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7Wissenschaft
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Forscher untersuchten die Kampfentscheidungen von 81 Männchen der Spezies Servaea incana, indem sie ihnen Videos unterschiedlich großer Artgenossen zeigten. Springspinnen haben ihren Namen nicht von ungefähr. Diese Spinnenfamilie (Salticidae) zeichnet sich durch eine enorme Sprungfähigkeit aus, die sie – kombiniert mit einer Reihe weiterer Fähigkeiten – zu äußerst erfolgreichen Jägern macht. Sie lauern am Boden oder an Wänden ihrer Beute auf, die sie dank ihres exzellenten Seh- und Geruchssinns wahrnehmen, und springen diese blitzschnell an. Doch nicht nur Beutetiere kann es treffen: Begegnen sich zwei paarungswillige Männchen einer Spezies, kommt es manchmal zu Kämpfen, die durchaus tödlich enden können. Mitunter zieht sich aber ein Kontrahent auch zurück, noch ehe es zum physischen Kontakt mit dem Gegner kommt. Forscher der Macquarie University in Sydney untersuchten nun in einem Experiment, nach welcher Strategie die Männchen der Spezies Servaea incana bei ihren Kampfentscheidungen vorgehen. Erwachsene Männchen dieser Art variieren deutlich in ihrer Größe. Um herauszufinden, ob und inwiefern die Körpergröße des Gegners die Entscheidung für oder gegen einen Kampf beeinflusst, spielten die Biologen um Rowan McGinley 81 Spinnenmännchen manipulierte Videos vor. Zu sehen bekamen sie virtuelle Kontrahenten in vier unterschiedlichen Größen – von sehr klein bis sehr groß. Es zeigte sich, dass die Vorgangsweise sowohl von der eigenen Körpergröße als auch von der des Gegners abhing: Je größer die gezeigte Spinne war, desto weniger Testmännchen griffen an. Je größer die Testspinne selbst war, desto eher attackierte sie aber sämtliche virtuellen Konkurrenten, selbst wenn diese größer waren. War die Videospinne aber deutlich kleiner als die Testspinne selbst, zeigte diese kaum Interesse an einem Kampf. Springspinnen seien also offenbar in der Lage, Artgenossen in Relation zur eigenen Größe zu bewerten, schreiben die Forscher in Behavioral Ecology and Sociobiology. Wie das Ganze aussieht, sehen Sie in diesen kurzen Videos: --> Behavioral Ecology and Sociobiology: Video playback experiments support a role for visual assessment of opponent size in male-male contests of Servaea incana jumping spiders (red, 24.4.2016)
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4Sport
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Norwegischer Doppelsieg in Abfahrt von Beaver Creek – Hannes Reichelt als bester ÖSV-Läufer Vierter. Beaver Creek – Aksel Lund Svindal hat souverän auch die Abfahrt in Beaver Creek und damit wie im Vorjahr sein Landsmann Kjetil Jansrud die ersten drei Speed-Rennen der Saison gewonnen. Der Doppelsieger von Lake Louise setzte sich am Freitag 0,30 Sekunden vor Jansrud und 0,70 vor Guillermo Fayed (FRA) durch. Hannes Reichelt verhinderte als Vierter eine schwere ÖSV-Niederlage. Denn außer dem Salzburger kam kein weiterer Österreicher in die Top-Zwölf. Otmar Striedinger wurde vor Vincent Kriechmayr 13. und zweitbester Österreicher. Das war dennoch bemerkenswert, weil der Kärntner Rossignol-Fahrer nach seinem erzwungenen Skimarkenwechsel noch um den Anschluss kämpft. Startschwierigkeiten von Mayer Olympiasieger Matthias Mayer rutschte schon ganz oben auf einer Eisplatte aus und kam hinter Georg Streitberger (17.) über Platz 21 nicht hinaus. Routinier Klaus Kröll vergab eine bessere Platzierung als 28 mit einem kapitalen Einparker vor dem Steilhang und Wildsau Max Franz fiel wie Patrick Schweiger aus. Reichelt, der in Beaver Creek schon insgesamt vier Mal den Super-G aber noch nie die Abfahrt gewonnen hat, zog eine geteilte Bilanz. Einerseits verzeichnete er als Vierter sein bestes Abfahrts-Ergebnis auf der Birds of Prey – sein zweiter Platz 2013 hinter Svindal war auf einer mit dem Damenkurs gemischten Strecke geschehen – , andererseits vergab er einen möglichen Podestplatz schon am Start. Der war miserabel, ärgerte sich der 35-jährige Routinier darüber, dass er bei den ersten Anschüben und Schlittschuhschritten gepatzt hatte. Zudem war es oben etwas windig. Nach 30 Fahrsekunden hatte ich jedenfalls schon 80 Prozent meines späteren Rückstandes. Der Fehler beim Start, das war der dritte Platz, war Reichelt sauer darüber, dass er einen Podestplatz um acht Hundertstel verpasst hatte. Letzter ÖSV-Abfahrtssieger auf der Raubvogelpiste bleibt damit Michael Walchhofer 2007. Reichelt bricht eine Lanze Platz vier sei aber nicht nur für ihn selbst, sondern für die ganze Mannschaft wichtig, gab sich der Radstädter letztlich aber doch versöhnlich. Sie fahren alle besser, als es heute auf dem Papier aussieht, brach Reichelt eine Lanze für seine doch deutlich geschlagenen Teamkollegen. Vor Svindal könne man sich nur verbeugen, sagte Reichelt. Er hat aber auch einen richtigen Traumlauf erwischt heute, hofft auch Reichelt, dass er und seine Kollegen spätestens bei der Rückkehr nach Europa wieder näher an den Norwegern dran sein könnten. Die bemerkenswerte Wiederholung der Vorjahresereignisse dürfe sich nun gerne fortsetzen, so Reichelt. 2014 hatte er mit seinem Sieg im Super-G von Beaver Creek die damalige Sieges-Serie von Jansrud beendet. Zudem setzt ÖSV-Coach Florian Winkler auch diesmal. 28. Sieg von Svindal Auf Winklers Kurs war Reichelt vor zehn Monaten hier Super-G-Weltmeister geworden. Um endlich den ersten ÖSV-Saisonsieg zu holen, sei deshalb ausgemacht, dass er so setzt wie bei der WM, scherzte Reichelt. Svindal sei aber in einer unglaublichen Form, so Reichelt. Der wird sicher einiges dagegen haben, dass ich morgen noch einmal alles wiederhole. Der 28. Weltcupsieg von Svindal, sein zehnter in der Abfahrt, nahm seinen Ausgangspunkt schon ganz oben im langen und welligen Gleitteil. Da habe ich total viel Speed mitgenommen, gestand der Norweger, der in der vergangenen Saison verletzungsbedingt nur bei der WM gestartet war und nach drei Siegen in bisher vier Saisonrennen natürlich auch im Weltcup klar voran liegt. Eine Mutfrage Es hat schon ein bisschen Mut gekostet, richtig Gas zu geben. Ich wusste, es wird heute total schwierig, meinte Svindal weiters, gestand aber auch: In der Abfahrt läuft es momentan sehr, sehr gut. Auch für ihn sei Jansrud nach den zwei Trainingsbestzeiten der Favorit gewesen. Er ist sicher nicht so zufrieden, wie ich es bin, sagte Svindal über seinen Marken- und Teamkollegen. Beide fahren auf Head, Jansrud hat sogar erste Skiwahl. Jansrud blieb wie immer sportlich fair. Es ist schon okay, nach Lake Louise wieder am Stockerl zu sein. Ich glaube, ich bin heute gleich gut gefahren wie im Training. Aber Aksel ist unglaublich gefahren. (APA; 4.12.2015) Herren mit den meisten Weltcup-Siegen: 1. Ingemar Stenmark (SWE) 862. Hermann Maier (AUT) 543. Alberto Tomba (ITA) 504. Marc Girardelli (LUX) 465. Pirmin Zurbriggen (SUI) 406. Benjamin Raich (AUT) 367. Bode Miller (USA) 338. Marcel Hirscher (AUT) 319. Stephan Eberharter (AUT) 29 10. Aksel Lund Svindal (NOR) 28
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8Kultur
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Grund sind Aussagen des Sängers. Paris – Die Rockband Eagles Of Death Metal, die am Tag der Terroranschläge von Paris im Bataclan spielte, als 89 Leute getötet wurden, ist vom Programm zweier französischer Festivals gestrichen worden. Wie unter anderem das britische Musikmagazin NME berichtete, sind die Aussagen von Sänger Jesse Hughes über Muslime und Terrorismus der Grund. Die EODM wurden demnach von den Festivals Caberet Vert und Rock en Seine ausgeladen. Hughes hatte in einem Interview den strikten französischen Waffengesetzen eine Mitschuld an den Terroranschläge gegeben, in einem anderen verdächtigte er die Sicherheitskräfte im Bataclan der Mitwisserschaft. In einem Gespräch mit einem Blogger stichelte er gegen Muslime.
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7Wissenschaft
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Zuletzt war die Uni Wien 2011 im "Times Higher Education World Reputation Ranking" vertreten. Wien – Bereits zum fünften Mal in Folge findet sich keine österreichische Hochschule unter den 100 angesehensten Universitäten des Times Higher Education World Reputation Ranking. Zuletzt war die Uni Wien 2011 in den Top 100 vertreten. Auf den ersten drei Plätzen liegen die US-Unis Harvard, Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Stanford. Die Wertung basiert auf Antworten von mehr als 10.000 erfahrenen Wissenschaftern aus 133 Staaten, die in ihrem Forschungsfeld die besten Universitäten in den Bereichen Forschung und Lehre angeben sollten. Gemessen wird damit also das Prestige in der akademischen Welt. Die zehn angesehensten Hochschulen finden sich laut Ranking ausschließlich im angloamerikanischen Raum. Hinter Harvard, MIT und Stanford platzierten sich die britischen Unis Cambridge und Oxford, gefolgt von Berkeley, Princeton, Yale, der Columbia University sowie dem California Institute of Technology (alle USA). Beste Uni außerhalb der USA und Großbritanniens in der Rangliste ist unverändert die Universität Tokio (Japan) auf Platz zwölf. Die angesehenste kontinentaleuropäische Uni ist die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich auf Platz 19 (2015: 15), die heuer allerdings von der bestplatzierten chinesischen Hochschule überholt wurde: Die Universität Tsinghua verbesserte sich von Rang 26 auf 18 und zählt damit wie die Universität Peking auf Platz 21 (2015: 32) zu den Aufsteigern des Jahres. Zum Vergleich: Deutschland steigerte seine Zahl der Unis in den Top 100 seit 2011 von vier auf sechs (bestplatzierte Uni: Ludwig-Maximilian-Universität München auf Platz 40). Die Schweiz ist seither mit den beiden ETH in Zürich und Lausanne vertreten. Die Niederlande (Technische Universität Delft auf Platz 51-60) und Frankreich (Ecole Normale Superieure auf Platz 61-70) sind heuer mit fünf Hochschulen klassiert, Schweden mit zwei (Karolinska Institut auf Platz 51 bis 60) und Belgien mit einer (Katholische Universität Leuven auf Platz 61-70) Dänemark und Finnland verloren heuer ihre Vertreter in den Top 100.
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3Wirtschaft
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Besondere Marketingaktionen angekündigt. Wolfsburg – VW-Vertriebschef Jürgen Stackmann rechnet durch die Elektroauto-Kaufprämie vornehmlich mit einem Absatzschub bei Hybridwagen. Wir sind überzeugt, dass in der ersten Phase Plug-in-Hybrid eher ein Thema ist, sagte Stackmann am Freitagabend in Berlin. Hohe Reichweite und günstige Verbrauchswerte seien Attribute, mit denen Hersteller auch bei bisherigen Dieselkäufern punkten könnten. E-Autos können heute mit einer Stromladung noch nicht so weit fahren wie die meisten Autos mit Verbrennungsmotoren mit einer Tankfüllung. Der Vertriebsvorstand der VW-Kernmarke deutete nach der beschlossenen Kaufprämie auch besondere Marketingaktionen an: Wir werden das natürlich zum Anlass nehmen, mehr zu machen als einfach Fahrzeuge zu verkaufen. Details nannte er jedoch nicht. Die deutsche Bundesregierung hatte am vergangenen Mittwoch Kaufprämien für Elektroautos und Hybridfahrzeuge in Deutschland beschlossen. Kunden erhalten 4000 Euro Zuschuss beim Kauf eines reinen Elektroautos, 3000 Euro sollen bei einem Hybrid fließen, der E-Antrieb und Verbrennungsmotor kombiniert.
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2International
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Dateien aus Outlook-Programmen von Abgeordneten abgegriffen. Hamburg – Bei ihrem Spähangriff auf das Computernetz des Deutschen Bundestags haben die unbekannten Täter einem Medienbericht zufolge offenbar auch große Mengen vertraulicher E-Mails von Abgeordneten erbeutet. Das berichtete das Portal Spiegel Online am Donnerstag unter Berufung auf mehrere mit dem Fall vertraute Quellen. Die Hacker, die vermutlich mithilfe eines in einer E-Mail versteckten Trojaners in das deutsche Bundestagsnetz Parlakom eingedrungen seien, hätten nach bisherigen Erkenntnissen Daten in einer Größenordnung von rund 16 Gigabyte abgezweigt. Die Angriffe richteten sich demnach gegen mindestens 15 Abgeordneten-Büros. Nach Informationen von Spiegel Online ist es den Hackern gelungen, von mehreren Parlamentsrechnern sogenannte Personal Store-Dateien (PST) zu stehlen. Dabei handle es sich um digitale Archive des E-Mail-Programms Outlook, in denen unter anderem eingegangene und gesendete Nachrichten gespeichert sind. Zudem suchten die Hacker dem Bericht zufolge offenbar gezielt nach internen Adressverzeichnissen, Terminkalendern und aktuellen Office-Dokumenten von Bundestagsabgeordneten. Welche Parlamentarier Opfer des elektronischen Postraubs wurden und aus welchem Zeitraum der entwendete E-Mail-Verkehr stammt, blieb offen. Im Mai war ein größer angelegter Cyberangriff auf das IT-Netz des Parlaments bekannt geworden. Dabei ist nach bisher vorliegenden Angaben ein hochprofessionelles Programm in das System eingedrungen und hat mehrere angeschlossene Rechner infiziert. Es kam offenbar auch zu Datenabflüssen, die nach Angaben der Bundestagsverwaltung aber wohl seit etwa zwei Wochen gestoppt sind.
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7Wissenschaft
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Kann das Holz städtischer Wälder zum Klimaschutz beitragen, indem es verbrannt wird? Forscher sind auf ein erhebliches Potenzial gestoßen. Wien – Nun trägt er wieder frisches Grün. Vom Kahlenberg bis Kaltenleutgeben leuchten Buchen, Eichen und Erlen in neuer Tracht, derweil die Vögel ihre Maigesänge ertönen lassen. Ja, der Wienerwald ist wahrlich ein prächtiges Stück Natur – und ein multifunktionelles dazu. Gestresste Großstädter finden hier Ruhe und reichlich gute Luft, allein schon der Lainzer Tiergarten zieht jährlich circa eine halbe Million Besucher an. Gleichzeitig beherbergt das Waldgebiet zigtausende Tier- und Pflanzenarten, so manche davon ist streng geschützt. Auch forstwirtschaftlich gesehen ist das Areal interessant. Die Produktivität liegt allerdings auf eher niedrigem Niveau: Nur 1,6 Kubikmeter Holz werden im Wienerwald durchschnittlich pro Hektar geerntet. Der österreichische Mittelwert beträgt 7,7 Kubikmeter pro Hektar. Am Wachstum liegt es nicht. Rotbuchen (Fagus sylvatica) und Steineichen (Quercus petraea) sind im Wienerwald die dominierenden Baumarten. Die andernorts bei Förstern beliebten, schnellwüchsigen Nadelgehölze findet man kaum. Dennoch nimmt die Holzmenge im westlichen Grüngürtel Wiens jedes Jahr um 5,9 Kubikmeter pro Hektar zu. Potenzial wäre also da. Die Bewirtschaftung ist einfach nicht so intensiv, erklärt Florian Kraxner, Forstwirtschafter am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg. Der Wienerwald diene gewissermaßen als Schaukasten der Stadt. Schön soll er sein, mit imposanten, hoch emporragenden Bäumen und einem geschlossenen Blätterdach. So wollen die Menschen ihren Wald sehen. Es ginge aber auch anders. Holz ist ein wertvoller Rohstoff, nicht nur als Baumaterial, sondern auch als umweltfreundlicher Energieträger. Seine Verbrennung bringt kein zusätzliches CO2 in die Atmosphäre ein und schont somit das Klima. Diesen Effekt macht man sich im 2006 in Betrieb genommenen Biomassekraftwerk Wien-Simmering zunutze. Dort wird Holz zur Erzeugung von Strom und Warmwasser verbrannt. Die Anlage produziert jährlich rund 24,5 Megawatt elektrische Energie plus Fernwärme für etwa 12.000 Haushalte. Einsparergebnis: circa 144.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Die Bilanz hat allerdings einen kleinen Haken. Ein Teil des Brennholzes muss über größere Entfernungen herbeigeschafft werden. Dieser Transport verursacht zusätzliche Emissionen sowie Kosten. Florian Kraxner möchte hier Abhilfe schaffen. Wenn man die Klimaziele ernst nimmt, muss man die Biomasse-Nutzung optimieren, meint er. Und was läge da näher als die Holzreserven vor der eigenen Haustür? Man möge den Experten allerdings nicht falsch verstehen. Kraxner will keinesfalls den Wienerwald abholzen oder seinen Erholungswert beeinträchtigen. Die Frage ist stattdessen, ob sich der Holzertrag in nachhaltiger Weise steigern lässt, um damit mehr klimafreundliche Energie zu erzeugen. Dabei darf nie mehr entnommen werden, als gleichzeitig nachwächst, betont Kraxner. Um das Biomasse-Potenzial des Wienerwalds genauer zu ermitteln, haben der Forstwirtschafter und seine Kollegen am IIASA eine aufwendige Modellrechnung durchgeführt. Sie gründeten ihre Kalkulationen auf die Kartierungsdaten des zuständigen Wiener Magistrats 49, welche insgesamt 4200 Hektar Wald im westlichen Teil der Metropole umfassen. Naturschutzgebiete und 25 Meter breite Pufferzonen im Umfeld von wichtigen Naherholungseinrichtungen wie Grillplätzen oder Schwimmbädern wurden aus den Produktivitätsberechnungen herausgenommen. Die zugrunde gelegten Holzheizwerte betragen 4,2 Kilowattstunden pro Kilogramm für Laubbäume und 4,4 Kilowattstunden pro Kilo für Nadelgehölze. Das Ergebnis der Studie zeigt erstaunlich große Reserven auf. Unter Berücksichtigung aller bestehenden Schutzmaßnahmen und Nutzungsverordnungen ließen sich im Wienerwald außerhalb der Schonbereiche jedes Jahr 10.600 Kubikmeter Holzbiomasse zusätzlich ernten. Das entspräche einer Steigerung von 60 Prozent gegenüber der heutigen Produktivität. In Energie umgesetzt könnte diese Menge rund 3000 Haushalte mit Strom versorgen und weitere 720 mit Fernwärme – bei Einsparung von jährlich 8600 Tonnen an CO2-Emissionen. Weitere Details wurden vor kurzem im Fachmagazin Applied Energy (Bd. 165, S. 990) veröffentlicht. Zur Verwirklichung dieses Potenzials müsste selbstverständlich mehr Holz eingeschlagen werden, was bei selektiver Bewirtschaftung kein Problem wäre. Es ist ein bisschen Gärtnern angesagt, sagt Florian Kraxner. Dabei entstünde ein lichterer Wald mit mehr Unterwuchs. Mikroklimatisch gesehen könnten lokal die Temperaturen steigen, was allerdings auch das Bodenleben anregen und die natürliche Waldverjüngung fördern würde, meint Kraxner. Sogar die Biodiversität ließe sich erhöhen. Heterogen strukturierte Wälder mit offenen Flächen beherbergen normalerweise mehr Artenvielfalt als durchgängige Altbestände. Die IIASA-Studie dürfte auch für andere waldreiche Metropolen wie Berlin, Rio de Janeiro oder Vancouver und für neue, noch zu planende Städte in Schwellenländern zukunftsweisend sein. Weltweit nimmt die Urbanisierung stetig zu. Der größte Energiebedarf fällt bereits jetzt in den Ballungszentren an. Deshalb, so Kraxner, sollten die Städter für ihre Versorgung so viel wie möglich auf ihrem eigenen Grund und Boden beitragen.
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7Wissenschaft
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Lokales Ortungssystem aus Funkbojen und Drohnen soll Forschungsrobotern den Weg weisen. Würzburg – Wenn Marsroboter sich ihren Weg durchs raue Gelände des Roten Planeten bahnen, dann sollten sie genau wissen, wo sie sich befinden und wo sie hinwollen. Im Unterschied zur Erde, wo ein Schwarm von GPS-Satelliten für die nötige Orientierungshilfe sorgt, ist das auf dem Mars bedeutend komplizierter. Wissenschafter von der Uni Würzburg arbeiten derzeit an neuen technischen Lösungen für das Problem. Wenn es denn jemals tatsächlich Spuren von Leben auf dem Mars gegeben hat, wären die Valles Marineris ein geeigneter Ort dafür. Die Mariner-Täler, die nach ihrem Entdecker, der Mariner 9-Sonde der Nasa, benannt wurden, sind rund 4.000 Kilometer lang, bis zu 600 Kilometer breit und stellenweise sieben Kilometer tief. Ihre Gestalt legt an einigen Stellen den Schluss nahe, dass dort einst Wasser geflossen sein könnte. Daher dürften sich künftige Missionen auf der Suche nach Lebensspuren unter anderem auf dieses Canyon-System konzentrieren. Das Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR sucht derzeit nach Möglichkeiten, die Valles Marineris auf dem Mars mit einem Schwarm von Drohnen, Rovern und Laufrobotern zu erkunden. An dem Projekt beteiligt sind auch Wissenschafter der Universität Würzburg. Der Informatiker Sergio Montenegro und seine Mitarbeiter sollen den Erkundungs-Fahr- und -Drohnen den richtigen Weg weisen. Hauptaufgabe ist es, ein lokales Ortungs- und Landesystem zu entwickeln. Der Ansatz des DLR sieht vor, dass eine Armada von Robotern die Marstäler erkundet. Dabei müssen diese jederzeit genauestens wissen, wo sie und ihre Kollegen sich befinden. Wenn beispielsweise eine fliegende Drohne aus der Luft eine interessante Struktur entdeckt hat, bei der es sich lohnen könnte, eine Bodenprobe zu entnehmen, muss sie dem entsprechenden Roboter den exakten Ort mitteilen können, erklärt Montenegro. Und wenn sich die Akkus der Drohne leeren, sollte sie auch den Weg zurück zum sogenannten Lander kennen, damit sie dort wieder Energie auftanken kann. In Zeiten, da jeder Mensch dank seines Smartphones sofort ermitteln kann, wo er sich befindet, klingt diese Aufgabe nicht sonderlich schwierig. Für den Mars gilt das allerdings nicht. Auf der Erde liefern uns GPS-Satelliten die notwendigen Informationen, erklärt der Raumfahrtinformatiker. Deren Entwicklung habe mehrere Jahrzehnte gedauert und mehrere Milliarden Euro gekostet. Auf dem Mars stehen solche Informationen nicht zur Verfügung. Deshalb soll der Lander bei seinem Anflug auf die Valles Marineris viele sogenannte Funkbojen abwerfen, die sich über die Oberfläche verteilen. Diese ermitteln anschließend per Funksignal ihre jeweilige Position bezogen auf den Standort des Landers, kommunizieren untereinander und liefern dann den Erkundungsrobotern – ähnlich wie GPS-Satelliten auf der Erde – die für die Navigation und Ortung nötigen Daten. Die entsprechende Software liefern die Würzburger Informatiker. Das Hauptproblem dabei: Damit eine Funkboje weiß, wie weit sie vom Lander entfernt ist, muss sie mit höchster Präzision messen, wie lange ein Funksignal zwischen den beiden Punkten unterwegs ist. Dabei kommt es auf Nanosekunden an – schließlich würde ein Messfehler von einer tausendstel Sekunde bereits eine Abweichung von 300 Kilometern bedeuten. Unterschiedlich hohe Standorte im Canyon, Gesteinsstrukturen, die den Funksignalen den Weg versperren, Reflexionen an den Talwänden verkomplizieren die Messung zusätzlich und müssen von den Informatikern berücksichtigt werden. Wie Montenegro und sein Team die Herausforderung angehen wird, steht schon fest. Wir lassen zunächst zwei Objekte in Ruhe ihren Abstand messen, sagt der Wissenschafter. Mit der erforderlichen Präzision werde das schon schwer genug sein. Wenn dieser Schritt klappt, wird das Team die Zahl der Objekte erhöhen; am Ende sollen diese sich dann auch bewegen. Ob die Würzburger Software tatsächlich einmal auf dem Mars zum Einsatz kommen wird, steht aktuell allerdings in den Sternen. Noch handelt es sich um einen Ansatz der DLR, der – wenn er verwirklicht werden sollte – hunderte von Millionen Euro kosten würde. Sollte die Politik das Geld nicht genehmigen, war die Arbeit der Informatiker trotzdem nicht umsonst. Wir können das System genauso gut für die Unterwasserforschung einsetzen, erklärt Montenegro. Auch dort existiert das Problem mit der Positionsbestimmung ohne die Hilfe von GPS-Satelliten. Der wesentliche Unterschied: Anstelle von Funk- kommen unter Wasser Audiosignale zum Einsatz.
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8Kultur
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Wenn Kerzen ohne Feuer zerrinnen. Jay-Jay Johanson veröffentlicht sein Album "Opium". Let's schmacht!. Der Mann ist konsequent. Ende der 1990er tauchte da dieser Schwede auf, blond, logisch, Jay-Jay Johanson mit Namen, und produzierte die prächtigsten Schlaftabletten für Hammer, Amboss und ... schnarch. Kleine Balladen auf damals noch Trip-Hop-Beats genannten Rhythmen über Herzeleid und Sehnsucht. Dargebracht hat er sie mit zart bitterer, an der Grenze zum Gewinsel angesiedelten Stimme des schlechten Gewissens. Man verliebte sich sofort in seine Musik. In ihr wurden noch die größten Gemeinheiten mit großer Unschuld vermittelt: eine Ballade wie Shes Mine But Im Not Hers als Machostatement, für das ihn jede Dame in die Arme nehmen wollte. Alter Schwede. Seit damals ist bei Ikea viel Holzsubstitut verleimt worden, Jay-Jay wurde zumindest zu Hause so etwas wie ein Star und hat ein gutes Dutzend Alben veröffentlicht. Die muss man nicht alle kennen, Tattoo von 1999 aber, meine Damen und Herren! Und auch 2006 ruhte der Scheinwerfer kurz auf ihm, als er mit den Elektronikern von The Knife zusammen auf deren Single Marble House seine Stimme erhoben hat. Nun hat er wieder einmal den Laptop angeworfen, sein Musikprogramm gestartet und die Schlurfbeats abgerufen. Zwar nimmt man ihm den Jungmännerschmäh heute schon altersbedingt nicht mehr ab, der Mann ist Mitte 40. Aber wenn er zu angetäuschten und abgebremsten Bossa-Rhythmen wie in Be Yourself zu schmachten beginnt, zerrinnt die Kerze auch ohne Feuer. Als Albumtitel hat er sich Opium ausgedacht. Schön. Das passt. Seine Musik klingt immer leicht verschwommen, vermeintlich deliriös, slow. Zwar erschreckt er auf Opium mit einem nachgerade rockenden Lied, Moonshine, doch der bessere Rest steht mit beiden Beinen auf der Bremse, lässt gerade so viel Aufregung zu, wie nötig ist, um sich erschöpft zu fühlen. In diesem Fach hat es Jay-Jay zur Meisterschaft gebracht. Da sehen wir ihm sogar die verfremdeten Stimmen in NDE nach. Die wirken ein bisschen zwänglerisch, sollen wohl Modernität suggerieren, klingen dabei aber bloß altbacken. Jay-Jay Johanson hat derlei Kinderkram nicht notwenig. Und jetzt schmachte! (flu, 24.7.2015)
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2International
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Washington will Transgender-Personen an Schulen freie Toilettenwahl geben. Wien – Elf US-Staaten haben die Bundesregierung von Präsident Barack Obama wegen ihrer Anweisung an Schulen verklagt, Transgender-Personen die freie Wahl der Toiletten zu geben. In der am Mittwoch vor einem Bezirksgericht in Texas eingereichten Klageschrift werfen die Staaten der Regierung vor, Gesetze per Rechtsverordnung umschreiben zu wollen. Der Toiletten-Streit, der seit Wochen mit zunehmender Heftigkeit tobt, erreicht damit eine neue Ebene. Das Bildungs- und das Justizministerium hatten am 13. Mai in einem Brief an Schulen und Universitäten Richtlinien definiert, um für Transgender-Schüler im Einklang mit den bestehenden Gesetzen gegen Diskriminierung ein sicheres Umfeld zu schaffen. Insbesondere wurden die Bildungseinrichtungen aufgefordert, Transgender-Personen zu erlauben, diejenige Toilette aufzusuchen, die ihrem empfundenen Geschlecht, statt ihrem Geschlecht auf der Geburtsurkunde entspricht. In der Klageschrift heißt es nun, die Bundesregierung wolle Arbeitsplätze und Bildungsorte im ganzen Land zu Laboren eines massiven sozialen Experiments machen. Sie setze sich mit ihrer rechtlich nicht bindenden Anweisung über den demokratischen Prozess sowie über Maßnahmen zum Schutz von Kindern und der Privatsphäre hinweg. Die elf US-Staaten werden von Texas angeführt. Neun von ihnen werden von republikanischen Gouverneuren regiert. Die Anweisung der Bundesregierung erging vor dem Hintergrund eines erbitterten Streits um ein Gesetz in North Carolina, das Transgender-Personen die freie Toilettenwahl in staatlichen Einrichtungen verbietet. Wegen ihrer gegensätzlichen Auffassungen über das Gesetz haben sich das Justizministerium in Washington und der Gouverneur von North Carolina gegenseitig verklagt. Das US-Justizministerium sieht in den Regelungen einen Verstoß gegen die Bürgerrechte.
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7Wissenschaft
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Naomi Novik gewinnt den Preis für den besten Roman, "Mad Max: Fury Road" als bester Film ausgezeichnet. Chicago – Genrebezogen vielfältig, geschlechtsbezogen nicht: So sieht in aller Kürze die Bilanz der heurigen Nebula Awards aus, der von den professionellen Science-Fiction- und Fantasy-Autoren Nordamerikas vergebenen Preise für SFF-Literatur. Die auf einer Gala in Chicago ausgezeichneten Werke verteilen sich auf die Genres Fantasy, Space Opera, Dystopie und Horror, haben aber alle etwas gemeinsam: Sie stammen durch die Bank von Schriftstellerinnen. Den Preis für den besten Roman erhielt eine auch deutschsprachigen Lesern wohlbekannte Autorin: Seit mittlerweile zehn Jahren schreibt die New Yorkerin Naomi Novik an ihrem Alternate-History-Zyklus Temeraire (auf Deutsch Die Feuerreiter Seiner Majestät) über die Napoleonischen Kriege auf einer Erde mit Drachen. Der neunte und letzte Band dieser Reihe soll noch heuer erscheinen. Ihr Siegerroman Uprooted gehört jedoch nicht zu diesem Zyklus. Der Fantasyroman erzählt die Geschichte eines Dorfes, das unter dem Schutz eines Magiers steht, der als Bezahlung ganz nach Drachenart alle paar Jahre eine junge Frau verlangt – allerdings nicht, um sie zu fressen, sondern um sie in seinen Dienst zu stellen. Hauptfigur ist das Schmuddelkind Agnieszka, auf das zur allgemeinen Überraschung diesmal die Wahl des Magiers fällt. Ebenfalls in der Romankategorie nominiert waren einige beachtliche Werke: etwa Lawrence M. Schoens Barsk: The Elephants’ Graveyard, in dem die Galaxis von anthropomorphisierten Tieren besiedelt wurde, während die Menschheit längst verschwunden ist. Oder Ken Lius einmal nicht pseudoeuropäische Fantasy-Saga The Grace of Kings, N. K. Jemisins The Fifth Season, der Start einer Reihe über einen Planeten mit apokalyptischen Jahreszeitenwechseln, und Charles E. Gannons Raising Caine, der jüngste Band aus einer Reihe, die vom Konflikt der Menschheit mit diversen Spezies von Außerirdischen handelt. Nach dem faszinierenden Ancillary Justice (Die Maschinen) und dem langweiligen Ancillary Sword (Die Mission) hat Ann Leckie ihre Trilogie vom Weltraumimperium der Radch 2015 mit Ancillary Mercy abgeschlossen. Dieser Roman ging aber ebenso leer aus wie Fran Wildes Updraft, ein Young-Adult-Abenteuer aus einer originell konstruierten Fantasywelt über den Wolken, in der Menschen mit selbstgebastelten Flügeln zwischen Türmen aus Knochen durch den Himmel pflügen. Dafür erhielt Updraft den Andre Norton Award für den besten YA-Roman; die Rechte für die Übersetzung ins Deutsche hat sich bereits der Verlag Droemer Knaur gesichert. Als beste Novelle wurde Binti von Nnedi Okorafor ausgezeichnet, die Geschichte einer jungen Afrikanerin, die zu einer extraterrestrischen Universität aufbricht und auf dem Flug dorthin allerhand Abenteuer erlebt. Ganz nach Okorafor-Art sprudelt die Erzählung vor ungewöhnlichen Ideen nur so über, ganz nach Okorafor-Art lässt die US-Autorin nigerianischer Herkunft aber auch die Hälfte davon unterwegs liegen – leider. Noch kürzer als eine Novelle ist eine Novellette. Hie gewann Our Lady of the Open Road der US-amerikanischen Autorin und Musikerin Sarah Pinsker, ein im Geiste des Punk geschriebenes Tourtagebuch aus einer nahen dystopischen Zukunft. Die Novellette ist ursprünglich in Asimov’s erschienen und kann hier im Volltext gelesen werden. Den Preis für die beste Kurzgeschichte schließlich erhielt Alyssa Wong, ebenfalls aus den USA, für ihre Horrorgeschichte Hungry Daughters of Starving Mothers – auch diese ist im Volltext frei erhältlich. Zusammen mit den eigentlichen Nebulas wird alljährlich auch der Ray Bradbury Award für den besten Science-Fiction-Film vergeben. Unter den drei erwartbaren Favoriten Star Wars: The Force Awakens, The Martian und Mad Max: Fury Road hat sich George Millers Fortsetzung des postapokalyptischen Mad Max-Franchises durchgesetzt. Ebenfalls im Rennen waren Ex Machina, Inside Out (Alles steht Kopf) und die Serie Jessica Jones. Dass die Autoren-Organisation heuer sämtliche Nebulas Frauen zuerkannt hat, kann ein Zufall sein, vielleicht aber auch eine Reaktion auf die unappetitlichen Aspekte der Puppygate-Diskussion rund um die Hugo Awards im vergangenen Jahr: Im Zuge der hasserfüllten Kontroverse zwischen traditionell und progressiv ausgerichteten Fans hatten sich einige selbsternannte Wahrer der alten Werte in die unausgegorene Vorstellung verstiegen, dass in Werken von und mit Frauen oder Homosexuellen automatisch die Botschaft wichtiger sei als der Inhalt. Puppygate indes findet heuer eine Fortsetzung, wie die im April veröffentlichte Liste der Nominierungen für die von Fans vergebenen Hugo Awards zeigte. Und es bestätigte sich dabei, was sich schon im Vorjahr abgezeichnet hatte: Die sich gemäßigt-konservativ gebenden Sad Puppies, die sich selbst für die zentralen Akteure der versuchten Hugo-Neuausrichtung hielten, waren nur Mittel zum Zweck für die erzreaktionäre Gruppierung der Rabid Puppies um den fundamentalchristlichen Kleinverleger Vox Day. Nachdem die Sad Puppies heuer nicht wie 2015 auf eine Blocknominierung, sondern auf eine transparentere und damit ehrlichere Strategie gesetzt hatten, fanden sie sich nun im selben Boot wie der Rest der Fan-Welt wieder: Der Großteil ihrer vorgeschlagenen Nominierungen fiel unter den Tisch, weil Vox Day bei der alten Taktik blieb und mit Unterstützung von Internet-Trollen aus dem Gamergate-Umfeld den Stimmzettel einmal mehr zu weiten Teilen okkupierte. In einigen Kategorien – etwa bei den Romanen – ist die Auswahl heuer besser als im Vorjahr, weil sich mehr Fans denn je an den Nominierungen beteiligt haben. Andere – allen voran die Sparte Sekundärliteratur, die ausschließlich mit Produkten Vox Days besetzt ist – enthalten ausnahmslos Müll. Dass die genreinterne Kontroverse heuer trotzdem noch nicht den Grad an Heftigkeit erreicht hat wie im Vorjahr, dürfte daran liegen, dass etwas in der Art befürchtet worden war – zumindest von den meisten Fans, während die Sad Puppies erst einmal die Überraschung verdauen müssen, wie klein ihr Einfluss tatsächlich ist, wenn sie nach den Regeln spielen. Einige Autoren haben sich im vergangenen Jahr zwar zu extrem positioniert, um für die Gegenseite jemals wieder akzeptabel zu sein – aber vielleicht ist der gemeinsame Feind ja nun der Kitt, der den Riss durch die SF-Gemeinde schneller kitten wird als gedacht. Der Fortgang der Ereignisse dürfte klar gezeichnet sein: Auch heuer wird in einigen Kategorien wieder kein Preis vergeben werden, weil keiner der Kandidaten preiswürdig ist. Danach werden – nun garantiert – die bereits ausgearbeiteten Modifizierungen am Nominierungsmodus beschlossen werden, die ein drittes Puppygate-Debakel verhindern sollen. Und nach zwei teilweise verlorenen Jahren kann der Hugo Award dann hoffentlich endlich wieder in die Normalität zurückkehren.
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3Wirtschaft
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Der große SPÖ-Kanzler hätte wahrscheinlich viel Solidarität gezeigt, aber noch früher die Notbremse gezogen, um seine Macht nicht zu riskieren. Im TV-Duell mit Rudolf Hundstorfer stellte Alexander Van der Bellen dem SPÖ-Präsidentschaftskandidaten eine Frage, die bei so manchen alten Sozialdemokraten angesichts des Regierungsschwenks in der Asylpolitik aufkommt: Was ist aus der SPÖ der Kreisky-Zeit geworden? Unter Bruno Kreisky, so seine Botschaft, hätte die Partei ganz anders agiert. Auch bei den Protesten gegen Bundeskanzler Werner Faymann am Wiener SPÖ-Parteitag war der unausgesprochene Vorwurf, Faymann habe die wahren sozialdemokratischen Werte, die niemand besser als Kreisky personifiziert, verraten. Das wirft eine spannende Frage auf: Wie hätte sich Kreisky in der heutigen Flüchtlingskrise verhalten? Auf welcher Seite der gespaltenen Sozialdemokratie wäre er gestanden? Die Antwort ist nicht leicht. Schließlich gab es keine vergleichbare Flüchtlingswelle in seiner Zeit als Politiker – die Massenflucht aus den Nachbarstaaten, Ungarn 1956 und Tschechoslowakei 1968, waren doch ganz anders. Und fragen kann man Kreisky auch nicht. Aber man weiß genug über Kreiskys Denken und politisches Handeln, um natürlich spekulative, aber plausible Szenarien zu skizzieren. Kreisky hätte wahrscheinlich versucht, sich als Friedensstifter in Syrien zu profilieren. Er hätte die europäische Solidarität vielfach beschworen. Er wäre mit mehr Rücksicht gegenüber europäischen Partnerstaaten wie Italien als die heutige Regierung vorgegangen. Und er hätte als ehemaliger Flüchtling vor dem NS-Terror tiefes menschliches Verständnis für das Leid der Asylwerber vor allem aus Syrien gezeigt. Kreisky hatte Ideale und Visionen. Aber er war auch ein Pragmatiker und ein begabter Techniker der Macht. Er hätte deshalb nicht zugelassen, dass seine Regierung die Kontrolle über einen so wichtigen Bereich der Politik verliert. Er hätte sich auch nicht seine Entscheidungen von NGOs und doktrinären Völkerrechtlern diktieren lassen. Und er hätte nicht ein zentrales politisches Feld einer verhassten Oppositionspartei überlassen – und damit seine politische Mehrheit gefährdet. Wenn er sich zwischen den Interessen von Inländern und Ausländern entscheiden musste, kamen seine Wähler immer zuerst. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz von 1975 war hart gegenüber Gastarbeitern und höchst integrationsfeindlich. Kreisky hätte wahrscheinlich im Sommer 2015 ebenso wie die Regierung Faymann-Mitterlehner Flüchlinge aufgenommen und sich von Viktor Orbáns Abschottungspolitik distanziert. Aber spätestens im Herbst hätte er gegrummelt: So kann das nicht weitergehen und hätte dann die Notbremse viel früher gezogen als die jetzige Regierung. Er hätte eine harte Politik der Grenzschließungen mit einer sanften Sprache der Solidarität und Menschlichkeit verbunden. Er hätte die linken Kritiker in der Partei abgekanzelt und sie gefragt, wie sie es wagen können, angesichts seiner eigenen Biografie sein Mitgefühl mit Flüchtlingen in Zweifel zu ziehen. Und er hätte ebenso ungnädig auf Kritik aus dem Ausland reagiert. Und er hätte ebenfalls jemanden wie Hans Peter Doskozil in die Regierung geholt, vielleicht schon früher als Faymann es tat. Kreisky hätte alles getan, damit die FPÖ nicht dank des Flüchtlingsthemas die Mitte der Gesellschaft besetzt und sich zur stärksten Partei des Landes aufschwingt. Eine Krise gibt Aufschluss auf die Art und Weise, wie Kreisky agierte. Nach der Geiselnahme von Marchegg im September 1973 gab Kreisky den Forderungen der palästinensischen Terroristen sofort nach und ordnete die Schließung des Transitlagers Schönau an, wo jüdische Auswanderer aus der Sowjetunion untergebracht waren. Gleichzeitig aber richtete er die Hilfsstelle Wöllersdorf ein, wo weiterhin tausende sowjetische Juden auf der Durchreise versorgt wurden. Er tat, was er für richtig hielt, auf seine Weise. Kreisky hätte auch jetzt Wege gesucht, internationale Solidarität mit Flüchtlingen zu zeigen, ohne aber einen weiteren Ansturm an den Grenzen mit allen fatalen innenpolitischen Folgen zu riskieren – selbstbestimmt, nicht aufgezwungen.
