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2024-01-15 | Schwache BIP-Zahlen drücken die Stimmung | DAX gibt nach | Der DAX startete mit Verlusten in die neue Woche. Schwache heimische Konjunkturdaten lasteten dabei ebenso auf den Kursen wie feiertagsbedingt fehlende Impulse von der Wall Street. | Der DAX startete mit Verlusten in die neue Woche. Schwache heimische Konjunkturdaten lasteten dabei ebenso auf den Kursen wie feiertagsbedingt fehlende Impulse von der Wall Street. Der DAX hat zum Start in die neue Woche nachgegeben. Der deutsche Leitindex schloss am Ende bei 16.622 Punkten um 0,49 Prozent schwächer. Vor allem am Nachmittag gab es kaum noch Schwankungen, da wegen des Martin-Luther-King-Feiertages in den USA die Wall Street heute geschlossen bleibt. Ohne die US-Investoren fehlten dem Aktienmarkt somit wichtige Impulse, was aber nicht ungewöhnlich ist. Der Index bewegte sich in einer überschaubaren Bandbreite zwischen 16.609 und 16.736 Punkten. Am Freitag stand noch ein Plus von einem Prozent auf 16.705 Zählern auf der Anzeigetafel der Börse. Der industrie- und exportlastige MDAX der mittelgroßen Werte verlor 1,18 Prozent auf 25.987 Punkte. Hauptgrund für den mäßigen Wochenstart war aber nicht nur die Abwesenheit der US-Anleger, sondern auch schlechte Nachrichten von der deutschen Wirtschaft. Denn diese ist 2023 nach heute veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes um 0,3 Prozent geschrumpft. Zinsunsicherheit bleibt - Nagel warnt Übergeordnet bleibt die Unsicherheit über die weitere Geldpolitik, insbesondere der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Diese hatte zuletzt entgegen den hohen Erwartungen am Markt größere Zinssenkungsfantasien gedämpft, womit Zeitpunkt und Umfang von Senkungen unklar bleiben. Zudem präsentiert sich die US-Wirtschaft trotz der hohen Zinsen robust und die Inflation weiterhin über der selbstgesetzten Zielzone von zwei Prozent, so dass keine unmittelbare Not für die Fed besteht, die Zügel zu lockern. Diskussionen über Zinssenkungen in der Euro-Zone sind auch aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel derzeit noch nicht angebracht. "Vielleicht können wir somit bis zur Sommerpause warten, oder was immer, aber ich möchte nicht spekulieren", sagte Nagel. Die Börsen seien manchmal optimistisch und manchmal auch überoptimistisch. "Das ist ihre Sichtweise, ich habe eine andere Ansicht." Aus Sicht von Daniela Hathorn, Marktanalystin bei Capital.com, gibt es eine "Diskrepanz zwischen den Markterwartungen und den Plänen der Zentralbanken". Die Anpassung der Erwartungen, dass Zinssenkungen zwar unweigerlich kommen werden, aber nicht so schnell wie erwartet, belaste Aktien. Berichtssaison im Fokus Frischen Schwung könnte die anlaufende Bilanzsaison bringen. Analyst Sven Streibel von der DZ Bank begründet das erwartete starke Interesse an den Quartalsberichten mit Rezessionssorgen. Damit stünden mögliche negative Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne wieder im Raum, auch wenn es dazu weder 2022 noch 2023 gekommen sei. Er selbst sieht für die Quartalsergebnisse der US-Unternehmen angesichts des herrschenden Konjunkturpessimismus "positives Überraschungspotenzial und von dieser Seite her Unterstützung für die Aktienkurse". Deutsche Wirtschaft 2023 geschrumpft Thema des Tages an der Börse waren die heimischen Konjunkturdaten, die herrschende Rezessionssorgen verstärkten. Konkret sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 nach vorläufigen Daten zum Vorjahr preisbereinigt um 0,3 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt heute mit. Die hohe Inflation bremste den Privatkonsum als wichtige Konjunkturstütze. Im Jahr 2022 war Europas größte Volkswirtschaft noch um 1,8 Prozent gewachsen. Die Aussichten für das laufende Jahr haben sich Volkswirten zufolge eingetrübt. Manche befürchten auch 2024 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung. "Diese Zahl tut weh", sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. "An sich wäre in Anbetracht hoher Inflation, massiv gestiegener Zinsen und einem schwachen weltwirtschaftlichen Umfeld gegen eine schrumpfende Volkswirtschaft nichts einzuwenden, doch der Blick auf das internationale Umfeld zeigt, dass es durchaus auch besser geht." Leichte Verluste beim Euro Der Euro bewegt sich zum Wochenstart kaum bei aktuell 1,0949 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0945 (Freitag: 1,0942) Dollar fest. Neben den schwachen deutschen BIP-Zahlen wurden auch aus der Eurozone leicht schwächere Produktionsdaten aus der Industrie ausgewiesen. "Stagnation im vergangenen Jahr und die Aussichten im laufenden Jahr für 2024 sind kaum besser", sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, mit Blick auf die deutschen Konjunkturdaten. "Die Wirtschaft wächst nicht mehr und die Investitionen in die Zukunft nehmen ab." Wegen des US-Feiertages werden aus USA heute keine Wirtschaftsdaten erwartet. Im schweizerischen Davos beginnt allerdings die Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (bis 19.1.), bei dem unter anderem der chinesische Ministerpräsident Li Qiang erwartet wird. Öl- und Gaspreise unter Druck Der Preis für Erdgas in Europa ist heute deutlich gefallen - erstmals seit fast fünf Monaten unter die Marke von 30 Euro je Megawattstunde (MWh). Am Nachmittag sank der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat an der Börse in Amsterdam um etwa acht Prozent auf 29,29 Euro. Experten verwiesen auf das vergleichsweise hohe Angebot, nachdem zahlreiche Staaten in den vergangenen Monaten russische Lieferungen durch verstärkte Importe von Flüssigerdgas aus anderen Ländern ersetzt haben. Dies wurde auch durch den Bau von Terminals an der deutschen Küste möglich. Zudem sind die deutschen Gasspeicher gut gefüllt. Anfang 2023 wurde eine Megawattstunde noch bei 79 Euro gehandelt. Der Beginn des Kriegs im Nahen Osten hatte den Preis Anfang Oktober zwar zeitweise wieder über 50 Euro steigen lassen, dann setzte aber eine Trendwende ein. Das aktuelle Niveau liegt deutlich unter den Höchstständen, die im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine erreicht worden waren. Im Verlauf des Jahres 2022 wurden zeitweise mehr als 300 Euro fällig, nachdem Russland seine Gaslieferungen nach Europa stark gedrosselt hatte. Auch die Ölpreise sinken rund ein Prozent. Die Investoren versuchten, die möglichen Auswirkungen des Kriegs in Nahost auf die Ölversorgung einzuschätzen, hieß es am Markt. Die Rohölpreise waren vergangene Woche stark gestiegen, nachdem die USA und Großbritannien die Huthi-Rebellen im Jemen zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer angegriffen hatten. "Im Moment sehen wir noch keinen Einfluss auf die Versorgung", sagte Warren Patterson, Rohstoff-Experte bei der niederländischen Bank ING. "Und ich gehe davon aus, dass wir dafür eine wesentliche Eskalation des Konflikts sehen müssten." Plant die Deutsche Bank Übernahmen? Aktien von Deutscher Bank und Commerzbank, aber auch der niederländischen ABN Amro stehen wegen vager Fusionsspekulationen im Fokus. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag nach Börsenschluss unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen schrieb, hat die Deutsche Bank jüngst verstärkt mögliche Übernahmen diskutiert, darunter seien auch die Namen europäischer Banken wie Commerzbank und ABN Amro gewesen. Sprecher der Banken wollten sich gegenüber Bloomberg nicht äußern. Dass Unternehmen beständig Zukäufe innerhalb der Branche prüfen, ist allerdings Standard. In der Vergangenheit hatte es auch immer mal wieder Spekulationen über einen Zusammenschluss der beiden Frankfurter Geldhäuser Deutsche Bank und Commerzbank gegeben. Vor einigen Jahren hatten Deutsche Bank und Commerzbank sogar über eine Fusion gesprochen, die Gespräche dann aber im April 2019 beendet. BMW skeptisch bei Gewinnmarge von E-Autos Autokäufer müssen für Elektromodelle mehr zahlen als für Benziner, aber bei Autobauern wie BMW drücken sie die Gewinnmarge: "Wir verdienen Geld. Aber von Margengleichheit kann aktuell noch keine Rede sein", sagte BMW-Finanzvorstand Walter Mertl. Das dürfte auch in den nächsten Jahren so bleiben. Mit den ab 2025 auf den Markt kommenden BMW der "Neuen Klasse", die auf einer eigens für E-Autos entwickelten Plattform samt neuen Batteriezellen und neuer Software stehen, will der Konzern seine Produktionskosten deutlich senken. "Mit der Neuen Klasse nähern sich die Margen weiter an", sagte Mertl. Aber "auch 2026 haben wir noch keine Parität". Lufthansa will 13.000 neue Mitarbeiter einstellen Der Lufthansa-Konzern sucht weiter zahlreiche Arbeitskräfte. Auch in diesem Jahr wolle man rund 13.000 Menschen in den unterschiedlichsten Berufen einstellen, teilte das MDAX-Unternehmen heute mit. Das entspricht etwa den Neueinstellungen aus dem Vorjahr. Nach dem Komplettverkauf der Catering-Gesellschaft LSG arbeiten noch rund 95.000 Menschen in 90 Ländern für das Unternehmen. Zurzeit werden unter anderem Beschäftigte für Kabine (3.500), Cockpit (1.000), Technik (2.000) und Informationstechnologie (900) gesucht. Auch beim Bodenpersonal in München und Frankfurt sind viele Stellen frei. Etwa zwei Drittel der Neueinstellungen ersetzten in der Vergangenheit ausscheidende Arbeitskräfte. Ein Drittel sind zusätzliche Beschäftigte. Man fokussiere sich darauf, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, erklärte Personalvorstand Michael Niggemann. MAN steigert Absatz deutlich MAN hat im vergangenen Jahr 83.700 Lastwagen verkauft und seine Auslieferungen gegenüber dem von Lieferengpässen beeinflussten Vorjahr um 44 Prozent gesteigert. Der Absatz von Stadt- und Reisebussen legte um 19 Prozent auf 5.700 Fahrzeuge zu. Das von Traktor- und Agrarmaschinenherstellern beflügelte externe Motorengeschäft habe das erfolgreichste Jahr seit 2014 geschafft. Vertriebsvorstand Friedrich Baumann sagte heute: "Nach sehr herausfordernden Jahren sind wir wieder zurück in der Erfolgsspur." Zwei Drittel der Lkw-Produktion von MAN kommt inzwischen aus Niedriglohn-Ländern. Mit dem Abbau von 3.400 Stellen in Deutschland und der Verlagerung von Teilen der Lkw-Produktion aus dem Stammwerk München nach Krakau wollte das Unternehmen nach langer Durststrecke wieder profitabler werden. MAN gehört mit Scania und Navistar zur Volkswagen-Holding Traton. Die Finanzzahlen will Traton am 5. März vorlegen. Lanxess startet angeblich Verkauf des Polyurethan-Geschäfts Der Spezialchemiekonzern Lanxess aus dem MDAX treibt einem Zeitungsbericht zufolge den beschlossenen Verkauf seines Polyurethan-Geschäfts voran. Die Deutsche Bank sei mit der Suche nach einem Käufer beauftragt worden, berichtete das "Handelsblatt" heute unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Der Prozess solle in den kommenden Wochen starten, das Geschäft könnte dabei mit 500 bis 600 Millionen Euro bewertet werden. Lanxess wollte sich dazu nicht äußern. Die Deutsche Bank lehnte dem Bericht zufolge eine Stellungnahme ab. Der Kölner Konzern hatte im November angekündigt, die Kunststoff-Geschäftseinheit Urethane Systems mit sechs Produktionsstandorten und rund 400 Mitarbeitern verkaufen zu wollen. Der Bereich passe als letztes verbliebenes Polymergeschäft nicht mehr zur Ausrichtung von Lanxess. Drägerwerk will Dividende deutlich erhöhen Der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern Drägerwerk will nach einem deutlichen Umsatz- und Ergebnisanstieg die Dividende kräftig erhöhen. Dräger sei 2023 wie geplant zu Wachstum und Profitabilität zurückgekehrt, teilte der SDAX-Konzern heute mit. Hintergrund seien Nachholeffekte im Zuge einer besseren Lieferfähigkeit. Auch die hohe Nachfrage nach Beatmungsgeräten in China zu Beginn des Jahres habe sich positiv auf Umsatz und Ergebnis ausgewirkt. Die vorläufigen Zahlen für das vergangene Jahr lägen mit einem währungsbereinigten Umsatzanstieg von 13,2 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro und einer Gewinnmarge (Ebit-Marge) von 4,9 Prozent über den eigenen Erwartungen. Vor diesem Hintergrund will Dräger die Dividende deutlich erhöhen und rund 30 Prozent des Überschusses ausschütten. Der endgültige Vorschlag erfolge mit den endgültigen Geschäftszahlen. Umsatzplus gibt Douglas Rückenwind für etwaigen Börsengang Zuwächse im wichtigen Weihnachtsgeschäft geben Douglas Schwung für einen möglichen Gang an die Börse. Douglas habe im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2023/24 den Umsatz um 8,3 Prozent auf rund 1,56 Milliarden Euro gesteigert, teilte die Parfümeriekette auf Basis vorläufiger Zahlen mit. Douglas konnte dabei sowohl im Filial- als auch im Online-Geschäft zulegen. Die Kosmetik-Gruppe könnte Insidern zufolge bald den Sprung an die Börse wagen. Entsprechende Planungen des Unternehmens und seines Mehrheitseigners CVC für einen Börsengang voraussichtlich im März liefen auf Hochtouren, hatten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters gesagt. Boeing lässt externe Prüfer ins Werk Der US-Flugzeughersteller Boeing will nach dem Beinahe-Unglück einer 737-9 Max seine Qualitätskontrollen überprüfen und Vertreter von Fluggesellschaften in seine Werkshallen lassen. Alaska Airlines schickt nach dem jüngsten dramatischen Zwischenfall mit einer ihrer Boeing-Maschinen eigene Kontrolleure auf die Produktionslinien des Flugzeugbauers. Der Schritt macht den Vertrauensverlust in Boeings Qualitätskontrollen deutlich. Am Wochenende zeichnete sich zudem ab, dass Flugzeuge des betroffenen Typs 737-9 Max noch länger am Boden bleiben dürften. Die US-Luftfahrtbehörde FAA hat ein Flugverbot ausgesprochen. Am 5. Januar war an einer fast neuen Maschine vom Typ 737-9 Max kurz nach dem Start ein Rumpfteil herausgebrochen, das einen nicht benötigten Notausgang verschloss. US-Luftfahrtaufsicht FAA und andere Behörden ordneten an, alle gut 170 ähnlichen Flugzeuge des Typs für Untersuchungen am Boden zu lassen. Sowohl Alaska als auch United Airlines fanden bei weiteren Maschinen lose Befestigungsteile. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-dow-bilanzen-taiwan-euro-dollar-geldanlage-100.html |
2024-01-15 | Faustkeile im Raster-Elektronen-Mikroskop | Werkzeuge der Steinzeit | Mit experimenteller Archäologie verschaffen sich Forschende in Mainz und Neuwied einen Einblick in das Leben unserer frühen Vorfahren. Dazu untersuchen sie Faustkeile aus der Steinzeit. Von F. Wittig und L. Zerbst. | Mit experimenteller Archäologie verschaffen sich Forschende in Mainz und Neuwied einen Einblick in das Leben unserer frühen Vorfahren. Dazu untersuchen sie Faustkeile aus der Steinzeit. Von Frank Wittig und Lilly Zerbst Wie lebten Menschen in der Steinzeit? Um das besser zu erkunden, haben Forschende am Leibniz-Institut für Archäologie (LEIZA) in Mainz und in Neuwied untersucht, wie Nachbildungen von Steinwerkzeugen auf verschiedene Belastungstests reagieren. Bei den Untersuchungsobjekten handelt es sich um Nachahmungen von 1,6 Millionen Jahre alten Faustkeilen, die im Hochland von Äthiopien gefunden wurden. Nutzung von Steinwerkzeug läutete neue Ära ein Vor mehr als zwei Millionen Jahren begannen Menschen, Steinwerkzeuge herzustellen. Für die Anthropologie markiert diese Fähigkeit den Beginn der Gattung "Homo", zu der auch wir Menschen, die Homo Sapiens, gehören. Zu den bekanntesten Vertretern der Frühmenschen gehören der Homo erectus, der aufrechte Mensch, und der Homo habilis, der geschickte Mensch. Die Analyse von Gebrauchsspuren an ihren Steinwerkzeugen stellt eine der sehr wenigen Möglichkeiten dar, etwas über das Alltagsleben dieser Vorfahren aus längst vergangenen Zeiten in Erfahrung zu bringen. Belastungstests offenbaren Verwendung Joao Marreiros erforscht am Leibniz-Zentrum für Archäologie in Neuwied originalgetreue Nachbildungen der Arbeitsgeräte. Er möchte wissenschaftlich exakt nachweisen, wofür die Frühmenschen die verschiedenen Werkzeuge benutzten. Dafür hat der Forscher zwei Steine in Roboter eingespannt. Durch Schläge und Ritzbewegungen soll der Roboter die Nachbildungen der Steinwerkzeuge an verschiedenen Materialen wie Holz und Knochen abnutzen. "Wenn die Forschenden mit verschiedenen Materialien arbeiten, dann weisen die Schneiden der Werkzeuge charakteristische Beschädigungen auf", erklärt Marreiro. Diese Beschädigungen ließen sich an verschiedenen Mikroskopen exakt bestimmen. Ein Vergleich mit den Gebrauchsspuren der Original-Steinwerkzeuge ergebe Aufschluss darüber, für welche Arbeiten bestimmte Werkzeugformen und Gesteinsarten wahrscheinlich genutzt wurden. Frühmenschen bearbeiteten Holz und Knochen Die Forschenden wollen unter anderem herausfinden, wie gut sich Holz mit den Steinwerkzeugen bearbeiten lässt und welche Spuren die Arbeit am Werkzeug hinterlässt. Einer der beiden Roboter zieht daher eine Säge aus Feuerstein wieder und wieder über ein Holzbrett. Unter dem Mikroskop zeigen sich typische Abnutzungsspuren in Form von muschelförmigen Absplitterungen. Sie sind charakteristisch dafür, wenn scharfe Feuersteinklingen zur Holzbearbeitung verwendet werden. Eine wichtige Anwendung für Steinzeitwerkzeuge war außerdem das Aufbrechen von Knochen. Knochenmark war eine begehrte Nahrungsquelle. Die Forschenden wollen herausfinden, mit welchen Werkzeugen Steinzeitmenschen Knochen bearbeitet haben. Ein zweiter Roboter lässt dazu immer wieder einen Steinwürfel mit definierter Kraft auf den massiven Beinknochen eines Auerochsen fallen. Den Steinwürfel untersuchen die Forschenden später unter anderem in einem Raster-Elektronen-Mikroskop. Der aus Portugal stammende Wissenschaftler will so charakteristische Strukturschäden bei verschiedenen Gesteinsarten in Abhängigkeit von ihrer Anwendung als Werkzeug ermitteln. Gebrauch von Steinwerkzeugen kulturell bedingt Sehr interessant sei laut Marreiros, "dass Gesteinsarten, die härter und haltbarer sind, nicht unbedingt am häufigsten von den Frühmenschen verwendet wurden". Die Forschenden vermuten daher, dass unter anderem der kulturelle Hintergrund oder die Überlieferung von Kenntnissen über die Materialauswahl bestimmte. Noch heute gebe es Volksgruppen in Äthiopien, die mit Steinwerkzeugen arbeiteten, erklärt Marreiros. Sie stellen ebenfalls oft nicht die rationale Perspektive der Haltbarkeit des Gesteins in den Vordergrund, sondern bezögen sich bei der Auswahl auf die Tradition. Neue Standards für die Analyse Die Gebrauchsspurenanalyse gibt es in der Archäologie schon seit den 1980er-Jahren. Doch bisher habe es an einer Systematisierung der Analysetechniken gemangelt, erklärt Sabine Gaudzinski-Windheuser, Leiterin des Forschungsprojekts im SWR. Jedes Labor hatte seinen eigenen Bezugsrahmen, sodass die Ergebnisse, die hier erzielt worden sind, von der Community oft nicht wirklich nachvollzogen werden konnten. Am LEIZA sei man dabei, Standards zu erarbeiten, die diese Spurenanalyse tatsächlich zu einer wissenschaftlichen, archäologischen Subdisziplin machten. So werden die Roboter im Labor von Joao Marreiros noch lange damit beschäftigt sein, mit den unterschiedlichsten Steinwerkzeugen Objekte aus Holz, Knochen oder Stein zu bearbeiten, um das Verständnis für die Lebensumstände unserer fernen Vorfahren zu erweitern. In einer früheren Version des Textes hieß es, dass Steinwerkzeuge mit einem Computertomographen untersucht wurden. Die Untersuchung fand aber mit einem Raster-Elektronen-Mikroskop statt. Wir haben den Text entsprechend verändert und bitten, den Fehler zu entschuldigen. | /wissen/forschung/fruehmenschen-werkzeug-100.html |
2024-01-15 | Weltwirtschaftsforum so politisch wie lange nicht | Treffen in Davos | Beim Weltwirtschaftsforum in Davos steht besonders die Geopolitik im Fokus - es geht um die Kriege in Nahost und der Ukraine. Finanzprofis sind skeptisch, ob Davos diesmal seinen Ansprüchen gerecht werden kann. Von C. Röse. | Beim Weltwirtschaftsforum in Davos steht besonders die Geopolitik im Fokus - es geht um die Kriege in Nahost und der Ukraine. Finanzprofis sind skeptisch, ob Davos diesmal seinen Ansprüchen gerecht werden kann. Von Constantin Röse Wenn sich Autokolonnen durch ein kleines Schweizer Bergdorf ziehen und Hotelpreise explodieren, dann ist es wieder so weit: Das Weltwirtschaftsforum in Davos beginnt. Angesichts von Kriegen und weltweiten Unsicherheiten wird das Treffen für Politiker und Wirtschaftsgrößen in diesem Jahr aber auf jeden Fall kein Wohlfühl-Termin. Die Liste der Herausforderungen sei lang, erklärt Martin Lück, Chefinvestmentstratege von BlackRock: "Das Wachstum der globalen Weltwirtschaft ist gerade einmal in der Größenordnung unterwegs, die wir so an der Rezessionsschwelle bezeichnen würden. Der weltweite Handel ist sogar auf dem Rückzug." Das müsse ein Alarmzeichen sein, vor allem in Europa, das so stark vom Welthandel abhängt. So viele Teilnehmer wie noch nie In Davos werden darum besonders viele informellen Gespräche hinter verschlossenen Türen stattfinden. In den nächsten fünf Tagen werden 2.800 Teilnehmer erwartet, so viele wie nie. Gesprochen wird natürlich über den Krieg im Gaza-Streifen und in der Ukraine. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist nach Davos gekommen. Konkrete Lösungen oder gar einen Friedensplan erwarten viele Experten aber nicht. In Gefahr sehen viele die Globalisierung insgesamt. Weltweit nehmen Krisen zu, in vielen Ländern gibt es demokratiefeindliche Strömungen - und auch die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. In einer Umfrage des Weltwirtschaftsforums zeichnen führende Entscheider ein düsteres Bild: Fast zwei Drittel fürchten sich vor turbulenten, wenn nicht gar stürmischen Zeiten in den kommenden zehn Jahren. Immer wieder genannt werden dabei die Folgen des Klimawandels. Ein Mindestmaß an Zusammenarbeit? Wie lassen sich trotzdem Lösungen oder Kooperationen finden? Es gehe um ein Mindestmaß an praktikabler Zusammenarbeit, sagte Saadia Zahidi, eine der Direktorinnen des Weltwirtschaftsforum dem TV-Sender Bloomberg: "Maßnahmen können von nationalen Akteuren oder von Einzelpersonen ergriffen werden." Man müsse nicht unbedingt darauf warten, dass eine Zusammenarbeit in großem Maßstab zustande komme. Klar ist: Der Anspruch in Davos ist hoch. Es geht darum, Vertrauen wieder herstellen. An den Finanzmärkten sind viele skeptisch. "Das Motto hört sich super an. Vertrauen wieder herzustellen geht aber nicht so einfach", sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Deutschland. Die ganz großen Spieler, von denen die größten geopolitischen Risiken ausgehen, seien schließlich gar nicht dabei. "Wir werden nicht Donald Trump sehen und auch keinen Wladimir Putin", so Brzeski. Strittiges Thema Künstliche Intelligenz Es gibt aber Themen, bei denen man auf konkretere Lösungen hofft: Zum Beispiel bei Künstlicher Intelligenz (KI). Noch streitet die Weltgemeinschaft über eine mögliche Regulierung und wie man Chancen und Risiken von KI unter einen Hut bekommt. Ein kleiner gemeinsamer Nenner wäre auch hier schon ein Anfang. Einmal schon hat das Schweizer Bergdorf Davos Weltgeschichte geschrieben. 1992 reichten sich Nelson Mandela und der damalige südafrikanische Präsident Frederik de Klerk ihre Hand. Es war ein Symbol für das Ende der Apartheid. Der "Zauber von Davos", er hat es in diesem Jahr jedenfalls schwerer denn je, unter der geschlossenen Schneedecke hervorzukommen. | /wirtschaft/weltwirtschaft/weltwirtschaftsforum-davos-2024-gaza-ukraine-100.html |
2024-01-15 | Sie wollen mehr | Bauernprotest in Berlin | Buhrufe für Finanzminister Lindner, lautstarke Kritik an der Ampel: Bei der Bauern-Demo in Berlin zeigt sich, dass es vielen Landwirten nicht nur um den Agrardiesel geht. Von Thomas Vorreyer. | Buhrufe für Finanzminister Lindner, lautstarke Kritik an der Ampel: Bei der Bauern-Demo in Berlin zeigt sich, dass es vielen Landwirten nicht nur um den Agrardiesel geht. Von Thomas Vorreyer Die Bauern haben gerufen, gekommen sind auch Gastronomen, Handwerker und Spediteure. In den Straßen rund um das Brandenburger Tor stehen an diesem Montag Traktoren, Lkws und Kleintransporter aus ganz Deutschland. Um die zehntausend Menschen werden es am Ende nach Schätzungen sein, die Versammlungsbehörde zählt 8.500. Vielen geht es um mehr als Kürzungen Den Männern in der ersten Reihe sind das zu wenig. "Eigentlich sollte das ganze Land demonstrieren", meint ein Zimmermann aus Sachsen. In seiner Branche, dem Bau, sei die Nachfrage eingebrochen. Gleichzeitig treibe die Ampelkoalition die Materialkosten nach oben. Es brauche Neuwahlen. Der Landwirt und der Dachdecker neben ihm nicken. Weiter hinten hat ein Bauer aus Niedersachsen drei Figuren in Anzügen vor seinen Traktor gespannt. Auf ihnen kleben die Gesichter von Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock, darunter steht: "Die Geißel unseres Landes". "Gerade noch okay", findet das eine Transportunternehmerin aus Baden-Württemberg. Auf ihrem eigenen Schild steht "Fair und demokratisch protestieren". Sie fordert eine Rücknahme der Doppelbelastung durch höhere CO2-Steuer und Lkw-Maut. Dafür brauche es keinen Regierungswechsel. Ampel unterbreitet Kompromissvorschläge Und die Ampel? Die ist zumindest den Landwirten noch vor Beginn der Protestwoche, die hier ihren Höhepunkt findet, ein Stück entgegengekommen. Die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung entfällt, das Dieselprivileg wird nur noch schrittweise abgebaut. Mehr Bewegung werde es nicht geben, so Bundeskanzler Scholz. Der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat stattdessen gerade eine Tierwohlabgabe in Aussicht gestellt: höhere Preise für Fleisch, Milch, Eier - mehr Geld für Landwirte. Finanzminister Christian Lindner von der FDP schwebt hingegen ein Bürokratieabbau vor. Schrille Töne bei den Demos Die SPD-Landwirtschaftspolitikerin Franziska Kersten, die den Protest vor Ort beobachtet, unterstützt beide Vorschläge. Eine Tierwohlabgabe etwa "würde den Verbraucher in die Verantwortung nehmen". Auch eine Änderung der Düngeverordnung sei denkbar. Den Demonstrierenden dürfte das zu wenig sein. Es brauche die vollständige Rücknahme der Änderungen bei Lkw-Maut, Agrardiesel, Kfz-Steuer, so ist es hier wieder und wieder zu hören. Und manche fordern gleich Neuwahlen. Es gab schrille Töne bei den Demos der vergangenen Tage. Stellenweise versuchten AfD und Rechtsextremisten, die Proteste zu vereinnahmen. Bauernpräsident will "selbstbewusster" werden So sehen es auch die Verbandsvertreter, die nun auf der Bühne vor dem Brandenburger Tor sprechen. Bauernpräsident Joachim Rukwied, ein Getreide- und Weinbauer aus der Nähe von Heilbronn, spricht von einem "faulen Kompromiss". "Unsere Themen müssen weg", ruft Rukwied. "Zu viel ist zu viel." Die Politik müsse raus "aus der Berliner Blase", sonst drohten langfristig Versorgungsengpässe, weil die Landwirtschaft verschwinde. Deshalb würden die Landwirte künftig noch selbstbewusster als bislang auftreten. Wenig konkret wird Rukwied allerdings dabei, was er außer der Rücknahme der Ampel-Beschlüsse will. Er sagt, dass Öko-Regeln "an die Praxis angepasst" werden müssten. In der Vergangenheit hatten sich die Landwirte zumindest gegen eine Verschärfung der Düngeverordnung und verpflichtende Stilllegung von Flächen für Naturschutzziele gerichtet. Jetzt gibt sich Rukwied entschlossen: Bis zu einer Lösung bliebe man "mit den Treckern auf der Straße". Gleich nach ihm stellt Dirk Engelhardt vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) einen mehrtägigen Streik seiner Branche in Aussicht. Gelbe Karte für Lindner Finanzminister Lindner hört sich das alles auf der Bühne an. Theresa Schmidt, Vorsitzende des Bunds Deutscher Landjugend, überreicht Lindner eine gelbe Karte. Die Ampel sei damit verwarnt. Viele Demonstrierende sind schon weiter. Sie buhen und pfeifen, wenn die Namen Scholz oder Özdemir fallen. Mehrfach gibt es "Ampel muss weg"- oder "Lügner"-Sprechchöre. Als Lindner selbst ans Pult tritt, buht die Menge solange, dass Bauernpräsident Rukwied um Mäßigung bittet. Dabei hatte das Moderationsteam selbst die Demonstrierenden immer wieder vor Lindners Auftritt angeheizt. Lindner bleibt hart beim Agrardiesel Der Finanzminister präsentiert sich als Streiter für die Bauern. Er versucht, als Pferdehalter und Jäger Sympathiepunkte zu sammeln - vergebens. Er redet von der "linksextremistischen Unterwanderung der Klimabewegung" und von Kürzungen bei Asylleistungen und Bürgergeld. Auch das lässt den Unmut nicht verstimmen. Schließlich geht Lindner in die Offensive. Er ruft: "Sie können mir doch nicht erzählen, dass Sie wegen dem Agrardiesel da sind." Er sagt, dass die Proteste "bereits erfolgreich" gewesen seien. Weil eine Kürzung zurückgenommen wurde, die andere nun zeitlich gestreckt werden soll. Damit bleibe "ein fairer Beitrag" der Landwirte, findet Lindner. Das Pfeiffen, Buhen, Rufen ist jetzt am lautesten. Der bayerische Bauernpräsident Günther Felßner steht neben Lindner auf der Bühne und kurbelt mit den Armen die Menge an. Rauchtöpfe werden geworfen. Die Polizei muss eingreifen. Lindner zeigt sich davon unbeirrt und nennt Beispiele für Bürokratieabbau, die er den Bauern stattdessen vorschlägt: Steuerbefreiung von Risikorücklagen, leichtere Züchtung, runter mit den "seit Renate Künast überzogenen Ökostandards". Jetzt sei die Gelegenheit, um darüber zu diskutieren, ruft Lindner. Bauern und CDU setzen auf Haushaltsberatungen Die Diskussion wird sich dennoch nach diesem Auftritt weiter um den Agrardiesel drehen. Die Union macht Druck. Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze sagt am Rande der Demo, der Ball liege im Bundestag. "Ich appelliere an die Ampel-Abgeordneten, beide Streichungen ganz zurückzunehmen", so der CDU-Politiker. Da ist Bauernpräsident Rukwied schon unterwegs zu einem Treffen mit den Spitzen der drei Ampel-Fraktionen. Etwas mehr als zwei Stunden später steht er konsterniert in der Geschäftsstelle des Bauernverbands und sagt: "Es gab keine Ergebnisse." Man sei keinen echten Schritt vorangekommen. Auch Rukwied hofft jetzt auf die Haushaltsberatungen in dieser Woche. Sollten die Kürzungen dort nicht zurückgenommen werden, werde man weiter protestieren. In Sachsen haben Landwirte derweil bereits neue Autobahnblockaden angekündigt. | /inland/innenpolitik/bauernprotest-demo-berlin-100.html |
2024-01-15 | Lebensmittel nur gering mit Pestiziden belastet | Bundesamt für Verbraucherschutz | Nahrungsmittel sind in Deutschland nur wenig mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln belastet. Das gilt insbesondere für saisonale Obst- und Gemüsesorten. Ein bei ernährungsbewussten Menschen beliebtes Produkt fällt jedoch aus der Reihe. | Nahrungsmittel sind in Deutschland nur wenig mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln belastet. Das gilt insbesondere für saisonale Obst- und Gemüsesorten. Ein bei ernährungsbewussten Menschen beliebtes Produkt fällt jedoch aus der Reihe. Lebensmittel in Deutschland sind laut amtlichen Untersuchungen nur wenig mit Pestiziden belastet. Zu den am meisten betroffenen Produkten zählten jedoch solche, die gerade bei gesundheitsbewussten Menschen beliebt sein dürften. Demnach seien die häufigsten Überschreitungen bei Chiasamen, getrockneten Kräutertees und Granatäpfeln festgestellt worden, teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zu Ergebnissen aus dem Jahr 2022 mit. Zwischen einzelnen Produkten gab es laut BVL teils große Unterschiede. Karotten, Kartoffeln, Äpfel, Erdbeeren und Spargel etwa weisen demnach seit Jahren kaum noch zu hohe Pestizidrückstände auf. Hohe Quoten gibt es hingegen bei Tees und Bohnen mit Hülsen. So lag die Überschreitung bei Chiasamen bei 53,3 Prozent, bei getrockneten Kräutertees bei 18,8 Prozent und bei Granatäpfeln bei 18,7 Prozent. Zu Chiasamen erklärte das BVL zusätzlich, dass viele Proben auf Kupfer untersucht worden seien. Kupfer werde zwar auch in Pestiziden eingesetzt, Chiapflanzen nähmen aber zudem anderweitig im Boden enthaltenes Kupfer verstärkt auf und speicherten es im Samen. "Daher wird davon ausgegangen, dass die vermutlich natürlichen Kupfergehalte in Chiasamen bereits zu einer Überschreitung des Höchstgehalts führen", heißt es im BVL-Bericht. Für die menschliche Ernährung seien Kupfergehalte in der nachgewiesenen Höhe als unbedenklich anzusehen, wenn übliche Mengen verzehrt werden. Lebensmittel aus Nicht-EU-Staaten stärker belastet Generell seien Erzeugnisse aus Deutschland und anderen EU-Staaten deutlich geringer belastet als solche aus Nicht-EU-Staaten. Bei Lebensmitteln aus Deutschland wurde der Anteil der Überschreitungen der Rückstandshöchstgehalte mit 1,3 Prozent angegeben. Im Vergleich zu 2021 stieg der Wert leicht (1,1 Prozent). Bei Nicht-EU-Staaten lag die Überschreitungsquote bei 9,8 Prozent und sank damit um etwa einen Prozentpunkt (2021: 10,9 Prozent). Die Belastung von Proben von Produkten aus Öko-Anbau war laut dem Bericht des BVL deutlich niedriger als die der konventionell erzeugten. Den Angaben liegen laut BVL mehr als 8,3 Millionen Analyseergebnisse aus mehr als 21.000 Lebensmittelproben zugrunde. Es sei bei den Kontrollen auf mehr als 1.000 Stoffe kontrolliert worden. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln sind nach BVL-Angaben nur dann zulässig, "wenn sie die geltenden Rückstandshöchstgehalte nicht überschreiten und demnach gesundheitlich unbedenklich sind". Eine Überschreitung bedeute aber im Umkehrschluss nicht zwangsläufig ein Gesundheitsrisiko für Verbraucherinnen und Verbraucher. Höchstgehalte könnten deutlich unterhalb der gesundheitlichen Bedenklichkeit liegen. | /inland/gesellschaft/lebensmittel-pestizide-obst-gemuese-100.html |
2024-01-15 | Ampel will Fahrplan für Landwirtschaft vorlegen | Entlastungen angekündigt | Die Ampelkoalition will am Donnerstag im Bundestag einen Plan vorlegen, um die Landwirtschaftsbranche zu entlasten und zukunftssicher zu machen. Der Bauernverband fordert bis zum Abend desselben Tages eine Lösung im Agrardiesel-Streit. | Die Ampelkoalition will am Donnerstag im Bundestag einen Plan vorlegen, um die Landwirtschaftsbranche zu entlasten und zukunftssicher zu machen. Der Bauernverband fordert bis zum Abend desselben Tages eine Lösung im Agrardiesel-Streit. Angesichts breiter Proteste hat die Ampelkoalition der Landwirtschaft Entlastungen zugesagt. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich erklärte nach einem Gespräch der Fraktionschefs mit Vertretern der Bauernverbände, die Koalition plane bis zur Sommerpause strukturelle Entscheidungen, die die Betriebe entlasten und ihnen Planungssicherheit geben sollten. Zu einer Agrardebatte am Donnerstag im Bundestag wolle man einen Plan vorlegen, um die Branche zukunftssicher zu machen. In wenigen Wochen solle dann ein Fahrplan mit konkreten Umsetzungsschritten ausgearbeitet werden. FDP kritisiert bürokratische Belastungen Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann sagte, es müsse dringend über die Frage geredet werden, warum nicht mehr Einkommen auf den Höfen bleibe. Das sei nicht der Fall, weil die Marktmacht des Großhandels groß sei und Preise diktiert würden. Zudem sei über einen Tierschutzcent oder eine Tierschutzabgabe zu sprechen. Es habe bereits genügend politische Kommissionen gegeben, so Haßelmann weiter. "Wir haben kein Erkenntnisdefizit. Wir haben ein Handlungsdefizit." Deswegen gehe es jetzt um die Umsetzung. FDP-Fraktionschef Christian Dürr kritisierte bürokratische Belastungen der Landwirtschaft. Es müsse faire Rahmenbedingungen geben. "Landwirtinnen und Landwirte sind Unternehmer." Sie wollten ihr Geld am Markt verdienen. Bauernverband fordert baldige Lösung Aus Sicht des Deutschen Bauernverbands blieb das Gespräch mit den Ampel-Vertretern ohne Ergebnis. "Es wurden Themen diskutiert, die wir seit 30 Jahren ergebnislos diskutieren", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Der Verband will aber zunächst nicht zu weiteren Protesten aufrufen. "Wir setzen jetzt in den nächsten Tagen auf den Austausch und hoffen, dass es eine Lösung gibt, die auch die Landwirtschaft mittragen kann", sagte Rukwied. "Wir bräuchten ein Ergebnis bis Donnerstagabend, Haushaltsbereinigungssitzung." Für den Fall, dass es kein Ergebnis geben sollte, behalte man sich weitere Aktionen vor. "Jetzt geht es vorrangig um Agrardiesel", sagte Rukwied. "Diese Steuererhöhung muss vom Tisch. Wir würden sonst den teuersten Agrardiesel neben den Niederländern in ganz Europa fahren - ein massiver Wettbewerbsnachteil." Die Bauern protestieren derzeit dagegen, dass die Bundesregierung Diesel-Vergünstigungen schrittweise streichen will. Dazu gab es heute eine Großdemonstration in Berlin. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) rechtfertigte dabei in einer von Buhrufen und Pfiffen begleiteten Rede die Einsparpläne, zeigte sich aber offen für Erleichterungen an anderen Stellen. | /wirtschaft/ampel-fahrplan-landwirtschaft-100.html |
2024-01-15 | "Reformpläne kommen wahrscheinlich zu spät" | Kommunen zweifeln an Klinikreform | Bislang wollen die Länder der Klinikreform von Gesundheitsminister Lauterbach nicht zustimmen. Die Kommunen appellierten nun an Bund und Länder, sich zu einigen. Denn davon hängen die Hilfen für notleidende Kliniken ab. | Bislang wollen die Länder der Klinikreform von Gesundheitsminister Lauterbach nicht zustimmen. Die Kommunen appellierten nun an Bund und Länder, sich zu einigen. Denn davon hängen die Hilfen für notleidende Kliniken ab. Die Kommunen sehen die Existenz zahlreicher Krankenhäuser in Deutschland bedroht. Bei einem Treffen mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in Berlin forderten sie höhere und schnellere Milliardenhilfen als von der Bundesregierung vorgesehen. "Die Reformpläne kommen wahrscheinlich zu spät für die Häuser, die in Not sind", sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Uwe Brandl. "Wir glauben, dass es frisches Geld im System braucht." Landkreistagspräsident Reinhard Sager forderte Soforthilfen, um die Liquidität der Kliniken zu verbessern. Länder blockieren Krankenhaustransparenzgesetz Auch appellierten die Kommunen an die Länder, ihre Blockadehaltung beim Krankenhaustransparenzgesetz aufzugeben. Der Gesetzentwurf war bereits im Oktober vom Bundestag beschlossen worden - wurde Ende November allerdings vom Bundesrat ausgebremst. Die Länderkammer verwies den Entwurf zur weiteren Überarbeitung in den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag. An das Gesetz sind schnelle Liquiditätshilfen für die Krankenhäuser gebunden, die angesichts von Inflation und steigenden Personalkosten finanzielle Engpässe beklagen. Mit dem Geld soll auch der Übergang zur geplanten großen Krankenhausreform überbrückt werden. Lauterbach: Ohne Gesetz drohe vielen Kliniken Insolvenz Lauterbach nutzte das Treffen, um den Druck auf die Bundesländer zu erhöhen. "Die dringend notwendigen Krankenhausreformen zu verzögern, geht besonders zu Lasten der Städte und Kommunen. Sie sind Träger vieler Kliniken, müssen für Defizite geradestehen", sagte er. Mehr als 100 Krankenhäusern drohe ohne das Gesetz 2024 die Insolvenz. Deshalb müsse das Transparenzgesetz am 2. Februar im Bundesrat beschlossen werden. Damit könnten die Krankenhäuser bundesweit eine Liquiditätsspritze von sechs Milliarden Euro erhalten. Das Bundesgesundheitsministerium will durch mehrere Gesetze eine nachhaltige Veränderung der Krankenhauslandschaft erreichen. Das Krankenhaustransparenzgesetz soll dafür sorgen, dass Patientinnen und Patienten über das Internet künftig besser über Leistungen und Qualitätsmängel von Krankenhäusern informiert werden. Genannt werden sollen etwa die Fallzahlen von angebotenen Gesundheitsleistungen, die Zahl der Ärzte und des Pflegepersonals oder die Rate an Komplikationen bei bestimmten Eingriffen. Auch soll die Zuordnung der einzelnen Krankenhausstandorte zu Versorgungsstufen benannt werden. Das ist der zentrale Streitpunkt zwischen Bund und Ländern. Lauterbach plant außerdem eine Reform der Notfallversorgung und eine Reform des Rettungsdienstes. | /inland/innenpolitik/kommunen-krankenhaeuser-100.html |
2024-01-15 | Klimageld-Auszahlung womöglich erst 2027 | Bundesregierung | Die Energiepreise steigen weiter - als Ausgleich wollte die Regierung das Klimageld einführen. Doch das wird wohl erst deutlich nach Ende der Amtszeit der Ampelkoalition möglich. Die Linke spricht von einem "gebrochenen Versprechen". | Die Energiepreise steigen weiter - als Ausgleich wollte die Regierung das Klimageld einführen. Doch das wird wohl erst deutlich nach Ende der Amtszeit der Ampelkoalition möglich. Die Linke spricht von einem "gebrochenen Versprechen". Die Auszahlung des im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbarten Klimageldes soll nach Auskunft der Bundesregierung bis 2027 technisch machbar sein - also erst deutlich nach dem Ende der aktuellen Legislaturperiode. Der Auszahlungsmechanismus müsse spätestens 2027 vorhanden sein, weil man dann einen Ausgleich für den CO2-Emissionshandel auf EU-Ebene brauche, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit heute. Man arbeite mit Hochdruck daran, die technischen Voraussetzungen schneller zu schaffen. Zuvor hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) deutlich gemacht, über die Auszahlung eines Klimageldes werde nicht mehr vor der Bundestagswahl 2025 entschieden. Am vergangenen Wochenende hatte er der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) gesagt, ab 2025 könne man technisch eine Pro-Kopf-Auszahlung vornehmen. "Ob wir die Förderlandschaft in diese Richtung politisch umbauen, das wird nach der nächsten Wahl zu entscheiden sein", so der Finanzminister. "Das ist ungerecht" Linken-Parteichefin Janine Wissler kritisierte die Äußerungen Lindners scharf. "Das ist ein gebrochenes Versprechen", sagte sie in Berlin mit Blick auf Ankündigungen im Ampel-Koalitionsvertrag. "So verspielt man jedes Vertrauen und so untergräbt man die Akzeptanz für Klimaschutz in der Bevölkerung." Wissler verlangte die Umsetzung eines sozialen Klimageldes für Bürgerinnen und Bürger von 200 Euro monatlich bis zu einem Einkommen von 4.000 Euro brutto. Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch sagte, das Klimageld sei eine Frage der Gerechtigkeit. Diejenigen, die wenig Energie verbrauchen, müssten davon finanziell profitieren. "Das ist die Idee des Klimagelds, und deshalb muss die Bundesregierung Wort halten und, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, das Klimageld schnellstmöglich einführen", forderte Schuch. Wohlhabende hätten einen sehr viel größeren CO2-Fußabdruck als Familien, die mit wenig Geld zurechtkommen müssten. "Gleichzeitig müssen Familien mit geringeren Einkommen einen größeren Anteil ihres Einkommens für Energiekosten aufwenden. Das heißt, von steigenden Energiepreisen durch den höheren CO2-Preis sind sie überproportional betroffen. Das ist ungerecht", kritisierte Schuch. Hohe Einnahmen durch CO2-Bepreisung Grund für die Planung bis 2027 sei der europäische Emissionshandel, so Regierungssprecher Hebestreit. Ab 2027 sollen sich die Preise für den CO2-Ausstoß von Gebäuden und Verkehr dort bilden. Für die Menge der verfügbaren Zertifikate, die zum CO2 Ausstoß berechtigen und mit denen gehandelt werden kann, soll es dann Obergrenzen geben. Dadurch werde auch im deutschen Emissionshandel eine deutliche Steigerung des Preises erwartet, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Das Klimageld war als sozialer Ausgleich gedacht. Den CO2-Preis für alle fossilen Energieträger wie Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel gibt es in Deutschland seit 2021. Der Verbrauch dieser Rohstoffe wird dadurch teurer, was zum Klimaschutz beitragen soll. Der Preis für den Ausstoß einer Tonne CO2 ist zum Jahreswechsel von 30 auf 45 Euro gestiegen. 2025 soll der Preis 55 Euro betragen. Deutschland ist im vergangenen Jahr erneut eine Rekordsumme aus dem Verkauf von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten zugeflossen - rund 18,4 Milliarden Euro. Das waren rund 40 Prozent mehr als 2022, wie die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) mitgeteilt hatte. Das Geld fließt demnach vollständig in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem Energiewende- und Klimaschutzmaßnahmen finanziert werden. CO2-Zertifikate anderweitig genutzt Lindner sagte, die Idee des Klimageldes sei es, den Menschen die Einnahmen aus dem CO2-Preis pro Kopf zurückzuüberweisen. "Gegenwärtig werden die Einnahmen aber genutzt für die Förderung von Heizungen, Gebäudesanierung, grüner Stahlproduktion, Ladesäulen für E-Autos und so weiter. Kurz gesagt, weil ein Haushalt eine Wärmepumpe gefördert bekommt, können in dem Jahr einige Hundert andere kein Klimageld ausbezahlt bekommen. Man kann das Geld nicht zweimal ausgeben. Das Klimageld würde also die Förderungen, die wir jetzt haben, ersetzen", sagte er der NOZ. Sowohl Hebestreit als auch das Wirtschaftsministerium verwiesen zudem darauf, dass es in dieser Legislaturperiode schon einen erheblichen Ausgleich für die stark gestiegenen Energiepreise gegeben habe. Dazu zählten etwa die Abschaffung der EEG-Umlage auf Strom sowie die Gas- und Strompreisbremsen. | /inland/innenpolitik/klimageld-koalitionsvertrag-bundesregierung-100.html |
2024-01-15 | Malediven fordern Indien zum Truppenrückzug auf | Weitere Annäherung an China | Die Beziehungen zwischen den Malediven und Indien sind angespannt. Erst kam es zum Eklat um Strandfotos von Premier Modi, nun soll Indien seine Armee vom Inselstaat abziehen. Der maledivische Präsident setzt auf eine engere Partnerschaft mit China. | Die Beziehungen zwischen den Malediven und Indien sind angespannt. Erst kam es zum Eklat um Strandfotos von Premier Modi, nun soll Indien seine Armee vom Inselstaat abziehen. Der maledivische Präsident setzt auf eine engere Partnerschaft mit China. Die Malediven haben Indien aufgefordert, die Militärpräsenz in dem Inselstaat zu beenden. Bis zum 15. März müssten Dutzende Militärangehörige abgezogen sein, ließ Präsident Mohamed Muizzu mitteilen. Es habe ein entsprechendes Treffen von Vertretern beider Regierungen gegeben, berichtete das Außenministerium in Malé, der Hauptstadt der Malediven. Indische Soldaten und Kriegsschiffe halfen bisher unter anderem bei der Überwachung der Region. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind seit einiger Zeit angespannt. Die asiatischen Großmächte Indien und China buhlen um Einfluss in dem Inselstaat im Indischen Ozean. Der kürzlich gewählte Präsident Muizzu gilt als pro-chinesisch und hatte versprochen, die Präsenz indischer Armeeangehöriger zu beenden. Sein Wahlkampf lief unter dem Slogan "Indien raus". Kürzlich besuchte Muizzu China, um die Beziehungen zur zweitgrößten Volkswirtschaft zu stärken. Malediven sind Teil von Chinas "neuer Seidenstraße" Bei seiner einwöchigen Reise warb der Präsident des Inselstaats auf einem Investitionsforum um Geld aus der Volksrepublik. In Fuzhou, dem Startpunkt von Chinas maritimer Seidenstraße, bezeichnete Muizzu seinen Gastgeber als einen der "engsten Verbündeten und Entwicklungspartner". Zugleich kündigte er an, den Export von Fischereierzeugnissen zu steigern. Ein Freihandelsabkommen soll dabei helfen. Die Fischereiwirtschaft ist der größte Arbeitgeber auf den Malediven, deren Staatsgebiet zu 99 Prozent aus Meer besteht. Mengen- und wertmäßig machen Fische und Meeresfrüchte mehr als 99 Prozent der Exporte aus. Peking investiert in Milliardenhöhe China hat bereits eine eigene Präsenz auf den Malediven aufgebaut. Im Rahmen von Xis Initiative "Neue Seidenstraße", die auf den Aufbau eines globalen Handels- und Infrastrukturnetzes abzielt, unterstützt China etwa den Ausbau des internationalen Flughafens Velana auf den Malediven. Chinesische Firmen haben seit der Entscheidung der Malediven im Jahr 2014, sich dem Megaprojekt Seidenstraße anzuschließen, knapp 1,4 Milliarden Dollar im Land investiert. Das zeigen Daten des American Enterprise Institute. Im vergangenen Jahr etwa steckte die China National Machinery Industry Corporation 140 Millionen Dollar in die Tourismusbranche der Malediven, die mehr als ein Viertel der Wirtschaftskraft ausmacht. 2019 stellten chinesische Touristen ein Fünftel der ausländischen Besucher. Sie waren damit die größte Touristengruppe, fielen aber wegen der Corona-Pandemie zuletzt auf den dritten Platz zurück. Fotos am Strand von Indiens Premierminister Modi Nach seiner Rückkehr aus Peking versetzte der Präsident des Inselstaats dem Nachbarn und bisherigen wichtigen Partner Indien einen Seitenhieb, ohne das Land direkt zu erwähnen: "Wir sind vielleicht klein, aber das gibt euch nicht eine Lizenz, uns zu drangsalieren", zitierte ihn die Zeitung "SunOnline". Muizuu spielte damit auf einen Eklat an, der sich kürzlich ereignet hatte. Grund dafür waren Fotos des indischen Premierministers Narendra Modi vor traumhafter Strandkulisse. Er war dabei in Flipflops beim Strandspaziergang und mit Schwimmweste beim Schnorcheln zu sehen. Mit den Bildern hatte Modi für die eigene indische Inselgruppe Lakshadweep geworben. Die kürzlich auf der Plattform X (ehemals Twitter) hochgeladenen Bilder der indischen Inselgruppe erinnern an den benachbarten Inselstaat. Modis Posting führte auf den Malediven zu Protesten. Denn die Traumdestination ist stark auf ausländische Gästen angewiesen, von denen besonders viele aus Indien kommen. Der Post sorgte unter anderem für despektierliche Aussagen von drei Vizeministern der Malediven. So machte Vizeministerin Mariyam Shiuana sich in einem inzwischen gelöschten X-Beitrag über Modi lustig und bezeichnete ihn als "Clown". Social-Media-Beitrag auf X von Narendra Modi: "For those who wish to embrace the adventurer in them, Lakshadweep has to be on your list.During my stay, I also tried snorkelling - what an exhilarating experience it was! pic.twitter.com/rikUTGlFN7" Die meisten Touristen kamen bislang aus Indien In Indien warben im Gegenzug Bollywood-Stars, bekannte Kricketspieler, Politiker und eine Reiseplattform für die indischen Inseln und riefen zum Boykott der Malediven auf. Neu-Delhi bestellte diese Woche zudem den maledivischen Botschafter ein. Urlauber posteten auf X Screenshots mit dem Hashtag #BoycottMaldives, um zu zeigen, dass sie ihre geplanten Reisen in den Inselstaat abgesagt hatten. Am Montag schloss sich das indische Reiseportal EaseMyTrip den Protesten an und setzte das Buchen von Flügen auf die Malediven aus - "aus Solidarität mit unserer Nation". Die maledivische Regierung zog schließlich die Bremse an, um den Zank unter Kontrolle zu bringen. Die drei Regierungsmitglieder löschten ihre Social-Media-Beiträge und wurden wegen Postens abfälliger Bemerkungen über Indien vom Dienst suspendiert. Die Inselgruppe ist seit den 1970er-Jahren global zu einem begehrten Urlaubsziel geworden. Einkünfte aus dem Tourismus sind eine wesentliche Säule der Wirtschaft des Landes. Auf Nationalitäten bezogen waren indische Besucher im vergangenen Jahr die größte Gruppe. Entwickelt sich Lakshadweep zu einer Konkurrenz, könnte das den Malediven finanziell erhebliche Einbußen bescheren. | /ausland/asien/malediven-indien-china-100.html |
2024-01-15 | Wie eine Grundrechtsverwirkung funktioniert | Petition gegen Höcke | In einer Petition wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung gegen den Thüringer AfD-Chef Höcke zu stellen. Was steckt dahinter? Ein Überblick von Max Bauer. | In einer Petition wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung gegen den Thüringer AfD-Chef Höcke zu stellen. Was steckt dahinter? Ein Überblick. Von Max Bauer Wie das Parteienverbot ist auch die Grundrechtsverwirkung eine Regelung der "wehrhaften Demokratie". Die Grundrechtsverwirkung steht im Grundgesetz, damit nie wieder Feinde der Demokratie ihre Freiheiten missbrauchen können, um die Demokratie abzuschaffen. Was ist eine Grundrechtsverwirkung? Die Grundrechtsverwirkung ist keine Strafe, sondern soll die Demokratie in der Zukunft gegen Gefährder schützen. In juristischen Kommentaren ist deshalb auch von einer symbolischen Funktion die Rede. Eine Grundrechtsverwirkung soll vor allem das Signal aussenden, dass die Demokratie einen Missbrauch von Grundrechten im Kampf gegen die Demokratie nicht duldet. Was bedeutet es, Grundrechte zu verwirken? Verwirkung von Grundrechten bedeutet, dass sich jemand gegenüber dem Staat nicht mehr auf bestimmte Grundrechte wie zum Beispiel die Meinungsfreiheit berufen kann. Er kann weiterhin seine Meinungen äußern oder demonstrieren, ist aber weniger geschützt, wenn staatliche Stellen gegen ihn vorgehen. Juristen sprechen von einem "Ausübungshindernis" für die verwirkten Grundrechte. Wichtig: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe kann nicht nur urteilen, dass jemand seine Meinungsfreiheit oder Versammlungsfreiheit verwirkt hat. Es kann ihm auch das Wahlrecht und das Recht, gewählt zu werden, entziehen. Außerdem kann es die Fähigkeit zu Bekleidung öffentlicher Ämter aberkennen. Wenn ihr Spitzenkandidat Björn Höcke betroffen wäre, könnte das die AfD in Thüringen empfindlich treffen. Wie werden Grundrechte verwirkt? Eine Grundrechtsverwirkung kann nur das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe aussprechen. Es muss ein eigenes Verfahren durchführen, in dem der Betroffene angehört werden muss. Einen Antrag können nur der Bundestag, die Bundesregierung oder eine Landesregierung stellen. Wenn es ein Verfahren gegen einen Bundestagsabgeordneten geben soll, dann muss das extra vom Bundestag genehmigt werden. Die Verwirkung von Grundrechten kann befristet werden, mindestens muss sie aber ein Jahr dauern. Welche Voraussetzungen gelten für die Grundrechtsverwirkung? Weil die Grundrechtsverwirkung die Demokratie vor ihren Feinden schützen soll, ist entscheidend, dass von dem Betroffenen eine Gefahr für die Zukunft ausgeht. Es braucht also eine Gefahrenprognose, ob der Betroffene seine Grundrechte für den Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht. Das Verfassungsgericht verlangt zudem eine "ernsthafte Gefahr" für die freiheitlich demokratische Grundordnung. Vor allem deswegen sind die vier Verfahren, die es bisher gab, gescheitert. Es waren beispielsweise Verfahren gegen einen ehemaligen Wehrmachtsoffizier, der in der Bundesrepublik als rechtsextremer Politiker tätig war, oder gegen einen rechtsextremen Verleger. Beide wurden als politisch zu bedeutungslos angesehen. Wie wäre das im Fall Höcke? Im Fall des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke wäre die politische Gefährlichkeit angesichts der Umfragewerte seiner Partei sicher anders einzuschätzen. Im thüringischen Verfassungsschutzbericht tauchen viele Äußerungen von Höcke auf. Der Verfassungsschutz stuft die AfD in Thüringen als gesichert rechtsextremistisch ein. Das ist zumindest ein Hinweis darauf, dass die Voraussetzung für eine Grundrechtsverwirkung im Fall von Björn Höcke vorliegen. Das Bundesverfassungsgericht müsste das aber eigenständig prüfen. Mit Blick auf die bisherigen Verfahren kann man sagen: Die Hürden für eine Grundrechtsverwirkung sind generell hoch. Und: In der Vergangenheit haben solche Verfahren mehrere Jahre gedauert. | /inland/innenpolitik/faq-grundrechtsverwirkung-hoecke-100.html |
2024-01-15 | Keine Freiheit für Andersdenkende | Russland | Ob YouTube-Videos über die Nachrichtenlage oder Kunstaktionen im Supermarkt: Wer sich in Russland kritisch gegen Staat, Militär und Justiz äußert, muss harte Strafen fürchten. Wie geht es den Verurteilten und ihren Angehörigen? Von I. Ruck. | Ob YouTube-Videos über die Nachrichtenlage oder Kunstaktionen im Supermarkt: Wer sich in Russland kritisch gegen Staat, Militär und Justiz äußert, muss harte Strafen fürchten. Wie geht es den Verurteilten und ihren Angehörigen? Von Ina Ruck Es gibt Applaus im Saal, als Ilja Jaschin an einem Tag im Dezember sein letztes Wort im Berufungsverfahren spricht - zugeschaltet aus einem Straflager in das Moskauer Gericht. Auf dem Monitor sieht man ihn in Sträflingsuniform hinter dicken Gittern. Zu achteinhalb Jahren ist er verurteilt, wegen "Diskreditierung der Armee". Er sei Politiker, hört man Jaschin über die schlechte Tonleitung sagen, er sehe es als seine Aufgabe, die Dinge beim Namen zu nennen, die Wahrheit zu sagen. Deshalb nenne er den Krieg Krieg, deshalb habe er von Butscha berichtet. Der Richter möge es wenigstens offen sagen, dass man ihn nur wegen seiner Meinung verurteilt habe. Natürlich scheitert die Berufung. Ilja Jaschins Eltern Tatjana und Walerij haben mit nichts anderem gerechnet. Dennoch sind sie im Saal, ein Platz mit freier Sicht auf den Monitor. Die Verfahren sind fast die einzige Chance, den Sohn zu sehen. Ganz selten dürfen sie ihn in der Haft besuchen - im Mai haben sie ihn gesehen und dann wieder im November. Bei Besuchen müssten sie in eine enge Kabine, sagen die Jaschins, hinter zwei dicken Glasscheiben sitze ihr Sohn, man könne ihn nur verschwommen sehen, er spreche in einen Telefonhörer. Jaschin wollte nicht ausreisen Ilja Jaschin, 40, früher ein enger Weggefährte des ermordeten Oppositionspolitikers Boris Nemtsow, wurde in Russland zum "ausländischen Agenten" erklärt. In seinem populären YouTube-Kanal hatte die westliche Berichterstattung zu den Ereignissen in Butscha zitiert und mit der russischen verglichen. Schon das war offenbar zu viel. "Ilja hat gesagt, Mama, du musst bereit sein, sie können mich jederzeit holen", erzählt Tatjana Jaschina. Kein Oppositioneller könne mehr ruhig schlafen in Russland, deswegen hätten viele das Land verlassen. "Unser Sohn hätte Emigration als Verrat gesehen", sagt Walerij Jaschin - "vor allem wegen seines Freundes Boris Nemtsow". Längst nicht alle wissen, wie gefährlich selbst kleinster Protest ist. Auch die Sankt Petersburger Künstlerin Aleksandra Skotschilenko hatte keine Ahnung, welches Risiko sie eingeht, als sie kleine falsche Preisschilder ans Supermarktregal steckte. Auf einem der Schildchen steht "400,-", als wäre das ein Rubelpreis. Schaut man genau hin, steht da in kleiner Schrift: "Etwa 400 Menschen verstecken sich in Mariupol in einer Schule vor den Bomben". Fünf solcher Etiketten hatte Aleksandra verteilt, ihr kleiner stiller Protest - dachte sie. Doch jemand meldete die Schildchen bei der Polizei, mit Hilfe einer Überwachungskamera des Supermarkts wurde Aleksandra gefunden. Als die Richterin das Urteil verliest, bricht sie in Tränen aus: sieben Jahre Lagerhaft. Partnerin bringt spezielle Nahrung Aleksandra sitzt seit Sommer 2022 in U-Haft. Seitdem trägt ihre Lebensgefährtin Sonja Subbotina zweimal in der Woche Tüten mit Lebensmitteln und Wasserflaschen ins Gefängnis. 30 Kilo pro Monat dürfen Angehörige bringen. Sonja hat 35 herausgehandelt. Denn Sascha, so wird sie von allen genannt, hat eine Gluten-Unverträglichkeit, braucht spezielle Nahrung. Und sie braucht Medikamente - sie hat einen angeborenen Herzfehler, ein Loch im Herzen. Subbotina hat die gemeinsame Wohnung gekündigt. Seit der Hausdurchsuchung, sagt sie, könne sie dort nicht mehr schlafen: "Ich habe mich vor jedem Schritt im Treppenhaus gefürchtet, ich habe immer gedacht, jetzt kommen sie wieder." Jetzt mietet sie ein Zimmer in einer heruntergekommenen Kommunalka, einer aus Sowjetzeiten stammenden Gemeinschaftswohnung mit neun anderen Mietern. In der Küche stehen zehn Kühlschränke, man teilt sich drei Duschen und drei Toiletten. In Sonjas Zimmer türmen sich Kartons mit glutenfreiem Brot, Schokoriegeln, Bananen. Bei Sonja selbst wurde im Frühjahr Brustkrebs entdeckt, sie wurde sofort operiert, die Prognose ist gut. Seitdem, sagt sie, habe sie kein schlechtes Gewissen mehr, wenn sie etwas für sich selbst tut. Sie müsse stark bleiben für Sascha. Einmal durfte ich Saschas Hand halten, das ist mehr als ein Jahr her. Ich hab ihre Bewacher gefragt, bei einem Gerichtsprozess, da hatte gerade eine nette Schicht den Dienst. Ich hab Saschas Hand genommen und wir haben beide geweint. Aber es war so gut, sie berühren zu können. "Das tun wir für unseren Sohn" Auch das Leben der Jaschins kreist jetzt nur um den Sohn. Ab und an schauen sie in seiner leeren Wohnung vorbei, treffen sich dort mit seinen Freunden. "Wir sind in diese Situation geraten. Es ist jetzt wichtig, dass wir unsere Würde behalten. Wir dürfen uns nicht als Opfer sehen. Das machen wir für uns und vor allem auch für unseren Sohn", sagt Vater Jaschin. Tatjana geht vor jedem Gerichtsprozess zur Maniküre, schminkt sich sorgfältig - sie wisse, dass ihr Sohn so etwas bemerkt und mag. Ilja solle sehen, dass es ihnen gutgehe, dass sie stark blieben. Beide haben dieselbe Hoffnung wie die Familien vieler anderer inhaftierter Oppositioneller - dass das Regime kurzlebiger sein möge als die Haftstrafe ihrer Angehörigen. Walerij Jaschin formuliert es so: "Das alles hier ist so absurd, wird immer absurder. Das kann einfach nicht mehr lange halten". Sonja Subbotina in Sankt Petersburg schöpft Hoffnung durch die vielen Briefe aus ganz Russland und sogar aus dem Ausland, die ihre Freundin bekommt. In Sonjas Zimmer lehnt eine kleine Zeichnung am Regal, die Sascha aus dem Gefängnis geschickt hat: Sie zeigt einen Häftling in einer engen Zelle, dem Flügel wachsen - Flügel aus weißen Briefumschlägen. | /ausland/europa/russland-prozesse-100.html |
2024-01-15 | Krankengeld trotz verspäteter Krankschreibung | Urteil des Bundessozialgerichts | Wenn eine Krankschreibung verspätet eingereicht wird, muss trotzdem Krankengeld gezahlt werden. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Denn seit 2021 müssen die Arztpraxen die Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse melden. | Wenn eine Krankschreibung verspätet eingereicht wird, muss trotzdem Krankengeld gezahlt werden. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Denn seit 2021 müssen die Arztpraxen die Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse melden. Der Anspruch auf Krankengeld darf nicht ausgesetzt werden, wenn eine Folgekrankschreibung verspätet bei der gesetzlichen Krankenkasse eingereicht wird. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschieden. Denn seit 2021 sind nicht mehr die Versicherten, sondern die Vertragsärzte zur Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verpflichtet. Arztpraxen müssen die Arbeitsunfähigkeit melden Nach den gesetzlichen Bestimmungen haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach einer Erkrankung von mehr als sechs Wochen Anspruch auf Krankengeld. Hierfür muss die Arbeitsunfähigkeit (AU) nicht nur dem Arbeitgeber, sondern auch der Krankenkasse angezeigt werden. Eine verspätete Mitteilung begründete im vorliegenden Fall einen vorübergehenden Verlust des Krankengeldes. Kläger hat Anspruch auf Krankengeld Im Streitfall wurde die Arbeitsunfähigkeit des Klägers zwar lückenlos vom 31. März 2021 bis zum 21. Juli 2021 attestiert. Die Folgebescheinigungen gingen jedoch zu spät bei der Krankenkasse ein. Vom 12. Mai bis 21. Juli 2021 lehnte die Krankenkasse daher die Krankengeldzahlung ab. Das BSG entschied, dass der Kläger trotz der verspäteten Meldung der AU Anspruch auf Krankengeld hat. Seit Anfang 2021 seien die Vertragsärzte verpflichtet, die Krankschreibungen elektronisch an die gesetzlichen Krankenkassen zu übermitteln, erklärte das BSG. Gehe daher eine vom Arzt zu übersendende AU-Bescheinigung zu spät bei der Krankenkasse ein, dürfe dies nicht zulasten des Versicherten gehen und ihm das Krankengeld vorenthalten werden. Urteil gilt nicht für Privatärzte und Reha-Einrichtungen Etwas anderes könne nur für Ärzte und Einrichtungen gelten, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, wie Privatärzte und Reha-Einrichtungen. Dass die technischen Voraussetzungen für den elektronischen Versand der AU-Bescheinigungen in den Praxen im strittigen Zeitraum teilweise nicht vorgelegen haben, spiele für den Krankengeldanspruch des Versicherten keine Rolle, entschieden die obersten Sozialrichter. AZ: B 3 KR 23/22 R | /inland/gesellschaft/bundessozialgericht-krankschreibungen-100.html |
2024-01-15 | E-Auto-Förderstopp bringt dem Staat nicht viel | Automarkt-Experten | Die abrupte Streichung der Elektroauto-Förderung könnte für den Staat einer Studie zufolge weit weniger Einsparungen bringen als erwartet. Hintergrund ist das Risiko eines Absatzeinbruchs bei E-Autos. | Die abrupte Streichung der Elektroauto-Förderung könnte für den Staat einer Studie zufolge weit weniger Einsparungen bringen als erwartet. Hintergrund ist das Risiko eines Absatzeinbruchs bei E-Autos. Automarktexperten sind skeptisch, dass die gestrichene E-Auto-Förderung dem deutschen Staat viel einbringen wird. Sie sehen vielmehr das Risiko eines erheblichen Absatzrückgangs bei E-Autos. Das zeigt der CAR-Auto-Report zum Neuwagenmarkt. Das CAR - Center Automative Research - in Duisburg ist ein privatwirtschaftliches Forschungsinstitut mit Fokus auf Fragen der Mobilität. Wird der E-Auto-Förderstopp zum Verlustgeschäft? Der aktuellen CAR-Studie zufolge könnte der Staat durch den Elektroauto-Förderstopp 510 Millionen Euro einsparen - aber nur bei einem gleichbleibenden Absatz von E-Autos an Privatleute. Doch schon bei einem Absatzrückgang um zehn Prozent schmelze die Einsparung auf 350 Millionen Euro, weil auch entgangene Mehrwertsteuer-Einnahmen gegengerechnet werden müssten. Kommt es hingegen zu einem Einbruch der Auto-Verkäufe um 42 Prozent wie beim Förderstopp für die gewerblichen Kunden, überstiegen die Mindereinnahmen bei der Umsatzsteuer die eingesparte Fördersumme um rund 176 Millionen Euro, so die CAR-Experten. Für den Staat wäre der Förderstopp danach ein Verlustgeschäft. Ein Nullsummenspiel ergebe sich, wenn 32 Prozent weniger E-Autos verkauft würden als 2023. Experten fordern günstigere Modelle "Aus unserer Sicht hat die Bundesregierung mit der Streichung des Umweltbonus für E-Fahrzeuge eine falsche Entscheidung getroffen", schreiben die Autoren. Die zu erwartenden Einsparungen seien zu gering. Bei ihrer aktuellen Markteinschätzung wiesen die Experten auf die weiterhin hohen Preisunterschiede für E-Autos im Vergleich zu Verbrenner-Modellen hin. Es sei an der Zeit für wesentlich preisgünstigere Modelle. Die höchsten Rabatte auf E-Autos geben derzeit den Angaben zufolge Volkswagen und zum Markteinstieg Dacia. Experte: Verbrenner dürften Comeback feiern Mit ihrer Einschätzung zur Entwicklung des E-Automarktes in Deutschland stehen die CAR-Ökonomen derweil nicht allein da. Auch die Autoexperten der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY rechnen damit, dass das überraschende vollständige Aus für die staatliche Kaufprämie zu einem Rückgang der Elektroauto-Neuzulassungen in diesem Jahr führen wird. "Denn der Markt für Elektroautos steht noch nicht auf eigenen Beinen, sondern hängt an staatlichen Subventionen", erklärt EY-Experte Constantin Gall. "Wo nicht gefördert und in eine gute Ladeinfrastruktur investiert wird, werden auch nur wenige Elektroautos verkauft." Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 etwa 15 Millionen Elektroautos auf Deutschlands Straßen zu bringen, sei nach dem Aus für die Elektroförderung völlig illusorisch geworden. Der EY-Partner rechnet damit, dass Verbrenner in Deutschland Marktanteile zurückgewinnen dürften. | /wirtschaft/verbraucher/elektroauto-foerderung-staat-verbrenner-100.html |
2024-01-15 | Kiew meldet Abschuss russischer Flugzeuge | Krieg gegen die Ukraine | Die ukrainische Luftwaffe will Russland einen schweren Schaden zugefügt haben: Zwei hochausgerüstete Flugzeuge seien nahe der Halbinsel Krim abgeschossen worden. Moskau schweigt zu dem Vorfall. | Die ukrainische Luftwaffe will Russland einen schweren Schaden zugefügt haben: Zwei hochausgerüstete Flugzeuge seien nahe der Halbinsel Krim abgeschossen worden. Moskau schweigt zu dem Vorfall. Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben zwei russische Flugzeuge über dem Asowschen Meer abgeschossen, die zur Aufklärung genutzt wurden. Ein Kremlsprecher sagte, es habe "keine Informationen dazu" und verwies auf das Verteidigungsministerium, das sich jedoch nur selten zu eigenen Verlusten äußert. Der ukrainische Oberbefehlshaber Walery Saluschny gratulierte der Luftwaffe zu der "perfekt geplanten Operation" gegen Russland. Die abgeschossenen Flugzeuge seien bei der Aufklärung, der Identifikation von Zielen und der Koordination der Truppen eingesetzt worden. Wie Saluschny auf Telegram mitteilte, soll sich um ein A-50 Aufklärungsflugzeug und einen Il-22M-Bomber handeln, der auch als fliegende Kommandozentrale genutzt werden könne. Auch der Vizechef des Ausschusses für nationale Sicherheit, Verteidigung und Aufklärung im ukrainischen Parlament, Jurij Mysjagin, schrieb auf seinem Telegram-Kanal ebenfalls über den Angriff. Video soll letzte Flugbewegungen der Maschinen zeigen Oberbefehlshaber Saluschny postete zudem ein Video, das Luftbewegungen und das Verschwinden der beiden Flugzeuge über dem Asowschen Meer zeigen soll. Die russischen Streitkräfte sollen Berichten zufolge nur über knapp ein Dutzend A-50 und etwa gleich viele Il-22M verfügen. Die Flugzeuge von diesem Typ sollen auch mit teurer Spezialausrüstung ausgestattet sein. Social-Media-Beitrag auf X von Vassili Golod: "Der ukr. Luftwaffe soll es gelungen sein, ein russ. A-50-Langstrecken-Radarerkennungsflugzeug & eine IL-22-Luftleitzentrale zu zerstören. Das bestätigt der ukr. Oberkommandierende Saluschnyj & veröffentlicht dieses Video. Ein A-50 hat einen Wert von mehreren hundert Mio. Euro. pic.twitter.com/07ifwYga1q" Medienberichten zufolge ist die A-50 über dem südostukrainischen Gebiet Saporischschja von den Radaren verschwunden. Die Il-22M hingegen sei nach dem Beschuss noch in der südrussischen Stadt Anapa in der Nähe der Krimbrücke notgelandet. Der Pilot habe Krankenwagen zur Landestelle bestellt, berichtet RBK-Ukrajina unter Berufung auf angeblich abgefangenen Funk. Das Asowsche Meer ist ein Nebenmeer des Schwarzen Meeres und grenzt an ukrainisches sowie russisches Staatsgebiet und an die von Russland annektierte Halbinsel Krim. Russische Militärblogger spekulierten zunächst, ob die russische Flugabwehr selbst für den Abschuss der Flugzeuge verantwortlich sei. Es habe seit Ausbruch des Krieges vor fast zwei Jahren mehrere solcher Fälle gegeben, schrieb der Blogger Rybar. Mit welchen Waffen der Abschuss über dem Asowschen Meer erfolgt sein soll, ist nicht bekannt. | /ausland/europa/ukraine-abschuss-flugzeuge-100.html |
