text
stringlengths
0
4.36k
LUB I/1, 226; LUB I/4, 332–335, 355, 459–461.
Zösmair, Joseph: Historiker. *11.11.1845 Bruneck (Südtirol, I), †6.6.1928 Innsbruck (Tirol), Österreicher. 1866/67–71 Studium der Geschichte und Geografie in Innsbruck, ab 1872 Lehrer in Feldkirch und führender vorarlbergischer Landeshistoriker, 1888 Rückkehr als Lehrer nach Tirol. Forschte u.a. über die Clunia-Frage (→ Rankweil), die Grafen von Montfort sowie Burgen, Orts- und Bergnamen. Zösmair, antiklerikal und wissenschaftlicher Positivist, löste 1904 mit einer im «Vorarlberger Volksfreund» erschienenen Kritik an Johann Baptist Büchels «Regesten der Herren von Schellenberg» und dessen «Geschichte der Pfarrei Triesen» einen Historikerstreit aus; Pfarrer Büchel wies die Kritik 1904 auf der Jahresversammlung des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein zurück. 1917 wurde Zösmair – gleichsam als Versöhnungsgeste – Ehrenmitglied der Historischen Kommission für Vorarlberg und Liechtenstein.
K.H. Burmeister: Der Historische Verein und das Vorarlberger Landesarchiv, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 100 (2001), S. 221–237.
Heimat 9 (1928), 193–197.
Zürcher, Adam Hieronymus: Landvogt. Von Feldkirch und Bludenz. ⚭ mit der Schwester von Hans Hagen, des Ammanns des zum hohenemsischen Besitz gehörigen Reichshofs Lustenau. 1617 Landschreiber zu Vaduz. Zürcher wurde am 16.1.1619 zum Landvogt von Hohenems bestellt, im März 1619 war er zudem als Landvogt zu Vaduz tätig (wohl interimistisch). Später Stadtschreiber von Bludenz.
index.php title=Artikel A-Z&action=history:
Äulehäg: Naturschutzgebiet. Gemeinde Balzers, 2,77 ha, 477 m ü.M. Name von althochdeutsch , (Land am Wasser) und althochdeutsch , (Gebüsch, Einfriedung). 1966 auf Initiative des Ornithologischen Vereins Balzers als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Es handelt sich um das Relikt eines ehemaligen Quellaufstosses am Rheinknie bei Balzers. Solche Quellaufstösse inmitten des Rheintalebene ergaben sich früher durch das Zusammentreffen des Rhein-Grundwassers mit dem hangseitigen Hangwasser, sodass sich unter Spannung Quellaufstösse bildeten. Derartige Standorte waren beidseits des Rheinverlaufes vorhanden, ihre Linienführung ist noch an den verbliebenen Gehölzen nachvollziehbar. Solche Quellaufstösse aus reinem Grundwasser flossen langsam als Giessen ab. Sie begleiteten den Alpenrhein in einem reichen, flankierenden Netzwerk.
Mit der Entnahme von ca. 15 Mio. m Kies aus dem Rhein zwischen 1953 und 1972 wurde die Rheinsohle um fast fünf Meter abgesenkt. Durch die damit verbundene Grundwasserabsenkung trocknete mehr als die Hälfte aller liechtensteinischen Tal-Fliessgewässer aus, so auch das Äulehäg. Nach der Naturschutzausweisung 1966 wurde der Wasserabfluss im Grundwasserbereich nochmals eingetieft. Seit 1986 erfolgt eine Wiederbewässerung mit gefiltertem Rheinwasser, welches oberhalb der Sohlrampe am Ellhorn entnommen und durch unterirdische Rohre eingeleitet wird. Das schnell fliessende Wasser kann den ehemaligen Giessgang als Lebensraum nicht ersetzen, ermöglicht aber Forellen und Groppen ein Fortkommen. Der sich entlang des Giessen erstreckende Eschenmischwald ist Lebensraum von rund dreissig Vogelarten, Reptilien und Amphibien sowie Setzgebiet von Rehen und Hasen. Eine intensive Landwirtschaft bedroht das kleine Reservat durch Überdüngung.
Öderli (Äderle): Geschlecht (†) aus Mauren. Erstmals erwähnt 1641. Für die Öderli können ab dem dritten Viertel des 17. Jahrhunderts zusammenhängende Genealogien erstellt werden (zwei Stämme). Der erste Stamm erlosch 1867, der zweite, kleinere 1865.
Öffentlicher Haushalt: Unter den öffentlichen Haushalten versteht man die Finanzlage und das Finanzgebaren öffentlich-rechtlicher Körperschaften. Dazu zählen in Liechtenstein der Staat, die selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten und Stiftungen, die Gemeinden und die Bürgergenossenschaften.
Für das Mittelalter und die frühe Neuzeit kann noch nicht von öffentlichen Haushalten gesprochen werden. Die dafür notwendige Staatlichkeit und die strikte Unterscheidung von Privatrecht und öffentlichem Recht entstanden erst im 19. Jahrhundert. Die späteren öffentlichen Haushalte wurzeln jedoch im Finanzgebaren der Landesherrschaft, der beiden Landschaften Vaduz und Schellenberg sowie der bäuerlichen Dorfgemeinden (→ Gemeinde).
Viele seit dem 19. Jahrhundert dem Staat zugewiesene Finanzmittel stammten aus den im Mittelalter entstandenen Regalien und nutzbaren Hoheitsrechten, die als Renten der Kasse der Landesherren zuflossen (ab 1699/1712 den Fürsten von Liechtenstein). Dazu zählten besonders die verschiedenen Steuern und Abgaben wie z.B. Zölle, Umgeld oder Konzessionsgebühren, zudem Straf- und Bussgelder usw. Ausser diesen nach heutigem Verständnis dem «öffentlichen» Bereich zuzuordnenden Geldern gehörten zu den landesherrlichen Renten auch die privaten Einnahmen aus der herrschaftlichen Domäne wie Pacht- und Lehenszinse, Verkaufserlöse, Kapitalrenten usw. Von 1505 bis 1615 erhielt die Landesherrschaft vom Haus Österreich zudem jährlich 200 Gulden als Schlossöffnungsgeld (→ Öffnungsvertrag).
All diese Gelder flossen in die herrschaftliche Kasse und wurden vom Oberamt beziehungsweise Rentamt in Vaduz verwaltet. Die Besoldung der landesherrlichen Beamten oblag dem Landesherrn. Die vom Rentmeister geführten, ab 1681 (unvollständig) überlieferten Rentamtsbücher (Rentamtsrechnungen) wurden ab 1712 von der fürstlich-liechtensteinischen Zentralbehörde in Wien beziehungsweise durch die fürstliche Buchhaltung in Butschowitz geprüft. Rechnungsperiode war das Kalenderjahr. Die Rentamtsrechnung gliederte sich, getrennt nach Einnahmen und Ausgaben, nach den fünf herrschaftlichen Ämtern: Rentamt, Burggrafenamt, Kastenamt, Kelleramt, Waldamt.
Das Rechnungswesen der Landschaften wurde von den Landammännern geleitet, mit deren Amtszeiten sich die Rechnungsperioden deckten. Sie waren dem Oberamt sowie den Gerichts- und Gemeindedeputierten rechenschaftspflichtig. Die für Schellenberg ab 1718 und für Vaduz ab 1726 fragmentarisch erhaltenen Landschaftsrechnungen umfassten auf der Einnahmeseite vor allem Steuern, in der Landschaft Schellenberg zudem die Hälfte des Weggelds. Ausserdem finanzierten sich die Landschaften teilweise durch Darlehen; vor allem im 17. Jahrhundert als sie immer wieder Bürgschaften für die Grafen von Hohenems leisten mussten, war die Verschuldung hoch. Auf der Ausgabenseite waren die eingenommenen Steuergelder wieder an die Steuerberechtigten abzuführen: die Landsteuer und bis 1696 der «Schnitz» an den Landesherrn, die weiteren Reichs- und Kreislasten wie Kreisbeiträge, «Römermonate» (Reichstruppensteuer) und «Primaplana»-Gelder (Offiziersbesoldung) an das Reich beziehungsweise den Schwäbischen Kreis. Hohe Ausgaben verursachten das Militär (Landmannschaft und Kreiskontingent) sowie die Verzinsung und Rückzahlung der aufgenommenen Darlehen, in Kriegszeiten auch der Durchmarsch und die Einquartierung fremder Truppen, Kontributionen, Naturallieferungen, Fuhrlöhne usw. Zudem tauchen in den Landschaftsrechnungen unter anderem Ausgaben für Almosen und Armenunterstützung sowie Kosten für die Abschiebung von Bettlern, Seuchenbekämpfung, Bittgänge, Luchsfangen usw. auf. Schliesslich waren die Kosten der landschaftlichen Verwaltung zu tragen (Besoldung und Spesen von Landammännern, Richtern, Hauptleuten, Weibeln, Porto- und Kanzleigebühren usw.). Die grösste Last waren im 18. Jahrhundert die Kreisgelder und die verschiedenen Militärlasten. Sie beliefen sich zum Beispiel in der Landschaft Schellenberg in den Jahren 1718–27 auf 42 % der Gesamtausgaben, in der Landschaft Vaduz 1785–89 sogar auf 84 %.