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3Wirtschaft
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Erstes Kartellverfahren gegen US-Firma – Im Visier sind die Datenschutz-Bestimmungen des Online-Netzwerks. Berlin/Düsseldorf/Frankfurt – Das deutsche Bundeskartellamt nimmt Facebooks Umgang mit dem Datenschutz ins Visier – im ersten offiziellen Wettbewerbsverfahren gegen den US-Konzern überhaupt. Die Bonner Behörde prüft, ob das größte Internet-Netzwerk seine Marktmacht mit 1,6 Milliarden Nutzern missbraucht. Es besteht der Anfangsverdacht, dass die Nutzungsbedingungen von Facebook gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstoßen, teilte das Amt am Mittwoch mit. Facebook wies dies zurück und sieht sich im Einklang mit geltendem Recht. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte jüngst bei einem Berlin-Besuch versucht, seine Kritiker zu besänftigen und Besserung beim Datenschutz gelobt – vor allem in Deutschland. Für den Konzern aus dem Silicon Valley läuft es dank des boomenden Werbegeschäfts wirtschaftlich derzeit blendend. Im vergangenen Quartal sprang der Gewinn um 124 Prozent auf rund 1,6 Mrd. Dollar (1,5 Mrd. Euro) und der Umsatz um gut die Hälfte auf etwa 5,8 Mrd. Dollar. Seit dem Börsengang 2012 hat sich der Aktienkurs auf 109 Dollar fast verdreifacht und Zuckerberg ist laut Forbes-Liste mittlerweile der sechstreichste Mensch der Welt. Aber Facebook ist immer wieder im Clinch mit Datenschützern. Kritikern werfen dem Unternehmen zudem vor, Hasskommentare nicht umfassend genug aus dem Internet zu löschen. Die Bundesregierung will den Kaliforniern hier genau auf die Finger schauen. Das Kartellamt hat nach eigenen Angaben erhebliche Zweifel, dass das Vorgehen von Facebook nach dem deutschen Datenschutzrecht zulässig ist. Marktbeherrschende Unternehmen unterliegen besonderen Pflichten, erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt. Dazu gehöre es auch, angemessene Vertragsbedingungen zu verwenden, soweit diese marktrelevant seien. Für werbefinanzierte Internetdienste wie Facebook haben die Nutzerdaten eine herausragende Bedeutung, so Mundt. Gerade deshalb muss auch unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs von Marktmacht untersucht werden, ob die Verbraucher über die Art und den Umfang der Datenerhebung hinreichend aufgeklärt werden. Der Konzern erhebe persönliche Daten aus verschiedenen Quellen und ermögliche durch die Nutzerprofile seinen Anzeigenkunden eine zielgenaue Werbung. Um Zugang zum Netzwerk zu erhalten, müsse der User in diese Datenerhebung und -nutzung einwilligen. Der Umfang der erteilten Einwilligung ist für die Nutzer nur schwer nachzuvollziehen, kritisierte das Amt. Facebook wies den Verdacht zurück. Wir sind überzeugt, dass wir das Recht befolgen und werden aktiv mit dem Bundeskartellamt zusammenarbeiten, um dessen Fragen zu beantworten, erklärte eine Firmen-Sprecherin. Formell handelt es sich der Behörde zufolge um ein sogenanntes Kartellverwaltungsverfahren. Dabei gehe es nicht um ein Bußgeld. Die Regulierer können letztlich aber Facebook Vorgaben machen, die Nutzungsbedingungen zu ändern. Zuckerberg hatte bei seiner Deutschland-Visite vorige Woche einen besseren Umgang mit Datenschutz versprochen und die Deutschen als größte Verfechter der Privatsphäre bezeichnet. Wenn Facebook hier nicht auf seine Nutzer höre, würden sich diese anderen Netzwerken anschließen. Wir sind nicht die einzige Wahl in der Welt. Verbraucherschützer begrüßten, dass das Kartellamt untersuche, wie Facebook mit seiner Marktmacht umgehe. Verbraucher sind quasi gezwungen, unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen und Datenschutzbedingungen zu akzeptieren, weil sie keine Alternative haben, sagte Lina Ehrig von der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) zu Reuters. Daten seien eine Art Währung, mit der die Nutzer für vermeintlich kostenlose Dienste zahlten. Deshalb habe der VZBV eine Klage unter anderem wegen irreführender Werbung gegen Facebook eingereicht. Zudem muss in Hamburg das Verwaltungsgericht über einen Streit zwischen dem Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar und Facebook entscheiden. Caspar dringt darauf, dass Facebook-Nutzer für ihren Profilnamen auch Pseudonyme verwenden können. Auch Caspar hieß das Vorgehen der Bonner Behörde für gut. Ich hoffe, dass Facebook zu fairen Privatsphäre- und fairen Nutzungsbedingungen gelangt, sagte er Reuters. Wer die Datenmacht hat, bekommt Marktmacht und umgekehrt. Das Kartellamt führt das Verfahren nach eigenen Angaben in engem Kontakt unter anderem mit Datenschutzbeauftragten, Verbraucherschutzverbänden und der EU-Kommission.
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40.000 Euro Schaden – Homepage von englischem Anbieter "gefakt". Die Geschäftsführung einer Firma in Aschach bei Steyr ist beim Kauf zweier gebrauchter Traktoren auf Internetbetrüger reingefallen. Der Anbieter der landwirtschaftlichen Nutzfahrzeuge mit Sitz in England existiert zwar, allerdings war offenbar dessen Homepage gefakt. Der Schaden beträgt 40.000 Euro, die Polizei OÖ geht von weiteren Betrugsfällen aus, teilte sie am Montag mit. Gebrauchter Traktor aus England Ende März wurde dem oö. Unternehmen ein gebrauchter Traktor aus England im Internet angeboten, der gesamte Verkauf schien seriös zu sein. Nach einigem Mail-Verkehr und Legung einer Rechnung überwies es 20.000 Euro auf ein Konto in England. Anschließend erhielten die Oberösterreicher ein weiteres Kaufangebot. Nach der neuerlichen Transaktion von 20.000 Euro warteten sie jedoch vergeblich auf die Lieferung der beiden Fahrzeuge. Als bis 8. April 2016 keine Ware eingelangt war, schaltete die Firma die Wirtschaftskammer ein, die ihre österreichische Vertretung in London kontaktierte. Diese fand heraus, dass die Firma in England nie auf ihrer Homepage jene Traktoren zum Verkauf angeboten hat. Die Internetbetrüger dürften von Russland aus agieren, mutmaßt die Polizei. Sie rechnet mit weiteren Geschädigten, die Ermittlungen laufen.
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Al-Walid und seine Holding erhöhten Anteile auf über fünf Prozent. Der saudi-arabische Milliardär Prinz Al-Walid bin Talal und seine Holding-Gesellschaft haben ihre Anteile am Kurzbotschaftendienst Twitter erhöht und sind dort nun der zweitgrößte Aktionär. Wie Al-Walid und seine Kingdom Holding Company (KHC) am Mittwoch in Riad mitteilten, steigerten sie die Zahl ihrer Aktien in den vergangenen sechs Wochen auf 34,948.975. Das entspreche einem Kapitalanteil von mehr als fünf Prozent, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. An der New Yorker Börse schloss die Twitter-Aktie am Dienstag bei 27,62 Dollar, sodass der Anteil des Prinzen und seiner Holding einem Marktwert von mehr als 965 Mio. Dollar (860 Mio. Euro) entsprach. Al-Walid und KHC hatten sich bereits 2011 bei Twitter eingekauft, bevor das Unternehmen 2013 an die Börse ging. Al-Walid baute sich insbesondere durch Investitionen in verschuldete Großunternehmen ein weltweites Geschäftsimperium auf. Seine Kingdom Holding, die er zu 95 Prozent kontrolliert, besitzt eine Kette von Luxushotels und hält außer an Twitter Beteiligungen an Unternehmen wie Citibank, News Corp, Apple, Facebook und Walt Disney. Im erzkonservativen Königreich Saudi-Arabien, wo die amtlichen Medien rigoros kontrolliert werden, erfreuen sich soziale Netzwerke im Internet besonders bei jungen Leuten großer Beliebtheit.
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7Wissenschaft
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Ausgestorbene Fledermausarten Palaeochiropteryx und Hassianycteris untersucht – das Ergebnis ist freilich wenig überraschend. Frankfurt – Wissenschafter des Senckenberg-Forschungsinstituts haben gemeinsam mit internationalen Kollegen die Farbe fossiler Säugetiere bestimmt. Man konnte bislang zwar beispielsweise die Farbe von Tieren nachweisen, die erst in geologisch jüngster Vergangenheit ausgestorben sind – und so unter anderem nachweisen, dass manche Wollhaarmammuts offenbar blond waren. Die nun analysierten Tiere, zwei aus der Grube Messel stammende Fledermäuse, sind mit 48 Millionen Jahren aber wesentlich älter. Da Säugetiere im Gegensatz zu Sauropsiden wie Vögeln oder Schlangen nur eine sehr eingeschränkte Farbpalette aufweisen, wird das Ergebnis niemanden überraschen: Die beiden Fledermausarten Palaeochiropteryx und Hassianycteris, die trotz ihres hohen Alters heutigen Fledermäusen bereits sehr stark ähnelten, waren braun. Aber immerhin rötlich-braun. Das Forscherteam hat mit einer Kombination aus morphologischen, chemischen und experimentellen Methoden fossiles Melanin nachgewiesen. Melanine sind rötliche, braune oder schwarze Pigmente, die die Färbung von Haut, Haaren, Federn und Augen bewirken. Renate Rabenstein aus der Abteilung Messelforschung am Frankfurter Senckenberg-Forschungsinstitut erklärt, was das wesentliche Untescheidungsmerkmal ist: Es gibt zwei Varianten von Melanin: das braun-schwarze Eumelanin und das gelblich-rote Phäomelanin. Deren mikroskopisch kleinen Strukturen unterscheiden sich auch optisch stark – Phäomelanine bilden im Durchmesser etwa 500 Nanometer große, rundliche Strukturen, Eumelanine sind langgestreckt und etwa eine Mikrometer groß. Lange Zeit wurde in der Wissenschaft diskutiert, ob es sich bei den winzigen Strukturen tatsächlich um Melanine oder eher um Bakterien handelt, die am toten Tier fraßen, während die Konservierung einsetzte. Mit Experimenten konnten die an der aktuellen Studie beteiligten Forscher Letzeres widerlegen: Sie stellten Fossilisationsprozesse – hoher Druck und hohe Temperatur – mit heutigen Pigmenten nach und fanden heraus, dass die Melanine die Fossilisation tatsächlich überdauern. Rabenstein glaubt, dass die Methode nun auch auf andere Fossilien übertragen werden kann: Wir können nun unser Wissen auf weitere Tierarten – bis hin zu Dinosauriern und Co – anwenden und versuchen das Farbrätsel zu lösen. (red, 2. 10. 2015)
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3Wirtschaft
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Steueroasen außerhalb der Union sollen auf eine schwarze Liste. Kritik an Österreichs günstigen Zinsverrechnungen in Gruppen. Brüssel/Wien – Die EU-Kommission hat im Kampf gegen die nach ihren Schätzungen bis zu 70 Milliarden Euro ausmachende Steuervermeidung am Donnerstag ein Maßnahmenbündel präsentiert. Teil davon ist der Vorschlag, dass Konzerne ihre Gewinne in jedem EU-Land den dortigen Steuerbehörden melden müssen. Zudem sollen Doppelbesteuerungsabkommen auf unvertretbare Vorteile durchforstet werden. Auch eine Wegzugabgabe bei Verlagerungen in Niedrigsteuerländer steht auf dem Plan von Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Er reagiert damit nicht zuletzt auf die Luxleaks-Affäre, durch die steuerschonende Konstruktionen von Konzernen in Luxemburg aufgeflogen waren. Später wurden ähnliche Rulings, bei denen Betriebe ihre Vergünstigungen direkt mit den Finanzbehörden aushandeln, in Belgien und den Niederlanden publik. Die EU-Kommission hat bei dieser Gelegenheit auch eine Studie veröffentlicht, die sich dem Thema Steuervermeidung widmet und in der auch einzelne aggressive Regelungen der Mitgliedstaaten zur Sprache kommen. In Hinblick auf Österreich wird dabei die Möglichkeit aufgelistet, konzerninterne Kredite steuerlich zu berücksichtigen. Konkret geht es um die Abzugsfähigkeit von Zinsen, die gar nicht verrechnet werden. Die Untersuchung hält Wien aber zugute, dass missbräuchliche Konstruktionen ebenso wenig anerkannt werden wie versteckte Eigenkapitalmaßnahmen bei Krediten innerhalb einer Gruppe. Auch andere Vergünstigungen werden erwähnt, allerdings dank diverser Beschränkungen im Unterschied zur Verrechnung konzerninterner Zinsen nicht als aktiver Indikator aggressiver Steuerplanung gewertet. Die EU-Kommission will zudem eine neue schwarze Liste von Drittstaaten ausarbeiten, die sich nicht an den EU-Bemühungen um faire Steuersysteme und dem Kampf gegen Steuerflucht beteiligen wollen. Derzeit gebe es nur nationale Listen in der EU, sagte Steuerkommissar Pierre Moscovici am Donnerstag. In dem von der Kommission vorgelegten Paket wird auch auf die Liste von Drittländern verwiesen. Allerdings sind von den 28 EU-Staaten nur 13 angeführt, die über solche schwarzen Listen von Steueroasen mit unterschiedlicher Anzahl von Drittländern verfügen. Die 15 anderen Mitgliedsstaaten, darunter Österreich, haben keine solche Liste. Im Finanzministerium wurde betont, dass stattdessen ein Mechanismus existiere, der in Kraft trete, wenn Drittstaaten gewisse Steuerschwellen unterschreiten. Nun solle es einen Anzeiger von gemeinsamen Indikatoren für die schwarze Liste geben, sagte Moscovici. Die EU-Länder würden entscheiden, welche Drittländer von der EU untersucht werden sollen, dann werde mit diesen Staaten gesprochen. Ausgehend von den Ergebnissen wird entschieden, ob ein Land in die EU-Liste aufgenommen werden muss oder nicht, und es gibt klare Bedingungen, um wieder von der Liste genommen werden zu können.
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6Etat
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Am Dienstag wurde Präsident des Presseclubs ermordet. Manila – Auf den Philippinen ist zum zweiten Mal innerhalb einer Woche ein Journalist erschossen worden. Teodoro Escanilla habe sich für die Menschenrechte engagiert und kritisch über Übergriffe des Militärs berichtet, sagten Mitarbeiter am Donnerstag. Unbekannte waren am Mittwochabend in das Haus Excanillas in Barcelona rund 370 südöstlich der Hauptstadt Manila eingebrochen und hatten das Feuer auf ihn eröffnet. Am Dienstag war der Präsident eines Presseclubs in Tagum City im Süden, Gregorio Ybanez, erschossen worden. Nur in Syrien wurden nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten 2014 mehr Journalisten ermordet als auf den Philippinen.
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7Wissenschaft
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Ein burgenländisches Start-up will mit Flugdrohnen Solaranalgen analysieren und Stare vertreiben. Wien – Ein großes Problem der Weinbauern im Burgenland sind die Stare. In Schwärmen stürzen sich die Vögel auf die Reben und dezimieren die Ernte. Mit Netzen, Gewehrschüssen und Flugzeugen wird gegen die Räuber angekämpft. Bald könnte eine weitere, technisch avancierte Abwehrmaßnahme dazukommen: Drohnen. Bei Anflug eines Starenschwarms steigen dann Flugroboter auf, um die Tiere lärmend zu verjagen. Die Drohnen müssten in einem nicht vorhersehbaren Muster auf die Stare zufliegen. Ein Soundmodul würde dabei Geräusche imitieren, etwa einen Greifvogel oder einen Hund, sagt Philipp Knopf, Geschäftsführer des jungen Start-ups Skyability. Für Knopf, der Maschinenbau an der TU Wien studiert hat, ist das Verjagen der Vögel eine von viele Anwendungen, die mit ferngesteuerten Drohnen möglich werden. Er und seine Cogründer Lukas Unger und Joachim Fertl, Absolventen der FH Burgenland und der FH Wiener Neustadt, loten mit Skyability praktisch verwertbare Möglichkeiten der boomenden Technik aus. Neben Services für Bauherren, Kraftwerke oder Landwirte sind Kooperationen mit Forschern – wie Archäologen oder Biologen – angedacht. Als Ingenieurbüro für Maschinenbau kümmern sich die Gründer auch um die Datenauswertung. Eine erste konkrete Anwendung sind Gutachten für Fotovoltaikanlagen. Mit einer Wärmebildkamera an Bord erstellen die Drohnen Aufnahmen der Paneele. Schadhafte Elemente, die die Sonnenenergie nicht abführen können, werden heiß und sind auf den Bildern leicht erkennbar. Kombiniert mit Daten über die mittlere Sonneneinstrahlung und Einspeisungstarife lassen sich aus den Bildern die Verluste beziffern. Ein Inspektionsbericht soll Empfehlungen für den Tausch von Modulen geben und potenzielle Garantiefälle identifizieren. Die mit acht Rotoren ausgestatteten, etwa metergroßen Fluggeräte, die Knopf und Kollegen verwenden, können Sensorik mit einem Gewicht von zwei Kilo aufnehmen. Ein Akkupack reicht für 20 Minuten in der Luft, die erlaubte maximale Flughöhe beträgt 150 Meter. Redundante Sicherheitsmodule sorgen dafür, dass die Drohnen auch bei einem Abbruch der Verbindung stabil bleiben und notfalls selbstständig landen. Die verbaute GPS-Technik hilft nicht nur bei autonomen Flugmanövern, sondern auch beim Reproduzieren von Bildern. Neben der Position werden Kameraeinstellungen und -neigung gespeichert. So können für Dokumentationszwecke immer wieder Fotos vom selben Ort im selben Winkel geschossen werden. Man kann ein Bauprojekt wachsen sehen. Ausgerüstet mit der jeweils entsprechenden Kameratechnik können die Isolatoren von Starkstromleitungen überprüft, das Volumen von Mülldeponien vermessen oder Windräder inspiziert werden. Die Drohnen können Archäologen helfen, Überreste alter Mauern im Untergrund zu verorten, oder Energietechniker dabei unterstützen, Strömungsverhältnisse für einen Windpark zu eruieren, zählt Knopf auf – Projekte in diesen Bereichen, unter anderem mit der FH Burgenland, sind angedacht. Vögel können nicht nur vertrieben, sondern im Dienste von Biologen auch gezählt werden. Im Rahmen der sogenannten Photogrammetrie können die Drohnenbilder dazu dienen, eine 3-D-Struktur einer Anlage oder einer Landschaft zu errechnen. Inhalte mehrerer Aufnahmen werden zueinander in Referenz gesetzt, um ein 3-D-Modell zu generieren. Aus dem Material können Pläne abstrahiert werden, die eine tagesaktuelle Realität wiedergeben. Die Stare, die künftig von den Drohnen vertrieben werden, inspirierten die Gründer auch zur Idee für ihr Start-up. Mein Kollege hat gesehen, wie ein ungarischer Falkner bei der Vertreibung der Vögel geholfen hat. Der Falke wird nach einer Stunde müde, die Drohne aber nicht.
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8Kultur
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Das Wort vermag den, der es schreibt oder liest nicht nur über Meere und Gebirge, sondern über die Zeit selbst zu erheben – bleibt es doch zumindest lesbar, wenn er selbst bereits seit Jahren oder Jahrtausenden wieder verstummt ist. Im Wort Ozean erheben sich keine Stürme, stampfen keine Schiffe und wird auch kein Mensch je in Seenot geraten. Im Wort Wüste ist noch keiner verdurstet und im Wort Abgrund kein Unglücklicher jemals zu Tode gestürzt. Und dennoch beschwören diese und alle Worte und Sätze, in denen greifbare Wirklichkeit in Sprache verwandelt wird, in unserem Denken und Fühlen etwas, das an die Glücksmöglichkeiten und Katastrophen der realen Welt rührt und in uns Bilder von einer Deutlichkeit aufsteigen lässt, als stünden wir tatsächlich vor der anrollenden Brandung, vor einem geliebten Menschen oder dem Abgrund. Und für den Zauber dieser Verwandlung bedarf es nicht mehr als jener Kraft, die jeder Mensch in sich selbst trägt und ihm ermöglicht, alles, was sich überhaupt sagen lässt oder noch unausgesprochen auf seine Formulierung wartet, zur Sprache zu bringen. Dass ein Mensch in Worten weder ertrinken noch durch die unzähligen Arten der Grausamkeit zugrunde gehen kann, schenkt dem Zauber der Verwandlung von etwas in Sprache zunächst eine seltsame Friedlichkeit, so, als ob Bücher und jede Schrift uns einen besseren Schutz bieten könnten als jede Waffe oder Panzerung. Wie von einem Kokon umgeben, treten wir aus dem Inneren von Märchen oder anderen, frühesten Erzählungen unserer Kindheit hinaus in die donnernde, anrollende Welt, um dort zu jagen, zu lieben, Städte zu bauen – oder Kriege zu führen. Denn Worte, auch das erfahren wir bereits im frühesten Umgang mit Sprache, Worte sind wie die Menschen, die sie aussprechen, schreiben oder lesen, nicht nur gut. Sie folgen manchmal auch der Pervertierung Luzifers, des Lichtbringers, der aus dem Paradies in die Finsternis stürzte und im Fallen vom Engel zum Satan wurde. Wer sein Leben der oft begeisternden, oft erschöpfenden Arbeit an der Sprache verschrieben hat, der wird am Anfang aber lange schweigen, lange bloß betrachten und stillhalten müssen, um den Stimmen der Menschen, denen der Tiere oder dem bloßen Geräusch des Windes im Gestrüpp der Antennen zu lauschen. Und er wird, lange bevor er nach eigenen Wortschöpfungen und Sätzen sucht, Fragen stellen und Fragen beantworten, Fragen etwa wie jene, wie kalt und unbewegt die Meerestiefe vier und fünftausend Meter unter dem Kiel eines Frachters ist, der auf einer transatlantischen Route im Sturm liegt. Fragen nach den Namen der Leuchtfische, die durch das submarine Dunkel schweben. Fragen, was das denn ist – Dunkelheit? Und was Trauer, Hoffnung oder ein Abschied? Wie ist es, wenn einer im Lärm der Welt taub wird? Was macht einen Menschen blind? Und was gewalttätig ...? Wenn einer erzählen will, muss er solche und ähnliche und unzählige andere Fragen zu beantworten versuchen und muss doch nach jeder Antwort immer neue Fragen an sich und die Welt richten, bis er sich endlich erheben und etwas so Einfaches und Ungeheuerliches wie Es war ... Es war einmal sagen kann. Aber selbst wenn er auf jede Nachforschung verzichtet und sagt: Mir genügt das Meinige, ich spreche nur von mir, ich spreche nur vom Allervertrautesten, nur von dem, was ich allein und am besten weiß – selbst dann erscheint einem Erzähler die Welt noch einmal anders und neu -, muss er sich doch auch der einfachsten Dinge seiner Geschichte erst vergewissern. Wovon immer er spricht – in seiner Geschichte muss ein Erzähler alle Welt noch einmal und immer wieder erschaffen und darf dabei nicht mehr voraussetzen als die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer, seiner Leser, nichts als die Stille, in der er endlich zu sprechen, zu erzählen, zu schreiben beginnt. Erzählen besteht immer aus einer Stimme und einem Ohr, aus einem Bild und einem Auge, das alle Wirklichkeit ins Bewusstsein, in Herz und Gedächtnis überführt. Dabei ruht jede Silbe eingebettet in die Stille des ungeheuren, uns umgebenden Raumes, in das Unsagbare, und jedes Bild eingebettet in die Finsternis. Gerade dadurch erscheinen Wort, Klang, Bild vielleicht ja als die größten Kostbarkeiten der menschlichen Existenz. Schließlich vermag das Wort den, der es schreibt oder liest, nicht nur über Meere und Gebirge, sondern über die Zeit selbst zu erheben – bleibt es doch zumindest lesbar, wenn er selbst bereits seit Jahren oder Jahrtausenden wieder verstummt ist. Wenn uns in diesen Tagen blindwütige, religiös verseuchte Berserker den Schluss aufzwingen, die Abwehr ihrer Mordgier und Zerstörungswut wäre am ehesten durch noch mehr Gewalt, noch mehr Panzerung und Überwachung zu erwarten, werden Erinnerungen an die Wurzeln eines Hasses wach, von denen manche tief in unsere eigene, europäische, Geschichte hinabreichen. Jahrhundertelang hat Europa nahe und fernste Kulturen überrannt, ausgebeutet oder zerstört und damit den eigenen Wohlstand begründet. Spanische und portugiesische und niederländische und englische und französische und deutsche und belgische und italienische und immer weitere und noch mehr Kolonialherren haben im Rest der Welt willkürlich Grenzen durch uralte Einheiten gezogen, haben Landesbewohner vertrieben, versklavt, verstümmelt oder erschlagen und mit Handelsstationen und Minen immer auch Massengräber eröffnet. Wenn sich nun aus verwüsteten und zerrissenen Landstrichen und entsprechend verwüsteten Regionen des Bewusstseins Killer auf den Weg machen, um den Hinrichtungsbefehl eines Predigers zu befolgen oder einen barbarischen Missionsauftrag mit automatischen Waffen und Sprengstoffgürteln zu erfüllen, ist es, als ob sie sich an europäischen Eroberern vergangener Jahrhunderte ein Beispiel nehmen wollten, an Helden der Kolonialgeschichte, die ganze Kontinente terrorisierten, um ihre Bewohner als Lieferanten des europäischen Reichtums gefügig zu machen oder zu vernichten. Unzählige, immer noch offene Rechnungen, stehen so in Bilanzen, die nicht Jahre und Jahrzehnte, sondern Jahrhunderte überspannen. Allein die zehn Millionen Toten, um nur eines, ein einziges Beispiel zu nennen, allein die zehn Millionen Toten, die etwa ein europäischer Massenmörder wie der belgische König Leopold II. im Kongo hinterlassen hat, könnten unter dem Einfluss entsprechender Prediger wohl drei und vier Generationen von Rächern auf den Weg nach Europa bringen. Aber gegen Menschen, die in ihrer rasenden Wut oder bloßen Dummheit den eigenen Körper in eine Waffe verwandeln und selbst um den Preis des eigenen Lebens nichts mehr wollen als töten, werden auch in Zukunft die meis- ten Verteidigungstechniken wirkungslos bleiben. Natürlich werden die Angegriffenen sich in Notwehr aller ihrer Mittel bedienen, aber die einzige dauerhafte, wenn auch niederschmetternd langsame und deshalb oft zu spät kommende Hilfe kann aus keiner anderen Quelle gespeist werden als jener der Sprache, des Wortes. Nicht die Sensen und Dreschflegel der Bauernkriege haben am Ende die feudale Grausamkeit des Mittelalters zerschlagen, sondern die Gedanken der Aufklärung; das Wort. Nur eine Gesellschaft, die selbst unter der Bedrohung durch eine Armee von fundamentalistisch religiösen Massenmördern nicht bloß ihre Waffen, sondern auch das Wort wieder einsetzt in seine Dogmen sprengende Kraft, wird sich am Ende – vielleicht – wenn nicht als unbesiegbar, so doch als die stärkere erweisen. Und der Erzähler und Literat, der dieser Gesellschaft beisteht, indem er als Romancier, Essayist, Dramatiker oder in den Strophen seiner Poesie zumindest eine Vorstellung vom wahren Glück und Leiden des Einzelnen ermöglicht, wird zwar niemals ein Prophet sein, aber zumindest ein Helfer.
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7Wissenschaft
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Kriegswerkzeug, Energielieferant, Krebsbehandlung: In keine andere Technik sind so ambivalente Erwartungen gesetzt worden wie in die Atomenergie. Bis in die 1930er-Jahre war die Atomphysik eine wissenschaftliche Disziplin wie jede andere, weder von deren Ergebnissen noch den Auswirkungen wurde außerhalb der Labore besondere Notiz genommen. Mit dem Nachweis der Kernspaltung im Dezember 1938 durch die deutschen Chemiker Otto Hahn und Fritz Straßmann am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin änderte sich das radikal: Die Entdeckung verwandelte die zuvor unpolitisch agierende Physik mit einem Schlag in ein Instrument der Kriegsführung. Angetrieben von den Befürchtungen, die Deutschen könnte die Kernspaltung nutzen, um eine Atombombe zu konstruieren, wurden in den USA zwischen 1942 und 1946 im Rahmen des Manhattan Project unter der wissenschaftlichen Leitung des Physikers J. Robert Oppenheimer Atomwaffen entwickelt. Vom Kriegsinstrument... Im August 1945 kam es schließlich zu den ersten und bislang einzigen kriegerischen Einsätzen von Atombomben: Durch den Abwurf zweier Bomben über Hiroshima und Nagasaki starben 126.000 Menschen sofort, zigtausende an den Folgen. In einem Interview 1965 blickte Oppenheimer in Anlehnung an die hinduistische Schrift Bhagavad Gita zurück: Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten. Der Atomwaffeneinsatz setzte eine breite gesellschaftliche Diskussion nicht nur über den Einsatz der Waffen, sondern auch über die gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaft insgesamt in Gang, sagt Armin Grunwald, Leiter des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag und Professor für Technikphilosophie am Karlsruher Institut für Technologie. Die Frage der Verantwortung hat zunächst die Physiker betroffen, hat sich aber verbreitert und betrifft mittlerweile jede Form der Technologieentwicklung, sagt Grunwald. Die Atombombe markiert somit gewissermaßen den Moment, in dem wissenschaftliche Experimente die geschlossenen Räume der Labore verlassen haben und die Gesellschaft selbst zum Labor geworden ist, sagt der an der Uni Klagenfurt tätige Wissenschaftsforscher Arno Bammé. Doch wer hat die Verantwortung für die Folgen der Forschung zu tragen – die Wissenschafter selbst oder die gesamte Gesellschaft? Diese Frage zieht sich bis heute durch Debatten zum Ausstieg aus der Atomenergie, ebenso wie zur Gentechnik und scheidet die Geister. Grunwald spricht sich dafür aus, den Wissenschaftern selbst die Verantwortung für ihre Arbeit zu übertragen: Unsere Gesellschaften funktionieren nur mit Arbeitsteilung, man muss darauf vertrauen können, dass die anderen ihre Arbeit gut machen. ... zur Krebstherapie Anders sieht das der deutsche Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer: Wenn man fragt, was die Folgen der Wissenschaft sind, dann ist das meiner Ansicht nach die Geschichte der zivilisierten Menschheit – und dafür ist die Wissenschaft nicht allein verantwortlich, sondern die gesamte Gesellschaft. Er zitiert aus Friedrich Dürrenmatts Stück Die Physiker: Was alle angeht, müssen alle entscheiden. Gleichzeitig räumt Fischer ein, dass große Teile der Gesellschaft gar nicht ausreichend informiert sind, um überhaupt in der Lage zu sein, Entscheidungen über Atomenergie oder Gentechnik treffen zu können. Die Entscheidung, was erforscht werden darf, wird zusätzlich durch den trivialen Umstand erschwert, dass es keine Technologie gibt, die per se nur gut oder ausschließlich böse ist. Gerade in der Atomenergie wird diese Ambivalenz auf besondere Weise deutlich: So wurde gegen Ende des Manhattan Project bei den Nukleartests auf dem Bikini-Atoll neben der militärischen auch medizinische Forschung im Bereich der Strahlentherapie betrieben. Bis heute kommt sie zum Einsatz, um unterschiedliche Krankheiten zu behandeln, meist zur Bekämpfung bösartiger Tumore. Das sollte aber nicht die einzige zivile Nutzung der Atomenergie bleiben: Neben Radionuklidbatterien und Heizelementen kommen radioaktive Stoffe bei der Energieversorgung in der Raumfahrt und zur archäologischen Altersbestimmung bei der C14-Methode zum Einsatz. Doch ihre am meisten verbreitete Anwendung findet die Atomenergie in Kernkraftwerken. Der X-10 Graphite Reactor in Oak Ridge, Tennessee, war 1948 der erste Nuklearreaktor, der Strom erzeugte. Das erste Atomkraftwerk, das Elektrizität fürs Stromnetz lieferte, nahm 1954 in Obninsk in der damaligen Sowjetunion seinen Betrieb auf. Innerhalb eines Jahrzehnts wurde die Atomphysik so von der vielkritisierten Kriegstechnologie zum Hoffnungsträger für die Lösung künftiger Energieprobleme. Der Komplexität der Anlagen geschuldet kam es immer wieder zu Zwischenfällen, mal zu kleinen, mal zu größeren wie in Three Mile Island 1979, Tschernobyl 1986 oder Fukushima 2011. Und wieder mussten sich die Physiker den Vorwurf gefallen lassen, die Risiken ihrer Arbeit unterschätzt zu haben. In der Geschichte der Atomenergie ist das Vertrauen immer wieder zerstört worden, sagt Grunwald, das ist sehr schwer wiederaufzubauen. Bruchteile von Sekunden... Die ablehnende Haltung großer Teile der Bevölkerung gegenüber der Atomenergie sieht er nicht nur in den Risiken der Technologie selbst begründet, sondern vor allem auch in der Art und Weise, wie die Technik umgesetzt wurde – nämlich von oben herab und ohne davor offen über die Risiken zu sprechen. Im Gegensatz dazu sei gerade das bei der Nanotechnologie gut gelungen und die Ablehnung sei entsprechend geringer. Grunwald ist davon überzeugt, dass durch den Dialog zwischen Forschern und Bevölkerung die Wissenschaft ein Stück weit gesellschaftlich und ethisch verantwortlicher wird. Aus diesem Grund begrüßt er auch die Initiative Responsible Research and Innovation des österreichischen Wissenschaftsministeriums, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu forcieren. Offene Kommunikation hält Grunwald nicht nur für notwendig, wenn es um die Risiken der Atomenergie geht, sondern auch bezüglich ihrer Alternativen. Der breite gesellschaftliche Konsens für die Energiewende nach Fukushima sei heute vergessen. Grunwald kritisiert das naive Verständnis, dass die Verbraucher von der Wende nichts bemerken würden oder nichts bemerken dürften. Es muss klar gesagt werden, dass die Energiewende etwas kostet und auch etwas kosten darf. ... bis Trilliarden von Jahren Die breit geführte Debatte über die Nutzung von Atomenergie ist umso notwendiger, als es keine andere Technologie gibt, die derart einschneidende Folgen für die Menschheit und den Planeten hat. Das zentrale Material von Atomwaffen oder Kernenergie sind radioaktive Substanzen, die instabile Atomkerne haben. Wenn die Kerne zerfallen, wird Energie freigesetzt, die durch ionisierende Strahlung ausgesendet wird. Charakteristisch für radioaktive Stoffe ist die Halbwertszeit – jene Zeitspanne, nach der die Hälfte des Materials zerfallen ist. Diese kann im Bereich von Bruchteilen von Sekunden bis hin zu Trillionen Jahren liegen. So steht die Atomenergie nicht zuletzt dafür, welche Auswirkungen der Mensch auf den Planeten hat – und zwar in einem Ausmaß, das rechtfertigt, den Menschen selbst als geologischen Faktor anzuerkennen, wie Geologen zuletzt im Fachblatt Science gefordert haben. Bezeichnenderweise wollen sie den Beginn dieses sogenannten Anthropozäns gerade mit den 1950er-Jahren datieren. Sie argumentieren, dass die Radionuklide, die durch die damals beginnenden Atombombentests verursacht wurden, brauchbare Marker wären, um global den Zeitpunkt anzuzeigen, mit dem das Erdzeitalter des Menschen begonnen hat. STANDARD: Wie wurde die Atomkraft zum Ausgangspunkt für gesellschaftliche Debatten? Bogner: Die Geschichte des Streits um die Atomkraft ist deshalb so eindrucksvoll, weil sich damit die Strukturen sozialer Konflikte fundamental wandelten. Ab den 1970ern taucht ein neuer Konflikttyp auf, bei dem Technik und Wissenschaft selbst zum Streitgegenstand werden. Der Nachkriegskonsens, dass wissenschaftliche und soziale Entwicklung miteinander einhergehen, wird erschüttert. Habermas kritisierte noch 1968, dass es keinen offenen Willensbildungsprozess gebe, sondern dass die Politik durch technische Sachzwänge ferngesteuert sei. STANDARD: Wie sah der Konflikt um die Atomkraft vor Tschernobyl aus? Bogner: Zunächst standen nicht die Sicherheitsbedenken im Vordergrund. Stattdessen herrschte die Angst vor, dass eine Technologie entsteht, die durch den Staat geschützt werden muss, was zu einer Einschränkung elementarer Bürgerrechte führen könnte. Auf der Rückseite der Atomkraft könnte sich ein Überwachungsstaat entwickeln, der die Demokratie gefährde, so die Befürchtung. STANDARD: Wie wurde Atomkraft zum politischen Thema? Bogner: Erste Initiativen in den frühen 1970ern wurden an mangelnder Transparenz, ungenügender bürgergesellschaftlicher Mitbestimmung und an Standortentscheidungen festgemacht. Zudem wurde eine Verschmelzung staatlicher und industrieller Interessen kritisiert. In der linksalternativen Bewegung war vom militärisch-industriellen Komplex die Rede. Die Antiatombewegung entsteht als Teil der größeren Ökologie bewegung und wird zum Schrittmacher für viele Veränderungen in der Politik. Es entstehen NGOs wie Greenpeace, Global 2000 und schließlich Europas Grünparteien. Was ändert sich mit dem Super-GAU von Tschernobyl? Bogner: Die Debatte um Sicherheit und Beherrschbarkeit der Technologie verschärft sich. Mit dem Fokus auf Risiken wird eine ganz neue Tonlage eingeübt. Mögliche Unfälle, die Endlagerproblematik und radioaktive Emissionen während des Normalbetriebs stehen im Mittelpunkt der Debatte. Man fühlt sich als Gesellschaft neuen Gefahren durch Großtechnologien ausgesetzt. Schon in den 1980er-Jahren kommt auch die Biotechnologie dazu. Der Sozio loge Ulrich Beck landet im Jahr des Super-GAUs einen Bestseller mit seiner Zeitdiagnose der Risikogesellschaft. Er glaubte, dass die Erfahrung von Katastrophen und Umweltzerstörung das Geschäftsmodell der modernen Gesellschaft infrage stellt. Was bedeutet die Katastrophe für die Wissenschaft? Bogner: Die Debatte um die Risiken der Technik brachte neue Forschungsfelder auf den Weg. Die interdisziplinäre Risikoforschung entsteht, die Technikfolgenabschätzung nimmt Fahrt auf. Es entstehen neue Fächer wie die Sozialökologie. Man könnte sagen, die Wissenschaft profitiert von der Technisierung und ihrer gesellschaftlichen Problematisierung. Die längste Zeit ging es ihr darum, Natur und Gesellschaft zu entschlüsseln. Jetzt operiert sie immer stärker an selbstgemachten Problemen. Wie verändert sich die Relation zwischen Wissenschaft und Politik? Bogner: Man benötigt wissenschaftliche Expertise, um abstrakte Risiken real werden zu lassen und somit politisierbar zu machen. Aus der Ökologiebewegung von damals entstehen viele wissenschaftliche Institutionen, die heute noch bestehen. Der Expertenkonsens über Technik ist Geschichte. Heute wissen wir es: Zu jedem Gutachten gibt es Gegengutachten. Man holt eine zweite Meinung ein. Da haben wir alle – etwa als Patienten – auch stark an Souveränität gewonnen. In Autos kommen mehr Menschen um als durch Atomkraftwerke. Wie wählt man aus, welche Technologie riskant ist? Bogner: Die Risikoforschung sagt, dass eine Reihe von Parametern eine Rolle spielt. Wir akzeptieren Risiken, wenn wir glauben, wir können sie beherrschen. Wir akzeptieren sie, wenn wir sie freiwillig eingehen. Wir lehnen Technologien mit hohem Katastrophenpotenzial ab. 1920 sind die Autos rot beflaggt, weil die mit Höllentempo durch die Straßen brausen – mit 30 km/h. Heute gehen wir davon aus, dass wir sie beherrschen und im Aufrüstungswettbewerb auf den Autobahnen bestehen. Nach Fukushima haben die USA und Frankreich ähnlich argumentiert. Der Standpunkt war: Wir können die Technik unter Kontrolle halten, wenn wir Sicherheitsstandards optimieren. Andere haben weitergemacht wie bisher. Deutschland hat Fukushima hingegen als Möglichkeit für den Ausstieg genutzt. Es scheint, dass ein Atomausstieg nur durch Katastrophen oder eine Verdrängung durch neue Technologien möglich wäre. Oder sehen Sie einen dritten Weg? Bogner: In den 70ern demonstrierten Leute zwar, ohne dass sie Katastrophen vor Augen hatten. Dennoch sind Tschernobyl und Fukushima zu den Schrittmachern für Bewusstwerdung und politisches Handeln geworden. Und es stimmt, dass wir auf Innovationen abonniert sind, genauso wie auf Wirtschaftswachstum. Es gibt keinen institutionellen Raum, um über Exnovationen, also die Zurücknahme einer technischen Entwicklung, zu diskutieren. Derartige Debatten beginnen gerade.