2024-01-15 | Lindner stemmt sich gegen die Buhrufe | Rede bei Bauern-Demo | Finanzminister Lindner hat bei der Bauern-Kundgebung gesprochen und ist dabei ausgebuht und gestört worden. Die geplanten Subventionskürzungen nahm er nicht zurück, sondern forderte zum Dialog auf. | Finanzminister Lindner hat bei der Bauern-Kundgebung gesprochen und ist dabei ausgebuht und gestört worden. Die geplanten Subventionskürzungen nahm er nicht zurück, sondern forderte zum Dialog auf. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat in seiner Rede vor den protestierenden Bauern in Berlin die Kürzung bei der Dieselsubvention für Landwirte verteidigt. Er zeigte Verständnis für ihren Unmut und gab zu, die Sparpläne hätten zu schnell zu viel von ihnen verlangt. Es sei klar, dass die deutsche Landwirtschaft wettbewerbsfähig bleiben müsse. "Es darf kein Sonderopfer der Landwirtschaft geben." Deshalb seien die ursprünglich geplanten Kürzungen abgeschwächt worden. Lindner verwies aber auch auf die aktuelle Haushaltssituation, die von allen einen Beitrag fordere. "Ich kann Ihnen heute nicht mehr staatliche Hilfe versprechen aus dem Bundeshaushalt", sagte der FDP-Vorsitzende. Die Zinsen seien in den vergangenen Jahren gestiegen und belasteten den Haushalt in Milliardenhöhe, gleichzeitig seien hohe Investitionen in die Infrastruktur und die Sicherheit notwendig. Das Land befinde sich in einer Phase, "in der wir neu über die Aufgaben des Staates miteinander reden müssen". Es treffe auch andere Branchen wie den Luftverkehr, zudem werde es Kürzungen der Leistungen für Asylsuchende und Bürgergeldempfänger geben. Weniger Bürokratie und "ideologische Bevormundung" Der Minister betonte in seiner Rede zugleich: "Wenn der Agrardiesel ausläuft, dann müssen Zug um Zug auch die Belastungen für die Betriebe auslaufen." Es brauche eine Agrarpolitik, die die wirtschaftliche Existenz sichere, sagte er. Lindner versprach, sich für "mehr Freiheit" und Anerkennung der Leistung der Bauern einzusetzen. Er forderte, die "ideologische Bevormundung" der Landwirte zu beenden und verwies etwa auf die EU-Pläne zur Flächenstilllegung, die infrage gestellt werden müssten. Es sei die richtige Zeit, über die hohen Umweltstandards für Landwirte zu sprechen. Denkbar sei auch, schwankende Gewinne von Betrieben besser bei der Einkommenssteuer zu berücksichtigen. Eine Tarifglättung oder eine steuerfreie Risikorücklage werde von ihm geprüft. Während seiner Rede wurde Lindner von Pfiffen und Protestrufen begleitet. Bauernpräsident Joachim Rukwied unterbrach Lindners Rede kurz nach dem Beginn und bat die Protestierenden, dem Minister zuzuhören. Dennoch störten die Landwirte die Rede Lindners weiter mit lauten "Hau ab!"-Rufen, Hupen und Pfeifen. "Es reicht, zu viel ist zu viel" Rukwied hatte zuvor erneut eine Rücknahme von Mehrbelastungen für die Landwirtschaft verlangt. Die Regierung habe es damit selbst in der Hand: "Ziehen Sie die Steuererhöhungsvorschläge zurück, dann ziehen wir uns zurück", sagte Rukwied bei einer Kundgebung am Brandenburger Tor. Die Demonstration setze ein Zeichen an die Bundespolitik: "Es reicht, zu viel ist zu viel." Die Branche sei gesprächsbereit, der von der Bundesregierung angebotene Kompromiss sei aber nicht fair, sondern faul. "Den nehmen wir nicht hin", sagte Rukwied. "So kann es nicht weitergehen" Rukwied forderte vor von ihm geschätzt 30.000 Unterstützern einen Neuanfang. "So kann es nicht weitergehen." Die Großdemonstration sei ein Signal an die Politik. Der Bauernpräsident betonte mit Blick auf die bundesweiten Proteste der Landwirte, es sei nicht gelungen, das Anliegen in die rechte Ecke zu drängen. Die Bäuerinnen und Bauern seien aufrechte Demokraten und stünden zum Grundgesetz. Rukwied wies darauf hin, dass weiterhin eine sichere Versorgung mit heimischen Lebensmitteln gewährleistet sein müsse. Das sei auch die Grundlage für eine stabile Demokratie. Die Bauern wehren sich gegen Kürzungen in ihrem Bereich, mit denen Lücken im Haushalt für 2024 gestopft werden sollen. So soll die seit mehr als 70 Jahren bestehende Agrardiesel-Begünstigung wegfallen. Ursprünglich sollte sie sofort ganz gestrichen werden. Nun soll sie über drei Jahre auslaufen. Eine zunächst geplante Streichung auch der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge hat die Regierung ganz fallen gelassen. "Weit über 5.000 Fahrzeuge" in Berlin Tausende Landwirte in ihren Traktoren, unterstützt von Lkw-Fahrern, demonstrieren seit dem Morgen in Berlin gegen die Politik der Bundesregierung. Laut Polizei waren "weit über 5.000 Fahrzeuge" im Zentrum der Hauptstadt zusammengekommen. Im Bereich rund um das Brandenburger Tor kam es am Morgen zu massiven Verkehrsbeeinträchtigungen. Sie blieben laut Polizeisprecherin jedoch "im erwarteten Rahmen". Bereits am Wochenende waren Traktorkolonnen aus verschiedenen Regionen nach Berlin gefahren. Weitere Branchen wie das Transportgewerbe, die Fischerei und das Gastgewerbe schlossen sich den Protesten an. Transportbranche droht mit Protesten Auch die Transportbranche rief die Bundesregierung zum Umsteuern auf. "Unserer Branche reicht es auch", sagte der Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt. Er kritisierte deutlich die zum vergangenen Dezember erhöhte Lkw-Maut, die seitdem auch einen Aufschlag für den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) enthält. Es heiße, diese Abgabe solle der Transformation zugutekommen, gleichzeitig mangele es aber unter anderem an geeigneten Ladestationen und Stromnetzen, um den Logistikverkehr klimafreundlich umzustellen, kritisierte der Branchenvertreter. "Unsere Mittelständler halten das nicht mehr durch", warnte Engelhardt und drohte weitere Demonstrationen für den Fall an, dass die Ampel-Regierung der Branche nicht entgegenkommt. Würden zwei oder drei Tage lang keine Güter von den BGL-Mitgliedern transportiert, "dann haben wir das blanke Chaos". | /inland/innenpolitik/bauern-demo-berlin-106.html |
2024-01-15 | Inselstaat Nauru beendet Beziehungen zu Taiwan | Orientierung an China | China verspricht kleinen Staaten wirtschaftliche Kooperation, damit diese ihre Beziehungen zu Taiwan abbrechen. Jetzt wechselt auch der Inselstaat Nauru die Seiten. Taiwan warf China vor, seine Demokratie zu zerstören. | China verspricht kleinen Staaten wirtschaftliche Kooperation, damit diese ihre Beziehungen zu Taiwan abbrechen. Jetzt wechselt auch der Inselstaat Nauru die Seiten. Taiwan warf China vor, seine Demokratie zu zerstören. Der Pazifikstaat Nauru hat seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen und sich stattdessen der Volksrepublik China zugewandt. Damit sind es nur noch zwölf Staaten, die Taiwan als unabhängig anerkennen. Taiwan kündigte seinerseits an, die Zusammenarbeit mit dem 12.500-Einwohner-Inselstaat umgehend zu stoppen. "Wir verlangen, dass Nauru sofort seine Botschaft in Taiwan schließt", sagte der taiwanische Vize-Außenminister Tien Chung-kwang. China habe Nauru mit finanzieller Hilfe geködert und verfolge das Ziel, die Demokratie in Taiwan zu zerstören. China-kritischer Wahlsieger in Taiwan China begrüßte den Schritt Naurus. Die Volksrepublik sei bereit, ein neues Kapitel der bilateralen Beziehungen auf der Basis des Ein-China-Prinzips aufzuschlagen, erklärte das Außenministerium in Peking. Danach erachtet die Volksrepublik Taiwan als Teil ihres Territoriums und lehnt internationale Beziehungen anderer Staaten zu der Insel ab. Erst am Samstag hatten die Wähler in Taiwan den Vizepräsidenten William Lai (Lai Ching-te) von der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) zum künftigen Präsidenten gewählt. Im Parlament verlor die Partei aber die absolute Mehrheit. Lai und die Fortschrittspartei sind Peking ein Dorn im Auge, da sie für eine Unabhängigkeit Taiwans stehen. Nauru brach schon einmal Beziehungen ab Nauru, das etwa 5.600 Kilometer südöstlich von Taiwan liegt, gehört zu den kleinsten Ländern der Welt. Die winzige Republik hat nur rund 12.000 Einwohner. Nauru galt in den 1970er-Jahren dank großer Vorkommen an Phosphat als extrem reich. Jedoch waren die Reserven in den 1990er-Jahren erschöpft - und das Land geriet in eine tiefe Krise. Heute gehört es zu den ärmsten Ländern der Welt. Nauru hatte seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan im Juli 2002 schon einmal abgebrochen. 2005 entschied sich die Insel jedoch wieder um, nachdem China seine Versprechungen, das Land zu unterstützen, nicht eingehalten hatte. Nach dem Kurswechsel Naurus wird Taiwan nur noch von zwölf Staaten als souveränes Land anerkannt - darunter dem Vatikan, einigen lateinamerikanischen und karibischen Ländern sowie einer Reihe weiterer kleinerer pazifischer Inselstaaten. | /ausland/ozeanien/nauru-taiwan-100.html |
2024-01-15 | Preise für Milch und Getreide gesunken | Statistisches Bundesamt | Die Preise für landwirtschaftliche Produkte wie Milch, Getreide und Eier sind im November weiter gesunken. Tendenziell werden auch die Verbraucher dadurch entlastet. | Die Preise für landwirtschaftliche Produkte wie Milch, Getreide und Eier sind im November weiter gesunken. Tendenziell werden auch die Verbraucher dadurch entlastet. Die Preise, die Landwirte für ihre Erzeugnisse bekommen, sind im November weiter gesunken. Im Jahresvergleich kosteten die Produkte elf Prozent weniger, teilte das Statistische Bundesamt mit. Der deutliche Rückgang ergibt sich vor allem aus dem extrem hohen Preisniveau im Inflationsjahr 2022. Seitdem sind vor allem die wichtigen Warengruppen Milch und Getreide wieder deutlich billiger geworden. Gegenüber dem Oktober blieben die Preise für sämtliche Agrarprodukte mit einem Plus von 0,1 Prozent stabil. Milch günstiger, Gemüse teurer Im Jahresvergleich gingen die Preise für tierische Produkte um 12,3 Prozent zurück. Milch war 29,1 Prozent günstiger als im November 2022, der Preis für Eier fiel um 25,2 Prozent. Dagegen kostete Schweinefleisch 10,3 Prozent mehr. Pflanzliche Erzeugnisse kosteten im Schnitt 8,8 Prozent weniger. Besonders stark fielen mit einem Minus von 33,4 Prozent die Preise für Getreide. Für Obst, Gemüse und Kartoffeln dagegen erhielten die Erzeugerinnen und Erzeuger mehr als im November 2022. Die Preise für Äpfel lagen 24,1 Prozent höher, für Blumenkohl 36,7 Prozent und für Tomaten 18,3 Prozent. Speisekartoffeln waren 18,4 Prozent teurer. Entlastung für Verbraucher? Die Statistik bezieht sich nur auf die Preisentwicklung in der ersten Wirtschaftsstufe, also beim Verkauf vom Erzeuger an einen ersten Zwischenhändler. Diese Preise schlagen auch auf die Verbraucherpreise durch, die allerdings nicht exakt erfasst werden. Die Verbraucherpreise in den Supermärkten sind Ergebnis der Lieferbeziehungen zwischen Erzeugern und Handelsunternehmen. Während der Bauernverband die Verhandlungsmacht der Abnehmer kritisiert, gibt es auch aus der Politik Forderungen, die Preise für Agrarprodukte stärker im Interesse der Bauern zu regulieren. Zuletzt forderte etwa Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) höhere Preise für Agrarprodukte wie Milch sowie eine Begrenzung der Macht der Handelsketten durch das Kartellrecht. | /wirtschaft/verbraucher/milchpreise-getreidepreise-100.html |
2024-01-15 | "Es sah aus wie im Film" | 15 Jahre nach "Wunder vom Hudson" | Im Januar 2009 musste ein Flugzeug im New Yorker Hudson notlanden, nachdem ein Schwarm Gänse in die Triebwerke geraten war. Alle Menschen an Bord überlebten - und Pilot "Sully" verhinderte einen Absturz über Manhattan. Von Antje Passenheim. | Im Januar 2009 musste ein Flugzeug im New Yorker Hudson notlanden, nachdem ein Schwarm Gänse in die Triebwerke geraten war. Alle Menschen an Bord überlebten - und Pilot "Sully" verhinderte einen Absturz über Manhattan. Von Antje Passenheim Es waren Bilder einer unglaublichen Geschichte - an jenem Januartag in New York: "Alle sind heil raus. Wir sind hart aufgeschlagen, aber dank des Piloten - der hat einen Höllenjob gemacht", sagte ein Passagier. "Es sah aus wie im Film, unglaublich", berichtete ein Augenzeuge. Für Chesley "Sully" Sullenberger war es ein Start wie Hunderte andere, als er einen fast voll besetzten Airbus von New York nach Charlotte in North Carolina fliegen sollte. Keine zwei Minuten war die US-Airways-Maschine in der Luft, als sie in einen Schwarm Wildgänse geriet, erzählte Sullenberger dem Wirtschaftsmagazin Inc.com. Wir waren mit einer Geschwindigkeit von etwa 96 Metern pro Sekunde unterwegs. Ich sah die Vögel etwa drei Footballfelder vor uns, aber hatte keine Zeit mehr, sie zu umgehen. Und dann füllten sie die Windschutzscheibe wie in einem Hitchcock-Film. Drei Minuten und 28 Sekunden Niemand hatte die großen Vögel auf dem Radar der Luftraumüberwachung kommen sehen. Mit einem dumpfen Knall begannen die drei Minuten und 28 Sekunden, die über Sullys Leben und das der 154 weiteren Menschen an Bord entschieden. Sullenberger hörte ein Geräusch, wie er es vorher nicht gehört hatte. Schlagartig fielen die Triebwerke aus. Das Flugzeug sank um fünfeinhalb Meter pro Sekunde. Der erfahrene Pilot wusste: "Anders als all die Flüge, die ich in 42 Jahren absolviert hatte: Dieser würde nicht unbeschädigt auf einer Landebahn enden." Er wusste auch, dass der Abflughafen La Guardia zu weit weg war. In dieser dicht besiedelten Hochhausstadt gab es nur eine Fläche, die sich zur Landung eignete: der Hudson. Der Pilot hatte drei Minuten und 28 Sekunden, um einen Plan zu fassen, sich mit seinen Co-Piloten zu verständigen und sorgfältig diese Durchsage zu formulieren: Dies ist der Captain. Bereitet euch auf einen Aufschlag vor. Keine Panik an Bord Das Bordpersonal hatte die Sache ruhig im Griff, es brach keine Panik aus. Dabei flog der Co-Pilot Jeff Skiles die Maschine noch nie mit Besatzung, wie er auf einer Veranstaltung in New York erzählte. Es sei sein erster Flug mit einem Airbus 320 gewesen. Tage zuvor habe er seine Prüfung gemacht: "Und dann gleich das", erinnerte er sich. Wie Sullenberger beschreibt, gehört eine Notwasserung zu den gefährlichsten Manövern überhaupt. Die Maschine hätte leicht zerbersten können. "Wir kamen so schnell runter, als würden wir zwei Stockwerke im Hotelfahrstuhl in einer Sekunde runtersinken", so Sullenberger. Doch sein Manöver gelang. Dabei hätten viele Dinge schiefgehen können. Er erinnerte sich: "Wir hatten diese Situation niemals trainiert. In unserer Ausbildung war es gar nicht möglich, eine Wasserlandung zu üben." Notlandung im Hudson von Hollywood verfilmt Sullenberger rettete nicht nur alle Passagiere, die Crew und sich selbst. Er verhinderte auch eine Absturz-Katastrophe in der Hochhauswüste von Manhattan. Die Menschen trauten ihren Augen nicht. Der Pilot blieb an Bord, bis er sicher war, dass alle anderen aus der schwimmenden Maschine im eiskalten Fluss in Sicherheit gebracht wurden. Für die Passagiere und für Menschen in aller Welt war der damals 57-Jährige ein Held. Für die Ermittler der US-Flugverkehrsbehörde wurde er ein Gejagter. Auf der Suche nach Verantwortlichen für das Drama wollten sie bei ihm einen schwarzen Fleck finden. Doch sie fanden keinen. "Sully" blieb ein Superheld. Unter anderem verfilmte Hollywoodstar Clint Eastwood seine Geschichte mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Wenn Pilot "Sully" in diesen Tagen auf Events in New York auftaucht, dann überlässt der Lebensretter seinen Passagieren von damals die Hauptrolle: "Jeder, der in ein Flugzeug steigt, möchte gern glauben, dass 'Sully' es fliegt. Denn das garantiert: Es endet nicht immer in einer Katastrophe, wenn etwas schiefgeht", sagte Pam Seagle 15 Jahre nach dem Wunder vom Hudson. | /ausland/amerika/new-york-sully-notlandung-hudson-100.html |
2024-01-15 | Bange Blicke Richtung Vulkan | Lage auf Island | Auch wenn die Nacht nach dem erneuten Vulkanausbruch auf Island ruhig verlaufen ist: Die Regierung ist alarmiert und machte den Ernst der Lage klar. Von einer "beängstigenden Phase des Umbruchs" sprach Präsident Jóhannesson. | Auch wenn die Nacht nach dem erneuten Vulkanausbruch auf Island ruhig verlaufen ist: Die Regierung ist alarmiert und machte den Ernst der Lage klar. Von einer "beängstigenden Phase des Umbruchs" sprach Präsident Jóhannesson. Nach einem erneuten Vulkanausbruch auf Island und der Evakuierung des Ortes Grindavík hat der Präsident des Landes, Guðni Thorlacius Jóhannesson, vor einer "beängstigenden Phase des Umbruchs" gewarnt. Ein ruhendes Vulkansystem sei auf der Insel erwacht. "Wir wissen noch nicht, wie sich dieser Ausbruch entwickeln wird, aber wir müssen dennoch die Maßnahmen ergreifen, die in unserer Macht stehen", so der Präsident. Keine weitere Lava In der Nacht nach dem erneuten Ausbruch sei es zunächst zu keinen Zwischenfällen gekommen, teilte die isländische Zivilschutzbehörde laut dem Fernsehsender RÚV mit. Demnach ist aus der Erdspalte, die dem evakuierten Küstenort Grindavík am nächsten liegt, seit Stunden keine Lava mehr ausgetreten. Laut des Live-Tickers des Senders geht von der Eruption keine direkte Lebensgefahr für die Bevölkerung aus. Auch der Betrieb am Flughafen Keflavík laufe normal weiter, sagte Gudjon Helgason, Sprecher des Flughafenbetreibers Isavia. Präsident Jóhannesson versprach, die Bevölkerung weiter zu unterstützen. "Wir werden unserer Verantwortung weiterhin nachkommen und weiterhin zusammenstehen." Vulkanausbrüche erschüttern Island Am Sonntagmorgen war etwa 40 Kilometer südwestlich der isländischen Hauptstadt Reykjavík ein Vulkan ausgebrochen. Es ist bereits der zweite Vulkanausbruch auf Island innerhalb von vier Wochen. Der Geophysiker Magnús Tumi Guðmundsson sagte RÚV, es sei derzeit noch nicht möglich abzuschätzen, wie sich der Vulkanausbruch weiter entwickeln werde. Die aus der Erde sprudelnde Lava erreichte dabei auch Grindavík. Dort wurden mehrere Häuser zerstört. Der Ort mit seinen 4.000 Einwohnern war in der Nacht zum Sonntag evakuiert worden, als sich die erneute Eruption mit einer Erdbebenserie angekündigt hatte. Unsichere Zeiten für die Menschen vor Ort Grindavík war schon bei dem Ausbruch Mitte Dezember betroffen - allerdings nicht durch die Lava, sondern durch etliche Erdbeben, die tiefe Risse in Straßen und andere Schäden verursachten. Sunna Jónína Sigurðardóttir, eine Bewohnerin des nördlichen Teils von Grindavík, sagte dem Sender RÚV, dass die Unsicherheit in der Stadt so groß sei, dass sie nicht damit rechne, nach den Erdbeben und Vulkanausbrüchen in ihre Heimat zurückzukehren. In Island, das über einem vulkanischen Hotspot im Nordatlantik liegt, kommt es durchschnittlich alle vier bis fünf Jahre zu einem Ausbruch. | /ausland/europa/island-vulkan-ausbruch-102.html |
2024-01-15 | Traktoren, Staus und Dialog | Bauern-Protest in Berlin | Es soll der Höhepunkt der Protestwoche sein: In Berlin hat eine Großdemonstration von Landwirten aus ganz Deutschland begonnen. Am Nachmittag ist ein Dialog mit den Ampel-Fraktionen geplant - die vorab Zugeständnisse signalisieren. | Es soll der Höhepunkt der Protestwoche sein: In Berlin hat eine Großdemonstration von Landwirten aus ganz Deutschland begonnen. Am Nachmittag ist ein Dialog mit den Ampel-Fraktionen geplant - die vorab Zugeständnisse signalisieren. In Berlin hat die vom Deutschen Bauernverband organisierte Großdemonstration gegen die geplanten Sparmaßnahmen der Bundesregierung in der Landwirtschaft begonnen. Nach ersten Schätzungen seien dafür "weit über 5.000 Fahrzeuge" wie Traktoren und Lastwagen in die Hauptstadt gekommen, sagte eine Sprecherin der Polizei. Im Bereich rund um das Brandenburger Tor kam es zu massiven Verkehrsbeeinträchtigungen, die jedoch "im erwarteten Rahmen" blieben, ergänzte die Sprecherin. Auch der öffentliche Nahverkehr steht teils still, wie der RBB berichtet. "Es geht nichts mehr" Manche Landwirte parkten schon am Wochenende ihre Traktoren und Lkw auf der Straße des 17. Juni in der Nähe des Brandenburger Tors - und verbrachten dort teilweise die Nacht. Schon viele Stunden vor Beginn der Großdemonstration hatte die Polizei bereits am Sonntagabend keine Traktoren mehr auf die Kundgebungsfläche in der Innenstadt gelassen. "Es geht nichts mehr", sagte ein Polizeisprecher am Abend. Die Fahrzeuge mussten am Olympiastadion im Berliner Westen abgestellt werden. Die Demonstration wird von 1.300 Polizisten begleitet. Vor allem zur Begleitung der Fahrten der Traktoren und Lastwagen in das Regierungsviertel sei die Polizei nötig, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Dem Schutz des Regierungsviertels käme dabei eine "ganz besondere Bedeutung" zu. Dialog mit Ampelparteien geplant Neben Vertretern der Bauernverbände will auf der Kundgebung am Brandenburger Tor auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprechen. Am Nachmittag wollen sich dann SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann und FDP-Fraktionschef Christian Dürr mit den Spitzen der Bauernverbände im Bundestag treffen. Streit um Subventionen für Agradiesel Mit Trecker-Korsos machten Landwirte in den vergangenen Tagen im gesamten Land Front gegen Einsparpläne der Bundesregierung für den Haushalt 2024. Konkret soll die seit mehr als 70 Jahren bestehende Agrardiesel-Begünstigung wegfallen. Noch können sich Betriebe die Energiesteuer teilweise zurückerstatten lassen - mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Ursprünglich sollte die Hilfe sofort ganz wegfallen. Nun soll sie über drei Jahre auslaufen. Eine zunächst geplante Streichung auch der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge strich die Regierung ganz. Der Deutsche Bauernverband fordert aber, alle Kürzungen komplett zurückzunehmen. Ampelparteien signalisieren Zugeständnisse FDP-Fraktionschef Dürr sprach sich vor dem Treffen mit den Landwirten für einen grundsätzlich anderen Umgang mit der Landwirtschaft aus. Mit Blick auf den Streit um den Agrar-Diesel sagte er im ARD-Morgenmagazin: "Es geht in Wahrheit um mehr, übrigens auch Dinge, die Kosten verursachen. Wenn man immer mehr Bürokratie verursacht, dann wird es teurer für die Landwirte", kritisierte er. Dies betreffe etwa den Pflanzenschutz. Man brauche eine "Zeitenwende" auch in der Agrarpolitik. Auf EU-Ebene sollte auf weitere Pläne zur Flächenstilllegung verzichtet werden, so Dürr. Diskussion über Tierwohlabgabe Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) warb in der Süddeutschen Zeitung dafür, rasch eine Tierwohlabgabe einzuführen. "Schon wenige Cent mehr pro Kilo Fleisch würden bedeuten, dass unsere Landwirte Tiere, Klima und Natur besser schützen können - so, wie es doch alle verlangen", sagte Özdemir. Vorschläge dafür gibt es schon seit 2020. Demnach würde je Kilo Fleisch, Milch oder Eiern eine Abgabe fällig. Die Einnahmen kämen den Landwirten zugute, die ihre Ställe zum Wohl der Tiere umbauen. "Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, vielmehr müssen wir es jetzt endlich mal einbauen", sagte Özdemir und sprach von einem "Tierwohl-Cent". Die Macht der Handelsketten aufbrechen Aus FDP und SPD kommt dafür Zuspruch. Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus von der SPD verteidigte im Deutschlandfunk die geplante schrittweise Kürzung der Subventionen für Agrar-Diesel. Zugleich forderte er aber einen langsameren Ausstieg und die Erforschung von Alternativen. "Wir hatten ja mal einen Biodiesel-, Biogas- und einen Ethanol-Bereich", so Backhaus. Damit könne die Landwirtschaft sich selbst versorgen. Backhaus forderte zudem höhere Preise für Agrarprodukte wie Milch, einen Bürokratieabbau sowie eine Begrenzung der Macht der Handelsketten durch das Kartellrecht. Es gebe vier Großkonzerne, die 85 Prozent der Bevölkerung versorgten. "Der Weizenpreis oder der Milchpreis ist um ein Drittel gefallen", sagte er mit Blick auf das Geld, das Erzeuger bekommen. "Und an der Ladentheke sind die Preise gestiegen. Wer steckt sich denn hier das Geld in die Tasche? Es ist doch vollkommen klar." Zu der Großdemonstration haben Bauernverbände und der Speditionsverband BGL aufgerufen. Rund 5.000 Traktoren und Landmaschinen werden aus dem gesamten Bundesgebiet zu der Kundgebung erwartet. Es ist der Höhepunkt einer Aktionswoche gegen die Pläne der Regierung. | /inland/innenpolitik/bauern-demo-berlin-104.html |
2024-01-15 | Israelischer Fußballspieler zeitweilig festgenommen | Türkische Süper Lig | Beim Torjubel erinnerte der in der Türkei spielende Israeli Jehezkel an das Hamas-Massaker am 7. Oktober - dies hat gravierende Folgen. Er wurde vorübergehend festgenommen, sein Verein Antalyaspor warf ihn raus. | Beim Torjubel erinnerte der in der Türkei spielende Israeli Jehezkel an das Hamas-Massaker am 7. Oktober - dies hat gravierende Folgen. Er wurde vorübergehend festgenommen, sein Verein Antalyaspor warf ihn raus. Der israelische Fußballer Sagiv Jehezkel ist in der Türkei vorübergehend festgenommen worden. Der Spieler des türkischen Erstliagavereins Antalyaspor hatte im Stadion eine Botschaft zum Hamas-Massaker am 7. Oktober gezeigt. Der türkische Justizminister Yilmaz Tunc schrieb im Kurzbotschaftendienst X, die Staatsanwaltschaft von Antalya habe gegen den israelischen Nationalspieler ein Verfahren wegen "öffentlicher Anstiftung zum Hass" eingeleitet. Der Fußballer habe das "von Israel begangene Massaker im Gazastreifen" gefeiert. Tunc betonte, die Türkei werde weiter "die unterdrückten Palästinenser unterstützen". Social-Media-Beitrag auf X von Yılmaz TUNÇ: "Bugün oynanan Antalyaspor-Trabzonspor Süper Lig müsabakasında attığı golden sonra İsrail’in #Gazze'de yaptığı katliamı destekleyen çirkin hareketi nedeniyle İsrailli futbolcu Sagiv Jehezkel hakkında Antalya Cumhuriyet Başsavcılığınca ‘halkı kin ve düşmanlığa alenen tahrik etmek’…" Jehezkel zeigt Botschaft zu Massaker am 7. Oktober Nach seinem Ausgleichstor in der 68. Minute hatte Jehezkel seinen bandagierten Arm in die Kameras gehalten. Darauf stand auf Englisch handschriftlich der Hinweis "100 Tage" sowie das Datum 7.10. und ein Davidstern. Antalyaspor gab in der Folge den Rauswurf des 28 Jahre alten Spielers bekannt. Dieser habe "gegen die Werte unseres Landes" verstoßen, erklärte der Fußballverein. Jehezkel war erst im September von Hapoel Beer Sheva in die türkische Süper Lig zu Antalyaspor gewechselt. Fußballer soll nach Israel zurückkehren Nach Angaben des israelischen Außenministeriums ist der Fußballspieler mittlerweile wieder frei und soll noch heute nach Israel zurückkehren. Verteidigungsminsiter Yoav Gallant kritisierte die zwischenzeitliche Festsetzung Jehezkels scharf. Die skandalöse Verhaftung des Fußballspielers sei "Ausdruck von Heuchelei", schrieb der israelische Minister auf der Plattform X. "Bei ihren Aktionen fungiert die Türkei als ausführender Arm der Hamas", hieß es weiter. Social-Media-Beitrag auf X von יואב גלנט - Yoav Gallant: "כאשר רעדה האדמה בטורקיה לפני פחות משנה, הייתה ישראל המדינה הראשונה להתייצב ולהושיט סיוע שהציל את חייהם של רבים מאזרחי טורקיה.מעצרו השערורייתי של הכדורגלן שגיב יחזקאל הוא ביטוי לצביעות ולכפיות טובה. במעשיה, טורקיה משמשת כזרוע הביצועית של החמאס." Gallant erinnerte in dem Post zudem daran, dass es Israel war, das als eines der ersten Länder nach dem verheerenden Erdbeben im vergangenen Jahr der Türkei Hilfe leistete. Erdogan bezeichnet Hamas als "Befreier" Am Sonntag war der 100. Tag des Nahost-Kriegs. Am 7. Oktober hatten Terroristen der Hamas Israel brutal überfallen und etwa 1.140 Menschen getötet sowie ungefähr 250 Menschen in den Gazastreifen verschleppt. Israel versucht seitdem mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive, die militärische Infrastruktur der Hamas im Gazastreifen zu zerschlagen. Nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dort seither mehr als 23.900 Menschen getötet. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Israel seit Kriegsbeginn wiederholt als "Terrorstaat" bezeichnet. Die Hamas bezeichnete er dagegen als "Befreier". | /ausland/asien/israel-fussball-jehezkel-100.html |
2024-01-15 | Auftakt in Iowa - der Weg zur US-Wahl | US-Präsidentschaftswahlen 2024 | Im US-Bundesstaat Iowa beginnen heute die Vorwahlen der Republikaner für die US-Präsidentenwahl im Herbst. Wie sicher ist der Sieg von Ex-Präsident Trump - und wie geht es weiter? | Im US-Bundesstaat Iowa beginnen heute die Vorwahlen der Republikaner für die US-Präsidentenwahl im Herbst. Wie sicher ist der Sieg von Ex-Präsident Trump - und wie geht es weiter? Die US-Republikaner beginnen heute im Bundesstaat Iowa ihren parteiinternen Vorwahlprozess für die Präsidentenwahl am 5. November. Umfragen zufolge geht Ex-Präsident Donald Trump als Favorit ins Rennen. Seine prominentesten Konkurrenten sind die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley und der Gouverneur von Florida, Ron De Santis. Wie funktionieren die US-Vorwahlen? In den USA wählt nicht die Parteispitze, sondern die Basis ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten für die Präsidentenwahl aus. Das Abstimmungsverfahren der Vorwahlen ist komplex und von Staat zu Staat unterschiedlich. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Vorwahlen: Caucus und Primary. Diese dienen dazu, den Präsidentschaftskandidaten einer Partei zu bestimmen. Beim Caucus treffen sich in der Regel Parteimitglieder zu kleinen Versammlungen in Schulen, Turnhallen, Kirchen und sogar Privathäusern im ganzen Staat. Dort diskutieren sie, wer der beste Kandidat ihrer Partei wäre, um der nächste Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Dann wird abgestimmt, in Iowa etwa in 1.700 Wahlbezirken. Die meisten der US-Staaten entscheiden jedoch nicht per Caucus, sondern per Primary. Dieser wird von dem jeweiligen Bundesstaat organisiert. Dabei entfällt das Diskutieren - wie es in Iowa üblich ist - vor der Abstimmung. Welche Rolle spielt Iowa? Traditionell findet der erste Caucus in Iowa statt. Den Auftakt machen nun die Republikaner. Der kleine Bundesstaat im Mittleren Westen hat zwar zahlenmäßig geringe Bedeutung für die Kandidatenkür, dafür aber eine wichtige Signalwirkung. Wer hier gut abschneidet, kann mit Rückenwind für die künftigen Abstimmungen rechnen. Nach Pannen bei der Auszählung von Stimmzetteln im Jahr 2020 entschlossen sich die Demokraten, ihren Vorwahlkampf nicht länger in Iowa zu starten. Der Bundesstaat gilt zudem als überdurchschnittlich ländlich, weiß und religiös. Auch das ist einer der Gründe, warum die demokratische Parteiführung erst später einsteigen will. Welche Chance hat Donald Trump? Einer Umfrage der Regionalzeitung "Des Moines Register" und anderer Medien zufolge liegt Trump derzeit bei 48 Prozent - und damit weit vor seinen Konkurrenten. Andere Umfragen räumen dem ehemaligen US-Präsidenten sogar noch höhere Chancen ein. Trumps Rückhalt in seiner Partei ist trotz mittlerweile vier strafrechtlicher Anklagen weiterhin erheblich. Ihm wird unter anderem der Versuch vorgeworfen, das Wahlergebnis der Präsidentenwahl 2020 zu kippen. Trump hatte damals gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Seine Niederlage erkennt er bis heute nicht an und verbreitet die Lüge vom Wahlbetrug. Für Trump geht es in Iowa darum, die hohen Erwartungen an ihn auch zu erfüllen. Es ist nicht davon auszugehen, dass ihm bei der Abstimmung dort der Sieg streitig gemacht wird. In den USA dürfte aber nun sehr genau darauf geachtet werden, wie gut Trump tatsächlich abschneidet. Wer sind Trumps Herausforderer? Als die ernstzunehmendste Gegnerin Trumps gilt Nikki Haley. Die 51-jährige ehemalige Gouverneurin des US-Bundesstaats South Carolina begann ihren Wahlkampf vergangenen Februar - und lag damals in Umfragen im niedrigen einstelligen Bereich. Sie kämpfte sich in den vergangenen Monaten nach vorn und punktete vor allem bei den TV-Duellen der Republikaner, denen Trump allerdings fernblieb. Mittlerweile liegt Haley bei 20 Prozent und wird auch als mögliche Vizepräsidentin gehandelt. Auf den dritten Platz ist DeSantis mit 16 Prozent abgerutscht. Er galt einst als größter Konkurrent Trumps im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur. Doch in den vergangenen Monaten verlor er an Unterstützung und blieb bei TV-Duellen auffällig blass. Er hatte sich im Wahlkampf besonders auf Iowa konzentriert - sollte er dort nur auf dem dritten Platz landen, wäre das ein desaströser Start ins Wahljahr für ihn. Hat das Wetter Einfluss auf den Wahlausgang? In Iowa herrschen derzeit arktische Temperaturen und Eiswind. Der Wetterdienst warnte für Montag vor "lebensbedrohlicher" Kälte von bis zu minus 28 Grad. Das könnte sich auf die Wahlbeteiligung auswirken. Zwar gelten Trumps Anhänger als besonders loyal - die ohnehin sehr guten Siegesaussichten des Ex-Präsidenten könnten aber dafür sorgen, dass seine Gefolgschaft eine Abstimmung nicht zwingend für notwendig hält und einfach zu Hause bleibt. Das würde DeSantis und Haley zugutekommen. Wie sieht es bei den Demokraten aus? Bei den Demokraten gilt als ausgemacht, dass der amtierende Präsident Joe Biden erneut nominiert werden wird. Wohl auch deshalb sollen die Caucuses in diesem Jahr anders ablaufen als sonst: Bei den Aussprachen soll es etwa auch um andere politische Themen gehen. Statt einer geheimen Wahl steht am Ende dann ein mehrwöchiges elektronisches Abstimmungsverfahren, dessen Ergebnis erst Anfang März verkündet wird. Wie geht es weiter? Die zweite Vorwahlrunde findet am 23. Januar in New Hampshire statt, dabei stimmen sowohl die Republikaner als auch die Demokraten ab. Auch die Zweitplatzierung des kleinen Ostküstenstaates im Vorwahlkalender hat Tradition - was Biden ebenfalls ändern wollte. Doch die örtlichen Demokraten widersetzten sich. Wegen des internen Disputs ließ sich der Präsident in New Hampshire nicht auf die Wahlzettel setzen - dies zeigt Bidens Gewissheit, auch ohne New Hampshire nominiert zu werden. Biden hat auch nur zwei interne Konkurrenten, die zudem als chancenlos gelten: die Selbsthilfebuch-Autorin Marianne Williamson und den Kongressabgeordneten Dean Phillips. In den zwei Wochen nach New Hampshire finden weitere Vorwahlen statt, darunter in Nevada, South Carolina und Michigan. Einen Höhepunkt erreicht die Abstimmungsserie dann am 5. März am "Super Tuesday", an dem zeitgleich in rund 15 Staaten votiert wird, darunter den zwei bevölkerungsreichsten US-Staaten Kalifornien und Texas. Sollte Trump am "Super-Dienstag" insgesamt klar siegen und ihm zudem der Supreme Court nicht in die Quere kommen, könnte er dann womöglich schon als Präsidentschaftskandidat feststehen. Bis Anfang Juni wird in den übrigen der 50 US-Bundesstaaten abgestimmt. Seinen Abschluss findet der Vorwahlprozess dann mit Parteitagen, bei denen die Kandidaten formal nominiert werden. Die Parteiorganisationen der Bundesstaaten entsenden Delegierte zu diesen Versammlungen. Die meisten von ihnen sind in ihrem Parteitagsvotum an das Vorwahlresultat in ihrem Staat gebunden. Der Parteitag der Republikaner findet vom 15. bis 18. Juli in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin statt, die Versammlung der Demokraten vom 19. bis 22. August in Chicago im Bundesstaat Illinois. Mit den Parteitagen beginnt die heiße Phase des Wahlkampfs. Zu ihr gehören auch drei Fernsehdebatten zwischen den Präsidentschaftskandidaten. Am 5. November wählen die Bürgerinnen und Bürger der USA dann ihren Präsidenten. (Quelle: dpa, AFP) | /ausland/amerika/vorwahl-iowa-faq-100.html |
2024-01-15 | Warum die deutsche Wirtschaft schrumpft | Bruttoinlandsprodukt 2023 gesunken | Krisen, Kriege, Konsumflaute: Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im vergangenen Jahr zurückgegangen. Was sind die Gründe dafür? Und können Verbraucher und Unternehmen auf eine Erholung in den kommenden Monaten hoffen? | Krisen, Kriege, Konsumflaute: Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im vergangenen Jahr zurückgegangen. Was sind die Gründe dafür? Und können Verbraucher und Unternehmen auf eine Erholung in den kommenden Monaten hoffen? Die Wirtschaftsleistung in Deutschland ist im vergangenen Jahr zurückgegangen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank laut einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden 2023 um 0,3 Prozent zum Vorjahr. Ein Jahr zuvor hatte es nach jüngsten Berechnungen noch 1,9 Prozent Wachstum gegeben. Wie lief es in den einzelnen Quartalen? Im ersten Quartal wuchs die Wirtschaftsleistung in Deutschland preis-, saison- und kalenderbereinigt noch minimal um 0,1 Prozent zum Vorquartal. Im zweiten und auch im dritten Vierteljahr stagnierte das BIP dann in Europas größter Volkswirtschaft. Im Schlussquartal schrumpfte die Wirtschaftsleistung laut einer ersten Schätzung der Statistiker schließlich um 0,3 Prozent. Was ist eine Rezession? Ökonomen sprechen bei zwei Quartalen mit schrumpfender Wirtschaftsleistung in Folge von einer "technischen Rezession". Streng genommen wäre das also der Fall, wenn das Bruttoinlandsprodukt auch im laufenden ersten Quartal des neuen Jahres zurückgeht. Auch Anfang 2024 bleiben die konjunkturellen Aussichten in Deutschland indes getrübt. "Die wirtschaftliche Schwächephase hält auch zum Jahreswechsel 2023/24 an", erklärte etwa das Bundeswirtschaftsministerium. Warum schrumpft die deutsche Wirtschaft? Experten zufolge ist vor allem die lahmende Weltkonjunktur aber auch die Konsumzurückhaltung der Verbraucher infolge hoher Inflationsraten für die schwache deutsche Konjunktur verantwortlich. "Die deutsche Wirtschaft bewegt sich seit fast vier Jahren in einem nahezu andauernden Krisenmodus", hält das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) fest. Auf die Corona-Krise folgte im Februar 2022 der russische Angriff auf die Ukraine, der die Preise für Energie und Nahrungsmittel zeitweise extrem steigen ließ. Der Nahostkonflikt sorgt für neue Unsicherheit, zudem trifft die jüngste Haushaltskrise Deutschland in einem Moment wirtschaftlicher Schwäche. Wo läuft es derzeit für Deutschlands Wirtschaft besonders schlecht? Die Industrie gilt nicht umsonst als Motor der deutschen Wirtschaft, trägt sie doch etwas mehr als ein Viertel zum hiesigen Bruttoinlandsprodukt bei. Doch dieser Motor stottert gewaltig. So ist die Industrieproduktion im November den sechsten Monat in Folge gefallen. Eine vergleichbar lange Negativserie hatte es zuletzt 2008 während der Finanzkrise gegeben. Die Produktion liege fast vier Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie um mehr als neun Prozent unter dem Niveau davor, rechnet ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski vor. Gibt es Hoffnung auf eine Erholung 2024? Ökonomen sind skeptisch, sie verweisen auf die hohe Inflation, die auf dem Konsum lastet, gestiegene Zinsen bremsen Bauwirtschaft und Investitionen aus, während die Weltkonjunktur weiter schwächelt. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnet für 2024 mit einem Minus von 0,3 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) teilt diese Einschätzung. ifo-Präsident Clemens Fuest zufolge sind Deutschlands wirtschaftliche Aussichten für 2024 "eher bescheiden": "Das Wirtschaftswachstum wird nach unserer Einschätzung irgendwo zwischen null und einem Prozent landen. Es kann, wenn es schlecht läuft, aber auch ins Negative rutschen." Welche Rolle spielt dabei die Geldpolitik? Höhere Zinsen bedeuten höhere Finanzierungskosten für die Unternehmen, das dämpft die Investitionen. Auch die Bauwirtschaft wird angesichts gestiegener Bauzinsen ausgebremst. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Leitzins im Dezember zum zweiten Mal in Folge unverändert bei 4,5 Prozent belassen. Vorangegangen waren zehn Zinserhöhungen. Experten rechnen mit einer ersten Leitzinssenkung im Jahresverlauf, sind aber noch uneins über den genauen Zeitpunkt. Welche Folgen hat das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts? Das Karlsruher Urteil vom 15. November zwingt die Ampel-Koalition zum Sparen. Unsicherheiten und Widerstände sind groß - siehe die jüngsten Bauernproteste. Der Staat werde "zur Konjunkturbremse", schreibt das HWWI mit Blick auf 2024: "Die verringerten Fördermöglichkeiten durch den Staat, insbesondere die nun fehlenden Mittel im Klima- und Transformationsfonds, dürften sich in den davon betroffenen Bereichen auch dämpfend auf die Investitionsneigung der Unternehmen auswirken und Standortüberlegungen verstärken." Der deutsche Staat hatte im vergangenen Jahr abermals mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung lag das Defizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung dem Statistischen Bundesamt zufolge 2023 bei 2,0 Prozent. Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion. | /wirtschaft/konjunktur/bip-rezession-deutsche-wirtschaft-konjunktur-faq-100.html |
2024-01-15 | USA wehren Angriff der Huthi auf Kriegsschiff ab | Konflikt im Roten Meer | Die Huthi haben offenbar ein US-Kriegsschiff mit einer Rakete beschossen, ein Kampfjet konnte den Angriff abwehren. Wegen der unsicheren Lage im Roten Meer sollen mehrere LNG-Tanker blockiert sein. | Die Huthi haben offenbar ein US-Kriegsschiff mit einer Rakete beschossen, ein Kampfjet konnte den Angriff abwehren. Wegen der unsicheren Lage im Roten Meer sollen mehrere LNG-Tanker blockiert sein. Das US-Militär hat nach eigenen Angaben einen Raketenangriff auf einen Zerstörer im Roten Meer abgewehrt. Kampfjets hätten einen Marschflugkörper abgefangen, teilte das für den Nahen Osten zuständige Regionalkommando der USA mit. Für den Angriffsversuch sollen die Huthi aus dem Jemen verantwortlich sein. Es habe keine Verletzten oder Schäden gegeben. Die Rakete sei am Sonntagnachmittag (Ortszeit) in Richtung des Zerstörers "Laboon" abgefeuert worden. In der Nähe der Küstenstadt Hodeida habe ein Kampfjet den Marschflugkörper abgeschossen. USA und Verbündete greifen Huthi an Die USA und Verbündete hatten am Freitag mit Angriffen auf knapp 30 Stellungen der Miliz im Jemen begonnen, darunter eine Radaranlage. US-Präsident Joe Biden hatte vergangene Woche gewarnt, dass sich die Huthi auf weitere mögliche Militäraktionen gefasst machen müssten, falls sie nicht einlenkten. Die USA werden von Großbritannien, den Niederlanden, Kanada, Australien und Bahrain unterstützt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sollen mehrere mit Flüssiggas (LNG) beladene Tanker auf eine sichere Durchfahrt des Roten Meeres warten. "Wenn die Durchfahrt durch das Rote Meer weiterhin unsicher ist, werden wir über das Kap fahren", zitiert Reuters aus informierten Kreisen. Schiffe, die das Rote Meer und den Suez-Kanal meiden wollen, müssen um den afrikanischen Kontinent und das Kap der Guten Hoffnung fahren. Die LNG-Tanker "Al Ghariya" und "Al Huwaila" stecken Reuters zufolge seit Sonntag vor der Küste von Oman fest, obwohl sie eigentlich Richtung Suez-Kanal aufbrechen wollten. Großbritannien will Schifffahrt schützen Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps sagte, Großbritannien werde abwarten und die Lage beobachten, bevor weitere Angriffe gegen die Huthi unternommen würden. Man wolle nicht in Aktionen im Roten Meer verwickelt werden, allerdings sei die "Freiheit der Schifffahrt ein internationales Recht", sagte Shapps dem Sender "Sky News". Die Huthi werden vom Iran unterstützt und haben zuletzt immer wieder Handelsschiffe im Roten Meer attackiert. Damit wollen sie nach eigenen Angaben Druck auf Israel wegen des Krieges im Gazastreifen ausüben. Große Reedereien meiden zunehmend die wichtige Handelsroute. Die schiitischen Huthi sehen sich als Teil der gegen Israel gerichteten selbsternannten "Achse des Widerstands", zu der auch die Hamas im Gazastreifen gehört. | /ausland/asien/huthi-usa-angriff-100.html |
2024-01-15 | Familienunternehmen vor Generationenwechsel | ifo-Umfrage | Fast die Hälfte der Familienunternehmen steht vor der Übergabe an die nächste Generation, zeigt eine Umfrage des ifo-Instituts. Der anstehende Wechsel ist für viele Firmen eine Herausforderung. | Fast die Hälfte der Familienunternehmen steht vor der Übergabe an die nächste Generation, zeigt eine Umfrage des ifo-Instituts. Der anstehende Wechsel ist für viele Firmen eine Herausforderung. In vielen Familienunternehmen in Deutschland steht ein Generationenwechsel bevor. Laut einer Umfrage des Münchner ifo-Instituts und der Stiftung Familienunternehmen gaben 43 Prozent der befragten Firmen an, dass bei ihnen in den kommenden drei Jahren eine Unternehmens- oder Anteilsübertragung ansteht. "Vor allem die größeren Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern planen in den nächsten drei Jahren den Generationenwechsel, und zwar 50 Prozent von ihnen", erklärte Annette von Maltzan vom ifo-Institut. Ausscheiden der Babyboomer bereitet Probleme Dabei gelingt immer weniger Unternehmen eine familieninterne Nachfolge. Zuletzt seien dies nur 34 Prozent gewesen, so die Wirtschaftsforscher. 42 Prozent aller befragten Unternehmen hätten noch keinen Nachfolger für die Geschäftsleitung aus der Familie. Eine Folge ist, dass die Inhaber immer älter werden. Das Ausscheiden der Babyboomer-Jahrgänge beeinflusse nicht nur das Angebot an Fachkräften, sondern auch an Unternehmensnachfolgerinnen und -nachfolgern, so das ifo-Institut. In einer weiteren Umfrage hätten 61 Prozent der Familienunternehmen erklärt, dass die Erbschaft- oder Schenkungsteuer eine starke oder sehr starke Belastung sei. "Rahmenbedingungen müssen sich radikal verbessern" "Die kommende Unternehmergeneration hat großes Zutrauen in die Leistungs- und Innovationsfähigkeit ihrer Familienunternehmen, erklärte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. "Doch die Rahmenbedingungen für Familienunternehmen müssen sich radikal verbessern. Bürokratie, Energiepreise, Fachkräftemangel und Steuerlast entmutigen die Nachfolgegeneration." Das ifo-Institut erhebt seit 2017 für die Stiftung Familienunternehmen zentrale Daten in Umfragen zu wirtschaftspolitischen Themen. Die Datenbank umfasst laut ifo mehr als 12.000 Unternehmen, die Hälfte davon Familienunternehmen. Familienunternehmen besonders langlebig Noch untermauerten die Zahlen aus der Datenbank die Langlebigkeit von Familienunternehmen, erklärte das ifo. Fast die Hälfte befinde sich in der zweiten und dritten Generation. Rund ein Fünftel schaffe es darüber hinaus. Die ältesten Unternehmen in der Datenbank existierten bereits seit dem 14. Jahrhundert. Fünf Prozent seien vor 1900 gegründet worden, weitere zehn Prozent in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. | /wirtschaft/unternehmen/ifo-familienunternehmen-100.html |
2024-01-15 | "Kostenübernahme ist eine Art Ritterschlag" | Kassenleistung Homöopathie | Der Wissenschaftler Mukerji beschäftigt sich seit Jahren mit der Homöopathie. Im Interview begrüßt er die Pläne, die Kostenübernahme für Homöopathie zu streichen. Bislang werde der Pseudowissenschaft dadurch der Anschein von Seriosität verliehen. | Der Wissenschaftler Mukerji beschäftigt sich seit Jahren mit der Homöopathie. Im Interview begrüßt er die Pläne, die Kostenübernahme für Homöopathie zu streichen. Bislang werde der Pseudowissenschaft dadurch der Anschein von Seriosität verliehen. tagesschau.de: Was haben Sie gegen die Homöopathie, Herr Mukerji? Nikil Mukerji: In der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) ist die Homöopathie schon lange ein Thema. Dort stufen wir sie als Pseudowissenschaft ein. Sie geriert sich als Wissenschaft. Tatsächlich widerspricht sie aber den bekannten Naturgesetzen und eine Wirkung über Kontexteffekte - insbesondere Placeboeffekte - wurde nie belastbar nachgewiesen. tagesschau.de: Und doch greifen viele Menschen in Deutschland zu homöopathischen Mitteln, wenn sie krank sind. Mukerji: Hier hat die bisherige Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen meines Erachtens eine große Rolle gespielt. Für homöopathische Mittel war das eine Art Rittenschlag und gab der Homöopathie-Branche lange Zeit einen Anschein von Seriosität. Im internationalen Vergleich haben wir uns als Land damit aber zur Lachnummer gemacht. Denn kein anderes Land leistet sich noch eine solche Irrationalität. tagesschau.de: Befürworter der Homöopathie verweisen auf Studien, denen zufolge eine Wirkung auch über den Placeboeffekt hinaus zu erkennen sei. Auch in einigen Metastudien heißt es, eine Wirkung könne zumindest nicht ausgeschlossen werden. Mukerji: Streng genommen kann man auch nur logische und mathematische Unmöglichkeiten ausschließen. Ich kann zum Beispiel nicht ausschließen, dass Sie plötzlich verschwinden, wenn ich meine Augen schließe. Dennoch glaube ich nicht daran. tagesschau.de: Aber wie erklären Sie positive Studienergebnisse für die Homöopathie? Mukerji: Zum einen ist die Studienqualität entscheidend. Wenn die zu gering ist, sollte man die jeweilige Studie ignorieren. Zudem können auch hochwertige Studien einen Effekt suggerieren, ohne dass er real vorliegt. Denn jede Studie hat eine Fehlerwahrscheinlichkeit, die durch den sogenannten p-Wert gemessen wird. Der darf höchstens bei 0,05 liegen. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass der gemessene Effekt eines homöopathischen Mittels sich nur mit höchstens fünf Prozent durch Zufall erklären lässt. Das Problem: Macht man mit einer wirkungslosen Substanz genug Studien, dann ist praktisch sichergestellt, dass man irgendwann eine vermeintliche Wirkung feststellt. tagesschau.de: Welche Rolle spielt der sogenannte Publikationsbias in der Wissenschaft? Mukerji: Studien mit überraschenden oder aufsehenerregenden Ergebnissen werden eher publiziert als Untersuchungen, die nichts finden. Dieser Effekt verzerrt die Studienlage - auch bei der Homöopathie. Bedenkt man all dies, dann zeigen die vorliegenden Studien zusammengenommen nicht, dass Homöopathie über Kontext- und Placeboeffekte hinaus wirkt. Wer nur Arbeiten berücksichtigt, die die eigene Überzeugung stützen, betreibt Rosinenpickerei. Der Glaube an Homöopathie scheint generell auf diesem und ähnlichen Denkfehlern zu beruhen. tagesschau.de: Oftmals heißt es, es müsse einfach noch mehr zu der Wirksamkeit von Homöopathie geforscht werden. Was halten Sie davon? Mukerji: Gar nichts. Aus naturwissenschaftlicher Sicht kann Homöopathie nicht wirken. Und wir haben bereits eine enorm umfangreiche empirische Beleglage, die genau das zeigt. tagesschau.de: Einige Kritiker der Homöopathie sind generell dagegen, überhaupt weitere Studien zur Wirksamkeit durchzuführen. Wieso? Mukerji: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine methodisch hochwertige Studie irrtümlich einen Effekt findet (Alpha-Fehler), liegt etwa so hoch wie die Wahrscheinlichkeit, mit zwei Würfeln eine 1 und eine 2 zu werfen. So etwas passiert also ständig. Je mehr Studien durchgeführt werden, desto wahrscheinlicher wird es, dass zumindest einzelne Studien zufällig positive Ergebnisse erzielen. Diese sehen dann isoliert betrachtet wie stichhaltige Belege aus. Werden sie selektiv zitiert, erzeugt das eventuell den falschen Eindruck, die Homöopathie habe eine wissenschaftliche Grundlage. Solche Forschung ist nicht nur verschwenderisch, sie kann auch gefährlich werden - zumal dann, wenn Patienten Homöopathika wirksamen Medikamenten vorziehen. Manche halten Homöopathie-Forschung daher insgesamt für unethische Ressourcenverschwendung. Dennoch leben wir in einem freien Land. Jeder darf natürlich private Mittel für Homöopathie-Forschung einsetzen. Daran würde ich selbstverständlich nicht rütteln wollen. tagesschau.de: Bei homöopathischen Mitteln wird ein Wirkstoff potenziert, das heißt, er wird sehr oft verdünnt. Kann ein Mittel dadurch überhaupt noch wirksam sein? Mukerji: Ob man das plausibel findet oder nicht, hängt vom Weltbild ab. Nach homöopathischer Lehre ist das eminent plausibel. Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, glaubte ja, die Homöopathie wirke, indem sie - und ich zitiere - "unsre Lebenskraft … auf geistartige (dynamische) Weise" ergreift. Vor 200 Jahren konnte man so eine These noch aufstellen, ohne sich zu blamieren - obwohl es auch schon zu dieser Zeit Kritik an Hahnemann gab. Aufgeklärte, kritisch denkende Menschen mit einem naturwissenschaftlich geerdeten Verständnis der Welt können darüber aber eigentlich nur schmunzeln. Homöopathie widerspricht gesichertem Wissen: Der Grundsatz, Ähnliches möge mit Ähnlichem geheilt werden, ist medizinisch nicht haltbar. Und das typische Homöopathikum enthält keinen Wirkstoff, weil dieser wegverdünnt wurde. Übrigens demonstrieren Skeptiker wie ich das auch regelmäßig in Form von Selbstversuchen, bei denen wir Globuli fläschchenweise einnehmen. Dabei ist noch nie etwas passiert. Wie auch? Nix drin, nix dran! tagesschau.de: Auch die gesonderten Zulassungsverfahren für homöopathische Mittel stehen in der Kritik. Mukerji: Tatsächlich schlägt dieser Punkt dem Fass den Boden aus. Pharmazeutische Medikamente basieren auf echter Forschung, die hohen Ansprüchen genügen muss. Bei homöopathischen Mitteln gibt es das nicht, weil das Arzneimittelgesetz eine Ausnahme vorsieht: Es reicht, wenn nach dem Prinzip des sogenannten "Binnenkonsenses" festgestellt wird, dass die Beleglage nach homöopathischem Erkenntnismaterial ausreicht. Die Homöopathieszene deklariert also - aus wissenschaftlicher Sicht willkürlich -, was wirkt. Manche homöopathischen Mittel werden auch lediglich registriert. Hier werden gar keine Angaben zur angeblichen Wirksamkeit verlangt. Meiner Erfahrung nach wissen das die meisten Menschen nicht, und viele halten es für einen Scherz, wenn man es ihnen erklärt. tagesschau.de: Nach Plänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach sollen gesetzliche Krankenkassen künftig die Kosten für homöopathischen Mittel und Behandlungen nicht mehr übernehmen. Die Ersparnisse sollen Lauterbach zufolge jedoch lediglich zwischen 20 und 50 Millionen Euro liegen. Warum halten Sie es trotzdem für sinnvoll? Mukerji: Ein Stück weit geht es da auch ums Prinzip, wie Lauterbach sagt. Ich persönlich denke das auch. Eine irrationale Methode sollte man nicht staatlich finanzieren. Dadurch hängt man der Homöopathie den Deckmantel der Rationalität über. Schamanismus oder andere pseudomedizinische Verfahren werden ja auch nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Außerdem sind die genauen Einsparpotenziale für die Kassen schwer zu beziffern. Besonders die Anamnesegespräche bei Homöopathen dürften kostenintensiv sein. Meine Kollegen Udo Endruscheit und Norbert Aust vom Informationsnetzwerk Homöopathie (INH) gehen davon aus, dass das wirkliche Ersparnispotenzial höher liegen könnte. tagesschau.de: Einigen geht der Vorstoß von Lauterbach wiederum nicht weit genug, da er die Möglichkeit für gesetzliche Krankenkassen offen lässt, Zusatzversicherungen für Homöopathie abzuschließen. Warum wird das kritisiert? Mukerji: Es gibt die Ansicht, dass Zusatzversicherungen das zentrale Problem verlängern, das ursprünglich durch die Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenkassen entstand: Es wird weiterhin der Anschein erweckt, dass es sich bei der Homöopathie um anerkannte medizinische Behandlungsmethoden handle. Und damit wird dann Menschen weiterhin das Geld aus der Tasche gezogen, weil sie Homöopathie fälschlich als effektiv ansehen. Ich würde mich da aber entspannen. Am wichtigsten ist es, die Kostenübernahme durch das Solidarsystem zu streichen. Das Gespräch führte Pascal Siggelkow, tagesschau.de. | /faktenfinder/kontext/interview-homoeopathie-100.html |
2024-01-15 | Welche Rolle spielt Homöopathie in Deutschland? | Streichung als Kassenleistung | Die Wirkung von homöopathischen Mitteln gilt in der Wissenschaft als unbelegt. Dennoch werden in Deutschland jährlich mehrere 100 Millionen Euro für Globuli und Co. ausgegeben - aber nur ein Bruchteil davon von Krankenkassen. Von A. Leimbach und P. Siggelkow. | Die Wirkung von homöopathischen Mitteln gilt in der Wissenschaft als unbelegt. Dennoch werden in Deutschland jährlich mehrere 100 Millionen Euro für Globuli und Co. ausgegeben - aber nur ein Bruchteil davon von Krankenkassen. Von Pascal Siggelkow und Alina Leimbach, hr "Leistungen, die keinen medizinisch belegbaren Nutzen haben, dürfen nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden", heißt es in einem Schreiben des von Karl Lauterbach geführten Gesundheitsministeriums an die anderen Ministerien. "Aus diesem Grund werden wir die Möglichkeit der Krankenkassen, in der Satzung auch homöopathische und anthroposophische Leistungen vorzusehen, streichen und damit unnötige Ausgaben der Krankenkassen vermeiden." Doch was ist überhaupt über die Wirksamkeit von Homöopathie bekannt und wie viel Geld können die Gesetzlichen Krankenkassen durch seinen Vorstoß sparen? Was ist Homöopathie? Bei der Homöopathie gilt die Annahme, dass "Ähnliches durch Ähnliches" geheilt werden könne. Das bedeutet, dass Krankheiten durch Substanzen geheilt werden sollen, die bei Gesunden "ähnliche" Symptome hervorrufen. Dafür wird der Wirkstoff seriell verdünnt und rituell verschüttelt (sogenannte Potenzierung). Die Homöopathie geht davon aus, dass bei regelmäßiger Verdünnung und Verschüttelung die einzelnen Substanzen "schlafend gelegenen Kräfte bis zum Unglaublichen" entwickelten. Es wird dabei unterschieden zwischen Hochpotenzen und Tiefpotenzen. Bei den Tiefpotenzen sind im Endprodukt chemische Bestandteile des Ausgangsstoffs noch nachweisbar, bei den Hochpotenzen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Molekül der Ausgangssubstanz mehr vorhanden. Haben homöopathische Mittel eine Wirkung? Für homöopathische Mittel ist eine Wirkung über den Placeboeffekt hinaus nicht nachgewiesen. Die Qualität vieler Studien wird in größeren Metastudien, die die Ergebnisse mehrerer Untersuchungen zusammenfassen, kritisiert. Seriöse Untersuchungen zeigten demnach keine belastbaren Belege für die Wirksamkeit homöopathischer Mittel, obwohl einzelne Studien für sich einen positiven Effekt nahelegten. Es gilt jedoch als umstritten, ob überhaupt Studien zu der Wirkung von homöopathischen Mitteln sinnvoll sind. Da bei den Mitteln mit Hochpotenz kein Wirkstoff mehr vorhanden ist, ist eine Untersuchung der Wirksamkeit aus der Sicht von Christian Weymayr, Mitglied im Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin, obsolet. "Wenn die sogenannte A-priori-Wahrscheinlichkeit gleich Null ist, ist das Ergebnis einer Studie irrelevant." Die A-priori-Wahrscheinlichkeit gibt bei klinischen Studien die Wahrscheinlichkeit an, dass die zu testende Behandlung effektiv ist, bevor das Ergebnis der Studie vorliegt. Je mehr Studien durchgeführt würden, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem gewissen Anteil der Studien auch fälschlich positive Ergebnisse herauskämen, so Weymayr. Denn damit eine Studie in der Wissenschaft eine Hypothese stützt, muss der sogenannte p-Wert bei 0,05 oder weniger liegen. Das bedeutet grob vereinfacht, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Studienergebnis durch Zufall zu erklären ist, bei maximal fünf Prozent liegt. Im Umkehrschluss ist es nach Angaben von Weymayr also möglich, dass bei sehr vielen durchgeführten Studien auch zufällig ein Ergebnis zustande kommen könnte, das aus wissenschaftlicher Sicht zwar die Qualitätskriterien erfüllt, dennoch jedoch kein belastbarer Beleg für eine Wirkung wäre. Wie werden homöopathische Mittel zugelassen? Das deutsche Arzneimittelgesetz zählt Homöopathie zu den "besonderen Therapierichtungen", daher gelten für homöopathische Mittel andere Regeln als für die Zulassung von pharmazeutischen Arzneimitteln. Es gibt dabei zwei verschiedene Möglichkeiten, homöopathische Mittel auf den Markt zu bringen. Homöopathika, die auf nur einem einzigen Wirkstoff beruhen, der mindestens um den Faktor 1:10.000 verdünnt ist, müssen nur registriert werden. Nachzuweisen ist lediglich gesundheitliche Unbedenklichkeit. Für eine Zulassung müssen die Antragsteller dagegen laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) "Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des Arzneimittels einreichen". Dabei handele es sich jedoch nicht um einen wissenschaftlichen Wirknachweis, sagt Nikil Mukerji vom Wissenschaftsrat der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Das Zulassungsverfahren sei nicht mit den üblichen Zulassungsstudien für Medikamente zu vergleichen. Nötig sei lediglich ein Beschluss der Kommission D des BfArM. "Hierbei wird nach dem Prinzip des Binnenkonsenses nur festgestellt, dass die Beleglage nach homöopathischem Erkenntnismaterial ausreicht", so Mukerji. Wie groß ist die Homöopathiebranche in Deutschland? Im Ursprungsland der Homöopathie finden sich gleich diverse weltweit agierende Hersteller dieser Produkte. Beispielsweise die Deutsche Homöopathie Union (DHU), Heel oder auch Pflüger. Die DHU sagt, ihr Gründer Willmar Schwabe sei bereits Ende des 19. Jahrhunderts in die industrielle Großproduktion eingestiegen. Allerdings ist der Marktanteil homöopathischer Produkte im Vergleich zu herkömmlichen Arzneimitteln gering. Nach Daten des Medizin-Forschungsunternehmens IQVIA liegt der Anteil der Homöopathika am gesamten Arzneimittelmarkt im Bereich von 1,3 bis 1,5 Prozent. Eine Mitarbeiterzahl der Branche ist dem Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller nicht bekannt. Nach eigenen Angaben beschäftigt die DHU, eines der größten Unternehmen auf dem Markt, aktuell 300 Mitarbeiter, Konkurrent Heel berichtet auf seiner Website von 1.300 Beschäftigten. Zum Vergleich: Deutschlands größtes Pharmaunternehmen, die Bayer AG, beschäftigt allein in Deutschland etwa 22.000 Menschen. Wie hat sich die Nachfrage entwickelt? Die Nachfrage nach homöopathischen Produkten ist in den vergangenen Jahren rückläufig. Nach vorläufigen Hochrechnungen des IQVIA Pharmascopes wurden 2023 etwa 41 Millionen Packungen abgegeben, 2019 waren es noch rund 56 Millionen. Demgegenüber stehen insgesamt steigende Arzneimittelverkäufe. 2022 verzeichnete die gesamte Arzneibranche laut IQVIA ein Absatzplus von 2,3 Prozent. Die homöopathischen Produkte profitierten von dieser stärkeren Nachfrage nach Medikamenten nicht. Wie viel Geld wird mit den Produkten verdient? Der IQVIA Pharmascope rechnet für homöopathische Mittel für das vergangene Jahr in einer vorläufigen Hochrechnung mit Umsätzen in Höhe 710 Millionen Euro in deutschen Apotheken. Allerdings gibt es hier sehr verschiedene Daten. Sie hängen unter anderem davon ab, welche Produkte man zu den homöopathischen Mitteln zählt. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände kommt für das Jahr 2022 auf Umsätze von 300 Millionen Euro. Wie viel geben die gesetzlichen Krankenkassen für homöopathische Produkte und Dienstleistungen aus? Dem GKV-Spitzenverband zufolge haben die Krankenkassen im Jahr 2021 für homöopathische und anthroposophische Arzneimittel rund 22 Millionen Euro ausgegeben. Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller stellt dem entgegen, dass die Ausgaben für homöopathische Produkte bei den gesetzlichen Kassen weniger als 0,1 Prozent der Gesamtausgaben für Arzneimittel ausmachten. Zu den Kosten für Medikamente kommen allerdings noch Honorarausgaben für homöopathisch behandelnde Ärzte. Die Summe der Kosten ist hier aber schwer herauszufinden, da die Krankenkassenlandschaft in Deutschland sehr zersplittert ist. Wie gravierend sind die geplanten Änderungen für Apotheken und Hersteller? Die meisten homöopathischen Produkte werden von den Kundinnen und Kunden selbst bezahlt. Laut IQVIA Pharmascope wurden zuletzt nur rund zwei Prozent aller Mittel mit einem Kassenrezept in Apotheken erworben. Eine Sprecherin der DHU sagte auf tagesschau.de-Anfrage zu den möglichen Folgen von Lauterbachs Reform auf das Unternehmen, dass der "Umsatzanteil der von der GKV im Rahmen der Satzungsleistungen erstatteten homöopathischen Arzneimittel sehr niedrig ist". Dennoch lehne die DHU den Vorstoß des Gesundheitsministers ab, "weil er die Patientenautonomie und den freien Wettbewerb der Kassen willkürlich einschränke". Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller, in dem auch homöopathische Unternehmen vertreten sind, warnte trotz der geringen Einsparungen für die Kassen vor negativen Auswirkungen für kleine und mittelständische Hersteller in Deutschland. Hans-Werner Bertelsen, Mitglied des kürzlich aufgelösten Münsteraner Kreises, gehen Lauterbachs Pläne nicht weit genug. Denn der Entwurf sieht vor, dass die Gesetzlichen Krankenkassen private Zusatzversicherungen zu homöopathischen Leistungen vermittelnd anbieten können. "Dadurch wird Homöopathie mit anderen, evidenzbasierten Leistungen beispielsweise aus Zahnzusatzversicherungen, gleichgestellt", sagt Bertelsen. "Homöopathie ist aber eine Pseudowissenschaft und Krankenkassen sollten nicht unterstützen, dass kranken Menschen dadurch Geld aus den Taschen gezogen wird." | /faktenfinder/homoeopathie-148.html |
2024-01-15 | "Remigration" ist Unwort des Jahres 2023 | Jury gibt Entscheidung bekannt | "Remigration" ist zum Unwort des Jahres 2023 gekürt worden. Das Wort sei ein "rechter Kampfbegriff" und eine "beschönigende Tarnvokabel", begründet die Jury ihre Wahl. Auf Platz zwei landete "Sozialklimbim". | "Remigration" ist zum Unwort des Jahres 2023 gekürt worden. Das Wort sei ein "rechter Kampfbegriff" und eine "beschönigende Tarnvokabel", begründet die Jury ihre Wahl. Auf Platz zwei landete "Sozialklimbim". Das Unwort des Jahres 2023 lautet "Remigration". Das gab die sprachkritische "Unwort"-Aktion in Marburg bekannt. Der Ausdruck werde von Rechtsextremen beschönigend für die Forderung nach Zwangsausweisungen und Deportationen benutzt. "Das Wort ist in der Identitären Bewegung, in rechten Parteien sowie weiteren rechten bis rechtsextremen Gruppierungen zu einem Euphemismus für die Forderung nach Zwangsausweisung bis hin zu Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte geworden", begründete die Jury ihre Entscheidung. Man kritisiere die Verwendung des Wortes, weil es im vergangenen Jahr als "rechter Kampfbegriff, beschönigende Tarnvokabel und ein die tatsächlichen Absichten verschleiernder Ausdruck gebraucht wurde". AfD-Funktionäre sprechen über "Remigration" Mit ihrer "Unwort"-Auswahl greift die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern bestehende Jury eine hochaktuelle Debatte auf. Am vergangenen Mittwoch hatte das Medienhaus "Correctiv" Rechercheergebnisse zu einem Treffen in einer Potsdamer Villa veröffentlicht, an dem im November auch einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion teilgenommen hatten. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte der Nachrichtenagentur dpa bestätigt, dass er dort über "Remigration" gesprochen habe. Wenn Rechtsextremisten den Begriff "Remigration" verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Die Sprachwissenschaftlerin und Jurysprecherin Constanze Spieß hatte bereits im Dezember berichtet, dass "Remigration" unter den Einsendungen für die "Unwort"-Kür war - also schon vor der nun aktuellen Debatte. "Sozialklimbim" auf Platz zwei Auf Platz zwei setzte die Jury den Begriff "Sozialklimbim", der im Zuge der Debatte um die Kindergrundsicherung verwendet worden war. Durch diese Wortwahl werde die Gruppe einkommens- und vermögensschwacher Personen herabgewürdigt und diffamiert und zugleich die Gruppe der Kinder, die von Armut betroffen oder armutsgefährdet seien, stigmatisiert. Den dritten Platz belegt der Begriff "Heizungs-Stasi". Die Jury kritisierte den mit Blick auf das Gebäudeenergiegesetz verwendeten Ausdruck als "populistische Stimmungsmache gegen Klimaschutzmaßnahmen". Das Unwort des Jahres wurde nach verschiedenen Kriterien aus Vorschlägen ausgewählt, die Bürgerinnen und Bürger bis 31. Dezember 2023 eingereicht hatten. Unwort des Jahres 2022: "Klimaterroristen" Insgesamt gab es dieses Mal 2.301 Einsendungen - deutlich mehr als im vorangegangenen Jahr. Sie enthielten 710 verschiedene Begriffe, von denen knapp 110 den Kriterien der Jury entsprachen. Als Unwort des Jahres kommen nach Angaben der Verantwortlichen Begriffe und Formulierungen in Frage, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind. Wie häufig ein Begriff vorgeschlagen wurde, ist nicht entscheidend für die Unwort-Kür. Für 2022 war die Wahl auf "Klimaterroristen" gefallen. | /inland/gesellschaft/unwort-remigration-deutschland-100.html |
2024-01-15 | Santos darf Gaspipeline weiter bauen | First Nations verlieren Prozess | Der australische Gasriese Santos hat in einem Rechtsstreit um eine umstrittene Unterwasserpipeline obsiegt. Eine Gruppe der First Nations hatte gegen das Projekt geklagt: Sie fürchtet Risiken für Unterwasserstätten, die ihr heilig sind. | Der australische Gasriese Santos hat in einem Rechtsstreit um eine umstrittene Unterwasserpipeline obsiegt. Eine Gruppe der First Nations hatte gegen das Projekt geklagt: Sie fürchtet Risiken für Unterwasserstätten, die ihr heilig sind. Der australische Gasriese Santos hat Recht bekommen: Er darf mit der Verlegung einer umstrittenen Unterwasserpipeline für sein 5,7 Milliarden Dollar schweres Barossa-Gasprojekt in der Timorsee nördlich von Darwin fortfahren. Der Konzern gewann heute einen Rechtsstreit gegen eine Gruppe von First Nations von den in der Region gelegenen Tiwi-Inseln, wie der Sender ABC unter Berufung auf das zuständige Gericht berichtete. Santos hatte die Arbeit an der Pipeline seit November pausieren müssen, damals hatte eine Gruppe der Ältesten der First Nations vor Gericht eine einstweilige Verfügung erreicht. Sie werfen Santos vor, nicht ausreichend geprüft zu haben, ob die 263 Kilometer lange Pipeline Unterwasser-Kulturerbestätten und heilige Orte aus der "Traumzeit" beschädigen würde. Risiken für kulturelle Unterwasserstätten Einige Älteste der Tiwi-Insulaner hatten von Santos gefordert, die Pläne zu überarbeiten. Sie sind der Überzeugung, dass der von Santos verfasste Bericht die potenziellen Risiken für kulturelle Unterwasserstätten und für sie heilige spirituelle Wesen wie den "Krokodilmann" oder "Mutter Ampiji", auch bekannt als "Regenbogenschlange", nicht richtig eingeschätzt habe. Die First Nations sind überzeugt, dass in den Gewässern die "Songlines" (Traumpfade) verlaufen - eine Art mythisch-kulturelle Landkarte der Ureinwohner. Der Begriff "Dreamtime" (Traumzeit) steht für die komplexe Mythologie der First Nations, die das Land schon seit rund 60.000 Jahren bevölkern. Ölkonzern begrüßt Urteil Nach einem monatelangem Prozess, bei dem 23 Zeugen der First Nations von den Tiwi-Inseln mündlich oder schriftlich vernommen und 26 Expertenberichte eingereicht wurden, urteilte die zuständige Richterin nun, dass es nur "eine vernachlässigbare Wahrscheinlichkeit gibt, dass es im Bereich der Pipelinetrasse Objekte von archäologischem Wert geben könnte". Santos begrüßte das Urteil. "Gemäß dem Urteil und im Einklang mit dem für das Projekt geltenden Umweltplan wird Santos die Pipelineverlegung für das Barossa-Gasprojekt fortsetzen", hieß es in einer Mitteilung. Ziel des Projekts ist es, Gas nach Darwin zu leiten, bevor es dann als Flüssigerdgas (LNG) nach Südkorea und Japan verschifft wird. | /wirtschaft/weltwirtschaft/first-nations-oelkonzern-santos-gaspipeline-100.html |
