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K’Sante wuchs mit der Vergangenheit seines Heimatlandes auf. Beim Abendessen erzählte sein Vater Geschichten von ihren Vorfahren, die ihren Mut und ihre Stärke nutzten, um sich der Tyrannei der Aufgestiegenen zu widersetzen. Seine Mutter berichtete von furchteinflößenden Kreaturen, die von den nazumanischen Gründern auf ihrem Weg nach Süden durch Shurima getötet wurden, bis sie schließlich ein Gebiet reich an den seltensten Wüstenschätzen entdeckten – tobende Wasserfälle, bewaldete Klippen und eine vielfältige Fauna. Weit von den stolzen Aufgestiegenen entfernt war dies der Ort, an dem die freie Republik Nazumah ihre Wurzeln schlug. K’Sante saugte jedes Wort auf und schwor, Nazumahs größter Kriegerjäger zu werden – einer, der den Helden aus den alten Geschichten gerecht werden und sein Volk für viele Generationen anführen konnte. Zwei Jahrzehnte lang trainierte K’Sante unter der Anleitung verschiedener Kampfkunstlehrer. Jedoch waren es seine Eltern, die ihn lehrten, Nazumahs Gegnern mit Respekt gegenüberzutreten – skrupellosen Räubern und imperialistischen Kriegsherren, die die Ressourcen des Stadtstaates begehrten. Um eine freie Republik beibehalten zu können, war mehr als rohe Gewalt nötig, erinnerten sie ihn. Während seines Trainings lernte K’Sante gemeinsam mit nazumanischen Gelehrten unter anderem, wie die aus machtvollen Runen gewonnenen Materialien benutzt wurden, um fortgeschrittene Waffen zu erschaffen und eine Infrastruktur aufzubauen. Dadurch konnte ihre Heimat fünf Jahrhunderte lang gedeihen. Zu Beginn seiner Jagdzeit schloss K’Sante viele Freundschaften, aber sein engster Freund war ein junger Mann aus Ossamal namens Tope. Während K’Sante im Nahkampf unschlagbar war, spezialisierte sich Tope auf den Fernkampf. Die Chemie zwischen den beiden stimmte und war unvergleichlich. Sie besiegten Gruppen von Felsenbären, Shakkal bei ihren Raubüberfällen und sogar wildgewordene Xer’Sai. Und während ihre Teamarbeit sich immer mehr verbesserte, wurde auch ihre Bindung stärker. Eines Nachts gestand K’Sante Tope unter dem Sternenhimmel seine Liebe und gab zu, dass er mehr empfand als reine Kameradschaft. Als er herausfand, dass Tope genauso fühlte, umarmten sich die beiden liebevoll und küssten sich zum ersten Mal. Gemeinsam dort unter den Sternen schien alles perfekt. Doch das war es nicht. Zwei Aufgestiegene, der Imperator Azir und der Magus Xerath, verwüsteten den Kontinent in einem Krieg um die Herrschaft über Shurima, wobei beide monströse Abscheulichkeiten in ihre Streitkräfte aufnahmen. Nazumanische Kundschafter sichteten schon bald eine solche Kreatur – einen kolossalen Jäger, der wie ein Löwe und eine Kobra aussah, entlaufen war und nun die ganze Gegend der Savanne terrorisierte. Als die Anführer des Stadtstaates fragten, wer die Kreatur bezwingen könnte, schworen K’Sante und Tope, dass sie mächtig genug waren. Bei ihrem ersten Versuch wehrte die Kreatur jeden einzelnen Angriff mit einer Wucht ab, wie sie keiner von beiden zuvor gesehen hatte. Sie erkannten, dass der Panzer, welcher die Kreatur von Kopf bis Schwanz bedeckte, sich bei nicht tödlichen Schlägen regenerierte. Den Männern gelang es nicht, die Kreatur zu verwunden, und sie sahen sich gezwungen, mit leeren Händen aus der Höhle des Kobra-Löwens zu fliehen. Also versuchten sie es immer und immer wieder. K’Santes Frustration war groß. Um der größte Held Nazumahs zu werden, musste er diese Kreatur erlegen. Das war alles, was zählte. Er trainierte von früh bis spät und war sich sicher, dass Tope ihn verstehen würde. In der Zwischenzeit analysierte Tope die Kreatur. Er schlug K’Sante Strategien vor und beobachtete seinen Partner dabei, wie er geistesabwesend nickte, während er Attrappen zum Üben angriff. Insgeheim kamen bei Tope Zweifel auf, ob die beiden stark genug waren. Ihr größter Erfolg war eine Begegnung, bei der es ihnen gelang, ein Stück der Rüstung des Kobra-Löwens zu ergattern. Für Tope war dies ein Fortschritt und er dachte, dass sie noch mehr erreichen könnten, wenn sie um weitere Unterstützung baten. Doch K’Sante kochte vor Wut. Er fing an, den Kobra-Löwen als seinen alleinigen Gegner zu sehen, und solang es ihm nicht gelang, die Kreatur zu töten, hatte er versagt. Die Helden, zu denen er als Kind aufschaute, scheiterten nie im Kampf. Deswegen durfte K’Sante ebenfalls nicht versagen, vor allem wollte er keine weitere Unterstützung akzeptieren, da dies zu seinem Kampf geworden war, um sich zu beweisen. Er hatte Topes Vorschläge, die nicht funktionierten, beherzigt und nun glaubte Tope, dass sie nicht stark genug waren? K’Sante würde das nicht akzeptieren. Er fing an, sich zu fragen, ob Tope ihn zurückhielt, und tat Topes Strategien schon bald als nutzlos ab. Verletzt beteuerte Tope, dass taktloses Training genauso sinnlos sei – von K’Santes einst bewundernswerter Entschlossenheit war jede Spur verschwunden. Stattdessen wurde er von seiner neuen eigennützigen, unbeirrbaren Denkweise getrieben. Während der Schmerz immer größer wurde und ihre Wut wuchs, führten neue Begegnungen mit dem Kobra-Löwen zu weiteren Streitigkeiten und sie redeten immer weniger miteinander, bis sie sich schließlich vollständig ignorierten. Letztendlich schienen sie sich nur darüber einig werden zu können, von nun an getrennte Wege zu gehen. Im Laufe des nächsten Jahres trainierte K’Sante immer weiter, stur und einsam. Sein Fortschritt war zwar deutlich, aber kein Sieg. Eines Tages fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, dass man allein mit Stärke diese Kreatur nicht bezwingen konnte. Er benötigte Hilfe. K’Sante nahm allen Mut zusammen und begab sich zu Topes Haus, nur um dort herauszufinden, dass sein ehemaliger Partner nach Ossamal zurückgekehrt war. Stattdessen wurde er von Topes Tante begrüßt. Als K’Sante nach draußen schritt, drückte sie ihm Topes Tagebuch in die Hand und erklärte, dass ihr Neffe es dagelassen hatte, um K’Sante bei seinem Kampf gegen seinen stärksten Gegner zu unterstützen. K’Sante studierte Topes Tagebuch gründlich. Allmählich erkannte er bei ihren Fehlern ein Muster und als er bei den Notizen zum Kobra-Löwen ankam, hielt er inne. Tope behauptete, dass die Kreatur ein Baccai sei – ein missratener Aufgestiegener. Er kam zu der Theorie, dass Xerath, der für seinen abscheulichen Missbrauch von Magie bekannt war, die shurimanische Fauna dazu gezwungen hatte, durch das Aufstiegsritual zu verschmelzen. Angeekelt las K’Sante das Tagebuch von Anfang bis Ende durch und entdeckte Topes Theorien darüber, wie man den Baccai erlegen könnte – so viele Ideen, die K’Sante selbst nie bedacht hatte. Und bis zum Abend hatte er einen Plan geschmiedet, Topes Methoden an schwächeren Monstern auszutesten. Während er immer stärker wurde, erinnerte sich K’Sante an die Lehren seiner Eltern und er merkte, dass der Stolz ihn vom rechten Weg abgebracht hatte. Er hatte Topes Ideen nie genug respektiert, um sie wirklich ernsthaft auszuprobieren. In Wahrheit hatte K’Sante seinen Gegner mehr respektiert als seinen eigenen Partner. Mit der Zeit akzeptierte er seine Fehler und war dankbar für ihre gemeinsamen Erlebnisse, aber auch dafür, dass er seinen eigenen Weg mit einer neuen Perspektive gehen konnte. Unter scharlachrotem Himmel näherte sich K’Sante erneut dem Kobra-Löwen. Er rechnete mit jeder Bewegung, wich aus, wenn die Kreatur zuschlug, und griff selbst an, wenn sie einen Fehler machte. Aus dem Sonnenaufgang wurde Sonnenuntergang. Seine Waffen waren zerbrochen und sein Körper voller Blut, doch sein Geist war ungebrochen. Als die Kreatur schließlich müde wurde, sah K’Sante darin seine Chance und trieb seinen Gegner – inspiriert von Topes Theorien – an einem nazumanischen Wasserfall in die Enge, wo das natürliche Gewässer die Rüstung des Kobra-Löwen schwächte, wodurch K’Sante den finalen Treffer landen konnte. Erschöpft stand K’Sante erhobenen Hauptes da – nicht stolz über das, was er geschafft hatte, sondern über die Reise, die er hinter sich hatte. K’Sante wurde bei seiner Rückkehr von ganz Nazumah gefeiert. Gemäß der Tradition spendete er den Körper der Kreatur zur Untersuchung an Gelehrte und behielt selbst nur einige Platten ihrer Rüstung, um das Design seiner selbsterfundenen Ntofo-Waffen zu verfeinern. Sie waren nun so konstruiert, dass sie die regenerativen Eigenschaften der Rüstung beibehalten würden. Dadurch konnte K’Sante sie, wenn ihre schwere äußere Schicht zerbrach, immer noch als scharfe Klingen führen, bis sie wieder ihre ursprüngliche Form annahmen. Für den letzten Feinschliff ritzte er in jede Ntofo etwas, das Tope in sein Tagebuch gezeichnet hatte – ein Symbol, das den Kobra-Löwen repräsentierte. Obwohl ihre gemeinsame Zeit zu Ende gegangen war, wusste K’Sante, dass er diesen Erfolg nicht allein erzielt hatte. Heute wird K’Sante als Stolz von Nazumah gefeiert. Aber wenn er jemals der größte Anführer des Stadtstaates werden sollte, hat er gelernt, dass seine Urteilskraft niemals wieder von seinem Ego getrübt werden darf. Die Zukunft seiner Heimat ist – angesichts der drohenden Bedrohung durch die Aufgestiegenen – noch ungewiss. Doch K’Sante weiß, dass er bereit ist, zu kämpfen, falls Azir oder Xerath es wagen sollten, Richtung Süden zu maschieren.
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Für die Rakkor-Stämme des Targons ist die Sonne heilig und niemand verehrt sie inniger als die Solari. Schon von Kindheit an halten sie die Sonne in Ehren und vergießen in ihrem Namen sogar Blut, bis ihr Aspekt zurückkehrt und eine gefährliche Bedrohung ankündigt, der sie sich stellen müssen. Leona war auch ein Kind der Solari. Für sie war der Glaube der Solari so natürlich wie das Atmen und sie fand Trost und Wärme in seiner festen Struktur. Das wurde in ihren raschen Erfolgen deutlich und andere Solari in ihrem Alter beneideten sie um ihre Fähigkeiten, Willenskraft und Hingabe. Es zweifelte niemand daran, dass sie eines Tages eine Ra’Horak werden würde, eine heilige Kriegerin der Solari. Während Leona aufblühte, musste sie mitansehen, wie ihre Lehrmeister an ihrer bisher schwierigsten Schülerin verzweifelten, einem Waisenkind namens Diana. Dianas Neugierde war zuerst eine willkommene Charaktereigenschaft, doch schon bald sahen die Lehrer Dianas Fragen als Kritik an den Traditionen der Solari an. Leona beobachtete, wie Diana unter Strafen und Isolation litt – doch wo andere Anmaßung sahen, erblickte sie eine verlorene Seele auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Leona hatte ihren Lebenssinn in den Lehren der Solari gefunden und war fest entschlossen, diesen mit Diana zu teilen, während sich selbst die verantwortungsbewusstesten Lehrer von ihr abwandten. Die zwei debattierten bis spät in die Nacht und Leona hoffte, Diana davon zu überzeugen, dass der Glaube ihr alles bot, was sie sich je wünschen konnte. Obwohl sie Diana nicht für ihren Glauben gewinnen konnte, fand Leona eine Freundin. Eines Nachts gestand Diana Leona ein Geheimnis. Sie erzählte ihr von einem versteckten Alkoven im Berg, einem uralten Ort, an dem seltsame Symbole und die Darstellungen vergessener Völker in die Wände geritzt waren. Als Diana erwähnte, dass sie den Gipfel des Targons erklimmen wollte, um mehr zu erfahren, hielt Leona sie davon ab. Sie wollte Diana vor dem Zorn der anderen Solari schützen und rang ihr das Versprechen ab, ihre Nachforschungen einzustellen. Diana zögerte, willigte dann jedoch ein. Die Zeit verging und die beiden sprachen nie wieder von Dianas Entdeckungen. Leona glaubte, dass ihre Freundin endlich wieder bei Verstand war. Umso erschütterter war sie, als sie beobachtete, wie sich Diana eines Nachts aus dem Tempel schlich. Leona wollte zuerst die Ältesten darüber in Kenntnis setzen, entschied sich dann jedoch, ihre Freundin zu schützen und sie vom Rande des Abgrundes zurückzuholen. Entschlossen folgte Leona Diana … Bis zum Gipfel des Targons. Der Aufstieg war die schwerste Prüfung, die Leona je bestehen musste, und zwang sie, mit jeder Faser ihres Seins ihre Grenzen zu überschreiten. Ihre Ausbildung, Willenskraft und die Sorge um Diana trieben sie jedoch an. Die leeren Augen erfrorener Körper starrten sie von den Hängen des Berges aus an, während sie hinaufstieg. Doch selbst die tödlichen Schicksale dieser armen Seelen konnten sie nicht von ihrem Ziel abbringen. Nach einer gefühlten Ewigkeit – und zu ihrer eigenen Überraschung – erreichte Leona den Gipfel. Erschöpft blickte sie auf eine unheimliche Landschaft und sah Diana, die von einer silbern glitzernden Lichtsäule umhüllt war. Vor Leonas Augen wand sich der Umriss ihrer Freundin vor Schmerzen und die Luft war erfüllt von ihren Schreien. Voller Schrecken eilte Leona ihr zu Hilfe, als plötzlich ein goldenes Leuchten vom Himmel herabstieß und sie einhüllte. Das Gefühl war unbeschreiblich, doch das Licht verbrannte sie nicht, sondern floss in sie hinein und verlieh ihr unglaubliche Kraft. Sie klammerte sich an ihr Bewusstsein und bekämpfte den Strom, der ihr Wesen komplett ausbrennen wollte. Letztendlich triumphierte ihr unbezwingbarer Wille und als sie die Kontrolle übernahm, begriff sie auch, was geschehen war. Leona hatte sich verwandelt und trug nun den Aspekt der Sonne in sich. Das Schicksal hatte sie auserwählt und es war ihre Pflicht, die Solari in Zukunft zu beschützen. Leona trug nun plötzlich eine goldene Rüstung und erblickte Diana, die in eine leuchtende Silberrüstung gekleidet war – eine Rüstung, die wie ein seltsames Spiegelbild von Leonas Rüstung wirkte. Diana flehte Leona an, sich ihr anzuschließen und die Antworten zu finden, die die Solari nicht geben konnten. Leona wollte aber nach Hause zurückkehren und sich dem Urteil der Priester stellen. Keine der beiden gab nach und letztendlich spürten sie das Gewicht der Waffen in ihrer Hand. Das Duell verlief blitzschnell und war ein glühendes Aufeinanderprallen von Sonne und Mond. Schließlich drückte Diana ihre Sichelklinge gegen Leonas Kehle. Doch anstatt ihr den Todesstoß zu verpassen, floh Diana. Am Boden zerstört stieg Leona den Targon hinab und eilte zu den Ältesten. Als sie dort ankam, fand sie Mord und Totschlag vor. Viele Solari-Priester und ihre Ra’Horak-Wächter waren tot, scheinbar durch Dianas Hand niedergestreckt. Die Überlebenden erfuhren voller Ehrfurcht von den zwei Aspekten in ihrer Mitte und Leona schwor, ihnen auf dieser Reise durch die neue Realität zu helfen. Sie wollte wie die Sonne das Leuchtfeuer sein, das ihr Volk leitete. Sie will Diana um jeden Preis finden, um die Vorherrschaft der Solari zu sichern …und um ihrer alten Freundin zu helfen, die Macht des Aspekts des Mondes zu kontrollieren, bevor sie sie vernichtet.
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Mehr als zwei Jahrtausende herrschte das Reich Shurima über die bekannte Welt – und damit zahllose Völker –, ohne je ernsthaft bedroht oder gar gefährdet zu werden. So zumindest war es bis zu dem Tag, an dem Icathia fiel. Von dem Augenblick an, in dem die Leere in die materielle Welt eindrang, sahen sich die Armeen von Shurima einem Feind gegenüber, der ihr ehrwürdiges Reich nicht nur dem Erdboden gleichmachen konnte, sondern mit jedem Kampf auch noch stärker zu werden schien. Die Verderbnis breitete sich in Windeseile aus den Ruinen von Icathia aus; wie eine Flut schwemmte sie über das Land und wie ein Sturm fegte sie über den Boden des Ozeans, bevor ihre abscheulichen Ranken schließlich die südlichsten Dschungel von Ixtal erreichten. Ne’Zuk vom Heer der Aufgestiegenen war ein Elementarmagier von gewaltiger Macht – und ebenso gewaltigem Hochmut. Er trat vor den Imperator und versprach, eine Waffe zu erschaffen, die es mit der Leere aufnehmen könnte und den Ursprung der Verderbnis vernichten würde. Nach Monaten unmenschlicher Arbeit enthüllte Ne’Zuk den Monolithen - eine schwebende Festung aus lebendigem Gestein, zusammengehalten von den stärksten Elementarmagiern des Reichs und die Mauern bemannt von Götterkriegern der Ixtali. Der Monolith, der in seiner schieren Größe einer Stadt gleichkam, glitt mit titanischer Unaufhaltsamkeit durch die Einöde von Icathia. Blitze zuckten aus seinen magischen Triebwerken hervor und schmolzen den Sand unter der Festung zu Glas. Ne’Zuk erreichte mit seiner Superwaffe das Ziel, um sich der unendlichen und heulenden Finsternis des Leerenreichs und den Horden seiner Ungeheuer zu stellen. Die Schlacht dauerte Wochen. In jener Zeit wurde Gewalt in einer Größenordnung und Heftigkeit verübt, wie sie Runeterra noch nie gesehen hatte. Gegen die Leere wurde Zauberei entfesselt, die ganze Zivilisationen in Trümmer legen oder Kontinente vom Antlitz des Planeten fegen könnte. Doch die Dunkelheit schlug mit gleicher Härte zurück. Ihre scheußlichen Energien rissen tiefe Wunden in das lebende Gestein des Monolithen, dessen Oberfläche dadurch mit mineralartigen Narben überzogen wurde. Die Attacken der Leere überzogen die Festung mit unnatürlichem Malphite – was bei den Ixtali so viel wie „böser Stein“ bedeutet. Die Waffe wurde bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten getrieben und sie versuchte mit Müh und Not, ihren geschwächten Korpus zu reparieren … doch selbst die unfassbare Magie, die sie in der Luft hielt, war nicht unerschöpflich. Während Ne’Zuk seine Aufgestiegenen für einen letzten verzweifelten Angriff um sich scharte, geschah das Undenkbare: Es brauchte nur einen Moment der Schwäche und der Koloss stürzte auf den Boden. Er durchbrach das Grundgestein von Icathia und ließ den Himmel auf die Leere darunter herabblicken. Ein Großteil der Festung verschwand in dem klaffenden Schlund, im lautlosen Nichts der Leere. Andere Teile fielen als gewaltige Ruinen vom Himmel und verteilten sich über ein Gebiet, das durch diesen schrecklichen, so abrupt beendeten Konflikt gezeichnet war. Nur ein einziger Aufgestiegener überlebte. Ne’Zuk befreite sich aus den Trümmern während er beinahe an der Asche dessen erstickte, was sein größter Triumph hätte sein sollen, doch nun nur eine grenzenlose Torheit war. Der Magier rannte um sein Leben. Jeglicher Logik zum Trotz hatten einige Bruchstücke des Monolithen den Absturz überstanden und waren noch immer von einer Art magischem Leben erfüllt. Die Splitter waren in weite Ferne geschleudert worden und versuchten nun, wieder zu einem Ganzen zu werden. Doch der endlose Hunger der Leere zehrte an ihnen, machte aus ihnen nicht viel mehr als träge Gestalten, die vergeblich im Staub strauchelten. Doch wo alles verloren schien, verblieb ein einziger Splitter. Tief unter der Oberfläche vergraben, selbst von den Kreaturen der Leere vergessen, gewann er langsam an Kraft. Er überlebte, bis er schließlich nach unzähligen Jahrhunderten erwachte und begriff, dass er vollkommen allein war. In all den Jahrhunderten seit jenem dunklen Tag ist Malphite, der letzte Splitter des Monolithen, in Runeterra zu einer Legende geworden. Vermeintliche Sichtungen von ihm gibt es überall. Von Targon bis Zhaun hörte man mal von einem tektonischen Gebrüll in den tiefsten Höhlen unter der Erde und mal von einer stillen Stimme, die sich summend an die Klänge der Welt zu erinnern versucht, die sie einst kannte. Zwar lebt der Monolith nun schon länger, als es sich die meisten Lebewesen überhaupt vorstellen können, doch der überwältigende Drang, den Ne’Zuk ihm eingeflößt hat, überdauert. Malphite weiß, dass er schon bald wieder gegen die Dunkelheit kämpfen muss, wie er es damals getan hat. Denn die Leere erwacht mit jedem Tag mehr und bedroht ganz Runeterra.