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6Etat
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Verband kritisiert Knappheit an Arbeitsplätzen und finanzielle Engpässe. Bern – Forderungen nach redaktioneller Unabhängigkeit in der Schweiz sind am Dienstag im Zentrum des Tages der Pressefreiheit gestanden. In der Schweiz sind Journalisten laut Gewerkschaft Syndicom zwar kaum an Leib und Leben bedroht. Ihre Arbeit werde aber verschiedentlich behindert. Medienfreiheit bleibe Theorie, wenn die Produktions- und Arbeitsbedingungen unwürdig seien, hieß es in einer Mitteilung. Nur ein fairer Gesamtarbeitsvertrag lege den Grundstein für angemessene Arbeitsbedingungen von festangestellten Medienschaffenden und Freelancern. Und nur mit gut dotierten Redaktionsbudgets lasse sich journalistische Recherche betreiben, betonte Syndicom. Die Medien könnten ihrer Aufgaben als Wachhunde der Demokratie nur bei garantierter Unabhängigkeit gegenüber allen politischen und wirtschaftlichen Akteuren erfüllen. Der Journalistenverband impressum macht darauf aufmerksam, dass die Pressefreiheit auch in der Schweiz beschränkt und gefährdet sei. Die Knappheit an Arbeitsplätzen und die finanziellen Engpässe traditioneller Medien führten zu Medienkonzentrationen und sogar zu Lohndumping. Medienkonzentrationen dünnten die Medienvielfalt aus, Entlassungen bedrohten die Pressefreiheit und außerdem würden ganze Publikationen verschwinden. Nicht selten werde vor Gericht versucht, die Pressefreiheit abzuwürgen, kritisierte impressum. In Bern führten die SRG und der Verband Schweizer Medien eine Tagung zum Thema journalistische Recherche und unzensierte Berichterstattung durch. Recherchefreiheit sei nicht nur eine Freiheit der Medienschaffenden, sondern auch eines der wichtigen Instrumente, um das Funktionieren der Demokratie zu gewährleisten, heißt es in einer Medienmitteilung. In der internationalen Rangliste der Pressefreiheit 2016 von Reporter ohne Grenzen belegt Finnland weltweit erneut den Spitzenrang. Die Schweiz verbesserte sich vom 20. auf den 7. Rang und gehört damit zu den Ländern, die punkto Pressefreiheit innert Jahresfrist die größten Fortschritte erreicht haben. Österreich dagegen fiel um vier Plätze auf den elften Rang zurück.
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5Inland
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23,8 Prozent der Null- bis Zweijährigen und 92,3 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen besuchen Kindergärten oder Krippen. Wien – Im abgelaufenen Kindergartenjahr haben mehr als 57.000 Kleinkinder bis zum Alter von zwei Jahren eine Kinderbetreuungseinrichtung besucht – das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor sieben Jahren. Auch bei den Drei- bis Fünfjährigen bedeuten mehr als 223.000 betreute Kinder einen neuen Höchststand, geht aus der am Donnerstag von der Statistik Austria veröffentlichten Kindertagesheimstatistik. Die 57.525 betreuten Kleinkinder bis zwei Jahre im Jahr 2014/15 bedeuten eine Quote von 23,8 Prozent. 2007/08, also im letzten Jahr vor Einführung der Förderung von Bund und Ländern, waren mit 28.020 oder 11,8 Prozent noch nicht einmal halb so viele Kleinkinder in Betreuung. Das sogenannte Barcelona-Ziel liegt allerdings für die Null- bis Dreijährigen bei 33 Prozent. Von den Zweijährigen besuchten im Vorjahr knapp die Hälfte (49,7 Prozent) eine Kinderbetreuungseinrichtung. Bei den Einjährigen lag die Betreuungsquote bei 19,9 Prozent und bei Kindern, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, 1,7 Prozent. In allen Bundesländern ist die Betreuungszahl bei den Null- bis Zweijährigen stark gestiegen, am stärksten in Niederösterreich mit einem Zuwachs um 171,8 Prozent auf 10.397 Kinder. Das ist aber nicht nur auf neue Betreuungsplätze zurückzuführen, sondern auch darauf, dass Niederösterreich im September 2008 die Kindergärten für Zweieinhalbjährige öffnete. In Oberösterreich (plus 133,3 Prozent) und der Steiermark (plus 125,5 Prozent) hat sich die Betreuungszahl ebenfalls mehr als verdoppelt. Allerdings werden hier weiterhin vor die wenigsten Null- bis Zweijährigen in Kindertagesheimen betreut (13,6 beziehungsweise 12,7 Prozent). Das Burgenland erreichte einen Zuwachs von 104,7 Prozent und liegt mit einer Betreuungsquote von 30,9 Prozent an zweiter Stelle hinter Wien. Dort wurden schon vier von zehn Kleinkindern in einem Kindertagesheim betreut (40,2 Prozent), Wien liegt damit klar über dem Österreich-Schnitt von 23,8 Prozent. Auch die Betreuung der Drei- bis Fünfjährigen erreichte einen neuen Höchststand. 223.517 Kinder besuchten ein Kindertagesheim oder als vorzeitig Eingeschulte eine Schule, das waren 15.322 beziehungsweise 7,4 Prozent mehr als vor sieben Jahren. Insgesamt wurden in Österreich 92,3 Prozent der Kinder zwischen drei und fünf Jahren betreut, das Burgenland mit 98 und Niederösterreich mit 96 Prozent erreichten hier die höchsten Werte. Relativ deutlich unter dem Österreich-Durchschnitt liegen die Steiermark (85,7) und Kärnten (87,5 Prozent). Familienminsterin Sophie Karmasin (ÖVP) sieht Österreich auf dem richtigen Weg. Das verbesserte Angebot werde sehr gut angenommen, sagte Karmasin in einer Aussendung. Mit einer Betreuungsquote von 25,9 Prozent liegt Österreich aber immer noch unter dem Barcelona-Ziel von 33 Prozent bei den Unter-Dreijährigen. Karmasin gestand deshalb durchaus noch Aufholbedarf bei den Kleinsten zu. Sie sieht hier aber die Länder gefordert. Die Familienministerin will sich auch weiterhin für längere Öffnungszeiten und eine Reduktion der Schließtage einsetzen. Aufholbedarf sieht Karmasin auch noch bei der Anzahl männlicher Kindergartenpädagogen, die noch unter zwei Prozent liegt. Auch Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) konstatierte einen Nachholbedarf bei den Unter-Dreijährigen und meinte, dass die Länder gefordert seien, den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen weiter voranzutreiben. Auch die Öffnungszeiten müssten sich an der Lebensrealität berufstätiger Eltern orientieren. Die Grüne Sozialsprecherin Judith Schwentner forderte Karmasin auf, Tempo zu machen, um das Barcelona-Ziel zu erreichen. Sie bekräftigte die Forderung der Grünen auf einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem 1. Geburtstag. Außerdem müsse eine bundesweiten Rahmen für einheitliche Qualitätskriterien geben.(APA, 3.9.2015)
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7Wissenschaft
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An Bord einer ausgedienten Cygnus-Transportkapsel soll ein Feuer gelegt werden – mit Sicherheitsabstand zur ISS. Washington – Der Ausbruch eines Feuers gehört zum schlimmsten, was den Insassen eines Raumfahrzeugs widerfahren kann. Um die Gefahrensituation besser einschätzen zu können, will die US-Raumfahrtbehörde Nasa nun in einer ausgedienten Raumkapsel im All einen Großbrand legen. Das Feuer soll in der Cygnus-Transportkapsel gelegt werden, die am 23. März mit Nachschub für die Internationale Raumstation ihre letzte Reise antreten wird. Nach dem Entladen auf der ISS soll in dem Transporter weit entfernt von der Station das Brandexperiment gestartet werden. Es soll dabei untersucht werden, wie groß die Flammen werden, wie schnell sich das Feuer ausbreitet, wie heiß es wird und welche Menge an schädlichen Gasen entsteht. Der Test solle der Sicherheit derzeitiger und künftiger Missionen dienen, sagte Nasa-Ingenieur Gary Ruff vom Glenn Research Center in Cleveland, Ohio. Bereits in der Vergangenheit waren im All kleinere kontrollierte Brände entfacht und beobachtet worden. Nun will die Nasa herausfinden, welche zusätzlichen Maßnahmen für Gerät und Menschen ergriffen werden sollten, um im Fall von Großbränden ausreichend Schutz zu bieten.
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4Sport
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18-jährige Simone Biles gewinnt als erste Frau drei Mehrkampf-Titel in Serie. Glasgow – Die US-Amerikanerin Simone Biles hat am Donnerstagabend bei der WM in Glasgow Turngeschichte geschrieben. Die 18-jährige Texanerin schaffte es als erste Frau, drei Mehrkampf-Titel in Serie zu gewinnen. Trotz eines Fast-Sturzes am Schwebebalken erreichte Biles 60,399 Punkte und setzte sich damit vor ihrer Landsfrau Gabrielle Douglas (59,316), der Mehrkampf-Olympiasiegerin von London 2012, durch. Biles zog mit dem neuerlichen Weltmeistertitel mit der Russin Swetlana Chorkina gleich, die zuvor als einzige dreimal WM-Gold im Mehrkampf geholt hatte. Nach ihrer insgesamt achten WM-Goldmedaille fehlt Biles nur noch ein Titel, um in der ewigen Bestenliste zu Chorkina aufzuschließen. Sowohl im Sprung, als auch am Boden und am Balken startet Biles am Wochenende als Beste der Qualifikation in den Endkampf. (APA/Si, 29.10.2015) Turn-WM in Glasgow – Frauen-Mehrkampf: 1. Simone Biles (USA) 60,399 Punkte (Sprung 15,833, Stufenbarren 14,900, Schwebebalken 14,400, Boden 15,266) – 2. Gabrielle Douglas (USA) 59,316 (15,300, 15,033, 14,400, 14,583) – 3. Larisa Iordache (ROU) 59,107 (15,066, 14,800, 14,766, 14,475)
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7Wissenschaft
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Um ein Haar hätte das US-Militär im Zweiten Weltkrieg eigens trainierte Fledermäuse mit Minibomben über japanischen Städten abgeworfen. Der Plan klingt wie die bizarre Zerstörungsfantasie eines durchgeknallten Superbösewichts aus Gotham City: Ein Flugzeug wirft über einer schlafenden Stadt eine Bombe ab. Doch anstatt in einer desaströsen Explosion zu detonieren, öffnet sich die Hülle der Bombe in einer bestimmten Höhe – und gibt mehr als tausend Fledermäuse frei. Die Tiere wiederum tragen jeweils eine Mini-Zeitbombe mit sich, und verbreiten sich – geräuschlos und in Windeseile – in ganzen der Stadt, suchen Dachböden, Regenrinnen und andere versteckte Nischen und Winkel auf. Dort legen sie ihre Sprengsätze ab und suchen rechtzeitig das Weite – während die noch immer schlafende Stadt auf das unvermeidliche Inferno zusteuert. Schwer zu glauben, doch diese Idee stammt nicht von einem Comicverlag oder Drehbuchautor, sondern wurde tatsächlich unter dem Namen Project X-Ray vom US-Militär im Zweiten Weltkrieg ausführlich getestet. Erdacht hatte sie der Zahnarzt Lytle S. Adams, ein Freund der First Lady Eleanor Roosevelt, der nach dem Angriff auf Pearl Harbor freizeitmäßig nach Militärstrategien gegen Japan suchte. Bei einer Reise durch New Mexico wurde er Zeuge der faszinierenden Migration der Mexikanischen Bulldoggenfledermäuse – die im Winter zu Millionen nach Kalifornien fliegen. Bei diesem Anblick kam ihm, wie er später erzählte, die Idee, die Tiere als Kriegswaffen einzusetzen: Immerhin, fand er bald heraus, sind Fledermäuse äußerst zäh und überstehen große Höhen und Langstreckenflüge recht problemlos. Dass Adams verrückte Idee im Weißen Haus, dem er einen Entwurf übersandte, überhaupt Gehör fand, lag vermutlich an seiner Bekanntschaft mit der First Lady. Tatsächlich schaffte es das Schreiben bis auf Franklin D. Roosevelts Schreibtisch, der es an den Nachrichtendienst des Kriegsministeriums weiterleitete – nicht, ohne anzumerken: This man is not a nut. Das präsidentielle Urteil schien seine Wirkung nicht zu verfehlen. Und so kam es, dass die Fledermausbombe als geheimes Project X-Ray in die militärische Planungs- und Probephase gelangte. Mit an Bord des Projektes waren übrigens der Entdecker der Echoortung, Donald R. Griffin sowie der Erfinder des Napalms, Louis F. Fieser. Einen ausführlichen Beitrag zur schier unglaublichen Geschichte der Bat Bomb und warum sie letztlich doch nie zum Einsatz kam, finden Sie hier: --> io9: The Almost Perfect World War II Plot to Bomb Japan with Bats (dare, 23.8.2015)
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4Sport
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Brite könnte schon in Austin seinen dritten WM-Titel fixieren und würde dann mit dem Brasilianer gleichziehen. Austin – Lewis Hamilton sitzt in einem schicken Appartement über den Dächern von Miami an einem schwarzen Flügel. Ganz entspannt spielt er Someone Like You von Adele. Musik gibt mir einen solchen Frieden, schreibt der Brite über sein bei Twitter verbreitetes Video am Piano. Hamilton ist die Ruhe selbst, will er damit wohl sagen. Der Titel in der Formel 1 wird ihm nicht mehr zu nehmen sein. Im teaching myself how to play. I love how this piano sounds. One of my favourite songs to play. #Adele #Learning https://t.co/Whyiir30xk Ich weiß aus Erfahrung, dass in unserem Sport nichts erledigt ist, bis es wirklich soweit ist, sagt Mercedes-Star Hamilton zwar brav vor dem Großen Preis der USA (Sonntag, 20.00 Uhr/ORF, RTL und Sky). Doch die Chancen seiner Rivalen Sebastian Vettel (Ferrari, 66 Punkte Rückstand) und Nico Rosberg (73 Zähler zurück) bestehen wohl nur noch auf dem Papier. Ich gehe dieses Rennen genauso an wie alle anderen in diesem Jahr auch, sagt Hamilton, der sich keine Schwächen leistet und neun der bisherigen 15 Rennen gewonnen hat. Landet der Dominator auch in Austin/Texas ganz vorne und Vettel wird nur Dritter, ist dem Titelverteidiger die WM-Krone nach 2008 und 2014 nicht mehr zu nehmen. Es wäre Hamiltons dritter WM-Titel – und damit ein ganz besonderer. Denn Ayrton Senna, der große Held seiner Kindheit, hatte auch drei Mal den PS-Thron bestiegen (1988, 1990 und 1991). Es ist schon verrückt: Es ist viele Jahre her, aber ich weiß noch ganz genau, wie ich damals nur durch Ayrton zu diesem Sport gekommen bin, sagte Hamilton zuletzt. Besonders der gelbe Helm des Brasilianers und sein rot-weißer McLaren hatten es dem kleinen Lewis angetan: Mein Vater und ich saßen zu Hause auf dem Sofa und verfolgten die Rennen. Und wer hätte damals gedacht, dass wir heute hier sein würden? Noch immer kann sich Hamilton an diesen schwarzen Sonntag Anfang Mai 1994 erinnern, als Senna in Imola in der Tamburello-Kurve in eine Mauer krachte und wenig später starb. Ich war neun Jahre alt, als Senna starb und versteckte mich hinter einem Lastwagen, damit mich mein Vater nicht weinen sah, sagt Hamilton. Senna sei für ihn immer noch ein echter Held, eine wahre Ikone. Schon von klein auf wollte ich so erfolgreich sein wie Ayrton Senna, sagt der 30-Jährige. Nun ist es soweit. Dass ich mich nun in einer Position befinde, um die gleiche Anzahl an Titeln einzufahren wie er, ist noch nicht ganz zu mir durchgedrungen. In Austin hat Hamilton nun die erste Chance, mit Senna nach WM-Titeln gleichzuziehen. Ich bin heiß darauf, auf die Strecke zu fahren, mein Bestes zu geben, sagt der Brite, der mittlerweile mit 42 Siegen sogar schon einen Grand Prix mehr gewonnen hat als sein Idol. Aber Hamilton weiß nur zu gut: Ayrton hätte noch viele, viele Rennen mehr gewonnen, wenn er länger gefahren wäre.
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7Wissenschaft
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Forscher untersuchten, wie steil liegende Erd- und Gesteinsmassen nach Beben wieder zur Ruhe kommen. Potsdam – In Gebirgsregionen verursachen Erdbeben häufig massive Erdrutschungen, die durch Regenereignisse noch verstärkt werden können. Wie sich das oft gewaltige und gefährliche Abgleiten von Erd- und Gesteinsmassen an steilen Hängen zeitlich zu Erdbeben verhält, war bislang wenig erforscht. Nun berichtet ein internationales Forscherteam im Fachblatt Geology, wie Rutschungen im Lauf der Zeit abnehmen und die Landschaft schließlich wieder in ihren Ursprungszustand zurückkehrt, und zwar unabhängig von meteorologischen Ereignissen und Nachbeben. Selbst nach starken Erdbeben pendelt sich die Aktivität der Erdrutschungen demnach innerhalb von ein bis vier Jahren wieder auf den Ausgangszustand ein. Für ihre Studie untersuchten die Forscher anhand von vier mittelstarken bis starken Erdbeben die damit verbundenen Rutschungsprozesse. Die Hauptschwierigkeit war, dass man die meteorologischen Ursachen von den seismischen unterscheiden muss, sagt Odin Marc vom Deutschen Geoforschungszentrum GFZ. Unabhängig von Erdbeben können auch Starkregen großflächige Erdrutschungen erzeugen, welche durch Erdbeben aber noch zusätzlich verstärkt werden. Zwei Prozesse greifen hier ineinander: Ein starkes Beben rüttelt die Bodenschicht vom darunter liegenden Grundgestein los und zerreißt das Gestein darunter. In die so entstandenen Risse und Klüfte sickert Wasser ein und wirkt wie ein Schmierfilm, auf dem ein Berghang zu Tale rutscht. Diese Modellvorstellung müsse aufgrund der neuen Ergebnisse aber modifiziert werden. Wir haben analytisch die Aktivität des Regens von der seismischen Aktivität getrennt und konnten so feststellen, dass die Abnahme der Hangrutsche im Zeitverlauf auf einem Selbstheilungsprozess der Landschaft beruht, so Marc. Die durch das Erdbeben entstandene Destabilisierung der Landschaft baue sich nach und nach ab. Im Verlauf von Monaten bis Jahren, je nach Witterung, Gestein und Stärke des Bebens, entwickle sich dieser Zustand wieder auf das Niveau vor dem Beben zurück: Die Risse würden sich langsam wieder schließen oder füllten sich mit Sand und Erde, bis die Landschaft wieder zu ihrer ursprünglichen Gefährdungslage zurückkehre.
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0Web
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Abschaltung beginnt im Frühjahr 2016 – Branche informiert Kunden im Internet und mit Werbespot – Betroffene brauchen entweder geeigneten Fernseher oder Zusatzbox. Die Kabelnetzbetreiber drehen 2016 das analoge Empfangssignal komplett ab. Für alle Betroffenen bleiben die Schirme dann schwarz. Damit das so gut wie nicht vorkommt, wird der Fachverband der Telekom- und Rundfunkunternehmen in der Wirtschaftskammer (WKO) voraussichtlich nächste Woche eine Info-Webseite einrichten, auch ein TV-Spot ist geplant. Die Abschaltung soll im Frühjahr 2016 beginnen. Wie viele Österreicherinnen und Österreicher nach wie vor über analoges Kabel fernsehen, ist schwer zu sagen. Laut RTR waren es Ende 2011 noch 70 Prozent der Kabelhaushalte, 2014 noch rund ein Drittel. Gemäß Teletest empfingen Ende 2014 rund 12 Prozent aller österreichischen TV-Seher ihre Programme via analogem Kabel. Auf Basis von rund drei Millionen österreichischen Fernsehhaushalten wären es einige Hunderttausend. Beim Wiener Kabelnetzbetreiber UPC gibt es mit UPC Mini ein Produkt, das derzeit sowohl analoges als auch digitales Signal bietet. Wie da das Verhältnis ist, weiß UPC nur aus Umfragen. Die firmeninternen Schätzungen werden aber nicht bekannt geben. Es ist anzunehmen, dass viele, vor allem langjährige Kabelkunden, nicht wissen, dass sie noch analog fernsehen. Für sie fielen bei UPC in ganz Wien schon 2014 acht Sender weg, darunter Arte und CNN. Nun werden sie 2016 – sofern sie weiter fernsehen wollen – zum Umstieg gezwungen. Analoges Kabelfernsehen gilt seit längerem als Auslaufmodell, dennoch ging die Digitalisierung im Gegensatz und Antenne und Satellit langsamer vonstatten. Fernsehen über Satellit und Antenne wird bereits seit 2013 nicht mehr analog, sondern ausschließlich digital ausgestrahlt. Antennenfernsehen erlebt unter dem neuen, digitalen Standard DVB-T2 eine Renaissance. Die ORF-Sendetechniktochter ORS, an der auch Raiffeisen beteiligt ist, bietet mit simpliTV ein Konkurrenzangebot zu Kabel und Satellit. UPC, Österreichs größter Kabelbetreiber, empfiehlt seinen betroffenen Kunden, bereits jetzt auf digital umzusteigen. Die Kunden würden aber ohnehin rechtzeitig über die weitere Vorgehensweise informiert. Jene Sender, die in Zukunft analog nicht mehr verfügbar sein werden, stehen weiterhin digital und unverschlüsselt zur Verfügung, erklärte eine UPC-Sprecherin der APA. Wir stehen mit den Hausverwaltungen direkt in Kontakt, die wiederum die Bewohner informieren, auch wenn sie nicht UPC-Kunden sind. Aus Sicht der Kabelnetzbetreiber bietet die Umstellung Vorteile. Man könne mehr TV-Kanäle in besserer Qualität anbieten, außerdem würden Kapazitäten für mehr HD-Programme und schnelleres Internet frei. Einen Nachteil gibt es aber: Für den Digital-Empfang ist entweder ein geeigneter Fernseher mit eingebautem DVB-C-Tuner oder eine zusätzliche Box notwendig.
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7Wissenschaft
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3,5 bis 5,7 Millionen Tonnen kommen allein aus Europa. Berlin – Dass Kunststoffe, die ins Meer gelangen, schwere ökologische Folgen hat, weiß man bereits seit längerer Zeit. Wieviel Plastik nun genau in die Ozean gespült werden, ist dagegen unklar. Nun warten Forscher mit neuen Zahlen auf: Bis zu 30 Millionen Tonnen Plastikmüll landen nach Auskunft des deutschen Umweltbundesamtes jährlich in den Weltmeeren. Etwa 3,5 bis 5,7 Millionen Tonnen kommen demnach allein aus Europa. Für viele Tiere bedeutet dieser Kunststoffmüll den Tod, wenn sie ihn irrtümlich fressen oder sich in ihm verfangen. Für mehr als 660 Arten sei bekannt, dass der Müll negative Folgen habe, heißt in der Studie, die im Auftrag des deutschen Bundesamtes erstellt und am Dienstag veröffentlicht wurde. Schädlich ist der Plastikmüll auch dann noch, wenn er durch Wind, Wetter und Gezeiten stark zerkleinert wurde. Mikropartikel, deren Größe kleiner als fünf Millimeter ist, können genauso wie größere Kunststoffteile zu mechanischen Verletzungen des Verdauungstraktes führen, die Verdauung behindern sowie die Nahrungsaufnahme blockieren, schreiben die Studienautoren. Zudem könnten sie giftig sein oder hormonähnlich wirken. Vom Gewicht her spiele der große Plastikmüll – vom Sackerl bis zum Fischernetz – die weitaus wichtigste Rolle auch bei den Mikropartikeln. Allein in der Europäischen Union werden nach Studienangaben zusätzlich jährlich schätzungsweise rund 3.100 Tonnen Mikroplastik in Kosmetikprodukten verarbeitet. Ihr Anteil an der Umweltbelastung sei mengenmäßig gering, aber überflüssig, heißt es in der Studie. In weitaus größerem Maße werden die kleinen Partikel in Kunststoffwachsen verwendet, die etwa zum Schutz von Früchten oder Oberflächen in der Leder-, Möbel- und Autopflege genutzt werden. Angesichts der großen Mengen an Plastikmüll raten die Experten, den Eintrag von Kunststoffen in die Umwelt generell viel drastischer zu reduzieren. Deutschland will die Vermüllung der Meere eindämmen und hat mit anderen EU-Staaten ein Forschungsprogramm mit einer Gesamtfördersumme von 7,5 Millionen Euro gestartet. Mehr als 270 Millionen Tonnen Plastik treiben nach Regierungsangaben auf den Weltmeeren – allein im Nordpazifik eine Fläche so groß wie Deutschland und Frankreich.
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3Wirtschaft
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Die Regierung Valls will einen niedrigen Kündigungsschutz, um Jugendlichen zu Jobs zu verhelfen – was hierzulande schon immer praktiziert wird. Es ist ein Déjà-vu-Erlebnis für Frankreich: Die Regierung schlägt eine Liberalisierung des rigiden Kündigungsschutzes vor, und Zehntausende gehen dagegen auf die Straße – darunter auch zahlreiche Jugendliche, zu deren Vorteil die Reform eigentlich gedacht ist. Vor 20 Jahren zwangen Massendemonstrationen und Streiks gegen eine moderate Arbeitsmarktliberalisierung die konservative Regierung von Alain Juppé in die Knie. Heute ist es eine sozialistische Regierung, die von innen und von außen unter Druck gerät, weil sie das tun will, was auch andere europäische Länder – vor allem Spanien und Portugal – schon durchgezogen haben. Wenn es einen Punkt gibt, bei dem sich seriöse Ökonomen einig sind, dann sind es die Folgen eines zu hohen Kündigungsschutzes. Der hilft jenen, die bereits einen Job haben, führt aber dazu, dass Betriebe insgesamt weniger Menschen anstellen – und vor allem keine Jugendlichen, die erstmals in den Arbeitsmarkt eintreten. Die Folge ist eine höhere Arbeitslosigkeit – und eine besonders hohe Jugendarbeitslosigkeit. Wenn Kündigungen leichter werden, finden auch Arbeitssuchende wieder leichter einen Job. Der Verzicht auf Sicherheit schafft mehr Sicherheit. Diese scheinbar paradoxe Erkenntnis ist schlüssig und empirisch gut belegt. Die demonstrierenden Gewerkschafter und Studenten in Frankreich, die das aus einer Mischung aus unsozialem Eigeninteresse (bei den Gewerkschaften) und ideologischer Verblendung nicht begreifen wollen, sollten einen Ausflug nach Österreich machen. Es ist ein gutgehütetes Geheimnis – aber wenn es um den Kündigungsschutz geht, hat Österreich einen der liberalsten Arbeitsmärkte in Europa. Selbst die Pläne der Regierung von Premier Manuel Valls gehen nicht so weit. Heimische Betriebe können sich in den meisten Fällen ohne Begründung von Mitarbeitern trennen. Oft müssen sie über die gesetzlich vorgeschriebenen Ansprüche hinaus etwas bezahlen – sei es durch einen mit der Belegschaft ausgehandelten Sozialplan oder durch einen gerichtlichen Vergleich, den ein Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht durchsetzt. Aber zurücknehmen muss ein Betrieb einen einmal Gekündigten fast nie, und die Kosten halten sich fast immer im Rahmen. Schwierig wird es nur bei älteren Arbeitnehmern, die keine soziale Absicherung haben, und bei Behinderten, die immer noch unter einem besonderen Kündigungsschutz stehen. Und dort ist auch die Arbeitslosigkeit am höchsten. Das zeigt sich auch beim Wettbewerbsranking des Weltwirtschaftsforums (WEF), wo Österreich bei den Kosten einer Trennung weltweit an vierter Stelle steht – und bei den Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen an sechster Stelle. Dass das in der Kategorie Arbeitsmarktflexibilität trotzdem nur für den 100. Platz reicht, liegt an den hohen Lohnnebenkosten (Platz 136). Die Folge dieser Politik ist sichtbar: Zwar steigt die Arbeitslosigkeit, sie ist aber im EU-Vergleich immer noch sehr niedrig. Und bei der Jugendarbeitslosigkeit liegt Österreich im Spitzenfeld. Bei einem rigideren Kündigungsschutz hätten wohl einige der niedrigqualifizierten Migranten, die jetzt bei uns auf der Straße stehen, ihren Job behalten. Aber zehntausende Jugendliche hätten, so wie in Frankreich, keine Aussicht auf eine reguläre Stelle. Und das wäre sozial und wirtschaftlich noch viel schlechter. Hoffentlich behält die Regierung von Premier Valls, anders als Juppé 1996, die Nerven und zieht die Reform durch. Es wäre vor allem für jene Jugendlichen ein Segen, die jetzt gegen die Regierung protestieren.
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7Wissenschaft
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Altmetric misst, wie sehr Science-News auf Facebook, Twitter und Co. Verbreitung finden. 2015 dominierte die Biomedizin – und es gab Überraschungen. Die Forschung ist vom Messen besessen. Und am allerliebsten, so scheint es, vermisst sie sich selbst: Die Impact Faktoren von Zeitschriften, die Anzahl der Artikel in solchen Journals oder die Zahl der Zitierungen bestimmen längst darüber, wer in der Wissenschaft Karriere macht und wer nicht. Diese Form des Publizierens, der es in erster Linie um weitere Zitierungen in der Wissenschaft geht, hat mittlerweile etliche Gegner wie etwa den Medizinnobelpreisträger Randy Schekman. An einer alternativen Form der wissenschaftlichen Einfluss-Messung arbeitet hingegen Altmetric, die nicht Zitierungen innerhalb der Wissenschaft zählt. Die britische Firma analysiert, wie sehr wissenschaftliche Artikel in den Medien, aber auch auf Facebook, Twitter und Co. – also mithin in der Öffentlichkeit – Verbreitung finden. Die Idee klingt gut, die Umsetzung ist freilich nicht ganz einfach, wie anhand von Altmetrics Top 100 des Jahres 2015 offensichtlich wird. Angeführt wird die Liste von einem Nature-Artikel über ein neues Antibiotikum, gefolgt von einem Artikel darüber, dass die MMR-Impfung (gegen Masern, Mumps und Röteln) bei US-Kindern nicht zu mehr Fällen von Autismus führt (anders als ein gewisser Andrew Wakefield behauptet hatte). Platz drei geht schließlich an einen Aufsatz über das sechste große Artensterben, das gerade läuft und vom Menschen verschuldet ist. Bei allen drei Artikeln ist vor allem die Zahl der Tweets beeindruckend; bei der Messung der Berichte in Massenmedien allerdings tun sich die Bibliometriker von Altmetrics schwer – nicht zuletzt wohl auch wegen der verschiedenen Sprachen; Artikel in österreichischen Medien wie derStandard.at, diePresse.com oder orf.at werden gar nicht erst registriert. Etliche Texte schafften es auf die Liste, die auch auf derStandard.at Resonanz fanden – wie etwa eine Studie über den Bakterienaustausch beim Küssen (Platz 16), die freilich schon Ende 2014 erschien, jene Untersuchung, die erstmals die Gesamtzahl der Bäume unseres Planeten (drei Billionen) ermittelte (Platz 11), oder die erste Anwendung der CRISPR-Technologie bei menschlichen Embryonen (Platz 17). Neben der dominierenden Biomedizin sind auch Studien zum Klimawandel vergleichsweise stark vertreten. Die Liste führt aber auch zur einen oder anderen Entdeckung: etwa zu einem Text, der erst auf dem Preprint-Server arXiv veröffentlicht wurde und es dennoch auf Platz 9 brachte: A Neural Algorithm of Artistic Style stellt eine Software vor, die Fotos in Gemälde umwandelt, die dem Stil berühmter Künstler wie van Gogh entspricht.
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7Wissenschaft
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"Nature"-Bericht: Immer mehr Spitzenforschung auf Basis internationaler Zusammenarbeit. Wien – Forschung ist international – wie stark diese Vernetzung fortgeschritten ist, belegt die Datenbank Nature Index, in der die institutionelle Zugehörigkeit hochwertiger wissenschaftlicher Artikel und damit auch die Forschungskooperation nachverfolgt werden kann. Erwartungsgemäß sind die USA das Zentrum der internationalen Zusammenarbeit in der Spitzenforschung, Österreich rangiert auf Rang 22. Für die Datenbank werden wissenschaftliche Arbeiten ausgewertet, die in 68 Top-Journalen wie Nature, Science oder PNAS erschienen sind, sozial- und geisteswissenschaftliche Fachzeitschriften fehlen dabei völlig. Dabei werden nicht nur die einzelnen Artikel der einzelnen Institutionen und damit der Länder gezählt. Bei jeder Arbeit wird auch der Prozentsatz der Autoren von der jeweiligen Institution und die Zahl der beteiligten Institutionen pro Artikel berücksichtigt. Zudem wird diese anteilige Zählung noch gewichtet (um den großen Anteil von Astronomie- und Astrophysik-Journalen am gesamten Publikationsoutput zu berücksichtigen). Der auf Basis dieser Daten erstellte Bericht Nature Index Collaborations beleuchte die Bedeutung der Beziehungen zwischen Ländern und Institutionen, erklärte Nick Campbell, leitender Redakteur bei Nature. Für das Fachjournal belegt die Auswertung, dass eine neue Ära wissenschaftlicher Entdeckungen begonnen hat, in der Spitzenforschung auf Basis internationaler Kooperationen durchgeführt wird. Österreichische Forscher sind zwar eindeutig im europäischen Forschungsraum verankert, aber auch weltweit gut vernetzt, wie der Bericht zeigt. Die meisten Partner der heimischen Forscher sitzen im benachbarten Deutschland, doch gleich dahinter folgen die USA. Mit deutlichem Abstand kommen dann Großbritannien, Italien, Frankreich, Schweiz und Japan in der Rangfolge jener Länder, mit denen heimische Forscher am meisten kooperieren. International belegt Österreich in dem Ranking Platz 22 von 157 Nationen (Auswertung März 2015 bis Februar 2016). An erster Stelle rangieren mit großem Abstand die USA. Dabei fällt allerdings auf, dass laut Bericht zwei Drittel der US-Studien keinen Mitautor aus einer anderen Nation haben. Auf Rang zwei folgt Deutschland vor Großbritannien und China. Letzteres profitiere vor allem von seinen weltweit verstreuten, hoch qualifizierten Forschern, die das Land zu einem aufstrebenden Zentrum internationaler Kooperationen machen. Der Nature-Bericht zeigt auch spezielle Netzwerkstrukturen. So seien etwa Spanien sowie Portugal Teil eines Netzwerks mit lateinamerikanischen Ländern und mit jenen sogar mehr verbunden als mit europäischen Staaten. Auch Frankreich ist mit seinen ehemaligen Kolonien gut vernetzt, genau so die arabischsprachigen Länder untereinander. Sieht man sich die internationale Zusammenarbeit Österreichs im Detail an, fand jeweils ein Drittel der Kooperationen in den Bereichen Lebenswissenschaften und Physik statt, etwa ein Viertel in der Chemie, den kleinsten Teil der Kooperationen trugen die Erd- und Umweltforscher bei. Von den österreichischen Institutionen rangiert die Universität Wien an erster Stelle der in internationaler Kooperation erschienenen Arbeiten. Auf den Plätzen folgen die Technische Universität (TU) Wien, die Uni Innsbruck, die Akademie der Wissenschaften (ÖAW), die Uni Graz, die Medizin-Uni Wien, die Uni Linz, das Institute of Science and Technology (IST) Austria, die TU Graz und die Uni Salzburg.
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7Wissenschaft
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Tausende Exemplare der Spezies Pleuroncodes planipes bewegen sich im sauerstoffarmen Wasser über den Meeresboden. Washington/Panama-Stadt – Wenn Tausende Krebse unterwegs sind, ergibt das beeindruckende Bilder: Auf ihrer Forschungstauchfahrt an einem Tiefseeberg vor der Pazifik-Küste Panamas sind US-Forschern einzigartige Videoaufnahmen gelungen. Sie zeigen, wie ein gewaltiger Krebsschwarm enggedrängt im sauerstoffarmen Wasser über den Meeresboden klettert und wirbelt. Die Bilder sind Teil ihrer Veröffentlichung im Fachjournal PeerJ über die Artenvielfalt am Tiefseeberg Hannibal Bank. Solche unterseeischen Berge gelten als sogenannte ökologische Hotspots. Der Biologe Jesus Pineda berichtet von der hypnotisierenden Erfahrung: Zuerst dachten wir, es seien Felsstrukturen biologischer Herkunft. Als wir sahen, dass sie sich bewegen – wie schwärmende Insekten – konnten wir es nicht glauben. Bei den Krebsen handelt es sich um Pleuroncodes planipes, die sonst vor allem an den Küsten der Baja California in Mexiko vorkommen. Erstmals wurden sie nun so weit südlich entdeckt. Nach dem bemannten Tauchgang schickten die Forscher ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug hinab. Das registrierte weitere Krebsschwärme, stets mit einem Zentrum. Ein ähnliches Verhalten ist auch von Insekten bekannt. Die dichtesten Schwärme mit bis zu 78 Krebse pro Quadratmeter fanden sich an der Bergflanke in 355 bis 385 Meter Wassertiefe, wo es nur 0,04 Milliliter Sauerstoff pro Liter Wasser gab. Es könnte sein, dass das sauerstoffarme Wasser für diese Art einen Schutz vor Räubern darstellt, sagte Pineda. Die Krebe, in den USA red crabs oder tuna crabs genannt, sind begehrte Nahrungsquelle für Thunfische und auch Meeressäuger. Auch die großen Mengen, die zwei Monate nach der Expedition – im Juni 2015 – an der südkalifornischen US-Küste vor San Diego auftraten, waren Pleuroncodes planipes. Sie färbten viele Strände komplett orange. Forscher von der Scripps Institution of Oceanography in La Jolla brachten die Wanderung mit dem Klimaphänomen El Niño in Verbindung. Strömungen und Wind können demnach dafür sorgen, dass sich die normalerweise standorttreuen Populationen fortbewegen. Die Tiere verendeten an den Stränden.