Über die Haushalte der Dorfgemeinden in der frühen Neuzeit ist wenig bekannt. Grundsätzlich ist von bescheidenen finanziellen Bedürfnissen auszugehen, die aber zum Beispiel durch Güterkäufe, Gerichtskosten oder den Loskauf von Zehntrechten in einzelnen Jahren stark ansteigen konnten. Geldverkehr bestand mit dem Rentamt, etwa bei der Ablieferung von Steuern und Abgaben, und bei der Begleichung von Schulden oder Kriegslasten. Öffentliche Bauaufgaben (Wuhr-, Strassenbau) wurden in der Regel im Gemeinwerk ohne Geldzahlungen geleistet. Einnahmen generierten die Gemeinden zum Beispiel durch Güterverkäufe, Holzverkäufe, Alpverpachtungen usw. oder durch die Beteiligung an Bussgeldern und Abgaben wie dem Ein- und Abzugsgeld (→Abzugs- und Einzugsrecht). Separate Fonds bestanden in den meisten Gemeinden zum Beispiel für das Armenwesen (→ «Spend»). Durch die Kirchenpfleger waren die Gemeinden zudem an der Verwaltung der Kirchenvermögen beteiligt. Ein «Gemeindebuch» über Ausgaben und Einkünfte hat sich zum Beispiel in Balzers für die Jahre 1656–1777 erhalten.
Mit der Abschaffung der Landammannverfassung übernahm das Oberamt beziehungsweise der fürstlichen Rentmeister ab 1809 die landschaftliche Rechnungsführung. Dem absolutistischen Staatsverständnis entsprechend, fielen das staatliche und das private fürstliche Rechnungswesen zusammen. Steuern, Taxen und Stempel waren für Landeszwecke bestimmt, die meisten anderen Staatseinnahmen wie besonders die Zoll-, Weg- und Umgelder flossen weiterhin der fürstlichen Kasse zu. Ab 1819 spiegelte sich in den Steuerpostulaten, durch die jeweils das Defizit des Vorjahrs ausgeglichen wurde, eine Art «Landesrechnung». Von 1844 an führte das Rentamt neben den fürstlichen Rentamtsbüchern wieder landschaftliche Einnahme- und Ausgabenbücher. Einer Forderung der Revolution von 1848 entsprechend, sicherte Fürst Alois II. 1848 «eine klare Darstellung des öffentlichen Haushaltes im Fürstenthume» zu. Viele bislang fürstliche Hoheitsrechte und Einkünfte wurden 1848 zu Einnahmequellen des Staats erklärt (Zölle, Weg- und Umgeld, Jagd- und Fischereiregal usw.). Die Finanzen waren ständig knapp, überall wurde gespart und oft war das Land auf Vorschüsse und Kredite angewiesen.
Die Staats- oder Landesrechnung umfasste zunächst die folgenden Einnahmegruppen: 1) Zoll-, Weg- und Umgelder beziehungsweise ab 1852 Zahlungen aus der österreichisch-liechtensteinischen Zollvereinskassa, die bis 1917 die mit Abstand wichtigsten Einnahmen waren, 2) Steuern, 3) Taxen und Stempelgebühren, 4) «landschäftliche Giebigkeiten», das sind die ehemals landesherrlichen Einkünfte aus verschiedenen Hoheitsrechten (sie wurden nach und nach abgeschafft oder bedeutungslos). In einzelnen Jahren kamen dazu bedeutende fürstliche Vorschüsse. Neue Einnahmen waren ab 1864 der Zinsertrag von Landeskapitalien, ab 1878 Beiträge aus verschiedenen Landesfonds und -stiftungen, ab 1899 Prägegewinne aus dem Münzwesen und ab 1911 die Post.
Bis um 1860 kannte die Landesrechnung vier Ausgabengruppen: 1) Beiträge, Gesandtschaftskosten usw. im Rahmen des Rheinbunds (1806–13) und des Deutschen Bunds (1815–66), 2) das Militär (1815–35 fielen dafür keine Kosten an), 3) die «Landeskultur» (Strassenbau, Rhein- und Rüfeschutzbauten, Landesvermessung, Feuerlösch- und Sanitätswesen, Landwirtschaftsförderung usw.) und 4) Verwaltungskosten (Beamtenbesoldung usw.), die ab Beginn des 19. Jahrhunderts nicht mehr vom Fürsten, sondern vom Land zu tragen waren. Die Auflösung des Deutschen Bunds 1866 und die Abschaffung des Militärs 1868 entlasteten den Öffentlichen Haushalt stark. Weitere Ausgabenposten waren das Schulwesen (besonders die 1858 gegründete Landeshauptschule) und ab 1864 der Landtag, ab 1899 die Dotierung der verschiedenen Landesfonds und die Steuerüberweisungen an die Gemeinden, ab 1903 das Post-, Telefon- und Telegrafenwesen und im Ersten Weltkrieg die Lebensmittelversorgung.
Die 1809 zu politischen Körperschaften aufgewerteten Gemeinden erlangten erst durch die Verfassung von 1862 die Freiheit der selbständigen Vermögensverwaltung. Ihre Haushalte blieben in der ersten Jahrhunderthälfte bescheiden. Die Einführung der Schulpflicht 1805 erhöhte die Ausgaben für Lehrer und Schulgebäude. Ab den 1840er Jahren liessen Gemeindeaufgaben und -einrichtungen wie die Rheinwuhrbauten und das Armenwesen, gegen das Jahrhundert-Ende die ersten modernen Wasserversorgungen usw. den Aufwand steigen. Wichtige Einnahmen waren die Gemeindeumlagen und die ab 1865 erhobene Wuhrsteuer, dazu kamen zum Beispiel Zinse vom ausgeteilten Gemeindeboden. Eine Verbesserung der Gemeindehaushalte brachten die Zuweisung verschiedene Steueranteile an die Gemeinden durch das Land ab 1898 und staatliche Subventionen zum Beispiel für Rüfeschutzbauten (ab 1899) und Forstwirtschaft (ab 1903).
Haushaltsrechtliche Bestimmungen finden sich besonders in der Verfassung von 1921, im Finanzhaushaltsgesetz von 1974, im jährlichen Finanzgesetz, im Subventionsgesetz von 1991 und im Finanzausgleichsgesetz von 1996. Auf Landesebene hat die Regierung dem Landtag jährlich für das nächstfolgende Verwaltungsjahr einen Voranschlag über sämtliche Ausgaben und Einnahmen zur Prüfung und Zustimmung zu übergeben. Aufgrund des Legalitätsprinzips darf der Landtag nur Budgetkredite gewähren, wenn die Verwaltungstätigkeiten, für welche die Kredite gesprochen werden, in einem Gesetz vorgesehen sind: keine Ausgabe ohne Gesetz. Ebenso hat der Voranschlag den Grundsätzen der Vollständigkeit, der Einheit, der Spezifikation und der Bruttodarstellung zu entsprechen. Er wird mit den vom Landtag beschlossenen Änderungen als Anlage zum Finanzgesetz kundgemacht.
Im Finanzgesetz legt der Landtag jährlich die Sätze verschiedener Steuerarten, die Höhe verschiedenen Gebühren und den Anteil der nicht zweckgebundenen Finanzzuweisungen an die Gemeinden fest. Ohne Bewilligung des Landtags dürfen keine Steuern oder Abgaben erhoben werden. Nach Ablauf des Verwaltungsjahrs unterbreitet die Regierung dem Landtag die Landesrechnung zur Genehmigung der Ausgaben und Einnahmen. Der Landtag bewilligt Nachtragskredite und mehrjährige Verpflichtungskredite, erlässt das Finanzleitbild und diskutiert die längerfristige Entwicklung des Finanzhaushalts im Rahmen des von der Regierung jährlich vorzulegenden mehrjährigen Finanzplans.
Die oberste Aufsicht über die Finanzen wird durch den Landtag und dessen Geschäftsprüfungskommission ausgeübt. Weitere Organe der Finanzaufsicht sind die Regierung, die Finanzkontrolle und die externe Revisionsstelle. Der Finanzhaushalt ist nach den Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, der Dringlichkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit zu führen. Als Rechnungs- und Budgetierungssystem wird seit 1974 das Rechnungsmodell der Schweizer Kantone verwendet. Es gliedert sich in eine laufende Rechnung, eine Investitionsrechnung und eine Vermögensrechnung (Bilanz).
Die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Gemeinden sind im Gemeindegesetz von 1996 analog zu jenen auf Landesebene ausgestaltet. Der Gemeinderat beschliesst den Voranschlag und den Finanzplan und genehmigt die Gemeinderechnung nach der Revision durch die Geschäftsprüfungskommission. Die Voranschläge der Gemeinden unterliegen der Genehmigung durch die Regierung. Um die unterschiedliche Finanzkraft der Gemeinden teilweise auszugleichen, weist das Land den Gemeinden aus verschiedenen Steuern einen Anteil zu. Der Finanzausgleich erfolgt dabei nach einem fein austarierten System. Das erste Finanzausgleichsgesetz wurde 1975 erlassen.
Der Staatshaushalt weist 1922–2000 ein durchschnittliches jährliches Ausgabenwachstum von 9,5 % auf. In diesem Zeitraum erhöhten sich die Ausgaben des Lands von 0,6 Mio. Fr. auf 683,9 Mio. Fr. Betrachtet man die einzelnen Jahrzehnte, zeigen sich bis 1970 starke, periodische Schwankungen. Die Staatsausgaben stiegen in den 1920er Jahren mit einer hohen jährlichen Wachstumsrate von 14,7 % rasch an und erreichten in den 1960er Jahren ein Maximum mit 16,0 %. Ab den 1970er Jahren glitten die Wachstumsraten schrittweise auf den vergleichsweise tiefen Wert von 5,4 % in den 1990er Jahren zurück. Die Ausgaben pro Einwohner erhöhten sich exponenziell von 64 Fr. 1922 auf 20811 Fr. im Jahr 2000, was einer Zuwachsrate von 7,7 % pro Jahr entspricht.
Die Einnahmen konnten mit der Ausgabenentwicklung mehr als Schritt halten. Sie stiegen 1922–2000 mit einer jährlichen Wachstumsrate von 10,4 % und erreichten im Jahr 2000 842,4 Mio. Fr. Das höchste Einnahmewachstum wiesen die 1920er Jahre mit einer jährlichen Wachstumsrate von 23,0 % auf, gefolgt von den 1960er und 70er Jahren. Die Einnahmen pro Einwohner vervielfachten sich von 42 Fr. 1922 auf 25 632 Fr. im Jahr 2000.