2024-01-15 | Republikaner schlittern in die Vorwahl | Wahlkampf in Iowa | Wer heute an den republikanischen Vorwahlen in Iowa teilnehmen will, muss hart im Nehmen sein: Der Weg dorthin ist gezeichnet von arktischer Kälte und Eisglätte. Zittern müssen vor allem die Herausforderer Trumps. Von Sebastian Hesse. | Wer bei den heutigen republikanischen Vorwahlen in Iowa teilnehmen will, muss hart im Nehmen sein: Der Weg dorthin ist gezeichnet von arktischer Kälte und Eisglätte. Zittern müssen vor allem die Herausforderer Trumps. Von Sebastian Hesse Man darf den diesjährigen Auftakt der Vorwahl-Saison in den USA bereits jetzt historisch nennen: Nie zuvor war es an einem Wahltag im Bundesstaat Iowa derart klirrend kalt. Zwar hat sich der massive Schneesturm verzogen, der weite Teile des Straßennetzes unpassierbar gemacht hat. Aber auch tagsüber steigen die Temperaturen in Iowa nicht über minus 20 Grad. In der Landeshauptstadt Des Moines geht nur auf die Straße, wer unbedingt muss. Viele Restaurants, Cafes und Läden haben kältebedingt geschlossen. Der Vorwahlkampf ist eingefroren. Über die Erderwärmung möchte gerade niemand diskutieren. Gerade weil so viele Wahlkampfveranstaltungen abgesagt oder auf Videobotschaften reduziert werden mussten, ist überall dort, wo die Kandidaten tatsächlich noch hingelangen, umso mehr los. DeSantis rutscht in Umfragen ab "Ron, Ron, Ron…!", schallt es in dem kleinen Gemeindezentrum in einem Vorort von Des Moines, in dem Floridas Gouverneur Ron DeSantis mit anderthalbstündiger Verspätung eintrifft. Nur gut fünf Minuten Zeit nimmt er sich dann für seine geduldigen Anhänger, dann geht’s wieder hinaus auf die Eispisten von Iowa. "Wir aus Florida reisen normalerweise im Januar nicht Richtung Norden", scherzte DeSantis. Das war Galgenhumor: Wenn er, der einst als gefährlichster Rivale Donald Trumps galt, zum Auftakt der Vorwahlsaison hinter den Erwartungen bleibt, dann dürfte das Rennen für DeSantis gelaufen sein. Kurz vor dem "Caucus", dem Ausschuss der Parteimitglieder, muss er neue schlechte Nachrichten verdauen: Umfragen auf der Zielgeraden besagen, dass Trump seinen ohnehin schon enormen Vorsprung in Iowa weiter ausbauen können wird und dass - wenn überhaupt - nur noch Nikki Haley ihm gefährlich werden kann. Trump zieht alle rhetorischen Register Caleb nimmt das nicht ernst. Er war bei vielen "Caucus"-Tagen in Iowa als freiwilliger Helfer im Einsatz. Dabei hat er Gelassenheit gelernt: "Trauen Sie den Umfragen nicht", lautet sein Rat. Dieses Jahr seien besonders viele Jungwähler dabei, die sich eher für einen frischen Kandidaten erwärmen können - und nicht unbedingt für Trump. Auch der Ex-Präsident und Vorwahl-Favorit war wegen des Wintereinbruchs gezwungen, viele seiner Veranstaltungen abzusagen. Aber Sonntagmittag tritt er dann in Indianola auf, südlich von Des Moines. Trump-Fans wie Ashley standen bei der Eiseskälte geduldig in der Warteschlange, über eine halbe Stunde lang. Gelohnt hat es sich: Rund zwei Stunden lang zieht Trump alle Register seines rhetorischen Könnens. Mit einer Mischung aus Polemik und Übertreibungen, aus Angriffslust, Niedertracht, Witz, gelegentlicher Selbstironie, Prahlerei und Selbstmitleid bringt er den Saal zum Kochen. Was ihm Fans wie Ashley angesichts der arktischen Temperaturen umso mehr mit frenetischem Applaus danken. Auf Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol und die bevorstehenden Prozesse wegen Wahlbetrugs angesprochen, gibt sie sich kämpferisch: "Trotz allem, was Trump angetan wird, gibt er niemals auf!" Haley baut auf New Hampshire Sorgen bereitet dem scheinbar Unschlagbaren allenfalls noch der schleichende Aufstieg von Nikki Haley, der früheren Gouverneurin von South Carolina. Die einstige UN-Botschafterin von Trumps Gnaden konnte sich am Sonntagabend noch zu einem Landgasthof bei Aden durchschlagen, westlich von Des Moines. Haley will noch etwas werden in der republikanischen Partei. Deshalb kann sie es sich nicht komplett mit Trump verscherzen, der die "Grand Old Party" fest im Griff zu haben scheint. Ihre Botschaft: Trump war 2016 der richtige Mann zur richtigen Zeit, jetzt jedoch habe die Stunde geschlagen für einen Generationswechsel. Sue und Paul aus Iowa stimmen zu. Das Ehepaar hat eine Schlitterpartie übers Eis in Kauf genommen, um mit Haley auf Tuchfühlung zu gehen. "Trump ist zu alt", findet Sue. "Außerdem ist er als Milliardär außerstande, uns kleine Leute zu repräsentieren!" Doch Haleys Stunde könnte, wenn überhaupt, am 21. Januar in New Hampshire schlagen. Dort ist die republikanische Partei deutlich liberaler als im konservativen Agrarstaat Iowa. Zunächst jedoch wird heute hier abgestimmt, bei weit über 1.600 Nachbarschaftsveranstaltungen - in Schulturnhallen, Gemeindezentren und gelegentlich auch mal in Wohnzimmern. Um 19 Uhr am Abend geht es los. Ob es in der Nacht noch ein Ergebnis gibt, bleibt auch wegen der ungünstigen Witterung abzuwarten. | /ausland/amerika/iowa-vorwahlen-100.html |
2024-01-15 | Reiche werden immer reicher | Globale Ungleichheit | Weltweit nimmt die ungleiche Vermögensverteilung zu. Während Reiche ihr Vermögen zuletzt vermehren konnten, leiden vor allem Arme unter wirtschaftlichen Krisen und werden so immer ärmer. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Organisation Oxfam. | Weltweit nimmt die ungleiche Vermögensverteilung zu. Während Reiche ihr Vermögen zuletzt vermehren konnten, leiden vor allem Arme unter wirtschaftlichen Krisen und werden so immer ärmer. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Organisation Oxfam. Die weltweite Ungleichheit wird immer größer: Während die fünf reichsten Männer der Welt ihr Vermögen seit 2020 mehr als verdoppelt haben, haben die ärmsten fünf Milliarden Menschen mehrere Milliarden verloren. Das geht aus einer heute veröffentlichten Oxfam-Studie zur globalen Verteilung des Reichtums auf der Welt hervor. Oxfam legte die Studie "Inequality Inc." zu Beginn des Weltwirtschaftsforums im Schweizer Ferienort Davos vor. Danach besaßen die reichsten fünf Männer 2020 ein Vermögen von 405 Milliarden US-Dollar. Inzwischen ist es auf 869 Milliarden US-Dollar angewachsen. Alle Milliardärinnen und Milliardäre konnten ihr Vermögen seit 2020 um 3,3 Billionen US-Dollar steigern - während die ärmsten fast fünf Milliarden der Welt 20 Milliarden US-Dollar Vermögen verloren. Der Studie liegen Daten aus verschiedenen Quellen zugrunde. So führte Oxfam etwa Forbes-Schätzungen zum Vermögen von Milliardären mit Schätzungen der Bank Credit Suisse zum weltweiten Vermögen zusammen. "Wir brauchen eine Besteuerung hoher Vermögen, damit auch die Superreichen ihren gerechten Beitrag zum Gemeinwohl leisten", forderte die geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland, Serap Altinisik. Konkret spricht sich die Organisation dafür aus, zwei Prozent Steuern auf Vermögen von über fünf Millionen US-Dollar zu erheben, drei Prozent auf Vermögen von über 50 Millionen US-Dollar und fünf Prozent für Vermögen, die eine Milliarde US-Dollar übersteigen. Fünf Deutsche besitzen 155 Milliarden US-Dollar Auch in Deutschland werden die Reichsten immer reicher und die Ungleichheit nimmt weiter zu: Das Gesamtvermögen der fünf reichsten Deutschen wuchs danach seit 2020 inflationsbereinigt um rund drei Viertel von etwa 89 auf etwa 155 Milliarden US-Dollar. Würden die von Oxfam vorgeschlagenen Besteuerungen hierzulande eingeführt, könnten allein in Deutschland rund 93,6 Milliarden US-Dollar pro Jahr zusätzlich an Steuereinnahmen generiert werden. Und das, obwohl in der Bundesrepublik nur etwas mehr als 200.000 Menschen die Abgabe entrichten müssten, hieß es. Das seien gerade einmal 0,24 Prozent der Bevölkerung. Seit Jahren setzen sich neben Organisationen wie Oxfam auch immer mehr Reiche für eine höhere Besteuerung ihrer Vermögen ein, wie etwa die Österreicherin Marlene Engelhorn. Sie ist eine Erbin des BASF-Gründers Friedrich Engelhorn und will 90 Prozent ihres Vermögens der Allgemeinheit spenden. | /wirtschaft/weltwirtschaft/oxfam-studie-reichtum-armut-100.html |
2024-01-15 | Ministerin fordert Kampf gegen Antisemitismus | Stark-Watzinger kritisiert Unis | Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger sieht jüdische Studierende an deutschen Universitäten in Gefahr. Sie beklagt, dass an manchen Hochschulen nicht genug gegen Antisemitismus getan werde. | Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger sieht jüdische Studierende an deutschen Universitäten in Gefahr. Sie beklagt, dass an manchen Hochschulen nicht genug gegen Antisemitismus getan werde. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) kritisiert deutsche Universitäten für mangelhaftes Engagement gegen Antisemitismus. Während viele Hochschulen sich "klipp und klar gegen Antisemitismus positioniert" hätten, seien andere "halbherzig unterwegs", sagte Stark-Watzinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Ich halte das für inakzeptabel.“ Im Gegensatz zu der klaren Positionierung einiger Universitäten gebe es manche Hochschulen, "in denen das nicht oder nur sehr zögerlich und halbherzig passiert", sagte die FDP-Politikerin. Antisemitismus sei keine Meinung, sondern ist Ausdruck von Hass und Verschwörungstheorien. Kampf gegen Antisemitismus auch an Orten "maximaler Freiheit" Seit dem Terrorangriff der militant--islamistischen Hamas auf Israel am 7.Oktober ist es an mehreren Universitäten zu antisemitischen Vorfällen gekommen. Für besondere Aufmerksamkeit hatte Mitte Dezember die Besetzung eines Hörsaals an der FU Berlin gesorgt: Dort hatten pro-palästinensische Aktivisten und Studierende einen nicht genehmigten Protest veranstaltet und waren mit Menschen jüdischen Glaubens aneinandergeraten. Die FU hat Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs gestellt. "Wenn ich von jüdischen Studierenden höre, dass sie sich nicht mehr trauen, in die Hochschule zu gehen, dann ist das erschreckend", sagte Stark-Watzinger. Es müssten alle rechtsstaatlichen Mittel genutzt werden, um gegen zunehmenden Judenhass vorzugehen. Antisemitismus müsse klare Konsequenzen haben. "Hochschulen sind Orte maximaler Freiheit, aber sie sind keine rechtsfreien Räume", stellte die Bundesbildungsministerin klar. Es brauche eine "klare Positionierung aller Hochschulleitungen gegen Antisemitismus." | /inland/stark-watzinger-antisemitismus-100.html |
2024-01-15 | Mehr Wildnis gegen die Artenkrise | Biodiversitätsziele 2030 | Forschende fordern mehr Wildnisgebiete in Deutschland. Doch ist eine Ausweitung der Schutzgebiete in einem dicht besiedelten Land überhaupt möglich? Was bedeutet die Biodiversitätskrise für die Lebensgrundlagen? Von B. Geiger. | Forschende fordern mehr Wildnisgebiete in Deutschland. Doch ist eine Ausweitung der Schutzgebiete in einem dicht besiedelten Land überhaupt möglich? Was bedeutet die Biodiversitätskrise für die Lebensgrundlagen? Von Boris Geiger, BR "Beim Klimawandel geht es darum, wie wir in Zukunft leben. Beim Artensterben geht es darum, ob wir als Menschheit überleben", sagt Katrin Böhning-Gaese, Direktorin am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main. Die Biologin fordert, mehr Flächen in Deutschland auszuweisen, bei denen komplett auf menschliche Nutzung verzichtet wird - also mehr Wildnis. Weitere Informationen zum Thema in "ARD Wissen: Arten retten! Wie wild kann Deutschland werden" am Montag, den 15.1.2024 um 22.20 Uhr im Ersten oder in der ARD-Mediathek. Nur so ließen sich unsere Lebensgrundlagen langfristig sichern. Das klingt dramatisch, doch es ist wissenschaftlicher Konsens, dass wir uns am Anfang des sechsten Massenaussterbens der Erdgeschichte befinden. Beim letzten Massenaussterben sind die Dinosaurier ausgestorben, wahrscheinlich in Folge eines Asteorideneinschlags. Diesmal ist die Aktivität des Menschen die Ursache: Jeden Tag verschwinden weltweit bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten, weil Ökosysteme zerstört werden. Wie lässt sich das Artensterben bremsen? Das Protokoll von Montreal Das globale Ziel ist klar: Bis 2030 sollen 30 Prozent der Landes- und Meeresflächen unter Schutz gestellt - und 30 Prozent der geschädigten Ökosysteme renaturiert werden. Dazu haben sich im Dezember 2022 rund 200 Staaten auf der Weltnaturschutzkonferenz in Montreal in Kanada verpflichtet. Auch Deutschland hat unterschrieben und mittlerweile eine nationale Strategie zur Rettung der biologischen Vielfalt erarbeitet. Wo stehen wir aktuell? Insgesamt haben rund 37 Prozent der Fläche in Deutschland Schutzstatus. Und es mangelt nicht an Schutzgebieten: Naturpark, Biosphärenreservat, Landschaftsschutzgebiet, Nationalpark. Haben wir das Ziel von Montreal schon erreicht? Keineswegs, denn nur in wenigen Gebieten wird die Artenvielfalt konsequent geschützt, sagt Katrin Böhning-Gaese: "Das Problem ist, dass in vielen Gebieten Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Fischerei weiterhin erlaubt sind - und damit das Schutzziel eigentlich unterlaufen wird." Streng geschützt sind nur die Kernzonen von Nationalparks. Doch der Anteil an Nationalparks liegt bei mageren 0,6 Prozent. Und Naturschutzgebiete - sie machen nur 6,3 Prozent aus. Deutschlands Natur wird ärmer Die Folgen für die biologische Vielfalt sind katastrophal: Feldhamster, Ringelnatter, Rebhuhn - viele prominente und einst weitverbreitete Arten stehen auf der Roten Liste. Laut Rote-Liste-Zentrum sind rund 40 Prozent der Säugetierarten in Deutschland bestandsgefährdet. Bei den Vögeln sieht es nicht besser aus: 14 Vogelarten sind bereits verschwunden, über 40 Prozent der Vögel bestandsgefährdet. Etwa 70 Prozent der Reptilien sind vom Aussterben bedroht, gefährdet oder stark gefährdet. Hinzu kommt das massive Insektensterben. Die Gesamtbiomasse der Insekten ist laut Krefeld-Studie in manchen Regionen Deutschlands um 75 Prozent zurückgegangen. Welche Bedeutung hat der Verlust der Biodiversität für das Leben auf der Erde? Lebensgrundlagen in Gefahr Es geht um nicht weniger als um die Sicherung unserer Lebensgrundlagen: sauberes Wasser, saubere Luft, gesunde Böden. "Fast alles, was wir Menschen brauchen, kommt aus der Natur - vom Trinkwasser über das Essen, unser Bauholz, selbst unsere modernen Medikamente", so Katrin Böhning-Gaese. "Und wenn die Ökosysteme nicht mehr stabil sind, können wir all diese Leistungen nicht mehr für garantiert nehmen." Die trophische Kaskade: Schlüsselarten stabilisieren Gibt es eine Mindestmenge an Arten, die ein Ökosystem benötigt, um zu funktionieren? Und sind bestimmte Arten wichtiger als andere? "Wir können nicht genau sagen, wie viele Arten wir brauchen, damit wir ein stabiles Ökosystem haben. Was wir wissen, ist, dass es manche Arten gibt, die eine ganz besonders große Rolle spielen", erklärt Katrin Böhning-Gaese. Ein gutes Beispiel für eine solche "Schlüsselart" ist der Wolf: Im Yellowstone-Nationalpark in den USA gab es fast 70 Jahre lang keine Wölfe mehr. Als sie 1995 wieder angesiedelt wurden, veränderte sich das ganze Ökosystem: Die Wölfe hielten das Rotwild in Schach, das zuvor viele junge Bäume abgefressen hatte. So kehrten verdrängte Pflanzen und Bäume zurück. Das freute die Singvögel und Biber. Die Biber bauten Dämme, die dann den Fischottern zugutekamen. Die Flusslandschaft wurde vielseitiger. Eine Veränderung von oben nach unten - die "trophische Kaskade". Und in Deutschland? Auch bei uns dezimieren Wölfe Schalenwild, das junge Baumtriebe abfrisst. Wo wieder Wölfe leben, verjüngt sich der Wald. Doch in unserer intensiv genutzten Kulturlandschaft dem Wolf das Revier allein zu überlassen, funktioniert nicht. Wir brauchen auch den menschlichen Jäger, um die Population etwa von Damwild zu regulieren, sagen Forschende. Aber was wäre, wenn der Mensch die Natur einfach machen lässt? Hoffnung: intakte Wildnisgebiete In Mecklenburg-Vorpommern gibt es so ein Gebiet: Den Anklamer Stadtbruch. Bei einer Sturmflut 1995 brachen hier die Deiche. Das Gelände verwandelte sich in eine wilde Moorlandschaft mit totholzreichen, feuchten Waldflächen. Jetzt ist die Natur der Architekt. Auf 2.000 Hektar leben Kraniche, Graugänse, Kormorane und Graureiher. Und es gibt hier die höchste Seeadler-Brutdichte in Mitteleuropa. In den alten Torfkanälen hat sich der Biber angesiedelt. Gibt es dabei auch Kaskaden-Effekte wie im Yellowstone? "Wenn der Biber seine Bäume dicht am Gewässer fällt, verringert er den Gehölzbestand am Ufer und öffnet diesen Raum", erklärt Stefan Schwill vom Naturschutzbund NABU. Die Bäume, die weiter vom Wasser weg sind, können größer werden. Das schafft Platz für neue Arten. Umweltverbände fordern, zehn Prozent der Landesfläche unter strengen Schutz zu stellen. Doch davon sind wir noch weit entfernt. "Das braucht Mut, aber auch in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland ist Wildnis möglich", meint Katrin Böhning-Gaese. Wenn wir die Biodiversitätsziele von Montreal ernst nehmen und unsere Lebensgrundlagen retten wollen, müssten wir hierzulande mehr naturnahe Ökosysteme möglich machen. Und mehr echte Wildnis. | /wissen/forschung/wildnis-artensterben-100.html |
2024-01-15 | Wie groß ist der Einfluss der Bauern auf die Politik? | Interessenvertretung | Während viele Landwirte der Politik vorwerfen, sie entscheide über ihre Köpfe hinweg, sehen Wissenschaftler großen Einfluss von Bauernvertretern auf politische Entscheidungen. Widerspruch oder System? Von Eva Huber. | Während viele Landwirte der Politik vorwerfen, sie entscheide über ihre Köpfe hinweg, sehen Wissenschaftler großen Einfluss von Bauernvertretern auf politische Entscheidungen. Widerspruch oder System? Von Eva Huber Es klingt auf den ersten Blick wie ein Widerspruch. Viele Landwirte fühlen sich seit Jahren nicht ausreichend gehört. Gleichzeitig sagen Experten, wie der Agrarpolitologe Peter H. Feindt, der Bauernverband und die Bauernschaft insgesamt haben einen großen Einfluss auf die Politik. Wie passt das zusammen? Feindt forscht an der Humboldt-Universität in Berlin zur Agrar- und Ernährungspolitik und hat sich in mehreren Studien angeschaut, wie Reformen zum Tier- oder Umweltschutz politisch angegangen wurden - was für Ziele und Ideen am Anfang standen und was am Ende herauskam. Immer, wenn der Bauernverband ein Vorhaben unterstützt hat, ist es nach Einschätzung von Feindt vorangegangen - und wenn der Bauernverband skeptisch gewesen ist, dann nicht. "Das politische Ergebnis ist oft sehr nah dran an der Position, die der Bauernverband vorher bezogen hat." Sprich, die Bauernschaft konnte ihre Interessen in diesen Reformprozessen gut durchsetzen, so Feindts Studien. Als Beispiel nennt Peter Feindt einen Vorschlag der EU von 2013. Sie wollte der Natur mehr Raum geben und deshalb sogenannte ökologische Vorrangflächen einrichten. Auf denen sollten die Landwirte nur noch sehr eingeschränkt anbauen dürfen. Am Ende kamen deutlich abgeschwächte Regeln raus, Landwirte konnten eine Zeitlang zum Beispiel dort auch noch Pflanzenschutzmittel einsetzen. Bauernverband mit viel Einfluss Aus Sicht des Agrarexperten ist der Deutsche Bauernverband "nach wie vor eine der einflussreichsten Interessenorganisationen" in Deutschland. Das Gefühl der Bäuerinnen und Bauern aber ist ein ganz anderes. Das liegt aus Sicht von Feindt daran, dass "die Bauern sich als machtlos erfahren, weil sie das schwächste Glied in der Kette sind". Sie fühlen sich zerrieben, zwischen einerseits starken Dünge- und Pflanzenschutzfirmen, die Preise ihrer Produkte diktieren, und mächtigen Handelsverbänden andererseits, die die Lebensmittelpreise drücken. Außerdem gebe es durchaus mehr bürokratische Lasten, die Mehrarbeit und Kosten verursachen. Die Landwirte könnten das aber nicht in höhere Preise für ihre Produkte ummünzen, sagt der Agrarwissenschaftler. Richtungswechsel in der Agrarpolitik Seit zehn bis 20 Jahren gibt es einen Richtungswechsel in der Agrarpolitik - hin zu einem stärkeren Fokus auf Tier- und Umweltschutzthemen. Auch befeuert durch die einflussreicher werdenden Stimmen von Natur- und Tierschützern. Gleichzeitig liefert die Wissenschaft neue Erkenntnisse zum Beispiel zum Artenschwund. Die Landwirte stehen unter Druck, nachhaltiger zu wirtschaften. Also mehr Klima-, Umwelt- und Tierschutz, sagt der Agrarwissenschaftler Alfons Balmann bei NDR Info. Gleichzeitig verändern sich die Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft, unter anderem durch die Digitalisierung und den demographischen Wandel. Die Politik schafft es aus Sicht Balmanns nicht, die eigentlichen Probleme anzusprechen, was zu Orientierungslosigkeit führt. Die Politik gibt den Bauern keine Planungssicherheit. Aber auch der Bauernverband hat nach Einschätzung von Experten lange wenig Perspektiven entwickelt. Die Landwirtschaft hat "bei allen Problemen immer versucht zu blockieren, Veränderungen möglichst in die Länge zu ziehen", statt Lösungen zu entwickeln, sagt Balmann. Landwirte in den Parlamenten Und sie hatte damit durchaus Erfolg im Ringen um politische Reformen. Woher dieser Einfluss kommt, das hat Guido Nischwitz vom Institut Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen erforscht, unter anderem mit einer Studie im Auftrag des Naturschutzbundes Deutschland. Ein Punkt ist, dass überdurchschnittlich viele Landwirte direkt in den Parlamenten sitzen. Teils sind sie gleichzeitig auch im Bauernverband aktiv, haben also mehrere Funktionen und Posten inne. In Schleswig-Holstein ist der Präsident des Bauernverbands, Werner Schwarz (CDU) gerade auf den Posten des Landwirtschaftsministers gewechselt. Im letzten Bundestag war der Abgeordnete Johannes Röring eine Zeitlang gleichzeitig auch Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands. Im Bundestag, im EU-Parlament und den Landtagen finden sich dann in den entsprechenden Ausschüssen viele Landwirte wegen ihrer Expertise. Sie "bestimmen dann maßgeblich die Politik, die sie dann sehr eng mit ihren Verbänden abstimmen", sagt Guido Nischwitz. Ihr Vorteil sei, "mittendrin im Prozess zu sitzen und die Entscheidungen da sehr stark zu beeinflussen". Bauernverband tief verwurzelt in Deutschland Diese Vernetzung hat auch historische Gründe. Der Bauernverband ist tief verwurzelt im ländlichen Raum, mit vielen Orts- und Kreisverbänden. Außerdem engagieren sich viele Landwirte in ihren Gemeinden, sind in Vereinen aktiv, helfen bei den Dorffesten und sind dann oft auch im Gemeinderat und in Parteien - viele bei CDU und CSU, aber auch bei den Grünen und anderen Parteien. | /inland/innenpolitik/bauernschaft-agrarpolitik-einfluss-100.html |
2024-01-15 | Bundesweit Ermittlungsverfahren gegen Apotheker | Corona-Medikament Paxlovid | Das Bundesgesundheitsministerium hat nach Informationen von WDR, NDR und SZ Anzeigen gegen Apotheker erstattet. Sie stehen im Verdacht, das staatlich bezahlte Corona-Medikament Paxlovid illegal weiterverkauft zu haben. | Das Bundesgesundheitsministerium hat nach Informationen von WDR, NDR und SZ Anzeigen gegen Apotheker erstattet. Sie stehen im Verdacht, das staatlich bezahlte Corona-Medikament Paxlovid illegal weiterverkauft zu haben. Von Markus Grill, WDR/NDR Die Bundesregierung hatte im Februar 2022 eine Million Packungen des Corona-Medikaments Paxlovid beim US-Pharmariesen Pfizer eingekauft und Apotheken kostenlos für die Versorgung betroffener Patienten zur Verfügung gestellt. Anfang 2023 stellte das Bundesgesundheitsministerium dann fest, dass einzelne Apotheken in Deutschland enorm große Mengen Paxlovid bestellt hatten - zum Teil offenbar mehr als 1.000 Packungen. Die Beamten in Karl Lauterbachs Ministerium waren überzeugt, dass das nicht mit rechten Dingen zugehen kann. So viele Patientinnen und Patienten, die Paxlovid wollen, konnte es in einer einzelnen Apotheke gar nicht geben. Das deckt sich mit der Erfahrung des Apothekers Max Wilke. Er ist in Berlin leitender Apotheker für vier Apotheken unterschiedlicher Größe und hat dadurch einen guten Überblick darüber, welche Medikamente wie häufig nachgefragt werden. "Wir haben je nach Standort unserer Apotheken zwischen fünf und 30 Packungen abgegeben, im ganzen Jahr 2022." Auch 2023 waren es ähnlich viele Packungen. Paxlovid kann älteren Menschen helfen, wenn sie es unmittelbar nach der Corona-Infektion einnehmen. Dass eine einzelne Apotheke mehr als 1.000 Packungen benötigte, hält Wilke für sehr unglaubwürdig. Durchsuchungen in Apotheken Der Justiziar des Gesundheitsministeriums formulierte Anzeigen gegen mehrere Apotheken mit Großbestellungen. Der Verdacht: Sie könnten die Medikamente illegal weiterverkauft haben. Nach Informationen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" schickte das Ministerium bundesweit an mehr als 25 Staatsanwaltschaften Strafanzeigen gegen Apotheker. In den meisten dieser Fälle laufen die Ermittlungsverfahren derzeit noch. In Bayern hat die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruption im Gesundheitswesen vor drei Wochen mit Hilfe von rund 60 Polizisten verschiedene Apotheken in Oberbayern, Mittelfranken, Oberfranken und in der Oberpfalz durchsucht. Die Beschuldigten sollen "Paxlovid unter Missachtung der Vorgaben des BMG verkauft und dadurch unterschlagen haben", wie Oberstaatsanwalt Matthias Held auf Anfrage von WDR, NDR und SZ mitteilt. In Berlin hat die Staatsanwaltschaft insgesamt sechs Apotheken durchsucht. Eine soll 1.400 Packungen Paxlovid bestellt haben, eine andere mehr als 1.800 Packungen. Aus Ermittlerkreisen ist zu hören, dass man noch keine Spur habe, wo die Medikamente am Ende gelandet seien. Der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft schätzt den möglichen Schaden in der Hauptstadt auf drei Millionen Euro. Mit Anklagen wird in den Berliner Fällen noch im ersten Quartal dieses Jahres gerechnet. In Frankfurt am Main soll eine Apotheke in der Innenstadt fast 10.000 Packungen Paxlovid bestellt haben. Die Ermittlungen in Frankfurt dauern noch an, "ein Verfahrensabschluss ist noch nicht in Sicht", wie die dortige Staatsanwaltschaft mitteilt. Anklagen wegen Untreueverdachts Auch in Hamburg ermittelt die Staatsanwaltschaft in Sachen Paxlovid gegen zwei Inhaber von Apotheken "wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz", wie die Behörde mitteilt. Während in den meisten Fällen die Ermittlungen noch andauern, haben die Staatsanwaltschaften in Darmstadt und Hannover die Verfahren mangels Tatverdacht eingestellt, die Staatsanwaltschaft Verden will dies ebenfalls machen. In Baden-Baden dagegen hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen schon abgeschlossen und wenige Tage vor Weihnachten Anklage gegen einen Apotheker erhoben. Der Vorwurf in diesem Fall lautet Untreue in Tateinheit mit unerlaubtem Großhandelstreiben. Der Apotheker soll insgesamt 1.393 Packungen Paxlovid "an nicht ermittelbare Personen im Ausland" verkauft haben, wie der zuständige Staatsanwalt auf Anfrage mitteilt. Die Ermittlungen sind schwierig. Zu klären, ob die staatlich bezahlten Medikamente illegal weiterverkauft oder nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums einfach weggeworfen wurden, wie einzelne Apotheker behaupten, ist kaum möglich. "Es gibt keine Vorschrift, dass die Apotheker die Paxlovid-Packungen besonders entsorgen oder das dokumentieren müssten", sagt ein Ermittler. 650 Euro pro Packung? Der Preis, den Deutschland pro Packung Paxlovid an Pfizer bezahlt hat, war bisher ein gut gehütetes Geheimnis. Recherchen von WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung" haben nun ergeben, dass der Bund rund 650 Euro pro Packung bezahlt haben soll, also insgesamt rund 650 Millionen Euro. Weder der Pharmariese noch das Gesundheitsministerium wollen den Preis kommentieren und berufen sich auf Geheimhaltungsklauseln. Das Ministerium teilt auf Anfrage lediglich mit, dass 560.000 Therapieeinheiten vom Großhandel an Apotheken ausgeliefert worden seien. Wie viele Packungen tatsächlich bei Patientinnen und Patienten angekommen sind, wisse man aus datentechnischen Gründen nicht. Einen Hinweis darauf geben nach Recherchen von WDR, NDR und SZ allerdings die Zahlen des Bundesamts für Soziale Sicherung BAS. Denn für jede verordnete Packung können Großhandel, Apotheker und Ärzte eine Gebühr von insgesamt knapp 60 Euro abrechnen, die das BAS erstattet. Bis Ende 2023 hat das Bundesamt dafür mehr als 18 Millionen Euro bezahlt. Daraus lässt sich abschätzen, dass etwa 300.000 Packungen abgegeben worden sein könnten. Das Gesundheitsministerium kommentiert die Schätzung nicht. Das BAS antwortet, dass aus seiner Sicht eine "genaue Schätzung" nicht möglich ist. Krankenkassen übernehmen Bezahlung Von Montag dieser Woche an startet der US-Pharmakonzern Pfizer mit dem Direktvertrieb von Paxlovid in Deutschland. Das heißt, dass künftig nicht mehr die Bundesregierung das Medikament bezahlt, sondern die Krankenkassen - die dafür nun aber deutlich mehr ausgeben müssen. Nach Angaben des AOK-Bundesverbands kostet das Medikament künftig im Apothekenverkauf 1.149,19 Euro pro Packung. Nach Angaben von Pfizer-Sprecherin Carolin Crocket "spiegelt der Preis das Ergebnis der Erstattungsbetragsverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband wider" und "basiert auf dem beträchtlichen Zusatznutzen", den auch Ärzte- und Kassenvertreter im so genannten "Gemeinsamen Bundesausschuss" anerkannt hätten. Zudem, so Pfizer gegenüber WDR, NDR und SZ, hänge der vereinbarte Preis immer auch "von den Bedingungen auf dem jeweiligen Markt ab". Paxlovid soll die Wahrscheinlichkeit senken, dass man wegen Covid ins Krankenhaus muss. Bundeskanzler Olaf Scholz hat Paxlovid-Tabletten geschluckt, nachdem er sich mit Corona infiziert hat, ebenso Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). | /investigativ/ndr-wdr/apotheken-medikamente-paxlovid-100.html |
2024-01-15 | Mit nichts als einer Tasche | Grenzübergang zwischen Russland und Ukraine | In Krasnopilija, rund 20 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt, kommen diejenigen an, die aus dem russisch besetzten Teil der Ukraine geflüchtet sind - oft mit nicht viel mehr, als sie am Leib tragen. Von Andrea Beer. | In Krasnopilija, rund 20 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt, kommen diejenigen an, die aus dem russisch besetzten Teil der Ukraine geflüchtet sind - oft mit nicht viel mehr, als sie am Leib tragen. Von Andrea Beer Es ist spät am Abend als die Menschen in der großen Küche in dem alten Haus in Krasnopilija endlich etwas Warmes bekommen. Der Ort liegt rund 20 Kilometer von der Grenze mit Russland entfernt in der Region Sumy im Nordosten der Ukraine. Diese hat eine rund 400 Kilometer lange Grenze mit Russland und bis zur Vollinvasion am 24. Februar 2022 fuhren hier viele Züge und Lastwagen Richtung Moskau durch. Entlang diesem Grenzabschnitt verläuft keine Front, doch die Region Sumy steht unter Dauerbeschuss der russischen Armee und im Januar wurde auch Krasnopilija beschossen. Für die Menschen an dem langen Holztisch ist der Ort dennoch die erste ruhige Anlaufstelle nach der Flucht aus ihrem russisch besetzten Zuhause, das viele hundert Kilometer entfernt liegt. "Wir haben lange nachgedacht, ob wir weg sollen, und hatten Zweifel. Aber wir mussten gehen, denn niemand hat dort Rechte", sagt die 68-jährige Rentnerin Valentina. "Es gibt dort nichts Gutes", ergänzt ihr Sohn Wolodymyr. Seine Mutter machte sich grundsätzlich viele Sorgen, doch die Angst, dass ihr 40-jähriger Sohn von den russischen Besatzern eingezogen werden könnte, gab den letzten Ausschlag zum Gehen. Sie stammen aus Kachowka im russisch besetzten Teil der Region Cherson im Süden des Landes. Humanitärer Übergang nur für ukrainische Bürger Alle, die in der Küche sitzen, haben tagelang nicht geschlafen und tiefe Ringe unter den Augen. Denn sie sind gerade aus Russland zurück in die Ukraine gekommen. Da sie nicht durch Frontlinien können, mussten sie erst nach Russland und von dort aus wieder in die Ukraine zurück. Grenzübergänge sind seit der Invasion geschlossen - auch der ukrainisch-russische Grenzübergang bei Pokrowka in der Region Sumy. Allerdings dürfen ukrainische Staatsbürger ihn als sogenannte humanitären Übergang benutzen. Druck und Willkür an russischen Checkpoints Auch zwei ältere Frauen aus Kachowka haben diesen Übergang gerade überquert und erzählen während sie zu Abend essen von ihrer Odyssee. Tagelang waren sie in einem Minibus unterwegs - über die besetzte Hafenstadt Mariupol in Richtung Russland und durch die Gegend Belgorod an die Grenze mit der Ukraine. Begleitet von der ständigen Angst vor den von Willkür und Gewalt geprägten zahlreichen russischen Checkpoints auf dem Weg. Und voller Sorge, was sie antworten sollen, wenn sie gefragt würden, wohin sie wollen. "Das war das Schlimmste", sagt eine der beiden. "Warum unterstützt ihr Russland nicht?", hätten die Russen gefragt. Keine Arbeit, keine Sicherheit, russische Propagandaschulen Am Übergang von den russisch besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland in Nowoassowsk hätten die russischen Soldaten den meisten Druck gemacht, erzählen die Frauen. Auch ein junges Ehepaar aus Nowa Kachowka hat diese Erfahrung gemacht. Alle möchten ihre Namen nicht öffentlich nennen. Die Russen hätten sehr oft gefragt, warum sie weggehen würden und sie dazu bewegen wollen zu bleiben, sagt die junge Ehefrau und streicht dem Sohn über die braunen Haare. "Wir haben keine Arbeit und es ist nicht sicher für unser Kind" Es gebe nur die russische Schule und keine gute Medizin. "Die Russen fragen, warum wir wegwollen? Das ist eine seltsame Frage, da dort keine normalen Bedingungen herrschen. Unser Kind kann nicht einmal draußen spielen. Es ist es gefährlich, weil überall Menschen mit Maschinengewehren sind." Zudem seien die Menschen in den besetzten Gebieten ständigem Druck ausgesetzt, russische Pässe anzunehmen, sagt die junge Frau aus Nowa Kachowka. Kontrollen und Verhöre auf russischer Seite Das Essen in der großen Küche in Krasnopilija haben Freiwillige von der regierungsunabhängigen Organisation Pluriton zubereitet. Diese hilft den Menschen nach ihrer Ankunft mit Übernachtungen, beim Registrieren und Weiterfahren. Viele haben Verwandte im ukrainisch kontrollierten Gebiet des Landes, doch es gibt auch Menschen die nicht wissen, wie es weiter geht, sagt Pluriton-Chefin Kateryna Stratilo. Viele seien mehrere Tagen ohne Schlaf unterwegs und der Übergang sei schwierig. Auf der russischen Seite gebe es eine langwierige Kontrolle, die sogenannte Filtration. Diese dauere oft mehrere Stunden, in denen die persönlichen Dinge der Menschen kontrolliert und sie selbst verhört würden, sagt Stratilo: "Das ist eine ziemlich strenge Prozedur, die Stress und Angst verursacht. Und es werden auch nicht alle aus Russland rausgelassen. Wer durchkommt, muss dann vom russischen zum ukrainischen Kontrollpunkt zwei Kilometer zu Fuß gehen." Dieser Übergang sei für ältere und kranke Menschen oder kleine Kinder extrem schwierig. Mehr als 20.000 Ukrainer kamen bisher über Übergang In der Ukraine werden die Ankömmlinge aus den russisch besetzten ukrainischen Gebieten ebenfalls befragt, unter anderem vom ukrainischen Geheimdienst. An diesem Abend ist sogar eine alte Dame im Rollstuhl angekommen, Mitflüchtende haben sie abwechselnd geschoben. Sie will nun weiter zu ihrer Tochter nach Kiew. Nach Angaben der regionalen Militärverwaltung von Sumy kamen zwischen April 2022 und Oktober 2023 mehr als 20.000 Menschen über den humanitären Grenzübergang aus Russland in die Ukraine. Emotionale Krisen und fehlende seelische Gesundheit Nach dem Essen am großen Küchentisch steigen alle in einen gelben Bus, der sie zum Übernachten in die Gebietshauptstadt Sumy bringt. In einem Flüchtlingszentrum werden sie unter anderem über ihre Rechte und Ansprüche auf Unterstützung als Binnenflüchtlinge informiert, so die erfahrene Sozialarbeiterin Olha Kovalenko. Sie arbeitet für die regierungsunabhängige Organisation "SOS Wostok" und wartet auf die Ankommenden. Viele hätten nur eine Tasche dabei, so Kovalenko. "Die seelische Gesundheit von vielen hat sehr gelitten. Deshalb sind hier auch Psychologen und Therapeuten. Man muss mit diesen Menschen lange arbeiten. Oft sind sie depressiv und stecken in emotionalen Krisen." Auch in dem Zentrum in Sumy können die Menschen etwas essen, duschen und sich ausruhen. Wer möchte kann auch die russischen Rubel loswerden, die die russischen Besatzer als Zwangswährung in den besetzten ukrainischen Gebieten eingeführt haben. "Nur für Rubel", steht auf einem kleinen Pappkarton. Kein Geld für die Flucht aus russischer Besatzung Hinzu kommt bei vielen die Angst um Angehörige, die nicht mitgekommen, sondern unter russischer Besatzung geblieben sind. Manche wollen auf das Haus oder die Wohnung aufpassen, andere die alten Eltern nicht alleine lassen. Es bleiben aber auch Menschen zurück, weil das Fluchtgeld nicht für alle reicht, erzählen Binnenflüchtlinge immer wieder. Denn pro Person müsste man umgerechnet mit etwa 250 Euro rechnen. Rentnerin Valentinas Ehemann kam wegen der zu versorgenden Tiere und der Hunde nicht mit. "Das ist sehr schwer für mich. Wir wollen wieder nach Hause und sind ganz sicher, dass wir zurückkehren werden", sagt sie. | /ausland/ukraine-2126.html |
2024-01-15 | ++ Schweiz will Russland an Verhandlungstisch bekommen ++ | Krieg gegen die Ukraine | Beim Ukraine-Gipfel in Davos hat der Schweizer Außenminister Cassis als Ziel genannt, Russland an den Verhandlungstisch zu bekommen. Das russische Militär hat erneut die ukrainische Stadt Cherson beschossen. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen. | Beim Ukraine-Gipfel in Davos hat der Schweizer Außenminister Cassis als Ziel genannt, Russland an den Verhandlungstisch zu bekommen. Das russische Militär hat erneut die ukrainische Stadt Cherson beschossen. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen. Schweiz will Russland an Verhandlungstisch bekommen Ukraine-Konferenz mit rund 80 Staaten beginnt in DavosRussisches Militär beschießt ChersonUkraine wirft Russland Einsatz von Tränengas vor Ende des Liveblogs Wir beenden an dieser Stelle den heutigen Liveblog und bedanken uns für Ihr Interesse. Ukraine räumt China wichtige Rolle bei Friedensgesprächen ein Die Ukraine räumt bei ihren Gesprächen zur Beendigung des Kriegs mit Russland dessen Partner China eine wesentliche Rolle ein. Es sei wichtig, dass China bei weiteren Gesprächen über die vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj entworfene "Friedensformel" mit am Tisch sitze, sagte der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak im schweizerischen Davos. Dort hatten vor der am Montag beginnenden Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums Sicherheitsberater der Regierungen von 80 Staaten über mögliche Wege zu einem Frieden beraten. Russland und China waren in der Runde nicht vertreten. Ukraine strebt Gipfel auf höchster Ebene zu ihrem Friedensplan an Die Ukraine sieht wachsende Unterstützung für ihren Friedensplan im Krieg mit Russland und strebt perspektivisch einen Friedensgipfel auf höchster Ebene an. Russland könne an einem solchen Treffen aber nur teilnehmen, wenn es ein ernsthaftes Ansinnen für einen Frieden im Sinne der Ukraine beweise, sagte der Leiter des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, in Davos in der Schweiz. Hier hatten zuvor mehr als 80 Länder und internationale Organisationen an einer Konferenz über die Vorschläge der Ukraine für einen dauerhaften Frieden teilgenommen. Aktuell seien Friedensverhandlungen mit Russland nicht möglich, machte Jermak klar. Er zeigte sich zugleich zufrieden, dass zuletzt mehr Länder ihre Unterstützung für die Ukraine signalisiert und an den Gesprächen auf Ebene der Sicherheitsberater teilgenommen hätten. In wichtigen Fragen sei man sich hier einig. Ziel sei, dass bis zu einem Gipfel der Staats- und Regierungschefs ein ausgearbeiteter Friedensplan vorliege. Die Ukraine fordert unter anderem den Rückzug aller russischen Truppen aus dem Land, auch von der Krim. Ebenso verlangt sie Strafen für russische Kriegsverbrecher, Reparationen und Sicherheitsgarantien. Ukraine-Krieg: 83 Länder beraten in Davos über Wege zum Frieden Sicherheitsberater aus 83 Ländern haben schweizerischen Davos über einen möglichen Frieden in der Ukraine diskutiert. Absicht der Gespräche unter dem Vorsitz des ukrainischen Präsidentenberaters Andrij Jermak und des Schweizer Außenministers Ignazio Cassis sei gewesen, sich vorzubereiten, "so dass wir bereit und fertig sind, einen Prozess mit Russland einzuleiten - wenn die Zeit gekommen ist", sagte Cassis bei einer Pressekonferenz. Grundlage für die Gespräche war ein Zehn-Punkte-Plan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für einen andauernden und gerechten Frieden in der Ukraine. Cassis sagte, es müsse ein Weg gefunden werden, Russland in die Gespräche einzubeziehen, derzeit seien aber weder Kiew noch Moskau bereit für einen solchen Schritt. Vorschlag zu landesweiter elektronischer Flugabwehr in der Ukraine Angesichts immer neuer russischer Angriffe mit Drohnen und Marschflugkörpern gegen Ziele in der Ukraine hat die Luftwaffenführung in Kiew eine flächendeckende elektronische Flugabwehr vorgeschlagen. Demnach könnten die Gemeinden selbst die Mittel für den Kauf elektronischer Geräte aufbringen, mit deren Hilfe die Sensoren der anfliegenden Drohnen gestört werden könnten. "Man kauft zwar keine Waffen - also Schusswaffen, Kanonen oder Flugabwehrsysteme - aber sie (die elektronischen Geräte) helfen, Leben zu retten", sagte Juri Ihnat, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, im ukrainischen Fernsehen. "Eine Rakete kann so umgelenkt werden und ihr Ziel nicht erreichen", erklärte Ihnat die Wirkung der elektronischen Störgeräte. Diese könnten inzwischen problemlos privat erworben werden. "Viele zivile Unternehmen sind inzwischen an der Herstellung von elektronischen Systemen zur Kriegsführung beteiligt." Ihnat sah darin die Zukunft der Flugabwehr. "Es gibt keinen Grund, teure Raketen zu verschwenden, wenn man den Feind auf diese Weise aufhalten kann", sagte er. Polizeisprecher: Russland zerstört Getreidelager in der Ostukraine Die russische Luftwaffe hat nach offiziellen ukrainischen Angaben bei einem Angriff in der Ostukraine ein Getreidelager zerstört. Das Gebäude in Wowtschansk sei von einer Flugzeugbombe getroffen und größtenteils zerstört worden, teilte Polizeisprecher Serhij Bolwinow auf Facebook mit. In dem Ort unweit der Grenze zu Russland sei bei dem Angriff in der Nacht zum Sonntag zudem ein Gebäude für den Getreideumschlag zerstört worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig prüfen. Die russischen Militärs haben seit Beginn ihres Angriffskriegs gegen die Ukraine vor fast zwei Jahren immer wieder Objekte der zivilen Infrastruktur ins Visier genommen. Schweiz will Russland an Verhandlungstisch bekommen Die hohe Zahl der Teilnehmerländer bei der Ukraine-Konferenz in Davos ist nach den Worten des Schweizer Außenministers Ignazio Cassis ein großer Erfolg. Gut 80 Delegationen seien bei dem eintägigen Treffen, sagte er heute. Die Verständigung auf Grundprinzipien für eine Friedenslösung auf so breiter Ebene könne dazu beitragen, Russland eines Tages an den Verhandlungstisch zu bekommen. Auch China, das nicht teilnahm, müsse möglichst eingebunden werden, sagte Cassis. Es sei ermutigend, dass Länder der BRICS-Gemeinschaft der aufstrebenden Schwellenländer wie Brasilien, Indien, Saudi-Arabien und Südafrika dabei seien, die Kommunikationskanäle zu Moskau offen zu halten. Russisches Militär beschießt Cherson Das russische Militär hat heute nach Angaben der Nachrichtenagentur AP die ukrainische Stadt Cherson beschossen. Sechs Menschen seien dabei verletzt worden, teilte die Militärverwaltung der Region mit. Im Großraum Cherson seien zudem vier Löschkräfte verletzt worden, als eine Drohne ihre Feuerwehrstation angegriffen habe. London: Russische Gesundheitsversorgung durch Krieg beeinträchtigt Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zieht nach britischen Erkenntnissen auch die russische Gesundheitsversorgung in Mitleidenschaft. Die russische Zivilbevölkerung spüre höchstwahrscheinlich die Auswirkungen des Krieges auf das Gesundheitswesen in ihrem Land, teilte das britische Verteidigungsministerium in seinem regelmäßigen Geheimdienst-Update mit: Social-Media-Beitrag auf X von Ministry of Defence 🇬🇧: "Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine – 14 January 2024. Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/iwtfBkgxq1 #StandWithUkraine 🇺🇦 pic.twitter.com/IixCCOZ5im" Russische Medien hätten berichtet, dass die breite Öffentlichkeit im ganzen Land Probleme habe, Zugang zu Krankenhausdienstleistungen zu erhalten, schrieb das Ministerium. Auch Medikamente wie Antibiotika seien demnach knapp. Der Krieg trage wahrscheinlich in bedeutendem Maße zu dieser Situation bei, da verwundete Soldaten in den Krankenhäusern behandelt werden müssten. Der Kreml sei außerdem dazu gezwungen, aufgrund eines Mangels an Klinikpersonal und finanziellem Druck landesweit bei der zivilen Gesundheitsversorgung zu kürzen. Selenskyj hofft auf Sicherheitsabkommen mit mehr Ländern Nach Unterzeichnung eines Sicherheitsabkommens mit Großbritannien hofft der ukrainische Präsident Wolodymir Selenskyj auf ähnliche Vereinbarungen mit weiteren Ländern. "Wir werden mit anderen Partnern arbeiten, um unsere Sicherheit weiterzuentwickeln", schrieb der Präsident auf Facebook. "Wir machen die Ukraine Schritt für Schritt stärker." Das Abkommen mit Großbritannien gebe der Ukraine Sicherheit, während sie sich gegen die russische Aggression verteidige, schrieb Selenskyj. Zugleich stärke es die Position seines Landes bis zu einem NATO-Beitritt. Das Abkommen war am vergangenen Freitag bei einem Besuch des britischen Premierministers Rishi Sunak in Kiew unterzeichnet worden. Es schreibt fest, dass London die Ukraine jetzt, aber auch in möglichen zukünftigen Konflikten mit Russland unterstützt. Dabei geht es um schnelle und dauerhafte Militärhilfe, nicht um den Einsatz britischer Soldaten. Russland meldet ukrainischen Drohnenangriff Bei einem ukrainischen Drohnenangriff auf die russische Grenzregion Kursk ist nach Angaben der dortigen Behörden ein Mann verletzt worden. Die Drohnen hätten das Dorf Tjotkino direkt an der Grenze zur nordukrainischen Region Sumy getroffen, teilt der Gouverneur der Region Kursk mit. Eine Stellungnahme der Ukraine liegt zunächst nicht vor. Russland: Verurteilter Ex-Bürgermeister geht an die Front Ein wegen Korruption verurteilter Ex-Bürgermeister der ostrussischen Großstadt Wladiwostok geht einem Zeitungsbericht zufolge statt ins Gefängnis an die Front in der Ukraine. Oleg Gumenjuk war im vergangenen Jahr zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden, weil er Bestechungsgelder in Höhe von umgerechnet mehr als 390.000 Euro angenommen haben soll. Er war ab 2018 Bürgermeister der Hafenstadt in Russlands Fernem Osten und trat 2021 nach massiver Kritik an seiner Amtsführung zurück. Wie die Zeitung "Kommersant" unter Berufung auf Gumenjuks Anwalt berichtete, meldete sich der ehemalige Politiker inzwischen zum Dienst an der Front. Russland bietet Häftlingen Begnadigung an, wenn sie sich für den Frontdienst in der Ukraine melden. Zehntausende Gefangene haben davon Gebrauch gemacht. Dichter und Kreml-Kritiker Rubinstein gestorben Der russische Dichter und Kreml-Kritiker Lew Rubinstein ist tot. Der 76-Jährige sei heute an den Folgen eines Verkehrsunfalls gestorben, erklärte seine Tochter Maria Rubinstein in ihrem Blog auf der Website "Live Journal". Rubinstein war am 8. Januar beim Überqueren einer Straße in der Hauptstadt angefahren und in kritischem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert worden. Nach Angaben der Moskauer Verkehrsbehörde hatte der bereits an mehreren Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung beteiligte Autofahrer vor dem Zebrastreifen nicht abgebremst. Der 1947 in Moskau geborene Rubinstein war einer der großen Namen der sowjetischen Untergrund-Literaturszene der 1970er- und 1980er-Jahre. Aus seiner Ablehnung der Regierung des russischen Präsidenten Wladimir Putin hatte der Dichter nie ein Geheimnis gemacht. Im März 2022 unterzeichnete Rubinstein gemeinsam mit anderen russischen Schriftstellern einen offenen Brief, der den Angriff der russischen Armee auf die Ukraine als "kriminellen Krieg" bezeichnete Nordkoreanische Außenministerin besucht Russland Die nordkoreanische Außenministerin Choe Son Hui besucht nach Angaben staatlicher Medien kommende Woche Russland. Sie werde Russland von Montag bis Mittwoch auf Einladung von Außenminister Sergej Lawrow einen offiziellen Besuch abstatten, meldete die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. Nordkorea und Russland sind traditionell Verbündete und haben ihre Beziehungen in der jüngeren Vergangenheit ausgebaut. Die USA hatten Anfang des Monats erklärt, Pjöngjang habe kürzlich ballistische Raketen sowie Raketenwerfer an Moskau geliefert. Einige von ihnen seien bei Luftangriffen auf die Ukraine Ende Dezember und Anfang Januar eingesetzt worden. Ukraine-Konferenz mit rund 80 Staaten beginnt in Davos In der Schweiz hat eine Ukraine-Konferenz über die Grundsätze eines dauerhaften Friedens in dem Krieg begonnen. Vertreter von rund 80 Staaten hatten zuvor nach Angaben des Schweizer Außenministeriums ihre Teilnahme zugesagt. Das waren weitaus mehr als bei den drei Vorgängerkonferenzen im vergangenen Jahr in Dänemark, Saudi-Arabien und auf Malta. Im Mittelpunkt steht die "Friedensformel" des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Sein Zehn-Punkte-Plan sieht unter anderem den Abzug aller russischen Truppen, Strafen für russische Kriegsverbrecher, Reparationen und Sicherheitsgarantien vor. Die Ukraine sucht breite Anerkennung dafür, um Ländern, die sie zu Zugeständnissen an Russland drängen wollen, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Für Deutschland ist nach Angaben einer Regierungssprecherin Jens Plötner dabei, Berater des Bundeskanzlers für Außen- und Sicherheitspolitik. Selenskyj wird selbst in Davos erwartet. Er soll am Dienstag eine Rede bei der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) halten. Ukraine wirft Russland Einsatz von Tränengas vor Die Ukraine wirft Russland den gehäuften Einsatz von verbotenem Tränengas gegen ukrainische Soldaten in deren Schützengräben vor. Seit Beginn des Krieges vor fast zwei Jahren seien 626 Fälle gezählt worden, teilte der ukrainische Generalstab mit. In den ersten Januartagen 2024 seien es 51 Fälle gewesen mit steigender Tendenz von bis zu zehn Angriffen am Tag. Die Granaten mit dem Reizgas CS, das vielerorts auch von der Polizei verwendet wird, würden von Drohnen abgeworfen oder von Artillerie verschossen. Im Krieg ist der Einsatz von Tränengas durch die Chemiewaffen-Konvention verboten, die auch Moskau unterzeichnet hat. Unabhängige Bestätigungen für die ukrainischen Angaben gab es nicht. Das britische Russland-Forschungsinstitut Rusi hatte im Juni 2023 über den möglichen Einsatz von Reizgas durch russische Truppen geschrieben, gestützt auf einen Bericht im staatlichen russischen Fernsehen. Weil die ukrainischen Soldaten ihre ABC-Schutzausrüstung gegen atomare, biologische und chemische Waffen hätten, könne ihnen das Tränengas nicht viel anhaben, analysierte das Institut. Das Tragen der Gasmasken sei aber hinderlich beim Kämpfen. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen Nach Angaben der Ukraine hat Russland das Land in der Nacht und am Morgen erneut schwer angegriffen. Beim jüngsten Kriegsgefangenenaustausch holte Moskau laut Medienberichten viele Straftäter zurück. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-ukraine-sonntag-380.html |
2024-01-14 | ++ Zwei Tote bei Raketenangriff im Norden Israels ++ | Nahost-Krieg | Eine vom Libanon aus abgefeuerte Panzerabwehrrakete hat im Norden Israels zwei Menschen getötet. Die Hamas hat nach eigenen Angaben keine Informationen mehr über den Verbleib vieler ihrer Geiseln. Alle Entwicklungen im Liveblog. | Eine vom Libanon aus abgefeuerte Panzerabwehrrakete hat im Norden Israels zwei Menschen getötet. Die Hamas hat nach eigenen Angaben keine Informationen mehr über den Verbleib vieler ihrer Geiseln. Alle Entwicklungen im Liveblog. Zwei Tote bei Raketenangriff im Norden IsraelsIsrael meldet Erfolge im Gazastreifen"Das ganze Land hält inne"Israel will Druck auf Hamas weiter erhöhenPro-palästinensische Demonstration in WashingtonErneut Gefechte an Grenze zum Libanon Hamas veröffentlicht Video von drei mutmaßlichen israelischen Geiseln Die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas hat ein Video veröffentlicht, in dem nach ihren Angaben drei aus Israel in den Gazastreifen entführte Geiseln zu sehen sind. In dem Video sind eine Frau und zwei Männer zu sehen. Sie sprechen Hebräisch und fordern die israelische Regierung auf, sich für ihre Freilassung einzusetzen. Unklar war, wann das Video aufgenommen wurde. Der Sprecher des bewaffneten Arms der Hamas, Abu Obeida, hatte zuvor in einer Fernsehansprache gesagt, das Schicksal vieler Geiseln sei mittlerweile "unbekannt". "Höchstwahrscheinlich" seien viele von ihnen in den vergangenen Wochen getötet worden, "der Rest" sei ständig "in großer Gefahr". Die Regierung und Armee Israels trügen die "volle Verantwortung". US-Präsident erinnert an Schicksal der Geiseln Am 100. Tag des Gaza-Kriegs hat US-Präsident Joe Biden an das Schicksal der noch immer im Gazastreifen gefangen gehaltenen Geiseln erinnert. "Seit 100 Tagen leben sie in Angst um ihr Leben, ohne zu wissen, was der nächste Tag bringen wird", schrieb Biden in einer Mitteilung. Er werde nie den Kummer und das Leid vergessen, das er bei seinen Treffen mit den Angehörigen amerikanischer Geiseln erfahren habe. Die US-Regierung gehe davon aus, dass sich unter den mehr als 100 Geiseln noch sechs US-Staatsangehörige befinden. Der Präsident erneuerte sein Versprechen, in engem Kontakt mit den Partnern in Katar, Ägypten und Israel zu bleiben, um alle Geiseln zu ihren Familien zurückzubringen. Journalist von Kairoer Fernsehsender Al-Ghad im Gazastreifen getötet Im Gazastreifen ist ein Journalist des Kairoer Fernsehsenders Al-Ghad getötet worden. Der arabische Nachrichtensender, der von der ägyptischen Hauptstadt aus sendet, erklärte im Onlinedienst X, dem ehemaligen Twitter, der Videojournalist Jasan al-Swaidi sei durch israelischen Beschuss getötet worden. Seit Beginn des Gazakriegs am 7. Oktober wurden nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) schon mindestens 82 Journalisten und Mitarbeiter von Medienunternehmen getötet. Bei den meisten Todesopfern handelt es sich um Palästinenser. Zwei Palästinenser bei Konfrontation bei Ramallah erschossen Das israelische Militär hat nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums in der Nähe von Ramallah im Westjordanland zwei Jugendliche erschossen. Die israelische Armee gab bekannt, dass ihre Soldaten das Feuer auf zwei Palästinenser eröffnet hätten, die einen Sprengkörper gegen einen Militärstützpunkt geworfen haben sollen. Das Alter der Getöteten gab das palästinensische Ministerium mit 16 und 17 Jahren an. Türkei greift erneut kurdische "Ziele" im Norden Syriens an Zwei Tage nach einem tödlichen Angriff auf einen türkischen Militärstützpunkt hat die Türkei erneut Stellungen kurdischer Kämpfer im Norden Syrien angegriffen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf Militärkreise meldete, wurden insgesamt 23 "Ziele" zerstört, darunter Fahrzeuge. Angegriffen wurden demnach Militärstützpunkte, Waffen- und Logistiklager. Am Samstag hatte die Türkei eigenen Angaben zufolge Luftangriffe auf mehr als 50 "Ziele" der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der kurdischen Miliz YPG im Nordirak und in Syrien geflogen. Zuvor bei einem Angriff auf einen türkischen Armeestützpunkt im Nordirak neun türkische Soldaten getötet worden. Israels Verteidigungsminister: Hamas will Westjordanland "anzünden" Nach Darstellung des israelischen Verteidigungsministers Joav Gallant will die islamistische Terrororganisation Hamas den Krieg vom Gazastreifen ins Westjordanland tragen. "Das Ziel der Hamas ist es, Judäa und Samaria (hebräisch für Westjordanland) anzuzünden, und wenn möglich auch noch den Tempelberg (in Jerusalem)", sagte Gallant bei einer Besprechung mit Militärkommandeuren des von Israel besetzten Westjordanlandes. "In dieser Hinsicht ist es Ihre Aufgabe, sich auf den Krieg vorzubereiten, die Truppe in Bereitschaft zu versetzen und relevante nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln", sagte Gallant zu den Militärs. Zwei Tote bei Raketenangriff im Norden Israels Eine vom Libanon aus abgefeuerte Panzerabwehrrakete hat im Norden Israels zwei Menschen getötet. Bei den Opfern des Angriffs auf ein Wohnhaus in der Stadt Juwal habe es sich um einen Mann im Alter zwischen 40 und 50 Jahren und seine über 70-Jährige Mutter gehandelt, teilte der israelische Rettungsdienst Magen David Adom mit. Das israelische Militär reagierte mit Angriffen auf Stellungen der Hisbollah-Miliz im Libanon. Israel werde Attacken auf Zivilisten nicht dulden, sagte Militärsprecher Daniel Hagari am Abend. Die Verantwortlichen müssten den Preis dafür zahlen, heute und auch in der Zukunft. Der Angriff und die israelische Gegenattacke ereigneten sich am 100. Tag des Krieges zwischen Israel und der Hamas, der mit dem groß angelegten Terrorangriff der palästinensischen Extremisten am 7. Oktober begonnen hatte. Seither kam es auch immer wieder zu Gefechten zwischen der libanesischen Hisbollah und dem israelischen Militär. Huthi-Sprecher: US-Flugzeuge nahe Jemen beobachtet Nach Angaben der Huthis im Jemen sind nahe des Luftraums und der Küste des Landes US-Flugzeuge beobachtet worden. Ein Huthi-Sprecher erklärt, es handle sich um eine Verletzung der nationalen Souveränität. Hamas: Viele unserer Geiseln sind verschollen Die Hamas hat nach eigenen Angaben keine Informationen mehr über den Verbleib vieler ihrer Geiseln. Vermutlich seien viele getötet worden, erklärte ein Sprecher des bewaffneten Flügels der Hamas im Fernsehen und wies Israel die Verantwortung dafür zu. Die Hamas hatte bei ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober nach israelischen Angaben mehr als 1.200 Menschen umgebracht und rund 240 Menschen als Geiseln verschleppt. Tote bei Vorfällen im Westjordanland Bei gewaltsamen Vorfällen im Westjordanland sind drei Palästinenser getötet worden, unter ihnen ein Teenager. Das palästinensische Gesundheitsministerium in Ramallah teilte mit, ein 14-Jähriger sei während eines israelischen Militäreinsatzes in Jericho tödlich durch Schüsse im Brustbereich verletzt worden. Ein Armeesprecher sagte, man prüfe den Bericht. Nach Angaben der Armee durchbrach ein palästinensischer Fahrer bei einem weiteren Vorfall in der Nähe von Hebron eine Armeesperre. Die Soldaten hätten das Fahrzeug verfolgt und seien dabei beschossen worden. Sie hätten daraufhin das Feuer erwidert und zwei Insassen "ausgeschaltet". "Das von den Terroristen verwendete Gewehr, eine Axt und Munition wurden vor Ort gefunden", hieß es in der Mitteilung der Armee. Das Gesundheitsministerium bestätigte den Tod der beiden Männer. Die Lage im Westjordanland hat sich seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober noch einmal deutlich verschärft. Solidaritätskonzert für Hamas-Geiseln Am 100. Tag des Überfalls der Hamas auf Israel ist in Berlin mit einem Solidaritätskonzert an die Geiseln im Gazastreifen erinnert worden. Bei dem Konzert der Angehörigeninitiative "Das gelbe Piano" spielte in der James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel der Pianist Igor Levit. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte bei dem Konzert laut Redetext, es gebe keine passenden Worte für den Überfall der Terrororganisation vom 7. Oktober. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, erinnerte an das "unvorstellbare Leid" der betroffenen Familien. Ziel der Hamas ist laut Klein "die völlige Vernichtung der Jüdinnen und Juden". Daraus mache die Terrororganisation kein Geheimnis. Deutschland müsse deutlich Position beziehen und sich solidarisch an die Seite Israels stellen, mahnte der Antisemitismusbeauftragte. Israel sei das Land in der Region, das demokratische Werte vertrete und in dem Andersdenkende sowie Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung ohne Verfolgung, Diskriminierung oder Furcht um ihre körperliche Unversehrtheit leben könnten. Seit dem 7. Oktober erlebten Jüdinnen und Juden in Deutschland einen Antisemitismus, „wie wir ihn seit 1945 noch nicht gekannt haben“, warnte Klein. Er erinnerte daran, dass Häuser mit Davidsternen markiert, Synagogen angegriffen und Jüdinnen und Juden in der Öffentlichkeit attackiert wurden. "Auf den Straßen wurde offen zur Gewalt gegen sie aufgerufen", beklagte der Antisemitismusbeauftragte. Berlin: Demonstranten fordern Freilassung der Geiseln Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) und die israelische Botschaft in Deutschland haben heute mit einer Demonstration in Berlin an die 100 Tage Geiselhaft der von der Hamas aus Israel entführten Menschen erinnert. An dem Demonstrationszug hätten sich 600 Menschen beteiligt, teilte die Polizei auf Anfrage der Nachrichtenagentur epd mit. Die Veranstalter hatten dazu aufgerufen, gemeinsam mit Angehörigen von Geiseln, die eigens aus Israel angereist waren, für die sofortige Freilassung ihrer Familienmitglieder und eine klare internationale Ächtung der Verbrechen der Hamas auf die Straße zu gehen. Israel: Opfer nach Hisbollah-Angriff aus Libanon Bei neuen Angriffen vom Libanon aus hat es heute im Norden Israels zivile Opfer gegeben. Ein etwa 40-jähriger Mann sei in der Grenzortschaft Juval getötet und eine 70-jährige Frau schwer verletzt worden, teilte der Rettungsdienst Magen David Adom mit. Den Angriff mit Panzerabwehrraketen auf den Ort sowie drei weitere im Grenzgebiet reklamierte die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah für sich. Es handele sich um Unterstützung für das palästinensische Volk, teilte die Miliz mit. Nach Angaben der israelischen Armee wurde in Juval ein Haus von einer Rakete getroffen. Israelische Kampfjets hätten ihrerseits "Terror-Infrastruktur der Hisbollah und militärische Ziele im Libanon angegriffen". Krieg belastet Israels Haushalt Die Kosten des Nahostkrieges treiben das israelische Staatsbudget immer tiefer in die roten Zahlen: Der Konflikt hat laut einem überarbeiteten Haushaltsentwurf eine Lücke von 6,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Etat 2024 hinterlassen. Bisher war Israel für dieses Jahr von 2,25 Prozent ausgegangen. Für 2023 veranschlagte das Finanzministerium 4,2 Prozent, während 2022 noch ein Überschuss von 0,6 Prozent im Vergleich zum BIP erzielt worden war. Noch heute soll die israelische Regierung über den neuen Entwurf beraten, eine Entscheidung wird am Montag erwartet. Laut dem Entwurf werden die Kosten für den Krieg gegen die Hamas für die Jahre 2023/24 mit umgerechnet rund 36,8 Milliarden Euro veranschlagt. Die Berechnungen beruhen auf einem Szenario, wonach sich die schweren Kämpfe auf das erste Vierteljahr 2024 beschränken. Gesundheitsbehörde: Fast 24.000 Palästinenser getötet Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde 23.968 Menschen seit Kriegsbeginn getötet worden. Zudem gebe es 60.582 Verletzte, teilt die der militant-islamistischen Hamas unterstellte Behörde weiter mit. Israel meldet Erfolge im Gazastreifen In ihrem seit 100 Tagen andauernden Krieg gegen die militant-islamistische Hamas im Gazastreifen hat die israelische Armee weitere Erfolge gemeldet: Im Norden des von der Hamas kontrollierten Palästinensergebiets seien mehrere Raketenwerfer zerstört, im gesamten Gebiet weitere Ziele getroffen worden, hieß es heute in einer Meldung. Dazu gehörten demnach auch Ziele in der im Süden gelegenen Stadt Chan Yunis. Die Hamas berichtete von Kämpfen mit israelischen Truppen in Chan Yunis. Insgesamt seien in der Nacht mehr als 100 Menschen bei israelischen Angriffen getötet worden, erklärte die Palästinenserorganisation. "Das ganze Land hält inne" ARD-Korrespondent Oliver Feldforth aus Tel Aviv zu den Aktionen zum Gedenken an die Geiseln am 100. Tag nach dem Überfall der militant-islamistischen Hamas auf Israel. 100-Minuten-Streik in israelischen Unternehmen Hunderte israelische Unternehmen sind heute als Zeichen der Solidarität mit mehr als 130 Geiseln im Gazastreifen in einen 100 Minuten langen Streik getreten. Sie folgten damit einem Aufruf des Dachverbands der Gewerkschaften (Histadrut) am 100. Tag nach dem Überfall der militant-islamistischen Hamas auf Israel. Zu Beginn des Streiks schwiegen zum Zeichen der Verbundenheit Tausende von Teilnehmern einer Kundgebung von Angehörigen und Unterstützern der Geiseln 100 Sekunden lang. Die Kundgebung in Tel Aviv sollte insgesamt 24 Stunden lang bis zum Sonntagabend dauern. Nach Schätzung Israels werden noch 136 Geiseln im Gazastreifen festgehalten, die Hamas-Terroristen und andere Gruppierungen am 7. Oktober bei einem Massaker im israelischen Grenzgebiet verschleppt hatten. Etwa zwei Dutzend davon sind vermutlich nicht mehr am Leben. Netanyahu: Kampf "bis zum vollständigen Sieg" Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat sein Land am 100. Tag nach dem Überfall der militant-islamistischen Hamas auf Israel erneut auf einen Kampf "bis zum vollständigen Sieg" eingeschworen. Der Staat Israel, seine Streitkräfte und Sicherheitsdienste führten einen "moralischen und gerechten Krieg, der seinesgleichen sucht, gegen die Hamas-Monster, die neuen Nazis", sagte der innenpolitisch unter Druck stehende Regierungschef. "Niemand wird uns stoppen", sagte Netanyahu und wies dabei auf die von Südafrika beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag eingereichte Klage wegen Völkermords hin. Netanyahu dankte dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz dafür, dass Deutschland die Völkermordklage klar zurückwies. Namibia kritisiert deutsche Haltung zu Völkermord-Vorwürfen an Israel Namibia hat Deutschland für seine Entscheidung scharf kritisiert, die von Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof erhobenen Völkermord-Vorwürfe gegen Israel zurückzuweisen. "Namibia lehnt Deutschlands Unterstützung für die völkermörderischen Absichten des rassistischen israelischen Staates ab", erklärte Präsident Hage Geingob. Er warf Berlin vor, den "Tod von mehr als 23.000 Palästinensern (...) zu ignorieren" und beklagte "Deutschlands Unfähigkeit, Lehren aus seiner schrecklichen Geschichte zu ziehen". Namibia war von 1884 bis 1915 als Deutsch-Südwestafrika eine deutsche Kolonie. Teheran: Streben keine Nuklearwaffen an Irans Atomchef hat erneut bekräftigt, dass sein Land nicht nach Nuklearwaffen strebt. "Der Besitz von Massenvernichtungswaffen hat nie einen Platz in der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin der Islamischen Republik Iran gehabt", sagte Mohammed Eslami in einem Fernsehinterview. Er reagierte auf die Frage, ob es angesichts des Konflikts mit Israel nicht an der Zeit sei, eine Atombombe zu haben oder wenigstens einen Atomtest durchzuführen. Eslami begründete seine ablehnende Aussage auch mit einer Fatwa, einem religiösen Rechtsgutachten, durch Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei. Irans Staatsoberhaupt hatte darin Massenvernichtungswaffen verboten. Unterdessen hat der Iran nach dem Stillstand der Atomverhandlungen seit einigen Jahren die Produktion von hochangereichertem Uran intensiviert. Experten werfen dem Land vor, dass eine friedliche Nutzung des fast waffenfähigen Urans nicht plausibel sei. Baerbock betont Unterstützung zur Freilassung der Hamas-Geiseln Zum 100. Tag im Krieg zwischen Israel und der Hamas hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ihre Unterstützung zur Freilassung der von der islamistischen Palästinenserorganisation verschleppten Geiseln betont. "Seit 100 Tagen fehlen Kinder, Eltern, Brüder, Schwestern, Freunde in Israel. 100 Tage voll Ungewissheit, Verzweiflung, Trauer - und Hoffnung", erklärte Baerbock im Onlinedienst X, ehemals Twitter. "Wir geben nicht auf, wir lassen in unserer Arbeit nicht nach, bis alle Geiseln der Hamas wieder zu Hause sind." Social-Media-Beitrag auf X von Außenministerin Annalena Baerbock: "Seit 100 Tagen fehlen Kinder, Eltern, Brüder, Schwestern, Freunde in #Israel. 100 Tage voll Ungewissheit, Verzweiflung, Trauer - und Hoffnung. Wir geben nicht auf, wir lassen in unserer Arbeit nicht nach, bis alle Geiseln der Hamas wieder zu Hause sind. #BringThemHomeNow" Erneut Gefechte an Grenze zum Libanon An der Grenze zwischen dem Libanon und Israel hat es in der Nacht erneut Schusswechsel gegeben. Terroristen seien aus dem Libanon auf israelisches Gebiet eingedrungen und hätten auf patrouillierende Soldaten geschossen, teilte die Armee am frühen Morgen mit. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert, vier Terroristen seien dabei getötet worden, hieß es. Während des Schusswechsels hätten die eigenen Truppen mit Artillerie und Mörsern auf das Gebiet gefeuert. Erst am Vortag war es an der Grenze zwischen den beiden Ländern zu gegenseitigem Beschuss gekommen. Die libanesische Hisbollah-Miliz hatte dabei nach Angaben des israelischen Militärs mehrere Geschosse auf den Norden Israels abgefeuert. Die israelischen Armee habe die Stellungen unter Beschuss genommen. Darüber hinaus bombardierten israelische Kampfjets «terroristische Infrastruktur» der Hisbollah im Süd-Libanon, hieß es. Israel will Druck auf Hamas weiter erhöhen Israels Armee will den militärischen Druck auf die islamistische Hamas zum 100. Tag des Krieges im Gazastreifen weiter erhöhen. Das kündigte der israelische Generalstabschef Herzi Halevi an. "Druck, der zur Zerschlagung der Hamas und zur Rückkehr der Geiseln führt", sagte er. Heute dauert der Krieg in dem von Israel abgeriegelten Küstengebiet am Mittelmeer 100 Tage an. Auslöser war die verheerende Terrorattacke der Hamas und anderer extremistischer Gruppen auf Israel am 7. Oktober. Mehr als 1.200 Menschen wurden dabei getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der katastrophalen humanitären Lage in dem abgeriegelten Küstengebiet steht Israel international immer mehr unter Druck. Die Hamas-Führung setze ihre Hoffnungen auf einen Waffenstillstand "und ist überzeugt, dass dieser Moment nahe ist", sagte Halevi. Man werde aber weiter "entschlossen und beharrlich" sein. "Um die Hamas zu zerschlagen, ist Geduld notwendig und unerlässlich", sagte der Generalstabschef. Pro-palästinensische Demo in Washington Tausende pro-palästinensische Demonstranten haben in London, Washington und anderen Städten gegen den Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen protestiert. In der US-Hauptstadt schwenkten die Demonstranten, darunter viele junge Leute, palästinensische Flaggen. Sie riefen in Sprechchören "Waffenruhe jetzt" und hielten Plakate mit Aufschriften wie "Befreit Palästina" und "Beendet den Krieg im Gazastreifen" hoch. Auf einer Bühne, die nur einige Häuserblocks vom Weißen Haus entfernt war, berichteten mehrere US-Palästinenser über Freunde und Verwandte, die im Gazastreifen getötet oder verletzt wurden. Sie forderten US-Präsident Joe Biden auf, die militärische und finanzielle Unterstützung für Israel zu beenden. Tausende Israelis fordern Freilassung von Hamas-Geiseln Tausende Menschen haben bei einer Kundgebung in Tel Aviv die Freilassung der von der Terrormiliz Hamas im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln gefordert. Die Demonstranten, unter ihnen auch viele Angehörige, versammelten sich am Samstagabend - dem Vorabend des 100. Tags der Geiselhaft - hinter einem riesigen Transparent mit der Aufschrift "Und die Welt schweigt" und forderten in Sprechchören, die Geiseln "jetzt, jetzt, jetzt" freizulassen. Frankreichse Präsident Emmanuel Macron forderte in einer Videobotschaft, die bei der Kundgebung auf großen Bildschirmen gezeigt wurde, die Verhandlungen über die Freilassung der Hamas-Geiseln wieder aufzunehmen. "Frankreich lässt seine Kinder nicht im Stich", sagte er mit Blick auf drei französische Geiseln. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen Mehrere Tausend Menschen haben bei einer Demonstration in Tel Aviv den Rücktritt von Ministerpräsident Netanyahu gefordert. In London gingen Tausende pro-palästinensische Demonstranten auf die Straße. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-israel-sonntag-132.html |
2024-01-14 | Tausende protestieren gegen Rechts | Demonstrationen in Potsdam und Berlin | Nach den Enthüllungen über ein Treffen von Rechtsradikalen mit AfD-Politikern in Potsdam haben dort Tausende Menschen für Demokratie demonstriert. Auch in Berlin gingen zahlreiche Menschen gegen Rechts auf die Straße. | Nach den Enthüllungen über ein Treffen von Rechtsradikalen mit AfD-Politikern in Potsdam haben dort Tausende Menschen für Demokratie demonstriert. Auch in Berlin gingen zahlreiche Menschen gegen Rechts auf die Straße.
