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2024-05-02
Polizei räumt Protestcamp auf UCLA-Campus
Gaza-Proteste in den USA
Die Polizei in Los Angeles hat das propalästinensische Protestlager auf dem Campus der UCLA aufgelöst. US-Präsident Biden verurteilte die Gewalt der Uni-Besetzer - will aber nicht die Nationalgarde einschalten.
Die Polizei in Los Angeles hat das propalästinensische Protestlager auf dem Campus der UCLA aufgelöst. US-Präsident Biden verurteilte die Gewalt der Uni-Besetzer - will aber nicht die Nationalgarde einschalten. An den US-Hochschulen kochen die Proteste um den Nahost-Krieg weiter hoch. Vielerorts rücken deshalb Polizeieinheiten aus, um propalästinensische Aktivisten zu vertreiben, die Uni-Gebäude besetzen. Auch auf dem Campus der University of California in Los Angeles (UCLA) gab es einen solchen Einsatz. Dort räumte die Polizei ein Zeltlager. Der US-Sender CNN zeigte am Morgen (Ortszeit) Bilder der Überreste des Camps auf dem Gelände. Zuvor hatten die Beamten demnach aufgestellte Barrikaden niedergerissen. Bei der Räumung sind laut der Nachrichtenagentur AP mindestens 200 Menschen festgenommen worden. Zusammenstöße in der Nacht Die Behörden hatten das Camp auf dem Gelände der UCLA am Mittwochabend (Ortszeit) als "rechtswidrige Versammlung" deklariert. Um das verbarrikadierte Zeltlager hatten sich nach Angaben der "Los Angeles Times" in der Folge mehrere Tausend Protestierende eingefunden, die sich den Einsatzkräften entgegenstellten und sie zunächst von dem Camp zurückdrängten. Schon in der vorangegangenen Nacht war es zu Gewalt gekommen, als Anhänger der Gegenseite eigenhändig versucht hatten, das Protestcamp einzureißen. In den vergangenen Wochen haben sich an diversen US-Hochschulstandorten zahlreiche Aktivisten und Studenten versammelt, um gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen und für Solidarität mit den Palästinensern zu demonstrieren. Meist geht es dabei um die Forderung an Hochschulen und Unternehmen, finanzielle Beziehungen zu Israel zu kappen. Während einige jüdische Studierende an diesen Protesten teilnehmen, fühlen sich andere bedroht und bleiben den Universitäten fern. Anstieg bei antisemitischen Taten Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Hamas vor. Diese spricht Israel das Existenzrecht ab und verübte am 7. Oktober ein beispielloses Massaker an mehr als 1.200 Israelis, die an der Grenze zum Gazastreifen lebten. Seitdem führt die Regierung in Tel Aviv einen großangelegten Militäreinsatz gegen die Terrororganisation im Küstengebiet. Antisemitische Taten sind seit dem 7. Oktober an den Hochschulen angestiegen, islamophobe Übergriffe ebenfalls. Den propalästinensischen Aktivisten stehen vielerorts Demonstranten gegenüber, die sich mit der israelischen Seite solidarisieren und eine Freilassung der von der Hamas noch immer gefangen gehaltenen Geiseln fordern. Biden: Vandalismus und Einschüchterung US-Präsident Joe Biden stellte bei einer Rede im Weißen Haus klar, dass es das Recht gebe, zu protestieren, "aber nicht das Recht, Chaos zu verursachen". Auch für Antisemitismus oder Gewaltandrohungen gegen jüdische Studenten dürfe es keinen Raum auf dem Campus geben. Das gelte auch für Islamophobie oder die Diskriminierung arabischstämmiger Amerikaner.  Biden betonte, dass Vandalismus und Hausfriedensbruch ebenso wie "Menschen zu bedrohen und einzuschüchtern" kein friedlicher Protest seien. Der US-Präsident machte ebenfalls deutlich, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf friedlichen Protest in den USA geschützt seien. Auf die Frage der Presse, ob sich die Nationalgarde einschalten sollte, sagte Biden: "Nein." Der Demokrat machte auch deutlich, dass ihn die Proteste nicht dazu veranlasst haben, seine Nahost-Politik zu überdenken. Auf eine entsprechende Reporterfrage antwortete er ebenfalls mit "Nein". Auch Einsatz am Dartmouth College Landesweit sind mittlerweile mehr als 2.000 Demonstranten festgenommen worden. Vor der Räumung auf dem Campus der UCLA gab es Polizeieinsätze auch an anderen US-Hochschulen: Am Dartmouth College im Bundesstaat New Hampshire wurden am Mittwochabend (Ortszeit) nach Angaben der Polizei der Stadt Hanover 90 Personen festgenommen. Ihnen wurden Hausfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, nachdem unerlaubterweise Zelte auf dem Gelände errichtet worden waren. In Dallas nahm die Polizei bei der Räumung eines Protestcamps auf dem Gelände der Universität von Texas mindestens 20 Menschen in Gewahrsam, die die Nacht im Gefängnis verbringen sollten, wie der Sender Fox4 berichtete. Eine zunächst friedlich begonnene Demonstration auf ihrem Gelände sei ausgeartet, teilte auch die Stony Brook Universität in New York mit. Zelte seien errichtet, andere Studierende eingeschüchtert und belästigt worden. 29 Protestler seien daraufhin festgenommen worden, darunter neben Studierenden und Mitarbeitern demnach auch Nicht-Angehörige der Hochschule.  200 Festnahmen an der Columbia-Universität Vor mehr als zwei Wochen begann die Welle an Campus-Protesten auf der New Yorker Elite-Uni Columbia mit einem Zeltlager, das schnell von der Polizei aufgelöst wurde. Das als besonders harsch wahrgenommene Vorgehen stachelte die Studierenden an, sodass ein größeres Camp entstand. Die Spannungen führten die weitgehend friedlichen Proteste schließlich zur gewaltsamen Besetzung der Hamilton Hall auf dem Columbia-Gelände. Ein Großaufgebot der New Yorker Polizei hatte den Campus daraufhin geräumt und mehr als 200 Studierende vorläufig festgenommen.
/ausland/amerika/los-angeles-protestcamp-raeumung-100.html
2024-05-02
++ Hamas schickt Delegation zu Verhandlungen nach Kairo ++
Nahost-Krieg
Die Hamas schickt nach eigenen Angaben eine Delegation für weitere Verhandlungen nach Ägypten. Das Oberste Gericht Israels hat Netanyahu zur Planung einer Wehrpflicht für Ultraorthodoxe Aufschub gewährt. Die Entwicklungen im Liveblog.
Die Hamas schickt nach eigenen Angaben eine Delegation für weitere Verhandlungen nach Ägypten. Das Oberste Gericht Israels hat Netanyahu zur Planung einer Wehrpflicht für Ultraorthodoxe Aufschub gewährt. Die Entwicklungen im Liveblog. Hamas-Delegation will nach Kairo zu Verhandlungen reisenIsraels Kriegskabinett berät offenbar über mögliche WaffenruheIsrael: Wehrpflicht-Entscheidung erneut verschoben General Binder wird neuer Militärgeheimdienst-Direktor Nach der Rücktrittsankündigung des Direktors des israelischen Militärgeheimdienstes hat Israels Armee seinen Nachfolger bekannt gegeben. General Schlomi Binder werde das Amt übernehmen, teilte das Militär am Donnerstag mit. Sein Vorgänger Aharon Haliva hatte vor rund anderthalb Wochen seinen Rücktritt verkündet. Er begründete den Schritt damit, so seiner Führungsverantwortung nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober nachzukommen. Haliva hatte nach dem Terrorüberfall erklärt, er trage die Verantwortung für Fehler, die diesen ermöglicht hätten.  Israels Militär kündigte auch weitere Neubesetzungen im Generalstab an. Die Ernennungen seien nach einem "langwierigen Prozess" von Israels Verteidigungsminister Joav Galant und Generalstabschef Herzi Halevi vereinbart worden. Die Neubesetzungen stießen bei einigen israelischen Abgeordneten auf Kritik. Sie pochen darauf, damit bis nach Ende des Gaza-Kriegs zu warten. Iran will Crew von Frachter freigelassen haben Fast drei Wochen nach der Beschlagnahmung des Containerschiffs "MSC Aries" hat der Iran eigenen Angaben zufolge die gesamte Besatzung des Frachters freigelassen. "Alle Besatzungsmitglieder wurden aus humanitären Erwägungen freigelassen und können wieder in ihre Länder zurückkehren", sagte Außenminister Hussein Amirabdollahian in einem Telefongespräch mit seinem estnischen Amtskollegen Margus Tsahkna, wie die Nachrichtenagentur Isna am Donnerstag berichtete. Die Festsetzung des Schiffs selbst sei Amirabdollahian zufolge jedoch berechtigt und im Einklang mit internationalen Richtlinien gewesen. Die Radaranlage des Frachters sei ausgeschaltet und dadurch die Sicherheit der Schifffahrt am Persischen Golf gefährdet gewesen, so der iranische Chefdiplomat. Biden verurteilt Gewalt bei propalästinensischen Demos US-Präsident Joe Biden hat Gewalt bei propalästinensischen Protesten an etlichen Universitäten im Land aufs Schärfste verurteilt. "Es gibt das Recht zu protestieren, aber nicht das Recht, Chaos zu verursachen", sagte Biden in einer kurzfristig anberaumten Rede im Weißen Haus. Auch für Antisemitismus oder Gewaltandrohungen gegen jüdische Studenten dürfe es keinen Raum auf dem Campus geben. Das gelte auch für Islamophobie oder die Diskriminierung arabischstämmiger Amerikaner.  Biden machte auch deutlich, dass ihn die Proteste nicht dazu veranlasst haben, seine Nahost-Politik zu überdenken. Medienbericht: Türkei setzt Handel mit Israel komplett aus Die Türkei hat einem Medienbericht zufolge den Handel mit Israel komplett ausgesetzt. Die Agentur Bloomberg beruft sich auf zwei türkische Regierungsvertreter, die mit dem Vorgang vertraut seien. Seit Donnerstag seien alle Ein- und Ausfuhren unterbrochen, hätten die Insider erklärt. Offizielle Stellungnahmen liegen zunächst nicht vor. Israel verschärft vor ESC Reisewarnung für Malmö Vor dem Eurovision Song Contests (ESC) in Malmö hat Israels Nationaler Sicherheitsrat (NSC) eine Reisewarnung für die schwedische Stadt verschärft. Das Risiko werde von 2 (potenzielle Bedrohung) auf 3 (mittlere Bedrohung) heraufgestuft, teilte der Rat auf seiner Webseite mit. Israelis, die einen Besuch in Malmö planen, werde nahegelegt, dies noch einmal zu überdenken. In der Mitteilung hieß es zur Begründung, Malmö sei als Brennpunkt antiisraelischer Proteste bekannt. Diese passierten wöchentlich und involvierten häufig Aufrufe zur Gewalt gegen Juden und Israelis sowie das Verbrennen israelischer Flaggen. Hamas-Delegation will nach Kairo zu Verhandlungen reisen Die Hamas schickt eigenen Angaben zufolge in Kürze eine Delegation für weitere Verhandlungen über eine Feuerpause nach Kairo. Sie werde bald nach Ägypten aufbrechen, teilt die Palästinenser-Organisation mit. Hamas-Chef Ismail Hanijeh bekräftigt eine "positive Haltung" bei der Prüfung des aktuellen Vorschlags für eine Feuerpause. Die radikal-islamische Gruppe hatte nach eigenen Angaben am Samstag Israels Antwort auf ihren jüngsten Vorschlag zur Waffenruhe im Gazastreifen erhalten. Herzog: US-Unis mit "Hass und Antisemitismus verschmutzt" Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog hat eine Botschaft der Unterstützung an jüdische Gemeinden auf der ganzen Welt veröffentlicht. Herzog sprach von einem "dramatischen Wiederaufleben von Antisemitismus" und sprach dabei besonders die "Feindseligkeiten und Einschüchterung gegen jüdische Studenten an Universitäten in den gesamten USA" an. Angesehene akademische Einrichtungen würden "durch Hass und Antisemitismus verschmutzt". An Studierende und Mitglieder jüdischer Gemeinden weltweit gerichtet sagte Herzog: "Das Volk Israel steht euch bei. Wir hören euch. Wir sehen die schamlose Feindseligkeit und die Drohungen. Wir fühlen die Beleidigung, den Vertrauens- und den Freundschaftsbruch. Wir teilen das Unbehagen und die Besorgnis." Polizei in Los Angeles räumt Protest-Lager an Universität Erst an der Columbia University, nun auch an der University of California (UCLA): Die Polizei rückte in der Nacht auch in Los Angeles gegen propalästinensische Demonstranten vor. Ein Großaufgebot an Einsatzkräften mit Schutzschildern und Schlagstöcken hat begonnen, ein Protestlager von Aktivisten zu räumen. Zuvor hatten sie die Demonstranten vergeblich mit Lautsprechern aufgefordert, das Gelände zu verlassen. Die Universitätsleitung hatte das Camp als widerrechtliche Aktion eingestuft. Aktivisten versuchten die Polizisten aufzuhalten. Sie skandierten "schiebt sie zurück". Einige hielten provisorische Schutzschilde und Regenschirme in den Händen, andere wappneten sich mit Helmen, Schutzbrillen und Atemschutzmasken, wie auf TV-Bildern zu sehen war. Das Zeltlager ist etwa so groß wie ein Fußballfeld, nach Schätzungen von Lokalmedien hielten sich dort 300 bis 500 Aktivisten auf. In der Nacht zu Mittwoch waren proisraelische und propalästinensische Demonstrierende mit Stöcken aufeinander losgegangen. Die Demonstranten des propalästinensischen Protestcamps hatten Barrikaden aus Sperrholz errichtet. Diese wurden von den Gegendemonstranten niedergerissen. Universitätsvertreter machten nicht näher bezeichnete "Anstifter" verantwortlich für den Tumult und kündigten eine Untersuchung an. European Song Contest macht Vorgaben zu Flaggen Die Organisatoren des Eurovision Song Contest haben sich das Recht zum Entfernen palästinensischer Flaggen und Symbole beim Finale des Gesangswettbewerbs vorbehalten. Wer eine Karte für die Veranstaltung im schwedischen Malmö gekauft habe, dürfe nur Fahnen der teilnehmenden Länder oder die Regenbogenflagge mitbringen, sagte die Sprecherin des Veranstalters, der European Brodcasting Union, Michelle Roverelli. Die EBU behalte sich das Recht vor, "alle anderen Flaggen oder Symbole, Kleidungsstücke, Gegenstände und Banner zu entfernen, die für den wahrscheinlichen Zweck der Instrumentalisierung der Fernsehsendungen verwendet werden", schrieb Roverelli der Nachrichtenagentur AP. Zuvor hatte die schwedische Zeitung "Göteborgs Posten" über ein Fahnenverbot berichtet. Es wurde erwartet, dass propalästinensische Gruppen vor dem Sängerwettstreit kommende Woche mit Demonstrationen auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Aktivisten verlangen unter anderem den Ausschluss Israels vom Wettbewerb. Stopp deutscher Rüstungsexporte nach Israel gefordert Ein zivilgesellschaftliches Bündnis hat die Bundesregierung zum Stopp der Rüstungsexporte nach Israel aufgerufen. Es dürften keine Kriegswaffen oder sonstige Rüstungsgüter aus Deutschland nach Israel ausgeführt werden, wenn das Risiko bestehe, dass damit in Gaza oder im Westjordanland Menschenrechtsverletzungen begangen würden, schreiben 37 Organisationen in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und weitere Kabinettsmitglieder. Die Organisationen - darunter Pax Christi, Amnesty, Oxfam oder Islamic Relief Deutschland - fordern zudem einen sofortigen Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln sowie eine umfassende Ausweitung der humanitären Hilfe im Gazastreifen. Auch solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Israel eine Blockade des Landwegs für humanitäre Hilfe beende. "Wir, die unterzeichnenden Organisationen, verurteilen den brutalen Angriff der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen auf Israel vom 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 240 Menschen als Geiseln genommen wurden", heißt es in dem Brief. Auch das Recht Israels, sich zu verteidigen, werde anerkannt. Bei allen militärischen Handlungen müsse jedoch das Völkerrecht uneingeschränkt geachtet werden, einschließlich Israels Verantwortung als Besatzungsmacht. Israels Kriegskabinett berät offenbar über mögliche Waffenruhe Das israelische Kriegskabinett will einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge noch heute über den Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen beraten. Auch über die Aussichten für einen Militäreinsatz im Süden des Palästinensergebiets, wo Geflüchtete vor den Kämpfen Schutz suchten, solle gesprochen werden, teilte demnach ein Regierungsvertreter mit. Das Kriegskabinett unter der Leitung Ministerpräsident Benjamin Netanyahus soll demnach um 17.30 Uhr (Ortszeit 18.30 Uhr) zusammenkommen. Anschließend solle das erweiterte Sicherheitskabinett beraten. Israel veröffentlicht in der Regel keine Informationen über die Sitzungen der beiden Gremien. Die Regierung wartet auf eine Antwort der militant-islamistischen Hamas auf den neuen Vorschlag für eine Waffenruhe, der von Vermittler Ägypten vorgelegt wurde. Er sieht unter anderem eine Freilassung einiger israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas vor. Telefonat zwischen Netanyahu und Scholz Bundeskanzler Olaf Scholz und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu haben nach Angaben eines Regierungssprechers in Berlin über Möglichkeiten gesprochen, wie ein Waffenstillstand im Gazastreifen zu erreichen ist. Zudem hätten beide in einem Telefonat auch die Bemühungen zur Freilassung aller Geiseln sowie Verbesserungen der humanitären Lage für die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen erörtert. Israel: Wehrpflicht-Entscheidung erneut verschoben Im jahrelangen Streit über die Befreiung ultraorthodoxer Juden vom Militärdienst in Israel hat Ministerpräsident Benjamin Netanyahu erneut einen Aufschub zur Vorlage eines neuen Wehrpflichtplans bekommen. Das Oberste Gericht verschob die Frist auf den 16. Mai. Das Gericht, das sich mit Einsprüchen befasst, in denen die jahrzehntealte Befreiung als diskriminierend bezeichnet wird, hatte ursprünglich den 31. März als Frist gesetzt. Die Regierung hatte aber mit Verweis auf den Gaza-Krieg eine Verlängerung bis zum 30. April erreicht und in der vergangenen Woche einen weiteren Aufschub beantragt. Dank der erneuten Fristverlängerung könnte Netanyahu um eine öffentliche Debatte über das brisante Thema vor dem israelischen Gedenktag für gefallene Soldaten am 13. Mai und dem Unabhängigkeitstag am 14. Mai herumkommen. Netanyahus rechtsnationaler Koalition gehören zwei ultraorthodoxe Parteien an, die auf die Ausnahmen pochen. Sie wollen ihren Wählern weiter staatliche Unterstützung zur Konzentration auf religiöse Studien ermöglichen und sie vom Militär fernhalten, wo ihre konservativen Werte beim Umgang mit anderen gesellschaftlichen Gruppen auf die Probe gestellt werden könnten. UN-Bericht: Wiederaufbau im Gazastreifen würde bis 2040 dauern Der Wiederaufbau von zerstörten Häusern im Gazastreifen würde im Falle eines sofortigen Endes des Kriegs dort laut einer Schätzung der Vereinten Nationen bis 2040 dauern. Mit jedem weiteren Tag des Kriegs entstünden für die Bewohnerinnen und Bewohner vor Ort und andere Palästinenserinnen und Palästinenser hohe Kosten, sagte Achim Steiner vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP). Aus einem Bericht des UNDP und der Kommission für Wirtschaft und Soziales für Westasien geht hervor, dass mindestens 370.000 Wohneinheiten im Gazastreifen beschädigt worden sind. Davon sollen 79.000 komplett zerstört worden sein. Hamas zeigt sich erfreut über Spannung zwischen Kolumbien und Israel Die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas hat den von Kolumbien angekündigten Abbruch seiner diplomatischen Beziehungen zu Israel begrüßt. Der Schritt von Präsident Gustavo Petro sei aller Ehren wert, erklärte die Hamas und forderte andere lateinamerikanische Staaten auf, dem Beispiel Kolumbiens zu folgen. Israel sei "ein bösartiges und faschistisches Gebilde, das weiter Verbrechen gegen unser Volk verübt". Petro hatte am Mittwoch erklärt, sein Land werde die diplomatischen Beziehungen zu Israel abbrechen, das im Gazastreifen Völkermord begehe. Zuvor hatte er das Vorgehen Israels gegen die Hamas im Gazastreifen mit dem Nazi-Deutschlands verglichen. Weitere Festnahmen bei Protesten an US-Unis An mehreren US-Hochschulen sind bei propalästinensischen Protesten erneut Dutzende Menschen festgenommen worden. Am Dartmouth College im Bundesstaat New Hampshire kam es nach Angaben der Polizei der Stadt Hanover zu 90 Festnahmen. Ihnen wurde unerlaubtes Betreten und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, nachdem unerlaubterweise Zelte auf dem Gelände errichtet worden waren. Bei den Festgenommenen handelte es sich laut Polizei nur zum Teil um Dartmouth-Studierende oder Lehrende.  In Dallas nahm die Polizei bei der Räumung eines Protestcamps auf dem Gelände der Universität von Texas mindestens 20 Menschen in Gewahrsam, die die Nacht im Gefängnis verbringen sollten, wie der Sender Fox4 berichtete. Eine zunächst friedlich begonnene Demonstration auf ihrem Gelände sei ausgeartet, teilte auch die Stony Brook Universität in New York mit. Zelte seien errichtet, andere Studierende eingeschüchtert und belästigt worden. 