Dass die Einnahmen über die gesamte Zeitperiode betrachtet stärker wuchsen als die Ausgaben, ist vor allem auf die 1920er Jahre zurückzuführen. Klammert man diese aus, beläuft sich die jährliche Zuwachsrate der Ausgaben bis ins Jahr 2000 auf 8,9 %, während die Einnahmen mit 9,0 % anstiegen. Zu einem stärkeren Ausgaben- als Einnahmewachstum kam es in den 1930er, 1940er, 60er und 80er Jahren mit zum Teil erheblichen Ausgabenüberschüssen. Diesen ausgabenintensiven Jahrzehnten stehen vier Jahrzehnte mit stärkerem Einnahmewachstum gegenüber, wobei der Einnahmeüberschuss 2000 knapp ein Fünftel der Einnahmen erreichte.
Die Zusammensetzung des laufenden Aufwands 1930–2000 zeigt deutliche Verschiebungen. Der Anteil der Zinszahlungen ging von 28 % 1930 schrittweise auf 6 % 1960 zurück und wurde später praktisch bedeutungslos. Der Anteil der Aufwendungen für Land- und Forstwirtschaft stieg von 4 % 1930 auf 22 % 1950 kräftig an und ging dann schrittweise auf 3 % im Jahr 2000 zurück. Die Aufwendungen für das Gesundheits- und Sozialwesen erhöhten sich von 2 % 1930 auf 12 % 1940 und erreichten 1960 mit 22 % bereits denselben Anteil wie im Jahr 2000. Der Anteil des Bildungswesens blieb über die ganze Zeitperiode relativ konstant. Er lag 2000 mit 17 % nur 1 % höher als 1930. Die Aufwendungen für allgemeine Verwaltung, Gerichte und öffentliche Sicherheit schwankten zwischen 14 % (1960) und 22 % (2000).
Die ordentlichen Staatseinnahmen resultierten im Jahr 2000 in erster Linie aus Steuern und Abgaben (74 %), aus Vermögenserträgen stammten knapp 16 %, die restlichen 10 % entfielen auf Gebühren, Verkaufserlöse und Rückerstattungen. Bedeutende Einnahmequellen waren in den 1920er und 30er Jahren die Gebühren aus den Finanzeinbürgerungen und bis in die 1970er Jahre der Briefmarkenverkauf (→ Philatelie).
Die Kennzahlen des Staatshaushalts zeigen für 1930 ein kritisches Bild mit einem Deckungsdefizit in der Gesamtrechnung von 11 % des Gesamtertrags und Verbindlichkeiten, die vom Finanzvermögen nur zu 37 % gedeckt waren. Die ungedeckten Verbindlichkeiten beliefen sich fast auf das Vierfache des jährlichen laufenden Aufwands. In den 1930er Jahren trat eine deutliche Verbesserung ein: Das Deckungsdefizit belief sich 1940 auf 2 % des Gesamtertrags, der Deckungsgrad der Verbindlichkeiten stieg auf 74 % und die ungedeckten Verbindlichkeiten schrumpften auf die Höhe des jährlichen laufenden Aufwands. Die 1940er Jahre brachten hingegen eine erneute Verschlechterung der finanziellen Situation. In den 1950er und vor allem in den 1960er Jahren erfolgte die eigentliche Gesundung des Staatshaushalts. Der Deckungsgrad der Verbindlichkeiten lag 1970 über 100 % und die Reserven beliefen sich auf ein Fünftel des jährlichen laufenden Aufwands. Dieses Gesamtbild blieb bis in die 1990er Jahre weitgehend stabil. Ab 1995 führten hohe Einnahmeüberschüsse aus stark steigenden Steuereinnahmen und der Teilprivatisierung der Liechtensteinischen Landesbank zu einer aussergewöhnlich positiven Finanzlage, mit einem Deckungsgrad der Verbindlichkeiten von 452 % im Jahr 2000 und Reserven, die dem Zweifachen des jährlich laufenden Aufwands entsprachen.
Die Ausgaben der Gemeinden wuchsen 1930–2000 mit 8,5 % pro Jahr etwas langsamer als die Staatsausgaben. Dabei fiel die Wachstumsrate in der zweiten Hälfte des betrachteten Zeitraums mit 8,9 % pro Jahr höher aus als in den Jahren zwischen 1930 und 1965.
Im Jahr 2000 tätigten die Gemeinden 26 % der gesamten Staats- und Gemeindeausgaben. Die Ausgabenanteile der Gemeinden waren besonders in den Bereichen Kultur und Freizeit (18 %), Umwelt und Raumordnung (18 %) sowie Verkehr (12 %) grösser als jene des Staats mit 4 %, 2 % und 7 %. Weitere Ausgabenschwerpunkte der Gemeinden lagen beim Bildungswesen (18 %) und bei der allgemeinen Verwaltung (14 %).
Die Einnahmen wuchsen 1930–2000 mit 8,4 % praktisch gleich stark wie die Ausgaben. In allen drei Stichjahren 1930, 1965 und 2000 resultierte ein Deckungsüberschuss in der Gesamtrechnung, der zuletzt 42,1 Mio. Fr. erreichte. Die wichtigste Ertragsart der Gemeinden waren nun mit einem Anteil von 75 % die Steuereinnahmen, während sich dieser Anteil 1930 erst auf 31 % belief. Ein knappes Drittel der gesamten Steuereinnahmen Liechtensteins floss 2000 den Gemeinden zu.
Liechtensteiner Landesarchiv, Vaduz (LI LA).
Fabian Frommelt, Wilfried Oehry, «Öffentlicher Haushalt», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <https://historisches-lexikon.16.advanced.li/%C3%96ffentlicher_Haushalt>, abgerufen am [Datum].
Öffentlicher Verkehr: Der öffentliche Verkehr umfasst allgemein zugängliche Transportdienstleistungen für Personen und Güter (→ Transportwesen). Für den Personentransport bestand in der frühen Neuzeit ein bescheidenes, erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts besser ausgebautes Angebot durch Postkutschen (→ Post). Die 1872 in Betrieb genommene Eisenbahn zwischen Buchs (SG) und Feldkirch (Vorarlberg) mit Haltestellen in Schaan, Nendeln und Schaanwald war bis in die 1960er Jahre im Grenzverkehr bedeutsam. Im Jahr 2000 eingeführte Angebotsverbesserungen («Liechtenstein-Takt») führten zu einer erneuten Attraktivitätssteigerung für die Arbeitspendler.
Bedeutend ist in Liechtenstein besonders der Bus, dank dem ein flächendeckendes Netz für den Öffentlichen Verkehr besteht. Aufgrund des Postvertrags mit der Schweiz verkehrten in Liechtenstein bis 1999 die Postautos der Schweizerischen Post. Die Konzessionen für die liechtensteinischen Linien vergab die Postdirektion St. Gallen. Mit zwei Fahrzeugen wurde 1922 die erste Postautolinie zwischen Eschen und Balzers eingerichtet. Seit 1925 beziehungsweise 1927 fahren grenzüberschreitende Kurse nach Buchs beziehungsweise Feldkirch. 1934 bestanden die folgenden Kurse mit je zwei Fahrzeugen (Konzessionäre in Klammern): Buchs–Vaduz–Trübbach (Alfred Hüsler), Buchs– Vaduz–Feldkirch (ab 1932 Andreas Ritter) und Sevelen–Vaduz–Triesenberg (Otto Frommelt, ab 1929). Zusätzlich fuhren private Kurse nach Gaflei (Postautohalter Schädler) und Malbun. 1946 folgte die neue Linie Eschen–Mauren–Schellenberg–Ruggell–Gamprin–Bendern.
Obwohl um 1960 infolge der privaten Motorisierung ein Rückgang der Fahrgäste zu verzeichnen war, wurde auf die steigenden Mobilitätsbedürfnisse mit einem Ausbau des öffentlichen Verkehrs reagiert. Die 1970 erfolgte Verdichtung des Fahrplans Buchs–Vaduz (20- beziehungsweise 40-Minuten-Takt) ist Zeichen einer einsetzenden Verstädterung. 1970 eröffnete Postautohalter Karl Jehle die Linie Schaan–Planken (seit 1987 Markus Jehle). Ab 1958 wurden Grossraumwagen angeschafft, dann auch Anhängerwagen und 1975 erste Gelenkbusse. Ab 1973 stieg die Fahrgastzahl durch Übernahme der Schülertransporte. 1970 folgte Kurt Matt auf Andreas Ritter als Unterländer Postautohalter, 1991 abgelöst von Ivo Matt. 1988 genehmigte der Landtag ein neues Konzept für den Öffentlichen Verkehr, das die Entwicklung hin zur Bedienung aller Siedlungskerne im Stundentakt mit Schaan als Umsteigezentrum einleitete.
Nach der Auflösung des schweizerisch-liechtensteinischen Postvertrags 1999 ging die Konzession für die öffentliche Personenbeförderung (Busverkehr) auf den 1.1.2000 von der Schweizerischen Post an die neu geschaffene öffentlich-rechtliche Liechtenstein Bus Anstalt (LBA) über. Diese vergab den Subunternehmerauftrag wiederum an die Schweizerische Post. Mit dem täglichen Betriebsablauf in ganz Liechtenstein (mit Ausnahme der Linien Planken und Gaflei sowie des Schulbusses) wurde die Ivo Matt AG betraut. Seit 2000 sind schadstoffarme Gasbusse im Einsatz. 2004 erfolgte die Wiedereinrichtung der Linie Vaduz–Sevelen. Im Dezember 2006 wurde ein neues Liniennetz eingeführt.