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Um die Legende um Nautilus zu verstehen, muss man erst den Mann dahinter kennenlernen – denn auch die fantastischsten aller Geschichten stimmen darin überein, dass er einst ein Mann war. Obwohl die Wellen seinen ursprünglichen Namen davongewaschen haben, behielten die meisten Nautilus nicht als einfachen Seemann, sondern als Bergungstaucher in Erinnerung. Gleich hinter der südlichsten Spitze der Inseln der Blauen Flamme liegt ein Schiffsfriedhof. Dort liegen die Wracks der Boote, die einst nach einem gesegneten Land gesucht hatten, um Reichtum gegen Unsterblichkeit zu tauschen. An einem lauen Tag kann man ihre glitzernde Fracht unter der Oberfläche schimmern sehen. Viele Mannschaften suchten Taucher, um die versunkenen Schätze zu bergen, aber niemand kam den Fähigkeiten des Muskelbergs namens Nautilus gleich, der wie ein Stein in die Tiefe sank. Seine Lungen konnten ganzen Schiffen den Wind aus den Segeln nehmen und Nautilus zog das Freitauchen jeder anderen Tauchart vor. Er brachte immer reichlich Gold oder Juwelen an die Oberfläche, forderte aber selbst keinen besonderen Lohn ein. Er bat lediglich den Kapitän darum, vor dem Ablegen eine Münze über Bord zu werfen, um den weiten Ozean zu ehren und zu besänftigen. Das mochte zwar nur der Aberglaube eines Seemannes sein, aber viele seefürchtige Besatzungen brachten dem Meer solche Opfer dar und baten um eine sichere Rückkehr. Die vielen Tauchgänge brauchten den Schatz auf, bis die Mannschaft um Nautilus eines Tages erfuhr, dass ihr Schiff und ihre Bergungspapiere aufgekauft worden waren. Die Morgendämmerung war scharlachrot, als der neue Kapitän an Bord ging. Er kam von einem ausländischen Hafen und brachte einen riesigen Anzug aus Messing und Eisen mit. Er richtete seinen Blick auf Nautilus; es bestand kein Zweifel daran, aus welchem Grund er die Besatzung erworben hatte. Bald war klar, dass der Kapitän von einem bestimmten Schiffswrack besessen war, das selbst an blauen Tagen in der Dunkelheit verborgen blieb. Der Tauchanzug konnte dem Druck auf dem Meeresgrund viel länger standhalten als jeder Mensch – lange genug, um zu bergen, was in dem sonderbar trüben Wasser versteckt lag. Die Besatzung willigte ein, denn arbeiten war besser als verhungern zu müssen, und Nautilus musste sich in den Anzug zwängen, unter dessen Last das hölzerne Schiffsdeck knarrte. Als er bemerkte, dass der neue Kapitän nichts zur Bezahlung des Zehnten dabeihatte, stieg Panik in ihm auf. Der fremde Kapitän lachte, als Nautilus in die Tiefen des Ozeans hinabgelassen wurde. Er versicherte der Besatzung, dass der Schatz, den die Bärtige Dame bewachte, sie alle reicher machen würde, als sie es zu träumen wagten. Sobald Nautilus an die Oberfläche zurückkehrte, würden sie die alberne Opfergabe ins Wasser werfen. Je tiefer er sank, desto schwächer wurde das Licht über ihm, alles um ihn herum wurde still und nur sein Atem hallte im eisernen Anzug wieder. Dann griff etwas aus der Tiefe nach ihm. Er wurde nach unten gezogen und zum ersten Mal legte sich flüssige Angst um Nautilus’ Herz. Sein Kapitän suchte keinen Schatz, sondern eine schlummernde, unheimliche Macht. Nautilus packte die Ankerkette, seine letzte Verbindung zur Oberfläche, zog sich nach oben und widersetzte sich dem Ding, das ihn in die Tiefe ziehen wollte. Doch er war zu schwer. Kurz bevor seine metallenen Finger die Wasseroberfläche durchbrechen konnten, riss die Kette. Nautilus schrie im Anzug, doch niemand konnte ihn hören. Er glitt zurück in den tintenschwarzen Strudel und hielt sich verzweifelt an dem sinkenden Anker fest. Dunkle Tentakel schlangen sich um ihn und er konnte nichts anderes tun, als zuzusehen, wie der dunkle Umriss seines Schiffes langsam verblasste. Dann wurde alles schwarz. Als Nautilus auf dem Meeresboden zu sich kam, hatte er sich verändert. Die Finsternis konnte ihm nichts mehr anhaben. Der riesige metallene Anzug war jetzt ein Teil von ihm und verbarg die Verbindung, welche die urtümliche Kraft mit seinem Geist eingegangen war. In der sonnenlosen Tiefe erinnerte er sich nur noch an das gebrochene Versprechen des neuen Kapitäns. Nautilus schwor sich, dass jeder einzelne dem Ozean die Zehntabgabe zu zahlen hatte. Darum würde er sich persönlich kümmern. Mit diesem Gedanken stapfte er in Richtung Küste. Als er schließlich Bilgewasser erreichte, waren Jahre vergangen und er konnte keine Spur des damaligen Kapitäns oder seiner Besatzung ausfindig machen. Es gab kein Leben, zu dem er hätte zurückkehren können, keine Rache, die er hätte üben können. Stattdessen ging er zurück ins Meer und ließ seine Wut an den Habgierigen aus, deren Schiffe er mit seinem mächtigen Anker ausweidete. Manchmal treiben zwischen den schaumigen Wellen entfernte Erinnerungen an seine Vergangenheit an die Oberfläche … doch der Mann, der Nautilus einst war, bleibt für immer unter der Oberfläche verborgen.
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Nunu stammt von den Notai, einem Nomadenstamm, der lange Zeit Freljord bereiste, und lernte von seiner Mutter Layka, dass alles eine Geschichte zu erzählen hat. Gemeinsam sammelten die beiden Geschichten, aus denen Layka dann Lieder machte. Für Nunu gab es nichts Schöneres, als von Dorf zu Dorf zu reisen und den Liedern seiner Mutter zu lauschen, die von uralten Helden erzählten. Mit Musik und Tanz brachten die Notai ein letztes Fest zu allen, die sie trafen, bevor die Eiseskälte des nächsten Winters einsetzte. Während sie den Frostwellen von Anivias Schwingen folgten, schlug Nunus Herz im Rhythmus eines jubilierenden Lieds und eine Welt voller Möglichkeiten lag vor ihm. An seinem fünften Namenstag erhielt Nunu ein besonderes Geschenk von Layka: Es war eine Flöte, mit deren Hilfe er selbst lernen konnte, ihre Melodien zu spielen. In der Sicherheit ihres Karrens kuschelten sie sich aneinander und folgten dem geknoteten Faden, der als Laykas Herzlied diente und alle Orte vermerkte, die sie im Laufe der Jahre zusammen besucht hatten. Als Plünderer jedoch die Karawane überfielen, wurde Nunu von seiner Mutter getrennt. Die überlebenden Notai-Kinder wurden von einer Gruppe Frostwächter in ein Dorf gezerrt, das im Schatten ihrer gewaltigen Zitadelle lag. Nunu konnte nur Vermutungen darüber anstellen, was mit Layka geschehen war, und wartete, dass der Wind ihre Lieder herantragen würde. Schnee fiel. Wochen gingen ins Land. Nunu vermisste seine Mutter, doch die Frostwächter versicherten ihm, dass kein Kind eine Suche nach ihr überleben würde. Sie waren noch nicht einmal beeindruckt, als er ihnen die Flöte zeigte, die er Svellsongur getauft hatte – der Name einer mächtigen Klinge, die jedoch nur in seiner Fantasie existierte. Nunu verbrachte mehr und mehr Zeit alleine und flüchtete sich in die Lieder seiner Mutter, die von alten Legenden und Helden erzählten. Er sehnte sich danach, einer dieser Helden zu sein, ein Krieger wie die Frostwächter, der seine Mutter retten konnte. Er traf sogar ihre Anführerin Lissandra, die ihm unzählige Fragen über die Geschichten seiner Mutter stellte und stets mehr über ein ganz bestimmtes Lied wissen wollte. Niemand glaubte daran, dass Nunu ein Held werden könnte, und die anderen Notai-Kinder hänselten ihn wegen seiner Flöte, da sie mittlerweile alle Dolche besaßen. Doch Nunu kannte die Lieder in- und auswendig und eines Nachts erkannte er schließlich, wie er sich beweisen und gleichzeitig die Frostwächter dazu bringen könnte, ihm bei der Suche nach seiner Mutter zu helfen. Von Lissandra hatte er von einem wilden Monster erfahren, das all jene tötete, die nach seiner Macht dürsteten. Selbst die Frostwächter, die sich jedes Jahr auf die Suche nach ihm begaben, kehrten nie lebend von ihrer Reise zurück. Es gab ein Lied, das Nunus Mutter gesungen hatte … war es dieses Lied, nach dem Lissandra immer fragte? Plötzlich verstand Nunu. Lissandra wollte mehr über den Yeti erfahren. Nunu kannte den Namen des Monsters. Es würde sich seiner Herausforderung stellen und den Zorn von Svellsongur zu spüren bekommen! Nunu zähmte mit seiner Flöte eine Herde Elkyr und schlich sich im Schneegestöber davon. Ein einzelnes Kind brach auf, um sich einem Monster zu stellen, und lebte damit eine Legende aus, von der nur die wenigsten zu träumen wagten. Als uralte und noble Rasse hatten die Yetis einst über die Berge Freljords geherrscht, bevor ihre gesamte Zivilisation in einem Kataklysmus aus Eis zugrunde gegangen war. Wegen des Verlusts ihrer Magie waren die meisten Yetis mit der Zeit ihrer Wildheit anheim gefallen, doch einer unter ihnen hatte sich geschworen, den letzten Rest ihrer Macht zu verteidigen – einen Edelstein, in dem die gefrorenen Träume aller nahen Sterblichen umherwirbelten. Da er der letzte der magischen Yetis war, wurde der Wächter auch durch die Wahrnehmung seines Gegenübers geformt. Obwohl er dazu auserwählt worden war, die Magie zu behüten, bis sie wieder gebraucht werden würde, konnte er keinen würdigen Träger finden. Die Männer, die in seine zerstörte Heimat einfielen, hatten nur Bosheit in ihren Herzen … und so begrüßte sie ein Monster mit Fangzähnen und Klauen. Doch der Wächter wusste, dass er etwas vergessen hatte. Seinen Namen … und die Namen all jener, die er einst geliebt hatte … Einst waren Lieder erklungen. All das änderte sich, als eines Tages ein kleiner Junge in die Ruinen gestolpert kam. Nach jahrhundertelanger, standhafter Wacht war das Monster bereit, das Leben des Jungen auf der Stelle zu beenden, und es knurrte, als der Mensch sich ihm näherte. Unerwarteterweise zog der Edelstein Bilder von feuerspeienden Drachen und tapferen Helden, die uralte Schlangen enthaupteten, aus dem Geist des Jungen. Das Kind brüllte und zog seine Flöte wie ein furchteinflößendes Schwert – doch er schlug nicht zu. Während der Junge noch Visionen von mutigen Helden um sich herumwirbeln sah, erkannte er die tiefere Wahrheit der Lieder seiner Mutter … Als er zu dem Wächter aufsah, erblickte er kein Monster. Er sah jemanden, der einen Freund brauchte. Der Yeti bebte noch vor Zorn und war auf den ersten Schneeball nicht gefasst. Und auch nicht auf den zweiten. Schneeballschlacht! Wütend, dann schockiert und schließlich freudig stürzte sich der Wächter in die Schlacht und wurde dabei nicht von Furcht, sondern von der Vorstellungskraft des Kindes geformt. Sein Fell wurde flauschiger und sein ganzes Aussehen freundlicher. Sein Knurren wandelte sich zu einem Lachen. Zumindest bis er aus Versehen die Flöte des Jungen zerbrach. Als das Kind zu weinen begann, spürte der Wächter, wie eine ihm wohlbekannte Trauer um den Edelstein herum Gestalt annahm. Jahrhundertelang hatte er in ihn hineingeblickt und nur den Tod seines Volkes gesehen – die Bedrohung, die sie begraben hatten, und den Verrat der Blinden –, doch jetzt sah er stattdessen eine brennende Karawane. Er hörte eine Stimme im Wind. Er fühlte etwas im Inneren des Jungen, etwas, das er noch in keinem Menschen zuvor gefühlt hatte, nicht einmal in den drei Schwestern, die ihn vor so langer Zeit besucht hatten. Es war Liebe, die gegen Verzweiflung ankämpfte. In diesem Augenblick erkannte der Wächter, dass Freljords einzige Hoffnung in der Macht lag, die sich bereits in diesem Kind befand. Die Magie, die er behütet hatte, war nur ein Werkzeug. Was wirklich zählte, war das Herz, das ihrer Kraft Form verlieh. Mit einer Handbewegung ging die Magie des Edelsteins in den Jungen über und verlieh ihm die Macht, seine Vorstellungskraft Wirklichkeit werden zu lassen. Er reparierte seine Flöte und fror sie in Träume ein, die zu wahrem Eis wurden. Er erschuf einen besten Freund namens „Willump“. Nach ihrer Flucht in die Ebenen Freljords ermöglichen Nunus Herz und Willumps Stärke dem Duo nun, was beiden alleine vorher nicht möglich gewesen war: sich in ein Abenteuer zu stürzen! Sie folgen den Liedern von Nunus Mutter, reisen von Ort zu Ort und hoffen stets darauf, sie irgendwo dort draußen zu finden. Willump weiß jedoch, das Magie und Träume stets mit großer Verantwortung einhergehen. Eines Tages ist es mit dem Spielen vorbei, denn das dunkle Eis im Herzen Freljords taut und taut …
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Einst war der Name Ornn jedem ein Begriff, der in den Gebieten des heutigen Freljord lebte. Es hieß, er sei der Erstgeborene der alten Halbgötter, die das Land selbst erschaffen haben und den ersten Schnee brachten. Noch mehr als andere seiner Art schätzte er Ungestörtheit, Zurückgezogenheit und Konzentration. Unter einem erloschenen Vulkan, der noch die Narben eines alten Ausbruchs trug, arbeitete er Tag und Nacht und schmiedete alles, was sein Herz begehrte. Das Ergebnis waren kostbare Werkzeuge, wie geschaffen für legendäre Heldentaten. Die wenigen Glückspilze, die diese Relikte zu sehen bekamen, staunten über ihre atemberaubende Qualität. Manche behaupten sogar, Braums Schild sei vor Tausenden von Jahren von Ornn geschmiedet worden, und deshalb immer noch so robust wie am ersten Tag. Doch mit Sicherheit weiß das niemand, denn niemand kann den Schmiedegott finden, um ihn danach zu fragen. Die meisten Geschichten über seine Taten und Errungenschaften fielen seinen Feinden oder dem Zahn der Zeit zum Opfer. Die wenigen Überlieferungen wurden von der Handvoll Stämme, deren Linie auf eine einzelne Kultur der Eisenschmiede, Baumeister und Bierbrauer zurückgeht, bewahrt. Dieses längst untergegangene Volk, das als „Feuerblüter“ bekannt war, bestand aus Lehrlingen, die aus allen Winkeln Valorans am Hang der Wiege des Feuers zusammenkamen, um Ornns Beispiel zu folgen. Doch obwohl sie ihn als Zeichen ihrer Verehrung zu ihrem Vorbild machten, verstand sich Ornn nie als ihr Schutzpatron. Wenn sie ihm ihre Werkstücke zeigten, reagiert er nur mit einem kurzen Nicken oder einem Stirnrunzeln, doch das reichte den Feuerblütern, um weiter entschlossen an der Verbesserung ihrer Handwerkskunst zu arbeiten. So kam es, dass sie die hochwertigsten Werkzeuge herstellten, die stabilsten Bauten errichteten und das süffigste Bier brauten, das die Welt je gesehen hatte. Sie glaubten, dass es Ornn insgeheim gefiel, dass sie so hartnäckig waren und stets bemüht, ihr Handwerk zu verbessern. Doch in einer verhängnisvollen Nacht wurden sämtliche Errungenschaften der Feuerblüter zunichte gemacht. Es war die Nacht, als Ornn aus Gründen, die kein Sterblicher je begreifen konnte, auf dem Berggipfel gegen seinen Bruder Volibear kämpfte. Der darauffolgende Kataklysmus war ein Sturm aus Feuer, Asche und Blitzen, den man noch bis weit hinter dem Horizont sehen konnte. Als sich der Staub gelegt hatte, klaffte dort, wo einst die Wiege des Feuers gewesen war, ein rauchender Krater, und von den Feuerblütern waren nur verstreute Knochen und Asche übrig geblieben. Auch wenn er es nie zugab, war Ornn am Boden zerstört. Durch die Feuerblüter lernte er das weitreichende Potenzial der Sterblichen kennen, nur um es als Unsterblicher in einem unbedachten Augenblick der Wut zu zerstören. Von Schuldgefühlen geplagt zog er sich in die Einsamkeit seiner Gießerei zurück und vergrub sich ein ganzes Zeitalter lang in seiner Arbeit. Vielleicht spürt er ja, dass die Welt an der Scheitelspitze einer neuen Ära steht. Einige seiner Geschwister haben sich erneut manifestiert, und ihre Anhänger werden immer unruhiger und aggressiver. Freljord selbst ist gespalten und führerlos. Uralte Schrecken lauern in den Schatten und warten nur auf eine Gelegenheit zum Zuschlagen … In den bevorstehenden Kriegen und in der Zeit danach, so war sich Ornn sicher, würde Freljord – wie auch der Rest von Runeterra – einen guten Schmied brauchen.
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Sejuanis Eltern hatten aus politischem Kalkül für Freljord geheiratet, und die Ehe endete ebenso kalt, wie sie begonnen hatte. Ihre Mutter, die eisgeborene Kriegerin Kalkia von der Winterklaue, verließ ihre neue Familie, um zu dem Mann zurückzukehren, der Jahre zuvor ihr Herz erobert hatte. Ohne eine junge Kriegsmutter als Anführerin siechte der Stamm jedoch dahin und versank im Chaos. Sejuani kam in die Obhut ihrer Großmutter Heijan. Doch obwohl Sejuani alles gab, um sich ihre Liebe zu verdienen, konnte sie ihre hohen Erwartungen nie erfüllen. In den darauffolgenden Jahren verschlimmerten sich die Schwierigkeiten des Stamms, sodass Heijan sich noch weniger Zeit für das Mädchen nehmen konnte. Wohlstand, Liebe, Sicherheit – so etwas sah Sejuani nur bei anderen, nämlich wenn sie die Avarosa besuchte, den Schwesterstamm der Winterklaue. Die Sommer verbrachte Sejuani bei Grena, der berühmtesten Kriegerin der Region. Nachdem sie erfuhr, dass Grena Kalkia einst in einem Duell besiegt hatte, wurde die Kriegsmutter der Avarosa schlagartig zu ihrem Vorbild … und Grenas Tochter Ashe zu ihrer einzigen echten Freundin. Heijan brach erzürnt den Kontakt mit den Avarosa ab, als Grena ihre Behandlung des jungen Mädchens in Frage stellte. Daraufhin zettelte die Winterklaue eine Reihe von Konflikten mit anderen benachbarten Stämmen an, mit der Absicht, das Land und die Ehre wiederzuerlangen, die sie durch Kalkias Flucht verloren hatte. Dieses verzweifelte Vorgehen trieb sie jedoch nur noch weiter ins Verderben. Auf irgendeinem Weg erfuhr schließlich Kalkia von dieser Entwicklung. Als sie vom Unglück ihres ehemaligen Stamms hörte, kehrte sie zurück, um das Amt der Kriegsmutter erneut zu übernehmen. Für die Winterklaue hatten die Feindseligkeiten allerdings zur Folge, dass ihre Gebiete arm an Jagdwild und anderen wertvollen Rohstoffen waren und sie die grimmigen Frostwächter als Beschützer brauchten. Sejuani ärgerte sich darüber und beschloss, ihre Mutter als Anführerin abzusetzen. Sie schwor einen heiligen Eid, einen riskanten Überfall auf ein noxianisches Kriegsschiff anzuführen. Ein erfolgreicher Überfall, so hoffte sie, würde reichen, den Stamm auf ihre Seite zu ziehen und mit seiner Unterstützung Kalkia und den Frostpriestern die Macht zu entreißen. Während des brutalen Sturmangriffs befreite Sejuani einen jungen Drüvask aus der Schlachterei des Schiffs. Aufgrund seines borstigen Fells gab sie ihm den Namen „Bristle“. Damals konnte Sejuani noch nicht ahnen, dass dieser Drüvask zu einem der größten bekannten Exemplare heranwachsen und sie als treues Reittier begleiten sollte. Der Überfall war erfolgreich, und so war der Zeitpunkt für sie gekommen, ihre Mutter als Anführerin des Stamms direkt herauszufordern. Die alten Sitten untersagten ein Duell zwischen Mutter und Tochter, doch davon ließ Sejuani sich nicht abhalten. Die Frostpriester waren entzürnt und griffen ein – beim daraus resultierenden Aufstand kam Kalkia um, noch bevor Sejuani zu ihr gelangen konnte. Als neue Kriegsmutter der Winterklaue begann Sejuani, benachbarte Stämme anzugreifen und zu annektieren, was ihre Macht festigte und ihre Anhängerschaft beträchtlich vergrößerte. Ihr Sieg über die Frostwächter lockte ausgestoßene Schamanen, Geistwanderer, Eisgeborene und Sturmgeborene sowie treue Anhänger der alten Götter aus ganz Freljord an. Nur wenige Jahre später war die Winterklaue, einst schwach, geschändet und von den Nachbarstämmen ausgebeutet, wegen ihrer Schnelligkeit, ihrer Brutalität und ihrer vollkommenen Hingabe zu ihrer Kriegsmutter im ganzen Norden gefürchtet. Zum Jahreszeitenwechsel hat Sejuani es nun auf die Stämme im Süden und noxianische Eindringlinge abgesehen, und selbst vor den Grenzgebieten von Demacia macht sie nicht halt. Sie raubt, sie plündert, und sie nimmt es mit allen auf, die sich ihr in den Weg stellen. Letztendlich will sie die von ihrer Jugendfreundin Ashe initiierte, aufkeimende Koalition der anderen Stämme niederschlagen und zerstören. Sejuani vertritt den Standpunkt, dass die Kriegsmutter der Avarosa nicht nur ihre Freundschaft, sondern – schlimmer noch – Grenas Vermächtnis verraten hat. Deshalb will Sejuani beweisen, dass nur sie allein würdig ist, über Freljord zu herrschen.
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Shen ist sowohl für die Welt der Geister als auch für die Welt der Sterblichen ein Rätsel: Er gehört nämlich keiner von beiden an. Obwohl er in eine der verehrtesten Familien des nördlichen Navori geboren wurde, war es die Rolle seines Vaters als Auge des Zwielichts, die sein Schicksal im Kinkou-Orden bestimmte. Als Sohn des Großmeisters Kusho war er in der Kultur des Ordens verwurzelt und dessen Grundsätze waren ihm so vertraut wie der ionische Sonnenuntergang. Er wusste, wie wichtig es war, den Baum zu stutzen, den Lauf der Sonne zu beobachten und vor allem die Weisheit der Sterne zu begreifen. Er meditierte und studierte während seiner gesamten Kindheit und wurde von all seinen Lehrern als vorbildlich angesehen. Sein engster Freund, der einzige, der ihm in Übungskämpfen das Wasser reichen konnte, war der junge Akolyth Zed. Sie wuchsen als Brüder auf und vertrauten sich oft ihre persönlichen Hoffnungen und Träume an. Shen konnte sich an Zed wenden, wenn er eine zweite Meinung hören wollte, und die beiden wurden als die vielversprechenden Schüler der Kinkou bekannt. Als sich ihre Fähigkeiten entwickelten, nahm Kusho sie auf gefährliche Missionen mit, einschließlich der Jagd auf den Goldenen Dämon, der die Provinz von Zhyun heimsuchte. Ihre Suche dauerte Jahre, aber Shen blieb engagiert, selbst nachdem er unzählige grausame Morde aufgedeckt hatte. Als sie schließlich den „Dämon“ zu fassen bekamen, entpuppte er sich als Khada Jhin, der simple Bühnenarbeiter eines Wandertheaters. Statt ihn hinrichten zu lassen, ordnete Großmeister Kusho an, den Verbrecher einzusperren. Obwohl Shen und Zed beide dachten, dass der Mörder eine schwerere Strafe verdiente, akzeptierte Shen die Entscheidung seines Vaters. Er bemühte sich, der Leidenschaftslosigkeit des Auges des Zwielichts nachzueifern, und war somit nicht in der Lage, seinen verbitterten und zornigen Freund zu trösten. Selbst als noxianische Eindringlinge den Frieden der Ersten Lande bedrohten, befürwortete Shen widerstrebend Kushos Untätigkeit. Doch als Zed die Kinkou verließ, um sich dem Kampf anzuschließen, blieb Shen innerhalb der Tempelmauern. Viele der Provinzen waren schon bald vom Feind besetzt. Trotz alledem konzentrierte sich Shen darauf, Ionias spirituelle Harmonie aufrechtzuerhalten. Und so begab es sich, dass er – als er weit von zu Hause entfernt war – ein erschütterndes Ungleichgewicht innerhalb des Kinkou-Ordens wahrnahm. Er eilte zurück und traf auf die Überlebenden eines blutigen Aufstandes. Von ihnen erfuhr er, dass Zed seine eigenen Akolythen unterwiesen und den Tempel eingenommen hatte. Am schlimmsten war, dass Shens Vater von dem Mann niedergestreckt worden war, den er einst als Familienmitglied betrachtet hatte. Shen unterdrückte seinen Kummer und führte den Rest der Kinkou in die Sicherheit der Berge. Shen übernahm die Geisterklinge seines Vaters und den Titel Auge des Zwielichts. Seine Aufgabe war nicht, Rache zu nehmen, sondern den Orden wiederaufzubauen. Er folgte den Grundsätzen, rekrutierte sowie bildete andere aus und hoffte, so die Stärke des Ordens wiederherzustellen. Besonders eine Akolythin zeigte grenzenloses Potenzial. Shen half dem Mädchen, Akali Jhomen Tethi, die Künste der Tarnung und Täuschung zu meistern. Ihre Mutter, Mayym, hatte Kusho als Faust der Schatten beigestanden und es schien, als könne ihre Tochter denselben Weg beschreiten. Trotzdem sah Shen sich gezwungen, auf Zurückhaltung zu drängen, wenn immer Akali versuchte, sich gegen ihre sterblichen Feinde zu wehren. Als Noxus sich schließlich zurückzog, feierten viele Ionier den siegreichen Widerstand. Andere wie Shen ertrugen die Folgen des Krieges – er kam seiner Pflicht weiter nach, während er im Inneren mit seinem Hass auf Zed und dem Zweifel an seinen eigenen Führungsqualitäten rang. Die Jahre des Konflikts hatten die Ersten Lande schwer in Mitleidenschaft gezogen und Shen war nicht sicher, ob die neuen Kinkou jemals in der Lage sein würden, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Denn selbst als Akali zur neuen Faust der Schatten wurde, fühlte er, wie sie sich langsam distanzierte. Als die Zeit gekommen war, verurteilte sie offen seine Lehren und verließ den Orden. Shen meditierte, beobachtete die Sterne und verstand, dass Akali ihren eigenen Weg finden musste … und so auch die Kinkou. Manchmal setzt Shen sich zwischen unsichtbaren Kämpfen in der Geisterwelt immer noch mit dem Wert seiner Überzeugungen auseinander. Er hat seinen Gefühlen nie gestattet, ihn von der Bewahrung der Traditionen abzuhalten, aber die Frage bleibt: Wie lange kann ein Mann in zwei Welten wandern, bevor die Handlungen der einen die andere zerstören?