29 Protestler seien daraufhin festgenommen worden, darunter neben Studierenden und Mitarbeitern demnach auch Nicht-Angehörige der Hochschule.  Angriffe in Gaza dauern an Während der Bemühungen um einen neuen Deal zwischen Israel und der islamistischen Hamas gehen die Angriffe und Kämpfe im Gaza-Krieg weiter. Die israelische Armee teilte mit, Kampfjets und Artillerie hätten am Vortag im zentralen Abschnitt des Gazastreifens "bewaffnete Terroristen, Terror-Infrastruktur und Tunneleingänge angegriffen". Zuvor sei es zu mehreren Angriffen auf israelische Soldaten gekommen. Ein Abschussgerät für Mörsergranaten sei zerstört worden. Mehrere bewaffnete Kämpfer seien getötet worden.  Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant telefonierte nach Angaben einer Sprecherin unterdessen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Lloyd Austin. Dabei sei es um "operative Entwicklungen" im Norden und Süden Israels gegangen sowie um die Bemühungen zur Freilassung weiterer Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas.  Palästinensische Sicherheitskräfte töten Bewaffneten im Westjordanland Palästinensische Sicherheitskräfte haben nach Angaben eines Sprechers im Westjordanland einen bewaffneten Mann getötet. Der Vorfall ereignete sich demnach in dem Ort Tulkarm. Eine Patrouille sei dort unter Beschuss geraten und habe daraufhin das Feuer erwidert. Dabei sei der Bewaffnete getroffen worden. Eine lokale Miliz mit Verbindungen zu der radikalislamischen Gruppe Islamischer Dschihad erklärte, bei dem Getöteten handle es sich um eines ihrer Mitglieder. Propalästinensische Protestaktionen auch an britischen Universitäten An einigen Universitäten in Großbritannien finden ähnlich wie in den USA ebenfalls propalästinensische Protestaktionen statt. Studenten in den Städten Leeds, Newcastle und Bristol hätten am Mittwoch aus Protest gegen den Krieg im Gazastreifen Zelte vor Universitätsgebäuden aufgebaut, meldete die britische Nachrichtenagentur PA in der Nacht. Fotos aus Manchester zeigten ebenfalls einige Zelte mit palästinensischen Flaggen. Die Zeitung Times berichtete, die Camps in Großbritannien hätten aber nur einen Bruchteil des Umfangs wie die an den US-Universitäten Yale und Columbia. Iran verhängt Sanktionen gegen die Israel-Verbündeten USA und Großbritannien Wegen der Unterstützung Israels durch die USA und Großbritannien hat der Iran Sanktionen gegen beide Länder verhängt. Wie das Außenministerium in Teheran mitteilte, richten sich die Strafmaßnahmen unter anderem gegen den britischen Verteidigungsminister Grant Shapps, den General James Hockenhull und die britische Marine im Roten Meer. Auch sieben US-Bürger, unter ihnen der General Bryan P. Fenton und der Vizeadmiral Brad Cooper, stehen auf der Sanktionsliste. Sanktionen wurden auch gegen mehrere Unternehmen aus den USA und Großbritannien verhängt, darunter die US-Firmen Lockheed Martin und Chevron sowie die britischen Unternehmen Parker Meggitt, Rafael UK und die britische Tochter des israelischen Rüstungskonzerns Elbit Systems. Nach Angaben des iranischen Außenministeriums umfassen die Sanktionen Kontensperrungen und das Einfrieren von Vermögenswerten im Iran sowie Einreiseverbote. Die tatsächlichen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die betroffenen Einzelpersonen und Unternehmen sind jedoch unklar. Propalästinensische Demonstranten in USA widersetzen sich Polizei Hunderte propalästinensische Demonstranten haben sich einer Polizeiaufforderung widersetzt, den Campus der University of California in Los Angeles zu verlassen. Sie harrten auch am Donnerstag in ihrem mit Barrikaden gesicherten Protestlager aus. Bereits am Mittwochnachmittag (Ortszeiten) waren viele Polizisten vor Ort eingetroffen. Leere Busse standen nahe der Universität bereit, um Demonstranten wegzufahren, die der Polizeianordnung nicht nachkommen. Hamas-Behörde meldet mindestens 34.596 Tote im Gazastreifen Laut Angaben des von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen sind bei der israelischen Militäroffensive gegen Gaza seit dem 7. Oktober mindestens 34.596 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet und 77.816 verletzt worden. Das teilte die Behörde in einer Erklärung mit. Die Vereinten Nationen (UN) halten die Angaben der Behörde für realistisch. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte noch höher sein, da viele Menschen vermisst werden und noch immer Tote unter den Trümmern zerstörter Gebäude liegen. Protest in LA: Polizei bereitet offenbar Räumung vor Ein Großaufgebot der Polizei bereitet offenbar die Räumung eines Protestlagers propalästinensischer Aktivisten an der Universität von Kalifornien im US-amerikanischen Los Angeles (UCLA) vor. Hunderte Einsatzkräfte bezogen nach Einbruch der Dunkelheit auf dem Campus der renommierten Hochschule Stellung und forderten die Demonstranten mit Lautsprechern auf, das Gelände zu räumen. Aktivisten wappneten sich mit Helmen, Schutzbrillen und Atemschutzmasken, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Die Universitätsleitung hatte zuvor eine Auflösung des Lagers angeordnet. In der Nacht zu Mittwoch war es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen, als eine vermummte Gruppe mutmaßlich pro-israelischer Gegendemonstranten das Zeltlager mit Stöcken und Stangen angriff. Bereits am späten Dienstagabend hatte die New Yorker Polizei ein propalästinensisches Protestlager auf dem Campus der Eliteuniversität Columbia aufgelöst. Auch an anderen US-Universitäten hat es bereits zahlreiche Aktionen aus Solidarität mit den Palästinensern gegeben. Neue Antisemitismus-Definition in den USA Das US-Repräsentantenhaus hat für eine Erweiterung der rechtlichen Definition von Antisemitismus gestimmt. Die Abgeordneten votierten für einen parteiübergreifenden Entwurf, der vorsieht, dass das Bildungsministerium sich künftig an der Antisemitismus-Definition der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA) orientiert.  Demnach ist Antisemitismus "eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen." Es sei auch eine Form von Antisemitismus, das Recht auf Selbstbestimmung abzuerkennen, etwa "durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen", heißt es in der Definition der IHRA. Der Senat muss über den Gesetzentwurf abstimmen. Kritiker des Vorhabens warnen vor einer Einschränkung der freien Meinungsäußerung. Bericht: Derzeit "negative" Verhandlungsposition der Hamas Die militant-islamistische Hamas steht einem Verhandlungsangebot für einen Geisel-Deal im Gaza-Krieg Medienberichten zufolge ablehnend gegenüber, will die Gespräche aber fortsetzen. "Unsere Position zum aktuellen Verhandlungspapier ist negativ", sagte der im Libanon ansässige Hamas-Sprecher Osama Hamdan am Abend im libanesischen Fernsehen, wie die Zeitung Times of Israel berichtete. Die Pressestelle der Hamas habe die Äußerungen Hamdans danach jedoch präzisiert und erklärt, die Hamas-Führung werde zwar die aktuellen Vorschläge Israels nicht unverändert akzeptieren, sei aber bereit weiterzuverhandeln, schrieb dazu die New York Times. Die ablehnende Haltung bedeute nicht, dass die Verhandlungen eingestellt wurden. Vielmehr gebe es "ein Hin und Her". In den kommenden Stunden könnte es eine Antwort geben, so die "Times of Israel". Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen Über den Grenzübergang Erez sind 30 Lkw mit Nahrungsmitteln und medizinischen Hilfsgütern in den Norden des Gazastreifen gelangt. Die Türkei will sich der von Südafrika angestrengten Völkermord-Klage gegen Israel anschließen. Alle Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.
/newsticker/liveblog-nahost-donnerstag-132.html
2024-05-02
Kein "Turbokrebs"-Notstand in Japan
Angebliche Folge der mRNA-Impfung
Weder erklärt Japan wegen massiv ansteigenden Krebsmortalitätsraten den Gesundheitsnotstand, noch hat eine Studie nachgewiesen, dass die mRNA-Impfung gegen Covid-19 der Auslöser eines solchen Anstiegs ist. Von Wulf Rohwedder.
Weder erklärt Japan wegen massiv ansteigenden Krebsmortalitätsraten den Gesundheitsnotstand, noch hat eine Studie nachgewiesen, dass die mRNA-Impfung gegen Covid-19 der Auslöser eines solchen Anstiegs ist. Von Wulf Rohwedder Es ist eine Behauptung, die seit mehreren Jahren immer wieder in der Verschwörungsmythiker-Szene kursiert: Impfungen gegen das Covid-19-Virus, insbesondere durch die mRNA-Variante, lösen einen "Turbokrebs" aus. Mal soll die Anzahl der Krebserkrankungen gestiegen sein, mal der Anteil der Erkrankten, die durch den Krebs sterben. "Notstand" frei erfunden Nun belegt angeblich eine japanische Studie einen solchen Zusammenhang. Sie soll die Regierung des Landes dazu veranlasst haben, einen Gesundheitsnotstand auszurufen. Diese Behauptungen sind gleich in mehrerlei Hinsicht falsch: So hat die japanische Regierung zu keinem Zeitpunkt einen Gesundheitsnotstand wegen Krebsfällen ausgerufen. Zudem stellen noch nicht einmal die Autorin der angegebenen japanische Studie die Behauptung auf, dass die mRNA-Impfung "Turbokrebs" auslöse - ein angebliches Phänomen, das wissenschaftlich nicht definiert und von seriösen Forschern nicht verwendet wird. Studie bestätigt eigenen Titel nicht Laut der von der Kinderärztin Miki Gibo geleiteten Studie "Erhöhte altersbereinigte Krebssterblichkeit nach der dritten mRNA-Lipid-Nanopartikel-Impfstoffdosis während der COVID-19-Pandemie in Japan" wurden 2022 "nach der Massenimpfung mit der dritten Dosis" signifikant erhöhte Sterblichkeitsraten beobachtet. Allerdings erfüllt die Studie nicht, was ihr Titel verspricht: Tatsächlich blieb die Zahl der Krebstoten praktisch stabil. Während bei anderen Krebsarten die Mortalität zurückging, war sie bei Eierstockkrebs, Leukämie, Prostatakrebs, Lippen-, Oral-, Rachen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs sowie Brustkrebs erhöht. Andere Faktoren ausgeblendet Die Autoren weisen insbesondere auf die höhere Todesrate bei Brustkrebs hin. Sie geben jedoch zu, dass die Zahl nach einem deutlichen Rückgang in den ersten Pandemie-Jahren wieder auf den Vor-Pandemie-Niveau lag. Trotzdem führen sie die Zahl als Indiz zur Unterstützung ihrer These an. Die Deutsche Krebsgesellschaft weist auf Anfrage des ARD-Faktenfinders darauf hin, dass im Verlauf der Pandemie Krebsvorsorgeuntersuchungen ausgesetzt oder aufgeschoben wurden. Die langfristigen Folgen verspäteter oder ausgesetzter Untersuchungen könnten aktuell noch nicht beziffert werden, da die Zahlen zur Mortalität oder zur Diagnostik fortgeschrittener Erkrankungen sich erst viel später in den Krebsregistern zeigten. Problematische Methode Die Studie hat zudem gleich mehrere methodische Probleme: So gibt es keine Kontrollgruppe, wie sie bei medizinischen Untersuchungen eigentlich notwendig ist. Sie beruht zudem nicht auf eigenen Erhebungen, sondern auf öffentlich verfügbaren Statistiken, die keine Daten zum Impfstatus der Verstorbenen enthielten. Dies sollte den Nachweis eines kausalen Zusammenhangs allein schon verbieten - insbesondere in Japan, wo nur etwa zwei Drittel der Bevölkerung dreimal geimpft wurde und dabei auch andere Impfstoffe als die mRNA-Vakzine verwendet wurden. Thesen teils nicht begründet Trotzdem behaupten die Autoren, dass der Anstieg der Sterblichkeitsraten eher auf die mRNA-Impfung als auf die COVID-19-Infektion selbst, das Aussetzen von Vorsorgeuntersuchungen oder eine schlechtere Versorgung von Krebspatienten aufgrund des Lockdowns zurückzuführen sei - ohne dies jedoch wirklich zu begründen. Allerdings geben sie zu: "Es sind weitere analytische statistische Untersuchungen nach Impfstatus erforderlich." In Deutschland wurde bisher keine steigende Mortalität bei bestimmten Krebsarten beobachtet. Hierfür gebe es keine Hinweise, erklärte Sibylle Kohlstädt vom Deutschen Krebsforschungszentrum dem ARD-Faktenfinder.
/faktenfinder/turbokrebs-impfung-japan-100.html
2024-05-02
"Wir machen hier keine Bundespolitik"
Strukturwandel in der Lausitz
Bei den anstehenden Kommunalwahlen hofft die AfD auf große Zugewinne. Für Städte wie Spremberg in der Lausitz bedeutet das schon jetzt, dass wichtige Debatten überlagert werden. Selbst dann, wenn es eigentlich gut läuft. Von Thomas Vorreyer.
Bei den anstehenden Kommunalwahlen hofft die AfD auf große Zugewinne. Für Städte wie Spremberg in der Lausitz bedeutet das schon jetzt, dass wichtige Debatten überlagert werden. Selbst dann, wenn es eigentlich gut läuft. Von Thomas Vorreyer Christine Herntier wirkt stolz. Erstmals seit 1990 habe Spremberg ausreichend Geld zur Verfügung, sagt die parteilose Bürgermeisterin. Die Industrieunternehmen der Stadt im Lausitzer Revier haben gute Monate hinter sich. In der Summe war da plötzlich ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag aus der Gewerbessteuer übrig. Der geht nun in die kommunale Wohnungsgesellschaft, das Krankenhaus und den Ausbau der Oberschule. "Wir investieren strategisch, um Spremberg und den Wirtschaftsstandort zu stärken", sagt Herntier. Einst saßen in der brandenburgischen Stadt die Chemie-, Textil- und auch Kohleindustrie. Nach der Wiedervereinigung blieb nur Letztere. Strukturwandel mit Erneuerbaren Energien Nun kommt spätestens 2038 der Kohleausstieg. Gleichzeitig schrumpft Spremberg. Herntier, die selbst Mitglied der Kohlekommission war, muss den Strukturwandel an mehreren Fronten stemmen. Neulich war sie mit Amtskollegen bei der EU-Kommission in Brüssel: Die Lausitz bewirbt sich als klimaneutrales "Net Zero Valley" - und könnte so zahlreiche Erleichterungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren erhalten. Schon jetzt entsteht laut Herntier in Spremberg Zukunft. Im Industriepark "Schwarze Pumpe", den sich die Stadt mit einer sächsischen Nachbargemeinde teilt, wollen mehrere Unis einen Forschungscampus zur Kreislaufwirtschaft bauen. Nebenan soll ein sogenanntes Referenzkraftwerk stehen.  Das Speicherkraftwerk soll beweisen, dass eine Energiewende mit Netzstabilität gelingen kann. Wasserstoff wird mit grünem Strom produziert, um als Stromspeicher und Industriestoff zur Verfügung stehen. Der Bund fördert das als "Reallabor der Energiewende". Windkraft im Stadtwald Herntier will, dass Spremberg auch ohne Kohle ein "Energiestandort" bleibt. Doch dabei ist sie jetzt aus Sicht ihrer Kritiker zu weit gegangen. Anfang Dezember beschloss die Stadtverordnetenversammlung (SVV) auf Anstoß der Bürgermeisterin eine Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt - und machte damit den Weg frei für den Bau von Windrädern im Spremberger Stadtwald. Das Naherholungsgebiet gilt laut einem Umweltgutachten als ökologisch nicht bedeutsamer Wald. Seit 2009 stehen dort bereits 17 Windräder. Die kommunalen Stadtwerke wollen gemeinsam mit zwei Brandenburger Energieunternehmen 13 weitere Anlagen neuesten Typs aufstellen. "Das Konfliktpotenzial ist groß", sagt Herntier, aber die Stadt würde auf vielfältige Weise finanziell profitieren. Und der Ort sei der einzige, von wo aus eine Direktleitung in den Industriepark und damit zum Referenzkraftwerk gelegt werden könnte. In der SVV gab es dafür eine große Mehrheit. Doch die Entscheidung ist in der Stadt umstritten: Bei einer Unterschriftensammlung waren über 4.100 Unterschriften für eine größere Bürgerbeteiligung zusammengekommen. Der Streit könnte die Wahl des Stadtparlaments am 9. Juni beeinflussen. AfD will stärkste Kraft werden Laut dem AfD-Fraktionsvorsitzenden Michael Hanko wächst die Unzufriedenheit unter Sprembergs Bürgern. Nicht nur, aber auch wegen der Stadtpolitik. Vieles wie die Windräder würde am Bürger vorbei entschieden, sagt Hanko. "Für uns ist die Stimmung daher ziemlich positiv." Im Osten Deutschlands kam die in Teilen rechtsextreme Partei zuletzt mehrfach in Stichwahlen um Landrats- und Bürgermeisterämter. Selbst wenn sie davon nur drei gewann: Es war ein Fingerzeig für die Kommunalwahlen. Die AfD könnte in mehreren Kreisen und Gemeinden deutlich stärkste Kraft werden. In Spremberg kam die AfD schon vor fünf Jahren auf 27 Prozent der Stimmen. Hanko holte kurz darauf auch das Direktmandat für den Landtag. Bei der Bürgermeisterwahl 2021 kam er in der Stichwahl auf fast 40 Prozent. Ein ähnliches Ergebnis traut er jetzt seiner Partei zu. Gemeinsam mit Wählervereinigungen, so Hanko, könnte die AfD dann Mehrheiten in der SVV stellen. Die Partei plakatiert aktuell gegen die Windkraftpläne. Verein organisiert Protest Dabei ist die AfD gar nicht federführend beim Protest, sondern Naturschützer. So hat der Regionalverband des NABU große Bedenken angemeldet. In einem Teilbereich würden die geplanten Windräder 150 Jahre alte Bäume, eine geschützte Schwalbenart und den Trinkwasserschutz gefährden. NABU-Mitglieder und andere Bürger starteten deshalb die Unterschriftensammlung für eine Einwohnerversammlung und drängten erfolglos auf eine andere Auslegung des Flächennutzungsplans. Sie seien abgebürstet worden, sagt einer der Organisatoren, Kay-Uwe Reipert. Die Entscheidung sei aus seiner Sicht gegen großen Widerstand der Stadtbevölkerung getroffen worden, und "ohne dass man miteinander spricht". Die Befürworter des Windparks verweisen dagegen auf eine einjährige Beratungsphase in der SVV. Es habe Bürgerbeteiligungstermine, offene Gesprächsabende, Besichtigungen des Stadtwalds und Anhörungen gegeben - auch mit dem NABU. Doch Reipert und andere organisieren sich jetzt im Verein "Natura Spremberg". Sein Vereinsvize ist der Ortsvereinsvorsitzende der SPD, Reipert selbst war früher CDU-nah. Am meisten habe ihn befremdet, dass er "in die Ecke der AfD gestellt" worden sei, sagt Reipert. Streit um Alternativen Während es Natura nur um einen der neuen Teilbereiche geht, geht es der AfD um den ganzen Stadtwald. "Es war ein Fehler, die ersten Windkraftanlagen damals dort zu genehmigen", sagt AfD-Mann Hanko. Er würde eher eine ehemalige Abraumhalde im Westen der Stadt zum Windkraftgebiet machen. Oder private Flächen. Kai-Uwe Reipert schlägt vor, die Kommune sollte sich Flächen vom Kohlekonzern LEAG zurückholen. Oder die nötigen Windräder sollten im Süden des Industrieparks - auf sächsischem Gebiet - gebaut werden. Die Befürworter des Waldvariante argumentieren, dass ein Wildwuchs der Windkraft in Spremberg verhindert werden soll. Dass nur Anlagen auf städtischem Gebiet Pachteinnahmen brächten - und nur Anlagen im Netzgebiet der Stadtwerke es Letzteren ermöglichten, billigeren Strom anzubieten. Bürgermeisterin Christine Herntier versucht, den Konflikt eher allgemeiner zu fassen. Auch jedes Atomkraftwerk, jeder Tagebau und jede Erdgasleitung sorge für Konflikte. Zudem müssten die Betreiber der Windräder erst ein Immissionsschutzverfahren bestehen, um eine Genehmigung zu bekommen. "Wir halten alle gesetzlichen Vorschriften ein", so Herntier. Kommunalwahl am 9. Juni Doch mit Sorge blicken manche nun auf die Wahl Anfang Juni. Die Waldschützer hätten eine Sache nicht bedacht, sagt etwa der Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Freese: Ihre Aktion könnte "auf das Konto der AfD einzahlen". Die Partei sei schon immer gegen Windkraft "und gegen alles" gewesen. Reipert widerspricht. Genau das sei der größte Antrieb für Natura gewesen, bei der Stadtratswahl mit einer eigenen Liste anzutreten. Er sagt: "Ich möchte keine hellblaue Flagge am Rathaus haben." Dort sitzt Christine Herntier und äußert sich als Bürgermeisterin nur allgemein zur Wahl. Sie freue sich, dass 154 Kandidaten und neun Parteien und Wählerbündnisse antreten. "Es gibt eine Wahl", sagt Herntier. Man sei hier allerdings in einer ostdeutschen Kleinstadt und mache keine Bundespolitik. Und sie würde ja gerne mal sehen, "wer sich hier hinstellt und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt blockiert". Sprembergs Stadtverordnetenversammlung tagt noch einmal Ende Mai. Dann soll sie über die Einberufung einer Einwohnerversammlung zur Windkraft abstimmen. Wegen eines Formfehlers mussten die Unterschriften ein zweites Mal gesammelt werden. Stattfinden würde die Versammlung aber in jedem Fall erst nach der Wahl.