2006 verfügte die LBA über 46 Fahrzeuge und beschäftigte 70 Chauffeure. 10 895 der 35 593 Einwohner Liechtensteins besassen ein LBA-Abonnement. Der Öffentliche Verkehr war stets auf Subventionen der öffentlichen Hand angewiesen. So glich der Staat 2006 mit 14,3 Mio. Fr. die Differenz zwischen den LBA-Einnahmen (2,4 Mio. Fr.) und -Ausgaben (16,6 Mio. Fr.) aus. Die Preise der Abonnemente werden bewusst tief gehalten und von einzelnen Gemeinden zusätzlich subventioniert.
ZUR VERTIEFUNG
100 Jahre Postauto, 1922
Öffnungsvertrag: Am 2.5.1505 schlossen Ludwig von Brandis und König Maximilian I. für das Haus Österreich einen ewigen Öffnungs- und Erbschirmvertrag, durch den der Brandiser mitsamt seinen «Landen und Leuten der Herrschaften Vaduz und Schellenberg» unter den Schutz des Hauses Österreich gestellt wurde. Im Gegenzug verpflichtete sich Ludwig, gegen eine jährliche Zahlung von 200 Gulden dem König und seinen Truppen sein Schloss Vaduz offen zu halten. Es handelt sich um ein Verteidigungsbündnis mit gegenseitigen Hilfsverpflichtungen, durch welches das Haus Österreich die reichsfreie Zone zwischen dem habsburgischen Gebiet und der Eidgenossenschaft unter seine Kontrolle brachte. Die Herren von Vaduz waren fortan polititisch und militärisch noch enger an das Haus Österreich gebunden. Die Zahlungen wurden 1616 eingestellt.
Hintergrund des Öffnungsvertrags ist der Schwabenkrieg von 1499, in dem sich Gutenberg und Feldkirch behaupten konnten, Maienfeld und Vaduz aber überrannt wurden. Die Verteidigung Tirols musste durch einen Öffnungsvertrag, wie er von Österreich auch in Schwaben abgeschlossen worden war, und den Ausbau der Befestigungen in Vaduz und Maienfeld auf eine neue Basis gestellt werden. Ludwig von Brandis konnte den Wiederaufbau von Vaduz ohne österreichische Hilfe nicht finanzieren. Ein ähnlicher Öffnungsvertrag über die Herrschaft Maienfeld konnte trotz hoher österreichischer Anzahlung nicht umgesetzt werden, da die Erben Sigmunds II. von Brandis die Herrschaft Maienfeld 1509 an die Drei Bünde verkauften.
Öhri (Oehri, Oehry): Geschlecht aus Eschen (†), Gamprin, Mauren, Ruggell und Schellenberg. 1990 trugen in Liechtenstein 420 Personen den Namen Öhri. Erstmals erwähnt 1394. Das alteingesessene Geschlecht am Eschnerberg stellte bereits im 16. Jahrhundert mit Hans Öhri und Hans Öhri zwei Landammänner der Herrschaft Schellenberg.
a) Eschen: Für die Öhri aus Eschen können ab dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts zusammenhängende Genealogien erstellt werden (fünf Stämme). Die Genealogie des ersten Stamms reicht ins dritte Viertel des 17. Jahrhunderts zurück. Mitglieder der Familie Öhri übten vom 17. bis ins 19. Jahrhundert über sechs Generationen das Mesmeramt der Pfarrkirche Eschen aus. Der Stamm, aus dem der Landtagsabgeordnete und Gemeindevorsteher Martin Josef Öhri hervorging, erlosch 1960. Der zweite Stamm wurde im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts vom Landammann Adam Öhri und von seiner Ehefrau Katharina Wanger begründet. Deren Sohn Johann Öhri wurde ebenfalls zum Landammann gewählt. Die Familie verarmte im 19. Jahrhundert. Nach 1896 verlieren sich ihre Spuren in Süddeutschland. Der dritte Stamm reicht ins zweite Viertel des 18. Jahrhunderts zurück. Der Letzte der Familie liess sich 1832 in Mauren nieder und begründete die Maurer Linie, während die Eschner Linie des Geschlechts erlosch. Die Genealogie des vierten Stamms beginnt im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts. Die schmale Eschner Linie erlosch Ende des 19. Jahrhunderts während die Maurer Linie (begründet 1789) heute noch in mehreren Ästen blüht. Der fünfte Stamm wurde im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts begründet und erlosch 1892.
b) Gamprin: Für die Öhri aus Gamprin können ab dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts zusammenhängende Genealogien erstellt werden (fünf Stämme). Der erste Stamm wurde im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts begründet und erlosch 1912. Die Genealogie des zweiten Stamms reicht ins zweite Viertel des 18. Jahrhunderts zurück. Ihm gehören der Landtagsabgeordnete und Gemeindevorsteher Alois Oehri und sein Sohn, der Landtagsabgeordnete und Gemeindevorsteher Donath Oehri an. Ein kleiner, dritter Stamm ist nur über vier Generationen vom zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts bis 1906 nachweisbar. Die Genealogie des vierten Stamms wurde im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts begründet, die des fünften Stamms im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts.
c) Mauren: Für die Öhri aus Mauren können ab dem dritten Viertel des 17. Jahrhunderts zusammenhängende Genealogien erstellt werden (vier Stämme). Der erste, weitverzweigte Stamm wurde im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts begründet. Der Wirt Andreas Öhri (Herkunft: Eschen oder Schellenberg) erwarb 1780 den fürstlichen «Rennhof» in Mauren und begründete mit seiner Ehefrau Franziska Brendle den zweiten Stamm. Sein Sohn Franz Josef Öhri war Militärjurist in der k.k. Armee und wurde 1848 in den liechtensteinischen Landrat gewählt. Im 20. Jahrhundert brachte die Familie den Landtagsabgeordneten Paul Öhri und den Landtagsabgeordneten und Regierungsrat Walter Oehry hervor. Der dritte Stamm wanderte 1832 (Einkauf ins Gemeindebürgerrecht) aus Eschen zu. Die Genealogie des vierten Stamms reicht ins dritte Viertel des 17. Jahrhunderts zurück und erlosch 1829.
d) Ruggell: Für die Öhri aus Ruggell können ab dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts zusammenhängende Genealogien erstellt werden (vier Stämme). Der erste Stamm wurde in dieser Zeit begründet. Er brachte die Ordensschwester Zita Öhri, ihren Neffen, den Landtagsabgeordneten Chrysostomus Öhri und – aus anderer Linie –, den Gemeindevorsteher und Landtagsabgeordneten Rudolf Ignaz Öhri, den Gemeindevorsteher Josef Öhri und seine Söhne, den Gemeindevorsteher Hugo Öhri und den Landtagsabgeordneten und Regierungsrat Josef Öhri hervor. Ins zweite Viertel des 18. Jahrhunderts reicht auch die Genealogie des zweiten, dritten und vierten Stamms zurück. Letzterer erlosch 1984 im Mannesstamm. Keiner dieser Genealogien zugeordnet werden kann der Landammann Josef Öhri, der 1752 im Amt verstarb.
e) Schellenberg: In Schellenberg blüht nur noch einer von vier Stämmen. Er wurde im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts von Johann Georg Öhri aus Gamprin und seiner Ehefrau Barbara Marxer begründet. Herausragende Vertreter der Familie waren der Gemeindevorsteher Georg Oehri sowie seine Cousins, die Brüder Hugo Oehri (Gemeindevorsteher) und Eduard Oehri (Landtagsabgeordneter). Der zweite Stamm wanderte im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts aus Ruggell zu und erlosch 1925. Zwei weitere Stämme werden bei Tschugmell ohne genauere Genealogie erwähnt. Sie erloschen wohl schon im 18. oder 19. Jahrhundert.
Öhri, Adam: Landammann. †13.10.1654 Eschen, von Eschen. ⚭ Anna Katharina Wanger (†5.1.1656), Witwe des Landammanns Leonhard Brendle; ihr Sohn Johann wurde ebenfalls Landammann. Öhri ist zwischen 1634 und 1651 mehrmals als Landammann der Herrschaft Schellenberg erwähnt. 1644 ahndete er Übergriffe gegen die aus Sulz (Vorarlberg) in die Herrschaft Schellenberg geflüchteten Juden mit einer hohen Geldstrafe. Er prozessierte 1649 mit den Juden wegen Bezahlung des Hintersassengelds. 1651 klagte Öhri gegen seinen Schwiegersohn, Meister Hans Weiss, der ihn der Hexerei bezichtigte.
Öhri, Christian: Gemeindevorsteher. *11.4.1982 Spital Vaduz, von Ruggell, wohnhaft in Ruggell. Sohn des Produktionsmitarbeiters Josef und der Verkäuferin Adelheit, geb. Marxer, ein Bruder. ⚭ 15.4.2011 Tanja Heeb (*12.4.1988), Fachangestellte Gesundheit, zwei Kinder.
1989–1994 Primarschule in Ruggell, 1994–1997 Realschule in Eschen, 1995–2003 Liechtensteinisches Gymnasium in Vaduz. 2003–2009 Studium der Betriebswirtschaftslehre und der Wirtschaftspädagogik an der Universität Innsbruck (Magister rer. soc. oec). 2010–2014 Revisor in der Group Internal Audit bei der LGT Bank AG in Vaduz und 2014–2023 Gemeindesekretär und Leiter der Gemeindekanzlei in der Gemeindeverwaltung Ruggell.