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Der verdorbene, undurchschaubare Verrückte, der in ganz Runeterra als Singed bekannt ist, war einst ein gewöhnlicher Mann aus Piltover. Bereits als Kind legte er einen erstaunlichen Intellekt und eine grenzenlose Neugierde an den Tag. Seine Faszination für die Gesetze und Interaktionen der Natur brachten ihm schließlich ein Stipendium für die renommierte Universität von Piltover ein. Es dauerte nicht lange, bis seine Genialität erkannt wurde. Singeds Forschung im Bereich der Naturwissenschaften war beeindruckend, wenn nicht sogar bahnbrechend, doch er bemerkte, dass Piltover seit der Entdeckung von Hextech an nichts anderes mehr dachte als an die Möglichkeiten, die diese Mischform aus Magie und Technologie eröffneten. Singed fühlte sich aufs Abstellgleis geschoben. Er musste mitansehen, wie die Magie von denjenigen als Krücke benutzt wurde, die unfähig waren zu verstehen wie die Welt funktionierte, oder sich einfach einen Kehricht darum scherten. Er wurde zum lautstarken Kritiker dessen, was er als neue und ignorante Modeerscheinung innerhalb der Universität sah. Singed widmete sich stattdessen den Möglichkeiten im Bereich der Chemie, die die Alchemie bot. Die Errungenschaften, die sein gesegneter Verstand diesem Wissenschaftsfeld verschaffte, wurde von den anderen Akademikern allerdings nur belächelt. Es dauerte nicht lange, bis seine Geldmittel erschöpft waren und er der Universität – und schließlich auch Piltover – verwiesen wurde. Singed blieb keine andere Wahl, als ein neues Leben in Zhaun zu beginnen. In der Unterstadt lebte es sich günstig und die Nachfrage nach Innovationen war groß. Schon bald fand er Arbeit in der aufstrebenden Chemtech-Industrie, wo er seine Fähigkeiten und seinen unermüdlichen Elan immer skrupelloseren Klienten zur Verfügung stellte. Seine oftmals ethisch fragwürdigen Experimente umfassten ein breites Spektrum: Zu seinen zahlreichen Werken gehörte unter anderem die Augmentierung von Mensch und Tier und sogar die Vereinigung von beidem. Ethik hin oder her, er brachte sein neues wissenschaftliches Feld mit einer unfassbaren Geschwindigkeit voran, was allerdings zulasten seiner eigenen Gesundheit ging. Er verstand die chemischen Bedürfnisse eines lebendigen Körpers besser als jeder andere und so entwickelte er Aufputschmittel, mit deren Hilfe er wochenlang ununterbrochen konzentriert bleiben und arbeiten konnte. Danach brach er stets zitternd und vollkommen kraftlos zusammen, und schlief tagelang durch. Singeds obsessive und unermüdliche Bestrebungen als Alchymist verschafften ihm einen nicht abreißenden Strom an Auftraggebern und Klienten, in den sich schließlich sogar die noxianischen Kriegsmaurer einreihten. Sowohl in Piltover als auch in Zhaun wurde überall darüber geredet, dass das Imperium und sein Großgeneral kurz vor dem Bankrott standen. Schließlich musste Noxus Piltover halsabschneiderisch hohe Wegzölle zahlen, damit es für seine Feldzüge im nördlichen Shurima das Gebiet der Zwillingsstädte passieren durfte. Angeblich würde sich das Imperium schon bald nach neuen und weniger kostspieligen Eroberungsmöglichkeiten umsehen. Solange sie Singed bezahlten, war ihm das jedoch egal. Nach Jahren, in denen er immer mal wieder kleinere Projekte erledigt hatte, kam eine Befehlshaberin des noxianischen Militärs namens Emystan auf ihn zu. Sie wollte die Hilfe des Alchymisten, um die Kriegsbemühungen in Ionia voranzutreiben, die aufgrund der heftigen Gegenwehr zum Erliegen gekommen waren. Sie brauchte eine neue Art von Waffe, eine Waffe, wie sie die Welt noch nie gesehen hatte … und dafür würde sie ihn zu einem wahrlich wohlhabenden Mann machen. Singed schob alle anderen Angelegenheiten beiseite und brachte all seinen Intellekt, all sein Wissen und all seine Erfahrung auf, um diese neue Waffe zu synthetisieren. Das Ergebnis seiner Anstrengungen war ein alchemistisches Feuer, das instabil, explosiv und ganz und gar entsetzlich war. Als es schließlich in Ionia gegen die Feinde von Noxus zum Einsatz kam, brannte es heiß genug, um Steine zerbrechen zu lassen und tränkte den umliegenden Boden so intensiv mit metallischen Giften, dass dort kaum noch etwas gedeihen konnte. Selbst Emystans eigene Verbündete waren erschüttert, allerdings nicht so stark, um sie und Singed zu Kriegsverbrechern zu erklären. Nun, da es Singed für seine Experimente nicht mehr an Kapital, Material oder gar Testsubjekten mangelt, spürte er die Last des Alters. Sein jüngstes Unterfangen hat eine ausgesprochen biologischere Wendung als bisher genommen – und weitaus dramatische Folgen nach sich gezogen. Bei seiner letzten Vereinigung von Tier, Mensch und Maschine wurde sein Labor zerstört. Sein Gesicht wird nur noch von schmutzigen Bandagen zusammengehalten, während sein Proband zügellos durch die Straßen von Zhaun streift. Doch davon lässt Singed sich nicht beirren. Die Zerstörung des Fleisches hat er bereits gemeistert, also wendet er sich nun dessen Konservierung und Transformation zu … und vielleicht sogar der Möglichkeit, dass das Leben nicht unausweichlich mit dem Tod enden muss.
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Vor mehr als einem Jahrhundert gewann der brutale Kriegsfürst Sion an Bekanntheit, indem er alle abschlachtete, die es wagten, sich ihm in den Weg zu stellen. Er war bei Freund und Feind gleichermaßen gefürchtet und der Letzte einer stolzen Kriegerkultur, die seit Noxus’ Gründung ein Teil von Noxus gewesen war. Sion hatte seinen Ahnen geschworen, niemals auch nur einen Schritt im Kampf zurückzuweichen und den Tod eines stolzen Kriegers zu sterben, wenn seine Zeit gekommen war. Sion war zwar nicht gerade für Feingefühl oder strategisches Geschick bekannt, doch seine Methoden waren unerbittlich sowie wirksam und er errang viele grausame Siege für Noxus. Das Imperium war so mächtig wie schon seit Jahrhunderten nicht mehr und so wurden die Generäle des Oberkommandos vollkommen davon überrascht, als eine Nation aus dem Westen sich ihnen zunächst widersetzte und dann allmählich ihr stetiges Vorrücken zurückdrängte. Diese Demacianer trieben die Kriegstrupps aus Noxus nach Osten und setzten ihnen zu, bis sie hinter die Mauern von Hvardis zurückgedrängt wurden. Sion, der auf einem Feldzug in den Silberbergen gewesen war, wandte sich nun voller Zorn nach Süden. Er traf in der Stadt ein und erblickte die Demacianer am Horizont. Diese hatten nicht die Absicht, Hvardis zu belagern – sie hatten die Noxianer aus den Ländern, die an ihre eigenen angrenzten, vertrieben und bereiteten sich darauf vor, nach Hause zurückzukehren. Sion machte seine Truppen kampfbereit und war entschlossen, diese Emporkömmlinge für ihre Unverschämtheit zu bestrafen. Der noxianische Kommandant von Hvardis hatte allerdings einige Niederlagen einstecken müssen und war damit zufrieden, sich hinter den Stadtmauern zu verschanzen und die Gegner unversehrt davonkommen zu lassen. Es waren Sion und seine Krieger, die den blutigen Preis für das jetzt verlorene Land zahlten. Empört warf er den Kommandanten von der Stadtmauer und befahl den Angriff. Sion mähte durch die demacianischen Linien und suchte ihren Anführer – König Jarvan den Ersten. Doch während seine Kriegstruppen todesverachtend mit ihm voranstürmten, waren diejenigen, die sich in Hvardis versteckt gehalten hatten, schwach. Ihr Mut verließ sie und sie zogen sich wieder in die Stadt zurück. Sion und seine wenigen Vertrauten blieben umzingelt zurück. Einer nach dem anderen fiel, doch Sion stürmte weiter voran. Allein, durchbohrt von einem Dutzend Schwerter und unzähligen Armbrustbolzen, erreichte er schließlich Jarvan. Der Kampf war brutal und schließlich war es der Demacianer, dem der Todesstoß zufiel. Sion ließ seine Axt fallen und riss dem König mit einem letzten Aufwallen von Kraft mit einer Hand die Krone vom Kopf, während er mit der anderen dessen Kehle umklammerte. Jarvans Wachen stachen wieder und wieder auf Sion ein, doch er lockerte seinen Griff nicht. Erst als der feindliche König sein Leben ausgehaucht hatte, ließ Sion zu, dass der Tod ihn holte. Als sein Körper geborgen wurde, umklammerte er immer noch die Krone des demacianischen Königs. Voller Ehre wurde sein Körper zurück in die unsterbliche Bastion getragen. Noxus betrauerte Sions Tod und sein Leichnam wurde in einem hoch aufragenden Monument bestattet, das errichtet worden war, um ihn bis in alle Ewigkeit zu ehren. Ein halbes Jahrhundert verging, bis Sions Grabstätte erneut geöffnet wurde. Die noxianische Überlegenheit hatte in den Jahren seit Sions Tod allmählich abgenommen und der regierende Großgeneral des Reichs, Boram Darkwill, war bereit, fast jeden Preis zu zahlen, um die verlorene Stärke wiederherzustellen. Darkwills Verbündete – ein geheimnisvoller Zirkel bekannt als die Schwarze Rose – belebte den vor langer Zeit verstorbenen Helden mithilfe verbotener Magie wieder und überließ ihm dem Großgeneral. Dieser konnte das Geschenk nicht ablehnen und so kehrte Sion ins Leben zurück … angetrieben von einem unnatürlichen Blutdurst und vollkommen unempfindlich gegen Schmerzen. Er warf sich wie ein lebender Rammbock den Feinden von Noxus entgegen und vernichtete alle, denen er gegenüberstand. Die Siege, die Sion errang, waren noch teurer erkauft als vor seinem Tod. Er war vollkommen außer Kontrolle und tötete reuelos Freund und Feind. Diejenigen, die gezwungen waren, an seiner Seite zu kämpfen, begannen, zu desertieren. Schließlich ordnete Darkwill an, dass Sion wieder bestattet werden sollte. Hunderte Krieger starben bei dem Versuch, ihn zur Räson zu bringen, bevor er schließlich in Ketten gelegt und wieder in die unsterbliche Bastion geschleift wurde. Ohne weitere Gemetzel hüllte die Blutmagie, die ihn aufrechterhalten hatte, seinen Verstand in eine alles verzehrende Wut. Sein Gebrüll verstummte schließlich, als er unter seiner riesigen Statue eingemauert wurde. Dort vegetierte er viele Jahre vor sich hin; weder lebendig noch wirklich tot. Als seine Grabstätte erneut geöffnet wurde, hatte sich das Imperium völlig verändert. Darkwill war tot und von General Jericho Swain gestürzt worden – doch Sion war das gleichgültig. Er brüllte und riss an seinen Ketten und seine Raserei konnte nur durch Schlachten gestillt werden. In einem Eisenkäfig angekettet kehrte er nach Hvardis zurück, das sich unter Darkwills Regentschaft von der noxianischen Herrschaft befreit hatte. Sion war die Strafe des neuen Großgenerals für ihre Rebellion. Er schlachtete die Verteidiger von Hvardis ab, machte die Stadt dem Erdboden gleich und lachte, als er ihre Türme mit bloßen Händen in Stücke riss. Weitere Regionen, die Noxus den Rücken gekehrt hatten, beugten bald die Knie, weil sie fürchteten, der untote Moloch würde als Nächstes auf sie losgelassen. Wenn sich jetzt die Türen zu seiner Grabstätte öffnen und grelles Tageslicht hereinflutet, heißt Sion das willkommen … denn damit bietet sich ihm die Chance, seine Ketten abzustreifen und seinen Hunger nach Blutvergießen zu stillen, um den schreienden Wahnsinn für einen kurzen Moment zum Schweigen zu bringen, der jedes Sehnen nach Ruhe übertönt. Sion erinnert sich nur bruchstückhaft an sein Leben und so gut wie gar nicht an das, was danach kam. Doch eine Wahrheit bleibt so stark wie an seinem Todestag: Jetzt, genau wie damals, erzittert die Welt vor ihm.
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Zac ist durch eine giftige Substanz entstanden, die aus einem undichten Chemtech-Tank herausgetropft war und in einer abgeschiedenen Höhle in Zhauns Grube eine Lache gebildet hatte. Trotz dieser bescheidenen Herkunft hat sich Zac prächtig entwickelt – von der Ursuppe zu einem denkenden Wesen, das in den Rohren der Stadt haust und diese gelegentlich verlässt, um den Hilflosen beizustehen oder die marode Infrastruktur von Zhaun wiederaufzubauen. Zhaunitische Kinder waren die ersten, die auf Zac trafen, als sie Steine auf einem Tümpel in der Grube springen lassen wollten und etwas ihre Steine zurückschleuderte. Der „Elastische Tümpel“ sprach sich schnell unter den Grubenbewohnern herum und schließlich weckte er das Interesse einer düsteren Loge von Chemtech-Alchymisten. Dem Protest der Anwohner zum Trotz pumpten die Alchymisten den Inhalt des Tümpels in Fässer und verfrachteten ihn in ihr Labor, um die Substanz zu untersuchen. Nach vielen Versuchen, die sowohl negative als auch positive Verstärkungstechniken anwandten, kamen die Alchymisten zu der Erkenntnis, dass die verfestigte Masse aus dem Tümpel gewisse psychotropischen Tendenzen aufzeigte. Oder einfacher gesagt: Sie imitierte alle Reize, denen sie ausgesetzt wurde. Auf positive Stimulanz reagierte sie mit kindlicher Freude und Verspieltheit, doch als ihre Reaktion auf Schmerz und Aggression getestet wurde, verloren die Alchymisten mehrere augmentierte Grubensammler in der darauffolgenden Zerstörung. Die meisten Alchymisten hielten dies für eine bloße Reflexhandlung, aber zwei von ihnen waren sich nicht so sicher. Sie stellten die moralische Seite von Experimenten in Frage, die nur darauf abzielten, eine Kreatur von unerreichter Aggressivität zu erschaffen. Als die beiden weiter nachforschten, entdeckten sie, dass die Experimente von Saito Takeda finanziert wurden, einem notorisch gewalttätigen Chem-Baron mit einer Vorliebe für blutige Bandenkriege. Das konnte nur eines heißen: Takeda wollte einen unverwundbaren Kämpfer entwickeln, der sich durch die kleinsten Ritzen zwängen kann und jeden Befehl blind befolgt. Sie fanden auch den wahren Namen des Projekts heraus: Zhauns Amorpher Champion – Zac. Unschlüssig, was sie als Nächstes tun sollten, bemerkten die zwei Alchymisten, dass die Reaktionen über das bloße Imitieren von Reizen hinausgingen, denen das glitschige Gel ausgesetzt wurde. Sie sahen Verhaltensweisen ohne jede offensichtliche Stimulanz – Verhaltensweisen, die auf ein Bewusstsein schließen ließen. Sie befassten sich mit der Kreatur namens Zac und kamen zu dem Schluss, dass es sich dabei um ein denkendes und fühlendes Wesen handelte. Sie legten diese Ergebnisse ihrem dürren Vorgesetzten vor, doch der ignorierte ihre Bedenken. Sie gaben sich jedoch nicht geschlagen: Im Geheimen starteten sie ihre eigenen Versuche, der brutalen Vorgehensweise des Forschungsteams entgegenzuwirken. Sie brachten Zac bei, Gut und Böse zu unterscheiden, und lehrten ihn Mitgefühl und Großherzigkeit. Ihre Bemühungen waren nicht umsonst. Zac wurde traurig, als eine Forscherin sich an der Hand verletzte, und wurde wütend, als ein anderer eine Laborratte tötete. Schließlich konnten sie die grausamen Experimente ihrer Alchymistenkollegen nicht länger hinnehmen. Eines Nachts, während der Feierlichkeiten zum Tag des Fortschritts, als das Labor leer war, füllten sie Zac in einen mobilen Tank und schafften ihn in einen entfernten Teil von Zhaun. Als diese Tat bemerkt wurde, schickte Baron Takeda seine Fußsoldaten aus, um sie zu fassen. Aber Zhaun ist groß und die Forscher konnten sich vor ihren Häschern verstecken. Sie wollten Zac seine Freiheit schenken, doch dieser wollte nicht von ihrer Seite weichen. Für ihn waren die beiden nun Familie. Sie waren die Einzigen, die je freundlich zu ihm waren, und er wollte mehr von ihnen lernen. Die beiden störte das nicht, denn Zac war ihnen so sehr ans Herz gewachsen, dass sie ihn als ihren Adoptivsohn ansahen. Um sich vor Takedas Leuten zu verstecken, änderten sie ihre Identitäten und ihr Aussehen, und zogen in einen entfernten Teil der Grube, fernab von suchenden Augen. Zac lernte, seine Form so zu verändern, dass er Geräusche bilden konnte, und er schaffte es sogar, ihre Stimmen zu imitieren. Er lebte mehrere Jahre zusammen mit seinen Adoptiveltern und, wenn nötig, versteckte er sich in den Tümpeln der Grube oder den Felsspalten in den Klippen. Seine „Eltern“ erzählten Zac von der Welt, in der er nun lebte, und wie schön und voller Wunder sie sein konnte. Sie zeigten ihm, wie der Mond über den Sonnentoren aufging, wie farbenfroh sich das Licht in den Buntglasfenstern der Commercia-Hallen brach, und die aufregende Schönheit im pulsierenden Herzen der Stadt. Sie erklärten ihm auch, wie brutal und kalt die Welt sein konnte, und Zac lernte, dass Menschen manchmal gemein, eigennützig und voller Hass waren. Zac lehnte solch ein Verhalten ab und half seinen Eltern so gut er konnte dabei, anderen beizustehen, ohne allzu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Die zwei Alchymisten taten alles, was in ihrer Macht stand, um Kranke zu heilen, zerstörte Maschinen zu reparieren und setzten ihr Chem-Wissen für das Gute ein. Es war eine wundervolle Zeit für Zac und er nutzte das dichte Röhrennetz sowie die Spalten im Fels, um durch ganz Zhaun zu ziehen. Auch wenn Zac ein vernunftbegabtes Wesen war, konnte eine Reizüberflutung dazu führen, dass er starke Emotionen um sich herum vorübergehend übernahm – was von Vorteil, aber auch von Nachteil sein konnte. Oft konnte er nicht anders, als den Geschundenen gegen gemeine Gangster beizustehen, und bald mehrten sich in Zhaun die Gerüchte über ihn. Die meisten Geschichten ließen ihn in gutem Licht dastehen, doch andere schrieben ihm zerstörerische Ereignisse zu: eine demolierte Fabrik hier, ein gewaltiger Erdriss quer durch ein Grubenviertel dort. Letztendlich hörte auch Saito Takeda von diesen Gerüchten und er schickte eine Gruppe augmentierter Schläger los, um zurückzuholen, was ihm gehörte. Seine Alchymisten hatten erfolglos versucht, Zac aus Tropfen, die in seinem Tank zurückgeblieben waren, nachzubilden. Takeda wollte die Kreatur wiederhaben, und die augmentierten Schwergewichte umstellten das Haus von Zacs Eltern und griffen an. Sie wehrten sich vehement, denn sie waren bewanderte Chemtech-Forscher und wussten sie zu ihrem Schutz einzusetzen. Der Ansturm war aber zu groß und bald waren sie tot – trotz Takedas Order, sie lebend gefangen zu nehmen. Zac war gerade in den Spalten tief unter Zhaun unterwegs, aber er nahm die Not seiner Zieheltern wahr und eilte wie der geölte Blitz zurück durch die Röhren, um sie zu retten. Er kam zu spät. Die Wut, die ihn packte, als er ihre leblosen Körper sah, war mit nichts zu vergleichen, das die Schergen des Barons je gesehen hatten. Zac dehnte sich, türmte sich auf und erschlug, erstickte und erdrückte jeden, den er finden konnte. In seiner Raserei zerstörte er Dutzende von Behausungen und als der Kampf vorbei war, waren alle Angreifer tot. Als die Emotionen nachließen, plagte Zac ein schlechtes Gewissen wegen der Häuser, die er zerstörte hatte. Er schwor, die gute Arbeit seiner Eltern fortzuführen und den Menschen zu helfen. Er half beim Wiederaufbau, doch kaum war die Arbeit getan, verschwand er im Röhrenlabyrinth der Stadt. Jetzt lebt Zac allein in den Tunneln und Höhlen von Zhaun und labt sich an den Emotionen seiner Bewohner. Manchmal hellt sich seine Stimmung dadurch auf, doch meistens verdunkeln die Schicksale der Stadt seine Gedanken. Bei den Bewohnern ist er so etwas wie eine Großstadtlegende, eine mysteriöse Kreatur, die manchmal als Schatten aus den Ritzen emporsteigt und genauso schnell wieder in einem Abfluss verschwindet. Meistens hilft er einer armen Seele, aber in schwierigen Zeiten, wenn die Stimmung in der Stadt ihren Tiefpunkt erreicht, kann sein Erscheinen Grund zur Sorge sein.
