces salaires. Au vu des quittances produites, il était indéfendable de retenir un salaire mensuel net de 8'000 fr. Enfin, la cour cantonale n'aurait pas tenu compte des carences du projet kenyan, mises en évidence par l'expertise privée confiée par la défenderesse à l'expert-comptable JJ._. 8.2. Il résulte d'une lettre d'engagement (letter of appointment) du 30 novembre 1990 écrite en langue anglaise sur papier à en-tête de W._ Ltd, signée par V._ en qualité de président du conseil d'administration (Chairman) et adressée au lésé, que ce dernier était nommé directeur de W._ Ltd et que, dès le 1 er juin 1991, il bénéficierait d'un salaire mensuel de 150'000 KES (shillings kenyans) - représentant 7'500 fr. selon le taux de change moyen de 1991 de 0 fr.05 pour 1 KES - ainsi que d'une indemnité raisonnable de logement n'excédant pas 25'000 KES (1'250 fr.). A lire ce document (pièce 22.4 du dossier), il n'est en tout cas pas arbitraire d'admettre que le lésé était lié à W._ Ltd par un contrat de travail. La lettre d'engagement prévoyait encore qu'en cas d'incapacité de travail du lésé, notamment pour accident, sa rémunération lui serait versée pour moitié pendant trois mois. Il n'a pas échappé à la cour cantonale que le lésé n'a pas reçu mensuellement un salaire, dès l'instant où elle a retenu, sur la base de pièces émanant de W._ Ltd se référant à un salaire (salary), que le demandeur a reçu 250'000 KES le 15 août 1991, 200'000 KES, le 14 novembre 1991, 200'000 KES le 28 novembre 1991 et 150'000 KES le 13 décembre 1991 (pièces 22.5 du dossier). Les salaires payés se sont montés au total à 800'000 KES, soit 40'000 fr. Il a été retenu, sans que la cour cantonale se voie reprocher l'arbitraire, que W._ Ltd avait accordé au lésé en juillet 1989 un prêt sans intérêts de 600'000 KES (soit 30'000 fr.), qui a été entièrement remboursé en décembre 1991. Entre juin et décembre 1991 (période de sept mois), le demandeur avait droit à un salaire, y compris indemnité de logement, de 1'225'000 KES (175'000 x 7). Il n'est pas indéfendable d'admettre que s'il n'a perçu comme salaire pour cette période que 800'000 KES, c'est parce que la différence, soit 425'000 KES, a été affectée par lui au remboursement du prêt que lui avait consenti son employeur kenyan. Le salaire mensuel, plus l'indemnité, représentait 8'750 fr. par mois. Comme il a été impossible de distinguer le salaire de l'indemnité de logement, la cour cantonale, en renvoyant au jugement de la Cour civile (cf. consid. 5.3.3 de l'arrêt cantonal, p. 104), a admis un revenu mensuel de 8'000 fr. convenu avec W._ Ltd. Elle a justifié cette appréciation par le fait que, pour les mois de janvier à mars 1992, le lésé, en incapacité totale de travailler, avait reçu de W._ Ltd 4'000 fr. par mois, montant qui devait correspondre à 50% de son salaire auprès de W._ Ltd. Il n'y a rien d'arbitraire dans cette déduction. Les reçus ( petty cash voucher ) signés par le demandeur (pièces 22.5 du dossier) n'indiquant pas le prélèvement de cotisations sociales, il pouvait être admis sans arbitraire que le salaire mensuel de 8'000 fr. constituait un salaire net. S'agissant de la viabilité du projet mené par W._ Ltd (construction au Kenya d'une usine d'ionisation alimentaire et acquisition de domaines agricoles) mise en doute par l'expert privé JJ._, la Cour civile a retenu (cf. p. 90 de son jugement) qu'il n'était pas possible de savoir s'il aurait pu se développer dans l'hypothèse où le lésé aurait pu participer activement à son lancement, en particulier conduire les tractations avec les investisseurs américains (art. 105 al. 2 LTF). La cour cantonale, au consid. 5.3.3 de son arrêt, p. 104, a en outre souligné que le lésé disposait à son jeune âge de connaissances linguistiques étendues et de contacts professionnels sur le continent africain, où il avait en outre séjourné. Ces constatations, exemptes d'arbitraire, ne permettant pas de retenir que le projet était d'emblée voué à l'échec. Est ainsi infondé le grief pris d'une constatation arbitraire du salaire versé par W._ Ltd au lésé, fixé à 8'000 fr. nets par mois, représentant 96'000 fr. nets par an. 9. 9.1. La recourante se plaint de violation de l'art. 8 CC. Elle affirme que les magistrats vaudois ne devaient pas retenir comme prouvés l'existence d'un TCC, l'existence d'un rapport de causalité naturelle entre le sinistre et les troubles neurologiques invalidants du lésé, ainsi que la perception auprès de W._ Ltd d'un salaire annuel net de 96'000 fr. 9.2. Pour toutes les prétentions relevant du droit privé fédéral (cf. ATF 125 III 78 consid. 3b), l'art. 8 CC répartit le fardeau de la preuve (ATF 122 III 219 consid. 3c) - en l'absence de disposition spéciale contraire - et détermine, sur cette base, laquelle des parties doit assumer les conséquences de l'échec de la preuve (ATF 130 III 321 consid. 3.1 p. 323; 129 III 18 consid. 2.6; 127 III 519 consid. 2a). Cette disposition ne prescrit cependant pas quelles sont les mesures probatoires qui doivent être ordonnées (ATF 127 III 519 consid. 2a), pas plus qu'elle ne dicte au juge comment forger sa conviction (ATF 128 III 22 consid. 2d p. .25; 127 III 248 consid. 3a, 519 consid. 2a). 9.3. En l'espèce, la cour cantonale a successivement retenu, après avoir apprécié les preuves administrées sans verser, comme on l'a vu, dans l'arbitraire, que le demandeur souffre de troubles neuropsychologiques depuis l'accident du 8 décembre 1991, qu'il existe un rapport de causalité naturelle entre ce sinistre et les troubles de santé en cause, enfin qu'au moment de l'accident le lésé touchait de W._ Ltd un revenu annuel net de 96'000 fr. L'appréciation des preuves ayant conduit à des convictions, le grief de violation de l'art. 8 CC a perdu son objet. Le moyen est sans consistance. 10. 10.1. Invoquant une violation de l'art. 42 al. 2 CO, la recourante affirme que le lésé ne se trouvait pas dans une situation de nécessité et qu'il pouvait apporter les preuves nécessaires à l'établissement de tous les salaires qu'il percevait avant l'accident, afin que soient déterminés ses revenus hypothétiques de valide entre le 8 décembre 1991 et le 31 mars 2012. Dans une seconde branche du grief, elle affirme que l'évolution dans le futur du salaire total perçu au jour de l'accident n'avait pas à être prise en compte, faute d'éléments concrets apportés par le lésé. La cour cantonale aurait ainsi fait doublement un mauvais usage de l'appréciation en équité du dommage instaurée par la norme susrappelée. 10.2. A teneur de l'art. 42 al. 2 CO, lorsque le montant exact du dommage ne peut être établi, le juge le détermine équitablement en considération du cours ordinaire des choses et des mesures prises par la partie lésée. L'estimation du dommage d'après l'art. 42 al. 2 CO repose sur le pouvoir d'apprécier les faits; elle relève donc de la constatation des faits, laquelle ne peut pas être revue en instance fédérale, sous réserve de l'invocation de l'arbitraire. Seules constituent des questions de droit le point de savoir quel degré de vraisemblance la survenance du dommage doit atteindre pour justifier l'application de l'art. 42 al. 2 CO et si les faits allégués, en la forme prescrite et en temps utile, permettent de statuer sur la prétention en dommages-intérêts déduite en justice (ATF 131 III 360 consid. 5.1 p. 364). 10.3. 10.3.1. La recourante, dans son recours en matière civile (p. 61 ch. 217), déclare ne plus contester les quotités des revenus nets que le lésé retirait avant l'accident de ses activités pour la société X._ SA et l'entreprise S._ SA, arrêtées par la Cour d'appel respectivement à 78'891 fr. par an et 48'594 fr. par an. S'agissant du revenu versé par W._ Ltd, l'arrêt cantonal retient qu'il se montait à 96'000 fr. nets annuellement. La cour cantonale est parvenue à cette constatation en fonction d'une appréciation des preuves du dossier, sans recourir à l'estimation équitable de l'art. 42 al. 2 CO (cf. consid. 8.2 supra). Le premier pan du moyen manque sa cible. 10.3.2. Tenant compte de l'évolution économique aléatoire des trois sociétés qui employaient le lésé et de l'incertitude pour celui-ci d'encaisser sur le long terme les revenus réalisés au jour de l'accident, qui correspondaient au total de 223'485 fr. nets (78'891 fr. + 48'594 fr. + 96'000 fr.), la cour cantonale, appliquant l'art. 42 al. 2 CO, a pris en considération un montant net ramené à 200'000 fr. comme revenu hypothétique de valide dans le calcul de la perte de gain actuelle. La recourante ne forme aucune critique contre ce raisonnement, qui lui est du reste favorable, de sorte qu'il n'y a pas lieu d'y revenir (art. 42 al. 1 et 2 LTF). Admettant que les salaires réels ont évolué en Suisse de 11,4% entre 1991 et 2012, l'autorité cantonale, par application de l'art. 42 al. 2 CO, a indexé le montant net de 200'000 fr. selon ce pourcentage pour arrêter un revenu annuel total net indexé de 222'800 fr. (111,4 % de 200'000 fr.) comme revenu hypothétique futur à capitaliser dans le cadre de la détermination de la perte de gain future. On ne voit pas que, ce faisant, l'autorité cantonale ait fait un usage erroné de son pouvoir d'apprécier les faits, du moment qu'il est prévisible qu'en 21 ans un salaire augmente pour suivre singulièrement l'expérience accumulée par le travailleur tout au long de ces années, laquelle, par principe, doit en augmenter l'efficacité sur le plan professionnel. Le second pan du moyen est infondé. 11. 11.1. La recourante affirme pour finir que la cour cantonale a enfreint l'art. 47 CO en fixant à 80'000 fr. l'indemnité pour tort moral accordée au lésé. Soutenant que ce dernier n'est pas invalide, que toutes les séquelles qui résultaient des lésions somatiques ont été guéries et que la preuve des troubles neuropsychologiques dont il se plaint n'a pas été apportée, la recourante est d'avis qu'une indemnité de base de 1'000 fr. à 20'000 fr. serait suffisante, eu égard à la période d'hospitalisation, aux interventions chirurgicales subies et à la rééducation suivie. A propos de la fixation de l'indemnité, si la défenderesse admet la violence du choc et la souffrance résultant du fait que la passagère du lésé est restée paraplégique, elle conteste être responsable de la longueur de la procédure, faisant valoir qu'elle a d'emblée reconnu sa responsabilité et versé rapidement des acomptes au lésé. Selon la recourante, le demandeur a déjà été largement indemnisé pour ce poste par le versement d'une indemnité pour atteinte à l'intégrité (art. 24-25 LAA). 11.2. En vertu de l'art. 47 CO, le juge peut, en tenant compte de circonstances particulières, allouer à la victime de lésions corporelles une indemnité équitable à titre de réparation morale. Les circonstances particulières évoquées dans la norme consistent dans l'importance de l'atteinte à la personnalité du lésé, l'art. 47 CO étant un cas d'application de l'art. 49 CO (cf. arrêt 4C.283/2005 du 18 janvier 2006 consid. 3.1.1, in JdT 2006 I 476). Les lésions corporelles, qui englobent tant les atteintes physiques que psychiques, doivent donc en principe impliquer une importante douleur physique ou morale ou avoir causé une atteinte durable à la santé. Parmi les circonstances qui peuvent, selon les cas, justifier l'application de l'art. 47 CO, figurent avant tout le genre et la gravité de la lésion, l'intensité et la durée des répercussions sur la personnalité de la personne concernée, le degré de la faute de l'auteur ainsi que l'éventuelle faute concomitante de la victime (ATF 132 II 117 consid. 2.2.2 p. 119; 125 III 412 consid. 2a p. 417; arrêt 4A_373/2007 du 8 janvier 2008 consid. 3.2, non publié in ATF 134 III 97). L'indemnité allouée doit être équitable (ATF 130 III 699 consid. 5.1 p. 704/705 et les arrêts cités). Le juge applique les règles du droit et de l'équité lorsque la loi le charge, comme l'art. 47 CO, de prononcer en tenant compte des circonstances (cf. art. 4 CC). Le Tribunal fédéral ne revoit qu'avec réserve la décision d'équité prise en dernière instance cantonale. Il intervient lorsque celle-ci s'écarte sans raison des règles établies par la doctrine et la jurisprudence en matière de libre appréciation, lorsqu'elle repose sur des faits qui, dans le cas particulier, ne devaient jouer aucun rôle ou, au contraire, lorsqu'elle ignore des éléments qui auraient absolument dû être pris en considération; en outre, le Tribunal fédéral redresse les décisions rendues en vertu d'un pouvoir d'appréciation lorsqu'elles aboutissent à un résultat manifestement injuste ou à une iniquité choquante (ATF 135 III 121 consid. 2 p. 123). 11.3. Au considérant 8.2 de son arrêt, p. 111 s., l'autorité cantonale a jugé que les premiers juges avaient correctement pris en compte, l'extrême violence du choc subi par le lésé, les sept opérations chirurgicales qui ont été nécessaires, la longue rééducation et le traitement ambulatoire suivi depuis lors ainsi que les souffrances résiduelles. De même, la Cour d'appel a souligné que l'accident a assombri l'avenir professionnel du demandeur, qui se dévoilait alors sous les meilleurs auspices, et que le sinistre a été à l'origine de la rupture affective avec sa compagne. Elle a également retenu la longueur de la procédure (près de 13 ans entre l'ouverture d'action et le jugement de première instance) et l'attitude de la défenderesse, qui a nié sa responsabilité dès que le conseil du lésé a pris langue avec elle, sans jamais varier de position, et qui a traité le lésé de simulateur. Elle a donc admis qu'une indemnité satisfactoire de 80'000 fr. devait être allouée, ce qui, après déduction de l'indemnité pour atteinte à l'intégrité de 56'960 fr. versée par la SUVA, entraînait le paiement d'une indemnité résiduelle de 23'040 fr. (80'000 fr. - 56'960 fr.). 11.4. Pour fixer le montant de l'indemnité pour tort moral, l'autorité cantonale a eu raison de mettre l'accent sur les souffrances physiques et morales endurées par le lésé. L'accident a occasionné à celui-ci de multiples fractures des membres inférieurs, des contusions graves du foie et de la rate, plus un violent choc à la tête, ayant entraîné une fracture de la pyramide nasale et de très nombreuses fractures dentaires. L'ampleur des blessures est attestée par la première intervention chirurgicale, qui a duré 27 heures. Six autres opérations ont suivi. Les soins hospitaliers et la rééducation se sont étalés sur près de neuf mois. La compagne d'alors du demandeur est restée quant à elle paraplégique. Le lésé, qui travaillait 50 à 60 heures par semaine en étant actif pour le compte de trois sociétés et qui gagnait annuellement plus de 220'000 fr. nets en 1991, a dû totalement arrêter les activités professionnelles qu'il menait alors avec succès. Depuis l'accident, il est atteint de troubles fonctionnels persistants qui provoquent notamment des déficits mnésiques et attentionnels. Sa capacité résiduelle de travail dans une activité adaptée est limitée à 30%. S'appuyant sur l'opinion de HARDY LANDOLT (Zürcher Kommentar, 3 e éd. 2007, n °s 190-191 ad art. 47 CO), la cour cantonale a encore pris en considération le comportement dans le procès de l'auteur, respectivement de son assurance, ayant consisté dans le cas présent à nier tout dommage et à suspecter le lésé d'être un simulateur. Elle ne saurait être suivie sur ce point. Avec ROLAND BREHM (Berner Kommentar, 4 e éd. 2013, n° 50 ad art. 47 CO), il sied de retenir que ce critère n'entre pas en ligne de compte dans le cadre de la réparation morale qui peut être allouée à la victime de lésions corporelles en application de l'art. 47 CO. Si l'attitude du responsable en procédure atteint un caractère carrément vexatoire pour la victime, c'est alors l'art. 49 CO qui entre en jeu pour sanctionner l'atteinte grave portée aux droits de la personnalité de cette dernière. Cette dernière hypothèse n'est pas réalisée en l'occurrence. En revanche, l'autorité cantonale devait prendre en compte la faute grave commise par l'auteur, qui, en circulant en pleine nuit à vive allure sur une route cantonale avec un taux d'alcool dans le sang qui était encore supérieur à 1,11 g/kg quatre heures après l'accident, a montré du mépris pour la vie d'autrui. Quant au lésé, il ne faut pas oublier qu'aucune faute concomitante n'a pu lui être reprochée. En résumé, si le critère du comportement de l'auteur au cours du procès ne devait jouer aucun rôle pour fixer l'indemnité pour tort moral, les magistrats vaudois se devaient de considérer le degré de la faute commise par le responsable. A propos du quantum de l'indemnité, on peut rappeler que le Tribunal fédéral a jugé équitable une indemnité pour tort moral de 140'000 fr. en capital, dans le cas d'une motocycliste grièvement blessée dans un accident de la circulation, qui a entraîné un traumatisme cérébral laissant des séquelles irréversibles (ATF 134 III 97 consid. 4 p. 99 s.). De même, il a trouvé récemment conforme au droit le versement d'une réparation morale du même montant - avant réduction pour faute de la victime - à un enfant qui, lors d'une descente à ski, a violemment heurté de la tête une barre de fer délimitant la piste et en est resté gravement handicapé (arrêt 4A_206/2014 du 18 septembre 2014 consid. 5). Dans ce contexte, il est possible de confirmer le montant de l'indemnité satisfactoire de 80'000 fr. accordée au demandeur par la cour cantonale, montant sur lequel est imputée l'indemnité pour atteinte à l'intégrité versée en application de la LAA. Le moyen doit être rejeté. 12. Il sied encore d'ajouter que la recourante, qui n'invoque pas une violation de l'art. 46 CO, ne s'en prend pas aux méthodes de calcul appliquées par la cour cantonale, qui lui ont permis de déterminer la perte de gain actuelle ainsi que la perte de gain future, et de nier l'existence d'un dommage de rente. 13. Au vu de ce qui précède, le recours de la défenderesse doit être rejeté dans la mesure de sa recevabilité. II. Recours de B._ 14. Le droit suisse est applicable au litige (cf. consid. 3 ci-dessus). Dans son mémoire de recours, le recourant déclare d'emblée qu'il ne s'en prend qu'à un seul objet, à savoir le fait que l'autorité cantonale n'a pas retenu, au titre du revenu du lésé avant l'accident, la participation de 10% au chiffre d'affaires qu'il aurait convenue avec la société S._ SA, laquelle lui aurait permis de réaliser, selon les estimations d'alors, un revenu supplémentaire brut de 130'000 fr. par an. 15. 15.1. En premier lieu, le recourant soutient qu'en ne retenant pas comme probable l'existence de la participation au chiffre d'affaires de S._ SA prévue en sa faveur, cela sur la base de pièces non pertinentes, la cour cantonale a procédé à une appréciation arbitraire des preuves. D'après le recourant, trois pièces, plus le témoignage de l'administrateur T._, permettraient de retenir l'existence d'un accord sur le paiement d'une telle participation à la marche des affaires de la société, dès l'instant où aucun élément ne serait susceptible d'ébranler la véracité de ces documents et du témoignage du prénommé. Comme on l'a déjà dit (cf. consid. 3 supra), le Tribunal fédéral n'intervient dans le processus d'appréciation des preuves que si l'autorité cantonale n'a manifestement pas compris le sens et la portée d'un moyen de preuve, a omis sans raisons objectives de tenir compte de preuves pertinentes ou a opéré, sur la base des éléments recueillis, des déductions insoutenables (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62 15.2. Contrairement à la Cour civile, la Cour d'appel, au considérant 5.3.2 de son arrêt, p. 103 s., a retenu qu'il n'était pas établi qu'en plus d'un revenu fixe annuel de 52'000 fr. bruts, le lésé devait toucher, pour les activités qu'il déployait en faveur de S._ SA, une participation au chiffre d'affaires de 10%. Elle s'est basée sur la déclaration d'accidents remplie par cette société, sur deux rapports de la SUVA et sur la demande de prestations AI remplie par le lésé. Elle a écrit que la lettre de ladite société du 13 avril 1994, qui attestait qu'une " participation au bénéfice " avait été prévue en faveur du demandeur, apparaissait peu crédible. 15.3. Il convient d'examiner plus en détail ces moyens de preuve, en commençant par les quatre documents auxquels la cour cantonale s'est référée. 15.3.1. La déclaration d'accident LAA, signée le 30 décembre 1991 par l'administrateur de S._ SA, mentionne que le salaire du lésé, engagé le 1 er décembre 1991, se montait à 4'000 fr. bruts par mois, payé treize fois l'an. Le 5 janvier 1993, le lésé a signé une demande de prestations AI pour adultes qui indique que S._ SA le rémunérait dès le 1 er décembre 1991 par un salaire de 4'000 fr. bruts par mois; il n'a pas indiqué qu'une quelconque participation au chiffre d'affaires de cette société devait s'ajouter audit salaire. Deux rapports rédigés par des inspecteurs de la SUVA, les 29 juin 1992 et 7 décembre 1995, font état d'un salaire d'engagement auprès de S._ SA de 4'000 fr. bruts par mois, plus treizième salaire; aucune participation au chiffres d'affaires n'y est mentionnée. 15.3.2. Pour contester la valeur probante de ces quatre pièces et établir que le versement d'une participation au chiffre d'affaires de la société avait été convenu, le recourant se prévaut pour sa part de trois documents et d'un témoignage. Les deux premiers émanent de S._ SA, l'un rédigé sous forme d'attestation " A qui de droit " datée du 14 décembre 1992, l'autre consistant en une lettre adressée le 13 avril 1994 à l'assurance E._. Mais cette lettre dactylographiée n'est pas signée, ce qui en diminue d'emblée la portée probatoire. Le troisième document, du 18 janvier 1994, est un rapport de l'Office régional AI pour la Caisse suisse de compensation, dans lequel la perception prévue par le lésé d'une commission de 10% sur le chiffre d'affaires de la société est rapportée. Entendus les 4 juin 2002 et 11 janvier 2011, l'administrateur de la société en question, T._, a confirmé les deux écritures précitées de celle-ci, tout en concédant, le 11 janvier 2011, qu'il n'était pas habituel dans sa branche qu'un responsable administratif reçoive 10% du chiffre d'affaires. 15.3.3. Il appert donc que la Cour d'appel se trouvait dans la situation de devoir apprécier les pièces produites par les plaideurs et de choisir lesquelles emportaient sa conviction. Elle a retenu que la commission de 10% sur le chiffre d'affaires litigieuse n'était pas prouvée sur la base des quatre pièces rappelées ci-dessus (déclaration d'accident LAA, demande de prestations AI, deux rapports de la SUVA). En donnant la primauté à ces quatre documents plutôt qu'aux trois pièces et au témoignage invoqués par le recourant, la cour cantonale n'est pas tombée dans l'arbitraire. En effet, d'une part, un des trois documents appuyant la thèse du recourant n'est pas signé. D'autre part, il sied aussi de relever qu'il est fort surprenant qu'une pareille rémunération, inusuelle dans la branche comme l'a reconnu l'administrateur et pouvant entraîner la perception annuellement par le salarié de montants très importants, n'ait pas fait l'objet d'une clause contractuelle écrite. C'est donc sans arbitraire que l'autorité cantonale a jugé que n'était pas établi l'encaissement d'une participation annuelle du lésé correspondant à 10% du chiffre d'affaires de S._ SA. Le revenu de valide à prendre en considération pour arrêter le dommage actuel du lésé est ainsi de 200'000 fr. nets et le revenu hypothétique futur à capitaliser pour fixer le dommage futur est de 222'800 fr. nets, ainsi que l'ont admis les magistrats vaudois. Le moyen est infondé. 16. Le second moyen du recourant est dirigé contre la mise en doute, taxée d'arbitraire, par la cour cantonale de la possibilité financière pour S._ SA d'assumer le paiement au lésé d'une participation annuelle à son chiffre d'affaires. Puisqu'une telle rémunération n'a pas été établie, ainsi que la cour cantonale l'a retenu sans arbitraire, le grief est formé à l'encontre d'une constatation qui n'exerce aucune influence sur le sort du litige (art. 97 al. 1 LTF); il est irrecevable. 17. En définitive, les deux recours doivent être rejetés dans la mesure où ils sont recevables. S'agissant de la cause 4A_543/2014, la recourante A._, qui succombe, paiera l'émolument de justice, et versera une indemnité à titre de dépens au demandeur. S'agissant de la cause 4A_547/2014, le recourant B._, qui succombe, paiera l'émolument de justice et versera des dépens à la défenderesse.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce : 1. Les causes 4A_543/2014 et 4A_547/2014 sont jointes. 2. Les recours formés par A._ SA et B._ sont rejetés dans la mesure où ils sont recevables. 3. Les frais judiciaires relatifs à la cause 4A_543/2014, arrêtés à 20'000 fr., sont mis à la charge de A._ SA. 4. Les frais judiciaires relatifs à la cause 4A_547/2014, arrêtés à 23'000 fr., sont mis à la charge de B._. 5. S'agissant de la cause 4A_543/2014, A._ SA versera à B._ une indemnité de 22'000 fr. à titre de dépens. 6. S'agissant de la cause 4A_547/2014, B._ versera à A._ SA une indemnité de 25'000 fr. à titre de dépens. 7. Le présent arrêt est communiqué aux parties et au Tribunal cantonal du canton de Vaud, Cour d'appel civile. Lausanne, le 30 mars 2015 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente : Kiss Le Greffier : Ramelet
5cde8a0a-887f-4623-aea2-d0c6687806fb
de
2,012
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Versicherung Y._ und ab 2003 die Versicherung X._ AG (Beschwerdegegnerin) haben A._ (Beschwerdeführer) in Basel eine Wohnung vermietet. Das Mietverhältnis dauerte von 1987 bis 2009. Der ursprüngliche Mietzins von Fr. 760.-- wurde einmal gesenkt und mehrmals erhöht. Die letzte Mietzinsänderung per 1. April 2003 datiert vom 13. November 2002, das Begleitschreiben vom 15. November 2002. Im Gegensatz zu allen früheren Mietvertragsänderungsanzeigen ist jene vom 13. November 2002 vermieterseitig nicht handschriftlich unterzeichnet, sondern sie trägt lediglich faksimilierte Unterschriften der Vertreter der Vermieterin. Unter Berufung darauf machte der Beschwerdeführer am 15. Juli 2009 gegenüber der Vermieterschaft geltend, die Mietzinserhöhung per 1. April 2003 sei mangels eigenhändiger Unterzeichnung nichtig, weshalb er im Umfang dieser Erhöhung die Rückerstattung der bereits bezahlten Mietzinse beanspruche. Ausserdem verlangte er die Rückzahlung der von ihm bezahlten Nebenkosten für Wasser, Abwasser und Betriebskosten, da diese mangels besonderer Vereinbarung nicht geschuldet seien. B. Der Beschwerdeführer klagte am 23. November 2009 beim Zivilgericht Basel-Stadt mit dem Begehren, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ihm die per 1. April 2003 erhöhten und bereits bezahlten Mieten im Gesamtbetrag von Fr. 13'746.-- zurück zu erstatten ebenso die von ihm bezahlten Nebenkosten für Wasser, Abwasser und Betriebskosten für den Zeitraum von 10 Jahren im Gesamtbetrag von Fr. 4'428.--. Das Zivilgericht wies die Klage am 23. März 2010 ab. Die gegen dieses Urteil eingereichte Beschwerde wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 14. April 2011 ab. C. Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des Appellationsgerichts aufzuheben und die Beschwerdegegnerin zur Zahlung von Fr. 18'174.-- nebst Zins zu verpflichten. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Appellationsgericht verweist auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil und geht auf Ausführungen des Beschwerdeführers ein, die es als verkürzt oder verzerrt erachtet. Dieser hat eine Replik eingereicht.
Erwägungen: 1. Da der erstinstanzliche Entscheid den Parteien am 23. März 2010 und damit vor Inkrafttreten der Eidgenössischen Zivilprozessordnung eröffnet wurde, richtete sich das Rechtsmittelverfahren vor der Vorinstanz noch nach der Zivilprozessordnung des Kantons Basel-Stadt vom 8. Februar 1875 (Art. 405 Abs. 1 ZPO; BGE 137 III 127). 2. Die Vorinstanz erkannte, das Formular zur Anzeige der Mietzinserhöhung per 1. April 2003 vom 13. November 2002 weise lediglich die faksimilierten Unterschriften von B._ und C._ auf, weshalb diese Erhöhungsanzeige grundsätzlich nichtig sei. In Anwendung der sozialen Untersuchungsmaxime gemäss Art. 274d Abs. 3 OR stellte die Vorinstanz allerdings fest, das Begleitschreiben zur Mietzinserhöhung per 1. April 2003 vom 15. November 2002 sei von B._ und C._ handschriftlich unterzeichnet. Aufgrund der eigenhändigen Unterzeichnung des Begleitschreibens sei im konkreten Fall der Formularpflicht gemäss Art. 269d OR Genüge getan und die Mietzinserhöhung als formgültig angezeigt zu betrachten. Als Eventualbegründung fügte die Vorinstanz an, die Rückforderung der bezahlten Mietzinse wäre auch wegen offenbaren Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen. Kenntnis des Formmangels bilde nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 123 III 70 E. 3d S. 75) keine notwendige Voraussetzung hiefür. Nachdem der Beschwerdeführer die Mietzinse während mehr als 6 Jahren vorbehaltlos bezahlt habe, obwohl er über die Möglichkeit der Anfechtung der Mietzinserhöhung gehörig informiert und keinem Druck unterworfen gewesen sei, habe die Beschwerdegegnerin keinen Anlass gehabt, an der Gültigkeit der Mietzinserhöhung zu zweifeln und deren Anzeige zu wiederholen. Zudem lägen keinerlei Anhaltspunkte vor, die für die Missbräuchlichkeit des erhöhten Mietzinses sprächen. Die Klage auf Rückforderung des bezahlten Mietzinses müsste daher auch an Art. 2 Abs. 2 ZGB scheitern. 2.1 Der Beschwerdeführer bestreitet, dass der Begleitbrief handschriftlich unterzeichnet sei. Er rügt eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts und eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Zudem verstosse die Vorinstanz willkürlich gegen das massgebende kantonale Prozessrecht, indem sie den Sachverhalt von Amtes wegen ergänze. Schliesslich vermöge auch die Heranziehung des Begleitbriefes die Formungültigkeit nicht zu heilen. Diese Rügen brauchen indessen nicht behandelt zu werden, sofern die Mietzinse zufolge Rechtsmissbrauchs ohnehin nicht zurückgefordert werden können. Zu prüfen ist daher zunächst, ob der Beschwerdeführer die Formungültigkeit der Mietzinserhöhung rechtsmissbräuchlich geltend gemacht hat. 2.2 Die Vorinstanz erkannte zutreffend, dass die Frage, ob die Berufung auf Formnichtigkeit einen offenbaren Rechtsmissbrauch darstellt, nach der Rechtsprechung in Würdigung aller Umstände des konkreten Falles zu prüfen ist. Massgebend ist namentlich das Verhalten der Parteien bei und nach Abschluss des Vertrags. Die Geltendmachung eines Rechts ist missbräuchlich, wenn sie im Widerspruch zu einem früheren Verhalten steht und dadurch erweckte berechtigte Erwartungen enttäuscht (BGE 129 III 493 E. 5.1 S. 497). Widersprüchliches Verhalten kann aber auch ohne Enttäuschung berechtigter Erwartungen in einer gegenwärtigen, in sich völlig unvereinbaren und darum widersprüchlichen Verhaltensweise gesehen werden. Missbräuchlich ist ferner die Rechtsausübung, die ohne schützenswertes Interesse erfolgt oder zu einem krassen Missverhältnis berechtigter Interessen führen würde. Rechtsmissbrauch liegt auch vor, wenn ein Rechtsinstitut zweckwidrig zur Verwirklichung von Interessen verwendet wird, die nicht in dessen Schutzbereich liegen (BGE 137 III 625 E. 4.3 S. 629; 135 III 162 E. 3.3.1 S. 169; 132 I 249 E. 5 S. 252). 2.3 Die Vorinstanz erachtete die Anrufung des Formmangels für missbräuchlich und schützte aufgrund der vorbehaltlosen Zahlungen des Beschwerdegegners das Vertrauen der Beschwerdegegnerin in die Gültigkeit der Mietzinserhöhung. 2.3.1 Nach der Rechtsprechung verhält sich rechtsmissbräuchlich, wer einen Vertrag freiwillig, irrtumsfrei und mindestens zur Hauptsache erfüllt hat und hernach den Restanspruch der Gegenpartei unter Verweis auf den Formmangel verweigert (BGE 116 II 700 E. 3b S. 702; 112 II 107 E. 3c S. 112, 330 E. 2 S. 332 ff. vgl. auch BGE 127 III 506 E. 4 S. 512 ff.). "Irrtumsfrei" bedeutet in diesem Fall in Kenntnis des Formmangels. Die Berufung auf den Formmangel kann grundsätzlich nur unstatthaft sein, wenn die Parteien bei Abschluss und Erfüllung des Vertrags wussten oder in zurechenbarer Weise wissen konnten, dass das durch sie getätigte Rechtsgeschäft der gesetzlichen Formpflicht widerspricht. Wer einen formnichtigen Vertrag freiwillig erfüllt, ohne den Mangel zu kennen, verhält sich nicht widersprüchlich und handelt folglich auch nicht missbräuchlich, wenn er sich nachträglich wegen des Mangels auf Nichtigkeit beruft. Das gilt selbst dann, wenn angenommen wird, die beidseitige Erfüllung des Vertrages heile den Formmangel, mache also nicht nur dessen Anrufung missbräuchlich (BGE 112 II 330 E. 2b S. 334 mit Hinweisen). 2.3.2 Rechtsmissbräuchlich kann allerdings handeln, wer mit der Klageanhebung zuwartet, um sich später aus der Berufung auf Nichtigkeit Vorteile zu verschaffen (BGE 129 III 493 E. 5.1 S. 498; 123 III 70 E. 3c S. 75). Im zuletzt genannten Entscheid, auf den sich die Vorinstanz wesentlich abstützt, hob das Bundesgericht hervor, dass die an sich formungültige Mietzinserhöhung nicht ohne vorgängige Verhandlungen zustande gekommen sein konnte, zumal sie in einem Nachtrag zum Mietvertrag vereinbart worden war, in dessen Rahmen die Vermieterschaft auf das Recht, auf einen früheren Termin zu kündigen, und auf die ursprünglich vereinbarte Umsatzbeteiligung verzichtet hatte. Nach jahrelanger anstandsloser Fortführung des Mietverhältnisses hätten sich die geschäftserfahrenen Mieter erst auf die Formungültigkeit der neun Jahre zuvor erfolgten Mietzinserhöhung berufen, nachdem sie mit der neuen Eigentümerin des Mietobjekts über die Bedingungen einer Weiterführung des Mietverhältnisses Verhandlungen aufgenommen hatten, welche aber für die Mieter nicht befriedigend verliefen. Weil die Mieter mit diesem Verhalten bei der Vermieterschaft das begründete Vertrauen erweckt hatten, die Vereinbarung über die Geschäftsmiete sei gültig, erachtete das Bundesgericht die Berufung auf den Formmangel als missbräuchlich. 2.3.3 Mit dieser Konstellation weist die vorliegend zu beurteilende, wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet, kaum Analogien auf. Als zu berücksichtigender Umstand fällt nach dem angefochtenen Urteil einzig ins Gewicht, dass der Mieter den erhöhten, mutmasslich nicht missbräuchlichen Mietzins während mehr als sechs Jahren trotz gehöriger Information über die Anfechtungsmöglichkeit auf dem Formular und ohne unter Druck gestanden zu sein, vorbehaltlos bezahlt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts genügt indessen die blosse Erfüllung eines formungültigen Rechtsgeschäfts als solche, wenn sie in Unkenntnis des Formmangels erfolgt, nicht zur Begründung berechtigten Vertrauens der Gegenpartei in die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts (vgl. BGE 113 II 187 E. 1b S. 189). 2.4 Damit bleibt zu prüfen, ob das Verhalten des Beschwerdeführers allenfalls auch ohne Erweckung berechtigten Vertrauens missbräuchlich erscheint. 2.4.1 Missbräuchlich handelt, wie dargelegt (E. 2.2 hiervor), wer ein Rechtsinstitut zweckwidrig zur Verwirklichung von Interessen verwendet, die dieses Rechtsinstitut nicht schützen will (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151 mit Hinweisen), d.h. wenn der Rückgriff auf das Rechtsinstitut mit dem angestrebten Zweck nichts zu tun hat oder diesen gar ad absurdum führt (HONSELL, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, 4. Aufl. 2010, N. 51 zu Art. 2 ZGB). Besondere Umstände, welche die Berufung auf zwingendes Recht als missbräuchlich erscheinen lassen, sind auch zu bejahen, wenn die von der angerufenen Norm zu schützenden Interessen entfallen oder sonst wie gewahrt wurden (BGE 129 III 493 E. 5.1 S. 498 mit Hinweisen). Ob eine Berechtigung missbräuchlich ausgeübt wird, hängt wiederum von den Umständen des Einzelfalles ab (BGE 137 III 625 E. 4.3 S. 629; 135 III 162 E. 3.3.1 S. 169). 2.4.2 Zweck der Formularpflicht ist primär die Information des Mieters über die Gründe der Erhöhung und die Anfechtungsmöglichkeiten. Es geht darum, ihm den Rechtsweg aufzuzeigen und ihm eine möglichst einfache Beurteilung seiner Chancen zu sichern, die angekündigte Mietzinserhöhung anzufechten (BGE 135 III 220 E. 1.5.3 S. 224 f.; 121 III 214 E. 3b S. 217 mit Hinweisen). Diese Zwecke hat das dem Beschwerdeführer zugestellte Formular mit Bezug auf die Mietzinserhöhung zweifellos erfüllt. Diesbezüglich bedurfte es keiner eigenhändigen Unterschrift. Mit dem letztgenannten Erfordernis soll namentlich vermieden werden, dass die Identität des Erklärenden unsicher bleibt. Sie dient der Befriedigung des Bedürfnisses nach Zurechnung der Erklärung an eine eindeutig identifizierbare Person. Die eigenhändige Unterschrift der Vermieterschaft gewährleistet im Schriftverkehr grundsätzlich diese eindeutige Zurechnung. Aus diesem Grunde ist sie als wesentliches Element der Schriftlichkeit für die qualifizierte Schriftform des Formulars erforderlich, sofern nicht die - hier nicht gegebene - Ausnahme von Art. 14 Abs. 2 OR Anwendung findet. 2.4.3 Dass jemals Unklarheit über den Absender bzw. die Zurechenbarkeit der Mietzinserhöhung geherrscht hätte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Vielmehr richteten sich offenbar beide Parteien während Jahren anstandslos nach dem nicht handschriftlich unterzeichneten Formular, und es ist nicht festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin sich die dem Beschwerdeführer gelieferte Begründung für die Mietzinserhöhung nicht hätte entgegenhalten lassen. Das Erfordernis handschriftlicher Unterzeichnung der Mietzinserhöhung soll aber nicht dazu dienen, dem Mieter zu ermöglichen, auf eine unangefochtene Mietzinserhöhung, deren Gültigkeit keine der Parteien anzweifelte und der nachgelebt wurde, nach Jahr und Tag zurückzukommen und den Differenzbetrag zurückzufordern, selbst wenn der diesbezügliche Mangel erst Jahre nach der Zustellung des im Übrigen nicht zu beanstandenden Erhöhungsformulars erkannt worden ist. Mit der Verfolgung eben dieses vom Formerfordernis nicht gedeckten Ziels übt der Beschwerdeführer sein Recht, sich auf einen Formmangel zu berufen, zweckwidrig und damit rechtsmissbräuchlich aus. Im Ergebnis erweist sich somit die Rechtsauffassung der Vorinstanz als mit Art. 2 Abs. 2 ZGB vereinbar. Damit kann offenbleiben, ob das Begleitschreiben handschriftlich unterzeichnet ist und geeignet wäre, den Formmangel zu beheben. Auf die Kritik an den weiteren Erwägungen zur Frage der Gültigkeit der Mietzinserhöhung ist mangels Entscheidrelevanz nicht einzutreten. 3. Mit Blick auf die Nebenkosten kam die Vorinstanz zum Ergebnis, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers sei die Tragung der Kosten für Wasser, Abwasser und Betrieb im Mietvertrag vom 7. Januar 1987 gültig vereinbart worden, weshalb sie das Begehren um deren Rückerstattung ablehnte. 3.1 Die Vorinstanz analysierte den Mietvertrag und erwog, als Nebenkosten würden in dessen Ziffer 2 lit. a) Heizkosten (mit dem Vermerk "akonto" und dem Betrag), b) Warmwasser (mit dem Vermerk "pauschal" und dem entsprechenden Betrag), d) Hauswartpauschale und e) Antenne aufgelistet. Zusätzlich finde sich unter lit. c eine Rubrik "Nebenkosten (s. Art. 7)", bei der kein Betrag eingesetzt und vom vorgedruckten Vermerk "akonto/pauschal" weder das eine noch das andere durchgestrichen sei. Ziff. 7 des Mietvertrages, auf den Ziff. 2 lit. c verweise, laute unter dem fett gedruckten Titel "Nebenkosten" wie folgt: "Der Gas- und Stromverbrauch innerhalb der Mieträume geht zu Lasten des Mieters. Wasser- und Abwassergebühren (ohne Grundgebühr), Kosten für Wasseraufbereitung oder -behandlung, Benützungs-Gebühren für Gemeinschafts-Antennenanlagen, ferner: [leer] werden dem Mieter anteilsmässig belastet, gegebenenfalls über die Heiz- und/oder Nebenkostenabrechnung." 3.2 Dieser Regelung entnahm die Vorinstanz, Ziff. 2 des Mietvertrages stelle klar, dass Wasser- und Abwassergebühren vom Mieter als separat abzugeltende Nebenkosten anteilsmässig, also nicht pauschal, in Rechnung gestellt würden, ohne dass hierfür monatliche Akontobeträge erhoben würden. Diese Regelung bilde eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien im Sinne von Art. 257a Abs. 2 OR, wonach der Mieter die betreffenden Gebühren entsprechend seinem Anteil gesondert schulde. Daran ändere auch die Anzeige einer Vertragsänderung vom 7. Dezember 1987 nichts, welche im Anschluss an die Ausführungen zur Erhöhung der Hauswartpauschale erwähne: "Andere Forderungen: Die Wasser- und Abwassergebühren werden ab 1. Mai 1988 zusammen mit der Heiz- und Nebenkostenabrechnung dem Mieter anteilmässig belastet." Damit werde einzig die bereits im Mietvertrag vorgesehene Regelung wiederholt und festgehalten, dass die Vermieterin davon Gebrauch mache, wovon damals auch der Beschwerdeführer ausgegangen sei. 3.3 Diese Würdigung ist im Lichte der bei der Vertragsauslegung nach dem Vertrauensprinzip zu beachtenden Grundsätze nicht zu beanstanden. Was der Beschwerdeführer vor Bundesgericht einwendet, verfängt nicht. Er hält sinngemäss daran fest, dass er nach Treu und Glauben bei Vertragsschluss davon habe ausgehen dürfen, die Wasser- und Abwasserkosten seien nicht separat geschuldet. Inwiefern der Hinweis gemäss Art. 2 lit. c des Mietvertrages auf dessen Art. 7 nicht genügen soll, um dem Mieter klar zu machen, dass er anteilsmässig mit Wasser- und Abwassergebühren belastet wird, zeigt der Beschwerdeführer jedoch nicht rechtsgenügend auf. Vielmehr ergeht er sich in allgemeinen Ausführungen und lässt den neben der Ziff. 7 des Vertrages fett gedruckten Titel "Nebenkosten" ausser Acht, wenn er darlegt, der Beschwerdeführer habe bei Vertragsschluss nicht gewusst und sei nicht zu Nachforschungen darüber verpflichtet gewesen, was "Art. 7" bedeute. Seine Kritik an der Vertragsauslegung der Vorinstanz ist offensichtlich unbegründet. 3.4 Gegen die Feststellung der Vorinstanz, auch er habe den Hinweis auf die Wasser- und Abwasserkosten in der Vertragsänderung vom 7. Dezember 1987 als Wiederholung der ursprünglichen Regelung verstanden, erhebt der Beschwerdeführer keine Willkürrüge. Er ist aber der Auffassung, er habe seinen Irrtum über die Leistungspflicht nachgewiesen, da dieser stets anzunehmen sei, wenn ausgeschlossen werden könne, dass der Leistende eine Schenkung beabsichtigte. Der Irrtum habe sich nicht auf die Richtigkeit der einzelnen Nebenkostenpositionen bezogen, sondern auf die Rechtsfrage, ob diese von der Vermieterschaft zu Recht verlangt würden. Mit seinen Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer den Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Erkennen der einzelnen Nebenkostenpositionen und der Rechtsfolge der Zahlungspflicht. Art. 257a Abs. 2 OR konkretisiert, soweit die Bestimmung übergangsrechtlich überhaupt auf vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossene Mietverträge anzuwenden ist (die Vorinstanz liess die Frage offen), die allgemeine Auslegungsregel des Art. 18 OR, hebt sie aber nicht aus den Angeln. Demnach greift die objektivierte Vertragsauslegung nach dem Vertrauensprinzip nicht Platz, wenn sich die Parteien tatsächlich übereinstimmend verstanden und entsprechend geeinigt haben (vgl. BGE 132 III 626 E. 3.1 S. 632). Soweit der Mieter beim Abschluss des Vertrages tatsächlich erkennt, welche Nebenkosten ihm vertraglich aufgebürdet werden sollen, und den Vertrag in diesem Wissen unterzeichnet, ist Art. 257a Abs. 2 OR Genüge getan, und der Mieter kann sich im Nachhinein nicht auf die fehlende Bestimmtheit des Vertragstextes berufen. Erkannte aber der Beschwerdeführer entsprechend der für das Bundesgericht verbindlichen Feststellung der Vorinstanz, dass die Erwähnung der Wasser- und Abwasser- als Nebenkosten in der Vertragsänderung die Wiederholung einer früheren Abmachung darstellte, schliesst dies notwendig die Feststellung ein, der Beschwerdeführer sei sich tatsächlich bereits bei Vertragsschluss der betreffenden Nebenkostenausscheidung bewusst gewesen. Auch insoweit ist die Beschwerde zum Scheitern verurteilt. 4. Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtsgekosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 3. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 5. März 2012 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Klett Der Gerichtsschreiber: Luczak
5d4e05a0-aed0-43d5-9777-2939c8841db3
de
2,013
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ (geb. 1984) ist vermutlich tunesischer Staatsangehöriger, will aber nach eigenen Angaben aus Libyen stammen. Das Bundesamt für Migration trat am 7. September 2012 auf sein Asylgesuch nicht ein (falsche Angaben) und wies ihn weg. Vom 3. bis zum 23. August 2012 und vom 7. Dezember 2012 bis zum 20. Februar 2013 galt er als verschwunden. B. Am 20. Februar 2013 wurde X._ im Durchgangszentrum in Lyss angehalten und in Ausschaffungshaft genommen. Das Kantonale Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern prüfte und bestätigte diese am 21. Februar 2013 bis zum 19. Mai 2013. Am 17. Mai 2013 genehmigte es die Verlängerung der Haft bis zum 19. August 2013. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess die hiergegen gerichtete Beschwerde am 20. Juni 2013 teilweise gut und hob den Entscheid des Kantonalen Zwangsmassnahmengerichts vom 17. Mai 2013 insofern auf, als es die Ausschaffungshaft nur bis zum 25. Juni 2013 gestattete. Am 25. Juni 2013 bewilligte das Kantonale Zwangsmassnahmengericht eine weitere Verlängerung der Haft bis zum 19. August 2013. Hiergegen ist X._ erneut an das Verwaltungsgericht gelangt. Dessen Entscheid steht noch aus. C. Mit Eingabe vom 28. Juni 2013 beantragt X._ vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 20. Juni 2013 aufzuheben und ihn aus der Ausschaffungshaft zu entlassen. Er macht geltend, die kantonalen Behörden hätten in verschiedenen Punkten seine Verfahrensrechte verletzt (Verbeiständung, Vorladung usw.) und gegen das Beschleunigungsgebot verstossen. Obwohl die mit dem angefochtenen Urteil kantonal zweitinstanzlich bestätigte Haftverlängerung abgelaufen und inzwischen seine Haft mit einem separaten Entscheid verlängert worden sei, habe er ein aktuelles schutzwürdiges Interesse daran, dass seine Rügen geprüft würden. Der Migrationsdienst des Kantons Bern beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Kantonale Zwangsmassnahmengericht hat darauf verzichtet, sich vernehmen zu lassen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten bzw. sie abzuweisen, da ein neuer Verlängerungsentscheid ergangen sei, wobei X._ die ihm bei der Haftverhandlung vom 17. Mai 2013 seiner Meinung nach zu Unrecht verweigerten Verfahrensrechte inzwischen gewährt worden seien. Das Bundesamt für Migration hat sich nicht vernehmen lassen. X._ hat seine Eingabe am 17. Juli 2013 präzisiert und im Übrigen an seinen Ausführungen festgehalten. Da seine Haft bereits am 17. Mai 2013 unrechtmässig verlängert worden sei, könne die Haftverlängerung vom 25. Juni 2013 ihrerseits nicht rechtmässig sein.