Öhri war von 2016 bis 2018 am Aufbau der Führungsorgane Liechtensteins (Krisenstab) beteiligt und gehörte von 2018 bis 2023 dem Führungsorgan (FOG) Unterland als stellvertretender Chef Führungsunterstützung an. 2023 wurde er zum Gemeindevorsteher von Ruggell gewählt (FBP). Er wirkt seither auch als Vertreter Liechtensteins im Vorstand des internationalen Gemeindenetzwerks Allianz in den Alpen, dem er schon von 2020 bis 2023 als Rechnungsrevisor gedient hatte.
Öhri, Chrysostomus: Landtagsabgeordneter. *26.9.1897 Ruggell, †22.10.1961 Spital Grabs (SG), von Ruggell, wohnhaft in Ruggell. Sohn des Landwirts Sebastian und der Wilhelmine, geb. Büchel, neun Geschwister. ⚭ 20.11.1916 Berta Senti (*17.4.1890, †13.7.1949), sieben Kinder.
Müllerlehre in Gamprin. 1922–1930 führte Öhri die Mühle in Eschen und 1930–1940 die Gemeindemühle in Ruggell, danach war er als Landwirt tätig.
1927–1930 Mitglied des Ruggeller Gemeinderats (VP). 1939 in stiller Wahl in den Landtag gewählt, 1939–1945 Landtagsabgeordneter (VU), 1945 bis Februar 1953 stellvertretender Landtagsabgeordneter, zeitweilig Mitglied der Finanzkommission und des Landesausschusses. Anders als ein Grossteil der Landwirte machte sich Öhri für die Einführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) stark. Präsident der Sennereigenossenschaft Ruggell und Initiant der Ruggeller Tiefkühlanlage.
Öhri, Elias: Gemeindevorsteher. *28.6.1851 Schellenberg, †9.1.1916 Bürgerheim Mauren, von Schellenberg. Sohn des Severin und der Anna Maria, geb. Mayer. ⚭ 20.4.1874 Maria Barbara Hasler (*15.3.1849, †27.6. 1908). Landwirt. 1876–79 und 1891–1900 Mitglied des Schellenberger Gemeinderats (1891–94 Vizevorsteher), 1879–82 Gemeindekassier, 1885–88 Gemeindevorsteher. In seiner Amtszeit unter anderem Bau einer Sennerei (1887).
Öhri, Franz Josef: Landrat, Militärjurist und Schriftsteller. *4.3.1793 Mauren, †30.10.1864 Güns (ungarisch Köszeg, H), von Mauren, später auch österreichischer Staatsangehöriger. Sohn des Andreas, Wirt zum «Rennhof» in Mauren und zum Bad Vogelsang in Triesen, und der Franziska, geb. Brendle, drei Geschwister. ⚭ 1) 1834 Sängerin Johanna Wallenweber, geb. Daucher (†1858), zwei Kinder, 2) 1860 Ludovica Zanko, geb. von Kreiml. Öhri besuchte gleichzeitig mit Peter Kaiser, Johann Michael Menzinger und Josef Bergmann das Gymnasium in Feldkirch. Ab 1810 Philosophicum in Wien, 1815–17 Studium der Rechtswissenschaften in Landshut (Bayern), unter anderem bei Anselm Feuerbach, dem Begründer der neueren deutschen Strafrechtslehre. Weil Liechtenstein einem Juristen kaum berufliche Möglichkeiten bot, trat Öhri 1818 als Auditorspraktikant (Militärjurist) in die k.k. Armee ein. 1819–36 war er Auditor bei verschiedenen Regimentern, 1836–42 Stabsauditor in Italien, 1842–49 leitete er als Generalauditorleutnant das Justizdepartement des Generalkommandos Lombardo-Venetien in Verona (I) und 1850 das Justizdepartement des Landesmilitärkommandos Ungarn in Budapest; 1849–50 war er aus gesundheitlichen Gründen ausser Dienst. 1851–62 bekleidete er die Stellungen eines Oberstauditors, Militärappellationsrats und Generalauditors beim Militärappellationsgericht in Wien. 1844 führte Öhri die Untersuchung der k.k. Marine gegen Attilo und Emilio Bandiera sowie Domenico Moro, die einen Aufstand gegen die österreichische Herrschaft in Norditalien geplant hatten. Ab 1862 Ruhestand in Güns.
Obwohl nicht in Liechtenstein lebend, spielte Öhri eine Rolle während der Revolution 1848. Im Auftrag des mit ihm befreundeten liechtensteinischen Landesverwesers Johann Michael Menzinger kommentierte Öhri den Verfassungsentwurf Peter Kaisers. Vermutlich im September 1848 entwarf Öhri – als Reaktion auf Kaisers Text – ebenfalls eine liechtensteinische Verfassung, die sich in Einzelpunkten wesentlich von Kaisers Vorschlag unterschied. Ob Kaiser und Öhri während der Verfassungsarbeit in Kontakt standen, ist ungewiss. Menzinger, der eine Zeit lang zusammen mit Öhri im gleichen Regiment als k.k. Auditor gedient hatte, brachte ihn wohl ins Spiel, um ein Gegengewicht zu Peter Kaiser zu schaffen, dessen Ideen die Obrigkeit für republikanisch hielt. Öhris liberales, konstitutionelles Verfassungsmodell ging von der Vorstellung grösserer kommunaler Freiheiten und eines lokalen, autonomen Rechtssystems auf der Basis des Landammannamts vor 1809 aus. Liechtenstein sollte selbständiger Teil des Deutschen Bunds sein. Fürst und Kirche erscheinen in ihrer Macht deutlich beschnitten, die monarchische Staatsform aber wurde nicht infrage gestellt. Die Volksvertretung setzte sich aus zwei Kammern zusammen, das Wahlrecht sollte ungeachtet der Besitzverhältnisse auf alle Schichten ausgedehnt werden. Öhris Modell enthielt zudem ein soziales Programm (Ausbau des Bildungs-, des Gesundheits- und des Fürsorgewesens). Im späteren Entwurf des Verfassungsrats finden sich einzelne von Öhris Vorstellungen wieder. Am 20.5.1849 wurde Öhri in den Landrat gewählt. Obwohl Mitglied bis 1852, nahm Öhri sein Mandat wegen dauernder Landesabwesenheit nicht wahr. Öhri zog sich – wie Peter Kaiser – nach kurzer Zeit aus der liechtensteinischen Politik zurück. Seine Karriere in der österreichischen Militärjustiz war von der Mitarbeit an der liechtensteinischen Verfassung offenbar nicht beeinträchtigt.
1861–64 veröffentlichte Öhri vier Schriften, die inhaltlich zwischen spekulativen geschichtstheoretischen Erklärungsmodellen und mystischen Weltdeutungsversuchen pendeln. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die Einheit der deutschen Nation zu erreichen sei. Die fast einzige Rezeption dieser Werke nach 1865 fand 1940 durch die nationalsozialistische Volksdeutsche Bewegung in Liechtenstein statt. Sie sah in Öhri einen Vorboten deutschvölkischen Denkens und instrumentalisierte seine Schriften. In seiner Heimatgemeinde Mauren ist eine Strasse nach Öhri benannt.
Öhri, Hans (erwähnt 1520-30): Landammann. Erwähnt 1520–30. Als Landammann der Herrschaft Schellenberg belegt 1520, als das Gericht unter seinem Vorsitz über die Straf-, Buss- und Pfändungskompetenz der Dorfgeschworenen und des Weibels entschied, 1529 bei der Siegelung eines Zinsbriefs und 1530, als er sich bei einem Konflikt zwischen Schellenberg und Leuten aus Ruggell durch Altammann Christian Noll im Gerichtsvorsitz vertreten liess.
Öhri, Hans (erwähnt 1581-89): Landammann. Erwähnt 1581–89, † vor 1593, wohnhaft in Eschen (Rofaberg); mindestens sechs Kinder. Öhri trug 1581 als Landammann der Herrschaft Schellenberg an einem Administrationstag in Jestetten (Klettgau, D) den kaiserlichen Administratoren und Vormündern der Kinder des verstorbenen Graf Alwig von Sulz die Anliegen der Landschaften vor, die vor allem die Befreiung von den Landgerichten Rankweil und Wangen, die Berechnungsweise des Umgelds und die Zahlungsfrist der Reichsanlagen betrafen. 1584 einigten sich die Landschaften Vaduz, Schellenberg und Blumenegg mit Graf Karl Ludwig von Sulz über die Reichslasten (→ «Schnitz») – als beteiligter Schellenberger Ammann kommen Öhri und Jakob Graf infrage. Das «Leger»- oder Steuerbuch von 1584 weist «Aman Öry» mit 2250 Gulden Vermögen als reichsten Eschner aus. 1588 bürgten Ammann Öhri und sieben weitere Personen für Graf Karl Ludwig für 2000 Gulden. 1589 brannte Öhris Haus auf Rofaberg samt darin befindlichen Urkunden ab.
Öhri, Hugo: Gemeindevorsteher. *29.5.1927 Ruggell, †22.5.1992 Ruggell, von Ruggell. Sohn des Gemeindevorstehers Josef und der Emilie geb. Büchel, sechs Geschwister, unter anderem Regierungsrat und Landtagsabgeordneter Josef. ⚭ 23.6.1953 Isabella Öhri (*22.7.1926), eine Tochter. Landwirt und 1960–92 Alpmeister der Alp Tiefensee. 1966–83 Gemeindevorsteher von Ruggell (FBP). In dieser Zeit unter anderem Ausbau der Infrastruktur (Strassen und Kanalisation), Erweiterung des Friedhofs mit Kapelle (1975), Anschluss an den Abwasserzweckverband ARA (1977), Renovierung des Schulhauses und Erweiterung mit Gemeindesaal und Turnhalle (1978–79). Ehrenmitglied des Musikvereins Frohsinn Ruggell.
Julia Frick, «Öhri, Hugo», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: https://historisches-lexikon.li/Öhri,_Hugo, abgerufen am 21.2.2024.