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5Inland
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Zehn Privatpersonen und Vertreter von Kleinparteien würden gerne antreten. Wien – Nicht nur Vertreter etablierter Parteien und Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss würden gerne am 8. Juli in die Hofburg einziehen. Auch einige größtenteils öffentlich unbekannte Vertreter kleinerer Bewegungen und Privatpersonen versuchen die 6.000 Unterstützungserklärungen zu sammeln, um auf dem Stimmzettel zu stehen. Zehn Sonstige haben laut neuwal.com bisher Interesse an einer Kandidatur gezeigt, zwei nicht ganz Unbekannte haben sich schon in Pressekonferenzen präsentiert: Am Freitag verkündete die Dialektautorin Elfriede Awadalla, Unterschriften zu sammeln. Sie erlangte mit dem Sieg in der Millionenshow einen gewissen Bekanntheitsgrad. Bei der Wien-Wahl 2015 kandidierte sie für Wien anders, ein Bündnis unter anderem aus KPÖ und Piraten, das 1,07 Prozent gerne im Gemeinderat gesehen hätten. Mann mit Wahlerfahrung Politisch Interessierten und EU-Gegner nicht unbekannt ist Robert Marschall, der am Donnerstag zur Pressekonferenz lud. Der Herausgeber des Stadtmagazins wien-konkret.at ist seit 2011 Chef der EU-Austrittspartei (EUAUS) – und hat schon Wahlerfahrung. Die von ihm angeführte Liste EU-Stop schnitt bei der EU-Wahl 2014 mit 2,76 Prozent überraschend gut ab, als beste unter den Kleinparteien. Bei der Nationalratswahl 2013 bekam EUAUS nur in Vorarlberg genug Unterschriften zusammen – und an den Urnen dann 510 Stimmen, also 0,01 Prozent. Bei der Wien-Wahl vorigen Oktober kandidierte EUAUS fast überall für die Bezirksvertretungen und überzeugte in Summe 3.343 Wähler (0,38 Prozent). Schon einige – bisher vergebliche – Erfahrung mit dem Unterschriftensammeln hat der pensionierte Richter Martin Wabl. Heuer nimmt er einen vierten Anlauf, gemeinsam mit den Mutbürgern. Weiters versuchen es der in Wien lebende Autor, Wirtschaftswissenschaftler, Journalist und Künstler Adrien Luxemburg, der frühere Hochsee-Kapitän, Unternehmensberater und Menschenrechtsaktivist Gustav Jobstmann aus Niederösterreich, der (laut eigener Homepage) arbeits- und parteilose Steirer Gernot Pointner, der Generalsekretär der Interessensgemeinschaft liberales Waffenrecht in Österreich Georg Zakrajsek, der Wiener Arzt Thomas Unden, die steirische Energetikerin und Kosmologin Karin Kolland sowie Thomas Reitmayer vom Österreich-Ableger der deutschen Satiretruppe Die Partei. Ihr Ziel sind 6.000 Unterstützungserklärungen Wahlberechtigter bis zum Freitag, 18. März, wenn die Wahlvorschläge eingereicht werden müssen. Für die Unterstützungserklärungen müssen die Wahlberechtigten – ab 23. Februar – persönlich aufs Gemeindeamt gehen, um bestätigen zu lassen, dass sie in der Wählerevidenz stehen.
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7Wissenschaft
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Forscher berichten, dass die Riffschäden bereits dramatischer sind als angenommen. Die Simulation früherer Wasserqualität verleiht den Nesseltieren einen Wachstumsschub. Canberra/Washington – Geschädigte Korallen wachsen wieder besser, sobald die Wasserqualität auf vorindustrielle Werte steigt. Das hat ein Forscherteam zumindest für die Versauerung der Meere gezeigt. Für eine Studie im Fachjournal Nature erhöhten die US-Wissenschafter die Alkalinität (also das Säurebindungsvermögen) eine Lagune im Great Barrier Reef und schufen so eine Wasserqualität, wie es sie vor mehr als zweihundert Jahren gab. Innerhalb von drei Wochen, so Forscher, würden die Korallen um etwa sieben Prozent wachsen. Die Versauerung der Meere fordert bereits seinen Tribut von den Korallenriffen. Das ist nicht länger eine Zukunftsangst; das ist die heutige Realität, sagte Studienleiterin Rebecca Albright von der Carnegie Institution for Science in Stanford. Zugleich bestätigt eine weitere Studie, die im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht wurde, die Gefährdung der Korallen durch die weltweite Versauerung der Meere. Australische Forscher hatten errechnet, dass die Auswirkungen am australischen Great Barrier Reef wahrscheinlich drastischer sind, als bisher angenommen. Es ist das größte Korallenriff der Erde. Die Versauerung der Meere greift nachweislich die Korallenriffe an. Wenn Kohlendioxid aus der Luft ins Meer gelangt, steigt der Säuregrad des Wassers. Etwa ein Viertel des menschengemachten Kohlendioxids werde derzeit jährlich von weltweiten Ozeanen aufgenommen, schreiben die US-Forscher. Im sauren Wasser kommen weniger Karbonat-Ionen vor, die zum Aufbau der Kalkskelette der Nesseltiere nötig sind. Gesondert ließ sich die Auswirkung der Versauerung in freier Natur aber bisher nicht beobachten, weil zu viele Faktoren ineinander greifen. Albright und Kollegen ist dies nun gelungen. Für ihre Studie wählten sie die Lagunen des One Tree Reefs, die im südlichen Great Barrier Reef liegen. Diese sind während der Ebbe vom offenen Meer getrennt; das Wasser fließt dann lediglich von einer höher gelegenen Lagune in eine niedrigere. Die Forscher versetzten das Wasser der ersten Lagune mit alkalisch wirkendem Natriumhydroxid und einem Färbemittel und entsäuerten es so künstlich auf vorindustrielles Niveau. Alle anderen Faktoren, etwa Wassertemperatur und Nährstoffe, blieben gleich. Nachdem das gefärbte Wasser in die zweite Lagune geflossen war, prüften die Wissenschafter die verbliebene Alkalinität. Anhand der Differenz errechneten sie, dass sich der Kalkaufbau an den Korallenriffen innerhalb von 21 Tagen durchschnittlich um etwa sieben Prozent erhöhen würde. Daraus lässt sich schließen, dass die Korallen seit dem Beginn der Industrialisierung bereits stark unter der Versauerung der Meere gelitten haben müssen. In einem gesonderten Nature-Kommentar würdigte die australische Meeresforscherin Janice Lough (James Cook University, Townsville) die Studie und prognostizierte, dass die Schäden an den Korallenriffen auch mit den neu gesetzten Klimazielen der UN-Klimakonferenz in Paris nicht zu beheben sein werden: Wir können die Zeit für die Ökosysteme der tropischen Korallenriffe dieser Welt nicht zurückdrehen; wir haben sie bereits einer wärmeren und saureren Zukunft überlassen. Das australische Team um Mathieu Mongin (CSIRO Oceans and Atmosphere, Hobart) untersuchte unterdessen verschiedene Bereichen des Great Barrier Reef. Die Gruppe berechnete die lokale Aragonit-Sättigung des Wassers, die durch Versauerung gesenkt wird. Aragonit ist ein spezielles Kalziumkarbonat, das zum Aufbau von Korallen dient – es wird durch Säure zersetzt. Der Wert gibt daher einen sehr guten Aufschluss darüber, ob die chemischen Voraussetzungen zum Kalkaufbau der Korallen gegeben sind. Die Forscher bestimmten die Werte an 22 Orten des Riffs und fügten diese mit Modellberechnungen der Gegebenheiten von 3.581 Einzelriffen zusammen. Ergebnis: Die Aragonit-Sättigung variierte innerhalb des Great Barrier Reef sehr stark, die Werte lagen aber im Durchschnitt unter denen des offenen Meeres vor dem Riff. Besonders gefährdet sind demnach die zum Festland gewandte Seite des Riffs und der südliche Teil. Insgesamt, so die Forscher, sei das Riff künftig wohl stärker durch Versauerung gefährdet als in den Berichten des Weltklimarates angenommen.
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7Wissenschaft
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Archäologen fanden in Siedlungsresten am See Genezareth Wildvarianten verschiedener Getreidesorten. Ramat Gan – Der Ackerbau als Alternative zur Jäger-und-Sammler-Lebensweise startete seinen Siegeszug um die Welt in der Jungsteinzeit vor etwa 12.000 Jahren im Nahen Osten. Die ersten, zaghaften Anfänge der Landwirtschaft reichen allerdings viel weiter in die Zeit zurück: Israelische Forscher berichten nun in einer Studie im Fachjournal Plos One von Funden am See Genezareth, die belegen, dass der Mensch bereits vor rund 23.000 Jahren mit dem Anbau von Nahrungspflanzen experimentierte. Den Ursprung der Landwirtschaft als weitgehende Ernährungsgrundlage legen Wissenschafter nach aktuellen Erkenntnissen rund 10.000 Jahre vor Beginn der Zeitrechnung. Damals wurden Jäger und Sammler im Gebiet des fruchtbaren Halbmondes, das sich in einem Bogen vom östlichen Mittelmeer bis zum Persischen Golf erstreckt, allmählich sesshaft und begannen mit dem Anbau von Pflanzen. Wie die Forscher um Ehud Weiss von der Bar Ilan University in Ramat-Gan (Israel) nun berichten, erprobten Menschen in der Siedlung Ohalo II am See Genezareth schon gut 11.000 Jahre früher die Kultivierung von Getreide. Ohalo II war vor etwa 23.000 Jahren besiedelt, wurde später aber überflutet. Die Siedlung wurde 1989 entdeckt, als der Wasserspiegel des Sees nach massiver Wasserentnahme und einigen Dürre-Jahren dramatisch gesunken war. Dabei kamen etliche Hütten zutage, mit pflanzlichen und tierischen Überresten, Werkzeugen, Perlen und Holzobjekten. Diese Reste waren sehr gut erhalten, da sie unter den Sedimenten des Sees vor äußeren Einflüssen geschützt waren. Unter den Pflanzen fanden die Forscher Wildvarianten verschiedener Getreidesorten, wie Hafer, Gerste oder Emmer. Die Pflanzen wurden geerntet und die Körner verarbeitet, wie Spuren an Steinklingen und an einem Mahlstein belegen. Ein überdurchschnittlich hoher Anteil dieser Getreidepflanzen wies Veränderungen an der Ähre auf, die die Forscher auf längerfristige Kultivierung zurückführen. Die Wissenschafter vermuten allerdings, dass das Experiment Ackerbau in der Region zunächst wieder eingestellt wurde. Besonders aufschlussreich sei der Fund von Pflanzen, die mit der Anlage von landwirtschaftlichen Flächen auftauchen, weil sie sich gut an ein Leben in der vom Menschen gestalteten Umwelt angepasst haben. Zumeist stören solche Pflanzen den Anbau und werden als Unkräuter bezeichnet. Die Forscher sprechen bei ihrem Fund von Proto-Unkräutern, von denen sie 13 verschiedene Arten fanden. Möglicherweise hätten die Menschen einige dieser Pflanzen zum Verzehr gesammelt, da sie zum Teil essbare Teile besäßen. Bereits vor der Entstehung eines voll entwickelten Landbaus hatten Menschen grundlegende Kenntnisse von Landwirtschaft und, noch bedeutsamer, sie handelten vorausschauend und planten, erläuterte Weiss. Die gegenwärtigen Ergebnisse von diesem Standort, in der Wiege der Zivilisation gelegen, belegen, dass unsere Vorfahren schlauer und geschickter waren, als wir angenommen haben. Obwohl sich die eigentliche Landwirtschaft erst sehr viel später entwickelte, hatte der Versuch schon begonnen. Wie landwirtschaftliche Kulturtechniken vor etwa 12.000 Jahren ihren Durchbruch erlebten und immer weiter verfeinert wurden, hatten Archäologen um Simone Riehl von der Universität Tübingen 2013 im Fachjournal Science beschrieben. Sie hatten im Iran am Rande des Fruchtbaren Halbmonds Pflanzenreste aus einer mindestens 2.200 Jahre langen Siedlungsepoche entdeckt. Die Funde zeigten, wie die Menschen vor gut 11.700 Jahren mit einer rudimentären Landwirtschaft begannen, dann im Laufe der Jahrhunderte immer professionellere Anbaumethoden entwickelten und die Pflanzen nach ihren Bedürfnissen züchteten.
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4Sport
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Nach einem Bericht der "Times" gibt es Beweise für "organisierte Drogenkultur" in den vergangenen zehn Jahren. Moskau/London – Nach der Leichtathletik wird auch der russische Schwimmsport laut einem Bericht der Zeitung The Times von einem gigantischen Dopingskandal erschüttert. Eine Schande überschreibt das seriöse englische Blatt am Mittwoch seinen langen Artikel, der auf umfangreichen Recherchen beruhe. Es gebe Beweise für eine organisierte Drogenkultur im russischen Schwimmsport in den vergangenen zehn Jahren. Die Times enthüllte unter anderem Betrug durch einen bereits in Ungnade gefallenen Mediziner, mit illegalen Drogenlaboren und vertuschten Dopingtests. So soll Sergej Portugalow, Chefmediziner der seit vier Monaten suspendierten russischen Leichtathleten, auch den Schwimmern leistungssteigernde Mittel verabreicht haben. Eine Zeugin sagte aus, dass es bei einem Wettkampf in Moskau am Schwimmbecken eine Apotheke gegeben habe, um die Athleten mit Pillen und Medizin zu versorgen. Zwei positiv auf das Blutdopingmittel EPO getestete Aktive seien nie bestraft worden. Laut Times wurden Zeugen eingeschüchtert. Ihnen wurden Repressalien angedroht, falls sie mit ihrem Wissen über Doping an die Öffentlichkeit gehen. Zuletzt hatte der Fall von Weltmeisterin Julija Jefimowa für Aufsehen gesorgt. Ihr wird die Einnahme des verbotenen Herzmedikaments Meldonium vorgeworfen, seit dem 1. Jänner auf der Dopingliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Jefimowa wies dies sofort zurück. Sie wolle den Beweis ihrer Unschuld antreten. WADA-Präsident Craig Reedie schloss Untersuchungen nicht aus. Falls diese Vorwürfe korrekt sind, gehen sie sicherlich auch die WADA etwas an – und wir werden sie genau prüfen, sagte Reedie der Times. Die russische Schwimm-Föderation dementierte umgehend, dass positive Dopingtest vertuscht worden seien. Ihm sei der Inhalt der Recherchen nicht bekannt, sagte Vizepräsident Viktor Awdinenko der Agentur Tass. Den Schwimmverband bedrohen sie nicht, weil wir mit dem Arzt Sergej Portugalow nicht zusammenarbeiten, sagte Awdinenko. Zu Zeiten der Sowjetunion sei dieser zwar Teil des Stabs gewesen, habe jedoch nie in der Nationalmannschaft gearbeitet. Der Weltverband (FINA) habe sich auf Anfrage der Zeitung vorläufig noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Portugalow habe nach E-Mail-Anfrage der Zeitung zwar Antworten zugesagt, sich dann aber nicht mehr gemeldet. Die Anti-Doping-Kommission im russischen Sportministerium kündigte eine Antwort bis zum Wochenende an.
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7Wissenschaft
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In Zuchtprogrammen spielt fast ausschließlich die genetische Eignung der Partner eine Rolle. Neue Ergebnisse kritisieren diesen Ansatz. San Diego – Es klingt eigentlich plausibel, doch gesichert war es bislang nicht: Die Fortpflanzungsrate von Pandas in Gefangenschaft ist deutlich höher, wenn Männchen und Weibchen einander selbst als Partner auswählen. Das berichten Forscher im Fachblatt Nature Communications und ziehen daraus einen wichtigen Schluss: Der Erfolg von Zuchtprogrammen ließe sich womöglich erheblich verbessern, wenn außer der genetischen Eignung auch persönliche Vorlieben der Tiere berücksichtigt würden. In freier Wildbahn gilt der Große Panda (Ailuropoda melanoleuca) als stark gefährdet, auch wenn nach den letzten Zählungen von einem leichten Anstieg der Bestände auszugehen ist. Um das Überleben der Tiere zu sichern, setzen Experten auch auf die Nachzucht der Tiere in Gefangenschaft und die spätere Auswilderung der Jungtiere. Von künstlicher Befruchtung über Viagra bis hin zu Panda-Pornos ließen sie dabei in der Vergangenheit nichts unversucht, um die Tiere zur Paarung zu animieren und die Fortpflanzungsrate zu steigern. Wenn es allerdings um die Zusammenstellung möglicher Zuchtpaare gehe, spiele fast ausschließlich die genetische Eignung der Partner eine Rolle, schreiben die Forscher um Meghan Martin-Wintle vom Institute for Conservation Research des San Diego Zoo in Kalifornien. Dieser Ansatz sei sicher wichtig, um die genetische Vielfalt zu erhalten. Es nütze aber wenig, wenn auf diese Weise nur sehr wenige Nachkommen gezeugt würden. Die Wissenschafter untersuchten nun, wie sich die Möglichkeit zur freien Partnerwahl auf den Paarungserfolg auswirkt. Sie stellten zunächst bei etwa 40 Pandas fest, wie diese auf Exemplare des anderen Geschlechts reagierten. Eine positive Einstellung äußere sich etwa durch Herumrollen oder das Setzen von Duftmarken. Jammern oder aggressives Verhalten werteten die Forscher als mangelndes Interesse. Dann stellten die Forscher Panda-Paare zur Paarung zusammen – auch in diesem Fall gemäß Zuchtplan nach der genetische Eignung der Tiere. Anders als bisher wussten sie nun aber, ob sie Paare zusammengestellt hatten, die sich mochten oder sich eher unsympathisch waren. Das Ergebnis: Am häufigsten hatten Tiere mit einem bevorzugten Partner Sex. Das galt sowohl für Männchen als auch für Weibchen. Solche Paare bekamen auch häufiger Nachwuchs. Am größten waren die Erfolgschancen, wenn sich beide Partner anscheinend zugetan waren. Panda-Paare, in denen sich beide Tiere nicht mochten, paarten sich gar nicht und bekamen daher auch keinen Nachwuchs. Dass Wunschpaare mehr Nachwuchs bekamen deute auch darauf hin, dass sie genetisch besser kompatibel seien. Die Ergebnisse sollten bei der Planung von Zuchtprogrammen künftig neben der genetischen Eignung berücksichtigt werden – bei Pandas und womöglich auch bei anderen bedrohten Tierarten, schreiben die Wissenschafter. Die Population der in freier Wildbahn lebenden Großen Pandas ist in den vergangenen rund zehn Jahren um 268 auf 1.864 Pandabären gestiegen, hatte das chinesische Forstamt in Peking im März dieses Jahres berichtet. Ein Grund für die positive Entwicklung liegt den Angaben zufolge in der Einrichtung neuer Schutzgebiete.
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4Sport
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Ex-ÖFB-Teamspieler wechselt nach 16 Monaten in der Major League Soccer zu Union Berlin in die zweite deutsche Liga. Berlin – Der ehemalige österreichische Fußball-Teamspieler Emanuel Pogatetz kehrt nach Deutschland zurück. Der 32-jährige Innenverteidiger wechselte nach 16 Monaten in der US-amerikanischen Profiliga Major League Soccer zu Union Berlin in die zweiten deutschen Bundesliga und wird damit Mannschaftskollege von Christopher Trimmel. Pogatetz erhält einen Vertrag bis Saisonende mit einer Option auf ein weiteres Jahr, gab der Club aus Köpenick am Dienstag bekannt. Emanuel Pogatetz ist ein sehr kopfball- und zweikampfstarker Abwehrspieler, ein rustikaler, kerniger Typ, der mit dazu beitragen soll, dass wir im Defensivbereich stabiler werden, erklärte Union-Trainer Sascha Lewandowski. Emanuel #Pogatetz ist Unioner. Willkommen in Berlin-#Köpenick, Emi! #fcunion #ep3 https://t.co/N0Ct58mi2A pic.twitter.com/hihsni36br Pogatetz war in Deutschland schon in der ersten Bundesliga für Hannover 96, den VfL Wolfsburg und den 1. FC Nürnberg in 88 Spielen aktiv. In der englischen Premier League kam der 61-fache Teamspieler für den FC Middlesbrough (2005 – 2010) und West Ham United (2012/13) zu insgesamt 116 Einsätzen. Der Steirer spielte seit September 2014 für Columbus Crew, seit vergangenen Sommer kam er beim MLS-Vizemeister allerdings nur noch zu zwei Kurzeinsätzen. Sein Vertrag war mit Jahresende ausgelaufen.
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7Wissenschaft
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Die zentrale Frage des Projekts: Siedelten Ägypter hierher, oder übernahmen Nubier Elemente der ägyptischen Kultur?. Woche fünf in Amara West war von mehreren außergewöhnlichen Ereignissen gekennzeichnet. Zum einen hat uns ein Magen-Darm-Virus erwischt, das abwechselnd einen Großteil des Teams kurzfristig außer Gefecht setzte. Das kommt im Durchschnitt einmal pro Kampagne vor, obwohl die hygienischen Verhältnisse im Sudan im Vergleich zu den meisten anderen nordafrikanischen Ländern grundsätzlich relativ gut sind. Von ernsthafteren, langwierigeren gastrointestinalen Infektionen sind wir hier in acht Kampagnen bisher vollkommen verschont geblieben. Auch andere Tropenkrankheiten wie Malaria und Bilharziose stellen in unserer Region keine Gefahr dar. Zum anderen hatten wir erstmals Besuch von den Kindern der Schule in Amara East auf der anderen Flussseite. Verantwortlich dafür ist die japanische Projektmitarbeiterin Tomomi Fushija, die im Rahmen ihrer Dissertation an der Universität Leiden das Bewusstsein und Verhältnis der lokalen Dorfgemeinschaften zu Amara West und zur Archäologie generell untersucht. Ihre Arbeit umfasst Interviews mit den Arbeitern und Leuten in den umliegenden Dörfern, öffentliche Vorträge für Erwachsene und an den Schulen über unsere Arbeit sowie Besuche der Schulkinder auf der Grabung. Vergangenes Jahr wurde außerdem ein Führer zu den Ausgrabungen in Englisch und Arabisch herausgegeben, der an alle Haushalte auf Ernetta verteilt wurde, aber auch frei im Netz verfügbar ist. Bei den Schulkindern kam der Besuch der Grabung auf jeden Fall sehr gut an. Nach der Führung wurden fleißig Fragebögen ausgefüllt und Zeichnungen von Objekten angefertigt. Entsprechend dem phasenweise etwas reduzierten Team ging auch die Arbeit etwas langsamer voran. Hinzu kam, dass am Samstag sämtliche Arbeiter vom Komitee der Dorfvorsteher von Ernetta nach Abri beordert wurden, wo eine große Demonstration gegen die geplanten Dämme stattfand. Etwa 1.000 Leute aus den umliegenden Dörfern nahmen daran teil, glücklicherweise verlief alles friedlich. Trotzdem konnten wir einige interessante Entdeckungen machen. In Grab G322 konnte Mohamed erstmals in diesem Jahr die gesamte Unterseite eines Holzsargs freilegen. Särge stellten generell eines der wichtigsten Elemente des ägyptischen Totenrituals dar. Dementsprechend wurden selbst Angehörige unterer Bevölkerungsschichten in einfachen Behältnissen, oft auch nur in Matten gewickelt, bestattet. Während des Neuen Reichs (circa 1500–1100 vor unserer Zeit), der Zeit, in der Amara West besiedelt war, waren die Särge typischerweise anthropoid, also in Körperform, ausgeführt. Sie bestanden aus Holz und waren sowohl außen wie innen mit bemaltem Gips dekoriert. Die Dekoration ist abhängig von der Zeitperiode, sollte jedoch grundsätzlich den Verstorbenen als Mumie repräsentieren. Darüber hinaus befanden sich darauf sowohl Name des Toten als auch zahlreiche Sprüche aus dem altägyptischen Totenbuch, die für das Leben in der Nachwelt wichtig waren. Die Erhaltungsbedingungen in Amara West, insbesondere die Aktivität von Termiten, verhindern leider eine gute Erhaltung der verwendeten Särge. In den meisten Fällen finden wir größere Mengen an Fragmenten von Holz und Gips mit Resten von roter, blauer, schwarzer und gelber Farbe. Wenn größere Teile vorhanden sind, sind sie bisher fast ausschließlich mit geometrischen Mustern dekoriert. Die einzige Ausnahme stellt das 2012 gefundene, fast vollständig erhaltene Gesicht eines Sargdeckels dar. Um die fragilen Holzelemente zu bergen, können wir glücklicherweise auf die Hilfe eines Restaurators des British Museum zurückgreifen. Maickel van Bellegem konserviert die Elemente direkt nach der Freilegung bereits im Grab mit einer speziellen Klebstofflösung. Erst wenn diese vollständig ausgehärtet ist, werden die Holzteile geborgen und ins Grabungshaus transportiert. Dort werden die Fragmente dann von Sandresten gereinigt und die Bemalung freigelegt. Das völlige Fehlen von Inschriften könnte jedoch nicht nur auf den Erhaltungszustand zurückzuführen sein. Auch die Muster sind führenden Sargexperten des British Museum zufolge etwas untypisch beziehungsweise unägyptisch. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass es sich um lokale, nubische Reproduktionen von ägyptischen Vorlagen handelt. Das begegnet uns in Amara West und anderen ägyptischen Kolonialsiedlungen in Nubien immer wieder und ist auch eine der zentralen Fragen des Projekts: Waren es wirklich Ägypter, die hierher siedelten, oder vielmehr Nubier, die wohl Elemente der ägyptischen Kultur übernahmen, aber diese teilweise auch den eigenen Vorlieben anpassten? In dieser Hinsicht sind auch neue Funde aus Grab G321 sehr aufschlussreich. Während Grabbau, Keramik und andere Beigaben vollständig dem ägyptischen Brauchtum entsprechen, gibt es beispielsweise bisher keine Hinweise auf Särge. Im Gegenzug konnten mittlerweile einige Fragmente von hölzernen Totenbetten geborgen werden. Diese stellen ein zentrales Element des nubischen Bestattungsritus dar und waren bereits 1.000 Jahre vor der Besiedlungszeit von Amara West in Gebrauch. Die Skelette der Bewohner von Amara West geben hierzu leider auch wenig Aufschluss, obwohl neue naturwissenschaftliche Methoden theoretisch das Potenzial dazu hätten. Am meisten Hoffnung wurde in den vergangenen Jahren in die Analyse stabiler Strontium-Isotope gesetzt. Diese sind abhängig vom geologischen Untergrund und werden über Wasser und Nahrung in den Körper und damit auch in Knochen und Zähne aufgenommen. Der Strontium-Isotopengehalt kann sich zwischen verschiedenen geografischen Regionen sehr stark unterscheiden. Leider ist die Isotopenverteilung des Niltals sehr komplex und lässt daher nicht unbedingt eine Unterscheidung zwischen Ägypten und Nubien zu. DNA-Analysen sind an den Amara-West-Skeletten ebenfalls nicht möglich, da sich DNA in trocken-heißen Wüstenklimaten nur ausgesprochen schlecht erhält. Sämtliche dahingehenden Versuche sind bisher fehlgeschlagen.
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7Wissenschaft
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Heute um 16.30 Uhr wollen Physiker den Gerüchten ein Ende setzen und über den Stand der Forschung zu Gravitationswellen berichten. Washington/Pisa/Wien – Jetzt heißt es also wieder warten – aber wenigstens nur mehr bis zum späten Nachmittag. Um 16.30 MESZ wollen die Forscher des Gravitationswellen-Observatoriums LIGO (Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory) nämlich allen Gerüchten ein Ende setzen: In einer Pressekonferenz in Washington, D.C. werden sie über die neuesten Entwicklungen ihrer Jagd nach Gravitationswellen informieren. Auch in Pisa, wo sich der französisch-italienische Gravitationswellendetektor VIRGO befindet, und in Hannover am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik gibt es Pressekonferenzen. Gibt es also endlich den sehnlich erwarteten Nachweis der Gravitationswellen, die Albert Einstein aus seiner Relativitätstheorie ableitete? Vieles an der geheimnistuerischen Inszenierung spricht dafür. Doch ob es tatsächlich der Durchbruch ist, der heute verkündet wird, oder nur ein Teilerfolg, ist unklar. Einstein hat vorhergeragt, dass beschleunigte Massen Störungen in der Raumzeit erzeugen, die sich als Welle ausbreiten. Die Wellen sind umso stärker, je mehr Masse ein Körper hat. Vor allem kosmische Großereignisse wie Sternenexplosionen, verschmelzende Doppelsternsysteme oder Schwarze Löcher sollten deutliche Gravitationswellen erzeugen, die den Raum stauchen und strecken. Der indirekte Nachweis gelang bereits in den 1970er-Jahren: Die US-amerikanischen Physiker Russell Hulse und Joseph Taylor konnten anhand eines Doppelsternsystems zeigen, dass die Umlaufbahnen dieser einander umkreisender Massen im Laufe der Zeit immer enger werden und somit Energie verlieren, was exakt der Vorhersage entsprach. Die beiden wurden 1993 dafür mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Doch direkte Nachweise sind ausgesprochen schwierig. Selbst bei kosmischen Großereignissen sind die von den Gravitationswellen verursachten Änderungen der Raumzeit so gering, dass Einstein zweifelte, ob man sie jemals messen könnte. Doch genau das scheint zunehmend greifbar. Sollte heute der historische Durchbruch verkündet werden, wäre das nicht das erste Mal: Schon im März 2014 meldeten Forscher des Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics einen vermeintlichen Erfolg, der jedoch bald darauf buchstäblich zu Staub zerfiel: Mithilfe des am Südpol stationierten Teleskops BICEP2 (Background Imaging of Cosmic Extragalactic Polarization) wollten sie die Signatur von Gravitationswellen aus der Frühphase des Universums gemessen haben. Das wäre der erste direkte Beleg für die inflationäre Ausdehnung des Universums gewesen. Diese Inflationstheorie besagt, dass es unmittelbar nach dem Urknall eine extrem rasche Expansionsphase des Universums gegeben haben muss. In dieser Phase prägten demnach Gravitationswellen der kosmischen Hintergrundstrahlung – also des Echos des Urknalls – ein charakteristisches Muster auf. Doch weitere Untersuchungen zeigten, dass die Forscher in ihrer Analyse den Einfluss von kosmischem Staub unterschätzt hatten, der dieselben Muster erzeugen kann. Knapp ein Jahr später war klar, dass die gemessenen Verzerrungen tatsächlich durch kosmischen Staub in der Milchstraße erzeugt wurden. Wieder also kein Nachweis. Wird nun aber der 11. Februar 2016 in die Physikgeschichte eingehen? Wir hoffen es – und berichten live über alle Neuigkeiten! (red, 11.2.2016)
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Christoph Biró gab in einem Kommentar längst widerlegte Gerüchte über Flüchtlinge wieder. Graz/Wien – Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch hat bei der Staatsanwaltschaft Graz eine Sachverhaltsdarstellung zum umstrittenen Flüchtlings-Kommentar des Chefredakteurs der Steirerkrone eingebracht. Chefredakteur Christoph Biró spricht darin von Plünderungen, sexuellen Übergriffen und Sachbeschädigungen durch Flüchtlinge – Gerüchte, die vor allem in sozialen Medien seit langem kursieren und teils längst widerlegt wurden. Laut SOS Mitmensch sei nun zu prüfen, ob der Kommentar nach dem Strafgesetzbuch als Verhetzung und/oder die wissentliche Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte zu beurteilen sei. Biró hätte in seinem Kommentar Angst und Misstrauen gegen Schutzsuchende geschürt. Für keines dieser Gerüchte gibt es bisher einen Beleg, sagt Alexander Pollak, Sprecher der Organisation, in einer Aussendung. Die steirische Landtagsabgeordnete Sabine Jungwirth (Grüne) verlangt in einem offenen Brief an den Chefredakteur der Steirerkrone die Offenlegung der Quellen seines Kommentars in der Sonntagsausgabe der Zeitung. Biró möge offenlegen, woher er etwa Informationen zu Supermarktplünderungen durch Flüchtlinge habe, was ein Sprecher des Innenministeriums auf derStandard.at dementiert hatte: Wissen Sie mehr als die Polizei und das Innenministerium?.
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6Etat
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Um 20.15 Uhr tastet Hanno Settele in "Que sera, sera! Settele sucht unsere Zukunft ..." künftige Räume ab. Wien – Mit einer Reportagestrecke am Mittwoch verstärkt ORF 1 sein Informationsangebot für junges Zielpublikum: Um 20.15 Uhr tastet Hanno Settele in Que sera, sera! Settele sucht unsere Zukunft ... künftige Räume ab. Um 21.45 Uhr folgt die Reportage Heimat-Verbunden – Durch Krieg und Flucht getrennt. Jürgen Pettinger und Nicole Kampl haben eine zerrissene Familie begleitet – erstmals zeitgleich im Exil im Libanon und in Wien. Zusätzliches Angebot ist ab Mittwoch auf meins.orf.at abrufbar.
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7Wissenschaft
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In der postindustriellen Gesellschaft planen Menschen ständig ihre Freizeit auf der Suche nach dem perfekten Erlebnis. Wien – Spinnräder wären gescheiter als Fahrräder. So wird das junge Mädchen Tusnelda in einem der um 1900 am Theater populären Spinnstücke von ihrer Großmutter belehrt. Als rund sechzig Jahre später die Fünftagewoche eingeführt wurde, diskutierte man sinnvolle Freizeitbeschäftigungen, um des Straßenterrors der Halbstarken Herr zu werden. Heute wiederum kann die Wahl des passenden Freizeitangebotes bereits richtig harte Arbeit sein: Wie man seine Freizeit sinnvoll verbringt, war und ist immer wieder Thema gesellschaftlicher Diskussionen. Wissenschaftlich blieben aber die Schnittstellen und Grenzbereiche zwischen Arbeit und Freizeit gegenüber dem als Gegensatz gedachten Paar Arbeit/Konsum oft unterbelichtet, sagt die Historikerin Reinhild Kreis im Gespräch mit dem STANDARD. Sie organisierte daher gemeinsam mit Josef Ehmer vom Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien die Tagung Ein ungleiches Paar – Arbeit und Freizeit in Industriegesellschaften des 20. Jahrhunderts, die am vergangenen Wochenende stattgefunden hat. Thematisiert wurden zunächst sozialwissenschaftliche Thesen wie der Wandel von der Arbeitsgesellschaft – in der die Arbeit dem Leben Sinn und Struktur gibt – zur Freizeitgesellschaft, vertreten beispielsweise von Andreas Wirsching, dem Leiter des Münchners Instituts für Zeitgeschichte. In seinem Tagungsbeitrag Kollektiver Freizeitpark oder Burnout-Gesellschaften, der im Rahmen der Wiener Vorlesungen stattfand, ging Wirsching von einem fundamentalen Wandel von der industriellen zur postindustriellen Gesellschaft aus: Mit flexibilisierter Arbeit, individualisierten Familienstrukturen, mehr Freizeit und einem stark expandierenden Freizeitsektor. Dieser Freizeitsektor übe einen enormen Sog auf die Menschen aus und bringe sie dazu, laufend die eigene Freizeit und das perfekte Erlebnis zu managen: Das ist zeitraubend und entpolitisierend. Peter Paul Bänzinger von der Universität Basel hingegen argumentierte in seinem Vortrag, dass sich die Konsum- und die Arbeitsgesellschaft eher gleichzeitig und aufeinander bezogen über lange Zeit entwickelt haben. In einem kürzlich erschienenen Artikel plädierte er für Theorien mittlerer Reichweite und – wie auch bereits davor Tagungsorganisator Josef Ehmer – vor allem dafür, sich verschiedene Zeiträume und gesellschaftliche Gruppen gesondert anzusehen. Dieser Anspruch wurde im Rahmen der Tagung eingelöst: Uns haben die Grenz- und Graubereiche interessiert, sagt Historikerin Kreis: beispielsweise Zwangsarbeiter, Ordensschwestern, Militärs oder Ehrenamtliche, die den Besuchern des Hamburger Museums der Arbeit ihre frühere Tätigkeit vorstellen. Da kommt man mit einem bipolaren Begriffspaar Arbeit und Freizeit einfach nicht weiter, fasst Kreis ein Ergebnis der Konferenz zusammen. Auch das Habilitationsprojekt von Kreis, die nun nach einem über ein Lise-Meitner-Stipendium des FWF finanzierten Forschungsjahr in Wien wieder an die Universität Mannheim zurückkehrt, ist in einem solchen Schnittfeld angesiedelt: Selbermachen im Konsumzeitalter – Werte, Ordnungsvorstellungen und Praktiken zwischen den 1890er- und den 1980er-Jahren. Der Begriff des Selbermachens verweise darauf, dass es Alternativen des Konsums geben müsse, andererseits aber auch auf das Machen des Selbst. Spinnen wie Heimwerken stellen Tätigkeiten dar, bei denen man an das Haus gebunden ist, und sind demnach auch eine attraktive Form der Beaufsichtigung und Kontrolle, sagte Kreis in ihrem Vortrag. Diskurse über das Selbermachen haben ihr zufolge vor allem in Umbruchzeiten Konjunktur: So sei im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts die Bewegung zur Förderung der Knabenhandarbeit – sprich: des Werkens – entstanden, rund um die Einführung der Fünftagewoche wurde die Heimwerkerbewegung populär. Eine wichtige Funktion spielt auch der Markt, denn Selbermachen bedingt zunächst viel Konsum – man denke an Nähmaschinen, teure Wolle oder Werkzeuge. Gleichzeitig gehen aber Menschen auch höchst individuell an das Selbermachen heran, es kann abseits von Kontrolle und Konsum um Empowerment, Protest oder Emanzipation gehen. Dass sich das Selbst über Freizeitaktivitäten immer wieder neu erfinden muss, ist laut Wirschnig eben auch ein Merkmal der Konsumgesellschaft. Dadurch entstehe jedoch auch Druck, argumentiert der Historiker aus München: Keine neuen Freiheiten ohne neue Belastungen. Heute werde man sowohl in der Freizeit als auch in der Arbeit unter Druck gesetzt, seine Zeit sinnvoll zu verbringen und die (neoliberal gesehen) richtige Wahl zu treffen. Dieser Druck könne zu Sucht (als Flucht), Burnout oder Depression führen, wenn das Alles-ist-möglich ins Nichts-ist-möglich kippt. Tusnelda traf, wenn auch wahrscheinlich nur in dem erwähnten Spinnstück, ihre Wahl: Sie blieb zu Hause und lernte spinnen. Heute gibt es weniger Druck der Großmütter und mehr Auswahl, doch es gilt nach wie vor – oder auch ganz neu? – die Devise der Betriebsamkeit: Es gibt immer was zu tun.
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8Kultur
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Marvin und Ruth Sackner präsentieren in ihrem Buch Beispiele herausragender Vertreter der Typewriter-Art. Jerry Lewis gelang es seinerzeit in einem knapp einminütigen Sketch der Schreibmaschine ein Denkmal zu setzen. In seinem cineastischen Kleinod fusionierte er das Klappern, Klingeln und Rattern einer analogen Schreibmaschine zu einer Symphonie, geformt aus Bewegung, Mimik, Geräuschkulisse, Musik und Komik. Das präzise, melodiöse Klack-klack der Hebel und Arme, welche die Typen und Buchstaben konzentrisch zu Papier brachten, formte Buchstaben zu Worten, Sätzen und Seiten. Ob Richard Kostelanetz eingedenk dieses komödiantischen Lobliedes zu Werke ging, als er die Kunstsparte Typewriter-Art erfand, ist nicht überliefert. Fest steht, dass er (und viele Mitstreiter) mit ihrer Kunst der analogen Welt ein Denkmal gesetzt haben. Er definierte concrete poetry als Poesie aus verbildlichten Wörtern oder in Worten gefassten Bildern. Alles klar? In Wahrheit sind es Bilder, die mithilfe von Schreibmaschinen entstanden. Buchstaben, Worte, Wortbilder, Muster, Wiederholungen, Überschreibungen, Übermalungen, Bilder, Collagen etc. Das Archiv von Marvin und Ruth Sackner umfasst zehntausende Werke, von dekorativen Anfängen, Lautgedichten des Dadaismus, konkreten Gedichten der 1960er-Jahre bis zu zeitgenössischen Arbeiten, welche das Unikat eines individuell getippten Blatts im digitalen Zeitalter unterstreichen.
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3Wirtschaft
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BIP wuchs im dritten Quartal nur um 6,9 Prozent, schwache Konjunktur hatte sich bereits angekündigt. Peking – Chinas Wachstum hat sich im dritten Quartal erneut verlangsamt. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs in den vergangenen drei Monaten nur noch um 6,9 Prozent, gab das chinesische Statistikamt am Montag bekannt. Damit legte das Wachstum so langsam zu wie seit sechs Jahren nicht mehr. Die erneut schwachen Zahlen hatten sich in den vergangenen Wochen angekündigt, nachdem China mehrfach düstere Konjunkturdaten vorgelegt hatte. Im September waren die Exporte um 8,8 Prozent eingebrochen, die Importe sanken sogar um 17,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat – ein Zeichen, dass die Geschäfte auch für europäische Unternehmen in China nicht gut laufen. Zunehmend schwierig wird es für China nun, bis Jahresende das angestrebte Wachstumsziel von rund sieben Prozent zu erreichen. Im Vorquartal hatte das Wachstum noch genau sieben Prozent betragen. Allerdings rechnen Analysten damit, dass das BIP im letzten Quartal des Jahres wieder leicht anzieht, weil die Regierung Konjunkturhilfen beschlossen hat, die erst dann Wirkung zeigen werden. Im vergangenen Jahr war China um 7,4 Prozent gewachsen – so langsam wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Chinas Führung hatte bereits am Wochenende vor übertriebenen Erwartungen gewarnt. Wir machen uns Sorgen um die chinesische Wirtschaft, sagte Präsident Xi Jinping in einem Reuters-Interview. Ministerpräsident Li Keqiang sprach von Schwierigkeiten, das Wachstumsziel zu erfüllen. Der für 2015 angepeilte BIP-Anstieg sei angesichts der globalen Abkühlung nicht einfach zu erreichen.