Etwa 10.000 Demonstranten in Potsdam, 25.000 in Berlin
Kanzler Scholz und Außenministerin Baerbock in Potsdam dabei
In Potsdam wahrscheinlich einer der größten Demos nach der Wende
Mehrere Zehntausend Menschen haben am Sonntag in Potsdam und Berlin ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt. Zu einer Kundgebung auf dem Potsdamer Alten Markt hatte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) anlässlich eines Treffens radikaler Rechter mit AfD-Politikern in der Brandenburger Landeshauptstadt aufgerufen. Schubert und das Bündnis "Potsdam bekennt Farbe" sprachen von 10.000 Teilnehmern. Ein Polizeisprecher nannte dem rbb am Sonntagmittag zunächst die Zahl 2.000, zu diesem Zeitpunkt habe der Zustrom allerdings noch angehalten. Der Alte Markt war während der Redebeiträge voller Menschen. Eine abschließende Schätzung der Zahl nach dem Ende der Demo nahm die Potsdamer Polizei nicht vor. Laut einer "Correctiv"-Recherche sollen AfD-Vertreter an einem Treffen mit dem Kopf der Identitären Bewegung teilgenommen haben. Besprochen wurden den Angaben zufolge ein Plan, in großem Stil Migranten auszuweisen, mit oder ohne deutschem Pass.mehr Scholz: "Die Demokratie ist stark" Demonstrierende hielten Plakate hoch mit Aufschriften wie "Potsdam ist bunt" und "Wir halten zusammen". Unter den Teilnehmenden waren auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die grüne Bundestagsabgeordnete und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). "Das ist ein gutes Zeichen für die Demokratie hier im Lande, dass so viele gekommen sind", sagte Scholz rbb24 Brandenburg aktuell. Die Demokratie sei stark. Für Baerbock sei "es als Potsdamer Mutter eine Selbstverständlichkeit, ein Zeichen für Menschlichkeit und Demokratie zu setzen", sagte sie rbb24. "Ich stehe hier als eine von Tausenden von Potsdamerinnen und Potsdamern, die einstehen für Demokratie und gegen alten und neuen Faschismus", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Auch Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) und Fraktionschefs von SPD, CDU, Grünen und Linken im Brandenburger Landtag sowie die ehemaligen Potsdamer Oberbürgermeister Platzeck und Jakobs (beide SPD) nahmen an der Kundgebung teil. In einer Villa bei Potsdam haben sich im November offenbar rechtsextreme Aktivisten, AfD-Politiker und Unternehmer getroffen und über Pläne für die millionenfache Vertreibung von Menschen aus Deutschland gesprochen. Das berichtet das Recherchenetzwerk CORRECTIV. Mit dabei unter anderem der Rechtsextremist Martin Sellner, der persönliche Referent von AfD-Chefin Alice Weidel, der AfD-Fraktionschef von Sachsen-Anhalt und Mitglieder der "Werteunion". Warum die Villa am Lehnitzsee bei Potsdam offenbar ein Hotspot für rechte Vernetzung ist und wie weit die Pläne des Geheimtreffens gingen, erklären Martin Spiller und Bruno Dietel. Die "Newsjunkies" - ein Tag, ein großes Nachrichtenthema, immer Montag bis Freitag am Nachmittag. Kostenlos folgen und abonnieren in der ARD-Audiothek. Alle Abo-Möglichkeiten findet Ihr hier: https://www.rbb24inforadio.de/newsjunkies. Fragen und Feedback: newsjunkies@inforadio.de.mehr Schubert zeigt sich positiv überrascht von Zuspruch Hintergrund des Protests ist die Berichterstattung über ein Treffen in Potsdam, bei dem über einen Plan zur massenhaften Vertreibung von Migranten gesprochen worden war. "Diese Pläne erinnern an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte", so Schubert. Daher sei es an der Zeit, Gesicht zu zeigen und die Demokratie zu verteidigen. Das Medienhaus "Correctiv" hatte über ein Treffen radikal rechter Kreise mit Extremisten und AfD-Funktionären in Potsdam recherchiert. Bei dem Treffen stellte der Taktgeber der rechtsextremen Identitären Bewegung, der Österreicher Martin Sellner, demnach Ideen vor, wie Migranten aber auch Deutsche mit Migrationshintergrund aus dem Land gedrängt werden könnten. "Diese Menschen hier so zu verunsichern, so zu verängstigen, mit dem, was da auch an die Öffentlichkeit gekommen ist, das ist eine Schande", sagte Jan Redmann, CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag und -Landesvorsitzender, am Rande der Kundgebung am Sonntag in Potsdam. Dessen Oberbürgermeister Schubert (SPD) zeigte sich am Abend positiv überrascht vom Zuspruch der Demo. "Das habe ich nicht erwartet", sagte Schubert bei rbb24 Brandenburg aktuell. Er sprach von "wahrscheinlich einer der größten Demonstrationen", die die Stadt seit der Wende erlebt habe. Das sei angesichts von nur zwei Tagen Vorbereitungszeit sicherlich überraschend. Demo in Berlin mit etwa 25.000 Menschen Auch in Berlin demonstrierten Menschen vor dem Brandenburger Tor in Berlin gegen Rechtsextremismus und für Demokratie. Die Polizei sprach am Sonntagabend auf Nachfrage des rbb von 25.000 Teilnehmern. Dieselbe Größenordnung hatte am Nachmittag eine Sprecherin der Klimaschutzgruppe Fridays for Future genannt, die auch zu der Demonstration aufgerufen hatte. Eine rbb-Reporterin schätzte die Zahl der Teilnehmer zu Beginn der Demo auf mindestens 8.000. Die Kundgebung war für lediglich 100 Teilnehmer angemeldet worden. Die Teilnehmenden stauten sich bis in die Wilhelmstraße, die U-Bahn-Ausgänge auf den Pariser Platz wurden wegen des großen Zustroms gesperrt. Die Stimmung war laut der Reporterin friedlich, viele Familien nahmen teil. Auf Transparenten waren etwa Sprüche wie "AfD ist keine Alternative" zu lesen. Laut Polizei kam es zunächst nicht zu Zwischenfällen. Bei der Veranstaltung unter dem Motto "Demokratie verteidigen" sprachen unter anderem die Klimaaktivistin Luisa Neubauer, der Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Ulrich Schneider und die Autorin Düzen Tekkal. Auf Transparenten waren etwa Sprüche wie "Rassismus ist keine Alternative - AfD verbieten" zu lesen. In Kiel protestierten am Sonntag laut Polizei rund 7.000 Menschen gegen die AfD und Rechtsextremismus, die Veranstalter sprachen von 8.000. In Saarbrücken waren es laut Polizei rund 5.000. Sendung: rbb24 Inforadio, 14.01.2024, 17:00 Uhr Die Kommentarfunktion wurde am 14.01.2024 um 20:03 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. | /inland/regional/brandenburg/demonstration-gegen-rechts-potsdam-100.html |
2024-01-14 | Zwei iranische Journalistinnen wieder frei | Haft nach Bericht über Mahsa Amini | In Teheran sind die preisgekrönten iranischen Journalistinnen Mohammadi und Hamedi Medienberichten zufolge auf Kaution freigelassen worden. Sie hatten im Jahr 2022 über den Tod der iranischen Kurdin Amini berichtet. | In Teheran sind die preisgekrönten iranischen Journalistinnen Mohammadi und Hamedi Medienberichten zufolge auf Kaution freigelassen worden. Sie hatten im Jahr 2022 über den Tod der iranischen Kurdin Amini berichtet. Zwei iranische Journalistinnen, die im Jahr 2022 über den Tod von Mahsa Amini berichtet hatten, sind aus dem Gefängnis freigelassen worden. Wie die reformorientierte Zeitung "Schargh" und ein Anwalt der beiden Frauen meldeten, wurden die 31-jährige Nilufar Hamedi und die 36-jährige Elaheh Mohammadi gegen Zahlung einer Kaution "vorübergehend" aus dem Ewin-Gefängnis in Teheran freigelassen. Auf dem Foto und einem Video, die in Online-Netzwerken veröffentlicht wurden, sind die zwei Frauen lächelnd und Händchen haltend in der Nähe des Gefängnisses zu sehen. Hamedi, die für die Zeitung "Schargh" arbeitet, wurde wenige Tage nach Aminis Tod im September 2022 festgenommen, nachdem sie das Krankenhaus besucht hatte, in das die 22-Jährige nach ihrer Festnahme durch die iranische Sittenpolizei eingeliefert worden war. Die junge Kurdin war wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die strikte islamische Kleiderordnung festgenommen worden. Ihr Tod löste monatelange Proteste aus. Mohammadi war ebenfalls im September 2022 festgenommen worden. Kollaboration, Verschwörung und Propaganda Zuvor war die Fotografin der reformorientierten Zeitung "Ham Miham" in Aminis Heimatstadt Sakes in der Provinz Kurdistan gereist, um über deren von Protesten begleitete Beerdigung zu berichten. Beide Frauen waren seitdem im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran inhaftiert. Im Oktober 2023 wurden sie in getrennten Prozessen wegen Kollaboration mit den USA, Verschwörung gegen die Sicherheit des Landes und Propaganda gegen die Islamische Republik schuldig gesprochen und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Als Kaution mussten sie jeweils 100 Milliarden Rial (rund 170.000 Euro) hinterlegen. | /ausland/asien/tod-mahsa-amini-100.html |
2024-01-14 | Zehntausende setzen ein Zeichen gegen rechts | Demos in mehreren Städten | Ein Treffen von Rechtsextremen mit AfD-Vertretern in Potsdam hatte für Empörung gesorgt. Dort und in Berlin demonstrierten Tausende gegen rechts - unter ihnen Kanzler Scholz und Ministerin Baerbock. Auch anderswo gab es Proteste. | Ein Treffen von Rechtsextremen mit AfD-Vertretern in Potsdam hatte für Empörung gesorgt. Dort und in Berlin demonstrierten Tausende gegen rechts - unter ihnen Kanzler Scholz und Ministerin Baerbock. Auch anderswo gab es Proteste. Nach der Aufdeckung eines Treffens hochrangiger AfD-Politiker mit Rechtsextremen haben Tausende Menschen in Berlin und Potsdam für den Erhalt der Demokratie demonstriert. Zu der Kundgebung am Brandenburger Tor versammelten sich laut Veranstaltern und Polizei 25.000 Menschen. Teilnehmer der Versammlung trugen Transparente mit Slogans wie "Wehrhafte Demokratie", "Bunt statt braun", "Es ist Zeit, die Demokratie zu verteidigen" und "Stoppt die Brandstifter. Stoppt die AfD". Unterstützung von Scholz und Baerbock Auch in Potsdam versammelten sich Tausende Menschen, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), zu einer Demonstration gegen Rechtsextremismus. Der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte unter dem Motto "Potsdam wehrt sich" dazu aufgerufen, mit der Versammlung zu zeigen, dass ein Plan zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland "nicht in unsere Gesellschaft gehört". Das Treffen von hochrangigen AfD-Politikern mit Rechtsextremen und Vertretern von Unternehmern, bei dem entsprechende Pläne vorgestellt wurden, hatte im November in Potsdam stattgefunden. "Ich stehe hier als eine von Tausenden von Potsdamerinnen und Potsdamern, die einstehen für Demokratie und gegen alten und neuen Faschismus", sagte Baerbock der Deutschen Presse-Agentur. Auch der Bundeskanzler wohnt in der Landeshauptstadt und hat dort wie Baerbock seinen Wahlkreis. Beide trugen bordeauxrote Schals mit der Aufschrift "Potsdam bekennt Farbe". Tausende Demonstrierende in Kiel In der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel demonstrierten nach Angaben der Veranstalter etwa 8.000 Menschen gegen das Erstarken der AfD und gegen Rechtsextremismus. Dazu aufgerufen hatte ein Bündnis demokratischer und zivilgesellschaftlicher Organisationen. Wie Leon Martin von der Grünen Jugend Kiel sagte, übertraf die Beteiligung bei weitem die Erwartungen. "Das war ein machtvolles und klares Signal", sagte er. Der Protestzug war am Exerzierplatz gestartet, hatte unter anderem an der AfD-Landesparteizentrale vorbeigeführt und endete auf dem Rathausplatz. Dort fand die Abschlusskundgebung statt. "Wir brauchen eine solidarische Politik, die sich klar dem Faschismus entgegenstellt und für eine vielfältige und demokratische Gesellschaft einsteht", betonte Martin. Alle demokratischen Parteien stünden in der Verantwortung. Klare Kante auch in Saarbrücken Auch in Saarbrücken wurde ein klares Zeichen gegen rechts gesetzt: Auf dem Landwehrplatz kamen laut Polizei etwa 5.000 Menschen zu der Kundgebung "Gegen die AfD, für Vielfalt". Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten Plakate und Banner gegen Rechtsradikalismus und die AfD dabei. In ihren Reden attackierten die Sprecher der Parteien-Jugendorganisationen von SPD, Grünen, Linken, FDP und CDU die AfD scharf, einige sprachen sich auch für ein Partei-Verbotsverfahren aus. An einem kurzfristig angemeldeten Demo-Zug durch die Saarbrücker Innenstadt nahmen im Anschluss an die Kundgebung noch rund 3.000 Personen teil. Gespräche über Zwangsvertreibungen Am Mittwoch hatte das Medienhaus "Correctiv" Rechercheergebnisse zu dem Treffen in einer Potsdamer Villa veröffentlicht. Daran teilgenommen hatten im November auch einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er dort über "Remigration" gesprochen hatte. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Laut "Correctiv"-Recherche nannte Sellner drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht - und "nicht assimilierte Staatsbürger". | /inland/demos-gegen-rechts-100.html |
2024-01-14 | "Brauchen eine andere Kultur in der Regierung" | SPD-Chef Klingbeil | SPD-Chef Klingbeil hat Fehler der Ampel eingeräumt. Alle müssten sich zusammenreißen. Für die Bauernproteste äußerte er im Bericht aus Berlin Verständnis, ein "Wutwinter" sei aber nicht zu befürchten. | SPD-Chef Klingbeil hat Fehler der Ampel eingeräumt. Alle müssten sich zusammenreißen. Für die Bauernproteste äußerte er im Bericht aus Berlin Verständnis, ein "Wutwinter" sei aber nicht zu befürchten. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat im Bericht aus Berlin die Arbeit der Ampelkoalition mit Blick auf die zahlreichen Krisen in Deutschland, aber auch weltweit, verteidigt. "Es sind wahnsinnig harte Zeiten. Ich glaube, das merkt jeder jetzt schon mit dem Start in das Jahr 2024. Es sind große Herausforderungen, die politisch da sind, die weltpolitische Lage, das, was national passiert." Klingbeil räumte ein, dass die teils öffentlich ausgetragenen Streitereien innerhalb der Bundesregierung zur Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger beigetragen hätten. "Dass drei unterschiedliche Parteien auch mal unterschiedliche Antworten haben, das gehört mit dazu, aber da war zu viel Streit. Der Streit war zu lang. Da sind Kompromisse auch zu schnell in Frage gestellt worden. Das hat zur Verunsicherung beigetragen und damit muss Schluss sein." "Alle sollten sich zusammenreißen" Als Konsequenz rief er SPD, Grüne und FDP dazu auf, künftig besser zusammenzuarbeiten. "Insofern ist es richtig, jetzt noch mal zu appellieren, auch deutlich zu machen, es muss dieses Jahr eine andere Kultur in der Regierung herrschen. Alle sollten sich da zusammenreißen, die Verantwortung, die wir tragen als Politik insgesamt, dieses Land jetzt durch unruhige Zeiten zu bringen, die sind gewaltig", so der SPD-Chef. SPD will Dialog mit Kritikern suchen Zuletzt hatte es scharfe Kritik an der Arbeit der Ampelkoalition gegeben - von Arbeitgebern, Gewerkschaften, Verbänden und seitens der Opposition. Zudem gibt es den breiten Protest der Landwirte gegen die Streichung von Subventionen. Klingbeil betonte, es sei umso wichtiger, den Dialog mit Kritikerinnen und Kritikern zu suchen. "Ich finde, das ist auch völlig legitim, dass man in einer Demokratie für die eigenen Rechte streitet. Ich war selbst gestern bei den Landwirten. Das war ein fairer, das war ein offener Dialog. Und das muss jetzt geklärt werden, wie die Zukunft der Landwirtschaft hier in Deutschland auch aussehen kann." "Sehe keine Gefahr eines Wutwinters" Der SPD-Chef räumte aber auch Versäumnisse ein: "Ich hätte mir gewünscht, dass man dort vorher schon ins Gespräch kommt. Das werden wir jetzt als Fraktion, auch als Partei, tun." Er unterstrich, dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land, fest in der Mitte des Landes verankert sei. "Ich sehe da keine Gefahr eines Umsturzes oder eines Wutwinters oder sonst was. Aber dass Landwirte jetzt beispielsweise bei den Kürzungen auf die Straße gehen, ist legitim. Da muss das Gespräch gesucht werden und da werden auch Lösungen gefunden." Daher werde es am Montag auch Gespräche der drei Fraktionsspitzen mit den landwirtschaftlichen Verbänden geben. Dabei stehe im Mittelpunkt die Frage, wie es gelingen könne, dass es in Deutschland eine starke Landwirtschaft mit Perpektive gebe: "Und ich finde, das muss dann auch mehr sein als die Frage des Agrar-Diesels. Da geht es um die Marktmacht der Discounter. Da geht es beispielsweise auch um die Frage, wie wahnsinnig viel Bürokratie da im Bereich der Landwirtschaft vorhanden ist, wie die abgebaut werden kann." Warnung vor Spaltung der Gesellschaft Der SPD-Chef warnte aber auch noch einmal vor einer gesellschaftlichen Spaltung in Deutschland. Umso wichtiger sei es, dass es einen Ruck gebe, "der durch die Mitte des Landes geht. Und alle sagen, wir gucken da nicht weg. Wir engagieren uns, wir bringen uns ein und wir stellen uns schützend vor diejenigen, die angegriffen werden." In diesem Zusammenhang verwies er auf ein in der vergangenen Woche bekannt gewordenes Geheimtreffen von Rechtsradikalen, an dem auch AfD-Vertreter teilgenommen hatten. "Es hat ja in dieser Woche auch Enthüllungen gegeben über Pläne der AfD, Menschen aus diesem Land rauszuschmeißen, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben." "Schützend vor die Menschen stellen" Er erwarte, dass in Anbetracht dessen niemand mehr schweige und niemand zugucke, "sondern, dass diejenigen, die gerade ruhig sind, auch laut die Stimme erheben und sagen, wir lassen nicht zu, dass dieses Land so polarisiert und gespaltet wird von einer Gruppe, die viel, viel kleiner ist als die Vernünftigen in diesem Land." Klingbeil betonte, er habe in den letzten Tagen viele Gespräche geführt mit Menschen, die Migrationsgeschichte haben, die eine andere Hautfarbe, einen anderen Nachnamen haben. "Diese Menschen fühlen sich sehr konkret in diesem Land bedroht. Und das ist unsere Aufgabe, sich schützend vor all diese Menschen zu stellen. Die Rechtsextremen haben sich aufgemacht, dieses Land zu spalten. Und da sind wir alle in der Verantwortung dagegen zu halten", betonte der SPD-Chef. | /inland/klingbeil-bericht-aus-berlin-100.html |
2024-01-14 | Sozialdemokrat Arévalo tritt Amt als Präsident an | Nach Wahl in Guatemala | Im August gewann der Sozialdemokrat Arévalo die Wahl in Guatemala, heute wird er als Präsident vereidigt. Die traditionelle Machtelite hatte versucht, den Machtübergang auf den Sozialdemokraten zu verhindern. Von Christina Fee Moebus. | Im August gewann der Sozialdemokrat Arévalo die Wahl in Guatemala, heute wird er als Präsident vereidigt. Die traditionelle Machtelite hatte versucht, den Machtübergang auf den Sozialdemokraten zu verhindern. Von Christina Fee Moebus, ARD-Studio Mexiko-Stadt Wochenlang haben die Unterstützerinnen und Unterstützer von Bernardo Arévalo in Guatemala gebangt, ob der von ihnen gewählte Präsident tatsächlich sein Amt antreten kann. Seit den Wahlen im August vergangenen Jahres demonstrieren immer wieder Zehntausende Menschen, blockieren Straßen, trotzen tanzend der Korruption im Land. Das Ziel: dafür zu sorgen, dass der Sozialdemokrat, der relativ überraschend die Präsidentschaftswahlen gewonnen hat, wirklich Staatsoberhaupt werden kann. Auch die indigene Gemeinschaft setzt Hoffnung in Arévalo. Ein regionaler Vertreter der K'iché-Gemeinden etwa sagt: "Wir werden immer gegen Korruption sein, aber auch gegen Ausgrenzung. Deswegen wollen wir, dass so viele wie möglich bei der Verteidigung unserer Demokratie mitmachen." Staatsanwaltschaft verwickelt Allen voran die guatemaltekische Staatsanwaltschaft hatte versucht, den Amtsantritt bis zuletzt zu verhindern. Kistenweise Wahldokumente wurden unter dem Vorwurf der Wahlfälschung beschlagnahmt. Arévalos Mitte-Links-Partei Movimento Semilla wurde zeitweise suspendiert. Gegen die designierte Vizepräsidentin Karin Herrera soll zuletzt ein Haftbefehl geplant worden sein. Dahinter steht ein System aus konservativen Eliten in Staat, Justiz und Medien, das fürchtet, seine Privilegien mit dem Machtwechsel zu verlieren. Auch der scheidende Präsident Alejandro Giammattei wird zu diesem Zirkel gezählt. Als "Pakt der Korrupten" ist das Netzwerk in Guatemala so berühmt wie berüchtigt. Arévalo hat versprochen, als Präsident mit der Korruption im Land aufzuräumen: Guatemala hat sich verändert, und darauf reagieren wir mit unserer Regierung. Wir haben eine einzige Aufgabe: unermüdlich daran zu arbeiten, das Leben der Menschen in unserem Land zu verbessern. Wir wollen ein Land aufbauen, dass künftigen Generationen eine Zukunft bietet. Vater war bereits Präsident des Landes Arévalo ist der Sohn des ersten demokratisch gewählten Präsidenten Guatemalas, Juan José Arévalo. Als ehemaliger Diplomat gilt der 65-Jährige als weltgewandter Politiker, der gut verhandeln kann. Strategisches Geschick wird er auch brauchen, sagt der guatemaltekische Politologe Luis Mack. Denn die Gängelung werde nicht aufhören: "Vielleicht geben sie ihm eine Gnadenfrist. Aber die Gefahr wird weiter bestehen. Sie werden juristische Mittel einsetzen, vielleicht ein Amtsenthebungsverfahren. Diese Bedrohung wird fortbestehen", so Mack. "Das ist wie ein Damoklesschwert, das sie immer wieder einsetzen werden, um die Regierung einzuschüchtern." Um regieren zu können, müsse Arévalo auch mit den etablierten Machtstrukturen zusammenarbeiten. Einige seiner Kabinettsmitgliedern stammen aus vorherigen Regierungen und zählen für viele daher automatisch zum korrupten Establishment. Es ist ein Neuanfang mit Einschränkungen in Guatemala. | /ausland/amerika/guatemala-praesident-102.html |
2024-01-14 | Klimageld nicht mehr in dieser Wahlperiode | Bundesfinanzminister Lindner | Durch den gestiegenen CO2-Preis sind Tanken und Heizen teurer geworden. Forderungen nach einem Ausgleich für die Bürger erteilt FDP-Finanzminister Lindner eine Absage. Ein Klimageld soll es vor der nächsten Wahl nicht geben. | Durch den gestiegenen CO2-Preis sind Tanken und Heizen teurer geworden. Forderungen nach einem Ausgleich für die Bürger erteilt FDP-Finanzminister Lindner eine Absage. Ein Klimageld soll es vor der nächsten Wahl nicht geben. Bundesfinanzminister Christian Lindner will über die Auszahlung des von der Ampel geplanten Klimageldes erst in der nächsten Legislaturperiode entscheiden. "Ab 2025 können wir technisch eine Pro-Kopf-Auszahlung vornehmen. Damit liegen wir im Plan. Ob wir die Förderlandschaft in diese Richtung politisch umbauen, das wird nach der nächsten Wahl zu entscheiden sein", sagte der FDP-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) laut Vorabbericht. Hohe Einnahmen durch CO2-Bepreisung Zuvor hatten Teile der Politik, Ökonomen und Verbraucherschützer die schnelle Auszahlung des Klimageldes gefordert, um den zu Jahresbeginn gestiegenen CO2-Preis für Verbraucher zu kompensieren. Dieser macht Tanken und Heizen teurer. Den CO2-Preis für alle fossilen Energieträger wie Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel gibt es in Deutschland seit 2021. Der Verbrauch dieser Rohstoffe wird dadurch teurer, was zum Klimaschutz beitragen soll. Der Preis für den Ausstoß einer Tonne CO2 ist zum Jahreswechsel von 30 auf 45 Euro gestiegen. 2025 soll der Preis 55 Euro betragen. Deutschland ist im vergangenen Jahr erneut eine Rekordsumme aus dem Verkauf von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten zugeflossen - rund 18,4 Milliarden Euro. Das waren rund 40 Prozent mehr als 2022, wie die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) mitgeteilt hatte. Das Geld fließt demnach vollständig in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem Energiewende- und Klimaschutz-Maßnahmen finanziert werden. CO2-Zertifikate anderweitig genutzt Lindner sagte, die Idee des Klimageldes sei es, den Menschen die Einnahmen aus dem CO2-Preis pro Kopf zurückzuüberweisen. "Gegenwärtig werden die Einnahmen aber genutzt für die Förderung von Heizungen, Gebäudesanierung, grüner Stahlproduktion, Ladesäulen für E-Autos und so weiter. Kurz gesagt, weil ein Haushalt eine Wärmepumpe gefördert bekommt, können in dem Jahr einige Hundert andere kein Klimageld ausbezahlt bekommen. Man kann das Geld nicht zweimal ausgeben. Das Klimageld würde also die Förderungen, die wir jetzt haben, ersetzen", sagte er der NOZ. Über einen solchen Systemwechsel kann aus seiner Sicht erst nach der nächsten Bundestagswahl entschieden werden. SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag dazu vereinbart: "Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld)." Wenn der CO2-Preis aus Klimaschutzgründen steigt, soll es zum Ausgleich Geld aufs Konto der Bürger geben. Zunächst müssen dazu erst einmal technische Voraussetzungen für eine direkte Auszahlung an die Bürger geschaffen werden. Dies soll laut Bundesfinanzministerium 2025 möglich sein. Kleine und mittlere Einkommen entlasten Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hatte zuvor ein sofortiges staatliches Klimageld als Ausgleich für steigende Energiepreise gefordert. "Vom Klimageld sollte auch das Signal ausgehen: Ja, Klimaschutz ist wichtig. Aber wir entlasten auch zielgenau Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen", sagte Fratzscher dem Portal "Web.de". Sonst entstehe der Eindruck, dass die Politik teure Dinge wie den CO2-Preis beschließt und die Bürger dann mit den Folgen alleine lässt, kritisierte der Ökonom. Es sei "höchste Zeit", dass die Ampel-Koalition das Klimageld umsetze. Auch die Opposition übte erneut Kritik. "Die Ampel erhöht den CO2-Preis, entlastet die Bürgerinnen und Bürger allerdings nicht durch die gleichzeitige Rückgabe der Einnahmen", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung. So werde ein soziales Ungleichgewicht geschaffen, das die Akzeptanz dieses wichtigen Instruments für Klimaschutz beschädige. | /inland/gesellschaft/klimageld-106.html |
2024-01-14 | Kostenfreies Mittagessen für Kinder empfohlen | Bürgerrat stellt Ergebnisse vor | 160 ausgeloste Teilnehmer haben in einem Bürgerrat über Ernährung diskutiert - und nun ihre Empfehlungen vorgelegt. Wichtigster Vorschlag ist ein kostenloses Mittagessen in Schulen und Kitas. Es gibt aber acht weitere Ratschläge. | 160 ausgeloste Teilnehmer haben in einem Bürgerrat über Ernährung diskutiert - und nun ihre Empfehlungen vorgelegt. Wichtigster Vorschlag ist ein kostenloses Mittagessen in Schulen und Kitas. Es gibt aber acht weitere Ratschläge. Der Bürgerrat "Ernährung im Wandel" hat seine Empfehlungen für den Deutschen Bundestag vorgelegt. Die insgesamt neun Ratschläge wurden Bundestagspräsidentin Bärbel Bas vorgestellt. An Nummer eins steht die Empfehlung, dass es täglich bundesweit für alle Kinder ein kostenfreies und gesundes Mittagessen an Kitas und Schulen geben soll. Das ist zwar Ländersache, der Bund aber solle dies mindestens zur Hälfte finanzieren. Bisher könnten nur armutsgefährdete Kinder ein kostenfreies Mittagessen erhalten. Die Ausweitung solle die gesunde Ernährung von Kindern fördern, so die Empfehlung. Eingeführt werden könne das kostenfreie Mittagessen staffelweise innerhalb von acht Jahren, beginnend in Kitas. Ein Label und neue Mehrwertsteuersätze Außerdem empfehlen die 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrats ein verpflichtendes staatliches Label für bewusstes Einkaufen, die verpflichtende Weitergabe von genießbaren Lebensmitteln durch den Lebensmitteleinzelhandel sowie eine transparente Darstellung von Lebensbedingungen und Herkunft von Tieren. Nötig sei zudem ein neuer Steuerkurs für Lebensmittel. Der Bürgerrat rät außerdem zu einer gesunden, ausgewogenen und angepassten Gemeinschaftsverpflegung in Krankenhäusern, Reha-, Senioren- und sonstigen Pflegeeinrichtungen. Er schlägt eine Verbrauchsabgabe zur Förderung des Tierwohls vor sowie eine Altersgrenze für Energydrinks. Zudem solle es mehr Personal für Lebensmittelkontrollen geben. "Innovatives Beispiel für lebendige Demokratie" Für seine Empfehlungen hatte sich der Bürgerrat an drei Wochenenden getroffen, außerdem fanden Zoom-Meetings statt. "Der erste Bürgerrat des Deutschen Bundestages ist ein gelungenes und innovatives Beispiel für lebendige Demokratie", erklärte Bundestagspräsidentin Bas. Das ausformulierte Bürgergutachten soll am 20. Februar an sie übergeben werden. Bei der Veranstaltung ist eine erste fraktionsübergreifende Diskussion der Empfehlungen mit Fachpolitikerinnen und Fachpolitikern geplant. Zu einem späteren Zeitpunkt wird das Bürgergutachten im Plenum und in Fachausschüssen diskutiert. Ein wissenschaftlicher Beirat, für den alle Fraktionen des Deutschen Bundestages Expertinnen und Experten benannt haben, unterstützte das Gremium bei seiner Arbeit. Bindend für den Gesetzgeber sind die Ideen des Bürgerrats allerdings nicht. In einer "Bürgerlotterie" hatte Bundestagspräsidentin Bas im vergangenen Sommer die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrats gezogen. Dafür waren nach Angaben des Bundestages knapp 20.000 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger angeschrieben worden, mehr als 2.000 von ihnen hätten sich für eine mögliche Mitarbeit im Bürgerrat gemeldet. | /inland/gesellschaft/buergerrat-ernaehrung-100.html |
2024-01-14 | Frederik X. ist neuer König | Thronwechsel in Dänemark | Dänemark hat einen neuen König. Die bisherige Monarchin Margrethe II. unterzeichnete ihre Abdankungsurkunde - damit folgt ihr Sohn Frederik auf den Thron. Tausende Menschen jubelten dem neuen Regenten auf dem Schlossplatz zu. | Dänemark hat einen neuen König. Die bisherige Monarchin Margrethe II. unterzeichnete ihre Abdankungsurkunde - damit folgt ihr Sohn Frederik auf den Thron. Tausende Menschen jubelten dem neuen Regenten auf dem Schlossplatz zu. Dänemarks Königin Margrethe II. hat abgedankt und nach 52 Jahren Regentschaft den Thron an ihren Sohn Frederik übergeben. Die 83-Jährige unterzeichnete in Kopenhagen ihre Abdankungserklärung. Ihr 55-jähriger Sohn, der bisherige Kronprinz Frederik, folgt ihr als König Frederik X. auf dem Thron nach. Symbolisch nahm der bisherige Kronprinz daraufhin den Platz seiner Mutter am Tisch ein. "Gott schütze den König", sagte Margrethe, als sie den Saal verließ, dann fuhr sie zurück nach Schloss Amalienborg. Damit ist der Thronwechsel formal vollzogen und der bisherige Kronprinz Frederik neuer König von Dänemark. Frederiks Frau Mary, die australischer Abstammung ist, ist damit von der Kronprinzessin zur Königin geworden. Ihr ältester Sohn, der 18-jährige Christian, bekommt den Titel des Kronprinzen. Ein ergriffener Frederik mit Familie auf dem Balkon Um 15.00 Uhr hat Ministerpräsidentin Mette Frederiksen vom Balkon des Schlosses Frederik X offiziell zum neuen König ausgerufen. "Lang lebe der König", rief die Ministerpräsidentin bei der Proklamation des Thronwechsels auf dem Balkon von Schloss Christiansborg in Kopenhagen. Im Anschluss brach lauter Jubel unter den Tausenden Menschen vor dem Schloss aus. "Hurra! Hurra! Hurra!", schallte es über den Schlossplatz und durch die angrenzenden Straßen. Frederik wirkte extrem ergriffen, hatte Tränen in den Augen. Schließlich winkte er mit seiner Frau, der neuen Königin Mary, vom Balkon. Auch die vier gemeinsamen Kinder kamen auf den Balkon. Kurzfristig gab Margrethe ihre Entscheidung bekannt Es ist das erste Mal seit fast 900 Jahren, dass ein dänischer Monarch freiwillig den Thron räumt. Margrethe hatte ihre Abdankung in ihrer Neujahrsansprache angekündigt. Sie begründete den Schritt mit einer größeren Rückenoperation, die sie im Februar 2023 über sich ergehen lassen musste. Die Operation habe sie zum Nachdenken gebracht, ob es nicht an der Zeit sei, die Verantwortung an die nächste Generation weiterzugeben, sagte die Monarchin in ihrer Ansprache, die am Silvesterabend traditionell aufmerksam von der dänischen Bevölkerung verfolgt wird. Sogar Ministerpräsidentin Frederiksen war bis kurz vor der Ankündigung nicht über den Plan der Königin informiert gewesen, ihrem Sohn den Thron überlassen zu wollen. Thronfolger Frederik und dessen Bruder Joachim seien drei Tage vorab informiert worden, berichtete die Zeitung "Berlingske" unter Berufung auf den Königspalast. Ungewöhnlicher Schritt in Dänemark Der Schritt ist in Dänemark äußerst ungewöhnlich: Anders als beispielsweise in den Niederlanden ist es in den skandinavischen Königshäusern generell nicht üblich, vor dem Tod abzudanken. Nach Angaben des Königshauses in Kopenhagen hatte das letzte Mal im Jahr 1146 ein dänischer Regent auf diese Weise freiwillig auf den Thron verzichtet. Margrethe selbst hatte immer wieder betont, ihr Amt bis zum Tod erfüllen zu wollen. Margrethe war 31 Jahre alt, als sie am 14. Januar 1972 den dänischen Thron bestieg. Wenige Stunden zuvor war ihr Vater, König Frederik IX. an den Folgen einer Lungeninfektion gestorben. | /ausland/europa/thronwechsel-daenemark-frederik-margrethe-100.html |
2024-01-14 | Zukunft des Ladens ist smarter und einfacher | Verkehrswende | Für das Laden von E-Autos haben Hersteller viele innovative Ideen. Unkompliziert soll es sein und eingebunden in intelligente Systeme. E.ON testet neue Lösungen ab jetzt in seinem Innovationszentrum. Von Carolyn Wißing. | Für das Laden von E-Autos haben Hersteller viele innovative Ideen. Unkompliziert soll es sein und eingebunden in intelligente Systeme. E.ON testet neue Lösungen ab jetzt in seinem Innovationszentrum. Von Carolyn Wißing, WDR Minus 33 Grad zeigt die Anzeige außen an der großen Kühlkammer. Drinnen steht eine Ladesäule für Elektrofahrzeuge. E.ON testet hier, wie ein Ladevorgang bei Extremtemperaturen abläuft. Es ist eine von insgesamt 25 Prüfstationen im neuen Test- und Innovationszentrum für Elektromobilität in Essen. Der Energiekonzern, der selbst keine Ladeinfrastruktur herstellt, aber Tausende Ladepunkte in Europa betreibt, will hier die Hardware seiner Partnerunternehmen erproben und an innovativen Ladelösungen arbeiten. In einer anderen Ecke der etwa 10.000 Quadratmeter großen Testhalle steht ein E-Auto, in dem ein Ladekabel steckt. In diesem Fall aber geht nicht Strom in das Fahrzeug hinein, sondern Strom fließt raus und versorgt hier zur Veranschaulichung einen Heißgetränkebereiter. "Bidirektionales Laden ist sicherlich der nächste große Wurf in Sachen Ladeinfrastruktur", erklärt Mathias Wiecher von E.ON. Fokus liegt auf bidirektionalem Laden Das Elektroauto wird dabei sozusagen zum Stromspeicher fürs Haus. Wenn etwa eine Photovoltaikanlage auf dem Dach bei Sonneneinstrahlung Strom produziert, der aber in dem Moment nicht im Haus verbraucht wird, kann er in der Autobatterie zwischengespeichert und bei Bedarf später zurück in den Hauskreislauf gespeist werden. "Die Technik in den Fahrzeugen und die Infrastruktur werden dafür wahrscheinlich ab 2025 bereit sein. Allerdings hinkt die Gesetzgebung in Deutschland hinterher", so Wiecher. In einigen Jahren soll es auch möglich sein, dass E-Autos überschüssigen Strom in das lokale Energienetz einspeisen. E-Autos wären damit eine flexible Speicheroption im gesamten deutschen Stromsystem, das aufgrund der Umstellung auf Erneuerbare Energien bald deutlich mehr Schwankungen unterliegt. Das unidirektionale - also das einfache - Laden von E-Autos kann dabei auch schon ein großer Hebel sein, erklärt Matthias Kühnbach vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme. Er erforscht, wie sich E-Autos so einsetzen lassen, dass sie dem Stromsystem dienen können und gleichzeitig alle Mobilitätsbedürfnisse der Fahrer erfüllen. Intelligente Energiemanagementsysteme, die mit der Wallbox zu Hause gekoppelt sind, werden dafür benötigt. E-Autos als flexible Stromspeicher In einem solchen System kann ein Fahrer zum Beispiel hinterlegen, dass das E-Auto am nächsten Tag nicht gebraucht wird. "Dann wird dementsprechend nicht abends geladen, wenn tendenziell alle Leute Strom konsumieren, sondern dieser Ladevorgang wird dann verschoben auf den Zeitpunkt, wenn viel Energie im Strommarkt ist und die Preise niedrig sind", sagt Kühnbach. Die Herausforderung bei einem solchen intelligenten Laden sei die Kommunikation zwischen den verschiedenen Geräten. Das Fahrzeug muss etwa mit der Ladestation kommunizieren und es braucht von außen Informationen über die vorhandene Strommenge am Markt. Auch dafür gibt es im Testzentrum von E.ON Versuchsaufbauten. Wenige Meter weiter hängen an einer Wand dutzende Wallboxen. Sie alle sind von verschiedenen Herstellern und bringen unterschiedliche Eigenschaften mit. Der Hersteller Compleo lässt hier eines seiner Geräte testen, das eine besonders hohe Ladeleistung und damit schnelles Laden bieten soll. "Wir wollen hundertprozentig sicher sein, dass wir das Gerät erst dann verkaufen, wenn es nicht nur zuverlässig funktioniert. Wir wollen auch sichergehen, dass es nutzerfreundlich ist", sagt Jörg Lohr von Compleo. Es muss einfach sein Der Ladeinfrastrukturhersteller aus Dortmund entwickelt ständig neue Produkte für den Markt, so Lohr: "Wenn wir über Innovation im Bereich der Ladeinfrastruktur reden, dann ist unsere Strategie, nicht das nächste Killer-Feature zu erfinden und noch bessere und noch schönere und noch größere Infrastruktur zu haben, sondern die Einfachheit des Ladevorgangs voranzubringen." "Plug-and-charge" (übersetzt "Reinstecken-und-Laden") ist da ein entscheidendes Stichwort in der Branche. Mit diesem System sollen Kunden an öffentlichen Ladestationen bald deutlich einfacher laden können - ohne Bezahlkarten, ohne aufwändige Authentifizierung, mit automatischer Abrechnung. Die Ladesäule erfasst mit Einstecken des Kabels alle notwendigen Informationen zum Fahrzeug. Eine entsprechende internationale Norm gibt es dafür schon. "Das muss in der Industrie nur endlich konsequent umgesetzt werden", mahnt Lohr. Kompliziertes Laden und undurchsichtige Bezahlstrukturen sind aus seiner Sicht immer noch das größte Hindernis für die Massenakzeptanz von E-Mobilität. | /wirtschaft/verbraucher/a-auto-laden-eon-100.html |
2024-01-14 | VW streicht Gehaltserhöhung für Manager | Sparprogramm bei Autobauer | Der Autobauer Volkswagen steckt in der Krise und hat sich ein striktes Sparprogramm verordnet. Nun wurden bereits geplante Gehaltserhöhungen für Manager gestrichen. Auch der Konzernvorstand soll auf Geld verzichten. | Der Autobauer Volkswagen steckt in der Krise und hat sich ein striktes Sparprogramm verordnet. Nun wurden bereits geplante Gehaltserhöhungen für Manager gestrichen. Auch der Konzernvorstand soll auf Geld verzichten. Managerinnen und Manager bei Volkswagen sollen weniger Geld bekommen als geplant. Eine in Aussicht gestellte Inflationsprämie in Höhe von 1.000 Euro für die Manager und Managerinnen der Volkswagen AG sowie eine Entgelterhöhung um 3,3 Prozent zum 1. Mai soll es nicht geben, wie eine Unternehmenssprecherin bestätigte. Das solle dabei helfen, die operative Ergebnismarge in 2026 auf 6,5 Prozent zu steigern. Zuvor hatte das "Handelsblatt" darüber berichtet. Demnach solle das Geld wegen des schlechten Marktumfeldes nicht ausgezahlt werden. Auch der Konzernvorstand um Oliver Blume wolle aus Solidarität auf Geld verzichten. Die Unternehmenssprecherin sagte: "Mitglieder im Management tragen eine besondere Verantwortung für das Unternehmen und üben eine wesentliche Vorbildfunktion aus, die gerade in der aktuellen Situation zum Tragen kommt." Volkswagen hatte sich Ende Dezember nach monatelangem Ringen mit dem Betriebsrat auf Eckpunkte eines milliardenschweren Sparprogramms geeinigt. Die Personalkosten der Kernmarke Volkswagen sollen im Verwaltungsbereich um 20 Prozent sinken, auf betriebsbedingte Kündigungen wird aber verzichtet. Größere Einsparungen soll es bei Material- und Fixkosten geben. | /wirtschaft/unternehmen/volkswagen-boni-100.html |
2024-01-14 | Kritik an hohem Eigenanteil bei der Pflege | Sozialverband VdK | Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, doch die Unterbringung in einem Heim wird immer teurer. Der Sozialverband VdK fordert nun eine grundlegende Reform. Die Pflege werde zunehmend zu einem privaten Risiko. | Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, doch die Unterbringung in einem Heim wird immer teurer. Der Sozialverband VdK fordert nun eine grundlegende Reform. Die Pflege werde zunehmend zu einem privaten Risiko. Der Sozialverband VdK hat die hohen Eigenanteile bei der Unterbringung in einem Pflegeheim kritisiert. "Ein monatlicher Eigenanteil im ersten Jahr von rund 2.500 Euro karikiert den Begriff Versicherung", erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele. "Das darf eine Gesellschaft, die Pflege als wichtige Aufgabe schätzt, nicht hinnehmen." Die Unterbringung im Pflegeheim werde immer teurer, kritisierte Bentele. Immer höhere Personal- und Sachkosten seien die Ursache für diese Preissteigerungen, welche nicht mehr durch die staatlichen Zuschüsse gedeckt werden könnten. Durch die Kostenexplosion werde Pflege immer weiter zu einem privaten Risiko - "und die Politik sieht zu und steuert nicht ausreichend dagegen", so Bentele. Nachhaltiges Finanzierungskonzept gefordert Die VdK-Präsidentin betonte, dass immer weiter ansteigenden Eigenanteile unweigerlich wieder auf den Staat zurückfallen würden: wenn die betroffenen Menschen Sozialhilfe und damit eine steuerfinanzierte Leistung beantragten. Sie forderte stattdessen ein nachhaltiges Finanzierungskonzept für die Pflegeversicherung. Diese müsse sich zu einer Vollversicherung für alle pflegebedingten Kosten entwickeln. "Dabei muss die Pflegeversicherung wieder alle Kosten, die durch die Pflege entstehen, übernehmen und refinanzieren." Experten erwarten steigende Pflegebeiträge Angesichts weiter steigender Ausgaben der gesetzlichen Pflegeversicherung sagen Gesundheitsexpertinnen und Gesundheitsexperten für die nächsten Jahre weitere deutliche Beitragserhöhungen voraus. Wie "Bild" am Samstag meldete, rechnet der Düsseldorfer Ökonom Jürgen Wasem bis 2040 mit einem Anstieg der Sätze um deutlich mehr als ein Viertel. "Die Kostenlawine in der Pflege kommt. Klar ist, dass der Beitragssatz weiter deutlich steigen wird in den nächsten 15 Jahren: auf mehr als fünf Prozent", sagte Wasem. Grund sei eine Verdoppelung der Pflegekosten auf mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr. Der Münchner Gesundheitsökonom Günter Neubauer rechnet laut Zeitung bis 2040 sogar mit einem Anstieg des Beitragssatzes auf bis zu 6,25 Prozent. Grund sei der starke Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen. FDP will private Vorsorge zur Pflege stärken Unterdessen wandte sich die FDP gegen eine Belastung der Arbeitgeber bei neuen Formen privater Vorsorge. Eine paritätische Finanzierung von privaten Pflegebeiträgen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei mit der FDP nicht zu machen, sagte der pflegepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Jens Teutrine, der "Bild"-Zeitung. "Klar ist, dass es gerade in der aktuellen Situation keine Mehrbelastung für die Wirtschaft und einseitige Lasten für jüngere Generationen geben darf." Die FDP wolle die private Vorsorge zur Pflege stärken, aber "zum Beispiel über bessere Absetzbarkeit von Pflegebeiträgen und einer steuerlichen Gleichstellung der Betriebspflege zur Betriebsrente", sagte Teutrine. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf geeinigt, eine paritätische Finanzierung privater Pflegebeiträge zu prüfen, um eine finanzielle Überbelastung im Alter zu verhindern. Eine Expertenkommission arbeitet derzeit an einem Konzept. Man sei gespannt auf die Ergebnisse der Expertinnen und Experten und die Vorschläge des Gesundheitsministers, sagte Teutrine. | /inland/vdk-kritik-pflegebeitrag-100.html |
2024-01-14 | Israel zwischen Gedenken und Entschlossenheit | 100 Tage nach Hamas-Angriff | In ganz Israel gedenken die Menschen der Opfer des Hamas-Überfalls, Angehörige Verschleppter fordern weiter eine Verhandlungslösung. Premier Netanyahu bekräftigte: Der Krieg ende nicht vor einem "endgültigen Sieg". Von Tim Aßmann. | In ganz Israel gedenken die Menschen der Opfer des Hamas-Überfalls, Angehörige Verschleppter fordern weiter eine Verhandlungslösung. Premier Netanyahu bekräftigte: Der Krieg ende nicht vor einem "endgültigen Sieg". Von Tim Aßmann, zzt. Tel Aviv Auf dem sogenannten Platz der Geiseln in Tel Aviv hat am Samstagabend die 24-Stunden-Kundgebung begonnen, mit der an das Schicksal der noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln erinnert wird. Eine der ersten Rednerinnen: die Deutsch-Israeli Raz Ben Ami. Sie wurde entführt und kam frei. Ihr Mann Ohad nicht. Sie sagt: "45 Tage sind nun vergangen, seit ich aus der Geiselhaft im Gazastreifen befreit wurde. Solange Ohad nicht wieder nach Hause kommt, fühlt es sich für mich aber noch so an, als wäre ich noch immer eine Geisel." Am 100. Tag seit dem Hamas-Überfall vom 7. Oktober gibt es in ganz Israel Veranstaltungen, mit denen an die Terrorattacke erinnert wird. Am Vormittag legten viele Beschäftigte in Betrieben, Geschäften, Cafés und Schulen aus Solidarität mit den Geiseln für 100 Minuten die Arbeit nieder. Die Familien der Verschleppten wollen den Druck auf die israelische Regierung erhöhen. Sie verlangen eine Verhandlungslösung, um die Entführten freizubekommen. Zu der Massenkundgebung am Beginn der Gedenkveranstaltungen in Tel Aviv kamen nach Veranstalterangaben gestern Abend rund 120.000 Menschen. Frühere Geisel: "Schließt euch uns an!" Die 85 Jahre alte Yocheved Lifshitz, die ebenfalls in Geiselhaft war und freigelassen wurde, appellierte an die Bevölkerung: "Ich rufe das ganze Volk Israel auf, sich unserem Marsch anzuschließen und die Stimme zu erheben mit der Forderung, alle Geiseln freizulassen. Niemand darf dort zurückgelassen werden. Volk Israels, Ihr seid stark, Ihr könnt das machen! Schließt Euch uns an!" Auch Benjamin Netanyahu wandte sich gestern Abend ans Volk und er warb für eine Fortführung der Kämpfe im Gazastreifen. "Niemand wird uns stoppen", sagte Israels Premierminister. "100 Tage sind seit diesem schrecklichen Tag vergangen, an dem unsere Bürger massakriert und entführt wurden. Wir werden den Krieg bis zum Ende weiterführen, bis zum endgültigen Sieg, bis all unsere Ziele erreicht sind." Heftige Kämpfe gehen weiter Generalstabschef Herzi Halevi richtete sich in einer Videobotschaft an die Israelis und verteidigte die bisherige Strategie. Der Kampf gegen die Hamas eröffne Möglichkeiten, um die Geiseln freizubekommen, erklärte Halevi. Die heftigen Kämpfe im Gazastreifen dauern an, die Zahl der Todesopfer steigt und eine Feuerpause, in der das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung gelindert werden könnte, ist nicht in Sicht. Im israelischen Grenzgebiet zum Libanon bleibt die Lage angespannt. In der vergangenen Nacht kam es erneut zu einem Schusswechsel. Die israelische Armee erklärte, eine Gruppe von Terroristen sei über die Grenze gekommen und habe auf eine Militärpatrouille geschossen. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert und vier Angreifer getötet. An Israels Nordgrenze kommt es immer wieder zu Gefechten zwischen der Armee und der libanesischen Hisbollah-Miliz. | /ausland/asien/gedenken-israel-100.html |
2024-01-14 | Spahn will härtere Sanktionen beim Bürgergeld | Verfassungsänderung angeregt | Die geplanten Verschärfungen beim Bürgergeld reichen ihm nicht: Der CDU-Politiker Spahn will Menschen, die ein Jobangebot nicht annehmen, die Unterstützung streichen. Dafür müsse notfalls die Verfassung geändert werden. Die Kritik am Vorstoß ist scharf. | Die geplanten Verschärfungen beim Bürgergeld reichen ihm nicht: Der CDU-Politiker Spahn will Menschen, die ein Jobangebot nicht annehmen, die Unterstützung streichen. Dafür müsse notfalls die Verfassung geändert werden. Die Kritik am Vorstoß ist scharf. Unionsfraktionsvize Jens Spahn hat noch schärfere Sanktionen beim Bürgergeld angeregt. "Menschen, die arbeiten können und ein Jobangebot erhalten, dies aber nicht annehmen, sollten im Grunde kein Bürgergeld mehr bekommen", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dafür bringt er auch eine Verfassungsänderung ins Spiel: "Wenn hier eine generelle Streichung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht gedeckt ist, sollten wir eben die Verfassung ändern", betonte Spahn. Weiter erklärt er: "Wem ein Angebot gemacht oder wer gefördert wird, hat die Pflicht, dies auch zu nutzen. Wer sich dann immer noch verweigert, kann sich nicht darauf verlassen, durch andere finanziert zu werden. Das lässt sich so auch in die Verfassung aufnehmen." Die von der Bundesregierung geplanten Sanktionsverschärfungen im Bürgergeld wertete er als ersten Schritt in die richtige Richtung, der aber noch lange nicht reiche. SPD: "Populistisch und planlos" Widerspruch zu dem Vorstoß von Spahn kam aus der SPD-Bundestagsfraktion. "Das ist ohne Kopf und Verstand. Es geht um Menschen und vor allem auch um Kinder. Das ist populistisch und planlos", schrieb die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, auf der Plattform X (vormals Twitter). Social-Media-Beitrag auf X von Katja Mast: "Neuer CDU-Vorschlag zum #Bürgergeld - Sorry, das ist ohne Kopf und Verstand. Es geht um Menschen und vor allem auch um Kinder. Das ist populistisch und planlos. https://t.co/O1CmLQWMxg pic.twitter.com/ERJomGJjq7" Auch von Linken-Chefin Janine Wissler kommt scharfe Kritik: "Dieser Vorstoß ist schockierend und zeigt einmal mehr, wie weit die CDU zu gehen bereit ist, um die Ärmsten unserer Gesellschaft zu schikanieren", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Der Vorstoß sei ein "klarer Angriff auf soziale Grundrechte" und ein "gefährlicher Weg, der nicht nur das soziale Gefüge, sondern auch die Grundfesten des Grundgesetzes erschüttern" würde, so Wissler weiter. IG Metall spricht von Symbolpolitik IG-Metall-Chefin Christiane Benner kritisierte die geplante Verschärfung der Sanktionen beim Bürgergeld als "reine Symbolpolitik". "Wir haben eine äußerst geringe Zahl radikaler Jobverweigerer", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Benner kritisierte: "Hier wird nach unten getreten, obwohl es schwarze Schafe häufig auf der Kapitalseite gibt - Steuerflucht, Betrug, Täuschung. Und die verursachen größeren Schaden, auch gesellschaftlich, als die wenigen Bürgergeldempfänger, auf die sich die Diskussion gerade einschießt." Maximal zwei Monate kein Bürgergeld Das Kabinett hatte am Montag grünes Licht für die geplanten Verschärfungen beim Bürgergeld gegeben. So sollen Jobcenter künftig Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen können, wenn die Betroffenen eine Arbeitsaufnahme nachhaltig verweigern. "Die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme muss tatsächlich und unmittelbar bestehen und willentlich verweigert werden", heißt es nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa im entsprechenden Entwurf eines Haushaltsfinanzierungsgesetzes. Die Regierung beruft sich darauf, dass das Verfassungsgericht grundsätzlich auch einen kompletten Leistungsentzug als möglich erachtet hat, wenn ein Bürgergeld-Empfänger ohne wichtigen Grund ein konkret bestehendes und zumutbares Arbeitsangebot verweigert. | /inland/innenpolitik/spahn-buergergeld-100.html |
2024-01-14 | Wieder Vulkanausbruch auf Island | Grindavik erneut betroffen | Auf Island ist erneut ein Vulkan ausgebrochen. Zuvor hatte es mehrere Erdbeben gegeben. Wieder traf es den Ort Grindavik, dessen Bewohner in Sicherheit gebracht wurden. Schon vor einem Monat war es dort zu einer Eruption gekommen. | Auf Island ist erneut ein Vulkan ausgebrochen. Zuvor hatte es mehrere Erdbeben gegeben. Wieder traf es den Ort Grindavik, dessen Bewohner in Sicherheit gebracht wurden. Schon vor einem Monat war es dort zu einer Eruption gekommen. Innerhalb weniger Wochen ist auf Island nördlich von Grindavik wieder ein Vulkan ausgebrochen. In Aufnahmen des isländischen Rundfunksenders RÚV war am Morgen zu sehen, wie auf der Reykjanes-Halbinsel südwestlich von Reykjavik erstmals seit Mitte Dezember wieder glutrote Lava aus einem langen Erdspalt sprudelte. Erdbebenserie mit 200 Erschütterungen Wenige Stunden vor der Eruption wurde eine neue intensive Erdbebenserie mit mehr als 200 Erschütterungen verzeichnet. Die zunächst heftigste hatte am frühen Morgen die Stärke 3,5. Die isländische Wetterbehörde warnte davor, dass Magma unterhalb der Erdoberfläche in Bewegung sei und die Wahrscheinlichkeit einer Eruption hoch sei. Die Bewohner des Fischerorts Grindavik wurden vorsorglich evakuiert. Nördlich des Ortes war bereits mit dem Bau eines Schutzwalls begonnen worden. Dennoch fließt nun Lava in Richtung Grindavik, hieß es. Island ist aktivste Vulkanregion Europas Zuletzt war es in dem Gebiet am späten Abend des 18. Dezembers zu einem Ausbruch gekommen, als Lava zunächst aus einer mehrere Kilometer langen Erdspalte sprudelte. Diese Eruption - es war die vierte auf der Halbinsel innerhalb von drei Jahren - nahm jedoch innerhalb weniger Tage deutlich an Intensität ab. Bereits vor Weihnachten war keine Lava mehr an der Erdoberfläche sichtbar gewesen. Island ist mit mehr als 30 aktiven Vulkansystemen die größte und aktivste Vulkanregion Europas. Der Inselstaat im Nordatlantik liegt auf dem sogenannten Mittelatlantischen Rücken, der die eurasische und die nordamerikanische Erdplatte trennt. | /ausland/europa/island-vulkan-128.html |
2024-01-14 | Der Westen gratuliert - Peking ist verärgert | Lai siegt bei Taiwan-Wahl | Taiwan hat den China-Kritiker Lai zum Präsidenten gewählt und der Westen gratuliert. Insbesondere die Gratulationen aus den USA verärgern China. Washington sende damit ein "falsches Signal". Taiwan erwartet am Abend eine US-Delegation. | Taiwan hat den China-Kritiker Lai zum Präsidenten gewählt und der Westen gratuliert. Insbesondere die Gratulationen aus den USA verärgern China. Washington sende damit ein "falsches Signal". Taiwan erwartet am Abend eine US-Delegation. Die chinesische Regierung hat sich bei den USA offiziell über die Erklärung Washingtons zur Wahl in Taiwan beschwert. Die USA verstießen damit gegen ihre eigene Zusage, nur Kultur- und Handelsbeziehungen oder anderen inoffiziellen Austausch mit Taiwan zu unterhalten, teilte das Außenministerium in Peking mit. Das sende "ein falsches Signal an die separatistischen Kräfte" in Taiwan. Die Taiwan-Frage stehe im Zentrum der Kerninteressen Chinas und stelle die "erste rote Linie" dar, die in den Beziehungen zwischen China und den USA nicht überschritten werden dürfe. Der bisherige Vize-Präsident Lai Ching-te hatte die Präsidentenwahl am Samstag gewonnen. Er tritt für die Eigenständigkeit Taiwans ein. China betrachtet das demokratisch regierte und industriell hoch entwickelte Taiwan als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll - notfalls mit militärischer Gewalt. Das US-Außenministerium hatte am Samstag nach dem Sieg Lais Glückwünsche geschickt. Man freue sich, mit Lai und den Spitzen aller Parteien Taiwans zusammenzuarbeiten, um gemeinsame Interessen und Werte voranzubringen, und die langjährige inoffizielle Beziehung zu fördern, teilte das US-Außenamt mit. Die USA sind ein enger Verbündeter Taiwans und hatten für den Fall eines Konflikts mit China Hilfe bei der Verteidigung zugesichert. Taiwan verwahrt sich gegen Äußerungen aus Peking Das chinesische Außenministerium hatte zudem in einer Mitteilung erklärt: "Die Taiwan-Frage ist eine interne Angelegenheit. Welche Veränderungen auch immer in Taiwan stattfinden, die grundlegende Tatsache, dass es nur ein China auf der Welt gibt und Taiwan Teil Chinas ist, wird sich nicht ändern." Darauf reagierte Taiwan umgehend und verwahrte sich gegen "irreführende Kommentare" aus China zum Ausgang der Wahlen. So sei die genannte Aussage "völlig unvereinbar mit dem internationalen Verständnis und der aktuellen Situation in der Taiwanstraße". Sie widerspreche dem Willen des taiwanischen Volkes und der Erwartung der demokratischen Gemeinschaften weltweit. Deutschland für "Erhalt des Status quo" Neben den USA gratulierten auch zahlreiche weitere Regierungen den Wahlsiegern in Taiwan und würdigten die demokratische Tradition des Landes. Die Bundesregierung teilte mit: Die freien und friedlichen Wahlen in Taiwan haben erneut gezeigt, wie stark die Demokratie in Taiwan verwurzelt ist und wie sehr die Wählerinnen und Wähler mit demokratischen Werten verbunden sind. Die Bundesregierung gratuliere allen Wählerinnen und Wählern, den Kandidatinnen und Kandidaten, die an diesen Wahlen teilgenommen haben, sowie den Gewählten, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Weiter hieß es: "Deutschland unterhält in vielen Bereichen enge und gute Beziehungen mit Taiwan und möchte diese, im Einklang mit der deutschen Ein-China-Politik, weiter ausbauen". Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan seien von entscheidender Bedeutung für die Region und weit darüber hinaus. "Deutschland setzt sich für den Erhalt des Status quo und Vertrauensbildung ein." Eine Änderung des Status quo dürfe nur friedlich und in gegenseitigem Einvernehmen erfolgen. "Wir hoffen, dass beide Seiten ihre Bemühungen zur Wiederaufnahme eines Dialogs weiter vorantreiben." Gratulationen aus Europa Glückwünsche kamen auch aus Großbritannien: Außenminister David Cameron gratulierte Lai und der DPP zu seinem Sieg und sagte, er hoffe, dass Taiwan und China ihre Bemühungen um eine friedliche Lösung ihrer Differenzen erneuern würden. "Die heutigen Wahlen sind ein Beweis für Taiwans lebendige Demokratie", sagte er in einer Erklärung. "Ich hoffe, dass die beiden Seiten der Taiwanstraße ihre Bemühungen zur friedlichen Beilegung von Differenzen durch konstruktiven Dialog, ohne Androhung oder Anwendung von Gewalt oder Zwang, erneuern werden." Die EU begrüßte ebenfalls den Ausgang der Wahl. Man beglückwünsche alle Wählerinnen und Wähler, die an dieser demokratischen Übung teilgenommen hätten, teilte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell mit. Taiwan und die EU vereine das Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Frankreich hofft auf eine Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Taipeh und Peking. Frieden und Stabilität in der Meerenge der Taiwanstraße seien entscheidend, teilte das Außenministerium in Paris mit. Alle Seiten sollten den Status quo respektieren. Paris hoffe zudem, dass sich seine Beziehung zu Taiwan weiter vertiefen. Die Wahlen hätten erneut gezeigt, dass die Bürger Taiwans den demokratischen Werten, dem Rechtsstaat und den Menschenrechten verbunden seien. US-Delegation am Abend in Taipeh erwartet Am Abend trifft eine US-Delegation zu einem inoffiziellen Besuch in Taiwan ein. Wie schon bei vorherigen Wahlen habe die US-Regierung frühere US-Regierungsbeamte gebeten, privat nach Taiwan zu kommen, hieß es vom American Institute in Taiwan, die inoffizielle Vertretung der USA in Taipeh. Demnach machten sich der frühere Nationale Sicherheitsberater Stephen Hadley und der ehemalige Vize-Außenminister James Steinberg auf den Weg. Für Montag seien Treffen mit führenden Politikern geplant. Scharfe Kritik an Japan aus Peking Die japanische Außenministerin Yoko Kamikawa gratulierte ebenfalls und sagte: "Wir erwarten, dass die Taiwan-Frage durch einen Dialog friedlich gelöst wird und so zu Frieden und Stabilität in der Region beiträgt." Ihre Glückwünsche wurden in Peking mit Empörung aufgenommen. Die chinesische Botschaft in Tokio bezeichnete die Äußerung der Ministerin als "ernsthafte Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas". Die Regierung in Peking hatte Lai vor der Abstimmung als einen gefährlichen Separatisten bezeichnet. China sieht nach offiziellen Angaben keinen Grund für einen Kurswechsel. Diese Wahl könne den generellen Trend hin zu einer "unausweichlichen Wiedervereinigung" mit dem Festland nicht ändern, teilte der Sprecher des Büros für Taiwan-Angelegenheiten, Chen Binhua, in Peking mit. "Die Ergebnisse der beiden Wahlen zeigen, dass die Demokratische Fortschrittspartei nicht in der Lage ist, die vorherrschende öffentliche Meinung zu repräsentieren", sagte er. Lai hatte China noch am Samstagabend dazu aufgerufen, den Frieden in der Meerenge zwischen beiden Staaten zu wahren. "Ein globaler Frieden hängt vom Frieden in der Taiwanstraße ab", sagte er. Zugleich zeigte er sich für Zusammenarbeit mit China bereit. | /ausland/asien/taiwan-wahlen-120.html |
2024-01-14 | "Das ist ein grundsätzlicher Unmut" | Proteste der Landwirte | Die Proteste der Landwirte sind nach Ansicht von Agrarökonom Henning nicht nur durch den Wegfall von Subventionen zu erklären. Welche Rolle nachhaltige Landnutzung spielt und wie eine Win-win-Situation möglich ist, erklärt er im Interview. | Die Proteste der Landwirte sind nach Ansicht von Agrarökonom Henning nicht nur durch den Wegfall von Subventionen zu erklären. Welche Rolle nachhaltige Landnutzung spielt und wie eine Win-win-Situation möglich ist, erklärt er im Interview. tagesschau.de: Aufhänger für die Proteste sind der Wegfall des Zuschusses für Agrardiesel und von Erleichterungen bei der Kfz-Steuer. Wie viel Geld verlieren die Landwirte denn dabei? Christian Henning: Wenn man das umrechnet, ist es wahrscheinlich am besten, wenn man das pro Hektar macht. Das sind ungefähr 25 Euro pro Hektar. Das sagt vielleicht jetzt noch nicht so viel. Wenn man das in Relation setzt, zum Beispiel im Ackerbau, dann haben wir ungefähr Kosten von 1.000 Euro pro Hektar. Wenn man das wiederum in Relation setzt, dann sind das 2,5 Prozent. Ich denke, man kann konstatieren, dass rein ökonomisch diese hoch emotionalen Proteste nur durch diesen Wegfall nicht zu erklären sind. Ich glaube, das ist eher so ein grundsätzlicher Unmut mit den falschen Signalen seit Jahren aus der Agrarpolitik. tagesschau.de: Sind Unternehmen durch den Wegfall der Zuschüsse existenziell gefährdet? Henning: Im Durchschnitt definitiv nein. Natürlich findet man immer Unternehmen, die schon jetzt in schwierigen Situationen sind. Ungefähr zehn Prozent der Betriebe machen Verlust, schon vor Wegfall dieser Subvention. Wenn dann die Subventionen noch wegfallen, dann ist es sicherlich für sie eine brenzlige Situation. Aber man kann solche Maßnahmen natürlich nicht an einzelnen Härtefällen ausmachen. Im Durchschnitt definitiv nein: Kein signifikanter Eingriff in Richtung Bedrohung der Existenz. tagesschau.de: Um wen geht es hier eigentlich? Sind das in erster Linie Familienbetriebe? Das Bild haben wir ja oft im Kopf. Henning: Ja, das kann man ganz klar sagen. Wir haben in Europa, insbesondere aber auch in Deutschland, eine klar im Familienbetrieb organisierte Landwirtschaft. Es gibt in den neuen Bundesländern auch andere Betriebsformen, die deutlich größer sind, die dann vielleicht auch nicht mehr in der Form des Familienbetriebes geführt werden. Aber um es mal so zu sagen: 90 Prozent der Betriebe sind Familienbetriebe, eher sogar mehr. Christian Henning ist Agrarökonom. Seit 2001 ist er Professor für Agrarpolitik an der Universität Kiel. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören ländliche Entwicklungspolitik, Politiknetzwerkanalyse der Europäischen Agrarpolitik sowie polit-ökonomische Modellierung agrarpolitischer Entscheidungsprozesse in Industrie- und Entwicklungsländern. "Paradigmenwechsel in Richtung nachhaltige Landnutzung" tagesschau.de: Die Kürzung der Subventionen scheint das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben. Wo sehen Sie denn Probleme, die vorher schon da waren und nicht gelöst worden sind? Henning: Ich denke, zentral geht es darum, dass wir so seit zehn, vielleicht 15 Jahren einen Paradigmenwechsel haben in Richtung nachhaltige Landnutzung. Und dass hier die Landwirte insbesondere in den letzten fünf Jahren - Stichwort Zukunftskommission - klar signalisiert haben, dass sie bereit sind, diese Transformation auch mitzugehen. Aber hier müssen eben auch vernünftige agrarpolitische Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Landwirte auch als Unternehmer tatsächlich dann diese Ökosystemleistung Klimaschutz, Biodiversität, dann tatsächlich auch liefern können. Diese Rahmenbedingungen sind bislang überhaupt nicht geschaffen worden, sondern es sind immer so einzelne kleine, symbolträchtige Maßnahmen, im Wesentlichen regulative Maßnahmen, ordnungspolitische Maßnahmen, gerade auch von der Bundesrepublik verabschiedet worden, die am Ende im Gesamtbild überhaupt nicht zielführend sind. Den Zeitpunkt nutzen tagesschau.de: Woran lag das? Wie könnte man das besser machen? Henning: Woran das lag, ist immer schwierig im Detail. Auf der einen Seite sind solche fundamentalen Umstellungen natürlich auch immer Prozesse, die eine gewisse Zeit brauchen und die vielleicht ja auch richtig sind. Und so braucht man vielleicht auch immer so klare Signale, dass da mal Unmut klar signalisiert wird, dass die Politik mal klar adressiert wird, um dann auch entsprechend zu performen, zu reagieren. Man muss diesen Dingen sicherlich Zeit geben, denn das kann man nicht so über Nacht machen. Und auf der anderen Seite liegt es sicherlich auch daran, dass es auch eine gewisse Historie gibt und die eine gewisse Trägheit in der Politik natürlich dann immer bedingt. Und wenn man dann noch als letztes sieht, dass wir ja die Agrarpolitik zum großen Teil auf europäischer Ebene, also gemeinschaftlich durchführen oder die Rahmenbedingungen setzen, dann ist das ein nochmal schwieriger Prozess, weil jeder Nationalstaat ja auch immer seine speziellen Problematiken und Sichtweisen hat. Und so dauern solche Prozesse eben. Das ist meiner Ansicht nach sozusagen aus wissenschaftlicher Sicht eher auch ein natürlicher Prozess. Es ist nur wichtig, wenn man es dann mal formuliert, dass dann auch tatsächlich mal eine Umsetzung stattfindet. Und ich glaube, jetzt ist so ein guter Zeitpunkt, der jetzt hoffentlich auch genutzt wird. Eine Win-win-Situation ist möglich tagesschau.de: Wie kann man aus dieser überhitzten Situation mit einer alle Seiten zufriedenstellenden Lösung rauskommen? Henning: Ich denke, dass gerade der Minister Özdemir da schon einen richtigen Satz oder eine richtige Vorlage gemacht hat. Wir sollten das in jedem Fall gemeinschaftlich lösen. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Und was so schön ist - das vielleicht als positives Signal der Wissenschaft: Diese Transformation, die wir wollen, ist tatsächlich eine Win-win-Situation für die Verbraucher und für die Landwirte. Man muss sie jetzt nur agrarpolitisch richtig gestalten. Wichtig ist, dass man jetzt anfängt, genau diese Rahmenbedingung vonseiten der Politik zu schaffen, dass man also letztendlich Möglichkeiten schafft, dass diese Ökosystemleistungen für die Landwirte quasi zu Produkten werden, die sie dann zu garantierten oder voraussichtlich garantierten Preisen zukünftig liefern können und dann auch in entsprechende Technologien investieren, damit wir langfristig immer nachhaltiger werden. Das Gespräch führte Michail Paweletz für tagesschau24. Für die schriftliche Version wurde es gekürzt und redigiert. | /inland/gesellschaft/bauern-protest-110.html |