Öhri, Johann (Hans): Landammann. * um 1629, †8.9.1687 Eschen, von Eschen. Sohn des Landammanns Adam und der Anna Katharina Wanger. ⚭ 9.2.1653 Anna Senti (†25.5.1687), zehn Kinder. Ab 1673 als Richter («des Gerichts») und zwischen 1680 und 1687 mehrmals als Landammann der Herrschaft Schellenberg erwähnt. Öhri war an den Schellenberger Hexenprozessen von 1680 als Beisitzer beteiligt, wofür er sich 1685 vor der kaiserlichen Kommission verantworten musste; diese stufte sein Vermögen (für den Fall von Schadenersatzforderungen) als gering ein. Öhri siegelte 1687 eine Verabredung zwischen Graf Jakob Hannibal von Hohenems und der Herrschaft Schellenberg betreffend Steuerleistung.
Öhri, Josef (%E2%80%A0 1752): Landammann. *unbekannt, †4.2.1752 Ruggell, von Ruggell. 1751–52 Landammann der Landschaft Schellenberg. Öhri verstarb im Amt. Seine Biografie ist nicht erforscht.
Öhri, Josef (1884-1966): Gemeindevorsteher. *7.2.1884 Ruggell, †17.4.1966 Ruggell, von Ruggell. Sohn des Gemeinderats und Waldaufsehers Andreas und der Sybilla, geb. Büchel, verwitwete Heeb, zwei Geschwister. ⚭ 20.11.1916 Emilie Büchel (*18.2.1894, †20.4.1988), Schwester des Landtagsabgeordneten und Gemeindevorstehers Ernst Andreas Büchel, sieben Kinder, unter anderem Regierungsrat und Landtagsabgeordneter Josef und Gemeindevorsteher Hugo. Sticker und Landwirt, nebenbei betrieb er eine Gemischtwarenhandlung. 1918–24 Ruggeller Gemeindekassier, 1924–27 und 1933–36 Mitglied des Gemeinderats, 1934–43 Vermittler und 1939–45 Gemeindevorsteher (FBP). 1926–38 Regierungsrat-Stellvertreter. 1915–28 Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr Ruggell, 1926 Ehrenmitglied, Kassier des Liechtensteinischen Bauernvereins.
Julia Frick, «Öhri, Josef (1884–1966)», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: https://historisches-lexikon.li/Öhri,_Josef_(1884–1966), abgerufen am 21.2.2024.
Öhri, Josef (1918-1990): Landtagsabgeordneter und Regierungsrat. *25.8.1918 Ruggell, †10.11.1990 Ruggell, von Ruggell. Sohn des Gemeindevorstehers Josef und der Emilie, geb. Büchel, sechs Geschwister, unter anderem Gemeindevorsteher Hugo. ⚭ 26.9.1944 Cäcilia Emilia Heeb (*30.3.1920), fünf Töchter. Landwirt und Kaufmann. Aufbau eines Haushalts-, Landwirtschafts- und Eisenwarengeschäfts in Ruggell, später Eröffnung einer Filiale in Vaduz. 1954–63 Mitglied des Ruggeller Gemeinderats (FBP). 1957–58 Landtagsabgeordneter, 1958–62 stv. Landtagsabgeordneter. 1958–70 Regierungsrat mit dem Ressort Bauwesen, Verwirklichung grosser Strassen-, Brücken- und Hochbauprojekte. 1952–58 Verwaltungsrat der LKW, 1974–78 Verwaltungsratsvizepräsident der AHV/IV/ FAK. Vorstandsmitglied des Pressevereins «Liechtensteiner Volksblatt» (1984–90, 1986–90 Vizepräsident) und der Gewerbe- und Wirtschaftskammer. Komturkreuz des fürstl. liecht. Verdienstordens.
Öhri, Martin Josef: Landtagsabgeordneter und Gemeindevorsteher. *19.7.1835 Eschen, †3.3.1905 Eschen, von Eschen. Sohn des Mesmers Franz Josef und der Kreszentia, geb. Marxer, fünf Schwestern. ⚭ 30.5.1870 Katharina Allgäuer (*15.10.1849, †5.7.1917), sieben Kinder. 1851/52 Präparandenkurs in Oberalting (D), 1852–53 Lehrerausbildung in Bregenz. 1853–57 Lehrer in Vaduz, 1858–59 in Nendeln. 1859 provozierte Öhri durch Ungehorsam seine Entlassung und war danach als Bauer und Fuhrhalter tätig. 1867–70 und 1876–79 Mitglied des Eschner Gemeinderats und Schriftführer; 1870–73, 1879–82 und 1888–89 Gemeindevorsteher; 1869–72 stv. Landtagsabgeordneter, 1872–77 und 1878–86 Landtagsabgeordneter, zeitweilig Schriftführer und Mitglied des Landesausschusses. Als Gemeinderat lehnte sich Öhri 1868 gegen die neue Feiertagsordnung auf. Im Zug der Münzwirren führte er am 13.1.1877 einen friedlichen Demonstrationszug von mehreren 100 Unterländern nach Vaduz an, was ihm den Übernamen «Kossuthli» einbrachte (nach Lajos Kossuth, dem Führer der ungarischen Unabhängigkeitsbewegung von 1848/49). 1877–78 Einsatz für die Schaffung von zwei Wahlkreisen bei Landtagswahlen. 1872–75 und 1878–84 Mitglied des Landesschulrats. Öhris gespanntes Verhältnis zum Oberamt führte 1889 zu seiner von ihm provozierten Absetzung als Gemeindevorsteher. In der Jugend befreundet mit Josef Gabriel Rheinberger (Korrespondenz). Organist und Mitbegründer des Eschner Männerchors von 1868, 1894–1902 Leiter eines Konkurrenzchors («Liederkranz»).
Öhri, Paul: Landtagsabgeordneter. *29.6.1915 Mauren, †14.5.1997 Spital St. Gallen, von Mauren, wohnhaft in Mauren. Sohn des Medard und der Adelheid, geb. Ritter, sechs Geschwister. ⚭ 20.4.1942 Albertina Frick (*5.5.1916, †8.6.2002), fünf Kinder. 1935–37 Zimmermannslehre in Bregenz. Zimmermann, danach bei der Landesvermessung und den Österreichischen Bundesbahnen tätig. 1950–80 arbeitete Öhri in der Presta AG, Eschen, und präsidierte mehrere Jahre die Arbeiterkommission der Firma. Rund 20 Jahre Obmann der VU-Ortsgruppe Mauren. 1958–66 Landtagsabgeordneter, zeitweilig Mitglied der Finanzkommission und des Landesausschusses.
Öhri, Rudolf Ignaz: Landtagsabgeordneter und Gemeindevorsteher. *14.12.1843 Ruggell, †21.2.1923 Ruggell, von Ruggell. Sohn des Bartholomäus und der Agatha, geb. Öhri. ⚭ 8.2.1869 Regina Biedermann (*1.10.1841, †10.3.1921), sieben Kinder. Landwirt. 1873–76 Gemeindekassier von Ruggell, 1876–79 und 1882–85 Gemeindevorsteher, 1888–97 und 1900–06 Vizevorsteher. 1878–82, 1886–90 und 1894–98 stv. Landtagsabgeordneter, 1890–94 Landtagsabgeordneter.
Öhri, Zita (Zitta): Ordensschwester. *10.5.1863 (Josepha) Ruggell, †30.4.1933 Menzingen (ZG), katholisch, von Ruggell. Tochter des Chrysostomus und der Anna Maria, geb. Biedermann, vier Geschwister. 1869–77 Volksschule in Ruggell, 1877–79 Kindermädchen in Vaduz. 1879 Eintritt in die Kongregation der Schwestern vom heiligen Kreuz in Menzingen, Profess am 12.9.1882. Armen- und Waisenmutter an verschiedenen Orten der Schweiz und in Deutschland, 1913–16 Vorsteherin des Armenhauses in Steinen (SZ) und 1926–27 des Waisenhauses in Wollerau (SZ), 1927–33 in Menzingen.
Österreich: Staat in Mitteleuropa. Amtliche Bezeichnung: Republik Österreich. Hauptstadt: Wien, 8,44 Mio. Einwohner (2011); 83 859 km. Österreich grenzt mit seinem westlichsten Bundesland Vorarlberg auf einer Länge von 34,9 km an Liechtenstein.
Die Ursprünge Österreichs gehen zurück auf die 814/17 errichtete Markenorganisation der Karolinger mit dem bayerischen Ostland, zu dem auch eine Markgrafschaft an der Donau gehörte; sie fiel 907 den Ungarn zum Opfer. Otto I. errichtete nach seinem Ungarnsieg (955) 960/70 erneut eine Mark an der Donau, deren Leitung 976 die sogenannten Babenberger (Bamberger) übernahmen. Für dieses Gebiet wird 996 erstmals der Name verwendet, 1147 die lateinische Bezeichnung . Mit der Erweiterung ihres Herrschaftsgebiets nach Osten verlegten die Babenberger ihre Residenz von Melk donauabwärts nach Krems, Tulln, Korneuburg und Wien. 1156 erhob Kaiser Friedrich I. Barbarossa die Mark Österreich zu einem Herzogtum. Durch einen Erbvertrag mit dem steirischen Herzog Otakar IV. («Georgenberger Handfeste» 1186) gelang den Babenbergern 1192 die Erwerbung der Steiermark. 1246 fiel Herzog Friedrich II. als letzter Babenberger in einer siegreichen Schlacht gegen die Ungarn. Der Kaiser betrachtete Österreich als heimgefallenes Reichslehen und setzte Markgraf Hermann IV. von Baden zum Statthalter ein. Nach dessen Tod wandte sich der österreichische Adel an den böhmischen Thronfolger, Markgraf Přemysl Otakar II. von Mähren, der 1251 die Herrschaft in Österreich übernahm. Rudolf I. von Habsburg, der 1273 zum deutschen König gewählt wurde, zwang Otakar 1276 zur Unterwerfung und entzog ihm Österreich und die Steiermark. Das Herzogtum Österreich umfasste damals das Gebiet des heutigen Niederösterreichs, aus den Besitzungen westlich der Enns entstand ab Mitte des 13. Jahrhunderts das Herzogtum und Land Österreich ob der Enns (heute Oberösterreich).