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7Wissenschaft
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Im Nachkriegsösterreich wurde spioniert, was das Zeug hielt: Die US-Alliierten etwa bedienten sich ehemaliger Nazis, um mögliche Invasionspläne der Roten Armee auszuspähen. Als die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich 1947 einem Schleichhändlerring auf die Schliche kam, ahnte wohl keiner der Ermittler, dass man alsbald in einem nachrichtendienstlichen Sumpf feststecken würde. Ursprüngliche Intention der polizeilichen Aktion Sacher war, den Schmuggel mit Mangelwaren, vorwiegend mit Saccharin und Kokain, zu beenden. Im Zuge der Ermittlungen ergab sich freilich, dass die Hintermänner der Schleichhändler ehemalige Nationalsozialisten waren, die sich mit gefälschten Personalpapieren versteckt hielten. Zwei der führenden Köpfe der Schmugglerbande, Hugo Rößner und Theodor Soucek, standen sogar direkt unter der Protektion des Counterintelligence Corps (CIC), das überhaupt rege Kontakte zu den wichtigen Akteuren der Rößner-Gruppe unterhalten hatte. Rößner, früher SA-Mitglied, und der Grazer Kaufmann Soucek, der auch in den 1950er-Jahren noch als notorischer Rechtsextremer auftrat, wurden vom CIC auch dann noch protegiert, als bereits gegen sie ermittelt wurde. Der Hauptgrund hierfür sei die betont antikommunistische Ausrichtung der ,Ehemaligen, die sie als Beschaffer von nachrichtendienstlichen Informationen und als Personalreserve im Falle einer Invasion der Roten Armee interessant machte. Das schreibt der Zeithistoriker Thomas Riegler in der Juli-Ausgabe des Journals der Österreichischen Gesellschaft für Geheimdienst, Propaganda und Sicherheitsstudien (JIPSS) an der Karl-Franzens-Universität Graz. Riegler stützt sich in seinem Artikel primär auf staatspolizeiliche Unterlagen im Österreichischen Staatsarchiv, die, auf vier Boxen aufgeteilt, den gesamten Polizeiakt der Aktion Sacher beinhalten. Die Querverbindungen, die darin zwischen den alten Nazis und den alliierten Westmächten sichtbar werden, sind mannigfaltig und zeigen das in vier Besatzungszonen aufgeteilte Nachkriegsösterreich als Basar für Informationshandel in einem politischen Klima, das permanent aufgeladen war durch Paranoia, Spannungen und latente Kriegsangst. In dieser Dritte Mann-Stimmung in der Frühphase des Kalten Kriegs wurde offenbar mit jedem geklüngelt, der verhieß, nützliche Informationen über den Gegner liefern zu können. Der US-Nachrichtendienst hatte noch in den 1940er-Jahren – auf dem Papier – ein stay behind-Programm entwickelt, das die Herausbildung paramilitärischer Strukturen im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Ost und West befürwortete. Nach einer Invasion der Roten Armee in Österreich sollten Partisanennetze tätig werden – und dafür erschienen den Amerikanern die Ehemaligen gerade recht. Denn die Führung eines Guerilla- und Bandenkriegs war auch eine der zentralen Überlegungen der NS-Untergrundbewegungen, etwa auch des ehemaligen SS-Hauptsturmführers Otto von Bolschwing, der für die US-Auftraggeber gleich zehn Informantennetzwerke in Österreich aufbaute. Auf Bolschwings Informantenliste fanden sich auch prominente Namen – etwa der verstorbene langjährige Presse-Chefredakteur Otto Schulmeister. Die ehemaligen Nazis einte mit den Westalliierten, dass beide Seiten um jeden Preis eine kommunistische Machtübernahme in Österreich verhindern wollten. Vor allem Souceks und Rößners Organisationen – Letztere tarnte sich als Alpensportverein Edelweiß – hatten potente Helfer innerhalb der Besatzungsbürokratie und bei den Betreuungsstellen für Kriegsheimkehrer, die SPÖ und ÖVP errichtet haben. Dort traf Soucek auch auf den späteren Innen- und Verteidigungsminister Otto Rösch (SPÖ), der ihm Blankoformulare und Pässe besorgte. Einer der bekanntesten Zuträger des CIC in Österreich war Wilhelm Höttl, ehemals SS-Obersturmbannführer und Referent im Auslandssicherheitsdienst des NS-Regimes. Höttl machte nach dem Krieg eine erstaunliche Karriere: Der studierte Historiker gründete das Privatrealgymnasium in Bad Aussee, arbeitete als Autor und spionierte, mit Spezialgebiet Ungarn und Balkan, für verschiedene Geheimdienste. Schon 1948 führte Höttl im Auftrag des CIC ein großangelegtes Spionageunternehmen durch: Er installierte mit zwei Ex-Waffen-SSlern zwei Spionagenetzwerke in Osteuropa unter den Codenamen Montgomery und Mount Vernon. In seinen Memoiren pflegte der 1999 verstorbene Höttl angenehme Erinnerungen an die US-Auftraggeber. Er beschrieb ein Treffen mit CIC-Salzburg-Chef Edward Prix in Salzburg, der ihn, Höttl, fragte, ob mein Angebot, das von mir geschaffene Invasionsnetz in Osteuropa den Amerikanern zur Verfügung zu stellen, noch stehe. Im Gegenzug soll Prix versprochen haben, alle in Frage kommenden Mitarbeiter zu decken, auch wenn sie hohe Nazis waren. Das gegenseitige Misstrauen der alliierten Mächte zog sich quer durch Europa. Schon 1945 versuchten die Westalliierten, Informationen aus den sowjetisch besetzten Gebieten Europas zu bekommen. In Italien etwa wurde unter US-Kommando ein Stab für Balkanfragen aktiv, der ein unauffälliges, aber sehr effizientes Netzwerk aus ehemaligen ungarischen Unabhängigkeitskämpfern, Jesuiten und Exdiplomaten gründete, wie US-Historiker Duncan Bare im JIPSS-Journal schreibt. In Österreich erwiesen sich die Ehemaligen auf Dauer als wenig zuverlässige Informationszuträger. Die Amerikaner kamen etwa dahinter, dass Höttls Netzwerk hauptsächlich aus Zeitungen abschrieb. Dennoch behinderten die Amerikaner die Ermittlungen der österreichischen Behörden gegen die drei nach Kräften und setzten ihre Verbindungen ein, um die Belasteten möglichst zu schonen – und nicht selbst in peinliche Erklärungsnot zu kommen. Der Nachrichtenbazar, den die Alliierten im Nachkriegsösterreich mithilfe der alten Nazis etablierten, stellte jedenfalls eine massive subversive Bedrohung für die junge Demokratie dar, sagt Historiker Riegler zum STANDARD. Die undurchsichtige Rolle des späteren Ministers Rösch und die Verbindungen der NS-Untergrundbewegungen zu politischen Parteien zeigen die Unzulänglichkeiten des jungen Österreich bei der Entnazifizierung.
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3Wirtschaft
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Die geplante Verpfändung der Forderungen aus Wohnbaudarlehen an den Bund bringt auch Heta-Gläubiger in Stellung. Sie fürchten eine "Benachteiligung". Wien – Der Beschluss der Kärntner Landesregierung, Forderungen aus Wohnbauförderungsdarlehen an den Bund zu verpfänden, als Sicherstellung für einen 352-Millionen-Euro-Kredit, sorgt bei Gläubigern des Landes und der Heta für Unruhe. Die Regierung hat den Beschluss, wie berichtet, am Dienstag gefällt, der Landtag hat aber noch nicht entschieden. Gläubiger argumentieren nun säbelrasselnd, das Vorhaben widerspreche Vereinbarungen, die das Land Kärnten bei der Begebung von (nicht besicherten) Anleihen getroffen habe. Darin hat sich das Land, salopp gesprochen, verpflichtet, die Anleihe dann mit Sicherheiten zu versehen, wenn sie das auch bei neuen Geldbeschaffungsaktionen tun sollte. Es geht also um die Gleichbehandlung von Gläubigern. Als Beispiel dient eine 100-Millionen-Franken-Anleihe von Juli 2012, die bis Juli 2017 läuft. In der im Prospekt angeführten Negativklausel ist festgehalten, dass sich der Emittent verpflichtet, bis zur Rückzahlung der Anleihe keine anderen Anleihen ... mit Sicherheiten auszustatten, ohne die Obligationen dieser Anleihe ... mit gleichen oder ... gleichwertigen Sicherheiten zu versehen. Sollte es zur Verpfändung der Forderungen aus den Wohnbaudarlehen kommen, würde das Land gegen diese Klausel verstoßen, argumentieren nun Kärnten-Financiers. Der Sprecher der Heta-Gläubigerschutzgemeinschaft Teutonia, Urs Fähndrich, geht davon aus, dass die Geldgeber in dem Fall Klagen bzw. Strafanzeigen einbringen müssten. Kärnten könne nicht auf der einen Seite seinen Gläubigern sagen, es habe kein Vermögen anzubieten und auf der anderen Seite einem Geldgeber (in dem Fall der staatlichen Öbfa) Vermögen verpfänden, das der Befriedigung aller Gläubiger diene: Das brächte eine verbotene Benachteiligung mit sich, sagt Fähndrich. Die Organe der betroffenen Kärnten-Financiers (Vorstand, Aufsichtsrat) müssten in dem Fall handeln und die Politiker zur Rechenschaft ziehen. Die Gläubigergruppe Teutonia bereite jedenfalls bereits rechtliche Schritte vor, so ihr Sprecher. Er gehe aber davon aus, dass das Land all das wisse und seine juristischen Verpflichtungen einhalten werde. In Kärnten betont man, genau das sei der Fall. Bund und Land würden die Bedingungen für Kreditaufnahmen genau prüfen und alle Vorgaben einhalten. Das Thema Wohnbaudarlehen ist aber auch besonders neuralgisch: Die Forderungen daraus ordnet Kärntens Regierung jenem Vermögen zu, das man nicht zu Geld machen könne. (Renate Graber, 26.3.2016)
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7Wissenschaft
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Portugiesische Forscher glauben nach Versuchen, dass akustische Impulse die Ursache der Synchronisierung sind. London – Physikern könnte die Lösung eines mehr als 350 Jahre alten Problems gelungen sein, vor dem bereits der Miterfinder der Pendeluhr, Christian Huygens, im 17. Jahrhundert stand: Wie kommt es, dass zwei Pendeluhren, die von der Decke oder an der Wand hängen, langsam aber sicher synchron zu schwingen beginnen? Die beiden portugiesischen Physiker Henrique Oliveira und Luís Melo (Uni Lissabon) präsentieren nun im Fachmagazin Scientific Reports eine Antwort, bei der das Stichwort Gleichklang heißt: Laut ihren Analysen sowohl in Theorie wie auch experimenteller Praxis sorgen die akustischen Impulse der Pendel für die allmähliche Synchronisierung.
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3Wirtschaft
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Keine Angabe zu Kaufpreis, Closing im vierten Quartal erwartet – Bawag will mit Übernahme im Kerngeschäft weiter wachsen. Wien – Die ÖVAG-Abbaugesellschaft Immigon verkauft die VB Leasing Finanzierungsgesellschaft an die Bawag PSK Leasing. Das Signing erfolgte am 12. August, teilte Immigon am Mittwochabend mit. Das Closing werde – vorbehaltlich Erfüllung vertraglicher Voraussetzungen inklusive der Zustimmung der zuständigen Behörden – voraussichtlich im vierten Quartal 2015 erfolgen. Die VB Leasing Finanzierungsgesellschaft-Gruppe hatte per Ende Juni Kundenforderungen in Höhe von 653 Millionen Euro. Die Bawag Leasing übernimmt mit den Anteilen auch die gesamte Refinanzierung. Über den Kaufpreis und weitere Details der Transaktion sei Stillschweigen vereinbart worden, hieß es in der Mitteilung. Die Übernahme sei Teil der Strategie der Bawag, im Kerngeschäft Retail Banking and Small Business in Österreich zu wachsen, so die Bank in einer Aussendung. Die VB Leasing bringe ein breit aufgestelltes Netz an Kfz-Händlern, die Erweiterung des Produktportfolios sowie ein Team an Branchenexperten ein.
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2International
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Medienberichte bestätigt – Kein offizielles Bekenntnis. Istanbul – Die Türkei macht die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) für den Selbstmordanschlag von Istanbul verantwortlich. Innenminister Efkan Ala erklärte am Sonntag, bei dem Attentäter handle es sich um einen 1992 geborenen Mann aus dem Süden des Landes, der Mitglied des IS gewesen sei. Die Regierung in Ankara hatte zuvor auch die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK als möglichen Urheber genannt. Nach dem Anschlag, bei dem der Attentäter vier Menschen mit in den Tod riss, verbot die Regierung in mehreren Städten die geplanten Feiern zum kurdischen Neujahrsfest Newroz. Zudem wurden die Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land erhöht. Nach Angaben der Regierung in Jerusalem kamen bei dem Anschlag in der Einkaufsstraße Istiklal drei Israelis ums Leben. Zwei von ihnen hatten demnach zudem die US-Staatsbürgerschaft. Den türkischen Behörden zufolge war das vierte Todesopfer ein Iraner. Unter den 36 Verletzten waren ebenfalls zahlreiche Ausländer. Österreicher sind nach Angaben des Außenministeriums keine darunter. Der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), der mit seiner Frau den Urlaub in Istanbul verbringt, entging nach eigenen Angaben nur knapp dem Anschlag. Sie wären zum Zeitpunkt des Anschlags in der Einkaufsstraße gewesen, wenn sie auf dem Weg dorthin nicht eine Kaffeepause eingelegt hätten, sagte Schaden. Der Selbstmordattentäter soll nach Darstellung eines Regierungsmitarbeiters ursprünglich ein anderes Ziel gehabt haben. Demnach wollte er den Sprengsatz an einem belebteren Ort zur Explosion bringen, wurde aber von der Polizei abgeschreckt und zündete dann in Panik die Bombe. Im Zusammenhang mit dem Anschlag seien zunächst fünf Menschen festgenommen worden, erklärte Ala. Er kündigte Ausgangssperren in sieben Provinzen an. Angesichts des Attentats würden auch alle Sicherheitsmaßnahmen auf den Prüfstand gestellt, sagte der Minister weiter. Türkische Internet-Nutzer berichteten von Schwierigkeiten, Facebook und Twitter aufzurufen. Die Behörden haben nach früheren Anschlägen bereits den Zugang zu Internet-Netzwerken blockiert, weil dort Bilder der Angriffe veröffentlicht wurden. Der Anschlag in Istanbul ist der vierte seiner Art in der Türkei seit Jahresbeginn. Vor einer Woche waren bei einem Selbstmordattentat in Ankara 37 Menschen getötet worden. Im Februar starben ebenfalls in der Hauptstadt bei einem ähnlichen Anschlag 29 Menschen. Kurdische Extremisten haben sich zu beiden Angriffen bekannt. Im Jänner hatte ein Selbstmordattentäter zehn Menschen im historischen Zentrum Istanbuls getötet, die meisten von ihnen Deutsche. In diesem Fall machte die türkische Regierung den IS für den Anschlag verantwortlich. Die Türkei sieht sich gegenwärtig mit mehreren Bedrohungen konfrontiert. Als Teil einer US-geführten Allianz kämpft sie in den Nachbarstaaten Syrien und Irak gegen den IS. Zudem sind im Süden des Landes die schwersten Kämpfe gegen die PKK seit den 1990er Jahren wieder aufgeflammt. (APA, 20.3.2016)
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7Wissenschaft
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Österreichische Forscher untersuchten die Bildung turbulenter Flecken in Fließsystemen. Klosterneuburg – Im Fachjournal Nature ist eine österreichische Studie zur Entstehung lästiger bis gefährlicher Turbulenzen erschienen. Ein Team um Björn Hof vom Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg konnte erstmals berechnen, wie stark die Wirbel in einem Fließsystem bei bestimmten Geschwindigkeiten auftreten. Bei niedrigen Fließgeschwindigkeiten ist die Strömung oberhalb von Tragflächen oder in Rohren stets ruhig und geradlinig (laminar), so als ob dünne Schichten von Luft oder Flüssigkeit übereinander gleiten. Wird sie schneller, zeigen sich lokal die ersten Anzeichen von Wirbeln und sogenannte turbulente Flecken entstehen, erklärt Hof. Diese turbulenten Flecken bewegen sich als lokale Fronten mit gleichbleibender Größe durch das System, sagte er. Das selbe Phänomen gäbe es auch bei Nervenfasern, durch die elektrische Erregungsreize (Aktionspotenziale) fließen, und als wandernde Anregungs-Wellen im Herzgewebe. Doch diese würden im Gegensatz zu den turbulenten Flecken in Fließströmungen nicht weiter zunehmen. Die turbulenten Flecken breiten sich nämlich mit steigender Geschwindigkeit aggressiv aus, bis alle gleichförmigen Bereiche ausgelöscht sind und die gesamte Flüssigkeit oder das Gas verwirbelt sind, schrieben die Forscher in der Studie. Dann sei die Strömung voll turbulent. Die Klosterneuburger Forscher untersuchten das Phänomen in Fließexperimenten sowie Computersimulationen und konnten schließlich ein mathematisches Modell erstellen, mit dem man berechnen kann, welcher Zustand bei welcher Strömungsgeschwindigkeit auftritt. Der Schlüssel zur Lösung des Problems war, dass man eine Strömung als bistabiles System mit gleichförmigem und turbulentem Fluss als zwei stabile Zustände auffassen muss, erklärten die Wissenschafter. Eine entscheidende Rolle spielen auch die Fronten, die an den Grenzflächen zwischen laminaren und turbulenten Bereichen auftreten. Eine praktische Anwendung dieser Erkenntnisse gäbe es bei Ölpipelines. Bei diesen verursachten Reibungsverluste durch Turbulenzen weltweit Pumpkosten von Milliarden Euro. Eine Umwandlung in eine laminare Strömung könnte den Reibungswiderstand um circa 90 Prozent verringern und würde damit enorme Energieeinsparungen bringen, meint Hof. (APA, red, 26. 10. 2015)
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7Wissenschaft
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Der Soziologe und Kulturanthropologe Andreas Obrecht hat eine lehrreiche Abenteuerreise durch den gegenwärtigen Wissenskosmos unternommen.. Jeden Herbst pilgern tausende junge Menschen in die Hochschulen, um als Mitglied dieser Wissensindustrie vom Zauberlehrling zum Meister oder gar zum Hohepriester (Professor) mit absoluter Deutungsmacht aufzusteigen. Davor liegt die Hürde der sinnvollen Entscheidung für die richtige Richtung, denn nach der Prägung durch die schulische Behütungs-, Normierungs- und Disziplinierungsindustrie erweist sich die Vielfalt der Studienmöglichkeiten als nicht zu unterschätzende Herausforderung. Sobald sie endlich einmal inskribiert sind, wird den Erstsemestrigen versichert, ihr Schulwissen sei veraltet und das zu bewältigende Universitätswissen bis Studienende überholt. Wozu dann Jahre hinter Schulbänken kauern, wenn am Ende statt der Aussicht auf ein erfolgreiches Leben der Zwang zu weiterem Lernen steht? Auf einem allgemeineren Niveau stellen sich weitere wichtige Fragen: Gibt es überhaupt sinnvolles Wissen? Und woran bemisst sich dieses? An Entscheidungen des Nobelpreiskomitees? An Publikationsindizes? An der Zahl entdeckter schwarzer Löcher oder verbesserter Nuklearsprengköpfe? Mit solchen Fragen hat sich der Kulturanthropologe und ORF-Ö1-Moderator Andreas J. Obrecht gleichsam an eine Vermessung des gesamten bekannten Universums herangewagt. Auf seiner philosophisch-literarischen Odyssee auf den Spuren von Geistesgrößen wie Galileo Galilei, Alexander von Humboldt, Charles Darwin oder Ivan Illich und Stephen Hawking geleitet Obrecht seine Leser durch den Kosmos beherrschender Wissenssphären, von Astro- und Kernphysik, Evolutions- und Hirntheorie, Globalisierungs- und Chaosforschung. Ihren Ausgangspunkt nimmt diese Abenteuerreise in den Grenzgebieten unserer modernen Welt, wo trotz Jahrzehnten einer wissenschaftsbasierten Entwicklungspolitik der Erfolg ausbleibt. Hier sterben täglich 20.000 Kinder an schmutzigem Wasser und flüchten 100 Millionen vor Hunger und Krieg. Persönlich konfrontiert mit solch beschämenden Erfahrungen im Rahmen zahlloser Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um den Globus sucht der habilitierte Soziologe nach Antworten, warum es wenigen immer besser gehe, den meisten aber immer schlechter, wofür der wissende Westen die wachsenden Probleme wie Klimakollaps, Ozeanvergiftung, Waldvernichtung und Verelendung hinzunehmen scheint. Die Antwort ist für den Autor erschreckend einfach, aber tragisch paradox: Wir machen alles richtig – gemäß unseren Antworten von gestern, während die Probleme längst von morgen sind. Eine Ursache dieses Teufelskreises liege in unserer Forschungskultur, die weitgehend von der Konkurrenz um Projektgelder, Ansehen und Einfluss geprägt ist. Als Ausweg aus dieser unbefriedigenden Situation plädiert Obrecht für kooperatives Forschen und Lernen, das sich an lebensweltlichen Problemen orientiere. Dies würde aber von Wissenschaftern erfordern, sich den in der Wissenschaftswelt herrschenden Zwängen zu widersetzen und somit auf Karrierechancen zu verzichten. Einblicke in die vielschichtigen Folgen eines solchen Verzichts erlaubt der Autor mit amüsanten autobiografischen Exkursen, die dem 480 Seiten schweren Opus magnum eine erfrischende Leichtigkeit verleihen. So forschte der Wissensrebell in den frühen 90er-Jahren auf eigene Faust nach alternativen Antworten in außereuropäischen Lebenswelten, etwa bei Zauberern in der Karibik oder bei Stammeskriegern im Hochland von Papua Neuguinea. In diesen vormodernen Kulturen wurde über Generationen sinnvolles Wissen als hilfreiche Technik zur Bewältigung einer dauerhaften Lebenswelt verstanden. Zeit galt dort als Kreislauf, wodurch sich die Welt wiederkehrend erneuert. Vorkommnisse wurden nicht als zufällig interpretiert, sondern als sinnvolle Erscheinungen notwendiger überirdischer Zusammenhänge, deren Offenbarung den Magiern, gleichsam vorwestlichen Wissenschaftern, oblag. Wer eine solche ganzheitliche Kultur verlässt, um sich einer modernen, pulsierenden Stadt anzuschließen, unterwirft sich einer von Uhren und unerklärlichen Zufällen beherrschten Welt, in der die alten, sinnstiftenden Götter für immer verstummen. Hier wird der einstige Stammeskrieger unumkehrbar zum modernen Wissensmigranten zwischen dynamischen, um Vormachtstellung konkurrierenden Wissenswelten. Diesem Schicksal unterliegen alle Angehörigen der modernen Welt, ob assimilierter Kopfjäger, Studentin, Finanzminister oder Wissenssoziologe. Dies mag erklären, warum dem Autor die elegante Verknüpfung der durchwanderten, hochkomplexen Wissensbereiche zu eindeutigen Schlüssen mit bestechender Überzeugungskraft gelingt, während seine abschließenden Lösungsvorschläge grundlegende Fragen aufwerfen. Denn auf eine fundamentale Transformation des menschlichen Denkens hin zu globaler Kooperation und nachhaltiger Lösungsorientierung zu hoffen, ist zwar menschlich, widerspricht aber systemischen Erklärungsansätzen über den Wandel von Verhaltensmustern, wonach veränderte Rahmenbedingungen unverzichtbar wären. Wer aber sollte diese Rahmenbedingungen verändern und nach welchem richtigen Wissen, wenn wir alle Teil dieses Systems sind? Wie es scheint, gibt es aus dem forschenden Suchprozess der Moderne vorerst noch keinen Ausweg.
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7Wissenschaft
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Fledermäuse sind von vielen Krankheitserregern, die andere Säugetiere befallen, nicht betroffen. Berlin – Bei der Abwehr eindringender Krankheitserreger unterscheiden sich Fledermäuse offenbar von anderen Säugetieren. Eine aktuelle Studie könnte erklären, weshalb die Tiere kaum unter Erregern leiden, die bei anderen Säugern schwerwiegende Krankheiten bis hin zum Tod verursachen. Die Ergebnisse des internationalen Forscherteams wurden in Molecular Ecology veröffentlicht. Um den Immunkräften der Fledermäuse auf die Spur zu kommen, haben die Forscher die Struktur bestimmter Immunrezeptoren, den sogenannten Toll-like Rezeptoren (TLRs), bei verschiedenen Fledermausspezies charakterisiert. Beim Vergleich mit den Rezeptoren anderer Säugetiere entdeckten sie, dass die der Fledermäuse einzigartige Veränderungen aufweisen. Dies beeinflusst womöglich die Funktion des Immunsystems, bestimmte Krankheitserreger zu erkennen und folglich abwehren zu können. TLRs sind eine Gruppe von Rezeptoren des angeborenen Immunsystems. Sie gelten als erste Abwehrlinie gegen eindringende Krankheitserreger und erkennen eine breite Palette an Pathogen-assoziierten molekularen Signaturen. Aus evolutionärer Sicht sind TLRs sehr interessant, da sich ihre Eigenschaften bei verschiedenen Arten in Abhängigkeit von der Umwelt, in der sie leben und den darin befindlichen Erregern, unterscheiden. Fledermäuse zeigen einzigartige Merkmale unter den Säugetieren, wie zum Beispiel ihre Fähigkeit zu fliegen. Zusätzlich haben die verschiedenen Arten eine außergewöhnliche Bandbreite, was ihre Nahrung angeht – ein Resultat ihrer Anpassungen an verschiedene Umwelten und ökologische Nischen, sagte Erstautorin Marina Escalera vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW). Diese Nischen haben ebenfalls spezifische Zusammensetzungen verschiedener Erreger, welche vermutlich die Entwicklung der TLRs in der Ordnung der Fledermäuse geprägt haben. Angesichts der besonderen Anpassungen von Fledermäusen gingen die Forscher davon aus, dass sich ihre TLRs von denen anderer Säugtiere unterscheiden müssten. Tatsächlich fanden sie Mutationen mit Auswirkungen auf die Mechanismen, mit denen die Rezeptoren Pathogene erkennen. Obwohl Fledermäuse selbst als Überträger verschiedener Krankheitserreger bekannt sind, wurde die genetische Variabilität ihres Immunsystems bisher wenig erforscht.
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5Inland
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Einstellung des Verfahrens gegen rechte Monatszeitschrift sorgt für Empörung. Grüner Harald Walser brachte nun parlamentarische Anfrage ein.. Graz – Die Einstellung eines Verfahrens gegen die FPÖ-nahe Monatszeitschrift Aula durch die Staatsanwaltschaft Graz sorgt für Aufregung. Der grüne Parlamentarier Harald Walser hatte wegen eines Artikels mit dem Titel Mauthausen-Befreite als Massenmörder des Aula-Autors Manfred Duswald Anzeige erstattet. Duswald bezeichnete darin 1945 aus dem KZ Mauthausen befreite Häftlinge als Landplage und Kriminelle, die raubend und plündernd, mordend und schändend das unter der Befreiung leidende Land plagten. Die Grazer Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen Duswald und den Aula-Herausgeber Martin Pfeiffer nun ein. Die Begründung: Es sei nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer Tausend Menschen aus dem Konzentrationslager Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs darstellte. Weiters heißt es, dass sich unbestritten unter den KZ-Häftlingen Rechtsbrecher befanden. Anlass für den Artikel war eine Buchrezension. Doch auch die Autorin des rezensierten Buches distanzierte sich von der Besprechung in der Aula. Duswald ist Mitglied bzw. alter Herr der vom deutschen Verfassungsschutz seit Jahren als rechtsextrem eingestuften Burschenschaft Danubia München. Laut Christian Becker, Betreiber des Blogs Ein Burschenschafter packt aus, gibt es in Deutschland überhaupt nur vier Burschenschaften, auf die der Verfassungsschutz ein Auge hat. Duswald fällt etwa dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) seit Jahren durch revisionistische, NS-relativierende Artikel auf. Walser stellte nun eine parlamentarische Anfrage an Justizminister Wolfgang Brandstetter, in der er etwa wissen will, ob man für die Begründung Gutachter herangezogen habe oder die betroffene Staatsanwältin eine historische Expertise habe. Angeführt werde in der Begründung nämlich nur, dass man das Wort Landplage im Duden nachgeschlagen habe. Der Historiker und Lager-Experte Bertrand Perz nennt die Begründung in einem Interview mit der Zeit im Bild naiv oder zumindest von wenig Kenntnis getragen und äußerst tendenziös. Zudem setze die Staatsanwaltschaft hier eigentlich die NS-Propaganda fort. Da der Fall berichtspflichtig war, wurde er auch im Justizministerium durch gewunken. Von der Staatsanwaltschaft Graz hieß es am Sonntag, man werde vor der fristgerechten Beantwortung durch den Minister keinen Kommentar abgeben. Auch seitens des Justizministerium will man die Causa auf STANDARD-Nachfrage nicht kommentieren.
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7Wissenschaft
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Ungleiche gleich zu behandeln kann neue Ungleichheit schaffen, sagt Andrea D. Bührmann. Die Diversitätsforscherin über relativ freie Entscheidungen, Sozialisation und wie das eine vom anderen unterscheidbar wird. Wien – Wie soll mit Ungleichheit umgegangen werden? Diese Frage stellte am Mittwoch die Eröffnungsdiskussion zum Start einer neuen Veranstaltungsreihe der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), die sich mit Entwicklungen in der Gender- und Diversitätsforschung auseinandersetzen wird. Zum Auftakt diskutierte Andrea D. Bührmann, Direktorin des Instituts für Diversitätsforschung in Göttingen, mit anderen Expertinnen der Genderforschung. STANDARD: Die neue Diskussionsreihe beschäftigt sich mit Diversitäts- und Genderforschung. Über Letztere wird oft die Meinung geäußert, sie entspreche keinen wissenschaftlichen Standards. Woran liegt das? Bührmann: Diese Kritik gibt und gab es nicht nur gegenüber den Gender Studies. Immer, wenn sich neue Wissenschaften etablieren und formieren, sagen andere, die schon da sind: Das ist ja gar keine Wissenschaft. Die Frage ist doch, wer legt die Standards von Wissenschat fest? Den wissenschaftlichen Standards nicht genügen heißt meist, dass sie den naturwissenschaftlichen Standards nicht genügen, ein naturwissenschaftliches Modell wird also an andere Disziplinen angelegt. Doch es geht etwa der Theologie gar nicht darum, repräsentative Studien durchzuführen. Ich denke, dass dieser Konflikt um die Wissenschaftlichkeit letztlich dazu benutzt wird, etwas anderes zu thematisieren. STANDARD: Und zwar? Bührmann: Wir müssen uns ansehen: Was genau wird als nicht geltend unterstellt? Das ist die macht- und gesellschaftstheoretische Frage dahinter. Und es geht darum, bestimmte Privilegierungen nicht thematisieren zu müssen. Geschlechterforschung kümmert sich in der Regel um Diskriminierung und Privilegierungen in den Geschlechterverhältnissen, und man findet sehr oft heraus, dass Frauen und transidente Menschen diskriminiert werden. Es geht meines Erachtens vor allem darum, solche Forschungsergebnisse zu diskreditieren. Damit will ich nicht sagen, dass man keine methodologische Diskussion darüber führen kann, was Geschlechterforschung eigentlich ist. Aber diese Diskussion ist sicher nicht das im Zentrum stehende Diskursmotiv der Kritik an den Gender Studies. STANDARD: Ungleichheit/Gleichheit ist ein komplexes Thema: auf der einen Seite die Frage, wie Gleichstellung aussehen könnte, auf der anderen Seite gibt es eine umfassende Beschäftigung mit Differenzen. Liegt darin auch ein Grund für das Unverständnis? Bührmann: In der Forschung zu sozialer Ungleichheit interessiert man sich für soziale Ungleichheit, in der Religionsforschung interessiert man sich für die Unterschiede zwischen den Religionen und den markanten Unterschied, ob jemand gläubig ist oder nicht. Dieses Schema – wir haben eine Masterkategorie, und wir sehen uns alle anderen Dimensionen an – gibt es in vielen Wissenschaften, auch in der Medizin. Was sind funktionierende oder nichtfunktionierende Organe, was ist krank oder nicht krank – das wird in diskursiven Aushandlungsprozessen festgelegt. Bis in die 1970er wurde auch in den Ländern des globalen Nordens zum Beispiel Homosexualität als Krankheit definiert und nun eben nicht mehr. Das macht deutlich, dass vermeintlich gegebene Gewissheiten gesellschaftlich hergestellt und reproduziert werden. STANDARD: Sie untersuchen Diversifizierungsprozesse. Was ist das genau? Bührmann: Es geht um die Frage, was wird überhaupt als divers wahrgenommen? Dazu gibt es unterschiedliche Ideen: Ist Gesellschaft immer schon divers? Oder gehen wir davon aus, die Menschen sind alle ähnlich und werden unterschiedlich gemacht. Ein Beispiel: In Deutschland gab es in der Statistik lange Zeit Ausländer und Inländer. Jetzt haben wir auch Migranten. Das heißt, wir diversifizieren die Ausländer. Ein anderes Beispiel ist Geschlecht und die Annahme, dass es nur zwei Geschlechter gibt. Doch dann gibt es auch transidente Menschen, die sagen, das ist eine Zwangsveranstaltung, die ihr da treibt, wir sind mehr. Demzufolge gibt es eine Diversifizierung in der Forschung: Wenn jemand sagt, ich bin kein Mann, kann man nicht einfach mehr sagen, dass dieser Mensch also automatisch eine Frau ist. STANDARD: Der Begriff der Diversität ist noch nicht sehr lange im Wissenschaftsbetrieb virulent. Wann kam er auf? Bührmann: Spätestens seit dem Fall der Mauer ist klar, wir leben in einer globalen Welt, und nichts ist mehr normal, also ist alles divers. Doch auch an methodologischen Diskussionen wurde an unterschiedlichen Punkten schon früh klar, dass es nicht reicht, sich nur eine Masterkategorie anzusehen. In der Geschlechterforschung hat man gesehen, wir sind nicht nur einfach Frauen, sondern wir haben eine bestimmte Klassenzugehörigkeit, eine bestimmte Religionszugehörigkeit und, und, und. Retrospektiv wird diese Zusammenschau Intersektionalität genannt. Der Begriff der Diversität ist über die Betriebswirtschaft und das Personalkonzept Diversity-Management nach Deutschland gekommen. Und in den Erziehungswissenschaften ist man schnell auf die Idee gekommen, dass es einen Unterschied macht, ob lauter deutschsprachige Kinder aus bürgerlichen Haushalten in einer Klasse sitzen oder welche, die kein Deutsch können oder kein eigenes Zimmer haben, und es wurde die Pädagogik der Vielfalt entwickelt. STANDARD: Dass aufgrund von ungleichen Lebensbedingungen ausgleichend eingegriffen werden soll, um gleiche Chancen zu schaffen, wird auch als bevormundend empfunden. Bührmann: Als Sozialwissenschafterin sehe ich natürlich einen Unterschied darin, ob ich Ungleiche gleich behandle und so wieder Ungleichheit schaffe, oder ob ich Ungleiche ungleich behandle. Ich will nicht auf einen differenztheoretischen Ansatz hinaus, den es in der Frauenbewegung um 1900 oder auch in der Apartheid gegeben hat – die Schwarzen sollen in bestimmten Vierteln wohnen oder etwas anderes tun, weil sie anders sind. Ich spreche vielmehr von einem befähigungstheoretischen Ansatz, den wir aus der Entwicklungsökonomie von Amartya Sen und von der Philosophin Martha Nußbaum kennen: Wir müssen uns ansehen, welche Möglichkeiten haben Menschen, und wie können wir sie befähigen, diese Möglichkeit zu nutzen? STANDARD: Um welche Möglichkeiten geht es? Bührmann: Dazu müssen wir uns erst fragen, welche Funktionen des Lebens erachten wir in unserer Kultur als besonders wichtig? Ein gutes Beispiel ist Essen: Bin ich dünn, weil ich gerne dünn bin und gerne Diät halte, oder bin ich dünn, weil ich gar nicht die Möglichkeit habe, etwas zu essen. Es geht also darum, einen bestimmten Freiheitsgrad herzustellen, egal wie Menschen sich entscheiden. Wir müssen sicher sein, jemand ist dünn, weil er oder sie sich so entschieden hat, und nicht, weil es nichts zu essen gibt. STANDARD: Genau an dem Punkt stellt sich doch die Frage nach der Sozialisation. Bei Frauen mit Kopftuch fragt man sich immer wieder, ob und wie frei sie darüber entschieden haben, eines zu tragen. Bührmann: Man muss kontextsensible Kriterien dafür entwickeln, dass es sich um eine relativ freie Entscheidung handelt. Wir sind im Grunde ja keine autonomen Subjekte, denn wir sind doch alle in dieser oder jener Art und Weise sozialisiert worden. Man könnte auch sagen: Ich bin dazu sozialisiert worden, mein Kopftuch abzulegen. Ist das eine freie Entscheidung oder einfach Endpunkt meiner Sozialisation? Wir müssen uns fragen, wie kann man feststellen, ob jemand sich frei entscheidet oder nicht? Das müssen wir aushandeln. STANDARD: Wie könnte diese Aushandlung aussehen? Bührmann: Die Frage ist doch, wie wir eigentlich Leben wollen. Mit Blick auf die Exzesse in Köln lauten diese Fragen: Wollen wir sie instrumentalisieren, um noch mehr Fremdenfeindlichkeit hervorzurufen? Oder wollen wir versuchen zu überlegen, wie wir dafür sorgen können, dass so etwas nicht wieder passiert? Und das Dritte ist: Was hat das damit zu tun, wie wir in der Regel mit Frauen umgehen? Darüber müssen Debatten geführt werden, in denen nicht jeder immer glaubt zu wissen, was der andere zu sagen hat. STANDARD: Wie bewerten Sie den Verlauf der Debatte über Köln? Bührmann: Es ist entsetzlich, was dort passiert ist. Ich finde es aber gut, dass so diskutiert wird, dass wir daraus lernen können, dass so etwas nicht wieder passiert, den Tätern vermittelt wird, dass das nicht geht und so etwas niemand einfach so hinnimmt. Und die Opfer lernen, dass sie nicht mehr als die hingestellt werden, die sich mal nicht so haben sollen. Wir sollten die Chance nutzen, die sich aus dieser Krisensituation ergibt, um nachhaltig für mehr Geschlechtergerechtigkeit für alle einzutreten.
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5Inland
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Fachkräfte sollen künftig über drei Modelle ausgebildet werden – Umsetzung in Stufen. Wien – Die Neuordnung der Ausbildung im Pflege-Sektor ist auf Schiene. Am Mittwoch schickte das Gesundheitsministerium einen Entwurf zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) in Begutachtung. Pflegefachkräfte sollen damit künftig über drei Modelle ausgebildet werden, für den gehobenen Dienst ist die Ausbildung ausschließlich im akademischen Bereich vorgesehen. Die Umsetzung erfolgt in Stufen. Die Ausbildung soll künftig über drei Schienen laufen: Statt der bisherigen Pflegehilfe ist die Schaffung einer Ausbildung zur Pflege-Assistenz vorgesehen. Wie schon bisher die Pflegehelfer soll die Ausbildung dieses neuen Berufsfelds an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen und den Schulen für medizinische Assistenzberufe erfolgen. Die Dauer dieser Ausbildung soll ein Jahr betragen. Als wichtige Neuerung gilt die Festlegung, dass Pflege-Assistenten künftig von administrativen, hauswirtschaftlichen und logistischen Tätigkeiten ausgenommen sein sollen. Hilfstätigkeiten wie etwa Geschirrwegräumen sollen künftig ausschließlich von nicht-medizinischem Personal durchgeführt werden. Neben der Pflegeassistenz ist auch die Schaffung einer Pflege-Fachassistenz vorgesehen, die mehr Kompetenzen haben wird als die Assistenz-Kraft. Die Ausbildung soll an selber Stelle wie jene zur Pflege-Assistenz stattfinden. Dauern wird diese Ausbildung zwei Jahre; außerdem soll sie durchlässig sein, für Pflege-Assistenten soll also die Weiterbildung zur Fachassistenz möglich sein. Die gehobenen Pflegefachkräfte (derzeit diplomierte Pflegekräfte) sollen künftig ausschließlich im akademischen Bereich an Fachhochschulen ausgebildet werden. Zwar ist auch jetzt schon eine Ausbildung an Fachhochschulen möglich, sie erfolgt aber auch noch parallel dazu an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen. Das derzeitige System erweist sich in der Praxis nicht mehr als praktikabel, begründet das Gesundheitsministerium die Notwendigkeit einer Reform. Die Ausbildung sei nicht primär auf die Arbeit mit Patienten ausgerichtet. Ziele seien die Gewährleistung einer optimalen und bedarfsorientierten Versorgungssituation, ein leichter Berufszugang zu allen Berufsbildern sowie leichte Durchlässigkeit zwischen den drei Berufsbildern. Die Begutachtungsfrist endet am 4. September. Zur Erleichterung der Umsetzung soll die Reform gestaffelt in Kraft treten: Mit 1. September 2016 beginnt die Möglichkeit der Ausbildung in den beiden Pflegeassistenzberufen, bis Ende 2021 soll die Umsetzung der Bestimmungen über die Pflegefachassistenz evaluiert werden. Die komplette Überführung des gehobenen Dienstes auf FH-Niveau soll bis Anfang 2024 erfolgen.