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In kühnen Sprüngen durchquert ein Rächer der Rechtschaffenen die Schatten von Ost-Shurima, immer auf der Suche nach jenen, die anderen etwas zuleide getan haben. Er führt seine Bestrafung schnell, präzise und mit einer Sicherheit aus, die ihresgleichen sucht, auf dass seine kuriose Waffe das Unrecht seiner Feinde in Recht verwandeln möge. Akshan war auf den Straßen von Marwi aufgewachsen und hatte bereits bei seiner Geburt Bekanntschaft mit dem Unrecht gemacht. In einer Stadt, in der die ansässigen Kriegsfürsten alles Erdenkliche an sich rissen, überlebten die meisten nur, indem sie sich unauffällig verhielten und ihren eigenen Angelegenheiten nachgingen. So sehr der junge Akshan es auch versuchte, er konnte nie wegsehen, wenn er üble Taten bemerkte, und ging schnell dazwischen, wenn jemandem Unrecht geschah. Durch dieses Verhalten machte sich der Junge schnell mächtige Feinde, und so geschah es, dass er eines schicksalhaften Tages beinahe zu Tode geprügelt wurde. Doch das Glück war auf seiner Seite. Eine alte Frau namens Shadya fand den bewusstlosen Jungen auf der Straße vor ihrer Hütte. Entgegen Marwischer Gepflogenheiten, sich lieber aus allem herauszuhalten, nahm sie den jungen Akshan zu sich. Trotz verschwindend geringer Chancen erholte er sich letztendlich. Als Akshan wieder im Besitz seiner geistigen Kräfte war, wurde ihm bewusst, dass ihn keine gewöhnliche Frau gerettet hatte. Shadya gehörte zu den Wächtern des Lichts, einem uralten Orden, der sich dem Kampf gegen Graunächte und dem Auslöschen der Agenten des schwarzen Nebels verschrieben hatte. Für sie war Akshan einfach ein notleidender Heranwachsender, zwar stur und widerspenstig, aber doch verletzlich. Shadya geriet unzählige Male mit dem Jungen ob ihrer Hausregeln aneinander, entdeckte jedoch schnell, dass er eine liebenswerte Seele war. Er hatte Mumm und ein Gewissen – diese Kombination gab es nur selten in Marwi. Da sie das enorme Potenzial des jungen Mannes erkannt hatte, traf sie mit ihm eine Abmachung: Er durfte bei ihr bleiben, außer Reichweite seiner zahllosen Feinde, und sollte sich im Gegenzug dem Dienst am Orden widmen. Shadya lehrte Akshan alles, was sie über das Überleben als allein kämpfende Wächterin wusste, und schon bald verband sie eine enge Freundschaft. Akshan, der rauflustige Straßenkater, wuchs heran zu Akshan, dem Fluch aller Schurken. Akshans Können verbesserte sich mit jedem Tag, doch im gleichen Maße beobachtete er, dass seine Mentorin sich von ihm entfernte und mit jedem Tag besorgter wurde. Schlussendlich eröffnete Shadya ihrem Schüler den Grund für ihre Sorge: Eine Graunacht stand bevor, die größte, die die Welt je gesehen hatte, und sie würde eine Armee aus Geistern und Ghulen von den Schatteninseln mit sich bringen. Ihre einzige Hoffnung, der Katastrophe Einhalt zu gebieten, waren die uralten Wächterwaffen, die in Shurimas Krypten und Grabstätten verborgen lagen. Wenn sie die Welt vor dem Untergang bewahren wollten, mussten sie diese Waffen holen, und zwar schnell. Shadya musste aber entsetzt feststellen, dass die uralten Waffen bereits in die Hände der ansässigen Kriegsfürsten gefallen waren. Inständig bat sie die Kriegsfürsten, ihr die Waffen für den unausweichlichen Kampf gegen die Graunacht zu überlassen, stieß bei den Kriegsfürsten jedoch nur auf taube Ohren. Diese wollten sich die mysteriöse Kraft der Waffen selbst zunutze machen. Da Akshan und Shadya die Zeit davonlief, mussten sie mit ihrem bestehenden Arsenal vorlieb nehmen. Als sie ihr Arsenal prüften, entdeckte Akshan eine besonders auffällige Waffe, die tief unten im Gewölbe verborgen war. Alarmiert riss seine Mentorin ihm die Waffe aus der Hand und verbot ihm, sie je zu benutzen. Die Waffe mit dem Beinamen „der Erlöser“ trug einen uralten Zauber in sich, der ihr eine seltsame, entsetzliche Macht verlieh: Sie konnte einem Mörder das Leben nehmen und dadurch dessen letzte Opfer wieder zum Leben erwecken. „Niemand darf eine solche Waffe besitzen,“ erklärte sie. „Derartige Angelegenheiten von Leben und Tod überlässt man lieber dem Schicksal.“ Doch Akshan sträubte sich immer noch gegen die Regeln der Wächter und die Regeln des Schicksals waren ihm sogar noch mehr zuwider. Er hatte schließlich sein ganzes Leben lang mit ansehen müssen, dass guten Leuten Unrecht geschah, während schlechte Leute nach Gutdünken handelten, ohne dass ihre Taten vergolten wurden. Wenn es so etwas wie das Schicksal wirklich gab, brauchte es auf jeden Fall Hilfe – und die konnte der Erlöser bieten. Akshan entwickelte immer größeres Interesse an der Waffe, während er weitere Einzelheiten ihrer Geschichte aus Shadya herauskitzelte. Schließlich machte er eine schockierende Entdeckung: Shadya hatte die Waffe verwendet, um Akshan zu retten, als sie ihn vor all den Jahren bewusstlos auf der Straße vorgefunden hatte. Damit hatte sie den Verbrecher getötet, der ihn beinahe ermordet hatte, und somit Akshan das Leben geschenkt. Nun stellte sich ihm die Frage, weshalb nur er allein es verdient hatte, von der Waffe gerettet zu werden? Sicherlich lebten noch viele andere Menschen, deren Leben einen größeren Wert hatte. Während Akshan die veralteten Regeln seines Ordens infrage stellte, drängte seine Mentorin die Kriegsfürsten weiterhin, ihre gestohlenen Waffen zurückzugeben. Die Verhältnisse zwischen den beiden Parteien spannten sich mehr und mehr an, bis Akshan eines tragischen Tages nach Hause zurückkehrte und Shadya ermordet auf der Straße an beinahe der gleichen Stelle vorfand, an der er vor Jahren gelegen hatte. Akshan wusste, was er zu tun hatte. Er nahm wichtige Anpassungen am Erlöser vor und zog vom Rachedurst geleitet mit der verbotenen Waffe hinaus in die sengende Hitze der Wüste. Er vermochte nicht herauszufinden, welcher Kriegsfürst seine Mentorin umgebracht hatte, daher wusste er eines mit Sicherheit: Er würde einen nach dem anderen umbringen, bis Shadya wieder nach Runeterra zurückgebracht war.
Marksman
Der Mond leuchtet hell über den Steilhängen des Targon. Er wirkt so fern und doch so unmöglich nah. Aphelios und seine Zwillingsschwester Alune wurden während einer seltenen Mondkonvergenz geboren, als der Mond der physischen Welt von seinem Spiegelbild im Reich der Geister verdunkelt wurde. Die beiden wurden von den Anhängern des Lunari-Glaubens am Targon als Schicksalskinder gefeiert. Das himmlische Phänomen, das ihre Geburt angekündigt hatte, spiegelte sich in den beiden Kindern wider: Aphelios war stark wie der steinerne Mond und Alune verfügte über magische Fähigkeiten wie dessen Reflektion im Geisterreich. Sie waren strenggläubig und wuchsen im Schoße einer Weltanschauung voller Mysterien, Besinnung und Entdeckung auf. Die Dunkelheit nahmen sie nicht nur als Religion an, sondern auch weil sie ihnen Schutz bot. Die Solari, die auf dem Targon herrschten, sahen die Lunari als Ketzer an und trieben sie in ihre Verstecke zurück, bis sie fast vergessen worden waren. Den Lunari blieben nur die Schatten und so lebten sie in Tempeln oder Höhlen, wo sie vor den Augen der Solari verborgen waren. Aphelios stand unter großem Druck, sich als Vorbild hervorzutun. Bei seinem unermüdlichen Training mit mystischen Mondsteinklingen ließ er Blut und Schweiß, um später das Blut anderer im Kampf für den Schutz seines Glaubens vergießen zu können. Er war ernst und verletzlich, und so pflegte er eine enge Beziehung zu seiner Schwester, statt andere Freundschaften zu unterhalten. Während Aphelios auf immer gefährlichere Missionen ausgesandt wurde, um die Lunari zu schützen, wurde Alune ihrerseits zur Seherin ausgebildet. Mit ihrer erhellenden Magie sollte sie verborgene Pfade und Wahrheiten durch das Licht des Mondes enthüllen. Im Laufe der Zeit musste auch sie aufgrund ihrer Pflichten den Tempel verlassen, in dem sie beide aufgewachsen waren. Ohne Alune geriet Aphelios’ Glaube ins Wanken. Er suchte verzweifelt einen Sinn im Leben und unternahm eine zeremonielle Reise in die Dunkelheit, wo die Lunari angeblich ihren Pfad – oder ihre Umlaufbahn – finden. Er folgte dem Mondlicht bis zu einem Teich, wo Noctumblumen unter der Wasseroberfläche blühten. Obwohl sie giftig waren, konnte man aus den Blumen eine Flüssigkeit herstellen, die es den Kräften der Nacht ermöglichen würde, ihn zu durchdringen. Aphelios trank die Noctumessenz und der darauffolgende Schmerz ließ den Rest der Welt verstummen. Bald darauf stand die Phase des Marus Omegnum an, ein uralter Tempel, der zum ersten Mal seit Jahrhunderten aus der Geisterwelt heraustreten sollte. Die Lunari verließen ihre Verstecken im Berg und versammelten sich, um dem Wechsel des Mächtegleichgewichts beizuwohnen und die himmlischen Zyklen zu verfolgen, die ihren Gang gingen. Jedes Mal, wenn die Festung erschien, durfte genau ein Magiebegabter eintreten. Dieses Mal war die Wahl auf Alune gefallen und ihre Umlaufbahn führte sie zum Tempel. Aphelios, der sonst nie Ansprüche stellte, bat darum, am Ereignis teilnehmen zu dürfen. Doch als sich die Festung mit strahlender Magie durch den Schleier schob, erfüllte ein grelleres Leuchten die Nacht. Die Lunari waren entdeckt worden, obwohl die himmlischen Zyklen sich zu ihren Gunsten gewendet hatten. Eine Armee der Solari stürmte auf sie zu. Alles schien verloren und die Solari läuterten die lunarischen Ketzerei mit Feuer und Stahl. Selbst Aphelios wurde geschlagen, seine Mondsteinklingen lagen zersplittert auf dem Boden. Blut tropfte von seinen Lippen, als er nach dem Noctum griff … Während die Schlacht tobte, drang Alune tiefer in den Tempel ein. Als sie sein Zentrum erreichte, entfaltete sich ihre volle Kraft. Dank des Noctums spürte Aphelios, wie Alunes Macht ihn umschlag …und er vernahm ihre Stimme. Mit einem Flüstern legte sie Magie in seine Hände – ein Ersatz für seine Klingen, der sich zu Mondstein verfestigte. Wie der steinerne Mond und sein Spiegelbild im Geisterreich wurden Aphelios’ Können und Alunes Magie eins. Die Krieger der Solari würden die aufgehende Sonne kein weiteres Mal erleben. Alunes Kräfte erstarkten so ungemein, dass sie den Tempel und sich selbst zurück in das Reich der Geister bewegen konnte, wo er vor den Solari in Sicherheit war. Dank der Bündelkraft des Tempels konnte Alune aus seinem Inneren heraus ihre verstärkte Magie überall hin projizieren. Sie brauchte dazu nur einen Fokuspunkt – wie das Gift, das durch Aphelios’ Adern floss. Erst jetzt wurde den beiden das volle Ausmaß ihres Schicksals bewusst. Aphelios musste seinen Körper durch Schmerz in eine leere Hülle verwandeln, um die Macht des Mondes von sich Besitz ergreifen zu lassen. Alune musste einsam und isoliert in ihrer Festung verharren, aber sie konnte durch die Augen ihres Bruders sehen und ihn leiten. Zusammen waren sie die Waffe, die die Lunari brauchten, gebunden durch Opfer und Schmerz. Nur getrennt voneinander konnten sie zusammen sein, während ihre Seelen den Schleier streiften. So fern und doch so unmöglich nah bildeten sie eine Einheit, die sie nicht verstanden. Um die Überlebenden des Angriffs zu beschützen, die sich wieder in die Schatten des Bergs zurückgezogen hatten, hatte Alune Aphelios’ Assassinenausbildung durch ihre Magie verstärkt – seine Klingen sind nun ein Arsenal an mystischen Waffen, die Alune im Laufe vieler gemeinsamer Missionen perfektioniert hat. Da sich das Mächtegleichgewicht des Targon nun wandelt und die Solari wissen, dass es die Lunari immer noch gibt, werden Aphelios und Alune mehr denn je gebraucht.
Marksman
Ashe stammt aus dem nördlichen Freljord, wo brutale Stammesüberfälle und Auseinandersetzungen innerhalb der Clans genauso an der Tagesordnung sind wie das Brüllen der Eiswinde und die unerbittliche Kälte der Tundra. Als einziges Kind von Grena, der Matriarchin des winzigen Stamms der Avarosa, war Ashe eine Eisgeborene: Mitglied der Kriegerkaste, der nicht nur die Gabe ihrer Vorfahren in die Wiege gelegt worden war, eine Verbindung mit der Magie ihres Lands herzustellen, sondern auch die seltene Fähigkeit, das Wahre Eis für sich zu nutzen. Jeder ging davon aus, dass Ashe die Nachfolgerin ihrer Mutter als nächste Stammesanführerin werden würde. Dies war allerdings nie der Ruhm, nach dem Ashe strebte. Im Gegenteil, die düstere Verantwortung ihrer kriegerischen Abstammung und ihrer außergewöhnlichen Gaben führten zunehmend dazu, dass Ashe sich isoliert, bedrückt und einsam fühlte. Sie fand nur Ruhe, wenn Sejuani, ein eisgeborenes Mädchen aus einer Schwestersippe, sich ihnen für die Sommerjagd rund um die Ornnkaalfelsen anschloss. Die Freundschaft der beiden Mädchen machte ihre Kindheit aus, wurde aber auseinandergerissen, als sie zu Jugendlichen herangewachsen waren. Irgendwie hatte Grena Sejuanis Großmutter beleidigt und die Gemeinschaft ihrer beiden Stämme fand ein jähes Ende. Bald darauf begann Ashes Mutter, deren Jugend allmählich dahinschwand, ihre lebenslange Suche nach dem „Thron von Avarosa“ – einem angeblichen Hort voller Schätze und magischer Gegenstände. Sie hoffte, dieser würde ihr Volk wieder zu alter Größe führen. Doch Grenas Glaube an Prophezeiungen und Legenden ließ sie Risiken eingehen, die ihren Stamm oft entkräfteten. Schließlich wurde Grena bei einem weiteren gefährlichen und unnötigen Überfall auf das Land eines anderen Stammes getötet. Nach ihrem plötzlichen Tod war Ashe auf der Flucht und der größte Teil ihres Stamms wurde ausgelöscht. Allein und gehetzt folgte Ashe der letzten Karte ihrer Mutter, die sie zu einem verlassenen Gletscher führte. Dort fand sie das angebliche Grab von Avarosa und ihren magischen Bogen aus Wahrem Eis. Ashe verwendete die Waffe, um den Tod ihrer Mutter zu rächen und zog dann westwärts. Ob aus Pflichtbewusstsein oder Einsamkeit – Ashe erwarb einen gewissen Ruf, indem sie die vielen verstreuten Stämme von Herdgebundenen, denen sie begegnete, beschützte. Sie verweigerte sich dem Brauch, Sklaven zu nehmen, und beschloss stattdessen, diese verzweifelten Leute als vollwertige Mitglieder ihres neuen Stamms anzunehmen. So wuchs ihr Ruhm stetig. Bald begannen viele daran zu glauben, dass sie nicht nur die Waffe von Avarosa trug – Ashe war die wiedergeborene Legende und dazu bestimmt, Freljord wieder zu vereinen. Doch solche Märchengeschichten ernährten ihre Anhänger nicht und ihr langer Marsch Richtung Süden brachte den Stamm an den Rand des Hungertods. Also nutzte Ashe die Mythen, die sich um sie rankten, um Bündnisse mit den mächtigen südlichen Stämmen zu schmieden, die viel Land besaßen, und sie zu einer Nation zu einen, die es mit den benachbarten Königreichen aufnehmen konnte. Diese neuen Bündnisse brachten neue Gefahren und Ashe fand sich bald im Zentrum einer politischen Fehde wieder. Von einer Kriegsmutter – wie die Anführerinnen im Freljord genannt werden – wurde erwartet, dass sie heiratete. Allerdings würde es die anderen Stämme verärgern, wenn sie einen Ehemann aus einem der großen Stämme wählte. Ashe hätte mehrere Männer ehelichen können, aber das hätte den Konflikt mit ihrem eigenen Haushalt zum Überkochen gebracht und das darauffolgende Blutvergießen hätte die von ihr geschmiedeten Bündnisse, für die sie so hart gekämpft hatte, zerschlagen. Ihre Antwort war ein verarmter Vagabund aus einem beinahe ausgelöschten Bergclan – der Krieger Tryndamere. Er war weder ein Geistwandler noch war er mit Elementarmächten gesegnet, doch seit seiner Ankunft in Ashes neuer Hauptstadt hatte Tryndamere sich in jeden Duellring geworfen, den er finden konnte. Er kämpfte voller Hingabe und wollte unbedingt beweisen, dass die bettelarmen Überlebenden seines Clans würdig waren, in einen der stärkeren Stämme aufgenommen zu werden. Doch sein brutaler Kampfstil und seine außerordentliche Lebenskraft waren sogar für Freljord verstörend und viele vermuteten, er sei von dunkler Magie durchdrungen. Ashe kümmerte das nicht und sie bot ihm an, sein Volk als ihres anzunehmen, wenn er ihr erster und einziger Blutgeschworener würde. Zögernd nahm Tryndamere an. Obwohl es sich um eine politisch motivierte Heirat handelte, war spürbar, dass die beiden sich zueinander hingezogen fühlten und allmählich keimte wahre Zuneigung auf. Jetzt steht Ashe an der Spitze der seit vielen Generationen größten Koalition der Stämme Freljords. Doch die von ihr geschaffene Einheit beruht auf einem brüchigen Frieden, der nicht nur durch interne Intrigen, fremde Mächte und die ständig wachsende, gewaltbereite Horde der Winterklaue bedroht wird, sondern auch durch ein angebliches Schicksal, an das Ashe zumindest nach außen hin glauben muss …
Marksman
Obwohl Caitlyn Kiramman in einen wohlhabenden und einflussreichen Händler-Klan aus Piltover hineingeboren wurde und mit der Etikette des Lebens dort vertraut ist, zog sie es doch vor, mehr Zeit in den wilden Landen außerhalb der Stadt zu verbringen. Sie wusste sich zwar in der reichen Elite der Stadt des Fortschritts zu bewegen, konnte aber genauso gut die Fährte eines Rehs im schlammigen Wald lesen oder einen Vogel, der über den Händlervierteln schwebte, verfolgen. Mit der Repetiermuskete, die ihr Vater in Bilgewasser erwarb, konnte sie einem Hasen auf dreihundert Metern Entfernung eine Kugel durchs Auge jagen. Doch Caitlyns größte Vorzüge waren ihr Intellekt und ihr Wille, von ihren Eltern zu lernen, die trotz ihrer komfortablen Lebensumstände ihr Verständnis von Richtig und Falsch schärften. Ihre Mutter war eine wichtige Disponentin im Kiramman-Klan und warnte Caitlyn beständig vor dem Sirenengesang von Piltover, dessen güldene Versprechungen das wärmste Herz verhärten konnten. Anfangs gab Caitlyn auf diese Warnungen wenig. Für sie war Piltover ein Ort der Schönheit und Ordnung, in den sie sich jedes Mal aufs Neue verliebte, wenn sie aus der Wildnis zurückkehrte. Doch fünf Jahre später, am Tag des Fortschritts, sollte sich all dies ändern. Caitlyn kehrte zurück und fand ihr Heim geplündert und leer vor. Die Angestellten der Familie waren alle tot und von ihren Eltern war keine Spur. Caitlyn sicherte das Haus und machte sich sofort auf die Suche nach ihnen. Eine Spur in einer Stadt zu verfolgen war etwas ganz anderes als die Pirsch im Wald, aber schließlich fand Caitlyn, einen nach dem anderen, die Diebe, die in das Zuhause ihrer Familie eingedrungen waren. Die Spur führte Caitlyn schließlich zu einem geheimen Rückzugsort der Diebe, in dem ihre Eltern gefoltert wurden, um ihnen Informationen zu entlocken. Im Schutz der Dunkelheit gelang es ihr, ihre Eltern zu befreien und die Wächter Piltovers zu informieren ... aber nicht einer der festgenommenen Entführer konnte sagen, wer sie beauftragt hatte – sie hatten nur mit einem Phantom mit dem Anfangsbuchstaben C zu tun gehabt. Caitlyn und ihre Eltern bauten sich ihr altes Leben Stück für Stück wieder auf, doch etwas Entscheidendes hatte sich verändert. Besonders Caitlyns Mutter konnte die politischen Geschäfte und die Unaufrichtigkeit des Klanlebens nicht mehr ertragen und gab deshalb ihre hohe Stellung auf, was den Kiramman-Klan mit einem Machtvakuum zurückließ. Obwohl sie ihre Eltern sehr liebte, wollte Caitlyn nie die Position ihrer Mutter übernehmen oder die Werksmeister-Tätigkeit von ihrem Vater erlernen. Stattdessen fokussierte sie all ihre Energie darauf, dem Rätsel um das mysteriöse „C“ auf die Schliche zu kommen und die Intrige aufzudecken. Ihre Jägerfähigkeiten kamen ihr dabei zugute und sie machte sich bald als Privatermittlerin einen Namen. Sie konnte alles und jeden aufspüren. Caitlyns Eltern waren äußerst stolz darauf, wie erfolgreich ihre Tochter geworden war, und stellten ihr ein Hextech-Gewehr von außergewöhnlicher Qualität her, dessen Zielgenauigkeit höher war als die jedes anderen Gewehrs. Mit dem Gewehr ließ sich verschiedene Spezialmunition abfeuern und es konnte unterwegs leicht modifiziert werden. Nach einem besonders traumatischen Fall, in dem es um ein verschwundenes Hextech-Gerät und eine Serie von Kindesentführungen ging, wurde Caitlyn zu den Wächtern gerufen. Sie war von einem Wächter empfohlen worden, der ebenfalls ein Faible für merkwürdige Fälle hatte und ihr gemeinsamer Kampf gegen einen verrückten Chem-Forscher, der von seinen eigenen Tinkturen in den Wahnsinn getrieben worden war, führte dazu, dass man ihr offiziell die Stelle des Sheriffs anbot. Caitlyn lehnte zunächst ab, aber sie begriff bald, dass die Ressourcen der Wächter ihr dabei helfen konnten, die Identität von „C“ aufzudecken. Heute arbeitet Caitlyn als respektierter Sheriff bei den Wächtern, und strebt stets danach, die Stadt des Fortschritts zu einem sichereren und besseren Ort zu machen. Seit Kurzem arbeitet sie mit einer neuen Rekrutin aus Zhaun als Partnerin zusammen, der waghalsigen und dreisten Vi. Wie eine solche Partnerschaft zustande kam und dann auch noch so effektiv wurde, ist das Thema etlicher Tavernengespräche und Gerüchte, sowohl innerhalb der Wache als auch bei denen, die sie ins Gefängnis schleifen. Caitlyn weiß allerdings nicht, dass „C“ auch sie im Visier hat ... besonders als ihre Untersuchungen sie näher und näher zur Lösung führen.
Marksman
Sogar als Waisenjunge auf den Straßen von Basilich war Draven ein eigenwilliges Kind, das sich angeberisch in den Vordergrund spielte und häufig mit älteren Straßenkindern und zwielichtigen Schlägern der Unterwelt brutale Kämpfe austrug. Er hatte großes Vertrauen in seine Fähigkeiten – manche sprachen sogar von übermäßigem Selbstvertrauen – und dennoch verdankt er sein Überleben in der Kindheit wohl seinem älteren Bruder Darius, der stets und ständig die von Draven begonnenen Kämpfe zu Ende führen musste. Als Basilich von der noxianischen Kriegswehr eingenommen wurde, fielen die beiden Brüder einem Hauptmann namens Cyrus auf, nachdem Draven ein kaum durchdachtes Attentat auf ihn verübte. Vom Kampfgeist der Brüder beeindruckt gestattete Cyrus es ihnen, sich der noxianischen Armee anzuschließen. Jahrelang kämpften die Brüder in Cyrus’ Kriegswehr. Darius gewöhnte sich schnell an dieses Leben, doch Draven wurde es nach und nach immer langweiliger. Sein kämpferisches Können stand außer Frage, aber die tägliche Plackerei des Soldatenlebens war für ihn zu viel Mühe für ein zu geringes Entgelt …und nicht genug Ruhm für ihn persönlich. Darius stieg unweigerlich zum Anführer seines eigenen Kriegstrupps auf und Draven diente unter ihm. Falls er sich jedoch vorgestellt hatte, dass dies der leichtere Weg war oder eine Möglichkeit, mehr Ruhm für sich persönlich einzuheimsen, wurde er zutiefst enttäuscht. Einige meinten, Draven hat Darius’ Einheit aus freien Stücken verlassen. Andere wiederum sind der Ansicht, dass er ausscheiden musste. In jedem Fall war sein Können als Champion und Duellant sehr gefragt und ihm wurde während der Besetzung von Ionia der Beitritt zu einer ganzen Reihe Kriegstrupps schmackhaft gemacht, bevor er sich mit einem recht respektablen Vertrag in den Arenen der Vergeltung wiederfand. Seit Jahrhunderten hatten die Gladiator-Vergelter eine wichtige Rolle in Noxus gespielt: Sie bestraften Verbrechen und schlichteten Streit zwischen Adelshäusern. Draven war fest entschlossen, den Ruhm, die Verehrung und das Ansehen zu erlangen, die ihm seiner Meinung nach zustanden. Wegen der langen Kriege an vielen Fronten, die sich in die Länge zogen, verlor das Spektakel für normale Bürger nach und nach an Anziehungskraft. Die schwindende Aufmerksamkeit des Publikums setzte Draven stark zu, sodass er mehr und mehr Zeit in den schäbigen Saufhallen und Spielhöllen der Hauptstadt verbrachte. Er war völlig am Ende und pleite, als der ehemalige General Jericho Swain ihn fand. Swain plante, Noxus’ verlorenen Ruhm wiederherstellen, und brauchte dafür Dravens Hilfe. Vielleicht heuerte Swain ihn nur an, um sich die Unterstützung seines Bruders Darius zu sichern. Wie dem auch sei, Draven war der Dreh- und Angelpunkt von Swains Plan, Großgeneral Boram Darkwill seines Amtes zu entheben. Draven lächelte zum ersten Mal seit Monaten, als er triumphierend neben Swain stand und sich vom noxianischen Volk bejubeln ließ. Doch die Pflicht rief. In den Tagen und Wochen, die diesem beispiellosen Coup folgten, weigerten sich viele Adelige der Oberschicht, Swains Recht auf Nachfolge anzuerkennen. Sie wurden zum Tod in der Arena verurteilt. Ein Verurteilter entkam seinen Aufsehern vor der Hinrichtung. Aus reinem Instinkt, aus Gewohnheit sprang Draven vom hohen Balkon und schleuderte seine Äxte auf den fliehenden Mann, was diesen innerhalb eines Sekundenbruchteils zu Boden brachte. Nach einem Augenblick angespannter Stille brach die Menge in tosenden Beifall aus. Draven holte sich seine Äxte zurück und wirbelte sie als Schauspiel für seine neuen Fans in der Luft herum, während er sich im Applaus sonnte. So wurde Draven zum ruhmreichen Scharfrichter, der Routinekämpfe in Spektakel verwandelte, die eine noch größere Menge anzogen. Schon bald wandte sich ein unternehmerischer (und zwergenhafter) Veranstalter mit einer Idee an Draven, der es leid war, für Kost, Logis und Training der Vergelter zu sorgen, nur damit diese vor schwindenden Zuschauerzahlen ihr Leben ließen. Warum sollte man nicht das Drama der klassischen Arenakämpfe mit Dravens angeborenem Hang zur Selbstdarstellung verbinden? Bald waren die Vergelter genauso Unterhaltungskünstler, wie sie Kämpfer waren. Jeder hatte seine eigene erfundene Hintergrundgeschichte, seinen eigenen Kampfstil und extravagante Persönlichkeit. Oft floss in den Kämpfen viel Blut – schließlich war dies immer noch Noxus – doch sehr viel weniger Kämpfe endeten tödlich. Die Rivalitäten, das gegenseitige Schlechtreden und die Intrigen zwischen den bekanntesten Vergeltern wurden überall im Imperium zu Legenden versponnen, doch niemand war häufiger Gesprächsstoff als Draven. Eine Zeit lang lebte er auf großem Fuße und erhielt Einladungen zu einer nicht enden wollenden Serie an Feiern und Banketten, bei denen er sich unter die wohlhabenden und einflussreichen Menschen in Swains neuem Noxus mischte. Er versöhnte sich sogar mit Darius und schloss sich gelegentlich der Kriegswehr bei einem Marsch an, wo er gegnerische Champions und Generäle im Kampf Mann gegen Mann besiegte. Gleichwohl stellt sich bei Draven langsam ein Gefühl der Unruhe ein. Er hat alles und mehr, als er sich nur vorstellen könnte, träumt aber dennoch von dem Tag, an dem die ganze Welt seinen Namen kennt.