Erwägungen: 1. 1.1. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur legitimiert, wer ein schutzwürdiges Interesse an der Beurteilung seiner Eingabe hat (lit. c). Dieses muss nicht nur bei der Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung aktuell und praktisch sein (vgl. BGE 123 II 285 E. 4 S. 286 f.). Fällt das schutzwürdige Interesse im Laufe des Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt; fehlte es schon bei der Beschwerdeeinreichung, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (BGE 137 I 23 E. 1.3 mit Hinweisen). Das Bundesgericht verzichtet ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 136 II 101 E. 1.1 S. 103; 135 I 79 E. 1.1 S. 81). 1.2. 1.2.1. Der Beschwerdeführer befand sich gestützt auf die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende richterliche Haftprüfung bis zum 25. Juni 2013 in Ausschaffungshaft; seine Festhaltung seit diesem Zeitpunkt beruht formell auf dem Haftverlängerungsentscheid vom gleichen Tag, der seinerseits noch nicht rechtskräftig ist und Gegenstand eines neuen Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht bildet. Zwar ist das Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass das bundesgerichtliche Verfahren, vorbehältlich besonderer Situationen, dahinfällt, wenn die Haft gestützt auf einen neuen, seinerseits wieder anfechtbaren Haftentscheid fortbesteht (vgl. das Urteil 2C_386/2010 vom 1. Juni 2010 E. 1.2); diese Fälle sind jedoch zu präzisieren: Das Bundesgericht tritt - trotz Haftentlassung - auf Beschwerden gegen die Genehmigung der ausländerrechtlichen Festhaltung durch den Haftrichter bzw. den entsprechenden kantonalen Rechtsmittelentscheid ein, wenn der Betroffene rechtsgenügend begründet (Art. 42 BGG) und in vertretbarer Weise ("griefs défendables") die Verletzung einer Garantie der EMRK rügt (vgl. das Urteil 2C_548/2011 vom 26. Juli 2011 E. 1-4.4 unter Hinweis auf BGE 137 I 296 ff. und BGE 136 I 274 ff.). Die freiheitsentziehenden ausländerrechtlichen Zwangsmassnahmen fallen in den Anwendungsbereich von Art. 5 und Art. 13 EMRK (vgl. das EGMR-Urteil Jusic gegen Schweiz vom 2. Dezember 2010 [Nr. 4691/06], §§ 67 ff.) bzw. der von der Schweiz im Rahmen des Schengen-Besitzstands übernommenen sog. "Rückführungsrichtlinie" (Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger [ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008 S. 98 ff.]; vgl. zu deren Tragweite etwa die Urteile 2C_168/2013 vom 7. März 2013 E. 3.2 und 2C_749/2012 vom 28. August 2012 E. 3.1.2). 1.2.2. Diese Regelungen setzen die Möglichkeit einer wirksamen nationalen Beschwerde voraus (vgl. MARTIN SCHIEFFER, Termination of Residence, in: Kay Hailbronner [Hrsg.], EU Immigration and Asylum Law, Commentary, 2010, S. 1489 ff., dort N. 4 zu Art. 13 bzw. N. 7 ff. zu Art. 15 RL 2008/115/EG; Urteil 2C_749/2012 vom 28. August 2012 E. 3.1.2 in fine), wozu nach dem nationalen Recht (BGG) auch der Zugang zum Bundesgericht zählt. Prüft dieses - wie dargelegt - die konventions- und verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Zwangsmassnahmen heute unter Umständen auch nach einer Haftentlassung, muss das auch gelten, wenn der Betroffene sich gestützt auf einen inzwischen ergangenen Verlängerungsentscheid weiterhin in derselben Haft befindet. Heisst das Bundesgericht die Beschwerde gegen den bei ihm angefochtenen Entscheid gut, wird in den meisten Fällen der Haftverlängerung die Grundlage entzogen, womit der Betroffene früher eine Haftentlassung erwirken kann, als wenn er erst erneut den - wie im Kanton Bern - unter Umständen zweistufigen Rechtsweg (vgl. BGE 135 II 94 ff.) zu beachten hat. Je nach verfahrensrechtlicher Ausgestaltung des kantonalen Rechts, der Auslastung der Beschwerdeinstanz und der verfügten Haftdauer könnte dem Betroffenen im unglücklichsten Fall dauernd der Zugang zum Bundesgericht vereitelt bleiben, da der im Rahmen des Bundesgerichtsgesetzes anfechtbare Entscheid immer wieder durch einen neuen kantonalen Verlängerungsentscheid ersetzt würde, bevor das Bundesgericht entscheiden könnte (vgl. etwa die Regelung der erstmals auf einen Monat beschränkten Durchsetzungshaft: Art. 78 Abs. 2 AuG; siehe auch das Urteil 2C_386/2010 vom 1. Juni 2010 E. 1.2). Dies wäre mit den allgemeinen Verfahrensgarantien (Art. 29 BV) bzw. der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV), wie sie der Bundesgesetzgeber im BGG umgesetzt hat, sowie mit dem Erfordernis eines wirksamen (nationalen) Rechtswegs für eine einheitliche Auslegung und Anwendung der bundesrechtlichen Normen nicht vereinbar. 1.2.3. Dauert die ausländerrechtliche Festhaltung fort, hält bei einem vor oder im bundesgerichtlichen Verfahren ergangenen kantonalen Verlängerungsentscheid, der auf der gleichen rechtlichen wie tatsächlichen Grundlage wie der beim Bundesgericht angefochtene Haft (verlängerungs) entscheid ergangen ist, das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an und ist auf ihre Eingabe einzutreten, falls sich im bundesgerichtlichen Verfahren - wie hier - in materiell- wie verfahrensrechtlicher Hinsicht Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen, die im öffentlichen Interesse zu beantworten sind, wobei eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall wegen der Dauer der kantonalen Verfahren bzw. der jeweils genehmigten Verlängerung der Festhaltung kaum möglich wäre (vgl. die Urteile 2C_386/2010 vom 1. Juni 2010 E. 1.2 [Ausschaffungshaft] und 1B_79/2013 vom 13. März 2013 E. 1.1 [Untersuchungshaft]; THOMAS HUGI YAR, § 10 Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, N. 10.126, Fn. 336). Da der Beschwerdeführer sich nach wie vor in derselben, auf der gleichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlage beruhenden Ausschaffungshaft befindet und er ein schutzwürdiges Interesse an der Beurteilung seiner Beschwerde hat, ist auf diese einzutreten, obwohl sie erst am 28. Juni 2013 und damit nach Ablauf der genehmigten Haftdauer eingereicht worden ist. 2. 2.1. Der Beschwerdeführer macht in materieller Hinsicht ausschliesslich geltend, die für die Ausschaffung zuständigen Behörden hätten das Beschleunigungsgebot verletzt; die anderen Haftvoraussetzungen stellt er nicht infrage. Nach Art. 76 Abs. 4 AuG (SR 142.20) sind die für den Vollzug der Weg- oder Ausweisung notwendigen Vorkehren umgehend zu treffen. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt das Beschleunigungsgebot als verletzt, wenn während mehr als zwei Monaten keinerlei Vorkehren mehr im Hinblick auf die Ausschaffung getroffen wurden (Untätigkeit der Behörden), ohne dass die Verzögerung in erster Linie auf das Verhalten ausländischer Behörden oder des Betroffenen selber zurückgeht (BGE 124 II 49 E. 3a S. 51 mit Hinweisen; bestätigt in den Urteilen 2C_285/2013 vom 23. April 2013 E. 5.1 und 2C_804/2008 vom 5. Dezember 2008 E. 4). Die Behörden sind gestützt auf das Beschleunigungsgebot nicht gehalten, in jedem Fall schematisch bestimmte Handlungen vorzunehmen. Umgekehrt müssen die angerufenen Vorkehrungen zielgerichtet sein; sie haben darauf ausgelegt zu sein, die Ausschaffung voranzubringen. Die Frist von zwei Monaten ist nicht als Freibrief dafür zu verstehen, dass nach Anordnung der Ausschaffungshaft nichts getan werden müsste oder auf die erfolgversprechendsten Vorkehrungen verzichtet werden könnte. Das Bundesgericht hat das Beschleunigungsgebot in einem Fall als verletzt erachtet, in dem während dreier Monate mit den Behörden des Landes, aus dem der Betroffene stammen wollte, kein Kontakt aufgenommen und während rund sechs Wochen überhaupt nichts vorgekehrt worden war (so das Urteil 2A.115/2002 vom 19. März 2002 E. 3c-3e). 2.2. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass die Behörden im vorliegenden Fall zu lange untätig geblieben sind: Der Migrationsdienst des Kanton Bern führte am 25. März 2013, d.h. erst einen Monat nach der Inhaftierung, ein Ausreisegespräch mit dem Beschwerdeführer durch, dies, obwohl er nach Angaben des Dienstes selber "gut französisch" spricht. Weshalb die Rekrutierung eines Dolmetschers für dieses Gespräch "einige Zeit" in Anspruch genommen haben soll, ist nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer hat immer erklärt, nicht bereit zu sein, freiwillig in seinen Heimatstaat zurückzukehren, was sich im Ausreisegespräch lediglich bestätigt hat. Das Gesuch um Vollzugsunterstützung durch das Bundesamt reichte der Migrationsdienst erst am 28. März 2013ein, d.h. wiederum über einen Monat nach der Inhaftierung des Beschwerdeführers, obwohl dies bei Berücksichtigung des im Asylverfahren erstellten Lingua-Gutachtens von Anfang an die erfolgversprechendste Massnahme gewesen wäre, zumal bekannt ist, dass die Organisation unfreiwilliger Rückführungen nach Tunesien zeitintensiv ist. Vor dem Antrag auf Haftverlängerung erkundigten sich die kantonalen Behörden beim Bundesamt nach dem Verfahrensstand, worauf dieses mitteilte, dass am 22. Mai 2013bei der tunesischen Botschaft ein Antrag auf Identifizierung des Beschwerdeführers eingereicht werde. Dieser befand sich somit vom 20. Februar 2013 bis zum 22. Mai 2013 in Haft, bis die Behörden erstmals die naheliegendste und erfolgversprechendste Massnahme ergriffen und bei der von ihnen seit dem Asylverfahren als zuständig erachteten tunesischen Behörde eine Identitätsabklärung eingeleitet haben. 2.3. Das Bundesgericht hat zwar festgehalten, dass Verzögerungen, die auf eine fehlende Kooperation des Ausländers zurückgehen, den Behörden nicht entgegengehalten werden können, doch setzt dies voraus, dass die Behörden nicht wie hier ihrerseits untätig geblieben sind; die Ausschaffungshaft verlangt im Rahmen von Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK ein ernsthaft und mit Nachdruck vorangetriebenes hängiges Wegweisungsverfahren (vgl. Art. 15 Ziff. 1 Abs. 2 RL 2008/115/EG). Die Mitwirkung des Beschwerdeführers hätte - wie die kantonalen Behörden geltend machen - das Verfahren zwar vereinfacht; dies genügt indessen nicht, um untätig bleiben, mit der Anfrage an die zuständige Botschaft über Monate zuwarten und den Betroffenen in Ausschaffungshaft behalten zu können. Welche schweizerische Behörde (Kanton oder Bund) die Verzögerung zu verantworten hat, ist dabei unerheblich (vgl. HUGI YAR, a.a.O., N. 10.100 mit Hinweisen). Die Vollzugsbehörden dürfen nicht untätig bleiben; sie müssen versuchen, die Identität der ausländischen Person festzustellen und die für ihre Ausschaffung erforderlichen Papiere auch ohne deren Mitwirkung zügig zu beschaffen ( HUGI YAR, a.a.O., N. 10.101 und Fn. 281). 2.4. Die Verletzung des Beschleunigungsverbots führt in der Regel zur Haftentlassung, selbst wenn vom Betroffenen ein gewisses Sicherheitsrisiko ausgehen sollte (vgl. das Urteil 2A.115/2002 vom 19. März 2002 E. 4a; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.103 mit weiteren Hinweisen in Fn. 294; TARKAN GÖKSU, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], SHK Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG], 2010, N. 23 zu Art. 76 AuG). Die Ausschaffungshaft dient als Administrativmassnahme der Sicherung des Vollzugs der Wegweisung und hat keinen strafrechtlich präventiven Hintergrund (vgl. HUGI YAR, a.a.O., N. 10.103). Im Übrigen ginge vom Beschwerdeführer keine qualifizierte Gefahr aus: Wohl ist er verschiedentlich in der Drogenszene aufgegriffen worden, konsumierte Cannabis und handelte als Kleindealer mit solchem. Dies genügt indessen nicht, um über die Verletzung des Beschleunigungsgebots durch die zuständigen Ausländerrechtsbehörden (Migrationsdienst, BFM) hinwegzusehen (vgl. zu den Verfahrensgarantien: Urteil 2C_1089/2012 vom 22. November 2012 E. 4). Den Behörden ist es unbenommen, dem Beschwerdeführer gegenüber eine Ein- oder Ausgrenzung anzuordnen (Art. 74 Abs. 1 lit. a und b AuG). Zweck dieser Massnahme ist es, den Verbleib der ausländischen Person zu kontrollieren sowie ihre Verfügbarkeit für die Vorbereitung und Durchführung der Ausschaffung weiterhin sicherzustellen (Andreas Zünd, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli [Hrsg.], Migrationsrecht, 3. Aufl. 2012, N. 5 zu Art. 74 AuG). Sie ist milderes Mittel zum ausländerrechtlich begründeten Freiheitsentzug und kann und darf analog diesem auch eine gewisse Druckwirkung zur Durchsetzung der Ausreisepflicht entfalten. Die Missachtung einer Ein- oder Ausgrenzung kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden (Art. 119 AuG; vgl. die Urteile 2C_1044/2012 vom 5. November 2012 E. 3.1 und 2C_1089/2012 vom 22. November 2012 E. 5). 3. Da die Beschwerde bereits wegen der Verletzung des Beschleunigungsgebots gutzuheissen ist, erübrigt es sich, auf die formellen Rügen im Einzelnen einzugehen. Es genügt in diesem Zusammenhang, den kantonalen Behörden die bundesgerichtliche Praxis in Erinnerung zu rufen: 3.1. Der inhaftierte Ausländer hat Anspruch darauf, mit dem von ihm bezeichneten Rechtsvertreter mündlich und schriftlich zu verkehren (Art. 81 Abs. 1 AuG). Ist er im Verfahren vor dem Haftrichter nicht vertreten, weil die Behörden nichts unternommen haben, um ihm den Kontakt zu ermöglichen, bzw. weil sie seinen Anwalt nicht über die Festhaltung oder den Hafttermin informiert haben, verletzt dies den Anspruch auf rechtliches Gehör (so die Urteile 2A.236/2002 vom 27. Mai 2002 E. 2 und 3, publ. in: Pra 2002 Nr. 142 S. 769 ff.; 2A.346/2006 vom 4. Juli 2006 E. 4.1; 2C_334/2008 vom 30. Mai 2008 E. 4; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.40). 3.2. Eine wirksame Vertretung setzt voraus, dass der Betroffene oder sein Rechtsvertreter die Möglichkeit erhält, die Verhandlung vorzubereiten, was nur realistisch erscheint, wenn ein allfälliges Akteneinsichtsgesuch prioritär geprüft und die Unterlagen dem Rechtsvertreter möglichst umgehend zur Verfügung gestellt werden. Dieser muss rechtzeitig zumindest in diejenigen Akten Einsicht nehmen können, welche als Grundlage des Entscheids dienen sollen (vgl. die Urteile 2C_756/2009 vom 15. Dezember 2009 E. 1.2 und 2A.294/2002 vom 3. Juli 2002 E. 2). Es ist im Verfahren der Haftprüfung trotz Zeitdrucks Aufgabe des Haftrichters, sicherzustellen, dass die Rechte des Inhaftierten gewahrt bleiben (vgl. Urteil 2C_168/2013 vom 7. März 2013 E. 2.2; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.24 und 10.25 S. 435). 3.3. 3.3.1. Die bedürftige Partei hat gestützt auf Art. 29 Abs. 3 Satz 2 BV einen Anspruch darauf, dass ihr auf Gesuch hin ein unentgeltlicher Rechtsvertreter bestellt wird, falls dies zur Wahrung ihrer Rechte notwendig erscheint; nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BV muss jede Person, welcher die Freiheit entzogen wird, die Möglichkeit haben, ihre Rechte - in einer den Umständen angemessenen, wirksamen Weise - geltend zu machen. Das Erfordernis der fehlenden Aussichtslosigkeit ist bei einem Freiheitsentzug von einer gewissen Intensität bzw. Dauer im Hinblick hierauf jeweils sachgerecht zu relativieren und das Kriterium der Erfolgsaussichten differenziert zu handhaben (BGE 134 I 92 E. 3.2.3). Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass dem Ausländer bei der Haftverlängerung nach drei Monaten bzw. einer Haftanordnung von über drei Monaten eine schwere Freiheitsbeschränkung droht, die für ihn mit rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden ist, denen er - auf sich selber gestellt - mangels Kenntnis der Sprache und der hiesigen Verhältnisse nicht gewachsen erscheint. Es ist ihm in dieser Situation selbst in "einfachen" Fällen kaum möglich, das administrative Haftverlängerungsverfahren ohne anwaltliche Hilfe zu verstehen. Die wirksame Geltendmachung seiner Rechte setzt deshalb spätestens in diesem Verfahrensabschnitt voraus, dass einem Antrag auf unentgeltliche Verbeiständung entsprochen wird (BGE 134 I 92 E. 3.2.2 und 3.2.3; Urteil 2C_332/2012 vom 3. Mai 2012 E. 2.3 mit Hinweisen). 3.3.2. Das Gleiche ergibt sich aus Art. 5 Ziff. 4 EMRK: Im Rahmen dieser Bestimmung sind dem Inhaftierten die der Haftart angepassten grundlegenden Rechte zu gewähren; das richterliche Prüfungsverfahren muss "fair" sein. Der Betroffene hat das Recht, sich selber zu vertreten, sich durch den Anwalt seiner Wahl vertreten zu lassen oder die Bestellung eines unentgeltlichen Vertreters zu verlangen, wenn er bedürftig ist und seine Verbeiständung "im Interesse der Rechtspflege erforderlich" erscheint (so auch Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK für den Strafprozess; BGE 134 I 92 E. 3.2.4). Entsprechende Anforderungen ergeben sich heute indirekt zudem aus der für die Schweiz ebenfalls massgebenden europäischen Rückführungsrichtlinie, die festhält, dass die von ihr betroffenen Drittstaatsangehörigen "rechtliche Beratung, rechtliche Vertretung und - wenn nötig - Sprachbeistand in Anspruch nehmen können" bzw. ihnen auf Antrag die erforderliche Rechtsberatung und/oder -vertretung gemäss dem einschlägigen Prozesskostenhilferecht (Art. 15 Ziff. 3-6 RL 2005/85/EG) bereitzustellen ist (Art. 13 Ziff. 3 und 4 RL 2008/115/EG; Urteil 2C_548/2011 vom 26. Juli 2011 E. 4). 3.4. 3.4.1. Sollte der Beschwerdeführer - wie er geltend macht - vor dem Haftgericht um unentgeltliche Verbeiständung ersucht und ihm der Richter dargelegt haben, dass er einen Anwalt selber zu bezahlen hätte, wäre ihm damit rechtswidrig sein Anspruch auf Verbeiständung im Haftprüfungsverfahren verweigert worden. Die entsprechende Frage kann vorliegend nicht definitiv geklärt werden, weil das Zwangsmassnahmengericht zugestanden hat, dass es möglich sein könnte, dass er um einen Anwalt ersucht habe; das Protokoll enthalte praxisgemäss wegen der Vielzahl von Verfahren gewisse Vorformulierungen, welche im Einzelfall allenfalls zu relativieren seien. Es ist in diesem Zusammenhang in Erinnerung zu rufen, dass die Protokollierung nicht freigestellt ist. Das Ergebnis der Haftverhandlung, deren Ablauf und die gestellten Anträge sind gestützt auf Art. 29 Abs. 2 BV korrekt zu protokollieren. Nur in diesem Fall lässt sich der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör wahren und ist es den Rechtsmittelinstanzen überhaupt möglich, den Haftgenehmigungsentscheid in der Folge sinnvoll auf seine Bundesrechtskonformität hin zu überprüfen (BGE 125 II 377 E. 1 S. 378; HUGI YAR, a.a.O., N. 10.24 mit weiteren Hinweisen). Zwar hat auch der ausländische Inhaftierte vor seiner Unterschrift die Richtigkeit des Protokolls zu kontrollieren, doch trägt der Haftrichter - bereits mit Blick auf die sprachlichen Kompetenzen - hierfür die Hauptverantwortung; ihn trifft aufgrund der spezifischen Situation ausländerrechtlich festgehaltener Personen diesbezüglich eine gewisse verfahrensrechtliche Fürsorgepflicht. 3.4.2. Der Beschwerdeführer kritisiert auch, dass im Haftprüfungsverfahren kein Vertreter des Migrationsamts anwesend gewesen sei, weshalb er keine Ergänzungsfragen habe stellen können. Ob in jedem Fall ein Vertreter der haftanordnenden Behörde der Verhandlung beiwohnen muss oder der Inhaftierte dies ausdrücklich zu beantragen hat, kann dahingestellt bleiben. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Haftprüfung durch den Richter ein kontradiktorisches Verfahren bildet. Nimmt die Ausländerbehörde nicht daran teil, trägt sie jedenfalls das Risiko, dass eine Haftentlassung oder eine Haftverkürzung erfolgt, wenn gewisse Punkte nicht abgeklärt werden können. Kein taugliches Abgrenzungskriterium wäre es, wenn der Migrationsdienst nur in Fällen vertreten wäre bzw. zur Verhandlung aufgeboten würde, in denen sich ein Anwalt eingeschaltet hat. Entscheidend müssen für den Haftrichter die materiellen Fragen oder allfällige Unklarheiten im konkreten Fall sein, nicht der Aspekt, ob der Betroffene mit oder ohne Anwalt erscheinen wird. 4. 4.1. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern aufzuheben und der Beschwerdeführer unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Zwar beruht dessen Festhaltung seit dem 25. Juni 2013 auf einem neuen Verlängerungsentscheid, dieser ist indessen noch nicht rechtskräftig und dessen Aufrechterhaltung setzt voraus, dass die vorliegend zu beurteilende Haftverlängerung ihrerseits nicht - wie hier - an einem Fehler leidet, der nicht geheilt werden kann und bereits früher zur Haftentlassung hätte führen müssen. Mit dieser fällt das noch hängige kantonale Verfahren dahin. 4.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend werden keine Kosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Mit der Gutheissung der Beschwerde wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos. Der Kanton Bern hat den Beschwerdeführer für das vorliegende Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hat über die Kosten des kantonalen Verfahrens neu zu befinden.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Einzelrichter, vom 20. Juni 2013 wird aufgehoben. Der Beschwerdeführer ist unverzüglich aus der Haft zu entlassen. 2. 2.1. Es werden keine Kosten erhoben. 2.2. Der Kanton Bern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 2.3. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird als gegenstandslos abgeschrieben. 2.4. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hat über die kantonale Kosten- und Entschädigungsregelung neu zu befinden. 3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. Juli 2013 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
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Faits : A. Par jugement du 26 novembre 2004, le Tribunal correctionnel du Tribunal de 1ère instance du canton du Jura a condamné B.X._ à 16 mois d'emprisonnement, pour: - instigation à obtention frauduleuse d'une constatation fausse, commise le 7 mai 1997 à H._; - obtention frauduleuse d'une constatation fausse, commise le 23 décembre 1997 à S._; - escroqueries, commises, respectivement, les 21 novembre et 10 décembre 1997 pour un montant de 130'961 fr.60, ainsi que le 23 décembre 1997 pour un montant de 43'270 fr., dans les deux cas au préjudice de A.Y._; - abus de confiance qualifiés, commis, respectivement, le 7 mai 1997 au préjudice de A.Y._ pour un montant de 30'000 fr. ainsi que du 19 avril 1996 à décembre 1997, au préjudice de A.Y._ et B.Y._, pour un montant de 13'817 fr. 15. Par le même jugement, le tribunal a également condamné A.X._, époux séparé de B.X._, et C.X._, respectivement, à 6 mois et à 10 mois d'emprisonnement, dans les deux cas avec sursis pendant 4 ans. Le tribunal a par ailleurs statué sur des conclusions civiles. Il a, notamment, débouté B.X._ de ses prétentions civiles et l'a astreinte à payer à la partie civile des sommes s'élevant, au total, à près de 75'000 fr. B. A l'instar de ses coaccusés, B.X._ a appelé de ce jugement auprès de la Cour pénale du Tribunal cantonal jurassien, concluant à son acquittement, avec suite de frais et dépens et suites civiles. Par décision incidente du 5 juillet 2006 la Cour pénale a rejeté une requête de B.X._ tendant à la récusation de la juge G._ ainsi qu'une requête tendant au déport des membres de la Cour. Par décision incidente séparée du même jour, elle a rejeté une autre requête de B.X._ tendant à l'annulation de la procédure de première instance. Contre le rejet de ces requêtes, B.X._ a formé, en un seul mémoire, deux recours de droit public au Tribunal fédéral, l'un contre le refus de ses demandes de récusation et de déport et l'autre contre le refus d'annuler la procédure de première instance. Jugeant que le second recours n'avait pas de lien direct avec le premier et pouvait être traité rapidement, le Tribunal fédéral les a disjoints. Par arrêt 1P.440/2006 du 20 juillet 2006, il a déclaré irrecevable, parce que prématuré, le recours dirigé contre le refus d'annuler la procédure de première instance. Par arrêt 1P.438/2006 du 18 octobre 2006, il a écarté dans la mesure où il était recevable le recours formé contre le rejet des demandes de récusation et de déport. Statuant le 13 mars 2007 sur l'appel de B.X._, la Cour pénale a modifié le verdict de culpabilité, en ce sens qu'elle a retenu les abus de confiance simples, au lieu des abus de confiance qualifiés. En conséquence et en application des nouvelles dispositions de la partie générale du code pénal, elle l'a condamnée à une peine privative de liberté de 15 mois, qu'elle a par ailleurs assortie d'un sursis de 5 ans. Elle a en outre réduit quelque peu le montant des sommes à verser à la partie civile. C. La condamnation de B.X._ repose, en résumé, sur les faits suivants. C.a A.Y._ était propriétaire d'un domaine agricole à F._ ainsi que d'une maison familiale qu'il occupait avec son épouse B.Y._ et leurs enfants. Eprouvant de la difficulté à gérer la situation familiale et se trouvant dans une situation financière difficile, les époux Y._ ont bénéficié de l'intervention de différentes personnes. Dès le 1er mars 1996, craignant d'être mis sous tutelle, ils ont consulté B.X._, alors avocate, lui confiant successivement divers mandats, notamment celui de défendre leurs intérêts dans leurs relations avec les autorités communales, de trouver des solutions à leurs problèmes financiers et, à cette fin, de les représenter, de procéder à tout encaissement et à toute démarche en leur faveur. Ces mandats ont été maintenus après que B.X._ se soit vue retirer son brevet d'avocate le 3 mars 1997. Les époux Y._ en sont ainsi venus à se lier d'amitié avec B.X._ et sa famille, auxquelles ils faisaient une confiance absolue, d'autant plus que A.Y._, à dire d'expert-psychiatre, présentait un trouble de la personnalité, se caractérisant notamment par de l'immaturité, voire de l'infantilisme, de la dépendance et de l'nfluençabilité, et que son épouse était décrite comme à tout le moins peu avisée. C.b Par acte notarié de Me L._ du 7 mai 1997, A.Y._ a vendu son domaine agricole à D._. Dans l'acte, il était indiqué que la vente était consentie pour le prix de 345'000 fr. Avant la signature de l'acte, dans la salle d'attente du notaire, D._ a remis à A.Y._ une enveloppe contenant 35'000 fr., dont 5000 fr. d'avance sur culture. A.Y._ a lui-même remis cette enveloppe à B.X._, qui participait à la transaction et qui avait négocié le prix, qu'elle voulait voir fixer à 400'000 fr., mais qui, après discussion avec D._, avait finalement été arrêté à 380'000 fr. Un montant de 30'000 fr. a ainsi été soustrait à la connaissance du notaire, sans compter les 5000 fr. pour l'avance sur culture. Il a été retenu que B.X._, qui avait amené A.Y._ à fournir une fausse indication au notaire quant au prix de vente du domaine agricole, s'était rendue coupable d'instigation à obtention frauduleuse d'une constatation fausse, dont A.Y._, du fait d'avoir signé lui-même l'acte authentique, était, comme D._, l'auteur principal. C.c Par acte notarié de Me P._ du 23 décembre 1997, A.Y._ a vendu à la société Z._ SA, en constitution et agissant par ses fondateurs B.X._, A.X._ et C.X._, la maison familiale de F._. Sous la mention "prix de vente", l'acte indiquait un montant de 43'270 fr., correspondant à la valeur officielle, avec la précision que "ce prix a été réglé avant la passation des présentes, selon entente entre les parties". Ce montant n'a jamais été versé à A.Y._. Sur la base d'une appréciation des preuves, il a été retenu que la constatation selon laquelle le prix de vente convenu avait été payé avant la passation de l'acte était contraire à la réalité et que la rubrique litigieuse valait quittance dans la mesure où elle aurait fait obstacle à une saisie. En obtenant ainsi du notaire qu'il constate, dans un acte authentique, un fait faux, B.X._, comme A.X._, s'était rendue coupable d'obtention frauduleuse d'une constatation fausse, tous deux ayant signé l'acte de vente en qualité de membres fondateurs de Z._ SA. C.d Exploitant la confiance des époux Y._, les X._ leur ont fait croire que la maison familiale de F._ devait être vendue pour la mettre à l'abri des démarches de l'office des poursuites et éviter qu'elle ne soit saisie. Ils les ont ainsi amenés à signer l'acte de vente instrumenté le 23 décembre 1997 par le notaire P._, dans lequel il était mentionné que le prix de vente avait été payé avant la passation de l'acte, alors qu'il n'en était rien. Les époux Y._ ont ainsi été dépossédés de leur maison, l'encaissement du prix n'étant plus possible en raison de la quittance attestée par l'acte authentique. De ce fait, A.Y._ a subi un dommage, même si la maison lui a par la suite été restituée et qu'il a pu en transférer la propriété à sa soeur, pour un montant estimé par B.X._ à moins de 30'000 fr. L'opération a par ailleurs permis à Z._ SA de bénéficier de la valeur de la maison familiale sans contrepartie. Ces faits ont été considérés comme constitutifs d'escroquerie. C.e B.X._ a fait croire aux époux Y._ que leur argent devait être placé, afin d'éviter qu'il ne soit saisi. En raison des liens d'amitié qui les liaient et de la confiance qu'ils avaient en elle, les époux Y._ ont accepté de lui prêter 100'000 fr., provenant du solde du produit de la vente de leur domaine agricole, pour libérer le capital social de Z._ SA et permettre ainsi la constitution de cette société. B.X._ leur a assuré que les 100'000 fr. leur seraient ensuite remboursés. Selon les époux Y._, elle leur a déclaré que cette somme serait ensuite placée sur un compte pour eux et leurs enfants. En vue du prêt, les époux Y._ ont accepté de remettre à B.X._ un chèque barré d'un montant de 130'961 fr. 60, qui avait été établi au nom de A.Y._ et remis à ce dernier par le notaire L._, lors de l'instrumentation de la vente du domaine agricole à D._. Le chèque a été encaissé sur un compte de C.X._ en France. Après quoi, B.X._ a retiré 100'000 fr. du compte de sa fille et les a consignés à l'UBS à T._. Ce montant a ensuite permis de libérer les 100'000 fr. nécessaires à la constitution de Z._ SA. Ces faits ont également été considérés comme constitutifs d'escroquerie. C.f Sur les 35'000 fr. contenus dans l'enveloppe que lui avait remis A.Y._, après l'avoir reçue de D._ dans la salle d'attente du notaire L._ (cf. supra, let. C.b), les 30'000 fr. restant, après déduction des 5000 fr. correspondant à l'avance sur culture, avaient été confiés à B.X._ en vertu des pouvoirs de gestion que lui conféraient les procurations signées en sa faveur par les époux Y._. Celle-ci n'a toutefois pas affecté cette somme aux besoins des époux Y._, mais en a disposé à son profit. A raison de ces faits, B.X._ a été reconnue coupable d'abus de confiance. C.g D'avril 1996 à décembre 1997, B.X._ a encaissé divers montants revenant aux époux Y._, mais n'en a jamais rendu compte à ces derniers, qui étaient tenus dans l'ignorance totale de leur situation. B.X._ n'a produit de décompte, accompagné de pièces justificatives, que le 31 mai 2001, à l'adresse du juge d'instruction, avant de produire de nouvelles pièces quelques jours avant l'audience du 5 juillet 2006. Examinant et appréciant en détail ces diverses pièces, l'autorité cantonale a retenu que, sur un total de 40'821 fr. 90 encaissé, 32'410 fr. 80 avaient été restitués sous une forme ou une autre aux époux Y._, de sorte que B.X._ s'était enrichie d'un montant de 8411 fr. 10 à leurs dépens. En effet, celle-ci, qui avait des poursuites en cours de près de 975'000 fr. depuis le 1er janvier 1996, lesquelles, cumulées avec celles antérieures à cette date, atteignaient même 1,3 millions de francs, n'était pas en mesure de rembourser. Par ailleurs, outre qu'il n'était pas établi que son activité de mandataire avait un caractère onéreux, elle ne pouvait prétendre à des honoraires pour ce mandat, compte tenu de son exécution défectueuse, qui était assimilable à une inexécution totale, au vu de la situation, "cauchemardesque" selon leur curateur, des époux Y._. Sur le vu de ces faits, B.X._ a été reconnue coupable d'abus de confiance. D. B.X._ forme un recours en matière pénale au Tribunal fédéral. Elle invoque une violation des art. 9, 29 al. 2 et 32 al. 1 Cst., de l'art. 6 ch. 1 et 2 CEDH ainsi que des art. 138, 146, 253 et 24 en relation avec 253 CP. Elle conclut à son acquittement de toutes les infractions retenues à sa charge, avec suite de frais et dépens des instances cantonales et fédérale, à ce que le canton du Jura soit condamné à lui verser une indemnité de 7000 fr. à titre de réparation morale et à l'allocation de ses prétentions civiles à concurrence de 49'525 fr., avec suite de frais et dépens sur le plan civil, ainsi qu'au déboutement des époux Y._ de toutes leurs conclusions civiles et pénales. Subsidiairement, elle demande le renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision. Elle sollicite par ailleurs l'assistance judiciaire et l'effet suspensif. Une réponse n'a pas été requise.