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7Wissenschaft
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Mit Timothy Peake geht erstmals auch ein britischer Astronaut an Bord der ISS. Baikonur/London – Am frühen Dienstagabend erreichte eine Sojus mit drei Raumfahrern an Bord die International Space Station (ISS). Um 18:33 MEZ dockte das Raumschiff rund 400 Kilometer über Indien an, wie die NASA per Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte. Contact! #Soyuz docking confirmed at 12:33pm EST/5:33pm UTC while flying over India. pic.twitter.com/SIxLHQ8bN1 Mit an Bord befindet sich mit Timothy Tim Peake erstmals auch ein britischer ESA-Astronaut auf der Reise zur ISS. Der 43-jährige erreichte gemeinsam mit dem Russen Juri Malentschenko und dem US-Amerikaner Timothy Kopra nach gut sechs Stunden Flug die ISS. Die Nasa übertrug das Manöver per Livestream. Watch @NASA TV now for live coverage of #Soyuz docking at 12:24pm ET/5:24pm UTC... https://t.co/c7YsQe30bc pic.twitter.com/ZWSjLbXc8z Auf der ISS wurden die neuen Crewmitglieder von ihren Kollegen Scott Kelly aus den USA sowie Sergej Wolkow und Michail Kornienko aus Russland erwartet. Sie sollen etwa fünf Monate auf der ISS rund 400 Kilometer über der Erde bleiben. Die erste Entsendung eines britischen Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS löste in seinem Heimatland eine wahre Raumfahrt-Euphorie aus. So bejubelten etwa der britische Premierminister David Cameron und das Königshaus Peakes Weltraummission. Im Londoner Science Museum versammelten sich am Dienstag tausende Menschen, darunter etwa 2.000 Schüler, um sich den Raketenstart gemeinsam auf Großbildschirmen anzusehen. Die Schulkinder schwenkten kleine britische Flaggen und brachen in Jubelrufe aus, als Peake und seine Kollegen abhoben. Am Vorabend hatte die britische Regierung mitgeteilt, dass sie durch Fördermaßnahmen bis zum Jahr 2030 den Umsatz der britischen Raumfahrtindustrie auf umgerechnet 36 Milliarden Euro verdreifachen wolle. Großbritanniens Anteil am Raumfahrt-Weltmarkt solle damit von sieben auf zehn Prozent steigen, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Der frühere Hubschrauber-Testpilot Peake, der von der Europäischen Weltraumagentur (ESA) entsandt wurde, hofft, während seines 173 Tage dauernden Aufenthalts im All auch einen Außeneinsatz absolvieren zu können. Er ist der erste Brite auf der ISS und seit mehr als 20 Jahren der erste Brite im All überhaupt.
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7Wissenschaft
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Paläontologen entdeckten in Brasilien die Überreste eines winzigen kreidezeitlichen Vogels. Rio de Janeiro - Paläontologen haben in Südamerika die Überreste eines wahren Winzlings unter den urzeitlichen Vögeln entdeckt. Das Tier war kaum größer als moderne Kolibris und besaß lange, dem Schaft eines Pfeils ähnelnde Schwanzfedern, wie die Forscher im Fachmagazin Nature Communications berichten. Der Vogel hat vor etwa 115 Millionen Jahren auf dem Superkontinent Gondwana gelebt. Nach Angaben der Wissenschafter um Ismar de Souza Carvalho von der Staatlichen Universität in Rio de Janeiro waren die freigelegten Fossilien in sehr gutem Zustand. Fossile Funde von Vögeln aus dem Erdmittelalter, das vor etwa 252 Millionen Jahren begann und vor etwa 66 Millionen Jahren endete, sind selten. Deshalb ist nur wenig über die frühe evolutionäre Geschichte dieser Tiergruppe bekannt. Die meisten gefiederten Überreste aus jener Zeit wurden im Nordosten Chinas gefunden. Umso bemerkenswerter ist nicht nur der erstaunlich gute Zustand des nun entdeckten Vogels, sondern auch der Fundort: das Araripe-Becken im Nordosten Brasiliens. Es sei der erste Fund dieser Art in Südamerika, berichteten die Forscher. Der Vogel sei wohl ein Jungtier und gehöre wahrscheinlich zu den sogenannten Enantiornithes (gegensätzliche Vögel), einer Gruppe zahntragender Vögel, die an der Kreide-Tertiär-Grenze vor etwa 66 Millionen Jahren ausstarb. Aus einem anderen evolutionären Zweig, den Ornithuromorpha, entwickelten sich die modernen Vögel. Das Araripe-Becken ist eine der bedeutendsten Fossillagerstätten der Welt. Zu Lebzeiten des kleinen Vogels herrschte hier ein heißes und feuchtes Klima, was eine große Artenvielfalt begünstigt habe, erklärte der Paläontologe de Souza Carvalho in einem zur Studie veröffentlichten Video: Der gute Zustand des Fossils erlaubte Rückschlüsse auf Struktur und Funktion der speziellen Schwanzfedern: Sie seien anders als die heutiger Vögel bandförmig, hätten einen elliptischen Schaft und ein Muster aus Punkten, schrieben die Wissenschafter. Sie nehmen an, dass es sich um Reste der ursprünglichen Färbung des Vogels handelt. Größe und Farbgebung der Schwanzfedern könnten mit dem Balzverhalten der Tiere oder der Arterkennung zusammenhängen, heißt es in der Studie weiter. Unwahrscheinlich sei, dass sie für das Gleichgewicht der Vögel oder ihr Flugverhalten bedeutsam waren - die Federn seien aerodynamisch nicht optimiert.
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4Sport
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Oberösterreicher sprang vom vierten Platz zum zweiten ÖSV-Saisonsieg nach Kraft – Prevc verspekulierte sich mit Anlauf und wurde Fünfter. Lahti – Eigentlich war alles angerichtet für den zwölften Weltcup-Sieg für Peter Prevc in dieser Saison: Doch ein vermeintlicher, aber eigentlich nicht nötiger Coup kostete den Slowenen am Freitag in Lahti nicht nur den Sieg, sondern brachte Michael Hayböck den zweiten Sieg in seiner Karriere. Hayböck segelte im Finale nach den vierten Zwischenrang mit 129 m noch ganz nach oben. Für Hayböck, der in dieser Saison nach vier zweiten Plätzen ohnehin schon reif für seinen ersten Erfolg in diesem Winter und dem zweiten nach Bischofshofen 2015 war, reichte es 2,4 Zähler vor Daniel-Andre Tande (NOR) und 5,9 vor Severin Freund (GER) zum Siegerscheck. Prevc, der nach dem ersten Durchgang sieben Zähler vor Tande geführt hatte, fiel nach einem 123 m-Sprung sogar noch auf Platz fünf zurück. Ich war auch überrascht. Ich hatte schon spekuliert, dass es ein solider zweiter Platz wird. Aber er hat sich mit dem Gate verspekuliert, gestand Hayböck, der erst nach Aufleuchten der Ziffer 5 bei Prevc den Sieg realisiert hatte. Auch wenn Prevc ein bisschen mitgeholfen hat, die Freude an seinem ersten Saisonsieg bzw. dem zweiten ÖSV-Sieg dieses Winters nach Stefan Kraft in Zakopane war bei dem Oberösterreicher dennoch groß. Die to-do-Liste habe ich heuer abgehakelt Unglaublich, das war das ganze große Ziel. Ich bin sehr oft Zweiter geworden bis heute. Nach den Großereignissen war das große Ziel ein Weltcupsieg – die to-do-Liste habe ich heuer abgehakelt, freute sich Hayböck knapp zwei Wochen vor seinem 25. Geburtstag (5.3.) im ORF-Interview. Hayböck bedankte sich zudem auch bei der Anzugfirma, weil er mit neuem Material unterwegs war, und gesprungen bin ich auch perfekt. Prevc hatte schon im ersten Durchgang freiwillig den Anlauf um eine Luke verkürzt, um die dafür fälligen Bonuspunkte einzuheimsen. Allerdings muss man auch eine gewisse Weite springen, um diese zusätzlichen Zähler zu bekommen und das ist ihm beim neuerlichen Manöver im Finale nicht gelungen. Prevc sprang bei einer Luke weniger Anlauf nur 123 m weit, das war zu wenig und kostete ihn sogar den Platz auf dem Podest. Hayböck hat sich jedenfalls im Ersatz-Springen für Ruka und der ersten WM-Generalprobe für die WM 2017 sozusagen schon einmal einen goldigen Vorgeschmack geholt. Eine Erinnerung, von der er in einem Jahr durchaus wird zehren können. Im Weltcup-Gesamtranking blieb Hayböck zwar noch Fünfter, allerdings nur noch einen Zähler hinter Johann Andre Forfang. Kraft Elfter Nicht so gut lief es für seinen Zimmerkollegen Stefan Kraft, der mit 123 und 121 m sowohl nach dem ersten Durchgang als auch nach dem zweiten auf dem für ihn enttäuschenden elften Rang landete. Es verdreht mich im Moment ein bisserl, ich muss mir das in Ruhe anschauen. Aber für das Teamspringen morgen bin ich bestens gerüstet, glaubt der Salzburger, der sich von einem nicht nach Wunsch verlaufenen Springen nicht durcheinanderbringen lassen will. Ich weiß, dass ich da auch gewinnen kann, erinnerte er an den 8. März 2015, als er vor Severin Freund gewonnen hatte. Kraft freut sich mit Freund Hayböck mit. Eine coole Sache. Das das kommt von so einer Herumpokerei heraus, meinte Kraft in Bezug auf Prevc Lukenschieberei. Da ist es wurscht, dass ich heute Elfter geworden bin, es macht einiges wett. Der Zimmerstimmung tut das sehr gut.
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6Etat
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Prognose für das Wahljahr 2016: Großteil wird in TV gepumpt, eine Milliarde soll in digitale Kanäle fließen. Washington/Wien – Auch wenn Donald Trump mit seinen praktisch unbegrenzten Wahlwerbemitteln prahlt – die US-Werbe-Analysten Borrell Associates legen sich auf eine Zahl fest: 11,4 Milliarden Dollar, gut 10,3 Milliarden Euro also, werden 2016 in den USA in politische Werbung investiert werden. Das würde ein Wachstum um rund ein Fünftel gegenüber dem jüngsten Präsidentschaftswahljahr 2012 bedeuten. Die Präsidentschaftswahl im November 2016 ist nach der Analyse nur einer von 29.000 Wahlgängen in den USA – wiewohl die größte und werbestärkste. Rund die Hälfte der prognostizierten 11,4 Milliarden Werbedollar wird laut Borrell im Zusammenhang mit lokalen und regionalen Abstimmungen investiert. Unter den US-Bundesstaaten soll allein Kalifornien für 1,2 Wahlwerbemilliarden gut sein, Texas für 896 Millionen und Florida für 800 Millionen Dollar. Der größte Teil der 11,4 erwarteten Milliarden geht ins Fernsehen: 6,7 – der Wert kombiniert die großen TV-Networks wie CBS, ABC, NBC und Fox sowie Pay-Angebote von CNN bis HBO. Erstmals soll der Werbeaufwand in digitalen Medien mehr als eine Milliarde Dollar ausmachen. Unter den potenziellen Präsidentschaftskandidaten hat Hillary Clinton bisher am meisten herkömmliche Spenden eingesammelt. Stand Ende Juni: 47,5 Millionen Dollar. Republikaner Jeb Bush lag da bei 11,4 Millionen Spenden. Aber: politische Komitees – Super-PACs – steuerten zu Bushs Wahlkampfbudget mit 103,2 Millionen weit mehr bei. Über solche Super-PACs nahm Clinton bis dahin 20,3 Millionen ein. Donald Trump wies die Federal Election Commission Mitte 2015 praktisch keine Spenden aus, aber 1,8 Millionen Dollar Kredite – Anleihen bei seinem eigenen Kapital. Trump budgetiert bisher mit 1,9 Millionen Dollar – und hatte Ende Juni schon 1,4 Millionen ausgegeben.
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7Wissenschaft
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Bis Ende Juli sollen 100 Wale getötet werden. Tokio – Ungeachtet internationaler Proteste sind japanische Walfänger wieder in See unterwegs. Zwei Schiffe legten am Donnerstag in Shimonoseki ab und nahmen Kurs Richtung Nordwest-Pazifik, wie japanische Medien meldeten. Sie waren erst Ende März aus der Antarktis zurückgekehrt, wo insgesamt 333 Zwergwale getötet wurden. Nun sollen bis Ende Juli erneut 100 Wale erlegt werden. Japan macht jedes Jahr Jagd auf Hunderte Wale – offiziell zu wissenschaftlichen Zwecken. Dies ist formal erlaubt, trotz des seit 1986 geltenden weltweiten Walfangmoratoriums.In den vergangenen 25 Jahren haben Japans Waljäger im Rahmen ihres umstrittenen Forschungsprogramms mehr als 10.000 Großwale in den antarktischen Gewässern getötet. Das Land verfolgt offen sein erklärtes politisches Ziel, die kommerzielle Jagd auf Großwale wieder zuzulassen.
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7Wissenschaft
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Physiker erhoffen sich nach dem Durchbruch neue Erkenntnisse über Dunkle Energie, Dunkle Materie und über den Ursprung des Universums. Wien – Der am Donnerstag präsentierte Nachweis von Gravitationswellen gilt als aussichtsreicher Kandidat für den Physiknobelpreis – aber nicht für 2016. Denn die Forscher hätten ihre Ergebnisse bis 31. 1. veröffentlichen müssen, sagte ein Sprecher der Jury am Freitag in Stockholm. Für spätere Jahre dürfen sich Kip Thorne, Reiner Weiss und Ronald Drever, die Gründer des Gravitationswellen-Observatoriums Ligo, das den Nachweis erbrachte, jedenfalls Hoffnungen auf die schwedische Auszeichnung machen. Was sie allerdings noch mehr freuen dürfte, ist, dass der nun gelungene Nachweis möglicherweise ein neues Fenster der Astronomie eröffnet. Gravitationswellen haben das Potenzial, die Astronomie zu revolutionieren, sagt auch der Astrophysiker Stephen Hawking. Denn noch wichtiger als die Messung der Gravitationswellen selbst ist, dass sie verwendet werden können, um kosmische Ereignisse zu erforschen, die sie hervorbringen. So war die Kollision zweier Schwarzer Löcher, die die nun gemessenen Gravitationswellen ausgelöst hat, das gewaltigste Ereignis, das je beobachtet wurde – und eines, von dem man nicht wusste, ob und wie es vor sich geht. Neben weiteren Tests von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie und Erkenntnissen zum Ursprung des Universums erhoffen sich Physiker nun, mit Gravitationswellen mehr über Dunkle Energie und Dunkle Materie herausfinden zu können. Diese Phänomene entziehen sich weitgehend der Beobachtung mit elektromagnetischen Wellen, auf die man bisher angewiesen war. Hawking sieht durch die Ligo-Messungen seine Vorhersagen zur Verschmelzung Schwarzer Löcher bestätigt: Die Fläche der sogenannten Ereignishorizonte des entstandenen Schwarzen Loches sei größer als die Summe der Flächen der ursprünglichen.
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7Wissenschaft
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Denver – Die Ergebnisse dieser Studie mögen ungerecht gegenüber Frauen sein. Die Erstautorin des Artikels, der im Fachblatt Radiology erschien, ist mit Jody Tanabe allerdings selbst eine Frau. Sie und ihr Team untersuchten die Gehirne von insgesamt 127 Personen, von denen wiederum 59 im Schnitt 15,7 Jahre lang von Kokain oder Amphetaminen abhängig waren und durchschnittlich 13,5 Monate lang keine Drogen mehr konsumiert hatten. Das erstaunliche Ergebnis: Während die Hirne der 28 ehemals süchtigen Frauen ein deutlich verkleinertes Hirnvolumen hatten, war das der 31 männlichen Drogenkonsumenten annähernd gleich groß geblieben. AbstractRadiology: Sex Differences in Gray Matter Changes and Brain-Behavior Relationships in Patients with Stimulant Dependence (red, 15.7.2015)
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7Wissenschaft
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Fundstück mit dem unbekannten Namen "Elihana bat Gael" deutet auf hohen sozialen Status der Frau hin. Jerusalem – Israelische Archäologen haben ein 2.500 Jahre altes Siegel mit dem Namen einer Frau bei Ausgrabungen in Jerusalem gefunden. Das antike Fundstück trage den hebräischen weiblichen Namen Elihana bat Gael, teilte die israelische Altertumsbehörde am Montag mit. Die Besitzerin des Siegels war im Vergleich zu anderen Frauen zur Zeit des ersten Tempels außergewöhnlich: sie hatte einen juristischen Status, der es ihr erlaubte, Geschäfte abzuwickeln und Güter zu besitzen, hieß es in der Mitteilung. Bei den Ausgrabungen im arabischen Ostteil der Stadt sei auch ein Namenssiegel eines Mannes namens Saarjahu ben Schabenjahu entdeckt worden. Beide Siegel wurden in einem Gebäude aus der Zeit des im Jahre 586 vor unserer Zeitrechnung zerstörten ersten jüdischen Tempels gefunden. Das Gebäude habe damals offenbar als Verwaltungszentrum gedient. Die Ausgrabungsstelle liegt am Rande des Tempelbergs in Jerusalems Altstadt. Nur ein sehr kleiner Teil der bis heute gefundenen Siegel gehörte Frauen, sagte der Archäologe Hagai Misgav von der Hebräischen Universität in Jerusalem. Grund sei der damals meist wirtschaftlich und gesellschaftlich schwächere Status von Frauen. Der Name Elihana erscheint nicht in der Bibel, und es gibt keine weiteren Informationen über die Identität der Frau, sagte Misgav. Aber die Tatsache, dass sie ein Siegel besaß, beweist ihren hohen sozialen Status.
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7Wissenschaft
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Israelische und US-amerikanische Forscher glauben, Freundschaften objektiv bewerten zu können. Tel Aviv – Forscher der Universität Tel Aviv und des Massachusetts Institute of Technology haben für eine Studie eine Menge Datenmaterial zusammengetragen, um zu einem ziemlich ernüchternden Befund zu kommen: Ihnen zufolge ist die Hälfte unserer Freundschaften eine Einbahnstraße. Anders ausgedrückt: Nur die Hälfte derer, die wir als Freund bezeichnen, würde uns dieselbe Ehre erweisen. Zu diesem Befund kam das Team um Erez Shmueli nach einer Reihe von Experimenten, der Auswertung früherer Studien zum Thema Freundschaft und sechs Umfragen unter Studenten aus Israel, Europa und den USA mit etwa 600 Teilnehmern. Danach entwickelten sie einen Algorithmus für objektivierbare Kriterien einer freundschaftlichen Beziehung – etwa die Zahl gemeinsamer Freunde von A und B oder die Gesamtzahl von Freunden. Mit diesem Algorithmus glauben die Forscher eine Freundschaft als einseitig oder beiderseitig definieren zu können. Und stellen eine Diskrepanz zwischen unserer Wahrnehmung und der Realität fest: 95 Prozent der Studienteilnehmer gingen laut Shmueli davon aus, dass ihre jeweiligen Freundschaften beiderseitig seien – die Forscher bewerteten hingegen nur 50 Prozent davon in dieser Weise. Wir sind sehr schlecht darin, zu beurteilen, wer unsere Freunde sind, so Shmueli. (red, 16. 5. 2016)
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5Inland
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Die FPÖ werde für die bisher rot-schwarzen Regionen und die jetzt grünen Städte eigene blaue Wahlkampfthemen entwickeln, sagt Kunasek. STANDARD: Der Erfolg Alexander Van der Bellens ist doch ein empfindlicher Dämpfer für Ihre Partei. Kunasek: Man darf nicht vergessen, dass es keine breite Unterstützung für Norbert Hofer gegeben hat. Es wurde viel gegen ihn agitiert. Van der Bellen ist ein Erfolg für das System, das noch einmal aufgezeigt hat. Aber wir können festhalten, dass sich jeder zweite Wähler in Österreich nicht manipulieren und blenden hat lassen. Es war ein Wahlkampf gegen uns, und trotzdem hat jeder Zweite gesagt: Ich wähle Hofer. Viele haben Van der Bellen nicht deswegen gewählt, weil er so gut ist, sondern um Hofer zu verhindern. Man hat Angst und Panik verbreitet. Aber: Wir sind bundesweit permanent Nummer eins. Der Trend hat sich seit Jahren abgezeichnet und bei der Wahl jetzt verstärkt. STANDARD: Die Länder wurden bei dieser Wahl blau eingefärbt, aber die Landeshauptstädte leuchten grün auf. Wie interpretieren Sie diese Diskrepanz? Kunasek: Das geht ja auf Stadtebene weiter: Die ehemaligen bürgerlichen Bezirke sind grün geworden. Aber auch ehemalige Arbeiterviertel. Das müssen wir genau analysieren. Das ist für die kommenden Wahlen entscheidend. Wir wollen Nummer eins werden, aber ohne Städte werden die Wahlen nicht zu gewinnen sein. Das heißt, wir werden das in den nächsten Monaten genau analysieren und dann Schlüsse ziehen. STANDARD: Was heißt diese Bundespräsidentenwahl also für die künftige blaue Politik? Kunasek: Wir müssen ganz separate Wahlkämpfe machen, abgestimmt auf das Stadt-Land-Gefälle. Wir müssen je nach Gegebenheit andere Themen transportieren. Es ist ganz einfach ein großer Unterschied, ob ich zum Beispiel in Graz auf der rechten Murseite wahlkämpfe oder auf der bürgerlichen linken Murseite. Da spielen ganz andere Themen eine Rolle. Das gilt umgelegt auf das ganze Land. In den bäuerlichen, bürgerlichen Bezirken müssen wir mit ganz anderen Themen punkten als in den Arbeiterregionen. Wir werden überall vor Ort eigene Themen entwickeln. STANDARD: Bemerkenswert ist, dass auf dem Land, wo die Bewohner nur marginal mit der Ausländerfrage konfrontiert sind, dennoch mehrheitlich blau gewählt wurde. Kunasek: Das stimmt. Andererseits gibt es auf städtischer Ebene in den bürgerlichen Bezirken, wo es auch kein Ausländerproblem gibt, das Phänomen, dass dort grün gewählt wird. Hier lebt das besser situierte Publikum, und das wählt jetzt nicht mehr ÖVP, sondern grün. Damit muss sich die ÖVP auseinandersetzen. Auf dem Land geht es auch um andere Themen. Um Tradition, um Brauchtum und um die Heimat. Hier liegt wahrscheinlich der große Unterschied. STANDARD: Also keine Ausländerwahlkämpfe mehr? Kunasek: In manchen Regionen und Bezirken sind die Ausländer noch ein großes Thema, da werden wir sicher draufbleiben. In den ehemaligen ÖVP-Bezirken müssen wir andere Themen wie Umwelt oder Wirtschaft spielen.
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1Panorama
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Rückgang der gesundheitsgefährdenden Partikel laut Umweltbundesamt durch Warmwetter bedingt – Jedoch vier Überschreitungen – Stickstoffdioxid-Belastung stieg hingegen 2015 an. Wien – Die Belastung durch das Gesundheitsrisiko Feinstaub ist wegen des warmen Wetters erneut geringer ausgefallen. Die vorläufige Feinstaubbilanz für 2015 ergab für Wien, Nieder-, Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg das bisher niedrigst belastete Jahr seit Beginn flächendeckender Messungen im Jahr 2002, berichtete das Umweltbundesamt am Montag. Gestiegen ist indes die Stickstoffdioxid-Belastung. Dies ist ebenfalls durch die Witterung bedingt. Konkret durch die bei Warmwetter erhöhte Ozonbelastung, da Ozon Stickoxide schneller zu Stickstoffdioxid oxidiert, erklärte Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt im Gespräch mit der APA. Die Stickoxidbelastung ist vor allem vom Verkehr und hier wiederum hauptsächlich von den Dieselfahrzeugen verursacht, kommentierte der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) diese Entwicklung. Vor allem bei den verkehrsnahen Messstellen in Tirol war die Belastung sehr hoch, am höchsten in Vomp an der A12. Hier wurde an 44 Tagen der Tagesmittelwert von 80 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft überschritten, im Jahr 2014 war dies an nur 16 Tagen der Fall. Die Entwicklung beim Feinstaub bei PM10-Partikel mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometer verläuft dafür österreichweit seit Jahren positiv, wie die Ergebnisse der weit über 100 Messstellen zeigen. Auch in den übrigen vier Bundesländern war 2015 das Jahr mit der zweitniedrigsten Belastung nach 2014. Der Grenzwert der EU-Luftqualitätsrichtlinie für PM10 für den Tagesmittelwert (35 Tagesmittelwerte über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter im Kalenderjahr) wurde im Jahr 2015 aber an drei Messstellen in Graz sowie an der Messstelle Leibnitz in der Steiermark überschritten. Der Experte betonte, dass es sich bei den vorliegenden Daten um vorläufige Werte handelt und belastungsreduzierende Korrekturen somit möglich sind. Dies ist durch eine EU-Richtlinie geregelt und wegen zweierlei Gründen erlaubt: So können die PM10-Werte nachträglich reduziert werden, wenn ihre Ursache natürlich begründbar ist, was beim Saharastaub der Fall ist. Im zweiten Fall ist der Streudienst im Winter ein reduzierender Einfluss. Der wesentlichste Faktor für die niedrige Belastung war wie 2014 das warme Wetter in allen Wintermonaten (Jänner bis März sowie Oktober bis Dezember). Dadurch waren die Emissionen aus dem Hausbrand niedrig. Inversionslagen – Wettersituationen, in denen sich der Feinstaub in bodennahen Luftschichten anreichert – sowie grenzüberschreitender Schadstofftransport aus Ostmitteleuropa traten vergleichsweise selten auf. Darüber hinaus haben laut Umweltbundesamt die emissionsseitigen Maßnahmen in Österreich und den Nachbarländern zur stetig sinkenden Belastung beigetragen – rund zwanzig Prozent innerhalb des vergangenen Jahrzehnts. Besonders reduziert hat sich der Anteil der besonders gesundheitsgefährdenden, weil noch feineren Partikel PM 2,5. Diese Teilchen mit weniger als 2,5 Mikrometer Durchmesser sind eine Teilmenge der PM10-Partikel. Dieser Rückgang ist mit der stetigen Zunahme der Partikelfilter bei Diesefahrzeugen zu erklären, sagte Schneider. Somit ist hier auch in den kommenden Jahren von einer weiteren Reduktion auszugehen. Tempolimits, Umrüstung kommunaler Flotten, Fahrverbote für alte Lkw, verbesserte Standards im Wohnbau und der Umstieg auf Fernwärme sorgen gemäß der Angaben der Experten-Einrichtung insgesamt für einen Rückgang der Feinstaubbelastung. International waren laut Umweltbundesamt Maßnahmen zur Emissionsreduktion bei primären Partikeln sowie von Vorläufersubstanzen für sekundäre Partikel (SO2, NOx) bei Kraftwerken und der Industrie entscheidend.
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7Wissenschaft
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Der Verwendungszweck der filigranen Objekte ist unbekannt. Kopenhagen – Dänische Archäologen rätseln über einen verblüffenden Fund, der auf den ersten Blick wie eine große Portion goldene Pasta aussieht (ein Foto finden Sie hier). Rund 2.000 dünne, zu kleinen Spiralen aufgerollte Goldbänder aus der Bronzezeit sind bei Ausgrabungen auf der Insel Seeland ans Licht gekommen. Experten des Museums Westseeland und des Nationalmuseums in Kopenhagen wissen weder, wofür die bis zu drei Zentimeter langen Objekte gebraucht wurden, noch haben sie jemals etwas Vergleichbares in Dänemark gesehen. Nach Einschätzung der Archäologen stammen sie aus der Zeit zwischen 900 und 700 vor unserer Zeitrechnung, erklärte Flemming Kaul vom dänischen Nationalmuseum. Vielleicht waren die Spiralen an einer Schnur angebracht, die als kleine Fransen an einem Hut oder Sonnenschirm steckten. Vielleicht waren sie ins Haar geflochten oder auf Kleider gestickt, sagte der Forscher. Die Spiralen aus dünnem, flachen Golddraht fanden die Archäologen im Verlauf mehrerer Ausgrabungen auf nur wenigen Quadratmetern. In der Nähe waren auch bereits Armbänder und Schüsseln aus Gold gefunden worden. (APA/red, 9. 7. 2015)
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0Web
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Unbefugte können mithilfe von Siri Zugriff auf Fotos und Kontakte eines Smartphones erhalten. Gerade erst hat Apple mit iOS 9.3.1 eine neue Version seines Betriebssystems veröffentlicht, da wird ein neuer Bug in dem Betriebssystem bekannt – und dieser kann besonders unerfreuliche Folgen haben. Lässt sich doch mithilfe von Siri auch bei aktivierter Lockscreen-Sperre auf sensible Daten am Gerät zugreifen, wie 9to5Mac berichtet. Ein solcher Angriff sieht dabei folgendermaßen aus: Vom Lockscreen aus wird eine Twitter-Suche nach einer beliebten E-Mail-Domain wie @gmail.com oder @yahoo.com initiiert. In der Ergebnisliste wird dann eine Nachricht angewählt, die eine valide Mail-Adresse enthält. Infolge wird per 3D Touch die Mail-Adresse angewählt, um das Kontextmenü aufzurufen. Und hier stehen dann Optionen zur Verfügung, die private Daten der Nutzer freigeben. So erhält ein Angreifer mittels der Erstellung eines neuen Kontakts, und der dort gebotenen Funktion ein Bild hinzuzufügen, Zugriff auf sämtliche Fotos am iPhone. Über die Option die Mail-Adresse einem bestehenden Kontakt hinzuzufügen gibt es wiederum Einblick in alle lokal abgespeicherten Kontakte. Eine offizielle Reaktion von Apple gibt es bisher noch nicht. Betroffene Nutzer können aber auch selbst ihre Geräte absichern, indem sie in den Systemeinstellungen den Zugriff auf Siri am Lockscreen deaktivieren. Angesichts der Art wie der Bug funktioniert, ist nur die aktuellste Smartphone-Generation von Apple gefährdet, besitzen ältere Geräte doch kein 3D Touch.
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0Web
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Website bleibt zur Spurensuche vorerst offline. Eine ungewöhnliche heftige Cyberattacke auf die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) hat in der Nacht auf Mittwoch mehrere Server lahmgelegt, die den externen Datenaustausch regeln. IT-Experten untersuchen nun die Systeme auf Spuren der Angreifer. Die internen Systeme und wesentliche Teile der Anwendungen für das staatliche Krisen- und Katastrophenschutzmanagement waren nicht gefährdet. Die Website der ZAMG wird aber während der Spurensicherung aus Sicherheitsgründen offline bleiben.
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7Wissenschaft
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Babys bringen Berührungen nicht mit anderen Wahrnehmungen in Verbindung. London/Wien – Was ist schöner, als ein Baby sanft an den Füßen zu kitzeln und sich an der Reaktion – einem Strampeln, oder vielleicht sogar einem Lächeln oder Glucksen – zu erfreuen? Wir sollten diese Reaktion aber nicht allzu persönlich nehmen. Denn die Säuglinge dürften diese Reize nicht mit uns in Verbindung bringen, berichten britische Forscher in der Fachzeitschrift Current Biology. Das Team um Andrew Bremner vom Goldsmiths College in London beschäftigt sich mit fundamentalen Fragen der frühen sensorischen Entwicklung, unter anderem auch damit, ob Babys die Quelle von Reizen erkennen, die sie spüren. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, machte das Forscherteam einen simplen Test, der auch Erwachsenen bekannt ist: Überkreuzt man Arme oder Beine und wird dann berührt, kann man die genaue Quelle des Reizes oft nicht korrekt zuordnen. Die gleichen Fehler passieren auch sechs Monate alten Kleinkindern, nicht jedoch Säuglingen im Alter von bis zu vier Monaten: Sie schnitten bei diesem Test viel besser ab als ältere Kinder oder Erwachsene. Wir schließen daraus, dass Babys in ihrer frühen Entwicklungsphase Berührungen ausschließlich als Berührungen wahrnehmen, und diese nicht mit irgendetwas, das sie hören, sehen oder sogar riechen, in Verbindung bringen, sagt Bremner. Die taktilen Wahrnehmungen sind völlig isoliert von allen anderen Sinneseindrücken. Aus unserer Erwachsenensicht muss das eine sehr exotische Sinneswelt sein.
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7Wissenschaft
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Neuroforscher entdecken, warum wir in fremder Umgebung meist schlecht schlafen: Schuld ist die linke Hirnhälfte, die nicht zur Ruhe kommt. Providence – Schlafforscher und Handelsreisende kennen das Phänomen: Die erste Nacht in einem fremden Bett ist alles andere als erholsam. Diese Erfahrung ist durchaus universell. Ein japanisches Sprichwort etwa weiß: Wenn du das Kopfkissen wechselst, schläfst Du nicht. Aber warum ist das so? Darauf haben nun Neurowissenschafter von der Brown University in Providence (US-Bundesstaat Rode Island) erstmals eine Antwort gefunden. Wie die Forscher um Yuka Sasaki im Fachjournal Current Biology schreiben, bleibt während der Tiefschlafphase ein bestimmtes Netzwerk der linken Gehirnhemisphäre in einer Art Alarmmodus, während sich die rechte wie gewohnt ausruht. Wir wissen, dass Meerestiere und manche Vögel einen solchen Ein-Hemisphären-Schlaf haben, bei dem eine Hirnhälfte wach bleibt und die andere schläft, erläutert die Professorin für Kognitive Linguistik und Psychologie. Zwar würden menschliche Gehirne nicht ebenso asymmetrisch arbeiten wie die von Meerestieren. Aber womöglich haben unsere Gehirne ein Miniatur-System dessen, was Wale und Delphine haben, sagt Sasaki. Das Team nahm mit Hirnstrommessungen und bildgebenden Verfahren den Schlaf von 35 Freiwilligen in der ersten und der achten Nacht im Schlaflabor unter die Lupe. Ergebnis: In der ersten Nacht waren die linken Hirnhälften in der sonst erholsamen, langwelligen Tiefschlafphase leicht anzusprechen. Wie die Gehirnscans zeigten, war von dieser zerebralen Schlaflosigkeit das sogenannte Default-Mode-Netzwerk besonders betroffen. Es wird im wachen Zustand beim Nichtstun aktiviert, sorgt für ein gewisses Hintergrundrauschen und generiert Tagträumereien und Gedankenketten. Der Schlafforscher Dieter Riemann vom Universitätsklinikum Freiburg findet die Studienergebnisse vielversprechend und hochinteressant. Die Ergebnisse passen in eine Forschungsrichtung, die man local sleep nennt – in diesem Fall dann allerdings eher local wakefulness. Diese geht davon aus, dass Schlaf eben kein absolut homogener Zustand des gesamten Gehirns ist. Seiner Meinung nach lassen sich daraus generell Strategien zur Behandlung von Schlafstörungen entwickeln. Wir gehen ja davon aus, dass bei chronischen Insomnien ein permanentes Hyperarousal (Übererregtheit) – letztendlich Ausdruck einer Habacht-Stellung – vorliegt. Bei chronischen Schlafstörungen könnten Entspannungstechniken, aber auch gezieltes Später-ins-Bett-Gehen helfen. Um dem Fluch der ersten Nacht zu entgehen oder ihn zumindest zu lindern, empfiehlt Sasaki Reisenden, ihren eigene Kopfpolster mitzunehmen oder stets ähnliche Hotels zu buchen. Möglicherweise seien Vielreisende jedoch auch in der Lage, die nächtliche Habacht-Stellung auszuschalten. Menschliche Gehirne sind sehr flexibel. An der Brown University versuche man derzeit, den wachen Teil des Gehirns mit einer bestimmten Technik auszuschalten und zu testen, ob sich der Schlaf dadurch verbessern lasse.
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6Etat
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User verbrachten rund drei Millionen Stunden auf der Standard.at. Wien – Die Österreichische Webanalyse (ÖWA) hat die Zugriffszahlen für März veröffentlicht. Bei den Dachangeboten kommt derStandard.at demnach im März auf 23.258.290 Visits, 4.394.093 Unique Clients und eine durchschnittliche Verweildauer von 7:57 Minuten pro Visit. Die Verweildauer in Stunden beträgt 3.081.723. Zur besseren Veranschaulichung: Wenn ein User die gesamte Verweildauer auf derStandard.at verbringen würde, müsste er rund 352 Jahre surfen. Oder: Auf dieselbe Zeit kämen 4222 Userinnen und User, wenn sie einen Monat rund um die Uhr auf derStandard.at wären. Hinweis: Die ÖWA hat ihre Messung auf eine neue Technologie umgestellt. Seit Februar sind die Unique Clients deswegen nicht mehr mit den davor veröffentlichten Unique Clients direkt vergleichbar. Das größte österreichische Medienangebot ist der ORF mit 81.411.372 Visits, dazugezählt werden neben orf.at etwa noch Zugriffe auf oe3.orf.at und fm4.orf.at. Die durchschnittliche Verweildauer auf der Seite pro Visit liegt bei 7:01 Minuten. Das Digitalangebot des Styria Verlags zählt im März 39.322.962 Visits. Die Fellner-Plattform oe24.at kommt in diesem Zeitraum auf knapp 15.227.867 Visits, die Onlinemedien des Kurier auf 10.553.247 Millionen Visits, News Networld auf 8.992.083 und die Heute-Plattformen auf 8.869.430 – alle Werte in der Kategorie Dachangebot. Bei den Einzelangeboten werden derStandard.at 22.922.917 Visits bescheinigt, krone.at kommt auf 20.383.767, kleinezeitung.at auf 10.438.355, diepresse.com auf 9.554.434 und kurier.at auf 7.993.532 Visits. Bei der Browserverteilung im März liegt Chrome mit 34 Prozent auf Platz eins, gefolgt von Internet Explorer mit 21,7 Prozent und Firefox mit 18,6. Prozent. Die Internetnutzung mit mobilen Endgeräten wie Smartphones, Tablets oder Portable Media Player liegt im März 52,8 Prozent.
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2International
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Geheimdienste bekommen deutlich mehr Befugnisse. Prag – Die tschechischen Geheimdienste bekommen künftig deutlich mehr Befugnisse. Präsident Miloš Zeman unterzeichnete das umstrittene Regelwerk am Dienstag, wie das Präsidialamt in Prag mitteilte. Mit richterlicher Zustimmung können sich die Geheimdienste nun bei Verdachtsfällen über das Bankgeheimnis hinwegsetzen. Bisher war dies nur bei Terrorismusverdacht möglich. Die Nachrichtendienste bekommen dadurch Zugang zu den Steuerdaten der Finanzbehörden sowie zu den Namen von Telefonnutzern. Die konservative Opposition kritisierte die Regelung als einen Eingriff in die Privatsphäre. Datenschutzaktivisten sprachen von einem Blankoscheck für die Sicherheitsbehörden.
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2International
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Kriegsverbrechen in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und der Vojvodina angelastet. Den Haag/Belgrad – Das UN-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) wird am 31. März das Urteil für den serbischen Ultranationalisten Vojislav Šešelj in dessen Abwesenheit verkünden. Dies teilte das Tribunal laut der staatlichen Presseagentur Tanjug am Dienstag mit. Šešelj, der Ende 2014 aus Gesundheitsgründen auf freien Fuß gesetzt worden war, wurde allerdings aufgefordert, sich bis zum 22. März schriftlich zu äußern, ob er der Urteilsverkündung doch beiwohnen möchte. Der wegen Kriegsverbrechen in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und der Vojvodina angeklagte serbische Ultranationalist ließ bisher wiederholt wissen, dass er nicht mehr freiwillig ins Tribunalsgefängnis Scheveningen zurückkehren werde. Die heutige Tribunalsentscheidung wurde mit der Ablehnung des Angeklagten, ins Gefängnis zurückzukehren, aber auch mit dem Verhalten der serbischen Regierung erklärte, die nach Meinung des Gerichts nicht adäquate Mittel einsetze, um Šešelj dazu zu zwingen. Šešelj hatte sich im Februar 2003 freiwillig dem Haager Gericht gestellt. Nach der vorläufigen Freilassung behauptete er, das Gericht besiegt zu haben. Über den derzeitigen Gesundheitszustand des an Krebs Erkrankten ist derzeit nichts bekannt. Bei den für April geplanten Parlamentswahlen will Šešelj seiner Serbischen Radikalen Partei nach acht Jahren erneut den Einzug ins Parlament sichern. Jüngsten Umfragen zufolge dürfte ihm dies auch gelingen. Im Wahlkampf will Šešelj auch von dem Urteil punkten, das nächste Woche vor dem Haager Gericht für den Ex-Präsidenten der Republika Srpska, Radovan Karadžić, verkündet wird. Seine Partei hatte für denselben Tag eine Großkundgebung in Belgrad eingerufen.