Marksman
Malcolm Graves wuchs in den Gassen an den Kais von Bilgewasser auf. Er lernte schnell zu kämpfen und zu stehlen, Kenntnisse, die ihm im Laufe der Jahre äußerst dienlich sein würden. Er fand stets Arbeit, indem er illegale Ladungen von Booten der Schmuggler, die jede Nacht in die Bucht einliefen, an Land trug und wurde nebenbei auch gern als Muskelprotz angeheuert, der sich um die anderen widerwärtigen Gestalten, die am Hafen ihren Geschäften nachgingen, kümmern sollte. Doch die Angelegenheiten in den Gassen waren für Graves ein Klacks und er sehnte sich nach spannenderen Herausforderungen. Noch im Jugendalter stahl Graves eine Donnerbüchse und schmuggelte sich an Bord eines Schiffs, das aus Bilgewasser auslief und Kurs auf das Festland von Shurima hielt. Dann stahl, log und spielte er sich seinen Weg an der Küste entlang von einem Ort zum nächsten. Während eines illegalen Kartenspiels in Schlammstadt, bei dem es um hohe Einsätze ging, traf Graves auf einen Mann, der den Lauf seines Lebens und den seiner Karriere ändern sollte: den Betrüger, der vielen als Twisted Fate bekannt war. Sofort fiel jedem der beiden Gauner die gleiche leichtsinnige Leidenschaft für Gefahr und Abenteuer im anderen auf, und gemeinsam gingen sie eine höchst lukrative Partnerschaft ein. Zwischen Graves’ roher Muskelkraft und Twisted Fates Fähigkeit, sich mit seiner Redegewandtheit aus fast jeder Situation heraus- (und mitunter auch wieder hinein-) zu manövrieren, bildeten sie von Anfang an ein ungewöhnlich effizientes Team. Ihr geteilter Sinn für schurkenhafte Ehre entwickelte sich zu tiefem Vertrauen, und gemeinsam bestahlen sie die Reichen, betrogen die Törichten, wählten sorgfältig fähige Mannschaften für bestimmte Aufträge aus und hintergingen ihre Rivalen, sobald sich ihnen die Gelegenheit dazu bot. Obwohl Twisted Fate gelegentlich all ihren Gewinn verpulverte und sie dann mit leeren Händen dastanden, wusste Graves, dass der Nervenkitzel einer neuen Eskapade schon hinter der nächsten Ecke auf sie wartete … In den südlichen Grenzgebieten von Valoran haben sie als Deckung für die Rettung eines entführten Erbfolgers zwei renommierte Adelshäuser von Noxus gegeneinander aufgehetzt. Ihre eigentlichen Auftraggeber hätte es nicht überraschen sollen, dass die beiden einfach die Belohnung kassierten und dann den jungen Mann gegen Lösegeld an den Höchstbietenden verschacherten. In Piltover gelten sie immer noch als die einzigen Diebe, die es jemals geschafft haben, den angeblich einbruchssicheren Uhrwerkstresor zu knacken. Das Duo stahl dabei nicht nur sämtliche Schätze aus dem Tresor, sondern brachte zudem die Wachen dazu, die Beute auf ihren gekaperten Schoner zu laden, damit sie schnell durch die Sonnentore entkommen konnten. So gut wie immer wurden ihre Taten erst dann entdeckt, als sie und ihre Komplizen schon lange hinter dem Horizont verschwunden waren. Als Markenzeichen ließ Twisted Fate eine seiner "Visitenkarten" dort zurück, wo sie leicht zu finden waren. Doch letztendlich verließ sie das Glück. Während eines Raubüberfalls, der zunächst komplex, schnell aber komplett verbockt war, wurde Graves von den ortsansässigen Vollstreckern geschnappt, während Twisted Fate die Flucht ergriff und ihn zurückließ. Graves wurde in das berühmt berüchtigte Gefängnis „Der Karzer“ geworfen und ertrug dort viele Jahre voller Folter und Einzelhaft, in denen er immer bittereren Hass auf seinen alten Partner entwickelte. Ein schwächerer Mann wäre sicherlich an diesem Schicksal zu Grunde gegangen, aber nicht Malcom Graves. Er war fest entschlossen, Rache zu üben. Als er sich letztendlich mit der nagelneuen Schrotflinte der Gefängniswache einen Weg in die Freiheit erkämpfte, nahm Graves die längst überfällige Verfolgung von Twisted Fate auf. Die Suche führte ihn zurück nach Bilgewasser, wo er erfuhr, dass auf den gerissenen alten Falschspieler einige neue Kopfgelder ausgesetzt waren – und Graves war nur allzu bereit, sie für sich zu beanspruchen. Doch just in dem Moment, als er Twisted Fate aufgespürt hatte, wurden sie dazu gezwungen, ihre Differenzen beiseitezulegen, um einem beinahe sicheren Tod zu entrinnen, der sie in dem anhaltenden Konflikt zwischen dem Räuberkönig Gangplank und seinen rivalisierenden Schiffskapitänen erwartete. Wieder einmal befand sich Graves auf der Flucht aus seiner Heimatstadt – doch diesmal hatte er seinen alten Freund im Schlepptau. Obwohl Beide wieder gern da angeknüpft hätten, wo ihre Partnerschaft vor all den Jahren aufgehört hatte, konnte Graves den über viele Jahre angestauten Groll nicht einfach über Nacht vergessen. Also würde es noch eine Weile dauern, bis Graves sich wieder dazu durchringen könnte, Twisted Fate Vertrauen zu schenken. Dennoch fühlt er sich von Bilgewasser erneut angezogen. Vielleicht kommt das Duo diesmal zum Zug und kann den ultimativen Raubüberfall durchziehen …
Marksman
Welches Dorf in Ionia man auch bereist, fast überall hört man die Geschichte von der Jagd auf den goldenen Dämon. Viele Theaterstücke und epische Gedichte künden von der Verbannung dieses grausamen Geistes, die bis zum heutigen Tag gefeiert wird. Doch im Herzen eines jeden Mythos steckt ein Körnchen Wahrheit, und die Wahrheit hinter den Erzählungen über den goldenen Dämon weicht sehr von den Geschichten ab. Jahrelang wurden die südlichen Berge Ionias von der berüchtigten Kreatur heimgesucht. In der Zhyun-Provinz und sogar im entfernten Shon-Xan und Galrin fielen unzählige Reisende und manchmal ganze Gehöfte einem Monster zum Opfer, das nur morbide drapierte Leichen zurückließ. Bewaffnete Milizen durchsuchten die Wälder, Städte heuerten Dämonenjäger an, Wuju-Meister patrouillierten auf den Straßen, doch nichts konnte dem Blutdurst der Bestie Einhalt gebieten. In seiner Verzweiflung sandte der Rat von Zhyun einen Boten zu Kusho, dem Großmeister des Kinkou-Ordens, um ihn um Hilfe zu bitten. Da ihm die Aufgabe oblag, das Gleichgewicht zwischen dem Geisterreich und der weltlichen Ebene zu wahren, war Kusho versiert in der Verbannung von Dämonen. Damit die gerissene Kreatur nichts von seinen Absichten erfuhr, brach Kusho in aller Heimlichkeit mit seinem jugendlichen Sohn Shen und seinem jungen Lehrling Zed in Richtung der Provinz auf. Sie besuchten die zahllosen traumatisierten Familien, die unter den Morden litten, nahmen die schrecklichen Tatorte unter die Lupe und hielten die Augen offen nach Verbindungen zwischen den Todesfällen. Schon bald begriff Kusho, dass sie bei Weitem nicht die Ersten waren, die dieses mörderische Wesen jagten. Allmählich festigte sich seine Vermutung, dass es sich hier nicht um das Werk eines einfachen Dämons handelte. Über die nächsten vier Jahre entzog sich der goldene Dämon ihrem Griff. Die lange Jagd veränderte die drei Männer. Kushos berühmte rote Mähne wurde weiß. Die Miene von Shen, der für seinen geistreichen Witz bekannt war, verdüsterte sich. Und Zed, der hellste Stern am Himmel von Kushos Tempel, fiel es immer schwerer, seine Studien fortzusetzen. Es war fast, als wüsste der Dämon, dass sie ihn suchten, und als labte er sich an der Pein, die ihr Scheitern ihnen einbrachte. Als der Großmeister schließlich ein Muster entdeckte, das allen Tötungen zu eigen war, soll er gesagt haben: „Gut und Böse sind keine absoluten Wahrheiten. Sie entstammen beide den Menschen und jeder nimmt die Schattierungen anders wahr.“ Kusho wollte die Nachforschungen aufgeben, denn mittlerweile war er überzeugt, dass sie nicht auf der Spur eines Dämons, sondern auf der eines niederträchtigen Menschen oder Vastaya waren. Eine solche Aufgabe oblag nicht den Kinkou. Shen und Zed weigerten sich, nun aufzugeben. Sie alle hatten so viel geopfert, um den Mörder zu finden, und so überzeugten sie Kusho, die Verfolgung fortzusetzen. Am Vorabend des Seelenblütenfests am Jyom-Pass verkleidete Kusho sich als bekannter Kalligraph und mischte sich unter die anderen geladenen Künstler. Dann wartete er ab. Shen und Zed hatten eine gewissenhaft vorbereitete Falle ausgelegt und endlich, nach all den Jahren, standen sie ihrem verhassten Ziel gegenüber. Kusho sollte recht behalten: Der berüchtigte „goldene Dämon“ war bloß ein Bühnenarbeiter an Zhyuns Wanderbühnen und Opernhäusern, der unter dem Namen Khada Jhin agierte. Nachdem sie Jhin gestellt hatten, wollte der junge Zed den am Boden kauernden Mann töten, doch Kusho hielt ihn zurück. Er erinnerte seine Schüler daran, dass sie ihren Aufgabenbereich schon seit Langem überschritten hatten und dass Jhins Ermordung die Angelegenheit nur verschlimmern würde. Kusho war besorgt, dass das Wissen um die Menschlichkeit des goldenen Dämons die Harmonie und das Vertrauen der ionischen Kultur untergraben würde – oder gar andere dazu inspirierte, ähnliche Gräueltaten zu begehen. Trotz Jhins Verbrechen hielt der legendäre Meister es für richtig, den Mörder am Leben zu lassen und in das Tuula-Klostergefängnis einzusperren. Shen befürwortete diesen Entschluss nicht, doch er fügte sich der nüchternen Logik hinter dem Urteil seines Vaters. Zed, den die vielen Schrecken, die er gesehen hatte, plagten und heimsuchten, konnte weder verstehen noch akzeptieren, dass dem Mörder diese Gnade zuteilwurde. Man erzählt sich, dass von diesem Augenblick an Bitterkeit sein Herz ergriff. Während seiner langen Gefangenschaft in Tuula gab Jhin kaum etwas über sich preis. Den Mönchen, die ihn bewachten, fiel auf, dass er ein aufgeweckter Schüler war, der in vielen Bereichen Begabung zeigte, darunter Schmiedekunst, Dichtung und Tanz. Nichtsdestotrotz war es ihnen unmöglich, ihn von seinen morbiden Faszinationen zu heilen. Unterdessen brach außerhalb der Klostermauern in Ionia Chaos aus, als das noxianische Imperium angriff. Der folgende Krieg erweckte den Blutdurst der friedlichen Nation. Jhin wurde einige Zeit nach Kriegsende aus Tuula befreit. Vermutlich setzte ihn eine der vielen radikalen Gruppierungen, die gegen Ende des Konflikts in den Ersten Landen um Macht rangen, für ihre Zwecke ein. Heutzutage hat er Zugriff auf die neuen Waffen der Waffenkammern von Kashuri, auch wenn niemand weiß, wie er in den Besitz dieser Instrumente der Zerstörung kam oder welche Verbindung er zu Kashuri hat. Wer auch immer seine geheimnisvollen Gönner sein mögen, sie haben Jhin wohl schier unbegrenzte Mittel zur Verfügung gestellt und scheinen sich nicht daran zu stören, dass seine „Auftritte“ immer ausufernder werden. Erst vor Kurzem griff er Mitglieder von Zeds Yanlei-Orden an. Doch die Massenmorde und Attentate, die sein berüchtigtes „Flair“ tragen, finden nicht nur in den vielen Regionen Ionias statt, sondern auch in den entfernten Zwillingsstädten Piltover und Zhaun. Anscheinend ist ganz Runeterra nicht mehr als eine Leinwand für die Grausamkeiten, die Khada Jhin seine Kunst nennt. Nur er weiß, wo er den nächsten Pinselstrich setzt.
Marksman
Die meisten von denen, die Jinx begegnen, sehen nur eine Verrückte mit einem Arsenal an gefährlichen Waffen. Einige wenige erinnern sich jedoch noch an ein relativ unschuldiges Mädchen aus Zhaun – eine Tüftlerin mit großen Ideen, die nie wirklich dazugehörte. Niemand kann mit Gewissheit sagen, was aus dem netten kleinen Kind die irre Vandalin gemacht hat, die für ihre mutwillige Zerstörung berüchtigt ist. Doch sobald Jinx ihr explosives Debüt in Piltover gegeben hatte, wurde ihr einzigartiges Talent für Anarchie zur Legende. Anfangs machte Jinx sich einen Ruf mit ihren anonymen „Streichen“, die sie den Bürgern von Piltover spielte … besonders denjenigen, die Verbindungen zu den wohlhabenden Händler-Klans unterhielten. Diese Streiche reichten von leicht ärgerlich bis kriminell gefährlich. Sie blockierte am Tag des Fortschritts die Straßen mit einer Stampede exotischer Tiere, die sie aus Graf Meis Menagerie befreit hatte, störte wochenlang den Handel, als sie die berühmten Brücken der Stadt mit wunderbar zerstörerischen Flammenfressern dekorierte und schaffte es einmal sogar, alle Straßenschilder der Stadt an neuen und unglaublich verwirrenden Standorten anzubringen. Obwohl die Ziele des unbekannten Störenfrieds willkürlich und ihre Motivation rein chaotischer Natur zu sein schienen, schaffte sie es stets, die geordnete Geschäftigkeit der Stadt zum Erliegen zu bringen. Natürlich schrieben die Wächter einige ihrer Verbrechen den Chem-Punk-Gangs aus der Unterstadt zu. Dass andere den Ruhm für ihre wundervollen Missetaten einheimsten, gefiel Jinx jedoch überhaupt nicht. Deshalb stellte sie sicher, dass bei ihren zukünftigen Streifzügen jeder mitbekam, welches verbrecherische Genie dahintersteckte. Bald waren Gerüchte im Umlauf, die ein mysteriöses Mädchen aus Zhaun mit blauen Haaren beschrieben, das Chemtech-Bomben, einen Raketenwerfer mit Haifischmaul und eine Minigun bei sich trug. Die Behörden taten diese Augenzeugenberichte jedoch als absurd ab. Wie sollte ein niederer Straßenpunk schließlich ein so tödliches Arsenal zusammentragen? Jinx’ bombastische Randale schien endlos weiterzugehen und die Versuche der Wächter, den Schuldigen zu stellen, wurden ständig zunichte gemacht. Sie versah ihre Zerstörungswerke mit lebhaften Graffitis und anderen provozierenden Nachrichten, die an die neueste Verbündete des Sheriffs der Stadt im Kampf gegen das Verbrechen gerichtet waren: Vollstreckerin Vi. Jinx wurde immer bekannter und während einige Bewohner von Zhaun sie als eine Art Heldin betrachteten, weil sie es den arroganten Pilties ordentlich zeigte, hielten andere sie für eine gefährliche Wahnsinnige, welche die existierenden Spannungen zwischen den zwei Städten weiter anheizte. Nach Monaten voller aberwitziger Aktionen enthüllte Jinx ihren bisher größten Plan. Sie beschmierte die Wände der ekliptischen Gewölbe, einer der sichersten Tresorräume von Piltover, mit einer äußerst unvorteilhaften Karikatur von Vollstreckerin Vi in unverkennbarem Neonpink sowie den Einzelheiten ihres persönlichen Vorhabens, die Geldspeicher im Inneren auszurauben. Eine angespannte erwartungsvolle Atmosphäre machte sich in Piltover und Zhaun in den Wochen vor dem geplanten Coup breit. Viele zweifelten daran, dass Jinx den Mumm hatte, aufzutauchen und eine Verhaftung zu riskieren – schließlich schien diese unausweichlich. Am Tag selbst bereiteten Vi, Sheriff Caitlyn und die Wächter draußen vor den Gewölben eine Falle für Jinx vor. Doch Jinx hatte sich bereits Tage zuvor mithilfe einer übergroßen Münzkiste in den Tresorraum geschmuggelt. Als Vi hörte, wie im Inneren des Gebäudes das totale Chaos losbrach, wusste sie sofort, dass die Wächter schon wieder ausgetrickst worden waren. Sie stürmte in den Tresorraum und die nachfolgende Auseinandersetzung machte aus den ekliptischen Gewölben eine schwelende Ruine. Jinx, der quietschfidele Quälgeist, war unauffindbar. Jinx ist bis zum heutigen Tage auf freiem Fuß und Piltover auch weiterhin ein Dorn im Auge. Ihre Aktionen haben unter den Chem-Punks zahlreiche Nachahmungstäter auf den Plan gerufen, mehrere satirische Theaterstücke inspiriert, welche die Inkompetenz der Wächter aufs Korn nehmen, und sogar in beiden Städten ein paar neue Ausdrücke geprägt – bisher hat sich jedoch noch nie jemand getraut, Vollstreckerin Vi „Putzig-in-Pink“ ins Gesicht zu sagen. Jinx’ ultimatives Ziel und der Grund für ihre Besessenheit von Vi bleiben weiterhin ein Rätsel, doch eines ist sicher: Ihre Verbrechen hören nicht auf und ihre Unverfrorenheit erreicht neue Höhen.
Marksman
Interessanterweise begann das Leben von Kai’Sa, der furchtlosen Jägerin der Leere, überaus gewöhnlich. Sie stammte weder von Stammeskriegern ab, die von generationenlangen Kämpfen abgehärtet waren, noch kam sie aus fernen Ländern, um die unbekannte Gefahr, die unter Shurima lauerte, zu bekämpfen. Sie war vielmehr ein gewöhnliches Mädchen, Tochter liebender Eltern, deren Zuhause die unerbittlichen südlichen Wüsten waren. Dort spielte sie tagsüber mit Freunden und des Nachts träumte sie von dem Platz, den sie in der Welt einnehmen sollte. In ihrem zehnten Sommer sollte sich das Schicksal der jungen Kaisa für immer verändern. Wäre sie älter gewesen, so hätte sie vielleicht die ungewöhnlichen Vorfälle bemerkt, die sich in den Dörfern zutrugen – jeden Tag drängte ihre Mutter sie, zu Hause zu bleiben, aus Angst vor den Fremden, die auf der Suche nach Opfern für die dunklen Mächte im Untergrund in der Gegend umherstreiften. Kaisa und ihre Freunde glaubten den Gerüchten nicht, bis sie eines Abends an einem Stall voller Opferziegen standen, die den Nomadenhirten abgekauft worden waren. Mit dem Messer, das sie von ihrem Vater zum achten Geburtstag bekommen hatte, schnitt sie die Seile durch und schenkte den Tieren in der nahen Schlucht die Freiheit. Alles schien wie ein harmloser Streich, bis das Undenkbare passierte. Der Boden begann zu beben, Blitze zuckten über den Himmel und die Kinder rannten erschrocken um ihr Leben. Die Leere war geweckt worden. Ein großer Riss tat sich im Boden auf, verschlang Kaisas Dorf samt Bewohnern und hinterließ nichts weiter als Sand, aus dem gewundene, nachtschwarze Säulen aufragten. Als Kaisa ihr Bewusstsein wiedererlangte, fand sie sich gefangen im Untergrund wieder. Angst lag ihr schwer auf der Brust, aber es war immer noch ein Funken Hoffnung in ihr, denn sie hörte die matten Schreie anderer Überlebender. Sie riefen einander kraftlos zu und wiederholten dabei ihre Namen wie ein Mantra. Schrecklicherweise konnte sie am dritten Tag nur noch ihre eigene Stimme hören. Ihre Freunde und Familie waren alle fort. Sie war nun allein in der Dunkelheit. Erst als alles verloren schien, sah sie das Licht in der Dunkelheit. Sie folgte ihm hinab. Auf ihrem Weg fand sie nur karge Nahrung. Unter dem Geröll lagen kaputte Trinkschläuche, verrottende Pfirsiche – alles, um dem Hungertod zu entkommen. Doch schließlich nahm wieder Angst den Platz von Kaisas Hunger ein. Sie fand sich in einer gewaltigen Höhle wieder, die von einem fremdartigen, violetten Glühen erleuchtet wurde, und sie sah, dass sie nicht mehr allein war. Krabbelnde Kreaturen schwärmten in die Tiefe. Die Erste, die sich auf Kaisa stürzte, war nicht größer als sie selbst und Kaisa umklammerte ihr Messer mit beiden Händen, bereit, sich zu verteidigen. Das Geschöpf der Leere stieß sie zu Boden, doch sie trieb ihre Klinge in sein pulsierendes Herz und sie stürzten beide tiefer in den Abgrund. Die Kreatur war scheinbar tot, doch ihre unnatürliche Haut hatte sich an Kaisas Arm geheftet. Der dunkle Panzer kribbelte, fühlte sich aber hart wie Stahl an. Panisch wollte Kaisa ihn mit dem Messer von ihrem Arm lösen, doch es zerbrach. Als die größeren Kreaturen kamen, nutzte sie ihn als Schild für ihre Flucht. Schon bald bemerkte sie, dass der Panzer ein Teil von ihr wurde. Ihr täglicher Überlebenskampf zog sich über Jahre hin, die zweite Haut wuchs zusammen mit ihr und ihre Entschlossenheit tat es ihr gleich. Jetzt hatte sie nicht nur Hoffnung, sondern auch einen Plan. Kämpfe hart. Bleib am Leben. Finde einen Weg zurück. Sie hatte sich verändert, war vom verängstigten Mädchen zur furchtlosen Überlebenden, von der Beute zum Jäger geworden. Fast ein Jahrzehnt lang hatte sie zwischen zwei Welten gelebt und ihr Bestes getan, um die beiden voneinander getrennt zu halten – die Leere giert danach, nicht nur die verstreuten Dörfer von Shurima zu verschlingen, sondern ganz Runeterra. Doch das wird Kaisa nicht zulassen. Auch wenn sie zu ihrem Schutz unzählige Leerenkreaturen getötet hat, versteht sie auch, dass viele Menschen sie für ein Monster halten würden. Sogar ihr Name wird langsam zur Legende, ein Echo der alten Schrecken des verdammten Icathias. Nicht mehr Kaisa … sondern Kai’Sa.