Le Tribunal fédéral considère en droit: 1. 1.1 L'arrêt attaqué a été rendu par une autorité cantonale de dernière instance, dans une cause de droit pénal, et peut donc faire l'objet d'un recours en matière pénale (art. 78 ss LTF), que la recourante, en tant qu'accusée ayant participé à la procédure devant l'autorité précédente, est habilitée à interjeter (art. 81 al. 1 let. a et let. b ch. 1 LTF). 1.2 Le recours peut notamment être formé pour violation du droit fédéral (art. 95 let. a LTF), y compris les droits constitutionnels. Il ne peut critiquer les constatations de fait qu'au motif que les faits ont été établis de façon manifestement inexacte, c'est-à-dire arbitraire (cf. Message du 28 février 2001 relatif à la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale; FF 2001, 4000 ss, 4135) ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF, et pour autant que la correction du vice soit susceptible d'influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). 1.3 Le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF). Il n'est donc limité ni par les arguments du recourant ni par la motivation de l'autorité précédente. Toutefois, compte tenu, sous peine d'irrecevabilité (art. 108 al. 1 let. b LTF), de l'exigence de motivation prévue à l'art. 42 al. 1 et 2 LTF, il n'examine en principe que les griefs invoqués et n'est dès lors pas tenu de traiter des questions qui ne sont plus discutées devant lui. Il ne peut aller au-delà des conclusions des parties (art. 107 al. 1 LTF). 1.4 Le recours doit être motivé (art. 42 al. 1 LTF) et sa motivation doit exposer succinctement en quoi l'acte attaqué viole le droit (art. 42 al. 2 LTF). Pour les griefs de violation du droit fédéral et du droit international (art. 95 let. a et b LTF), l'exigence de motivation résultant de l'art. 42 al. 2 LTF correspond à celle qui valait pour le recours en réforme, le pourvoi en nullité et le recours de droit administratif (cf. Message, FF 2001, 4093, qui renvoie ici à tort à l'art. 90 al. 1 let. b OJ). En revanche, pour les griefs de violation des droits constitutionnels, du droit cantonal et du droit intercantonal les exigences de motivation sont accrues. Conformément à l'art. 106 al. 2 LTF, ceux-ci ne peuvent être examinés que s'ils sont invoqués et motivés par le recourant. Pour de tels griefs, l'exigence de motivation correspond à celle qui résultait de l'art. 90 al. 1 let. b OJ pour le recours de droit public (cf. Message, FF 2001, 4142). Il en découle notamment que les griefs mentionnés à l'art. 106 al. 2 LTF sont irrecevables, s'ils ne satisfont pas aux exigences accrues de motivation prévues par cette disposition. Cela vaut, notamment, pour le grief d'arbitraire dans la constatation des faits, respectivement l'appréciation des preuves, dès lors qu'il revient à soutenir que les faits ont été établis en violation de l'art. 9 Cst. 2. Sous l'intitulé "rappel chronologique des faits pertinents", la recourante, aux pages 7 ss de son mémoire, présente, sur quelque 13 pages, sa propre version des faits, en l'opposant purement et simplement à celle de l'autorité cantonale. Autant que, dans ce contexte, elle semble, ça et là, vouloir invoquer des atteintes à ses droits constitutionnels, elle se borne à en affirmer l'existence. De toute manière, elle n'en fait aucune démonstration qui puisse satisfaire aux exigences de motivation de l'art. 106 al. 2 LTF. Dans la mesure où il s'écarte de celui qui a été retenu par l'autorité cantonale, l'état de fait présenté par la recourante sous l'intitué susmentionné ne peut donc être pris en considération. 3. La recourante reproche à l'autorité cantonale d'avoir, dans sa décision incidente du 5 juillet 2006, refusé d'annuler la procédure de première instance pour vice de forme. 3.1 Elle fait d'abord valoir que c'est en violation de son droit à un procès équitable, notamment de son droit d'être entendu, qu'il n'a pas été admis que, compte tenu de son état de santé, tel qu'attesté par les certificats de son médecin des 16 et 19 novembre 2004, elle n'était pas en mesure de comparaître personnellement à l'audience de première instance. Elle invoque en outre une inégalité de traitement, au motif que la procédure de première instance a été annulée en ce qui concerne sa fille. Elle se plaint encore d'une atteinte à son droit à un juge indépendant et impartial, du fait que le Président du Tribunal correctionnel était partie à une procédure l'opposant à elle devant la Chambre d'accusation du Tribunal cantonal. 3.2 Tel qu'il est formulé dans le recours, le premier de ces griefs revient en réalité à se plaindre d'une appréciation arbitraire des preuves. Toute l'argumentation de la recourante vise en effet à faire admettre que c'est pour avoir apprécié de manière inadmissible les éléments de preuve qui lui étaient soumis, plus précisément les certificats médicaux qu'elle a produits et le témoignage de son médecin à l'audience du 5 juillet 2006, que l'autorité cantonale a nié qu'elle n'était pas en mesure de comparaître personnellement à l'audience de première instance et, partant, a refusé d'annuler la procédure de première instance. Ce n'est que comme une conséquence de l'arbitraire ainsi allégué que la recourante invoque une violation de son droit à un procès équitable, notamment de son droit d'être entendu. 3.2.1 De jurisprudence constante, une décision n'est pas arbitraire du seul fait qu'elle apparaît discutable ou même critiquable; il faut qu'elle soit manifestement insoutenable, et cela non seulement dans sa motivation mais dans son résultat (ATF 131 I 57 consid. 2 p. 61; 129 I 8 consid. 2.1 p. 9, 173 consid. 3.1 p. 178). 3.2.2 Il résulte des pages 8 et 9 de la décision du 5 juillet 2006 refusant d'annuler la procédure de première instance que les parties ont été citées le 11 octobre 2004 à l'audience du Tribunal correctionnel, devant se tenir du 22 au 26 novembre 2004. Le 16 novembre 2004, la recourante a adressé au président du tribunal un certificat de son médecin, daté du même jour, selon lequel elle était en incapacité de travail à 100%, pour cause d'accident, à partir du même jour et pour une durée probable de deux semaines. Dans sa lettre d'accompagnement, elle demandait le report de l'audience. Le 18 novembre 2004, le président du tribunal lui a répondu qu'il n'entendait pas renvoyer les débats, car le certificat médical ne contenait pas de motifs précis et impérieux d'une inaptitude à comparaître. Le lendemain 19 novembre 2004, la recourante a derechef demandé le renvoi des débats; à l'appui, elle produisait un certificat médical complémentaire, avec la mention "obligation de rester à domicile pendant la période d'incapacité de travail". Sur le vu de ce certificat, le président du tribunal a alors dispensé la recourante de comparaître personnellement à l'audience, à laquelle a en revanche participé le défenseur d'office qui lui avait été désigné, après qu'elle en avait refusé un autre, avait mandaté un mandataire privé qui avait résilié son mandat et avait sollicité derechef la désignation d'un défenseur d'office. En instance d'appel, la recourante s'est plainte du refus du Président du Tribunal correctionnel de renvoyer l'audience. Aussi, la Cour pénale a-t-elle interpellé le médecin de la recourante, qui lui a transmis un rapport du 27 mars 2006, dans lequel il était fait état de douleurs cervico-dorso-lombalgiques et de coxalgies bilatérales avec tension musculaire généralisée, pour lesquelles la recourante avait été traitée par acupuncture, notamment à trois reprises en novembre 2004, soit les 5, 16 et 29 novembre. La Cour pénale a alors décidé d'entendre le médecin de la recourante à son audience du 5 juillet 2006. A cette occasion, le médecin a confirmé son rapport et déclaré qu'elle n'avait pas vu la recourante le 22 novembre 2004. Elle a expliqué que la chute accidentelle pour laquelle elle traitait la recourante remontait au 26 février 2004, qu'aucune autre chute n'était mentionnée dans son dossier médical et que, lors de la consultation du 16 novembre 2004, la recourante n'avait pas fait état d'une nouvelle chute. Elle avait mis la recourante en arrêt de travail, car celle-ci avait de la peine à marcher. 3.2.3 Sur la base de ces éléments, l'autorité cantonale pouvait, sans arbitraire, retenir, comme elle l'a fait, qu'il n'était pas établi que la recourante ait chuté le 16 novembre 2004, qu'une chute avait bien eu lieu, mais le 26 février 2004, et que c'est pour les suites de cette chute que la recourante était encore soignée en novembre 2004. La recourante ne démontre en tout cas pas, conformément aux exigences de motivation de l'art. 106 al. 2 LTF, qu'il était manifestement insoutenable de l'admettre, mais se borne à présenter sa propre version des faits, pour affirmer qu'elle n'était pas en mesure de comparaître et en conclure que l'autorité cantonale aurait dû admettre que la procédure de première instance était viciée et devait être annulée. Il n'est ainsi aucunement établi que l'autorité cantonale aurait admis arbitrairement que la recourante n'avait pas fait de chute le 16 novembre 2004. Or, comme elle l'a relevé, la chute du 26 février 2004 n'a pas empêché la recourante de se rendre à plusieurs reprises, notamment par trois fois en novembre 2004, chez son médecin à Lausanne. Dans ces conditions, il n'était pas manifestement insoutenable de retenir que la recourante était en mesure de se déplacer et de s'asseoir à l'audience de première instance, à T._, qui se trouve à une distance bien moindre de son domicile que Lausanne. Cela pouvait d'autant plus être admis que le médecin de la recourante a déclaré que, lorsqu'elle avait établi le certificat médical complémentaire du 19 novembre 2004, sa patiente ne lui avait pas demandé si elle pouvait se déplacer à l'audience. Au vu de ce qui précède, l'autorité cantonale n'a pas violé le droit de la recourante à un procès équitable en considérant que cette dernière n'avait pas été empêchée, sans faute de sa part, de se présenter à l'audience de première instance et qu'elle ne pouvait donc se plaindre d'un refus de renvoyer l'audience. 3.3 Il y a inégalité de traitement, prohibée par l'art. 8 Cst., lorsque le juge traite de manière différente des situations semblables ou traite de la même manière des situations dissemblables (cf. ATF 131 V 107 consid. 3.4.2 p. 114 et la jurisprudence citée). Il résulte du ch. 2.4 de la décision incidente du 5 juillet 2006 relative au refus d'annuler la procédure de première instance, que C.X._, selon un certificat du 5 novembre 2004 de son médecin, qui est le même que celui de la recourante, présentait un état d'épuisement psychologique important, comme l'attestait déjà un certificat médical du 22 octobre 2004 adressé à la Cour d'appel du canton de Berne. Saisi d'une requête de C.X._ tendant au renvoi des débats, le Président du Tribunal correctionnel a refusé de reporter l'audience, mais a dispensé celle-ci d'y comparaître. Entendue à l'audience de la Cour pénale du 5 juillet 2006, le médecin a confirmé le contenu des certificats médicaux, précisant que, sans être psychiatre, elle avait suivi une formation en psychiatrie et faisait partie de la société de psychosomatique. Estimant qu'il n'y avait aucun motif sérieux de s'écarter de ce témoignage, la Cour pénale a considéré qu'on ne pouvait reprocher à C.X._ de n'avoir pas comparu de manière fautive à l'audience et, subséquemment, a renvoyé la cause en première instance en ce qui la concernait. Il suit de là que le cas de la recourante (cf. supra, consid. 3.2.3) et celui de sa fille ne sont pas comparables. L'une et l'autre, aux dires mêmes de leur médecin, souffraient de troubles différents, n'ayant pas les mêmes conséquences. Alors que la recourante présentait des troubles essentiellement physiques, ne l'empêchant pas de participer à l'audience, sa fille présentait d'importants troubles psychiques, faisant obstacle à sa participation. De plus, le témoignage du médecin confirmait l'état de santé de la fille de la recourante et son incapacité à comparaître, alors que, sur les mêmes points, il ne confortait pas les allégations de la recourante. Pour n'avoir pas traité les deux cas de la même manière, l'autorité cantonale n'a donc pas violé l'art. 8 Cst. 3.4 La recourante allègue avoir introduit devant la Chambre d'accusation cantonale le 22 novembre 2004 - soit le premier jour des débats de première instance - une procédure de prise à partie contre le Président du Tribunal correctionnel, qui se trouvait ainsi impliqué dans une procédure l'opposant à elle et n'avait dès lors plus l'indépendance et l'impartialité requises. A lui seul, le fait d'introduire une procédure contre un magistrat ne saurait fonder le grief de violation du droit à un juge indépendant et impartial. Admettre le contraire reviendrait à favoriser les procédés abusifs et dilatoires, puisqu'il suffirait qu'un justiciable introduise une quelconque procédure (demande de prise à partie ou de déport, plainte ou dénonciation pénale, etc.) contre un magistrat pour obtenir son retrait, quel que soit le bien fondé de sa démarche. Encore faut-il qu'il apparaisse au moins vraisemblable que l'ouverture d'une procédure contre la magistrat visé ne tend pas uniquement et sans justification à le faire écarter. La recourante savait depuis bien avant l'audience de première instance par quel magistrat serait présidé le Tribunal correctionnel, comme en atteste, notamment, les nombreux courriers qui ont été échangés. Pour les motifs exposés au considérant 3 de l'arrêt 1P.438/2006, elle ne pouvait en tout cas l'ignorer. Alors qu'elle avait été citée à comparaître le 11 octobre 2004 et savait que l'audience se tiendrait du 22 au 26 novembre 2004, elle a attendu le premier jour de celle-ci pour introduire une procédure de prise à partie contre ce magistrat. Dans ces conditions, sa démarche doit être considérée comme abusive et ne saurait donc fonder le grief qu'elle invoque. 4. La recourante conteste sa condamnation pour instigation à obtention frauduleuse d'une constatation fausse - et non pour obtention frauduleuse d'une constatation fausse, comme elle le mentionne erronément dans l'intitulé de son moyen - commise le 7 mai 1997 à H._. 4.1 La recourante n'indique pas en quoi l'autorité cantonale, sur la base des faits qu'elle a retenus, aurait violé l'art. 253 CP en relation avec l'art. 24 CP. Autant qu'elle entendrait effectivement se plaindre d'une violation de ces dispositions, son grief serait dès lors irrecevable, faute de répondre aux exigences minimales de motivation de l'art. 42 al. 2 LTF. 4.2 En réalité, comme cela ressort de son argumentation, la recourante se plaint uniquement d'arbitraire dans l'établissement des faits et d'une violation du principe "in dubio pro reo" en tant que règle de l'appréciation des preuves. Elle se borne toutefois, sur quelque 8 pages, à présenter sa propre version des faits et à rediscuter la manière dont l'autorité cantonale a apprécié les preuves. Elle ne démontre pas en quoi cette appréciation serait non seulement discutable ou critiquable, mais manifestement insoutenable. Affirmer simplement que les faits se sont déroulés autrement que de la manière retenue et proposer sa propre appréciation des preuves ne suffit pas à faire admettre l'arbitraire allégué. Le grief, parce qu'insuffisamment motivé au regard des exigences de l'art. 106 al. 2 LTF, est par conséquent irrecevable. 5. La recourante conteste sa condamnation pour obtention frauduleuse d'une constatation fausse, commise le 23 décembre 1997 à S._. 5.1 L'art. 253 CP réprime le comportement de celui qui, en induisant en erreur un fonctionnaire ou un officier public, l'aura amené à constater faussement dans un titre authentique un fait ayant une portée juridique, notamment à certifier faussement l'authenticité d'une signature ou l'exactitude d'une copie, ou qui aura fait usage d'un titre ainsi obtenu pour tromper autrui sur le fait qui y est constaté (art. 253 al. 1 et 2 CP). Selon l'art. 110 al. 5 CP et sous réserve des exceptions prévues par cette disposition, sont des titres authentiques, tous les titres émanant des membres d'une autorité, de fonctionnaires ou d'officiers publics agissant dans l'exercice de leur fonction. L'art. 110 al. 4 CP donne une définition du titre; il s'agit, notamment, de tout écrit destiné et propre à prouver un fait ayant une portée juridique. Il en résulte que le titre doit, de par sa nature ou par l'usage qui en est fait, être objectivement apte à prouver le fait qu'il exprime et ce fait doit avoir une portée juridique, c'est-à-dire avoir une incidence dans le domaine juridique. Le comportement délictueux consiste à induire l'agent public en erreur, c'est-à-dire à le tromper, pour l'amener, de la sorte, à faire une constatation fausse ou encore à faire usage d'une constatation fausse ainsi obtenue pour tromper autrui. L'infraction est intentionnelle, mais le dol éventuel suffit. 5.2 La recourante allègue que l'indication selon laquelle le prix de vente avait déjà été payé avant la passation de l'acte, est une simple déclaration des parties, et non une constatation du notaire en sa qualité d'officier public. En vain, puisque le contenu de cette déclaration a été constaté par le notaire dans l'acte authentique, lequel a précisé que la rubrique relative au paiement du montant de la vente correspondait à ce que lui avaient déclaré les parties, ajoutant qu'il avait lu l'acte à ces dernières dans son intégralité, qu'il s'était arrêté durant la lecture sur la rubrique en question et que personne n'avait alors réagi. 5.3 La recourante soutient que l'indication litigieuse signifie que les parties ont passé un arrangement au sujet du paiement du prix, non pas que ce dernier a été payé. Elle s'en prend ainsi à la manière dont l'autorité cantonale a apprécié la portée de l'indication, donc à l'appréciation des preuves. Elle ne prétend toutefois pas et, à plus forte raison, ne démontre pas que cette appréciation serait arbitraire, mais se borne à proposer sa propre interprétation de l'indication, sans même contester que, comme l'a admis l'autorité cantonale, cette interprétation est contredite par les déclarations du notaire. Il n'y a donc pas lieu d'entrer en matière. 5.4 La recourante relève que les parties au contrat s'étaient préalablement mises d'accord sur la stratégie à adopter pour le transfert de la propriété de la maison à Z._ SA. On ne voit cependant pas, et la recourante ne le dit pas, en quoi un tel accord infirmerait qu'elle a fait une fausse déclaration et a ainsi amené le notaire à constater faussement que le prix avait été payé. 5.5 Contrairement à ce qu'estime la recourante, il importe peu, au regard de l'art. 253 CP et, en particulier, de l'exigence que la fausse indication soit destinée et propre à prouver un fait ayant une portée juridique, que l'acte authentique revête ou non la force probante de l'art. 9 CC. 5.6 La fausse indication, dans l'acte authentique, que le prix de vente avait été payé était destinée et propre à prouver que la vente immobilière était valablement conclue, de sorte que, dès son inscription au registre foncier, la maison était transférée à Z._ SA. Or, ce transfert avait pour effet que la maison de A.Y._, qui était endetté et faisait l'objet de poursuites pour plusieurs dizaines de milliers de francs, ne pourrait plus être saisie par l'autorité de poursuite. A l'adresse de cette dernière, elle valait ainsi quittance faisant obstacle à une saisie. La fausse indication litigieuse était dès lors objectivement apte à prouver un fait ayant une portée juridique. 5.7 Il est pour le surplus manifeste que c'est parce qu'il a été induit en erreur par la fausse indication que le prix avait déjà été payé que le notaire a constaté faussement ce fait dans l'acte authentique et il est non moins évident que la recourante a agi intentionnellement. 5.8 Le grief doit par conséquent être rejeté dans la mesure où il est recevable. 6. Aussi bien en ce qui concerne les faits résumés sous let C.d que ceux résumés sous let. C.e ci-dessus, la recourante soutient que les conditions de l'escroquerie ne sont pas réalisées. 6.1 Sur le plan objectif, l'escroquerie suppose d'abord une tromperie, qui peut consister soit à induire la victime en erreur, par des affirmations fallacieuses ou par la dissimulation de faits vrais, soit à conforter la victime dans son erreur, en lui montrant, par des paroles ou par des actes, qu'elle est dans le vrai, alors qu'en réalité elle se trompe. Il faut en outre que la tromperie ait été astucieuse. Tel est le cas, lorsque l'auteur recourt à un édifice de mensonges, à des manoeuvres frauduleuses ou à une mise en scène, mais aussi lorsqu'il donne simplement de fausses informations, si leur vérification n'est pas ou n'est que difficilement possible ou si elle ne peut raisonnablement être exigée, de même que si l'auteur dissuade la dupe de vérifier ou prévoit, en fonction des circonstances, qu'elle renoncera à le faire en raison d'un rapport de confiance particulier (ATF 128 IV 18 consid. 3 p. 20; 125 IV 124 consid. 3a p. 127; 122 IV 246 consid. 3a p. 247 s.). Toujours sur le plan objectif, il faut encore que la victime ait été induite en erreur et que cette erreur l'ait déterminée à des actes de disposition de son patrimoine ou de celui d'un tiers. Enfin, l'escroquerie implique un dommage et un lien de causalité entre les éléments objectifs de l'infraction. Du point de vue subjectif, l'auteur doit avoir agi intentionnellement et dans un dessein d'enrichissement illégitime. Cet enrichissement, de l'auteur lui-même ou d'un tiers, est en général le pendant de l'appauvrissement de la victime et peut donc aussi être déduit de l'intention de causer un préjudice à la victime (ATF 119 IV 210 consid. 4b p. 214). 6.2 Le Tribunal fédéral, qui est un juge du droit, fonde son raisonnement juridique sur les faits retenus par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF), sauf s'ils ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (cf. art. 105 al. 2 LTF). Si le recourant entend s'écarter des constatations de fait de l'autorité précédente, il doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions de l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées. A ce défaut, un état de fait divergent de celui de la décision attaquée ne peut être pris en compte (cf. arrêt 6B_2/2007, consid. 3). La faculté que l'art. 105 al. 2 LTF confère au Tribunal fédéral de rectifier ou compléter d'office les constatations de l'autorité précédente si les faits ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF ne dispense pas le recourant de son obligation d'allégation et de motivation. Il n'incombe pas au Tribunal fédéral de rechercher lui-même dans le dossier si ce dernier pourrait éventuellement contenir des indices d'une inexactitude de l'état de fait de l'autorité précédente. L'art. 105 al. 2 LTF trouve application lorsque le Tribunal fédéral, en examinant les griefs soulevés, constate une inexactitude manifeste dans l'état de fait de l'autorité précédente ou lorsque celle-ci saute d'emblée aux yeux. 6.3 En l'espèce, la recourante - et cela vaut pour les deux cas d'escroquerie qui lui sont reprochés - se fonde sur un état de fait qui s'écarte largement de celui de l'autorité précédente, sans même prétendre que l'état de fait retenu serait manifestement inexact ou violerait le droit au sens de l'art. 95 LTF. Elle ne l'explique en tout cas pas de la manière exigée. L'état de fait qu'elle présente ne peut donc être pris en considération. Or, c'est exclusivement à partir de celui-ci qu'elle s'efforce de faire admettre que les conditions de l'infraction en cause ne seraient pas réunies. Elle n'indique pas en quoi, sur la base de l'état de fait retenu par l'autorité cantonale, cette dernière aurait violé l'art. 146 CP. Tant en ce qui concerne les faits résumés sous let. C.d que ceux résumés sous let. C.e ci-dessus, le grief est dès lors insuffisamment motivé au regard de l'art. 42 al. 2 LTF et, partant, irrecevable. Au demeurant, fondée sur les faits qu'elle a constatés, l'autorité cantonale pouvait admettre, sans violer le droit fédéral, que, dans les deux cas, les conditions de l'escroquerie étaient réalisées. A chaque fois, la recourante, en exploitant l'incapacité des époux Y._ à gérer leurs biens et la confiance absolue qu'ils avaient en elle, leur a fait croire qu'elle agissait dans leur intérêt et les a ainsi amenés à aliéner la maison familiale, respectivement à consentir un prêt de 100'000 fr. à sa société, les déterminant de la sorte à des actes de disposition de leur patrimoine, qui leur ont causé un dommage. Il est par ailleurs manifeste qu'elle a agi ainsi dans un dessein d'enrichissement illégitime et intentionnellement. Le grief serait donc de toute manière infondé. 7. La recourante conteste les deux abus de confiance retenus à sa charge. 7.1 S'agissant des faits résumés sous let. C.f ci-dessus, ce qui a été dit plus haut au sujet des escroqueries (cf. supra, consid. 6.3) vaut mutatis mutandis, de sorte que, pour les mêmes motifs, le grief est irrecevable. 7.2 En ce qui concerne les faits résumés sous let. C.g ci-dessus, la recourante reconnaît tout au plus avoir procédé à des encaissements pour les époux Y._. Au reste, son argumentation se réduit à une rediscussion des faits et des preuves, ici comme ailleurs sans indiquer en quoi, sur la base des faits qu'elle a retenus, l'autorité cantonale aurait violé l'art. 138 CP. 7.3 Contrairement à ce qu'affirme la recourante, cette dernière infraction, soit l'abus de confiance commis entre avril 1996 et décembre 2007, n'est pas prescrite, et cela que l'on raisonne sur la base de l'ancien ou du nouveau droit de la prescription. Selon l'ancien droit, l'abus de confiance était passible d'une peine pouvant aller jusqu'à 5 ans de réclusion (art. 138 ch. 1 al. 3 aCP) et se prescrivait donc par 10 ans (art. 70 al. 2 aCP). En l'espèce, ce délai a couru à partir de décembre 1997 (art. 71 aCP), de sorte que la prescription relative ne serait pas acquise, d'autant moins qu'elle a été interrompue à maintes reprises depuis lors (art. 72 ch. 2 al. 1 aCP) et qu'un nouveau délai de prescription a chaque fois commencé à courir (art. 72 ch. 2 al. 2 1ère phrase aCP). La prescription absolue, en l'occurrence de 15 ans (art. 72 ch. 2 al. 2 2ème phrase aCP), ne le serait pas non plus. Selon le nouveau droit, l'abus de confiance est passible d'une peine pouvant aller jusqu'à 5 ans de privation de liberté (art. 138 ch. 1 al. 3 CP) et se prescrit donc par 15 ans (art. 97 al. 1 let. b CP). Ce délai ayant couru depuis décembre 1997 (art. 98 CP), l'infraction en cause ne serait pas non plus prescrite. 8. La recourante se plaint de ne s'être pas vue adjuger ses conclusions civiles à l'encontre des lésés. 8.1 Il est fortement douteux que la recourante, en tant qu'accusée, puisse soulever un tel grief, qui apparaît dès lors irrecevable. Il n'est toutefois pas nécessaire d'approfondir la question, dès lors que le grief est de toute manière irrecevable pour un autre motif. 8.2 S'agissant des prétentions civiles que faisait valoir la recourante à titre d'honoraires, l'autorité cantonale les a écartées en renvoyant à la motivation des premiers juges à ce sujet, avec la précision que ces prétentions devaient être rejetées non seulement en raison de l'exécution totalement défectueuse de son mandat par la recourante, comme l'avaient admis les premiers juges, mais aussi parce que celle-ci n'était plus avocate depuis le 3 mars 1997. Quant aux autres prétentions civiles de la recourante, les premiers juges ont écarté celles relatives à des frais alimentaires et à des frais d'entretien, du fait que celle-ci n'en avait pas déterminé le montant et n'avait pas produit de justificatifs à l'appui, et celle relative à l'allocation d'un montant de 39'687 fr., faute par la recourante d'avoir indiqué le fondement de cette prétention. La recourante n'indique aucunement en quoi ce raisonnement violerait le droit fédéral (cf. art. 42 al. 2 LTF). Elle se borne à reprendre des allégations déjà avancées devant les juges cantonaux, qui les ont réfutées par des arguments qu'elle ne critique même pas. Il s'ensuit l'irrecevabilité du grief, faute de motivation. 9. Les remarques et accusations formulées par la recourante sous let. E de la page 48 de son mémoire sont hors de propos. Il n'y a pas lieu de s'y attarder. 9. Les remarques et accusations formulées par la recourante sous let. E de la page 48 de son mémoire sont hors de propos. Il n'y a pas lieu de s'y attarder. 10. Le recours doit ainsi être rejeté autant qu'il est recevable. Comme ses conclusions étaient vouées à l'échec, l'assistance judiciaire doit être refusée (art. 64 al. 1 CP) et la recourante, qui succombe, supportera les frais (art. 66 al. 1 LTF), dont le montant sera fixé en tenant compte de sa situation financière. La cause étant tranchée, la requête d'effet suspensif devient sans objet.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté dans la mesure où il est recevable. 2. La requête d'assistance judiciaire est rejetée. 3. Un émolument judiciaire de 800 fr. est mis à la charge de la recourante. 4. Le présent arrêt est communiqué en copie au mandataire de la recourante, au Procureur général du canton du Jura et à la Cour pénale du Tribunal cantonal du canton du Jura. Lausanne, le 23 juillet 2007 Au nom de la Cour de droit pénal du Tribunal fédéral suisse Le président: La greffière:
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fr
2,008
CH_BGer_002
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Faits: A. X._, homme d'affaires français établi en Suisse, a été assujetti à l'impôt dans le canton de Genève jusqu'en décembre 2000. En 2004, de nombreux articles publiés dans la presse ont fait état de l'ouverture à Genève d'une procédure pénale contre l'intéressé pour blanchiment d'argent. Celui-ci a également fait l'objet de poursuites pénales en France pour des infractions commises entre 1996 et 2001, soit pour recels, abus de biens sociaux et complicité de corruption d'agents publics étrangers ainsi que fraude fiscale. Ces poursuites ont abouti à son incarcération. Le 2 décembre 2005, l'Administration fiscale du canton de Genève (ci-après: l'Administration cantonale) a ouvert une procédure en rappel et soustraction d'impôt portant sur les périodes 1995-1996 à 1999-2000 en ce qui concerne l'impôt fédéral direct et sur les périodes 2000 et 2001-A (revenus extraordinaires 2000) pour l'impôt cantonal et communal. Le 13 décembre 2005, elle a notifié à l'intéressé un bordereau de rappel d'impôt d'un montant de 1'796'219 fr. 95 pour l'impôt cantonal et communal 2000, procédant à une reprise relative à des revenus non déclarés de 4'912'907 fr. Le 20 décembre 2006, l'Administration cantonale a notifié à l'intéressé un bordereau de rappel d'impôt d'un montant de 1'524'250 fr. 10 pour l'impôt cantonal et communal de la période fiscale 2001-A; la reprise, concernant des revenus extraordinaires réalisés durant l'année fiscale 2000, s'élevait à 4'219'292 fr. X._ a formé une réclamation contre chacune de ces décisions. Par acte du 21 août 2007, l'intéressé a conclu un contrat portant sur la vente de la villa familiale située dans le canton de Vaud. Le 28 septembre 2007, l'Administration cantonale a notifié au contribuable une demande de sûretés portant sur la somme de 1'812'447 fr. 25, sans intérêts, en vue de garantir le paiement de l'impôt cantonal et communal 2000 et 2001-A. Elle estimait que les droits du fisc étaient menacés pour plusieurs raisons: d'une part le contribuable, de nationalité française, avait été écroué en France et était sous contrôle judiciaire dans ce pays et d'autre part il n'avait aucune attache en Suisse, excepté sa propriété dans le canton de Vaud, laquelle était sur le point d'être vendue. B. Par arrêt du 22 avril 2008, le Tribunal administratif du canton de Genève (ci-après: le Tribunal administratif) a rejeté le recours de l'intéressé contre la décision de l'Administration cantonale du 28 septembre 2007. Il a considéré pour l'essentiel que l'existence des créances fiscales pour les impôts cantonal et communal 2000 et 2001-A était vraisemblable et que celles-ci n'étaient pas prescrites. Les droits du fisc à l'encontre du contribuable étaient par ailleurs menacés, dans la mesure où les affaires de l'intéressé ne revêtaient pas la clarté souhaitable et n'étaient pas conformes aux exigences du droit commercial; de plus, celui-ci avait vendu le seul immeuble qu'il possédait en Suisse. Le montant de la sûreté requise (1'812'447 fr. 25) n'était en outre pas disproportionné, car il correspondait au total des rappels d'impôt pour l'impôt cantonal et communal 2000 (réexaminé à la baisse par l'Administration cantonale à 288'197 fr. 95) et 2001-A (1'524'250 fr. 10). C. Agissant par la voie du recours en matière de droit public, X._ demande au Tribunal fédéral, sous suite de frais et dépens, d'annuler l'arrêt du Tribunal administratif du 22 avril 2008, de dire que les prétentions de l'Administration cantonale relatives à l'impôt cantonal et communal 2000 sont atteintes par la péremption du droit de taxer et d'annuler le bordereau "rappel d'impôts revenus extraordinaires 2000" du 20 décembre 2006. Il fait valoir que l'autorité intimée a appliqué le droit cantonal de façon arbitraire en refusant de constater que les créances fiscales en cause étaient atteintes par la péremption du droit de taxer. Le Tribunal administratif aurait également "consacr[é] une confusion arbitraire entre délai de prescription et de péremption". Il se plaint en outre de la violation du principe de l'égalité de traitement (art. 8 Cst.) et de l'établissement inexact des faits. Le Tribunal administratif s'en rapporte à justice quant à la recevabilité du recours et persiste dans les considérants et le dispositif de son arrêt. L'Administration cantonale conclut au rejet du recours dans la mesure où il est recevable, sous suite de frais et dépens. Par courrier du 22 septembre 2008, le recourant a réagi aux observations de l'Administration cantonale.