2024-01-14 | Nordkorea feuert erneut ballistische Rakete ab | Verstoß gegen UN-Resolutionen | Nordkorea hat Südkorea und Japan zufolge erneut eine ballistische Rakete gezündet. Solche Raketen können mit einem Atomsprengkopf ausgerüstet werden. UN-Beschlüsse verbieten der selbst ernannten Atommacht derartige Tests. | Nordkorea hat Südkorea und Japan zufolge erneut eine ballistische Rakete gezündet. Solche Raketen können mit einem Atomsprengkopf ausgerüstet werden. UN-Beschlüsse verbieten der selbst ernannten Atommacht derartige Tests. Nordkorea hat nach Angaben Südkoreas und Japans erneut eine ballistische Rakete abgefeuert. Sie sei am Sonntag von der Ostküste aus gestartet worden, teilte Südkorea mit. Kurz nach der ersten Meldung über den Start erklärte die japanische Küstenwache, ein Geschoss, bei dem es sich mutmaßlich um die Rakete handele, sei ins Meer gestürzt. Der japanische Sender NHK berichtete, die Rakete sei außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone Japans niedergegangen. UN-Resolutionen verbieten Raketenprogramme Der selbst ernannten Atommacht Nordkorea sind Starts oder auch nur Tests von ballistischen Raketen jeglicher Reichweite durch UN-Beschlüsse verboten. Solche Raketen können auch mit einem Atomsprengkopf ausgerüstet werden. Das Land hatte zuletzt im Dezember eine Interkontinentalrakete getestet, die theoretisch auch die USA erreichen kann. 2006 hatte Nordkorea erstmals einen Atomtest ausgeführt. Im November brachte das Land zudem seinen ersten militärischen Spionagesatelliten ins All. Die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un will die Waffenentwicklung ausweiten, darunter auch jene von taktischen Atomwaffen. Als Reaktion darauf haben Südkorea und die USA ihre Verteidigungszusammenarbeit verstärkt und gemeinsame Militärübungen abgehalten. | /ausland/asien/nordkorea-rakete-188.html |
2024-01-14 | Justizvollzugsbeamte aus Geiselhaft freigekommen | Bandengewalt in Ecuador | In Ecuador sind die von Gefangenen als Geiseln genommenen Justizvollzugsbeamten freigelassen worden. Behörden teilten mit, dass etwa 180 Geiseln freigekommen seien. Ein Wärter sei bei Kämpfen mit den Gefängnisbanden getötet worden. | In Ecuador sind die von Gefangenen als Geiseln genommenen Justizvollzugsbeamten freigelassen worden. Behörden teilten mit, dass etwa 180 Geiseln freigekommen seien. Ein Wärter sei bei Kämpfen mit den Gefängnisbanden getötet worden. Inmitten heftiger Auseinandersetzungen zwischen kriminellen Banden und staatlichen Sicherheitskräften in Ecuador sind nun alle als Geiseln genommene Justizvollzugsbeamte freigekommen. Das teilte die Behörde für Strafvollzug mit. Zunächst waren am Samstag 41 der Geiseln - 24 Gefängniswärter und 17 Verwaltungsangestellte - freigelassen worden. Später wurden auch die übrigen 136 Justizvollzugsbeamten freigelassen, die in mehreren Haftanstalten des südamerikanischen Landes von meuternden Gefangenen festgehalten worden waren. Bei Kämpfen in einem Gefängnis sei ein Wärter getötet und ein weiterer verletzt worden, hieß es weiter. Zuletzt hatten kriminelle Banden in mehreren Haftanstalten gemeutert und zahlreiche Aufseher in ihre Gewalt gebracht. Streitkräfte im Einsatz gegen Gangs Viele Gefängnisse in Ecuador werden von Verbrechersyndikaten kontrolliert. Oftmals sorgen die Sicherheitskräfte lediglich dafür, dass die Gefangenen in den Haftanstalten bleiben. Innerhalb der Mauern bleiben sie sich weitgehend selbst überlassen. Nachdem Bewaffnete am Dienstag während einer live übertragenen Nachrichtensendung ein Studio des staatlichen Fernsehsenders TC Televisión gestürmt und zahlreiche Geiseln genommen hatten, schickte die Regierung die Streitkräfte in den Kampf gegen die Gangs. Präsident Daniel Noboa erklärte per Dekret, dass sich Ecuador in einem internen bewaffneten Konflikt befinde. Er deklarierte 22 kriminelle Gruppen als terroristische Organisationen und nichtstaatliche Kriegsparteien, die auszuschalten seien. Verbindungen zu mexikanischen Kartellen Die Sicherheitslage in Ecuador hatte sich zuletzt dramatisch verschlechtert. Die Mordrate von 46,5 Tötungsdelikten pro 100.000 Einwohner im vergangenen Jahr war die bislang höchste in der Geschichte des einst friedlichen Andenstaates und eine der höchsten Lateinamerikas. Mehrere Banden mit Verbindungen zu mächtigen mexikanischen Kartellen kämpfen um die Kontrolle über die Routen des Drogenhandels. Ecuador ist ein wichtiges Transitland für Kokain aus Kolumbien, Peru und Bolivien, das in die USA und nach Europa geschmuggelt wird. | /ausland/amerika/ecuador-geiselnahme-100.html |
2024-01-14 | Licht und Schatten bei deutschen Reedereien | Schifffahrtsbranche | Beim Stichwort deutsche Reedereien denken die meisten als erstes an den Marktriesen Hapag-Lloyd. Tatsächlich ist die Branche vielfältig, denn viele Reedereien sind klein oder mittelständisch. Von Ingo Nathusius. | Beim Stichwort deutsche Reedereien denken die meisten als erstes an den Marktriesen Hapag-Lloyd. Tatsächlich ist die Branche vielfältig, denn viele Reedereien sind klein oder mittelständisch. Von Ingo Nathusius Es ist nicht die Größe, auf die es ankommt: Das gilt offenbar unter anderem in der Schifffahrt. "Beim Betreiben von Schiffen sind Größenvorteile, die sogenannten Skaleneffekte, nicht so entscheidend", sagt Nikolaus Schües, Präsident des Branchenverbandes BIMCO, "Reedereien sparen nicht unbedingt viel, wenn sie eine große Flotte haben. Als Reeder können Sie auch gut ein paar wenige Schiffe profitabel bewirtschaften". In der Öffentlichkeit tauchen Riesen wie Hapag-Lloyd aus Hamburg auf, die im Rekordjahr 2022 fast 35 Milliarden Euro umsetzten. Der größte Teil deutscher Reedereien sind dagegen inhabergeführte Mittelständler. Der Verband Deutscher Reeder listet gut 170 Mitglieder auf. Darunter sind die Branchenriesen für Linienfahrt, Fährverkehr und Kreuzfahrten. Die meisten Mitglieder sind aber kleine und mittlere Unternehmen, hinter denen Familien oder einzelne Unternehmer stecken. Verschwiegene Hanseaten Beliebt ist die Rechtsform der haftungsbeschränkten Kommanditgesellschaft ("GmbH & Co. KG"), die wenig kaufmännische Transparenz bieten. Familienunternehmen reden ohnehin ungern über Geschäftszahlen. Bei Reedereien kommt noch hanseatische Diskretion dazu. "Die Zahlen von unserem Unternehmen sind doch nicht so interessant", sagt ein deutscher Reeder im Gespräch. Viel lieber sprechen Schiffsunternehmer darüber, wie ihnen der Staat das Leben und damit das Geschäft erschwert. Häufig sind alte Reeder-Familien aus Hamburg und Bremen in der Branche. Die Reederei "Aug. Bolten Wm. Miller's Nachfolger" gehört noch den Erben jenes August Bolten, der das Geschäft 1841 von Gründer William Miller übernommen hatte. Andere Traditionsunternehmen wurden verkauft. Die 200 Jahre alte "F. Laeisz Schifffahrtsgesellschaft" ging von den Laeisz-Erben an eine andere Unternehmerfamilie. Laeisz war berühmt für seine Segelfrachter, von denen der letzte, die Passat, als Jugendherberge in Travemünde liegt. Ihr Schwesterschiff Peking ist Museumsschiff in Hamburg, ein weiteres Schwesterschiff, die Pamir, war 1957 im Sturm gesunken. Die Zeiten der Lastensegler war längst vorbei. Sanierung und Aufschwung In Deutschland sind seit Jahrzehnten Containerschiffe vorherrschend. In den zwei Jahrzehnten vor der Finanzkrise wurden Containerschiffe in Deutschland gern von Privatanlegern über Steuersparmodelle finanziert. Überkapazitäten, schrumpfender Welthandel und Finanzierungsprobleme ließen nach 2008 solche Konstruktionen massenweise pleitegehen. Viele Reedereien vereinbarten damals Sanierungen, was vor allem der damals staatlichen HSH Nordbank und der Commerzbank Milliardenverluste brachte. "Die meisten deutschen Reedereien sind heute solide finanziert," sagt Nikolaus Schües vom Branchenverband Bimco, "Nach der Schifffahrtskrise haben sie Schiffskredite getilgt, kaum neue Schiffe gekauft und zuletzt auch wieder sehr gute Geschäfte gemacht". Nach Corona war die Nachfrage in einem gesundgeschrumpften Markt rasant gewachsen. Reedereien fuhren Riesengewinne ein. Das gelang auch Mittelständlern wie F. Laeisz, die 2022 bei 270 Millionen Umsatz 55 Millionen Gewinn verbuchten. Vergangenes Jahr liefen die Geschäfte nicht mehr phantastisch, aber immer noch gut. Die Branche investiert wieder in neue Schiffe und in Entwicklung und Erprobung neuer Motoren. Lange Zeit hatte manch mittelständischer Reeder Forderungen nach Ersatz für Schiffsdiesel für modisches Gerede gehalten. "Bei der Dekarbonisierung zieht mittlerweile die ganze Branche mit", sagt Branchenkenner Schües, "Das haben alle eingesehen. Natürlich kostet die Umstellung viel Geld. Auf den Turnschuh heruntergerechnet, den wir aus Asien importieren, sind es aber nur kleine Centbeträge". Die Pleite von Bertram Rickmers Guter Geschäftssinn, große Namen und Familientraditionen sind im mittelständischen Reedereigeschäft wichtig. Es schützt aber nicht vor mangelnder Seriosität. Die Rickmers Holding AG ging pleite. Sie gehörte Bertram Rickmers, Spross einer alten Reeder-Familie, an die im Hamburger Hafen der Großsegler Rickmer Rickmers erinnert. Bertram Rickmers starb vergangenes Jahr. Im Unterschied zu seinem Bruder Erck, der sich in Hamburg eines untadligen Rufs erfreut, war Bertram ein umstrittener Geschäftsmann. Auch für seine Reederei war mit der HSH Nordbank ein Sanierungskonzept ausgearbeitet worden. Es hätte Bertram Rickmers' Einfluss drastisch gemindert. Kurz vor Abschluss versuchte Rickmers, das durch eine heimliche Satzungsänderung auszuhebeln. Die Bank verlor Vertrauen, die Reederei wurde abgewickelt. Im Jahr 2017 ging sie pleite. Insolvenzverwalter Jens-Sören Schröder klagt nun gegen die Erben des verstorbenen Pleitiers. Er habe Beweise, dass Rickmers illegal Hunderte Millionen aus der Reederei gezogen hat. Die Gläubiger der Reederei-Anleihe versammelten sich vergangene Woche im Hamburger Literaturhaus, um das weitere Vorgehen zu erörtern. Sie hatten vor zehn Jahren 275 Millionen Euro in eine Schuldverschreibung der Rickmers-Reederei investiert. Nun hoffen sie auf einen Erfolg der Klage. Dann würden sie ihr Geld wiedersehen. Mit Zins und Zinsenszins sind mittlerweile gut 300 Millionen offen. | /wirtschaft/unternehmen/reedereien-100.html |
2024-01-14 | Ein Fingerzeig, nicht nur für China | Chinakritiker siegen bei Taiwan-Wahl | Zum dritten Mal in Folge gewinnt in Taiwan die Demokratische Fortschrittspartei die Wahl. Es ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Taiwaner sich nicht dem Druck Chinas beugen wollen, meint Kathrin Erdmann. Doch überragend ist das Ergebnis nicht. | Zum dritten Mal in Folge gewinnt in Taiwan die Demokratische Fortschrittspartei die Wahl. Es ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Taiwaner sich nicht dem Druck Chinas beugen wollen. Doch überragend ist das Ergebnis nicht. Von Kathrin Erdmann Acht Jahre lang hat Taiwans scheidende Präsidentin Tsai Ing-wen standgehalten. Dem starken Nachbarn China geschickt die Stirn geboten. Den Status Quo ihres Landes verteidigt und sich keinem Druck gebeugt. Für die Fortsetzung dieser Politik gaben ihr vor vier Jahren mehr als 50 Prozent der Taiwanerinnen und Taiwaner ihre Stimme. Mit der jüngsten Wahl hat sich das Volk deutlich dafür ausgesprochen, dass es an diese Politik glaubt, sie für den besten Weg im Umgang mit der Volksrepublik China hält. Trotz aller Militärmanöver, wirtschaftlicher Sanktionen, Hackerangriffe und vielem anderen haben sich die Bürger Taiwans nicht beirren lassen. Das ist beachtlich für eine noch so junge Demokratie. Zugleich zeigt diese Wahl einmal mehr: Demokratie und Regierungsverantwortung sind keine Selbstläufer, sondern müssen täglich und Jahr für Jahr neu erkämpft werden. Kein überragendes Ergebnis eingefahren Taiwan ist vielleicht mit dieser Wahl in der demokratischen Realität angekommen. Der designierte künftige Präsident William Lai hat zwar gesiegt, aber überragend ist sein Ergebnis nicht. Noch dazu hat seine Demokratische Fortschrittspartei ihre Mehrheit im Parlament verloren. Sie wird sich künftig mit der Opposition auseinandersetzen müssen und dort vor allem mit der Volkspartei, die quasi aus dem Stand im Parlament nun zum Zünglein an der Waage werden könnte. Vor allem junge Wählerinnen und Wähler haben dem Kandidaten ihre Stimme gegeben. Sie fühlen sich oft zu wenig gehört, ihre Belange wie hohe Immobilienpreise, stagnierende Löhne und Gehälter sowie soziale Ungleichheit wurden nicht ernst genug genommen. Und wenn das so ist, verhalten sich die Jungen damit jetzt wie die Jugend in anderen Ländern der Welt: Dann wird eine andere Partei gewählt. Sie sind weniger ideologisch orientiert als ihre Eltern, weil sie sich Freiheit und Demokratie nicht erkämpfen mussten. Das hat die Demokratische Fortschrittspartei unterschätzt und einen Denkzettel kassiert. Mehr Dialog mit China Sich nur auf den Konflikt mit China zu konzentrieren, reicht nicht, und die harte Haltung verfängt auch nicht mehr automatisch. Die Wahl ist deshalb von anderen Themen abgesehen auch ein Fingerzeig für mehr Dialog mit China. Der künftige Präsident Lai hat diesen Wink verstanden und in seiner Dankesrede an die Volksrepublik appelliert, miteinander ins Gespräch zu kommen. Zum Wohle der Menschen auf beiden Seiten der Taiwanstraße. Die Volksrepublik hat in einer ersten Reaktion mildere Töne angeschlagen. Vielleicht hat auch sie verstanden, dass ein "Weiter so" nichts bringt, die Taiwanerinnen und Taiwaner davon sogar ziemlich unbeeindruckt geblieben sind. Oder um es noch deutlicher zu sagen: Den Menschen in Taiwan ist es ziemlich wurscht, solange es keinen Krieg gibt. | /kommentar/wahlsieg-taiwan-100.html |
2024-01-14 | Bundesnetzagentur droht Post finanzielle Folgen an | Zehntausende Kundenbeschwerden | Der Chef der Bundesnetzagentur, Müller, hat laut einem Bericht angekündigt, die Post finanziell sanktionieren zu wollen. Auch 2023 habe es wieder Kundenbeschwerden in Rekordhöhe gegeben. Ermahnungen seien nicht mehr ausreichend. | Der Chef der Bundesnetzagentur, Müller, hat laut einem Bericht angekündigt, die Post finanziell sanktionieren zu wollen. Auch 2023 habe es wieder Kundenbeschwerden in Rekordhöhe gegeben. Ermahnungen seien nicht mehr ausreichend. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat sich enttäuscht über die Zuverlässigkeit der Post im abgelaufenen Jahr gezeigt. "Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern über Post- und Paketdienste waren im vergangenen Jahr auf einem ähnlich hohen Niveau wie im bisherigen Rekordjahr 2022", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Damals habe es rund 43.000 Beschwerden gegeben, dreimal so viele wie 2021. Müller kündigte an, künftig mit finanziellen Konsequenzen gegensteuern zu wollen. Bisher sei die Bundesnetzagentur darauf beschränkt, mit den Postdienstleistern zu sprechen oder anlassbezogene Prüfungen durchzuführen, sagte Müller. Doch das neue Postgesetz, das die Bundesregierung in den Bundestag eingebracht habe, sehe mehr Eingriffsbefugnisse der Regulierungsbehörde vor. "Wenn gesetzliche Qualitätsstandards nicht eingehalten werden, sollte das finanzielle Konsequenzen haben", sagte Müller. "Ein erhobener Zeigefinger reicht nicht." Müller sieht Ursache in Personalmangel Der Chef der Regulierungsbehörde führt die Probleme auf Personalmangel zurück. Es gehe um flexiblen Arbeitseinsatz, sagte Müller. "Die Unternehmen müssen sich rechtzeitig um saisonale Arbeitskräfte bemühen, um das Weihnachtsgeschäft zu meistern." Offen ließ Müller, ob seine Behörde der Post zum 1. Januar 2025 eine Portoerhöhung genehmigen würde. Er gehe davon aus, dass die Post zum Jahreswechsel, also nach Ablauf der dreijährigen Genehmigungsperiode, einen neuen Antrag auf den Tisch legen werde. Darüber werde die Netzagentur entscheiden, "wenn wir die Zahlen der Post kennen". | /wirtschaft/unternehmen/bundesnetzagentur-post-100.html |
2024-01-14 | Taiwan wählt China-Kritiker zum Präsidenten | Lai Gewinner der Wahl | In Taiwan bleibt das Präsidentenamt in der Hand der DPP, die für eine Unabhängigkeit von China steht: Wahlsieger ist der bisherige Vizepräsident Lai. Aus Peking hieß es, an der "unausweichlichen Wiedervereinigung" ändere dies nichts. | In Taiwan bleibt das Präsidentenamt in der Hand der DPP, die für eine Unabhängigkeit von China steht: Wahlsieger ist der bisherige Vizepräsident Lai. Aus Peking hieß es, an der "unausweichlichen Wiedervereinigung" ändere dies nichts. Es ist nicht das Ergebnis, das sich die chinesische Führung in Peking gewünscht haben dürfte: Die Menschen in Taiwan haben Lai Ching-te zum neuen Präsidenten gewählt, dessen Demokratische Fortschrittspartei (DPP) für eine Unabhängigkeit Taiwans von China steht. Bei der Präsidentschaftswahl in dem ostasiatischen Inselstaat errang Lai rund 40 Prozent der Stimmen. Er war bisher Stellvertreter von Präsidentin Tsai Ing-wen, die nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten durfte. Taiwan entschied sich damit für den Status quo, vor allem in Bezug auf das Verhältnis zum mächtigen Nachbarn China. Bei der parallel abgehaltenen Parlamentswahl verlor die DPP jedoch ihre absolute Mehrheit, was die künftige Regierungsarbeit erschweren dürfte. "Wir sagen der internationalen Gemeinschaft, dass wir zwischen Demokratie und Autoritarismus auf der Seite der Demokratie stehen", erklärte Lai am Abend. Das angespannte Verhältnis zu China war ein bestimmendes Wahlkampfthema in dem Land mit mehr als 23 Millionen Einwohnern. "Globaler Frieden hängt vom Frieden in der Taiwanstraße ab" Lai rief China noch am Abend dazu auf, den Frieden in der Meerenge zwischen beiden Staaten zu wahren. "Ein globaler Frieden hängt vom Frieden in der Taiwanstraße ab", sagte er. Zugleich zeigte er sich für Zusammenarbeit mit China bereit. Auch Lais Kontrahenten hatten sich für Austausch mit Peking stark gemacht. Für Hou Yu-ih von der chinafreundlichen und konservativen Kuomintang (KMT) und Ko Wen-je von der populistischen Taiwanischen Volkspartei (TPP) stimmten jedoch nur 33,49 Prozent beziehungsweise 26,46 Prozent der Wähler. Hashtag "Taiwan Wahl" in China blockiert China sieht nach dem Sieg Lais nach offiziellen Angaben keinen Grund für einen Kurswechsel. Diese Wahl könne den generellen Trend hin zu einer "unausweichlichen Wiedervereinigung" mit dem Festland nicht ändern, teilte der Sprecher des Büros für Taiwan-Angelegenheiten, Chen Binhua, in Peking mit. "Die Ergebnisse der beiden Wahlen zeigen, dass die Demokratische Fortschrittspartei nicht in der Lage ist, die vorherrschende öffentliche Meinung zu repräsentieren", sagte er. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sorgten offenbar auch bei chinesischen Internetnutzern für großes Interesse: Der Hashtag "Taiwan Wahl" war auf der Onlineplattform Weibo ein Trendthema - bevor er blockiert wurde. In der vom chinesischen Staatssender CCTV für alle Lokalsender produzierten abendlichen Nachrichtensendung wurde die Wahl mit keinem Wort erwähnt. Kritik an Japan Nach dem Wahlsieg Lais gratulierten mehrere Staaten - darunter auch die japanische Außenministerin Yoko Kamikawa. Deren Glückwünsche wurden in Peking mit Empörung aufgenommen. Wie Chinas Botschaft in Tokio mitteilte, sprach man sich entschieden gegen die Erklärung der Ministerin aus. Kamikawa hatte erklärt: "Wir erwarten, dass die Taiwan-Frage durch einen Dialog friedlich gelöst wird und so zu Frieden und Stabilität in der Region beiträgt." Die chinesische Botschaft bezeichnete die Äußerung der Ministerin als "ernsthafte Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas". Gratulation aus mehreren Ländern Die EU begrüßte den Ausgang der Wahl. Man beglückwünsche alle Wählerinnen und Wähler, die an dieser demokratischen Übung teilgenommen hätten, teilte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell mit. Taiwan und die EU vereine das Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Auch die britische Regierung gratulierte Lai, ebenso wie US-Außenminister Antony Blinken. Er fügte hinzu: "Wir gratulieren auch dem taiwanischen Volk, das einmal mehr die Stärke seines robusten demokratischen Systems und seines Wahlprozesses unter Beweis gestellt hat." US-Präsident Joe Biden betonte allerdings, dass sein Land nicht eine Unabhängigkeit Taiwans unterstütze. Expertin: Krieg in der Meerenge unwahrscheinlich Taiwan-Experte Henning Klöter hatte kurz vor der Wahl gesagt, er gehe davon aus, dass Lai im Falle eines Wahlsiegs die Politik der amtierenden Präsidentin Tsai fortsetzen werde. "Das heißt: die Volksrepublik rhetorisch verbal nicht zu offensiv angehen, einen milden Ton anschlagen, aber sich gleichzeitig auf die Position zurückziehen, dass Taiwan quasi bereits unabhängig ist", so Klöter im tagesschau.de-Interview. Nach Einschätzung von Helena Legarda, Expertin für Außen- und Sicherheitspolitik am China-Institut Merics in Berlin, könnte Lais Sieg die Spannungen in der Taiwanstraße aber erhöhen. "Es gibt die Erwartung, dass Peking damit reagiert, den Druck auf Taiwan zu erhöhen", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Möglich seien etwa Militärübungen oder handelspolitische Zwangsmaßnahmen. Einen Krieg in der Meerenge hielt die Expertin allerdings für unwahrscheinlich. Lai: Offizielle Unabhängigkeitserklärung unnötig Als Taiwanstraße wird die etwa 180 Kilometer breite Meerenge zwischen der Insel Taiwan und der chinesischen Provinz Fujian bezeichnet. Für den internationalen Handel ist sie äußert wichtig. Mittlerweile lässt Pekings Volksbefreiungsarmee regelmäßig als Machtdemonstration Kampfflieger in Taiwans Luftverteidigungszone fliegen. Lai Ching-te, der mitunter auch William Lai genannt wird, will die Verteidigung Taiwans deshalb aufrüsten und China so abschrecken, einen Konflikt zu beginnen. Er hält es nach eigenen Worten aber nicht für nötig, die Unabhängigkeit Taiwans offiziell zu erklären. | /ausland/asien/taiwan-wahlen-118.html |
2024-01-14 | ++ Wieder schwere Luftangriffe auf Ukraine ++ | Krieg gegen die Ukraine | Nach Angaben der Ukraine hat Russland das Land in der Nacht und am Morgen erneut schwer angegriffen. Beim jüngsten Kriegsgefangenenaustausch holte Moskau laut Medienberichten viele Straftäter zurück. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen. | Nach Angaben der Ukraine hat Russland das Land in der Nacht und am Morgen erneut schwer angegriffen. Beim jüngsten Kriegsgefangenenaustausch holte Moskau laut Medienberichten viele Straftäter zurück. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen. Russland beschießt Ukraine mit 40 Raketen und DrohnenMoskau holte Straftäter bei Gefangenenaustausch zurückStromausfall in ukrainischer Großstadt Schytomyr Ende des Liveblogs Wir schließen den Liveblog für heute und bedanken uns für Ihr Interesse. Ukrainische Luftwaffe fängt russische Raketen ab Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben acht von 37 von Russland abgefeuerten Raketen abgefangen. Auch drei Drohnen seien gegen die Ukraine zum Einsatz gebracht worden. Die Luftwaffe erklärte in ihrem Telegram-Kanal, dass 20 der gesamten Attacken nicht ihre Ziele erreicht hätten, weil dies "mit Mitteln der elektronischen Kriegsführung" verhindert worden sei. Sowohl die Ukraine als auch Russland setzen Technologie ein, die darauf abzielt, feindliche Drohnen und Lenkraketen zu stören und abzulenken. Neuer französischer Außenminister in Kiew Frankreichs neuer Außenminister Stéphane Séjourné hat in der ukrainischen Hauptstadt Kiew bei seiner ersten offiziellen Auslandsreise die Unterstützung für das von Russland angegriffene Land betont. Die Ukraine "werde trotz der Zunahme von Krisen die Priorität für Frankreich bleiben", sagte er in Kiew. Frankreich werde "nicht zögern", die Entschlossenheit sei ungebrochen, sagte er bei einer Pressekonferenz mit seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba. Die Ukraine verteidige in ihrem Kampf gegen Russland die "Grundprinzipien des internationalen Rechts, die Werte Europas, aber auch die Sicherheitsinteressen der Franzosen", sagte Séjourné. Séjourné sagte, ein französischer Verteidigungsfonds, mit dessen Hilfe die Ukraine Rüstungsgüter einkaufen soll, sei in den vergangenen Wochen mit neuen Mitteln ausgestattet worden. Einen Betrag nannte er nicht. Sein Land werde "sein ganzes Gewicht" in die Waagschale werfen, um die ungarische Blockade von weiteren EU-Geldern für die Ukraine beim kommenden EU-Gipfel Anfang Februar zu überwinden, ergänzte er. Russland beschießt Ukraine mit 40 Raketen und Drohnen Russland hat die Ukraine erneut mit Dutzenden Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen angegriffen. Von insgesamt 40 Geschossen hätten in der Nacht und am Samstagmorgen acht abgeschossen werden können, teilte die ukrainische Luftwaffe auf Telegram mit. Weitere 20 Geschosse hätten aufgrund erfolgreicher elektronischer Kampfführung der Ukrainer ihre Ziele gar nicht erst erreicht. In der Region Sumy wurden nach Behördenangaben mehr als 20 Häuser beschädigt und eine Frau verletzt. In Poltawa fiel amtlichen Quellen zufolge eine Rakete in den Hof eines Wohnhauses, explodierte aber nicht. Moskau holte Straftäter bei Gefangenenaustausch zurück Beim jüngsten Kriegsgefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine hat Moskau Medienberichten zufolge vor allem in den eigenen Reihen kämpfende Straftäter zurückgeholt. Von den 248 beim Austausch nach Russland heimgekehrten Soldaten seien 180 in Gefängnissen für den Krieg in der Ukraine angeworben worden, berichtete unter anderem das unabhängige Internetportal istories. Unter den Heimkehrern seien verurteilte Mörder, Entführer und Räuber, viele davon Wiederholungstäter. Es war der erste Gefangenenaustausch seit einem halben Jahr zwischen den beiden verfeindeten Nachbarländern. Auf ukrainischer Seite kamen bei dem Austausch 230 gefangen genommene Soldaten frei. Unter den Freigelassenen seien auch Verteidiger der Hafenstadt Mariupol und der Schlangeninsel gewesen. Nach Angaben aus Kiew befinden sich noch mehr als 4000 Ukrainer in russischer Gefangenschaft. Stromausfall in ukrainischer Großstadt Schytomyr In der westukrainischen Großstadt Schytomyr ist Medienangaben zufolge der Strom am Freitagabend in weiten Teilen ausgefallen. Insgesamt seien 21 Umspannwerke unerwartet abgeschaltet worden, teilte das Stadtparlament per Facebook mit. Über die Ursachen wurde ebenso wenig bekannt wie über die Länge der Stromausfalls. Im Herbst und Winter 2022/23 hatte Russland intensiv Objekte der Energieversorgung in der Ukraine beschossen, um den Widerstandswillen der dortigen Bevölkerung gegen die Invasion zu brechen. Auch wenn es in diesem Winter bisher noch keinen derart regelmäßigen Beschuss der Energieinfrastruktur gegeben hat, so gilt das ukrainische Stromnetz durch die Angriffe als störanfällig. Laut Wetterkarten herrschen derzeit in Schytomyr fast zehn Grad Frost. Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen Angesichts anhaltender russischer Luftangriffe hofft der ukrainische Präsident Selenskyj auf Verstärkung der Flugabwehr seines Landes. Der britische Premierminister Sunak sagt Kiew Militärhilfe zu. Die Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-ukraine-samstag-352.html |
2024-01-14 | Der Turbo-Prinz auf dem dänischen Thron | Frederik X. | In seinen jungen, wilden Jahren war Frederik als Turbo-Prinz verschrien. Heute ist er als Familienvater und volksnaher Sportler beliebt bei seinen Landsleuten. Als neuer dänischer König tritt er dennoch ein schweres Erbe an. Von Julia Wäschenbach. | In seinen jungen, wilden Jahren war Frederik als Turbo-Prinz verschrien. Heute ist er als Familienvater und volksnaher Sportler beliebt bei seinen Landsleuten. Als neuer dänischer König tritt er dennoch ein schweres Erbe an. Von Von Julia Wäschenbach, ARD Stockholm Den Zeitpunkt für den Thronwechsel hätte die Monarchin kaum klüger wählen können. Denn das Königshaus surft auf einer Welle der Popularität, die so groß ist, dass die Däninnen und Dänen die Entscheidung treu mittragen. Während laut einer Umfrage im Dezember 41 Prozent der Befragten der Meinung waren, Margrethe solle bis zu ihrem Tod Königin bleiben, waren es Anfang Januar nur noch vier Prozent. Frederik also, dem als Zehnjähriger erst so richtig klar wurde, dass seine Zukunft anders aussehen würde als die seiner Klassenkameraden, weil sie von Anfang an feststand. In der Öffentlichkeit galten andere Regeln für Frederik. "Als Junge dachte ich manchmal: Warum zum Teufel muss ich das? Wieso kann ich nicht einfach ich selbst sein?", fragt der damalige Kronprinz in der Biografie "Under Bjælken" des dänischen Autors Jens Andersen. Frederik rebelliert, fährt zu schnell Auto, leistet sich Fehltritte. Aber sein Aufbegehren bleibt vergleichsweise harmlos. Eine Polarexpedition imponiert In der Biografie von Andersen beschreibt ihn sein Vater Prinz Henrik als wild und willensstark. Seine Mutter erzählt von seiner körperlichen Stärke, die schon in seiner Kindheit aufgefallen sei. Der Sport ist für Frederik immer ein Freiraum, hier tobt er sich aus, testet Grenzen - und erarbeitet sich den Respekt der Däninnen und Dänen. Als er seinen ersten Marathon läuft, werden sie aufmerksam. Als er sich auf einer Expedition vier Monate lang mit Hundeschlitten an der Nordküste Grönlands entlangkämpft - 3.500 Kilometer bei Temperaturen unter minus 40 Grad -, da sind viele endgültig beeindruckt. "Er weiß, was es bedeutet, sich zusammenzureißen, eine Sache durchzustehen, und zwar bis zum bitteren Ende", sagt Königin Margrethe über ihn. "Das ist bestimmt keine schlechte Voraussetzung für seine künftigen Aufgaben." Nah am Leben der bürgerlichen Dänen Das Vertrauen der Monarchin in das neue Königspaar ist groß. Auf ihre Schwiegertochter, Königin Mary, hält sie große Stücke. Für Frederik war die Begegnung mit der Australierin ein Glücksfall. In einer Kneipe in Sydney soll er sich ihr am Rande der Olympischen Spiele 2000 als "Fred aus Dänemark" vorgestellt haben. Sie wusste nach eigener Aussage zunächst nicht, wen sie da vor sich hatte. Vier Jahre später läuteten die Hochzeitsglocken. Noch ein paar Jahre später sah man den Kronprinzen schon mal mit dem Lastenrad durch Kopenhagen radeln, um den Nachwuchs zum Kindergarten zu bringen. Die vier Kinder Christian (18), Isabella (16), Vincent und Josefine (beide 13) haben alle eine öffentliche Grundschule besucht. Modern und nah dran am Leben der ganz normalen Dänen - das ist ein Teil des Geheimrezeptes des dänischen Königshauses. Eine erfolgreiche Idee von Frederik selbst: der "Royal Run". Ein Volkslauf, den er zu seinem 50. Geburtstag erfindet und bei dem seitdem jedes Jahr Zehntausende Menschen mitmachen - inklusive seiner eigenen Familie. Unangefochten populär: Margrethe "Er bewegt sich gerne und ist gerne unter Menschen - das ist seine große Stärke", sagt Thomas Larsen, Königshauskenner und Biograf von Königin Margrethe. "Denn wenn wir mal versuchen, uns Margrethe dabei vorzustellen, wie sie durch die Straßen rennt - das geht nicht." Frederik geht seinen eigenen Weg und ist damit beliebt beim Volk. Doch wenn die Däninnen und Dänen über seine Mutter sprechen, geraten sie ins Schwärmen. "Es sind sehr, sehr große Fußstapfen, die Frederik ausfüllen muss", sagt die Königshaus-Expertin Trine Larsen. "Auch, weil die Königin so wahnsinnig populär ist. Sie ist heißgeliebt und sehr respektiert." Die 83-Jährige gilt als bodenständige und sehr direkte Dame mit Witz und messerscharfem Verstand. Und: Sie hat die Dänen mehr als ein halbes Jahrhundert lang begleitet. Für Trine Larsen ist die lange Regentschaft aber auch ein Grund zur Annahme, dass Frederik jetzt bereit ist für den dänischen Thron: "Ich habe keinen Zweifel, dass er ein guter König sein wird. Er hat 52 Jahre gehabt, um seiner Mutter zuzuschauen." | /ausland/europa/portrait-daenemark-100.html |
2024-01-14 | "Retraumatisierung einer ganzen Gesellschaft" | 100 Tage nach Hamas-Angriff | 100 Tage nach dem Angriff der Hamas-Terroristen erlebt der Historiker Meron Mendel Israel als anhaltend schockiert. Er schildert, wie der Angriff das Selbstverständnis Israels erschüttert hat - und warum dort wenig Raum für Empathie bleibt. | 100 Tage nach dem Angriff der Hamas-Terroristen erlebt der Historiker Meron Mendel Israel als anhaltend schockiert. Er schildert, wie der Angriff das Selbstverständnis Israels erschüttert hat - und warum dort wenig Raum für Empathie bleibt. tagesschau.de: Sie waren vor Kurzem wieder in Israel. Wie haben die Ereignisse des 7. Oktober und der nachfolgende Krieg Israel und die Gesellschaft nach Ihrem Eindruck verändert? Meron Mendel: Am 7. Oktober hat die Retraumatisierung einer ganzen Gesellschaft stattgefunden. Ich habe bei meinem jüngsten Besuch die Familie und Freunde getroffen, fast ausschließlich Menschen, die sich seit vielen Jahren für Frieden engagieren, die auch seit Januar vergangenen Jahres aktiv am Protest gegen Benjamin Netanyahu teilgenommen haben. Und alle sind immer noch so stark vom Ausmaß der Grausamkeit der Gräueltaten vom 7. Oktober schockiert. Hinzu kommt auch die anhaltende und zunehmende Sorge um die Geiseln. Was passiert ist, hat gerade die Menschen in Israel getroffen, die sich für Frieden und Versöhnung eingesetzt haben, weil die Hamas nicht die Armee angegriffen hat, nicht die Siedler, sondern die Kibbuzim und Dörfer an der Grenze zum Gazastreifen, die dafür bekannt sind, dass sie Teil des Friedensbewegung sind. Einige von den Ikonen der Friedensbewegung wie Vivian Silver aus dem Kibbuz Be'eri wurden brutal ermordet. Dadurch ist vielen Israelis klar geworden, dass die Hamas alle Juden in Israel ermorden will. "Ein weiteres Glied in einer langen Kette von Pogromen" tagesschau.de: Können Sie diese Retraumatisierung an einem Beispiel schildern? Mendel: Ich traf mich mit den Eltern meines besten Freundes, mit denen ich meine ganze Jugendzeit verbracht habe und für die ich wie ein zweiter Sohn bin. Die Schwester meines Freundes wurde mit ihrem Mann am 7. Oktober ermordet. Die Schwester hat sich, als die Terroristen ihr Haus angriffen, schützend über ihren Sohn geworfen, der dadurch nur verletzt wurde und überlebte. Ihr Vater sagte mir: "Meine Mutter musste erleben, wie ihre Eltern während der Pogrome im damaligen Polen vor ihren Augen ermordet wurden. Und jetzt musste mein Enkelsohn sehen, wie seine Eltern vor seinen Augen ermordet wurden." Das Familientrauma hat sich also wiederholt, vor ihren Augen. Für viele Menschen sind die Angriffe vom 7. Oktober deshalb ein weiteres Glied in der langen Kette von Verfolgung und Pogromen. Das sind Erzählungen und Geschichten, die jeder in Israel aus der eigenen Familie kennt. tagesschau.de: Israel ist als Staat das Versprechen an alle Juden auf der Welt, dass es einen sicheren Hafen gibt und dass sie nicht mehr wehrlos gegen Verfolgung und Gewalt sind. Ist das durch den 7. Oktober erschüttert worden? Mendel: Das ist erheblich erschüttert worden. Niemand hat sich vorstellen können, dass Terroristen - wie am 7. Oktober - bis zu 24 Stunden durch die Kibbuzim, durch Dörfer, durch Musikfestivals ziehen und Menschen systematisch foltern, ermorden, vergewaltigen. Das bleibt nachhaltig als ein Trauma. "Es bleibt wenig Platz für Empathie" tagesschau.de: Israel hat hart reagiert. Der Krieg im Gazastreifen hat zu geschätzt mehr als 20.000 Toten geführt. International gibt es zunehmende Kritik an dem Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Wie nimmt man das in der israelischen Bevölkerung wahr? Mendel: In den Medien, den meisten Tageszeitungen und in der Fernsehberichterstattung finden das Leiden der Zivilisten, das Ausmaß der Zerstörung, die humanitäre Katastrophe relativ wenig Platz. Ich habe den Eindruck, dass es den meisten Menschen noch sehr schwerfällt, Empathie für das Leiden der Zivilisten auf der anderen Seite zu entwickeln, angesichts großer Leiden in der eigenen Bevölkerung. Denn jeder Israeli hat jemanden aus der Familie oder aus Bekanntenkreis verloren. Alle bangen um das Schicksal der Geiseln. Da bleibt wenig Platz für Empathie. Ich kann das in gewisser Weise auch nachvollziehen. Aber ich finde es auch falsch, weil man sich dann wieder in einer sehr verengten Sicht auf den Konflikt verschanzt. Das verspricht aber keine Lösung des Problems, sondern eher die Fortsetzung der Gewalt. "Man fühlt sich ungerecht behandelt" tagesschau.de: Wie sehr wird denn wahrgenommen, dass diese Diskussion außerhalb Israel intensiv geführt wird? Fühlt man sich an dieser Stelle unverstanden? Mendel: Man fühlt sich nicht nur unverstanden, sondern ungerecht behandelt. Die Israelis, die viele Kontakte im Ausland haben, deren Wertekanon universalistisch ist und die dem Friedenslager angehören, haben sehr genau beobachtet, wie ähnlich gesinnte Menschen auf der Welt auf den 7. Oktober reagiert haben - insbesondere das linke Spektrum in Europa und den USA, die Universitäten, die Kunst- und Kulturwelt. Da gibt es eine bittere Enttäuschung, denn sie haben Kälte verspürt. Nach dem Massaker auf dem Musikfestival gab es ein dröhnendes Schweigen in diesen Kreisen. Das hat viele Menschen gerade im Friedenslager sehr verletzt. Sie haben das Gefühl, keine Verbündeten mehr im Ausland zu haben, dass sie allein gelassen wurden in einem Moment, wo sie die Solidarität der Welt brauchten. Dazu gehört auch, dass trotz des großen Ausmaßes von Vergewaltigungen und sexualisierter Gewalt am 7. Oktober Frauenrechtsorganisationen stumm geblieben sind. Und das hat viele Frauen, mit denen ich gesprochen habe, zutiefst verletzt. Es führt zu dem Eindruck: Wenn jüdische Mädchen und Frauen in Israel in dieser Form vergewaltigt werden, zählt es nicht für die internationalen Frauenorganisationen. Was die Kritik an der Kriegsführung anbelangt, habe ich unterschiedliche Haltungen in Israel angetroffen. Einige fühlten sich ungerecht behandelt, weil die Welt nicht sieht, dass Israel um seine Existenz kämpft und das nicht geht, ohne Zivilisten zu töten. Andere finden es gut, dass die Welt genau hinschaut und das kritisiert, weil sie selbst ihrer eigenen Regierung und Armeeführung misstrauen, ob der Krieg ohne internationale Kontrolle nach den Standards des Kriegsvölkerrechts geführt wird. Kriegsdauer "zunehmend kritisiert" tagesschau.de: Netanyahu stimmt die Bevölkerung auf einen langen Krieg ein. Wird auch das mehrheitlich mitgetragen? Mendel: Das wird zunehmend kritisiert und ist vor allem unter der Frage umstritten: Was führt am ehesten dazu, die Geiseln zu befreien? Netanyahus Regierung argumentiert, nur militärischer Druck zwinge die Hamas dazu, über die Geiseln zu verhandeln und sie am Ende im Rahmen eines Austauschs freizulassen. Netanyahus Kritiker weisen darauf hin, dass die bisherige Kriegsführung, also vom Geiselaustausch im November bis heute, nicht zu einer weiteren Befreiung von Geiseln geführt hat. Sie fordern einen Waffenstillstand, um damit die Bedingungen zu schaffen, dass die Geiseln freikommen. "Netanyahu spielt auf Zeit" tagesschau.de: Terrorangriff und Krieg haben eine Gesellschaft getroffen, die sich ohnehin schon in einer tiefgreifenden Debatte über ihr Selbstverständnis befand, ausgelöst durch die Justizreform der Regierung Netanyahu. Haben Sie diesen Riss bei Ihrem Besuch immer noch gespürt oder ist er zugedeckt? Mendel: Es war nicht nur ein Riss, sondern ein Bruch, und der ist immer noch da, aber nicht mehr auf der Oberfläche. Er ist stückweise in den Hintergrund geraten, wird aber langsam wieder sichtbarer und wird, wie ich vermute, in den nächsten Monaten immer stärker - solange der Krieg anhält, solange es das das Ziel von Netanyahu ist, den Krieg so weit zu verlängern, dass er als Ministerpräsident an seinem Amt festhalten kann. Viele Israelis, die vor dem 7. Oktober noch im Lager von Netanyahu und seinen Verbündeten waren, sind nach dem 7. Oktober in das andere Lager gewechselt. Die Umfragewerte der Regierung sind derzeit für Netanyahu nicht sehr erfreulich und es ist klar, dass er deshalb auf Zeit spielt. Seine Gegner sind aber in einem Dilemma. Während eines Krieges zu fordern, ein Ministerpräsident müsse abtreten und dazu vielleicht Großdemonstrationen zu veranstalten wie vor dem 7. Oktober, ist eine heikle Angelegenheit. Genau darauf zielt Netanyahu mit seiner Taktik. "Es geht auch um Narrative" tagesschau.de: Es ist ja direkt nach dem Terrorangriff starke Kritik an den Sicherheitsdiensten geübt worden. Ist auch diese Debatte vertagt? Mendel: Diese Debatte gibt es weiterhin, und hier geht es auch um Narrative. Wer trägt die Schuld - das Militär oder die Politik? Auch das Lager von Netanyahu spricht von Versagen, sieht die Gesamtverantwortung aber bei der Armee und den Aufklärungsdiensten. Eine eigene Verantwortung räumt er nicht ein. Die Armee hat inzwischen einen Untersuchungsausschuss zu den militärischen Versäumnissen einberufen - das wiederum wird aus der Regierung scharf kritisiert. Also ist auch die Frage, wer was untersucht, hochbrisant. Zudem gibt es bei Netanyahus Unterstützern Verschwörungstheorien, wonach die Armee die Ereignisse vom 7. Oktober bewusst zugelassen habe, damit Netanyahu gestürzt wird. "Ein Krieg ohne politisches Ziel ist nicht legitim" tagesschau.de: Es bleibt die Frage nach dem Danach. Welche Antworten hören Sie? Mendel: Eines ist klar: Weder die Hamas noch Netanyahu haben Interesse an einer langfristigen politischen Lösung. Das "Geschäftsmodell" der Hamas besteht darin, dass nach dem Konflikt alle Investitionen in die erneute Aufrüstung und in den Bau von Tunneln gehen. Insofern ist Netanyahu für sie der perfekte Partner. Denn seine Strategie ist, dass die Spaltung der Palästinenser zwischen der Fatah-Bewegung im Westjordanland und der Hamas im Gazastreifen andauert. Weder auf der palästinensischen noch auf der israelischen Seite wird über langfristige politische Lösungen gesprochen. Es gab keine einzige Sitzung des israelischen Kabinetts, auf der, abgesehen von Floskeln, ein Thema war, was das politische Ziel des Krieges ist. Was soll danach im Gazastreifen geschehen? Deshalb ist es Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, den Israelis klar zu sagen: Ein Krieg ohne politisches Ziel, ohne eine Vision ist kein legitimer Krieg. Wir hören von der rechtsextremistischen Seite des israelischen Kabinetts die Forderung nach einer Vertreibung der Palästinenser aus Gaza, dass von 1,3 Millionen Palästinensern nur noch 100.000 bis 200.000 bleiben sollen. Vor dieser Vision kann es einem nur grauen. Aus meiner Sicht gibt es nur eine tragbare Lösung. Und das ist eine gemeinsame Regierung von Westjordanland und Gaza unter der Führung der palästinensischen Autonomiebehörde, und das kann nur unter zwei Bedingungen passieren. Die Autonomiebehörde verpflichtet sich, die Verantwortung über Gaza zu übernehmen und bekommt im Gegenzug die Unterstützung von Israel und der internationalen Gemeinschaft. Und, das ist ganz wichtig, auch die Anerkennung als palästinensischen Staat. Die Palästinenser artikulieren schon lange den Wunsch nach Gründung eines palästinensischen Staats. Und es an der Zeit, dass sie diesen Wunsch mindestens auf die symbolische Ebene durch Anerkennung durch die Vereinten Nationen und die Weltgemeinschaft durchsetzen können. "Anerkennung eines palästinensischen Staates wäre der richtige Schritt" tagesschau.de: Sieht es nicht aber danach aus, dass die Aussichten dafür noch schlechter geworden sind und es dafür in Israel keine Mehrheit gibt? Mendel: Zunächst einmal kann das unabhängig von der Mehrheit in Israel geschehen, der Ball liegt bei der internationalen Gemeinschaft. Wenn sich die Unterstützer Israels und die Unterstützer der Palästinenser darauf einigen und die palästinensischen Gebiete bei der UN den Status eines Staats bekommen, geht es nicht um die Mehrheiten in der israelischen Bevölkerung. Wenn die USA, die Europäer, aber auch gemäßigte arabische Staaten zusammenarbeiten, kann man schrittweise diesen Konflikt in konstruktive Bahnen lenken. Derzeit arbeitet aber jeder für sich. Dadurch werden gerade die Chancen, die aufgrund dieser schlimmen Situation entstanden sind, verpasst. Israel ist aktuell sehr abhängig vor allem von den USA. Das kann man auch dafür nutzen, mehr Einfluss zu auf die Bereitschaft der Regierung Netanyahu zu nehmen, der Gründung eines palästinensischen Staates zuzustimmen. Natürlich bleiben viele Fragen offen, in allererster Stelle zu den Grenzen dieses Staates, zur Zukunft der Siedlungen, nach dem Status von Jerusalem. Dennoch wäre die Anerkennung eines palästinensischen Staats aus meiner Sicht der richtige Schritt. Das Gespräch führte Eckart Aretz, tagesschau.de | /ausland/asien/israel-hamas-terror-angriff-100.html |
2024-01-14 | Wüst fordert "Allianz der Mitte" | Migrationspolitik | Wie umgehen mit den guten Zustimmungswerten für die AfD? NRW-Ministerpräsident Wüst wirbt für eine "Allianz der Mitte", die gemeinsam Wege sucht, um die Migration nach Deutschland zu begrenzen. Dafür müsse die Ampel mit den Ländern zusammenarbeiten. | Wie umgehen mit den guten Zustimmungswerten für die AfD? NRW-Ministerpräsident Wüst wirbt für eine "Allianz der Mitte", die gemeinsam Wege sucht, um die Migration nach Deutschland zu begrenzen. Dafür müsse die Ampel mit den Ländern zusammenarbeiten. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat angesichts des Umfragehochs der AfD die Bundesregierung zur Zusammenarbeit bei der Begrenzung der Migration aufgerufen. "Die Kraft von Populisten und Extremisten speist sich immer aus der Handlungsunfähigkeit der Demokraten. Das gilt vor allem bei einem der großen Probleme unserer Zeit: der Migrationsfrage", sagte Wüst dem "Tagesspiegel am Sonntag". Der CDU-Politiker hofft, dass eine Allianz der Mitte die politischen Ränder schwächen könnte. "Sie muss aber jetzt auch geschmiedet werden", forderte Wüst. Der CDU-Politiker forderte ein baldiges Treffen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten der Länder, um die Wirkung der bisher ergriffenen Maßnahmen in der Migrationspolitik zu bewerten: "Eine Zusammenkunft in den nächsten Wochen ist das Gebot der Stunde." "Die AfD ist eine Nazipartei" Das Radikalentreffen in Potsdam, an dem auch einzelne AfD-Funktionäre teilnahmen, habe gezeigt, dass die AfD keine "Protestpartei" sei. "Die AfD ist eine gefährliche Nazipartei", sagte Wüst. An dem Treffen in einer Potsdamer Villa hatten im November unter anderem einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion teilgenommen. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er bei dem Treffen über "Remigration" gesprochen habe. Rechtsextremisten meinen damit, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. | /inland/wuest-zu-migration-100.html |
2024-01-14 | GDL-Chef Weselsky gegen Schlichtung | Tarifkonflikt bei der Bahn | Im Bahn-Tarifkonflikt bewegt sich wenig - nach dem jüngsten Streik wartet die Lokführergewerkschaft GDL auf ein neues Angebot der Bahn. Den Streit über eine Schlichtung lösen will Gewerkschaftschef Weselsky nicht. | Im Bahn-Tarifkonflikt bewegt sich wenig - nach dem jüngsten Streik wartet die Lokführergewerkschaft GDL auf ein neues Angebot der Bahn. Den Streit über eine Schlichtung lösen will Gewerkschaftschef Weselsky nicht. Der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, lehnt eine Vermittlung im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn ab. Über "grundgesetzliche Angelegenheiten" lasse sich nicht schlichten, sagte er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". "Die Frage, ob ich einen Tarifvertrag für Fahrdienstleiter kriege, gebe ich in keine Schlichterhand", so Weselsky. Der Tarifvertrag für Fahrdienstleiter ist neben der Absenkung der Wochenarbeitszeit eine der zentralen Forderungen der GDL in dem Arbeitskampf. Die Gewerkschaft hatte zuletzt mit einem dreitägigen Streik bis Freitagabend den Druck auf die Bahn erhöht und erwartet nun ein neues Angebot. Weselsky zeigte sich überzeugt, dass die GDL auch für Fahrdienstleiter, die den Zugbetrieb koordinieren, einen Tarifvertrag bekommen werde. Für den weiteren Verlauf des Tarifkonflikts kündigte Weselsky an, den Druck weiter zu erhöhen. "Vom Prinzip her wird es länger und härter - das ist die Botschaft", sagte er. "Ich glaube nicht, dass ich mir viel Zeit lasse." Kein unbefristeter Streik In einen unbefristeten Streik wolle die Gewerkschaft zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht eintreten, "weil wir Verantwortung für das Gesamtsystem sehen und weil wir meinen, dass die Auswirkungen zu groß wären", sagte Weselsky. Eine Verlängerung der Arbeitsniederlegungen sei aber möglich: "Ob ich jetzt drei oder fünf Tage Streik mache, das hängt davon ab, was passiert." Die Bahn müsse ein substanzielles Angebot vorlegen - "und ich sehe gerade kein inhaltliches Angebot kommen". | /wirtschaft/weselsky-194.html |
2024-01-13 | ++ Tausende fordern Rücktritt von Netanyahu ++ | Nahost-Krieg | Mehrere Tausend Menschen haben bei einer Demonstration in Tel Aviv den Rücktritt von Ministerpräsident Netanyahu gefordert. In London gingen Tausende pro-palästinensische Demonstranten auf die Straße. Alle Entwicklungen im Liveblog. | Mehrere Tausend Menschen haben bei einer Demonstration in Tel Aviv den Rücktritt von Ministerpräsident Netanyahu gefordert. In London gingen Tausende pro-palästinensische Demonstranten auf die Straße. Alle Entwicklungen im Liveblog. Tausende protestieren für Rücktritt von NetanyahuNetanyahu nach 100 Tagen Krieg: Niemand wird uns aufhaltenFamilien erinnern an Hamas-GeiselnBericht: Fregatte "Hessen" soll sich an EU-Mission im Roten Meer beteiligenBlatt: Huthi-Angriffe kosten 360 Millionen Euro pro Stunde Tausende protestieren für Rücktritt von Netanyahu Mehrere Tausend Menschen haben bei einer Demonstration in der israelischen Metropole Tel Aviv den Rücktritt von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gefordert. Redner der Kundgebung warfen seiner Regierung vor, nicht genügend zu tun, um die zu Beginn des Gaza-Kriegs von Terroristen der Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln wieder nach Hause zu bringen. Am Sonntag wird der Krieg seit 100 Tagen andauern. Netanyahu will Verteidigungsbudget erhöhen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kündigt eine deutliche Ausweitung des Verteidigungsbudgets an. Damit sollten die Unabhängigkeit beim Ausbau der Streitkräfte und die Sicherheit des Landes in den kommenden Jahren gewährleistet werden. Entsprechende Pläne wolle die Regierung in acht Wochen vorstellen, sagt Netanyahu vor Journalisten. Israels Regierung: Hamas plante Terroranschläge in Europa Nach der Festnahme dreier mutmaßlicher Mitglieder der Hamas Mitte Dezember in Deutschland will Israels Regierung Erkenntnisse gewonnen haben, wonach die extremistische Palästinenserorganisation Terroranschläge in Europa geplant habe. Eines der möglichen Ziele soll die israelische Botschaft in Stockholm gewesen sein. "Infolge anhaltender geheimdienstlicher Bemühungen kam ein beträchtliches Maß an Informationen ans Tageslicht, die beweisen, dass die Terrororganisation Hamas darauf abzielte, ihre gewalttätigen Aktivitäten ins Ausland auszuweiten, um unschuldige Menschen auf der ganzen Welt anzugreifen", teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit. Israel habe diese Erkenntnisse aus der Arbeit der eigenen Geheimdienste und der Zusammenarbeit mit den entsprechenden Diensten anderer Länder gewonnen. Konkret habe man Informationen gewonnen, wonach Hamas-Zellen im Ausland einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Stockholm vorgehabt hätten. Auch hätten die mutmaßlichen Terroristen Drohnen beschaffen und Mitglieder organisierter Verbrecherbanden in Europa anwerben wollen. Bericht: Israel erwägt Militäreinsatz in Gaza an Ägyptens Grenze Israel erwägt nach einem Bericht der US-Zeitung "Wall Street Journal" einen als äußerst heikel geltenden Armeeeinsatz unmittelbar an der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten. "Israelische Offizielle haben Ägypten informiert, dass sie eine Militäroperation entlang der Gaza-Seite der Grenze planen", schrieb das Blatt unter Berufung auf namentlich nicht genannte israelische und ägyptische Quellen. Netanyahu nach 100 Tagen Krieg: Niemand wird uns aufhalten Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat sich fast 100 Tage nach Kriegsbeginn entschlossen für eine Fortführung der Offensive im Gazastreifen ausgesprochen. "Niemand wird uns aufhalten", sagte Netanyahu bei einer Pressekonferenz. "Es ist möglich und notwendig, bis zum Sieg weiterzumachen und das werden wir tun", kündigte der Regierungschef an. Die im Fernsehen übertragene Pressekonferenz fand am Vorabend des 100. Tags im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas statt. Tausende protestieren in London gegen israelische Offensive Tausende pro-palästinensische Demonstranten haben in London gegen Israels Offensive im Gazastreifen protestiert. Die Polizei, die mit rund 1.700 Polizisten im Einsatz war, warnte die Demonstranten, mit ihren Plakaten und Sprechchören nicht "absichtlich die Grenzen zu überschreiten". Die Demonstration war Teil eines Aktionstages in 30 Ländern, zu dem mehrere Organisationen auf Großbritannien aufgerufen hatten. Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas finden in London am Wochenende regelmäßig Demonstrationen statt. Der Protest heute war insofern besonders, als dass Großbritannien am Vortag Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen angegriffen hatte. Die Miliz hatte zuvor wiederholt Handelsschiffe im Roten Meer angegriffen, die sie in Verbindung mit Israel brachte. Die schiitischen Rebellen sehen sich als Teil der gegen Israel gerichteten selbsternannten "Achse des Widerstands", zu der auch die Hamas gehört. Geisel-Angehörige enthüllen Nachbau eines Hamas-Tunnels Fast 100 Tage nach der Verschleppung ihrer Angehörigen durch die radikalislamische Hamas haben Israelis in Tel Aviv den Nachbau eines Tunnels enthüllt. Der Künstler Roni Levavi sagte, er habe mit der Installation "die getreueste Rekonstruktion" eines Hamas-Tunnels im Gazastreifen erschaffen wollen. Für die Konstruktion habe er sich an in den Medien veröffentlichten Abbildungen orientiert. Das Innere des Tunnels ist spärlich beleuchtet, der Boden ist dreckig und ständig ist das Geräusch von Schusswechseln und Artilleriebeschuss zu hören. Es wird davon ausgegangen, dass viele der verbliebenen israelischen Geiseln in solchen Tunneln festgehalten werden. Die Installation steht vor dem Kunstmuseum in Tel Aviv, dessen Vorplatz von den Angehörigen in "Platz der Geiseln" umbenannt wurde. Angehörige erinnern dort an Ständen und mit Kunstinstallationen an das Schicksal der Verschleppten. Pro-Palästinenser-Demonstration in Basel Eine Demonstration in Solidarität mit den Menschen im Gazastreifen ist in Basel friedlich verlaufen. Nach Schätzungen der Polizei nahmen etwa 2500 Menschen daran teil. Es herrschten Minustemperaturen in der Stadt. Der Polizei seien keine gröberen Sachbeschädigungen bekannt, berichtete die Kantonspolizei im Kurznachrichtendienst X. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren teils mit Bussen aus anderen Teilen der Schweiz angereist. Während des Protestzugs wurden Palästina-Fahnen geschwungen, Sprechchöre riefen "Palestine must be free" (Palästina muss frei sein) und "Stop the Genozide» (Stoppt den Völkermord). Auf einige Schaufenster wurden Aufkleber mit Boykottaufrufen gegen Israel geklebt. Ausrichter war ein vor kurzem gegründetes Bündnis Schweiz-Palästina, in dem sich mehrere lokale Gruppen zusammengeschlossen haben. Gegenseitiger Beschuss an israelisch-libanesischer Grenze An der Grenze zwischen dem Libanon und Israel hat es erneut gegenseitigen Beschuss gegeben. Die libanesische Hisbollah-Miliz feuerte mehrere Geschosse auf den Norden Israels ab, teilte das israelische Militär mit. Sie seien über unbebautem Gebiet niedergegangen. Die israelischen Armee habe die Stellungen unter Beschuss genommen, von denen die Angriffe ausgegangen waren. Darüber hinaus bombardierten israelische Kampfjets "terroristische Infrastruktur" der Hisbollah im Süd-Libanon, hieß es in der Mitteilung weiter. Über mögliche Opfer der israelischen Angriffe ist noch nichts bekannt. Wie die Hisbollah in Beirut bekanntgab, führte sie im Laufe des Tages mehrere Angriffe auf Ziele im Norden Israels aus. Demnach beschossen ihre Kämpfer mit Artilleriewaffen Kasernen, Stellungen und Sammelpunkte der israelischen Streitkräfte. Die Angaben beider Seiten können derzeit nicht überprüft werden. Seit Beginn des Nahost-Krieges am 7. Oktober kommt es auch an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon immer wieder zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah-Miliz. Auf beiden Seiten gab es bereits Tote. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg im Jahre 2006. Iran stationiert zusätzliche Raketen- und Drohnenverbände an Grenze Inmitten regionaler Spannungen will der Iran nach eigenen Angaben neue Raketen- und Drohnenverbände an den Grenzen stationieren. Dies gab der Kommandeur der Bodenstreitkräfte, Kiumars Heydari, im Gespräch mit der Staatsagentur Irna bekannt, wie die Nachrichtengantur dpa berichtet. Zudem seien elf Kampfverbände an den Grenzen stationiert. Heydari versicherte zugleich, dass keine Bedrohung von Außen bestünde. Drei Monate nach Beginn des Kriegs in Nahost haben sich die Spannungen in der Region weiter zugespitzt. Besonders die Lage am Roten Meer bereitet Beobachtern Sorgen, dass sich der Konflikt nun zu einem Flächenbrand ausweiten könnte. Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen hatte in den vergangenen Wochen immer wieder Schiffe attackiert. Eine von den USA geführte Allianz griff daraufhin Stellungen der islamistischen Gruppe an. Familien erinnern an Hamas-Geiseln Fast 100 Tage nach der Entführung von rund 240 Menschen aus Israel in den Gazastreifen fordern Angehörige entschiedenere Bemühungen für deren Freilassung. Das Forum der Geiselfamilien errichtete heute im Zentrum von Tel Aviv den Nachbau eines kurzen Tunnelstücks. In derartigen Anlagen unter der Erde soll die islamistische Terrororganisation Hamas Berichten zufolge noch mehr als 100 Geiseln gefangen halten. Am Abend plant die Organisation, mit einer 24 Stunden langen Kundgebung den Druck zu verstärken, um eine Freilassung der Entführten zu erreichen. Eine gewaltsame Befreiung der Verschleppten durch das israelische Militär gilt Berichten zufolge als nahezu undurchführbar. Bericht: Fregatte "Hessen" soll sich an EU-Mission im Roten Meer beteiligen Die Bundesregierung will sich einem Medienbericht zufolge mit einem Kriegsschiff an einer neuen EU-Marinemission zur Sicherung des Seeverkehrs im Roten Meer gegen Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen beteiligen. Die Fregatte "Hessen" solle bereits am 1. Februar in Richtung Rotes Meer starten, berichtet die "Welt am Sonntag". Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Die Bundeswehr stehe "für eine Beteiligung grundsätzlich bereit", bekräftigte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums laut der Nachrichtenagentur AFP. "Jedoch wird dafür ein Mandat benötigt." Solange dieses nicht vorliege, könne er den Bericht in dieser Form nicht bestätigen. Die Europäische Union will in Kürze eine Marinemission zur Sicherung der Schifffahrt im Roten Meer auf den Weg bringen. Nach übereinstimmenden Diplomatenangaben vom Freitag werden Vertreter der Mitgliedsländer am Dienstag in Brüssel erstmals über das Mandat beraten. Sollte die Bundeswehr an einer neuen EU-Militärmission teilnehmen, wäre dafür die Zustimmung des Bundestags nötig. Versuchter Überfall auf Siedlung im Westjordanland In der Nacht haben israelische Soldaten drei Palästinenser getötet, die versuchten, die Siedlung Adora nahe Hebron im Westjordanland zu überfallen. Das teilte das israelische Militär mit. Die Getöteten seien mit Messern, einem Gewehr und Äxten bewaffnet gewesen. Die offizielle palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, zwei seien 16 Jahre alt gewesen und einer 19. Laut israelischem Militär wurde bei einem Schusswechsel ein Soldat verletzt. UN-Nothilfekoordinator fordert erneut Waffenstillstand Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths hat im Nahost-Krieg erneut zu einem Waffenstillstand aufgerufen. Was die Welt seit dem 7. Oktober, als Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Gruppierungen das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels anrichteten, erlebt habe, sei "ein Schandfleck auf unserem kollektiven Gewissen", sagte Martin Griffiths vor dem UN-Sicherheitsrat. "Ich wiederhole meine Forderung nach einem Waffenstillstand. Vor allem aber fordere ich den Rat erneut auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Krieg zu beenden", sagte der Chef des UN-Nothilfebüros OCHA. In rund 100 Tagen hat Israels Armee große Teile des Gazastreifens in Schutt und Asche gelegt. Mehr als 23.000 Menschen wurden nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums bisher getötet, etwa 70 Prozent davon Frauen und Minderjährige. Rund 360.000 Wohneinheiten in dem Palästinensergebiet wurden nach UN-Informationen zerstört oder beschädigt. Die Lage sei angesichts Israels andauerndem unerbittlichen Militäreinsatzes entsetzlich, beklagte Griffiths. Zugleich gehe auch der Beschuss aus Gaza auf Ziele in Israel weiter. Blatt: Huthi-Angriffe kosten 360 Millionen Euro pro Stunde Der durch die anhaltenden Angriffe der Huthis entstehende volkswirtschaftliche Schaden beträgt laut Medienangaben 360 Millionen Euro pro Stunde. Das berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Angaben des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD). Diese Zahl nannte demnach kürzlich eine der führenden EAD-Diplomatinnen bei einem Treffen der 27 zuständigen Botschafter im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK). Grund seien Umwege von bis zu 6.000 Kilometern, steigende Energiekosten, Staus bei der Abfertigung und Störungen in den Lieferketten. Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen Israel hat nach eigenen Angaben eine Medikamentenversorgung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln erwirkt. Die Bundesregierung stellt sich vor dem Hintergrund des Völkermord-Verfahrens klar an die Seite Israels. Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-israel-samstag-134.html |
2024-01-13 | Merz grenzt CDU klar von Werteunion ab | Unvereinbarkeitsbeschluss geplant | Offiziell hat die Werteunion nichts mit der CDU zu tun, doch ihr gehören auch CDU-Mitglieder an. Laut Parteichef Merz wird das künftig nicht mehr möglich sein - egal ob die Werteunion eine Partei werde oder ein Verein bleibe. | Offiziell hat die Werteunion nichts mit der CDU zu tun, doch ihr gehören auch CDU-Mitglieder an. Laut Parteichef Merz wird das künftig nicht mehr möglich sein - egal ob die Werteunion eine Partei werde oder ein Verein bleibe. CDU-Chef Friedrich Merz will alle Brücken zum rechtskonservativen Verein Werteunion abbrechen. Sollte die Werteunion unter ihrem Vorsitzenden Hans-Georg Maaßen tatsächlich eine eigene Partei werden, sei die gleichzeitige Mitgliedschaft in der CDU ohnehin nach geltenden Regeln nicht mehr möglich, sagte Merz zum Abschluss einer Klausurtagung des CDU-Bundesvorstands in Heidelberg. Komme es nicht zur Parteigründung, dann werde er bei einem Bundesparteitag einen Unvereinbarkeitsbeschluss zur Werteunion beantragen. "Es gibt keinen Grund mehr, sich irgendwo außerhalb der regulären Strukturen unserer Partei" für die CDU zu engagieren, so Merz. "Parallelstrukturen" außerhalb der Partei seien unnötig. "Wer es anders meint, soll gehen." Der umstrittene ehemalige Verfassungsschutzpräsident Maaßen hatte in der vergangenen Woche angekündigt, er wolle die Werteunion zu einer Partei ausbauen. Die 2017 gegründete Werteunion firmiert derzeit als eingetragener Verein und zählt nicht zu den offiziellen Parteigliederungen der Union. Sie hat nach eigenen Angaben derzeit 4.000 Mitglieder, von denen viele CDU oder CSU angehören sollen. Maaßen will "keine Brandmauer" zur AfD Maaßen will bei einer Mitgliederversammlung der Werteunion am 20. Januar in Erfurt die Weichen für die Parteigründung stellen. Er begründete dies mit dem aktuellen Kurs der CDU. Seit Angela Merkel würden die Unionsparteien nicht mehr den "Markenkern der CDU: Freiheit statt Sozialismus" vertreten, so Maaßen. Auch Merz sei "nicht zu einer Politikwende bereit". In Interviews hatte Maaßen auch klar gemacht, dass er - anders als Merz - eine Zusammenarbeit mit der in Teilen rechtsextremen AfD nicht ausschließt. Für ihn gebe es hier "keine Brandmauer", sagte Maaßen. Parteiausschlussverfahren läuft Die Werteunion war zuletzt auch im Zusammenhang mit dem Potsdamer Geheimtreffen in die Schlagzeilen geraten. Bei dem Treffen mit Rechtsextremen waren nach Recherchen des Netzwerks Correctiv neben AfD-Politikern auch Mitglieder der Werteunion dabei. Maaßen ist derzeit noch CDU-Mitglied, gegen ihn läuft aber ein Parteiausschlussverfahren. Der CDU-Bundesvorstand hatte dies im vergangenen Februar einstimmig beschlossen. Begründet wurde es damit, dass Maaßen fortlaufend gegen die Grundsätze und Ordnung der Partei verstoße und immer wieder "Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen" gebrauche. CDU-Vorstand billigt Entwurf eines Grundsatzprogramms Der CDU-Bundesvorstand billigte bei seiner Klausur in Heidelberg auch den Entwurf eines neuen Grundsatzprogramms der Partei. Das Programm, mit dem die CDU wieder klarer ihren inhaltlichen Kurs bestimme und das sie regierungsfähig mache, werde final auf dem Bundesparteitag vom 5. bis 7. Mai beschlossen, sagte CDU-Chef Merz. Die CDU bekenne sich darin wieder dazu, dass sie auch konservativ sei, betonte Merz. Unter anderem sieht das Papier eine radikale Wende in der Asylpolitik mit Verfahren außerhalb der EU sowie eine Entlastung für die meisten Steuerzahler bei einer angestrebten Einkommenssteuerreform vor. In der Energiepolitik bekennt sich die CDU etwa zur Nutzung der Atomenergie. Der Entwurf, an dem es in Heidelberg keine gravierenden Änderungen gab, war Mitte Dezember erstmals vorgestellt worden. Das Papier mit dem Titel "In Freiheit leben" ist erst das vierte Grundsatzprogramm nach 1978, 1994 und 2007. | /inland/innenpolitik/merz-werteunion-100.html |