Marksman
Zu Lebzeiten war Kalista eine stolze Generalin und die Nichte des Königs eines Reiches, an das sich heute niemand mehr erinnert. Sie hielt sich an einen strengen Ehrenkodex und war dem Thron treu ergeben. Der König hatte viele Feinde und als sie einen Meuchelmörder aussandten, um ihn zu töten, konnte das Unglück dank Kalistas Wachsamkeit abgelenkt werden. Doch als sie den König rettete, verdammte sie den Menschen, den er am meisten liebte, zum Tode – die Klinge des Mörders war vergiftet und schlitzte den Arm der Königin auf, als sie von Kalistas Waffe abprallte. Die fähigsten Priester und Chirurgen wurden herbeigerufen, doch niemand vermochte, das Gift aus ihrem Körper zu ziehen. Am Boden zerstört sandte der König Kalista aus, um ein Heilmittel zu finden, und Hecarim vom Eisernen Orden sollte in der Zwischenzeit ihren Platz an seiner Seite einnehmen. Kalista reiste weit und bat viele Gelehrte, Einsiedler sowie Mystiker um Rat … Doch es war vergebens. Endlich erfuhr sie von einem Ort, den schimmernd bleiche Nebelschwaden von der Außenwelt abtrennten und dessen Bewohner Gerüchten zufolge um das Geheimnis des ewigen Lebens wussten. Sie setzte ein letztes Mal hoffnungsvoll Segel und nahm Kurs auf die nahezu legendären Gesegneten Inseln. Die Wächter der Hauptstadt Helia erkannten Kalistas lautere Absichten und teilten den Nebel, um ihr freie Fahrt zu gewähren. Sie flehte die Herren der Stadt an, die Königin zu heilen, und nach einiger Bedenkzeit stimmten sie zu. Die Zeit drängte. Solange die Atemzüge der Königin noch nicht erloschen waren, gab es Hoffnung in Form des sagenumwobenen Wassers des Lebens. Kalista erhielt einen Talisman, der es ihr ohne Hilfe ermöglichen würde, nach Helia zurückzukehren, doch sollte sie dieses Wissen mit niemandem teilen. Als Kalista jedoch die Ufer ihres Heimatlandes erreichte, war die Königin bereits verstorben. Der König war dem Wahnsinn anheimgefallen und hatte sich mit dem verwesenden Körper seiner Gattin in seinem Turm eingeschlossen. Als er von Kalistas Rückkehr erfuhr, verlangte er zu wissen, was sie gefunden hatte. Sie hatte noch nie zuvor versagt und so musste sie schweren Herzens eingestehen, dass das Heilmittel, welches sie gefunden hatte, keinen Nutzen mehr hatte. Der König wollte das nicht glauben und ließ Kalista als Verräterin an der Krone verurteilen. Hecarim überredete sie dazu, den Weg zu den Gesegneten Inseln preiszugeben, damit ihr Onkel die Wahrheit von den Herren von Helia selbst hören konnte. Dann würde er vielleicht Frieden finden – selbst wenn er nur den Tod seiner Königin akzeptieren und sie bestatten lassen würde. Zögernd stimmte Kalista zu. Und so machte sich der König mit einer Flotte seiner schnellsten Schiffe auf und schrie vor Freude, als sich ihm das glitzernde Helia offenbarte. Die Herren von Helia traten ihnen jedoch streng entgegen und verwehrten die Weiterfahrt. Der Tod, beharrten sie, war endgültig. Den Tod zu betrügen, würde bedeuten, die natürliche Ordnung der Welt zu stören. Der König verfiel in einen fiebrigen Zorn und befahl Kalista, alle zu töten, die sich ihnen entgegenstellten. Sie weigerte sich und bat Hecarim, sich ihrer Weigerung anzuschließen … Dieser trieb ihr jedoch seinen Speer in den rüstungsbewehrten Rücken. Der Eiserne Orden unterstützte ihn in seinem Verrat und durchbohrte Kalistas Körper ein Dutzend Mal, während sie zu Boden ging. Ein brutales Handgemenge brach aus, im Zuge dessen Kalistas Anhänger verzweifelt gegen Hecarims Ritter kämpften, doch sie waren zahlenmäßig unterlegen. Während Kalista ihr Leben aushauchte, musste sie mitansehen, wie ihre Krieger abgeschlachtet wurden, und in ihren letzten Augenblicken schwor sie Rache … Als Kalista das nächste Mal die Augen aufschlug, leuchtete in ihnen die dunkle Macht unnatürlicher Magie. Sie wusste nicht, was sich zugetragen hatte, doch die Stadt Helia hatte sich in ein verdorbenes Abbild ihrer einstigen Schönheit verwandelt – tatsächlich waren die gesamten Gesegneten Inseln jetzt ein Ort der Schatten und Dunkelheit, an dem heulende Geister für alle Ewigkeit im Albtraum des Untods gefangen waren. Obwohl sie versucht hatte, an den bruchstückhaften Erinnerungen an Hecarims schrecklichen Verrat festzuhalten, sind sie doch über die Jahrhunderte langsam verblasst und nun brennt nur noch ein unstillbarer Rachedurst in Kalistas versehrter Brust. Sie wurde zu einem Schemen, einer Gestalt aus makabren volkstümlichen Legenden, die oft von denjenigen angerufen wird, die Opfer eines ähnlichen Verrates geworden sind. Kalista saugt diese bemitleidenswerten Seelen in sich auf, denn sie sind bereit, den ultimativen Preis zu zahlen – eins zu werden mit dem Speer der Rache.
Marksman
Geteilt, doch nie getrennt, repräsentiert Kindred die Doppelnatur des Todes. Die Pfeile des Lamms versprechen all jenen ein schnelles Dahinscheiden, die ihr Schicksal akzeptieren. Der Wolf jagt die, welche vor ihrem Ende davonlaufen, und setzt mit seinem zermalmenden Kiefer einen brutalen Schlussstrich. Auch wenn die Geschichten über Kindreds Wesen in Runeterra variieren, muss jeder Sterbliche das wahre Gesicht seines Todes wählen. Kindred ist die weiße Umarmung des Nichts und die knirschenden Zähne im Dunkeln. Hirte und Schlachter, Poet und Einfaltspinsel, sie sind eines und beides. An der Schwelle des Todes ist es der pochende Puls an der Kehle, der Kindred, lauter als jedes Horn, zur Jagd ruft. Steh aufrecht im Angesicht des Silberbogens des Lamms, dann werden dich die Pfeile schnell dahinscheiden lassen. Verweigerst du dich, wird der Wolf dich fröhlich jagen und dir gewaltsam den sicheren Tod bringen. Seit die Menschen den Tod kennen, schleicht sich Kindred durch Valoran. Es heißt, wenn die letzte Stunde geschlagen hat, entscheidet sich der wahre Demacianer für das Lamm und den Pfeil, die düsteren Gassen von Noxus jedoch sind eher das Revier des Wolfs. Im schneebedeckten Freljord haben manche Krieger das Ritual, vor dem Kampf „den Wolf zu küssen“ und zu geloben, seine Jagd durch das Blut ihrer Feinde zu ehren. In der Stadt Bilgewasser versammelt man sich nach schrecklichen Ereignissen, um die Überlebenden zu feiern und jene zu ehren, die durch Lamm und Wolf den wahren Tod gefunden haben. Wer Kindred verleugnet, verleugnet den natürlichen Lauf der Dinge. Nur kläglich wenige schafften es je, diesen Jägern zu entkommen. Diese perverse Flucht bietet keine Aussicht auf Rettung, denn sie ist nichts als ein wahr gewordener Albtraum. Kindred lauert den im Untod Gefangenen der Schatteninseln auf, denn sie wissen, dass ein jeder letzten Endes des Lamms Bogen oder des Wolfs Reißzähnen erliegt. Die erste dokumentierte Begegnung mit den ewigen Jägern fand man auf zwei uralten Masken dokumentiert, die ein Unbekannter auf die Begräbnisstätten längst vergessener Menschen meißelte. Bis zum heutigen Tag werden Lamm und Wolf immer zusammen dargestellt.
Marksman
Als der Prophet Malzahar in Icathia wiedergeboren wurde, hörte er eine unweltliche Stimme, die ihn dorthin führte und sich tief in seinem Bewusstsein verankerte. Diese Stimme nährte Malzahar mit schrecklichem Tatendrang, und auch wenn sie Malzahar selbst nicht mehr heimsuchte, so ging ihr lockender Ruf doch weiter. Etwas in der Leere hörte diesen Ruf widerhallen und folgte ihm nach Runeterra. Ein verdorbenes Wesen kroch über eine Schwelle, die es nicht verstand, und weitete somit einen Riss zwischen Welten, die sich nie hätten berühren sollen. In den gespenstischen Ruinen von Icathia manifestierte sich Kog’Maw in Valoran, getrieben von unbändiger Neugier. Der Lockruf, der es nach Runeterra brachte, war immer noch zu vernehmen und zog es sanft weiter und weiter in Malzahars Richtung. Unterwegs erforschte Kog’Maw seine neue Umgebung mit unnachgiebiger Neugier, zum grenzenlosen Entsetzen aller, die es auf seinem Weg traf. Die Farben und Gerüche von Runeterra berauschten Kog’Maw und er erforschte die Früchte dieser Welt auf die einzige Art, die er kannte: indem er sie verschlang. Zunächst aß er nur von der wilden Flora und Fauna, die er fand. Als er aber die Sturmwind-Wüsten überquerte, traf er auf einen Stamm von Nomaden. Von den uns bekannten Naturgesetzen ungehindert verschlang Kog’Maw jeden einzelnen von ihnen und alles, was sie ihm in den Weg stellten, auch wenn dies ein Vielfaches seines eigenen Gewichts aufwies. Die geistesgegenwärtigsten seiner Opfer mögen sich noch gefragt haben, ob der ätzende Speichel, der den Boden verbrannte, auf den er tropfte, hiermit etwas zu tun haben könnte, aber jede Überlegung dieser Art wurde abrupt beendet. Selbst dieser Fressanfall konnte Kog’Maws Appetit nicht stillen. Seine Schneise der Zerstörung setzt sich fort, während er unaufhaltsam von Malzahar angezogen wird. Was passiert, wenn er ihn findet, mag sich niemand ausmalen.
Marksman
Von Kindesbeinen an wollte Lucian nur wie sein Vater Urias sein, der ein Mitglied des uralten Ordens der Wächter des Lichts war. Lucian blieb zu Hause in Demacia, während Urias nah und fern die Lebenden vor den Geistern des schwarzen Nebels schützte. Urias unterhielt Lucian mit Geschichten seiner Abenteuer, in denen Mut und Einfallsreichtum zum Sieg verhalfen. Lucian hing an seinen Lippen und malte sich aus, wie er selbst die Bewohner Runeterras an der Seite seines Vaters rettete. Doch Urias wollte nicht, dass sein Sohn in seine Fußstapfen trat, und hoffte, seine Familie vor dem gefährlichen Leben, das er selbst gewählt hatte, bewahren zu können. Lucian wartete auf den Tag, an dem er Urias’ Lehrling werden würde, doch dieser Tag kam nicht. Stattdessen blieb Lucian in Demacia zurück und haderte zunehmend mit der Kultur des Königreichs. Insbesondere machte ihm zu schaffen, dass Demacia friedfertige Magier ins Hinterland verbannte. Lucian fand seine Erfüllung darin, die Verbannten auf ihrer gefährlichen Reise zu schützen. Seine Landsleute sahen nur Gesetzlose und reduzierten die Welt auf Gut oder Böse. Doch Lucian sah genauer hin und erkannte Menschen, die Hilfe brauchten. Bei seiner Rückkehr von einer dieser Reisen begegnete Lucian einer Fremden, die vor seiner Tür wartete. Sie stellte sich als Senna, eine Wächterin des Lichts, vor. Senna hielt Urias’ Reliktpistole in den Händen und erklärte, dass Lucians Vater verstorben war. Er war im Kampf gegen die längst verstorbenen Geister des schwarzen Nebels gefallen. Senna war Urias’ Lehrling gewesen und hatte jahrelang an seiner Seite gekämpft. Lucian war zutiefst erschüttert – nicht nur war sein Vater tot, vor ihm stand auch eine Frau, die das Leben geführt hatte, nach dem er sich schon so lange sehnte. Als Senna sich verabschieden wollte, hielt Lucian sie an der Tür auf und bestand darauf, sich ihr anzuschließen. Er wusste, was als Nächstes kam – die Totenwache für gefallene Wächter. Widerstrebend erlaubte Senna Lucian, sie zu begleiten. Unterwegs tauschten die beiden Geschichten über ihre Zeit mit Urias aus; Senna tröstete Lucian mit ihrer geradeheraus geäußerten Weisheit und Lucian linderte ihren Schmerz mit liebevollen Erinnerungen. Sie trafen an Urias’ Geburtsort, weit entfernt von Demacias Ländern, ein. Dort hielten sie die Totenwache für die gefallenen Wächter ab. Als sie sich zum Aufbruch rüsteten, rollten dunkle Wolken von der Küste heran, Geister manifestierten sich und griffen sie an. Lucian war entsetzt, aber Senna zog ihre Waffen mit grimmiger Gewohnheit – dies war ihr Fluch. Seit ihrer Kindheit hatten die Tentakel des schwarzen Nebels sie überall hin verfolgt und ihr Grauen entfesselt, wenn sie irgendwo zu lange verweilte. Senna kämpfte gegen eine der Kreaturen, als diese ihr mit ihren Klauen Urias’ Pistole entriss. Lucian holte sie zurück und spürte, wie sich sein Schicksal vor ihm entfaltete. Die sengende Trauer in seinem Herzen manifestierte sich in einem Lichtblitz, der aus der Pistole schoss und den Geist ablenkte, sodass Senna ihn beseitigen konnte. Senna wehrte die restlichen Geister ab, bevor die beiden aufbrachen. Der Nebel blieb ihnen ständig auf den Fersen. Nie zuvor hatte ein Uneingeweihter eine Reliktwaffe der Wächter abgefeuert. Zum ersten Mal hatte Lucian Senna sein Potential gezeigt, sich dem Orden anzuschließen. Schließlich vertraute sie Lucian die Pistole seines Vaters an und lehrte ihn die Strategien und Grundsätze der Wächter. Er erwies sich dieser Lektionen als würdig. Allmählich bildete sich ein Band zwischen ihnen. Lucians Wärme und Charme waren das perfekte Gegengewicht zu Sennas Disziplin und unerschütterlicher Entschlossenheit. Lucian und Senna kämpften gegen die unzähligen bösen Kräfte, die aus dem Schwarzen Nebel hervorbrachen und ihr Vertrauen zueinander wandelte sich in Liebe. Je näher Lucian Senna kam, desto mehr wurde er des Fluchs gewahr, den sie in sich trug. Jeder Konflikt härtete ihn ab und spaltete die Welt in Licht und Schatten, in Gut und Böse. Lucians Verlangen, Senna zu heilen, wurde zu einem Kreuzzug, den er mit rücksichtslosem Eifer verfolgte. Als die beiden Wächter ein vergessenes Gewölbe nach einem Heilmittel durchsuchten, wurden sie von dem monströsen Geist Thresh angegriffen. Der schaurige Kettenwächter war ein gefährlicher Gegner. Als Senna rief, sie sollen sich zurückziehen und neu aufstellen, weigerte Lucian sich, von ihm abzulassen. Blindlings warf er sich in den Angriff, doch bald erkannte Lucian seinen Fehler, da Thresh die Oberhand gewann. Senna stellte sich Thresh in den Weg und flehte Lucian an, fortzulaufen. Als der Staub sich setzte, lag Senna tot vor ihm. Ihre Seele war von Threshs elendiger Laterne an sich gerissen worden. Sennas Opfer wurde beinahe zu Lucians Untergang. Jahrelang streifte er durch Runeterra, nur noch die Hülle des Mannes, der er einst war, seine frühere Wärme verdrängt durch Zorn und Bitterkeit. Lucian führte jetzt beide Pistolen – seine und Sennas – und jagte Thresh in der Hoffnung, die Laterne zerstören und so seiner gefangenen Liebe Vergessen gewähren zu können. An dem Tag, als dieser Kampf endlich stattfand, zerstörte Lucian die Laterne – doch Senna fand keine ewige Ruhe, sie erstand wieder auf. Lucians und Sennas Liebe ist ein Band, das selbst der Tod nicht durchtrennen konnte. Während Lucian Mühe hat, Sennas veränderte Gestalt zu begreifen, muss er sich mit sich selbst auseinandersetzen. Lucian kämpft nun darum, wieder zu seinem früheren Selbst zu werden, während er sich mit der Realität auseinandersetzen muss, dass die ihm verhassten dunklen Mächte jetzt alles sind, was Senna an seiner Seite hält. Senna ist mit dem Wissen um eine neue Mission zurückgekehrt, aber Lucian ist weiterhin davon besessen, Rache an Thresh zu üben, weil er sicher ist, dass die Ränke des Kettenwächters gerade erst begonnen haben.
Marksman
Wie die Meisten, die in dem gewundenen, salzverkrusteten Labyrinth von Bilgewasser Bekanntheit erlangt haben, so hat auch Sarah Fortune wahrlich keine weiße Weste … Als geliebte Tochter der angesehenen Waffenschmiedin Abigale Fortune verbrachte Sarah einen Großteil ihrer glücklichen Kindheit in der Schmiede, die auf einer Insel unweit der Küste stand. Dort lernte sie, wie man Radschlösser feilte, Abzugsgewichte kalibrierte und sogar Pistolenkugeln nach Kundenwunsch goss. Das Talent ihrer Mutter, Feuerwaffen herzustellen, war legendär, und in den Sammlungen vieler reicher Adeliger fanden sich ihre maßangefertigten Pistolen. Aber oftmals wurden diese Prachtstücke von weniger wohlhabenden und finsteren Gestalten begehrt. Eine von jenen Gestalten war ein aufstrebender Räuber aus Bilgewasser, den man Gangplank nannte. Arrogant und sich seiner Macht bewusst forderte er ein paar Fortune-Pistolen, wie sie kein Anderer jemals besitzen würde. Widerwillig wurde eine Abmachung getroffen und genau ein Jahr später kam Gangplank zurück. Da er nicht die Absicht hatte, für seinen Auftrag zu bezahlen, vermummte er sein Gesicht mit einem schmutzigen Schal. Er kam, um sich die Waffen mit Gewalt zu nehmen. Abigale hatte zwei Meisterwerke geschmiedet: Zwillingspistolen von hervorragender Qualität und präziser Tödlichkeit. Zu edel für seinesgleichen, befand sie, als sie sah, was für ein brutaler Pirat aus Gangplank geworden war. Erzürnt riss er die Pistolen an sich und schoss sie mit ihren eigenen Werken nieder. Dann richtete er sie auf ihren Ehemann und die junge Sarah. Aus reiner Boshaftigkeit setzte er die Werkstatt in Brand und schleuderte die beiden Pistolen auf den Boden, um das Erbe der Fortunes vom Antlitz Runeterras vollständig auszulöschen. Schmerzerfüllt kam Sarah zu sich. Obwohl sie schwer verletzt war, schleppte sie sich aus den brennenden Ruinen ihres Hauses, wobei sie die Überreste der beiden Pistolen an ihre Brust presste. Mit der Zeit heilte zwar ihr Körper, doch schreckliche Albträume und nächtliches Entsetzen würden sie noch viele Jahre quälen. Dennoch ertrug sie all dies. Sie war wild entschlossen, eines Tages Rache zu üben. Sie baute die Pistolen ihrer Mutter wieder zusammen und sammelte so viele Informationen wie möglich über den maskierten Mörder, der sich selbst zum neuen Räuberkönig von Bilgewasser ernannt hatte und selbst die einflussreichsten Schiffskapitäne dazu zwang, seinen Anspruch zu würdigen. Doch das war egal. Wenn Sarah ihm erneut begegnete, würde sie bereit sein. Nachdem sie per Schiff nach Bilgewasser gereist war, tötete Sarah nur Minuten, nachdem sie den verzogenen Holzboden des Kais betreten hatte, zum ersten Mal. Es war ein betrunkener Pirat, der eine Gallone von „Myrons Dunklem Rum“ intus hatte und auf den ein Kopfgeld ausgesetzt war. Sarah zerrte seinen Leichnam zu den Verantwortlichen, um sich das Kopfgeld abzuholen. Dann riss sie noch ein Dutzend weitere Steckbriefe von der Wand und machte sich auf den Weg in die Stadt. Nach einer Woche waren alle Steckbriefe erledigt, und die Gauner, die das zweifelhafte Glück hatten, von Sarah verfolgt zu werden, waren entweder tot oder lagen in Ketten. Schnell machte sie sich in den Tavernen und Spielhallen einen Namen und wurde fortan lediglich als „Miss Fortune“ betitelt. Gangplank würde sie niemals kommen sehen. Was ist schon eine weitere Kopfgeldjägerin auf den Straßen dieser Stadt? In den darauffolgenden Jahren erzählte man sich überall auf den Inseln Geschichten über Miss Fortune, eine fantasiereicher als die andere. Sie ertränkte die Anführerin der Seidenmesser-Korsaren in einem Fass ihres selbst gestohlenen Rums. Sie stahl die Syrene von einem Kapitän, der auf die harte Tour lernen musste, dass man seine Finger bei sich behält. Sie verfolgte den wahnsinnigen Dirnenschlitzer in sein Versteck im Bauch eines halb zerstückelten Leviathans im Schlachterhafen und schoss ihm in den Rücken, als er fliehen wollte. Trotzdem war Gangplank, dessen Widerhaken-Crew sich stets um ihn scharte, noch immer zu mächtig, um ihm öffentlich gegenüberzutreten – doch Miss Fortune wusste, dass es niemals genug wäre, ihn einfach nur zu töten. Ihn aufs Äußerste zu erniedrigen und alles, was ihm etwas bedeutete, zu Asche zu verbrennen – nur das würde das Mädchen, das auf dem Boden der Werkstatt ihrer Mutter starb, zufriedenstellen. Daher begann Miss Fortune nach und nach damit, sich einen kleinen, aber loyalen Kader aus Verbündeten aufzubauen, der ihr letztendlich dabei helfen sollte, ihre Dämonen Frieden finden zu lassen. Miss Fortune setzte für ihren Zug gegen Gangplank alles aufs Spiel. Intrigen über Intrigen führten dazu, dass die Todesquell im Hafen in Flammen aufging und der tyrannische Räuberkönig gestürzt wurde. Und das Beste daran: Ganz Bilgewasser wurde Zeuge seines Untergangs. Es lief alles, wie Sarah es sich erhofft und ganz genau wie sie es geplant hatte. Und nach wenigen Augenblicken war alles vorüber. Als Gangplank Geschichte war, ließen sich die rivalisierenden Kapitäne dazu nieder, sich gegenseitig um die Kontrolle der Stadt zu bekämpfen. Jeder noch so kleine Anschein, dass es Gesetze gab, wurde mit einem Moment weggeblasen und unzählige unschuldige Zivilisten fanden sich plötzlich zwischen kämpfenden Schiffsmannschaften wieder. Zögerlich schritt Miss Fortune ein, trat als neue Kapitänin der Sirene hervor und handelte mit dem Rückhalt ihrer eigenen Leute eine unsichere Waffenruhe aus, die es irgendwie geschafft hat, bis zum heutigen Tage anzuhalten. Doch in der Hafenstadt ist wenig von Dauer und Käpt’n Fortune muss immer wieder gegen jeden Räuber, Bandenanführer und entfernte Bedrohungen ihre eigene Ordnung durchsetzen. Die wahre Schlacht um Bilgewasser hat gerade erst begonnen.