Considérant en droit: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (ATF 134 III 235 consid. 1 p. 236). Le recours porte sur une demande de sûretés en matière d'impôt cantonal et communal, confirmée sur recours par le Tribunal administratif. 1.1 D'après la loi sur le Tribunal fédéral, le recours en matière de droit public est recevable contre les décisions qui mettent fin à la procédure (art. 90 LTF) ou contre les décisions partielles (art. 91 LTF). En revanche, les décisions incidentes notifiées séparément qui ne portent pas sur la compétence ou sur une demande de récusation (cf. art. 92 LTF) ne peuvent faire l'objet d'un recours en matière de droit public que si elles peuvent causer un préjudice irréparable, ou si l'admission du recours peut conduire immédiatement à une décision finale qui permet d'éviter une procédure probatoire longue et coûteuse (art. 93 al. 1 LTF). 1.2 L'autorité fiscale est chargée d'encaisser les impôts dus. En cas de besoin, elle peut exiger des garanties de la part du contribuable, sous la forme notamment d'une demande de sûretés, assimilable à une ordonnance de séquestre (cf., pour l'impôt fédéral direct, art. 169 et 170 de la loi fédérale du 14 décembre 1990 sur l'impôt fédéral direct [LIFD ou la loi sur l'impôt fédéral direct; RS 642.11] et, pour les impôts cantonaux, art. 78 de la loi fédérale du 14 décembre 1990 sur l'harmonisation des impôts directs des cantons et des communes [LHID ou la loi fédérale d'harmonisation; RS 642.14] ainsi qu'art. 371A al. 1 de la loi générale genevoise du 9 novembre 1887 sur les contributions publiques [LCP/GE; D 3 05]). De par sa nature, la demande de sûretés en matière d'impôt constitue une mesure provisionnelle de droit public (cf. Pierre Moor, Droit administratif, Volume II, Les actes administratifs et leur contrôle, 2ème édition, Berne 2002, p. 269 ss; Benoît Bovay, Procédure administrative, Berne 2000, p. 409 ss), qu'elle règle une situation de façon temporaire en attente d'une décision principale ultérieure ou qu'elle intervienne une fois la décision de taxation entrée en force (cf. Pierre Curchod, in Commentaire romand, Loi fédérale sur l'impôt fédéral direct, Bâle 2008, n. 5 et 29 ad art. 169 LIFD, p. 1448 et 1450; Ferdinand Fessler, in Martin Zweifel/Peter Athanas, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, I/1, StHG, 2ème éd. Bâle 2002, n. 12 ad art. 78 LHID, p. 1069). 1.3 Les mesures provisionnelles sont tantôt des décisions finales au sens de l'art. 90 LTF, lorsqu'elles sont prises dans une procédure autonome, tantôt des décisions incidentes lorsqu'elles sont prononcées au cours d'une procédure conduisant à une décision finale ultérieure (cf. ATF 134 I 83 consid. 3.1 p. 86 s. et les nombreuses références). En droit administratif, il est généralement admis que des mesures provisionnelles, qui doivent régler une situation de manière provisoire, soient ordonnées dans une procédure accessoire, indépendante de celle qui aboutira à la décision principale (arrêt 1C_283/2007 du 20 février 2008; cf. notamment Isabelle Häner, Vorsorgliche Massnahmen im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, RDS 116/1997 II p. 280 ss). Dans ces cas, elles ont un caractère final. 1.4 Comme la procédure relative aux mesures de sûretés vise uniquement à garantir, à titre provisoire, le paiement de l'impôt, elle est indépendante de la procédure au fond, soit de l'imposition proprement dite (assujettissement, calcul de l'impôt, etc.). Le fisc peut en effet exiger des sûretés en tout temps, même avant d'avoir notifié une décision de taxation, et cette mesure ne préjuge en rien du fond. On peut ainsi considérer que la demande de sûreté intervient dans une procédure accessoire, distincte de celle qui aboutira à la décision principale. L'arrêt attaqué, en tant qu'il met fin à la procédure en matière de sûretés sur le plan cantonal, est donc une décision finale au sens de l'art. 90 LTF. 1.5 Dirigé contre une décision finale (art. 90 LTF) rendue dans une cause de droit public (art. 82 lettre a LTF) par une autorité cantonale de dernière instance (art. 86 al. 1 lettre d LTF), sans qu'aucune des exceptions prévues à l'art. 83 LTF ne soit réalisée, le présent recours, déposé par une personne qui a qualité pour recourir (art. 89 al. 1 LTF), est en principe recevable comme recours en matière de droit public en vertu des art. 82 ss LTF. Toutefois, les conclusions du recourant relatives au bien-fondé de l'imposition des "revenus extraordinaires 2000" sont d'emblée irrecevables, dans la mesure où elles sortent du cadre du litige, délimité par la demande de sûretés du 28 septembre 2007. 2. Dès lors que la décision attaquée peut faire l'objet d'un recours en matière de droit public (cf. consid. 1.5 ci-dessus), la voie du recours cons- titutionnel, subsidiaire à celle du recours en matière de droit public, n'est pas ouverte (art. 113 LTF). Dans son écriture, le recourant remet en cause l'établissement des faits sous une rubrique intitulée "moyens à l'appui du recours subsidiaire". Dans la mesure où il entend former un recours constitutionnel subsidiaire, celui-ci est irrecevable. Toutefois, le grief de l'établissement inexact des faits (art. 97 LTF) étant susceptible d'être soulevé dans un recours ordinaire, l'autorité de céans peut l'examiner dans le cadre du recours en matière de droit public (cf., à propos de la conversion des recours, ATF 134 III 379 consid. 1.2 p. 382 s. et les arrêts cités). 3. Sous réserve des cas visés à l'art. 95 let. c à e LTF, le grief de violation du droit cantonal ne peut pas être soulevé dans un recours devant le Tribunal fédéral. En revanche, il est toujours possible de faire valoir que la mauvaise application du droit cantonal constitue une violation du droit fédéral, en particulier qu'elle est arbitraire au sens de l'art. 9 Cst. (ATF 133 III 462 consid. 2.3 p. 466). En outre, dans le cas d'un recours dirigé, comme en l'espèce, contre une décision portant sur une mesure provisionnelle au sens de l'art. 98 LTF, seule peut être invoquée la violation des droits constitutionnels (cf. ATF 134 I 83 consid. 3.2 p. 88; 133 III 589 consid. 2 p. 591). A cet égard, le Tribunal fédéral n'examinera les moyens fondés sur la violation d'un droit constitutionnel que s'ils ont été invoqués et motivés de manière précise (art. 42 al. 2 et 106 al. 2 LTF). L'acte de recours doit, à peine d'irrecevabilité, contenir un exposé succinct des droits constitutionnels ou des principes juridiques violés et préciser en quoi consiste la violation (ATF 134 I 83 consid. 3.2 p. 88; 133 II 249 consid. 1.4.2 p. 254; 133 IV 286 consid. 1.4 p. 287). Ainsi, si le recourant se plaint d'arbitraire, il ne peut se contenter de critiquer la décision attaquée comme il le ferait en instance d'appel, où la juridiction supérieure jouit d'une libre cognition; en particulier, il ne saurait se limiter à opposer son opinion à celle de l'autorité cantonale, mais il doit démontrer par une argumentation précise que cette décision se fonde sur une application de la loi ou une appréciation des preuves manifestement insoutenables (cf. ATF 133 II 396 consid. 3.2 p. 400 et la jurisprudence citée). Enfin, se prononçant sur le bien-fondé d'une mesure provisionnelle, le Tribunal fédéral a déjà fait sous l'empire de la loi fédérale d'organisation judiciaire du 16 décembre 1943 preuve d'une grande retenue, assimilable à un contrôle sous l'angle restreint de l'arbitraire (Thomas Merkli, Vorsorgliche Massnahmen und die aufschiebende Wirkung bei Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiären Verfassungsbeschwerden, ZBL 2008 p. 416 ss, p. 431 s.). 4. En vertu de l'art. 97 al. 1 LTF, le recourant peut critiquer les constatations de faits à la double condition que ceux-ci aient été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF et que la correction du vice soit susceptible d'influer sur le sort de la cause. Au surplus, comme l'objet du litige est en l'espèce une mesure provisionnelle, seule peut être invoquée la violation des droits constitutionnels (cf. consid. 3 ci-dessus). Dans le cas particulier, le recourant fait valoir que le Tribunal administratif, en omettant de mentionner que la procédure ouverte contre lui pour blanchiment d'argent n'avait été suivie d'aucune audition ni d'inculpation, a établi les faits de façon incorrecte. Il ne se plaint toutefois pas que l'autorité intimée aurait constaté les faits de façon arbitraire ou en violation d'un autre droit constitutionnel. Il n'a par ailleurs pas rendu vraisemblable qu'une modification de l'état de fait aurait permis d'arriver à un résultat différent. Son grief est donc irrecevable. 5. Selon l'art. 371A al. 1 let. b LCP/GE, si le contribuable n'a pas de domicile en Suisse ou que les droits du fisc paraissent menacés, le département peut exiger des sûretés en tout temps et même avant que le montant de l'impôt ne soit fixé par une décision entrée en force. Cette disposition reprend textuellement les termes de l'art. 169 al. 1 LIFD, relatif aux sûretés en matière d'impôt fédéral direct, si bien que la jurisprudence et la doctrine développées à ce propos peuvent s'appliquer mutatis mutandis à l'impôt cantonal. D'après la jurisprudence du Tribunal fédéral, pour qu'une demande de sûretés soit valable, il est nécessaire que l'un des cas de séquestre mentionnés dans cette disposition soit réalisé, que l'existence de la créance fiscale apparaisse comme vraisemblable et que le montant de la garantie exigée ne se révèle pas manifestement exagéré. La détermination de l'obligation fiscale et la fixation de l'impôt effectivement dû demeurent cependant réservées à la procédure ordinaire concernant l'affaire fiscale elle-même. Statuant sur la contestation de la demande de sûretés, le Tribunal fédéral ne peut examiner ces questions - en l'occurrence, dans le cadre de l'art. 106 al. 2 LTF (cf. consid. 3 ci-dessus) - que préjudiciellement et en limitant son contrôle à un examen prima facie de la situation (arrêt 2A.446/2006 du 9 mars 2007 consid. 4; arrêt 2A.59/2003 du 25 septembre 2003, RDAF 2003 II 596, consid. 3.1; arrêt 2A.326/1997 du 1er avril 1998, RDAT 1998 II 20t 343 consid. 4b; arrêt 2P.243/1997 du 12 mars 1998, Archives 67 p. 722 consid. 3b et les références citées dans ces arrêts). 6. 6.1 En l'espèce, le recourant conteste les créances fiscales qui font l'objet de la demande de sûretés en faisant valoir qu'elles sont atteintes de la péremption du droit de taxer. Il ne remet toutefois pas directement en cause le bien-fondé de la demande de sûretés, puisqu'il ne critique explicitement ni l'existence d'un cas de séquestre, ni la vraisemblance de la créance litigieuse et encore moins le montant de la garantie. Son argumentation ne concerne ainsi que la problématique de fond, à savoir le droit du fisc d'effectuer un rappel d'impôt pour la période fiscale 2000, et non point la mesure litigieuse en tant que telle. Faute de se rapporter directement à l'objet du litige, la motivation du recours est irrecevable, ce d'autant qu'il s'agit d'un recours formé pour violation du droit cantonal, régi par le principe d'allégation (cf. consid. 3 ci-dessus). On pourrait tout au plus considérer qu'en invoquant la péremption, le recourant remet en cause l'existence des créances à garantir et critique implicitement la pertinence de la demande de sûretés. Dans sa motivation, il cite de nombreux passages d'arrêts cantonaux où il est question de la péremption du droit de taxer du fisc; il en conclut que l'arrêt entrepris, en tant qu'il estime le droit de taxer soumis à un délai de prescription, est constitutif d'arbitraire et consacre une violation de l'égalité de traitement. Il n'explique toutefois pas en quoi l'interprétation par le Tribunal cantonal de l'art. 368 LCP/GE (en vigueur jusqu'au 31 décembre 2001), intitulé "prescription du droit de taxer", serait insoutenable ou heurterait gravement le sens de la justice. Comme il se contente d'opposer son opinion à celle de l'autorité cantonale, son mémoire ne satisfait pas aux exigences de motivation de l'art. 106 al. 2 LTF et son recours est irrecevable. 6.2 Par ailleurs, le recours serait de toute façon infondé. Il ressort de l'arrêt attaqué que la jurisprudence cantonale n'est pas exempte de toute contradiction s'agissant des notions de prescription et de péremption. Dans sa réponse du 20 août 2008, l'Administration cantonale a cependant précisé que l'ancien art. 368 LCP avait pour titre marginal "délai de remise du bordereau" jusqu'au 1er janvier 1995, la modification ayant notamment pour but d'harmoniser le droit cantonal sur le droit fédéral et d'instaurer un délai de prescription et non de péremption. C'est pourquoi, dans le cas d'espèce, l'autorité intimée a considéré que le droit de taxer était soumis à un délai de prescription, qui avait été au demeurant valablement interrompu. Cette interprétation de la disposition cantonale topique échappe à l'arbitraire. Partant, l'arrêt attaqué n'apparaît pas critiquable, même si, comme l'a souligné le recourant, on peut regretter une certaine confusion dans l'emploi des termes de "prescription" et de "péremption". 7. Il résulte de ce qui précède que le recours doit être déclaré irrecevable. Succombant, le recourant doit supporter les frais judiciaires (art. 65 et 66 al. 1 LTF) et n'a pas droit à des dépens (art. 68 al. 1 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est irrecevable. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 5'000 fr., sont mis à la charge du recourant. 3. Le présent arrêt est communiqué au mandataire du recourant, à l'Administration fiscale cantonale et au Tribunal administratif du canton de Genève. Lausanne, le 1er octobre 2008 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: La Greffière: Merkli Mabillard
5e131d52-a0f2-442c-bd65-b4c8eab10223
de
2,009
CH_BGer_008
Federation
null
null
null
social_law
nan
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Sachverhalt: A. Die 1964 geborene V._ war als Zeitungsverträgerin der Firma X._ AG, bei der Gerling Allgemeine Versicherungs-AG (nachstehend: Gerling) gegen die Folgen von Berufsunfällen versichert, als sie am 6. März 2007 beim Austragen von Zeitungen mit dem rechten Fuss über eine Bordsteinkante knickte und sich am Fussgelenk verletzte. Die Gerling verneinte mit Verfügung vom 28. Juni 2007 und Einspracheentscheid vom 21. August 2007 eine Leistungspflicht, da die Versicherte weder einen Unfall noch eine unfallähnliche Körperverletzung erlitten habe. B. Die ÖKK Kranken- und Unfallversicherungen AG (nachstehend: die ÖKK) erhob als Krankenversicherer der V._ am 11. September 2007 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Glarus. In ihrer Beschwerdeantwort vom 28. September 2007 anerkannte die Gerling ausdrücklich, dass die Versicherte eine Bandläsion erlitten habe, diese sei aber, da kein äusserer Faktor vorliege, nicht als unfallähnliche Körperverletzung zu qualifizieren. Das kantonale Gericht bejahte mit Entscheid vom 8. Oktober 2008 einen äusseren Faktor und damit eine unfallähnliche Körperverletzung, hiess die Beschwerde des Krankenversicherers gut und verpflichtete die Gerling, für die Folgen des Ereignisses vom 6. März 2007 die gesetzlichen Leistungen zu erbringen. C. Mit Beschwerde beantragt die HDI-Gerling Industrie Versicherungs AG als Rechtsnachfolgerin der Gerling, es sei unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides die Leistungsablehnung zu bestätigen. Sie begründet dies in erster Linie damit, dass die Versicherte gemäss den Akten keine Bandläsion erlitten habe. Während die ÖKK auf Abweisung der Beschwerde schliesst, beantragt das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus die Abweisung der Beschwerde, soweit auf sie einzutreten ist. V._ und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 2. 2.1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 97 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 3 BGG). 2.2 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Neue Begehren sind unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). 3. 3.1 Die heutige Beschwerdeführerin verneinte mit Verfügung vom 28. Juni 2007 einen Leistungsanspruch der Versicherten, da diese weder einen Unfall (Art. 4 ATSG [SR 830.1]) noch eine unfallähnliche Körperschädigung (Art. 9 UVV [SR 832.202]) erlitten habe. Zwar anerkannte sie, offenbar gestützt auf einen unzulässigerweise (vgl. Urteil U 422/00 vom 10. Oktober 2001 E. 2a) nicht bei den Akten liegenden Bericht der Uniklinik Y._ vom 22. Mai 2007, dass die Versicherte eine der in Art. 9 Abs. 2 UVV aufgezählten Verletzungen erlitten habe, verneinte jedoch das rechtsprechungsgemäss (BGE 129 V 466) zur Leistungsbegründung ebenfalls notwendige Element des Vorliegens eines äusseren Faktors. Auch in ihrer Beschwerdeantwort vom 28. September 2007 bestätigte die Unfallversicherung grundsätzlich, es sei unbestritten, dass die Versicherte eine Bandläsion erlitten habe. Das kantonale Gericht bejahte demgegenüber das Tatbestandselement eines äusseren Faktors. Insofern die Beschwerdeführerin nunmehr rügt, die Vorinstanz sei in aktenwidriger Sachverhaltswürdigung von einer Bandläsion, und nicht bloss von einer Sprunggelenkdistorsion ausgegangen, bringt sie eine neue Tatsachenbehauptung im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG vor. 3.2 Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung. Es stellt sich somit die Frage, ob das in Art. 99 Abs. 1 BGG statuierte Verbot neuer Tatsachenvorbringen und neuer Beweismittel auch in jenen Fällen gilt, in denen das Bundesgericht gestützt auf Art. 97 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 3 BGG nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden ist. Zu entscheiden ist demnach, ob Art. 97 Abs. 2 BGG in dem Sinne wörtlich zu verstehen ist, dass tatsächlich "jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts" ("toute constatation incomplète ou erronée des faits", "qualsiasi accertamento inesatto o incompleto dei fatti giuridicamente rilevanti") gerügt werden kann - mithin auch jene, die darauf beruht, dass gewisse Tatsachen vor Vorinstanz ungenannt geblieben sind oder dass der Vorinstanz nicht alle massgeblichen Beweismittel vorgelegen haben - womit das Novenverbot von Art. 99 Abs. 1 BGG zu weichen hätte, oder ob Art. 99 Abs. 1 BGG seinerseits in dem Sinne eine Einschränkung der freien Kognition nach Art. 97 Abs. 2 BGG darstellt, als dass grundsätzlich nur jene unrichtigen oder unvollständigen Sachverhaltsfeststellungen gerügt werden können, welche sich aus den vorinstanzlichen Akten ergeben. 3.2.1 Die bisherige Rechtsprechung zu dieser Frage ist uneinheitlich. Während unter der Herrschaft des OG davon ausgegangen wurde, dass das (damals indessen gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte) Novenverbot in jenen Fällen, in denen die obersten Gerichte des Bundes über eine umfassende Kognition verfügten (Art. 105 Abs. 1 und Art. 132 lit. b OG), nicht gilt (bezüglich Art. 105 Abs. 1 OG: BGE 109 Ib 246 E. 3b S. 248; 102 Ib 124 E. 2a S. 127; 55 I 173 E. 1; vgl. auch BGE 113 Ib 327 E. 2b S. 331; bezüglich Art. 132 lit. b OG: BGE 127 V 351), wurde unter der Herrschaft des BGG die Zulässigkeit von Noven im Verfahren um Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung zunächst ohne einlässliche Prüfung der Frage verneint (vgl. Urteile 8C_82/2007 vom 20. Juni 2007 E. 2.2 und 8C_46/2008 vom 3. September 2008 E. 3.2). In weiteren Urteilen wurde die Frage ausdrücklich offengelassen (vgl. an Stelle vieler: SVR 2009 UV Nr. 3 S. 9, 8C_354/2007). 3.2.2 Den Materialien kann zur Beantwortung der hier zu prüfenden Fragen nichts Abschliessendes entnommen werden. Zwar begründete der Bundesrat das Novenverbot gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG damit, dass - soweit dem Bundesgericht nur die Rechtskontrolle obliegt, es also die Feststellung des Sachverhaltes nicht überprüfen kann - die Parteien gehalten sind, alle rechtsrelevanten Tatsachen und tauglichen Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen zu nennen (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 S. 4202 ff., S. 4339, Ziff. 4.1.4.3). Zu beachten ist allerdings in diesem Zusammenhang, dass im bundesrätlichen Entwurf die spezielle Kognition gemäss Art. 97 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 3 BGG nicht vorgesehen war und diese erst während den Beratungen des Parlamentes Eingang ins Gesetz gefunden hat. 3.2.3 In der Lehre wird die Zulässigkeit von Noven im Verfahren nach Art. 97 Abs. 2 BGG teilweise verneint (SEILER/VON WERDT/GÜNGERICH, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, N. 4 zu Art. 99 BGG; DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, Commentaire, Bern 2008, N. 4042; Schott, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N. 34 zu Art. 97 BGG), teilweise bejaht (MEYER, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N. 52 zu Art. 99 BGG; KIESER, Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG], in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007, Rz. 236 S. 315; derselbe, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 61 zu Art. 62 ATSG). Während Kieser seine Ansicht lediglich mit einem Hinweis auf die Botschaft (vgl. dazu E. 3.2.2 hievor) begründet, führt Meyer aus, die versicherte Person könne den angefochtenen Entscheid in tatsächlicher Hinsicht nicht wirksam anfechten, wenn es ihr verwehrt sei, neue Tatsachen ins Feld zu führen, welche die vorinstanzliche Beweiswürdigung als nicht überzeugend erscheinen liessen. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden: So sieht etwa Art. 310 lit. b der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO, BBl 2009 21) vor, dass mit dem Rechtsmittel der Berufung die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden kann. Gleichzeitig werden gemäss Art. 317 Abs. 1 ZPO neue Tatsachen und Beweismittel im Berufungsverfahren nur noch unter einschränkenden Voraussetzungen berücksichtigt. Demnach wird eine Bestimmung, welche die freie Überprüfbarkeit des Sachverhaltes vorsieht, nicht jeden Sinnes entleert, wenn gleichzeitig ein Novenverbot gilt. Somit folgt aus Art. 97 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 3 BGG nicht zwingend, dass das Novenverbot gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG nicht gelten kann. 3.3 Folgt aus der speziellen Kognitionsregel für Verfahren um Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- und Unfallversicherung nicht zwingend, dass Art. 99 Abs. 1 BGG in diesen Verfahren nicht gelten kann, so besteht kein Grund, vom klaren Wortlaut dieser Norm abzuweichen. Im kantonalen Verfahren gilt auch im Streit um Geldleistungen dieser Versicherungszweige, dass das kantonale Versicherungsgericht die erheblichen Tatsachen unter Mitwirkung der Parteien feststellt (Art. 61 lit. c ATSG); verletzt eine Partei im vorinstanzlichen Verfahren diese Mitwirkungspflicht, so ist sie im oberinstanzlichen Verfahren mit ihren neuen Vorbringen nicht zu hören (vgl. MEYER, a.a.O., N. 6 zu Art. 99 BGG). 3.4 Somit dürfen neue Tatsachen und Beweismittel auch in Verfahren über Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Aus Art. 105 Abs. 3 BGG ergibt sich, dass das Bundesgericht in diesen Verfahren die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz dann von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen kann, wenn diese unrichtig sind, ohne dass diese Unrichtigkeit offensichtlich im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG sein müsste. Das Bundesgericht ist demnach in den in Art. 105 Abs. 3 BGG genannten Verfahren bereits dann nicht an die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen gebunden, wenn die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung zwar vertretbar wäre, eine abweichende Würdigung jedoch vorzuziehen ist. Daraus ist indessen nicht der Schluss zu ziehen, dass Art. 99 Abs. 1 BGG in diesen Verfahren nicht anwendbar wäre. Im Gegenteil, stehen doch Art. 99 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 3 BGG zueinander nicht in Widerspruch. Letztere Bestimmung besagt, dass der Beschwerdeführer den Sachverhalt frei, das heisst ohne an die Einschränkungen nach Art. 105 Abs. 2 BGG (offensichtliche Unrichtigkeit oder auf einer Rechtsverletzung beruhend) gebunden zu sein, kritisieren kann. Es kann also jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 97 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht kann daher in Beschwerdeverfahren betreffend Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung jede unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen. Mit der Sondernorm des Art. 105 Abs. 3 BGG verfolgte der Gesetzgeber offenbar das Ziel, mangelhafte Sachverhaltsfeststellungen durch kantonale Gerichte, welche grossen Einfluss auf die Höhe der Geldleistungen haben können, zu vermeiden (vgl. AB N 2004 S. 1611 Votum Glasson). Art. 99 Abs. 1 BGG schränkt die freie Überprüfungsbefugnis nach dem Gesagten nicht ein, sondern schliesst dabei lediglich neue Tatsachen oder Beweismittel aus, was nicht dasselbe ist. 3.5 Gilt das Novenverbot gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG auch im Verfahren um Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung, so ist auf die Beschwerde, insoweit vor Bundesgericht erstmals behauptet wird, die Versicherte habe keine Bandläsion erlitten, nicht einzutreten. 4. In der Begründung der Beschwerde ist gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Insoweit die Beschwerdeführerin geltend macht, das Vorliegen einer schädigenden Einwirkung eines äusseren Faktors auf den Körper der Versicherten sei zu verneinen, fehlt es an einer genügenden Begründung dieser Rüge; auch auf diese ist demnach nicht einzutreten. 5. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE 133 V 642, E. 5). Da sich zwei Versicherer gegenüberstehen, gilt für die Gerichtsgebühr der ordentliche Rahmen nach Art. 65 Abs. 3 BGG, während Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG keine Anwendung findet (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 223, N. 28 zu Art. 65 BGG; Geiser, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, S. 575, N. 20 zu Art. 65 BGG; vgl. BGE 126 V 183 E. 6 S. 192). Die obsiegende Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 66 Abs. 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. Luzern, 17. März 2009 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Ursprung Holzer
5e5da5cf-47fd-4d0a-a2b8-ba7079abdfec
de
2,007
CH_BGer_008
Federation
null
null
null
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nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Z._, geboren 1954, ist seit 1987 über ihren Arbeitgeber bei der Hotela, Kranken- und Unfallkasse des Schweizer Hotelier-Vereins (nachfolgend: Hotela), gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 5. Dezember 2003 sprang sie von der Ladefläche eines Elektromobils herunter und verletzte sich am linken Fuss. Am 20. Dezember 2003 suchte sie Dr. med. K._, Facharzt für Innere Medizin auf, welcher eine Distorsion des Mittelfusses diagnostizierte. Dr. med. A._, Spital X._, schloss am 23. Dezember 2003 auf eine Kontusion des Mittelfusses links. Infolge persistierender Schmerzen fanden weitere Abklärungen statt, welche eine ausgeprägte Fasciitis plantaris sowie ein Kontrastmittel-Enhancement im Bereich des Ligamentum deltoideum als Ausdruck narbiger Veränderungen posttraumatisch bedingt bei Teileinriss ergab (Bericht des Medizinisch-radiologischen Instituts Y._ vom 18. März 2004). In den Zwischenberichten vom 24. März und 13. Mai 2004 diagnostizierte Dr. med. K._ den Status nach Teileinriss der Fascia plantaris und des Ligamentum deltoideum des linken Fusses. Mit Verfügung vom 15. Juli 2004 und Einspracheentscheid vom 9. September 2004 lehnte die Hotela ihre Leistungspflicht ab. Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das kantonale Gericht mit Entscheid vom 15. Dezember 2004 gut und wies die Sache zur erneuten Überprüfung der Leistungspflicht an die Hotela zurück. Dr. med. W._, Facharzt für orthopädische Chirurgie, kam in seinem Gutachten vom 23. Dezember 2005 zum Schluss, ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem versicherten Ereignis und den vorbestehenden degenerativen Verletzungen sei lediglich möglich. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Hotela mit Verfügung vom 9. Januar 2006 und Einspracheentscheid vom 28. April 2006 ihre Leistungspflicht erneut ab. B. Das Versicherungsgericht des Kantons Wallis hiess die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 12. März 2007 gut. C. Die Hotela führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei der Einspracheentscheid vom 28. April 2006 zu bestätigen. Z._ und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Weil die angefochtene Entscheidung nach dem Datum des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110), dem 1. Januar 2007 (AS 2006 1243), ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht (Art. 132 Abs. 1 BGG). 2. Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Leistungspflicht der Unfallversicherung bei unfallähnlichen Körperschädigungen (Art. 9 Abs. 2 UVV; BGE 129 V 466 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. 3. Ein degenerativer oder pathologischer Vorzustand schliesst eine unfallähnliche Körperschädigung nicht aus, sofern ein unfallähnliches Ereignis den vorbestehenden Gesundheitsschaden verschlimmert oder manifest werden lässt; es genügt somit, wenn eine schädigende, äussere Einwirkung wenigstens im Sinne eines Auslösungsfaktors zu den vor- oder überwiegend krankhaften oder degenerativen Ursachen hinzutritt. Besondere Bedeutung für die Feststellung der Leistungspflicht des Unfallversicherers kommt somit dem Erfordernis eines äusseren Ereignisses, d.h. eines ausserhalb des Körpers liegenden, objektiv feststellbaren, sinnfälligen, eben unfallähnlichen Vorfalles, zu. Wo ein solches äusseres Ereignis mit Einwirkung auf den Körper nicht stattgefunden hat, und sei es nur als Auslöser eines in Art. 9 Abs. 2 lit. a-h UVV aufgezählten Gesundheitsschadens, liegt eine eindeutig krankheits- oder degenerativ bedingte Gesundheitsschädigung vor. Denn ohne dass sich ein Unfallereignis im Sinne von Art. 9 Abs. 1 UVV (in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung) bzw. von Art. 4 ATSG ereignet hat, sind bei Eintritt eines der in Art. 9 Abs. 2 lit. a-h UVV aufgezählten Gesundheitsschäden praktisch immer krankheits- und/oder degenerative (Teil-)Ursachen im Spiel (BGE 129 V 466 E. 2; RKUV 2001 Nr. U 435 S. 332 [U 398/00], je mit Hinweisen). 4. 4.1 Vorweg ist festzuhalten, dass es sich beim Ligamentum deltoideum um das Innenknöchelband (Springer Klinisches Wörterbuch, Heidelberg 2007, S. 1058) und entgegen den Ausführungen der Hotela nicht um ein Band im Bereich des oberen Sprunggelenkes handelt. Weiter ist zu beachten, dass Dr. med. W._ sein Gutachten gestützt auf eine persönliche Untersuchung der Versicherten vom 30. August 2005 erstattete und die Versicherte ihm dabei angab, sie sei seit Anfang Sommer 2004, mithin seit über einem Jahr vor der Begutachtung, wieder beschwerdefrei. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Dr. med. W._ zwar darauf hinweist, die Hotela habe ihm ihre Unterlagen zur Verfügung gestellt, es sich aus dem Gutachten jedoch nicht ergibt, um welche medizinischen Unterlagen es sich dabei handelt. Dr. med. W._ setzt sich denn auch nicht einlässlich mit der Einschätzung der behandelnden Ärzte auseinander. Somit vermag sein Gutachten nicht die vom Medizinisch-radiologischen Institut Y._ sowie von Dr. med. K._ diagnostizierte Bandläsion in Zweifel zu ziehen und es ist von einer Verletzung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. g UVV auszugehen. 4.2 In der Unfallmeldung vom 5. Januar 2004 gab die Versicherte bezüglich des Hergangs an: "Herabspringen vom Elektromobil". Auf Nachfrage der Hotela beschrieb sie das Ereignis vom 5. Dezember 2003 mit "Herabspringen vom Elektrofahrzeug (ca. 60 cm) auf den linken Fuss. Schmerz und Anschwellen des Fusses". Der erstbehandelnde Dr. med. K._ hielt im Arztzeugnis vom 23. Januar 2004 fest, die Versicherte sei vom Elektromobil gesprungen und leide unter persistierenden Schmerzen und einer Schwellung des linken Fusses. Mit der Vorinstanz ist deshalb davon auszugehen, dass die Versicherte am 5. Dezember 2003 aus ca. 60 cm Höhe von der Ladefläche eines Elektromobils sprang mit anschliessenden Schmerzen und Schwellung des linken Fusses. Gestützt auf die Rechtsprechung zu vergleichbaren Geschehensabläufen (vgl. RKUV 2001 Nr. U 435 S. 332 [U 398/00] und Urteil U 266/00 vom 21. September 2001) ist dies als äusseres Ereignis, d.h. als ein ausserhalb des Körpers liegender, objektiv feststellbarer, sinnfälliger, eben unfallähnlicher Vorfall zu beurteilen. Damit ist die Hotela leistungspflichtig. Daran ändert auch die allenfalls vorbestehende beidseitige Faciitis plantaris nichts, genügt es doch, dass das unfallähnliche Ereignis Auslöser der Gesundheitsschädigung gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. a-h UVV ist (oben E. 3). 5. 5.1 Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 f. BGG). Nach Art. 66 Abs. 1 BGG werden die Gerichtskosten in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie den mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis und, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist (Art. 66 Abs. 4 BGG). Es stellt sich demnach die Frage, ob dem unterliegenden Unfallversicherer die Gerichtskosten aufzuerlegen sind. 5.2 Bereits unter dem alten Recht durften gemäss Art. 156 Abs. 2 OG "dem Bund, Kantonen oder Gemeinden, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis und ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen, oder gegen deren Verfügungen in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt wird", in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden. Dieser Text findet sich bereits als Art. 156 Abs. 2 in der Botschaft des Bundesrates zum OG vom 9. Februar 1943 (BBl 1943 97, 208). Er wurde mit geringen sprachlichen Änderungen aus Art. 221 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 übernommen (BBl 1893 I 1107, 1165). Nach der Rechtsprechung hatten Unfallversicherer unter der Herrschaft des OG in Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern über Leistungen aus Unfallfolgen für eine gemeinsam versicherte Person allfällige Gerichtskosten zu tragen (BGE 126 V 183 E. 6 S. 192 mit Hinweisen). 5.3 Die Grundsätze der Kostentragungspflicht vor Bundesgericht (Art. 66 BGG) sind weitgehend vom bisherigen Recht übernommen worden (Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4202, 4305). Kostenpflichtig ist gemäss Art. 66 BGG grundsätzlich die unterliegende (Abs. 1) oder die unnötig Kosten verursachende (Abs. 3) Partei. Diese Regelung kennt ausdrücklich erwähnte Ausnahmen: Von den Gerichtskosten befreit sind Bund, Kantone und Gemeinden sowie - neu - die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen, sofern sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis handeln und es nicht um ihr Vermögensinteresse geht (Abs. 4). Das Bundesgericht kann die Gerichtskosten anders verteilen oder auf die Kostenerhebung verzichten, wenn es die Umstände rechtfertigen (Abs. 1 zweiter Satz). Zudem kann es auf die Erhebung der Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichten, wenn ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt wird (Abs. 2). Aus dem Vergleich des Wortlauts von Art. 156 Abs. 2 OG und Art. 66 Abs. 4 BGG wird deutlich, dass die bisher für Bund, Kantone und Gemeinden geltende Kostenbefreiung auf die Organisationen mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben erweitert werden sollte. Dieser Begriff fand sich bisher bereits in Art. 159 Abs. 2 OG, so dass die zu dieser Bestimmung ergangene Rechtsprechung übernommen werden kann (vgl. Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, Art. 66 N 46). 5.4 In Abweichung vom bisherigen Art. 134 OG hat der Gesetzgeber sämtliche Verfahren vor Bundesgericht für kostenpflichtig erklärt und für das Sozialversicherungsrecht lediglich einen reduzierten Gebührenrahmen vorgesehen (Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG). 5.5 Die Hotela zählt bezüglich ihrer Tätigkeit im Rahmen der obligatorischen Unfallversicherung zu den mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen (Art. 68 UVG; vgl. für die SUVA Art. 61 ff. UVG, die als öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes jedoch dem Gemeinwesen Bund zuzuordnen ist [Seiler/von Werdt/Güngerich, a.a.O., Art. 66 N 45]). Bei Leistungsstreitigkeiten erfüllt sie demnach Aufgaben in ihrem amtlichen Wirkungskreis (Art. 70 UVG; vgl. für die SUVA Art. 66 UVG). Dabei verfolgt sie aber eigene Vermögensinteressen; denn die obligatorische Unfallversicherung finanziert sich durch Prämien, Erträge aus Kapitalanlagen sowie durch Einnahmen aus Regress gegen haftpflichtige Dritte und erhält von der öffentlichen Hand keine Zuschüsse, sodass jeder Versicherungsträger für sein finanzielles Gleichgewicht selbst verantwortlich ist (Art. 89 ff. UVG, insbesondere Art. 89 Abs. 3 UVG; vgl. auch Maurer, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 569 ff. und Seiler/von Werdt/Güngerich, a.a.O., Art. 66 N 54). Dies gilt ungeachtet der Leistungsart, da das Vermögen des Versicherers sowohl bei der Ausrichtung von Geld- wie auch von Sachleistungen belastet wird und deshalb ein eigenes Vermögensinteresse zu bejahen ist. Somit fallen die Unfallversicherer im Rahmen der obligatorischen Unfallversicherung nicht unter den Ausnahmetatbestand von Art. 66 Abs. 4 BGG. Die unterliegende Hotela hat daher die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Hotela Unfallversicherung auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Versicherungsgericht des Wallis und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. Luzern, 13. November 2007 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: Ursprung Riedi Hunold
5e9ad135-f278-4620-969b-92f9b39eb90e
fr
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null
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null
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Faits: A. X._, né en 1970, et Y._, née en 1973, ont fait ménage commun de 1994 à mai 2006. Un enfant est issu de leur union: A._, née le 26 avril 2006 à Genève. La mère exerce l'autorité parentale et la garde de l'enfant. Par convention du 30 janvier 2007, le père s'est engagé à verser mensuellement en faveur de sa fille, allocations familiales non comprises, la somme de 2'700 fr. du 1er janvier 2007 jusqu'aux 18 ans révolus de l'enfant et au-delà en cas d'études sérieuses et suivies. Les parents ont, par convention du 18 juillet 2008 [recte: 2007], réduit le montant de la contribution d'entretien à 1'700 fr. par mois du 1er août 2007 jusqu'aux 18 ans révolus de l'enfant et au-delà en cas d'études sérieuses et suivies. Il était précisé que ladite contribution pourrait être revue si la situation d'une des parties devait se modifier de façon durable et importante. Cette seconde convention a été approuvée par le Tribunal tutélaire du canton de Genève le 8 août 2007. Dans leur courrier commun du 19 juillet 2007 soumettant ledit accord à approbation, les père et mère ont indiqué que même si le montant convenu était «certainement légèrement supérieur à la norme», il correspondait aux besoins de leur fille. Sur requête du père, le droit de visite a été fixé par ordonnance du Tribunal tutélaire du 30 juin 2008 puis, l'intéressé ayant recouru, par décision de l'Autorité de surveillance des tutelles du 17 novembre 2008. B. Le 30 décembre 2008, le père a requis - en dirigeant son action exclusivement contre Y._ - la modification de la contribution alimentaire, proposant de verser mensuellement en faveur de sa fille, dès le 1er janvier 2009, une contribution d'entretien de 1'000 fr. jusqu'à l'âge de 5 ans, 1'100 fr. jusqu'à l'âge de 10 ans, 1'200 fr. jusqu'à l'âge de 15 ans et 1'300 fr. jusqu'à la majorité, voire au-delà en cas d'études. Le Tribunal de première instance de Genève l'a débouté de ses conclusions le 14 mai 2009. Ce jugement a été confirmé le 24 septembre suivant par la Cour de justice du canton de Genève, qui a cependant rectifié la dénomination des parties en ce sens que la défenderesse est l'enfant, A._, représentée par sa mère, Y._. C. Par acte du 26 octobre 2009, le père exerce un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre l'arrêt de la Cour de justice du 24 septembre 2009, en reprenant ses conclusions de première instance. Dans sa détermination du 29 janvier 2010, A._ propose le rejet du recours. A titre liminaire, elle rappelle que le Tribunal de première instance a été requis de se prononcer sur la question de la légitimation passive, dès lors que la demande a été déposée contre sa mère, Y._, alors qu'elle-même est créancière de la contribution d'entretien et, partant, titulaire des droits dont le demandeur souhaite la modification. La Cour de justice s'est référée aux considérants de son arrêt.
Considérant en droit: 1. 1.1 Le recours est dirigé contre une décision finale (art. 90 LTF) prise en matière civile (art. 72 al. 1 LTF) par l'autorité cantonale de dernière instance statuant sur recours (art. 75 al. 1 et 2 LTF). La valeur litigieuse minimale est par ailleurs atteinte (art. 74 al. 1 let. b LTF). Interjeté en temps utile (art. 100 al. 1 LTF) et en la forme prévue par la loi (art. 42 LTF), par la partie qui a succombé dans ses conclusions en instance cantonale (art. 76 al. 1 LTF), le recours est en outre recevable sous l'angle de ces dispositions. 1.2 Le recours en matière civile peut être formé pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF. Le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF), sans être lié ni par les motifs de la juridiction précédente, ni par les moyens des parties (ATF 133 III 545 consid. 2.2 p. 550). Cependant, compte tenu des exigences de motivation posées, sous peine d'irrecevabilité (art. 108 al. 1 let. b LTF), à l'art. 42 al. 2 LTF, il n'examine en principe que les griefs soulevés; il n'est pas tenu de traiter, à l'instar d'une autorité de première instance, toutes les questions juridiques qui peuvent se poser lorsqu'elles ne sont plus discutées devant lui (ATF 133 IV 150 consid. 1.2 p. 152). Le Tribunal fédéral n'examine la violation de droits constitutionnels que si ce grief a été dûment invoqué et motivé par le recourant (art. 106 al. 2 LTF), c'est-à-dire s'il a été expressément soulevé et exposé d'une manière claire et détaillée (ATF 134 II 349 consid. 3 p. 352 et les arrêts cités), les critiques de nature appellatoire étant irrecevables (ATF 133 III 589 consid. 2 p. 591/592 et les arrêts cités). 1.3 Le Tribunal fédéral statue sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF); il ne peut s'en écarter que si ces faits ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). Le recourant qui entend s'écarter des constatations de la juridiction cantonale doit exposer de manière circonstanciée en quoi les exceptions prévues par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées, faute de quoi on ne saurait tenir compte d'un état de fait qui diverge de celui figurant dans la décision attaquée (ATF 133 III 462 consid. 2.4 p. 466/467; 133 IV 150 consid. 1.3 p. 152). Les faits nouveaux et les preuves nouvelles sont prohibés, à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente (art. 99 al. 1 LTF); il en est ainsi même lorsque la maxime inquisitoire est applicable, ce qui est le cas s'agissant du sort des enfants (ATF 120 II 229 consid. 1c p. 231/232). Dans la mesure où le recourant s'écarte des constatations de fait retenues sans exposer en quoi l'exception de l'art. 105 al. 2 LTF serait réalisée, ses allégations sont irrecevables. 2. En première instance cantonale, le recourant a dirigé sa «requête en fixation d'une pension alimentaire» contre la mère de l'enfant. Dans son mémoire de réponse, celle-ci a indiqué qu'elle s'en rapportait à justice quant à la légitimation passive, l'enfant étant en réalité le créancier de la contribution d'entretien et donc le titulaire des droits dont le demandeur souhaitait la modification. Le Tribunal de première instance ne s'est pas prononcé sur ce point. Quant à la Cour de justice, elle a, de son propre chef et sans aucune motivation, modifié la dénomination des parties, tant dans le rubrum que dans le corps de l'arrêt, en ce sens que la demande est dirigée contre l'enfant représenté par sa mère. Dans sa réponse au présent recours, l'enfant rappelle, à titre liminaire, que le Tribunal de première instance a été requis de se prononcer sur la question de la légitimation passive, dès lors que la demande a été déposée contre sa mère alors qu'elle-même est créancière de la contribution d'entretien et, partant, titulaire des droits dont le demandeur souhaite la modification. 2.1 La qualité pour agir et la qualité pour défendre appartiennent aux conditions matérielles de la prétention litigieuse. Elles se déterminent selon le droit au fond et leur défaut conduit au rejet de l'action, qui intervient indépendamment de la réalisation des éléments objectifs de la prétention litigieuse. Ainsi, l'admission de la qualité pour défendre signifie que le demandeur peut faire valoir sa prétention contre le défendeur, en tant que sujet passif de l'obligation en cause. Cette question, qui ressortit au droit fédéral (ATF 130 III 417 consid. 3.1 p. 424), doit en particulier être examinée d'office et librement (ATF 130 III 550 consid. 2 p. 551 s.; 126 III 59 consid. 1a p. 63). 2.2 Selon l'art. 318 al. 1 CC, les père et mère administrent les biens de l'enfant aussi longtemps qu'ils ont l'autorité parentale. La jurisprudence en a déduit que le détenteur de l'autorité parentale, qui a l'administration et la jouissance des biens de l'enfant mineur en vertu d'un droit propre, peut protéger en son nom les droits patrimoniaux de l'enfant et les faire valoir en justice en agissant personnellement comme partie (ATF 84 II 241 p. 245, relatif à l'art. 290 al. 1 aCC, dont la teneur est identique à l'actuel art. 318 al. 1 CC; ATF 90 II 351 consid. 3 p. 355/356). La doctrine partage majoritairement ce point de vue, considérant par exemple que la demande de modification de la contribution à l'entretien de l'enfant fixée par le jugement de divorce peut être dirigée contre le détenteur de l'autorité parentale en tant que «Prozessstandschafter», disposant de la faculté d'être poursuivi en justice pour le droit d'autrui (cf. par exemple BÜHLER/SPÜHLER, Berner Kommentar und Ergänzungsband, n. 59 et n. 279 ad art. 156 aCC; Hegnauer, Berner Kommentar, n. 63 ad art. 286 CC). Le Tribunal fédéral en a jugé de même dans le contexte d'une procédure de modification du jugement de divorce tendant également à la restitution de contributions d'entretien payées en trop, estimant que celles-ci faisaient partie de la fortune de l'enfant et que la faculté du détenteur de l'autorité parentale de conduire un procès en son propre nom et comme partie à la place de l'enfant obligé concerne la fortune de celui-ci considérée dans son ensemble (ATF 128 III 305 consid. 7 et 9 non publiés). Le principe selon lequel, en vertu de l'art. 318 al. 1 CC, le détenteur de l'autorité parentale a qualité pour exercer en son nom les droits de l'enfant mineur et pour les faire valoir en justice ou dans une poursuite en agissant personnellement comme partie doit finalement valoir pour toutes les questions de nature pécuniaire et, par conséquent aussi, d'une manière générale, pour celles relatives à des contributions d'entretien. Il s'ensuit que la légitimation active ou passive doit être reconnue aussi bien au détenteur de l'autorité parentale qu'à l'enfant mineur (cf. ATF 90 II 351 précité). Tel est également le cas lorsque, comme en l'espèce, le litige porte sur la modification d'une contribution d'entretien fixée par convention approuvée par l'autorité tutélaire pour un enfant né hors mariage. Dès lors, la jurisprudence contraire de l'arrêt 5A_104/2009 du 19 mars 2009 ne saurait être maintenue. La légitimation passive de la mère, contre qui l'action a été dirigée, doit donc être admise. Il convient, par conséquent, de modifier dans ce sens la dénomination des parties telle qu'elle ressort de l'arrêt déféré. 3. Se plaignant d'une violation de son droit d'être entendu garanti par l'art. 29 al. 2 Cst., le recourant reproche à la Cour de justice d'avoir refusé d'ordonner la production des certificats de salaire de l'intimée pour l'année 2008 ainsi que de tout document attestant d'éventuels primes ou bonus perçus par celle-ci. 3.1 Un droit à la preuve et à la contre-preuve est déduit de l'art. 8 CC. Ainsi, le juge enfreint l'art. 8 CC s'il refuse d'administrer une preuve régulièrement offerte, dans les formes et les délais prévus par la loi de procédure, et portant sur un fait pertinent pour l'appréciation juridique de la cause (ATF 133 III 189 consid. 5.2.2 p. 195, 295 consid. 7. 1 p. 299 et les arrêts cités). Si des moyens de preuve sont invoqués en relation avec un droit subjectif privé découlant d'une norme de droit matériel fédéral, le recourant doit donc se plaindre, sauf exception qui n'entre pas en considération ici (arrêt 5A_561/2009 du 1er décembre 2009, consid. 2.1), de la violation de l'art. 8 CC, et non de celle de son droit d'être entendu au sens de l'art. 29 al. 2 Cst. (arrêt 5A_620/2007 du 7 janvier 2010, consid. 6.1 et les références). S'agissant d'une prétention de droit privé fédéral, les critiques du recourant seront donc examinées à l'aune de l'art. 8 CC, dont les conditions sont identiques à celles de l'art. 29 al. 2 Cst. (arrêt 5A_620/2007 précité et la jurisprudence mentionnée). Le juge enfreint en particulier l'art. 8 CC s'il tient pour exactes les allégations non prouvées d'une partie, nonobstant leur contestation par l'autre, ou s'il refuse toute administration de preuve sur des faits pertinents en droit (ATF 130 III 591 consid. 5.4 p. 601 s.; 114 II 289 consid. 2a p. 291). En revanche, cette disposition ne régit pas l'appréciation des preuves, de sorte qu'elle ne prescrit pas quelles sont les mesures probatoires qui doivent être ordonnées (ATF 127 III 519 consid. 2a p. 522), ni ne dicte au juge comment forger sa conviction (ATF 128 III 22 consid. 2d p. 25; 127 III 248 consid. 3a p. 253, 519 consid. 2a p. 522); elle n'exclut pas non plus que le juge puisse, sur la base d'une appréciation anticipée des preuves déjà disponibles, refuser l'administration d'une preuve supplémentaire au motif qu'il la tient pour impropre à modifier sa conviction (ATF 131 III 222 consid. 4.3 p. 226; 129 III 18 consid. 2.6 p. 24 ss). Si le juge a refusé une mesure probatoire en procédant à une appréciation anticipée des preuves, celle-ci ne peut être contestée qu'en invoquant l'arbitraire (art. 9 Cst.). 3.2 En l'espèce, l'autorité cantonale a refusé d'ordonner la production d'autres pièces relatives aux revenus de la mère de l'enfant aux motifs, d'une part, que l'augmentation de salaire de celle-ci de juillet 2007 à janvier 2009 n'était pas contestée et, d'autre part, qu'il était notoire dans un cas, hautement vraisemblable dans l'autre, que l'intéressée ne percevait pas - ou quasiment pas - de primes ou bonus de la part de ses deux employeurs. Les juges précédents ont ainsi procédé à une appréciation anticipée des moyens de preuve offerts, ce qui ne viole pas l'art. 8 CC. En l'occurrence, le recourant ne prétend pas, ni a fortiori n'établit, que les motifs avancés par la Cour de justice pour considérer que la mère ne reçoit pas de bonus - ou seulement d'une faible importance - seraient insoutenables: il se contente en effet d'affirmer qu'il ne s'agit que de suppositions, ce qui ne suffit pas à en démontrer l'arbitraire (cf. supra, consid. 1.3). 4. Le recourant se plaint en outre d'appréciation arbitraire des preuves. Il reproche à la juridiction précédente d'avoir retenu que les charges incompressibles de l'enfant et de sa mère s'élevaient, en juillet 2007, à 3'663 fr. par mois, alors qu'en additionnant correctement les montants retenus à ce titre, y compris les impôts, elles se montaient en réalité à 4'009 fr. par mois. L'autorité cantonale aurait donc constaté à tort qu'au moment de la signature de la convention, les intéressées subissaient un déficit de 680 fr., et non de 1'026 fr. (2'983 fr. de revenu - 4'009 fr. de charges). En 2009, ce déficit n'était plus que de 342 fr. (3'974 fr. 83 de salaire - 4'316 fr. de charges), voire, si l'on tenait compte du concubinage de la mère, s'était transformé en un disponible de 711 fr. (3'974 fr. 83 de salaire - 3'264 fr. de charges). Dans la première hypothèse, la réduction de son déficit était donc de 684 fr. et devait être qualifiée d'importante; dans la seconde, soit en tenant compte du concubinage, l'amélioration de sa situation financière, d'un montant de 1'737 fr. (1'026 fr. + 711 fr.), devait être considérée comme très importante et ne pouvait dès lors profiter intégralement à l'enfant. 4.1 De jurisprudence constante, le Tribunal fédéral se montre réservé en matière de constatation des faits et d'appréciation des preuves, vu le large pouvoir qu'il reconnaît dans ce domaine aux autorités cantonales (cf. notamment: ATF 120 Ia 31 consid. 4b p. 40; 104 Ia 381 consid. 9 p. 399 et les arrêts cités). Il n'intervient, pour violation de l'art. 9 Cst., que si l'autorité cantonale n'a manifestement pas compris le sens et la portée d'un moyen de preuve, a omis sans raisons objectives de tenir compte de preuves pertinentes ou a opéré, sur la base des éléments recueillis, des déductions insoutenables (ATF 129 I 8 consid. 2.1 p. 9; 134 V 53 consid. 4.3 p. 62 et les références; cf. aussi: ATF 133 II 249 consid. 1.4.3 p. 254/255). 4.2 L'autorité cantonale a retenu que les revenus de la mère de l'enfant avaient augmenté de 2'983 fr. par mois en juillet 2007 à 3'974 fr. en 2009. En juillet 2007, ses charges incompressibles comprenaient 1'153 fr. de loyer, 290 fr. d'assurance maladie, 650 fr. de frais de crèche, 70 fr. de frais de transports publics, 304 fr. d'impôts cantonaux et communaux, 42 fr. d'impôt fédéral direct ainsi que les minima vitaux, d'un montant de 1'250 fr. pour elle-même et de 250 fr. pour l'enfant. Comme l'invoque à juste titre le recourant, l'addition de ces chiffres donne un résultat de 4'009 fr. et non de 3'663 fr.; partant, le déficit de la mère en juillet 2007 n'était pas de 680 fr., mais bien de 1'026 fr. L'erreur de la cour cantonale ne doit cependant être prise en considération que dans la mesure où elle influence la question de la répartition entre les parents du coût d'entretien de l'enfant. Selon les constatations de l'arrêt attaqué, la comparaison des revenus et des charges de la mère en 2009 révèle un déficit de 342 fr. (3'974 fr. de salaire - 4'316 fr. de charges), voire, si l'on tient compte de l'aide financière de son compagnon, un disponible de 711 fr. (3'974 fr. de salaire - 3'264 fr.). En juillet 2007, elle subissait, après rectification de l'erreur commise par la Cour de justice, un déficit de 1'026 fr. Si l'on ne tient pas compte de l'aide financière éventuelle de son compagnon, sa situation financière s'est donc améliorée de 684 fr. et, dans le cas contraire, de 1'737 fr. par mois, ce qui n'apparaît certes pas négligeable. Il convient toutefois de rappeler que, selon la jurisprudence, l'amélioration des ressources du détenteur de l'autorité parentale ne suffit en principe pas pour justifier la réduction de la contribution due par l'autre parent, car ce sont les enfants qui doivent en profiter au premier chef par des conditions de vie plus favorables, notamment par l'acquisition d'une meilleure formation; une telle circonstance ne peut justifier la diminution de la contribution de l'autre parent que si, en raison de sa condition modeste, le paiement de la pension représente pour lui une charge particulièrement lourde (ATF 134 III 337 consid. 2.2.2 p. 339/340; 108 II 83 consid. 2c p. 84; arrêt 5C.27/2004 du 30 avril 2004 consid. 4.2, publié in FamPra.ch 2004 p. 728), la charge d'entretien devant rester équilibrée pour chacune des personnes concernées (Breitschmid, Basler Kommentar, 3e éd., n. 13 ad art. 286 CC). Il convient dès lors de tenir également compte de l'évolution de la situation financière du débirentier. En l'occurrence, l'arrêt attaqué retient que le recourant a réalisé en 2008 un revenu mensuel net de 8'534 fr. 35 pour des charges incompressibles de 3'094 fr. Partant, son disponible mensuel, qui était d'environ 5'100 fr. en juillet 2007 (revenus: 7'955 fr. - charges: 2'860 fr.), avait augmenté à 5'440 fr. en 2009 (revenus: 8'534 fr. 35 - charges: 3'094 fr.). Il n'avait pas produit de fiches de salaire postérieures à 2008, mais il était notoire que les salaires des employés de l'État de Genève avaient augmenté en 2009. Par conséquent, la situation financière du recourant s'était aussi améliorée, son disponible s'élevant actuellement, à tout le moins, à 5'440 fr. Sur le vu de ces constatations, on ne saurait considérer que la charge d'entretien de sa fille, d'un montant de 1'700 fr. par mois, représente une charge particulièrement lourde pour le recourant, puisqu'il dispose encore, après paiement de la contribution, d'un solde d'au moins 3'740 fr. (contre 711 fr., au mieux, pour la mère). Il convient ainsi d'admettre, à l'instar de l'autorité cantonale, que l'amélioration de la situation financière de l'intimée doit in casu profiter à l'enfant. 5. Le recourant reproche en outre à l'autorité cantonale d'avoir violé les art. 276, 285 et 286 al. 2 CC. Il soutient d'abord que le coût d'entretien de l'enfant retenu par la Cour de justice est supérieur aux besoins réels de sa fille, de sorte que le montant de la contribution, qui aurait d'ailleurs dû être fixé par paliers, serait excessif. Ce faisant, il méconnaît que le présent litige ne porte pas sur la fixation de la contribution à l'entretien de l'enfant, mais sur la modification de la pension sur laquelle les parties se sont accordées par convention du 18 juillet 2007, approuvée par le Tribunal tutélaire le 8 août 2007. Or, la procédure de modification de la contribution d'entretien n'a pas pour but de corriger le premier jugement, mais de l'adapter aux circonstances nouvelles (ATF 120 II 177 consid. 3a p. 178, 285 consid. 4b p. 292). Le grief selon lequel l'amélioration de la situation financière de l'intimée ne peut profiter intégralement à l'enfant n'apparaît pas non plus fondé, comme il a été exposé ci-dessus (cf. supra, consid. 4.2 in fine). Enfin, le recourant prétend que son droit de visite, restreint et irrégulier au moment de la signature de la convention, doit être qualifié de large depuis l'arrêt de l'Autorité de surveillance des tutelles du 17 novembre 2008. A cet égard, les juges précédents ont estimé à juste titre que le droit de visite actuel du recourant correspondait à un droit de visite habituel, dès lors que l'arrêt attaqué constate qu'il s'exerce, hormis durant les vacances, à raison d'un week-end sur deux du samedi à 9 heures au dimanche à 18 heures, en alternance avec un mercredi sur deux dès 12 heures suivi de la nuit jusqu'au retour à la crèche ou à l'école le jeudi matin. Il résulte en outre des faits retenus par l'autorité cantonale qu'après les vacances d'été de 2007 et jusque vers la mi-octobre 2007, soit durant la période correspondant à la signature de la convention, l'enfant voyait son père un week-end sur deux du vendredi en fin de journée au lundi matin, ainsi que tous les mercredis du début de l'après-midi au jeudi matin. Par la suite, sur décision de la mère, le père a exercé son droit de visite un week-end sur deux du samedi matin au dimanche soir et, en alternance, du mercredi après-midi au jeudi matin. A partir de janvier 2008, les relations personnelles ont été réduites à un week-end sur deux du samedi 9 heures au dimanche 18 heures. La réglementation actuelle ne prévoit toutefois que deux mercredis par mois de plus. Au demeurant, le recourant ne prétend pas qu'au moment de la signature de la convention du 18 juillet 2007, il aurait accepté de payer une contribution d'entretien plus élevée pour tenir compte d'un droit de visite particulièrement restreint. Dès lors, la réglementation actuelle du droit de visite, fixé judiciairement à la demande du père, ne saurait constituer une modification importante au sens de l'art. 286 al. 2 CC, qui commanderait une diminution de la contribution d'entretien (cf. ATF 131 III 198 consid. 2.7.4 p. 199/200; 120 II 177 et 285 précités). 6. En conclusion, le recours se révèle mal fondé et doit par conséquent être rejeté, dans la mesure où il est recevable. Le recourant, qui succombe, supportera dès lors les frais judiciaires (art. 66 al. 1 LTF) et versera en outre des dépens à l'intimée (art. 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté dans la mesure où il est recevable. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 2'500 fr., sont mis à la charge du recourant. 3. Une indemnité de 2'500 fr., à verser à l'intimée à titre de dépens, est mise à la charge du recourant. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Chambre civile de la Cour de justice du canton de Genève. Lausanne, le 30 avril 2010 Au nom de la IIe Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: La Greffière: Hohl Mairot
5ec2db29-20ad-4364-aab3-9e8690c919ab
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2,013
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Federation
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critical
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Faits: A. Par jugement du 8 juillet 2013, le Tribunal correctionnel du canton de Genève a reconnu A._, ressortissant du Kosovo, coupable notamment de vol, de dommages à la propriété, de violation de domicile et d'infraction à la loi fédérale du 3 octobre 1951 sur les stupéfiants et les substances psychotropes (LStup; RS 812.121). Il l'a condamné à une peine privative de liberté de 32 mois, sous déduction de 176 jours de détention avant jugement. Il l'a mis au bénéfice d'un sursis partiel, la partie ferme à exécuter étant fixée à 8 mois, et le solde de 24 mois assorti du sursis avec un délai d'épreuve de 5 ans. Le maintien en détention pour des motifs de sûreté a été ordonné. Le 9 août 2013, le Ministère public du canton de Genève (ci-après: le Ministère public) a formé un appel contre l'arrêt du 8 juillet 2013 auprès de la Chambre pénale d'appel et de révision de la Cour de justice du canton de Genève (ci-après: la Chambre pénale d'appel), sollicitant que le prénommé soit condamné à une peine privative de liberté ferme de 32 mois. Le 30 août 2013, A._ a présenté une demande de non-entrée en matière sur l'appel du Ministère public et un appel joint afin de bénéficier d'un classement ou d'un acquittement en rapport avec les deux infractions de violation de domicile ainsi qu'une réduction de peine en conséquence. Le 13 septembre 2013, A._ a demandé sa mise en liberté pour le 14 septembre 2013, au motif qu'il avait exécuté la totalité de la peine ferme. La Présidente de la Chambre pénale d'appel, B._, a rejeté la demande de libération, par ordonnance du 18 septembre 2013. Elle a considéré en substance qu'il existait un risque concret de fuite et que l'appel du Ministère public apparaissait prima facie avoir de bonnes chances de succès, de sorte que la durée de la détention subie n'enfreignait pas le principe de la proportionnalité. B. Agissant par la voie du recours en matière pénale, A._ demande principalement au Tribunal fédéral de constater que l'ordonnance du 18 septembre 2013 a été rendue par une autorité incompétente dès lors qu'il ne s'agissait pas de la direction de la procédure de la juridiction d'appel et que ses droits fondamentaux ont été violés. Il sollicite également sa libération immédiate. Il demande à titre subsidiaire d'enjoindre la Chambre pénale d'appel à rendre son arrêt sur appel dans un délai maximum d'un mois. Il requiert également l'assistance judiciaire. Le Ministère public et la Présidente de la Chambre pénale d'appel concluent au rejet du recours, en se référant aux termes de l'ordonnance attaquée. Dans son courrier du 8 octobre 2013, le recourant a renoncé à formuler des observations complémentaires.