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1Panorama
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Zu 30 Jahren Haft verurteilt – Verteidigung kündigte Berufung an. St. Denis/Paris – Wegen des brutalen Mordes an einer jungen Frau ist ein Mann in Frankreich zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der 25-jährige Angeklagte wurde am Freitag für schuldig befunden, 2012 seine damalige Freundin bei lebendigem Leib verbrannt zu haben. Das Gericht in Seine-Saint-Denis sah es als erwiesen an, dass der Elektriker die Gymnasiastin, mit der er eine konfliktreiche Beziehung führte, bei gefesselten Händen auf einer Matratze im Untergeschoß eines Hauses anzündete habe. Die Frau starb an den schweren Verbrennungen. Der Angeklagte bestritt bis zuletzt vor Gericht seine Schuld. Er behauptete, seine Freundin lebend in dem Zimmer zurückgelassen zu haben. Nach seinem Schlusswort brach er in Tränen aus. Die Richter gingen mit ihrem Urteil über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus, die 25 Jahr Haft gefordert hatte. Der Verurteilte muss mindestens 20 Jahre seiner Strafe absitzen. Die Verteidigung will gegen das Urteil, das sie als unverhältnismäßig bezeichnete, in Berufung gehen. Die Familie des Opfers zeigte sich erleichtert.
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1Panorama
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Österreich werde sich am EU-Syrien-Fonds beteiligen, sagt der Außenminister. Wien – Österreich wird sich mit drei Millionen Euro am EU-Syrien-Fonds beteiligen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte dazu am Samstag in einer Aussendung: Angesichts der fortgesetzten militärischen Eskalation des Syrien-Konflikts ist rasche Hilfe für die Menschen vor Ort parallel zu den momentan laufenden Friedensbemühungen das Gebot der Stunde. Man müsse den Menschen vor Ort in der Region Sicherheit und Perspektiven bieten, damit sie nicht weiter nach Europa flüchten müssten. Daher werde Österreich zusätzlich zu den bisherigen Hilfsleistungen einen Beitrag von drei Millionen Euro für den EU-Syrien-Fonds leisten, kündigte Kurz an. Wir legen einen besonderen Fokus auf Kinder, um zu verhindern, dass hier eine Generation ohne Perspektiven heranwächst. Mit dem EU-Syrien-Fonds (MADAD-Fonds) sollen laut Außenministerium die Nachbarländer Syriens und andere betroffene Staaten, wie etwa am Westbalkan, rasch und unbürokratisch unterstützt werden. Der MADAD-Fonds soll aus Mitteln der EU-Kommission bis zum Jahresende auf 500 Millionen Euro aufgestockt werden. Die EU-Mitgliedsstaaten und private Geber sind ebenfalls dazu aufgerufen, sich an diesem Syrien-Fonds zu beteiligen. (APA, 24.10.2015)
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1Panorama
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Arzt und vier Begleiter festgenommen. Bogotá – Mit mehr als 200 Kilogramm Kokain in einem Krankenwagen sind ein Arzt und vier Begleiter in Kolumbien festgenommen worden. Der Chirurg sei zugleich Stadtratskandidat in Puerto Caicedo in der südlichen Region Putumayo, wie die Polizei am Dienstag mitteilte. Bei den Begleitern habe es sich um eine Krankenschwester, einen Krankenhaustechniker sowie um einen Patienten gehandelt – einen angeblichen Kranken, wie die Polizei durchblicken ließ. Zudem sei auch der Ambulanz-Fahrer festgenommen worden. Der Krankenwagen sei auf einer Straße an der Atlantikküste in der Region von Cimitarra gestoppt worden. Hinter einem falschen Zwischendach entdeckten die Ermittler demnach 214 Kilogramm der Droge. Das Kokain sollte in den Hafen von Cartagena gebracht werden. Die Polizisten hätten wegen der langen Fahrt des Krankenwagens aus dem Süden Verdacht geschöpft. Kolumbien ist neben Peru der größte Kokain-Produzent der Welt.
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8Kultur
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Dem greisen Komponisten zugedacht: Peter Härtlings famose Roman-Fantasie "Verdi". Wien – Als der Tonsetzer Giuseppe Verdi (1813-1901) seine Aida komponiert hatte, näherte er sich dem sechzigsten Jahr. Der Greis besaß in den Jahren danach durchaus nicht mehr den Wunsch, eine neue Oper zu schreiben. Verdi war zu diesem Zeitpunkt ein Star. Person wie Werk standen gleichsam im Besitz der jungen italienischen Nation. Seine epochale Geltung wurde höchstens von denjenigen bestritten, die Wagners Gesamtkunstwerk Verdis Bemühungen um Psychologie und Schöngesang vorzogen. Er selbst drohte sich verschiedentlich abhandenzukommen. Peter Härtlings wunderbare Roman-Biografie Verdi beginnt irritierend wie ein Film von Michael Haneke. Der greise Komponist erhebt sich mitten in der Nacht aus dem Bett und droht, den Faden seiner Lebenserzählung zu verlieren. Sein eigener Atem dünkt ihn wie der eines Kindes: Hilf mir, bitte. Ich finde mich nicht zurecht. Seine Frau, die Opernsängerin Giuseppina (Peppina) Strepponi, wärmt Verdi auf und hilft dem Verzagten wieder auf die Sprünge. Er sei kindisch und alt, murmelt der Komponist. Kurze Zeit darauf wird er sein Streichquartett geschrieben haben. Das Stück bildet den Auftakt zum bestürzend neuartigen Alterswerk: dem Requiem, Otello und Falstaff. Verdi stapft durch seine Besitzungen in SantAgata, wird einsilbiger und unzugänglicher. An den Eitelkeiten des Musikbetriebes zeigt er sich zunehmend desinteressiert. Bereits einmal hat ein großer Romancier die rätselhaften Meisterjahre Giuseppe Verdis zum Inhalt einer Epochendeutung gemacht. Franz Werfel veröffentlichte Verdi. Roman der Oper 1924. Er entführte darin in ein spukhaftes Venedig, in dem Verdi, durchaus cholerischen Sinnes, die Begegnung mit dem Antipoden Wagner herbeisehnt, ehe dessen Tod ihm einen Strich durch die Rechnung macht. Der Hesse Härtling (81) hat 90 Jahre später einen anderen Zugang gewählt. Sein Roman in neun Fantasien ist in Aquarell gemalt. Härtling, selbst kein Jüngling mehr, räumt sich das Vorrecht ein, mit dem Verehrten in ein Zwiegespräch einzutreten. Der Bayreuther Konkurrent taucht nur indirekt auf. Vielleicht lässt sich der Unterschied zwischen den Dioskuren wie folgt fassen. Verdi schlägt von allen Seiten Verehrung entgegen. Er selbst schließt sich gegen die Welt ab, auch wenn er sich für die Landbevölkerung starkmacht und in Mailand sogar ein Heim für emeritierte Musiker errichten lässt. Wagner ist ein Erlöser neuen Stils. Er sammelt Jünger, die ihm gleich einem Messias folgen. Zugleich handelt dieses kleine, meisterliche Buch von den Rätseln des Alters. Figuren wie der berühmte Librettist Arrigo Boito bleiben schemenhaft. Dies jedoch nicht, weil ihn Härtling nicht zu beschreiben verstünde. Eher schon sieht Verdi der Welt rund um ihn beim Verlöschen zu. Es ist, als würde das laute, manchmal auch bloß vulgäre 19. Jahrhundert allmählich hinterm Horizont verschwinden.
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7Wissenschaft
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Erste Ergebnisse der Magnetospheric Multiscale Mission der Nasa liegen vor. Das Grazer Institut für Weltraumforschung ist an dem Projekt beteiligt. Graz/Seattle – In der Magnetosphäre der Erde spielen sich faszinierende Prozesse ab. Neue Erkenntnisse über den explosiven Prozess in der Magnetopause der Erde, also der äußeren Begrenzung der Magnetosphäre, liefert die NASA-Satellitenmission MMS. Unter Mitwirkung von Forschern aus Graz wurden nun im Fachblatt Science erste Ergebnisse publiziert. Die Daten liegen für einen Durchflug der Magnetopause im Oktober 2015 vor. Damals flogen die Satelliten offenbar mitten durch die Geburtsregion einer Rekonnexion: Für Plasmaphysiker ist das mit einem Lotto-Sechser zu vergleichen, sagte Wolfgang Baumjohann vom Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Als Rekonnexion bezeichnet man in der Physik die abrupte Umwandlung der Energie magnetischer Felder in Strömungs- und thermische Energie. In Weltraumplasmen beeinflusst diese Energieumwandlung die Wechselwirkung zwischen dem Sonnenwind – dem Teilchenfluss, der von der Sonne abströmt – und dem Erdmagnetfeld und damit auch das sogenannte Weltraumwetter. Dabei kann es zu Problemen etwa bei Satelliten, elektrischen Anlagen, bei der Funkkommunikation oder bei Navigationssystemen kommen. Ein besseres Verständnis der Rekonnexion ist ein wichtiges Ziel für die Plasmaphysik der Erde und des Weltraums, betonten die Autoren unter Federführung von Jim Burch vom Southwest Research Institute in San Antonio (Texas). Im Vorjahr ist die NASA-Satellitenmission MMS (Magnetospheric Multiscale Mission) gestartet, um das Zusammenspiel zwischen den Magnetfeldern von Erde und Sonne genauer zu untersuchen. Nun wurden Daten ausgewertet, die die vier Satelliten in der Grenzregion zwischen dem Sonnenwind und der Erdatmosphäre gesammelt haben, so Baumjohann. Das Grazer IWF ist der größte nicht-amerikanische Partner der Mission und ist am Instrumentenbau wie auch der Datenauswertung beteiligt. Das Besondere an der Mission ist der Maßstab, in dem die Magnetfelder untersucht werden: Die Forscher analysieren den dynamischen Prozess im Millisekundenbereich. Erstmals konnten wir wie mit einem Mikroskop in das Entstehungsgebiet der magnetischen Rekonnexion blicken und quasi die Keimzellen für diesen wichtigen plasmaphysikalischen Prozess untersuchen, so der Wissenschafter. Rekonnexion tritt auf, wenn sich zwei einander entgegengesetzte Magnetfelder in Plasmen zu nahe kommen. Die Feldlinien brechen auf, um sich anschließend neu zu formieren. Dabei werden explosionsartig große Mengen magnetischer Energie in andere Energieformen umgewandelt. Damit Rekonnexion stattfinden kann, müssen die Plasmen des Sonnenwindes und der Erdmagnetosphäre jedoch entmagnetisiert werden: Das heißt, Plasma und Magnetfeld werden entkoppelt, wie Baumjohann erklärte. Die Geräte auf den Satelliten messen laut IWF hundertmal schneller als frühere Missionen. Daher konnte das Verhalten der sehr kleinen und leichteren negativ geladenen Elektronen im Plasma, das bisher nur am Computer simuliert wurde, erstmals direkt beobachtet werden.
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2International
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Noch keine Bestätigung der OSZE über Berufung von derzeitigem UNO-Botschafter. Wien - Der österreichische Spitzendiplomat Martin Sajdik, derzeit UNO-Botschafter in New York, soll laut Berichten der Presse und des Kurier (jeweils Freitagausgabe) der neue Ukraine-Sondergesandte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) werden. Marina Markovic, Sprecherin des serbischen OSZE-Vorsitzes, bestätigte die Berichte gegenüber der APA am Freitag zunächst nicht. Die Ukraine-Beauftragte der OSZE, Heidi Tagliavini, hatte ihr Amt Anfang Juni niedergelegt. Zu den konkreten Beweggründen der Schweizer Spitzendiplomatin, die zwischen den Konfliktparteien vermittelte, machten die OSZE und das Außenministerium keine Angaben. Kurz davor war das Treffen der trilateralen Ukraine-Kontaktgruppe in Minsk vertagt worden. Die Kontaktgruppe, bestehend aus Vertretern Kiews und Moskaus sowie der OSZE, wollte in der weißrussischen Hauptstadt mit den Separatisten über die Umsetzung der im Februar unterzeichneten Friedensvereinbarung beraten. Sajdik wird Tagliavini in ihr Amt im Juli nachfolgen, berichtete die Presse. Seine Wahl habe noch vor der entscheidenden Sitzung in der Nacht auf Freitag als sicher gegolten. Für seine Kür sei nicht die Zustimmung aller 57 Mitgliedstaaten, sondern lediglich des OSZE-Vorsitzlandes Serbien, sowie der Ukraine, Russland, Frankreich und Deutschland nötig. Aus dem Außenministerium hieß es, dass Sajdik bestens für den Job geeignet sei, bestätigen könne man seinen Wechsel zur OSZE aber nicht. Die Letztentscheidung treffe das Vorsitzland Serbien, sagte Ministeriumssprecher Martin Weiss am Freitag zum STANDARD. Serbien unterstützt Botschafter Sajdik. Ernsthafte Gegenkandidaten gibt es nicht, so der Kurier. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) habe beste Kontakte zum derzeitigen OSZE-Vorsitzenden, Serbiens Außenminister Ivica Dacic. Kurz habe sich über die Personalie auch schon mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow und Deutschlands Frank-Walter Steinmeier ins Einvernehmen gesetzt. Der 66-jährige, Russisch sprechende Sajdik ist seit Jänner 2012 Ständiger Vertreter Österreichs bei den Vereinten Nationen. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern, und spricht auch Englisch, Französisch und Italienisch. Der Jurist studierte auch an der Lomonossow-Universität in Moskau und an der Außenstelle der Johns-Hopkins-Universität in Bologna. Er trat 1975 in den Dienst des Außenministeriums und arbeitete ab 1978 bei der österreichischen UNO-Vertretung in Genf; 1980-85 sowie 1989-1991 war er an der Botschaft in Moskau tätig. Zwischendurch wechselte er zweimal aus dem diplomatischen Dienst in die Wirtschaft: Von 1987 bis 1989 leitete Sajdik die Moskauer Repräsentanz der Creditanstalt-Bankvereins und von 1991 bis 1994 war er Spitzenmanager im Maculan-Konzern. Anschließend kehrte er in das Außenministerium zurück und leitete die Abteilung Immobilienmanagement und Beschaffungswesen. 1997 wurde ihm die Abteilung EU-Erweiterung, Außenwirtschaftsbeziehungen sowie Zentral-, Ost-, und Südosteuropa übertragen. 2003 wurde er Leiter der wirtschafts- und integrationspolitischen Sektion im Außenministerium. Ab 2007 war Sajdik österreichischer Botschafter in Peking.
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7Wissenschaft
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Neues Verfahren hilft dabei, den Zustand von Korallenriffen schnell und umfassend zu kartieren. Bremen – Korallenriffe zählen zu den am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffenen Ökosystemen. Verlieren Korallen ihre Symbionten, eine spezielle Algenart, weil diese die steigenden Temperaturen nicht vertragen, bleichen die Riffe aus und sterben schließlich ab. Die Korallenbleiche nimmt seit 2014 wieder im verstärktem Ausmaß zu. Aber auch die Versauerung der Ozeane durch Aufnahme von Kohlendioxid setzt den Korallen zu. Nun haben deutsche Wissenschafter ein optisches Verfahren entwickelt, mit dem sich der Zustand von Korallenriffen wesentlich schneller als zuvor erfassen lässt. Der bisher übliche Prozess, den Gesundheitszustand eines Riffs zu beurteilen, ist ein sehr aufwändiges Verfahren, bei dem nur ein Bruchteil des Riffs abgedeckt wird. Beim von dem Physiker Arjun Chennu und dem Meeresbiologen Joost den Haan vom Bremer Max-Planck-Institut präsentierten Ansatz können erstmals detaillierte Karten der Unterwasserlandschaft erstellt werden. Mithilfe der Kombination einer Spezial-Kamera und einer herkömmlichen Digitalkamera kann ein einzelner Taucher in vergleichsweise kurzer Zeit die Daten eines großes Gebiets sammeln, analysieren und daraus eine Bestandsaufnahme des Riffs erstellen. Die Forscher des Bremer Max-Planck-Instituts haben dieses so genannte Hyperdiver-System jetzt erfolgreich in Papua Neu-Guinea getestet. Ziel war ein Korallenriff, in dessen Nähe es natürliche Kohlendioxidquellen gibt. In der Nachbarschaft dieser Quellen weisen die Korallen bereits unterschiedliche Schädigungen auf: das perfekte Testlabor für das neue HyperDiver-System. Kern der Analyse ist ein Computerprogramm mit einem selbstlernenden Algorithmus, erklärt Chennu. Wir bringen dem System bei, Korallenarten zu erkennen. Das funktioniert im Prinzip so wie bei der Personenerkennung aus der Videoüberwachung. Sein Kollege den Haan ergänzt: Wir erzeugen eine Karte, auf der die Biodiversität des Korallenriffs erkennbar ist. Je mehr Korallenriffe wir kartieren, desto besser wird das System und kann die Vielzahl von Korallenarten unterscheiden. Damit wird es möglich, den jetzigen Zustand genau zu erfassen und Änderungen zu dokumentieren. Bisher gibt es nur einen Prototypen, doch die ersten Ergebnisse stimmen die Wissenschafter optimistisch, dass das Verfahren künftig auf breiter Basis eingesetzt werden kann.
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7Wissenschaft
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Die Forscher der Universität Newcastle haben schon wieder eine Verwendungsmöglichkeit für strenge Blicke entdeckt. Newcastle – Wenn die Werbeindustrie von diesem Studienergebnis Wind bekommt, wird sich bald auf sämtlichen Postwurfsendungen ein aufgedrucktes Augenpaar befinden. Das hemmt nämlich offenbar deutlich die Bereitschaft, einen solchen Zettel achtlos wegzuwerfen, wie Forscher der Universität Newcastle berichten. Schon vor einigen Jahren hatten Forscher dieser Universität ein psychologisches Experiment mit der Wirkung eines strengen Blicks durchgeführt. Sie hatten Poster mit verschiedenen Motiven in der Cafeteria ihres Instituts aufgehängt – und zwar dort, wo um Beiträge für die allgemeine Kaffeekassa gebeten wurde. Das Ergebnis: Wenn das Motiv ein streng blickendes Augenpaar war, stiegen die Einzahlungen auf fast das Dreifache gegenüber dem Normalwert an. Nun hat das Team um Melissa Bateson und Daniel Nettle für ein weiteres Verhaltensexperiment erneut Augen strategisch platziert – und zwar auf Flugzetteln. Sie stellten zwei Versionen hier, die sich in nur einem Detail unterschieden: Eine Version zeigte ein wachsames männliches Augenpaar, die andere, ansonsten identische, nicht. Und während letzteres Flugblatt mit einer Rate von 15,6 Prozent achtlos fallen gelassen wurde, war dies nur bei 4,7 Prozent der beäugten der Fall. Bateson und Nettle sehen im Ergebnis ihres in PeerJ präsentierten Experiments eine weitere Bestätigung dafür, dass sich Menschen sozialer verhalten, wenn sie sich beobachtet fühlen. Offenbar reichen schon Bilder von Augen, um dieses Gefühl zu wecken – oder vielleicht wirken diese auch nur als Erinnerung daran, dass man nicht allein auf der Welt ist. Das Thema der Flugzettel war übrigens die Neuauflage eines weiteren Experiments der Forscher, das 2013 durchgeführt worden war. Damals versahen sie die Ermahnung, sich vor Fahrraddieben in Acht zu nehmen und Fahrräder immer anzuketten, mit dem langsam zu Newcastles Trademark werdenden Augenpaar. Die Fahrraddiebstähle gingen daraufhin den Forschern zufolge um 62 Prozent zurück – und die Strategie wurde von den Behörden der Region übernommen. Die Forscher sprechen von nudge psychology, also von einem kleinen Schubser in die richtige Richtung. Diesem Konzept zufolge verhalten sich Menschen kooperativer und sozialer, wenn man ihnen unter allen Handlungsoptionen die beste aufzeigt, ohne sie ihnen aber aufzuzwingen. Bateson und Nettle würden das Ganze nun gerne dort ausprobieren, wo sich jede Menge fallengelassener Müll, der das Straßenbild verunziert, vermeiden ließe: auf Verpackungen von Fast Food.
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6Etat
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Die Zeichnerin des "Falter"-Covers musste die Zusammenarbeit mit dem feministischen Magazin beenden. Wien – Die Zeichnerin des vom Presserat gerügten Falter-Covers, Bianca Tschaikner, und das feministische Magazin Anschläge beenden ihre Zusammenarbeit. Laut Falter-Chefredakteur Florian Klenk steht die Beendigung der Zusammenarbeit in direktem Zusammenhang mit der Anfang Jänner gezeigten Coverillustration. Das feministische Magazin Anschläge haut @BTschaikner raus, weil sie Übergriffe in arabischen Ländern und Köln thematisiert, berichtet Emma Die Gegendarstellung folgte prompt auf Facebook. Laut Anschläge wurde die Zusammenarbeit einvernehmlich beendet: Tschaikner sieht das anders: die an.schläge stehen nicht zu ihren eigenen entscheidungen. die zusammenarbeit wurde nicht einvernehmlich beendet https://t.co/pI4DkSzcTr Unterdessen regt Armin Wolf eine Podiumsdiskussion zum Thema an: Würde sehr gerne zu einer Podiumsdiskussion zw. @Presserat @florianklenk u. @RichardSchmitt2 gehen. Wäre das nix, @fjumwien o. @NZZat? Der Presserat hatte das Titelbild gerügt, auf dem mittels Illustration die Übergriffe in Köln zur Silvesternacht thematisiert wurden. Eine Leserin habe sich an den Presserat gewandt und kritisiert, dass die Männer als spezifisch nordafrikanisch porträtiert würden, hieß es. Nach Ansicht des Presserats handelt es sich bei dem Cover um Pauschalverunglimpfung und Diskriminierung.
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3Wirtschaft
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Gewerkschaft verhandelt seit Mittwoch über Sozialplan und Arbeitsstiftung für Mitarbeiter, die nicht übernommen werden. Wien – Für jene Baumax-Mitarbeiter, die nach der Übernahmen durch Obi keine Zukunft mehr im Unternehmen haben, wird seit Mittwochnachmittag um einen Sozialplan sowie die Einrichtung einer Arbeitsstiftung verhandelt. Belegschafts- und Unternehmensvertreter sowie Gewerkschaft und Arbeiterkammer haben die Verhandlungen aufgenommen. Hinter vorgehaltener Hand beklagte man bei der Gewerkschaft, dass leitende Angestellte von Baumax vor allem daran interessiert seien, für sich möglichst gute Abfertigungspakete auszuhandeln. Kaum Betriebsräte Einen Konzernbetriebsrat gibt es bei Baumax nicht. Lediglich an drei Standorten wurde überhaupt eine Belegschaftsvertretung gewählt. Der Chef der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), Wolfgang Katzian, meinte vor den Verhandlungen, mit dem Sozialplan müssten sämtliche möglichen Betroffenen gut abgesichert werden. Wie viele Mitarbeiter wirklich gehen müssen, ist nach wie vor unklar. Beim AMS-Frühwarnsystem wurden 1.100 von gut 3.700 Mitarbeitern angemeldet. Katzian glaubt aber, dass es am Ende nicht mehr als 700 sein werden. Bis zu vier Jahre Arbeitslosengeld Für sie wird voraussichtliche eine Arbeitsstiftung eingerichtet. Der Vorteil für die gekündigten Mitarbeiter: Sie können bis zu drei Jahre Arbeitslosengeld beziehen, in begründeten Fällen sogar vier Jahre. Der ursprüngliche Anspruch auf Arbeitslosengeld bleibt davon unberührt. Wie berichtet übernimmt die deutsche Baumarktkette Obi mit dem heimischen Partner Supernova 49 von 65 Standorten in Österreich. 16 gelten also als gefährdet, wobei sich für den Standort Saalfelden mit Lagerhaus bereits ein Nachfolger gefunden hat. Käufer werden auch für andere Standorte gesucht: Als bedroht gelten unter anderem die Standorte Eisenstadt, Judenburg, Steyr, Graz-Nord, Mistelbach, Spittal an der Drau, Neu-Rum in Tirol, Mistelbach sowie die Zentrale in Klosterneuburg, Wien-Inzersdorf und Stadlau. Schuldenschnitt? Spekuliert wird in der Branche auch, ob die heimischen Banken Raiffeisen, Erste und Bank Austria einen Teil ihrer Kredite abgeschrieben haben. Die Baumax-Verbindlichkeiten sollen bei rund einer Milliarde Euro gelegen sein. Der Verkauf der Essl-Kunstsammlung brachte rund 117 Millionen, der Obi-Deal soll 200 Millionen Euro schwer sein. Ohne Schuldenschnitt durch die Banken mache aber ein Einstieg der Deutschen wenig Sinn, heißt es. Die Institute dürfen wegen des Bankgeheimnisses keine Auskunft darüber geben.
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7Wissenschaft
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In einem Wiener Sicherheitsprojekt wird erforscht, ob und wie Personenüberprüfungen und Passkontrollen maschinell abgewickelt werden könnten. Wien – Oft ist es schon für die eigenen Freunde schwierig, einen auf einem alten Passfoto zu erkennen. So ist klar, dass es für jemanden, der einen nicht kennt, umso schwieriger ist, das Foto zu identifizieren. Das ist Talentsache, weiß Franz Daubner vom Austrian Institute of Technology (AIT). Studien hätten gezeigt, dass Menschen darin generell erstaunlich schlecht und zudem sehr unterschiedlich begabt seien. Gesichtserkennungsalgorithmen sind noch nicht so gut wie die besten Menschen, aber besser als der Durschnitt, sagt der Bildverarbeitungsexperte, der das Projekt Modentity leitet, das sich mit neuen, mobilen technischen Anwendungen für die Identitätsverifikation und Personenkontrolle beschäftigt. Das vom Verkehrsministerium geförderte Projekt ist im Sicherheitsforschungsprogramm Kiras eingebettet, beteiligt sind zudem das Innenministerium, das Institut für empirische Sozialforschung (IFES), die Staatsdruckerei und die Firma rubicon. Im Rahmen von Modentity soll eine Software für das Smartphone entwickelt werden, das Polizeibeamte bei der Personenkontrolle unterstützt. Dabei geht es vor allem um Amtshandlungen von Grenz-, Fremden- und Kriminalpolizei. Die Kamera des Smartphones soll die Gesichtserkennung, den Fingerabdruckscan und die Dokumentenprüfung unterstützen. Um eine Person mit dem Passfoto in ihrem Reisedokument zu vergleichen, wird ein Foto von ihrem Gesicht gemacht, das die neue Software anschließend mit dem Bild vergleichen kann, das auf dem Chip des Dokuments gespeichert ist. Daubner geht davon aus, dass dies den Menschen angenehmer sein könnte als der prüfende Blick eines Beamten, der ansonsten zur Identifikation nötig ist. In einer Bürgerbefragung, die in Kürze startet, wird das Ifes diese Annahme überprüfen. Die Fotos sollen nur über die Dauer der Identifikation gespeichert bleiben und dann sofort gelöscht werden. Datenschutz und Datensparsamkeit seien wichtige Themen, sagt Daubner, da muss alles passen. Momentan lässt er das Modell in einem Rechtsgutachten überprüfen. Auch für den Fingerabdruckscan erhofft sich Daubner durch den Einsatz des Smartphones für die Menschen ein angenehmeres Prozedere. Im Zuge von Modentity soll ein kontaktloser Scan entwickelt werden. Es gibt Studien, die zeigen, dass viele Menschen große Probleme damit haben, ihren Finger auf ein Gerät zu legen, das schon zahlreiche Menschen vor ihnen berührt haben. Bei der neuen Technologie würde der Finger hingegen fotografiert. Schwierig wird es allerdings, wenn das Fingerfoto mit einem klassisch aufgenommenen Fingerabdruck verglichen werden soll. Beim herkömmlichen Scan muss der Finger platt an eine Scheibe gedrückt werden und bekommt dadurch eine andere Form. Ein weiteres Problem ist es, ein solches Foto ausreichend auszuleuchten. Bei Abschluss des Projekts, das seit 2013 und noch bis Ende 2016 läuft, soll der erste Prototyp einer Handyhülle gebaut sein, auf der zusätzliche Beleuchtung angebracht werden kann. Das Smartphone soll schließlich auch als Pass- und Dokumentenlesegerät einsatzfähig werden. Mithilfe der neuen Software könne es den Chip elektronischer Reisepässe auslesen. Außerdem soll es möglich sein, ?die optischen Sicherheitsmerkmale wie etwa Hologramme automatisiert zu verifizieren und so die Echtheit des Dokuments zu überprüfen. Bisher könnten das die wenigsten Lesegeräte, man betritt wissenschaftliches Neuland. Davon, alle diese Funktionen in einem Smartphone zu vereinen, verspricht sich Daubner Vorteile auf verschiedenen Ebenen. Einerseits ist es ein Objekt, an das die Menschen gewöhnt sind und das so eventuell weniger Abschreckung erzeugt. Andererseits ist es auch technisch sinnvoll. Das Smartphone bietet eine leistungsstarke Hardware für wenig Geld, sagt Daubner. Der Markt für Grenzkontrollgeräte sei wesentlich kleiner, und die Möglichkeit, Neues zu entwickeln, dementsprechend geringer. Das Projektziel von Modentity ist kein fertiges Produkt, sondern ein Prototyp, der neue Möglichkeiten aufzeigen soll. Daubner betont, dass es dabei nicht nur um technische, sondern auch soziale und ethische Kriterien geht. Damit eine möglichst hohe Akzeptanz gegenüber der neuen Technologie erreicht wird, werden neben den Bürgern auch die Beamten, die die Geräte verwenden sollen, in die Entwicklung eingebunden. Oft geht es um Details im Userinterface und im Ablauf – darüber müssen wir uns rechtzeitig klar werden, sagt Daubner. Bei der Bürgerbefragung gehe es um die andere Seite. Der Prozess der Personenkontrolle soll auch für die zu Kontrollierenden so angenehm wie möglich gemacht werden. So soll möglichst wenig Aufmerksamkeit erregt werden, um Schaulustige zu vermeiden. Auch soll eruiert werden, in welcher Form etwa akustische Signale die Prozedur positiv beeinflussen. Grenzschutz und Personenkontrolle sind heikle Themen und bekommen nicht zuletzt wegen der sich zuspitzenden Flüchtlingskrise Aktualität. Die Ideen, die im Rahmen von Modentity entwickelt werden, brauchen noch eine Weile bis zu ihrer Umsetzung. Dennoch könnte die aktuelle Situation indirekt auf das Forschungsprojekt einwirken. So werde die bevorstehende Bürgerbefragung durch die aktuelle Aufmerksamkeit für das Thema beeinflusst, sagt Daubner: Ich denke, dass somit zeitgemäßes Feedback zu wichtigen gesellschaftlichen Aspekten einfließt.
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6Etat
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Konkret: Contergan-Skandal | Der Batman von Mexiko | Erlesen | "Mein Kampf" – Das gefährliche Buch | Die Geister, die ich rief | Fanboys. 18.30 MAGAZINKonkret: Contergan-Skandal – Neue Chancen und alte Gefahren Mit dem Medikament Contergan behandelte man Ende der 1950er werdende Mütter. Etwa 12.000 Kinder kamen aufgrund des Inhaltsstoffs Thalidomid mit körperlichen Missbildungen zur Welt. Den umstrittenen Wirkstoff verwendet man heute noch. Ein Bericht von Judith Langasch. Bis 18.51, ORF 2 20.15 DOKUMENTATIONUniversum: Der Batman von Mexiko – Retter der Fledermäuse Die BBC-Dokumentation von Tom Mustill zeigt die vom Aussterben bedrohten Zugfledermäuse auf ihrer Reise von den Tempeln der Maya bis zu den Grenzen der USA. Erstmals zu sehen: die Geburt einer Blütenfledermaus. Bis 21.05, ORF 2 20.15 MAGAZINErlesen Gäste bei Heinz Sichrovsky: Vatikanexperte und Bestsellerautor Andreas Englisch, Rom-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder, Uno-Experte Kilian Kleinschmidt und Autor Andreas Salcher. Bis 21.05, ORF 3 20.15 DOKUMENTATIONMein Kampf – Das gefährliche Buch Am 1. Jänner 2016 endet das Urheberrecht von Adolf Hitlers Propagandaschrift Mein Kampf. Manfred Oldenburg geht der Frage nach, ob der ultranationalistische Inhalt heute noch gefährlich sein könnte. Dabei wird deutlich, dass die mentalen Anknüpfungspunkte immer noch vorhanden sind. Bis 21.10, Arte 20.15 HUMBUGDie Geister, die ich rief (Scrooged, USA 1988, Richard Donner) Sehr frei nach Charles Dickens spielt Bill Murray einen zynischen und grantigen Fernsehproduzenten, den ein paar recht infernalische Geister wieder auf den richtigen Weg bringen wollen. Eine Reihe von Gästen taucht in Cameos auf: Miles Davis und David Sanborn sind als Straßenmusikanten zu sehen. Bis 22.05, Servus TV 20.15 OLYMPIACool Runnings – Dabei sein ist alles (USA 1993, Jon Turteltaub) Derice (Leon Robinson) will an den Olympischen Spielen in Seoul teilnehmen. Die Qualifikation zum Kurzstreckenlauf hat nicht gereicht, aber da gibt es ja noch Irv (John Candy). Der wird kurzerhand Trainer der ersten jamaikanischen Bobmannschaft: Das geht über eure Vorstellungskraft, Jamaika hat ’ne Bobmannschaft! Bis 22.15, ATV 21.05 MAGAZINReport Themen bei Susanne Schnabl: 1) Asylstrategie: Während Österreich über einen kurzen Zaun mit Lücken debattiert, plant die EU-Kommission ein komplett neues Grenzschutzkonzept für die gesamte Union. 2) Gast im Studio ist Johannes Hahn, EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen. 3) Das Jahr der Extreme: das Jahr der Flüchtlinge und des Terrors, das Jahr der politischen Veränderungen und wirtschaftlichen Umbrüche. 4) Wachteln ohne Schutz: Bilder, die den Appetit auf weihnachtliche Leckerbissen verderben könnten. Bis 22.00, ORF 2 22.00 TALKWillkommen Österreich Zu Gast bei Dirk Stermann und Christoph Grissemann: der österreichische Fußballspieler Marc Janko (FC Basel) und der deutsche Komiker und Autor Michael Mittermeier. Bis 22.55, ORF 1 22.30 MAGAZINKreuz & quer: Dänischer Albtraum – Flüchtlinge in der Warteschleife Die Dokumentation zeigt Wasiullah, einen Flüchtling aus Afghanistan, der vor vier Jahren nach Dänemark gekommen ist. Seinen Asylantrag lehnte man dort mehrfach ab. Er flüchtete weiter nach Italien, wo er auf der Straße leben muss. Ab 23.20 Uhr: kreuz und quer diskussion – Menschenrechte: Können wir sie uns noch leisten? Bis 0.15, ORF 2 23.45 NERDFanboys (USA 2009, Kyle Newman) 1998: Linus (Chris Marquette) ist an Krebs erkrankt und wird die Premiere von Star Wars: Episode I nicht mehr erleben. Deshalb beschließen seine Freunde Hutch (Dan Fogler), Windows (Jay Baruchel) und Eric (Sam Huntington), mit ihm nach Kalifornien zu fahren, um dort auf der Skywalker Ranch von George Lucas eine Kopie des Films zu stehlen. Schneller und lustiger Roadtrip, vollgestopft mit Nerd-Elementen. Bis 01.05, BR
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8Kultur
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Der norwegische Autor rückte mit seiner monumentalen Autobiografie "Min Kamp" zum literarischen Weltstar auf. Nun liegt "Träumen", der fünfte von sechs Teilen, auf Deutsch vor. Am Mittwoch liest er daraus im Wiener Rabenhof. Wien – Man könnte jetzt etwas generalistisch sein und behaupten, dass der Blues nur dort entsteht, wo harte Feldarbeit und ethnische Diskriminierung in einem kapitalistischen Ausbeutersystem Hand in Hand gehen. Und weil es den Menschen dabei so schlecht geht, wird dann naturgemäß die Kunst besser und irgendwie auch intensiver, auf jeden Fall aber betroffener machend. Sich im Leid zu versenken kann in der Freizeit durchaus stimmungsaufhellende Wirkung zeitigen. Man verwechselt Klagegesänge ja auch gern mit einem Befreiungsschlag: Oh, Lord, ich bin so weit unten, dass selbst unten bei mir oben ist. Oh, oh, oh. Irgendwann ab den Leiden des jungen Werther, den Alben Depeche Modes, Nirvanas und Radioheads, dem Gesumse von Kärntner Suhrkamp-Autoren oder dem einzig möglichen, nämlich das Leid der Welt als Monstranz vor sich hertragenden Gesichtsausdruck Robert Pattisons in der Beileidsaga wurde die ganze Angelegenheit von unsereinem übernommen. Privilegierter und trotz aller Bemühungen in Richtung sozialwirtschaftlicher Volatilität relativ spitzenmäßig abgesicherter weißer männlicher Mittelstand der Ersten Welt legitimiert für sich selbst das Leiden. Männer wie wir erklären es zur einzig relevanten Kunstform: Ich habe für meine Kunst gelitten. Jetzt sind Sie dran! In Norwegen ist Karl Ove Knausgård diesbezüglich Ende der Nullerjahre zum absoluten Superstar der Selbstzerfleischungsliteratur geworden. Nach Anfängen etwa mit dem im alttestamentarischen Arche-Noah-Weltuntergangsgenre angesiedelten, wuchtigen und alles andere als stimmungsaufhellenden Engelroman Alles hat seine Zeit begann Knausgård in rascher Folge, mit gerade einmal 40 Erdenjahren sein sechsbändiges, 3600 Seiten starkes Hauptprojekt anzugehen. Min Kamp (Mein Kampf), dessen Einzelbände im Deutschen naturgemäß anders heißen müssen und deshalb unverbindliche Lalelu-Namen wie Sterben, Lieben, Leben, Spielen tragen, ist ein in der Literatur selten gewordenes Manifest der Maßlosigkeit. Karl Ove Knausgård wurde 1968 ins reiche und dank Erdöls rentenmäßig noch mehrere Generationen lang abgesicherte Norwegen geboren. Der Autor seziert in Min Kamp sein, sagen wir es vorsichtig, nicht unbedingt von seltsamen Vorkommnissen und unerwarteten Ereignissen beziehungsweise Sensatiönchen auch nur mittlerer Aufmerksamkeitswürdigkeit gekennzeichnetes Leben. Geburt, Schule, Arbeit – der Tod kommt zum Schluss. Bei gerade einmal fünf Millionen Einwohnern verkaufte Knausgård von Min Kamp allein in Norwegen 500.000 Stück seiner Autobiografie, international hat er sich ebenfalls zu einem Bestseller gemausert. Nun liegt mit Träumen der fünfte der sechs von Knausgård bereits 2011 abgeschlossenen Bände auf Deutsch im Luchterhand-Verlag vor – und ihm geht es erwartungsgemäß auch weiterhin nicht ganz so toll. Die Reihenfolge der Lektüre dieser trotz aller Redundanz und Feier des existenziellen Scheiterns durchaus süchtig machenden Literatur ist vollkommen egal. Nach Sterben, dem ersten Band von Min Kamp, in dem Knausgård im Wesentlichen schildert, wie sich sein Vater totsäuft und was bei der Entrümpelung eines total verwahrlosten Hauses alles an ekeligen Arbeiten anfällt, hat man freies Spiel in seinem Stationendrama. In Lieben etwa geht es um seine erste Ehe und deren Scheitern. Zwischen quälender Trostlosigkeit, Trott, Leerlauf, Trott, dem Absterben der Liebe und nervenden Kindern versucht hier eine zerbrechliche Künstlerseele Ruhe und Kraft zu finden – und sich möglichst oft in der Schreibstube zu verstecken. Das ist in all seinem Elend und seinen seelischen Befindlichkeiten, die farblich zwischen herbstfahlem Licht und mittelgrauer Nebelsuppe schwingen, mitunter auch hochkomisch, etwa wenn sich Knausgård, ausgehend von einem Kindergeburtstag, zu einer Tirade über Helikoptermütter, Mineralwassermissbrauch und Karottensticks statt Schokokuchen aufschwingt. Tatsächlich erweisen sich die über die Welt und ihre Gesamtsituation erbosten essayistischen Ausrutscher zwischen all der unerbittlichen, mit sich selbst gnadenlos ins Gericht gehenden Zerknirschungsliteratur als die wahren Pageturner in Karl Ove Knausgårds Werk. Man muss dazu bemerken, dass es möglicherweise besser ist, nur einen Band pro Jahr davon zu lesen, wenn man es nicht so wahnsinnig gern hat, dass man andauernd hinuntergezogen wird. Wenn man aber wissen will, wie leidensfähig der junge weiße Mann unserer Zeit heute etwa als lebensüberdrüssiger Lehrer im für Badenixen nicht gerade empfehlenswerten norwegischen Bergen ist und als angehender Schriftsteller im nun auf Deutsch vorliegenden 800 Seiten schweren Träumen nicht und nicht an sein Talent glaubt, der bekommt bei Knausgård das volle Programm. Apropos: Wir verdanken dem Mann auch eine der erschütterndsten Szenen der Literaturgeschichte. In Spielen erzählt Knausgård von einem traumatischen Kindheitserlebnis beim Schwimmunterricht. Die Mutter kaufte ihm eine Badehaube mit Blumenbesatz. Danach, so viel ist sicher, wird man die Welt mit anderen Augen sehen.