/inland/innenpolitik/kommunalwahlen-114.html
2024-05-02
Unwetter zieht über Westdeutschland
Hagel und Starkregen
Der Deutsche Wetterdienst warnt vor kräftigen Gewittern vom Südwesten bis in die Mitte Deutschlands. In Nordrhein-Westfalen kam es bereits zu starkem Niederschlag - größere Schäden sind bislang aber nicht bekannt.
Der Deutsche Wetterdienst warnt vor kräftigen Gewittern vom Südwesten bis in die Mitte Deutschlands. In Nordrhein-Westfalen kam es bereits zu starkem Niederschlag - größere Schäden sind bislang aber nicht bekannt. In einem Streifen vom Südwesten Deutschlands bis in die Mitte des Landes warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD) vor möglichen lokalen Gewittern mit Starkregen. Bis in die Nacht hinein seien lokal auch Hagelschauer und Sturmböen möglich, teilte der DWD mit. Am Nachmittag zogen bereits erste schwere Gewitter mit kräftigem Gewitter durch Nordrhein-Westfalen. Schwerpunkte registrierte der DWD am Nachmittag in der Eifel, im Bergischen Land sowie in Köln und Düsseldorf. Im Kreis Euskirchen galt laut WDR wegen des Starkregens bis 16.30 Uhr die höchste Warnstufe. So wurden in der Gemeinde Dahlem in der Eifel 36 Liter pro Quadratmeter binnen einer Stunde gemessen. Auch im Hohen Venn seien weit mehr als 30 Liter pro Stunde auf den Quadratmeter gemessen worden. In Wuppertal kamen 26 Liter pro Stunde auf den Quadratmeter.  Gewitter bilden sich an Tiefdruckrinne In ganz Nordrhein-Westfalen kam es vereinzelt zu überfluteten Kellern oder Unterführungen. Zwar musste die Feuerwehr wie im Kreis Euskirchen zu einem Dutzend Einsätzen ausrücken. Nach Angaben eines Sprechers seien diese aber eher harmlos gewesen. Ein Sprecher der Kölner Feuerwehr sagte am frühen Abend, dass das erste von zwei erwarteten Gewittern inzwischen abgezogen sei und dass man kein besonderes Einsatzaufkommen habe. Die größte Gefahr gehe von Starkregen aus, der teils auch mehrere Stunden anhalten könne. Möglich seien Niederschläge von bis zu 50 Litern pro Quadratmeter binnen weniger Stunden. Als Ursache nannte der DWD eine sich derzeit von Nordrhein-Westfalen bis nach Bayern erstreckende und nur langsam nordostwärts ziehende Linie, die feuchte und kühle Luft im Südwesten von deutlich wärmerer Luft im Rest von Deutschland trenne. Entlang dieser Tiefdruckrinne bildeten sich Gewitter - wo genau, lasse sich nicht exakt vorbestimmen. DWD: Unwetter lassen am Freitag nach Im Verlauf des Freitags lassen die Gewitter den Meteorologen zufolge dann nach. Im Westen könne es noch bis zum Vormittag gebietsweise Niederschläge mit bis zu 35 Litern auf den Quadratmeter innerhalb von sechs Stunden geben. Im weiteren Verlauf des Freitags seien Gewitter mit Starkregen, voraussichtlich aber etwas geringere Niederschlagsmengen, stürmische Böen und Hagel von der Lausitz über das östliche Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bis nach Schleswig-Holstein möglich.
/inland/deutschland-unwetter-starkregen-100.html
2024-05-02
++ Ukraine bestätigt russischen Durchbruch bei Otscheretyne ++
Krieg gegen die Ukraine
Die russischen Truppen haben in der Ostukraine einen Durchbruch erzielt, wie nun auch das ukrainische Militär bestätigt. Frankreichs Präsident Macron bekräftigt seine Erwägungen zum Einsatz von Bodentruppen. Die Entwicklungen im Liveblog.
Die russischen Truppen haben in der Ostukraine einen Durchbruch erzielt, wie nun auch das ukrainische Militär bestätigt. Frankreichs Präsident Macron bekräftigt seine Erwägungen zum Einsatz von Bodentruppen. Die Entwicklungen im Liveblog. Ukrainisches Militär bestätigt russischen Durchbruch bei OtscheretyneLondon fordert Freilassung von Kremlkritiker Kara-MursaGouverneur: 13 Verletzte bei Großbrand im Hafen von Odessa Gazprom verzeichnet für 2023 Milliardenverlust Unter dem Eindruck des Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der russische Energiekonzern Gazprom im vergangenen Jahr erstmals seit fast einem Vierteljahrhundert rote Zahlen geschrieben. Der Nettoverlust für das zweite Kriegsjahr 2023 belief sich auf rund 629 Milliarden Rubel (umgerechnet 6,4 Milliarden Euro), wie aus einem veröffentlichten Unternehmensbericht hervorgeht. Nach einem Gewinn von 1,23 Billionen Rubel im Jahr 2022 hatten russische Analysten dem mehrheitlich staatlichen Gasriesen zunächst auch für 2023 einen - wenn auch deutlich kleineren - Gewinn vorhergesagt.  HRW sieht Anzeichen für neue russische Kriegsverbrechen Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat Beweise für die Tötung von mindestens 15 ukrainischen Soldaten gesammelt, die sich russischen Einheiten ergeben wollten oder dies bereits getan haben. Dies habe sich seit dem Dezember vergangenen Jahres ereignet. HRW wertete nach eigenen Angaben dafür Drohnenaufnahmen aus. Zwei Videos konnten demnach geolokalisiert werden. NATO besorgt über hybride Angriffe Russlands Die NATO-Mitgliedstaaten zeigen sich in einer Erklärung zutiefst besorgt über die "jüngsten bösartigen Aktivitäten" auf ihrem Hoheitsgebiet. Die Vorfälle seien Teil einer Kampagne von Russland und stellten eine Bedrohung für die Sicherheit der Mitgliedsländer dar. Laut dem Militärbündniss ginge es bei den Vorfällen unter anderem um Spionage, Sabotage, Desinformationskampagnen und Cyberangriffe. Es hieß weiter: "Wir werden einzeln und gemeinsam handeln, um gegen diese Aktionen vorzugehen, und wir werden uns weiterhin eng abstimmen." (20) Jens Stoltenberg on X: "#NATO is deeply concerned by an intensifying campaign of Russian hybrid activities, including on Alliance territory. These actions will not deter us from supporting #Ukraine. Read the statement: https://t.co/KbBx6tNwim" / X (twitter.com) US-Geheimdienste halten baldiges Kriegsende für unwahrscheinlich Die US-Direktorin der Nationalen Nachrichtendienste stuft ein baldiges Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine als unwahrscheinlich ein. Russland werde seine aggressive Taktik wahrscheinlich fortsetzen, sagt Avril Haines vor dem Streitkräfteausschuss des Senats. Es habe seine Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur verstärkt, um die Regierung in Kiew daran zu hindern, Waffen und Truppen an die Front zu verlegen. Zudem solle die Rüstungsproduktion behindert werden. Ukrainisches Militär bestätigt russischen Durchbruch bei Otscheretyne Die russischen Truppen haben vor einigen Tagen im ostukrainischen Gebiet Donezk einen Durchbruch erzielt. Das hat das ukrainische Militär nun bestätigt - aber hält die Lage trotzdem für kontrollierbar. "Was Otscheretyne anbelangt, so ist der Feind durchgebrochen und hat sich in dieser Ortschaft festgesetzt", sagte der Sprecher der an dem Abschnitt kämpfenden Armeegruppe, Nasar Woloschyn, der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Der entsprechende Ortsteil werde aber von der ukrainischen Artillerie beschossen, und die ukrainischen Truppen versuchten die Russen wieder zurückzudrängen. Dafür seien auch zusätzliche Kräfte und Mittel aus der Reserve geholt worden. Die härtesten Kämpfe toben Woloschyn zufolge den Frontabschnitten in Richtung Pokrowsk und Kurachowe. Der russische Gegner habe zwar taktische Erfolge erzielt, aber bisher keinen operativen Vorteil erlangt. Macron bringt erneut Bodentruppen ins Spiel Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat erneut einen möglichen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine als ein Mittel der Abschreckung in Erwägung gezogen. "Falls die Russen die Frontlinien durchbrechen und falls die Ukraine darum bittet - was bislang nicht der Fall ist - dann müssten wir uns zu Recht diese Frage stellen", sagte Macron in einem Interview mit der britischen Zeitschrift "The Economist".  "Unsere Glaubhaftigkeit hängt auch von einer gewissen Fähigkeit der Abschreckung ab, indem wir nicht offenlegen, was wir tun oder nicht tun werden", sagte Macron. Er wiederholte seine Aussage zu dem Thema, dass er "nichts ausschließen" wolle. "Ich schließe nichts aus, weil wir jemanden gegenüber haben, der auch nichts ausschließt", sagte er mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Tiefer Frust über Russlands Vormarsch Die Führung sei für strategische Fehlplanungen verantwortlich, die die Truppen nicht immer ausbügeln könnten. Das zeige sich nun auf dem Schlachtfeld, so Journalist Jurij Butusow - eine Kritik an der Armeeführung und auch an Präsident Wolodymyr Selenskyj. Selenskyj bilanziert Angriffe auf die Ukraine im April Russland hat nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im April mehr als 300 Raketen, rund 300 "Shahed"-Drohnen sowie mehr als 3.200 Lenk-Bomben bei Angriffen auf die Ukraine eingesetzt. "Nur Stärke kann diesen Terror stoppen", schrieb er auf der Messenger-App Telegram. Im Frühjahr fuhr Russland seine Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine hoch, während die Ukraine auf zusätzliche Hilfe ihrer Verbündeten wartete und ihre Luftabwehr an die Grenzen kam. Russland nimmt eigenen Angaben zufolge nur legitime militärische Ziele ins Visier. DJV appelliert an Schutz von DW-Mitarbeitern Nach dem Verbot der Deutschen Welle (DW) in Belarus hat der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) an Intendant Peter Limbourg appelliert, alles für den Schutz von Mitarbeitern und Informanten in dem Land zu tun. "Jeder, der für die Inhalte der Deutschen Welle arbeitet und zuliefert, befindet sich in Belarus jetzt in äußerster Gefahr", warnte DJV-Chef Mika Beuster in Berlin. Der deutsche Auslandssender war nach eigenen Angaben vor wenigen Tagen vom belarusischen Innenministerium als "extremistische Organisation" eingestuft worden. Damit einher geht ein Verbot von DW-Inhalten auf allen Plattformen im Land. Auch die Zusammenarbeit mit dem Sender kann nun als Straftat gewertet werden. Inhalte der belarusischen Redaktion der Deutschen Welle waren bereits im März 2022 - kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine - als "extremistisch" eingestuft worden. Die Deutsche Welle wies zu Wochenbeginn darauf hin, dass ihre belarusischen Angebote im Land trotz des Verbots weiterhin abrufbar seien. Intendant Limbourg hatte die Entscheidung der belarussischen Regierung verurteilt. Sie zeige, dass das Regime unabhängige Medien fürchte und alles tue, um den Zugang zu freien Informationen einzuschränken. "Wir werden uns davon nicht einschüchtern lassen. Für uns ist dieses Verbot ein Aufruf, noch härter dafür zu arbeiten, dass alle Menschen Zugang zu unseren Inhalten und freien Informationen haben", versprach Limbourg. Auch das Auswärtige Amt hatte das Vorgehen der belarusischen Regierung gegen die Deutsche Welle verurteilt. Social-Media-Beitrag auf X von Journalisten-Verband (DJV) @DJV@federated.press: "Verbot der Deutschen Welle in Belarus.Durch diesen Angriff auf die Pressefreiheit wächst die Gefahr für Medienschaffende in Weißrussland.Wir kritisieren die willkürliche Zensur und fordern Schutz für die Mitarbeiter der Deutschen Welle:https://t.co/5oS0m4T77b pic.twitter.com/IvFmvdeigq" Russland weist US-Vorwurf zu Einsatz von Chemiewaffen zurück Russland hat US-Vorwürfe bezüglich des Einsatzes einer Chemiewaffe in der Ukraine zurückgewiesen. Die Anschuldigungen seien "vollkommen unbegründet", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Russland komme seinen "völkerrechtlichen Verpflichtungen" in diesem Bereich nach.  Das US-Außenministerium hatte Russland am Mittwoch vorgeworfen, "die chemische Waffe Chlorpikrin gegen ukrainische Streitkräfte" unter Verletzung der Chemiewaffenkonvention eingesetzt zu haben. Der Einsatz solcher Chemikalien sei kein Einzelfall, erklärte das State Department weiter. Die russischen Truppen wollten damit vermutlich die ukrainischen Streitkräfte aus befestigten Positionen verdrängen und taktische Fortschritte auf dem Schlachtfeld erzielen. Estlands Außenminister: Russland für GPS-Störungen verantwortlich Estlands Außenminister Margus Tsahkna hat dem benachbarten Russland vorgeworfen, für die schon seit länger auftretenden Störungen des GPS-Signals im Ostseeraum verantwortlich zu sein. "Wir wissen, dass Russland seit Beginn seiner Aggression in der Ukraine das GPS-Signal stört. In den letzten anderthalb Jahren ist dieses Problem in unserer Region sehr ernst geworden", sagte Tshanka einem Rundfunkbericht zufolge im estnischen Fernsehen. Davon betroffen sei nicht nur Estland, sondern auch Lettland, Litauen, Finnland, Norwegen, Schweden und Polen. "Wenn wir uns die Aktivitäten Russlands ansehen, ist dieser Angriff auf GPS Teil einer hybriden Aktion, die unser Leben stört und alle möglichen internationalen Vereinbarungen bricht", sagte Tsahkna. GPS dürfe gemäß einer Konvention, der auch Russland beigetreten sei, von niemandem gestört werden. Doch gebe es zahlreiche Beweise dafür, dass die Störungen aus der Nähe von St. Petersburg, von Pskow und aus Kaliningrad kommen, sagte der estnische Außenminister - ohne Details zu nennen.  Schweiz lädt offiziell zur Ukraine-Konferenz ein Die Schweiz hat mehr als 160 Delegationen offiziell zur geplanten Ukraine-Konferenz eingeladen. Sie findet am 15. und 16. Juni in einem Nobelhotel am Vierwaldstättersee, dem Bürgenstock, statt und wurde auf Bitten der Ukraine organisiert. Das Treffen finde auf Ebene der Staats- und Regierungschefs und -chefinnen statt, teilte das Außenministerium in Bern mit.   Ziel sei, ein gemeinsames Verständnis für einen möglichen Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu entwickeln. Dies soll die Grundlage für einen Friedensprozess sein. Russland hat eine Teilnahme aber bereits ausgeschlossen.  Kyrill I. sendet Protestschreiben Der orthodoxe Moskauer Patriarch Kyrill I. hat sich wegen "neuen eklatanten Beispielen des Drucks auf die Ukrainische Orthodoxe Kirche" (UOK) an UN-Generalsekretär António Guterres, Papst Franziskus und andere Kirchenoberhäupter gewandt. Er schrieb ihnen laut Angaben des Moskauer Patriarchats vom 27. April, die Verfolgung von Gläubigen der UOK in der Ukraine "nimmt die Züge eines totalen antireligiösen Terrors an". Kirchen und Klöster würden geschlossen, ebenso Informationsquellen, die über die Verfolgung berichten würden. Es habe auch Gewaltverbrechen gegeben, so Kyrill I. Anlass seiner Briefaktion ist die Festnahme des Vorstehers des traditionsreichen UOK-Klosters in der ostukrainischen Stadt Swjatohirsk, Metropolit Arsenij (Jakowenko). Die Staatsanwaltschaft wirft dem Geistlichen vor, im September 2023 in einem Gottesdienst rechtswidrig Informationen über die lokalen Standorte der ukrainischen Streitkräften mitgeteilt zu haben. Ein Gericht in Dnipro ordnete am 25. April 60 Tage Untersuchungshaft für Arsenij an. Anträge der Verteidigung auf Hausarrest und die Möglichkeit einer Freilassung auf Kaution wurden abgewiesen. London fordert Freilassung von Kremlkritiker Kara-Mursa Großbritannien hat Russland aufgefordert, den inhaftierten russisch-britischen Kremlkritiker Wladimir Kara-Mursa angesichts dessen Gesundheitszustands sofort freizulassen. Der 42-Jährige müsse wegen "dringend erforderlicher medizinischer Behandlung" umgehend aus der Haft herausgeholt werden, hieß es in einer Erklärung der britischen Staatsministerin für Industrie und wirtschaftliche Sicherheit, Nusrat Ghani. Die Inhaftierung sei politisch motiviert, Kara-Mursa werde von den russischen Behörden verfolgt, weil er sich gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gestellt habe. "Die Haftbedingungen bedrohen sein Leben", so Ghani weiter. "Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich." Kara-Mursa, einer der prominentesten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin, war im April 2023 wegen "Hochverrats" zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er hatte zuvor Russland bei einer Rede in den USA "Kriegsverbrechen" in der Ukraine vorgeworfen und stand dem im Februar in einer Strafkolonie in der Arktis gestorbenen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny nahe. Gouverneur: 13 Verletzte bei Großbrand im Hafen von Odessa Im Hafen der ukrainischen Stadt Odessa ist dem Gouverneur der Region zufolge nach einem Raketeneinschlag ein Großbrand ausgebrochen. Mindestens 13 Menschen seien verletzt worden, teilte Gouverneur Oleh Kiper auf Telegram mit. Bilder und Videos, die in den Telegram-Kanälen der Medien veröffentlicht werden, zeigen Flammen am Ort des Geschehens und große Rauchwolken, die in den Himmel steigen. Ein Medienkanal meldete, das Lagerhaus eines großen Post- und Kurierdiensts sei getroffen worden. Odessa ist ein häufiges Ziel russischer Angriffe. In den vergangenen zwei Tagen wurden acht Menschen durch Raketeneinschläge in der Stadt getötet. Gouverneur: Stromausfall in russischer Region Orjol nach Drohnenangriff Ein ukrainischer Drohnenangriff hat nach russischen Angaben die Energieinfrastruktur in der zentralrussischen Region Orjol beschädigt und zu Stromausfällen geführt. Die Schäden seien entstanden, als Luftabwehreinheiten die Drohnen über den Bezirken Glasunowski und Swerdlowskaja abgefangen hätten, schrieb der Gouverneur der Region, Andrej Klitschkow, auf Telegram. Über Tote oder Verletzte machte er keine Angaben. Selenskyj kündigt weitere Sicherheitsabkommen an Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Abschluss von mehreren neuen Sicherheitsabkommen angekündigt. "Wir bereiten noch sieben neue Sicherheitsdokumente für unser Land vor - bilaterale Sicherheitsabkommen", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache, "darunter auch mit den USA". Die Details bezüglich der Waffenlieferungen, Finanzhilfen und politischen Kooperation würden gerade ausgearbeitet. Die Verträge unterstützten das Land in diesem und den nächsten Jahren und stellten die Sicherheitsarchitektur bis zum angestrebten NATO-Beitritt dar. "Natürlich hat alles besondere Priorität, was mehr Schutz vor dem russischen Terror bietet", sagte Selenskyj. Weitere Details oder Länder nannte er nicht. Social-Media-Beitrag auf X von Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський: "We continue to work on the first Global Peace Summit, which has the potential to start the path to just peace. We are working with the Swiss side on this.Today, we agreed on the final details, and we will continue to work tirelessly to ensure that as many leaders and countries… pic.twitter.com/Pcc91rsJ4S" Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen Gegen Russland gibt es neue Vorwürfe, es verstoße gegen das UN-Chemiewaffenverbot. Die USA verhängen weitere Sanktionen gegen Unterstützer Russlands. Die Entwicklungen vom Dienstag zum Nachlesen.