Marksman
Nilah, eine selbstbewusste und fröhliche Frau, die immer ein unheimliches Lächeln auf den Lippen trägt, hat mit ihrer plötzlichen Ankunft in Bilgewasser die Stadt in Aufruhr versetzt. Ihre Duelle mit tobenden Seeschlangen übersteigen die Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit: Sie rast mit einer Peitschenklinge aus glitzerndem prismatischen Wasser über die Meeresoberfläche und erklimmt die riesigen Bestien, bevor sie sie theatralisch zur Strecke bringt, und hält nur inne, um ihren „würdigen Gegnern“ für ihre Anstrengungen zu danken. Jede Bedrohung, die größer als ein Haus ist, verführt sie zu einem Gefecht, und je tödlicher und größer die Bedrohung ist, desto entschlossener wird sie, sie herauszufordern und sie zu vernichten. Ihre Stärke und ihre Herkunft sind geheimnisumwoben. Doch die Wahrheit, die nur Nilah selbst kennt, ist, dass sie einst einen anderen Namen hatte und ein völlig anderes Leben lebte. Das frühreife Kind einer großen kathkanischen Familie, das später zu Nilah werden würde, war alles andere als eine Kriegerin – sondern ein schlaksiger Bücherwurm, der sich für Mythen und Legenden interessierte. Kathkan hat seit dem Zusammenbruch von Camavor vor fast tausend Jahren in relativem Frieden gelebt und keinen Bedarf an großen Kriegern oder berühmten Helden. Zumindest glaubte Nilah das. Sie wünschte, das Zeitalter der Helden hätte nie geendet und sammelte und studierte die ausufernden Geschichten der Vergangenheit – Epen von großen Bestien und strahlenden Kriegern, die unter dem Blick der Götter kämpften, als die Welt noch jung und die Feinde der Menschheit zahlreich waren. Sie las vom wahnsinnigen König Viego und seinem tragischen Niedergang, der Entstehung der ersten Drachen und der Gründung des Universums in der kathkanischen Tradition. Nilah verinnerlichte alle Geschichten und wusste tief in ihrem Inneren, dass ihre Farben und ihre Magie mehr als nur einfache Fiktion waren. Sie hatte eine bestimmte Lieblingsgeschichte: Der Zyklus von Ashlesh. Sie erzählte von Ashlesh, dem fantastischen Fürsten der Freude: Eine vielgliedrige Bestie, die die Welt gemeinsam mit ihren neun wilden Geschwistern bedrohte. Ashlesh dürstete nach urtümlicher Freude und versuchte, das Reich der Götter zu verschlingen – doch die Götter schlugen das Monster nieder und hielten es unter der Erdoberfläche in einem endlosen, schimmernden See innerhalb des siebten Kreises der Unterwelt gefangen. Dort wurde es von einem mythischen Orden von Helden bewacht. Einem Orden von Helden, der sich, wie Nilah feststellte, nachdem sie die vielen Rätsel der Geschichte gelöst hatte, unter ihren Füßen im Herzen der Hauptstadt von Kathkan befand. Von Aufregung überwältigt machte sie sich daran, diesen verborgenen Orden zu finden – seine Geheimnisse zu erfahren und vielleicht selbst zu den Helden zu gehören … Und dann war sie weg. Sämtliche Kenntnis von dem Mädchen, das sie einst war – ihr Gesicht, ihre Stimme, ihr wahrer Name – war aus der Erinnerung der Menschen gelöscht. Aufzeichnungen lösten sich in Luft auf, Schriften verschwanden von Mauern und Texten, und Worte verstummten auf den Lippen ihrer Freunde und Familie. Es war, als wäre Nilah nie geboren. Die Frau, die zehn Jahre später wieder auftauchte, war eine Fremde in ihrer Heimat, gelöst von der Welt, die sie kannte, und verfügte dennoch über ein seltsames Lächeln und eine endlose, immerwährende Freude. Was auch immer in ihrer langen Abwesenheit mit ihr geschehen war, verriet sie nicht. Vielleicht war sie auf den mythischen Orden getroffen und vielleicht wurde sie in den Künsten der Magie und des Krieges unterrichtet. Vielleicht stand sie Angesicht zu Angesicht dem uralten Dämonen Ashlesh gegenüber und bekämpfte ihn ein Jahrzehnt lang in der zwielichtigen Dunkelheit, bevor sie letztlich triumphierte. Vielleicht war sie gar nicht dieses Mädchen, sondern eine Hochstaplerin, die ihre Haut trug … Oder vielleicht war die Wahrheit etwas dazwischen. Wer oder was auch immer sie war, sie begann, sich selbst „Nilah“ zu nennen, der Name des legendären Flusses des Schicksals. Und dann begann ihr Werk. Mit drahtiger akrobatischer Kraft und einer flüssigen Klinge unberechenbarer Stärke machte sie sich daran, die größten Bedrohungen alter Mythen zu bekämpfen: Großmutter Viper, die unverwundbare Ahnin aller Drachen von Camavor; Imago, den Dämonen der Veränderung und die Geißel des carnelischen Tals; den verrückten Halbgott Nabavelicus, Täter unzähliger Gräueltaten. Jeder neue Feind fordert Nilah heraus und jeder von ihnen wird in einem grimmigen Kampf aus Farbe und Wut ausgelöscht, der Ehrfurcht in allen Augenzeugen hervorruft. Nilahs eigene Legende wächst mit jedem Sieg. Und mit ihr hat sich eine epische Erzählung gebildet, die ihrer Reise durch nahe und ferne fremde Länder folgt. An ihrer Seite ist die Macht von Ashlesh persönlich, die Nilah gegen andere Übel einsetzt, die eines Tages die Sicherheit von Kathkan bedrohen könnten. In ihrem Herzen liegt die Erinnerung daran, was sie verloren hat, und das Wissen, darüber, was noch kommen wird. All das treibt sie an, sich immer größeren und größeren Gegnern zu stellen, wo sie diese findet. Was auch immer dem schlaksigen, in Bücher vertieften Mädchen widerfahren war, Nilah stellt sich nun ihrer Zukunft mit ungezügeltem Glück. Ihre bloße Anwesenheit inspiriert andere, an ihrer Seite zu kämpfen, ihre Taten stellen sicher, dass die Menschen die Heldin, zu der sie geworden war, nicht vergessen, selbst wenn sie sich nicht an die Frau erinnern, die sie einst war. Sie stellt sich mit unfehlbarer Freude den mythischen Feinden von Runeterra und fordert das Ende selbst zum Kampf heraus, wenn sie dadurch jene beschützen kann, die sich nicht selbst beschützen können.
Marksman
Von Kindheit an lernte Sivir die harten Lektionen des shurimanischen Wüstenlebens aus erster Hand. Ihre gesamte Familie war von umherstreifenden Kthaonern – Angehörigen einer der berüchtigtsten Räuberstämme der großen Sai – getötet worden und so konnte das junge Mädchen zusammen mit anderen Waisen nur hoffen, genug Essen von Märkten in der Nähe zu stehlen und genug Wertsachen in halbvergrabenen alten Ruinen zu finden, die sich dann verscherbeln ließen, um zu überleben. Tapfer ertrugen sie enge Tunnel und vergessene Krypten auf, um an wertvolle Relikte zu gelangen und balgten sich hitzköpfig um die besten Funde. Sivir führte andere in die Tiefen, schaffte es jedoch nur selten, die paar Schätze zu behalten, die sie freilegte. Nachdem sie von ihrer angeblichen Freundin Mhyra beraubt worden war, schwor sie sich, dass ihr nie wieder jemand in den Rücken fallen würde. Sie schloss sich einer Gruppe Söldner an, die von der berühmten Iha Ziharo angeführt wurde, und diente ihr als Führerin und Lakai. Obwohl sie dank ihres aufkeimenden Waffentalents letztendlich zu Ziharos persönlicher Unteroffizierin wurde, fiel Sivir auf, dass die dominante Anführerin den Großteil des Goldes und Ruhmes eines jeden Raubzuges für sich beanspruchte … selbst wenn es Sivirs clevere Strategien waren, die ihnen ihren Wohlstand bescherten. Sivir trommelte ihre Kameraden zusammen und beschloss, sich gegen Ziharo aufzulehnen und sie als Anführerin zu ersetzen. Sie wollte ihre ehemalige Mentorin jedoch nicht töten und ließ sie mit einem hohlen „Viel Glück“ alleine in der Wüste zurück. Mit den Jahren erlangten Sivir und ihre neuen Gefolgsleute einen fürchterlichen Ruf. Sie nahmen jeden Auftrag an, wenn die Bezahlung stimmte, darunter auch eine Kommission eines Patriarchen aus Nashramae, der nach einem verlorenen Erbstück suchte – einer Klinge, die als der „Chalicar“ bekannt war. In Begleitung seiner persönlichen Garde suchte Sivir mehrere Monate lang, bis sie schließlich aus dem Sarkophag eines Helden des alten shurimanischen Reiches eine kreuzförmige Klinge entwendete. Dies war in der Tat ein Schatz, der in einer längst vergessenen Zeit mit Geschick und Magie gefertigt worden war. Sivir blickte sie bewundernd an – nie zuvor hatte sich eine Waffe in ihren Händen so natürlich angefühlt. Als der Hauptmann der Garde die Klinge zu seinem Meister zurückbringen wollte, schleuderte Sivir sie in einem Bogen, köpfte den Hauptmann und streckte die drei Männer hinter ihm sofort nieder. Sie kämpfte sich einen Weg aus dem Grab und hinterließ allein eine Spur des Todes. Sivirs Ruf reichte bald bis weit über die Wüste hinaus. Und als schließlich noxianische Expeditionen von der Nordküste ins Landesinnere vordrangen, wurde sie von Cassiopeia angeheuert. Sie sollte der jüngsten Tochter von General Du Couteau dabei helfen, Shurimas verlorene Hauptstadt zu plündern. Als sie die verschlungenen Katakomben durchquerten, fielen viele von Sivirs Männern uralten Fallen zum Opfer, doch Cassiopeia weigerte sich, umzukehren. Sie erreichten letztendlich die Tür eines großen Grabes, das von Wächterstatuten umgeben war und dessen Flachreliefs die mächtigen Götterkrieger von einst darstellten, als Sivir spürte, wie ihr Blut in Wallung geriet. Diese tierköpfigen Helden und ihre Kriege gegen die abscheulichen Kreaturen der Unterwelt zogen sie in ihren Bann. Cassiopeia nutzte Sivirs Unachtsamkeit aus und rammte der Söldnerin einen Dolch in den Rücken. Blut tränkte den Sand und Sivir brach vor Schmerz zusammen. Mit dem Chalicar öffnete Cassiopeia die Grabtür und löste dabei unwissend den magischen Fluch aus, der auf ihr lag. Dem Tode nahe verfolgte Sivir, wie eine Steinschlange vor ihren Augen zum Leben erwachte und Cassiopeias Haut mit Gift verätzte. Das Letzte, was die Söldnerin hörte, bevor alles um sie herum dunkel wurde, war das Brüllen rasender Götter, die aus dem Grab befreit waren und nun auf die Erde zurückkehrten … Doch es schien, als hätte das Schicksal noch Pläne für Sivir. Ihr selbst war dies nicht bewusst, doch in ihren Adern floss der letzte Rest eines uralten, königlichen Blutes. Als sie erwachte, kümmerte sich niemand anderes als Azir um sie, der letzte Herrscher des Reiches, dem das Aufstiegsritual verweigert worden war und zu einer Legende wurde. Ihr vergossenes Blut hatte nach fast dreitausend Jahren seinen Geist wiedererweckt, das Ritual vollendet und ihm die himmlischen Kräfte eines Götterimperators verliehen. Dort, in der Oase des Morgens, heilte er mit dem lebensspendenden Wasser der heiligen Quelle auf wundersame Weise Sivirs tödliche Wunden. Sie hatte Geschichten von Azir und seiner prophezeiten Rückkehr gehört und immer gedacht, dass nur Narren solche Fantastereien glaubten … und doch konnte sie nicht abstreiten, was sich vor ihren Augen abspielte. Die Erde teilte sich und große Staubwolken wirbelten durch die Luft, als die uralte Stadt von Shurima sich aus ihrem Grab erhob. Gekrönt wurde sie von einer riesigen goldenen Scheibe, welche die himmlischen Strahlen der Sonne aussandte. Sivir war zutiefst erschüttert und floh mit dem Chalicar auf ihrem Rücken. Sie hätte nichts lieber getan, als zu ihrem alten Leben zurückzukehren, fand sich jedoch stattdessen in Machtkämpfen wieder, die größer waren, als es sich die meisten Sterblichen je vorstellen konnten. In der Stadt Vekaura traf sie auf ein weiteres aufgestiegenes Wesen, den befreiten Magier Xerath, der Azirs Blutlinie ein für alle Mal ein Ende setzen wollte. Doch dank der Hilfe des Gelehrten Nasus und einer jungen Felsenweberin namens Taliyah überlebte Sivir erneut. Nun ist die Zeit gekommen, einen Pfad zu wählen und die ihr gegebene Bestimmung entweder anzunehmen oder in den sich wandelnden Sanden von Shurima ihre eigene zu finden.
Marksman
Wie die meisten Yordle war Tristana immer fasziniert von der Welt jenseits von Bandle. Sie reiste voller Staunen und Begeisterung für all die unterschiedlichen Orte, Leute und Kreaturen, denen sie begegnete, nach Nah und Fern. Mithilfe versteckter Pfade, die nur Yordle kannten, erkundete sie die materielle Welt bis in die entlegensten Ecken und blieb überwiegend ungesehen. Sie begegnete so atemberaubenden Anblicken wie Eistrollen, die im hohen Norden unter schillernden Polarlichtern über die Eisschollen zogen. Sie staunte, als Kriegsschiffe sich gegenseitig in Seeschlachten, die das Meer zum Kochen brachten, in Stücke schossen. Sie beobachtete ehrfürchtig, wie große Armeen im Gleichschritt und voller Präzision – für einen Yordle vollkommen aberwitzige Vorstellungen! – über die endlosen Sandwüsten im Süden marschierten. Aber Tristanas sorgloses Wanderleben änderte sich an dem Tag, als sie die Zerstörung eines Bandlewalds miterlebte. Diese Orte sind von der Magie der Portale durchdrungen, um die herum sie gewachsen sind, und bieten den Yordle eine sichere Zuflucht vor der Welt. Tristana döste im gesprenkelten Sonnenlicht und wurde wachgerüttelt, als die Bäume um sie herum in Flammen aufgingen und umstürzten. Ein Kriegstrupp bewaffneter Plünderer tobte mit Feuer und Äxten durch das Waldland. Angeführt wurden sie von einem Zaubermeister, der in finstere Magie gehüllt war. Voller Entsetzen versteckte Tristana sich. Der Zaubermeister konzentrierte seine Macht auf das Portal im Herzen des Bandlewalds und murmelte einen letzten Spruch. Tristana klingelten immer noch schmerzhaft die Ohren, während sie beobachtete, wie das Portal in sich zusammenstürzte, sodass es niemals wieder geöffnet werden konnte. Die Auswirkungen dieser Zerstörung waren bis nach Bandle selbst zu spüren und stürzten die Yordle in tiefe Verzweiflung. Tristana hatte noch nie einen derartigen Verlustschmerz oder das Schuldbewusstsein erlebt, das sie empfand, weil sie nichts unternommen hatte. Niemals wieder würde sie zulassen, dass so etwas Furchtbares geschah. In dem Moment schwor sie sich, zur Beschützerin aller Bandlewälder und ihrer Yordlefreunde zu werden. Tristana hatte oft darüber gestaunt, dass die Sterblichen Dinge beschützten, die ihnen am Herzen lagen. Obwohl sie ihre Gründe, glänzende Metalle oder Steinmauern zu bewachen, nicht verstehen konnte, respektierte sie doch ihre Methoden und beschloss, sie nachzuahmen. Andere Yordle beobachteten voller Neugier, wie sie begann, mit ernstem Gesicht die Grenzen von Bandle entlangzumarschieren und nach Gefahr Ausschau zu halten. Sie begann, ihre Nahrung „Rationen“ zu nennen und sich strikte Zeiten zum Ausruhen und Entspannen aufzuerlegen. Aber irgendetwas fehlte noch. Auf ihren Reisen hatte sie viele mächtige Erfindungen gesehen, einschließlich der Schwarzpulverkanonen von Bilgewasser. Davon inspiriert sammelte sie genug wertvolle Metallscheiben, um eine Waffe in Auftrag zu geben, die zu ihrer winzigen Größe passte. Mit ironischem Lächeln taufte sie diese Boomer. Seitdem hat Tristana die Bandlewälder gegen zahllose Bedrohungen verteidigt. Im Dschungel der Schlangeninseln schritt sie bei einem Zusammenstoß zwischen dem eingeborenen Volk der Buhru und Schatzsuchern aus Valoran ein, die zu nah an ein verborgenes Portal heranrückten, und ließ alle um ihr Leben rennen, nachdem sie mit donnerndem Boomer mitten unter sie gesprungen war. Und in den sengenden Wüsten am Rand Shurimas vernichtete sie einen Leerenhorror, der begonnen hatte, eine geheime Bandlewald-Oase zu verschlingen. Sie tötete ihn, indem sie eine Bombe in seinen Schlund warf. Tristana ist zu einer Art Legende in Bandle geworden und seit Kurzem haben einige Yordle begonnen, sie zu imitieren, und versuchen – wenn auch überwiegend erfolglos –, ihre Disziplin zu kopieren. Einige besitzen sogar Waffen, die so aussehen wie Boomer und von dem streitsüchtigen Erfinder Rumble gebaut wurden, der ständig Tristanas Anerkennung gewinnen will. Tristana findet das alles ziemlich peinlich, aber sie ist zu dem Schluss gekommen, dass man die Dinge richtig angehen soll, wenn man die Wege nach Bandle verteidigen will. Aus diesem Grund hat sie angefangen, neue Rekruten auszubilden, und ihnen einen Spitznamen gegeben: die Bandle-Verteidiger. Trotzdem findet man Tristana oft allein auf Patrouille in der Wildnis: Dabei kann sie nicht nur die Bandlewälder beschützen, sondern gleichzeitig auch noch ihren neuen und ziemlich anstrengenden Auszubildenden entkommen.
Marksman
Twitch ist eine paranoide Mutanten-Ratte, die aufrecht geht und eine Vorliebe für alles hat, was der Rest der Welt als Dreck verabscheut. Er schleicht durch die Gassen von Zhaun, immer auf der Suche nach Dingen, die nur er für wahre Schätze hält. Er ist mit einer mächtigen, chemisch verstärkten Armbrust bewaffnet, mit deren Hilfe er den Untergang der Menschheit herbeizuführen versucht. Twitch schreckt nicht vor Drecksarbeit zurück, während er von seinem Thron aus Unrat aus sein Königreich des Drecks aufbaut.
Marksman
Ungeachtet dessen, was er später einmal werden würde, war Varus einst ein Vorbild für Loyalität und Ehre. Er war ein geschickter Bogenschütze des alten shurimanischen Reiches, wurde in den östlichen Staaten zum Tempelwächter ernannt und stellte diese Pflicht über alles andere. Obwohl sie weit entfernt vom verfluchten Icathia gelegen war, erreichten Ausläufer des Krieges in seinen Anfängen selbst Varus’ Heimat. Während andere Wächter ihre Posten verließen, um sich der Verteidigung der umliegenden Dörfer anzuschließen, blieb er allein zurück und schrie in seinem Leid für jeden Pfeil, den er von seiner Sehne fliegen ließ. Er hatte sich dazu entschieden, seinen Eid zu ehren, anstatt nach Hause zurückzukehren, um seine eigene Familie zu beschützen. Die Boten des Heeres der Aufgestiegenen fanden ihn schließlich in ernster Meditation inmitten der Leichen seiner Feinde vor. Man erzählt sich, dass sein kalter Blick selbst die Götterkrieger verunsicherte, und dennoch wurde Varus in Anerkennung seines edlen Opfers ein Platz in ihren Reihen angeboten. Da er einer der großen Aufgestiegenen war, verzehrte ihn der Durst nach Rache an den Icathianern und den zerstörerischen Schrecken, die sie entfesselt hatten. Es ist wahrscheinlich, dass Varus weder Shurimas letztendlichen Sieg noch den Fall des Reiches Jahrhunderte später vollständig begriff – sein Verstand war zu sehr verdorben von seinem Drang nach Rache. Eine Grausamkeit nach der anderen ließ ihn als distanzierten, gefühllosen Mörder zurück. Er wurde umgeformt und unzählige Male von seinen entarteten Brüdern in die Schlacht geschickt. Ihr Name wurde in der ganzen bekannten Welt gefürchtet. Die Düsteren. Obwohl sie sich untereinander bekriegten, zerstörten sie dennoch jeden, der sich gegen sie stellte. Mit seinem kristallinen Bogen streckte Varus feindliche Kommandanten sowie Helden nieder und verhalf den Düsteren zu noch leichteren Siegen über die sterblichen Streitmächte. Schließlich fand er sich von vastayanischen Mondjägern und menschlichen Magiern umzingelt, die im Dienst einer valoranischen Kriegerkönigin mit goldener Rüstung standen. Sie versiegelten ihn in seinem Bogen, wo er nur noch in ohnmächtigem Zorn aufheulen konnte. Zu dieser Zeit war der rohe, korrumpierende Einfluss der Düsteren allseits bekannt. Trotz des hohen Preises entschied sich die Königin dazu, die tödliche Waffe in den letzten Kriegstagen einzusetzen und opferte sich so freiwillig für den Sieg. In den folgenden Monaten brachte die Königin Varus in die Ersten Lande, die später als Ionia bekannt werden würden. Sie war von der Macht des Bogens in ein Monster verwandelt worden und ihr letzter Wunsch bestand darin, von ihren Anhängern in einem lichtlosen Brunnen tief unter einem Bergtempel, der das Dorf Pallas überblickte, lebendig begraben zu werden. Dank der natürlichen Magie Ionias und der rituellen Obhut der Tempelwächter fand sich Varus dort in einem undurchdringlichen Gefängnis wieder. Der Bogen blieb jahrhundertelang verborgen, unbeachtet und unberührt. Mit der Zeit geriet er schließlich in Vergessenheit – bis noxianische Eindringlinge die Ersten Lande angriffen. Zwei Monsterjäger – Valmar und das Licht seines Herzens, Kai – kämpften beim Tempel von Pallas gegen den ersten Ansturm. Obwohl ihr Mut groß war und sie die Angreifer vertrieben, wurde Kai tödlich verwundet. Der untröstliche Val brachte ihn ins Tempelinnere, in der Hoffnung, dass die verbotene Magie des Brunnens Heilung bringen könnte. Im Tempel erwartete sie jedoch nur Verdammnis und beide Jäger wurden von der entfesselten Kraft des Düsteren im Inneren verschlungen. Ihre Körper zerfielen und wurden schließlich zu einer neuen Hülle verbunden, einem Körper, der Varus aus seiner Gefangenschaft befreien konnte. Was aus dem Brunnen emporstieg, war teils Mensch, teils Düsterer, eine Kreatur, bleich und unmenschlich schön. Nach mehr als tausend Jahren war Varus wiedergeboren worden. Die menschlichen und düsteren Elemente dieser unvollkommenen Form befinden sich jedoch in einem steten Kräftemessen und die Kontrolle über den gemeinsamen Körper wechselt ständig. Varus kämpft, um die beiden sterblichen Seelen ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen und Rache für die Zerstörung seines Volkes zu nehmen. Dennoch kämpfen Kai und Val unermüdlich gegen seinen böswilligen Einfluss an und hoffen entgegen aller Hoffnung, dass ihre Liebe den Hass des Düsteren überwältigen kann. Es ist fraglich, wie lange sie den Zwiespalt in Varus aufrecht erhalten können. Eins ist jedoch sicher: Falls dieser sadistische und egoistische Mörder seinen neuen Wirt vollständig dominiert, wird er versuchen, sich mit den anderen seines Volkes zu vereinen, um ganz Runeterra in Schutt und Asche zu legen.