Considérant en droit: 1. Selon l'art. 78 LTF, le recours en matière pénale est ouvert contre les décisions rendues en matière pénale, dont font partie les décisions relatives à la détention pour des motifs de sûreté au sens des art. 220 ss du Code de procédure pénale suisse du 5 octobre 2007 (CPP; RS 312.0). L'acte de procédure litigieux ne mettant pas un terme à la procédure pénale (art. 90 s. LTF), il s'agit d'une décision incidente prise séparément (art. 93 al. 1 LTF). La décision ordonnant la mise en détention du prévenu étant susceptible de lui causer un préjudice irréparable au sens de l'art. 93 al. 1 let. a LTF, elle peut faire l'objet d'un recours au Tribunal fédéral. Conformément à l'art. 81 al. 1 let. a et b ch. 1 LTF, le prévenu a qualité pour agir. Pour le reste, le recours est formé en temps utile contre une décision rendue en dernière instance cantonale (art. 80 LTF) et les conclusions présentées sont recevables au regard de l'art. 107 al. 2 LTF. 2. Le recourant se plaint d'une violation du droit à un procès équitable (art. 6 § 1 CEDH, 29 al. 1 Cst. et 30 al. 1 Cst.), au motif que l'autorité judiciaire qui a statué sur sa demande de libération n'est pas celle qui est instituée par l'art. 233 CPP. 2.1. A teneur de l'art. 233 CPP, la direction de la procédure de la juridiction d'appel statue dans les cinq jours sur les demandes de libération. L'autorité investie de la direction de la procédure de la juridiction d'appel est le président de la composition appelée à juger du fond (cf. art. 61 let. c CPP). L'art. 233 CPP a pour but d'éviter que le Tribunal des mesures de contrainte, juridiction de première instance, décide des mesures de détention devant l'instance supérieure (Message relatif à l'unification du droit de la procédure pénale du 21 décembre 2005, FF 2006 p. 1217). Le législateur a ainsi fait le choix d'attribuer à l'un des membres de la juridiction chargée de statuer sur l'appel du détenu la compétence de trancher les éventuelles demandes de mise en liberté formées par celui-ci. Le cumul des fonctions de juge de la détention et de juge du fond n'est pas sans inconvénients, notamment en créant un risque de prévention susceptible de conduire à une éventuelle récusation. Pour ce motif, certains auteurs suggèrent que les décisions en matière de détention pour des motifs de sûreté soient prises par un magistrat de la juridiction d'appel ne siégeant pas dans la composition appelée à trancher le fond ( GÉRARD Piquerez/Alain Macaluso, Procédure pénale suisse, 3 e éd. 2011, n o 1249; Jo Pitteloud, Code de procédure pénale suisse, Commentaire, 2012, n o 511 et 1194; LAURENT Moreillon/Aude Parein-Reymond, Petit commentaire, Code de procédure pénale, 2013, n o 2 ad art. 232 CPP; Alain Macaluso, Quelques aspects des procédures relatives à la détention avant jugement dans le CPP suisse, in forum poenale, 2011 p. 313 ss, spéc. 319/320; François Paychère, Privation de liberté et pouvoirs du juge d'appel: vers un conflit entre la CEDH et le nouveau CPP suisse?, in SJ 2009 II p. 292 ss, p. 312 et 313). D'autres auteurs tiennent en revanche ce cumul des fonctions de juge de la détention et de juge du fond pour conforme à l'art. 6 CEDH (Markus Boog, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, n° 27 ad art. 56 CPP; Martin Ziegler, ibidem, n° 1 ad art. 388 CPP; Peter Goldschmid/Thomas Maurer/Jürg Sollberger, Kommentierte Textausgabe zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO] vom 5. Oktober 2007, 2008, p. 47; Daniel Logoz, Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, n° 2 ad art. 232 CPP; Andreas J. Keller, in Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, n° 34 ad art. 56 CPP; Niklaus Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2009, n° 514, p. 198; Regina Kiener, Richterliche Unabhängigkeit, 2001, p. 155 ss; Frédéric Sudre, Droit européen et international des droits de l'homme, Paris, 2011, p. 441; Robert Levi, Zum Einfluss der Europäischen Menschenrechtskonvention auf das kantonale Prozessrecht - Erwartungen und Ergebnisse, in RPS 106/1989, p. 233). Point n'est besoin d'approfondir ici cette question, laquelle a été tranchée par la jurisprudence, dans le cas particulier du président de l'autorité d'appel qui décerne un mandat d'amener lors des débats d'appel (ATF 138 I 425 consid. 4.4 et 4.5 p. 432 ss). 2.2. La loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre (interprétation littérale). D'après la jurisprudence, il n'y a lieu de déroger au sens littéral d'un texte clair par voie d'interprétation que lorsque des raisons objectives permettent de penser que ce texte ne restitue pas le sens véritable de la disposition en cause. De tels motifs peuvent découler des travaux préparatoires, du but et du sens de la disposition, ainsi que de la systématique de la loi (ATF 135 II 78 consid. 2.2). Le Tribunal fédéral ne privilégie aucune méthode d'interprétation, mais s'inspire d'un pluralisme pragmatique pour rechercher le sens véritable de la norme; il ne se fonde sur la compréhension littérale du texte que s'il en découle sans ambiguïté une solution matériellement juste (ATF 137 IV 180 consid. 3.4). 2.3. En l'espèce, ce n'est pas la direction de la procédure, à savoir la magistrate de la Chambre pénale d'appel en charge de la procédure d'appel - C._ - qui a statué sur la demande de mise en liberté litigieuse, mais une autre magistrate de la Chambre pénale d'appel - B._ - qui ne fera pas partie de la composition qui siégera sur le fond. Dans ses déterminations devant le Tribunal de céans, la Présidente de la Chambre pénale d'appel expose que les magistrats de sa juridiction ont estimé préférable de faire trancher par un de ses membres - qui ne sera pas amené à examiner l'affaire au fond - les demandes de libération présentées devant elle. Elle précise que cette organisation interne a été mise en place afin d'éviter toute apparence de prévention. Une telle organisation s'écarte certes d'une interprétation strictement littérale de l'art. 233 CPP. Elle respecte toutefois pleinement le but visé par le législateur, à savoir empêcher qu'une juridiction inférieure statue sur la détention lorsque la cause est pendante devant l'instance supérieure. En outre, comme les juges concernés sont tous issus de la juridiction d'appel désignée par le droit cantonal (art. 129 s. LOJ/GE [RS/GE E 2 05]), on ne se trouve pas face à une décision rendue par une autorité matériellement incompétente (cf. ATF 139 III I 273 consid. 2.1 p. 276). Dans ces conditions, il n'apparaît contraire ni au but ni à l'esprit de l'art. 233 CPP de considérer la direction de la procédure d'appel comme une institution pouvant s'incarner dans des magistrats différents et, dès lors, de distinguer au sein d'une même juridiction les juges qui statuent sur des questions de détention de ceux qui examinent l'affaire au fond. Le recourant ne prétend au demeurant pas - à juste titre - qu'un tel système lui causerait un préjudice; cette organisation a par ailleurs le mérite d'éviter toute apparence de prévention de la part du magistrat chargé de vérifier les conditions de la détention devant la juridiction d'appel. D'ailleurs, le Tribunal fédéral a déjà eu l'occasion, dans ce domaine, de s'écarter du texte légal en considérant que rien ne s'opposait à ce que la juridiction in corpore statue en lieu et place de la direction de la procédure compétente pour rendre une décision en application de l'art. 232 CPP (ATF 138 IV 81 consid. 2.1 p. 83). Par conséquent, le grief tiré de la violation de l'art. 30 al. 1 Cst. - dont la portée n'est pas plus étendue que celle de l'art. 6 § 1 CEDH (Andreas Auer/Giorgio Malinverni/Michel Hottelier, Droit constitutionnel suisse, volume II, 3e éd. 2013, n° 1236) - doit être rejeté. 3. Sur le fond, le recourant se prévaut d'une violation du principe de proportionnalité. Il infère de la condamnation prononcée en première instance à une peine privative de liberté de 32 mois, assortie d'un sursis partiel portant la partie ferme à huit mois, que la détention préventive ne pourrait pas dépasser ces huit mois. Il conteste que l'appel du Ministère public ait des chances d'aboutir et reproche à la Présidente de la Chambre pénale d'appel d'avoir manqué de retenue en considérant que les premiers juges apparaissaient ne pas avoir pris en considération l'art. 42 al. 2 CP lors de la fixation de la peine. 3.1. En vertu des art. 31 al. 3 Cst. et 5 § 3 CEDH, toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable ou d'être libérée pendant la procédure pénale. Une durée excessive de la détention constitue une limitation disproportionnée de ce droit fondamental, qui est notamment violé lorsque la durée de la détention préventive dépasse la durée probable de la peine privative de liberté à laquelle il faut s'attendre. L'art. 212 al. 3 CPP prévoit ainsi que la détention provisoire ou pour des motifs de sûreté ne doit pas durer plus longtemps que la peine privative de liberté prévisible. Le juge peut dès lors maintenir la détention préventive aussi longtemps qu'elle n'est pas très proche de la durée de la peine privative de liberté à laquelle il faut s'attendre concrètement en cas de condamnation (ATF 133 I 168 consid. 4.1 p. 170; 132 I 21 consid. 4.1 p. 27; 107 Ia 256 consid. 2 et 3 p. 257 ss et les références). Il convient d'accorder une attention particulière à cette limite, car le juge - de première instance ou d'appel - pourrait être enclin à prendre en considération dans la fixation de la peine la durée de la détention préventive à imputer selon l'art. 51 CP (ATF 133 I 168 consid. 4.1 p. 170 et les arrêts cités). Selon une jurisprudence constante, la possibilité d'un sursis, voire d'un sursis partiel, n'a en principe pas à être prise en considération dans l'examen de la proportionnalité de la détention préventive (ATF 133 I 270 consid. 3.4.2 p. 281-282; 125 I 60; arrêt 1B_750/2012 du 16 janvier 2013 consid. 2). Toutefois, lorsque le détenu a déjà été jugé en première instance, ce prononcé constitue un indice important quant à la peine susceptible de devoir être finalement exécutée. Même s'il n'a en principe pas à examiner en détail le bien-fondé du jugement et de la quotité de la peine prononcée en première instance, le juge de la détention, saisi en application des art. 231 ss CPP, ne peut faire abstraction de l'existence d'un appel du Ministère public tendant à une aggravation de la peine, et doit dès lors examiner prima facie les chances de succès d'une telle démarche. Le maintien en détention ne saurait être limité aux seuls cas où il existerait sur ce point une vraisemblance confinant à la certitude. L'art. 231 CPP ne pose d'ailleurs pas une telle condition pour le maintien en détention (arrêt 1B_43/2013 du 1 er mars 2013 consid. 4.1 et les arrêts cités). Dès lors, par analogie avec la notion de "forts soupçons" au sens de l'art. 221 al. 1 CPP, il y a lieu de déterminer, sur le vu de l'ensemble des circonstances pertinentes, soit en particulier compte tenu des considérants du jugement de première instance et des arguments soulevés à l'appui du recours, si la démarche de l'accusation est susceptible d'aboutir, avec une vraisemblance suffisante, à une aggravation de la sanction (arrêt 1B_43/2013 du 1 er mars 2013 consid. 4.1 et les arrêts cités). 3.2. En l'espèce, le recourant a été condamné à une peine privative de liberté de 32 mois. Celle-ci a été assortie d'un sursis partiel, la partie ferme de la peine à exécuter étant de huit mois. En cas d'aboutissement complet de l'appel du Ministère public, ce sont ainsi jusqu'à 24 mois de détention supplémentaires qui devront être exécutés. Certes, il s'agit ici de tenir compte d'un sursis contesté mais déjà prononcé dans le jugement de première instance. Cela étant, l'examen des chances de succès de l'appel du Ministère public opéré dans l'arrêt attaqué relativise cet aspect. La cour cantonale a en effet retenu que les premiers juges lors de la fixation de la peine n'avaient pas pris en considération l'art. 42 al. 2 CP, qui prévoit que si, durant les cinq ans qui précèdent l'infraction, l'auteur a été condamné à une peine privative de liberté ferme ou avec sursis de six mois au moins ou à une peine pécuniaire de 180 jours-amende au moins, il ne peut y avoir de sursis à l'exécution de la peine qu'en cas de circonstances particulièrement favorables, soit de circonstances qui empêchent que l'infraction antérieure ne détériore le pronostic (Message concernant la modification du CP du 21 septembre 1998, FF 1999 p. 1855). L'instance précédente a rappelé que le recourant avait été condamné à quatre reprises entre juin 2009 et décembre 2011, notamment en août 2009 à une peine privative de liberté de 180 jours, en particulier pour vols, dommages à la propriété et violations de domicile. Elle a estimé que l'existence de "circonstances particulièrement favorables" paraissait douteuse et que sous cet angle l'appel du Ministère public semblait prima facie avoir de bonnes chances de succès. Cet examen, effectué prima facie par le juge de la détention, est inhérent au système prévu par le législateur à l'art. 233 CPP. Ce faisant, l'ordonnance attaquée ne préjuge pas du sort de l'appel, mais évalue dans les grandes lignes la vraisemblance des chances de succès. 3.3. Le recourant concentre son argumentation sur la question de la recevabilité de l'appel du Ministère public s'agissant de la contestation des classements prononcés par le Tribunal correctionnel. Cet élément ne démontre toutefois pas que ledit appel serait dénué de toute chance de succès, puisqu'une peine entièrement ferme peut être prononcée indépendamment de la reconnaissance de nouvelles infractions. Le recourant soutient aussi que la cour cantonale aurait dû tenir compte de la possibilité d'octroyer un sursis partiel au sens de l'art. 43 CP. Il n'expose cependant pas en quoi l'existence de "circonstances particulièrement favorables" au sens de l'art. 42 al. 2 CP pourrait être retenue. Or, les conditions subjectives permettant l'octroi du sursis (art. 42 al. 2 CP), à savoir les perspectives d'amendement, valent également pour le sursis partiel prévu à l'art. 43 CP (ATF 134 IV 1 consid. 5.3.1 p. 10). Ainsi, le recoura nt ne parvient pas à démontrer que la démarche de l'accusation n'est pas susceptible d'aboutir à une reformatio in pejus. Dans ces conditions, la détention pour des motifs de sûreté demeure proportionnée à la peine à laquelle le recourant pourrait être condamné à l'issue de la procédure d'appel. 4. Le recourant fait enfin valoir une violation du principe de la célérité. Il expose qu'il a déjà purgé l'entier de la peine fixée par le jugement de première instance et que sa cause ne semble pas être prête à être jugée en appel. 4.1. Concrétisant le principe de célérité, l'art. 5 CPP impose aux autorités pénales d'engager les procédures pénales sans délai et de les mener à terme sans retard injustifié (al. 1), la procédure devant être conduite en priorité lorsqu'un prévenu est placé en détention (al. 2). L'incarcération peut être disproportionnée en cas de retard injustifié dans le cours de la procédure pénale (ATF 128 I 149 consid. 2.2.1 p. 151; 123 I 268 consid. 3a p. 273). Il doit toutefois s'agir d'un manquement particulièrement grave, faisant au surplus apparaître que l'autorité de poursuite n'est plus en mesure de conduire la procédure à chef dans un délai raisonnable (ATF 128 I 149 consid. 2.2.1 p. 151 s.). Le caractère raisonnable de la durée d'une procédure pénale s'apprécie selon les circonstances particulières de la cause, eu égard en particulier à la complexité de l'affaire, au comportement du requérant et à celui des autorités compétentes, ainsi qu'à l'enjeu du litige pour l'intéressé (ATF 133 I 270 consid. 3.4.2 p. 281 et les arrêts cités). 4.2. En l'espèce, le recourant fait valoir que la direction de la procédure vient d'octroyer un nouveau délai de 20 jours à toutes les parties pour présenter une demande motivée de non-entrée en matière sur un nouvel appel-joint d'un co-prévenu. Il avance que les mesures nécessaires à la poursuite de la procédure pénale (cf. art. 403 al. 4 CPP en lien avec les art. 405 et 406 CPP) n'ont pas encore été prises. Ces éléments ne permettent pas à eux seuls d'établir un retard inadmissible dans l'avancement de la procédure. En l'état, rien ne permet d'affirmer que la procédure ne sera pas menée à chef dans un délai raisonnable. Le grief de violation du principe de célérité doit, par conséquent, également être rejeté. Comme la détention subie par le recourant dépasse d'ores et déjà la durée de la peine privative de liberté ferme prononcée en première instance, l'autorité d'appel doit cependant se montrer particulièrement attentive au respect des principes de proportionnalité et de célérité et s'efforcer de statuer dans les meilleurs délais. Afin d'échapper à toute critique, il incombe à la Chambre pénale d'appel de ne pas tarder à rendre sa décision sur la recevabilité de l'appel (art. 403 CPP). Il n'y a en revanche pas lieu, comme le demande le recourant, de fixer un délai à la juridiction d'appel pour qu'elle statue. 5. Au demeurant, le recourant - qui n'est au bénéfice d'aucun titre de séjour pour résider en Suisse, qui fait l'objet d'une décision d'interdiction d'entrée dans ce pays et qui a déclaré vouloir retourner vivre au Kosovo dès sa sortie de prison - ne conteste pas que les conditions de la détention énumérées à l'art. 221 CPP sont remplies, en particulier l'existence d'un risque de fuite. 6. Il résulte de ce qui précède que le recours doit être rejeté. Dès lors que le recourant est dans le besoin et que ses conclusions ne paraissaient pas d'emblée vouées à l'échec, l'assistance judiciaire doit lui être accordée (art. 64 al. 1 LTF). Il y a lieu de désigner Me Gilbert Deschamps en qualité d'avocat d'office et de fixer d'office ses honoraires, qui seront supportés par la caisse du Tribunal fédéral (art. 64 al. 2 LTF). Le recourant est en outre dispensé des frais judiciaires (art. 64 al. 1 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. La demande d'assistance judiciaire est admise. Me Gilbert Deschamps est désigné comme avocat d'office du recourant et ses honoraires, supportés par la caisse du Tribunal fédéral, sont fixés à 1'500 francs. 3. Il n'est pas perçu de frais judiciaires. 4. Le présent arrêt est communiqué au mandataire du recourant, au Ministère public du canton de Genève et à la Cour de justice du canton de Genève, Chambre pénale d'appel et de révision. Lausanne, le 16 octobre 2013 Au nom de la Ire Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Fonjallaz La Greffière: Tornay Schaller
5f14fe3c-b8a1-40b6-bf09-3246539dd4a0
de
2,013
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Im Juli 2009 stellten die Eltern der geistig behinderten serbischen Staatsangehörigen X._, geb. 2. März 1993, für diese ein Gesuch um ordentliche Erteilung des Schweizer Bürgerrechts. Am 7. Januar 2010 ergab sich bei einem Gespräch auf der Wohnsitz-gemeinde Amriswil, dass X._ zwar die deutsche und albanische Sprache versteht, sich aber nur mit Hilfe eines speziellen Computers oder in Gebärdensprache ausdrücken kann und ein sehr tiefes Bildungsniveau aufweist. Der Stadtrat Amriswil beschloss am 23. Februar 2010, das Einbürgerungsgesuch nicht zu unterstützen. Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, X._ habe keinen eigenen Willen zur Erlangung des Schweizer Bürgerrechts, es dürfe bei behinderten Personen keinen Einbürgerungsautomatismus geben und es seien keine klaren Vorteile ersichtlich, die bei einer allfälligen Einbürgerung das Leben von X._ erleichtern würden. Nachdem die gesetzliche Vertreterin am Einbürgerungsgesuch festgehalten hatte, wurde dieses dem Bundesamt für Migration weitergeleitet, das am 3. Mai 2011 die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung erteilte. Am 8. Dezember 2011 entschied die Gemeindeversammlung der Stadt Amriswil, das Gesuch gemäss der Empfehlung des Stadtrates abzulehnen. B. X._, vertreten durch ihre Schwester und Vormundin, Y._, erhob beim Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau Rekurs. Am 30. März 2012 hiess das Departement den Rekurs gut, hob den Entscheid der Gemeindeversammlung der Stadt Amriswil auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Gemeindeversammlung zurück. Zur Begründung führte das Departement im Wesentlichen aus, bei Gesuchstellern mit Behinderung sei jeder Einbürgerungsfall besonders zu prüfen. Eine automatische Befreiung von den Einbürgerungskriterien sei ausgeschlossen. Zwar verfüge die Gesuchstellerin selbst aufgrund der geistigen Behinderung wohl über keinen eigenen Willen. Das genüge aber als Begründung der Nichterteilung des Bürgerrechts nicht, denn es müsse davon ausgegangen werden, dass sich die Gesuchstellerin wie ihre Geschwister hätte einbürgern lassen wollen. Sodann müssten mit der Einbürgerung keine materiellen Vorteile verbunden sein, könnten doch bereits solche ideeller Natur eine Einbürgerung rechtfertigen. Insgesamt sei die Gesuchstellerin einzubürgern. Die reformatorische Erteilung des Gemeindebürgerrechts sei jedoch ausgeschlossen, da die Politische Gemeinde Trägerin desselben sei, weshalb die Sache an dieselbe zurückgewiesen werden müsse. C. Mit Urteil vom 5. September 2012 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau eine dagegen gerichtete Beschwerde der Politischen Gemeinde Amriswil ab. In den Erwägungen wird dazu ausgeführt, grundsätzlich bestehe kein Anspruch auf Einbürgerung, der entsprechende Entscheid der Gemeindebehörde dürfe aber nicht diskriminierend sein. Die Argumentation der Gemeindebehörden führe dazu, dass geistig behinderte Menschen ab einem bestimmten intellektuellen Defizit nie eingebürgert werden könnten, was diskriminierend sei. Es sei daher richtig, auf den mutmasslichen Willen abzustellen. Aus den konkreten Umständen sei abzuleiten, dass der Gesuchstellerin, die offensichtlich mit den schweizerischen Verhältnissen vertraut sei, ein solcher mutmasslicher Wille nicht abgesprochen werden könne. D. Mit Beschwerde vom 26. November 2012 an das Bundesgericht beantragt die Politische Gemeinde Amriswil, den Entscheid des Thurgauer Verwaltungsgerichts aufzuheben und denjenigen der Amriswiler Gemeindeversammlung vom 8. Dezember 2011 zu bestätigen; eventuell sei das Departement anzuweisen, die Einbürgerung von X._ ohne Rückweisung an die Gemeindeversammlung vorzunehmen. In der Begründung wird die Beschwerde als solche in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bezeichnet und zur Sache ausgeführt, die Gemeinde Amriswil habe schon verschiedentlich Behinderte eingebürgert, weshalb der Vorwurf der Diskriminierung von Behinderten zurückgewiesen werde. Im zu beurteilenden Fall sei es unzulässig, bei der Gesuchstellerin auf einen mutmasslichen Einbürgerungswillen zu schliessen. Ihre Hauptbezugspersonen seien weiterhin die Eltern, die sich nie vollständig integriert und auch nie Anstrengungen unternommen hätten, die Schweizer Staatsangehörigkeit zu erlangen. Die Begründung des Verwaltungsgerichts führe zu einem Einbürgerungsautomatismus geistig behinderter Personen. Das ursprünglich von den Eltern eingereichte Gesuch sei lediglich damit begründet worden, dass eine "langfristige Sicherheit" für die behinderte Tochter angestrebt werde, was aber nicht für die Erteilung des Schweizer Bürgerrechts genüge. E. X._ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Departement für Justiz und Sicherheit und das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau stellen Antrag auf Abweisung der Beschwerde. Weitere Rechtsschriften sind beim Bundesgericht nicht eingegangen.