/newsticker/liveblog-ukraine-donnerstag-338.html
2024-05-02
Wetterlage und Temperaturen
Wettervorhersage Europa
Ein Tief breitet sich am Donnerstag über die südwestlichen Teile Deutschlands bis in die Mitte aus. Am Freitag erreicht das Tief auch den Nordosten.
Ein Tief breitet sich am Donnerstag über die südwestlichen Teile Deutschlands bis in die Mitte aus. Am Freitag erreicht das Tief auch den Nordosten. Ein Tief breitet sich am Donnerstag über die südwestlichen Teile Deutschlands bis in die Mitte aus. Dabei kommt es zu Schauern und Gewittern mit der Gefahr lokaler Unwetter. In der Nacht kann es regional auch länger ergiebig regnen. Den Gewitterschauern folgt kühlere Luft. Am Freitag erreicht die Tiefdruckzone im Tagesverlauf auch die nordöstlichen Landesteile mit gelegentlichen Schauern und Gewittern. Sonst gibt es am Freitag unter Tiefdruckeinfluss einen wolkenreichen und kühlen Tag.   Temperaturen Europa Am Freitag reicht die Temperaturspanne in Europa von 6 Grad in Perm und 7 Grad in Rovaniemi über 14 Grad in Dublin und London, 15 Grad in Bordeaux und Belgrad, 20 Grad in Lissabon, Madrid und Palermo bis hin zu 27 Grad in Athen.
/wetter/europa-welt
2024-05-02
Tiefer Frust über Russlands Vormarsch
Krieg gegen die Ukraine
Stück für Stück dringt Russlands Armee weiter in den Osten der Ukraine vor. Die Unzufriedenheit über Präsident Selenskyj wächst. Kritiker werfen ihm vor, die Menschen in falscher Sicherheit zu wiegen. Von Marc Dugge.
Stück für Stück dringt Russlands Armee weiter in den Osten der Ukraine vor. Die Unzufriedenheit über Präsident Selenskyj wächst. Kritiker werfen ihm vor, die Menschen in falscher Sicherheit zu wiegen. Von Marc Dugge Der Krieg scheint in diesen Tagen von Kiew weit weg. Sonne und Temperaturen von über 20 Grad bringen die Menschen auf die Straße. Sie schlendern durch Parks, schlecken Eis und sonnen sich, während einige hundert Kilometer weiter östlich die Artillerie donnert - zwei Realitäten in einem Land. Aber ganz ausgelassen zu sein, kommt für die 19-jährige Margarita aus Kiew sowieso nicht in Frage. Man könne sich zwar ein bisschen entspannen, aber jederzeit könne Alarm kommen und man müsse seine Pläne verschieben, wenn es wieder Luftangriffe gebe. "Die Situation an der Front ist beschissen", sagt sie. "Ich bin absolut unzufrieden mit denen, die dafür verantwortlich sind. Niemand hilft unseren Jungs da." "Fleischwolf-Taktik" der Russen Die Frustration ist groß. Russland ist in den vergangenen Tagen im Osten des Landes weiter vorgerückt. Es ist ein langsamer Vormarsch, erkämpft durch massiven Beschuss und mit hohen Verlusten. "Fleischwolf-Taktik" nennt man das sarkastisch in der Ukraine. Ukrainischen Angaben zufolge werden derzeit bei den Angriffen jeden Tag mehr als 1.000 russische Soldaten getötet oder verwundet. Dennoch scheint diese Strategie aufzugehen. Die russische Armee konnte immer mehr Dörfer in der Region Donezk erobern und die Ukrainer immer öfter zum taktischen Rückzug zwingen. Der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj macht aus der schwierigen Lage keinen Hehl. Die Situation an der Front hat sich verschlechtert, schrieb er am Wochenende im Messengerdienst Telegram. Russland habe einen bedeutenden Vorteil an Kräften und Mitteln, so Syrskyj, und taktische Erfolge errungen. Warnung, Russland nicht zu unterschätzen Ob diese auch dazu führen, dass Russland rasch tiefer in die Region vorstoßen kann, steht auf einem anderen Blatt. Militärexperten vom amerikanischen "Institute for the Study of War" (ISW) bezweifeln, dass die russische Armee derzeit dazu in der Lage ist. Roman Pogorilyi warnt aber davor, die russische Armee zu unterschätzen. Er ist einer der Gründer von "Deep State Map", einer unabhängigen ukrainischen Onlineseite, die die Militärbewegungen genau analysiert. "Sie drängen schon jetzt immer weiter nach vorn, immer weiter", sagt er. Die ukrainischen Soldaten würden aber dafür sorgen, dass sie nur langsam vorrücken würden. Immer wieder würden sie gestoppt. Kopfschütteln über russische Erfolge - und Kritik an Selenskyj Dennoch gibt es in der Ukraine Ärger und Kopfschütteln darüber, dass Russland gleich mehrere Ortschaften in kurzer Zeit unter seine Kontrolle bringen konnte. So etwa beim Journalisten und Selenskyj-Kritiker Jurij Butusow. Er wirft der Armeeführung vor, lange negative Nachrichten vom Tisch gewischt und die Menschen in falscher Sicherheit gewiegt zu haben. Er sagt, im Land würden Kommandeure für wahrhaftige Berichte schnell entlassen. Also würden einige Kommandeure erst gar nicht berichten. "Es gab sehr viele optimistische Berichte, die der Lage nicht entsprechen", sagt er. Man müsse klären, was der Grund dafür ist - ob es an Unwissenheit liege, Untergebene Dinge nicht melden würden, oder ob sie falsche Schlussfolgerungen ziehen würden. "Aber es ist ja bekannt, wer die Militärhierarchie bildet." Die Führung sei für strategische Fehlplanungen verantwortlich, die die Truppen nicht immer ausbügeln könnten. Das zeige sich nun auf dem Schlachtfeld, so Butusow - eine Kritik an der Armeeführung und auch an Präsident Wolodymyr Selenskyj, der auch der Oberbefehlshaber des Landes ist. Roman Pogorilyi von "Deep State Map" weicht bei der Frage nach Fehlentscheidungen des Militärs aus. "Fehler" sei ein großes Wort, sagt er. Man müsse verstehen, dass viel zu tun sei. Die Ukraine brauche mehr Waffen und Ressourcen. "Wir sehen, in welchem Umfang der Feind ausgerüstet ist. Um das zu zerstören, brauchen wir Feuerkraft, um Flugzeuge abzuschießen. Luftverteidigung, um unser Land vor Beschuss zu schützen." Die Situation verändere sich, die Russen drückten weiter nach vorn. Neue Waffenlieferungen angekündigt Die Nervosität in der Ukraine steigt, und die Rufe nach Hilfe aus dem Ausland werden immer lauter. Diese Rufe würden gehört, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag bei einem Besuch in Kiew. Alle Verbündeten würden prüfen, was sie noch tun können, er erwarte bald neue Ankündigungen. "Wir arbeiten intensiv daran, die dringenden Bedürfnisse der Ukraine zu stillen. Unsere Verantwortung ist es, dass Ankündigungen in die Tat umgesetzt werden und Waffen und Munitionslieferungen so schnell wie möglich passieren." Tatsächlich haben sich in den vergangenen Tagen immer mehr Länder bereit erklärt, noch mehr Waffen an die Ukraine zu liefern. Deutschland hatte beispielsweise am Dienstag unter anderem versprochen, weitere zehn Marder-Schützenpanzer zu liefern. Und auch Lettland kündigte ein neues Hilfspaket an, mit dem auch die Luftverteidigung gestärkt werden soll. Die Nachrichten der vergangenen Tage aus der Ukraine zeigen, wie sehr die Zeit drängt.
/ausland/europa/ukraine-russland-front-102.html
2024-05-02
Deutsche greifen öfter zu Fleischalternativen
Jahresumsatz steigt
Vegetarische und vegane Fleischalternativen werden immer beliebter, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. 2023 wurden 16,6 Prozent mehr Fleischersatzprodukte hergestellt als im Vorjahr.
Vegetarische und vegane Fleischalternativen werden immer beliebter, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. 2023 wurden 16,6 Prozent mehr Fleischersatzprodukte hergestellt als im Vorjahr. Ob Veggie-Burger, Tofubratwurst oder Seitanmortadella: Die Deutschen greifen immer häufiger zu Fleischersatzprodukten. Und das, obwohl diese häufig teurer sind als das Original. 2023 wurden dem Statistischen Bundesamt zufolge 16,6 Prozent mehr Fleischersatzprodukte produziert als im Vorjahr. Im Fünf-Jahres-Vergleich zu 2019 hat sich die Produktion sogar mehr als verdoppelt. Insgesamt wurden 2023 rund 121.600 Tonnen vegetarische und vegane Fleischalternativen hergestellt. Der Geldwert dieser Produktion betrug laut Statistischem Bundesamt 583,2 Millionen Euro und damit 8,5 Prozent mehr als 2022. Auch die Anzahl der Unternehmen, die Fleischersatzprodukte in Deutschland herstellen, ist von 51 im Jahr 2022 auf 67 im vergangenen Jahr gestiegen. Fleischkonsum in Deutschland sinkt Trotz dieser Zuwächse ist der Markt noch eine Nische. Die deutsche Fleischproduktion kommt 2023 auf einen Warenwert von 44,8 Milliarden Euro - fast 80 Mal mehr als der Warenwert der vegetarischen und veganen Alternativen. Dennoch berichtet die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) von einem sinkenden Fleischkonsum in Deutschland. Die Menschen in Deutschland haben 2023 nach vorläufigen Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) durchschnittlich 51,6 Kilogramm Fleisch pro Kopf verzehrt. 2019 waren es noch 58,8 Kilogram. Damit ging der Fleischverzehr pro Kopf um knapp zwölf Prozent zurück. Einen möglichen Grund für den Rückgang sieht das BLE in einem gewachsenen Bewusstsein für die Auswirkungen eines hohen Fleischkonsums auf die eigene Gesundheit, Klima und Umwelt.
/wirtschaft/verbraucher/fleischersatz-beliebter-100.html
2024-05-02
DAX meldet sich nach Feiertagspause träge zurück
US-Börsen im Plus
Der DAX hat sich kaum bewegt aus der Feiertagspause zurückgemeldet. Am ersten Handelstag im Mai stand die Nachlese des Zinsentscheids in den USA im Fokus. An der Wall Street herrscht Erleichterung.
Der DAX hat sich kaum bewegt aus der Feiertagspause zurückgemeldet. Am ersten Handelstag im Mai stand die Nachlese des Zinsentscheids in den USA im Fokus, aber auch die Vorschau auf den morgigen US-Arbeitsmarktbericht. Nach dem gestrigen Zinsentscheid der US-Notenbank Fed haben sich die Anlegerinnen und Anleger am deutschen Aktienmarkt heute zurückgehalten. Der DAX pendelte am ersten Handelstag im Mai recht lethargisch zwischen Gewinn- und Verlustzone. Es mangelte an Gewissheit über die zukünftige geldpolitische Ausrichtung in den USA und damit auch an Kaufargumenten. DAX-Investoren gehen kein Risiko ein Schon am Dienstag war der deutsche Leitindex mit einem Abschlag von einem Prozent aus dem Handel gegangen. Im April hatte er dadurch insgesamt drei Prozent - trotz des zwischenzeitlichen Rekordhochs bei 18.567 Zählern. Heute bewegte sich der DAX in einer relativ engen Spanne um sein Vortagsniveau und schloss mit einem Minus von 0,2 Prozent bei 17.897 Punkten. Damit fiel er unter die 50-Tage-Durchschnittslinie, die bei Charttechnikern als Indikator für den mittelfristigen Trend gilt. Dem DAX falle es schwer, an die alte Stärke anzuknüpfen, schrieb Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets. "Bis auf eine Schaukelbörse ohne übergeordnete Richtung, aber weiter mit der Anfälligkeit für Kurskorrekturen, bleibt den Anlegern derzeit nichts anderes übrig. Unterhalb von 18.200 Punkten ist der Markt aus technischer Sicht angeschlagen." OECD senkt Wachstumsprognose Auf die Stimmung drückt heute die neue Konjunkturprognose der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für Deutschland: Sie hat ihre Erwartungen für das Wirtschaftswachstum in Deutschland erneut nach unten korrigiert. Für das laufende Jahr erwarten die OECD-Konjunkturexperten nur noch ein Plus von 0,2 Prozent. Bereits im Februar hatten sie ihre Wachstumsprognose für Deutschland gesenkt. Erleichterung an den US-Börsen An den US-Börsen herrscht dagegen Erleichterung unter den Anlegerinnen und Anlegern. Zur Wochenmitte hatte US-Notenbankchef Jerome Powell zwar einmal mehr Hoffnungen auf Zinssenkungen gedämpft. Es könne "länger als bisher angenommen" dauern, bis die Fed mehr Zuversicht gewinne, dass die Inflation wirklich auf dem Rückzug sei. Allerdings trat Powell auch Sorgen entgegen, dass der nächste Zinsschritt sogar eine Erhöhung sein könnte. Diese war von einigen Marktteilnehmern angesichts der hartnäckigen Preissteigerungen befürchtet worden. "Die Botschaft der Mitteilung und der Pressekonferenz war, dass zwar nicht unbedingt früher, dafür aber mit etwas mehr Zinssenkungen zu rechnen ist", sagte Brian Nick, Stratege beim Analysehaus Macro Institute. Der US-Leitindex Dow Jones notiert zur Stunde 0,5 Prozent fester bei 38.088 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 rückt ebenfalls um 0,5 Prozent auf 5.043 Zähler vor. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gewinnt knapp ein Prozent auf 15.754 Stellen. Die Auftragsdaten für die Industrie in den Vereinigten Staaten im März fielen indes wie erwartet aus und brachten daher kaum zusätzliche Impulse. Nun richten sich die Blicke bereits auf den morgigen US-Arbeitsmarktbericht. Ölpreise weiter auf Talfahrt Die Ölpreise sind heute erneut gefallen. Bis zum späten Nachmittag gaben sie ihre Kursgewinne aus dem frühen Handel wieder ab und knüpften an die Talfahrt der vergangenen Handelstage an. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli fiel um 33 Cent auf 83,11 US-Dollar und erreichte den tiefsten Stand seit März. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) mit Lieferung im Juni gab um 46 Cent auf 79,54 Dollar nach und rutschte ebenfalls auf den tiefsten Stand seit März. Euro gibt nach Der Euro hat heute einen Teil seiner gestrigen Kursgewinne wieder eingebüßt. Am Nachmittag notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,0689 US-Dollar. Der Dollar kostete damit 0,9348 (0,9330) Euro. Am Devisenmarkt hallt die Zinsentscheidung der Fed noch nach. Diese hatte ihre Leitzinsen abermals nicht angetastet. Erneute Anzeichen für Intervention beim Yen gegenüber Dollar Ein weiterer plötzlicher Anstieg des seit Monaten schwächelnden Yen gegenüber dem Dollar hat Spekulationen über eine erneute Intervention Japans am Devisenmarkt angefacht. In der vergangenen Nacht legte der Kurs des Yen zeitweise kräftig zu. Dies ließ im Gegenzug den Kurs des Dollar absacken. Lange hielt der Yen-Aufschwung nicht an: Am Morgen legte der Dollar bereits wieder zu. Apple bessert bei Gebühren für App-Entwickler nach Apple wird die Entwickler von Anwendungen nicht im ursprünglich geplanten Umfang mit einer "Kerntechnologiegebühr" zur Kasse bitten. Nach einem kritischen Feedback aus der Entwicklergemeinschaft führte Apple heute mehrere Ausnahmen ein, bei denen diese Grundgebühr nicht mehr fällig werden oder niedriger ausfallen soll. Neben Apple-Wettbewerbern wie Spotify hatten sich vor allem Anbieter von kostenlosen Apps über die neue Gebühr nach der von der EU erzwungenen Öffnung des App-Marktes für das iPhone beschwert. Außerdem hatte die EU-Kommission erklärt, die Gebühren von Apple zu überprüfen. Songs von Universal Music kehren nach neuem Deal zu TikTok zurück Songs vom weltgrößten Musikkonzern Universal Music kehren nach rund drei Monaten Pause in die Video-App TikTok zurück. Universal, das unter anderem Billie Eilish und Adele unter Vertrag hat, hatte die Musik mit Ablauf des vorherigen Lizenzdeals Ende Januar von der Plattform abgezogen. Jetzt gibt es eine neue Vereinbarung, die laut dem Konzern eine bessere Vergütung der Musiker und Schutz vor negativen Folgen des KI-Booms vorsieht. Finanzielle Einzelheiten wurden heute zunächst nicht bekannt.  EU moniert Greenwashing bei Lufthansa und Air France-KLM Fast alle Airlines der Lufthansa-Gruppe und andere Anbieter wie Air France-KLM und Ryanair müssen sich gegenüber der EU-Kommission für womöglich beschönigende Werbeaussagen zu Klimaschutz rechtfertigen. Die EU hatte am Dienstag erklärt, in Koordination mit dem europäischen Verbraucherschutz-Netzwerk BEUC seien 20 Airlines wegen potenziell irreführender Umwelt-Werbeaussagen ("Greenwashing") ermahnt worden. Unter den Adressaten seien die Lufthansa und ihre Töchter Austrian Airlines, Brussels Airlines, Air Dolomiti, Eurowings und Swiss, erklärte die Lufthansa heute. "Selbstverständlich befassen wir uns mit jeder Beschwerde, die uns zugeht, und prüfen diese sorgfältig." Borussia Dortmund lebt an der Börse auf Der sportliche Erfolg hat das Interesse der Anleger an Borussia Dortmund gesteigert. Für den Aktienkurs des BVB ging es zeitweise um bis zu 6,5 Prozent nach oben, nachdem er dank eines 1:0-Erfolgs gegen Paris Saint-Germain auf Finalkurs in der Champions League ist und sich zugleich in der kommenden Saison wieder einen Startplatz in der lukrativen europäischen Eliteliga gesichert hat. Der Titel konnte heute über die 200-Tage-Linie springen, die unter charttechnisch versierten Anlegern ein beliebter langfristiger Trendindikator ist. Moderna leidet unter Nachfrage-Flaute für Corona-Impfstoff Der Biotechkonzern Moderna hat die schrumpfende Nachfrage nach seinem Corona-Impfstoff zu spüren bekommen. Pro Aktie fiel im ersten Quartal ein Verlust von 3,07 Dollar an nach einem Gewinn von 0,20 Dollar im Vorjahresquartal, wie die US-Firma mitteilte. Analysten hatten mit einem Minus pro Aktie von 3,58 Dollar gerechnet. Der Umsatz mit dem Impfstoff Spikevax, dem einzigen vermarkteten Produkt von Moderna, rutschte um 91 Prozent auf 167 Millionen Dollar. Russland weiter größter Gewinnbringer von Raiffeisen Bank International Die wegen ihres Russland-Geschäfts kritisierte Raiffeisen Bank International (RBI) erwirtschaftet in dem Land nach wie vor üppige Gewinne. Der Konzerngewinn der in vielen Ländern Osteuropas tätigen Bankengruppe stieg im ersten Quartal um gut ein Prozent auf 664 (657) Millionen Euro, wie das Geldhaus mit Sitz in Wien mitteilte. Etwa die Hälfte davon erzielte die Bank in Russland, wo der Gewinn nach Steuern um acht Prozent auf 326 (301) Millionen Euro zulegte. Russland ist damit zwei Jahre nach Kriegsausbruch in der Ukraine nach wie vor der lukrativste Markt für die Bank. Gasekonzern Linde steigert Gewinn stärker als geplant Der weltgrößte Industriegase-Konzern Linde hat im ersten Quartal mehr verdient als geplant und blickt ein wenig optimistischer auf das Gesamtjahr als bisher. Angesichts guter Geschäfte in allen Weltregionen stieg der bereinigte Quartalsgewinn je Aktie binnen Jahresfrist um zehn Prozent auf 3,75 Dollar, wie das amerikanisch-deutsche Unternehmen mitteilte. In Aussicht gestellt hatte Linde einen Anstieg um maximal acht Prozent auf 3,68 Dollar. Im Gesamtjahr erwartet Linde nun einen Anstieg des bereinigten Gewinns je Aktie um acht bis zehn Prozent auf 15,30 bis 15,60 Dollar. Tesla präsentiert "Cybertruck" in Deutschland Es ist völlig offen, ob er jemals auf deutschen Straßen fahren darf - dennoch hat der US-Elektroautobauer Tesla seinen futuristischen "Cybertruck" in Deutschland präsentiert. Das 3,1 Tonnen schwere und 5,68 Meter lange Gefährt stand heute in einem Einkaufscenter am Potsdamer Platz in Berlin zur Ansicht - nach Angaben des Unternehmens ist es die erste Präsentation für die breite Öffentlichkeit in Deutschland.  Bis einschließlich Samstag kann der mit Edelstahl verkleidete Pickup in dem Einkaufszentrum "Mall of Berlin" besichtigt werden. Siltronic startet mit weniger Umsatz und Gewinn ins Jahr Eine anhaltend schwache Nachfrage hat den Halbleiterwafer-Hersteller Siltronic zum Jahresstart belastet. Viele Kunden halten sich wegen hoher eigener Lagerbestände mit Bestellungen zurück. "Noch immer ist nicht abzusehen, wann die Lager wieder ein normales Niveau erreichen werden", sagte Siltronic-Chef Michael Heckmeier. Der Umsatz sank im ersten Quartal im Jahresvergleich um 15 Prozent auf 343,5 Millionen Euro. Davon blieben 26,4 Prozent als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hängen. Absolut ging dieses operative Ergebnis um 27,5 Prozent auf 90,8 Millionen Euro zurück. Tarifabschluss für Postbank-Beschäftigte Der Tarifkonflikt bei der Postbank ist nach knapp drei Monaten gelöst. In der fünften Runde einigten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber am frühen Morgen auf Gehaltserhöhungen in zwei Stufen sowie einen bis Ende 2027 verlängerten Kündigungsschutz. Das teilten ver.di und der Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV) sowie die Deutsche Bank mit. Kundinnen und Kunden können somit aufatmen: Bei beiden Gewerkschaften liefen Urabstimmungen über unbefristete Streiks bei der Postbank. Warnstreiks hatten in der seit 6. Februar laufenden Tarifrunde wiederholt für Einschränkungen im Service gesorgt. Reederei Moller-Maersk erwartet 2024 stärkere Container-Nachfrage Die dänische Fracht-Reederei Moller-Maersk erwartet nach einem starken ersten Quartal eine höhere Nachfrage im laufenden Jahr. Die weltweiten Container-Transporte dürften im laufenden Jahr am oberen Ende der Spanne von 2,5 bis 4,5 Prozent zulegen, teilte das Unternehmen mit seinen Quartalszahlen mit. Moller-Maersk will sein eigenes Geschäft im gleichen Umfang steigern und wird daher auch für die Ergebnisse im Gesamtjahr optimistischer. Scout24 startet mit Rekord-Kundenzahl ins neue Jahr Das große Interesse an Mitgliedschaften und Abonnements hat dem Internetportalbetreiber Scout24 zu Jahresbeginn einen Umsatz- und Gewinnsprung beschert. Mittlerweile würden rund 413.200 Privatkunden für Zusatzfunktionen bezahlen. Der Konzernumsatz kletterte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 12 Prozent auf 136,1 Millionen Euro. Davon blieben mit 79,5 Millionen Euro rund 16,5 Prozent mehr als um Sondereffekte bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) übrig als noch im Jahr zuvor. Bayer erwirkt Aufhebung eines PCB-Urteils Bayer kann in den USA einen juristischen Erfolg im Zusammenhang mit den Altlasten der milliardenschweren Monsanto-Übernahme verbuchen. Ein Berufungsgericht im US-Bundesstaat Washington hob ein Urteil aus dem Jahr 2021 über 185 Millionen Dollar wegen chemischer Verunreinigungen mit PCB in einer Schule auf. Hugo Boss profitiert von robuster Nachfrage Der Modehändler Hugo Boss hat sich zu Jahresbeginn trotz zögerlicher Kunden besser entwickelt als gedacht. Der Umsatz stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fünf Prozent und knackte damit die Eine-Milliarde-Euro-Marke. Neben dem Vertrieb im Internet legte auch der Umsatz im stationären Großhandel deutlich zu, während das Einzelhandelsgeschäft moderat wuchs. Unter dem Strich verdiente der Konzern nach Minderheiten 38 Millionen Euro nach 35 Millionen im Jahr zuvor. Novo Nordisk profitiert von Appetitzüglern Der Pharmakonzern Novo Nordisk hat im ersten Quartal dank der hohen Nachfrage nach seinen Appetitzüglern einen Umsatz- und Gewinnsprung verzeichnet. So stieg der Umsatz um 22 Prozent auf 65,35 Milliarden dänische Kronen (rund 8,8 Milliarden Euro). Unter dem Strich stand mit 25,4 Milliarden Kronen ein 28 Prozent höherer Gewinn als im Vorjahr. Dabei profitierte Novo Nordisk von einem robusten Geschäft mit seinen Produkten gegen Diabetes und Fettleibigkeit. Shell macht überraschend viel Gewinn Shell verdiente im ersten Quartal vor Sonderposten 7,7 Milliarden Dollar, ein Plus von knapp sechs Prozent zum Vorquartal. Analysten hatten im Schnitt nur mit 6,3 Milliarden Dollar gerechnet. Vor allem im Gasgeschäft lief es besser als gedacht. Unter dem Strich verblieb für die Shell-Aktionäre ein Gewinn von 7,4 Milliarden Dollar.