2024-01-13 | Die Wellen bringen Surfer, die Surfer bringen Geld | Puerto Escondido | Puerto Escondido an Mexikos Pazifikküste war mal ein kleiner Fischerort. Heute ist es ein Surfermekka. Die Begeisterung für die ganz besonderen Wellen ist für den Ort Segen und Fluch zugleich. Von Christina Fee Moebus. | Puerto Escondido an Mexikos Pazifikküste war mal ein kleiner Fischerort. Heute ist es ein Surfermekka. Die Begeisterung für die ganz besonderen Wellen ist für den Ort Segen und Fluch zugleich. Von Christina Fee Moebus, ARD Mexiko Jafet Ramos ist Profisurfer. Gerade erklärt er einem Schüler, wie er seine Haltung auf dem Surfbrett verbessern kann. Der 26-Jährige kommt aus Puerto Escondido, stand schon als kleiner Junge selbst auf dem Brett. Beim Surfen könne man alles um sich herum ausblenden, sagt er: Du denkst nicht mehr an deine Probleme, sondern daran, die beste Welle zu erwischen. Es gibt nur dich und die Welle. Du vergisst alle Sorgen um dich herum. Schnelle und große Wellen Jafet hatte es in seiner Kindheit und Jugend nicht leicht. Seine Eltern waren drogenabhängig und gewalttätig. Er sei stolz auf sich, dass er es so weit geschafft habe, mit dem Surfen seinen Lebensunterhalt verdient. Jafet nimmt an internationalen Turnieren teil. Er hat diverse Preise gewonnen - auch 2019 in seinem Heimatort, als er beim Tube-Riding - dem Surfen in einer geschlossenen, röhrenförmigen Welle - die meisten Punkte erzielte. Als Surfprofi ist er in Nord- und Südamerika auf verschiedenen Wettbewerben unterwegs, aber auch sein Heimatort selbst gilt als Surfmekka. Puerto Escondido liegt an der Pazifikküste im Bundesstaat Oaxaca. Vor allem der Playa Zicatela und sein "Beach-Break" - also der Moment, an dem die Wellen auf der Sandbank brechen - sind legendär. Zur Hochsaison zwischen März und Oktober entstehen hier mitunter sehr schnelle und große Wellen - mehrere Meter hoch können sie dann werden und ihre typische Röhrenform bilden, durch die sich die Surferinnen und Surfer schlängeln. Bei großen Wettbewerben ist der Strand voll von Leuten, die staunend zugucken, wie die Profis die riesigen Brecher erklimmen. "Ich schmeiß' mich einfach rein" Mittlerweile zieht es allerdings nicht mehr nur erfahrene Surferinnen und Surfer nach Puerto Escondido. "Ich liebe Puerto Escondido", sagt Melissa. Die 37-Jährige entspannt sich nach ihrer Surfsession mit einem Bier am Strand und guckt sich den malerischen Sonnenuntergang an. Melissa stammt aus Kanada und der Schweiz, ihr altes Zuhause hat sie allerdings aufgegeben, um sich dem Reisen zu widmen. Und seit kurzem auch dem Wellenreiten. "Ich nehme keinen Unterricht, ich schmeiß' mich einfach rein und lass mich rumwirbeln", erzählt sie. "Ich versuche irgendwie die Welle zu erwischen." Melissa ist - wie so viele andere hier - "stoked", wie man im Surferjargon sagt: angefixt, süchtig danach geworden, Wellen zu erhaschen und den flüchtigen Moment der Freude zu erleben, wenn man es schafft, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, um sich für einige Sekunden mit dem Surfbrett über das Wasser schweben zu lassen. Vom verschlafenen Dorf zum Touristenmagnet Menschen wie Godofredo Vásquez profitieren davon. Täglich kommen Kundinnen und Kunden in seine Surfschule, um Boards auszuleihen und Stunden zu nehmen. Puerto Escondido war einst ein verstecktes Juwel. Mittlerweile ist der ursprünglich kleine Fischerort ein Touristenmagnet. Vásquez war einer der ersten, der vor knapp 30 Jahren angefangen hat, Unterricht zu geben. Er erinnert sich an die Anfänge des Surfens in Puerto Escondido: Vor 40 Jahren war Puerto ein kleines Dörfchen. Überall hier war Dschungel um den Strand. Die Amerikaner kamen hier zum Surfen her und haben ihre kaputten Bretter hier weggeworfen oder verschenkt. Diese alten Dinger haben wir dann zum Surfen benutzt. Surfen als Verbindung zur Natur Heute säumen etliche Bars, Shops und Surfschulen die Strandpromenade. Godofredo Vásquéz sichert das seinen Lebensunterhalt. Er fürchtet allerdings, dass die entspannte Atmosphäre im Ort verloren geht und Investoren große Hotelbauten errichten wollen. Profisportler Jafet Ramos geht es ähnlich. Beim Surfen ginge es für ihn nicht ums reine Geldverdienen oder Gewinnen. Wellenreiten sei mehr als nur ein Sport. "Du verbindest dich beim Surfen mit der Natur. Du willst nur das beste für sie. Wir wollen nicht, dass Menschen sie durch große Baustellen oder sowas zerstören. Wir müssen auf die Natur achten." | /ausland/amerika/surfen-escondido-100.html |
2024-01-13 | Türkische Luftangriffe in Syrien und Irak | Nach Zusammenstößen mit PKK | Das türkische Militär hat im Norden Syriens und im Irak Luftangriffe gegen Kurdenmilizen geflogen. Das Verteidigungsministerium in Ankara teilte mit, 29 Stellungen der PKK seien zerstört worden. Ziele seien Höhlen, Bunker und Ölanlagen gewesen. | Das türkische Militär hat im Norden Syriens und im Irak Luftangriffe gegen Kurdenmilizen geflogen. Das Verteidigungsministerium in Ankara teilte mit, 29 Stellungen der PKK seien zerstört worden. Ziele seien Höhlen, Bunker und Ölanlagen gewesen. Als Reaktion auf einen Angriff auf einen türkischen Militärstützpunkt im Irak hat das türkische Militär Luftangriffe gegen mutmaßliche Kurdenmilizen im Norden Syriens und im Irak geflogen. Am frühen Morgen seien 29 Stellungen, darunter Höhlen, Bunker, Schutzräume und Ölanlagen, der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angegriffen und zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium in Ankara auf der Plattform X mit. Dabei sollen im Norden des Iraks 20 Kämpfer "neutralisiert" worden sein. In der Regel meint die Regierung in Ankara damit, dass Menschen getötet, verletzt oder gefangen genommen wurden. Zuvor waren bei Zusammenstößen mit PKK-Kämpfern im Nordirak mindestens neun türkische Soldaten getötet worden. Mindestens vier Soldaten seien verletzt worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Der Vorfall ereignete sich demnach, als PKK-Kämpfer versuchten, in einen Militärstützpunkt nahe der türkischen Grenze einzudringen. Es war der zweite tödliche Zusammenstoß zwischen dem türkischen Militär und der PKK innerhalb von drei Wochen. Razzien in 32 Städten In der Nacht zum Samstag seien bei Razzien in 32 türkischen Städten und Provinzen insgesamt 113 Menschen mit mutmaßlichen Verbindungen zur PKK festgenommen worden, teilte Innenminister Ali Yerlikaya mit. Präsident Recep Tayyip Erdogan werde eine außerordentliche Sitzung mit den Chefs der Sicherheits- und Geheimdienste einberufen, hieß es aus Erdogans Büro. Die PKK kämpft seit 1984 gegen den türkischen Staat und wird von Ankara und seinen westlichen Verbündeten als Terrororganisation eingestuft. Das türkische Militär hat die PKK in den benachbarten Irak zurückgedrängt und führt im Nordirak regelmäßig Militäreinsätze zu Land und in der Luft gegen die PKK und ihre Stellungen aus. In dem Konflikt wurden bereits Zehntausende Menschen getötet. | /ausland/europa/tuerkei-pkk-syrien-irak-100.html |
2024-01-13 | Die Folgen der Retouren-Flut | Rückversand nach Weihnachten | Nach Weihnachten gehe in der Regel viele Päckchen in den Rückversand. Dabei sind Retouren alles andere als nachhaltig. Experten sehen auch die Konsumenten in der Verantwortung, die Zahl zu begrenzen. Von Anne-Catherine Beck. | Nach Weihnachten gehe in der Regel viele Päckchen in den Rückversand. Dabei sind Retouren alles andere als nachhaltig. Experten sehen auch die Konsumenten in der Verantwortung, die Zahl zu begrenzen. Von Anne-Catherine Beck Zu Jahresbeginn schicken viele Verbraucherinnen und Verbraucher traditionell zahlreiche Pakete zurück. Denn Weihnachtsgeschenke, die nicht gefallen oder gepasst haben, werden umgetauscht. Aber auch im Rest des Jahres spielen Retouren eine Rolle. 2022 ging fast jedes vierte verschickte Paket wieder zurück, wie eine Schätzung der Forschungsgruppe Retourenmanagement der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg zeigt. Damit hat Deutschland im europäischen Vergleich den größten Anteil an Retouren. Was sind die Gründe? Gründe für Retourenwelle vielfältig "Anders als im Geschäft bekommen Kunden bei Onlinekäufen keinen realen Eindruck von den Produkten. Erst beim Auspacken stellen sie fest, wie Größen ausfallen oder die Farben im Tageslicht aussehen", sagt Konstantinos Vasiadis, Geschäftsführer der Elvinci.de GmbH, gegenüber der ARD-Finanzredaktion. Auch die Rückgabekonditionen der Händler sowie die Warensorte würden eine Rolle spielen. Besonders häufig werde dabei Bekleidung zurückgeschickt. Grundsätzlich variiert die Retourenquote laut Vasiadis zwischen zwei und 15 Prozent. Je konkreter die Beschreibung der Ware, desto geringer falle sie aus. "Onlinehändler haben die Möglichkeit, die Menge an Retouren zu minimieren. Dazu muss die Ware online sehr genau und detailliert beschrieben werden", erklärt Vasiadis. Retouren alles andere als nachhaltig Auch Björn Asdecker, Leiter der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg, sieht für Unternehmen eine Möglichkeit, die Anzahl an Rücksendungen zu senken: "Das einzige Instrument, das etwas nachhaltig an den hohen Retourenquoten ändern kann, ist eine Bepreisung der Retoure - also entweder eine verpflichtende Retourengebühr oder eine Retourensteuer." Allerdings seien die Möglichkeiten vieler Händler begrenzt, da die drei großen Onlinehändler Amazon, Otto und Zalando den Markt dominieren und damit die Erwartungshaltung definieren, so Asdecker. Umso wichtiger sei es deshalb, an den Verstand der Kunden zu appellieren, ergänzt Vasiadis: "Es muss darauf hingewiesen werden, dass Retouren ein Problem verursachen. Das nachhaltige Gewissen der Konsumenten muss unbedingt geweckt werden." Viele Rücksendungen landen im Müll Denn tatsächlich sind Retouren alles andere als nachhaltig. Ein Großteil der zurückgeschickten Ware landet im Müll oder wird an Drittstaaten weiterverkauft. "Viele der Retouren sind nicht mehr zu retten. Ein Teil der Ware muss zerstört werden, weil es sich für Unternehmen finanziell nicht lohnt, diese wieder aufzubereiten", so Vasiadis. Das gelte vor allem bei günstigen Produkten, die im Verkauf lediglich ein oder zwei Euro kosten. "Wenn ein Mitarbeiter dafür 30 Minuten braucht, um das Produkt zu reinigen und zu testen, lohnt sich das wirtschaftlich für die Unternehmen überhaupt nicht." Auch bei retournierten Textilien wird ein Großteil vernichtet. Vasiadis sieht da vor allem die Konsumenten in der Verantwortung: "Die Kunden kaufen oftmals Kleidung in verschiedenen Größen oder Farben und entscheiden sich erst anschließend für ein Modell." Oft kämen Textilien zudem verschmutzt zurück, weil sie bereits getestet und mehrere Tage getragen wurden." Asdecker sieht die Kunden ebenfalls in der Pflicht, sich mehr über die Konsequenzen von Retouren zu informieren und bewusster zu bestellen. Welchen Mehrwert ein bewusster Umgang mit Bestellungen haben kann, hat die Corona-Pandemie gezeigt. Zwar nahm in der Zeit der Lockdowns die Zahl an Online-Bestellungen zu, die Anzahl an Retouren ging jedoch zurück. Vasiadis führt das darauf zurück, dass die Kunden mehr Zeit hatten, gründlicher zu recherchieren und den Kauf besser zu überdenken. Experte Asdecker bringt es auf den Punkt: "Nicht jede Bestellung ist eine gute Bestellung." | /wirtschaft/retouren-ruecksendungen-online-handel-100.html |
2024-01-13 | Wo Pressefreiheit Mut braucht | Griechenland | Ein Mord, ein Abhörskandal, Klagen gegen missliebige Berichterstattung: Griechenland belegt auf der Rangliste der Pressefreiheit den niedrigsten Platz aller EU-Staaten. Wie griechische Journalisten damit leben - und arbeiten. Von A. Miller. | Ein Mord, ein Abhörskandal, Klagen gegen missliebige Berichterstattung: Griechenland belegt auf der Rangliste der Pressefreiheit den niedrigsten Platz aller EU-Staaten. Wie griechische Journalisten damit leben - und arbeiten. Von Anja Miller Die Witwe Statha Karaivaz geht fast nie an den Ort, an dem ihr Mann erschossen wurde. Es schaudert sie bis heute. Jetzt steht hier eine Gedenktafel aus schwarzem Stein. Es war Freitagnachmittag, der 9. April 2021, als eine Nachbarin anrief: Im Viertel gebe es eine Schießerei. Giorgios Karaivaz war immer sehr vorsichtig, parkte das Auto in der Garage. An diesem Tag nicht. Überwachungskameras filmten zwei Männer auf einem Motorrad, einer stieg ab und erschoss den Journalisten aus nächster Nähe. "Es war Mord", sagt Vassilis Panagiotopoulos von "Reporter ohne Grenzen". Giorgios Karaivaz, ein angesehener Polizeireporter, trat in vielen Sendungen auf - seine wichtigsten Themen: Korruption bei der griechischen Polizei und die Beziehungen zwischen Großunternehmern, Politik und organisierter Kriminalität. Für "Reporter ohne Grenzen" ist der bis heute nicht aufgeklärte Mord an dem Journalisten ein klarer Angriff auf die Pressefreiheit. In ihrer Rangliste der weltweiten Pressfreiheit belegt Griechenland Platz 107, den niedrigsten Platz aller EU-Länder. "Zwei Jahre nach dem Mord an Giorgios Karaivaz haben wir keine wesentlichen Fortschritte gesehen. Wir haben keine zufriedenstellenden Antworten zum Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bekommen - und das ist einer der wesentlichen Gründe für das schlechte Ranking", so Panagiotopoulos. Spionage per "Predator"-Software Es gibt noch weitere Gründe. Der Journalist Thanasis Koukakis recherchiert und publiziert vor allem zu Fällen von Wirtschaftskriminalität. Er erzählt, dass in Griechenland auch der Geheimdienst gegen die Pressefreiheit verstoßen haben soll. Koukakis schrieb für die "Financial Times" mehrere Artikel, in denen er die aktuelle griechische Gesetzgebung kritisierte: Sie begünstige Geldwäsche und Steuerhinterziehung, so seine These. Die Regierung habe zunächst versucht, Druck auf die Zeitung auszuüben und die Berichterstattung zu verhindern, erzählt er. Gleichzeitig sei er selbst ins Visier des Geheimdienstes geraten: "Ab dem Moment fing der griechische nationale Nachrichtendienst an, mich zu überwachen. Erst mit herkömmlicher Technologie, dann mit der Software 'Predator'". Über die auf das Smartphone verdeckt installierte Spionagesoftware sollen Journalisten, der Oppositionsführer und sogar Minister der Regierung abgehört worden sein, besagen die Recherchen von Koukakis und mehreren anderen Kollegen. Millionenklage des Geheimdienstschefs Ein landesweiter Skandal, in dem der Geheimdienst der Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis als verantwortlich beschuldigt wurde. Der zuständige Bürochef Grigoris Dimitriadis, ein Neffe Mitsotakis, wurde entlassen. Aber bis heute sind die Verantwortlichkeiten nicht vollständig geklärt - und in den großen Medien wurde kaum darüber berichtet. Thodoris Chondrogiannos arbeitet für "Reporters United", ein Rechercheteam mit Sitz in Athen. Die Journalisten gehörten zu denen, die den Skandal aufdeckten. In der Folge verklagte der geschasste Bürochef Dimitriadis sie auf enorme Summen. "Noch am Tag seines Rücktritts reichte er eine Klage gegen uns ein. Dimitriadis verlangte von allen Beklagten einen Betrag von mehr als einer halben Million Euro", sagt Chondrogiannos. "Diese Summe ist für griechische, aber auch europäische Verhältnisse sehr hoch." Mit teuren Prozessen unabhängige Journalisten in die Knie zu zwingen sei in Griechenland ein übliches Verfahren, meint er. Man versuche ständig, "Reporters United" auf diesem Weg einzuschüchtern. "Selbstzensur von Journalisten" Oft sind aber gerade sie die Einzigen, die über Missstände berichten. Viele große Mediengruppen gehören mächtigen Geschäftsleuten, zumeist Reedern mit großem wirtschaftlichem wie politischem Einfluss. Ein Beispiel: Vangelis Marinakis, Schiffseigner, Besitzer des Fußballclubs Olympiakos Piräus und zugleich Besitzer eines Medienimperiums. Wenn ein Medienhaus einem Reeder gehöre, erklärt Chondrogiannos, berichte es nicht über diesen oder andere Reeder: "Das führt zur Selbstzensur von Journalisten, die dort arbeiten." "Reporter ohne Grenzen" sieht in Griechenland strukturelle Probleme als Bedrohung für die Pressefreiheit. "Es ist dieses Dreieck der Macht: Wir haben Medien, Geschäftsleute und die Politik. Das ist nicht nur in Griechenland so. Aber die Kombination dieser Faktoren, das ist einzigartig: Wir haben einen Überwachungsskandal, einen Mord an einem Journalisten, die Klagen und auch das Problem der Eigentumsverhältnisse", sagt Panagiotopoulos. Es brauche viel Mut in Griechenland, für die Pressefreiheit zu streiten. Diese und weitere Reportagen sehen Sie am Sonntag um 18:30 Uhr im "Weltspiegel". | /ausland/europa/griechenland-pressefreiheit-100.html |
2024-01-13 | Was verbindet Martin Sellner und die AfD? | Redner bei Geheimtreffen | Einer der Redner beim Potsdamer Geheimtreffen war Martin Sellner, ein führender Kopf der europaweit vernetzten Neuen Rechten. Welche Ideologie verbreitet Sellner? Welche Verbindungen gibt es zur AfD? Von Silke Hahne. | Einer der Redner beim Potsdamer Geheimtreffen war Martin Sellner, ein führender Kopf der europaweit vernetzten Neuen Rechten. Welche Ideologie verbreitet Sellner? Welche Verbindungen gibt es zur AfD? Von Silke Hahne Der Rechtsextremist Martin Sellner ist mittlerweile nicht mehr nur in Österreich bekannt. Der frühere Sprecher der "Identitären Bewegung" Österreich gelte inzwischen als ein zentraler Stratege im deutschsprachigen Rechtsextremismus, so Bernhard Weidinger, Rechtsextremismus-Forscher beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands in Wien. Sellner sei einer, der vorausdenke und "große Entwürfe" mache. "Und er wird inzwischen ganz offensichtlich bis hinein in Parlamentsparteien rezipiert", so der österreichische Forscher. Sellner tut dies mit Ideen wie etwa der sogenannten Remigration. Darüber schreibt der Rechtsextremist nach eigenen Aussagen gerade ein Buch. Und nutzt die Aufmerksamkeit durch die Correctiv-Recherche, um auf seinem Telegram-Kanal Werbung für sein Konzept von "Remigration" zu machen. In einem professionell produzierten Video erklärt Sellner, worum es ihm geht: "Eine pro-deutsche Migrationspolitik, eine Minus-Migration, eine Umkehrung der Migrationsströme, damit die Deutschen bestimmende Mehrheit im eigenen Lande bleiben." Der Rechtsextremismus-Forscher Weidinger ordnet es so ein: "Man will sozusagen zurück zu einer völkischen Reinheit, die es nie gab, die man aber in eine idealisierte Vergangenheit projiziert." "In die gesellschaftliche Mitte diffundiert" Zielgruppe dieser "Remigrations"-Politik können laut Sellner auch Menschen mit deutschem Pass sein, die nicht ausreichend "assimiliert" seien. In seinem Video taucht auch das Bild einer Familie auf: Ein hellblondes Paar mit drei hellblonden Kindern, die vor einem ländlichen Anwesen posieren. Das Bild hatte auch die Gruppe "Junge WerteUnion" vor Kurzem auf der Plattform X geteilt. Rechte Propaganda verbreitet sich aber nicht nur im Internet rasend schnell. So weist Martin Sellner in seinem Reaktionsvideo etwa darauf hin, dass einige deutsche Politiker von Union, SPD und Grünen auch schon die Ausbürgerung von Menschen gefordert hätten. Dass bestimmte extreme Begriffe, Ideen und Konzepte mittlerweile in die gesellschaftliche Mitte diffundiert seien, damit habe Sellner nicht ganz Unrecht, so Experte Weidinger: Selbst eine Idee wie die Ausbürgerung von Staatsbürgern gelte "im politischen Diskurs der Bundesrepublik offenbar nicht mehr als so jenseitig, dass sie gar nicht erst vorkäme." Der politische Diskurs wird also auch jenseits der AfD von Ideen durchdrungen, die ursprünglich einmal nur von Rechtsaußen ventiliert wurden. Diese Normalisierung von rechten Konzepten sei genau das Ziel der Arbeit von Sellner und Co., sagt der Rechtsextremismus-Forscher: Sellner sage das auch immer wieder und ganz offen, so Weidinger. Es gehe ihm darum, bestimmte Begriffe zu etablieren. "Weil wir wissen, dass Forderungen erst sagbar werden müssen, damit sie einmal machbar sein können." "In die Flure der Parlamente gucken" So weit die Idee von Ausbürgerungen schon vorgedrungen sein mag in den politischen Diskurs: Den rechten Kampfbegriff der "Remigration" haben bisher allen voran AfD-Politiker und AfD-Organisationen wie die "Junge Alternative" übernommen. Zwar distanziert sich der AfD-Vorstand immer wieder von der extremen Rechten, auch von der "Identitären Bewegung". Dennoch gibt es immer wieder Kontakte und Treffen zwischen Akteuren aus diesen Kreisen sowie Politikern der AfD. Aus Sicht von Gideon Botsch von der Universität Potsdam ist die "Identitäre Bewegung" in Teilen sogar in der AfD aufgegangen. So beschreibt der Rechtsextremismus-Forscher im rbb, dass die "Identitäre Bewegung" in Deutschland mittlerweile an Bedeutung verloren habe, aber: "Wenn wir gucken, was 'identitäre' Aktivisten heute tun, und wo das 'identitäre' Gedankengut sich heute findet, dann müssen wir in die Flure der Parlamente gucken. In die Flure der AfD-Fraktionen." Man sehe 'identitäre' Aktivisten oder Personen, die durch sie stark beeinflusst wurden, in den Mitarbeiterbüros der Abgeordneten der AfD. Eine Abgrenzung gebe es im Grunde nicht, so Botsch. Parteipolitik, Straßenaktivismus, Meinungsebene Martin Sellner lehnt eine parteipolitische Betätigung hingegen ab. Er äußerte sich auch schon verächtlich über den Parlamentarismus. Was Sellner propagiere, sei vielmehr ein patriotischer Dreiklang, so der Wiener Politologe Weidinger: "Parteipolitik, Straßenaktivismus und dann sozusagen die mediale Ebene, die Meinungsebene." Jeder solle da "auf seiner eigenen Ebene das eigene Ding machen" - aber sehr wohl im Bewusstsein dafür, "dass man sowas hat wie eine gemeinsame Mission, die man arbeitsteilig verfolgt, und die man solidarisch verfolgt." In dieses Muster passe letztlich auch das Treffen bei Potsdam - bei dem es neben Migration auch um die finanzielle Unterstützung von rechtem Aktivismus gegangen sein soll. | /ausland/europa/sellner-102.html |
2024-01-13 | "Wehrhafte Demokratie muss ihre Instrumente nutzen" | Debatte über Umgang mit der AfD | Sollte man ein AfD-Verbotsverfahren beantragen? Nach Bekanntwerden des Geheimtreffens mit Rechtsextremisten plädiert nun auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther dafür. Andere äußern sich skeptisch - darunter ein früherer Verfassungsrichter. | Sollte man ein AfD-Verbotsverfahren beantragen? Nach Bekanntwerden des Geheimtreffens mit Rechtsextremisten plädiert nun auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther dafür. Andere äußern sich skeptisch - darunter ein früherer Verfassungsrichter. Nachdem bekannt geworden ist, dass sich AfD-Politiker zu einer geheimen Tagung mit Rechtsextremisten in Potsdam getroffen haben, wird in Deutschland verstärkt über den Umgang mit der Partei diskutiert. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther schloss sich denjenigen an, die ein Verbotsverfahren für sinnvoll halten. Die AfD werde "in drei Bundesländern als gesichert rechtsextrem eingestuft", sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag". In zwei dieser Länder habe sie bei den Landtagswahlen im Herbst gute Aussichten, stärkste Kraft zu werden. Hier müsse "eine wehrhafte Demokratie die Instrumente, die ihr zu ihrem eigenen Schutz zur Verfügung stehen, auch nutzen", forderte Günther. Laut Grundgesetz kann nur das Bundesverfassungsgericht eine Partei verbieten. Beantragen könnten dies der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung. Günther: "Muss sehr gut vorbereitet werden" Gewählt wird im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird die AfD vom jeweiligen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch bewertet. Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Bundesweit gilt die Partei ebenfalls als Verdachtsfall. Die Partei wehrt sich juristisch gegen die Einstufung. Günther sagte, ein Verbotsverfahren müsse "sehr gut vorbereitet werden", da es am Ende auch erfolgreich sein müsse. Er verstehe deshalb, dass zum Beispiel CDU-Parteichef Friedrich Merz dem Versuch, die AfD zu verbieten, mit Skepsis begegne. "Ein Parteiverbot ist ein scharfes Schwert, mit dem man nicht leichtfertig hantieren soll", sagte Günther. "Dennoch komme ich angesichts der Gefahr, die von der AfD ganz offenkundig ausgeht, zu einem anderen Schluss." Merz: Würde AfD "in ihrer Märtyrerrolle" bestärken Merz betonte bei einer Klausurtagung des CDU-Bundesvorstands seine Position noch einmal: Ein Verbotsverfahren würde Jahre dauern und die AfD nur "in ihrer Märtyrerrolle" bestärken. Er werbe hingegen dafür, "mit aller Konsequenz auch den politischen Meinungskampf gegen die AfD" fortzusetzen und die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihr zu suchen. Als Präzedenzfall für Parteienverbote gelten Bemühungen, die rechtsextreme NPD zu verbieten. Das Verbotsverfahren war 2017 gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht entschied damals, dass die NPD zwar eindeutig verfassungsfeindlich sei, aber als Splitterpartei zu unbedeutend, um eine Gefahr für die Demokratie darzustellen. Zumindest dieses Argument dürfte bei einem eventuellen AfD-Verbotsverfahren nicht zum Tragen kommen. Im aktuellen ARD-DeutschlandTrend kommt die AfD bundesweit auf 22 Prozent. In den drei ostdeutschen Ländern, in denen im Herbst gewählt wird, liegt sie in Meinungsumfragen derzeit über 30 Prozent. Papier: "Würde der AfD nur in die Hände spielen" Nach Einschätzung des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hätte die AfD also im Gegensatz zur NPD durchaus das Gewicht, die "grundlegende Werteentscheidung der Verfassung" zu beseitigen. Einen Verbotsantrag hält er trotzdem für falsch. Dieser würde "der AfD nur in die Hände spielen", sagte der Jurist der Zeitung Tagesspiegel. Papier, der von 2002 bis 2010 Präsident des höchsten deutschen Gerichts war, sieht eher die Volksparteien der demokratischen Mitte in der Pflicht. Sie müssten Wähler zurückgewinnen. "Die AfD hat Anhänger aus dem rechtsextremen Spektrum, aber viele ihrer Wähler sind keine Rechtsextremisten“, gab der Jurist zu bedenken. Sie hätten ihre politische Heimat verloren und früher etwa Union gewählt oder sogar die Linke. "Die schleichende Erosion unserer Demokratie beruht auf dem eklatanten Versagen der Volksparteien als Mittler zwischen Bürgerschaft und politischer Führung", sagte Papier. Voigt: "Die Ampel wirkt als Brandbeschleuniger" Auch Thüringens CDU-Vorsitzender Mario Voigt nannte Überlegungen zu einem Verbot eine falsche Diskussion. Man müsse sich in der Sache auseinandersetzen. "Der Opfermythos der AfD, der muss ein Ende haben. Wir machen die nicht zu Märtyrern, diese angebliche Alternative." Wer die EU und Europa sterben sehen wolle, sei "eine Gefahr für den Wohlstand in Deutschland und natürlich auch für die Ordnung, die uns ausmacht", sagte Voigt mit Blick auf den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke - einen der führenden Köpfe des rechtsextremen Flügels innerhalb der AfD. Der Thüringer CDU-Chef kritisierte in diesem Zusammenhang aber auch die Bundesregierung. "Die Ampel in Berlin wirkt als Brandbeschleuniger für den Protest und für die Sorgen der Menschen", sagte Voigt am Rande der CDU-Vorstandsklausur in Heidelberg. Das komme im Osten noch viel härter an, weil die Menschen dort weniger im Portemonnaie hätten. Kretschmer: Rechtsextreme machen den Unterschied Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer mahnte, die "Erfolgsgeschichte" Europas und der deutschen Wiedervereinigung könne nur fortgeschrieben werden, wenn sich im Superwahljahr 2024 die Demokraten in den Parlamenten durchsetzten. "Wir brauchen eine Mehrheit von Demokraten im Parlament, Politiker mit positivem Gestaltungswillen", sagte der CDU-Politiker beim Neujahrsempfang des katholischen Bistums Görlitz. Dabei warnte der Ministerpräsident ausdrücklich vor der AfD. Es gebe in dieser Partei auch "anständige Menschen", wie es sie in jeder Partei gebe. Doch im Unterschied zu anderen Parteien seien in der AfD auch Rechtsextremisten vertreten. Diese machten den Unterschied. In früheren Äußerungen hatte Kretschmer für einen "pragmatischen Umgang" mit der AfD plädiert, was ihm auch Kritik einbrachte. Steinmeier: "Wir sollten die besseren Antworten geben" Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich besorgt über das erstarken rechter Kräfte in Deutschland. "Wenn wir in die Geschichte zurückschauen, stellen wir fest: Extremisten waren immer das Unglück unseres Landes", sagte das Staatsoberhaupt der Süddeutschen Zeitung. Zu einem möglichen AfD-Verbotsverfahren äußerte aber auch er sich skeptisch: Er könne die Erfolgsaussichten nicht beurteilen, ein Verfahren würde vermutlich auch sehr lange dauern, so Steinmeier. "Ich rate dazu, dass wir uns auf das konzentrieren, was unmittelbar in diesem Jahr möglich und notwendig ist: Wir sollten die besseren Antworten geben, wir sollten demokratische Mehrheiten organisieren und diese stärken", so der Bundespräsident weiter. Auch der Kieler Ministerpräsident Günther plädierte - unabhängig von seinem Eintreten für ein Verbotsverfahren - dafür, die AfD politisch stärker zu bekämpfen. Jeder, der heute die AfD wähle, wisse, dass es sich um eine extremistische Partei handele, so der CDU-Politiker. "Das müssen wir viel deutlicher ansprechen. Weggucken und achselzuckend zur Kenntnis nehmen, dass so viele Menschen sich einer solchen Partei zuwenden, ist für eine Demokratin oder einen Demokraten nicht akzeptabel." Bischof: "Zutiefst menschenverachtender Plan" Das Treffen rechter Aktivisten und Extremisten im November in Potsdam war durch Recherchen des Netzwerks Correctiv bekannt geworden. Zu den Teilnehmern zählten AfD-Politiker und mindestens ein CDU-Mitglied sowie Mitglieder der erzkonservativen Werteunion, die nicht zur CDU gehört, sich dieser aber lange verbunden fühlte. Auf der Tagung wurde unter anderem darüber diskutiert, wie erreicht werden könnte, dass mehr Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund Deutschland verlassen. Die AfD erklärte, dass es sich nicht um ein Parteitreffen gehandelt habe. Auch führende Vertreter der Kirchen reagierten entsetzt auf die Berichte über das Treffen. Die Kirche stelle sich dem entschieden entgegen, betonten der Sonderbeauftragte der katholischen Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen, Erzbischof Stefan Heße, und die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp. "Was AfD-Politiker und weitere Rechtsextremisten mit dem verharmlosenden Schlagwort 'Remigration' versehen, ist letztlich nichts anderes als ein zutiefst menschenverachtender und verstörender Plan zur systematischen Diskriminierung, massenhaften Ausweisung und Deportation von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte", so Heße. Demonstrationen gegen die AfD in mehreren Städten In mehreren Städten gab es Demonstrationen. So kamen etwa in Hamburg laut Schätzungen 2.000 Menschen zur dortigen AfD-Parteizentrale. Die Veranstaltung war von den Jusos Hamburg Nord unter dem Namen "Demo gegen die faschistischen Deportationspläne von AfD und Werteunion" angemeldet worden. Im Aufruf zur Demonstration hieß es, die Pläne seien "ein verachtenswerter Angriff auf das Leben von vielen Millionen Menschen in Deutschland und unsere Demokratie". In Berlin demonstrierten mehrere Hundert Menschen vor dem Kanzleramt. Die Teilnehmer skandierten unter anderem "Nazis raus aus den Parlamenten". In dem Aufruf zur Demonstration wurden Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat aufgefordert, beim Bundesverfassungsgericht die Prüfung eines Verbots der AfD zu veranlassen. In Duisburg gingen rund 1.000 Menschen anlässlich eines Neujahrsempfangs der AfD auf die Straße, um gegen die Partei zu demonstrieren. Weitere Protestaktionen sind an diesem Wochenende unter anderem in Düsseldorf und Kiel geplant. | /inland/innenpolitik/afd-debatte-verbot-100.html |
2024-01-13 | Regierungspartei gewinnt Präsidentenwahl | Taiwan | In Taiwan hat die regierende Demokratische Fortschrittspartei mit Kandidat Lai die Präsidentenwahl gewonnen. Das gab die Wahlkommission bekannt. Dem mächtigen Nachbarn China wird das nicht gefallen. | In Taiwan hat die regierende Demokratische Fortschrittspartei mit Kandidat Lai die Präsidentenwahl gewonnen. Das gab die Wahlkommission bekannt. Dem mächtigen Nachbarn China wird das nicht gefallen. Der Vizepräsident und Unabhängigkeitsbefürworter Lai Ching-te hat die Präsidentenwahl in Taiwan gewonnen. Der 64-jährige Politiker von der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) kam auf 40,2 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmen mitteilte. "Ich möchte den Menschen in Taiwan dafür danken, dass sie ein neues Kapitel in unserer Demokratie schreiben", sagte der 64-Jährige am Abend (Ortszeit) in Taipeh. Lai erklärte, "das Überleben des Landes und das Leben der Menschen" schützen zu wollen. Er wolle die Landesverteidigung weiter stärken, mit dem demokratischen Lager enger zusammenarbeiten und Abschreckung nutzen, um den Status quo in der Taiwanstraße - der Meerenge zwischen China und Taiwan - aufrechtzuerhalten. "Frieden beruhe auf Stärke, nicht auf dem Wohlwollen der Invasoren", sagte er. Lais wichtigster Widersacher, der von der chinafreundlichen Kuomintang (KMT) aufgestellte Hou Yu-ih, erhielt 33,4 Prozent und hat seine Niederlage bereits eingeräumt. Der Kandidat Ko Wen-je von der Taiwanischen Volkspartei (TPP) kam auf ungefähr 26 Prozent. Bisherige Präsidentin trat nicht mehr an Für die Fortschrittspartei ist das der dritte Sieg in Folge. Die bisherige Präsidentin Tsai Ing-wen durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Parallel haben die 19,5 Millionen aufgerufenen Wähler über das neue Parlament, den Legislativ-Yuan, in dem die DPP bislang die absolute Mehrheit hatte, entschieden. Ein offizielles Wahlergebnis wird für den späten Samstagabend Ortszeit erwartet. Sowohl für die direkte Wahl der Abgeordneten als auch die des Präsidenten reicht eine einfache Mehrheit. Der neue Präsident tritt sein Amt am 20. Mai an. Auswirkungen der Wahl auf Verhältnis zu China Der Ausgang der Wahl dürfte prägend für die Beziehungen zu China in den kommenden vier Jahren sein. Peking zählt die Inselrepublik zum Gebiet Chinas, obwohl Taiwan seit Jahrzehnten eine unabhängige und demokratisch gewählte Regierung hat. Peking, das die für eine Unabhängigkeit Taiwans stehende DPP als separatistisch ansieht, hatte den Kontakt mit Taipeh seit dem Amtsantritt von Präsidentin Tsai 2016 eingefroren. In der für die globale Schiffahrt wichtigen Meerenge zwischen China und Taiwan, wo das chinesische Militär als Machtdemonstration fast täglich Kampfjets in Richtung der Inselrepublik schickt, könnten die Spannungen daher anhalten oder sogar zunehmen. China will eine Vereinigung der Insel mit dem Festland, notfalls auch mit militärischer Gewalt. | /ausland/asien/taiwan-wahlen-114.html |
2024-01-13 | Hoffen auf Entschädigung und Gerechtigkeit | Postskandal in Großbritannien | Hunderte Betreiber britischer Postfilialen wurden zwischen 1999 und 2015 zu Unrecht wegen Betrugs verurteilt. Nun haben die Betroffenen endlich nationale Aufmerksamkeit bekommen - durch eine TV-Dokumentation. Von Gabi Biesinger. | Hunderte Betreiber britischer Postfilialen wurden zwischen 1999 und 2015 zu Unrecht wegen Betrugs verurteilt. Nun haben die Betroffenen endlich nationale Aufmerksamkeit bekommen - durch eine TV-Dokumentation. Von Gabi Biesinger 1999 stellten rund 700 leitende Angestellte britischer Postfilialen fest, dass ihr neu eingeführtes Computersystem Horizon von der japanischen IT Firma Fujitsu bei der Abrechnung Fehler produziert. Doch die Post sprach von Einzelfällen und gab den einzelnen Filialleitern die Schuld. Diese mussten fehlendes Geld ersetzen. Hunderte wurden verklagt, mussten Unsummen bezahlen, gingen bankrott, verloren ihren guten Ruf, ihr Erspartes, ihre Familie, gingen ins Gefängnis. Einige nahmen sich das Leben. Es sei ein Kampf David gegen Goliath gewesen, sagen die Betroffenen. Die Post mit dem Staat im Rücken gegen "abgebrannte kleine Leute". Später Sieg der Gerechtigkeit Dieses Drama hat sich in Großbritannien in den vergangenen 25 Jahren abgespielt. 2019 errangen 555 Filialleiter vor Gericht dann doch einen Sieg über die Post. Die Computersoftware hatte die Fehlbeträge verursacht. Trotzdem wurden erst weniger als 100 der damaligen Gerichtsurteile aufgehoben. Seit 2022 läuft ein Untersuchungsausschuss. Doch es schien keine Eile zu geben - bis vergangene Woche der Fernsehsender ITV einen Vierteiler über den Justizskandal ausstrahlte. Seitdem ist das Post-Office-Drama auf den Titelseiten, und Regisseur James Strong ist gerührt: "Wir hatten auf Aufmerksamkeit für die Opfer und ihre Geschichte gehofft, aber dass die Regierung jetzt innerhalb weniger Tage ein Amnestiegesetz angekündigt hat, das ist überwältigend." Sunak reagiert auf Solidaritätswelle Premierminister Rishi Sunak erklärte, in einem der größten Justizskandale der britischen Geschichte sollten die Opfer durch ein neues Gesetz bis Jahresende Gerechtigkeit und Entschädigung erhalten. Die Verurteilungen sollen kollektiv aufgehoben werden, per Abschlagssumme soll entschädigt werden. Bei aller Sympathie mit den Betroffenen ist es nicht unumstritten, dass die Regierung die Gerichtsurteile mit einem Federstrich wegwischen will. Dass Sunak auf die Solidaritätswelle, die durchs Land schwappt, so schnell reagiert, dürfte auch daran liegen, dass in Großbritannien in diesem Jahr gewählt wird. Betroffenen soll jetzt zunächst eine Summe von 75.000 Pfund ausgezahlt werden. Betroffene werden jetzt entschädigt Sally Stringer kämpft mit den Tränen. Sie musste mit ihrer Rente die Post auszahlen. Jetzt, alt und gebrechlich, habe sie endlich wieder eine Art Sicherheit. Tim Brentnall hat wie viele Betroffene nicht mehr viel Vertrauen in staatliche Institutionen. Er hofft, dass der entstandene öffentliche Druck die Regierung nun auch wirklich zum Handeln zwingt. Bisher gab es weder bei der verantwortlichen IT-Firma Fujitsu noch bei der Post Konsequenzen. Paula Vennells, Postchefin von 2012 bis 2019, gab in dieser Woche wegen des öffentlichen Drucks ihren königlichen Orden zurück, eine Auszeichnung wegen ihrer Verdienste um die Post. Einige meinen, sie solle vor allem ihre Bonuszahlungen in Millionenhöhe zurückgeben. Der ehemalige Poststellenleiter Harjinder Butoy, der 18 Monate lang im Gefängnis saß, sagte der BBC, ihm sei vor allem wichtig, dass nun endlich die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden. | /ausland/europa/grossbritannien-post-skandal-100.html |
2024-01-13 | Wer wird Taiwan zukünftig regieren? | Präsidenten- und Parlamentswahl | In Taiwan hat die Auszählung der Stimmen für die Präsidenten- und Parlamentswahl begonnen. Nach ersten Erhebungen lokaler Medien liegt der Kandidat der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei vorn. | In Taiwan hat die Auszählung der Stimmen für die Präsidenten- und Parlamentswahl begonnen. Nach ersten Erhebungen lokaler Medien liegt der Kandidat der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei vorn. Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Taiwan hat nach Schließung der Wahllokale die Auszählung der Stimmen begonnen. Die Wahllokale auf der südostasiatischen Insel schlossen am Samstagnachmittag (Ortszeit), die Stimmzettel werden nun per Hand ausgezählt. Mit ersten Prognosen wird am frühen, mit dem Ergebnis am späteren Abend gerechnet. Der Ausgang des Votums dürfte ausschlaggebend sein für die weitere Entwicklung der komplizierten Beziehung zu China, welches das demokratisch regierte und industriell hoch entwickelte Taiwan als eigene Provinz betrachtet. Bisherige Präsidentin tritt nicht mehr an Nach ersten Erhebungen lokaler Fernsehsender hat der Kandidat der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) die Führung übernommen. Der bisherige Vizepräsident William Lai lag demnach vor dem Kandidaten der chinafreundlichen Kuomintang (KMT), Hou Yu-ih, und dem Anwärter der populistischen Taiwanischen Volkspartei (TPP), Ko Wen-je. Die TV-Sender sahen den 64-jährigen Lai bei ungefähr 38 bis 39 Prozent. Sein Kontrahent Hou lag dahinter mit ungefähr 33 Prozent. Parallel entschieden die 19,5 Millionen aufgerufenen Wähler über das neue Parlament, den Legislativ-Yuan, in dem die DPP bislang die absolute Mehrheit hatte. Ein offizielles Wahlergebnis wird für den späten Samstagabend Ortszeit erwartet. Sowohl für die direkte Wahl der Abgeordneten als auch die des Präsidenten reicht eine einfache Mehrheit. Der neue Präsident tritt sein Amt am 20. Mai an. Sollte die Fortschrittspartei gewinnen, wäre es ihr dritter Sieg bei Präsidentschaftswahlen in Folge. Die bisherige Präsidentin Tsai Ing-wen darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Sollte die DPP wieder den Präsidenten stellen, dürfte Chinas kommunistische Führung den Druck auf Taiwan fortsetzen. Spannung zwischen China und Taiwan Peking zählt die Inselrepublik zum Gebiet Chinas, obwohl Taiwan seit Jahrzehnten eine unabhängige und demokratisch gewählte Regierung hat. Peking, das die für eine Unabhängigkeit Taiwans stehende DPP als separatistisch ansieht, hatte den Kontakt mit Taipeh seit dem Amtsantritt von Präsidentin Tsai 2016 eingefroren. In der für die globale Schiffahrt wichtigen Meerenge zwischen China und Taiwan, wo das chinesische Militär als Machtdemonstration fast täglich Kampfjets in Richtung der Inselrepublik schickt, könnten die Spannungen daher anhalten oder sogar zunehmen. China will eine Vereinigung der Insel mit dem Festland, notfalls auch mit militärischer Gewalt. | /ausland/asien/taiwan-wahlen-112.html |
2024-01-13 | Warum die Dänen die Monarchie nicht missen möchten | Thronwechsel | Nach 52 Jahren dankt Königin Margrethe II. am Sonntag ab und macht Platz für ihren Sohn Frederik. Ein Anlass zu Zweifel an der Monarchie ist der Thronwechsel nicht. Von Christian Blenker. | Nach 52 Jahren dankt Königin Margrethe II. am Sonntag ab und macht Platz für ihren Sohn Frederik. Ein Anlass zu Zweifel an der Monarchie ist der Thronwechsel nicht. Von Christian Blenker Wer die Schätze der dänischen Monarchie sehen möchte, muss unter die Erde. Unter dem Rosenborger Schloss in Kopenhagen liegen sie in einer Schatzkammer, die mit dicken Panzertüren gesichert ist. Kronen, Juwelen und Zepter, getragen von Dänemarks Königen, deren Reich sich einst über weite Teile Nordeuropas erstreckt hat. Doch die Insignien der Macht braucht heute keiner mehr, erklärt die Historikerin Emma Rønberg Paaske. "Mit dem Übergang zur Demokratie und unserer konstitutionellen Monarchie haben wir sowohl Krönungen als auch Salbungen über Bord geworfen und sind zu einer Proklamation übergegangen." Älteste Monarchie Europas Dänemark gilt als die älteste Monarchie Europas. Von der Wikingerzeit bis heute saßen mehr als 50 Königinnen und Könige auf dem Thron. Doch auch den braucht heute keiner mehr. Aber eines, glaubt die Historikerin Paaske, sei über die lange dänische Monarchiegeschichte immer gleich geblieben. "Es ist enorm wichtig, ob der König oder die Königin beliebt ist. Und es macht einen Unterschied, ob wir nach der Monarchie oder nach Mitgliedern des Königshauses fragen. Zurzeit ist es so, dass die Menschen die Königsfamilie deutlich stärker unterstützen als die Monarchie als solche." Dänen mögen ihre Königin Laut einer aktuellen Umfrage sprechen sich 70 Prozent der Däninnen und Dänen für die Beibehaltung der Monarchie aus. Diese Zustimmungswerte haben viel mit Dänemarks Königin zu tun. Die Monarchin ist vielen ans Herz gewachsen. Auch weil sie neben der Tradition immer ihre Eigenarten behalten hat. "Sie ist Mensch geblieben. Sie geht auf andere zu", sagt die Kopenhagerin Annette und fügt hinzu, dass die Monarchie ganz und gar nicht aus der Zeit gefallen sei. "Sie gehört zu unserer Geschichte. Wir wollen nicht darauf verzichten. Wir sind Royalisten!" Wenn am Schloß Amalienborg, einem von vielen Schlössern der königlichen Familie, am Mittag die Wachablöse kommt, zieht das viele Touristen an. Die Monarchie ist auch ein Werbeträger für das Land. Und doch ist sie mehr. Jedes Jahr, wenn das dänische Parlament zusammenkommt, ist die königliche Familie dabei. Denn die Königin beruft als Staatsoberhaupt die Regierung. Bedeutung für das Gemeinschaftsgefühl Der Autor Thomas Larsen begleitet die königliche Familie in Dänemark für seine Bücher seit vielen Jahren. Er meint, dass ihre Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte. "Die königliche Familie schafft ein Gemeinschaftsgefühl. Etwas, das uns in sehr polarisierenden Zeiten mit tiefen Gräben fehlt. Auch politisch kann die königliche Familie helfen, das Land zu einen."Eine Aufgabe, die nun auf Kronprinz Frederik zukommt. Früher als erwartet. Denn durch die überraschende Abdankung seiner Mutter Margrethe wegen gesundheitlicher Probleme wird er am Sonntag als Frederik X. ausgerufen - Dänemarks neuer König. Eine Aufgabe, auf die er sich lange vorbereiten konnte. Große Erwartungen an Frederik Und doch ist Frederik anders als seine Mutter. Statt Klassik mag er Rock, statt großer Reden lieber Sport. "Königin Margrethe wusste fast alles zu unserer Geschichte und konnte besonders gut Dänemarks Entwicklung erklären. Das hat sie jedes Jahr in ihren Neujahrsansprachen gemacht", so Larsen. "Für Frederik wird das eine neue Herausforderung. Er muss den großen Erwartungen nun gerecht werden."Freiwillig abdanken - das gab es in Dänemark vor Margrethe zuletzt vor fast 1.000 Jahren. Die Entscheidung ihrer Königin hat das Land überrascht. Und doch respektieren die Menschen ihre Entscheidung. Der Platz von Margrethe II. in der langen Geschichte der dänischen Monarchie ist gesichert. Ihr Sohn und Nachfolger muss ihn nun für sich erarbeiten. | /ausland/europa/daenemark-monarchie-102.html |
2024-01-13 | Täglicher Halbmarathon für die Kontrolleure | Einsatz für den Deichschutz | Kilometerlang schützen Deiche Land und Leute vor Überschwemmungen. Kleine Schäden können sich zu großen Katastrophen auswachsen. Damit das nicht passiert, laufen Deichkontrolleure sie ab. Ein Beispiel aus Niedersachsen. Von Birgit Stamerjohanns. | Kilometerlang schützen Deiche Land und Leute vor Überschwemmungen. Kleine Schäden können sich zu großen Katastrophen auswachsen. Damit das nicht passiert, laufen Deichkontrolleure sie ab. Ein Beispiel aus Niedersachsen Von Birgit Stamerjohanns, NDR Am Huntedeich in Wardenburg im Landkreis Oldenburg haben Thomas Schlunck und die ehrenamtlichen Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) bisher erfolgreich verhindert, dass der Deich bricht. Jetzt friert es. Für den Deichschützer eigentlich eine gute Nachricht. Allerdings ärgert er sich nun über Maulwürfe. Der Riss ist drei Zentimeter breit und gute zehn Zentimeter tief. "Hier ist es zu einer Absackung gekommen", erklärt Thomas Schlunck und hält den Zollstock vorsichtig in die Schadstelle, "uns geht hier Deichsicherheit verloren". Der 64-Jährige steht zusammen mit den Ehrenamtlichen vom THW auf dem Huntedeich und begutachtet den Schaden. Auch für den Laien ist erkennbar, dass die Grasnarbe nachgegeben hat und ein Stück tiefer Richtung Wasser gerutscht ist. Damit der Deich an dieser Stelle nicht noch weiter absackt und dadurch seine Schutzfunktion verliert, haben die Helfer ihn mit Sandsäcken stabilisiert. Kontrollgänge rund um die Uhr Den Heiligen Abend hat Thomas Schlunck noch mit seiner Familie in Emden unter dem Weihnachtsbaum verbracht. Am nächsten Morgen um sechs ist er dann in Richtung Hochwassergebiet aufgebrochen. Seitdem kümmert sich der Fachberater und technische Berater für Deichverteidigung und Hochwasserschutz - so sein offizieller Titel - um die Sicherheit des Huntedeichs im Landkreis Oldenburg. Während einer Schicht legen wir 21 Kilometer zurück. Extremes Hochwasser und tagelange Regenfälle haben den Deich zu einer weichen Masse werden lassen. Schlunck und sein Team kontrollieren einen sieben Kilometer langen Deichabschnitt alle zwei Stunden - rund um die Uhr. "Während einer Schicht legen wir 21 Kilometer zurück", sagt der Deichexperte, der auch Dozent am THW-Ausbildungszentrum in Hoya ist. Bis zum Wochenende werden die Freiwilligen insgesamt eine Strecke von mehr als 1.000 Kilometern gelaufen sein. Immer in Zweiergruppen gehen die Kontrolleure das Bauwerk ab, begutachten den Zustand des Deichfußes und überprüfen auch die Brücken: Leicht können sich Bäume und anderes Treibgut an den Brückenpfeilern verkanten. "Das ist sehr gefährlich, weil das den Abfluss des Wassers behindert und das Brückenbauwerk beschädigen könnte", sagt Schlunck. Schäden werden digital erfasst Jeder Schaden wird in einer digitalen Karte dokumentiert, so dass alle Deichläufer sehen können, auf welche Stellen sie besonders zu achten haben. Die Schäden melden die Kontrolleure der Hunte-Wasseracht, die für die Deiche zuständig ist. Enno Kuhlmann, Verbandstechniker bei der Wasserwacht, kann oft genug Entwarnung geben, so auch an einer Stelle am Deichfuß: Ein Kontrolleur hatte eine kleine Verwerfung im Boden festgestellt. "Tatsächlich sieht die Stelle aus wie eine beginnende Absackung, ist aber ungefährlich", erläutert Kuhlmann, der praktisch jeden Meter des Deichs und damit auch alle natürlichen Unebenheiten genau kennt. Dass Binnendeiche auf einmal brechen und die Wassermassen ins Hinterland stürzen, ist nicht zu befürchten. Aber nach acht bis zwölf Tagen Hochwasser ist das Bauwerk so stark durchweicht, dass Risse entstehen können. Ein Problem sind auch Mäuse und andere Tiere, die im Deich Löcher graben. Momentan sind die Maulwürfe am Huntedeich sehr aktiv. Offenbar sind sie von den überfluteten Weiden auf den Deich geflüchtet. Für Thomas Schlunck ein echtes Ärgernis: "Maulwürfe wollen wir hier nun wirklich nicht haben, ihre Gänge machen den Deich instabil." Allerdings lassen sich die Tiere auch nicht vertreiben - Schlunck kann nur hoffen, dass sie bald wieder freiwillig verschwinden. Frost brachte Entspannung Tagelang drehen die Deichkontrolleure ihre Runden bei Minustemperaturen. Immer noch besser als bei Regen und Sturm, so wie in der ersten Hochwasserwoche, findet Thomas Schlunck. Außerdem stabilisiert der Frost zumindest die äußere Deichschicht. Die Frage ist noch, was passiert, wenn es jetzt wieder taut. Schlunck und seine Kollegen sind aber zuversichtlich, dass der Pegelstand bis dahin weiter gesunken ist und das Wasser mit weniger Macht gegen den strapazierten Deich drücken wird. Und wenn alles gut geht und die Pegelstände weiter so fallen wie prognostiziert, dann kann Thomas Schlunck nun wieder nach Hause. Nach fast drei Wochen Einsatz im Hochwassergebiet. | /inland/mittendrin/deichkontrolleur-mittendrin-hochwasser-100.html |
2024-01-13 | Bahnverkehr ist wieder planmäßig angelaufen | GDL-Streik beendet | Seit Mittwoch hatte die Lokführergewerkschaft GDL den Zugverkehr bestreikt. Laut der Bahn hat sich der Verkehr nun wieder normalisiert. Die GDL drohte aber direkt mit dem nächsten Streik. Dieser könnte härter ausfallen. | Seit Mittwoch hatte die Lokführergewerkschaft GDL den Zugverkehr bestreikt. Laut der Bahn hat sich der Verkehr nun wieder normalisiert. Die GDL drohte aber direkt mit dem nächsten Streik. Dieser könnte härter ausfallen. Die Deutsche Bahn ist nach dem dreitägigen Streik der Lokführergewerkschaft GDL wieder mit dem normalen Fahrplan unterwegs. Der Verkehr sei am Morgen planmäßig und reibungslos angelaufen, teilte ein Sprecher des bundeseigenen Konzerns mit. Die GDL hatte den Personenverkehr der Bahn von Mittwochmorgen bis Freitagabend bundesweit bestreikt und so für Tausende Zugausfälle gesorgt. Nach dem Ende des Arbeitskampfes war die Bahn zunächst weiter gemäß eines Notfahrplans unterwegs, um einen reibungslosen Betriebsstart heute Morgen vorzubereiten. GDL droht mit weiteren Streiks Die GDL zog eine positive Bilanz des Streiks. Sie sprach von einer "überwältigenden Streikbeteiligung" ihrer Mitglieder. Gleichzeitig drohte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky mit weiteren und härteren Streiks. "Nach Abschluss dieser Streikmaßnahmen lassen wir dem Unternehmen ein Stück weit Zeit, um zur Besinnung zu kommen", so Weselsky am Freitagabend in Berlin. "Tun sie das nicht, wird die nächste Arbeitskampfmaßnahme folgen. Sie wird länger sein und sie wird das Unternehmen noch härter treffen." Neue Tarifverhandlungen sind weiterhin nicht in Sicht. Die Gewerkschaft will eine Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn lehnt das bislang ab und hat dafür die Erweiterung bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle angeboten. Wer in diesem Rahmen seine Arbeitszeit reduziert, muss demnach aber finanzielle Einbußen in Kauf nehmen. | /wirtschaft/unternehmen/bahn-zugverkehr-gdl-100.html |
2024-01-13 | Unbefristetes Flugverbot für Boeing 737 Max 9 | US-Luftfahrtbehörde | Die US-Flugaufsichtsbehörde lässt die Boeing 737 Max 9 am Boden. 40 Flugzeuge dieses Typs müssten neu überprüft werden. Außerdem könnte sich die Sicherheitszertifizierung bei Neuzulassungen ändern. | Die US-Flugaufsichtsbehörde lässt die Boeing 737 Max 9 am Boden. 40 Flugzeuge dieses Typs müssten neu überprüft werden. Außerdem könnte sich die Sicherheitszertifizierung bei Neuzulassungen ändern. Die US-Luftfahrtbehörde hat das Flugverbot für die Boeing-Maschinen des Typs 737 Max 9 auf unbestimmte Zeit verlängert. Das anhaltende Flugverbot für 171 Flugzeuge diene "der Sicherheit der amerikanischen Reisenden", erklärte die Federal Aviation Administration (FAA). 40 der Flugzeuge müssten erneut inspiziert werden. Anschließend werde die Behörde die Ergebnisse prüfen und entscheiden, ob die Sicherheit ausreichend sei, um die Boeing 737 Max 9 wieder fliegen zu lassen. "Wir arbeiteten daran, sicherzustellen, dass sich so etwas nicht wiederholt", hieß es von der FAA. Die Max 9 werde "nicht in den Himmel zurückkehren, bis wir völlig davon überzeugt sind, dass sie sicher ist". FAA erwägt unabhängige Sicherheitszertifizierung Die Behörde hatte noch am Montag erklärt, das Flugverbot werde aufgehoben, sobald die Flugzeuge inspiziert worden seien. "Wir konzentrieren uns zunehmend auf den Herstellungsprozess", sagte FAA-Administrator Mike Whitaker gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Unter strengerer Aufsicht werde die Aufsichtsbehörde die Produktionslinie und die Zulieferer der Boeing 737 Max 9 überprüfen. Die FAA überlege zudem nach eigenen Angaben, dass bestimmte Aspekte der Sicherheitszertifizierung neuer Flugzeuge zukünftig von unabhängigen Stellen übernommen werden sollen. Bisher waren die Flugzeughersteller selbst dafür verantwortlich. Hunderte Flüge in den USA annulliert Alaska Airlines und United Airlines, die beiden US-Fluggesellschaften, die die betroffenen Flugzeuge einsetzen, mussten in der vergangenen Woche Hunderte von Flügen wegen des Flugverbots streichen. Am Freitag hatten beide Fluggesellschaften alle Max-9-Flüge bis Dienstag annulliert, und United hat in den folgenden Tagen einige weitere Flüge abgesagt. Die US-Flugaufsicht hatte 171 Maschinen des Typs letzte Woche vorerst nicht mehr starten lassen, nachdem eine erst acht Wochen alte Boeing 737 Max 9 während des Fluges in knapp 4.900 Metern Höhe ein Kabinenteil verlor. Die Piloten konnten die schwer beschädigte Maschine notlanden. Es gab nur wenige Leichtverletzte. Boeing hatte bereits in den vergangenen Jahren massive Probleme mit der Boeing 737 Max. Nach zwei Flugzeugabstürzen in Indonesien und Äthiopien mit insgesamt 346 Toten war im März 2019 ein weltweites Flugverbot für die Maschinen dieses Typs verhängt worden, das erst Ende 2020 nach technischen Überarbeitungen aufgehoben wurde. | /wirtschaft/unternehmen/usa-boeing-flugverbot-100.html |
2024-01-13 | Russland verurteilt Luftangriffe im Jemen | UN-Sicherheitsrat | Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats hat der Kreml die Angriffe auf Huthi-Stellungen verurteilt. UN-Generalsekretär Guterres forderte von allen Seiten, die Situation nicht weiter zu eskalieren. | Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats hat der Kreml die Angriffe auf Huthi-Stellungen verurteilt. UN-Generalsekretär Guterres forderte von allen Seiten, die Situation nicht weiter zu eskalieren. Russland hat am Freitagabend die von den USA angeführten Luftangriffe auf Stellungen der Huthi-Rebellen im Jemen verurteilt. Diese seien aus Sicht des Völkerrechts unzulässig, erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. "Die Länder, die zugeschlagen haben, haben versucht, sich auf das Völkerrecht zu berufen", sagte er mit Blick auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrats. "Dieser Versuch war erfolglos, da die verabschiedete Resolution kein Recht auf einen Angriff vorsieht", erklärte Peskow. Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen hatte am Mittwoch in einer Resolution ein Ende der Huthi-Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer gefordert und das Recht der Mitgliedstaaten festgehalten, Schiffe gegen solche Angriffe zu verteidigen. Kreml-Sprecher Peskow bezeichnete auch die Angriffe der Huthi auf die internationale Schifffahrt als "extrem falsch". Moskau habe die Huthi wiederholt aufgefordert, diese Praxis einzustellen. Moskau: Angriffe könnten "positive Trends" umkehren Zuvor hatte bereits das russische Außenministerium die Luftangriffe im Jemen verurteilt. Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa sprach von "unverantwortlichen Aktionen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten" im Nahen Osten. Eine umfassende militärische Eskalation könne die positiven Trends umkehren, die bei der Befriedung des Konflikts im Jemen eingetreten seien, und weitergehend die Situation in der gesamten Nahost-Region gefährden, sagte Sacharowa. Mit Blick auf die Gefährdung der Handelsschifffahrt im Roten Meer durch Huthi-Angriffe sagte sie, die Haltung der USA im UN-Sicherheitsrat sei nur "ein Vorwand für eine weitere Eskalation der Spannungen in der Region". USA gehen von Beteiligung des Iran aus Die UN-Botschafterin der USA, Linda Thomas-Greenfield, sagte vor dem Rat, die Schiffe keines Landes seien vor Angriffen der Huthi im Roten Meer sicher. "Ob ein Schiff unter US-Flagge oder der Flagge eines anderen Landes fährt - alle unsere Schiffe sind angreifbar." Thomas-Greenfield sagte zudem, ohne die Unterstützung des Iran wären die Huthi-Rebellen kaum in der Lage, Handelsschiffe im Roten Meer anzugreifen. Guterres fordert Ende der Eskalation UN-Generalsekretär António Guterres forderte von allen Seiten die Einhaltung der Resolution. Die Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe seien nicht akzeptabel, sagte Guterres laut Mitteilung. Die Rebellen müssten sich an die Resolution halten. Gleichzeitig müssten sich aber auch alle UN-Mitgliedstaaten, die ihre Schiffe verteidigten, an internationales Recht halten, so wie es auch in der Resolution dargelegt sei, sagte Guterres weiter. Er forderte alle Beteiligten auf, die Situation nicht noch weiter zu eskalieren. Griffiths fordert erneut Waffenstillstand in Gaza Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths rief unterdessen erneut zu einem Waffenstillstand im Gazastreifen auf. Was die Welt seit dem 7. Oktober, als Terroristen der Hamas und anderer Gruppierungen das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels anrichteten, erlebt habe, sei "ein Schandfleck auf unserem kollektiven Gewissen", sagte Griffiths ebenfalls vor dem UN-Sicherheitsrat. "Ich wiederhole meine Forderung nach einem Waffenstillstand. Vor allem aber fordere ich den Rat erneut auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Krieg zu beenden", sagte der Chef des UN-Nothilfebüros. | /ausland/amerika/un-sicherheitsrat-huthi-100.html |
2024-01-13 | Weit, weit weg vom Silicon Valley | Klickarbeiter für KI | 14-Stunden-Tage mit ungeregelter Bezahlung: Als sogenannte Klickarbeiter trainieren Menschen in Billiglohnländern Anwendungen Künstlicher Intelligenz. Wie Oskarina in Kolumbien, die als Ingenieurin keinen Job fand. Von M.-K. Boese. | 14-Stunden-Tage mit ungeregelter Bezahlung: Als sogenannte Klickarbeiter trainieren Menschen in Billiglohnländern Anwendungen Künstlicher Intelligenz. Wie Oskarina in Kolumbien, die als Ingenieurin keinen Job fand. Von Marie-Kristin Boese Der Arbeitstag von Oskarina Fuentes dauert oft 14 Stunden oder länger. Hochkonzentriert sitzt sie in ihrem Zimmerchen bei Medellin in Kolumbien: zwölf Quadratmeter, ein Bett mit rosa Decke und Manga-Figuren auf den Schränken. Von hier trainiert die 33-Jährige als sogenannte Klickarbeiterin Künstliche Intelligenz-Anwendungen. Für wen genau sie arbeitet, weiß Oskarina nicht. Die Aufgaben bekommt sie über eine Plattform, an die Tech-Konzerne aus aller Welt das Datensammeln ausgelagert haben. Heute ist ein guter Tag, denn ständig landen neue Aufgaben auf Oskarinas Bildschirm. "Was kann man rund um Prag unternehmen?", fragt das System. Gleichzeitig öffnen sich zwei Fenster mit zwei unterschiedlichen Antworten. Oskarina muss die bessere Antwort aussuchen, diese markieren und an das System zurückmelden. Bei anderen Aufgaben entscheidet sie, welcher von zwei Texten verständlicher ist. Oder sie bringt der Anwendung bei, ob bestimmte Bilder kindgerecht sind, oder ob diese gewalttätige oder sexuelle Inhalt haben. Mit jedem Klick von Oskarina lernt die KI, was zum Beispiel rassistisch oder übergriffig ist. Bezahlt wird sie in US-Dollar und pro Aufgabe. "Manche Aufgaben sind komplex. Manchmal musst du immer wieder das Gleiche machen. Für solche einfachen Aufgaben bekommt man nur ein oder zwei Cent", erklärt sie. Mindestlohn für unverzichtbare Arbeit Knapp 300 Dollar kriegt sie monatlich zusammen, nur etwas mehr als der kolumbianische Mindestlohn. Einen Arbeitsvertrag hat sie nicht, ihre Krankenversicherung muss sie selbst zahlen. Und wenn es mal einen Tag keine Aufgaben gibt, verdient sie auch nichts. Damit scheint Oskarinas Realität - nicht nur räumlich - meilenweit weg von der schillernden Welt des Silicon Valley, wo viele Ideen für KI-Anwendungen entstehen: selbstfahrende Autos, Chat-Bots und Lieferdrohnen. Dabei bliebe die Künstliche Intelligenz relativ nutzlos ohne die Millionen Klickarbeiter weltweit, die Daten recherchieren, annotieren und bewerten, die der KI den Kontext beibringen. Das sagt die Soziologin und Informatikerin Milagros Miceli vom Berliner Weizenbaum-Institut. Und da beginne das Problem: Denn millionenschwere Konzerne lagerten genau diese Jobs in Billiglohnländer aus, nach Kenia, Indien, Venezuela oder eben nach Kolumbien. "Die Unternehmen machen das absichtlich und zielen innerhalb von Billiglohnländern noch auf verletzliche Bevölkerungsgruppen. Es gibt zum Beispiel Arbeitsangebote für alleinerziehende Mütter oder für Menschen mit Behinderung", so Miceli. Einerseits habe das eine positive Seite, weil Jobs entstehen, wo es sonst nicht viele Chancen gibt. Andererseits verdienten die Firmen sehr viel Geld auf dem Rücken unterbezahlter Arbeiter und Arbeiterinnen. "Viele werden pro Aufgabe, nicht pro Stunde bezahlt", kritisiert Miceli: "Sie wissen letztlich nicht, wie viel ihre Zeit wert ist, und ob sie genug verdienen werden, um zu überleben." Eigene Wohnung? "Unbezahlbar" So geht es auch Oskarina. Sie hat studiert, konnte aber keinen Job als Ingenieurin finden. Wegen gesundheitlicher Probleme hilft es ihr, von zu Hause zu arbeiten und viele andere Job-Chancen habe sie nicht in Kolumbien, wo soziale Ungleichheit und Armut allgegenwärtig sind. Doch die Wohnung muss sie mit Oma, Mutter und zwei Onkeln teilen. "Alleine wohnen wäre ein Traum, ist aber derzeit unbezahlbar", sagt Oskarina. Dass sich an der Situation etwas ändert, ist unwahrscheinlich. Proteste der Arbeiter sind selten, weil es schwierig ist, die verstreuten Arbeiter zu organisieren. Lehnt einer eine Aufgabe ab, macht sie ein anderer - irgendwo auf der Welt. "Digitalen Kolonialismus" nennt das Richard Mathenge. Mathenge arbeitete in Kenia für die Firma Sama, die vor kurzem in die Kritik geriet. Die New York Times brachte ans Licht, dass Sama-Mitarbeiter für den Chat-Bot ChatGPT arbeiteten, und diesem vor allem Grenzüberschreitungen austreiben sollten. Keine ausreichende therapeutische Betreuung Richard Mathenge berichtet, er und seine Kollegen seien ständig mit verstörenden Texten und Bildern konfrontiert worden. "Sodomie, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch", zählt er auf. Die psychologische Betreuung, die Sama versprochen habe, sei dagegen völlig unzureichend gewesen. "Die Konzerne, für die wir arbeiten, verdienen Millionen. Einen Teil sollten sie in die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter investieren", sagt Mathenge, der inzwischen eine Gewerkschaft für "Content Manager" mitgegründet hat. Die Firma widerspricht dieser Darstellung: Einerseits verdienten die Sama-Mitarbeiter im Schnitt deutlich mehr als den kenianischen Mindestlohn. Andererseits hätten sie Zugang zu Gruppen- und Einzeltherapie gehabt, mit professionell ausgebildeten und lizensierten Therapeuten, schreibt Sama. Mathenge dagegen sieht diese Darstellung als Versuch der Firma, ihr Image zu retten. Er berichtet von unqualifizierten Therapeuten, die sich kaum Zeit genommen hätten. Viele seiner Kollegen litten bis heute unter den psychischen Belastungen. "Frage sozialer Verantwortung" Forscherin Milagros Miceli sieht die Tech-Konzerne in der Pflicht, die Bedingungen für Klickarbeiter zu verbessern. Sie fordert etwa eine höhere Bezahlung, sichere Jobs und mehr Anerkennung. "Eigentlich müssten die Firmen die Arbeiter wie Experten behandeln und bezahlen, weil sie verantwortungsvolle Arbeit leisten", sagt Miceli. Es gehe dabei nicht nur darum, solidarisch mit den Klickarbeitern zu sein. "Unter welchen Bedingungen KI-Anwendungen trainiert werden, die wir alle nutzen - das muss uns auch alle interessieren. Das ist eine Frage sozialer Verantwortung", betont Miceli. Auch Oskarina Fuentes hätte gerne einen Arbeitsvertrag und Anrecht auf ein Arbeitszeugnis. Sie sieht den Job mit gemischten Gefühlen. Einerseits verdiene sie in US-Dollar, halte sich derzeit ganz gut über Wasser. Aber klar, sagt sie, für die Konzerne seien sie und ihre Kollegen letztlich billige Arbeitskräfte. | /wirtschaft/unternehmen/ki-klickarbeiter-100.html |