Erwägungen: 1. 1.1. Beschwerden gegen letztinstanzliche Verfügungen der Kantone in Einbürgerungsangelegenheiten richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege (Art. 51 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts vom 29. September 1952 [Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0]). Zur Beschwerde berechtigt sind auch die betroffenen Kantone und Gemeinden (Art. 51 Abs. 2 BüG). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne von Art. 82 BGG ist gemäss Art. 83 lit. b BGG gegen Entscheide über die ordentliche Einbürgerung ausgeschlossen. Eine andere ordentliche Beschwerde fällt nicht in Betracht. Damit steht gegen den angefochtenen Entscheid grundsätzlich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG offen. Die falsche Bezeichnung in der Beschwerdeschrift schadet der Beschwerdeführerin nicht. 1.2. Der Entscheid der Vorinstanz kann mit keinem kantonalen Rechtsmittel angefochten werden und ist daher kantonal letztinstanzlich (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; BGE 135 I 265 E. 1 S. 269). 1.3. Mit dem angefochtenen Entscheid, der die Sache an die Gemeinde zurückweist, wird das Verfahren nicht abgeschlossen, weshalb kein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vorliegt. Die Beschwerde ist nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG (in Verbindung mit Art. 117 BGG) zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Gemeinde einen Rückweisungsentscheid anfechten, wenn ihr nicht zuzumuten ist, einer von ihr als falsch erachteten Weisung Folge zu leisten, um später ihren eigenen Entscheid anzufechten (BGE 133 II 409 E. 1.2 S. 412 mit Hinweisen; vgl. im Zusammenhang mit einer Einbürgerung das Urteil des Bundesgerichts 1D_1/2011 vom 13. April 2011, nicht publ. E. 1.3 von BGE 137 I 235). 2. 2.1. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann nach Art. 116 BGG die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Zur Beschwerde ist gemäss Art. 115 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). 2.2. Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, womit sie die in Art. 115 lit. a BGG genannte Voraussetzung erfüllt. 2.3. Das nach Art. 115 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse kann durch kantonales oder eidgenössisches Gesetzesrecht oder unmittelbar durch ein spezielles Grundrecht oder bundesverfassungsrechtliche Verfahrensgarantien begründet sein (BGE 133 I 185 E. 4 S. 191 und E. 6.2 S. 199; 129 I 217 E. 1 S. 219). Der Entscheid der Vorinstanz trifft die Beschwerdeführerin in hoheitlichen Befugnissen, da ihr Beschluss auf Nichteinbürgerung der Beschwerdegegnerin aufgehoben wird. Die Beschwerdeführerin ist legitimiert, eine Verletzung ihrer in Art. 50 Abs. 1 BV garantierten Gemeindeautonomie zu rügen (vgl. Art. 51 Abs. 2 BüG in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 BGG). Ob ihr im hier betroffenen Bereich tatsächlich Autonomie zukommt, ist nicht eine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 135 I 43 E. 1.2 S. 45 f.; 131 I 91 E. 1 S. 93; 129 I 410 E. 1.1 S. 412; je mit Hinweisen). In Verbindung mit der Rüge der Verletzung ihrer Autonomie kann die Gemeinde auch eine Verletzung des Willkürverbots und des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend machen (BGE 136 I 265 E. 3.2 S. 272; 131 I 91 E. 3.1 S. 95). 3. 3.1. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen. Rein appellatorische Kritik ohne Bezug zum angefochtenen Entscheid genügt nicht. Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Verletzung des Willkürverbots) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht grundsätzlich nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4 S. 254 f.). 3.2. Es erscheint fraglich, ob die Beschwerdeschrift an das Bundesgericht diese Anforderungen an die Beschwerdebegründung erfüllt. Wie es sich damit verhält, kann jedoch angesichts des Verfahrensausgangs offen bleiben. 4. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanzen hätten die Gründe für die Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs nicht in ausreichendem Masse geprüft. Soweit damit sinngemäss eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV gerügt wird, erweist sich dies als unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihre Erwägungen an der Argumentation der Beschwerdeführerin selbst ausgerichtet und sich insbesondere dazu geäussert. Aus dem angefochtenen Entscheid geht sodann mit genügender Klarheit hervor, dass das Verwaltungsgericht eine Gesamtwürdigung vornahm und gestützt darauf zur Überzeugung gelangte, die Verweigerung der Einbürgerung sei diskriminierend. Damit erweist sich das angefochtene Urteil als rechtsgenüglich begründet. 5. Soweit die Beschwerdeführerin vereinzelt die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz in Frage stellt, legt sie nicht dar und ist nicht ersichtlich, inwiefern diese unter Verletzung von Verfassungsrecht, insbesondere des Willkürverbots, zustandegekommen sein sollten. Das Bundesgericht ist daher an die Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts gebunden. 6. 6.1. Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der kommunalen Autonomie aus dem für den entsprechenden Bereich anwendbaren kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht (BGE 138 I 242 E. 5.2 S. 244 f. mit Hinweisen). Die Gemeinde kann sich dagegen zur Wehr setzen, dass eine kantonale Behörde ihre Prüfungsbefugnis überschreitet oder die einschlägigen Vorschriften unrichtig auslegt und anwendet. Sie kann überdies geltend machen, die kantonale Behörde habe die Tragweite von verfassungsmässigen Rechten missachtet. Schliesslich kann sie sich im Zusammenhang mit der behaupteten Autonomiverletzung auch auf das Willkürverbot und auf Verfahrensgarantien berufen ( NICCOLÒ RASELLI, Die Einbürgerung zwischen Politik und Justiz - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichts, in: ZBl 112/2011, S. 587). Die Anwendung von eidgenössischem und kantonalem Verfassungsrecht prüft das Bundesgericht mit freier Kognition, die Handhabung von Gesetzes- und Verordnungsrecht unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots (BGE 138 I 242 E. 5.2 S. 245 mit Hinweisen). 6.2. Gemäss der Verfassung des Kantons Thurgau vom 16. März 1987 (SR 131.228) sind die Gemeinden selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 57 Abs. 1 KV/TG). Die politischen Gemeinden sind Trägerinnen des Bürgerrechts (§ 57 Abs. 2 letzter Satz KV/TG; vgl. auch § 3 Abs. 1 des thurgauischen Gesetzes vom 14. August 1991 über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht [KBüG] in der hier anwendbaren Fassung vom 5. Mai 1999). Sie erfüllen die Aufgaben im eigenen Bereich selbständig (§ 59 Abs. 3 KV/TG), sind mithin insoweit und insbesondere in Belangen des Bürgerrechts mit Autonomie ausgestattet. 6.3. Die Voraussetzungen an die Eignung einer Person zur Einbürgerung sind als Mindestvorschriften (vgl. Art. 38 Abs. 2 BV) in Art. 14 BüG umschrieben. Die Kantone sind in der Ausgestaltung der Einbürgerungsvoraussetzungen insoweit frei, als sie hinsichtlich der Wohnsitzerfordernisse oder der Eignung Konkretisierungen vornehmen können (BGE 138 I 242 E. 5.3 S. 245). Nach § 6 KBüG (in Umsetzung von Art. 14 BüG) setzt die Einbürgerung einer ausländischen Person voraus, dass sie dazu geeignet ist. Dabei ist durch die zuständige Gemeindebehörde insbesondere zu prüfen, ob die gesuchstellende Person in die örtlichen, kantonalen und schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist, mit den Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen des Landes vertraut ist, die Rechtsordnung beachtet und die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet sowie über eine ausreichende Existenzgrundlage verfügt. 7. 7.1. Die Beschwerdeführerin sieht sinngemäss darin eine Verletzung ihrer Autonomie, dass die Vorinstanz die rechtliche Tragweite des Diskriminierungsverbots falsch beurteilt habe. 7.2. Gemäss Art. 8 Abs. 2 BV darf niemand diskriminiert werden, namentlich nicht wegen seiner Herkunft und der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder ausdrücklich auch wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. 7.2.1. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person ungleich behandelt wird allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, welche historisch oder in der gegenwärtigen sozialen Wirklichkeit tendenziell ausgegrenzt oder als minderwertig angesehen wird. Die Diskriminierung stellt eine qualifizierte Ungleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Situationen dar, indem sie eine Benachteiligung von Menschen bewirkt, die als Herabwürdigung oder Ausgrenzung einzustufen ist, weil sie an Unterscheidungsmerkmalen anknüpft, die einen wesentlichen und nicht oder nur schwer aufgebbaren Bestandteil der Identität der betroffenen Personen ausmachen; insofern beschlägt das Diskriminierungsverbot auch Aspekte der Menschenwürde nach Art. 7 BV. Eine indirekte oder mittelbare Diskriminierung liegt demgegenüber vor, wenn eine Regelung, die keine offensichtliche Benachteiligung von spezifisch gegen Diskriminierung geschützten Gruppen enthält, in ihren tatsächlichen Auswirkungen Angehörige einer solchen Gruppe besonders benachteiligt, ohne dass dies sachlich begründet wäre (BGE 138 I 305 E. 3.3 S. 316 f.; 135 I 49 E. 4.1 S. 53 f. mit Hinweisen). 7.2.2. Auch wenn die Abgrenzung von direkter und indirekter Diskriminierung nicht leicht fällt, wird etwa von Letzterem ausgegangen, wenn ein Rechtsakt bzw. dessen Anwendung nicht der Form nach, sondern aufgrund der Auswirkungen für eine bestimmte geschützte Personengruppe eine qualifiziert rechtsungleiche Schlechterstellung zur Folge haben kann. Gleichermassen wird eine solche angenommen, wenn eine Norm neutrale Differenzierungen aufweist und besonders geschützte Personengruppen in spezifischer Weise rechtsungleich trifft oder aber wenn mangels erforderlicher Differenzierung eine des Schutzes bedürftige Gruppe besonders benachteiligt wird (BGE 135 I 49 E. 4.3 S. 55). 7.2.3. Das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 8 Abs. 2 BV schliesst die Anknüpfung an ein verpöntes Merkmal nicht absolut aus. Eine solche begründet zunächst lediglich den blossen Verdacht einer unzulässigen Differenzierung. Dieser kann durch eine qualifizierte Rechtfertigung umgestossen werden (BGE 138 I 305 E. 3.3 S. 316 f.; 135 I 49 E. 4.1 S. 53 f. mit Hinweisen). 7.2.4. Gemäss Art. 8 Abs. 2 BV bilden Personen mit einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung eine spezifische Gruppe. Es zählen dazu Personen, die in ihren körperlichen, geistigen oder psychischen Fähigkeiten auf Dauer beeinträchtigt sind und für welche die Beeinträchtigung je nach ihrer Form schwerwiegende Auswirkungen auf elementare Aspekte der Lebensführung hat. Mit Blick auf die Einbürgerung von Behinderten ist mithin entscheidend, ob ihnen insgesamt oder einer bestimmten abgrenzbaren Untergruppe von ihnen durch eine anwendbare Regelung oder durch die Umsetzung derselben in der Praxis rechtlich oder faktisch dauernd verunmöglicht wird, sich einbürgern zu lassen. Trifft dies zu, ist zu prüfen, ob die Nichteinbürgerung ein gewichtiges und legitimes öffentliches Interesse verfolgt, als geeignet und erforderlich betrachtet werden kann und sich gesamthaft als verhältnismässig erweist (vgl. BGE 135 I 49 E. 6.1 S. 58 f.). Für diese Prüfung der allfälligen Rechtfertigung einer nachteiligen Massnahme ist entscheidend auf die gesamten massgeblichen Umstände des Einzelfalles und die entsprechenden konkreten Schutzbedürfnisse abzustellen (vgl. MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl., 2008, S. 757 f.). Bei der Umsetzung der gesetzlichen Einbürgerungskriterien sind dabei die konkreten Fähigkeiten der behinderten Personen zu berücksichtigen bzw. die Einhaltung der entsprechenden Voraussetzungen ist in einer an den spezifischen Möglichkeiten ausgerichteten und diese angemessen würdigenden Art und Weise zu prüfen. 7.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, schon wiederholt Behinderte eingebürgert zu haben, weshalb sie den Vorwurf der Diskriminierung derselben zurückweise. Sie habe der Beschwerdegegnerin die Erteilung des Bürgerrechts im Wesentlichen deshalb verweigert, weil diese aufgrund ihrer geistigen Behinderung gar keinen Willen zur Einbürgerung habe. Die Vorinstanz beurteilte dies als diskriminierend. Während die Beschwerdeführerin darin einen Einbürgerungsautomatismus sieht, erachtete das Verwaltungsgericht das Kriterium der Beschwerdeführerin als undifferenzierten Ausschluss einer ganzen Gruppe von der Einbürgerung. Das Verwaltungsgericht leitete aus verschiedenen Umständen bei der Beschwerdegegnerin einen mutmasslichen Einbürgerungswillen ab. 7.3.1. Es ist erstellt und nicht strittig, dass die Beschwerdegegnerin in geistiger Hinsicht ein Niveau aufweist, das dem Stand eines Kleinkindes entspricht. Es ist daher davon auszugehen, dass sie die Tragweite einer Einbürgerung tatsächlich nicht bzw. jedenfalls nicht vollumfänglich erfasst. Wird gestützt darauf die Einbürgerung verweigert, wird indessen eine ganze Untergruppe von Behinderten, nämlich diejenige, die sich aus solchen Menschen zusammensetzt, denen es an der Urteilsfähigkeit hinsichtlich einer Einbürgerung fehlt, von der Erteilung des Bürgerrechts ausgeschlossen. Auch wenn sich die Praxis der Beschwerdeführerin an einem grundsätzlich objektiven Kriterium ausrichtet und nicht auf eine Benachteiligung abzielt, hat sie doch zumindest indirekt diesen diskriminierenden Effekt. Das wird zusätzlich dadurch unterstrichen, dass das Gesetz die Einbürgerung mangels Urteilsfähigkeit nicht nur nicht ausschliesst, sondern sogar ausdrücklich vorsieht. In diesem Sinne bestimmen die Art. 33 und 34 BüG, dass Unmündige durch ihren gesetzlichen Vertreter ein Gesuch um Einbürgerung zu stellen vermögen. In Konkretisierung des Bundesrechts regeln die §§ 8 und 9 KBüG die Einbürgerung unmündiger Kinder im Kanton Thurgau. Gemäss § 8 KBüG können ebenfalls entmündigte Personen über ihren gesetzlichen Vertreter um selbständige Einbürgerung ersuchen. § 8 Abs. 2 KBüG schreibt vor, dass Urteilsfähige das Gesuch mitzuunterzeichnen haben. Urteilsunfähige sind davon e contrario dispensiert, nicht aber von der Einbürgerung als solcher ausgeschlossen. Die Gesetzesordnung von Bund und Kanton stellt die Einbürgerung demnach nicht unter den Vorbehalt der entsprechenden Urteilsfähigkeit beim Einzubürgernden selbst. Diese gesetzliche Ordnung dient nicht zuletzt der Chancengleichheit von wegen geistiger Behinderung Urteilsunfähigen bei der Einbürgerung und ist in den Zusammenhang mit dem in Art. 8 Abs. 4 BV enthaltenen Gesetzgebungsauftrag zur Beseitigung von Benachteiligungen wegen Behinderung zu stellen (vgl. BERNHARD WALDMANN, Das Diskriminierungsverbot von Art. 8 Abs. 2 BV als besonderer Gleichheitssatz, 2003, S. 428 ff.). Der im Einzelfall gefällte Entscheid, die Beschwerdegegnerin als geistig Behinderte mangels eigenen Willens zur Einbürgerung von derselben auszuschliessen, entspricht mithin nicht der gesetzlichen Ordnung und erweist sich aufgrund seiner generellen Wirkung, die zumindest alle dem Kleinkindalter entwachsenen Personen trifft, denen die Urteilsfähigkeit hinsichtlich der Einbürgerung abgeht, als diskriminierend. 7.3.2. Die Beurteilung der Praxis der Beschwerdeführerin als grundsätzlich diskriminierend führt entgegen deren Auffassung nicht zu einem Einbürgerungsautomatismus bei geistiger Behinderung ohne nähere Prüfung des Einzelfalles. Vielmehr ist in jedem Fall aufgrund der konkreten Umstände zu prüfen, ob die Nichteinbürgerung ein gewichtiges und legitimes öffentliches Interesse verfolgt, als geeignet und erforderlich betrachtet werden kann und sich gesamthaft als verhältnismässig erweist. Nicht das einzige, aber ein wichtiges Kriterium spielt dabei der mutmassliche Wille der betroffenen Person zur Einbürgerung. 7.3.3. Die Vorinstanz stellte fest, dass die Beschwerdegegnerin seit ihrem fünften Altersjahr in der Schweiz lebt und unter der Woche in einer geeigneten Institution untergebracht ist. Sie ist mit den schweizerischen Verhältnissen vertraut, versteht offenbar, soweit dies ihrem geistigen Niveau entspricht, Schweizer- und Hochdeutsch und kann sich unter Benutzung eines speziellen Computers auch in diesen Sprachen äussern. Diese Feststellungen sind unstrittig und für das Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 5). Zwar haben die Eltern offenbar nie für sich selbst ein Einbürgerungsgesuch eingereicht. Dasjenige für die Beschwerdegegnerin wurde aber ursprünglich, als diese noch minderjährig war, von ihnen gestellt. Die Schwester und der Bruder der Beschwerdegegnerin sind bereits eingebürgert. Die Schwester, die bei Volljährigkeit der Beschwerdegegnerin als ihre Vormundin (heute: umfassende Beiständin) bestellt wurde, übernahm auch ihre Vertretung im Einbürgerungsverfahren und äusserte sich deutlich dazu, das Einbürgerungsgesuch zu befürworten. Dieser Willensäusserung kommt mit Blick auf Art. 34 Abs. 1 BüG sowie § 8 KBüG entscheidende Bedeutung zu. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, die Beschwerdegegnerin unterhalte weiterhin zu ihren Eltern, wo sie sich insbesondere regelmässig am Wochenende aufhalte, die engere Beziehung als zur Schwester, und der Umstand, dass sich die Eltern nicht hätten einbürgern lassen, spreche gegen den mutmasslichen Einbürgerungswillen bei der Beschwerdegegnerin. Dem ist entgegenzuhalten, dass es gerade die Eltern waren, die ursprünglich das Einbürgerungsgesuch für die Beschwerdegegnerin eingereicht und dabei vermutlich deren Situation von der eigenen sehr wohl unterschieden hatten. Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass urteilsfähige Personen in einer ähnlichen Lebenssituation mit vergleichbarem Lebenshintergrund selbst ebenfalls ein Einbürgerungsgesuch gestellt hätten. 7.3.4. Im Übrigen liegt es im Interesse der Beschwerdegegnerin, in der Schweiz, wo sie seit Kindheit lebt und wo sie höchstwahrscheinlich bleiben wird, diejenige wirtschaftliche, politische und soziale Stabilität und Sicherheit anzustreben, die ihr als Staatsbürgerin in besonderem Mass zuteil wird. Selbst wenn die soziale Sicherheit in materieller Hinsicht nicht von der Staatsangehörigkeit abhängt, hat die Beschwerdegegnerin nicht nur ein ideelles, sondern auch ein eigentlich rechtliches Interesse an der Einbürgerung. Eine solche würde ihr insbesondere - nur schon mit Blick auf den Ausweisungsschutz gemäss Art. 25 Abs. 1 BV - einen gesicherteren Status in der Schweiz einräumen als derjenige, über den sie bisher als Ausländerin verfügt (vgl. BGE 135 I 49 E. 6.3 S. 62). 7.3.5. Die Beschwerdeführerin vermag keine Argumente gegen die Einbürgerung vorzubringen ausser demjenigen, dass es der Beschwerdegegnerin am Einbürgerungswillen fehle. Dass dies anhand der konkreten Umstände mutmasslich widerlegt werden kann und die Einbürgerung im klaren Interesse der Beschwerdegegnerin steht, wurde bereits dargelegt. Insgesamt verfolgt die Verweigerung des Bürgerrechts an die Beschwerdegegnerin weder ein gewichtiges und legitimes öffentliches Interesse noch erscheint sie als erforderlich sowie als gesamthaft verhältnismässig, um die erkannte Diskriminierung der Beschwerdegegnerin als geistig Behinderte zu rechtfertigen. Schliesslich gibt es keine Anhaltspunkte dafür und es ist auch nicht ersichtlich, dass der angefochtene Entscheid willkürlich wäre. Insbesondere stellte die Vorinstanz zumindest implizite fest, dass die Beschwerdegegnerin, soweit dies zugeschnitten auf ihre Situation beurteilt wird, durchaus in der Schweiz integriert ist. Das bestreitet auch die Beschwerdeführerin nicht. Analoges gilt grundsätzlich für die übrigen Voraussetzungen einer ordentlichen Einbürgerung. 7.4. Das Verwaltungsgericht verstiess mithin nicht gegen die Gemeindeautonomie der Beschwerdeführerin, indem es die Nichteinbürgerung der Beschwerdegegnerin wie das Departement als Verletzung des Diskriminierungsverbots beurteilte. 8. 8.1. Schliesslich beantragt die Beschwerdeführerin, selbst bei Abweisung der Beschwerde in der Sache diese zumindest in dem Sinne gutzuheissen, dass die Angelegenheit an das kantonale Departement für Justiz und Sicherheit zurückzuweisen und dieses anzuweisen sei, die Erteilung des Gemeindebürgerrechts direkt zu verfügen. Eine Rückweisung an die Gemeindeversammlung, wie vom Departement angeordnet, sei wenig sinnvoll, da aufgrund der ursprünglich klaren Beschlussfassung derselben ein hohes Risiko bestehe, dass die Einbürgerung erneut abgelehnt werde. 8.2. Der Antrag der Beschwerdeführerin zielt darauf ab, einen möglichen Konflikt zwischen den Rechtsmittelentscheiden und der Gemeindeversammlung zu vermeiden. Das ist zwar nachvollziehbar. Die vom Departement verfügte und vom Verwaltungsgericht bestätigte Rückweisung an die Gemeindeversammlung bedeutet aber nicht einen Eingriff in die oder gar eine Verletzung der Gemeindeautonomie. Im Gegenteil beruht die Rückweisung darauf, dass im Kanton Thurgau die politischen Gemeinden Trägerinnen des Bürgerrechts sind (vgl. § 57 Abs. 2 letzter Satz KV/TG und § 3 Abs. 1 KBüG). Sie dient demnach gerade der Verwirklichung der Gemeindeautonomie und eine Ersatzvornahme durch den Kanton wäre besonders zu rechtfertigen, wie dies etwa bei mehrmaliger erfolgloser Rückweisung bzw. aufgrund der damit verbundenen wiederholten Verfassungsverletzungen zutreffen kann (vgl. BGE 135 I 265 E. 4 S. 274 ff.). Hingegen ist die Rückweisung an die Gemeinde bei Gutheissung eines Rechtsmittels gegen einen erstmaligen kommunalen Nichteinbürgerungsentscheid durchaus üblich (vgl. etwa das Urteil des Bundesgerichts 1D_11/2007 vom 27. Februar 2008, nicht publ. E. 6 zu BGE 134 I 56). 8.3. Im vorliegenden Fall erging die Rückweisung erstmalig und sie wurde überdies nicht unmittelbar mit der Weisung zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts verbunden; vielmehr erfolgte sie zur Neubeurteilung des Falles, womit sie auch insoweit die Autonomie der Beschwerdeführerin wahrt (vgl. dazu die Urteile des Bundesgerichts 1D_1/2011 vom 13. April 2011, nicht publ. E. 4 zu BGE 137 I 235; 1C_246/2008 vom 17. November 2008 E. 5), obwohl dieser aufgrund der Rechtslage kein grosser Spielraum mehr verbleiben dürfte, sofern sich die Sachlage nicht entscheidend verändert hat. Fehlt es mithin an einem Eingriff in die Gemeindeautonomie, steht von vornherein auch keine Verletzung von Verfassungsrecht in Frage, welche die Beschwerdeführerin mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde rügen und worauf sich ihr entsprechender Antrag stützen könnte. Dieser stösst mithin ins Leere, und es kann ihm mangels massgeblichen Verfassungsverstosses keine Folge geleistet werden. 9. Die Beschwerde ist folglich abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der in ihrem amtlichen Wirkungskreis unterliegenden Gemeinde werden keine Gerichtskosten auferlegt (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen hat sie der Rechtsvertreterin der Beschwerdegegnerin eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (vgl. Art. 68 Abs. 2 BGG). Damit wird deren Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Die Politische Gemeinde Amriswil hat die Rechtsvertreterin der Beschwerdegegnerin, Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler, für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird der Politischen Gemeinde Amriswil, der Beschwerdegegnerin, dem Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 13. Mai 2013 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Der Gerichtsschreiber: Uebersax
5f3b442f-a284-4e45-a2f3-8db108662357
de
2,008
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 16. März 2008 fand die Erneuerungswahl des St. Galler Kantonsrats (Kantonsparlament) für die Amtsdauer 2008/2012 statt. Die Wahl des Kantonsrats erfolgt nach dem System der Proporzwahl. Der Kantonsrat besteht aus 120 Mitgliedern. Im Wahlkreis See-Gaster waren 15 Sitze zu vergeben. In diesem Wahlkreis errangen die miteinander verbundenen Listen Nrn. 6 und 7 der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) insgesamt 5 Sitze und die Liste Nr. 1 der Schweizerischen Volkspartei (SVP) 6 Sitze. Auf der Liste Nr. 6 kandidierte unter anderem die bisherige Kantonsrätin Barbara Keller-Inhelder. Sie erzielte auf ihrer Liste die beste Stimmenzahl und wurde gemäss Wahlprotokoll als gewählt erklärt. Die Wahlergebnisse wurden im kantonalen Amtsblatt vom 31. März 2008 veröffentlicht. Es gingen keine Beschwerden gegen die Durchführung der Wahl und deren Ergebnisse ein. Mit Botschaft vom 22. April 2008 beantragte die Regierung des Kantons St. Gallen dem Kantonsrat, die Gültigkeit der Kantonsratswahl festzustellen. B. Am 27. Mai 2008 orientierte die Kantonsregierung das Kantonsratspräsidium schriftlich, dass Barbara Keller-Inhelder Medienberichten zufolge kurz nach dem Wahltermin einen Parteiwechsel von der CVP zur SVP vollzogen habe. Die Kantonsregierung ersuchte den Kantonsrat, er möge darüber befinden, ob Barbara Keller-Inhelder ihr Amt vor diesem Hintergrund ausüben könne. Der neugewählte Kantonsrat trat erstmals am 2. Juni 2008 zusammen. An diesem Datum behandelte er unter anderem die sog. Validierung der Kantonsratswahl. Bei diesem Geschäft stimmte er zunächst über die Gültigkeit der Wahl von Barbara Keller-Inhelder ab, hiernach gesamthaft über diejenige der anderen 119 Mitglieder. Die vorberatende kantonsrätliche Kommission hatte den Antrag gestellt, die Wahl von Barbara Keller-Inhelder wegen ihres Parteiwechsels für ungültig zu erklären. Diesen Antrag lehnte der Kantonsrat mit 58 zu 54 Stimmen bei 6 Enthaltungen und 2 Abwesenheiten ab; Barbara Keller-Inhelder befand sich im Ausstand. Anschliessend stellte der Kantonsrat fest, die Wahl der anderen 119 Mitglieder sei ebenfalls gültig. C. Gegen den kantonsrätlichen Entscheid über die Validierung der Wahl von Barbara Keller-Inhelder legen Jörg Frei, Peter Kohler, Denise Camele, Sabine Eschmann und Rahel Wespe mit gemeinsamer Eingabe vom 30. Juni 2008 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Feststellung der Ungültigkeit der umstrittenen Wahl. Eventuell sei die Angelegenheit zur Vornahme der verlangten Feststellung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Barbara Keller-Inhelder hat sich zur Beschwerde nicht vernehmen lassen. Die Kantonsregierung ersucht namens des Kantonsrats um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. In der Replik halten die Beschwerdeführer an ihren Begehren fest. D. Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat das Gesuch der Beschwerdeführer um Gewährung der aufschiebenden Wirkung mit Verfügung vom 8. Oktober 2008 abgewiesen. E. Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 17. Dezember 2008 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen (vgl. Art. 29 Abs. 1 BGG). 1.1 Mit der Beschwerde nach Art. 82 lit. c BGG kann die Verletzung von politischen Rechten beim Bundesgericht geltend gemacht werden. Von der Beschwerde erfasst werden unter anderem kantonale Volkswahlen (vgl. auch Art. 88 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführer behaupten unter anderem, durch den angefochtenen Entscheid werde das Ergebnis der Willensäusserung der Wähler verfälscht. Sie berufen sich dabei auf den Anspruch, der in Art. 34 Abs. 2 BV und Art. 2 lit. x der St. Galler Kantonsverfassung vom 10. Juni 2001 (KV/SG; SR 131.225) garantiert ist. Ein hinreichender Zusammenhang zum Stimm- und Wahlrecht ist zu bejahen. 1.2 Zu Recht haben die Beschwerdeführer Beschlüsse des Kantonsrats über die Kommissionsbestellungen bzw. über die Festlegung des Schlüssels für die Zuteilung der Kommissionssitze an die einzelnen Fraktionen nicht mitangefochten; derartige Beschlüsse ergingen im Anschluss an den angefochtenen Entscheid. Die Beschwerde wegen Verletzung politischer Rechte kommt im Fall von sog. indirekten Wahlen durch das Parlament nicht in Frage (vgl. BGE 131 I 366 E. 2.1 S. 367; Urteil des Bundesgerichts 1P.36/1997 vom 18. November 1997 E. 1b in: ZBl 100/1999 S. 483). Es erübrigt sich daher, auf die Vorbringen in der Beschwerdeschrift weiter einzugehen, die sich auf derartige parlamentsinterne Wahlgeschäfte beziehen. Es ist einzig zu prüfen, ob die angefochtene Validierung der Wahl von Barbara Keller-Inhelder vor der Verfassung standhält. 1.3 Die Beschwerdeführer sind im Wahlkreis See-Gaster stimmberechtigt und zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 3 BGG). Diese richtet sich gegen einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid (Art. 88 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 BGG). Unter dem Vorbehalt der Zulässigkeit der einzelnen Rügen ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. 2.1 Zur Hauptsache rufen die Beschwerdeführer Art. 34 Abs. 2 BV und Art. 2 lit. x KV/SG an. Art. 34 Abs. 2 BV schützt die freie Willensbildung und unverfälschte Stimmabgabe. Die Garantie bedeutet, dass kein Abstimmungs- oder Wahlergebnis anerkannt werden darf, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Der Wählerwille soll sich möglichst unverfälscht in der Zusammensetzung des Parlaments widerspiegeln (vgl. BGE 131 I 442 E. 3.1 S. 447; 123 I 97 E. 4a S. 105). Art. 2 KV/SG gewährleistet die Grundrechte nach Massgabe der Bundesverfassung in allgemeiner Weise und schliesst namentlich auch die freie Willensbildung und unverfälschte Stimmabgabe in Ausübung der politischen Rechte ein (lit. x). Diese kantonalen Garantien reichen nicht über jene von Art. 34 Abs. 2 BV hinaus (Urteil des Bundesgerichts 1C_412/2007 vom 18. Juli 2008 E. 3). 2.2 In der Replik bringen die Beschwerdeführer Rügen vor, die sie in der Beschwerdeschrift nicht geltend gemacht haben. Es gilt vorweg zu prüfen, ob dies zulässig sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Beschwerdeergänzung auf dem Weg der Replik nur insoweit statthaft, als die Ausführungen in der Vernehmlassung eines anderen Verfahrensbeteiligten dazu Anlass geben. Ausgeschlossen sind hingegen in diesem Rahmen Anträge und Rügen, die der Beschwerdeführer bereits vor Ablauf der Beschwerdefrist hätte erheben können (vgl. BGE 134 IV 156 E. 1.7 S. 162; 132 I 42 E. 3.3.4 S. 47 mit weiteren Hinweisen). 2.2.1 Zum einen führen die Beschwerdeführer in diesem Rahmen aus, der angefochtene Entscheid verstosse gegen Art. 62 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Kantonsrats vom 24. Oktober 1979 (sGS 131.11) und sei auch deswegen aufzuheben. Mit dieser Bestimmung wird vorgeschrieben, dass gewisse vorberatende Kommissionen des Kantonsrats in der Regel dem Kantonsrat schriftlich Bericht zu erstatten haben. Die Beschwerdeführer beanstanden, es sei vorliegend nur eine kurze mündliche und damit unzulängliche Berichterstattung erfolgt. Dass diese neu erhobene Rüge wegen Äusserungen in der Vernehmlassung der Kantonsregierung notwendig geworden sei, ist weder behauptet noch ersichtlich. Bereits aus dem Protokollauszug, den die Beschwerdeführer als Anfechtungsobjekt eingereicht haben, geht hervor, wie die kritisierte Berichterstattung im Rat vor sich ging. Auf die diesbezüglichen Vorbringen kann demzufolge nicht eingetreten werden. 2.2.2 Zum andern dreht sich die Beschwerdeergänzung um die Tatsachenfeststellung des Kantonsrats zum Zeitpunkt, in dem Barbara Keller-Inhelder den Parteiwechsel vollzogen hat. In der Beschwerdeschrift wird entsprechend dem angefochtenen Entscheid - und ohne Infragestellung - vorgebracht, Barbara Keller-Inhelder sei im Nachgang zur Wahl aus der CVP ausgetreten und in die SVP übergetreten. Nichts anderes hat die Kantonsregierung in der Vernehmlassung an das Bundesgericht vorgetragen. In der Replik bringen die Beschwerdeführer nun die Präzisierung an, der Parteiwechsel habe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch vor dem Wahltermin stattgefunden. Auch insofern sind die Beschwerdeführer nicht zu einer Beschwerdeergänzung berechtigt. Sie machen nicht geltend, die nachträglich behaupteten Tatsachen und neu eingereichten Belege seien ihnen vor Ablauf der Beschwerdefrist nicht zugänglich gewesen. Aus diesem Grund kann auf die diesbezüglichen Ausführungen nicht eingegangen werden. Im Übrigen bekräftigen die Beschwerdeführer in der Replik, die Gegenseite habe mit der Kommunikation des Parteiwechsels gezielt bis nach den Wahlen zugewartet. Die Beschwerdeführer zeigen nicht auf, inwiefern ihre neue Sachdarstellung für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein soll. Nur unter dieser Voraussetzung wäre eine Sachverhaltsrüge gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG überhaupt zulässig. Auch im Hinblick darauf sind die neuen Vorbringen zum Sachverhalt unbeachtlich. 2.3 Im Ergebnis ist der Streitgegenstand auf die Frage beschränkt, ob es das Stimm- und Wahlrecht verletzt, Barbara Keller-Inhelder trotz des nach den Wahlen vollzogenen Parteiwechsels zur Amtsausübung zuzulassen. Es ist unbestritten, dass die übrigen rechtlichen Voraussetzungen für den Amtsantritt erfüllt sind. Die Beschwerdeführer legen Barbara Keller-Inhelder zur Last, sich gegenüber der Wählerschaft treuwidrig verhalten zu haben. An ihrer Stelle sei dem in Frage kommenden Ersatzmitglied der Wahlliste das Nachrücken zu gestatten. Der Kantonsrat habe verkannt, dass er zum Schutz von Sinn und Zweck des Proporzwahlrechts zu einer solchen Anordnung verpflichtet sei. Die Beschwerdeführer verlangen von den Parlamentariern keine rechtliche Bindung während der ganzen Amtsdauer an die angestammte Partei. Ein Übertritt noch vor der Konstituierung des neugewählten Parlaments ist aber ihrer Meinung nach besonders stossend. Werde in einem solchen Fall der Amtsantritt geschützt, dann entspreche die Zusammensetzung des Parlaments von Beginn weg nicht dem Wählerwillen. 3. 3.1 An sich ist es richtig, dass aus Sicht der Stimmberechtigten die Zusammensetzung des Parlaments nicht nur am Wahltag selbst, sondern auch danach dem Wahlergebnis entsprechen soll. Wie es sich insofern verhält, wenn ein gewählter Kandidat bzw. ein Parlamentarier aus der Partei ausscheidet oder in eine andere Partei übertritt, muss vorliegend untersucht werden. 3.2 Dabei ist einzubeziehen, dass für die im Amte stehenden Parlamentsmitglieder das Prinzip der auftragsfreien Repräsentation gilt (sog. freies Mandat). Für die Mitglieder der Bundesversammlung wird dieser Grundsatz heute aus Art. 161 Abs. 1 BV abgeleitet; die Bestimmung wurde inhaltlich unverändert aus Art. 91 aBV übernommen (vgl. dazu ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER/HELEN KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl., Zürich 2008, N. 1607; Moritz von Wyss, in: St. Galler BV-Kommentar, 2. Aufl., 2008, N. 3 ff. zu Art. 161 BV; Pierre TSCHANNEN, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl., Bern 2007, § 34 N. 1; ANDREAS AUER/GIORGIO MALINVERNI/MICHEL HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Bd. I, 2. Aufl., Bern 2006, N. 70; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, in: Petit Commentaire de la Constitution fédérale, Zürich 2003, N. 4 zu Art. 161 BV; derselbe, in: aBV-Kommentar, N. 1 ff. zu Art. 91 aBV). Nach der herrschenden Staatsrechtslehre in der Schweiz gehört der Grundsatz der auftragsfreien Repräsentation zum Wesen des parlamentarischen Mandats (vgl. WALTER HALLER/ALFRED KÖLZ/THOMAS GÄCHTER, Allgemeines Staatsrecht, 4. Aufl., Basel 2008, S. 247 f.; TSCHANNEN, a.a.O., § 30 N. 12 ff.; AUBERT, in: Petit Commentaire, Vorbemerkungen vor Art. 148 ff. BV, N. 1 lit. f). Kritisch zu diesem Grundsatz geäussert hat sich PETER SALADIN; er postulierte eine Verantwortung der Parlamentarier gegenüber ihrer Wählerschaft (Verantwortung als Staatsprinzip, Bern 1984, S. 174 f.). In abgeschwächter Form bekennen sich mehrere Autoren unter dem Stichwort "Responsiveness" zu einer Bindung der Parlamentarier gegenüber ihrer Wählerschaft als Ansprechpartner (vgl. dazu JÖRG PAUL MÜLLER, «Responsive Government»: Verantwortung als Kommunikationsproblem, ZSR 1995 I S. 3 ff., 15, 21; RENÉ RHINOW, Grundzüge des Schweizerischen Verfassungsrechts, Basel 2003, N. 1856, 2239; PHILIPPE MASTRONARDI, Verfassungslehre, Bern 2007, N. 494 f.; so schon SALADIN, a.a.O., S. 177 ff.). Der Inhalt der soeben erwähnten Standpunkte muss nicht vertieft erörtert werden. Nach dem geltenden Verfassungsrecht des Bundes ist vom Prinzip des freien Mandats auszugehen. 3.3 Die sanktgallische Kantonsverfassung enthält keine Regelung zu diesem Aspekt des Parlamentsrechts. Im Schrifttum wird davon ausgegangen, dass der Grundsatz des freien Mandats für ein Kantonsparlament auch ohne besondere Regelung im kantonalen Recht gilt (vgl. MATTHIAS HAUSER, in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Zürich 2007, N. 1 zu Art. 52 KV/ZH; PETER MÜNCH, Wesen und Bedeutung der Parlamentsfraktion aus schweizerischer Sicht, in: Archiv des öffentlichen Rechts, 120/1995 S. 382 ff., 410; KURT EICHENBERGER, Kommentar zur Verfassung des Kantons Aargau, Aarau 1986, N. 4 der Vorbemerkungen vor §§ 76 ff. KV/AG). Wie die Kantonsregierung in der Vernehmlassung an das Bundesgericht darlegt, sind Parteiwechsel von Kantonsratsmitgliedern nach dem Amtsantritt in der St. Galler Praxis wiederholt vorgekommen, ohne dass diese Politiker zur Abgabe des Mandats verpflichtet gewesen wären. Ungewöhnlich ist beim vorliegenden Fall, dass der Parteiwechsel bereits vor Amtsantritt vollzogen wurde. Im Ergebnis hat der Kantonsrat hier dem Grundsatz des freien Mandats eine für die Zeit zwischen Wahl und Amtsantritt vorauswirkende Tragweite verliehen. Es fragt sich, ob dieser Entscheid mit den politischen Rechten der Beschwerdeführer vereinbar ist. 4. Bei Stimmrechtsbeschwerden überprüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten frei (Art. 95 lit. a und c BGG). Gestützt auf Art. 95 lit. d BGG prüft es auch die Anwendung des kantonalen Rechts, das den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normiert oder mit diesem in engem Zusammenhang steht, mit freier Kognition. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst es sich allerdings der vom obersten kantonalen Organ vertretenen Auffassung an; als solches werden Volk und Parlament anerkannt (vgl. Urteil 1C_5/2007 vom 30. August 2007, E. 1, in: ZBl 109/2008 S. 155). Trotz der freien Prüfung weicht das Bundesgericht nicht leichthin von der Beurteilung des kantonalen Parlaments ab. 5. Unter dem Blickwinkel der politischen Rechte geht es um den Aspekt, dass die Volkswahl von Verfassungs wegen eine direkte sein muss. 5.1 Art. 39 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 BV verpflichten die Kantone, den Stimmberechtigten das Recht zur direkten Wahl der Volksvertreter einzuräumen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1P.605/1994 vom 16. März 1995 E. 2b, in: ZBl 97/1996 S. 134). Dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe genügen grundsätzlich sowohl das Mehrheits- als auch das Verhältniswahlverfahren (BGE 131 I 74 E. 3.2 S. 79, 85 E. 2.2 S. 87; je mit Hinweisen). Die Mitglieder des St. Galler Kantonsrats werden gemäss Art. 37 KV/SG in den bezeichneten Wahlkreisen nach Proporz gewählt. Wie Art. 54 Abs. 1 des kantonalen Gesetzes vom 4. Juli 1971 über die Urnenabstimmungen (UAG/SG; sGS 125.3) festlegt, richtet sich das Wahlverfahren sachgemäss nach der Bundesgesetzgebung zur Wahl des Nationalrats, mithin nach dem Bundesgesetz vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (BPR; SR 161.1). 5.2 Das Wahlsystem der Verhältniswahl bezweckt, alle massgeblichen politischen Kräfte nach Massgabe ihrer Parteistärke im Parlament Einsitz nehmen zu lassen (vgl. BGE 131 I 74 E. 3.3 S. 80; 123 I 97 E. 4d S. 106 mit weiteren Hinweisen). Bei diesem Wahlsystem tritt die Persönlichkeitswahl in den Hintergrund; im Vordergrund steht die von der Partei bzw. politischen Gruppierung aufgestellte Liste (vgl. BGE 118 Ia 415 E. 6c S. 420 f.; Urteil 1C_217/2008 vom 3. Dezember 2008 E. 2.1). Für die Stimmberechtigten zeichnet sich die Proporzwahl dadurch aus, dass sie nur Kandidaten wählen können, die auf einer Liste vorgeschlagen sind (BGE 98 Ia 64 E. 3c S. 72 f.; YVO HANGARTNER/ANDREAS KLEY, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich 2000, N. 1436). Das Stimm- und Wahlrecht umfasst bei Proporzwahlen einen Anspruch auf gehörige Bekanntgabe der Listen; dazu gehören Angaben über die Erklärung einer Listenverbindung (vgl. BGE 104 Ia 360 E. 3a S. 363 f.). 5.3 Die Parteien schlagen die Kandidaten vor, die auf ihren Listen zur Wahl stehen. Die behördliche Bereinigung der Kandidatenlisten erfolgt im Vorverfahren. Im Rahmen des Vorverfahrens haben die Kandidaten schriftlich zu bestätigen, dass sie den Wahlvorschlag annehmen (Art. 13 Abs. 4 der Vollzugsverordnung vom 17. August 1971 zum kantonalen Gesetz über die Urnenabstimmungen [VV-UAG/SG; sGS 125.31] unter Hinweis auf Art. 22 BPR). Ausserdem ist die sog. Doppelkandidatur verboten: Der Kandidatenname darf nur auf einer Liste erscheinen (vgl. HANGARTNER/KLEY, a.a.O., N. 1433; vgl. im Einzelnen Art. 15 VV-UAG/SG unter Hinweis auf Art. 27 BPR). Mit diesen Sicherungen wird gewährleistet, dass für den Wahlgang jeder Kandidat einer Liste - bzw. der dahinter stehenden Partei - zugeordnet werden und gestützt darauf direkt die Mandatszuteilung vorgenommen werden kann. Die behördliche Prüfung im Rahmen des Vorverfahrens ist jedoch vorwiegend formeller Natur. Es ist weder vorgeschrieben noch wird geprüft, ob die Kandidaten eine Bindung zu der Partei aufweisen, die sie auf der Liste aufstellt. Zwar werden sich die Kandidaten im Wahlkampf bildlich gesprochen das Etikett der Partei anheften müssen, auf deren Liste sie sich um einen Parlamentssitz bewerben. Diese Tatsache verändert aber die rechtliche Tragweite der vorgenannten Erklärung der Kandidaten im Lichte von Art. 13 Abs. 4 VV-UAG/SG nicht. Daraus lässt sich nichts anderes ableiten, als dass die Unterzeichner mit einer Kandidatur auf dieser Liste einverstanden sind. Sie geben mit dieser Erklärung kein Versprechen zu ihrem Verhalten nach dem Wahlgang ab. 5.4 Bei der Proporzwahl bedeutet die Stimmabgabe für einen Kandidaten gleichzeitig eine solche für die Liste, auf der er kandidiert. Diese Einheit von Kandidatenstimme und Listenstimme gilt nachgerade im System der Einzelstimmenkonkurrenz, das im Kanton St. Gallen zur Anwendung gelangt. Das System regelt die Wirkungen des sog. Panaschierens in der Weise, dass die eingelegte Liste Stimmen an die Listen der anderen Parteien verliert, für deren Kandidaten gestimmt wird (vgl. HANGARTNER/KLEY, a.a.O., N. 1439 f., auch zum Folgenden). Auch nach dieser Ordnung werden die Sitze in erster Linie einer Liste bzw. Listenverbindung gemäss der gesamthaft erlangten Stimmenzahl zugeteilt. Innerhalb der Liste werden diese Sitze an die Kandidaten mit den meisten Stimmen vergeben. Primär entscheidend ist somit die Stimme für die Liste. Auch beim Modus der Einzelstimmenkonkurrenz erreichen die direkt abgegebenen Kandidatenstimmen oft nicht die Schwelle, die für das Erlangen eines Mandats mathematisch nötig ist. Unter diesen Umständen verdankt der Kandidat sein Mandat zu einem bedeutenden Teil der Anrechnung von weiteren Listenstimmen. So verhält es sich im vorliegenden Fall, auch wenn Barbara Keller-Inhelder das beste Wahlresultat auf ihrer Liste aufweist. Sie hat rund 4'600 Stimmen auf sich vereinigt; die Verteilungszahl für ein Vollmandat lag bei über 11'500 Stimmen. Der verfassungsrechtliche Entscheid über Auseinandersetzungen der vorliegenden Art kann freilich nicht von der gewonnenen Zahl an Kandidatenstimmen im Einzelfall abhängen. 5.5 Wie bei E. 3.3 hiervor angesprochen, spielt vielmehr eine wesentliche Rolle, dass die Mitglieder des St. Galler Kantonsparlaments aus ihrer angestammten Partei austreten und sogar in eine andere Partei übertreten können, ohne deshalb zur Abgabe des Mandats verpflichtet zu sein. Sie verletzen keine rechtliche Treuepflicht gegenüber ihrer Wählerschaft, wenn sie die Partei nach Amtsantritt wechseln. Ein derartiges Verhalten verstösst nicht gegen politische Rechte der Wählerschaft (vgl. allgemein TOMAS POLEDNA, Wahlrechtsgrundsätze und kantonale Parlamentswahlen, Diss. Zürich 1988, S. 283). Dieser Autor spricht sich an derselben Stelle dafür aus, den Schutz vor Mandatsverlust auch auf Konstellationen zu erstrecken, bei denen das Ausscheiden aus der Partei zwischen Wahltermin und Amtsantritt geschieht. In diese Richtung weisen ältere Entscheide bezüglich Ersatzmitgliedern des Nationalrats; letztere wurden zur Amtsausübung zugelassen, obwohl sie zwischen der Wahl und dem Zeitpunkt des Nachrückens aus ihrer Partei ausgetreten waren bzw. die Partei gewechselt hatten (vgl. dazu Jean-François Aubert, Bundesstaatsrecht der Schweiz, Band II, Basel 1995, N. 1191, unter anderem mit Hinweis auf VEB 22/1952 Nr. 10). 5.6 Hier ist der Parteiwechsel nur kurz nach dem Wahltag bzw. noch vor der Konstituierung des neugewählten Parlaments vollzogen worden. Dieser Schritt mag fragwürdig und der damit bewirkte Verlust an politischer Glaubwürdigkeit gross sein. Dennoch ist auch ein derartiger Parteiübertritt mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des direkten Wahlrechts vereinbar. Unmittelbar aus den verfassungsmässigen politischen Rechten lassen sich keine höheren Anforderungen an die Zulassung zum Amtsantritt ableiten, als später während der Amtsausübung gelten. Immerhin stünde es dem kantonalen Gesetzgeber frei, eine Regelung über Konsequenzen zu erlassen für den Fall, dass ein gewählter Kandidat noch vor der Validierung der Wahl aus eigenen Stücken zu der Partei einer konkurrierenden Liste überwechselt. Eine derartige Vorschrift besteht hier nicht. Vor diesem Hintergrund hält es vor der Verfassung stand, dass der Kantonsrat die Wahl von Barbara Keller-Inhelder trotz des fraglichen Parteiwechsels als gültig eingestuft und ihr die Amtsausübung erlaubt hat. 5.7 Aufgrund der vorstehenden Überlegungen bildet es ebenfalls keinen gangbaren Weg, die Kandidatenstimmen von Barbara Keller-Inhelder von der alten auf die neue Partei zu transferieren und in diesem Sinne die Sitzzuteilung an die Wahllisten neu zu berechnen. Es besteht daher kein Anlass, den von den Beschwerdeführern verlangten Amtsbericht zu einer Neuberechnung des Wahlergebnisses auf einer solchen Grundlage einzuholen. 6. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Praxisgemäss sind den unterliegenden Beschwerdeführern Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG; BGE 133 I 141). Der Kantonsregierung, die namens des Kantonsrats am bundesgerichtlichen Verfahren teilgenommen hat, steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). Nicht anders verhält es sich bezüglich Barbara Keller-Inhelder, die sich im bundesgerichtlichen Verfahren nicht geäussert hat (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsrat des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 17. Dezember 2008 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Kessler Coendet
602acedc-2459-4785-a29a-9bbcdf50ecc4
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Faits: A. Depuis le 8 mars 2004, suite à un transfert de bail, H.X._ et F.X._ louent des locaux commerciaux à la Ville de Genève. Le bail porte sur un local d'environ 73 m2 au rez-de-chaussée et un autre d'environ 35 m2 au sous-sol d'un immeuble situé à Genève. Le loyer a été fixé à 19'224 fr. par année, charges non comprises. H.X._ et F.X._ sont propriétaires du fonds de commerce du café-restaurant "...", exploité dans les locaux commerciaux. Par un contrat conclu le 23 mars 2006, ils ont remis en gérance l'établissement "..." à Y._ (ci-après: la gérante) à compter du 1er mai 2006. La durée de la gérance a été fixée à l'art. 2 du contrat: "[Elle] est fixée pour une durée d'une année commençant le 1er mai 2006 et terminant le 30 avril 2007. Sauf avis contraire signifié à l'autre partie au plus tard 6 mois avant l'échéance, par lettre recommandée, le contrat sera reconduit d'année en année aux mêmes clauses et conditions ce, jusqu'à un total de 5 années". Selon l'art. 3 de la convention, la gérante s'est engagée à payer à H.X._ et F.X._, par mois d'avance, une indemnité mensuelle de 4'175 fr. (montant comprenant le loyer avec charges, la gérance et le garage). Enfin, l'art. 4 du contrat prévoit ce qui suit: "(...) pour l'obtention de l'exploitation du fonds de commerce un montant de 101'000 fr. est versé par le gérant au cédant, à la remise des clés. La différence pour avoir accès au bail est de 129'999 fr. Le gérant pourra en tout temps verser des acomptes" (al. 1). Le paiement du loyer-gérance se fera au plus tard le 5 du mois en cours. En cas de retard dans le paiement d'une quelconque indemnité mensuelle, le cédant pourra fixer au gérant un délai de 60 jours et lui signifiera qu'à défaut de paiement dans ce délai, il sera en droit de résilier la présente convention et le montant susmentionné de 101'000 fr. et les éventuels acomptes resteront en mains du cédant pour dédommagement" (al. 2). Par courrier du 30 novembre 2006, le mandataire de l'époque de la gérante a indiqué à H.X._ et F.X._ que sa cliente souhaitait acquérir la totalité du fonds de commerce et qu'elle avait versé, le 5 mai 2006, la somme de 179'900 fr.; la gérante sollicitait le transfert de bail en sa faveur. Le 6 décembre 2006, la fiduciaire de H.X._ et F.X._ a répondu au mandataire de la gérante que celle-ci n'avait rien versé et qu'elle devait toujours à H.X._ et F.X._ un montant de 18'262 fr. sur la base d'une reconnaissance de dette du 22 juin 2006. Dès le mois de mars 2007, la gérante a cessé le paiement de l'indemnité mensuelle prévue par le contrat. Par pli recommandé du 4 mai 2007, le conseil de H.X._ et F.X._ a mis en demeure la gérante de verser à ses clients, avant le 15 juillet 2007, la somme de 16'700 fr., à titre d'indemnités des mois de juin et de mars à mai 2007. Le courrier précisait: "Si vous ne vous conformez pas à cette injonction, Monsieur H.X._ et Madame F.X._ feront application de l'alinéa 2 de l'article 4 du contrat de bail". Par avis officiel du 16 juillet 2007, H.X._ et F.X._ ont résilié le contrat les liant à la gérante pour le 31 août 2007, en raison du non-paiement de l'indemnité mensuelle. Le 20 juin 2007, la gérante a versé 1'200 fr. à H.X._ et F.X._, et le même montant le 6 juillet 2007. Elle a également versé 14'400 fr. le 23 juillet 2007. B. La gérante a contesté le congé donné le 16 juillet 2007. La tentative de conciliation devant la Commission de conciliation en matière de baux et loyers ayant échoué, elle a introduit, le 12 décembre 2007, une requête en contestation du congé auprès du Tribunal des baux et loyers du canton de Genève. De leur côté, H.X._ et F.X._ ont sollicité l'évacuation de la gérante des locaux non libérés par elle à l'issue de la résiliation de bail. La tentative de conciliation s'étant soldée par un échec, ils ont saisi, le 5 mars 2008, le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève de leur requête. Ayant ordonné la jonction des causes, le Tribunal des baux et loyers a, par jugement du 18 février 2009, constaté la validité du congé, condamné la gérante à évacuer immédiatement les locaux commerciaux, mis à sa charge les débours et débouté les parties de toutes autres conclusions. En substance, le Tribunal des baux et loyers a retenu que toutes les conditions légales relatives à la mise en demeure, à la résiliation du bail et à la demande d'évacuation étaient réunies. Il est arrivé à la conclusion qu'aucun des témoins n'avait été en mesure de confirmer que la gérante avait remis à H.X._ la somme de 180'000 fr. et qu'il était douteux qu'elle lui ait remis un tel montant sans lui demander de quittance. Saisie d'un appel de la gérante, la Chambre d'appel en matière de baux et loyers de la Cour de justice du canton de Genève a, par arrêt du 5 octobre 2009, annulé le jugement entrepris, constaté l'inefficacité de la résiliation adressée par H.X._ et F.X._ à Y._, condamné les premiers au paiement d'un émolument en faveur de l'Etat et débouté les parties de toutes autres conclusions. Sur la question de l'éventuelle remise d'un montant de 180'000 fr., la cour cantonale, considérant qu'il ne se justifiait pas d'ordonner la réouverture des enquêtes, a débouté l'appelante de ses conclusions sur ce point. S'agissant de la validité de la résiliation du bail à ferme liant les parties, elle a donné raison à l'appelante, considérant que si la sommation avait été valablement expédiée, elle ne contenait toutefois aucune menace de résiliation de bail et ne respectait donc pas l'exigence de l'art. 282 CO. C. H.X._ et F.X._ exercent un recours en matière civile contre l'arrêt cantonal du 5 octobre 2009. Ils concluent à l'annulation de l'arrêt entrepris et à la confirmation du jugement de première instance, à tout le moins au renvoi de la cause à la Cour de justice, sous suite de dépens. Subsidiairement, les recourants concluent à ce que Y._ soit déboutée de toutes autres ou contraires conclusions. L'intimée conclut à l'irrecevabilité du recours et, sur le fond, à son rejet et à la confirmation de l'arrêt de la Cour de justice, sous suite de dépens.