Marksman
Shauna Vayne ist eine tödliche und skrupellose Monsterjägerin, die ihr Leben der Jagd auf den Dämon verschrieben hat, der ihre Familie ermordete. Wirklich glücklich ist Vayne nur, wenn sie mit der Armbrust an ihrem Unterarm voller brennendem Rachedurst die Zauberer und Kreaturen der dunklen Künste niedermähen kann. In ihrer Kindheit genoss Vayne als einziges Kind einer wohlhabenden demacianischen Familie ein Leben in Luxus. Sie verbrachte viel Zeit mit Dingen, die es ihr erlaubten, allein zu bleiben – sie las, lernte zu musizieren und sammelte begeistert die verschiedenen Insekten, die sich in den Gärten und Hainen des Anwesens fanden. Ihre Eltern hatten in ihrer Jugend große Teile von Runeterra bereist, ließen sich jedoch nach Shaunas Geburt in Demacia nieder, denn dort passten die Leute aufeinander auf. Kurz nach Vaynes sechzehntem Geburtstag kehrte sie eines Abends von einem Mittsommerbankett zurück und sah etwas, was sie ihren Lebtag nie mehr vergessen sollte. Eine schmerzhaft schöne, gehörnte Frau stand über den blutbesudelten Leichen ihrer Eltern. Vayne schrie vor Schmerz und Panik. Die Dämonin blickte auf das Mädchen herab, schenkte ihr ein schreckliches, lüsternes Lächeln – und verschwand. Vayne versuchte, die blutigen Haarsträhnen ihrer Mutter aus dem Gesicht zu streichen, doch sie konnte nur an das Lächeln der Dämonin denken, wie es größer wurde und sie verschlang. Selbst als sie ihrem Vater die Augen schloss – sein Mund noch immer geöffnet von den letzten Augenblicken panischer Verwirrung – füllte das dämonische Lächeln ihre Gedanken. Dieses Lächeln würde Shauna für den Rest ihres Lebens mit Hass erfüllen. Vayne versuchte, zu erklären, was geschehen war, aber niemand glaubte ihr wirklich. Der Gedanke an einen Dämon auf freiem Fuße – noch dazu im wohlbehüteten, magieablehnenden Königreich Demacia – schien zu weit hergeholt, um ihn ernst zu nehmen. Vayne wusste es besser. Sie hatte in ihrem Lächeln gelesen, dass die Kreatur erneut zuschlagen würde. Selbst Demacias hohe Mauern konnten nicht verhindern, dass dunkle Magie durch ihre Spalten und Ritzen Einzug hielt. Mochte sie sich auch in Höflichkeit verstellen oder in schattigen Ecken verbergen – Vayne wusste, dass sie da war. Und sie hatte es satt, Angst zu haben. Vaynes Herz war hasserfüllt und ihr Vermögen war groß genug, eine kleine Armee auszurüsten. Doch dort, wo sie hin wollte, würde ihr keine Armee folgen. Sie musste alles über dunkle Magie lernen: Wie man ihren Spuren folgte. Wie man sie aufhielt. Wie man jene tötete, die sie praktizierten. Sie brauchte einen Lehrmeister. Ihre Eltern hatten ihr Geschichten von eisgeborenen Kriegern erzählt, die gegen eine Eishexe im Norden kämpften. Seit Generationen verteidigten sie sich gegen ihre unverständlichen Kräfte und finsteren Schergen. Bei ihnen, so wusste Vayne, würde sie ihren Lehrmeister finden. Sie schlich sich ihren Zieheltern davon und nahm das nächstbeste Schiff gen Freljord. Dort angekommen, machte sie sich auf die Suche nach einem Monsterjäger. Sie fand einen, wenn auch nicht so, wie sie es geplant hatte. Als sie eine gefrorene Schlucht durchquerte, fiel sie in eine gut verborgene Eisfalle. Sie stürzte hinab in eine mit Kristallstacheln bewehrte Grube. Als sie sich auf den Rücken drehte, sah sie in die Fratze eines Eistrolls, der sich gerade ob seines Fangs die wulstigen Lippen leckte. Seine riesige bläuliche Zunge erschlaffte plötzlich, als ein Speer durch die Luft pfiff, seinen Schädel durchbohrte und sich tief in sein Hirn fraß. Der Riese stürzte selbst in die Grube und Vayne rollte sich gerade rechtzeitig zur Seite, um nicht von ihm zerquetscht zu werden. Eine schmierige Lache aus Blut und Speichel sammelte sich um ihre Stiefel. Vaynes Retter stellte sich als grauhaarige Frau mittleren Alters heraus, die sich Frey nannte. Sie bandagierte Vaynes Wunden, während sie sich an den flackernden Flammen eines Lagerfeuers inmitten der eisigen Schlucht wärmten. Frey erzählte Vayne von ihrem lebenslangen Kampf gegen die Schergen der Eishexe, die ihre Kinder ermordet hatten. Vayne flehte die Frau an, sie als ihre Schülerin anzunehmen und ihr beizubringen, wie man die finsteren Kreaturen dieser Welt jagen konnte, doch die Freljorderin hatte kein Interesse. Vaynes Umgangsformen ließen auf Reichtum und ein privilegiertes Leben schließen. Es war unwahrscheinlich, dass sie die Zähigkeit und den Willen hatte, Jagden und Kämpfe durchzustehen. Vayne konnte Freys Antwort nicht akzeptieren und forderte sie zu einem Duell heraus: Wenn sie gewann, würde Frey sie trainieren. Wenn sie verlor, würde sie freiwillig als Köder dienen, damit Frey die Schergen der Eishexe in einen Hinterhalt locken konnte. Vayne hatte keinen Grund zu glauben, dass sie gewinnen konnte – ihr Kampftraining umfasste einen einzigen Nachmittag auf dem Fechtboden, bevor sie sich albern dabei vorkam, mit einer Hand auf dem Rücken zu kämpfen – doch sie bestand auf ihrer Forderung. Um Vaynes Eifer zu belohnen, warf Frey ihr Schnee in die Augen und lehrte sie damit die erste Regel der Monsterjagd: Niemals fair zu spielen. Frey sah die Entschlossenheit in Vaynes Blick und konnte nicht anders, als sie zu respektieren. Das Mädchen hatte noch einen langen Weg vor sich, doch jedes Mal, wenn sie ihren geschundenen Leib aus dem dreckigen Schnee hochstemmte, um weiterzukämpfen, sah Frey in ihr ein bisschen mehr von der gnadenlosen Jägerin, die sie werden konnte. Vayne mochte zwar im Kampf bezwungen worden sein, doch niemals im Geist, und sie redete ein letztes Mal eindringlich auf Frey ein: Ihrer beiden Familien waren tot. Frey konnte den Rest ihres Lebens damit zubringen, Eistrolle zu jagen, bis ihr einer den Schädel einschlug, oder sie konnte Vayne unterrichten. Zusammen konnten sie doppelt so viele Monster töten. Zusammen konnten sie doppelt so viele Familien vor dem gleichen Schmerz bewahren, der sie geformt hatte. Frey sah in Vaynes Augen den gleichen Hass und Verlust, der auch in ihren jahrelang gebrannt hatte. Schließlich stimmte Frey zu, Vayne zurück nach Demacia zu begleiten. Zusammen machten sie sich auf die Reise, Frey in Verkleidung, um den demacianischen Grenzwachen zu entgehen. Zurück in Vaynes Anwesen verbrachten die beiden Jahre mit ihrer Ausbildung. Etliche Verehrer waren an ihrer Gesellschaft interessiert, doch Shauna hatte nur Augen für ihr Training mit Frey. Die beiden standen sich bald schon näher als jedem anderen Menschen. Frey lehrte Vayne die Grundlagen dunkler Magie, herbeibeschworener Bestien und widerwärtiger Zauber. Vayne prägte sich jedes Wort aus dem Mund ihrer Lehrmeisterin ein, doch sie war ein wenig beunruhigt darüber, dass Frey nie erklärte, weshalb sie so viel über diese finsteren Praktiken wusste. Dank der wachsamen Soldaten und antimagischen Bäume waren finstere Kreaturen innerhalb der Mauern Demacias selten, also begaben sich Frey und Vayne des Nachts in den Grenzwäldern auf die Jagd. Im Alter von 18 Jahren tötete Vayne zum ersten Mal – eine blutdürstige Bestie, die Jagd auf reisende Händler gemacht hatte. Obwohl sie von den Eingeweiden der Kreatur besudelt war, fühlte Vayne Freude in sich aufsteigen. Rache und Gewalt ließen ihr Blut kochen und sie genoss das Gefühl. Vayne und Frey verbrachten einige Jahre mit der Jagd auf Kreaturen der Finsternis und ihr gegenseitiger Respekt wuchs mit jedem toten Monster. Eines Tages wurde Vayne klar, dass sie Frey ebenso liebte wie einst ihre Mutter. Doch ihre Liebe war so sehr mit Schmerz und Verlust behaftet, dass sie sie ebenso bekämpfte wie jede andere Bestie, die ihr Leid zufügen wollte. Vayne und Frey bereisten Valoran, bis sie in den Tavernen der Hochländer Geschichten hörten, die von einem gehörnten dämonischen Wesen von außerordentlicher Schönheit berichteten. Gemäß den Geschichten war die Dämonin nicht untätig gewesen: Sie hatte einen Kult gegründet, um Mitglieder um sich zu scharen, die ihren Willen ausführen sollten. Menschen wanderten in die Hügellande und niemand hörte je wieder von ihnen. Es hieß, dass die Hohepriester des Kults ein Heiligtum nahe der Klippen hatten, wo sie Opfer für die Dämonin vorbereiteten. Vayne und Frey machten sich sofort auf die Jagd. Als sie sich des Nachts in die Hügel vorpirschten, war Vayne nicht ganz bei der Sache. Das erste Mal seit Beginn ihrer Partnerschaft war sie um Frey besorgt – sie fürchtete, zum zweiten Mal ihre Mutter zu verlieren. Bevor sie ihre Befürchtungen aussprechen konnte, sprang einer der Dämonenpriester aus dem Busch und schmetterte seine Keule in ihre Schulter. Vayne war schwer verwundet. Frey zögerte kurz, doch dann fasste sie ihren Entschluss. Sie bat ihre Freundin um Verzeihung und verwandelte sich in einen gewaltigen freljordischen Wolf. Während Vayne sich vor Schreck kaum rühren konnte, riss Frey in ihrer animalischen Gestalt mit ihren mächtigen Kiefern dem Priester die Kehle heraus. Der reglose Körper des Kultisten lag vor Vaynes Füßen, als Frey wieder menschliche Gestalt annahm. In ihren Augen war noch immer das ängstliche Tier zu erkennen. Hastig erklärte sie, dass sie nach dem Tod ihrer Familie zur Schamanin wurde und den Fluch auf sich geladen hatte, um als Gestaltwandlerin gegen die Eishexe kämpfen zu können. Das Ritual, dass ihr diese Mächte verliehen hatte, beinhaltete dunkle Magie, doch sie hatte dieses Opfer für den Schutz der – – Vayne schoss ihr einen Bolzen durchs Herz, bevor Frey auch nur eine weitere Silbe sprechen konnte. Welche Zuneigung auch immer sie für Frey gespürt hatte: Mit der Enthüllung ihrer wahren Natur war sie verflogen. Eine Träne bildete sich in Freys Auge, als sie auf dem Boden aufschlug, doch Vayne bemerkte sie nicht – die Wärme, die die beiden verbunden hatte, erstarb zusammen mit Frey. Die Dämmerung war noch Stunden entfernt, also war noch Zeit für die Jagd. Vayne dachte nur an die Dämonin. Den Todesstoß würde sie ganz allein genießen. Und alle folgenden auch. Runeterras Unterwelt würde sie fürchten lernen, genau wie das kleine Mädchen sie einst gefürchtet hatte. Zum ersten Mal seit dem Tod ihrer Eltern lächelte Vayne.
Marksman
Xayah, die in einen lhothlanischen Stamm hineingeboren wurde, liebte es, ihrem Vater beim Singen von uralten Volksliedern über vastayanische Helden zuzuhören. Die eingängigen Melodien entführten sie in eine längst vergessene Zeit, als die Magie frei über die Insel Qaelin tanzte und die Lhotlan mit gewaltiger Kraft erfüllte. Doch mit jeder neuen Generation drangen die Menschen immer weiter in die vastayanischen Stammesgebiete ihrer Vorfahren ein und störten ihr unbändiges Wesen. Die Stämme verschwanden langsam und mit ihnen ihre Lebendigkeit, als sie immer weiter von den Ersten Landen abgeschnitten wurden und sich zu Verhandlungen mit ihren sterblichen Rivalen gezwungen sahen. Xayah sah frustriert dabei zu, wie die Juloah-Botschafter ihres Stammes aber und abermals Verträge mit den Sterblichen schlossen, die nur zu schnell wieder gebrochen wurden. Noch beunruhigender war jedoch, dass die Menschen die Geheimnisse der emporragenden Konstrukte, die als Quinlon bekannt waren, lüfteten und sie zur Eindämmung der natürlichen Magie Ionias verwendeten, um ihre wachsenden Siedlungen zu schützen. Obwohl Xayah und andere Gleichgesinnte ihr Volk dazu drängten, sich zu wehren, zogen sich die Lhotlan immer mehr zurück und mieden die Welt der Sterblichen, um an dem Wenigen festzuhalten, was ihnen noch geblieben war. Doch das sollte sie nicht schützen und so wurden sie schließlich gänzlich aus ihrer Heimat vertrieben. Die Lhotlan wurden fortan zu heimatlosen Nomaden. Xayah wurde eine Freiheitskämpferin. Und sie war nicht allein. Überall in Ionia kam es vermehrt zu vastayanischen Rebellionen, die Vergeltung gegen die Sterblichen forderten. Die Zeit für Verhandlungen war vorbei. Xayah war entschlossen, ihre tödlichen Federn auf dem Schlachtfeld einzusetzen, um die wilde Magie des Landes zu befreien. Nachdem sie viele Male in schwer bewachte Festungen eingedrungen war und unzählige Leichen ihren Weg säumten, wurde sie bekannt als „Der violette Rabe“. Die Hingabe, mit der sie sich ihrer Sache widmete, suchte ihresgleichen. Sie hatte stets nur ihre nächste Mission im Sinn oder den nächsten Schritt, der ihrem Volk die Freiheit ein Stückchen näher brachte. Obwohl sie ihre Rebellionsverbündeten zu schätzen wusste, arbeitete sie normalerweise allein, denn sie glaubte, sie könnte die Aufgabe besser als alle anderen erledigen. Doch dann traf sie auf einen anderen Vastaya, der ihr Leben für immer verändern sollte. Als sie auf der Suche nach einem gestohlenen Artefakt nach Vlonqo kam, einer entlegenen Kleinstadt in den Bergen, bot sich ihr der Anblick einer johlenden Menschenmenge. Vor ihnen auf der Bühne stand ein herausgeputzter, grellbunter Künstler, der alte vastayanische Lieder für das Publikum zum Besten gab, das ihm völlig erlegen war. Als er seinen Auftritt mit einer Reihe billiger Tricks beendet hatte, brach die Menge in Jubel aus und skandierte seinen Namen: Rakan! Rakan! Rakan! Der Künstler verneigte sich theatralisch. Xayah tat ihn als einen Possenreißer ab. Auch wenn er Lhotlan sein mag, so schien dieser Rakan doch nichts weiter als ein närrischer mu’takl zu sein. Xayah zwang sich, ihn zu ignorieren und beendete ihre Mission … welche nicht zuletzt dadurch, dass Rakan die Leute ablenkte, viel einfacher wurde. Das konnte sie nicht leugnen. Bevor Xayah in die Wildnis fliehen konnte, sprach Rakan sie an. Nachdem er mehrere Versuche unternommen hatte, sie mit Schmeicheleien zu bezaubern, fragte der aufdringliche Vastaya, ob es Neuigkeiten vom Stamm der Lhotlan gäbe. Als sie ihm erzählte, dass der Stamm seine Ländereien verloren hatte, verdunkelte sich sein Federkleid und sie war überrascht von der Schwere seines Zorns. Vielleicht steckte doch mehr in Rakan, als Xayah dachte. Als sie ihm von ihrem wahren Vorhaben erzählte, flehte er sie an, sie dabei zu begleiten. Auch wenn sie sonst nichts in ihm sah, so erkannte sie doch Potenzial in seiner Fähigkeit, für Ablenkungsmanöver zu sorgen, und so willigte sie ein, dass er sie begleiten durfte. Zu Beginn ihrer Reisen sah sie Rakan als nützlichen – wenn auch nervigen – Begleiter. Der großspurige Kriegstänzer sprang Pirouetten tanzend mit Leichtigkeit um Gegner herum und lenkte sie ab, damit Xayah sie unbehelligt ausschalten konnte. Tatsächlich kompensierte dieser Kampfstil fast seine lästige Unfähigkeit, sich Xayahs sorgsam ausgearbeitete Pläne zu merken. Rakan half ihr auch in anderer Hinsicht. Während sie direkt und grob war, war er einfühlsam und charismatisch, und konnte seinen Charme und seine Überzeugungskraft auch dort einsetzen, wo Xayah zu Gewalt gegriffen hätte. Seine Fähigkeit, die Emotionen der Leute zu lesen und ihr Vertrauen zu gewinnen, beeindruckte sie. Manchmal stellte sie sein Mitgefühl für die Sterblichen infrage, aber sie zweifelte nie an seiner Hingabe für die Sache der Rebellen. Eines Tages bemerkte Xayah, dass sich ihre Gefühle für Rakan verändert hatten. Ihn umgab eine Leichtigkeit und sein freigeistiges Wesen gefiel ihr immer mehr. Mit der Zeit fand sie sogar Gefallen an seiner Gesellschaft und obwohl sie das zu Beginn nur widerwillig zugab, erschien die Welt nicht mehr ganz so kaputt und einsam wie zuvor. Sie wurden unzertrennlich. Seither wurden die beiden in all den Jahren zu herausragenden vastayanischen Champions und die Nachricht von ihren Taten verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Im Zuge der noxianischen Invasion wurden die Ionier zweifelsohne aggressiver und gefährlicher, allen voran das Volk von Navori und der verhasste Orden der Schatten. Allerdings gelang es Xayah und Rakan dadurch, weitere unzählige Vastaya auf ihre Seite zu ziehen und ihren Traum einer Rebellion in greifbare Nähe rücken zu lassen. Gemeinsam werden sie für die Wiedereroberung der Ersten Lande kämpfen und ihre Stämme wieder zu ihrer alten Größe verhelfen.
Marksman
Zeri wuchs in einer Großfamilie aus der Arbeiterklasse umgeben von Wärme, Liebe und vielen starken Meinungen auf. Wie so viele blieben sie vom Elend nicht verschont und verloren geliebte Menschen an die Gefahren von Zhaun – und gerade deshalb lag ihre Stärke in ihrer Gemeinschaft. Von Geburt an hatte Zeri ein besonderes Verhältnis zur Elektrizität. Mit jedem Kichern entwich ihr ein Funke, mit jedem Schrei ein Blitz. Magie war in Zhaun nichts Ungewöhnliches, Zeris elektrischer Zauber hingegen schon. Er wurde von ihren Emotionen geladen, manchmal geerdet, manchmal tosend und wild. Schon nach kurzer Zeit wussten ihre Nachbarn bei jedem Stromausfall, dass sie wahrscheinlich dafür verantwortlich war und nicht eine durchgebrannte Sicherung. Das Leben in Zhaun ist ein wundervolles Chaos, sagte ihre Großmutter immer, und Zeri verkörperte dieses Chaos nur zu gut. Doch nicht jeder fand ihre kleinen Eigenheiten niedlich. Für ihre Familie und ihre Freunde war Zeri eine liebenswürdige Chaotin, für andere war sie einfach nur … Chaos. Bei gelegentlichen Wutausbrüchen, bei denen ihre verirrten Stromschläge eine Straßenlampe oder zwei (oder vielleicht auch zwölf) zum Bersten gebracht hatten, dachte Zeri, sie hätte Blitze von etwas – oder jemandem – gesehen, doch sie konnte keinen genaueren Blick darauf werfen. Sie wünschte, sie könnte ihre instabilen Kräfte besser kontrollieren. Zielstrebigkeit hatte sie, doch an Geduld mangelte es ihr. Und doch bot sich mit jedem Funken eine Gelegenheit. Eines Nachts, als Zeri durch die Märkte des Entresols schlenderte, wurde der Boden von unterirdischen Ausgrabungen zum Erzittern gebracht, das schnell zu einem zerstörerischen Beben anwuchs. Sie verschwendete keine Zeit, raste an eingestürzten Gebäuden vorbei und rettete in den Trümmern gefangene Opfer. Als ihre Welt langsam in sich zusammenstürzte, wurde Zeri zu einem rasenden Blitz. Sie wusste, die Chem-Barone hatten Bergwerke in der Nähe errichtet, nachdem sie behauptet hatten, bessere Ressourcen als Hextech entdeckt zu haben. Was sie aber nicht verrieten, waren die Gefahren ihrer ungebremsten Grabungsarbeiten. Je schneller sich Zeri bewegte, desto stärker lud sie sich auf. Unter Druck blühte sie auf, erkannte, was ihre Kräfte bewerkstelligen konnten und wie viel ihr ihre Nachbarschaft bedeutete – auch, wenn sie den Baronen nichts bedeutete. Als sich der Staub gelegt hatte, versammelten sich Überlebende, um Zeri zu danken. Unter Zeris Erleichterung brodelte Wut denn Zeri wusste, dass sie mehr Leute hätte retten können, wenn sie ihre Kräfte besser beherrschen könnte. Was Zeri geschafft hatte, würde bestimmt die Aufmerksamkeit der Barone auf sich ziehen. Sie wusste, sie würden keine Skrupel haben, alles daran zu setzen, um an sie zu gelangen und Zeri durfte nicht riskieren, dass andere verletzt werden würden. Nicht noch einmal. Um sie vor ihr selbst zu schützen, durchfilzte Zeri die Trümmer des Unglücks und baute eine Jacke, um ihre Elektrizität zu bändigen und den Blicken der Barone zu entgehen. Jetzt konnte sie ihre Gabe zügeln und Bedürftige beschützen. Als sie die zerstörten Straßen durchstreifte, sah Zeri gebrochene Gesichter. Familien versuchten, ihre Häuser wiederaufzubauen und Zeri ging ihnen zur Hand, ohne ihre Kräfte einzusetzen. Doch je mehr sie half, desto mehr bekam sie zu Gesicht. Arbeiter, die Generatoren nicht anwerfen konnten. Eltern, die versuchten, mit kaputten Kochplatten Essen zu kochen. Diese Leute hatten niemanden, der sich für sie einsetzte, und schon gar nicht jemanden mit einer Gabe wie Zeri. Sie wusste, ihr Bezirk – und andere wie dieser – würden niemals wirklich sicher sein, wenn alles so bleiben würde, wie es war. Für die Barone waren sie nichts als wertlose Dinge, Ressourcen, die man ausnützen konnte. Zeri wusste, was sie tun musste. Sie konnte nicht auf den nächsten „Unfall“ warten, sie musste sich den Baronen stellen. Zeri war eine Naturgewalt, die Schockwellen durch Zhaun sendete. Schon bald erzählte man sich, dass die Nachschubwege der Chem-Barone zerstört worden waren, von einem „Blitz“, der schneller einschlug, als das Auge sehen konnte. Von ihren Verlusten erzürnt bildeten die örtlichen Barone eine ungewöhnliche Allianz, und ihre gebündelte Macht konnte Zeri abwehren. Sie versuchte, sich anzupassen – schneller zuzuschlagen –, doch gegen die endlosen Ressourcen der Barone hatte sie keine Mittel. Sie zog sich zurück, ihr Körper gebrochen, ihre Kräfte fast aufgebraucht. Die Barone waren vereint. Sie war alleine. Als sie nach Hause ging, erwartete Zeri Enttäuschung von jenen, die sie im Stich gelassen hatte. Aber sie wurde von ihrer Familie, ihren Freunden und Leuten, die sie nie getroffen hatte, willkommen geheißen. Sie alle wollten sich gegen ihre Unterdrücker auflehnenund ihre wiederaufgebauten Häuser gaben ihnen neuen Mut. Zeri hatte sich noch nie so inspiriert gefühlt, und doch war sie es, die diese Leute inspiriert hatte. Sie war der Funke, der ihr Feuer entzündet hatte. Und sie war nicht mehr alleine. Mit der Hilfe ihrer Nachbarn hatte Zeris Mutter für sie ein Gewehr gebaut, aus den Materialien, die jene gespendet hatten, für die Zeri kämpfte: Die Leute von Entresol. Als Munition dienten Zeris Emotionen, der leitfähige Lauf des Gewehrs verstärkte ihre Kräfte und nahm sie direkt aus ihren Händen auf. Gemeinsam mit ihrer Jacke konnte sie ihre Spannung besser kontrollieren, aufladen, um präzise – oder wenigstens halbwegs präzise – Elektrostöße zu verschießen. Zeri blickte ihre Familie und ihre Nachbarn liebevoll an. Sie hatte gedacht, sie würde sie alle in ihrem Widerstandskampf verlieren, doch weil sie sich für sie eingesetzt hatte, setzten auch sie sich für Zeri ein. Mit der Unterstützung ihrer Gemeinschaft kämpft Zeri für jene, die selbst nicht kämpfen können. Zhaun ist nicht perfekt, und auch Zeri ist es nicht, aber manchmal reicht schon ein Funke, um die Welt zu verändern.
Marksman