2024-01-13 | Lindner stellt Bürokratie-Abbau für Bauern in Aussicht | Debatte um Subventionen | Finanzminister Lindner will am Abbau der Agrardiesel-Subventionen festhalten, ist aber dafür, bürokratische Hürden für Landwirte abzubauen. Der Bauernverband erwartet vom Treffen mit den Ampel-Spitzen am Montag eine Lösung beim Agrardiesel. | Finanzminister Lindner will am Abbau der Agrardiesel-Subventionen festhalten, ist aber dafür, bürokratische Hürden für Landwirte abzubauen. Der Bauernverband erwartet vom Treffen mit den Ampel-Spitzen am Montag eine Lösung beim Agrardiesel. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den verstärkten Abbau von bürokratischen Lasten für die Landwirte in Deutschland in Aussicht gestellt. "Bei den aktuellen Diskussionen um die Landwirtschaft geht es nicht nur um öffentliche Gelder und Subventionen. Es schwingt auch wachsender Frust der Landwirte über immer mehr Auflagen und andere Eingriffe in ihre Betriebsabläufe mit", sagte Lindner der Düsseldorfer Rheinischen Post. "Deshalb müssen wir schauen, wie der wirtschaftliche Erfolg durch weniger Regulierung insgesamt verbessert werden kann", sagte der FDP-Vorsitzende vor seinem Auftritt bei der zentralen Bauern-Demonstration am kommenden Montag vor dem Brandenburger Tor in Berlin. "Wenn Subventionen abgebaut werden, dann sollte Zug um Zug auch teure Bürokratie abgebaut werden. Das wäre nur fair", sagte Lindner. Rücknahme der Streichung beim Agrardiesel kein Thema Lindner stellte aber auch klar, dass er trotz der anhaltenden Proteste der Landwirte an der geplanten Streichung der Steuervergünstigung beim Agrardiesel festhalten will. "Das Parlament hat beim Haushalt das letzte Wort. Aber für die Normalisierung der Staatsfinanzen werden alle ihren Beitrag leisten müssen", sagte Lindner der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Der Agrarsektor erhält jährlich Subventionen von gut neun Milliarden Euro aus Brüssel und Berlin", sagte er weiter. "Es fallen 2025 jetzt weniger als 300 Millionen weg. Wir reden also von rund drei Prozent." Die Bundesregierung habe sich die Auswirkungen des Vorschlags gründlich angesehen und deshalb Korrekturen vorgenommen, sagte Lindner. Die Bundesregierung will die seit mehr als 70 Jahren bestehende Steuervergünstigung nicht mehr auf einen Schlag enden lassen, sie soll stattdessen schrittweise über drei Jahre auslaufen. Eine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte hat die Koalition ganz zurückgenommen. Die Pläne kommen nun zu den parlamentarischen Beratungen in den Bundestag. Scholz geht von "gutem Kompromiss" aus Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte das Vorgehen der Regierung bei den Subventionskürzungen. "Wir haben uns die Argumente der Landwirte zu Herzen genommen", sagte Scholz in seinem Video-Podcast "Kanzler kompakt". Seine Regierung habe deshalb ihren ersten Vorschlag noch einmal überarbeitet. Dies sei aus seiner Sicht "ein guter Kompromiss". Landwirte und ihre Familien müssen von ihrer harten Arbeit gut leben können, sagte er weiter. Es gelte aber auch: "Wenn jede Subvention auf ewig bestehen bleibt, wenn wir alle zu 100 Prozent auf unserem Standpunkt beharren, wenn wir alles so machen wie immer - dann kommen wir auch nicht voran." Treffen am Montag in Berlin - und Demonstration Am Montag kommen der Bauernverband und weitere Bauernvertreter mit den Fraktionschefs der Ampel zusammen. Der Verband erwartet sich davon eine Lösung in der Kernfrage des Agrardiesels. "Wir gehen davon aus, dass sie sich der Brisanz des Themas bewusst sind und wir ernsthafte Vorschläge dazu erhalten werden", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Nachrichtenagentur dpa. "Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Beim Gespräch am Montag kann es zunächst nur um den Agrardiesel gehen." Man setze darauf, dass die Fraktionsvorsitzenden dazu eine Lösung vorlegen. Die Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen im Bundestag hatten die Spitzen der Landwirtschaftsverbände angesichts anhaltender Bauernproteste zu dem Gespräch eingeladen. "Bei den aktuellen Demonstrationen wird deutlich, dass es Ihrem Berufsstand jedoch nicht nur um finanzielle Belastungen geht, sondern auch um fehlende Planungssicherheit und wirtschaftliche Perspektiven für die landwirtschaftlichen Betriebe", heißt es in der Einladung. Am Montag findet in Berlin auch eine große Protestkundgebung von Bauern und der Speditionsbranche statt. Steinmeier: Politiker sollen häufiger aus Berlin raus Unterdessen rief Bundespräsident Walter Steinmeier die Regierung dazu auf, mit den Landwirten ins Gespräch zu kommen. Der Süddeutschen Zeitung sagte er: "Proteste sind legitim, aber Sprachlosigkeit zwischen der Bundesregierung und den Bauern schadet allen Beteiligten." Der Politik riet er, öfter die Hauptstadt Berlin zu verlassen und raus ins Land zu gehen, so wie er dies tue, wenn er seinen Amtssitz immer wieder für einige Tage in kleinere Städte verlege. "Manchmal hilft es schon, hinzugehen und zu sagen, wir wollen Euch hören. Insofern halte ich mehr Präsenz im ländlichen Raum tatsächlich für dringend erforderlich." Hinzu komme, dass der Griff ins Supermarktregal die Menschen von den Produzenten der Lebensmittel entfremdet habe. "Das mag auch ein Grund sein, dass es in unserem Land insgesamt an einer ausreichenden Würdigung derer fehlt, die für die Erzeugung der Nahrungsmittel und für den Erhalt der Lebensbedingungen im ländlichen Raum verantwortlich sind", sagte der Bundespräsident. | /inland/bauern-lindner-subventionen-100.html |
2024-01-13 | Säugetiere im Südatlantik in Gefahr | Vogelgrippe | Das Vogelgrippevirus breitet sich auch unter Säugetieren weiter aus. Britische Wissenschaftler untersuchten tote Tiere in der Subantarktis. Ihr Verdacht wurde bestätigt. | Das Vogelgrippevirus breitet sich auch unter Säugetieren weiter aus. Wissenschaftler untersuchten tote Tiere in der Subantarktis. Ihr Verdacht wurde bestätigt. Erstmals haben Wissenschaftler nach eigenen Angaben die Vogelgrippe bei Säugetieren nahe der Antarktis entdeckt. Wie die Umweltbehörde Animal Plant Health Agency (APHA) in London mitteilte, wurde der Erreger bei See-Elefanten und Seebären festgestellt. Sie habe Tiere auf der Insel Südgeorgien auf das H5N1-Virus getestet, nachdem dort im Oktober mehrere Exemplare der Raubmöwenart Braune Skua (Stercorarius antarcticus) tot gefunden worden waren. Vermutlich sei das Virus von Zugvögeln aus Südamerika eingeschleppt worden und seitdem auf Robben und andere Vogelarten auf der Insel übergegangen. H5N1 gefährde das empfindliche und einzigartige Ökosystem der Antarktis, warnte der zuständige APHA-Direktor Ian Brown. Risiko für viele Vogelpopulationen Südgeorgien ist ein britisches Überseegebiet im Südatlantik, etwa 1.000 km südöstlich der Falklandinseln und nur per Schiff erreichbar. Es verfügt über einige der am genauesten überwachten Seevogelkolonien der Welt und liefert Wissenschaftlern und Naturschützern Indikatoren für Veränderungen bei Arten. Eine Ausbreitung der Vogelgrippe in der Region bedeute ein Risiko für die großen Populationen von Seevögeln und Meeressäugetieren. Die Wissenschaftler stellten das Virus außerdem in Dominikanermöwen (Larus dominicanus) und Antarktisseeschwalben (Sterna vittata) fest. Tests bei toten Albatrossen negativ Tests bei Albatrossen und Riesensturmvögeln auf der Südgeorgien vorgelagerten Insel Bird Island seien aber negativ ausgefallen. Es gebe auch noch keine Berichte über überdurchschnittliche Sterberaten bei Pinguinen, hieß es. Doch angesichts der Tatsache, dass die Antarktis ein einzigartiger und besonderer Biodiversitäts-Hotspot sei, "ist es traurig und besorgniserregend, dass sich die Krankheit auf Säugetiere in der Region ausbreitet", so APHA-Direktor Brown. Die aus den neuesten Proben gewonnenen Erkenntnisse würden nun umgehend mit internationalen Partnern geteilt, um sie bei ihren Bemühungen zur Bekämpfung der Krankheit zu unterstützen und als Grundlage für die globale Risikominderung zu dienen. Nicht die ersten Fälle bei Säugetieren Es ist nicht das erste Mal, dass die Vogelgrippe bei Säugetieren festgestellt wurde. Erst vor kurzem wiesen Experten im Norden Alaskas bei einem toten Eisbären das Vogelgrippe-Virus nach. Zuvor waren auch Fälle bei Robben in Europa und Südamerika sowie bei Nerzen in Nordspanien und bei Füchsen und Ottern in England bekannt geworden. | /wissen/forschung/vogelgrippe-subantarktis-100.html |
2024-01-13 | USA greifen erneut Huthi-Ziele im Jemen an | Konflikt im Roten Meer | Im Jemen hat es nach den Luftangriffen der USA und Großbritanniens auf Stellungen der Huthi-Rebellen einen erneuten Angriff gegeben. Laut US-Militär galt dieser einer Radaranlage. Huthi-Medien sprachen von einer Reihe von Angriffen. | Im Jemen hat es nach den Luftangriffen der USA und Großbritanniens auf Stellungen der Huthi-Rebellen einen erneuten Angriff gegeben. Laut US-Militär galt dieser einer Radaranlage. Huthi-Medien sprachen von einer Reihe von Angriffen. Die USA haben in der Nacht erneut eine Stellung der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen. Ziel des Angriffs sei eine Radaranlage der Huthi gewesen, teilte das US-Militär mit. "Dieser Angriff wurde von der USS Carney (DDG 64) unter Verwendung von Tomahawk-Raketen durchgeführt. Es war eine Anschlussaktion auf ein spezifisches militärisches Ziel, das mit den Angriffen vom 12. Januar in Verbindung steht. Dies soll die Huthi-Bewegung daran hindern, Seeschiffe, einschließlich Handelsschiffe, anzugreifen", so das US Central Command in einer Erklärung auf X, früher Twitter. Der von den Huthi betriebene Fernsehsender Al-Masirah berichtete am frühen Morgen von "einer Reihe von Angriffen" der USA und Großbritanniens. Dabei sei mindestens ein Ziel in der Hauptstadt Sanaa getroffen worden. Auswertung der Militärschläge läuft noch Die USA und Großbritannien hatten zunächst in der Nacht zum Freitag mit Unterstützung anderer Verbündeter einen Militärschlag gegen die Huthi durchgeführt. Es war eine Reaktion auf wiederholte Angriffe der Huthi auf internationale Handelsschiffe im Roten Meer. Die Verbündeten hätten bei dem Schlag in der Nacht zum Freitag knapp 30 militärische Standorte der Huthi angegriffen, sagte Generalleutnant Douglas Sims, der im Pentagon militärische Operationen verantwortet. Die Auswertung sei noch nicht abgeschlossen. Er wisse aber, dass die Fähigkeiten der Rebellen für weitere Angriffe geschwächt worden seien. Sims sagte weiter, bei den Angriffen seien etwas mehr als 150 Arten von Munition eingesetzt worden. Nach Angaben der Huthi wurden bei den Angriffen fünf ihrer Mitglieder getötet. Sechs weitere seien verletzt worden. Die Angriffe trafen demnach die Hauptstadt Sanaa sowie die Provinzen Hudaida, Tais, Hajjah und Saada. Die Huthi kündigten Vergeltung an und erklärten, ihre Angriffe auf angeblich mit Israel in Verbindung stehende Handelsschiffe im Roten Meer fortzusetzen. Seit Ausbruch des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Terrormiliz Hamas greifen die Huthi immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Zahlreiche große Reedereien meiden die Route mittlerweile. Das US-Militär und das Weiße Haus hatten bereits erklärt, dass sie mit einem möglichen Gegenschlag der Huthi-Rebellen nach den alliierten Luftangriffen rechneten. US-Präsident Joe Biden deutete am Freitag wiederum an, dass sich die Rebellen auf weitere potenzielle Militärschläge gefasst machen müssten, falls sie ihr "ungeheuerliches Verhalten" fortsetzten. USA verhängen Sanktionen Am Freitag hatte die US-Regierung weitere Sanktionen verhängt. Wie das US-Finanzministerium mitteilte, richten sich die Maßnahmen gegen vier Handelsschiffe und zwei in Hongkong und den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Unternehmen. Die USA werfen ihnen vor, die Huthi mit Geld aus dem Verkauf und Versand iranischer Waren zu versorgen. "Die Vereinigten Staaten gehen weiterhin gegen die illegalen iranischen Finanznetzwerke vor, die die Huthi finanzieren und ihre Angriffe erleichtern", teilte die US-Regierung mit. Man werde "alle verfügbaren Maßnahmen ergreifen, um diese destabilisierenden Aktivitäten der Huthi und ihre Bedrohungen für den Welthandel zu stoppen." USA: "Suchen nicht den Konflikt mit dem Iran" Nach den Bombardements versicherten die USA, dass sie nicht auf einen bewaffneten Konflikt mit Teheran zusteuern wollen. "Wir suchen nicht den Konflikt mit dem Iran. Wir suchen nicht die Eskalation", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, dem Fernsehsender MSNBC. Kirby fügte hinzu, dass es "keinen Grund" für eine weitere Eskalation der Lage über die Entwicklungen der "vergangenen wenigen Tage hinaus" gebe. Der Iran hatte die Angriffe auf die Huthi-Stellungen scharf verurteilt. Außenamtssprecher Nasser Kanani sprach von einer "willkürlichen Aktion", einem "Verstoß" gegen das Völkerrecht und einer Verletzung der Souveränität des Jemen. Massenproteste im Jemen Am Freitag gingen Zehntausende Menschen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa auf die Straße, um gegen die Angriffe der USA, Großbritanniens und weiterer Verbündeter zu demonstrieren. Der Huthi-nahe Fernsehsender Al-Masirah zeigte Bilder, wie sich Zehntausende in der Hauptstadt Sanaa versammelten. Wütende Demonstranten riefen demnach: "Wir lassen uns nicht entmutigen. Lass es einen großen Weltkrieg geben!" Sanaa steht unter der Kontrolle der Huthi-Miliz. Auch in der Rebellenhochburg Saada im Norden des Landes soll es zuvor Demonstrationen gegeben haben. Bereits in den vergangenen Wochen war es immer wieder zu Protesten in von Huthi kontrollierten Gebieten im Jemen gekommen. Die Rebellen rufen regelmäßig zu Kundgebungen im Anschluss an das Freitagsgebet auf. | /ausland/asien/usa-sanktionen-huthi-102.html |
2024-01-13 | EU plant Militäreinsatz im Roten Meer | Huthi-Miliz | Die EU will den Schiffsverkehr im Roten Meer sichern - und sich an einer Marinemission beteiligen. Nun wird das Vorhaben konkreter. Unter anderem sollen im Rahmen der US-Initiative Kriegsschiffe entsendet werden. | Die EU will den Schiffsverkehr im Roten Meer sichern - und sich an einer Marinemission beteiligen. Nun wird das Vorhaben konkreter. Unter anderem sollen im Rahmen der US-Initiative Kriegsschiffe entsendet werden. Die geplante EU-Marinemission zur Sicherung der Schifffahrt im Roten Meer nimmt Gestalt an. Die Außenminister der EU-Staaten sollen bei einem Treffen am 22. Januar über eine mögliche Beteiligung der EU an der US-Initiative "Prosperity Guardian" beraten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat der Auswärtige Dienst der EU erste Vorschläge für den Start eines neuen gemeinsamen europäischen Militäreinsatzes erarbeitet. Sie sehen unter anderem die Entsendung von Kriegsschiffen und luftgestützten Frühwarnsystemen in das Konfliktgebiet vor. Letztere könnten zum Beispiel Aufklärungsflugzeuge sein. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte die Mission bereits am Jahresende vorgeschlagen. Ob bei dem Außenministertreffen bereits eine politische Grundsatzentscheidung für den Einsatz getroffen werden kann, ist unklar. In der kommenden Woche sind nach Angaben von EU-Diplomaten weitere Vorgespräche geplant. Die formelle Entscheidung zum Start der Militäroperation soll im Idealfall beim Februar-Treffen der EU-Außenminister getroffen werden. Baerbock: Beratungen "unter Hochdruck" Deutschland unterstützt die Planungen. "Wir als Bundesregierung stehen bereit, uns an einer Mission im Roten Meer zu beteiligen, und sind dazu weiter im engen Kontakt mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst und den anderen Mitgliedstaaten in der EU", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Das Mandat müsse aber "noch festgezurrt" werden. Aussagen zum Ausmaß einer möglichen deutschen Beteiligung seien deshalb noch nicht möglich. Sollte die Bundeswehr an einer neuen EU-Militärmission teilnehmen, wäre dafür die Zustimmung des Bundestags nötig. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte bei einem Besuch in Kuala Lumpur, die EU arbeite "mit Hochdruck" an den Plänen. "Wir sind als EU intensiv daran, wie wir die Situation im Roten Meer selbst stärken können und auch selbst zu dieser Stabilisierung beitragen können", sagte die Grünen-Politikerin. Die "Welt am Sonntag" berichtete, dass sich Deutschland offenbar mit einem Kampfschiff an der neuen EU-Marinemission beteiligen will. Bereits am 1. Februar soll demnach die Fregatte "Hessen" (Fregattentyp: F 124) in Richtung Rotes Meer starten, schreibt das Blatt unter Berufung auf hohe informierte Kreise in Berlin und Brüssel. Dies diene zur Sicherung des Seeverkehrs im Roten Meer gegen Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen. Spanien: Beteiligung "derzeit" ausgeschlossen Ursprünglich war in Brüssel geplant gewesen, für die Unterstützung der US-Initiative einfach das Mandat der bereits existierenden Antipiraterie-Operation "Atalanta" im Indischen Ozean auszuweiten. Dieses Vorhaben scheiterte allerdings am Widerstand Spaniens, das derzeit die Führungsnation bei der Operation "Atalanta" ist. Als Grund für das Veto galt ein Streit innerhalb der spanischen Regierungskoalition über eine direkte Beteiligung des Landes an Militäroperationen im Roten Meer. Spaniens Verteidigungsministerin Margarita Robles sagte nun, eine spanische Beteiligung an einem EU-Einsatz dort sei "derzeit" ausgeschlossen. Ihr Land sei schon weltweit an 17 Friedensmissionen beteiligt. Internationale Militärpräsenz stärken Die von den USA ins Leben gerufene Operation "Prosperity Guardian" sieht vor, die internationale Militärpräsenz im Roten Meer deutlich zu verstärken und Angriffe auf Schiffe zu verhindern. Seit Ausbruch des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen dort vom Iran unterstützte Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden zunehmend die Route. Die USA und Großbritannien attackierten in der Nacht zum Freitag mit Unterstützung der Niederlande, Kanadas, Australiens und Bahrains Stellungen der Huthi. Der Angriff sei eine Reaktion auf die "illegalen, gefährlichen und destabilisierenden" Angriffe auf Schiffe im Roten Meer und beruhe auf dem Recht der Selbstverteidigung, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die auch von der Bundesregierung mitgetragen wurde. Ein Ziel der Huthi-Rebellen ist es, ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen zu erzwingen. | /ausland/europa/eu-einsatz-rotes-meer-huthi-100.html |
2024-01-13 | IG Metall fordert 600-Milliarden-Sondervermögen | Ökologischer Umbau | Die neue IG-Metall-Chefin Benner hat staatliche Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe für den ökologischen Umbau der Industrie gefordert. Ihr schwebt ein Sondervermögen von bis zu 600 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 vor. | Die neue IG-Metall-Chefin Benner hat staatliche Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe für den ökologischen Umbau der Industrie gefordert. Ihr schwebt ein Sondervermögen von bis zu 600 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 vor. IG-Metall-Chefin Christiane Benner hat staatliche Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe für die Transformation der Industrie gefordert. Sie schlug im Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe vor, "ein Sondervermögen aufzumachen für den ökologischen Umbau der Industrie". Als Größenordnung nannte sie "500 bis 600 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030". Diese Summe werde nötig sein, damit der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur gelinge. "Diese Investitionen sind im nationalen Interesse" "Die Industrie befindet sich in der kritischsten Phase seit Gründung der Bundesrepublik. Eine starke Industrie mit guten und sicheren Arbeitsplätzen bedeutet Wohlstand und stabile Demokratie", sagte Benner. Zwar habe Deutschland noch eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten unter den Industriestaaten. "Aber wir müssen dringend große Pflöcke einschlagen und die richtigen Entscheidungen treffen, wenn wir verhindern wollen, dass etwas ins Rutschen gerät." Das Sondervermögen Industrie müsse "wasserdicht" im Grundgesetz verankert werden, forderte Benner. "Diese Investitionen sind im nationalen Interesse. Alle demokratischen Parteien sind aufgerufen, sich dahinter zu versammeln." | /wirtschaft/ig-metall-forderung-sondervermoegen-100.html |
2024-01-12 | ++ Medikamente sollen an Geiseln geliefert werden ++ | Nahost-Krieg | Israel hat nach eigenen Angaben eine Medikamentenversorgung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln erwirkt. Die Bundesregierung stellt sich vor dem Hintergrund des Völkermord-Verfahrens klar an die Seite Israels. Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen. | Israel hat nach eigenen Angaben eine Medikamentenversorgung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln erwirkt. Die Bundesregierung stellt sich vor dem Hintergrund des Völkermord-Verfahrens klar an die Seite Israels. Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen. Erdogan nennt Angriffe auf Huthi-Miliz unverhältnismäßigIsrael verteidigt sich vor Internationalem GerichtshofChina ruft nach Angriff zur Zurückhaltung aufRussland ruft wegen Angriffen auf Huthi Sicherheitsrat anIsrael soll zu Völkermord-Vorwurf Stellung beziehen Ende des Liveblogs Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse. Israelische Armee erschießt bewaffnete Palästinenser Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben nahe Hebron im Westjordanland drei militante Palästinenser erschossen. Diese seien in die jüdische Siedlung Adora eingedrungen und habe dort das Feuer auf eine Armeepatrouille eröffnet, was diese erwidert habe. Die Eindringlinge seien mit Schusswaffen, Äxten, Messern und Brandsätzen ausgestattet gewesen. Ein 34-jähriger Israeli sei bei der bewaffneten Auseinandersetzung verletzt worden. Zu dem Angriff auf die Siedlung bekannte sich die Chalil-al-Rahman-Brigade, ein Ableger der Al-Aksa-Brigaden, des bewaffneten Arms der Palästinenserorganisation Fatah. In einer Erklärung drohte sie weitere Angriffe auf Siedlungen an. Die Fatah bildet den Kern der Palästinensischen Autonomieverwaltung, die im Westjordanland begrenzte Regierungsfunktionen versieht. Netanyahu dankt Scholz Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat sich bei Bundeskanzler Olaf Scholz dafür bedankt, dass Deutschland die Völkermord-Klage Südafrikas gegen Israel entschieden zurückgewiesen hat. Alle Israelis seien zutiefst bewegt, dass sich der Bundeskanzler und Deutschland "auf die Seite der Wahrheit gestellt" haben, sagte Netanyahu in einem Telefonat mit Scholz, wie das israelische Ministerpräsidentenamt mitteilte. Israel muss sich seit Donnerstag erstmals wegen des Vorwurfs des Völkermords vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verantworten. Südafrika hatte Israel Ende 2023 verklagt, weil es in der militärischen Gewalt gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen einen Verstoß gegen die UN-Völkermordkonvention sieht. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte den Genozid-Vorwurf ausdrücklich und entschieden zurückgewiesen. "Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage", sagte er. Steffen Hebestreit auf X: „Die Bundesregierung weist den gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermordes entschieden zurück. Er entbehrt jeder Grundlage. Wir werden uns daher in der Hauptverhandlung vor dem Internationalen Gerichtshof als Drittpartei äußern: https://t.co/qZYb4SiacD“ / X (twitter.com) Internet und Mobilfunk im Gazastreifen erneut ausgefallen Im gesamten Gazastreifen sind erneut alle Internet- und Telekommunikationsdienste ausgefallen. "Gaza hat erneut einen Gesamtausfall", erklärte die palästinensische Telekommunikationsgesellschaft Paltel im Onlinedienst X. "Die israelische Seite hat die Server abgeschaltet", hieß es weiter. Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober sind wiederholt die Mobilfunk- und Internetverbindungen ausgefallen. Israel: Medikamentenlieferung an Geiseln vereinbart Israel hat nach eigenen Angaben eine Medikamentenversorgung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln erwirkt. Eine entsprechende Vereinbarung sei mit dem Emirat Katar getroffen worden, teilte das Büro von Premierminister Benjamin Netanyahu mit. Die Medikamente sollten in den kommenden Tagen bei den Geiseln eintreffen. Im Gegenzug dafür soll Israel Medikamente für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen liefern. Die Hamas äußerte sich bisher nicht dazu. USA gehen mit Finanzmaßnahmen gegen Huthi vor Nach ihren Bombardements von Huthi-Stellungen haben die USA auch neue Sanktionen zur Austrocknung der Finanzquellen der jemenenitischen Rebellen verhängt. Die Strafmaßnahmen richten sich gegen zwei Schifffahrtsunternehmen mit Sitz in Hongkong und den Vereinigten Arabischen Emiraten, aus deren Warenlieferungen Gelder an die Huthi fließen, wie das Finanzministerium in Washington mitteilte. Die Firmen Cielo Maritime und Global Tech Marine Services transportieren den Angaben zufolge iranische Waren im Auftrag des Huthi-Unterstützers Said al-Dschamal. Die Sanktionen richten sich auch gegen vier Schiffe, die den zwei Firmen gehören oder von ihnen genutzt werden. Die Einnahmen aus dem Verkauf der von diesen Firmen gelieferten Waren "unterstützten die Huthi und ihre fortgesetzten Attacken auf die internationale Schifffahrt im Roten Meer und im Golf von Aden", erklärte der Finanzstaatssekretär für Antiterror-Maßnahmen, Brian Nelson. Huthi: Angriffe auf britische und US-Ziele "legitim" Die Huthi-Rebellen haben nach den Luftangriffen der USA und Großbritanniens Angriffe auf Ziele beider Nationen als "legitim" erklärt. "Alle amerikanisch-britischen Interessen sind nach der direkten (...) Aggression gegen die Republik Jemen zu legitimen Zielen für die jemenitischen Streitkräfte geworden", erklärte der Oberste Politische Rat der Huthi. "Die Amerikaner und Briten sollen nicht glauben, dass sie der Bestrafung durch unsere heldenhaften Streitkräfte entgehen werden", fügte der Rat in einer in von den Rebellen kontrollierten Medien veröffentlichten Erklärung hinzu. "Die Freude der Angreifer wird nicht lange dauern und unsere Hand wird die Oberhand gewinnen, so Gott will", hieß es weiter. Telekommunikationsdienste im Gazastreifen erneut ausgefallen Im umkämpften Gazastreifen sind die Telekommunikationsdienste nach Angaben des Anbieters Paltel erneut ausgefallen. Alle Kommunikations- und Internetdienste seien wegen der "anhaltenden Aggression" eingestellt worden, schrieb das im Westjordanland ansässige palästinensische Unternehmen auf der Plattform X. "Gaza ist wieder im Blackout", hieß es in der Mitteilung. USA suchen trotz Angriffen auf Huthis "nicht den Konflikt mit dem Iran" Nach ihren Bombardements von Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen haben die USA versichert, dass sie nicht auf einen bewaffneten Konflikt mit Teheran zusteuern wollen. "Wir suchen nicht den Konflikt mit dem Iran. Wir suchen nicht die Eskalation", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, dem Fernsehsender MSNBC. Kirby fügte hinzu, dass es "keinen Grund" für eine weitere Eskalation der Lage über die Entwicklungen der "vergangenen wenigen Tage hinaus" gebe. Bundesregierung stellt sich in Völkermord-Verfahren an Seite Israels Die Bundesregierung hat sich in dem Völkermord-Verfahren zum Gaza-Krieg nochmals klar an die Seite Israels gestellt. "Wir wissen, dass verschiedene Länder die Operation Israels im Gazastreifen unterschiedlich bewerten. Den nun vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermords weist die Bundesregierung aber entschieden und ausdrücklich zurück", erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. "Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage." Reeder fordern deutsche Beteiligung an Schutz-Einsatz Der Verband Deutscher Reeder fordert einen stärkeren militärischen Schutz. "Ohne Marineeinheiten ist der Schutz der zivilen Handelsschifffahrt in dem Seegebiet um das Rote Meer nicht möglich", sagte Verbands-Hauptgeschäftsführer Martin Kröger der Funke Mediengruppe. Angesichts der kritischen Lage dränge der Verband darauf, dass sich Deutschland nach Möglichkeit aktiv an dem US-geführten Einsatz "Operation Prosperity Guardian" zum Schutz der Handelsschifffahrt beteiligt Sunak bezeichnet Angriff auf Huthi als angemessen Der britische Premierminister Rishi Sunak will Angriffe der Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer nicht hinnehmen. Die Angriffe riskierten Menschenleben, störten die Weltwirtschaft und destabilisierten die Region, sagte Sunak während eines Besuchs in der Ukraine. Die Angriffe des amerikanischen und britischen Militärs auf die Huthis in der Nacht bezeichnete er als verhältnismäßig. "Im vergangenen Monat hat die Zahl der Angriffe der Huthis auf die Handelsschifffahrt im Roten Meer erheblich zugenommen", erklärte Sunak. Dieses Verhalten dürfe nicht weitergehen. USA: Luftangriffe auf Huthi-Miliz wirkungsvoll Das US-Verteidigungsministerium wertet die Luftangriffe auf die Huthi-Miliz im Jemen als erfolgreich. Einer ersten Einschätzung zufolge sei eine gute Wirkung erzielt worden, sagte Pentagon-Sprecher Patrick Ryder dem Sender CNN. Die USA würden die Lage hinsichtlich möglicher Vergeltungsschläge beobachten und die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Pläne, zusätzliche US-Truppen in die Region zu verlegen, gebe es derzeit nicht. Mit Blick auf die Befürchtung einer Eskalation sagte Ryder, dass die USA weiterhin daran arbeiteten, den Krieg zwischen Israel und Hamas im Gazastreifen einzudämmen. "Keiner will einen größeren regionalen Konflikt. Aber auch hier können wir diese Art von gefährlichem, rücksichtslosem Verhalten nicht zulassen", sagte Ryder. Massenproteste im Jemen Zehntausende Menschen sind in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa auf die Straße gegangen, um gegen die Angriffe der USA, Großbritanniens und weiterer Verbündeter gegen Huthi-Stellungen im Jemen zu demonstrieren. Der Huthi-nahe Fernsehsender Al-Masirah zeigte Bilder, wie sich Zehntausende in der Hauptstadt Sanaa versammelten. Wütende Demonstranten riefen demnach: "Wir lassen uns nicht entmutigen. Lass es einen großen Weltkrieg geben!" Sanaa steht unter der Kontrolle der Huthi-Rebellen. Auch in der Rebellenhochburg Saada im Norden des Landes soll es zuvor bereits Demonstrationen gegeben haben. NATO verweist auf Verantwortung Teherans Die NATO hat nach den Angriffen von Bündnismitgliedern gegen Huthi-Stellungen im Jemen auf eine Mitverantwortung des Iran verwiesen. Die Huthi-Kräfte würden vom Iran unterstützt, versorgt und ausgerüstet, sagte NATO-Sprecher Dylan White. Teheran trage deswegen eine besondere Verantwortung, seine "Stellvertreter" zu kontrollieren. "Die Angriffe der Huthi müssen ein Ende haben", sagte er. "Produktionsbeeinträchtigungen werden sichtbar" Mit Blick auf die Situation im Roten Meer kommen laut Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK) "wichtige Vorprodukte für die deutsche Industrie aktuell nicht rechtzeitig an". Das sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Längere Lieferzeiten und steigende Transportkosten in Form höherer Frachtraten sowie zunehmende Versicherungskosten würden sich auszuwirken beginnen. "Erste Lager laufen leer, Produktionsbeeinträchtigungen deutscher Unternehmen werden sichtbar", so Treier. Durch das Rote Meer und den Suezkanal gingen große Teile des europäisch-asiatischen Handels. Dänische Ermittler: Festnahmen mit Verbindungen zur Hamas Die Festnahmen bei einem Anti-Terror-Einsatz in Dänemark vor rund einem Monat haben nach Angaben der Behörden mutmaßlich mit der militant-islamistischen Hamas zu tun. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Fall Verbindungen zur Hamas habe, sagte Sonderstaatsanwalt Anders Larsson nach Angaben der Nachrichtenagentur Ritzau und des Senders TV2 bei einem Gerichtstermin in Kopenhagen. Diese Information müsse nicht länger geheimgehalten werden. Nähere Details nannte Larsson demnach nicht. Ein Sprecher der Kopenhagener Polizei bestätigte die Angaben der Nachrichtenagentur dpa. Bundesregierung: Beratungen über EU-Mission "unter Hochdruck" Die Bundesregierung erwartet eigenen Angaben zufolge eine Einigung auf eine EU-Mission für den Schutz von Handelsschiffen im Roten Meer. Zugleich nannte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin die Bereitschaft Deutschlands, sich an einem solchen Einsatz zu beteiligen. Die Beratungen liefen "intensiv und unter Hochdruck". "Weil das Mandat dieser Mission noch festgezurrt wird, kann ich hier noch keine abschließenden Äußerungen zu den möglichen, dann erfolgenden Maßnahmen und weiteren Details geben", sagte der Sprecher. Aus dem Verteidigungsministerium gab es keine weiteren Angaben dazu, wie sich Deutschland an einem solchen Einsatz genau beteiligen könnte. Huthi: "Amerikanisch-britische Interessen" als Ziele Als Reaktion auf den Militärschlag der USA, Großbritanniens und weiterer Staaten gegen Huthi-Stellungen im Jemen haben die Rebellen "amerikanisch-britische Interessen" zu Zielen erklärt. Das berichtete die von den Huthi geführte Nachrichtenagentur Saba unter Berufung auf eine Erklärung des obersten politischen Rates der Rebellen. "Die Amerikaner und Briten sollten nicht glauben, dass sie der Strafe unserer tapferen Streitkräfte entgehen können", hieß es den Angaben zufolge. WHO: Al-Schifa-Klinik nimmt Betrieb wieder auf Das größte Krankenhaus im Gazastreifen nimmt nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Betrieb teilweise wieder auf. Ein Team der WHO und Partner hätten die Al-Schifa-Klinik im Norden des Küstenstreifens erreicht und 9.300 Liter Kraftstoff sowie medizinische Hilfsgüter für 1.000 Trauma- und 100 Dialysepatienten liefern können, teilte die UN-Organisation mit. Das WHO-Team habe festgestellt, dass das Krankenhaus mit rund 60 medizinischen Mitarbeitern wieder eine Versorgung gewährleisten könne, so WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Die Al-Schifa-Klinik verfüge wieder über 40 Betten für die Chirurgie und Allgemeinmedizin, eine Notaufnahme und vier Operationssäle. Der WHO-Chef sagte außerdem, das Krankenhaus biete wieder eine Grundversorgung in den Bereichen Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Radiologie an. Social-Media-Beitrag auf X von Tedros Adhanom Ghebreyesus: "After more than two weeks, @WHO team and partners were able to reach Al-Shifa hospital in northern #Gaza today and deliver 9300 litres of fuel and medical supplies to cover 1000 trauma and 100 kidney dialysis patients. The team reported that Al-Shifa, previously Gaza's premier… pic.twitter.com/D6u4qhTwLT" Hamas-Behörde meldet 24.000 Tote seit Kriegsbeginn Bei den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde, die von der militant-islamistischen Hamas kontrolliert wird, bislang nahezu 24.000 Menschen getötet worden. 23.708 Todesfälle seien bekannt, teilte die Stelle mit. 60.000 Menschen seien verletzt worden. Allein innerhalb der vergangenen 24 Stunden seien 151 Menschen getötet und 248 verletzt worden, so die Behörde. Zu den Opfern zählten zahlreiche Frauen und Kinder. Großbritannien verteidigt Angriff auf Huthi-Rebellen als legitim Großbritannien hat seinen Angriff auf Stellungen der Huthi-Rebellen im Jemen verteidigt. "Das Vereinigte Königreich darf nach internationalem Recht unter solchen Umständen Gewalt anwenden, wenn die Selbstverteidigung das einzig mögliche Mittel ist, um einen tatsächlichen oder drohenden bewaffneten Angriff abzuwehren", heißt es in einem von der Regierung in London veröffentlichten Rechtsgutachten. EU-Außenminister zu möglichem Militäreinsatz Die Außenministerinnen und -minister der EU-Staaten sollen bei einem Treffen am 22. Januar über eine mögliche Beteiligung der EU an der US-Initiative zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Roten Meer beraten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa erarbeitete der Auswärtige Dienst der EU erste Vorschläge für den Start eines neuen gemeinsamen europäischen Militäreinsatzes. Sie sehen unter anderem die Entsendung von Kriegsschiffen und luftgestützten Frühwarnsystemen in das Konfliktgebiet vor. Letztere könnten zum Beispiel Aufklärungsflugzeuge sein. Ob bei dem Außenministertreffen bereits eine politische Grundsatzentscheidung für den Einsatz getroffen werden kann, war unklar. In der kommenden Woche sind nach Angaben von EU-Diplomaten weitere Vorgespräche geplant. Die formelle Entscheidung zum Start der Militäroperation könnte dann beim Februartreffen der EU-Außenministerinnen und -minister getroffen werden. Die von den USA ins Leben gerufene Operation "Prosperity Guardian" sieht vor, die internationale Militärpräsenz im Roten Meer deutlich zu verstärken und Angriffe auf Schiffe zu verhindern. Erdogan nennt Angriffe auf Huthi-Miliz unverhältnismäßig Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die gemeinsamen Luftangriffe Großbritanniens und der USA auf Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen als unverhältnismäßig bezeichnet. Die beiden Länder versuchten, das Rote Meer in ein "Meer aus Blut" zu verwandeln, sagt Erdogan nach den Freitagsgebeten in Istanbul. Er habe von unterschiedlichen Quellen gehört, dass die Rebellen sich erfolgreich gegen die Angriffe zur Wehr setzten. Erdogan kritisierte den Militärschlag als "unverhältnismäßige Gewaltanwendung". Man höre jedoch von "verschiedensten Seiten, dass die Huthi erfolgreich reagieren". UN-Menschenrechtsbüro: Israel verstößt gegen Grundprinzipien Israel verstößt nach Angaben des UN-Menschenrechtsbüros bei seinen Militäroperationen im Gazastreifen gegen die Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts. Dazu gehörten unter anderem Vorsichtsmaßnahmen, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Der Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, habe bereits betont, dass mit Verletzungen des humanitären Völkerrechts das Risiko steige, wegen Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen zu werden, sagte eine Sprecherin des Büros in Genf. Israels Aufrufe an die Zivilbevölkerung, bestimmte Ortsteile vor geplanten Militäreinsätzen zu verlassen, reiche nicht. Das Militär sei trotzdem dafür verantwortlich, Zivilisten zu verschonen. Das UN-Menschenrechtsbüro kritisierte zudem, dass - wie Berichte belegten - Hunderte Palästinenser gefangenengenommen worden seien und an unbekannten Orten festgehalten würden. Freigelassene hätten von Misshandlungen und Folter durch das israelische Militär berichtet. Das müsse aufhören, Verantwortliche für Misshandlungen und Folter zur Rechenschaft gezogen werden. Das Büro kritisierte auch die fortgesetzten Angriffe bewaffneter palästinensischer Gruppen auf Israel und verurteilte den Überfall palästinensischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober, die dort 1200 Menschen töteten und rund 250 in den Gazastreifen verschleppten. Bundesregierung: Wiederbesiedlung völkerrechtswidrig Die Bundesregierung hat Überlegungen zu einer Besiedlung des Gazastreifens kritisiert. Eine Wiederbesiedlung sei völkerrechtswidrig, erklärte eine Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Das ARD-Magazin "Kontraste" hatte über Planungen israelischer Siedler berichtet. Auch einzelne israelische Minister hatten sich in den vergangenen Wochen entsprechend geäußert. Der frühere israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hatte 2005 den Abzug der Israelis aus dem Gazastreifen durchgesetzt - verbunden mit dem Abbau israelischer Siedlungen. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann bezeichnete den Aufruf einiger israelischer Minister zur Vertreibung der Palästinensern aus dem Gazastreifens als "menschenverachtend und gefährlich". Sie schadeten Israels Ansehen in der Welt nachhaltig. Die Menschen in diesen Gebieten bräuchten eine Zukunftsperspektive, die Äußerungen stünden dem diametral entgegen. Hoffmann begrüßte die Einsetzung der Niederländerin Sigrid Kaag als neue UN-Koordinatorin für die Gazahilfe. Sie ist seit Anfang Januar dort tätig. Arabische Staaten zeigen sich besorgt Mehrere arabische Staaten haben sich nach dem Militärschlag der USA, Großbritanniens und weiterer Verbündeter gegen Huthi-Stellungen im Jemen besorgt über sie Sicherheitslage in der Region gezeigt. Jordaniens Außenminister Aiman Safadi sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Petra, sein Land verfolge mit Sorge die Entwicklungen im Roten Meer. Israel treibe die gesamte Region mit seiner "mutwilligen Aggression" in weitere Kriege und Konflikte. Der Oman warnte "als Folge der anhaltenden israelischen Aggression gegen die besetzten palästinensischen Gebiete" zum wiederholten Mal vor einer Ausweitung des Krieges auf die Region, wie es in einer Erklärung des Außenministeriums in Maskat hieß. Das Sultanat verurteile "den militärischen Akt" der Verbündeten, "während Israel seinen brutalen Krieg, ohne Verantwortung tragen zu müssen, weiterführt." Auch Saudi-Arabien äußerte sich besorgt. Das Königreich rief zur Deeskalation auf, wie die staatliche Nachrichtenagentur SPA berichtete. OCHA: "Unvorstellbares Ausmaß an Unmenschlichkeit" Das UN-Nothilfebüro (Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, OCHA) hat vor Unruhen im Gazastreifen für den Fall gewarnt, dass Hilfslieferungen nicht deutlich aufgestockt würden. Die wenigen UN-Konvois, die es in den Norden schafften, würden direkt hinter dem Kontrollposten gestoppt und ausgeräumt, sagte ein OCHA-Vertreter. "Der Grad der Verzweiflung der Menschen ist spürbar", so Andrea De Domenico, Leiter des OCHA-Büros für die palästinensischen Gebiete, der regelmäßig im Gazastreifen ist. Er sprach über Video-Verbindung mit Reportern in Genf. De Domenico sagte, dass die Menschen nicht aggressiv seien, sondern ausgehungert und dringend mehr Hilfe benötigten. "Die Spannungen werden steigen, wenn wir die Hilfslieferungen nicht ausweiten können." Zu viele Konvois würden von den israelischen Behörden blockiert, sagte De Domenico. Das betreffe vor allem Treibstofflieferungen, auch an Krankenhäuser. De Domenico sprach von einem "unvorstellbaren Ausmaß an Unmenschlichkeit". Als Grund gelte die Sorge, dass der Treibstoff von Terroristen abgezweigt und für Angriffe auf Israel genutzt werde. NATO nennt Luftangriffe auf Huthi "defensiv" Die NATO hat sich hinter die Luftangriffe der Verbündeten USA und Großbritannien auf die Huthi-Miliz im Jemen gestellt. "Diese Angriffe waren defensiv und dienten dazu, die Freiheit der Schifffahrt auf einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu erhalten", erklärte NATO-Sprecher Dylan White in Brüssel. Die Huthi-Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer müssten aufhören, forderte er. Hamas und Hisbollah verurteilen Angriffe im Jemen Die islamistische Hamas hat die Angriffe auf Huthi-Stellungen im Jemen als "eklatante Aggression" gegen die Souveränität des Landes verurteilt. Der Militärschlag stelle eine "Bedrohung für die Sicherheit der Region" dar, erklärte die von den USA und der EU als Terrororganisation eingestufte Hamas auf ihrem Telegramkanal. Es handle sich um einen "unberechenbaren Terrorakt". Auch die mit der Hamas verbündete Hisbollah im Libanon kritisierte die Angriffe als "eklatante amerikanisch-britische Aggression". Sie bestätige einmal mehr, dass die USA ein vollwertiger Partner des "zionistischen Feindes" und dessen Angriffe gegen das palästinensische Volk seien. Gemeint ist Israel. UN-Menschenrechtsbüro: Israel hat wiederholt gegen Völkerrecht verstoßen Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen hat Israel im Gaza-Krieg gegen die radikal-islamische Palästinenser-Gruppe Hamas erneut Verstöße gegen das Völkerrecht vorgeworfen. "Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass Israel die grundlegenden Prinzipien des humanitären Völkerrechts nicht einhält", sagte die Sprecherin des Hochkommissariats der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR), Elizabeth Throssell. Dabei gehe es um "Unterscheidung, Verhältnismäßigkeit und Vorsichtsmaßnahmen bei der Durchführung von Angriffen". Das UN-Menschenrechtsbüro habe betont, dass Israel bei Verstößen dagegen für Kriegsverbrechen und andere Gräueltaten zur Verantwortung gezogen werden könnte. Israel verteidigt sich vor Internationalem Gerichtshof gegen Völkermord-Vorwurf Israel hat sich vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gegen den Vorwurf des Völkermords verteidigt und die Anschuldigungen Südafrikas als "völlig verzerrt" kritisiert. Südafrika habe dem Gericht "leider ein völlig verzerrtes" Tatsachen- und Rechtsbild vorgelegt, sagte Tal Becker, einer von Israels Anwälten, vor dem IGH in Den Haag. Der Fall spiegele nicht die Realitäten der Situation im Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen wider. Israel versuche nicht, die Palästinenser im Krieg im Gazastreifen zu vernichten, betonte Becker. "Was Israel mit seinen Operationen im Gazastreifen bezweckt, ist nicht die Vernichtung eines Volkes, sondern der Schutz eines Volkes, seines Volkes, das von mehreren Fronten angegriffen wird." Baerbock: Bundesregierung stützt Militärschlag gegen Huthi-Rebellen Die Bundesregierung steht nach Angaben von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hinter dem Militärschlag der USA, Großbritanniens und weiterer Verbündeter gegen die Huthi-Milizen im Jemen. "Die Reaktion hat unsere politische Unterstützung", sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit dem Außenminister von Malaysia, Mohamad Hasan, in der Hauptstadt Kuala Lumpur. Die USA und weitere Partner seien gezielt begrenzt militärisch gegen die für die Angriffe auf die Schifffahrt im Roten Meer genutzte Infrastruktur der Huthi vorgegangen - "im Einklang mit dem individuellen und dem kollektiven Recht auf Selbstverteidigung der Charta der Vereinten Nationen", ergänzte die Bundesaußenministerin. UN-Nothilfebüro: Zu viele Hilfskonvois für Gazastreifen scheitern Im Norden des Gazastreifens konnten in den ersten elf Tagen dieses Jahres nach Angaben des UN-Nothilfebüro OCHA nur fünf von 24 geplanten humanitäre Lieferungen durchgeführt werden. Die israelischen Behörden hätten mehrere geplante Lieferungen zur Aufstockung des Medikamenten- und Materiallagers in der Stadt Gaza verweigert, berichtete OCHA. Andere Konvois seien gescheitert, weil sie zu lange an den israelischen Kontrollstellen aufgehalten wurden oder vereinbarte Routen nicht befahrbar waren. Israels Armee: Dutzende Terroristen im Gazastreifen getötet Israels Armee hat nach eigener Darstellung Dutzende Terroristen im Gazastreifen getötet. Darunter seien auch am Massaker am 7. Oktober in Israel beteiligte Kommandeure gewesen, teilte das Militär mit. Allein im Flüchtlingsviertel Al-Maghasi im Zentrum des Küstengebiets töteten Soldaten den Angaben zufolge am Donnerstag 20 Terroristen. In Chan Yunis im Süden des Gazastreifens habe die Armee unter anderem aus der Luft ein Militärgelände der islamistischen Hamas angegriffen. Dabei seien sieben Terroristen ums Leben gekommen. Das Militär beschlagnahmte demnach auch Waffen. Russisches Außenministerium verurteilt Luftangriffe auf Huthi Das russische Außenministerium hat die Luftangriffe der USA und anderer Länder auf die Huthi-Rebellen im Jemen verurteilt. Sie seien eine völlige Missachtung internationalen Rechts, schrieb Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa auf Telegram. Die angelsächsischen Länder ließen die Lage in der Region eskalieren "um ihrer zerstörerischen Ziele willen". Bei ihrer wöchentlichen Pressekonferenz in Moskau sagte Sacharowa: "Wir verurteilen die verantwortungslosen Handlungen der USA und ihrer Verbündeten." Sie rief die internationale Gemeinschaft auf, sich dem anzuschließen. Dänemark unterstützt Vorgehen gegen Huthi Die dänische Regierung hat sich hinter die Angriffe auf die Huthi-Miliz im Jemen gestellt. Seine Regierung unterstütze das Vorgehen der USA und Großbritanniens, erklärte Außenminister Lars Lokke Rasmussen. Den Huthi dürfe es nicht gelingen, den internationalen Schiffsverkehr aus dem Roten Meer und dem Suezkanal zu verdrängen. Dänemark hatte sich in der vergangenen Woche einer Warnung der USA angeschlossen, in der die Huthi aufgefordert wurden, die Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer einzustellen. Frankreich macht Huthi verantwortlich für Eskalation Frankreich hat die Huthi-Miliz im Jemen nach den Luftangriffen der USA und Großbritanniens zu einer sofortigen Einstellung der Attacken auf Handelsschiffe im Roten Meer aufgefordert. Zugleich wies das Außenministerium der Miliz die Schuld für die Verschärfung der Spannungen zu. Die Huthi trügen die "schwerwiegende Verantwortung für die Eskalation in der Region", heißt es in einer Erklärung des Ministeriums. US-Verteidigungsminister nennt Angriff "klare Botschaft" US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat den Militärschlag der USA und Verbündeter gegen die Huthi-Miliz im Jemen als ein klares Signal bezeichnet. "Der heutige Einsatz der Koalition ist eine klare Botschaft an die Huthi, dass sie einen Preis dafür zahlen werden, wenn sie ihre illegalen Angriffe nicht einstellen", hieß es in einer Mitteilung aus dem Pentagon. "Wir werden nicht zögern, unsere Streitkräfte, die Weltwirtschaft und den freien Fluss des legitimen Handels auf einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu verteidigen", teilte Austin weiter mit. China ruft nach Angriff zur Zurückhaltung auf Nach dem Militärschlag der USA und Verbündeter gegen die Huthi hat China alle Seiten zur Zurückhaltung aufgerufen. "China ist besorgt über die Eskalation der Spannungen im Roten Meer und ruft alle Beteiligten auf, Ruhe zu bewahren und Zurückhaltung zu üben", sagte eine Sprecherin des Außenministeriums. China hoffe, dass alle betroffenen Parteien eine konstruktive und verantwortungsvolle Rolle bei der Aufrechterhaltung der regionalen Sicherheit und Stabilität im Roten Meer spielen werden. Ein Grund für die Zurückhaltung Chinas, sich an der Aktion gegen die Rebellen zu beteiligen, könnte die US-Führung sein. Chinesische Staatsmedien haben seit Beginn des Nahost-Krieges immer wieder die Entsendung von US-Kriegsschiffen in die Region aufgegriffen und kritisiert. Gleichzeitig unterhält China gute Beziehungen zum Iran, der als Unterstützer der Huthi gilt. Von den Angriffen der Miliz auf Frachtschiffe ist jedoch auch China wirtschaftlich negativ betroffen. Großbritannien spricht von "Akt der Selbstverteidigung" Die britische Regierung hat die gemeinsamen Luftangriffe mit den USA auf Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen als einen "Akt der Selbstverteidigung" bezeichnet. Ziel sei es gewesen, weitere Angriffe auf Schiffe in der Region zu verhindern, auch auf britische Kriegsschiffe, sagte der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, James Heappey, der BBC. Eine Eskalation in der Region müsse vermieden werden, erklärte er. Die Warnung an die Huthi gelte aber weiter. Man werde sehen, ob die Angriffe auf Schiffe in den nächsten Tagen aufhörten. Großbritannien plane derzeit keine unmittelbaren weiteren Angriffe auf die Huthi. Huthi sehen Schiffe im Roten Meer weiter als Ziel Die Huthi-Miliz will auch nach dem Militärschlag der USA und Verbündeter gegen ihre Stellungen im Jemen weiter Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer ins Visier nehmen. "Es gibt absolut keine Rechtfertigung für die Aggression gegen den Jemen, da es keine Bedrohung für die internationale Schifffahrt im Roten Meer und im Arabischen Meer gab", sagte ein Sprecher der Rebellen dem Huthi-Fernsehsender Al Massirah. Ziel seien weiter "israelische Schiffe oder solche, die die Häfen des besetzten Palästinas anlaufen". Seit Ausbruch des Nahost-Krieges zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas greifen die Huthi immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden die wichtige Handelsroute zunehmend. Die Miliz greift Israel auch regelmäßig direkt mit Drohnen und Raketen an. Russland ruft wegen Angriffen auf Huthi Sicherheitsrat an Russland hat wegen der Luftangriffe der USA und ihrer Verbündeten auf die Huthi-Miliz im Jemen für heute eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt. Das teilte die russische Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York mit, wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete. Die Sitzung solle um 15 Uhr Ortszeit in New York (21 Uhr MEZ) beginnen, schrieb die Vertretung auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Die Dringlichkeitssitzung solle noch am Nachmittag stattfinden, teilte auch Frankreich mit, das aktuell die Ratspräsidentschaft innehat. Iran und Hisbollah verurteilen Angriff gegen Huthi Der Iran hat den Militärschlag gegen die von der Islamischen Republik unterstützen Huthi-Miliz im Jemen scharf verurteilt. Der Angriff sei eine klare Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität des Jemen und ein Verstoß gegen das Völkerrecht, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Irna Außenamtssprecher Nasser Kanaani. "Diese willkürlichen Angriffe werden zu keinem Ergebnis führen, außer die Unsicherheit und Instabilität in der Region zu schüren." Auch die Hisbollah-Miliz im Libanon verurteilte den Angriff. "Die amerikanische Aggression bestätigt einmal mehr, dass die USA ein vollwertiger Partner bei den Tragödien und Massakern sind, die der zionistische Feind im Gazastreifen und der Region verübt", hieß es. Die Hisbollah wird vom Iran unterstützt und hat sich solidarisch mit der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen erklärt. Verbündete betonen Einklang mit UN-Charta Der Militärschlag gegen die Huthi im Jemen, zu dem die USA und Großbritannien mit Unterstützung Verbündeter in der Nacht ausgeholt haben, ist laut einer gemeinsamen Erklärung im Einklang mit der UN-Charta erfolgt. Er sei eine Reaktion auf die "illegalen, gefährlichen und destabilisierenden" Angriffe der Huthi auf Schiffe im Roten Meer und beruhe auf dem Recht der Selbstverteidigung, heißt es in der gemeinsamen Erklärung, die von der Bundesregierung mitgetragen wird. "Mit diesen Präzisionsangriffen sollten die Möglichkeiten der Huthi, den Welthandel und das Leben internationaler Seeleute auf einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu bedrohen, gestört und geschwächt werden", heißt es weiter. Die mehr als zwei Dutzend Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe seit Mitte November seien eine "internationale Herausforderung". Israel soll zu Völkermord-Vorwurf Stellung beziehen Israel wird heute erstmals vor dem Internationalen Gerichtshof zum Vorwurf des Völkermordes im Nahost-Krieg Stellung nehmen. Rechtsvertreter wollen in Den Haag die Klage Südafrikas entschieden zurückweisen - und sprechen bereits vor dem Termin von unfundierten Beschuldigungen. Südafrika wirft Israel vor, systematisch völkermörderische Handlungen gegen die Palästinenser im Gazastreifen begangen zu haben. Huthi: USA und Großbritannien werden hohen Preis zahlen Die Huthi haben Rache für den Militärschlag angekündigt. "Amerika und Großbritannien werden bereit sein müssen, einen hohen Preis zu zahlen", sagte ein Vertreter der Gruppe laut dem Huthi-Fernsehsender Al Massirah. Der Jemen sei "einem massiven aggressiven Angriff amerikanischer und britischer Schiffe, U-Boote und Kampfflugzeuge ausgesetzt gewesen", wurde er zitiert. USA und Großbritannien bombardieren Huthi-Stellungen im Jemen Die USA und Großbritannien haben als Reaktion auf die Attacken der vom Iran unterstützten Huthi auf Handelsschiffe im Roten Meer Stellungen der Miliz im Jemen bombardiert. US-Präsident Joe Biden erklärte, die "erfolgreichen" Angriffe hätten eine Reihe von Huthi-Zielen getroffen. Es handle sich um eine "direkte Antwort" auf die "beispiellosen" Attacken der Huthi auf Handelsschiffe - und eine "klare Botschaft", dass die USA und ihre Partner solche Angriffe "nicht tolerieren" würden. Bericht: Katar spricht mit Hamas über Medikamente für Geiseln Katar führt mit der militant-islamistischen Hamas einem Medienbericht zufolge Gespräche, den im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln lebenswichtige Medikamente zukommen zu lassen. Zugleich mache Katar Fortschritte in Gesprächen mit Israel, mehr Lieferungen an Medikamente für die Zivilbevölkerung des Gazastreifens zu ermöglichen, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf informierte Kreise. Viele der seit fast 100 Tagen im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln litten an Krankheiten wie Krebs und Diabetes und benötigten regelmäßig Medizin. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen Die USA sehen keine Grundlage für Südafrikas Vorwurf des Völkermords an Israel. Das israelische Militär weitet nach eigenen Angaben den Einsatz in Chan Yunis aus. Alle Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-israel-freitag-132.html |