Considérant en droit: 1. 1.1 Compte tenu des prestations convenues en l'espèce, il n'est pas douteux que le contrat conclu entre les parties doit être qualifié de bail à ferme non agricole (art. 275 CO). Les parties ne le contestent d'ailleurs pas. La règle de l'art. 74 al. 1 let. a LTF visant le contrat de bail à loyer (art. 253 CO), elle ne s'applique pas dans le cas d'un bail à ferme (BERNARD CORBOZ, in Commentaire de la LTF, no 25 ad art. 74 LTF; BEAT RUDIN, in Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, no 12 ad art. 74 LTF et la référence). Le recours n'est donc recevable que si la valeur litigieuse s'élève au moins à 30'000 fr. (art. 74 al. 1 let. b LTF). En cas de bail de durée déterminée, la valeur litigieuse équivaut au loyer pendant la durée convenue (PETER HIGI, Zürcher Kommentar, OR, 4e éd. 1996, no 28 ad art. 273; DAVID LACHAT, Le bail à loyer, 2008, n. 6.7, note de pied 235, p. 759). Pour un bail de durée indéterminée, elle est égale au loyer de la période minimum pendant laquelle le contrat subsiste si la résiliation n'est pas valable, période qui s'étend jusqu'à la date pour laquelle un nouveau congé peut être donné. En principe, la durée déterminante pour le calcul de la valeur litigieuse ne saurait être inférieure à la période de trois ans pendant laquelle l'art. 271a al. 1 let. e CO (auquel renvoie l'art. 300 al. 1 CO) consacre l'annulabilité d'une résiliation (arrêt 4C.167/2002 du 8 octobre 2002 consid. 1.1; arrêt 4C.310/1996 du 16 avril 1997, publié in SJ 1997 p. 493, consid. 2 et les références citées). En l'espèce, les parties sont convenues que "le contrat sera reconduit d'année en année (...) ce, jusqu'à un total de 5 années". Il s'agit donc d'un contrat avec une durée maximale de cinq ans. La doctrine considère ce cas de figure comme un contrat de durée indéterminée (cf. HIGI, op. cit., no 28 et 30 ad art. 273 CO). Il n'en demeure pas moins qu'en l'espèce, le contrat arrivera à échéance le 30 avril 2011, soit avant la fin de la période de trois ans prévue à l'art. 271a al. 1 let. e CO. Comme les loyers, gérances et charges s'élevaient mensuellement à 4'175 fr, la limite de 30'000 fr. fixée par l'art. 74 al. 1 let. b LTF est néanmoins sans conteste atteinte même si l'on prend en compte, pour le calcul de la valeur litigieuse, la durée du bail jusqu'à l'échéance convenue dans le contrat du 23 mars 2006. Interjeté par la partie qui a succombé dans ses conclusions en validation du congé et en évacuation (art. 76 al. 1 LTF) et dirigé contre un arrêt final (art. 90 LTF) rendu en matière civile (art. 72 al. 1 LTF) par une autorité cantonale de dernière instance (art. 75 LTF), le recours est en principe recevable, puisqu'il a été déposé dans le délai (art. 100 al. 1 et 45 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi. 1.2 Le recours peut être interjeté pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF. Le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF). Il n'est donc limité ni par les arguments soulevés dans le recours, ni par la motivation retenue par l'autorité précédente; il peut admettre un recours pour un autre motif que ceux qui ont été invoqués et il peut rejeter un recours en adoptant une argumentation différente de celle de l'autorité précédente (ATF 134 III 102 consid. 1.1 p. 104). Compte tenu de l'exigence de motivation contenue à l'art. 42 al. 1 et 2 LTF, sous peine d'irrecevabilité (art. 108 al. 1 let. b LTF), le Tribunal fédéral n'examine en principe que les griefs invoqués; il n'est pas tenu de traiter, comme le ferait une autorité de première instance, toutes les questions juridiques qui se posent, lorsque celles-ci ne sont plus discutées devant lui (ATF 134 III 102 consid. 1.1 p. 105). Il ne peut pas entrer en matière sur la violation d'un droit constitutionnel ou sur une question relevant du droit cantonal ou intercantonal si le grief n'a pas été invoqué et motivé de manière précise par la partie recourante (art. 106 al. 2 LTF). 1.3 Le Tribunal fédéral conduit son raisonnement juridique sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). Il ne peut s'en écarter que si les faits ont été établis de façon manifestement inexacte - ce qui correspond à la notion d'arbitraire (ATF 134 V 53 consid. 4.3 p. 63) - ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). La partie recourante ne peut critiquer les constatations de fait qu'en expliquant de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées, faute de quoi il n'est pas possible de tenir compte d'un état de fait qui diverge de celui contenu dans la décision attaquée (ATF 133 IV 286 consid. 1.4 p. 287). En conséquence, il n'est pas possible de prendre en considération l'exposé des faits figurant aux pages 3 à 15 du recours. 1.4 Le Tribunal fédéral ne peut aller au-delà des conclusions des parties (art. 107 al. 1 LTF). Toute conclusion nouvelle est irrecevable (art. 99 al. 2 LTF). 2. 2.1 Les recourants reprochent à la cour cantonale d'avoir considéré que la sommation du 4 mai 2007 ne contenait pas de menace de résiliation de bail, au motif que le mot "résiliation" n'y était pas inscrit. Ils admettent que la mise en demeure doit contenir une menace claire de résiliation, mais ils considèrent toutefois que cela était bien le cas en l'espèce et qu'il serait choquant que le tribunal protège un locataire qui savait que son bail serait résilié au regard de la teneur du courrier du 4 mai 2007 et de la référence (à l'art. 4 al. 2 du contrat du 23 mars 2006) contenue dans cette correspondance. Ils invoquent la violation de l'interdiction de l'arbitraire (art. 9 Cst.) sous deux angles différents: d'une part, ils soutiennent que la décision cantonale est manifestement insoutenable, qu'elle viole "un sentiment de justice important"; d'autre part, ils font également grief à l'autorité précédente d'avoir sombré dans l'arbitraire en matière d'appréciation des preuves, le contenu de la mise en demeure envoyée par les recourants le 4 mai 2007 ne comportant, selon eux, aucun flou. 2.2 Selon la jurisprudence, l'arbitraire ne résulte pas du seul fait qu'une autre solution pourrait entrer en considération ou même qu'elle serait préférable; le Tribunal fédéral n'annulera la décision attaquée que lorsque celle-ci est manifestement insoutenable, qu'elle se trouve en contradiction claire avec la situation de fait, qu'elle viole gravement une norme ou un principe juridique indiscuté, ou encore lorsqu'elle heurte de manière choquante le sentiment de la justice et de l'équité; pour qu'une décision soit annulée pour cause d'arbitraire, il ne suffit pas que la motivation formulée soit insoutenable, il faut encore que la décision apparaisse arbitraire dans son résultat (ATF 135 V 2 consid. 1.3 p. 4 s.; 134 I 263 consid. 3.1 p. 265 s.). En ce qui concerne plus précisément l'appréciation des preuves et les constatations de fait, il y a arbitraire lorsque l'autorité ne prend pas en compte, sans aucune raison sérieuse, un élément de preuve propre à modifier la décision, lorsqu'elle se trompe manifestement sur son sens et sa portée, ou encore lorsque, en se fondant sur les éléments recueillis, elle en tire des constatations insoutenables (ATF 129 I 8 consid. 2.1 p. 9). 2.3 S'agissant du moyen tiré de l'arbitraire dans l'appréciation des preuves, il est douteux que celui-ci soit recevable. Les recourants se limitent à affirmer que la mise en demeure du 4 mai 2007 n'avait rien de flou, mais qu'elle était au contraire univoque et qu'il est ainsi clair que le contrat a été résilié. Ils n'expliquent toutefois pas en quoi la cour cantonale aurait apprécié ce document de manière arbitraire. Ils ne prétendent notamment pas que l'extrait reproduit dans l'arrêt cantonal ne serait pas complet ou qu'il ne refléterait pas le sens général du courrier contenant la mise en demeure. A lire l'extrait, il est indéniable que cette lettre ne comporte aucune menace explicite de résiliation, autre étant la question de savoir si le renvoi à l'art. 4 al. 2 du contrat, contenu dans l'extrait, permet de conclure que la menace de résiliation a été valablement communiquée (cf. infra consid. 2.4). Il apparaît que les recourants, bien qu'invoquant une appréciation arbitraire des preuves, font plutôt grief à la cour cantonale d'avoir considéré que la mise en demeure litigieuse ne respecte pas les conditions de l'art. 282 CO. Ils n'invoquent certes pas expressément la violation de cette disposition, mais on comprend à la lecture de leur exposé qu'ils estiment que celle-ci aurait été transgressée par la cour cantonale et il convient dès lors d'examiner le reproche des recourants (cf. arrêt 2C_612/2007 du 7 avril 2008 consid. 2.1 et les références). 2.4 La seule question litigieuse est de savoir si la mise en demeure, qui ne contient aucune menace de résiliation mais se borne à renvoyer à l'art. 4 al. 2 du contrat du 23 mars 2006, permettait aux recourants de résilier valablement le contrat de bail à ferme. 2.4.1 En vertu de l'art. 282 CO, lorsque, après la réception de la chose, le fermier a du retard pour s'acquitter d'un terme ou de frais accessoires échus, le bailleur peut lui fixer par écrit un délai de 60 jours au moins et lui signifier qu'à défaut de paiement dans ce délai, il résiliera le bail (al. 1). Faute de paiement dans le délai fixé, le bailleur peut résilier le contrat avec effet immédiat; les baux à ferme portant sur des habitations ou des locaux commerciaux peuvent être résiliés moyennant un délai de congé minimum de 30 jours pour la fin d'un mois (al. 2). Selon la jurisprudence et la doctrine s'exprimant sur l'art. 257d CO, le courrier contenant l'avis comminatoire doit expressément indiquer qu'à défaut de paiement dans le délai imparti, le bail sera résilié (ATF 119 II 147 consid. 3 p. 150; 117 II 415 consid. 3 p. 416; Tercier/Favre, Les contrats spéciaux, 4e éd. 2009, n. 2393 p. 347; Lachat, op. cit., p. 667; Pierre Wessner, L'obligation du locataire de payer le loyer et les frais accessoires, in 9e Séminaire sur le droit du bail, 1996, p. 19; Roger Weber, in Basler Kommentar, OR I, 4e éd. 2007, no 4 ad art. 257d CO; Peter Zihlmann, Das Mietrecht, 2e éd. 1995, p. 59). Il se justifie de retenir la même exigence pour l'art. 282 CO qui est, excepté pour la seule question de la durée du délai comminatoire de paiement, identique à l'art. 257d CO (cf. Higi, op. cit, no 9 ad art. 282 CO; Benno Studer, in Basler Kommentar, OR I, 4e éd. 2007, no 1 ad art. 282 CO). A la lecture du courrier contenant l'avis comminatoire, le locataire (cf. art. 257d CO) - ou le fermier (cf. art. 282 CO) - doit clairement comprendre que le bailleur se réserve la faculté de mettre un terme au bail, si le montant n'est pas payé à temps (cf. Lachat, op. cit., p. 667; Tercier/Favre, op. cit., n. 2393 p. 347). Il ne suffit pas pour le bailleur de renvoyer, dans son courrier, à l'art. 257d CO (ou à l'art. 282 CO) (cf. Wessner, op. cit., p. 17 et les références). A défaut d'une telle menace de congé, le bailleur ne pourra valablement résilier le contrat (Lachat, op. cit., p. 667 et les références; Higi, op. cit, no 34 ad art. 257d CO; Richard Permann, Mietrecht, Kommentar, no 9 ad art. 257d CO). 2.4.2 En l'occurrence, il est patent que le courrier du 4 mai 2007 ne contient aucune menace expresse de résiliation. Dans la même mesure qu'un renvoi à l'art. 282 CO n'est pas suffisant, le renvoi à l'art. 4 al. 2 du contrat - qui rappelle simplement, en substance, les conditions de la résiliation prévue à l'art. 282 CO, et qui ne contient d'ailleurs en soi aucune formulation pouvant s'apparenter à une menace concrète de résiliation - ne permet pas non plus de retenir que le courrier contenant l'avis comminatoire réalise l'exigence stricte de l'art. 282 CO. Sur la base du courrier du 4 mai 2007, la gérante n'était donc pas à même de comprendre qu'à défaut de paiement de sa part, les recourants se réservaient la faculté de mettre un terme au contrat de bail à ferme. Ceux-ci ne pouvaient dès lors valablement résilier ce contrat le 16 juillet 2007. On ne peut ainsi reprocher à la cour cantonale d'avoir mal appliqué l'art. 282 CO. A fortiori, on ne saurait lui faire grief d'avoir rendu une décision manifestement insoutenable ou qui violerait le sentiment de justice. Sous cet angle également, le moyen est infondé, pour autant qu'il fût, au regard de la motivation sommaire des recourants, recevable. 3. Il résulte des considérants qui précèdent que le recours, mal fondé, doit être rejeté dans la mesure où il est recevable. Les frais judiciaires et les dépens sont mis à la charge des recourants, qui succombent (art. 66 al. 1 et 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté dans la mesure où il est recevable. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 2'000 fr., sont mis solidairement à la charge des recourants. 3. Les recourants verseront solidairement à l'intimée 2'500 fr. à titre de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Chambre d'appel en matière de baux et loyers du canton de Genève. Lausanne, le 10 février 2010 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Le Greffier: Klett Piaget
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Sachverhalt: A. X._ (geb. 1987) stammt aus dem Kosovo. Sie heiratete am 29. April 2008 in der Heimat den im Kanton St. Gallen niederlassungsberechtigten serbischen Staatsbürger Y._ (geb. 1980). Am 21. August 2008 reiste sie im Familiennachzug in die Schweiz ein, wo ihr am 8. September 2008 die Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihrem Gatten erteilt wurde. B. Am 26. Mai 2010 informierte Y._ das Einwohneramt St. Gallen, dass er und seine Frau ab sofort getrennt lebten. Am 3. November 2010 trat die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen auf eine Strafklage von X._ gegen ihren Ehemann wegen des Verdachts auf Nötigung bzw. Freiheitsberaubung nicht ein. Am 16. Februar 2011 entschied das Migrationsamt St. Gallen, die Aufenthaltsbewilligung von X._ nicht (mehr) zu verlängern, da die Ehe lediglich rund ein Jahr und neun Monate gedauert habe und X._ - entgegen ihren Ausführungen - nicht als Opfer häuslicher oder ehelicher Gewalt im Sinne des Ausländergesetzes gelten könne. Die Rückkehr in ihr Heimatland und die Wiedereingliederung in die dortigen Verhältnisse seien ihr zumutbar. Das Sicherheits- und Justizdepartement sowie das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen bestätigten diesen Entscheid am 26. Mai bzw. 29. August 2011. C. X._ beantragt vor Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen aufzuheben und das kantonale Sicherheits- und Justizdepartement anzuweisen, ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Sie macht geltend, Opfer "intensiver häuslicher" Gewalt geworden zu sein. Im Übrigen sei ihre Eingliederung im Kosovo, wo das Familienbild "offensichtlich patriarchal und konservativ ausgebildet" sei, ernstlich gefährdet; sie habe dort keine Arbeitsmöglichkeit und könne sich ihren Lebensunterhalt nicht selbständig verdienen, wogegen sie sich hier integriert habe und einer Arbeit nachgehe. Das Verwaltungsgericht sowie das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen beantragen wie das Bundesamt für Migration, die Beschwerde abzuweisen. D. Am 13. Oktober 2011 wies das Bundesgericht das Gesuch von X._ um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung mangels Bedürftigkeit ab. Der Abteilungspräsident legte ihrer Eingabe am gleichen Tag aufschiebende Wirkung bei. Der Kostenvorschuss wurde am 25. Oktober 2011 fristgerecht geleistet.
Erwägungen: 1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn die ausländische Person dartut, dass potenziell ein Anspruch auf die beantragte Bewilligung besteht; ob die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f., 497 E. 3.3 S. 500 f.). Die Beschwerdeführerin beruft sich in vertretbarer Weise auf einen anspruchsbegründenden nachträglichen ehelichen Härtefall (Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG [SR 142.20]). Auf ihre Eingabe ist deshalb mit folgenden Einschränkungen einzutreten: Soweit sie lediglich die bereits vor dem Verwaltungsgericht vorgebrachten Ausführungen bzw. ihre Sicht der Dinge und die bundesgerichtliche Rechtsprechung wiederholt, ohne darzutun, inwiefern die Erwägungen im angefochtenen Entscheid Bundesrecht verletzen, ist auf ihre Vorbringen mangels rechtsgenügender Begründung nicht weiter einzugehen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 - 2.3). Da die Beschwerdeführerin nicht darlegt, dass und inwiefern der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt in einem entscheidwesentlichen Punkt klar und eindeutig mangelhaft erscheint (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4), ist dieser für die bundesgerichtliche Beurteilung grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 2 BGG). Sollte es der Sachverhalt in der vorliegenden Form nicht erlauben, die sich stellenden Rechtsfragen abschliessend zu beantworten, wird die Sache zu dessen Ergänzung an die Vorinstanz zurückzuweisen sein (Art. 107 Abs. 2 BGG; Urteil 2C_784/2010 vom 26. Mai 2011 E. 4.1, nicht publ. in: BGE 137 II 345). 2. Ausländische Ehegatten von Niedergelassenen haben unter Vorbehalt von Art. 51 Abs. 2 AuG Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 43 Abs. 1 AuG). Der Bewilligungsanspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; BGE 136 II 113 E. 3.3.3). Eine (relevante) Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht. Dabei ist im Wesentlichen auf die Dauer der nach aussen wahrnehmbaren ehelichen Wohngemeinschaft abzustellen (BGE 137 II 345 E. 3.1.2). Mit Blick auf Art. 49 AuG, der den Ehegatten bei weiterdauernder Familiengemeinschaft gestattet, aus "wichtigen Gründen" getrennt zu leben, was auch bei vorübergehenden Schwierigkeiten in der Ehe kurzfristig der Fall sein kann (vgl. Art. 76 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]), ist jeweils aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall zu bestimmen, ab welchem Zeitpunkt die eheliche Gemeinschaft als definitiv aufgelöst zu gelten hat. Die unbestrittenermassen gescheiterte Ehe der Beschwerdeführerin wurde in der Schweiz vom 21. August 2008 bis Ende Mai 2010 gelebt und hat damit rund 21 Monate gedauert; Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG kommt somit nicht zur Anwendung. 3. 3.1 Die Beschwerdeführerin beruft sich auf einen Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG. Danach besteht der Bewilligungsanspruch fort, wenn "wichtige persönliche Gründe" einen weiteren Aufenthalt der betroffenen Person in der Schweiz "erforderlich" machen. Nach Art. 50 Abs. 2 AuG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 136 II 1 E. 5 S. 3 ff.) kann dies namentlich der Fall sein, wenn die ausländische Person mit abgeleitetem Aufenthaltsrecht Opfer ehelicher Gewalt geworden ist oder wenn ihre soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint. Dabei ist etwa an geschiedene Frauen (mit Kindern) zu denken, welche in ein patriarchalisches Gesellschaftssystem zurückkehren und dort wegen ihres Status als Geschiedene mit Diskriminierungen oder Ächtungen rechnen müssen. Mögliche weitere Anwendungsfälle bilden (gescheiterte) unter Zwang eingegangene Ehen oder solche im Zusammenhang mit Menschenhandel (BGE 137 II 345 E. 3.2.2). Der Verbleib in der Schweiz kann sich auch dann als erforderlich erweisen, wenn der Ehegatte, von dem sich die Aufenthaltsberechtigung ableitet, verstirbt (vgl. BGE 137 II 1 E. 3 u. 4). Schliesslich ist im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG jeweils den Interessen allfälliger Kinder Rechnung zu tragen, falls eine enge Beziehung zu ihnen besteht und sie in der Schweiz ihrerseits gut integriert erscheinen (Botschaft AuG, BBl 2002 3709 Ziff. 1.3.7.6 S. 3754; BGE 137 II 345 E. 3.2.2). Bei der Beurteilung der wichtigen persönlichen Gründe sind sämtliche Aspekte des Einzelfalles mitzuberücksichtigen (BGE 137 II 345 E. 3.2.1; vgl. zudem Art. 31 VZAE); dazu gehören auch die Umstände, die zur Auflösung der Gemeinschaft geführt haben (BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Hat der Aufenthalt nur kürzere Zeit gedauert und wurden keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft, lässt sich ein Anspruch auf weiteren Verbleib nicht begründen, wenn die erneute Integration im Herkunftsland keine besonderen Probleme stellt (Botschaft AuG, BBl 2002 3709 Ziff. 1.3.7.6 S. 3754). Entscheidend ist, ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung als stark gefährdet zu gelten hat und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre (Urteil 2C_216/2009 vom 20. August 2009 E. 3). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der konkreten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben der ausländischen Person voraus, die mit ihrer Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 43 Abs. 1 AuG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sind (BGE 137 II 345 E. 3.2.3). 3. 3.1 Die Beschwerdeführerin beruft sich auf einen Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG. Danach besteht der Bewilligungsanspruch fort, wenn "wichtige persönliche Gründe" einen weiteren Aufenthalt der betroffenen Person in der Schweiz "erforderlich" machen. Nach Art. 50 Abs. 2 AuG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 136 II 1 E. 5 S. 3 ff.) kann dies namentlich der Fall sein, wenn die ausländische Person mit abgeleitetem Aufenthaltsrecht Opfer ehelicher Gewalt geworden ist oder wenn ihre soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint. Dabei ist etwa an geschiedene Frauen (mit Kindern) zu denken, welche in ein patriarchalisches Gesellschaftssystem zurückkehren und dort wegen ihres Status als Geschiedene mit Diskriminierungen oder Ächtungen rechnen müssen. Mögliche weitere Anwendungsfälle bilden (gescheiterte) unter Zwang eingegangene Ehen oder solche im Zusammenhang mit Menschenhandel (BGE 137 II 345 E. 3.2.2). Der Verbleib in der Schweiz kann sich auch dann als erforderlich erweisen, wenn der Ehegatte, von dem sich die Aufenthaltsberechtigung ableitet, verstirbt (vgl. BGE 137 II 1 E. 3 u. 4). Schliesslich ist im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG jeweils den Interessen allfälliger Kinder Rechnung zu tragen, falls eine enge Beziehung zu ihnen besteht und sie in der Schweiz ihrerseits gut integriert erscheinen (Botschaft AuG, BBl 2002 3709 Ziff. 1.3.7.6 S. 3754; BGE 137 II 345 E. 3.2.2). Bei der Beurteilung der wichtigen persönlichen Gründe sind sämtliche Aspekte des Einzelfalles mitzuberücksichtigen (BGE 137 II 345 E. 3.2.1; vgl. zudem Art. 31 VZAE); dazu gehören auch die Umstände, die zur Auflösung der Gemeinschaft geführt haben (BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Hat der Aufenthalt nur kürzere Zeit gedauert und wurden keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft, lässt sich ein Anspruch auf weiteren Verbleib nicht begründen, wenn die erneute Integration im Herkunftsland keine besonderen Probleme stellt (Botschaft AuG, BBl 2002 3709 Ziff. 1.3.7.6 S. 3754). Entscheidend ist, ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung als stark gefährdet zu gelten hat und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre (Urteil 2C_216/2009 vom 20. August 2009 E. 3). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der konkreten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben der ausländischen Person voraus, die mit ihrer Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 43 Abs. 1 AuG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sind (BGE 137 II 345 E. 3.2.3). 3.2 3.2.1 Nach der Rechtsprechung ist im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 50 Abs. 2 AuG jede Form ehelicher bzw. häuslicher Gewalt, sei sie körperlicher oder psychischer Natur, ernst zu nehmen (Urteil 2C_155/2011 vom 7. Juli 2011 E. 4.3; vgl. etwa auch den Bericht des Bundesrates vom 13. Mai 2009 über Gewalt in Paarbeziehungen, BBl 2009 4087 ff., 4111 f.). Häusliche Gewalt bedeutet systematische Misshandlung mit dem Ziel, Macht und Kontrolle auszuüben und nicht eine einmalige Ohrfeige oder eine verbale Beschimpfung im Verlauf eines eskalierenden Streits (vgl. BGE 136 II 1 E. 5 S. 3 ff. mit Hinweisen; dazu auch die Antwort von Bundesrätin Widmer-Schlumpf vom 14. Juni 2010 zu den Geschäftsnummern 10.5275 - 10.5277 in AB 2010 N 929 f. sowie die Antwort des Bundesrates vom 17. September 2010 zur Motion 10.3515 Roth-Bernasconi "Schutz von Migrantinnen, die Opfer ehelicher Gewalt wurden"; Urteile des Bundesgerichts 2C_803/2010 vom 14. Juni 2011 E. 2.3.2; 2C_540/2009 vom 26. Februar 2010 E. 2.2 - 2.4 und 2C_590/2010 vom 29. November 2010 E. 2.5.2 in fine; MARC SPESCHA, in: Spescha/ Thür/Zünd/Bolzli, Migrationsrecht, 3. Aufl. 2012, N. 10 zu Art. 50 AuG; MARTINA CARONI, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], SHK Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, 2010, N. 32 zu Art. 50 AuG). Ein Anspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG wird auch nicht bereits durch eine einmalige tätliche Auseinandersetzung begründet, in deren Folge der Ausländer in psychischem Ausnahmezustand und mit mehreren Kratzspuren im Gesicht einen Arzt aufsucht, zumal wenn anschliessend eine Wiederannäherung der Eheleute stattfindet (Urteil 2C_690/2010 vom 25. Januar 2011 E. 3.2). Das Gleiche gilt, wenn der Ehepartner den Ausländer nach einem Streit aus der Wohnung weist, ohne dass das Opfer körperliche oder psychische Schäden erleidet (Urteil 2C_358/2009 vom 10. Dezember 2009 E. 4.2 und 5.2). Die physische oder psychische Zwangsausübung und deren Auswirkungen müssen vielmehr von einer gewissen Konstanz bzw. Intensität sein. 3.2.2 Auch psychische bzw. sozio-ökonomische Druckausübung wie dauerndes Beschimpfen, Erniedrigen, Drohen und Einsperren kann einen für die Annahme eines nachehelichen Härtefalls relevanten Grad an unzulässiger Oppression erreichen. Dies ist praxisgemäss der Fall, wenn die psychische Integrität des Opfers bei einer Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft schwer beeinträchtigt würde (vgl. Urteil 2C_221/2011 vom 30. Juli 2011 E. 2). Nicht jede unglückliche, belastende und nicht den eigenen Vorstellungen entsprechende Entwicklung einer Beziehung begründet indessen bereits einen nachehelichen Härtefall und ein weiteres Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Häusliche Oppression bedeutet systematische Misshandlung mit dem Ziel, Macht und Kontrolle auszuüben (vgl. das Urteil 2C_428/2012 vom 18. Mai 2012 E. 2.2.3). Die anhaltende, erniedrigende Behandlung muss derart schwerwiegen, dass von der betroffenen Person bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, dass sie einzig aus bewilligungsrechtlichen Gründen die Ehe aufrechterhält und in einer ihre Menschenwürde und Persönlichkeit verneinenden Beziehung verharrt. Eine glaubhaft gemachte oppressionsbedingte Aufhebung der Hausgemeinschaft soll für die betroffene Person keine ausländerrechtlichen Nachteile zur Folge haben, wenn sie durch das Zusammenleben in ihrer Persönlichkeit ernsthaft gefährdet wäre und ihr eine Fortführung der ehelichen Gemeinschaft bei objektiver Betrachtungsweise nicht mehr zugemutet werden kann. Es handelt sich hierbei um einen Ausfluss der sich aus dem Verfassungs- und Konventionsrecht ergebenden staatlichen Schutzpflichten (Art. 7 und Art. 35 Abs. 1 und 3 BV sowie Art. 3 [Schutz vor unwürdiger, erniedrigender Behandlung] und Art. 8 [Schutz des Privatlebens: Freie Gestaltung der Lebensführung] EMRK; vgl. etwa GRABENWARTER/PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl. 2012, N. 1 und 50 ff. zu § 22; JENS MEYER-LADEWIG, EMRK, 3. Aufl. 2011, N. 2 und 6 zu Art. 8 EMRK). Beeinträchtigt ein Gatte in schwerwiegender Weise andauernd grundlegende, verfassungs- und menschenrechtlich relevante Positionen des andern, hat der Staat dessen Recht, sich dem entsprechenden oppressiven privaten Verhalten zu entziehen, im Migrationszusammenhang insofern Rechnung zu tragen, als er keine unzumutbar hohen Anforderungen an einen möglichen Verbleib im Land stellen darf (vgl. auch WALTER KÄLIN, Grundrechte im Kulturkonflikt, 2000, S. 186). Hierzu dient die ein selbständiges Anwesenheitsrecht begründende Regelung von Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG; sie ist den entsprechenden verfassungs- und konventionsrechtlichen Schutzpflichten entsprechend auszulegen. Die Abhängigkeit des Opfers häuslicher Gewalt bzw. psychischer Oppression vom Täter soll durch die Bewilligungsfrage nicht verstärkt und die gewaltbetroffene nachgezogene Person nicht vor das Dilemma gestellt werden, in der Zwangssituation verbleiben oder den Verlust des Aufenthaltsrechts hinnehmen zu müssen (vgl. DUBACHER/REUSSER, Häusliche Gewalt und Migrantinnen, 2011, S. 12 u. 26 ff.). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Zwar können die eheliche Gewalt einerseits und die starke Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung im Herkunftsland andererseits praxisgemäss je für sich allein einen wichtigen persönlichen Grund im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG darstellen und sind die beiden Elemente nicht kumulativ zu verstehen (BGE 136 II 1 E. 5; Urteil 2C_221/2011 vom 30. Juli 2011 E. 2); dies schliesst indessen nicht aus, im Einzelfall beide Elemente zu berücksichtigen und den Härtefall auch zu bejahen, wenn diese je für sich selber hierzu nicht genügen würden, ihre Kombination aber wertungsmässig einem wichtigen persönlichen Grund im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG gleichkommt. 3.2.3 Die ausländische Person trifft bei den Feststellungen des entsprechenden Sachverhalts eine weitreichende Mitwirkungspflicht (vgl. hierzu 126 II 335 E. 2b/cc S. 342; 124 II 361 E. 2b S. 365). Sie muss die eheliche Gewalt bzw. häusliche Oppression in geeigneter Weise glaubhaft machen (Arztberichte oder psychiatrische Gutachten, Polizeirapporte, Berichte/Einschätzungen von Fachstellen [Frauenhäuser, Opferhilfe usw.], glaubwürdige Zeugenaussagen von weiteren Angehörigen oder Nachbarn etc.; vgl. auch die Weisungen des BFM zum Familiennachzug, Ziff. 6.15.3). Allgemein gehaltene Behauptungen oder Hinweise auf punktuelle Spannungen genügen nicht; wird häusliche Gewalt in Form psychischer Oppression behauptet, muss vielmehr die Systematik der Misshandlung bzw. deren zeitliches Andauern und die daraus entstehende subjektive Belastung objektiv nachvollziehbar konkretisiert und beweismässig unterlegt werden. Dasselbe gilt, soweit damit verbunden geltend gemacht werden soll, bei einer Rückkehr erweise sich die soziale Wiedereingliederung als stark gefährdet. Auch hier genügen allgemeine Hinweise nicht; die befürchtete Beeinträchtigung muss im Einzelfall aufgrund der konkreten Umstände glaubhaft erscheinen. Nur in diesem Fall und beim Bestehen entsprechender Beweisanträge, die nicht in antizipierter Beweiswürdigung abgewiesen werden können, wobei aber allfälligen sachinhärenten besonderen Beweisschwierigkeiten Rechnung zu tragen ist, rechtfertigt es sich, ein ausländerrechtliches Beweisverfahren durchzuführen. 3.2.3 Die ausländische Person trifft bei den Feststellungen des entsprechenden Sachverhalts eine weitreichende Mitwirkungspflicht (vgl. hierzu 126 II 335 E. 2b/cc S. 342; 124 II 361 E. 2b S. 365). Sie muss die eheliche Gewalt bzw. häusliche Oppression in geeigneter Weise glaubhaft machen (Arztberichte oder psychiatrische Gutachten, Polizeirapporte, Berichte/Einschätzungen von Fachstellen [Frauenhäuser, Opferhilfe usw.], glaubwürdige Zeugenaussagen von weiteren Angehörigen oder Nachbarn etc.; vgl. auch die Weisungen des BFM zum Familiennachzug, Ziff. 6.15.3). Allgemein gehaltene Behauptungen oder Hinweise auf punktuelle Spannungen genügen nicht; wird häusliche Gewalt in Form psychischer Oppression behauptet, muss vielmehr die Systematik der Misshandlung bzw. deren zeitliches Andauern und die daraus entstehende subjektive Belastung objektiv nachvollziehbar konkretisiert und beweismässig unterlegt werden. Dasselbe gilt, soweit damit verbunden geltend gemacht werden soll, bei einer Rückkehr erweise sich die soziale Wiedereingliederung als stark gefährdet. Auch hier genügen allgemeine Hinweise nicht; die befürchtete Beeinträchtigung muss im Einzelfall aufgrund der konkreten Umstände glaubhaft erscheinen. Nur in diesem Fall und beim Bestehen entsprechender Beweisanträge, die nicht in antizipierter Beweiswürdigung abgewiesen werden können, wobei aber allfälligen sachinhärenten besonderen Beweisschwierigkeiten Rechnung zu tragen ist, rechtfertigt es sich, ein ausländerrechtliches Beweisverfahren durchzuführen. 3.3 3.3.1 Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass die von der Beschwerdeführerin geschilderten Einschränkungen ihrer Persönlichkeit nicht hinreichend schwerwiegen würden, um einen nachehelichen Härtefall begründen zu können und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu rechtfertigen. Die von ihr erlittenen Beeinträchtigungen entsprächen dem sozial Üblichen in einer islamisch-traditionell geführten Ehe; es sei zudem nicht ersichtlich, inwiefern ihre soziale Wiedereingliederung im Kosovo stark gefährdet sein könnte, nachdem sie bis zu ihrem 21. Lebensjahr dort gelebt habe und mit den dortigen Verhältnissen vertraut sei. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Ablehnung oder Ächtung durch die Familie sei nicht "dargetan". Anhaltspunkte für eine Zwangsheirat liessen sich den Akten nicht entnehmen. Der Umstand, dass der Aufbau einer wirtschaftlichen Existenz im Kosovo mit Schwierigkeiten verbunden sei, lasse ihre Rückkehr nicht als unzumutbar und ihre Anwesenheit in der Schweiz als erforderlich erscheinen; die Beschwerdeführerin habe die Pflicht, das Land verlassen zu müssen, sich letztlich "überwiegend selbst zuzuschreiben", habe ihr doch bewusst sein müssen, "dass die Ehe mit einem muslimischen Mann, mit dem sie vor der Heirat gerade einmal fünf Tage zusammen war und ansonsten nur telefonische Kontakte hatte" mit Problemen verbunden sein könnte. 3.3.2 Der Sachverhalt, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat, ist nicht hinreichend erstellt, um die entsprechenden Schlüsse zuzulassen bzw. deren Bundesrechtsmässigkeit abschliessend beurteilen zu können: Die Beschwerdeführerin hat dargelegt, dass sie ihren Gatten im Sommer 2006 während fünf Tagen persönlich kennengelernt und in der Folge bis zum Eheschluss mit ihm telefonisch verkehrt habe. Nach ihrer Einreise in die Schweiz sei die Ehe mit den für sie damit verbundenen Einschränkungen der Bewegungs- und Handlungsfreiheit in patriarchalischem Muster gelebt worden. Sämtliche von ihr entfalteten Bemühungen, das Eheleben dem hier Üblichen anzupassen, seien gescheitert: Entgegen ihrem Willen habe sie keine Deutsch- und Integrationskurse besuchen, nicht ohne die Zustimmung ihres Mannes telefonieren und die Wohnung nur unter Aufsicht ihrer Schwiegermutter verlassen dürfen, welche in der Familie das Sagen gehabt habe. Sie habe aus kulturellen Gründen unter Androhung einer Ächtung bzw. eines Verstosses (und der damit erzwungenen Rückkehr in die Heimat) nicht ausser Haus arbeiten können und sei durch ihre Schwiegermutter "wie ein Haushaltsmädchen" bzw. wie eine "Sklavin" gehalten worden; als sie sich der Schwiegermutter und ihrem Gatten widersetzt habe, habe man sie "auf die Strasse gestellt". Während mehr als zwei Jahren habe sie eine Erniedrigung und Einschränkung ihrer seelischen Integrität und ihrer Bewegungs- und Handlungsfreiheit durch den strukturell stärkeren Ehemann hinnehmen müssen, welcher insbesondere über ihr abgeleitetes Aufenthaltsrecht und die kulturellen Konventionen "massiven Druck" auf sie ausgeübt habe. 3.3.3 Das Verwaltungsgericht hat die behaupteten Einschränkungen im Wesentlichen gestützt auf die strafrechtliche Einschätzung, dass kein Anlass bestehe, gegen den Gatten wegen des Verdachts der Nötigung und Freiheitsberaubung (weiter) zu ermitteln, da die Beschwerdeführerin nie eingesperrt, geschlagen oder gewaltsam zurückgehalten worden sei, als nicht schwerwiegend genug erachtet, um eine häusliche Gewalt im Sinne von Art. 50 Abs. 2 AuG begründen zu können. Es verkennt dabei, dass eine ausländerrechtlich relevante psychische Gewalt, welche hinzunehmen der betroffenen Person in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht zugemutet werden darf, auch vorliegen kann, wenn (noch) kein strafrechtlich relevantes Verhalten festgestellt ist oder ein entsprechendes Verfahren (aus welchen Gründen auch immer) eingestellt wurde. Die Anwendung von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG setzt praxisgemäss keine strafrechtliche Verurteilung voraus (vgl. die Urteile 2C_221/2011 vom 30. Juli 2011 E. 2 und 2C_586/2011 vom 21. Juli 2011 E. 3.2). Die kantonalen Behörden haben die von der Beschwerdeführerin und der Beratungsstelle gewaltbetroffene Frauen geschilderten Umstände zu Unrecht nicht weiter vertieft und allein gestützt auf die strafrechtliche Einschätzung und die entsprechende Befragung der Betroffenen bereits eine hinreichende Intensität der Beeinträchtigung verneint. Gerade die Frage, ob eine solche bestand, wäre, losgelöst vom (eingestellten) Strafverfahren, das anderen Zwecken diente, ausländerrechtlich - etwa durch eine Einvernahme der Betroffenen (Schwiegermutter, Ehemann usw.) bzw. der Cousins oder des Onkels der Beschwerdeführerin, der versucht haben soll, vermittelnd einzugreifen - erst noch zu erstellen gewesen. Der Hinweis auf einen ähnlichen, bereits negativ entschiedenen früheren Fall vermochte die entsprechenden Abklärungen bezüglich der Situation der Beschwerdeführerin nicht zu ersetzen, soll die Vorgabe, dass jede Form von im Rahmen des Zumutbaren belegten häuslicher Gewalt ernst zu nehmen sei, nicht von vornherein toter Buchstabe bleiben (vgl. das Urteil 2C_155/2011 vom 7. Juli 2011 E. 4.3; MARC SPESCHA, Die familienbezogene Rechtsprechung im Migrationsrecht, in: FamPra.ch 4/2011, S. 851 ff., dort S. 876). 3.3.4 Die Beschwerdeführerin will seit dem Scheitern der Ehe einen Deutschkurs besucht und eine Arbeitsstelle gefunden haben, welche ihr ein Auskommen sichere, was darauf hinweisen könnte, dass sie tatsächlich versuchen wollte, sich aus den heimatlichen Strukturen zu lösen und sich hier zu integrieren. Sie soll wegen dieses Verhaltens im Heimatstaat von ihren Angehörigen verstossen worden sein, was von den kantonalen Behörden wiederum nicht (weiter) geprüft, sondern pauschal, ohne Berücksichtigung der konkreten Entwicklung der ehelichen Beziehungen und der Gründe, die zu deren Scheitern geführt haben, verworfen wurde. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuem (vom Strafverfahren losgelöstem) Entscheid bezüglich der Schwere der erlittenen Beeinträchtigungen und der Auswirkungen auf die soziale Wiedereingliederung im Heimatstaat an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. das Urteil 2C_221/2011 vom 30. Juli 2011 E. 3.2). Ist das Scheitern der Ehe erstelltermassen darauf zurückzuführen, dass die Beschwerdeführerin gegen ihren Willen dauernd in ein von ihr abgelehntes, erniedrigendes patriarchalisches Rollenverständnis als "Sklavin" gezwungen wurde, wobei ihr entsprechender Widerspruch trotz Vermittlungsversuchen zum Scheitern der Ehe geführt hat und die Strukturen in ihrer Heimat einer Rückkehr als geschiedene Frau in glaubwürdiger Weise und auf ihre konkreten familiären Verhältnisse bezogen entgegenstehen, wird ihr die Bewilligung unter Vorbehalt von Gründen nach Art. 51 Abs. 2 AuG (Rechtsmissbrauch, Widerrufsgründe nach Art. 62 AuG) zu verlängern sein. Rein wirtschaftliche Motive hingegen genügen hierzu nicht, weshalb der Umstand, dass der Vater erklärt hat, bei einer Rückkehr die Beschwerdeführerin nicht unterstützen zu wollen bzw. zu können, für sich allein nicht ausreicht, um die Zumutbarkeit einer Wiedereingliederung in der Heimat infrage zu stellen bzw. diese als stark gefährdet erscheinen zu lassen. 4. 4.1 Die Beschwerde erweist sich als begründet und ist deshalb gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 4.2 Dem unterliegenden Kanton St. Gallen sind für das vorliegende Verfahren keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Er muss die obsiegende Beschwerdeführerin für dieses jedoch angemessen entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 29. August 2011 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. 2.1 Es werden keine Kosten erhoben. 2.2 Der Kanton St. Gallen hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. Juni 2012 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