Auf Verlangen des österreichischen Adels wurde Herzog Albrecht I. 1283 Alleinherrscher in Österreich, 1298 erlangte er auch die deutsche Königswürde. Nach Albrechts Ermordung 1308 in Königsfelden (AG) unterlag Herzog Leopold I. 1315 den Schwyzern bei Morgarten, und Herzog Friedrich «der Schöne» verlor 1322 den Kampf um das deutsche Königtum gegen Ludwig den Bayern. Die Habsburger konzentrierten sich deshalb auf den Ausbau ihrer «Erbländer», für die seit dem frühen 14. Jahrhundert die Bezeichnung «Herrschaft zu Österreich» () üblich wurde. Herzog Albrecht II. (1330–59) konnte nach dem Ende der Herzöge von Görz-Tirol 1335 Kärnten erwerben, sein Sohn, Herzog Rudolf IV. «der Stifter», gewann gegen den Widerstand Bayerns 1363 ganz Tirol. Rudolfs Brüdern Albrecht III. und Leopold III. gelangen weitere wichtige Erwerbungen: 1374 Gebiete im adriatischen Küstenland und Inneristrien aus dem Erbe der Grafen von Görz, 1375 die Herrschaft Feldkirch und das Landgericht Rankweil als Kern des späteren Lands Vorarlberg durch Kauf von Graf Rudolf V. von Montfort-Feldkirch und 1382 die Stadt Triest. Die Herrschaftsteilungen der Habsburger 1379 und 1396 führten zur Entstehung von drei Länderkomplexen: «Niederösterreich» mit den wirtschaftlich dominanten Ländern Österreichs ob und unter der Enns, «Innerösterreich» mit der Steiermark, Kärnten, Krain, dem Küstenland, Inneristrien und Triest sowie «Oberösterreich» mit Tirol und den (meist «Vorderösterreich» genannten) habsburgischen Vorlanden samt den Herrschaften vor dem Arlberg. Durch die Erwerbung der Besitzungen des letzten Grafen von Görz (1500) mit den beiden Grafschaften im Küstenland um Görz (Gorizia, I) und um Lienz in Oberkärnten (das heutige Osttirol) und den Gewinn des Tiroler Unterlands mit Kitzbühel, Rattenberg und Kufstein im Bayerischen Erbfolgekrieg 1505 gelang den Habsburgern nochmals eine Vergrösserung der österreichischen Erbländer.
Mit Friedrich III. erlangte 1453 wieder ein Habsburger die Kaiserkrone, die mit einer geringfügigen Unterbrechung bis zum Ende des römisch-deutschen Reichs 1806 im Besitz des Hauses Österreich blieb. Die Heirat Maximilians I., Sohn Friedrichs III., mit Maria, der Tochter Herzog Karls des Kühnen von Burgund, 1477 führte in jahrelangen Kämpfen gegen Frankreich zur Erwerbung der burgundischen Länder: der Freigrafschaft Burgund (Franche Comté), des Herzogtums Luxemburg sowie der wirtschaftlich potenten «Niederen Lande» mit dem Hennegau, Artois, Flandern, Brabant, Holland und Seeland. Damals wurde die Bezeichnung «Haus Österreich und Burgund» für die Habsburger und die von ihnen beherrschten Länder und Reiche üblich.
Maximilians Enkel Karl V., seit 1516 König von Spanien und seit 1519 römischer Kaiser, trat 1521–22 die österreichischen Erbländer samt Tirol, den Vorlanden und dem Herzogtum Württemberg (1520–34 habsburgisch) an seinen jüngeren Bruder Ferdinand I. ab. Dieser wurde als Gatte der Prinzessin Anna Jagiello nach dem Tod seines Schwagers Ludwig II. in der Schlacht bei Mohács (Ungarn) 1526 König von Böhmen und dem westlichen Ungarn einschliesslich der Slowakei mit ihren reichen Silbervorkommen. Die erfolgreiche Verteidigung Wiens 1529 gebot dem weiteren Vordringen der Osmanen nach Mitteleuropa Einhalt.
Der Dreissigjährige Krieg (1618–48) führte zum wirtschaftlichen Niedergang, zur Verwüstung und Entvölkerung grosser Landstriche im nördlichen Österreich und in Böhmen. Das Elsass und der Sundgau gingen an Frankreich verloren, die Ober- und Niederlausitz wurden an Sachsen abgetreten. Da seit dem Westfälischen Frieden (1648) das Reich geschwächt war, die Fürsten eine eigenständige Politik verfolgten und die Machtgrundlage des Kaisertums schwand, konzentrierten sich die Habsburger ganz auf den Ausbau ihrer Position in Österreich und den Königreichen Böhmen und Ungarn, die von Wahlmonarchien zu Erbreichen umgestaltet wurden.
Die zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stand im Zeichen der Erfolge des «Sonnenkönigs» Ludwig XIV. von Frankreich. Die Niederlage der von Ludwig unterstützten Osmanen bei der Belagerung Wiens 1683 brachte eine Wende. Der Grossteil Ungarns wurde zurückerobert, und Österreichs grösster Feldherr, Prinz Eugen von Savoyen, der 1697 bei Zenta über die Osmanen siegte, bewährte sich nach dem Ende der spanischen Habsburger im «Spanischen Erbfolgekrieg» gegen Frankreich (1701–14). Österreich konnte zwar Spanien nicht behaupten, gewann aber die südlichen Niederlande (Belgien und Luxemburg), in Italien Mailand, Mantua, Mirandola und das Königreich Neapel sowie die Insel Sardinien.
Durch weitere Erfolge gegen die Osmanen und Gebietsgewinne in Italien erreichte Österreich 1720 seine grösste Ausdehnung. Nach Rückschlägen in Italien, wo 1734 Sizilien und Neapel verloren gingen, und gegen die Osmanen, an die 1739 das nördliche Serbien mit Belgrad, Bosnien und die kleine Walachei abgetreten wurden, schien beim Tod Kaiser Karls VI. 1740 der Fortbestand der Habsburgermonarchie überhaupt infrage gestellt. Als König Friedrich II. von Preussen 1740 den Angriff auf Schlesien eröffnete, trafen Bayern, Sachsen und Spanien Absprachen zur Aufteilung Österreichs. Im «Österreichischen Erbfolgekrieg» (1740–48) konnte sich Maria Theresia, Tochter Kaiser Karls VI., durchsetzen, es gab nur geringe Verluste in Italien (Parma, Piacenza). Schlesien musste an König Friedrich II. von Preussen abgetreten werden, der es auch im Siebenjährigen Krieg (1756–63) behauptete. Maria Theresia gewann bei der ersten Teilung Polens 1772 das «Königreich Galizien und Lodomerien» mit der Hauptstadt Lemberg, 1775 von der Türkei die Bukowina mit Czernowitz, 1779 kam durch den «Bayerischen Erbfolgekrieg» das Innviertel an Österreich ob der Enns. Joseph II., der Sohn und Nachfolger Maria Theresias (Kaiser 1765, Alleinherrscher 1780–90), begann mit radikalen Reformen im Geist der Aufklärung (→ Josephinismus), verlor aber 1790 die österreichischen Niederlande (Belgien) durch einen Aufstand. Nach einer politischen Konsolidierung unter Kaiser Leopold II. (1790–92) brachten die Koalitionskriege gegen das revolutionäre Frankreich (1792–1805), in denen Österreich als Vormacht des konservativen Europa auftrat, erhebliche Gebietsverluste. Kaiser Franz II. (1792–1835) musste nach schweren Niederlagen gegen Napoleon 1797 auf die Lombardei und endgültig auf Belgien verzichten. Im Frieden von Lunéville wurde 1801 vom Reich das linke Rheinufer an Frankreich abgetreten, Österreich verlor den Breisgau und die Ortenau. Der «Reichsdeputationshauptschluss» 1803 führte zur Säkularisation der geistlichen Reichsfürstentümer, Trient und Brixen kamen definitiv an Tirol, Salzburg an Ferdinand von Toskana, den Bruder Franz’ II. Angesichts der Auflösungstendenzen im römisch-deutschen Reich und der Krönung Napoleons zum Kaiser der Franzosen nahm Franz II. 1804 den Titel «Kaiser von Österreich» an. Nach der Niederlage von Austerlitz musste Österreich im Frieden von Pressburg 1805 auf Venetien, Istrien, Dalmatien und die letzten Besitzungen in Vorderösterreich verzichten und Tirol samt Vorarlberg an Bayern abtreten. Als geringe Kompensation wurde Salzburg mit Berchtesgaden erworben. Angesichts der Drohungen Napoleons und des Ausscheidens der im Rheinbund vereinigten Fürsten aus dem Reich legte Franz II. 1806 die römisch-deutsche Kaiserkrone nieder und erklärte die Auflösung des seit 962 bestehenden Hl. Römischen Reichs.