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7Wissenschaft
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An der spezifischen DNA der Tiere lässt sich erkennen, aus welcher Gegend eine von ihr befallene Person stammt. Brunswick – Sie gehören zu jenen Lebewesen, die fast jeder von uns mit sich herumträgt: Die durchsichtigen Haarbalgmilben leben, wie der Name schon sagt, in den Haarbälgen oder Haarfollikeln. Meist drei der knapp 300 Mikrometer (also 0,3 Millimeter) kleinen Spinnentierchen teilen sich dabei einen Follikel. Der Mensch ist dabei keine Ausnahme: So gut wie jede Säugetierart hat ihre eigene Spezies von Haarbalgmilben. Beim Menschen tritt Demodex folliculorum vor allem im fortgeschrittenen Alter auf und kann selten aber doch zu Hautkrankheiten (wie Rosazea) beitragen. Ein internationales Forscherteam um den Biologen Michael Palopoli (Bowdoin College in Brunswick) hat nun die Milben aus rein wissenschaftlichen Gründen unter die genetische Lupe genommen: Sie wollten einfach mehr über die Spinnentiere herausfinden – nicht zuletzt darüber, wie sie von einer Person auf die nächste gelangten. Die Forscher verglichen für ihre im Fachblatt PNAS veröffentlichte Untersuchung die DNA von Haarbalgmilben aus den Haarfollikeln von 70 Menschen weltweit und machten eine überraschende Entdeckung: Die spezifische DNA der Tiere verrät viel über die Herkunft der Menschen. Sie entdeckten bei Menschen europäischer Abstammung einen spezifischen Milbenstamm und drei genetisch andere andere Milbenstämme, die bei Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika besonders häufig sind. Die Forscher konnten auf diese Weise eindeutige Schlussfolgerungen ziehen, aus welcher Gegend die Besitzer der jeweiligen Milben kamen, selbst wenn diese Migrationen hinter sich hatten. Denn allem Anschein nach werden Milben vor allem innerhalb einer Familie weitergegeben und nicht durch die jeweilige neue Umwelt. So wie etwa auch das Darmbakterium E. Coli scheinen also auch Milben etwas über die Ausbreitung des Menschen aus Afrika über den Planeten verraten zu können.
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1Panorama
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Auch UNHCR wirbt für rasche Übergangslösungen. Wien/Traiskirchen – Die Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen steht vor einem Aufnahmestopp. Ab kommender Woche dürften in die vollkommen überfüllte Einrichtung in der niederösterreichischen Gemeinde keine neuen Asylwerber mehr aufgenommen werden. Angesichts der unhaltbaren Zustände mit hunderten Obdachlosen auf dem Gelände wird das Innenressort aller Voraussicht nach neue Notquartiere schaffen. Offiziell haben die Länder noch bis Ende des Monats, also bis Samstag, Zeit, genügend Unterkünfte zu schaffen, um eine Entlastung Traiskirchens zu ermöglichen. Immerhin beherbergt die örtliche Aufnahmestelle, die für rund 1.800 Personen ausgelegt ist, mittlerweile etwa 4.500 Flüchtlinge. Doch es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass bereits in den kommenden Tagen genug Unterkünfte seitens der Länder angeboten werden, um zu einer echten Entspannung der Lage beizutragen. Druck kommt derweil von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), der gestern in der ZiB 2 kundtat, eine gesundheitspolizeiliche Untersuchung in Traiskirchen angeordnet zu haben. Denn es gebe die latente Gefahr von Epidemien und Seuchen. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wiederum kündigte gestern in der ZiB 1 an, Traiskirchen als Anlaufstelle zu stoppen, wenn die Bundesländer bis zum 31. Juli keine tragfähigen Konzepte auf den Tisch legen. Da auch die bereits in Betrieb befindlichen Verteilerquartiere in den Ländern voll sind, müssen wohl seitens des Bunds neue Kapazitäten geschaffen werden. Aus dem Innenministerium hieß es auf Anfrage, dass man an der Bereitstellung von notdürftigen Quartieren arbeite. Auf Details will man sich vorerst nicht einlassen. Als möglich gilt beispielsweise, dass wie beim umstrittenen Quartier in Spital am Semmering im Vorjahr jetzt wieder größere, allenfalls leerstehende Hotels angemietet werden, um dort größere Flüchtlingsgruppen unterbringen zu können. Auch weitere Zeltstädte sind nicht auszuschließen. Eher unwahrscheinlich sind Container-Lösungen, da hier in den meisten Bundesländern die Zustimmung der Gemeinden notwendig wäre. Mit dem sich anbahnenden Aufnahmestopp in Traiskirchen würde das Innenministerium einem Appell des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR entsprechen. Die Situation sei untragbar, gefährlich und menschenunwürdig, meinte Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich, anlässlich eines Besuchs in Traiskirchen. Es brauche äußerst rasch kurzfristige Übergangslösungen, um die Obdachlosigkeit zu beenden. Das UNHCR geht davon aus, dass aufgrund der weltweiten Krisen die Zahlen der Asylsuchenden global und auch in Europa auf hohem Niveau bleiben werden: Wir schlagen vor, eine Taskforce zu gründen, um eine mittel- und langfristige Strategie im Asylbereich zu erarbeiten. Vordringlich erscheint Pinter dabei auch eine Erhöhung der Tagsätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, um adäquate Betreuungsplätze für sie zu finden. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) hat am Mittwoch gefordert, anlässlich der ungelösten Asylthematik in Österreich und der Europäischen Union schnellstmöglich einen Fünf-Punkte-Plan umzusetzen. Außerdem sei ein Assistenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres zur Unterstützung der vielfältigen Aufgaben der Polizei für ihn durchaus denkbar. Die Errichtung eines Erstaufnahmezentrums an der EU-Schengenaußengrenze sei unumgänglich. Wenn der Asylstatus vergeben wird, müssen die Flüchtlinge gemäß einer europäischen Quote auf alle EU-Länder aufgeteilt werden, betonte Niessl. Und es müsse eine Asylobergrenze definiert werden, forderte er. Im Burgenland betrage diese ca. ein Prozent der Bevölkerung. Nur so könne ein gemeinsames Zusammenleben ohne gröbere Konflikte vonstattengehen. Die Asylthematik wieder in komplette Bundeskompetenz zu geben ist ein Vorschlag, den man ohne Tabus diskutieren sollte, meinte der Landeshauptmann. Ich fordere bereits seit längerer Zeit Grenzkontrollen zur stärkeren Bekämpfung von internationalen Schlepperbanden. Dieser Forderung hätte man schon längst nachkommen müssen. Zudem ist ein gezielter Ausbau der Schleierfahndung dringend vonnöten. Dieser Punkt kann nur in Verbindung mit einer Personalaufstockung der Exekutive effektiv umgesetzt werden, so Niessl. Aus den anderen Bundesländern kommt ebenfalls der Wunsch, die Zahl der Flüchtlinge, die nach Österreich dürfen, insgesamt zu begrenzen. Außerdem wird einem zeitlich befristeten Asylstatus das Wort geredet. Nicht nur Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) forderte solches am Mittwoch, auch seine Kärntner Parteifreunde äußerten sich in diesem Sinn. Haslauer will einen Punkt, an dem es genug ist mit Hilfesuchenden in Österreich, definiert haben, schrieben die Salzburger Nachrichten am Mittwoch. Die Bevölkerung frage sich: Wie viele noch?, und das müsse die Regierung rasch beantworten. Erstens: Wie viele Flüchtlinge nimmt Österreich insgesamt auf? Zweitens: Was ist mit dem Konzept von befristetem Asyl? Und drittens: Was ist der Plan auf europäischer Ebene?, so Haslauer in der Zeitung. Die Kärntner ÖVP sprach sich am Mittwoch via Aussendung ebenfalls für Asyl-Obergrenzen aus. Landesparteiobmann Christian Benger bezeichnete Österreich als Sozialschlaraffenland und meinte: Wir brauchen eine klare Obergrenze, denn alles werden wir einfach nicht verkraften können. Die Frage Wie viele denn noch? stehe täglich im Raum. Es sei zu hinterfragen, dass anerkannte Flüchtlinge Zugang zu Sozialleistungen bekommen. Daher brauche es ein Konzept für zeitlich befristetes Asyl.
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7Wissenschaft
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Vor allem Mütter leisten zu Hause Co-Unterricht. Das kann die soziale Undurchlässigkeit im Bildungssystem verstärken, sagt Linguistin Helga Kotthoff. STANDARD: Sie forschen aktuell über die Kommunikation zwischen Eltern und Lehrpersonal – und fokussierten sehr schnell auf die Mütter. Warum? Kotthoff: Es stellte sich in den Gesprächsaufnahmen heraus, dass es fast nur Mütter sind, die diese Gespräche mit Lehrerinnen und Lehrern führen. Mütter erzählen mit einem unglaublichen Detailreichtum, was mit den Kindern zu Hause verhandelt wird, und es zeigt sich, dass Mütter sehr stark eine Identität der Co-Lehrerin haben – und sie sind auch Co-Lehrerinnen! Die Pädagogin Heidi Schrodt hat mir bestätigt, dass unsere Schulsysteme, das deutsche genauso wie das österreichische, voll mit dem Einsatz der Eltern, im Klartext der Mütter, rechnen. Das ist ein halbbewusstes Wissen: Die Mütter wissen, dass sie in der Schule diese Identität zum Anschlag bringen müssen. Migrierte Mütter machen das hingegen nicht, erstens weil sie nicht immer die Deutschkenntnisse haben und zweitens weil sie diese schulischen Realitäten gar nicht so durchschauen können. STANDARD: Wie kamen Sie auf die Untersuchung der Gespräche zwischen Eltern und Lehrpersonen? Kotthoff: Es gibt zu dieser Gesprächsform im deutschsprachigen Raum kaum Literatur, und sie ist völlig unerforscht. In anderen Ländern mit anderen Schulsystemen gibt es diese Co-Lehrerinnen-Identität viel weniger, z. B. in Frankreich, wo die Schule erst um fünf endet. Bei uns haben die Kinder zum Beispiel die Hausaufgabe, eine Powerpoint-Präsentation zu machen, was in der Schule nicht vorbereitet wurde. Und dann setzen sich die akademischen Eltern hin und machen das mit ihnen. Doch was machen die Eltern, die selbst noch nie eine Powerpoint-Präsentation gemacht haben? Die Schule spiegelt diese Seite von sich selber. Es gibt eine Verbindung von Mikro und Makro: Wir wissen aus der soziologischen Makroebene, dass sich in den deutschsprachigen Gesellschaften die Herkunft im Bildungssystem extrem durchschlägt. Kinder aus gebildeten Haushalten kommen hochprozentig ans Gymnasium, die anderen nicht. Und diese Identitäten führen die Mütter auf der Mikroebene vor. STANDARD: Die starke soziale Selektion des Bildungssystems wird durch das implizite Wissen der Mütter, Co-Lehrerin sein zu müssen, verstärkt? Kotthoff: Ja, einerseits können das nicht alle, doch wenn es eine Mutter kann, wirkt das auf Lehrer und Lehrerinnen sehr kompetent. Bis vor kurzem waren in Deutschland die Empfehlungen der Lehrer und Lehrerinnen für den weiterführenden Schulweg noch bindend. Und in meinen Interviews mit Lehrpersonen sagen diese: Ja klar, wenn die Mutter Akademikerin ist, dann bringt die ihre Tochter schon durchs Gymnasium. Heidi Schrodt macht in ihrem Buch Sehr gut oder Nicht genügend? Schule und Migration in Österreich klar, dass etwa auch türkischstämmige Eltern sehr bildungsorientiert sind, aber sie trauen sich oft nicht in die Schule und zu den Elternsprechtagen. Sie wissen oft nicht, wie sie sich verhalten sollen, und sprechen womöglich gebrochenes Deutsch. Und sie haben auch dieses implizite Wissen über ihre Rolle nicht. In der Türkei gibt es etwa dieses Sichverlassen darauf, dass das Elternhaus ausgleichend wirken muss, nicht. Das Sichverlassen auf die Schule ist viel stärker. STANDARD: Wechseln wir zu einem anderen großen Forschungsgebiet von Ihnen, dem Humor. Vor Jahren haben Sie unter anderem festgestellt, dass Männer die Witze reißen und Frauen darüber lachen. Gilt das noch? Kotthoff: Das war ein Forschungsergebnis aus den 1980er-Jahren und gilt nur noch für sehr wenige Kontexte, konkret für sehr hierarchische. Es geht auch nicht nur darum, dass Männer Witze machen, sondern sehr statushohe Männer. In vielen Krankenhäusern gibt es zum Beispiel steile Hierarchien, in solchen Kontexten werden witzige Bemerkungen auch über anwesende rangniedrigere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gemacht. So etwas können sich nur Menschen in sehr hohen Positionen leisten, und da sind nun einmal nicht viele Frauen. STANDARD: Das heißt, soziale Hierarchien entscheiden darüber, wer welche Witze machen darf? Kotthoff: Es geht nicht nur um Männlichkeit, sondern das Auftreten in Gesprächen ist immer mit anderen Faktoren verbunden. Ich spreche lieber von Scherzkommunikation, weil Humor vor allem im Deutschen stark eine psychologische Lesart hat; etwa man hat Sinn für Humor oder nicht. Wenn zum Lachen eingeladen wird, dann ist das im weitesten Sinne Scherzkommunikation. Bei grober oder missratener Scherzkommunikation würden Laien vielleicht sagen, das ist für mich gar kein Humor. Neutrale Begriffe zu verwenden ist auch für die Forschung wichtig, die im englischen Sprachraum im Übrigen viel stärker verankert ist. Vor allem in Deutschland liegt das daran, dass man durch die Beschäftigung mit nicht seriöser Kommunikation selbst schon im Bereich des Nichtseriösen ist. Das ist ziemlich verklemmt. STANDARD: Bei Scherzkommunikation ist oft ein Riesenthema: Was darf man? Was geht nicht mehr? Kotthoff: Grundsätzlich gilt, dass es einen ganz großen Unterschied macht, ob innerhalb oder außerhalb der Gruppe gescherzt wird. Innerhalb der Ingroup geht mehr oder weniger alles. Zum Beispiel, wenn eine Gruppe von behinderten Menschen miteinander lebt oder viel Zeit miteinander verbringt, dann dürfen die auch über die Behinderungen Witze machen. Das ist Binnenhumor, und der ist Außenstehenden nicht gestattet. Dass Blondinen in Witzen immer als doof hingestellt werden, dagegen müssen wir uns aus der Außenperspektive wehren. Aber wenn eine Gruppe blonder Mädchen sich solche Witze erzählt und sich so von diesem Typus abgrenzt, dann hat das eine andere Funktion, als wenn im Herrenklub Blondinenwitze gemacht werden – das ist dann klar diskriminierender Humor. Doch auch innerhalb jeder Gruppe gelten persönliche Geschmacks- und Empfindlichkeitsgrenzen. Insofern muss es grundsätzlich akzeptiert werden, wenn jemand diese Scherze ablehnt. STANDARD: Auf Hinweise, dass ein Witz verletzend war, folgt selten Verständnis. Warum? Kotthoff: Weil jeder Scherz Performance-Qualitäten hat und die, die diese Scherze machen, sehr empfindlich sind, wenn die Performance nicht ankommt. Insofern ist es immer auch eine persönliche Zurückweisung. Das zeigt auch, wie extrem dicht diese Form der Kommunikation ist, sie hat immer eine kognitive Seite, eine soziale – also was trägt sie zum Gruppenzusammenhalt bei, unterläuft oder bestätigt sie Hierarchien? Und dann hat sie auch eine psychische Seite, die helfen kann, mit bestimmten Defiziten umzugehen.
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Über 2.000 Personen hatten sich Klage gegen Rechteverwerter und Filmstudio angeschlossen. Bei Urheberrechtsverletzungen enden Gerichtsprozesse oft so, dass Personen, die der illegalen Verbreitung von Filmen beschuldigt werden, Schadenersatz zahlen müssen. Nicht so in diesem Fall. Der Rechteverwerter Rightscorp und mehrere Rechteinhaber, darunter auch Warner Bros., wurden ihrerseits von beschuldigten Filmpiraten geklagt. Nun wurde eine Einigung erzielt. Die Sammelklage war vergangenes Jahr aufgrund der aggressiven Methoden von Rightscorp eingereicht worden, berichtet TorrentFreak. Das Unternehmen soll im Namen der Rechteinhaber, die es vertritt, mehrere Gesetze gebrochen haben, um gegen die beschuldigten Filesharer vorzugehen. So sollen die Personen mit automatischen Anrufen regelrecht bombardiert worden sein, was in den USA gegen den Telephone Consumer Protection Act verstößt. Etwa 2.095 Personen hatten sich der Sammelklage angeschlossen. Die Firmen haben sich mit den Anklägern nun auf eine Zahlung 450.000 US-Dollar geeinigt. Jeder Teilnehmer der Sammelklage soll davon 100 Dollar erhalten. Der Rest deckt den administrativen Aufwand und Anwaltskosten ab. Die beschuldigten Personen müssen als Teil der Vereinbarung eine Erklärung abgeben, dass die keine Urheberrechtsverletzungen begangen haben. Rightscorp muss wiederum versprechen, in Zukunft auf ähnliche Anrufe zu verzichten.
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7Wissenschaft
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Immer mehr Menschen glauben dem Unfug von Pseudomedizinern und lassen ihre Kinder ganz bewusst nicht impfen. Sarah will nicht geimpft werden – so lautet der Titel eines demnächst erscheinenden Kinderbuchs, das vom deutschen Heilpraktiker und Homöopathen Andreas Bachmair verfasst wurde. Schon 2012 hat er das Buch Leben ohne Impfung veröffentlicht und betreibt außerdem die Internetseite impfschaden.info. Mit der – laut Eigenbeschreibung – wunderbaren Geschichte zum Vorlesen für alle Kinder ab sechs Jahren richtet sich Bachmair direkt gegen die seiner Meinung nach existierende Impfpropaganda. Denn: Die Entscheidung, nicht zu impfen, ist für viele nicht einfach, weil man oft auf Kritik und Gegenwind stößt. Allerdings. Und zu Recht! Denn bei der Weigerung, sich beziehungsweise seine Kinder impfen zu lassen, zeigt sich die Gefahr irrationaler und pseudowissenschaftlicher Ideologien besonders deutlich. Impfungen sind eine der größten Errungenschaften der modernen Medizin. Sie haben vermutlich mehr Menschen das Leben gerettet als alle anderen Therapien und Medikamente. Und trotzdem wird die Kritik daran in den letzten Jahren immer lauter und intensiver. Absurderweise besonders bei Menschen, die es eigentlich besser wissen sollten. Angesichts eines Anstiegs der Masernfälle in Österreich im letzten Jahr erklärten Forscher vom Department für Virologie der Medinzin-Uni Wien: Erstaunlicherweise sei gerade bei Personen mit hohem Bildungsniveau eine solche Impfskepsis abseits der Kenntnisnahme aktueller Zahlen oder eindeutiger wissenschaftlicher Erkenntnisse verbreitet. Das werde auch in anderen europäischen Staaten, zum Beispiel in Deutschland, beobachtet. Die Gerüchte der Pseudomediziner In gewissem Sinne ist dieses Verhalten sogar verständlich. Gerade wenn es um die eigenen Kinder geht, möchte man für sie nur das Beste. Man will sie beschützen, und wenn Pseudomediziner Gerüchte verbreiten, in denen von den angeblichen Gefahren einer Impfung gesprochen wird, fällt es leicht sich einzureden, man würde den Kindern etwas Gutes tun, indem man sie nicht impfen lässt. Man möchte kein Risiko eingehen – vergisst aber, dass ohne Impfung ganz andere Risiken auf die Kinder warten. Das Problem der Impfungen ist ihr enormer Erfolg. Die Krankheiten, gegen die sie wirken, sind durch die jahrzehntelange Impfpraxis stark eingedämmt worden und nicht mehr im Bewusstsein der Menschen vorhanden. Bei einer Impfung sieht man nur noch den Vorgang selbst und hört alle möglichen (meist übertriebenen) Geschichten über Gefahren und Nebenwirkungen. Aber von den definitiv vorhandenen schweren Folgen der Krankheiten, gegen die die Impfung wirkt, ist vielen nichts mehr bekannt. Diese Unkenntnis führt dann zu der absurden Ideologie der Impfgegner. Und man kann nicht anders, als sie absurd zu nennen. Manche leugnen sogar die Existenz von Infektionskrankheiten: Der deutsche Biologe Stefan Lanka gelangte kürzlich zu zweifelhaftem Ruhm, als er gerichtlich zu einer Zahlung von 100.000 Euro verurteilt wurde. Diese Summe hatte Lanka 2011 als Preis für den Nachweis der Existenz von Masernviren ausgelobt. Lanka, der Bücher wie Der Masern-Betrug oder Impfen und Aids: Der Neue Holocaust geschrieben hat, ist davon überzeugt, dass Viren keine Krankheiten auslösen können und Impfungen nur eine Verschwörung von Ärzten und Pharmafirmen sind. Der Mediziner David Bardens legte ihm mehrere wissenschaftliche Fachartikel vor, die die Existenz von Masernviren belegen. Die Belohnung wollte Lanka aber trotzdem nicht auszahlen. Bardens klagte sie vor Gericht ein, bekam Recht und seinen Preis von 100.000 Euro. Auch Stefan Lanka bekam einen Preis: Am 21. Oktober wurde ihm Das Goldene Brett verliehen, ein Schmähpreis, mit dem der größte antiwissenschaftliche Unfug des Jahres ausgezeichnet wird. Fehlendes Wissen über Funktion der Impfung Krankheiten wie Masern, Mumps, Windpocken oder Kinderlähmung können zu schweren Komplikationen und unter Umständen sogar zum Tod führen. Wir wissen, wie wir diese Krankheiten bekämpfen und sogar ausrotten können. Wir wissen, was wir tun müssten, damit keiner mehr unter diesen Krankheiten leiden muss. Wir wissen es – und trotzdem tun es immer mehr Menschen nicht. Sie tun es nicht, weil sie auf Pseudomediziner oder Verschwörungstheoretiker hereinfallen, die erzählen, dass böse Ärzte die Leute mit Impfungen vergiften und krank machen wollen. Sie tun es nicht, weil sie keine Ahnung haben, wie eine Impfung funktioniert; wie Medizin funktioniert und wie die Natur funktioniert. Sie tun es, weil sie so sehr darauf bedacht sind, nur sanfte Medizin zu verwenden, dass sie dafür (unwissend) Krankheit und Tod ihrer Angehörigen und anderer Menschen in Kauf nehmen. Denn Impfen ist nicht nur eine individuelle Entscheidung! Manche Menschen – zum Beispiel sehr kleine Kinder oder alte Leute – können aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden. Sie sind auf die sogenannte Herdenimmunität angewiesen. Also darauf, dass in ihrem Umfeld genug geimpfte Menschen existieren, damit sich die Krankheit gar nicht erst verbreiten kann. Genau diese Herdenimmunität hält auch das Risiko für die Impfgegner gering. Solange sie existiert, stehen die Chancen gut, dass die ungeimpften Kinder nicht krank werden. Noch zumindest, denn je größer der Anteil der Impfverweigerer wird, desto schwächer ist die Herdenimmunität. Die Krankheiten, die man eigentlich schon überwunden dachte, tauchen mittlerweile wieder auf. Und angesichts der vielen Krankheiten, gegen die die Medizin noch nichts ausrichten kann, ist es umso tragischer, wenn eigentlich vermeidbare Krankheiten absichtlich nicht bekämpft werden. Die hohe Zahl derer, die noch an Masern erkranken, ist unseres Landes nicht würdig. Wir könnten die Masern ganz einfach ausrotten, sagte der bayrische Kinderarzt Christoph Wittermann kürzlich angesichts der auch dort steigenden Krankheitsfälle in einem Interview mit der Münchner Tageszeitung. Und während sich die Masernfälle in Deutschland und Österreich trotz Anstiegs noch in Grenzen halten, sind in der Demokratischen Republik Kongo seit Jahresbeginn schon 428 Menschen an dieser vermeidbaren Krankheit gestorben. Mehr Aufklärungsarbeit notwendig Gerade bei der Frage der Impfungen wäre mehr Aufklärung und wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit nötig. Aufrufe und Kampagnen von Behörden und Gesundheitseinrichtungen sind zwar wichtig, werden aber immer noch viel zu oft als Einmischung des Staates in das Privatleben der Menschen missverstanden. Solange die Menschen nicht verstehen, wie Impfungen tatsächlich funktionieren; wie und gegen was sie wirken und wie sich das Risiko vorhandener Nebenwirkung in Bezug auf das Risiko einer tatsächlichen Erkrankung verhält, wird sich an der grundlegenden Einstellung wahrscheinlich nichts ändern. Die Frage nach der Bedeutung von wissenschaftlicher Öffentlichkeitsarbeit für die Gesellschaft bekommt beim Thema Impfungen eine Dringlichkeit, die man nicht ignorieren darf. Je mehr Menschen darüber Bescheid wissen, wie Wissenschaft funktioniert und welche Rolle sie in unserem Alltag spielt, desto weniger werden auf die absurden Behauptungen der Impfgegner hereinfallen. Es ist tragisch, dass der völlig legitime Wunsch, seine Kinder zu beschützen, am Ende genau zum Gegenteil führen kann. Es ist noch viel tragischer, dass so viele Menschen auf den Unsinn der selbstgerechten Impfkritiker hereinfallen. Sarah, das Mädchen, das im Buch von Andreas Bachmair nicht geimpft werden will, ist verärgert, dass sie deswegen nicht bei einem Pfadfinderausflug mitfahren kann. Wüsste sie, welche Krankheiten sie ohne die Impfung bekommen und übertragen könnte und wäre sie über deren Folgen und mögliche Komplikationen informiert, dann würde sie vielleicht von sich aus auf den Ausflug verzichten. Oder sich impfen lassen.
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7Wissenschaft
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"Indian Regional Navigation Satellite System" soll in einem Jahr für Endverbraucher verfügbar sein. Neu-Delhi – Die indische Weltraumbehörde ISRO hat am Donnerstag erfolgreich den letzten von sieben Satelliten des regionalen Navigationsprogramms INRSS gestartet. Das Indian Regional Navigation Satellite System soll in ganz Indien und rund 1.500 Kilometern Umgebung funktionieren. In einem Monat soll der Satellit einsatzbereit sein. Nach ISRO-Angaben wird es jedoch noch mindestens ein Jahr dauern, bis IRNSS auch für Endverbraucher verfügbar ist. Frühestens dann sei die Empfangstechnologie so weit, dass das System breit genutzt werden könne. Die Abdeckung in Indien und seinen Nachbarländern werde besser sein als mit Konkurrenzsystemen wie GPS. Bisher haben die USA mit dem Global Positioning System (GPS) und Russland mit Glonass ein weltweites Navigationssystem. Dazu kommen das regionale chinesische System Beidou, das zurzeit noch für den weltweiten Betrieb ausgebaut wird. Das europäische System Galileo befindet sich im Aufbau.
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4Sport
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Nächstes Remis für die Grazer: Eingewechslter Tadic sorgt für den Ausgleich gegen die Gäste aus Grödig. Sturm Graz ist mit zwei Unentschieden in die Fußball-Bundesliga gestartet. Die Grazer mussten sich am Sonntag im Heimspiel gegen SV Grödig mit einem 1:1 (0:1) begnügen. Matthias Maak brachte die Grödiger in Führung (41.), der eingewechselte Josip Tadic verhinderte mit einem herrlichen Volley eine Heimpleite (73.). Sturm-Trainer Franco Foda rotierte gegenüber dem Kasan-Spiel kräftig und brachte in der Startelf fünf neue Spieler. Der gewünschte Erfolg blieb aber aus. Die Grazer waren zwar bemüht, aber lange Zeit ohne Durchschlagskraft in der Offensive, weil der entscheidende Pass nicht gelang. Nur zweimal in der ersten Halbzeit strahlten die Heimischen Gefahr aus, doch Roman Kienast scheiterte an Grödig-Torhüter Alexander Schlager (3.), Kristijan Dobras verzog knapp (28.). Die Grödiger agierten zunächst defensiv und suchten vor allem mit drei schnellen Spielern über Konter ihr Glück. Allerdings gelang den Salzburgern in der ersten Halbzeit nicht viel, die Schöttel-Elf war meist harmlos. Aber mit der ersten Chance kurz vor der Pause schlug Grödig zu. Bei einem Eckball stieg Matthias Maak am höchsten und erzielte per Kopf die Führung der Gäste (41.). Nach der Pause entwickelte sich dann eine ansprechende Partie mit Chancen auf beiden Seiten. Für die Grazer brachte vor allem Bright Edomwonyi frischen Wind. Zu Beginn der spannenden letzten 20 Minuten hatte Grödig die große Chance, den Vorsprung auszubauen, doch Bernd Gschweidl vergab im Konter (72.). Fast im Gegenzug schlugen die Grazer zu. Donis Avdijaj, Sturms Bester, flankte auf Tadic, der volley zum Ausgleich traf (74.). Thomas Goiginger hätte für Grödig für die passende Antwort geben können, die Chance auf die neuerliche Führung konnte er aber nicht nützen (74.). In der Schlussphase brachte Sturm mit zehn Mann den Punktegewinn über die Zeit, weil Lucas Venuto zweimal den Matchball für Grödig nicht nützen konnte (90. und 92.). Marvin Potzmann war da nicht mehr auf dem Feld, der Verteidiger sah nach einem Foul als letzter Mann die Rote Karte (82.). Schiedsrichter Weinberger hatte zudem zunächst auf Elfmeter entschieden, nach Intervention seines Assistenten das Foul aber zurecht außerhalb des Strafraums verlegt. (APA, 2.8.2015) Fußball-tipico-Bundesliga (2. Runde): SK Sturm Graz – SV Grödig 1:1 (0:1). Graz, UPC-Arena, 8.059, SR Weinberger. Tore: 0:1 (41.) Maak 1:1 (73.) Tadic Sturm: Esser – Potzmann, Madl, Spendlhofer, Klem (20. Schick) – Piesinger, Offenbacher – Dobras, Horvath (46. Edomwonyi), Avdijaj – Kienast (60. Tadic) Grödig: Schlager – T. Kainz, Maak, Pichler, Strobl – Brauer, Rasner – Venuto, Derflinger (46. Kerschbaum), Schütz (70. Goiginger) – Gschweidl (81. R. Wallner) Rote Karte: Potzmann (82./Torraub) Gelbe Karten: Kienast bzw. Strobl, Kerschbaum
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7Wissenschaft
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Internationales Team weist Erreger der gefährlichen Infektionskrankheit in Fledertieren nach. Das Krim-Kongo Virus ist ein von Zecken übertragener Erreger, der beim Menschen schweres Fieber mit inneren Blutungen auslösen kann. Bei rund zehn Prozent der Patienten verläuft die Infektion tödlich. Ein internationales Forscherteam nun eindeutige Infektionszeichen bei Fledertieren in verschiedenen Ländern Afrikas nachgewiesen. Die Untersuchungen legen nahe, dass die fliegenden Säugetiere bei der Verbreitung des Virus eine bedeutende Rolle spielen. Das gefährliche Krim-Kongo-Virus kommt vor allem in Südosteuropa, Asien und Afrika vor. Bis heute wurden weltweit über 10.000 Menschen infiziert, von denen knapp 800 starben. Das Virus wird über verschiedene Zeckenarten übertragen, kann aber auch von Tier zu Mensch beziehungsweise direkt von Mensch zu Mensch übertragen werden. Die Zecken sind essenziell für den Lebenszyklus des Virus. Erstaunlich ist das Verbreitungsmuster, das auf eine Einschleppung des Virus aus einzelnen spezifischen Regionen in Afrika und Asien in weit entfernte Länder hinweist, sagt Marcel A. Müller vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Bonn und vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Bislang gingen Forscher davon aus, dass mit dem Virus infizierte Zecken sich an Zugvögel anheften und auf diesem Weg in andere Regionen verschleppt werden, wo sie Tiere und Menschen anstecken können. Die Virologen des Bonner Universitätsklinikums vermuteten jedoch noch andere Wirte, die zur Ausbreitung des Krim-Kongo-Virus beitragen könnten: Fledertiere sind häufig von Parasiten wie Zecken befallen und leben in fast allen Regionen der Erde. Sie können zum Teil tausende Kilometer weit fliegen, sagt Institutsdirektor Christian Drosten. Tragen Fledertiere das Virus in sich? Zusammen mit Wissenschaftern der Universitäten Marburg, Gießen und Ulm sowie dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg und Kollegen aus Gabun, Tschechien, Panama, Ghana und Frankreich ging das Team dieser Frage nach. In einer großangelegten Studie testeten die Forscher insgesamt 1.135 Proben von 16 Fledertierarten aus Gabun, Ghana, Kongo, Deutschland und Panama auf das Krim-Kongo Virus. Die Forscher entdeckten in rund zehn Prozent der Blutproben Antikörper, die mit dem Krim-Kongo-Virus-Oberflächenprotein spezifisch reagierten. Zwölf der 16 getesteten Fledertierarten aus vier von insgesamt fünf Ländern waren potenziell mit dem Virus infiziert, sagt Müller. Vor allem höhlenlebende Fledertiere aus Afrika, die mutmaßlich eine hohe Zeckenexposition haben, hatten Antikörper gegen das Krim-Kongo-Virus gebildet. Die Wissenschafter untermauerten ihre anfänglichen Befunde durch hochspezielle Antikörpertests im Fledermausblut. Neben den Vögeln, die potenziell Zecken mit dem Krim-Kongo-Virus verschleppen können, rücken mit diesen Befunden auch Fledertiere in den Fokus. Das Risiko für Menschen, sich direkt an den Fledertieren in den Tropen und Subtropen anzustecken, ist jedoch denkbar gering, sagt Müller. Der Verbreitungsweg findet vorwiegend über Zecken statt, die vorher an einem mit dem Virus infizierten Tier gesaugt haben und dann einen Menschen befallen. In Mitteleuropa bestehe praktisch keine Gefahr, sich an einer solchen Zecke zu infizieren, so die Wissenschafter. Aber durch die globale Erwärmung könnte sich das Verbreitungsgebiet der Krim-Kongo-Virus tragenden Zecken in gemäßigtere Gebiete verlagern. In Griechenland und der Türkei ist es bereits mehrfach zu Krim-Kongo-Virus-Ausbrüchen gekommen, berichtet Müller.
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6Etat
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"Der grüne Präsident" in Vorarlberg und Tirol – "Der halbe Präsident" in anderen Bundesländern. Wien – Halber Präsident und grüner Präsident – mit zwei verschiedenen Titelseiten berichtete die Kronen Zeitung am Dienstag über die Wahl von Alexander Van der Bellen zum neuen Bundespräsidenten. Während die größte österreichische Tageszeitung, die dem Grünen Kandidaten im Wahlkampf eher kritisch gegenüber stand, in Wien, Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Kärnten mit der Schlagzeile Der halbe Präsident und einem verfremdeten Porträtfoto, das Van der Bellen halb im Licht und halb im Dunkeln zeigte, aufmachte, zierte die Krone-Ausgaben in Tirol und Vorarlberg unter der Schlagzeile Der grüne Präsident das selbe Foto ohne Schatten. In Vorarlberg und Tirol lag Van der Bellen bei der Wahl vor Hofer. Im grünen Vorarlberg probiert es die Krone mit einer anderen Titelseite. Chamäleon-Strategie. Kein Fake. #bpw16 pic.twitter.com/PMcpowrWtb Ihre regional-bipolare Seite zeigte das Massenblatt schon in den 1990er-Jahren in einer legendären Kampagne um den Semmering-Basistunnel. Die Ausgaben in Wien und in Niederösterreich schrieben damals scharf gegen das Bauvorhaben an, die regionale Mutation jenseits des Semmerings in der Steiermark berichtete fleißig für den Bau. (APA, 24.5.2016)
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6Etat
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Bürgeranwalt | Dokupedia: Erfindungen für die Zukunft | Schätze der Welt: Wien | Kulturpalast | Wiener Vorlesungen | Marvins Töchter | Wir kaufen einen Zoo. 17.30 MAGAZINBürgeranwalt 1) Verluste wegen Atomkonferenz. 2) Nachgefragt: Lösung im Schulstreit? 3) Verpfuschte Reihenhäuser. Bis 18.20, ORF 2 18.20 DOKUMENTATIONDokupedia: Erfindungen für die Zukunft – Die Manipulation der Gene In der sechsteiligen Reihe präsentiert Schauspieler James Woods in jeder Episode wissenschaftliche Durchbrüche, die das Bild der Zukunft wesentlich prägen könnten. Von Designerbabys bis zur Aktivierung inaktiver Gene. Bis 19.20, ATV 19.00 MAGAZINSchätze der Welt: Wien – Dem Tod seine Stadt Das Verhältnis zum Tod zeigt Österreichs Hauptstadt vor allem an Plätzen wie der Hofburg und dem Herzgrüfterl der Augustinerkirche sowie der Gruft der Michaelerkirche.Bis 19.15, ARD Alpha 19.30 MAGAZINKulturpalast: Kunst und Krieg Nina Sonnenberg begrüßt Regisseur Milo Rau: Sein Film Das Kongo Tribunal durchleuchtet die wirtschaftlichen und politischen Gründe für den seit 20 Jahren andauernden Kongokrieg. Am 5. November erhält Rau den mit 10.000 Euro dotierten Konstanzer Konzilspreis für europäische Begegnungen und Dialoge. Bis 20.00, 3sat 20.00 VORLESUNGWiener Vorlesungen analytischdiskursiv: Über das Wienerische Hubert Christian Ehalt im Gespräch mit Autor Robert Sedlaczek und dem Soziologen Roland Girtler über historische Wurzeln und aktuelle Entwicklungen des Wiener Großstadtdialekts. Bis 21.35, Okto 20.15 FAMILIEMarvins Töchter (Marvin’s Room, USA 1996, Jerry Zaks) Zwanzig Jahre haben sich die Filmschwestern Diane Keaton und Meryl Streep gemieden. Eine Leukämieerkrankung lässt die Familie zusammenkommen, denn eine Knochenmarkspende ist die einzige Rettung. Starbesetztes Drama mit Leonardo DiCaprio und Robert De Niro. Bis 22.05, Servus TV 20.15 TIERLIEBHABERWir kaufen einen Zoo (We Bought a Zoo, USA 2011, Cameron Crowe) Benjamin Mee (Matt Damon) sucht ein neues Heim für sich und seine Kinder. Zum Glück ist gerade ein baufälliger Zoo frei. Gegen die Auflage, die Tiere zu versorgen, kauft er das Gelände. Allein könnte er die Arbeit allerdings nicht bewältigen, deshalb geht ihm Tier pflegerin Kelly in Form von Scarlett Johansson zur Hand. Außergewöhnliche Geschichte. Bis 22.10, ORF 1 20.15 ERFOLGSDRUCKTod eines Handlungsreisenden (Death of a Salesman, USA 1985, Volker Schlöndorff) Willy (Dustin Hoffman) ist ein erfolgloser Handelsvertreter. Sein Sohn Biff (John Malkovich) versucht sich ebenfalls in diesem Beruf, scheitert jedoch. Das Drama passt von der Aktualität des Themas auch gut in die heutige Zeit: Der amerikanische Traum ist noch immer ein tragender Begriff in der Gesellschaft. Bis 22.25, 3sat 20.15 MAGAZINGalileo Big Pictures: Wow! Sie werden Ihren Augen nicht trauen! Der Inder Pradyumna Kumar durchquert für seine große Liebe Indien, Afghanistan, den Iran und die Türkei auf einem Fahrrad. Ein bengalischer Tiger, ein amerikanischer Schwarzbär und ein afrikanischer Löwe als tierische Dreier-WG. Abdallah zeigt 50 beeindruckende Bilder und erzählt die Geschichten dahinter. Bis 23.15, ProSieben 20.15 THEMENABENDZeit.geschichte: Flucht ins Ungewisse Am Beispiel einiger Menschen beschreiben Robert Gokl und Tom Matzek den gefährlichen, schwierigen und abenteuerlichen Lebensweg vertriebener Österreicher. Ab 21.10 Uhr: Der ungehorsame Konsul – Exil in Portugal. Ab 21.55 Uhr: Lisl Steiner – Coming Home? Ab 22.45 Uhr: Almas kleiner Fotograf. Ab 23.50 Uhr: Oskar Pilzer – Die bewegte Geschichte der Wiener Filmateliers. Bis 0.40, ORF 3 22.05 PAPIStarbuck (CAN 2011, Ken Scott) David (Patrick Huard) ist ein Verlierer. Er arbeitet als Lieferant in der Großmetzgerei seines Vaters. Eines Tages erfährt er, dass er aufgrund mehrfacher Samenspenden 533 Kinder hat. Der Roadtrip durch die Leben seiner Kinder ist amüsant, doch man steuert etwas zu problemlos auf die herzerwärmende Auflösung hin. Bis 0.15, Puls 4
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