607a44fd-d70f-44c4-bae9-a2e424a442f2
de
2,007
CH_BGer_009
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Sachverhalt: A. Die 1964 geborene T._, verheiratet und Mutter eines am 29. April 2002 geborenen Sohnes, leidet seit ihrer Geburt an einer komplexen Missbildung der vorderen Augenabschnitte (Aniridie) sowie an einer Atrophie des Sehnervs beidseits, einhergehend mit einer fortgeschrittenen Einschränkung der Sehfunktion. Seit Juni 1988 zu 100 % als Telefonistin bei der Firma K._AG in Z._ tätig, kündigte sie das Arbeitsverhältnis nach Beendigung des Mutterschaftsurlaubes auf den 19. August 2002. Seither geht sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Mit Schreiben vom 10. Februar 2003 liess sie bei der Invalidenversicherung um Zusprechung einer Rente ersuchen. Die IV-Stelle Bern veranlasste in der Folge u.a. eine Begutachtung in der Augenklinik und Augenpoliklinik des Spitals B._. Die Dres. med. K._, S._ und E._ hielten in ihrer Expertise vom 8. Oktober 2003 fest, dass bei der Explorandin ein Fernvisus rechts von 0,025 mit Korrektur sowie links von Handbewegungen in 50 cm gemessen worden sei; der Nahvisus betrage beidseitig weniger als 0,1. Ferner wurden die Verhältnisse im Haushalt abgeklärt (Bericht vom 9. Januar 2004). Gestützt darauf lehnte die Verwaltung das Rentenersuchen der - eine Hilflosenentschädigung bei einer Hilflosigkeit leichten Grades beziehenden - Versicherten mit Verfügung vom 15. Januar 2004 in Anwendung der gemischten Bemessungsmethode mangels anspruchsbegründender Invalidität ab; sie ging dabei von einer Einbusse im auf 40 % festgesetzten Erwerbsanteil von 0 % sowie einer Einschränkung im Haushalt von 38 %, d.h. gewichtet von einem Invaliditätsgrad von insgesamt 22,8 % ([0,4 x 0 %] + [0,6 x 38 %]) aus. Daran wurde auf Einsprache hin festgehalten (Einspracheentscheid vom 8. Juli 2004). B. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 28. Februar 2005 ab. C. T._ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihr eine Rente zuzusprechen. Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung. D. Am 25. Juni 2007 haben die vereinigten sozialrechtlichen Abteilungen des Bundesgerichts unter dem Vorsitz des Präsidenten der Präsidentenkonferenz eine Beratung im Sinne des Art. 23 BGG durchgeführt und einen gemäss Abs. 3 der Bestimmung für die antragstellende Abteilung verbindlichen Beschluss gefällt. E. Das Bundesgericht hat am 30. Oktober 2007 eine parteiöffentliche Beratung durchgeführt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 1.2 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann das Gericht in Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104 und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilen und ist an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen nicht, wenn der angefochtene Entscheid Leistungen der Invalidenversicherung betrifft. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 ist indessen auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Beschwerden bisheriges Recht anwendbar. Da die hier zu beurteilende Verwaltungsgerichtsbeschwerde am 1. Juli 2006 beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängig war, richtet sich die Kognition nach der bis Ende Juni 2006 gültigen Fassung von Art. 132 OG, welche dem neuen Abs. 1 entspricht (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 337/06 vom 14. Juli 2006, E. 1, publ. in : SVR 2007 IV Nr. 11 S. 40). 2. 2.1 Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführerin Rentenleistungen zustehen. Massgebend ist dabei der Sachverhalt, wie er sich bis zum Erlass des Einspracheentscheides vom 8. Juli 2004, welcher rechtsprechungsgemäss die zeitliche Grenze der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 130 V 445 E. 1.2 [mit Hinweisen] S. 446), entwickelt hat. 2.2 Da somit keine laufenden Leistungen im Sinne der übergangsrechtlichen Ausnahmebestimmung des Art. 82 Abs. 1 des auf den 1. Januar 2003 in Kraft getretenen ATSG, sondern Dauerleistungen im Streit stehen, über welche noch nicht rechtskräftig verfügt worden ist, beurteilt sich der Streit - den allgemeinen intertemporalrechtlichen Regeln folgend - für die Zeit bis 31. Dezember 2002 auf Grund der bisherigen Rechtslage und ab diesem Zeitpunkt nach den neuen Normen des ATSG und dessen Ausführungsverordnungen (BGE 130 V 445). Ebenfalls Anwendung finden die seit 1. Januar 2004 geltenden Änderungen des IVG vom 21. März 2003 (vgl. insbesondere auch die Schluss- und Übergangsbestimmungen lit. d-f) und der IVV vom 21. Mai 2003 (4. IV-Revision) sowie die damit einhergehenden Anpassungen des ATSG. 3. 3.1 Im vorinstanzlichen Entscheid wurden die für die Beurteilung massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze zutreffend dargelegt. Es betrifft dies den Begriff der Invalidität (ab 1. Januar 2003: Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 ATSG; vgl. bis 31. Dezember 2002: Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Anspruchs auf eine Rente der Invalidenversicherung (Art. 28 Abs. 1 [in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen sowie ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung] und 1bis IVG [in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2003]) sowie die Bemessung der Invalidität bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode (ab 1. Januar 2004: Art. 28 Abs. 2ter IVG in Verbindung mit Art. 27bis IVV sowie Art. 16 ATSG und Art. 28 Abs. 2bis IVG in Verbindung mit Art. 27 IVV und Art. 8 Abs. 3 ATSG; vgl. bis 31. Dezember 2002: Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27bis Abs. 1 und 2 IVV; vgl. vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003: Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27bis Abs. 1 und 2 IVV sowie Art. 8 Abs. 3 und Art. 16 ATSG). Darauf wird verwiesen. Dasselbe gilt für die Erwägungen zur Aufgabe des Arztes oder der Ärztin bei der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4 [mit Hinweisen] S. 261; AHI 2000 S. 319 E. 2b; vgl. auch Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 82/01 vom 27. November 2001, E. 4b/cc, publ. in: AHI 2002 S. 62). 3.2 Zu ergänzen ist, dass es sich bei den in Art. 3-13 ATSG enthaltenen Legaldefinitionen in aller Regel um eine formellgesetzliche Fassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den entsprechenden Begriffen vor In-Kraft-Treten des ATSG handelt und sich inhaltlich damit, insbesondere in Bezug auf die Bestimmungen zur Arbeitsunfähigkeit (Art. 6), Erwerbsunfähigkeit (Art. 7) und Invalidität (Art. 8), keine Änderung ergibt. Die dazu entwickelte Rechtsprechung kann folglich übernommen und weitergeführt werden (BGE 130 V 343 E. 3.1, 3.2 und 3.3 S. 345 ff.). Hieran ändert der Umstand, dass der bisherige Begriff der Krankheit in Art. 3 Abs. 1 ATSG ("Krankheit ist jede Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit ...") - und mithin auch die entsprechende Formulierung in den Art. 6, 7 und 8 Abs. 2 sowie 3 ATSG - im Zuge der 4. IV-Revision auf den 1. Januar 2004 um den psychischen Gesundheitsschaden erweitert worden ist ("Krankheit ist jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit ..."), nichts, diente die entsprechende Anpassung doch lediglich der formellen Bereinigung der festen Verwaltungs- und Gerichtspraxis zum Krankheitsbegriff (BBl 2001 III 3224 f., 3263 f., 3281 und 3299; Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 552/04 vom 8. Juni 2005, E. 1.2, zusammengefasst wiedergegeben in: HAVE 2005 S. 241, und I 380/04 vom 28. Februar 2005, E. 3.2). Auch Art. 16 ATSG bewirkt, wie in BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348 f. dargelegt wird, keine Modifizierung der bisherigen Judikatur zur Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten, welche weiterhin nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs vorzunehmen ist (BGE 128 V 29 E. 1 S. 30, 104 V 135 E. 2a und b S. 136 f.). Ebenfalls nicht von einer Änderung betroffen sind die für die Festsetzung der Invalidität von Nichterwerbstätigen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 ATSG (je in der vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 in Kraft gestandenen Fassung), insbesondere im Haushalt beschäftigten Versicherten, anzuwendende spezifische Methode des Betätigungsvergleichs (BGE 125 V 146 E. 2a S. 149, 104 V 135 E. 2a S. 136; AHI 1997 S. 291 E. 4a; vgl. auch BGE 128 V 29 E. 1 S. 31; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 249/04 vom 6. September 2004, E. 4, publ. in: SVR 2005 IV Nr. 21 S. 81) sowie die im Falle von teilerwerbstätigen Versicherten beizuziehende gemischte Methode (BGE 130 V 393 [mit Hinweis auf BGE 125 V 146]; zur Weitergeltung der rechtsprechungsgemäss für die Beurteilung der Statusfrage relevanten Kriterien: Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 249/04 E. 4.2 [mit Hinweis u.a. auf BGE 117 V 194 E. 3b S. 194 ff.], publ. in: SVR 2005 IV Nr. 21 S. 81). Gleiches hat im Übrigen für die im Rahmen der 4. IV-Revision per 1. Januar 2004 eingetretenen Anpassungen in diesem Bereich zu gelten. Damit wurden einzig die bisherigen Art. 27 Abs. 1 (spezifische Methode des Betätigungsvergleichs) und Art. 27bis Abs. 1 IVV (gemischte Methode) aus Gründen der formalen Gleichbehandlung erwerbs-, teilerwerbs- und nicht erwerbstätiger Personen grossmehrheitlich auf Gesetzesstufe gehoben und in die Art. 28 Abs. 2bis und 2ter IVG überführt (in Verbindung nunmehr mit Art. 27 und 27bis IVV sowie Art. 8 Abs. 3 und Art. 16 ATSG; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 249/04 vom 6. September 2004, E. 4.1, publ. in: SVR 2005 IV Nr. 21 S. 81: spezifische Methode des Betätigungsvergleichs; BGE 130 V 388 E. 3.2 S. 394 f. und Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 156/04 vom 13. Dezember 2005, E. 5.3, publ. in: SVR 2006 IV Nr. 42 S. 151, je mit Hinweisen: gemischte Methode; zum Ganzen: Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 380/04 vom 28. Februar 2005, E. 3.1 und 3.2, je mit Hinweisen). 4. Unter den Verfahrensbeteiligten unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin ein halbes Jahr nach der Geburt ihres Sohnes, im Dezember 2002, ihre bis anhin vollzeitliche Tätigkeit als Telefonistin wieder im Umfang von 40 % aufnehmen wollte (vgl. Abklärungsbericht Haushalt vom 9. Januar 2004, S. 2). Die Invaliditätsbemessung hat daher ab diesem Zeitpunkt nach der gemischten Methode zu erfolgen. Uneinig sind sich die Parteien jedoch bezüglich der krankheitsbedingten Einschränkungen in Beruf und Haushalt. Während die IV-Stelle diese - bestätigt durch das kantonale Gericht - auf 0 % (Erwerbstätigkeit) sowie 38 % (häusliche Verrichtungen [laut Abklärungsbericht Haushalt vom 9. Januar 2004]) veranschlagt, macht die Versicherte eine vollständige erwerbliche Arbeitsunfähigkeit sowie eine Beeinträchtigung im Haushalt von 57 % geltend. 5. 5.1 Dem augenärztlichen Gutachten der Dres. med. K._, S._ und E._ vom 8. Oktober 2003 kann entnommen werden, dass die Beschwerdeführerin in einem auf ihre Sehbehinderung zugeschnittenen Beruf, wie ihn beispielsweise die bisherige Tätigkeit als Telefonistin bei der Firma K._ AG darstellt, uneingeschränkt leistungsfähig ist. Aus einer nur auf die Erwerbsarbeit gerichteten Optik - unter Ausklammerung von allenfalls aus der Belastung im Haushalt resultierenden leistungsvermindernden Auswirkungen - besteht demnach, mit Verwaltung und Vorinstanz, keine Einbusse in diesem Bereich. 5.2 Was die Einschränkung in den häuslichen Verrichtungen anbelangt, ist auf Grund der Akten erstellt, dass die Versicherte auf einen Meter Distanz lediglich noch Umrisse zu erkennen vermag, Lesen und Schreiben nur mit einer Lupenbrille möglich ist und sie ihr unbekannte Strecken nicht unbegleitet gehen kann (vgl. Abklärungsbericht Haushalt vom 9. Januar 2004, S. 1 zu Ziff. 1). Diese doch massiven Einschränkungen behindern die alltäglichen Haushaltsverrichtungen in einem beträchtlichen Ausmass, was die IV-Abklärungsperson anlässlich ihrer Erhebungen im Haushalt denn auch richtig festgestellt hat. Fraglich und zu prüfen ist indessen, ob diesem Umstand mit einer angenommenen Behinderung von insgesamt 38 % ausreichend Rechnung getragen wird. 5.2.1 Für die Invaliditätsbemessung im Haushalt stellt der nach Massgabe der Verwaltungsweisungen des BSV (Rz 3090 ff. des Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung [KSIH]) eingeholte Abklärungsbericht im Haushalt eine geeignete und im Regelfall genügende Grundlage dar (auch bezüglich früherer Fassungen des KSIH: Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 249/04 vom 6. September 2004, E. 4.1.1 und 5.1.1, je mit Hinweisen, publ. in: SVR 2005 IV Nr. 21 S. 81). Hinsichtlich seines Beweiswertes ist wesentlich, dass er von einer qualifizierten Person verfasst wird, die Kenntnis der örtlichen und räumlichen Verhältnisse sowie der aus den medizinischen Diagnosen sich ergebenden Beeinträchtigungen und Behinderungen hat. Weiter sind die Angaben der versicherten Person zu berücksichtigen, wobei divergierende Meinungen der Beteiligten im Bericht aufzuzeigen sind. Der Berichtstext muss schliesslich plausibel, begründet und angemessen detailliert bezüglich der einzelnen Einschränkungen sein sowie in Übereinstimmung mit den an Ort und Stelle erhobenen Angaben stehen (in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte, aber in AHI 2003 S. 218 publizierte E 2.3.2 des Urteils BGE 129 V 67 [I 90/02 vom 30. Dezember 2002]). Rechtsprechungsgemäss bedarf es des Beizugs einer ärztlichen Fachperson, die sich zu den einzelnen Positionen der Haushaltführung unter dem Gesichtswinkel der Zumutbarkeit zu äussern hat, nur in Ausnahmefällen, namentlich bei unglaubwürdigen Angaben der versicherten Person, die im Widerspruch zu den ärztlichen Befunden stehen (Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 249/04 vom 6. September 2004, E. 5.1.1, publ. in: SVR 2005 IV Nr. 21 S. 81, I 311/03 vom 22. Dezember 2003, E. 5.3, publ. in: AHI 2004 S. 137, und I 99/00 vom 26. Oktober 2000, E. 3c, publ. in: AHI 2001 S. 155; zum Ganzen: Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 693/06 vom 20. Dezember 2006, E. 6.2 mit Hinweisen). 5.2.2 Die Beschwerdeführerin kritisiert sämtliche der von der IV-Abklärungsperson im Haushalt erhobenen behinderungsbedingten Einschränkungen als zu tief angesetzt. Dem ist in grundsätzlicher Hinsicht entgegenzuhalten, dass die Abklärung von der dafür zuständigen Mitarbeiterin der IV-Stelle vorgenommen wurde, wobei keine Hinweise ersichtlich sind, welche an der Kompetenz dieser Person zweifeln liessen. Der Bericht genügt insbesondere den hievor dargelegten Erfordernissen bezüglich Plausibilität, Begründetheit und Detailliertheit in allen Punkten. Wie bereits ausgeführt, steht bei der Haushaltsabklärung gerade nicht die medizinische Beurteilung im Vordergrund, weshalb es genügt, wenn die Abklärungsperson Kenntnis der sich aus den medizinischen Diagnosen ergebenden Beeinträchtigungen und Behinderungen hat. Diese massgeblichen medizinischen Fakten sind im Gutachten der Dres. med. K._, S._ und E._ vom 8. Oktober 2003 aufgeführt und waren der Abklärungsperson, wie sich aus Ziff. 3.6 des Berichtes ergibt, bekannt. Ferner entspricht die im Haushaltsbericht enthaltene Umschreibung der Tätigkeitsfelder den Vorgaben der Randziffern 3090 ff. des KSIH. Die Gewichtung der einzelnen Aufgabenbereiche hält sich sodann ebenfalls innerhalb der dort angegebenen Bandbreiten und ist in Anbetracht der konkreten Gegebenheiten nicht zu beanstanden. Auch wenn die Einschränkungen in einzelnen Teilbereichen als an der unteren Grenze liegend anmuten - so blieb etwa im Bereich "Haushaltführung" der Umstand der durch das Augenleiden erschwerten Schreibarbeiten weitgehend unberücksichtigt und scheint bei den Verrichtungen "Einkauf und weitere Besorgungen", "Wäsche und Kleiderpflege" sowie "Betreuung von Kindern oder anderen Familienangehörigen" die zusätzliche Verlangsamung nur knapp ausreichend gewürdigt -, trägt die von der Verwaltung ermittelte Einschränkung von 38 % den Verhältnissen insgesamt angemessen Rechnung und ist im Rahmen der Ermessenskontrolle (Art. 104 lit. c Ziff. 3 in Verbindung mit Art. 132 lit. a OG; BGE 126 V 75 E. 6 S. 81, 353 E. 4d [mit Hinweis] S. 362) nicht zu bemängeln. Selbst unter Zugrundelegung der von der Versicherten geltend gemachten Beeinträchtigungen in den erwähnten häuslichen Tätigkeitsgebieten ("Haushaltführung": 2,5 %, "Einkauf und weitere Besorgungen": 7 %, "Wäsche und Kleiderpflege": 3 %, "Betreuung von Kindern und anderen Familienangehörigen": 12 %), woraus sich eine Behinderung im Aufgabenbereich Haushalt von - ungewichtet - gesamthaft 47 % ergäbe, resultierte im Übrigen kein rentenbegründender Invaliditätsgrad (vgl. E. 8.2.1 hernach). 6. 6.1 Die Versicherte hat von 1988 bis Mitte August 2002 (einschliesslich des viermonatigen Mutterschaftsurlaubs) trotz ihres angeborenen Augenleidens und der damit verbundenen Sehfunktionsstörung zu 100 % als Telefonistin gearbeitet. In dieser Tätigkeit, welche auch angesichts der gesundheitlichen Problematik als zumutbar zu werten ist, war die Beschwerdeführerin in erwerblicher Hinsicht bestmöglich eingegliedert. Anderes gilt demgegenüber - jedenfalls für den Zeitpunkt ab Geburt des Kindes - für den Aufgabenbereich Haushalt. Den Aussagen der Gutachter sowie ihren eigenen Angaben gegenüber der IV-Abklärungsperson (gemäss Bericht Haushalt vom 9. Januar 2004) zufolge sieht die Beschwerdeführerin sich durch die Familiengründung mit einer Reihe von neuen Aufgaben konfrontiert, welche sie - auf Grund der durch die Sehschwäche verursachten Schwierigkeiten im Sinne der nurmehr verlangsamt zu bewältigenden alltäglichen Lebensverrichtungen - vollumfänglich auslasten und an die Grenzen der Belastbarkeit bringen. Nach den Ausführungen der Ärzte verfügt die Versicherte zur Zeit neben den familiären Mehrbelastungen über keine Kapazitäten für die Ausübung einer beruflichen Beschäftigung. 6.2 Die gesundheitlichen Probleme haben sich somit bis anhin an einem der Sehbehinderung angepassten Arbeitsplatz nicht einschränkend auf das Berufsleben ausgewirkt. Erst in Verbindung mit der durch die Geburt des Kindes bedingten Ausweitung der Haushaltsaufgaben erweist sich die Sehstörung, welche in diesem Aufgabenbereich stets schon in höherem Masse leistungsvermindernde, wegen der vollen Erwerbstätigkeit aber nicht invalidisierende Folgen gezeitigt hat, nun - trotz deutlich reduziertem Arbeitspensum - als verstärkt hemmend. Zu beurteilen ist auf Grund dieser Sachlage in einem nächsten Schritt, ob und bejahendenfalls in welchem Ausmass die Auslastung im einen Bereich zu einer - noch nicht im Rahmen der Arzt- und Abklärungsberichte berücksichtigten - Beeinträchtigung des Leistungsvermögens in der anderen Beschäftigung führt und ob diese Verminderung im Sinne einer invalidenversicherungsrechtlich massgeblichen Wechselwirkung abzugelten ist. 7. 7.1 In BGE 125 V 146 E. 5c/dd S. 159 ff. äusserte das Eidgenössische Versicherungsgericht sich dazu, ob im Rahmen der gemischten Methode eine allfällige verminderte Leistungsfähigkeit im erwerblichen Bereich oder im Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG (in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung) infolge der Beanspruchung im jeweils anderen Tätigkeitsfeld zu berücksichtigen ist. Die Frage wurde letztlich offengelassen. Als Gründe gegen die Berücksichtigung wechselseitiger, auf die Tätigkeit im jeweils anderen Bereich zurückzuführender Leistungseinbussen führte das Gericht neben Bedenken grundsätzlicher Natur im Zusammenhang mit dem Status der versicherten Person als hypothetisch Voll-, Teil- oder Nichterwerbstätige die Verschiedenartigkeit der anwendbaren Bemessungsmethoden (Einkommensvergleich, Betätigungsvergleich) sowie praktische Schwierigkeiten der Quantifizierung an. 7.2 Im Urteil I 156/04 vom 13. Dezember 2005 (publ. in: SVR 2006 IV Nr. 42 S. 151) stellte das Eidgenössische Versicherungsgericht in E. 6.2 - bestätigt u.a. durch das Urteil I 753/03 vom 6. Januar 2006, E. 7.2 - unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung und Literatur zur Frage der Berücksichtigung allfälliger Wechselwirkungen zwischen den Aufgabenbereichen fest, dass die trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung noch bestehende Arbeitsfähigkeit im versicherten Tätigkeitsbereich unverzichtbare Grundlage für die Bemessung der Invalidität bildet. Dies gilt auch bei teilerwerbstätigen Versicherten, die sich daneben in einem Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG und Art. 8 Abs. 3 ATSG betätigen. Dabei hat grundsätzlich eine gleichzeitige Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sowie der noch zumutbaren Tätigkeiten und Verrichtungen in beiden Bereichen unter Berücksichtigung allfälliger Wechselwirkungen zu erfolgen, was eine entsprechende klare Fragestellung der IV-Stellen und Sozialversicherungsgerichte an den Arzt voraussetzt. Die gleichzeitige Einschätzung der gesundheitlich bedingt noch zumutbaren Arbeitsfähigkeit im dargelegten Sinne ist jedoch, so das Gericht im Weiteren, nicht leicht. Vorab besteht zwischen erwerblichem Bereich und Aufgabenbereich keine Rangordnung in dem Sinne, dass lediglich zu fragen wäre, ob die volle Ausschöpfung der Arbeitsfähigkeit bei der einen Tätigkeit sich bei der anderen zusätzlich leistungsvermindernd auswirkt. Es kommt im Besonderen bei Versicherten, die den Haushalt führen und daneben einem Teilerwerb nachgehen, dazu, dass für die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit im erwerblichen Bereich dem Faktor Zeit eine grosse Bedeutung zukommt. Hier bemisst sich die zu erbringende Leistung grundsätzlich nach der in einer bestimmten Zeit verrichteten Arbeit. Demgegenüber besteht bei der Besorgung des Haushalts in der Regel mehr Spielraum für die Einteilung der Arbeit und auch wie sie ausgeführt wird. Verglichen mit dem erwerblichen Bereich erscheint die Einschätzung der trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbaren Arbeitsfähigkeit im Haushalt denn auch mit mehr Unsicherheit behaftet und es wird darauf lediglich in Ausnahmefällen direkt abgestellt werden können. Im Übrigen haben bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit Fragen der Schadenminderungspflicht - zu denken ist hier in erster Linie an die zumutbare Mitarbeit Familienangehöriger im Haushalt - ausser Acht zu bleiben. Darüber haben die rechtsanwendenden Organe bei der Ermittlung des Behinderungsgrades durch Betätigungsvergleich (Art. 28 Abs. 2bis IVG; vgl. auch Art. 27 Abs. 1 IVV, in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2003) zu befinden. Der Arzt wird den aufgezeigten Unterschieden bei seiner Einschätzung der Arbeitsfähigkeit im erwerblichen Bereich und im Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG und Art. 8 Abs. 3 ATSG Rechnung tragen, soweit möglich und quantifizierbar unter Berücksichtigung der jeweils anderen, sich allenfalls leistungsvermindernd auswirkenden Tätigkeit. 7.3 Anlässlich ihrer Sitzung vom 25. Juni 2007 gemäss Art. 23 Abs. 2 und 3 BGG haben die vereinigten sozialrechtlichen Abteilungen im vorliegend zu beurteilenden Fall die Grundsätze zur Beachtlichkeit von Wechselwirkungen zwischen Erwerbs- und Aufgabenbereich (im Sinne des Art. 27 IVV [in der seit 1. Januar 2004 geltenden Fassung]) wie folgt präzisiert: 7.3.1 Bei der Prüfung der Frage, ob die in den beiden Tätigkeitsbereichen vorhandenen Belastungen einander wechselseitig beeinflussen (können), ist namentlich deren unterschiedlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Die versicherte Person ist im Rahmen ihrer Schadenminderungspflicht gehalten, im Umfang ihrer noch vorhandenen Leistungsfähigkeit eine dem Leiden angepasste erwerbliche Tätigkeit auszuüben (vgl. Art. 28 Abs. 2ter IVG [eingefügt auf 1. Januar 2004] in Verbindung mit Art. 16 ATSG; BGE 130 V 97 E. 3.2 [mit Hinweisen] S. 99), d.h. es ist ihr zumutbar, eine Beschäftigung zu wählen, bei der sich die gesundheitliche Beschränkung minimal auswirkt. Die erwerbliche Tätigkeit muss jedoch, entsprechend ihren jeweiligen Anforderungen, grundsätzlich allein ausgeführt werden. Bezogen auf die häuslichen Verrichtungen ist eine Wahl des Tätigkeitsgebietes demgegenüber nur beschränkt möglich, da die mit der Haushaltführung einhergehenden Aufgaben als solche anfallen und erledigt werden müssen. Es besteht in diesem Bereich dafür eine grössere Freiheit in der zeitlichen Gestaltung der Arbeit und es ist den Familienangehörigen eine gewisse Mithilfe zuzumuten (vgl. E. 7.2 hievor), womit allenfalls vorhandene Einschränkungen abgefedert werden können. Schliesslich erscheint die Möglichkeit einer gegenseitigen Beeinflussung geringer, je komplementärer die Anforderungsprofile der Tätigkeitsgebiete ausgestaltet sind (beispielsweise Haushalt eher körperlich belastend, Erwerbstätigkeit eher intellektuell). Damit die sich durch die schlechte Vereinbarkeit der beiden Tätigkeitsbereiche ergebende negative gesundheitliche Auswirkung berücksichtigt werden kann, muss sie folglich offenkundig und unvermeidbar sein (beispielsweise körperlich anstrengende Berufs- und Haushaltsarbeit oder psychisch belastende berufliche und familiäre Situation [kranker Partner, behindertes Kind etc.]). Von einer vermeidbaren Wechselwirkung ist demgegenüber nach dem Gesagten auszugehen, wenn sie durch die - auf Grund der gesamten Umstände zumutbare - Wahl einer anderen Erwerbstätigkeit ausgeschlossen werden kann. 7.3.2 Wechselwirkungen sind nur dann zusätzlich zu berücksichtigen, wenn aus den Akten erhellt, dass die Arzt- und (Haushalts-)Abklärungsberichte nicht bereits in Kenntnis der im jeweils anderen Aufgabenbereich vorhandenen Belastungssituation erstellt worden sind, und konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass eine wechselseitige Verminderung der Leistungsfähigkeit im Sinne des in E. 7.3.1 hievor Dargelegten vorliegt, die in den vorhandenen Berichten nicht hinreichend gewürdigt worden ist. 7.3.3 Im hier massgeblichen Kontext beachtliche gesundheitliche Auswirkungen vom Erwerbs- in den Haushaltsbereich können nur angenommen werden, wenn die verbleibende Arbeitsfähigkeit im erwerblichen Tätigkeitsgebiet voll ausgenützt wird, d.h. der - für den Gesundheitsfall geltende - Erwerbsanteil die Arbeitsfähigkeit im Erwerbsbereich übersteigt oder mit dieser identisch ist. 7.3.4 Ein allfälliges reduziertes Leistungsvermögen im erwerblichen Bereich infolge der Beanspruchung im Haushalt kann ferner lediglich für den Fall berücksichtigt werden, dass Betreuungspflichten (gegenüber Kindern, pflegebedürftigen Angehörigen etc.) vorhanden sind. Dies ergibt sich u.a. daraus, dass die Reduktion des zumutbaren erwerblichen Arbeitspensums, ohne dass die dadurch frei werdende Zeit für die Tätigkeit in einem Aufgabenbereich nach Art. 27 IVV (in der seit 1. Januar 2004 in Kraft stehenden Fassung) verwendet wird, für die Methode der Invaliditätsbemessung, d.h. für die Statusfrage, ohne Bedeutung ist. Wäre eine versicherte Person gesundheitlich in der Lage, voll erwerbstätig zu sein, vermindert sie aber das Arbeitspensum aus freien Stücken, insbesondere um mehr Freizeit (für Hobbys etc.) zu haben, hat dafür nicht die Invalidenversicherung einzustehen. Allein stehende Personen werden bei einer freiwilligen Herabsetzung des Beschäftigungsgrades nicht gleichsam automatisch zu Teilerwerbstätigen mit einem Aufgabenbereich Haushalt neben der Berufsausübung (BGE 131 V 51 E. 5.1.2 und 5.2 [je mit Hinweisen] S. 53 f.). Ist demnach eine Haushaltführung ohne weiter gehende häusliche Obliegenheiten wie Betreuungsaufgaben etc. nicht in jedem Fall statusrelevant, kann auch nicht von einer dadurch verursachten, IV-rechtlich abzugeltenden erheblichen Belastung im erwerblichen Bereich ausgegangen werden. 7.3.5 Allfällige Wechselwirkungen sind stets vom anteilsmässig bedeutenderen zum weniger bedeutenderen Bereich zu berücksichtigen. Sind beide Bereiche mit 50 % zu veranschlagen, ist sie dort beachtlich, wo sie sich stärker auswirkt. Nicht möglich im hier zu beurteilenden Zusammenhang ist demgegenüber, dass Wechselwirkungen kumulativ in beide Richtungen ihren Niederschlag im Sinne einer verminderten Leistungsfähigkeit im je anderen Tätigkeitsbereich finden, führte dies doch zu einer doppelten Gewichtung. 7.3.6 Das in der Erwerbsarbeit oder im häuslichen Aufgabenbereich infolge der Beanspruchung im jeweils anderen Tätigkeitsfeld reduzierte Leistungsvermögen kann sodann nur berücksichtigt werden, wenn es offenkundig ist und ein gewisses normales Mass überschreitet. Dessen Ermittlung hat stets auf Grund der konkreten Gegebenheiten im Einzelfall zu erfolgen. In Anlehnung an den so genannten leidensbedingten Abzug vom statistischen Lohn bei der Bemessung des Invalideneinkommens von nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine Erwerbstätigkeit mehr ausübenden Versicherten (BGE 129 V 472 E. 4.2.1 [mit Hinweisen] S. 475), welcher unter Berücksichtigung aller jeweils in Betracht fallenden Merkmale auf insgesamt höchstens 25 % begrenzt ist (BGE 126 V 75 E. 5b/cc S. 80; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 82/01 vom 27. November 2001, E. 4b/cc, publ. in: AHI 2002 S. 62), erscheint vorliegend eine Limitierung der als erheblich anzusehenden Wechselwirkungen ebenfalls sachgerecht. Da invaliditätsfremde Aspekte, anders als beim erwähnten Leidensabzug, keine Rolle spielen, rechtfertigt sich jedoch ein niedrigerer, auf 15 ungewichtete Prozentpunkte festgesetzter Maximalansatz. 7.3.7 Eine Rückweisung an die Verwaltung zur näheren Abklärung ist schliesslich nur für den Fall angezeigt, dass das Endergebnis selbst bei Annahme einer entsprechend verringerten Leistungsfähigkeit im einen Tätigkeitsgebiet durch die Beanspruchung im anderen überhaupt beeinflusst würde. 8. 8.1 Die Prüfung der in E. 7.3.1-7.3.7 hievor dargelegten, für die Berücksichtigung allfälliger Wechselwirkungen zwischen den Tätigkeitsbereichen massgeblichen Kriterien ergeben für den vorliegenden Fall das folgende Bild: 8.1.1 Die bisherige Erwerbstätigkeit als Telefonistin ist angesichts der bestehenden Sehbehinderung nach übereinstimmender Aussage aller Beteiligten auch unter Beachtung der der Versicherten obliegenden Schadenminderungspflicht als in jeder Hinsicht geeignete leidensadaptierte berufliche Beschäftigung zu betrachten. Wechselseitige Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit im je anderen Bereich können mithin durch die Wahl einer anderen Erwerbstätigkeit nicht ausgeschlossen werden. Zu beachten gilt es jedoch, dass nach den dargelegten Beschlüssen einzig Wechselwirkungen berücksichtigt werden, die offenkundig sind und ein normales Mass überschreiten. Dies ist umso weniger der Fall, je komplementärer die Anforderungsprofile der jeweiligen, sich gegenüberstehenden Aufgabenbereiche sind. Im vorliegenden Fall ergänzen sich die Tätigkeit im Haushalt (einschliesslich Kinderbetreuung) sowie diejenige als Telefonistin insofern ideal, als sie im Hinblick auf die körperliche Belastung ohne weiteres vereinbar sind (körperlich anstrengende Haushaltstätigkeit/intellektuelle Aufgabe einer Telefonistin). Fraglich erscheint in diesem Zusammenhang indessen, ob damit auch die sich auf Grund des zeitlichen Faktors ergebenden Einschränkungen (für den Erwerbsbereich) genügend berücksichtigt wurden. Die Anerkennung der Invalidität im Haushalt erfasst spezifisch die behinderungsbedingte Verlangsamung und Ermüdung in den einzelnen häuslichen Verrichtungen. Dem erhöhten Zeitbedarf, welcher aus dem Umstand resultiert, dass die Beschwerdeführerin nach Auffassung der Ärzte mit dem Kleinkind nicht mehr in der Lage ist, daneben noch einer Erwerbstätigkeit im Umfang von 40 % nachzugehen, d.h. sie die ihr zur Verfügung stehende Zeit vollumfänglich für die im Haushalt anfallenden Aufgaben benötigt, wird dadurch aber wohl nicht ausreichend Rechnung getragen. Wie es sich mit diesem Punkt verhält, kann jedoch aus den nachstehenden Gründen dahingestellt bleiben. 8.1.2 Die Dres. med. K._, S._ und E._ haben, wie bereits dargelegt, in ihrem Gutachten vom 8. Oktober 2003 Wechselwirkungen zwischen Haushalts- und Erwerbsbereich in dem Sinne festgestellt, dass die Versicherte aktuell neben den durch die Geburt des Kindes bedingten familiären Mehrbelastungen über keine Kapazitäten für die Ausübung der - ehemals trotz gesundheitlicher Behinderung uneingeschränkt realisierbaren - beruflichen Beschäftigung mehr verfüge. Diese verminderte Leistungsfähigkeit im Erwerb durch die erhöhte Beanspruchung im Haushalt könnte aber, sofern die übrigen Kriterien als erfüllt anzusehen wären, nur im Umfang des in E. 7.3.6 statuierten maximalen Ansatzes von ungewichtet 15 % Beachtung finden. 8.1.3 Da die Beschwerdeführerin ihre - unter gesundheitlichem Blickwinkel grundsätzlich uneingeschränkte - Arbeitsfähigkeit nicht verwertet, kann keine im vorliegenden Zusammenhang relevante Auswirkung vom Erwerbs- in den Haushaltsbereich angenommen werden. 8.1.4 Durch die Betreuung ihres Ende April 2002 geborenen Kindes sind für die Versicherte, welche allein auf Grund der häuslichen Verrichtungen ihr vollzeitiges Arbeitspensum zuvor zu keinem Zeitpunkt reduziert hatte, im Haushaltsbereich vermehrt Aufgaben angefallen, die es ihr nach Aussage der Ärzte, jedenfalls im massgeblichen Beurteilungszeitraum, verunmöglichen, die im Umfang von 40 % vorgesehene Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen. 8.1.5 Der Haushaltsbereich ist mit einem Beschäftigungsgrad von 60 % für den Gesundheitsfall als der bedeutendere Tätigkeitsbereich zu gewichten. Eine durch die Belastung im Haushalt allenfalls bewirkte (zeitliche) Einschränkung in der Erwerbsarbeit wäre daher auch nach Massgabe dieses Kriteriums als beachtlich einzustufen. 8.1.5 Der Haushaltsbereich ist mit einem Beschäftigungsgrad von 60 % für den Gesundheitsfall als der bedeutendere Tätigkeitsbereich zu gewichten. Eine durch die Belastung im Haushalt allenfalls bewirkte (zeitliche) Einschränkung in der Erwerbsarbeit wäre daher auch nach Massgabe dieses Kriteriums als beachtlich einzustufen. 8.2 8.2.1 Zusammenfassend sind somit aus invalidenversicherungsrechtlicher Sicht zusätzlich abzugeltende Wechselwirkungen vom Erwerbs- in den Haushaltsbereich zu verneinen, weshalb es grundsätzlich bei der festgestellten Behinderung in diesem Tätigkeitsfeld von 38 % bleibt. Ob daneben eine aus der Beanspruchung im Haushalt resultierende ungewichtete Verminderung der Leistungsfähigkeit in der Erwerbsarbeit von (maximal) 15 % anzunehmen ist, braucht sodann - ebenso wenig wie die Frage einer sich bezogen auf die häuslichen Verrichtungen auf insgesamt 47 % belaufenden Beeinträchtigung (vgl. E. 5.2.2 hievor) - mangels Entscheidrelevanz nicht abschliessend beurteilt zu werden. Selbst unter Berücksichtigung einer wechselwirkungsbedingten Reduktion der erwerblichen Arbeitsfähigkeit um 15 % und einer Einschränkung im Aufgabenbereich Haushalt von 47 % ergäbe sich ein Invaliditätsgrad von 34 % ([0,4 x 15 %] + [0,6 x 47 %]; zu den Rundungsregeln: BGE 130 V 121), welcher keinen Rentenanspruch zu begründen vermöchte. 8.2.2 Sollte sich die Sehfähigkeit - wie in der augenärztlichen Expertise vom 8. Oktober 2003 als möglich angedeutet - weiter verschlechtert haben und das erwerbliche sowie haushaltliche Leistungsvermögen dadurch zusätzlich beeinträchtigt worden sein, ist es der Versicherten unbenommen, diesen Umstand, sofern die Verhältnisse nach Erlass des Einspracheentscheides vom 8. Juli 2004 beschlagend (vgl. E. 2.1 hievor), im Rahmen einer Neuanmeldung (nach Massgabe von Art. 87 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 IVV) geltend zu machen (BGE 130 V 71). 9. Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG [in der bis 30. Juni 2006 in Kraft gestandenen, hier anwendbaren Fassung; vgl. E. 1.2 hievor]).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Verom Ausgleichskasse, Schlieren, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. Luzern, 30. Oktober 2007 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: Meyer Fleischanderl