1809 erlitt Österreich im Frieden von Schönbrunn weitere territoriale Einbussen. 1814–15 erhielt Österreich neben dem grössten Teil seiner 1805 und 1809 verlorenen Territorien das bisherige Erzbistum Salzburg, und neu entstand das Königreich Lombardo-Venetien mit der Toskana und Modena als vorgeschobenen Kleinstaaten. Im Deutschen Bund (1815–66) war Österreich wie Preussen nur mit einem Teil seines Staatsgebiets Mitglied. Die im Geist des Konservativismus («Ära Metternich» beziehungsweise «Vormärz») erfolgte Bekämpfung von sozialen, liberalen und nationalen Bewegungen wurde durch die Revolution von 1848 beendet. Es begann ein Modernisierungsprozess in Gesellschaft und Wirtschaft. 1849 wurde ein nationalungarischer Aufstand mit russischer Waffenhilfe blutig niedergeschlagen. Durch die militärische Niederlage bei Magenta und Solferino im Krieg gegen Frankreich und Sardinien verlor Österreich 1859 die Lombardei. 1860 wurden eine allgemeine Verfassung und ein mit Budgethoheit ausgestatteter Reichsrat als parlamentarische Kontrollinstanz eingeführt (Oktoberdiplom). Im Deutschen Bund arbeitete Österreich gegen die preussische Vorherrschaft; eine österreichische Initiative zur Bundesreform scheiterte 1863 am preussischen Boykott. 1866 endete der österreichisch-preussische Dualismus in der Schlacht bei Königgrätz mit einem Sieg Preussens; der Deutsche Bund zerbrach. Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland war im Sinn der kleindeutschen Idee beendet. Österreich blieb zwar in Italien militärisch erfolgreich (Siege von Custozza, 1849 und 1866), musste aber trotzdem Venetien abtreten. Der Schwerpunkt der österreichischen Aussenpolitik verschob sich in Richtung Osteuropa und Balkan, wo nach dem langsamen Auseinanderbrechen des osmanischen Reichs sich die Interessen Österreichs mit denen Russlands und Serbiens überschnitten. 1878 wurde mit deutscher Zustimmung Bosnien-Herzegowina okkupiert, 1908 annektiert; die Frontlinie des Ersten Weltkriegs war vorgegeben. 1867 kam es zum Ausgleich mit Ungarn, der die sogenannte Doppelmonarchie, eine Realunion von zwei selbständigen Staaten Österreich und Ungarn, begründete: nur noch die Person des Monarchen und drei Ministerien (Äusseres, Finanzen, Krieg) waren den zwei konstitutionellen Monarchien gemeinsam. Ein Ausgleich mit den slawischen Nationalitäten («Trialismus») erfolgte nicht mehr, das Nationalitätenproblem blieb ungelöst. 1914 erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg. Der Konflikt auf dem Balkan weitete sich zum Ersten Weltkrieg aus, der den Zerfall der Donaumonarchie zur Folge hatte.
Nach der Abdankung des Kaisers wurde am 12.11.1918 die Republik Deutschösterreich ausgerufen. Am 10.9.1919 unterzeichnete diese den Friedensvertrag von Saint-Germain-en-Laye mit den Siegermächten. Österreich trat mit dem Anspruch an, alle Deutschsprachigen der Monarchie zu vereinigen. Südtirol und das Kanaltal fielen aber an Italien, in Südkärnten fand eine Volksabstimmung zugunsten Österreichs statt. 1921 erhielt Österreich Westungarn, das spätere Burgenland. Die aus der Donaumonarchie entstandenen Staaten wurden anerkannt, der erste Name der Republik, «Deutsch-Österreich», und der Anschluss an das Deutsche Reich verboten. 1920 trat eine Verfassung in Kraft, die 1929 novelliert und 1945 wiederaufgenommen wurde. Neben den direkt gewählten Nationalrat trat eine Ländervertretung (Bundesrat), beide bildeten die Bundesversammlung, die einen Präsidenten wählte (nach 1929 Volkswahl des Präsidenten). Praktisch alle politischen Kräfte strebten den Anschluss an Deutschland an (die Bevölkerung in Tirol und Salzburg votierte 1920 mit grosser Mehrheit dafür), der jedoch 1919, 1922 und 1932 durch die Siegermächte verboten wurde. Erst 1933 sagten sich Christlichsoziale und Sozialdemokraten von der Idee eines Anschlusses an das nun nationalsozialistische Deutschland los.
In der ersten Phase der Republik griff eine massive soziale Umschichtung Platz. Die 1918–20 regierende Sozialdemokratie wirkte ausgleichend. Es kam kaum zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Die ausgeprägte gesellschaftliche Hierarchie und die herausragende Rolle des Adels verschwanden, die Sozial- und Arbeitsschutzgesetzgebung von 1919 verbesserte die Situation der unteren ökonomischen Klassen. Ab 1920 blieben bürgerliche Koalitionen an der Regierung, meist mit dünnen Mehrheiten gegen die starke sozialdemokratische Opposition.
Die ökonomische Krise Europas in der Zwischenkriegszeit traf Österreich als Folge des Kriegs und der Desintegration der Habsburgermonarchie besonders hart. Die Nachkriegsinflation konnte 1922 mit einer Völkerbundanleihe gestoppt werden. Tendenzen zu einer konjunkturellen Erholung wurden von der 1929 einsetzenden Weltwirtschaftskrise gebrochen. Wiener Banken hielten eine finanzielle und ökonomische Zentrumsfunktion im Donauraum, bis 1931 die Credit-Anstalt zusammenbrach und eine weitere Desintegration dieses Wirtschaftsraums auslöste. 1932 wurde unter starken innenpolitischen Spannungen die sogenannte Lausanner Anleihe beim Völkerbund aufgenommen.
Die Konflikte der Wehrverbände (Heimwehr und Frontkämpferverband gegen sozialdemokratischen Schutzbund) führten zu fortgesetzten Gewalttaten und schliesslich 1934 zum Bürgerkrieg. Diese Verbände entzogen dem Staat das Gewaltmonopol, das nur noch im Bundesheer fortbestand. Die Identifikation mit dem eigenen politischen Lager war grösser als mit der Republik.
1931 scheiterte das Projekt einer Zollunion mit dem Deutschen Reich am Widerstand der Ententemächte. Seit den späten 1920er Jahren erfolgte eine aussenpolitische Annäherung an das faschistische Italien, das zusammen mit England und Frankreich eine Schutzfunktion für die österreichische Unabhängigkeit übernahm, sowie an Ungarn unter Reichsverweser Horthy.
1933 kam es zur Ausschaltung des Parlaments auf der Basis des kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes von 1917 durch Bundeskanzler Engelbert Dollfuss. Das faschistische Italien und die in der Regierung vertretene Heimwehr, sogar der Vertreter des Völkerbunds drängten auf autoritäre Veränderungen. Antikapitalistische Tendenzen aus Elementen der christlichen Soziallehre und der romantischen Gesellschaftsphilosophie, Technikskepsis und rückwärtsgewandte, antimodernistische Heimatideologie flossen im Sinn antirevolutionärer und antisozialistischer Politik mit Interessen der Wirtschafts- und Finanzkreise zusammen. Eine Bürokratie mit Handlungsfreiheit sollte die Krise bewältigen, auch die sozialen Neuerungen von 1919 modifizieren. Eine korporative Ordnung (Berufsstände) unter der Kontrolle des starken Staats sollte nach der österreichischen Maiverfassung von 1934 eine klassenübergreifende Integration in Form der Volksgemeinschaft verwirklichen. Der «Ständestaat» wurde aber nur in Ansätzen realisiert. Die offen terroristisch agierenden Nationalsozialisten und die Kommunistische Partei wurden 1933 verboten, die Sozialdemokraten im eskalierenden Bürgerkrieg des Februars 1934 zerschlagen. Nur die Vaterländische Front bestand als politische Sammelbewegung fort. Eine grosse Zahl politischer Häftlinge war in Anhaltelagern interniert. Im Juli 1934 putschten die Nationalsozialisten und ermordeten Dollfuss. Ihm folgte Kurt Schuschnigg. Der Ständestaat führte einen Zweifrontenkrieg gegen die von ihm in die Illegalität gedrängte Linke und eine starke, von Deutschland unterstützte ebenfalls illegale Rechte. Nachdem sich Italien im Zug des Abessinienkonflikts dem Deutschen Reich angenähert hatte, verlor Österreich seine Schutzmacht und war gezwungen, sich mit Deutschland zu arrangieren.
Eine Zusammenarbeit des Ständestaats mit der Linksopposition zur Verteidigung Österreichs kam nicht mehr zustande. Am 12.2.1938 musste Schuschnigg in Berchtesgaden bei Hitler die Aufnahme von Nationalsozialisten in die Regierung akzeptieren. Eine von Schuschnigg für den 13.3.1938 angekündigte Volksbefragung über die Unabhängigkeit Österreichs fand aufgrund massiven politischen Drucks aus Berlin nicht mehr statt. Vor dem Einmarsch deutscher Truppen am 11./12.3. übernahmen österreichische Nationalsozialisten die Macht. Am 13.3.1938 war der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich offiziell.
Die ersten Verhaftungswellen trafen Funktionäre des Ständestaats und die politische Opposition, die Verfolgung der österreichischen Juden und der Oppositionellen begann. Mindestens 120 000 Personen wurden in Konzentrationslagern, in der Haft oder in Euthanasieprogrammen ermordet (über 65 000 österreichische Juden und 6000 Roma). Der politische Widerstand war marginal. Die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung begrüsste den Anschluss.
Nach der Niederlage des Deutschen Reichs erfolgte 1945 die österreichische Unabhängigkeitserklärung. Das Land war in vier Besatzungszonen geteilt, der Alliierte Rat die politisch massgebende Instanz. Die Aufnahme in den Marshallplan festigte Österreichs ökonomische Westorientierung. Im Mai 1955 wurde ein Staatsvertrag mit den Siegermächten geschlossen, der den Abzug der Besatzungstruppen sowie Ablösezahlungen und Rohstofflieferungen an die Sowjetunion vorsah. Am 26.10.1955 beschloss der Nationalrat das Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität Österreichs nach dem Vorbild der Schweiz.