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2024-05-02
"Risiko, dass korrupte Eliten gestärkt werden"
EU-Abkommen mit dem Libanon
Grundsätzlich sind Migrationsabkommen wie der EU-Libanon-Deal begrüßenswert, sagt Migrationsforscherin Kohlenberger. Doch die Frage sei, ob die von der EU versprochenen Finanzhilfen die richtigen Empfänger erreiche.
Grundsätzlich sind Migrationsabkommen wie der EU-Libanon-Deal begrüßenswert, sagt Migrationsforscherin Kohlenberger. Doch die Frage sei, ob die von der EU versprochenen Finanzhilfen die richtigen Empfänger erreiche. tagesschau24: Tunesien, Ägypten, jetzt Libanon. Was können solche Deals wie der, den die EU jetzt mit dem Libanon abgeschlossen hat, bringen? Judith Kohlenberger: Das erklärte Ziel seitens der Europäischen Union ist sogenannte Migrationsprävention. Konkret sollen im Libanon untergebrachte syrische Flüchtlinge davon abgehalten werden, den Weg nach Zypern zu suchen, was in den vergangenen Monaten und Wochen zu einem starken Anstieg der dortigen Asylanträge geführt hat. Für den Libanon wiederum bedeutet dies eine bitter notwendige Finanzspritze. Das Land ist nicht nur politisch sehr instabil, sondern auch von starker wirtschaftlicher Not betroffen. Ein zunehmend großer Teil der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Und da ist die Hoffnung, dass die EU-Milliardenzahlungen Milderung verschaffen. Könnte "mehr Fluchtursachen erzeugen als bekämpfen" tagesschau24: Das Geld soll dem Land Sicherheit und Stabilität bringen. Ist das die richtige Maßnahme dafür? Kohlenberger: Grundsätzlich finde ich es begrüßenswert, dass der globale Norden gerade die Nachbarländer von Konflikt- und Kriegsregionen unterstützt. Wir wissen, dass Flüchtlinge gerne in der Region, in den unmittelbaren Nachbarländern bleiben wollen. Jedoch sehen wir, dass der Libanon derzeit ein politisch sehr instabiles Land ist. Immer wieder kommt es zu einem Machtvakuum. Es ist nicht ganz klar, wer auf Dauer der politische Entscheidungsträger sein wird. Und es steht leider auch das Risiko im Raum, dass mit diesen Zahlungen seitens der Europäischen Union korrupte Eliten gestärkt werden. Die wiederum, und das wissen wir aus investigativen Recherchen, auch mit Gewalt gegen syrische Flüchtlinge vorgehen. Und das würde paradoxerweise mehr Fluchtursachen erzeugen als bekämpfen. "Bedeutet häufig auch Anwendung von Gewalt" tagesschau24: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich auch für eine engere Zusammenarbeit des Libanon mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex aus. Wie bewerten Sie das? Kohlenberger: Dieses Schlagwort höre ich als Migrationsforscherin schon seit Jahren - es ist nie ganz klar, was damit gemeint ist. Wir wissen, dass Frontex in den vergangenen Jahren immer wieder auch in Menschenrechtsverletzungen verwickelt war oder zumindest geflissentlich weggeschaut hat, als andere Staaten sie verübt haben. Das sollte natürlich nicht die Zielsetzung der EU sein. Ganz klar ist aber: Die erklärte Absicht seitens der EU ist es, Geflüchtete von der Überfahrt abzuhalten. Und leider wissen wir, in der Praxis bedeutet solche Grenzsicherung häufig auch die Anwendung von Gewalt gegenüber Schutzsuchenden. Freiwillige Rückkehr "ganz und gar nicht realistisch" tagesschau24: Von der Leyen sagte heute, man arbeite an einem strukturierten Ansatz für eine "freiwillige Rückkehr" nach Syrien. Ist das realistisch? Kohlenberger: Das sehe ich in der derzeitigen Situation als ganz und gar nicht realistisch an. Wir wissen, dass sich die Situation in Syrien noch einmal verschärft hat. Es gibt immer Landstriche, die sicherer sind als andere. Aber insgesamt muss man sagen, Syrien ist derzeit nicht als sicheres Herkunftsland einzustufen. Genau deshalb erhalten syrische Flüchtlinge, die es bis auf europäisches Territorium schaffen, hier Asyl. Weil ganz klar Fluchtgründe vorliegen. "Konkrete Konditionen" wichtig tagesschau24: Dann bleibt die Frage nach Alternativen. Wie könnte man mit der Flüchtlingssituation von Millionen Menschen aus Syrien, von denen wohl auch viele nach Europa wollen, anders und besser umgehen? Kohlenberger: Im Grunde müsste man an den Fluchtursachen ansetzen. Da sind wir aber sehr schnell in einem Bereich, der nicht mehr die Migrationspolitik, sondern eher die Sicherheitspolitik betrifft. Damit Syrien ein Land wird, in das Menschen wieder zurückkehren können, braucht es zuerst eine Befriedung der Situation. Davor aber meine ich, dass man sehr wohl Nachbarländer unterstützen kann - auch finanziell. Es ist aber wichtig, dies an konkrete Konditionen zu koppeln. Es muss sichergestellt sein, dass damit nicht nur die Regierung gestützt wird, sondern auch die lokale Bevölkerung bei der Aufnahme von Geflüchteten. Und dass sich durch diese finanziellen Leistungen auch die Versorgung, die Unterbringungssituation von syrischen Geflüchteten vor Ort verbessert. Denn genau das braucht es, damit diese nicht mehr in Richtung der Europäischen Union weiterreisen wollen. Das Gespräch führte Michail Paweletz. Für tagesschau.de wurde der Text leicht überarbeitet.
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2024-05-02
Asylpolitik wichtigstes Thema bei Europawahl
ARD-DeutschlandTrend
In gut einem Monat wählen die EU-Bürger ein neues Parlament. Im ARD-DeutschlandTrend wird dabei als wichtigstes Thema die Asylpolitik genannt. Für den Bundeshaushalt wünscht sich eine Mehrheit die Einhaltung der Schuldenbremse. Von Ellen Ehni.
In gut einem Monat wählen die EU-Bürger ein neues Parlament. Im ARD-DeutschlandTrend wird dabei als wichtigstes Thema die Asylpolitik genannt. Für den Bundeshaushalt wünscht sich eine Mehrheit die Einhaltung der Schuldenbremse. Von Ellen Ehni Bis zum heutigen Donnerstag hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner seine Kabinettskollegen dazu aufgerufen, Sparvorschläge für den Bundeshaushalt 2025 einzureichen. Nun ist die Deadline erreicht - und viel zusammengekommen ist nach bisherigen Erkenntnissen offenbar nicht. Wie schwer das Sparen fällt, zeigt auch ein Blick darauf, wo denn die Deutschen den Rotstift ansetzen würden. Eine knappe Mehrheit (56 Prozent) ist der Meinung, der Staat sollte für das Bürgergeld weniger Geld ausgeben; knapp jeder Dritte (31 Prozent) hält die Ausgaben in diesem Bereich für angemessen und jeder Zehnte (zehn Prozent) für zu gering. Bei den Ausgaben für die Integration von Flüchtlingen sieht knapp jeder Zweite (47 Prozent) Sparpotenzial, jeder Dritte (34 Prozent) hält die Ausgaben in diesem Bereich für angemessen, 17 Prozent für zu gering. Wunsch nach mehr Ausgaben für Pflege, Renten und Kinder Doch bei anderen Themenfeldern ist das Bild schon differenzierter: Beim Klima- und Umweltschutz hält eine relative Mehrheit von 39 Prozent die Ausgaben des Staates für angemessen; 38 Prozent sind für höhere Ausgaben in diesem Bereich, jeder Fünfte (21 Prozent) spricht sich für Einsparungen aus. Für die Förderung der Wirtschaft hält jeder Zweite (48 Prozent) mehr Ausgaben für nötig. 40 Prozent halten die Anstrengungen aktuell für angemessen, jeder Zehnte (zehn Prozent) sieht Sparpotenzial. Auch bei der Verteidigung und Bundeswehr spricht sich jeder Zweite (50 Prozent) für höhere Ausgaben aus. 32 Prozent halten die Ausgaben hier für angemessen, 16 Prozent für zu hoch. Bei drei Feldern sind sich die Deutschen mehrheitlich einig, dass es mehr Geld geben muss: 55 Prozent sagen das mit Blick auf die Unterstützung von Familien und Kindern, 58 Prozent mit Blick auf Renten und Pensionen und 78 Prozent mit Blick auf die Pflege alter und kranker Menschen. In diesen drei Feldern sieht zugleich kaum ein Wahlberechtigter Sparpotenzial. Mehrheit will an Schuldenbremse festhalten Wo also das Geld hernehmen, das an anderer Stelle ausgegeben werden soll? Bislang verpflichtet die Schuldenbremse im Grundgesetz den Bund dazu, grundsätzlich nur so viel Geld auszugeben wie er einnimmt. Nur in besonderen Lagen wie während der Corona-Pandemie sind demnach Ausnahmen erlaubt. Teile von SPD und Grünen wollen angesichts der Vielzahl wichtiger Themen grundsätzlich an die Schuldenbremse ran. Dafür bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Christian Lindner und seine FDP lehnen das grundsätzlich ab - so wie eine knappe Mehrheit der Wahlberechtigten. Denn 54 Prozent sprechen sich dafür aus, an der Schuldenbremse festzuhalten. Vier von zehn Deutschen würden sie gerne lockern, zum Beispiel für öffentliche Investitionen. Mehrheitlich für die Schuldenbremse sprechen sich die Anhänger von FDP (70 Prozent), AfD (66 Prozent), Union (63 Prozent) sowie dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW, 60 Prozent) aus. Unter SPD-Anhängern hingegen überwiegt die Meinung, die Schuldenbremse sollte gelockert werden: 55 Prozent sprechen sich für eine solche Lockerung aus, 40 Prozent sind dagegen. Unter Grünen-Anhängern sind sogar sieben von zehn (70 Prozent) für eine Lockerung, 29 Prozent wollen die Schuldenbremse beibehalten. Kaum Bewegung bei Sonntagsfrage zum Bundestag Seit Beginn des Jahres gab es einige Verschiebungen bei der Sonntagsfrage, unter anderem bedingt durch die Gründung des BSW. In diesem Monat gibt es allerdings kaum Veränderungen zu Anfang April. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die SPD von Bundeskanzler Olaf Scholz derzeit unverändert auf 15 Prozent. Die Union verbessert sich in der Sonntagsfrage leicht um einen Punkt und käme auf 31 Prozent. Die Grünen lägen unverändert bei 15 Prozent. Die FDP klettert über die Mandatsschwelle und käme aktuell auf fünf Prozent (plus einen Punkt). Die AfD bleibt stabil bei 18 Prozent. BSW bleibt in der Sonntagsfrage bei fünf Prozent. Auf alle anderen Parteien würden elf Prozent entfallen (minus zwei Punkte). AfD-Anhänger finden Umgang mit Krah übertrieben Damit bliebe die AfD weiter zweitstärkste Kraft. Ohne Auswirkungen in der Sonntagsfrage sind die Vorwürfe gegen den AfD-Spitzenkandidaten für die anstehende Europawahl, Maximilian Krah, Geld aus Russland und China angenommen zu haben - und die Verhaftung eines seiner Mitarbeiter wegen möglicher Spionage für China. Die AfD-Anhänger nehmen ihren Europawahl-Spitzenkandidaten mehrheitlich in Schutz: 77 Prozent halten es für übertrieben, wie die Öffentlichkeit wegen der aktuellen Vorwürfe mit Krah umgeht. 15 Prozent der AfD-Anhänger finden das nicht übertrieben. Anders der Blick auf alle Wahlberechtigten: Sechs von zehn Deutschen (61 Prozent) halten den Umgang mit Krah nicht für übertrieben, jeder Vierte (25 Prozent) für übertrieben. Zugleich denken jeweils sieben von zehn Deutschen, die AfD sollte ihre Nähe zu Russland (71 Prozent) beziehungsweise China (70 Prozent) überdenken. Bei den AfD-Anhängern finden 37 Prozent, die Partei sollte ihre Nähe zu China überdenken; knapp jeder Zweite (48 Prozent) findet das nicht. 31 Prozent der AfD-Anhänger sind der Ansicht, die Partei sollte ihre Nähe zu Russland überdenken; eine Mehrheit der AfD-Anhänger (57 Prozent) sieht das anders. Wählerpotenzial der AfD fast unverändert Die AfD hat in den vergangenen Monaten nur leicht an Wählerpotenzial verloren. Im September 2023 kam es für jeden vierten Wahlberechtigten (24 Prozent) grundsätzlich infrage, die AfD zu wählen. Aktuell gilt das für 23 Prozent - ein Minus von nur einem Prozentpunkt seit September. Für sieben von zehn Wahlberechtigten (71 Prozent) kommt die Wahl der AfD aktuell nach eigener Aussage grundsätzlich nicht infrage (minus ein Punkt im Vergleich zu September 2023). Bei den anderen Parteien sind es am ehesten die Anhänger des BSW, unter denen die Wahl der AfD grundsätzlich infrage kommt: 19 Prozent der BSW-Anhänger sagen das von sich; für knapp zwei Drittel der BSW-Anhänger (64 Prozent) aber kommt die Wahl der AfD nach eigener Aussage nicht infrage. Asylpolitik wichtigstes Thema bei Europawahl Am 9. Juni wird in Europa ein neues Parlament gewählt. Fünfeinhalb Wochen vor der Wahl ist nur knapp jeder dritte Wahlberechtigte (31 Prozent) mit der Politik der EU zufrieden. Knapp zwei Drittel dagegen sind damit unzufrieden. Dabei sehen die Bürgerinnen und Bürger die Flucht-, Asyl- und Integrationspolitik als das wichtigste Problem, um das sich die Europäischen Union besonders dringend kümmern muss. 41 Prozent nennen diesen Komplex bei offener Abfrage als eines der zwei wichtigsten Probleme. Auf den weiteren Plätzen folgen hier internationale Konflikte und Bedrohungen, etwa im Verhältnis zu Russland und China (34 Prozent), der Umwelt- und Klimaschutz (21 Prozent) sowie Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit (20 Prozent). Eine konkrete Maßnahme, mit der die EU Flüchtlingszahlen begrenzen will sind Abkommen mit Drittstaaten. Das Prinzip ist: Die EU stellt den Ländern finanzielle Hilfen in Aussicht, wenn diese im Gegenzug Flüchtlinge von der Weiterreise in die EU abhalten. Nach der Türkei, Ägypten und Tunesien schloss die EU an diesem Donnerstag ein weiteres Flüchtlingsabkommen mit dem Libanon ab. Jeder zweite Wahlberechtigte in Deutschland (51 Prozent) spricht sich für diese Abkommen aus, vier von zehn (38 Prozent) finden das falsch. Sonntagsfrage zur Europawahl: Union auf Platz eins Gut fünf Wochen vor der Europawahl liegt die Union in der Sonntagsfrage deutlich vorn. Wenn schon am Sonntag Europawahl wäre, käme die Union auf 30 Prozent (Europawahl 2019: 28,9 Prozent). Die Grünen kämen auf 15 Prozent (2019: 20,5 Prozent). Die SPD läge aktuell bei 14 Prozent (2019: 15,8 Prozent). Die AfD würde sich auf 15 Prozent verbessern (2019: 11 Prozent). Die FDP läge bei vier Prozent (2019: 5,4 Prozent). Das BSW, das bislang noch nicht an einer Europawahl teilgenommen hat, käme aktuell auf sieben Prozent. Auf alle anderen Parteien würden 15 Prozent entfallen (2019: 18,4 Prozent). Bei dieser Umfrage handelt es sich ausdrücklich um keine Prognose, sondern um die politische Stimmung in der laufenden Woche. Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich. Viele Wähler legen sich kurzfristig vor einer Wahl fest. Eine große Bedeutung hat zudem die letzte Phase des Wahlkampfs mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählern. Fünfeinhalb Wochen vor dem Wahltag interessiert sich jeder zweite Wahlberechtigte in Deutschland (49 Prozent) sehr stark beziehungsweise stark für die Europawahl - das sind vier Prozentpunkte weniger als vor der Europawahl 2019; allerdings fand die Befragung damals nur dreieinhalb Wochen vor der Wahl statt. 48 Prozent interessieren sich aktuell weniger beziehungsweise gar nicht für die Europawahl (plus ein Punkt).