2024-01-12 | ++ Selenskyj hofft auf Verstärkung bei Flugabwehr ++ | Krieg gegen die Ukraine | Angesichts anhaltender russischer Luftangriffe hofft der ukrainische Präsident Selenskyj auf Verstärkung der Flugabwehr seines Landes. Der britische Premierminister Sunak sagt Kiew Militärhilfe zu. Die Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen. | Angesichts anhaltender russischer Luftangriffe hofft der ukrainische Präsident Selenskyj auf Verstärkung der Flugabwehr seines Landes. Der britische Premierminister Sunak sagt Kiew Militärhilfe zu. Die Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen. Ukraine unterzeichnet Sicherheitsabkommen mit GroßbritannienSunak erhöht Ukraine-Militärhilfe auf 2,9 Milliarden EuroHandel zwischen China und Russland 2023 auf Höchstwert Ende des Liveblogs Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse. Ukrainische Großstadt ohne Strom In der westukrainischen Großstadt Schytomyr ist Medienangaben zufolge der Strom in weiten Teilen ausgefallen. Insgesamt seien 21 Umspannwerke unerwartet abgeschaltet worden, teilte das Stadtparlament per Facebook mit. Mitarbeiter der Energiewerke seien bei der Schadensbehebung, hieß es. Über die Ursachen wurde ebenso wenig bekannt wie über die Länge der Stromausfalls. Selenskyj lobt britische Sicherheitszusagen Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach dem Besuch des britschen Premierministers Rishi Sunak Londons Hilfszusagen für Kiew mit den US-Sicherheitsgarantien für Israel verglichen. "Dieser Tag ist bereits in die Geschichte unseres Landes eingegangen: Heute haben wir ein Abkommen, ein Sicherheitsabkommen mit Großbritannien, an dem wir lange gearbeitet haben", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Viele hätten von den Sicherheitsvereinbarungen zwischen den USA und Israel gehört. "Jetzt haben wir ein solches Modell für unsere Zeit geschaffen." Das gebe Zuversicht für den Abwehrkampf gegen Russland, so Selenskyj. Das Ziel bleibe weiterhin der Nato-Beitritt zur eigenen Sicherheit. Doch als Zwischenschritt arbeite die Ukraine an Sicherheitsgarantien der großen westlichen Wirtschaftsmächte (G7) auf bilateraler Ebene. Das Abkommen mit Großbritannien sei der erste Schritt dazu, lobte er. Russland stuft Krimiautor als "ausländischen Agenten" ein Die russische Regierung hat den im Exil lebenden Schriftsteller Boris Akunin als "ausländischen Agenten" eingestuft. Der 67-Jährige habe sich gegen die "militärische Spezialoperation in der Ukraine" ausgesprochen, teilte das Justizministerium in Moskau mit. Ihm werde außerdem vorgeworfen, "fehlerhafte Informationen verbreitet zu haben, um ein negatives Bild von Russland und seinen Streitkräften zu vermitteln", und Geld für die ukrainische Armee gesammelt zu haben. Der in Georgien geborene Autor, der mit bürgerlichem Namen Grigori Tschchartischwili heißt, ist für seine historischen Kriminalromane bekannt. Er ist ein langjähriger Kritiker von Kreml-Chef Wladimir Putin. 2014 hatte er sich gegen die Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim ausgesprochen und war nach London ist Exil gegangen. Moskau holte laut Medien bei Gefangenenaustausch Straftäter zurück Beim jüngsten Kriegsgefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine hat Moskau Medienberichten zufolge vor allem in den eigenen Reihen kämpfende Straftäter zurückgeholt. Von den 248 beim Austausch nach Russland heimgekehrten Soldaten seien 180 in Gefängnissen für den Krieg in der Ukraine angeworben worden, berichtete unter anderem das unabhängige Internetportal istories. Unter den Heimkehrern seien verurteilte Mörder, Entführer und Räuber, viele davon Wiederholungstäter. Es war der erste Gefangenenaustausch seit einem halben Jahr zwischen den beiden verfeindeten Nachbarländern. Ukrainischen Angaben zufolge hatte Kiew einen umfangreicheren Austausch von Kriegsgefangenen vorgeschlagen. "Aber von den 600 Menschen, die nach Russland hätten zurückkehren können, hat die russische Seite nur 248 zugestimmt", heißt es auf dem Telegram-Kanal des ukrainischen Projekts für Kriegsgefangene "Chotschu schitj" ("Ich will leben"). Offizielle Angaben aus Moskau gibt es dazu nicht. Selenskyj hofft auf weitere Verstärkung bei Flugabwehr Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft angesichts der anhaltenden russischen Angriffe aus der Luft auf weitere Verstärkung der Flugabwehr seines Landes. Weitere westliche Hilfe werde kommen, sagte er bei einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit Großbritanniens Premier Rishi Sunak. "Das eine ist auf dem Weg, andere neue Sachen haben wir schon vereinbart." Zugleich räumte Selenskyj ein, dass die derzeitige Flugabwehr des Landes noch Lücken aufweise. Neben "Patriot"-Systemen fehlten auch Flugabwehrkomplexe mit anderer Reichweite, sagte er. Daneben zeigte sich Selenskyj angesichts der Vereinbarung mit London optimistisch, dass nun auch Bewegung in die Verhandlungen über Militärhilfe für die Ukraine in Washington kommt. "Ich sehe das nun positiver als im Dezember", sagte er. Man werde Druck machen, bis es ein Ergebnis gebe. Großbritannien hat der Ukraine für dieses Jahr Militärhilfe über 2,5 Milliarden Pfund (2,9 Milliarden Euro) zugesagt. Zudem unterzeichneten beide Länder ein Abkommen zur Verstärkung der Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich. In Kiew war in dem Zusammenhang von "Sicherheitsgarantien" Londons gegen einen künftigen Angriff die Rede. Im Dokument selbst kommt das Wort "Garantie" allerdings nur einmal vor - und zwar in Bezug auf die Ukraine, die Großbritannien den Schutz geistigen Eigentums garantiert. Zu militärischem Beistand gegen einen Angriff verpflichtet sich London darin nicht. Sunak: Nachlassende Unterstützung würde Feinde des Westens "ermutigen" Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak hat den Westen vor einer nachlassenden Unterstützung für die Ukraine gewarnt. "Sollte (Russlands Präsident Wladimir) Putin in der Ukraine gewinnen, wird er dort nicht halt machen", sagte Sunak in Kiew bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. "Unsere Gegner auf der ganzen Welt glauben, dass wir weder die Geduld noch die Ressourcen für lange Kriege haben. Wenn wir jetzt also zögern, ermutigen wir nicht nur Putin, sondern auch seine Verbündeten in Nordkorea, Iran und anderswo", fügte Sunak hinzu. Ukrainische Bodentruppen benötigen Erdkampf-Flugzeuge Die Ukraine braucht nach den Worten des Kommandeurs der Bodentruppen, Olexander Syrskyj, Erdkampfflugzeuge für den Krieg gegen die russischen Invasionstruppen. Dazu gehörten US-amerikanische A-10-Jets zur Unterstützung der Infanterie. Die A-10 sei keine neue Maschine, habe sich aber in vielen Kriegen bewährt, sagte er. Sie verfüge über ein großes Arsenal zur Zerstörung von Bodenzielen. Die A-10 wäre eine entscheidende Unterstützung der Bodentruppen. Nötig seien auch Flugzeuge, die Marschflugkörper mit großer Reichweite abfeuern können. Frankreichs neuer Außenminister reist nach Kiew Frankreichs neuer Außenminister Stéphane Séjourné ist zu seiner ersten Auslandsreise in die ukrainische Hauptstadt Kiew aufgebrochen. Dort wolle er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die anhaltende französische Unterstützung zusichern, hieß es aus seinem Umfeld. Ein Treffen mit Selenskyj war bereits mit der bisherigen Außenministerin Catherine Colonna abgesprochen gewesen. Ukraine unterzeichnet Sicherheitsabkommen mit Großbritannien Die von Russland angegriffene Ukraine und Großbritannien haben ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich unterzeichnet. "Wenn diese Garantien 1991 erzielt worden wären, darunter mit Großbritannien, dann hätte der Krieg nicht begonnen", wurde Präsident Wolodymyr Selenskyj nach der Unterzeichnung vom Internetportal Jewropejska Prawda zitiert. London habe feste Zusagen gegeben, die gelten sollen, bis das osteuropäische Land der NATO beitritt. Das Abkommen wurde dabei zunächst für einen Zeitraum von zehn Jahren mit möglicher Verlängerung unterzeichnet. Weiterer Putin-Kritiker in Russland inhaftiert Ein Moskauer Gericht hat gegen den linksgerichteten Kremlkritiker Sergej Udalzow Untersuchungshaft wegen mutmaßlicher Rechtfertigung von Terrorismus angeordnet. Die U-Haft gilt nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax vom Freitag zunächst bis zum 15. Februar. Anlass seiner Strafverfolgung seien Blogeinträge gewesen, in denen er seine Unterstützung für einen marxistischen Debattenklub in der Millionenstadt Ufa geäußert habe, sagte Udalzow Medien im Gericht. Britischer Premier besucht Kiew Der britische Premierminister Rishi Sunak hat unangekündigt die ukrainische Hauptstadt Kiew besucht. Er wolle dort mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein Abkommen zur Sicherheitskooperation unterzeichnen, teilte der britische Regierungssitz 10 Downing Street mit. Nach der Ankunft im frostigen Kiew schrieb der Premier im sozialen Netzwerk X (früher Twitter): "Ich bin in der Ukraine, um eine einfache Botschaft zu bringen. Unsere Unterstützung darf und wird nicht nachlassen. An alle Ukrainer: Großbritannien steht zu Euch, solange es nötig ist." Social-Media-Beitrag auf X von Rishi Sunak: "I am in Ukraine to deliver a simple message.Our support cannot and will not falter.To all Ukrainians, Britain is with you – for as long as it takes 🇬🇧🇺🇦 pic.twitter.com/1ya8m2seiJ" Zuvor hatte Sunak militärische Unterstützung für die Ukraine in Höhe von 2,5 Milliarden Pfund (etwa 2,9 Milliarden Euro) für 2024 und 2025 zugesagt. Das seien 200 Millionen mehr als in den vergangenen beiden Jahren. Zu dem Paket gehöre eine 200 Millionen Pfund umfassende Initiative, um rasch Tausende von militärischen Drohnen für die Ukraine einzukaufen und zu produzieren, darunter Aufklärungs-, Langstrecken- und See-Drohnen, hieß es in der Mitteilung weiter. Sunak erhöht Ukraine-Militärhilfe auf 2,9 Milliarden Euro Der britische Premierminister Rishi Sunak erhöht die Militärhilfe für die Ukraine im nächsten Haushaltsjahr auf umgerechnet rund 2,9 Milliarden Euro. Die Unterstützung Großbritanniens für das Land werde nicht ins Stocken geraten, sagte Sunak vor dem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die beiden treffen sich heute in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Handel zwischen China und Russland 2023 auf Höchstwert Der Handel zwischen China und Russland ist im vergangenen Jahr auf einen Höchstwert gestiegen. Die beiden Staaten tauschten 2023 inmitten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Güter und Dienstleistungen im Wert von mehr als 240 Milliarden Dollar (rund 219 Milliarden Euro) aus, wie laut der Nachrichtenagentur AFP aus Zahlen des chinesischen Zolls hervorging. Das war eine Zunahme um 26,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Peking und Moskau hatten sich für 2023 ein Handelsvolumen von 200 Milliarden Dollar zum Ziel gesetzt. Schon das wäre eine Rekord gewesen. China und Russland haben seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 ihre wirtschaftliche Kooperation ausgebaut - sehr zum Verdruss westlicher Staaten, die Russland mit massiven Sanktionen belegt haben. China bezeichnet sich als neutral und weigert sich, den russischen Angriffskrieg zu verurteilen. EU-Kommissar will Produktion von Verteidigungsausrüstung ankurbeln Der für den Binnenmarkt sowie Verteidigung zuständige EU-Kommissar Thierry Breton will innerhalb eines neues Programms mit Hilfe von drei Milliarden Euro die Produktion von Verteidigungsausrüstung innerhalb der EU ankurbeln. Der Schritt unterstreicht die wachsende Rolle der EU in Verteidigungs- und Militärangelegenheiten, ausgelöst durch den Krieg gegen die Ukraine. Die Europäische Kommission habe bereits 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt, wolle den Betrag aber verdoppeln, sagte Breton gegenüber Reportern. USA sanktionieren russische Einrichtungen Das US-Außenministerium hat gegen drei russische Einrichtungen und eine Einzelperson Sanktionen verhängt, weil sie an der Weitergabe und dem Testen ballistischer Raketen aus Nordkorea beteiligt gewesen sein sollen. "Wir werden nicht zögern, weitere Maßnahmen zu ergreifen", teilte US-Außenminister Antony Blinken mit. Nordkoreas Transfer von ballistischen Raketen nach Russland unterstütze Russlands Angriffskrieg, vergrößere das Leid des ukrainischen Volkes und untergrabe das globale Nichtverbreitungssystem von Kernwaffen, erklärte der Minister weiter. In der vergangenen Woche hatte das Weiße Haus unter Berufung auf neu freigegebene Geheimdienstinformationen erklärt, Russland habe ballistische Kurzstreckenraketen (SRBM) aus Nordkorea für mehrere Angriffe auf die Ukraine eingesetzt. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen Bei einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj sagte Lettland dem angegriffenen Land weitere Militärhilfe zu. Das ukrainische Militär verstärkt nach eigenen Angaben seine Verteidigungsanlagen. Alle Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-ukraine-freitag-344.html |
2024-01-12 | Bankbilanzen locken US-Anleger nicht an die Börse | Wall Street schwächelt | Während die Stimmung im deutschen Aktienhandel freundlich war, dominierte in den USA die Zurückhaltung. Die US-Berichtssaison startete durchwachsen, sodass der Wochenabschluss an der Wall Street schwach ausfiel. | Während die Stimmung im deutschen Aktienhandel freundlich war, dominierte in den USA die Zurückhaltung. Die US-Berichtssaison startete durchwachsen, sodass der Wochenabschluss an der Wall Street schwach ausfiel. Der Dow Jones markierte im frühen Handel zwar ein Rekordhoch, anschließend setzten aber Gewinnmitnahmen ein. Der US-Leitindex ging 0,3 Prozent leichter auf 37.592,98 Punkten aus dem Handel. Der S&P 500 stieg um 0,1 Prozent auf 4.783,83 Punkte. Der technologielastige Nasdaq 100 legte ebenfalls um knapp 0,1 Prozent auf 16.832,92 Punkte zu. In den kommenden drei bis vier Handelswochen dürfte die Bilanzsaison maßgeblich den Gesamtmarkt bewegen, meint Marktbeobachter Andreas Lipkow. "Der Fokus der Anleger wird sich auf den Beginn der Berichtssaison richten. Sie werden versuchen zu sehen, wie sich das derzeitige Umfeld höherer Zinsen auf die Unternehmensgewinne auswirken wird", kommentiert Pierre Veyret, Marktbeobachter beim Broker ActivTrades. Bilanzsaison als "Realitätscheck" Die Fachleute von Index Radar sprechen vom heutigen Start der Quartalsberichte als einem "Realitätscheck". Zunächst lieferten vier wichtige US-Banken einen Einblick in ihre Bücher. Insgesamt lasteten die Folgen der Pleite der Silicon Valley Bank auf den Bilanzen der Geldhäuser, sodass der US-Aktienmarkt keine positiven Impulse erhielt. So ließ etwa die Investmentbank JPMorgan Chase wegen Zahlungen an den US-Einlagensicherungsfonds DIF im vierten Quartal beim Gewinn Federn. Auch bei der Bank of America lasteten die Zahlungen auf der Bilanz. Bei der Citigroup sorgten sie sogar mit für einen Verlust. Das Geldhaus will im Zuge seines Umbaus rund 20.000 Stellen streichen. DAX verdaut Inflationsschock Anders als in den USA überwog am deutschen Aktienmarkt dagegen der Optimismus. Der DAX schloss mit einem Plus von 1 Prozent auf 16.705 Punkten. Auf Wochensicht bedeutet dies einen Gewinn von 0,7 Prozent. Noch am Donnerstag hatte die überraschende Hartnäckigkeit der US-Inflation für schlechte Stimmung an der deutschen Börse gesorgt. "Die Anleger haben den Schock gut verdaut", kommentierte Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners. Geholfen haben dabei aktuelle US-Erzeugerpreise, die im Dezember überraschend um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat gefallen sind. Ökonomen hatten mit einem Anstieg gerechnet. Im Gegensatz zu den Verbraucherpreisen vom Vortag könnte das als Zeichen für nachlassenden Inflationsdruck interpretiert werden. "Auch wenn es sich hier um die Erzeugerebene handelt, wird sich die Entwicklung letztendlich auf die Verbraucherebene übertragen", sagte Robert Pavlik, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Dakota Wealth. Erzeugerpreise dienen als früher Signalgeber für die Entwicklung der Verbraucherpreise. An den Finanzmärkten geben die sinkenden Erzeugerpreise den Spekulationen über eine nahende Zinssenkung durch die US-Notenbank Federal Reserve neue Nahrung und stützen deshalb den Aktienmarkt. Taiwan im Blick Die Blicke der Anleger richten sich nun auf die Wahlen in Taiwan am Wochenende, deren Ausgang die Spannungen zwischen China und den USA verschärften könnten. Zudem bleibt die Lage im Roten Meer im Fokus, nachdem die USA und Großbritannien - als Reaktion auf Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen auf Containerschiffe - deren Stellungen attackiert hatten. "Gemäßigte Töne in Richtung China, egal von welchem Wahlsieger, könnten sich auch positiv auf den deutschen Markt auswirken", meint Konstantin Oldenburger, Marktanalyst bei CMC Markets. "Nicht nur chinesische Aktien würden so für Investoren wieder attraktiver, da die Gefahr einer militärischen Eskalation deutlich reduziert würde. Auch Deutschland als Exportnation würde eine Tendenz in diese Richtung zugutekommen", so der Experte. Bitcoin fällt unter 45.000 US-Dollar Nach der Genehmigung von börsengehandelten Fonds (ETFs) in den USA ist der Bitcoin heute unter 45.000 Dollar gefallen. Die US-Wertpapieraufsicht SEC hatte am Mittwoch den Weg für börsengehandelten Fonds (ETFs) geöffnet, die direkt in den Bitcoin investieren (Bitcoin-Spot-ETFs). Der Bitcoin stieg dann am Donnerstag über 49.000 Dollar und erreichte den höchsten Stand seit Dezember 2021. "Einen Tag nach Einführung der Bitcoin-Spot-ETFs in den USA scheint die jüngste Euphorie zunächst wieder einer nüchternen Betrachtungsweise zu weichen", kommentierte Bitcoin-Experte Timo Emden. "Ob Schnäppchenjäger den Rücksetzer als Wiedereinstieg nutzen und den Kurs auf alte Höchststände treiben, bleibt fraglich." Es sei gut möglich, dass der Regulierungsdruck dies- und jenseits des Atlantiks im Jahr 2024 zunehme, so Emden. Eskalationssorgen im Nahen Osten treiben Ölpreis Die Ölpreise zogen zum Wochenschluss an. Die Sorge vor einer Eskalation der Lage im Nahen Osten hat den Preis für Rohöl der Sorte Brent erstmals seit Ende Dezember vorübergehend wieder über die Marke von 80 Dollar je Barrel (159 Liter) getrieben. Allerdings wurde ein Teil der Gewinne wieder abgegeben. Hintergrund ist der sich ausweitende Konflikt in der Region des Roten Meeres. In der Nacht hatten die USA und Großbritannien zum Militärschlag gegen die Huthi-Rebellen im Jemen ausgeholt. Zudem hatte die iranische Marine gestern einen Öltanker im Golf von Oman festgesetzt. Die größte Gefahr für die Versorgung des Weltmarktes mit Rohöl besteht darin, dass der Iran direkt in den Konflikt hineingezogen wird. Dies könnte Förderströme in einer Region bedrohen, die ein Drittel des weltweiten Rohöls produziert. Das wiederum sorgt für einen Anstieg der Risikoprämie auf dem Ölmarkt. Airbus-Aktie auf Rekordhoch Die Airbus-Aktie präsentierte sich heute stark und erreichte ein Rekordhoch. Der Flugzeugbauer hat im vergangenen Jahr 735 Verkehrsflugzeuge ausgeliefert und damit seine Position als Nummer eins der Branche ausgeweitet. Rüstungsaktien gefragt nach Militärschlag gegen Huthi-Rebellen Nach dem Militärschlag gegen Huthi-Rebellen setzten Anleger zum Wochenschluss verstärkt auf Rüstungsaktien. So zählte die Rheinmetall-Aktie im DAX zu den größten Gewinnern. Im MDAX setzten sich Hensoldt an die Spitze. VW mit Absatzplus Der Volkswagen-Konzern hat 2023 bei fast allen seiner Marken ein Absatzplus geschafft. Insgesamt legten die Verkäufe des Konzerns im vergangenen Jahr um knapp zwölf Prozent auf gut 9,2 Millionen Fahrzeuge zu. Bei den Marken stach insbesondere Seat/Cupra mit einem Absatzplus von gut einem Drittel heraus, gefolgt von Skoda mit plus 18,5 Prozent und Audi mit plus 17,4 Prozent. Porsche-Aktien wegen China-Schwäche DAX-Schlusslicht Die Absatz-Schwäche in China macht Porsche zu schaffen. Der Porsche-Absatz in der Volksrepublik ging 2023 um 15 Prozent auf 79.283 Fahrzeuge zurück. Auch für das laufende Jahr rechnet das Unternehmen mit schwierigen Marktbedingungen in China. Tesla muss Großteil der Fertigung in Grünheide stoppen Tesla muss einen Großteil seiner Fahrzeugfertigung im brandenburgischen Werk Grünheide vom 29. Januar bis zum 11. Februar unterbrechen. Grund für die Maßnahme sei das Fehlen von Bauteilen aufgrund von Verschiebungen der Transportrouten wegen des bewaffneten Konflikts im Roten Meer, teilte der E-Autohersteller mit. US-Luftfahrtbehörde ermittelt gegen Boeing Nach dem Zwischenfall mit einer Boeing-Maschine, bei der im Flug ein Rumpfteil herausbrach, hat die US-Luftfahrtbehörde FAA Ermittlungen gegen den Konzern eingeleitet. Die Umstände wiesen darauf hin, dass der Flugzeugbauer möglicherweise seine Pflichten bei Produktion, Inspektionen und Tests vernachlässigt habe, hieß es in einem Brief an Boeing. Das Unternehmen bekam zehn Werktage Zeit, dazu Stellung zu beziehen. Kritische Blogger tyrannisiert: eBay zahlt Millionenstrafe Weil Mitarbeiter von eBay Verfasser eines Online-Newsletters tyrannisiert hatten, zahlt die Online-Plattform eine Millionenstrafe und kommt für drei Jahre unter Aufsicht. Zuvor waren sieben ehemalige eBay-Beschäftigte dafür verurteilt worden, dass sie zur Einschüchterung unter anderem lebendige Kakerlaken sowie einen Trauerkranz und eine mit Kunstblut verschmierte Schweinemaske an das Blogger-Ehepaar verschickt hatten. Disney-Studio Pixar will offenbar 20 Prozent der Mitarbeiter entlassen Einem Medienbericht zufolge sollen bei Walt Disneys Animationsstudio Pixar in diesem Jahr offenbar bis zu 20 Prozent aller Mitarbeiter entlassen werden. Dies berichtete die Online-Zeitung "TechCrunch" gestern unter Berufung auf Insider aus dem Unternehmen. Wegen des Stellenabbaus werde das 1.300 Mitarbeiter starke Pixar-Team in den kommenden Monaten auf unter 1.000 schrumpfen. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-dow-kurse-charttechnik-aktien-geldanlage-oel-tesla-100.html |
2024-01-12 | USA verhängen weitere Sanktionen gegen Huthi | Nach Bombardements im Jemen | Nach ihren Bombardements von Huthi-Stellungen haben die USA neue Sanktionen verhängt, um die Finanzquellen der Miliz auszutrocknen. UN-Generalsekretär Guterres forderte beide Seiten auf, die Situation nicht noch weiter zu eskalieren. | Nach ihren Bombardements von Huthi-Stellungen haben die USA neue Sanktionen verhängt, um die Finanzquellen der Miliz auszutrocknen. UN-Generalsekretär Guterres forderte beide Seiten auf, die Situation nicht noch weiter zu eskalieren. Nach Militärschlägen gegen die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen hat die US-Regierung weitere Sanktionen verhängt. Wie das US-Finanzministerium mitteilte, richten sich die Maßnahmen gegen vier Handelsschiffe und zwei in Hongkong und den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Unternehmen. Die USA werfen ihnen vor, die Huthi mit Geld aus dem Verkauf und Versand iranischer Waren zu versorgen. "Die Vereinigten Staaten gehen weiterhin gegen die illegalen iranischen Finanznetzwerke vor, die die Huthi finanzieren und ihre Angriffe erleichtern", teilte die US-Regierung mit. Man werde "alle verfügbaren Maßnahmen ergreifen, um diese destabilisierenden Aktivitäten der Huthi und ihre Bedrohungen für den Welthandel zu stoppen." Bereits Anfang Dezember hatte die US-Regierung in diesem Kontext Sanktionen gegen 13 Personen und Einrichtungen verhängt. Als Folge werden mögliche Vermögenswerte in den USA gesperrt. US-Bürgern oder Menschen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, sind Geschäfte mit den sanktionierten Firmen und Personen untersagt. Die USA hatten zusammen mit Großbritannien in der Nacht zum Freitag Dutzende Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen attackiert. Sie reagierten damit auf die wochenlangen Angriffe der schiitischen Huthi auf Handelsschiffe, die angeblich mit Israel in Verbindung stehen. USA: "Suchen nicht den Konflikt mit dem Iran" Nach den Bombardements versicherten die USA, dass sie nicht auf einen bewaffneten Konflikt mit Teheran zusteuern wollen. "Wir suchen nicht den Konflikt mit dem Iran. Wir suchen nicht die Eskalation", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, dem Fernsehsender MSNBC. Kirby fügte hinzu, dass es "keinen Grund" für eine weitere Eskalation der Lage über die Entwicklungen der "vergangenen wenigen Tage hinaus" gebe. Der Iran hatte die Angriffe auf die Huthi-Stellungen scharf verurteilt. Außenamtssprecher Nasser Kanani sprach von einer "willkürlichen Aktion", einem "Verstoß" gegen das Völkerrecht und einer Verletzung der Souveränität des Jemen. Die Miliz selbst drohte nach den Angriffen mit Vergeltung. Guterres: Resolution einhalten UN-Generalsekretär António Guterres forderte von allen Seiten die Einhaltung einer Resolution des Weltsicherheitsrates. Die Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe seien nicht akzeptabel, sagte Guterres in New York laut Mitteilung. Die Rebellen müssten sich an eine diese Woche vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution halten, die eine sofortige Einstellung dieser Angriffe fordert. Gleichzeitig müssten sich aber auch alle UN-Mitgliedstaaten, die ihre Schiffe verteidigten, an internationales Recht halten, so wie es auch in der Resolution dargelegt sei, sagte Guterres weiter. Er forderte alle Beteiligten auf, die Situation nicht noch weiter zu eskalieren. Massenproteste im Jemen Unterdessen gingen Zehntausende Menschen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa auf die Straße, um gegen die Angriffe der USA, Großbritanniens und weiterer Verbündeter gegen Huthi-Stellungen im Jemen zu demonstrieren. Der Huthi-nahe Fernsehsender Al-Masirah zeigte Bilder, wie sich Zehntausende in der Hauptstadt Sanaa versammelten. Wütende Demonstranten riefen demnach: "Wir lassen uns nicht entmutigen. Lass es einen großen Weltkrieg geben!" Sanaa steht unter der Kontrolle der Huthi-Miliz. Auch in der Rebellenhochburg Saada im Norden des Landes soll es zuvor Demonstrationen gegeben haben. Bereits in den vergangenen Wochen war es immer wieder zu Protesten in von Huthi kontrollierten Gebieten im Jemen gekommen. Die Rebellen rufen regelmäßig zu Kundgebungen im Anschluss an das Freitagsgebet auf. | /ausland/amerika/usa-sanktionen-huthi-100.html |
2024-01-12 | Nach dem Streik ist vor dem Streik | Ausstand der GDL | Vier Tage lang wurde bei der Bahn gestreikt. Eine Einigung im Streit über mehr Lohn und Arbeitszeitverkürzung bleibt außer Sichtweite. Lokführergewerkschaft GDL und Bahn scheinen sich unversöhnlich gegenüberzustehen. Von R. Wiederwald. | Vier Tage lang wurde bei der Bahn gestreikt. Eine Einigung im Streit über mehr Lohn und Arbeitszeitverkürzung bleibt außer Sichtweite. Lokführergewerkschaft GDL und Bahn scheinen sich unversöhnlich gegenüberzustehen. Von Rupert Wiederwald Seit 18 Uhr rollen die Züge wieder - zumindest teilweise. Denn nach mehreren Tagen wird es nach Einschätzung der Deutschen Bahn noch mindestens bis Samstagfrüh dauern, bis die meisten Züge im Land wieder nach Fahrplan laufen - oder zumindest nicht wegen des Streiks ausfallen oder zu spät kommen. Und während das Land sich noch von dieser Streikrunde erholt, droht bereits der nächste Ausstand. Denn pünktlich mit dem Streikende stellte sich GDL Chef Claus Weselsky in Berlin vor die Kameras und kündigte an: "Nach Abschluss dieser Streikmaßnahme lassen wir dem Unternehmen ein Stück weit Zeit, um zur Besinnung zu kommen. Tun sie das nicht, wird die nächste Arbeitsniederlegung folgen. Sie wird bestimmt länger und sie wird den Kunden noch härter treffen." Dabei kann Weselsky den Streik schon jetzt als vollen Erfolg für seine Gewerkschaft verbuchen. Zugausfälle im Personen und Güterverkehr Seit Dienstagabend hatte die GDL zunächst den Güterverkehr und ab Mittwoch den Personenverkehr sowohl der Deutschen Bahn als auch einiger Privatbahnen bestreikt. Ein Streik, den die GDL bereits vor den Weihnachtsfeiertagen vorbereitet und per Urabstimmung beschlossen hatte. Laut Deutscher Bahn fuhren ein Großteil der von ihr betriebenen Züge während des Streikes nicht, etwa 80 Prozent des Zugverkehrs fiel aus. Über einen Ersatzfahrplan waren Bahnreisen vereinzelt dennoch möglich, wenn auch unter großen Einschränkungen und zeitlichen Verzögerungen. Bahn: "Absolute Zumutung" Bahnsprecherin Anja Bröker nannte den Streik eine "absolute Zumutung" für die Fahrgäste der Bahn und die Cargo-Kunden. Im Güterverkehr waren es bis 1.500 Güterzüge, die pro Tag ausgefallen sind. "DB Cargo hat es geschafft, alle versorgungsrelevanten Züge ans Ziel zu bekommen", so Bröker. Ganz offenbar hatten die meisten Kunden ihre Fahrten entweder auf Lkw verlagern oder zeitlich verschieben können, auch deshalb blieb im Güterbereich das große Chaos aus. Es war die dritte und - mit etwas über drei Tagen - die längste Arbeitsniederlegung durch die GDL innerhalb dieser Tarifauseinandersetzung. Und wenn man die bisherigen Äußerungen der Konfliktparteien sieht, müssen sich Passagiere und Güterverkehrskunden auf weitere Streikrunden gefasst machen. Bahn und GDL - unversöhnlich und zerstritten "Es liegt auch an der GDL, endlich wieder zu verhandeln", heißt es vonseiten der Bahn. Doch die GDL weigerte sich bislang, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Das bisherige Angebot der Deutschen Bahn sei "die Tinte und das Papier nicht wert" mit dem es geschrieben wurde, so Weselsky in Magdeburg vor GDL-Mitgliedern. Seine zentrale Forderung: eine Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter auf 35 Stunden die Woche - bei vollem Lohnausgleich. Nicht sofort, sondern schrittweise bis 2028. Die Bahn hat das für "unrealistisch" und "nicht verhandelbar". Was auch in dieser Streikrunde deutlich wurde: die Unversöhnlichkeit, mit der Vertreter der GDL und der Bahn übereinander sprechen. GDL-Chef Weselsky spricht von Arbeitsverweigerung, die der für Personalfragen zuständige Vorstand Martin Seiler betreiben würde, da er ja keine Angebote vorlege. Gerne spricht er von Seiler auch als "Hampelmann". Überhaupt spricht Weselsky immer wieder von den "Nieten in Nadelstreifen" und den "Schauspielern aus dem Turm". Es sei das Management, das mit seiner Weigerung auf die GDL Forderungen einzugehen, die Streiks verschuldet habe. Die Bahn ist im Gegenzug auch nicht zimperlich. Sie versuchte, den Streik per Gerichtsentscheid den Streik verbieten zu lassen und weist immer wieder darauf hin, dass der Streik "unverhältnismäßig" und "ungerechtfertigt" sei. Heute ließ sie eine Sprecherin den Streik noch einmal als "unnötig" bezeichnen. Erfolg bei Transdev Dabei hat die GDL mit ihrem Streik tatsächlich einen Erfolg errungen, zwar nicht bei der Deutschen Bahn, sondern beim kleineren Konkurrenten Transdev, der sechs regionale Eisenbahnunternehmen mit mehreren Nahverkehrsverbindungen in Deutschland betreibt. Die Transdev will mit der GDL über einen Weg zur Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich verhandeln. Die GDL brach den Streik gegen die Transdev mit Meldung dieses Erfolgs am Freitag ab. "Wir müssen mit Transdev noch eine Reihe von Punkten verhandeln und wir haben den Abschluss noch nicht", sagte GDL-Chef Weselsky, der der Transdev seinen Respekt aussprach. "Aber es ist das mutige Signal der Arbeitgeber: 'Wir haben verstanden und wir suchen und finden jetzt den Kompromiss.' Das nenne ich ehrenhaftes Verhalten." Unausgesprochen und dennoch eindeutig blieb, für wie ehrenhaft er die Verhandlungsführung der Deutschen Bahn hält. Ein weiterer Erfolg des Streiks: die GDL positioniert sich weiter als gefährlicher Konkurrent gegen die ungleich größere Eisenbahnergewerkschaft EVG. Mit der EVG konkurriert GDL in mehr als 300 Betrieben der Deutschen Bahn um die Vertretungshoheit bei Tarifverhandlungen. Denn laut Tarifeinheitsgesetz gilt nur der Tarifvertrag der jeweils größeren Gewerkschaft. Wer also mehr Mitglieder in einem Betrieb organisiert, der gewinnt. Und die GDL verzeichnet mit jedem Streik steigende Mitgliederzahlen. Derzeit sind es über 40.000. Weitere Streiks wahrscheinlich Deutsche Bahn und GDL kündigten zum Ende des Streiks an, offen für Verhandlungen zu sein. Allerdings war von einem verbesserten Angebot bislang noch nichts zu hören - und genau darauf wartet die GDL. Auch mit dem Wissen, dass sie einen Streik durchaus länger fahren kann. 2015 gab es den bislang längsten GDL-Streik, mit 127 Stunden - oder einfacher: fünf Tagen und sieben Stunden. 2021 hatten Lokführer und Zugpersonal auch schon mal fünf Tage am Stück gestreikt. Beide Mal allerdings hatte es zuvor bereits einige Verhandlungs- und Streikrunden gegeben. Dieses Mal hat die GDL viel schneller eskaliert. Und Claus Weselsky macht auch zum Ende dieses Streiks weiter Druck: "Das, was wir bisher getan haben, davor müssen wir uns nicht schämen. Das, was wir noch tun werden, verantworten die Manager im Turm." | /inland/gesellschaft/bilanz-streik-gdl-100.html |
2024-01-12 | Weselsky fordert "stimmiges" Angebot | Nach Ende des Lokführerstreiks | Nach dem jüngsten Streik will die Lokführergewerkschaft GDL der Deutschen Bahn "einige Tage" Bedenkzeit geben. Weitere Ausstände sind laut GDL-Chef Weselsky möglich. Der Konzern signalisiert Gesprächsbereitschaft. | Nach dem jüngsten Streik will die Lokführergewerkschaft GDL der Deutschen Bahn "einige Tage" Bedenkzeit geben. Weitere Ausstände sind laut GDL-Chef Weselsky möglich. Der Konzern signalisiert Gesprächsbereitschaft. Nach Ende des Lokführerstreiks will die Gewerkschaft GDL der Deutschen Bahn einige Tage Bedenkzeit geben - und droht bei fehlendem Entgegenkommen in der Frage der Arbeitszeitreduzierung anschließend mit längeren und härteren Streiks. Man gehe in Verhandlungen, "wenn die Angebote stimmig sind", sagte GDL-Chef Claus Weselsky in Berlin. Wie vorher bereits angekündigt, wolle man dem Unternehmen "ein Stück weit Zeit" geben, "um zur Besinnung zu kommen", so der 64-Jährige. Passiere das nicht, folge die nächste Arbeitskampfmaßnahme. "Sie wird bestimmt länger sein und sie wird die Kunden noch härter treffen." "Vielleicht hat die Weihnachtszeit nicht ausgereicht, sich zu besinnen", sagte Weselsky in Richtung der Bahn. "Nun haben sie als nächstes einige Tage Zeit." Mehr sage er dazu nicht. Die Gewerkschaft werde auch in den kommenden Tagen keine Auskünfte geben. Streit über Kernforderung Eine Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen könne es nur geben, wenn die Bahn sich für die Kernforderung der GDL offen zeige, sagte Weselsky. Die Gewerkschaft will eine Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich erreichen. Die Bahn lehnt das bisher ab. "Wir sind verhandlungsbereit, wir sind gesprächsbereit", sagte DB-Sprecherin Anja Bröker vor Ablauf des Streiks in Berlin. "Es ist jetzt auch an der GDL, an den Tisch zurückzukehren. Streiken, um alle Forderungen durchzusetzen - so funktionieren Tarifverhandlungen nicht." Zunächst noch Notfahrplan In den ersten Stunden nach Streikende soll im Personenverkehr des bundeseigenen Konzerns weiterhin der Notfahrplan gelten. "Die DB bereitet sich darauf vor, ab Betriebsbeginn Samstagfrüh im Personenverkehr wieder das normale Angebot zu fahren und einen reibungslosen Betriebsstart zu ermöglichen", teilte die Bahn mit. Lediglich in einzelnen Regionen könnten im Nah- und S-Bahnverkehr bereits unmittelbar nach Streikende wieder mehr Züge fahren. DB-Sprecherin Bröker riet Fahrgästen, für Fernverkehrsfahrten am Wochenende Sitzplätze zu buchen, da nach drei Tagen Streik mit vollen Zügen zu rechnen sei. Die GDL hatte den Streik im Personenverkehr der Deutschen Bahn am Mittwochmorgen begonnen, im Güterverkehr wurde seit Dienstagabend gestreikt. Im Fernverkehr fuhr nur jeder fünfte Zug. Der parallele Streik beim Nahverkehrsunternehmen Transdev wurde vorzeitig abgebrochen, da der GDL zufolge ein neues Angebot zur Arbeitszeitverkürzung vorliegt. | /inland/gesellschaft/bahnstreik-freitag-weselsky-bahn-100.html |
2024-01-12 | Tausende Traktoren behindern den Straßenverkehr | Protest von Landwirten | Am fünften Tag der Proteste von Landwirten kam es bundesweit wieder zu Straßenblockaden. Tausende Bauern waren mit Traktoren unterwegs. Die AWO stellte Anzeige wegen einer am Montag blockierten Elbbrücke. | Am fünften Tag der Proteste von Landwirten kam es bundesweit wieder zu Straßenblockaden. Tausende Bauern waren mit Traktoren unterwegs. Die AWO stellte Anzeige wegen einer am Montag blockierten Elbbrücke. Die Proteste von Landwirten dauern an. Erneut gingen in vielen Landesteilen Bauern auf die Straße, teilweise kam es zu Blockaden und Einschränkungen im Verkehr. 5.000 Protestierende mit rund 2.500 Traktoren und Landmaschinen fanden sich laut Polizei etwa in Nürnberg ein, um gegen die Agrarpolitik des Bundes zu demonstrieren. Auch im Norden fanden Proteste statt. In Schleswig-Holstein fanden nach einer Sternfahrt von 16 angemeldeten Trecker-Konvois aus den Landkreisen Plön und Rendsburg-Eckernförde Tausende Landwirte in Kiel zusammen. In der Landeshauptstadt nahmen sie mit mindestens 3.100 Treckern und anderen Fahrzeugen an einer Protestfahrt teil, wie eine Polizeisprecherin sagte. Der Verkehr sei dadurch nahezu zum Erliegen gekommen. Anschließend gab es auf dem Exerzierplatz in Kiel eine Kundgebung. Verkehrsbeeinträchtigungen durch Proteste In Brandenburg kam es ebenfalls zu Verkehrsbeeinträchtigungen. An mehreren Orten demonstrierten Bauern mit ihren Fahrzeugen und blockierten Straßen. Im Süden Berlins musste die Bundesstraße 101 wegen einer Demonstration zeitweise in beiden Richtungen gesperrt werden. Insgesamt waren in Brandenburg um die 40 Protestaktionen angemeldet unter anderem auch an der A24 und A19 sowie Richtung Polen. In Sachsen-Anhalt wurden zahlreiche Autobahnauffahrten blockiert. Protestveranstaltungen wurden zudem aus Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen gemeldet. In zahlreichen Bundesländern soll es auch am Wochenende zu vereinzelten Aktionen kommen. Klinik stellt Anzeige wegen Blockade Unterdessen erstattete der Landesvorstand der Arbeiterwohlfahrt (AWO) wegen einer vergangenen Blockade Anzeige. Die Sperrungen der Elbbrücke bei Tangermünde im Landkreis Stendal (Sachsen-Anhalt) seien am Montag und Dienstag nicht angemeldet gewesen, so der Geschäftsführer des AWO-Krankenhauses Jerichow, Thomas Wendler. Pflegekräfte und Ärzte seien nicht durchgelassen worden. Von etwa 180 Arbeitskräften seien ungefähr 30 nicht zum Dienst gekommen, das habe auch Auswirkungen auf die Patientenversorgung gehabt. Die Blockade der Brücke bezeichnete der Klinik-Geschäftsführer als unverhältnismäßig. Sie sei ein Nadelöhr und könne kaum umfahren werden. Zudem kritisierte er die Polizei, dass diese die unangemeldete Blockade nicht aufgelöst habe. Bauern kündigen Großdemonstration in Berlin an Der Deutsche Bauernverband plant am Montag eine Großdemonstration vor dem Brandenburger Tor in Berlin, weshalb Tausende Landwirte in der Hauptstadt erwartet werden. Schon jetzt sind die ersten Landwirte eingetroffen. Zwischen Brandenburger Tor und dem Sowjetischen Ehrenmal Tiergarten stehen bereits Dutzende Agrarfahrzeuge. Rund 5.000 Traktoren und andere Landmaschinen sollen aus dem gesamten Bundesgebiet zur Kundgebung am Brandenburger Tor unterwegs sein, wie die Polizei mitteilte. Mehrere Branchen wie die Fischerei und der Transportbereich schlossen sich dem Protestaufruf an. Auch der Gaststättenverband Dehoga ist dabei. "Noch einmal soll der Politik verdeutlicht werden, was es bedeutet, die Wettbewerbsfähigkeit und die Existenz der Landwirte und mittelständischen Transportunternehmen aufs Spiel zu setzen", so der Bauernverband. Zu den Protestierenden sprechen will dann auch Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner. Am Rande der Veranstaltung wollen sich zudem die Spitzen der Ampel-Fraktionen mit den Bauernverbänden treffen. Ampelkoalition will Kürzungen im Agrarbereich Im Laufe der kommenden Woche will die Ampelkoalition im Bundestag die letzten Details zum Haushalt 2024 festzurren, der Kürzungen im Agrarbereich vorsieht. Die Proteste der Landwirte hatten sich an einer Vereinbarung der Bundesregierung entzündet, die unter anderem die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung und der Subventionierung von Diesel für Landwirte vorsah. Später zog die Bundesregierung das Ende der Steuerbefreiung zurück. Die Dieselsubvention soll schrittweise bis 2026 abgeschafft werden. Der Bauernverband besteht auf der langfristigen Fortführung der Dieselsubvention. Seit Anfang der Woche demonstrieren Landwirte bundesweit mit Trecker-Konvois und Blockadeaktionen gegen die Subventionskürzung und gegen die Bundesregierung. Der bayerische Bauernverband deutete bereits eine Verschärfung der Proteste an. "Wir haben bisher davon abgesehen, Infrastruktur zu blockieren, etwa die Lebensmittelversorgung", hieß es. Weitere Zugeständnisse stellt die Bundesregierung den Landwirten allerdings nicht in Aussicht. Änderungen bei den geplanten Subventionskürzungen seien nicht mehr vorgesehen, sagte Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Die Regierung habe ihren Vorschlag gemacht. Die Proteste würden sehr ernst genommen, es gebe auch gute Gespräche mit Landwirten. Özdemir ruft zu gemeinsamen Lösungen auf Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) verwies unterdessen auf Verfehlungen der unionsgeführten Vorgängerregierungen und rief Ampel- und Unionsparteien zu gemeinsamen Lösungen für die Landwirtschaft auf. Die politische Mitte müsse eine "Landwirtschaftspolitik mit breiten Mehrheiten" gestalten, sagte Özdemir im "Morgenmagazin" des ZDF. Nicht allein die geplanten Kürzungen von Agrarsubventionen hätten den Zorn der Landwirte ausgelöst, sondern dass "jahrzehntelang den Bauern Dinge versprochen wurden von wechselnden Regierungen, die nur zum Teil oder gar nicht gehalten worden sind". Özdemir habe seit seinem Amtsantritt vor rund zwei Jahren gemacht, "was ich kann". Er zählte das staatliche Tierhaltungskennzeichen, eine Änderung im Baugesetzbuch und im Immissionsschutzgesetz auf, die den Neu- und Umbau tiergerechter Ställe erleichtern sollen. Er habe "eine Milliarde Euro mobilisiert allein für die Schweinehalter". Doch "jetzt komme ich an den Punkt, wo ich allein nicht weiter kann". Es brauche den Konsens der "Ampel", aber auch der "größten Oppositionspartei". | /inland/innenpolitik/bauern-proteste-112.html |
2024-01-12 | "Kölner Dom" kann nicht als Marke geschützt werden | BGH-Urteil | Schmuck, Münzen, Schlüsselanhänger: Die "Hohe Domkirche zu Köln" wollte den Begriff "Kölner Dom" als Marke schützen lassen - und damit zahlreiche Souvenirs. Der Bundesgerichtshof urteilte nun aber: Der Begriff taugt nicht als Marke. | Schmuck, Münzen, Schlüsselanhänger: Die "Hohe Domkirche zu Köln" wollte den Begriff "Kölner Dom" als Marke schützen lassen - und damit zahlreiche Souvenirs. Der Bundesgerichtshof urteilte nun aber: Der Begriff taugt nicht als Marke. Die Bezeichnung "Kölner Dom" kann nicht als Marke eingetragen und geschützt werden. Das hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe letztinstanzlich entschieden. Damit ist eine entsprechende Klage der "Hohen Domkirche zu Köln" gescheitert. Diese juristische Person öffentlichen Rechts ist Eigentümerin des weltbekannten Doms - und wird in der Regel vom Domkapitel vertreten, einem Gremium leitender Geistlicher des Erzbistums Köln. Die Domkirche hatte sich 2018 an das Deutsche Patent- und Markenamt gewandt, um die Bezeichnung "Kölner Dom" schützen zu lassen. Die Behörde verweigerte die Eintragung. Demnach können Bezeichnungen nicht geschützt werden, wenn sie nicht eindeutig auf den Hersteller der Waren verweisen. Dies treffe hier zu, weil es bei der Vielzahl von Souvenirs verschiedenste Hersteller von Dom-Produkten gebe. BGH: "Kölner Dom" kein Herkunftsnachweis Eine Klage der Kirche gegen die verweigerte Eintragung scheiterte beim Bundespatentgericht und nun auch beim Bundesgerichtshof. Die Bundesrichter entschieden, die Bezeichnung "Kölner Dom" sei als Themenangabe und nicht als Herkunftsnachweis zu verstehen - und könne daher nicht markenrechtlich geschützt werden. Der Durchschnittsverbraucher sehe in einem entsprechenden Schriftzug auf Souvenirartikeln keinen Hinweis auf die Herkunft der Ware. Doch darauf komme es bei einer Marke an. Der Schriftzug sei hier nur rein dekorativ. Der kirchliche Antrag auf Markenschutz hatte sich auf mannigfaltige Produkte bezogen. Unter anderem wollte das Domkapitel Schmuck, Uhren, Münzen, Krawattennadeln, Schmuckkästchen, Papeteriewaren, Schlüsselanhänger, Fotografien, Aufkleber, Bücher, Briefbeschwerer, Figuren, Wimpel, Fahnen, Kopfbedeckungen Bekleidungsstücke, Rasierpinsel, Schürzen sowie Schlafmasken, Morgenmäntel und Sandalen schützen lassen. Immer dann, wenn sie den Schriftzug "Kölner Dom" tragen. Seit 1996 UNESCO-Welterbe In seiner Entscheidung ging der Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs sogar auf Mitren ein, also auf die in der katholischen Kirche Bischöfen und Äbten vorbehaltenen Kopfbedeckungen. Selbst Mitren seien als Erinnerungsstücke in Souvenirshops erhältlich und verwiesen damit auch nicht auf den Hersteller Erzbistum oder Domkapitel - und seien daher auch nicht markenrechtlich zu schützen, erläuterte der Bundesgerichtshof. Der Kölner Dom ist Wahrzeichen der Stadt und eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Deutschlands. Seit 1996 zählt die gotische Kathedrale zum UNESCO-Welterbe. In diesem Zusammenhang auch interessant: 2018 hatte der Europäische Gerichtshof den Begriff "Neuschwanstein" markenrechtlich auf europäischer Ebene anerkannt. Aktenzeichen: I ZB 28/23 Mit Informationen von Anna Hübner, ARD-Rechtsredaktion | /inland/bgh-urteil-koelner-dom-marke-100.html |
2024-01-12 | Extremes Winterwetter zieht über die USA | Schneestürme und Kälte | Teile der USA sind von einem heftigen Kälteeinbruch betroffen. Insbesondere im Mittleren Westen des Landes lösten Schnee und Eis Verkehrsprobleme aus. Mehr als 1600 Flüge wurden annulliert. | Teile der USA sind von einem heftigen Kälteeinbruch betroffen. Insbesondere im Mittleren Westen des Landes lösten Schnee und Eis Verkehrsprobleme aus. Mehr als 1600 Flüge wurden annulliert. Der Nationale Wetterdienst der USA warnt vor extremer Kälte in Teilen des Landes. Ein Wintersturm wütete über dem Mittleren Westen - für weite Teile des Bundesstaates Iowa sowie Minnesota wurde eine Schneesturmwarnung ausgegeben. Praktisch alle wichtigen Straßen waren teilweise oder vollständig von Schnee bedeckt. In Kansas City, Missouri, verursachte gefrierender Regen zahlreiche Unfälle. In South Dakota wurden minus 24 Grad Celsius gemessen. Meteorologen warnen, dass am Wochenende die Temperaturen auf minus 29 Grad Celsius sinken könnten. Laut dem Nationalen Wetterdienst könnte die aktuelle Großwetterlage "lebensbedrohliche Windkälte" bis hin zu Tornados im Süden des Landes auslösen. Flüge verspätet oder abgesagt Auch der Flugverkehr war betroffen: Laut der Website FlightAware wurden 1643 Flüge annulliert, 1238 Fluge waren verspätet. Die Fluggesellschaft Delta erklärte, sie erwarte, dass die Betriebsstörungen wegen des Winterwetters im Mittleren Westen möglicherweise bis Samstag andauerten. Southwest Airlines empfahl Reisenden, sich auf Beeinträchtigungen von Flügen von und nach Chicago, Detroit and Omaha einzustellen. Die Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration hatte bereits am Donnerstag vor Beeinträchtigungen durch Sturm, Schnee und Bewölkung gewarnt. Erst gestern hatte ein heftiger Sturm mit sintflutartigen Regenfällen im Nordosten der Vereinigten Staaten Hunderttausende Menschen zeitweise von der Stromversorgung abgeschnitten. Im Bundesstaat Maine erreichten Windböen Geschwindigkeiten von mehr als 150 Kilometern pro Stunde. | /ausland/amerika/schneesturm-usa-120.html |
2024-01-12 | "Auswirkungen für Konsumenten eher gering" | Störungen im Welthandel | Weiterhin fahren Frachtschiffe große Umwege, um das Rote Meer zu meiden - was für Konzerne wie Tesla oder Ikea Konsequenzen hat. Die Folgen für Verbraucher seien insgesamt aber überschaubar, so der Handelsexperte Jörg Funder im Interview. | Weiterhin fahren Frachtschiffe große Umwege, um das Rote Meer zu meiden - was für Konzerne wie Tesla oder Ikea Konsequenzen hat. Die Folgen für Verbraucher seien insgesamt aber überschaubar, so der Handelsexperte Jörg Funder im Interview. tagesschau24: Können die Angriffe der westlichen Allianz auf die Huthi-Rebellen etwas bewirken? Jörg Funder: Mittelfristig kann der Angriff etwas ändern. Denn aktuell müssen die großen Reedereien Hapag-Lloyd und Maersk das Rote Meer umfahren. Wenn der Kanal beziehungsweise die Zuführungsrate durch das Rote Meer zum Suezkanal wieder sicherer ist, kann das auch die großen Reedereien dazu bewegen, wieder den Seeweg durch das Rote Meer zu nehmen. Dadurch könnte der Handel zwischen Asien und Europa wieder schneller und günstiger werden. tagesschau24: Nach Angaben des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) ist der Containerverkehr im Roten Meer um 70 Prozent eingebrochen. Welche Konsequenzen hat das? Funder: Tatsächlich ist das Seefrachtvolumen in dieser Region eingebrochen. Es gibt aber alternative Routen wie den Landweg über Westchina und auch die Möglichkeit, den Luftverkehr zu nutzen. Daher werden die Auswirkungen auf die Unternehmen und Konsumenten generell eher gering bleiben. Bislang haben nur wenige Einzelunternehmen wie Tesla, Ikea und Aldi mitgeteilt, erste Auswirkungen aufgrund der Angriffe im Roten Meer zu spüren. tagesschau24: Bei Ikea müssen die Kunden derzeit länger auf ihre Möbel warten. Tesla kündigte wegen fehlender Teile einen Produktionsstopp ab Ende Januar im Werk in Grünheide an. Dabei ist das Rote Meer nicht die einzige Region, die derzeit blockiert ist. Auch auf deutschen Straßen wird gestreikt. Wie reagieren die Unternehmen darauf? Funder: Handelsunternehmen und Konsumgüterunternehmen haben schon während der Corona-Pandemie gelernt, wie wichtig es ist, Lieferketten resilienter und unabhängiger von Störungen zu machen: mehr aus europäischen Liefergebieten und nicht mehr ausschließlich aus Asien zu besorgen. Ich rechne damit, dass Disruptionen und Störungen in den Lieferketten auch in Zukunft dazugehören werden. Deshalb ist es so wichtig, die Lager hier in Europa verstärkt aufzufüllen und alternative Beschaffungswege zu suchen. tagesschau24: Sind die Lieferketten denn aktuell überhaupt robust genug, um weitere Krisen auszuhalten? Welche Rolle spielt da auch das Kap der guten Hoffnung? Funder: Das Problem an der Route über das Kap der Guten Hoffnung ist, dass die Route länger ist. Für diesen Seeweg braucht ein Schiff sieben bis 20 Tage länger. Dadurch entstehen höhere Kosten für den Transport. Auch deshalb will die westliche Allianz das Rote Meer wieder sicherer und befahrbar machen. Das Eingreifen der westlichen Allianz hat aber auch damit zu tun, dass ab dem 10. Februar das chinesische Neujahrsfest stattfindet. Da haben asiatische Unternehmen bis zu vier Wochen geschlossen. Deshalb wollen die Unternehmen aus den USA und Europa jetzt vor diesem Fest ihre Lager auffüllen. Der Angriff auf die Huthi könnte also auch dazu dienen, den schnellen Transport der Waren vor dem Stillstand in Teilen Asiens zu sichern. tagesschau24: Sind wir denn nach wie vor auf diese globalen Lieferketten in dem Umfang angewiesen, wie wir ihn jetzt kennen? Funder: Die globalen Lieferketten, die über Jahrzehnte aufgebaut haben, wurden, können nicht über Nacht geändert werden. Trotzdem hat der Umbau bereits begonnen. Viele Unternehmen suchen nach alternativen Produzenten aus Osteuropa und aus Südeuropa und bauen neue Lieferketten auf. Es entstehen neue Liefernetzwerke und Verbindungen mit Zweitlieferanten. Vieles, was man zuvor nach beispielsweise Asien verlagert hat, soll stückweise zurückgeholt werden. Das wird aber noch die nächsten fünf bis zehn Jahre in Angriff nehmen. Der Trend ist aber eindeutig: Man macht sich zunehmend unabhängig von Asien. Dabei geht es aber auch die Frage, ob man diese Kompetenzen und Kapazitäten, was Konsum, Konsumentenelektronik, Speicherchips, aber auch ganz einfache Dinge wie Schuhproduktion angeht, so schnell wieder in Europa oder in der Nähe von Europa aufbauen kann. Das Gespräch führten Samir Ibrahim und Anne-Catherine Beck, ARD-Finanzredaktion. Das Interview wurde für die schriftliche Fassung gekürzt und redaktionell bearbeitet. | /wirtschaft/weltwirtschaft/interview-huthi-rotes-meer-funder-100.html |
2024-01-12 | Mützenich will AfD zu Geheimtreffen befragen | Debatte im Bundestag gefordert | Wer genau nahm am rechtsextremen Geheimtreffen teil? SPD-Fraktionschef Mützenich will das im Bundestag besprechen - und bringt erneut ein AfD-Verbotsverfahren ins Spiel. Zu früh, meint der neue Chef der Innenministerkonferenz. | Wer genau war beteiligt am rechtsextremen Treffen in Potsdam? SPD-Fraktionschef Mützenich will das im Bundestag besprechen - und bringt erneut ein AfD-Verbotsverfahren ins Spiel. Zu früh, meint der neue Chef der Innenministerkonferenz. Die SPD-Fraktion will das Geheimtreffen Rechtextremer mit AfD-Funktionären im Parlament thematisieren. Man wolle von der AfD wissen, "ob möglicherweise auch aktive Politiker diesen Kreis (...) mitinitiiert haben, vielleicht sogar auch beteiligt gewesen sind", sagte Fraktionschef Rolf Mützenich. "Ich denke, dass wir versuchen müssen, in der nächsten Sitzungswoche die AfD zu dieser Frage auch zu stellen." Ein solcher Schritt sei "ganz wichtig", so Mützenich. "Wir brauchen eine politische Auseinandersetzung." Er wolle den anderen Ampel-Fraktionen nun einen Vorschlag machen, wie genau diese Frage im Parlament thematisiert werden kann. Die nächste Plenarsitzung ist für den 17. Januar angesetzt. Im November hatten AfD-Funktionäre in Potsdam an einem Treffen mit dem Taktgeber der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, teilgenommen. Dieser stellte nach Recherchen der "Correctiv"-Redaktion Ideen dazu vor, wie erreicht werden könne, dass Menschen zum Verlassen des Landes gedrängt werden könnten. Verharmlosend werden Vertreibungen dabei als "Remigration" bezeichnet. Auch CDU-Mitglied Ulrich Vosgerau war nach eigenen Angaben dabei. Mützenich zeigte sich "erschrocken" darüber. "Demokratische Parteien müssen sich von diesem braunen Sumpf fernhalten", mahnte er. CDU will Teilnehmer ausschließen Der nordrhein-westfälische CDU-Kreisverband Oberberg hat wegen dessen angeblicher Teilnahme an dem Treffen ein Parteiausschlussverfahren gegen ein Mitglied eingeleitet. Das bestätigte der Vorsitzende, Carsten Brodesser. Den Namen dürfe er aus parteirechtlichen Gründen nicht nennen, sagte der Bundestagsabgeordnete. Das CDU-Mitglied habe bis zur nächsten Vorstandssitzung der Landespartei am 26. Januar Zeit, sich zu äußern. "Die in den Berichten geschilderten Vorgänge sind abstoßend und widerlich", sagte der Generalsekretär der NRW-CDU, Paul Ziemiak, der dpa. "Für die CDU Nordrhein-Westfalen ist klar: Wer das teilt oder unterstützt, verstößt erheblich gegen die Grundsätze unserer Partei." Solches Gedankengut werde in der CDU nicht toleriert. "Die erforderlichen Schritte für ein Parteiausschlussverfahren wurden durch den örtlich zuständigen Kreisverband eingeleitet", bestätigte Ziemiak. Linnemann: "Wir werden hart und konsequent darauf reagieren" CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kündigte an, man werde "hart und konsequent reagieren". Der CDU-Bundesvorstand wird sich demnach bei der Klausurtagung in Heidelberg mit den Vorgängen befassen. "Die Vorfälle sind menschenverachtend, erschreckend, sie sind geschichtsvergessen." Man prüfe, ob Mitglieder der Werteunion in Potsdam dabei waren, die auch CDU-Mitglieder seien. Die Werteunion stellt sich selbst als konservativ dar, ist aber keine Organisation der Unionsparteien. Laut "Spiegel" soll zudem im Juli der frühere Berliner CDU-Finanzsenator Peter Kurth ein Treffen mit Rechtsextremen in seiner Berliner Privatwohnung ausgerichtet haben. Daran nahmen demnach unter anderem der spätere AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, der rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek sowie der österreichische Rechtsextremist Sellner teil. Kurth ist inzwischen Präsident des Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft. Nach Angaben eines Sprechers des CDU-Landesverbands Berlin trat Kurth inzwischen aus seinem Kreisverband Pankow aus und ist nicht mehr Mitglied der Berliner CDU. Unklar blieb, ob er danach als Mitglied in die CDU Brandenburg aufgenommen wurde. Dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" sagte Kurth, er sei weiterhin Parteimitglied. Stübgen: Für Verbotsantrag nötige Daten noch nicht da SPD-Fraktionschef Mützenich brachte auch ein etwaiges Verbotsverfahren der AfD wieder ins Spiel. Gerade in den Bundesländern müsse die Möglichkeit eines Parteienverbots geprüft werden. "Wenn dort die Behörden von klaren verfassungsfeindlichen Tendenzen ausgehen, muss das natürlich auch Konsequenzen haben." Einen Verbotsantrag können Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat stellen. Darüber entscheiden würde das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Der neue Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Michael Stübgen (CDU), zeigt sich zur Diskussion über ein Verbot der AfD verhalten. "Die schnellen Forderungen für ein Verbotsverfahren sehen wir als Innenminister deshalb kritisch, weil wir sehr genau wissen, dass unsere Verfassung, unser Grundrecht, enorm hohe Hürden aufgebaut hat", sagte Stübgen in Potsdam. Er verwies darauf, dass die AfD im Bundestag, in Landtagen und Kommunalparlamenten vertreten sei. "Ich kann Ihnen nur aus Sicht meines Verfassungsschutzes, meines Innenministeriums sagen, dass für ein Verbot der AfD als Landespartei die notwendigen Daten, die wir brauchen, im Moment noch nicht da sind", sagte Stübgen. SPD-Chefin Saskia Esken hält einen Verbotsantrag für die Partei für eine Option. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) lehnt ein Verbotsverfahren dagegen ab. "Werden nicht nachlassen" Die AfD wird in drei ostdeutschen Ländern (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein, die Jugendorganisation Junge Alternative als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung. Bundesweit gilt die Partei ebenfalls als Verdachtsfall. Die Partei wehrt sich juristisch gegen die Einstufung. "Rechtsextremisten im Vorfeld der AfD träumen seit geraumer Zeit und auch ganz offen von der großen Remigration", sagte CDU-Politiker Stübgen. "Was diese politischen Kräfte Remigration nennen, bedeutet in Wahrheit Deportation. Erst die Deportation von denjenigen, die woanders herkommen, dann die Deportation von denen, die anders aussehen und zum Schluss die Deportation von denen, die anders denken, leben und fühlen." "Wir warnen vor diesen Umtrieben seit Jahren. Sie können das in jedem Verfassungsschutzbericht der letzten Jahre ablesen", sagte Stübgen. Er verwies auf den Brandenburger Verfassungsschutzbericht des vergangenen Jahres, in dem detailliert über die Identitäre Bewegung berichtet worden sei. "Wir werden in dieser Frage auch nicht nachlassen, unseren Staat zu schützen vor solchen Einflüssen." | /inland/innenpolitik/reaktionen-rechtsextrementreffen-spd-cdu-imk-100.html |
2024-01-12 | Hochwasser geht langsam zurück | Bundeswehr beendet Einsatz | Seit etwa drei Wochen sind Einsatzkräfte in Teilen Deutschlands im Hochwasser-Einsatz. Die Lage entspannt sich zwar, aber nur langsam. Der Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt hebt den Katastrophenfall auf. | Seit etwa drei Wochen sind Einsatzkräfte in Teilen Deutschlands im Hochwasser-Einsatz. Die Lage entspannt sich zwar, aber nur langsam. Der Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt hebt den Katastrophenfall auf. In den Hochwassergebieten in Teilen Deutschlands fließen die Wassermassen nur langsam ab. In Niedersachsen sollen die Pegelstände voraussichtlich in der nächsten Woche unter die Meldestufen fallen. Das geht aus Berechnungen des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz hervor. Momentan seien einige Wasserstände weiter über der höchsten Meldestufe, Betroffen seien die Unterläufe von Aller und Leine. Die Stadt Oldenburg kündigte an, ein bereits am 26. Dezember verhängtes örtliches Verbot zum Betreten der Schutzdeiche zum Samstag auslaufen zu lassen. Die sinkenden Pegelstände und die Wetterprognosen ließen dies zu, erklärte die Stadt. Trotz weiterer Entspannung in den Überschwemmungsgebieten, blieben Straßen in Niedersachsen gesperrt. 2,5 Millionen Sandsäcke verbaut Im Süden Sachsen-Anhalts wollte der Landkreis Mansfeld-Südharz den kurz vor Jahresende ausgerufenen Katastrophenfall am Freitagabend aufheben. Die Lage an der Talsperre Kelbra und entlang des Fluss Helme entspannt sich nach Angaben des Landratsamts. Nach Aussage von Landrat André Schröder (CDU) geht mit dem Ende des Katastrophenfalls die Koordinierung wieder auf die einzelnen Gemeinden über. Dazu zähle vor allem die Überwachung der Deiche in den kommenden Tagen und Wochen. Für die Bevölkerung bestehe keine akute Gefahr mehr. Die verbauten Sandsäcke würden aber vorerst an Ort und Stelle bleiben. Mit Aufhebung des Katastrophenfalls wird die Bundeswehr von ihren Aufgaben entbunden, sagte eine Sprecherin der Bundeswehr. Damit endet der Einsatz von rund 200 Soldaten zwei Tage früher als ursprünglich vorgesehen. Laut dem Landkreis haben allein die Soldaten insgesamt eine halbe Million Sandsäcke verbaut. Zudem waren und mehr als 800 Kräfte des Technischen Hilfswerks im Einsatz. Ersten Schätzungen seien in den vergangenen zwei Wochen insgesamt 2,5 Millionen Sandsäcke befüllt und zum größten Teil verbaut worden, hieß es. BUND fordert Überschwemmungsräume Auch auf Thüringer Seite atmen die Einsatzkräfte vorsichtig auf. Die Pegelstände in den bedrohten Gebieten rund um die Helme sinken ständig, wie das Landratsamt im Kyffhäuserkreis mitteilte. Es gebe zwar keine Entwarnung, aber eine "spürbare Entspannung". Ergiebiger Dauerregen hatte rund um den Jahreswechsel viele Flüsse über die Ufer treten lassen. Teile Deutschlands haben seit rund drei Wochen mit Hochwasser zu kämpfen. Als Konsequenz daraus rief der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) dazu auf, natürliche Überschwemmungsräume zurückzugewinnen. Notwendig sei ein Umdenken, um für künftig zu erwartende Extremsituationen gerüstet zu sein, sagte die niedersächsische BUND-Landesvorsitzende Susanne Gerstner. "Wir müssen unseren Flüssen wieder mehr Raum geben". Gerade in der Klima- und Artenkrise seien naturnahe Flussläufe und ihre Auen von zentraler Bedeutung: "Sie puffern die Folgen von Hochwasser und Dürren auf natürliche Weise ab." | /inland/gesellschaft/hochwasser-ueberschwemmungen-niedersachsen-sachsen-anhalt-100.html |
2024-01-12 | Wie es zu den Angriffen auf die Huthi kam | Militärschlag der USA und Verbündeter | Immer wieder hatten die USA und Verbündete die Huthi im Jemen davor gewarnt, weiter Handelsschiffe im Roten Meer zu attackieren. Doch die Angriffe ließen nicht nach. Nun erfolgte der Gegenschlag. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu. | Immer wieder hatten die USA und Verbündete die Huthi im Jemen davor gewarnt, weiter Handelsschiffe im Roten Meer zu attackieren. Doch die Angriffe ließen nicht nach. Nun erfolgte der Gegenschlag. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu. Wer sind die Huthi? Die Huthi sind eine militante Bewegung im Jemen, der im Süden der Arabischen Halbinsel liegt. Sie haben in vergangenen Jahrzehnten mehrfach Aufstände gegen die sunnitische Führung in der Hauptstadt Sanaa angezettelt. 2014 marschierten die Rebellen von ihrer Hochburg im Norden Jemens nach Süden und nahmen Sanaa ein. Sie zwangen den Präsidenten des Landes, Abed Rabbo Mansur Hadi, und die international anerkannte Regierung zur Flucht in den Süden und später nach Saudi-Arabien. Es begann ein zermürbender Krieg, in den sich eine von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition mit dem Ziel einschaltete, die ins Exil geflohene Führung wieder im Jemen einzusetzen. Mehr als 150.000 Menschen wurden nach UN-Schätzungen in dem Krieg getötet, der im Jemen eine der schlimmsten humanitären Katastrophen der Welt ausgelöst hat. Vor mehr als einem Jahr endete eine Waffenruhe, die aber noch immer weitgehend eingehalten wird. Einer Analyse von 2019 zufolge kommen die Huthi auf etwa 180.000 bis 200.000 bewaffnete Kämpfer. Sie verfügen über ein umfassendes Waffenarsenal und werden vor allem vom Iran und der Hisbollah im Libanon unterstützt. Was wollen die Huthi? Allem voran wollen die Huthi den gesamten Jemen regieren und dafür Anerkennung finden. Im Gaza-Krieg solidarisieren sich die Huthi - genau wie ihr Unterstützer Iran - mit der Terrororganisation Hamas und den Palästinensern. Sie haben jedes Schiff, das israelische Häfen ansteuert oder von dort kommt ohne Hilfsgüter für die Palästinenser in Gaza, zum möglichen Ziel erklärt. Angegriffen wurden vor allem Schiffe verschiedener Großreedereien. Zudem haben die Huthi mehrfach versucht, Israel direkt mit Drohnen und Raketen anzugreifen. Was sind die Folgen der Angriffe für die Schifffahrt? Bis Donnerstag hätten die Rebellen 27 unterschiedliche Attacken auf Schiffe verübt, die das südliche Rote Meer passiert hätten, sagte Pentagonsprecher Pat Ryder. Der Huthi-Sprecher Jihia Saree erklärte, seine Gruppe wolle israelische Schiffe daran hindern, das Gewässer und den Golf von Aden zu befahren, "bis die israelische Aggression gegen unsere standhaften Brüder im Gazastreifen aufhört". Nur wenige der attackierten Schiffe hatten allerdings direkte Verbindungen zu Israel. Bei den Aktionen der Huthi wurden mehrere Handelsschiffe beschädigt, internationale Reedereien sahen sich in der Folge gezwungen, ihre Frachter umzuleiten und sie den deutlich längeren Weg um das Kap der Guten Hoffnung fahren zu lassen. Wie reagiert die internationale Gemeinschaft? Über Wochen hinweg hatten die USA und weitere Länder die Huthi gewarnt. Sollte die Miliz ihre Drohnen und Raketenattacken auf Handelsschiffe im Roten Meer nicht einstellen, müssten sie mit gravierenden Folgen rechnen, hieß es aus Washington. Weil die Angriffe nicht aufhörten, verkündete Pentagonchef Lloyd Austin die Gründung einer Schutztruppe für Handelsschiffe im Roten Meer, der neben den USA mehr als 20 andere Länder angehören. Wenn Kriegsschiffe dieses Bündnisses nicht die Schiffe eskortiert und Geschosse abgefangen hätten, wären sicherlich Schiffe getroffen und vielleicht sogar versenkt worden, darunter ein mit Kerosin beladener Frachter, sagte ein ranghoher US-Regierungsvertreter. Es habe Fälle gegeben, bei denen es "extrem knapp" gewesen sei. Die Außenminister der EU-Staaten sollen bei einem Treffen am 22. Januar über eine mögliche Beteiligung der EU an der US-Initiative beraten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat der Auswärtige Dienst der EU erste Vorschläge für den Start eines neuen gemeinsamen europäischen Militäreinsatzes erarbeitet. Sie sehen unter anderem die Entsendung von Kriegsschiffen und luftgestützten Frühwarnsystemen in das Konfliktgebiet vor. Letztere könnten zum Beispiel Aufklärungsflugzeuge sein. Was ist in der vergangenen Nacht passiert? In der Nacht auf Freitag bombardierten die USA und Großbritannien mithilfe von Verbündeten nun Stellungen der Huthi im Jemen. In einer gemeinsamen Erklärung begründeten sie die Angriffe mit dem Recht auf Selbstverteidigung. "Mit diesen Präzisionsangriffen sollten die Möglichkeiten der Huthi, den Welthandel und das Leben internationaler Seeleute auf einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu bedrohen, gestört und geschwächt werden", hieß es darin. Nach Angaben der Huthi wurden fünf ihrer Mitglieder bei den Angriffen getötet. Sechs weitere seien verletzt worden, teilte die Miliz mit. Die Angriffe trafen demnach die Hauptstadt Sanaa sowie die Provinzen Hudaida, Tais, Hajjah und Saada. Der Militärschlag werde nicht "unbeantwortet und ungestraft bleiben", drohten die Rebellen. Welche Interessen verfolgen die USA? Derzeit gibt es von den USA keine Aussagen darüber, warum der Militärschlag gegen die Huthi erst jetzt durchgeführt wurde. Beobachter führen den Zeitpunkt vor allem auf Sorgen in der US-Regierung vor einer Aushebelung der wackeligen Feuerpause im Jemen zurück. Das Weiße Haus treibt zudem die Befürchtung um, dass sich der Konflikt im Nahen Osten ausweiten könnte. Obwohl die USA zuletzt mit Luftangriffen auf zahlreiche Attacken von mit dem Iran verbündeten Milizen im Irak und in Syrien reagiert hatten, schienen sie im Umgang mit den Huthi bis zuletzt einem anderen Kalkül zu folgen. So verlautete aus dem Pentagon zwar bisher, dass US-Marineschiffe in ihre Richtung abgefeuerte Drohnen der Rebellen abgeschossen hätten, weil sie als Bedrohung eingestuft worden seien. Zugleich hatten Vertreter des Verteidigungsministeriums später betont, man sei zur Einschätzung gelangt, dass die US-Kriegsschiffe nicht das Ziel gewesen seien. Mit Blick auf die Angriffe proiranischer Gruppen im Irak und in Syrien erklärte Pentagonsprecher Ryder, dass die militärischen Gegenschläge der USA nicht zu einer Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten geführt hätten. Ob es nach den amerikanischen und britischen Angriffen auf Waffendepots und andere Einrichtungen der Huthi zu einer Eskalation in der Region kommt, muss sich nun zeigen. Wie positioniert sich Deutschland? Die Bundesregierung steht nach Angaben von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hinter dem Militärschlag. "Die Reaktion hat unsere politische Unterstützung", sagte die Grünen-Politikerin bei einer Auslandsreise. Die USA und weitere Partner seien gezielt begrenzt militärisch gegen die für die Angriffe auf die Schifffahrt im Roten Meer genutzte Infrastruktur der Huthi vorgegangen - "im Einklang mit dem individuellen und dem kollektiven Recht auf Selbstverteidigung der Charta der Vereinten Nationen", ergänzte die Bundesaußenministerin. Hören die Huthi-Angriffe auf Handelsschiffe nun auf? Trotz der amerikanisch-britischen Angriffe auf ihre Stellungen kündigten die Huthi an, zur Unterstützung der Terrormiliz Hamas im Gaza-Krieg weiterhin die Durchfahrt von Schiffen im Roten Meer und im Arabischen Meer zu blockieren. Die Miliz erklärte nun auch "amerikanisch-britische Interessen" zu Zielen. Das berichtete die von den Huthi geführte Nachrichtenagentur Saba unter Berufung auf eine Erklärung des obersten politischen Rates der Huthi. "Die Amerikaner und Briten sollten nicht glauben, dass sie der Strafe unserer tapferen Streitkräfte entgehen können", hieß es. Nach Einschätzung von Jens Heibach vom Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg schwächten die jüngsten Angriffe die Position der Huthi nicht. "Ich sehe nicht, wie man den Huthi mit militärischen Mitteln Einhalt gebieten kann", sagte er im Interview mit tagesschau24. Seiner Meinung nach ließen sich die Attacken im Roten Meer am effektivsten stoppen, wenn die Forderung der Huthi erfüllt würde - eine Waffenruhe im Gaza-Krieg. Quellen: AP, dpa | /ausland/asien/jemen-huthi-angriffe-faq-100.html |
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