/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-3422.html
2024-05-02
Ein Becken, das die Seine sauber halten soll
Olympische Spiele in Paris
Schwimmen in der Seine ist eine unappetitliche Angelegenheit: Müll und Unrat dümpeln durch den trägen Fluss in Paris. Ein Rückkhaltebecken soll das Wasser so rein machen, dass olympische Wettkämpfe darin stattfinden können. Von Julia Borutta.
Schwimmen in der Seine ist eine unappetitliche Angelegenheit: Müll und Unrat dümpeln durch den trägen Fluss in Paris. Ein Rückkhaltebecken soll das Wasser so rein machen, dass olympische Wettkämpfe darin stattfinden können. Von Julia Borutta Nun ist es also so weit: Die Testphase hat begonnen. Wenn alles gut läuft, soll das gigantische Rückhaltebecken in der Nähe des Bahnhofs Gare d'Austerlitz im Sommer betriebsbereit sein. Der Ingenieur Samuel Colin-Canivez hat leuchtende Augen, wenn er in das 30 Meter tiefe Beton-Bassin hinabsteigt. Es fasst 50.000 Kubikmeter Wasser, so viel wie 20 olympische Schwimmbecken. Es sei dazu da, bei besonders heftigen Regenfällen all das Wasser aufzunehmen, das die Pariser Kanalisation nicht fassen kann, erklärt Colin-Canivez: "Wenn wir es hier sammeln, läuft es nicht so, wie es ist, direkt in die Seine, mit allem Schmutz und Unrat." Stattdessen werde das Wasser so lange in dem Becken gehalten, bis die Regenfälle vorbei sind. Dann werde es grob gefiltert, in Kläranlagen geleitet und erst dann in die Seine. So machen es andere Städte schon lange. Jetzt zieht Paris - die am dichtesten besiedelte Großstadt Europas - nach. Das 90 Millionen Euro teure Projekt ist nur ein Baustein im Masterplan für eine saubere Seine und ihren Nebenfluss, die Marne. Insgesamt hat der Staat 1,4 Milliarden Euro ausgegeben, um die Wasserqualität des besonders träge dahinfließenden Flusses nachhaltig zu verbessern. Unter anderem wurde in modernere Kläranlagen und Schleusen investiert. Derzeit finden nahezu täglich Messungen statt. Vor allem fäkale Verunreinigungen seien gefährlich, erklärt Hydrologe Jean-Marie Mouchel von der Sorbonne Universität. Coli-Bakterien seien ein wichtiger Indikator für die Reinheit des Wassers. Abwasserableitung für Hausboote Deshalb ist es so wichtig, dass auch alle Hausboote auf der Seine an das Abwassersystem angeschlossen werden - ein dritter Baustein im Projekt "schwimmbare Seine". Die sogenannten "péniches" liegen malerisch entlang der Pariser Quais, zum Beispiel am Port des Champs Élysée direkt gegenüber der Nationalversammlung. Wenn es viel regnet oder gar Hochwasser gibt, liegen hier schon mal tote Ratten auf dem Weg und neben der Gangway der Hausboote schwappt eine eklige Müllsuppe im Wasser. Madame Han Ha lebt mit ihrem Mann schon seit über 20 Jahren auf der "India Tango". Sie bedauert, dass die Stadt Paris ihnen erst vor drei Monaten grünes Licht dafür gegeben hat, sich an das Abwassersystem anzuschließen. "Wir wollten das längst machen, aber die Stadt konnte uns nie sagen, wie wir das anstellen sollen", erzählt die Mittfünfzigerin. Jetzt, wo die Olympischen Spiele vor der Tür stehen, gebe es endlich eine Lösung. Zu den Kosten von rund 5000 Euro schießt die Stadt 4000 Euro dazu. Bis Juli sollen alle Hausboote angeschlossen sein. Madame Ha zieht sich eine Regenjacke über, führt nach draußen auf den Quai und zeigt auf einen grauen Kasten. Dort drin werde das Abwasser aller Boote am Quai gesammelt und dann in die Pariser Kanalisation geführt, eine echte Verbesserung. Allerdings: Ausgerechnet bei Hochwasser muss Madame Ha das Abwasserrohr entkoppeln, denn sonst könnte die ganze Konstruktion beschädigt werden. "Dann fließt unser Abwasser also doch wieder in die Seine", erklärt sie und zieht etwas ratlos die Schultern hoch. Auch Macron und Hidalgo wollen baden Wird die Wette dennoch aufgehen? Werden etwa Triathlon, Para-Triathlon und Schwimm-Marathon tatsächlich in der Seine stattfinden können? Pierre Rabadan ist überzeugt, dass es klappt. Der ehemalige Rugby-Profisportler ist im Pariser Rathaus für den Sport zuständig und hat sich in den vergangenen Monaten regelmäßig mit eigenen Augen angeschaut, wie das Rückhaltebecken am Gare d’Austerlitz Gestalt annimmt. Die Füße in gelben Gummistiefeln, den Kopf in den Nacken gelegt, steht der Hüne wenige Wochen vor Beginn der Testphase in dem riesigen Beton-Bassin. "Wenn es nicht mehrere Tage am Stück katastrophal heftig regnet, haben wir mit diesem Becken hier die Garantie, dass die Wasserqualität stimmt und wir die Wettkämpfe wie geplant abhalten können", versichert er. Nach den olympischen Spielen im Jahr 2025 sollen für alle Pariser und Pariserinnen Schwimmstellen in der Seine eröffnet werden. Rabadan hat den Sprung ins Wasser bereits letztes Jahr im Juni einmal gewagt - mitten im Herzen der Stadt; dort, wo die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele stattfinden wird. "Das war ein toller Moment," schwärmt er. "Paris, dieses Panorama mit seinen Bauwerken und Monumenten schwimmend zu genießen, das wird für alle einzigartig sein!" Sowohl Bürgermeisterin Anne Hidalgo als auch Staatspräsident Emmanuel Macron haben bereits angekündigt, noch vor der Eröffnung der Spiele ebenfalls in der Seine baden zu gehen.
/ausland/europa/paris-seine-olympische-spiele-100.html
2024-05-02
Die Gefahr kommt vom Meer
Südkoreanische Grenzinseln
Auf der südkoreanischen Inselgruppe Yeongpyeong erleben die Menschen unmittelbar, wie oft Nordkorea das Nachbarland provoziert. Drei Kilometer trennen die Inseln vom Norden. Wie lebt man dort mit dem fast täglichen Beschuss? Von K. Erdmann.
Auf der südkoreanischen Inselgruppe Yeongpyeong erleben die Menschen unmittelbar, wie oft Nordkorea das Nachbarland provoziert. Drei Kilometer trennen die Inseln vom Norden. Wie lebt man dort mit dem fast täglichen Beschuss? Von Kathrin Erdmann Zweimal am Tag legt die Fähre von Incheon an der Westküste Südkoreas ab in Richtung der Yeongpyeong-Inseln. Bis zur größten, der Daeyeongpyeong, sind es gut zwei Stunden Fahrt. Sie ist nur sieben Quadratkilometer groß und für den demokratischen Süden strategisch wichtig, denn wenige Kilometer Luftlinie entfernt erheben sich Inseln aus dem Meer, die zu Nordkorea gehören. Bunker, Tunnel und viele Soldaten Daeyeongpyeong lebt vom Militär. Rund ein Drittel der 2000 Menschen auf der Insel sind Soldaten oder Militärangehörige. Wer die Aussichtsplattform in der Mitte der Insel besucht, sieht überall Tunnel in Tarnfarben, hier und da einen Bunker. Im Inselcafé hängen an einer Gitterwand hunderte Post-it-Friedenstauben und Herzchen in gelb und lila. Soldaten und ihre Freundinnen haben Wünsche und Botschaften geschrieben, bekunden ihre Liebe und hoffen auf Frieden, den es de facto zwischen Nord- und Südkorea seit dem Ende des Krieges 1953 noch immer nicht gibt, sondern nur einen Waffenstillstand. Wegen der exponierten Lage des Cafés auf einer Anhöhe muss es täglich ab 17.00 Uhr schließen. Young Ae steht entspannt hinter der Espressomaschine. "Wenn der Norden Militärübungen macht, hören wir das immer", sagt sie, "dann mache ich mir auch kurz Sorgen, aber die vergehen auch schnell wieder, und der Alltag kehrt zurück." Zuflucht im Schutzbunker Einen größeren Schreck habe sie Anfang Januar bekommen, als 200 Artilleriegranaten in der Pufferzone einschlugen, auf Daeyeongpyoeng Alarm ausgelöst wurde und sich die Menschen in Sicherheit bringen sollten. Drei Stunden habe sie daraufhin im Schutzbunker gesessen und sich, wie wahrscheinlich auch andere Bewohnerinnen, gefragt, warum die Menschen im restlichen Südkorea ein so sorgloses Leben führen können und sie nicht. Park Hee Sook haben die Ereignisse im Januar nicht aus der Ruhe gebracht. Sie zeigt den Schutzbunker unterhalb ihres Hauses. Die Stahltür ist, anders als üblich, nur angelehnt. Zumindest der Vorraum ist geöffnet. Dort stehen links in einem Regal ordentlich aufgereiht etwa 50 Paar Hausschuhe. Sie schätzt die Gefahr einer Attacke nicht größer ein als anderswo: "Südkorea ist ein kleines Land, und wir sind nirgendwo sicher." Aber warum sollte Nordkorea eine kleine Insel eher attackieren als das Festland und Seoul, fragt sie sich. Dennoch hat sie noch gut einen wesentlich schwereren Zwischenfall auf Daeyeongpyoeng in Erinnerung. Im Herbst 2010 reagierte der Norden auf Militärübungen des Südens mit Artilleriefeuer. Mehrere Häuser wurden in Brand gesetzt, vier Menschen starben, achtzehn wurden verletzt. Park Hee Sook zog daraufhin für drei Monate aufs Festland und sagt, sie sei auch danach noch lange bei jedem Geräusch zusammengezuckt.  Auf den Ernstfall vorbereiten Die Insel hat insgesamt sieben Schutzbunker, die so ausgestattet sind, dass alle Bewohner mindestens für einen halben Tag gut versorgt werden können. Lee Han Byul arbeitet bei der Stadtverwaltung und ist für zwei Jahre nach Daeyeongpyoeng abgeordnet. Er führt durch einen der Bunker für 150 Menschen. In einem Raum hängen Gasmasken, im nächsten stehen Notfallbetten, dazu jede Menge verschiedene Nahrungsmittel, eine Hifi-Anlage für Fernsehen und Radio. Außerdem gibt es zwei graue Telefone - eines für die Bewohner der Insel, eines für das Militär - und ein Satellitentelefon. Lee Han Byul glaubt, dass sie auf Daeyeongpyeong sehr gut auf einen möglichen Angriff vorbereitet sind. Die Marine trainiere ständig, gerade im Norden gebe es viele Militärbasen und sogar eine Panzerhaubitze. Im Notfall könne sogar eine Rakete Richtung Norden abgefeuert werden. Regelmäßige Evakuierungsübung Weil es in einem solchen Notfall das Ziel ist, die Bewohner so schnell wie möglich von der Insel zu bringen, wird auch das regelmäßig geübt, alle drei Monate einmal - die Teilnahme ist freiwillig. Ein gutes Dutzend Menschen ist der Aufforderung gefolgt. Sie sitzen an einem Vormittag am Hafen in einem Luftkissenboot. Als das Schiff ablegt, schauen die Koreanerinnen in der ersten Reihe abwechselnd nach links und rechts und unterhalten sich darüber, wie sie verfärbte Wäsche wieder weiß bekommen. Das Reden mit Journalisten überlassen sie den Männern. Die sind eher still, aber einer von ihnen sagt, ihm gebe die Übung Sicherheit, auch wenn die Gruppe im Grunde nur 20 Minuten um die eigene Insel gefahren wird. Polizeihauptmeister Choi Gwang Seok, der vorher sichtlich angespannt war, hat nun ein Lächeln im Gesicht. Alles habe gut geklappt. Willkommensgruß und Minenwarnung Pro Jahr überqueren, meist in Holzbooten, ein bis zwei Nordkoreaner die Seegrenze und stranden im Süden. Schwimmen ist nach Einschätzung von Anwohnern wegen der Strömung zu schwierig. Wenn ein Nordkoreaner an dem breiten Strand aus Sand und Kieselsteinen ankommt, sieht er als erstes ein Schild: "Willkommen in dem freien Land Südkorea. Bitte drücken Sie den Kopf neben dem Telefon, und wir werden sie weiterleiten." Was der Geflüchtete nicht sieht, ist ein weiteres Schild auf der zum Strand hinführenden Seite. Dort wird vor nordkoreanischen Minen gewarnt, die immer wieder angespült werden und sich in den Kieselsteinen verbergen könnten. Ein Restaurantbesitzer vertritt sich in der Mittagspause am Strand die Füße. Im Sommer gingen hier alle schwimmen, Minen hin oder her. Ihm mache die geringe Entfernung zum Norden auch keine Angst: "Beide Länder wissen, dass es im Falle eines Konflikts kein Ende gibt, dann wird das ein richtig großer Krieg, deshalb mache ich mir keine großen Sorgen."
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2024-05-02
Jetzt helfen nur noch schmutzige Deals
Abkommen mit dem Libanon
Augen zu und durch: Die EU unterstützt jetzt auch den Libanon, damit weniger Geflüchtete nach Europa kommen. So vermeidet sie eine längst überfällige Debatte über funktionierende Asylregeln, meint Kathrin Schmid.
Augen zu und durch: Die EU unterstützt jetzt auch den Libanon, damit weniger Geflüchtete nach Europa kommen. So vermeidet sie eine längst überfällige Debatte über funktionierende Asylregeln. Von Kathrin Schmid, ARD-Studio Brüssel Tunesien, Ägypten, Marokko, Libyen, zuletzt Mauretanien - und jetzt auch noch der Libanon. Man drückt beide Augen immer fester zu, um ein einziges Ziel zu erreichen: weniger Geflüchtete in Europa. Natürlich, die kleine Inselrepublik Zypern hat massive Probleme. Rund 4.000 Syrer sind seit Jahresbeginn vom Libanon aus per Boot übergesetzt. Die Flüchtlingslager sind heillos überfüllt, Asylanträge können nicht mehr bearbeitet werden. Und: Zypern hat das Problem, wie Italien, Malta, Griechenland, dass der Rest des EU-Clubs nicht hilft - oder zu wenig, zu langsam. Zypern steht allein da und ruft um Hilfe. Länder leiden an totalitären Machthabern Und das passt in das Konzept der EU-Kommissionschefin, die wie eine Handelsreisende den außereuropäischen Mittelmeerraum bearbeitet. Im Gepäck: EU-Milliarden und blumige Worte. Es gehe darum, den Libanon, der nach Besserem strebt, politisch und wirtschaftlich zu unterstützen. Was ausgeblendet wird: Viele der Länder leiden vor allem an ihren totalitären Machthabern. So ließ sich die EU bereits mit Tunesiens Staatschef ein, der kurz nach den Familienfotos mit dem EU-Spitzenpersonal, wissen ließ: Sein Land nehme doch "nichts an, was Gnaden oder Almosen ähnelt". Zuvor schon wurde bekannt, dass er Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika ohne Wasser in der Wüste aussetzen ließ. Viele Kinder müssen arbeiten Nun der Libanon: Der steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, die eigenen Leute rutschen in immer größere Not. Laut UNICEF sieht sich jede zehnte Familie gezwungen, ihre Kinder arbeiten zu schicken, und all das vor allem wegen jahrzehntelanger Korruption in Politik und Wirtschaft. Laut Human Rights Watch werden Syrer von libanesischen Beamten diskriminiert, zum Teil gefoltert, um sie zur Rückkehr in die Heimat zu zwingen. Alles bekannt - die EU toleriert, dass sich andere für sie die Finger schmutzig machen. So fordert jetzt der zyprische Präsident, man müsse prüfen, ob einige Regionen Syriens - wohlgemerkt des Bürgerkriegslands, aus dem die meisten Menschen genau deshalb Bleiberecht in der EU bekommen - mittlerweile als sicher einzustufen seien und Menschen dorthin zurückkehren könnten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk sagt "nein". Solidarität und Asylregeln Wenn aber der libanesische Präsident "den Job" bei sich erledigt, erspart sich die EU eine schmerzhafte Debatte. Zumal auch Tempo entscheidend ist. Europa setzt dringend auf mehr Abschottung. Bis der gerade beschlossene Asyl- und Migrationspakt wirkt, dürften noch ein bis zwei Jahre verstreichen. Selbstverschuldetes Elend: Die EU hat es zuvor jahrelang schleifen lassen, an neuen, funktionierenden Asylregeln zu arbeiten. Genauso wie an der Solidarität unter den 27 EU-Staaten. Weil es damit auch künftig nicht weit her sein dürfte, helfen jetzt wohl nur schmutzige Deals. Die Mehrheit der EU-Staaten zumindest will es so - und sollten dann bitte nichts beschönigen.
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2024-05-02
Wohlhabendere Menschen leben länger
Studie des RKI
Die wirtschaftliche Situation der Menschen wirkt sich auf ihre Lebenserwartung aus. Ärmere Menschen sterben in der Regel früher als reichere. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts ist der Abstand gewachsen.
Die wirtschaftliche Situation der Menschen wirkt sich auf ihre Lebenserwartung aus. Ärmere Menschen sterben in der Regel früher als reichere. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts ist der Abstand gewachsen. Menschen aus sozial benachteiligten Wohngebieten sterben im Allgemeinen früher als Menschen aus wohlhabenden Gegenden. Diese Unterschiede haben sich in den vergangenen Jahrzehnten laut einer Studie verschärft. Ein Team unter Federführung des Robert Koch-Instituts (RKI) berichtete im Fachblatt "The Lancet Public Health", dass die Lebenserwartung zwischen 2003 und 2019 im Durchschnitt zwar leicht gestiegen sei. Bei Menschen aus ärmeren Wohngegenden stieg sie aber langsamer oder stagnierte sogar. 2003 unterschied sich die Lebenserwartung von Frauen aus den am meisten und den am wenigsten benachteiligten Gegenden noch um 1,1 Jahre. 2019 waren es bereits 1,8 Jahre. Auch bei Männern wuchs der Abstand - von drei Jahren Unterschied im Jahr 2003 auf 3,1 Jahre im 2019. Krebs, Herzerkrankungen und Covid-19 als treibende Faktoren Nach 2019 verschärfte die Corona-Pandemie die Situation weiter. In den folgenden Jahren "vergrößerte sich der Abstand noch schneller auf 2,2 Jahre bei Frauen und 3,5 Jahre bei Männern im Jahr 2021", heißt es in der Studie unter RKI-Federführung. So starb ein Mann in einer benachteiligten Gegend 2021 durchschnittlich 3,5 Jahre früher als ein Mann aus reicherer Gegend. Die grundsätzliche Zunahme der Ungleichheit führt das Forscherteam maßgeblich auf Entwicklungen der Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs, insbesondere Lungenkrebs, zurück. Demnach starben im Laufe der Zeit zwar insgesamt weniger Menschen an diesen Krankheiten. Allerdings sank die Sterblichkeit bei Menschen aus benachteiligten Gebieten weniger stark als bei Menschen aus wohlhabenderen Gegenden. Den Anstieg während der Corona-Pandemie begründen die Forschenden damit, dass die Covid-19-Sterblichkeit in sozioökonomisch benachteiligten Regionen besonders hoch gelegen hat. Bildung und Einkommen als Marker für Benachteiligung Für die Studie, an der auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung und die Medizinische Hochschule Hannover beteiligt waren, wurden Daten von allen Menschen mit Wohnsitz in Deutschland untersucht, die zwischen Anfang 2003 und Ende 2021 verstorben waren. Die Daten beruhen auf Angaben des Statistischen Bundesamtes. Zusätzlich verwendeten die Forschenden einen am RKI entwickelten Datensatz zur Erfassung regionaler sozioökonomischer Benachteiligung. Er gibt Auskunft über Bildungsabschlüsse, Beschäftigung und Einkommen in verschiedenen Regionen Deutschlands.
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2024-05-02
Wo Camping in Deutschland am günstigsten ist
Urlaubstipps
Die Campingpreise in Deutschland steigen, am stärksten in Hamburg. Doch es gibt auch günstige Alternativen. Experten raten außerdem dazu, unter anderem frühzeitig zu buchen.
Die Campingpreise in Deutschland steigen, am stärksten in Hamburg. Doch es gibt auch günstige Alternativen. Experten raten außerdem dazu, frühzeitig zu buchen und Ausweichen von Tourismushochburgen. Camping-Urlauber müssen in diesem Jahr mit deutlich höheren Preisen rechnen. Im Schnitt seien in der Sommersaison auf deutschen Campingplätze 6,5 Prozent mehr zu zahlen als vor einem Jahr, sagte eine Sprecherin der Internetplattform "camping.info" heute der Nachrichtenagentur dpa. Am teuersten sei es innerhalb Deutschlands weiter in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, am günstigsten in Thüringen und dem Saarland. Deutlichster Anstieg in Hamburg Hamburg verzeichnet dabei den größten Preisanstieg: In der Hauptsaison müssten zwei Personen inklusive Stellplatz, Caravan, Strom und Ortstaxe mit durchschnittlich 40,74 Euro pro Nacht rechnen - ein Anstieg von gut 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Am zweitteuersten ist es in Mecklenburg-Vorpommern mit 32,45 Euro. Gegenüber 2023 stiegen die Preise dort aber nur um 5,7 Prozent. Günstige Alternativen in Thüringen und dem Saarland Für preisbewusste Camper bieten sich Thüringen (23,23 Euro), das Saarland (23,65 Euro) und Sachsen-Anhalt (23,69 Euro) an. Dort sind die Preise am günstigsten. Trotzdem sind auch hier die Preise im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Vor einem Jahr hatte die drei Bundesländer danach noch unter 23 Euro gelegen. "Wer mit kleinem Urlaubsbudget campen möchte, der sollte nach Plätzen abseits der Tourismushochburgen schauen und - wenn möglich - außerhalb der Hauptreisezeiten losfahren", rät Maximilian Möhrle, Geschäftsführer des Reise- und Buchungsportals. "Gerade abseits der Tourismushochburgen finden Camper auch noch preiswerte Campingplätze." Mit der Buchung sollte man aber nicht zu lange warten. "Spontan-Camper müssen im Zweifel mit höheren Preisen oder sogar mit komplett ausgebuchten Plätzen rechnen." Deutschland im europäischen Vergleich Deutschland liegt mit einem bundesweiten Durchschnitt von 27,52 Euro weiterhin im oberen Mittelfeld der europäischen Campingpreise. Italien führt die Liste mit 39,24 Euro pro Nacht an, gefolgt von Kroatien (38,77 Euro) und der Schweiz (38,66 Euro). Erstmals seit Jahren stehe damit nicht die Schweiz an der Spitze der teuersten Campinglänger, so die Sprecherin. Gegenüber 2023 steigen die Kosten dort nur um 1,7 Prozent. Am günstigsten lasse sich in Albanien campen (13,52 Euro), gefolgt von der Türkei (14,59 Euro), wo die Preise gegenüber 2023 unverändert blieben. Für den Vergleich hatte das Portal die Preise von mehr als 20 000 Campingplätzen in 34 Ländern Europas ausgewertet.
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2024-05-02
Estland wirft Russland gezielte GPS-Störungen vor
Vorfälle im Ostseeraum
Mehrfach hat Estland Störungen der GPS-Satellitennavigation im Ostseeraum beobachtet. Außenminister Tsahkna sieht Russland als Drahtzieher - dafür gebe es zahlreiche Beweise. Auch für die Bundeswehr deutet vieles auf den Kreml als Urheber hin.
Mehrfach hat Estland Störungen der GPS-Satellitennavigation im Ostseeraum beobachtet. Außenminister Tsahkna sieht Russland als Drahtzieher - dafür gebe es zahlreiche Beweise. Auch für die Bundeswehr deutet vieles auf den Kreml als Urheber hin. Estlands Außenminister Margus Tsahkna hat dem Nachbarn Russland vorgeworfen, für die schon seit längerem auftretenden Störungen des GPS-Signals im Ostseeraum verantwortlich zu sein. "Wir wissen, dass Russland seit Beginn seiner Aggression in der Ukraine das GPS-Signal stört. In den letzten anderthalb Jahren ist dieses Problem in unserer Region sehr ernst geworden", sagte Tshanka im estnischen Fernsehen. "Teil einer hybriden Aktion" Davon betroffen sei nicht nur Estland, sondern auch Lettland, Litauen, Finnland, Norwegen, Schweden und Polen. "Wenn wir uns die Aktivitäten Russlands ansehen, ist dieser Angriff auf GPS Teil einer hybriden Aktion, die unser Leben stört und alle möglichen internationalen Vereinbarungen bricht", sagte Tsahkna. GPS dürfe gemäß einer Konvention, der auch Russland beigetreten sei, von niemandem gestört werden. Doch gebe es zahlreiche Beweise dafür, dass die Störungen aus der Nähe von St. Petersburg und Pskow sowie aus Kaliningrad kommen, sagte der estnische Außenminister - ohne Details zu nennen. Finnair setzt Flüge nach Tartu aus Das GPS-Signal wird von Flugzeugen etwa zur Bestimmung der eigenen Position und zur Navigation verwendet. Ende vergangener Woche mussten zwei Finnair-Flugzeuge umgeleitet werden, nachdem GPS-Störungen den Landeanflug auf Estlands zweitgrößte Stadt Tartu verhindert hatten. Es ist einer von wenigen Flughäfen in der Region, an denen dafür eine GPS-Verbindung erforderlich ist. Die finnische Fluglinie kündigte deshalb an, ihre Flüge von Helsinki nach Tartu bis 31. Mai auszusetzen. Die Airline erklärte, sie wisse nicht, woher die Störungen stammten. Man habe aber in der Vergangenheit ähnliche Probleme in der Nähe der russischen Exklave Kaliningrad und der Ostgrenze Finnlands zu Russland bemerkt. Behörde spricht von "Nebenwirkung" Nach diesen Vorfällen hatte die estnische Behörde für Verbraucherschutz und technische Regulierung (TTJA) die GPS-Störungen untersucht. Sie geht nicht von einem vorsätzlichen Angriff auf Estland aus. Nach ihrer Einschätzung handelt es sich bei den Signalstörungen um eine "Nebenwirkung" - sie seien wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Russland seine kritische Infrastruktur vor Angriffen verteidigt und versucht, Drohnen abzuschrecken. Tshakna widerspricht Bericht Dem widersprach Tshakna. Wenn ein äußerer Einfluss das Leben von Menschen gefährde und die Luftfahrt beeinträchtige, handle es sich nicht um einen Übertragungseffekt, betonte er. Auch gebe es keine logische Grundlage und Notwendigkeit, die GPS-Signale in Norwegen, Schweden oder Finnland zu stören. Aus dieser Richtung kämen ebenso wie aus Estland keine Drohnenangriffe, sagte Tshakna. Es sei klar, dass Russland stattdessen austeste, was es Richtung Westen tun könne. Weder der Kreml noch das russische Verteidigungsministerium reagierten bisher auf die Vorwürfe. BDL: Schwerwiegender Eingriff Bereits am Dienstag sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Störungen "mit hoher Wahrscheinlichkeit" auf Russland zurückzuführen seien. "Wir haben keine Einschränkungen, was Navigation und Kommunikation anbetrifft", betonte der Sprecher jedoch mit Blick auf Aktivitäten der Bundeswehr im Baltikum. "GPS-Spoofing oder -Jamming nimmt nach Angaben der europäischen Luftsicherheitsbehörde EASA insbesondere in Grenzregionen zu Russland seit Februar 2022 zu, unter anderem im Baltikum", teilte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) auf Anfrage mit. Grundsätzlich handele es sich dabei um einen schwerwiegenden Eingriff in die Sicherheit der zivilen Luftfahrt und eine Bedrohung für den sicheren Betrieb von zivilen Flugzeugen. Die deutschen Fluggesellschaften analysierten regelmäßig die Risikosituation, so der BDL. Die Crews der Airlines seien für verschiedene potenziell kritische Situationen gut geschult. Komme es zu einer Störung des GPS-Signals, könne die Cockpit-Besatzung den Flug mit konventionellen Navigationshilfen (etwa Trägheitsnavigationssystemen sowie bodengestützten Navigationsanlagen) sicher fortführen. Unter diesen Bedingungen bewerte die EASA die Situation als "nicht unsicher".
/ausland/europa/estland-gps-stoerung-russland-verdacht-100.html
2024-05-02
EU schließt Flüchtlingsabkommen mit dem Libanon
Irreguläre Migration von Syrern
Sie fliehen vor Krieg und Armut aus ihrer Heimat - doch auch im benachbarten Libanon sind die Bedingungen für syrische Geflüchtete prekär. Viele von ihnen wagen die Überfahrt in Richtung EU. Nun soll ein Milliarden-Deal die Menschen zurückhalten.
Sie fliehen vor Krieg und Armut aus ihrer Heimat - doch auch im benachbarten Libanon sind die Bedingungen für syrische Geflüchtete prekär. Viele von ihnen wagen die Überfahrt in Richtung EU. Nun soll ein Milliarden-Deal die Menschen zurückhalten. Die Europäische Union hat mit dem Libanon ein Flüchtlingsabkommen geschlossen. Eine Milliarde Euro sollen zur Beschränkung von irregulärer Migration in das Land fließen. Die EU will damit zur Stabilität des Libanon beitragen. "Gleichzeitig zählen wir auf Ihre gute Kooperation, illegale Migration zu verhindern und das Schleusen von Migranten zu unterbinden", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Gespräch mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Nadschib Mikati und dem Präsidenten Zyperns, Nikos Christodoulidis, in Beirut. Die Finanzhilfe soll bis 2027 ausgezahlt werden und in Bildung, Gesundheit, Wirtschaft, Sicherheit sowie Grenzschutz fließen. "Darüber hinaus wäre es sehr hilfreich für den Libanon, eine Zusammenarbeit mit Frontex zu schließen", der Grenzschutzagentur der EU, erklärte von der Leyen. Die Union wolle im Gegenzug legale Migrationswege aufrechterhalten und Aufnahmeprogramme für syrische Geflüchtete ermöglichen. In den vergangenen Jahren sind viele Flüchtlinge über den Libanon nach Zypern gekommen. Der Libanon und Zypern sind über das Mittelmeer nur einige hundert Kilometer Luftlinie voneinander entfernt. Insbesondere syrische Geflüchtete wählen daher diese Strecke, um nach Zypern und damit in die EU zu gelangen. Mehr als 1,5 Millionen syrische Geflüchtete im Libanon Der Libanon hat seit 2011 mehr als 1,5 Millionen syrische Geflüchtete aufgenommen. Sein Land trage damit die Hauptlast, erklärte Premier Mikati. Das übersteige die Kapazitäten. Vertriebene machten inzwischen ein Drittel der gesamten Bevölkerung aus - mit Folgen für Wirtschaft, Infrastruktur, Sicherheit und Stabilität des Landes. Mikati warnte, der "Feuerball" werde sich nicht auf den Libanon beschränken, die Sicherheit des Libanon und die Europas seien verbunden. Sollte die EU nicht handeln, warne er davor, "dass der Libanon zu einem Transitland von Syrien nach Europa wird. Und die Probleme an der zyprischen Grenze sind nur ein Beispiel dafür, was passieren kann, wenn dieses Problem nicht schnell angegangen wird." Hohe Zahl an Asylanträgen auf Zypern Nach Angaben von Zyperns Präsident Christodoulidis kamen in den vergangenen Monaten fast täglich Syrer aus dem etwa 160 Kilometer entfernten Libanon mit Booten auf der Insel im östlichen Mittelmeer an. Seit Jahresbeginn wurden bereits etwa 4.000 Migranten gezählt - im ersten Quartal des Vorjahres waren es lediglich 78. In absoluten Zahlen kamen zwar deutlich weniger Migranten an als in Italien, Spanien und Griechenland. Gemessen an der Einwohnerzahl werden aber nirgendwo in der EU so viele Asylanträge gestellt wie auf Zypern. Die wachsende Zahl syrischer Flüchtlinge aus dem Libanon sei nicht mehr tragbar, hieß es von der zyprischen Regierung. Die Flüchtlingslager seien überfüllt. Sie forderte ein Handeln der EU. EU setzt auch auf freiwillige Rückkehr nach Syrien Der Ministerpräsident des Libanon, Mikati, bedankte sich beim zyprischen Präsidenten dafür, den Wandel in den Beziehungen mit der EU erreicht zu haben. In einem ersten Schritt sei es notwendig, in der EU und international anzuerkennen, "dass die meisten Regionen in Syrien sicher geworden sind, was die Rückkehr von Vertriebenen ermöglicht". Syrer, die den Libanon nach 2016 erreicht hätten, seien aus ökonomischen Gründen gekommen, sie seien keine Flüchtlinge. Er rufe daher die EU auf, die Unterstützung in Syrien zu verstärken und zur freiwilligen Rückkehr zu ermutigen. "Wir verstehen die Herausforderungen", sagte von der Leyen. Seit 2011 habe die EU den Libanon mit 2,6 Milliarden Euro unterstützt. Die EU werde analysieren, wie sie Hilfen effektiver gestalten könne. Das beinhalte auch die freiwillige Rückkehr nach Syrien in enger Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und den Wiederaufbau in Syrien. NGO: Mittel für humanitäre Hilfe im Libanon gehen zurück Nichtregierungsorganisationen befürworten zusätzliche Unterstützung für den Libanon, kritisieren aber die Stoßrichtung der EU. Neben den vielen Geflüchteten sei auch die einheimische Bevölkerung des Libanon in immer größerer Not. "Doch die Mittel für humanitäre Hilfe gehen seit Jahren zurück. Das schürt Spannungen zwischen Einheimischen und den Geflüchteten", erklärte Ahmad Safi, Programmverantwortlicher der Diakonie Katastrophenhilfe in der Region. Auch die Hilfsorganisation "Brot für die Welt" fordert von der EU, die humanitäre Hilfe auszubauen und Aufnahmeprogramme ermöglichen. In Syrien selbst bleibe die Lage vielerorts verheerend. Eine Rückkehr sei mit hohen Gefahren verbunden, da der Konflikt nicht beigelegt sei. Migrationsabkommen unter anderem mit Tunesien und Ägypten Der Libanon ist nicht das einzige Land, das ein Migrationsabkommen mit der EU unterhält. Zuletzt hatte die EU im März ein 7,4 Milliarden Euro schweres Partnerschaftsabkommen mit Ägypten geschlossen. Dafür soll Kairo die Migration in Richtung Europa eindämmen. Vorbilder sind Migrations- und Wirtschaftsabkommen mit der Türkei sowie Tunesien und Mauretanien. Flüchtlingsorganisationen üben immer wieder Kritik an den Abkommen und der Menschenrechtslage in den Drittländern.
/ausland/europa/libanon-fluechtlingsdeal-von-der-leyen-100.html
2024-05-02
Lieferungen aus Deutschland an russische Militärfirma?
Radioaktives Material
Der Handel mit radioaktiven Substanzen zwischen russischen Firmen und einer Brennelementefabrik in Niedersachsen geht weiter. Laut SWR sind offenbar auch Lieferungen an ein Unternehmen geplant, das eng mit dem Militär kooperiert.
Der Handel mit radioaktiven Substanzen zwischen russischen Firmen und einer Brennelementefabrik in Niedersachsen geht weiter. Laut SWR sind offenbar auch Lieferungen an ein Unternehmen geplant, das eng mit dem Militär kooperiert. Von Nick Schader, SWR Trotz des Angriffkriegs gegen die Ukraine sind offenbar weitere Transporte von radioaktivem Material zwischen Deutschland und Russland geplant. Das haben Recherchen des SWR ergeben. Demnach sind "bis zu fünf" Transporte von radioaktivem Material von der Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen an eine russische Firma von niederländischen Behörden genehmigt worden. Ziel der Lieferungen ist eine Firma, die enge Verbindungen zum russischen Militär haben soll. Die Genehmigungen liegen dem SWR vor. Hintergrund ist, dass diese Transporte über Rotterdam abgewickelt werden sollen. Zwei Frachtschiffe verkehren nach SWR-Informationen dafür zwischen Sankt Petersburg und Rotterdam oder Dünkirchen in Frankreich. Über diesen Weg wird auch regelmäßig Uran aus Russland nach Lingen geliefert. Dabei handelt es sich um russisches Uran, das in Frankreich und im deutschen Lingen zur Produktion von Brennstäben für Kernkraftwerke verwendet wird. Im nun vorliegenden Fall sollen, laut den niederländischen Dokumenten, "uranhaltige Produkte" von der Brennelementefabrik Lingen an das Unternehmen MSZ Machinery in Elektrostal in der Nähe von Moskau geliefert werden. Die russische Militärfirma MSZ Das Unternehmen MSZ arbeitet nach SWR-Recherchen direkt für das russische Militär. In den Fabrikhallen, rund 50 Kilometer östlich von Moskau, wird radioaktives Material wieder aufbereitet. In einem Firmenvideo erklärt ein leitender Mitarbeiter: "Nach der Aufbereitung erhalten die Kerntechniker Uranoxid […]. Es dient dem Bau von Atombomben und als Brennstoff für Kernkraftwerke." Das Werk soll zudem laut unbestätigten Berichten auch Brennstäbe für Atom-U-Boote produzieren. Der Umweltaktivist und frühere Nawalny-Mitarbeiter Alexej Schwarz hat zu dem Unternehmen recherchiert: "MSZ verfügt über eine Lizenz zur Nutzung von Atomenergie zu Verteidigungszwecken, zur Herstellung von nuklearen Waffen und nuklearen Energieanlagen für militärische Zwecke. Jede Verbindung mit Rosatom ist eine Investition in russische Atomwaffen." Er fordert: "Deutschland sollte die Zusammenarbeit sofort einstellen." Zuständig für die Aufsicht über die Brennelemente-Fabrik Lingen ist unter anderem das niedersächsische Umweltministerium. Umweltminister Christian Meyer erklärt, dass grenzübergreifende Uran-Transporte vom Bund bzw. der EU geregelt würden. Ihm seien daher die Hände gebunden. Doch er kritisiert deutlich: "Gerade der Atombereich Russlands ist eng mit dem verbrecherischen Angriffskrieg auf die Ukraine und der militärischen Nutzung für Atombomben verbunden. Statt Uran, radioaktives Material oder Kernbrennstäbe mit Russland auszutauschen, sollten auch der Nuklearsektor von der EU mit Sanktionen belegt werden, wie es Vizekanzler Robert Habeck mehrfach forderte." Bisher keine EU-Sanktionen im Atomsektor Der SWR hat die zuständigen Bundesbehörden und Ministerien zu den Transporten von Lingen nach Russland um Stellungnahme gebeten. Im Kern verweisen alle unisono auf die EU. Da es bisher keine EU-Sanktionen gegenüber Russland im Nuklearsektor gäbe, könnten Uran-Transporte nicht einfach verboten werden. So schreibt unter anderem das Bundesumweltministerium: "Über die Fortentwicklung der Sanktionen gegen Russland entscheidet die Europäische Union. Generell ist es nach Auffassung des BMUV eine notwendige Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die europäische Abhängigkeit von und die Geschäftsbeziehungen mit Russland im zivil-nuklearen Bereich zu reduzieren bzw. abzubrechen." Laut Bundesumweltministerium gab es in der Vergangenheit bereits solche Lieferungen von Lingen an MSZ in Russland. "Handlanger der russischen Rüstungsindustrie" Anti-Atom-Organisationen und Umweltschützer in Lingen kritisieren die geplanten Transporte scharf. Die Brennelemente-Fabrik in Lingen mache sich mit den geplanten Exporten zum Handlanger der russischen Rüstungsindustrie, sagt Julian Bothe von der Organisation "ausgestrahlt". "Das Uran aus Lingen droht in russischen Atomwaffen und in Atom-U-Booten der russischen Marine eingesetzt zu werden. Die beantragten Uran-Exporte verstoßen deshalb klar gegen deutsche und europäische Sanktionsregeln", sagt Bothe. Alexander Vent protestiert seit Jahren mit der örtlichen Bürgerinitiative AgiEL gegen die Brennelementefabrik. "Schon jetzt gerät die Region Lingen wegen der Brennelementefabrik in den Fokus russischer Interessen. Dass jetzt noch militärische Verstrickungen hinzukommen sollen, verschärft die Situation zusätzlich. Die Bundesregierung muss diesem Treiben ein Ende machen und die Brennelementfabrik endlich schließen." Der Besitzer der Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen, der französische Konzern Framatome, betreibt nach wie vor einen regen Uran-Handel mit russischen Staatsunternehmen. Dass dabei auch Exporte von Lingen nach Russland geplant seien, bestreitet das Unternehmen nicht. Der Zeitpunkt sei allerdings offen: "Framatome erfüllt die europäischen und staatlichen Anforderungen und hält alle internationalen Sanktionen ein." Man könne keine konkreten Transporttermine nennen, es sei "derzeit" kein Urantransport von Lingen zu MSZ geplant.   Uran-Handel geht weiter In der Brennelemente-Fabrik im niedersächsischen Lingen werden unter anderem aus russischem Uran Brennstäbe für Kernreaktoren hergestellt. Dafür wird regelmäßig Uran per Schiff aus Russland angeliefert, auch derzeit noch. Bei den geplanten Exporten handelt es sich nach SWR-Informationen um "radioaktive Produktionsreste", die in Russland wiederaufbereitet werden sollen. Auf EU-Ebene wird schon länger gefordert, dass auch der Nuklear-Sektor in Russland sanktioniert werden müsse. Bisher scheiterte das stets am Veto aus Ungarn. Aber auch Frankreich gilt als Gegner von Sanktionen, wegen seiner engen "Atom-Verbindungen" mit dem russischen Staatskonzern Rosatom. Das Unternehmen MSZ in Elektrostal gehört einer Tochterfirma von Rosatom.
/investigativ/swr/uran-brennelemente-deutschland-russland-100.html
2024-05-02
Die möglichen Kosten der Cannabis-Legalisierung
Drogenkonsum in Deutschland
Nach der Teillegalisierung von Cannabis rechnen Experten mit mehr Konsumenten. Dies könnte neue volkswirtschaftliche Kosten verursachen - unter anderem durch nötige Ausgaben für Suchtprävention. Von Mona Botros.
Nach der Teillegalisierung von Cannabis rechnen Experten mit mehr Konsumenten. Dies könnte neue volkswirtschaftliche Kosten verursachen - unter anderem durch nötige Ausgaben für Suchtprävention. Von Mona Botros, NDR Seit dem 1. April dieses Jahres ist es in Deutschland für Volljährige legal, Cannabis für den privaten Konsum zu besitzen. Mögliche Kosten der Legalisierung für Gesellschaft und Wirtschaft sind in der Debatte um das Gesetz zur Freigabe und seine Folgen bislang nicht konkret benannt worden. Nach Recherchen des ARD-Wirtschaftsmagazins Plusminus könnten solche Kosten aber entstehen. Dies bestätigen Experten wie Tobias Effertz von der Universität Hamburg. Der Wirtschaftswissenschaftler forscht unter anderem zu den Folgen des Drogenkonsums. Aufgrund des einfacheren Zugangs zu Cannabis und der Entwicklung eines "grauen Marktes" für die Droge erwartet Effertz steigende Konsumentenzahlen. Damit verbunden seien deutlich höhere Kosten im Gesundheitssektor durch die Behandlung von Erkrankungen, die mit Cannabis verbunden sind. Hunderttausende mit schädlichem Konsum "Im Weiteren ist mit höheren Kosten durch Produktivitätsverluste zu rechnen. Die belaufen sich jetzt schon auf circa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr", sagt Effertz. Damit ist etwa eine Arbeitslosigkeit gemeint, die aus einer Drogensucht resultiert. Seine Berechnung beruhe auf Suchtstatistiken, wonach es in Deutschland aktuell etwa 600.000 Menschen mit "schädlichem Cannabiskonsum" gebe. Das sind volkswirtschaftliche Kosten, die im neuen Cannabis-Gesetz offenbar nicht berücksichtigt wurden. Auf Anfrage von Plusminus schreibt das Bundesgesundheitsministerium, "für die Finanzierung der medizinischen Behandlungen von Suchterkrankungen bzw. ambulanter und stationärer Therapien" seien die "Sozialversicherungsträger, in der Regel die Krankenkassen und die Rentenversicherungsträger" zuständig. Prävention kostet Geld Um einen steigenden Konsum abzuwenden, fordert der Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Uniklinikum Würzburg, Marcel Romanos, mehr Einsatz in der Prävention. Selbst Studien des Bundesgesundheitsministeriums hätten gezeigt, dass der Konsum von Cannabis bei Kindern und Jugendlichen steigen werde. Das bedeute "mehr Kinder mit Angsterkrankungen, mehr Kinder mit Depressionen, mehr Kinder mit Psychosen" so der Mediziner. Und das verursacht Kosten. Als Gegenmaßnahme rät Romanos zu verstärkter Aufklärung: "Es ist überhaupt nicht trivial, Prävention verfügbar zu machen und in der Fläche zu implementieren. Und ja, das kostet Geld." Hierfür hat die Bundesregierung in Zusammenhang mit dem Cannabisgesetz im ersten Jahr sechs Millionen Euro vorgesehen. Was kommt auf Länder und Kommunen zu? Grundsätzlich verweist das Bundesgesundheitsministerium gegenüber Plusminus jedoch auch hier auf andere Kostenträger, denn: "Maßnahmen zur Suchtprävention und Suchtberatung werden überwiegend im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge durch Länder und Kommunen finanziert." Ob und in welcher Höhe einem Land oder einer Kommune durch das Cannabisgesetz zusätzliche Kosten für Suchtprävention und -beratung entstehen, sei seitens des Bundes nicht pauschal zu beantworten, so das Ministerium in einer Stellungnahme. Doch die Bundesregierung sieht auch große Einsparpotentiale durch das neue Gesetz. So hat sie eine Kosteneinsparung in Höhe von 225 Millionen Euro in der Justiz errechnet. Hintergrund sei eine "stark verringerte Anzahl der gerichtlichen Strafverfahren wegen cannabisbezogener Delikte". Eine Einschätzung, die der ehemalige Oberstaatsanwalt Walter Schmengler nicht teilt. Viele Jahre lang ermittelte er zu Drogendelikten in Koblenz. Heute berät er den Bund Deutscher Kriminalbeamter und wirkt mit an den Positionspapieren des Verbandes zur Cannabislegalisierung. Notfalls soll nachgebessert werden Aufgrund der 37 Bußgeld-Tatbestände im neuen Gesetz erwartet Schmengler eine erhebliche Mehrarbeit für die Polizei. Zudem rechne er mit einem Aufblühen der organisierten Kriminalität. Dies hätte umfangreichere Verfahren mit Auslandsbezügen und Rechtshilfeersuchen zur Folge. "Die Anzahl der Beamten, die man zur Bearbeitung derartiger Verfahren benötigt, wird die Einsparungen im Bereich der Konsumdelikte mit Sicherheit übersteigen", so die Prognose von Schmengler. Welche Folgen tatsächlich eintreten werden, ist gegenwärtig ungewiss. Vor dem Bundesrat versprach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, nach 18 Monaten würden die Auswirkungen des Cannabis-Gesetzes erstmals evaluiert werden - und notfalls würde nachgebessert.
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2024-05-02
Schweiz lädt offiziell zur Ukraine-Konferenz ein
Russlands Angriffskrieg
Im Juni soll erneut über einen Frieden in der Ukraine gesprochen werden: Die Schweiz hat offiziell zu einer Konferenz geladen und mehr als 160 Einladungen verschickt - an Russland allerdings nicht. Moskau solle aber einbezogen werden.
Im Juni soll erneut über einen Frieden in der Ukraine gesprochen werden: Die Schweiz hat offiziell zu einer Konferenz geladen und mehr als 160 Einladungen verschickt - an Russland allerdings nicht. Moskau solle aber einbezogen werden. Die Schweiz hat mehr als 160 Delegationen offiziell zur geplanten Ukraine-Konferenz eingeladen. Sie findet am 15. und 16. Juni in einem Nobelhotel am Vierwaldstättersee - dem "Bürgenstock Resort" - statt und wurde auf Bitten der Ukraine organisiert. Das Treffen finde auf Ebene der Staats- und Regierungschefs und -chefinnen statt, teilte das Außenministerium in Bern mit. Ziel sei es, ein gemeinsames Verständnis für einen möglichen Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu entwickeln. Die Konferenz solle einen Friedensprozess anstoßen. Schweiz: Moskau hat mehrfach eine Teilnahme abgelehnt "Russland wurde zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingeladen", hieß es. Das Schweizer Außenministerium verwies darauf, dass Moskau mehrfach öffentlich eine Teilnahme abgelehnt habe. Allerdings hieß es weiter: "Die Schweiz ist überzeugt, dass Russland im Verlauf dieses Prozesses miteinbezogen werden muss. Ein Friedensprozess ohne Russland ist undenkbar." Grundlage der Diskussionen ist die Friedensformel, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Herbst 2022 bei den Vereinten Nationen vorgestellt hat. Kiew verlangt, dass Aggression bestraft, Leben geschützt, Sicherheit und territoriale Integrität wiederhergestellt und Sicherheit garantiert werden.  Ukraine: Krieg nur beidseitig beenden Die Konferenz ziele nicht darauf ab, Russland einzubinden, sondern solle Länder zusammenbringen, die ein gemeinsames Verständnis für die Schritte zu einer Lösung haben, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba der US-Zeitschrift "Foreign Policy". Danach werde es eine Kommunikation mit Russland geben, und Moskau könne an Verhandlungen beteiligt werden. Natürlich sei es so, dass man den Krieg nicht ohne Beteiligung beider Seiten beenden könne, sagte Kuleba. Chinas Teilnahme offen Der Kreml reagierte: "Wir verstehen nicht, was für ein Meilenstein das sein soll, diese Friedenskonferenz?", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. "Wie kann man von einer ernsthaften Konferenz mit ernsthaften Ergebnissen reden ohne eine Beteiligung Russlands?" Die russische Haltung hat insofern Gewicht, weil China eine Friedenskonferenz verlangt, die für beide Seiten, Russland wie die Ukraine, annehmbar ist. Deshalb ist eine Teilnahme Chinas offen. Ziel des Treffens in der Schweiz ist aber, gerade bei bisher russlandfreundlichen oder neutralen Staaten wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika Verständnis für die ukrainische Position zu wecken.
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2024-05-02
Mehr Vorsorge soll Zahl der Suizide senken
Strategie gegen Selbsttötungen
Jährlich nehmen sich mehr als 9.000 Menschen in Deutschland das Leben. Mit der Nationalen Suizidpräventionsstrategie will die Bundesregierung versuchen, die Zahl zu senken. So sollen unter anderem Beratungsangebote gestärkt werden.
Jährlich nehmen sich mehr als 9.000 Menschen in Deutschland das Leben. Mit der Nationalen Suizidpräventionsstrategie will die Bundesregierung versuchen, die Zahl zu senken. So sollen unter anderem Beratungsangebote gestärkt werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat eine Nationale Suizidpräventionsstrategie der Bundesregierung vorgestellt. Der SPD-Politiker kommt damit einer Forderung des Bundestags nach. So sollen unter anderem eine bundesweite Koordinierungsstelle für Beratungs- und Kooperationsangebote, eine zentrale deutschlandweite Krisendienst-Notrufnummer sowie Schulungen für Fachkräfte in Gesundheitswesen und Pflege geschaffen werden. Auch die Forschung zu Suizidversuchen und Suiziden soll ausgebaut werden. Die Strategie stützt sich unter anderem auf Empfehlungen aus Wissenschaft, Politik und von Beratungsstellen. Zugang zu bestimmten Orten beschränken Darüber hinaus plädiert der Minister für "methodenbegrenzende" Maßnahmen, also Zugangsbeschränkung zu Mitteln und Orten für einen Suizidversuch, darunter Gleisanlagen, Brücken oder Hochhäuser. Geprüft werden soll auch die Einrichtung eines pseudonymisierten Suizidregisters - unter anderem, um Risikogruppen leichter zu erkennen. Lauterbach: Hilfsangebote besser bündeln Lauterbach erklärte, das Schicksal der Betroffenen, der Angehörigen und Hilfskräfte dürfe der Gesellschaft nicht egal sein. "Wir müssen das gesellschaftliche Tabu von Tod und Suizid überwinden, psychische Erkrankungen von ihrem Stigma befreien und Hilfsangebote besser bündeln." Jährlich nehmen sich in Deutschland mehr als 9.000 Menschen das Leben; das sind mehr Tote als durch Verkehrsunfälle, Mord und Totschlag sowie illegale Drogen zusammen. 2022 war diese Zahl erstmals wieder auf über 10.000 Suizide geklettert. Mehr als 100.000 Menschen pro Jahr versuchen, sich das Leben zu nehmen. 20 Millionen Euro sind nötig Der Bundestag hatte im vergangenen Juli mit überwältigender Mehrheit beschlossen, dass die Bundesregierung bis Ende Januar ein Konzept zur Vorbeugung und bis Ende Juni auch ein Suizidpräventionsgesetz vorlegen solle. Auch das Nationale Suizidpräventionsprogramm und die Deutsche Akademie für Suizidprävention hatten im vergangenen Herbst mehr Anstrengungen für Suizidvorbeugung in Deutschland gefordert. Nötig seien Bundesmittel von mindestens 20 Millionen Euro. Bestehende niedrigschwellige Hilfsangebote wie die Telefonseelsorge oder die Online-Suizidprävention für junge Menschen "U25" seien überlastet, so die Experten.
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2024-05-02
Faeser verurteilt Aktion gegen Göring-Eckardt
Nach Blockade des Dienstwagens
Nach der Blockade des Dienstwagens von Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt warnt Bundesinnenministerin Faeser vor den Folgen "politischer Aggression". Immer wieder kommt es zu öffentlichen Störaktionen gegen Grünen-Politiker.
Nach der Blockade des Dienstwagens von Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt warnt Bundesinnenministerin Faeser vor den Folgen "politischer Aggression". Immer wieder kommt es zu öffentlichen Störaktionen gegen Grünen-Politiker. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nach einer Blockade-Aktion gegen Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) gefordert, sich der "zunehmenden Verrohung" entgegenzustellen. "Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun", schrieb Faeser auf der Plattform X (früher Twitter). "Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen." Social-Media-Beitrag auf X von Nancy Faeser: "Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun. Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen. https://t.co/G6Mb5RlFkR" Demonstranten verhindern Abfahrt des Dienstwagens Demonstranten hatten das Auto der Grünen-Politikerin nach einer Partei-Veranstaltung am Samstag im ostbrandenburgischen Lunow-Stolzenhagen bedrängt und sie an der Abfahrt gehindert. Rund 40 bis 50 Demonstranten hatten sich vor dem Veranstaltungssaal versammelt, teilte das Büro von Göring-Eckardt der "Bild"-Zeitung mit. Nach dem Ende der Veranstaltung sei die Bundestagsvizepräsidentin auf dem Rückweg zu ihrem Fahrzeug bedrängt worden. "Mehrere Personen schlugen dabei in aggressiver Stimmung auf das Fahrzeug", erklärte das Büro weiter. Erst als die Polizei Verstärkung gerufen habe, sei die Abfahrt nach 45 Minuten ermöglicht worden. Die Polizei berichtete, dass sich ein 19- und ein 26-jähriger Mann vor und hinter den Dienstwagen gesetzt und die Abfahrt verhindert haben. Die "Märkische Oderzeitung" hatte ebenfalls über den Vorfall berichtet. Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Nötigung Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) führt nach Angaben einer Sprecherin wegen der Blockade ein Ermittlungsverfahren wegen Nötigung gegen zwei Beschuldigte. Zu den näheren Umständen liefen ebenso Ermittlungen wie zur Behauptung eines Beschuldigten, er sei von dem Fahrzeug touchiert worden. Die Grünen-Politikerin forderte einen besseren Schutz. "Die Landespolizeien müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie politische Veranstaltungen auf dem Land absichern, und sich auf einheitliche Kriterien verständigen, welche Standards sie dabei eigentlich anwenden", sagte Göring-Eckardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Veranstaltung und auch eine Gegendemo seien angemeldet gewesen; die örtliche Polizei hätte demnach vorbereitet sein können. Dem "Stern" sagte sie in einem Interview: "Da braucht es auch ein stärkeres Bewusstsein der Sicherheitsbehörden." Übergriffe bereits im Januar und Februar Im Januar hatten Bauern Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen nach seiner Rückkehr von einer Privatreise an der Nordseeküste daran gehindert, eine Fähre zu verlassen. Zum Politischen Aschermittwoch im Februar mussten die Grünen wegen massiver Proteste unter anderem von Landwirten eine Veranstaltung in Biberach absagen. In Schorndorf bei Stuttgart war die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang bei einer Veranstaltung ausgepfiffen, beschimpft und an der Abreise gehindert worden. Aus der Union kam Solidarität mit Göring-Eckardt. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, sagte der "Rheinischen Post": "Die Bundestagsvizepräsidentin zu bedrohen und einzuschüchtern, ist absolut inakzeptabel."
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2024-05-02
Wolken, Temperaturen, Wind und Aussichten
Wettervorhersage Deutschland
Am Freitag im Nordosten erst Sonne, später hier und da Schauer oder Gewitter. Im restlichen Land oft stark bewölkt und gebietsweise, zum Teil kräftiger Regen.
Am Freitag im Nordosten erst Sonne, später hier und da Schauer oder Gewitter. Im restlichen Land oft stark bewölkt und gebietsweise, zum Teil kräftiger Regen. In der Nacht zum Freitag sind vom Westen bis in die Mitte, anfangs auch noch im Südosten, weitere und zum Teil heftige Schauer und Gewitter unterwegs. Regional regnet es auch länger und ergiebig. Lokale Überschwemmungen sind möglich. Sonst fällt im Süden noch mancherorts Regen. Im Norden und Nordosten ist es oft nur locker bewölkt oder klar und trocken.   Am Freitag scheint zunächst vom Nordosten bis zur Nordsee noch oft die Sonne. Im Tagesverlauf wird es dann wolkiger und hier und da kommt es zu Schauern oder Gewittern, die kräftig sein können. Im restlichen Land ist es oft stark bewölkt. Im Westen fällt dazu noch gebietsweise, zum Teil kräftiger Regen. Am Nachmittag zieht der Regen Richtung Niederlande ab. Auch von den Alpen bis nach Südostbayern kann es zeitweise regnen. Sonst ist es neben einzelnen Schauern oft trocken und vor allem vom Südwesten bis zur Mitte scheint ab und zu die Sonne. Temperaturen Nacht Die Luft kühlt in der Nacht zu Freitag auf 15 bis 5 Grad ab, mit den mildesten Werten im Nordosten und den kühlsten im Südwesten. Temperaturen Tag Im Nordosten ist es am Freitag noch warm mit bis zu 24 Grad, sonst werden nur noch 11 bis 18 Grad erreicht, mit den niedrigsten Werten am Alpenrand. Wind Am Freitag kommt der Wind meist aus Südwest bis West. Vom Nordosten bis zur Nordsee weht er aus südlichen Richtungen, an der Ostsee auch aus Ost. Er weht schwach bis mäßig, vor allem im Westen und Nordwesten zeitweise auch frisch mit starken Böen. Auf den Bergen im Westen gibt es stürmische Böen. Weitere Aussichten Am Samstag insgesamt wechselhaft und neben Auflockerungen mit freundlichen Abschnitten dichte Wolken mit Schauern. Vor allem im Osten auch einzelne Gewitter. 13 bis 23 Grad. Am Sonntag weiter wechselhaft mit mehr Wolken als Sonne und gebietsweise Regen oder Schauer, vereinzelt mit Blitz und Donner. Im Nordosten etwas freundlicher. 13 bis 23 Grad. Auch am Montag eine Mischung aus Sonne und teilweise dichten Wolken mit Regen oder Schauern, örtlich auch Gewitter. 13 bis 21 Grad.
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2024-05-02
Tarifkompromiss bei der Postbank
Mehr Gehalt und Kündigungsschutz
Der Tarifkonflikt bei der Postbank ist gelöst. Die Beschäftigten erhalten in zwei Stufen 11,5 Prozent mehr Gehalt und einen Kündigungsschutz bis Ende 2027. Die Konzernmutter Deutsche Bank spricht von einem fairen Kompromiss.
Der Tarifkonflikt bei der Postbank ist gelöst. Die Beschäftigten erhalten in zwei Stufen 11,5 mehr Gehalt und einen Kündigungsschutz bis Ende 2027. Die Konzernmutter Deutsche Bank spricht von einem fairen Kompromiss. Nach knapp drei Monaten ist der Tarifkonflikt bei der Postbank beigelegt. Gewerkschaften und Arbeitgeber einigten sich am Morgen in der fünften Verhandlungsrunde auf Gehaltserhöhungen in zwei Stufen sowie einen bis Ende 2027 verlängerten Kündigungsschutz. Die Vereinbarung teilten ver.di und der Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV) sowie die Konzernmutter der Postbank, die Deutsche Bank, heute mit. Kundinnen und Kunden können somit aufatmen: Bei beiden Gewerkschaften liefen Urabstimmungen über unbefristete Streiks bei der Postbank. Warnstreiks hatten in der seit 6. Februar laufenden Tarifrunde wiederholt für Einschränkungen im Service gesorgt. Sieben Prozent mehr Gehalt ab Juni Die etwa 12.000 Beschäftigten im Deutsche-Bank-Konzern erhalten nach Angaben der Gewerkschaften in zwei Stufen Lohnsteigerungen um insgesamt 11,5 Prozent. Danach steigen die Gehälter zunächst im Juni um 7,0 Prozent - mindestens aber um 270 Euro - und im Juli 2025 noch einmal um 4,5 Prozent. Beschäftigte können jährlich neu entscheiden, ob sie gegen entsprechenden Entgeltverzicht vier Wochen zusätzlichen Urlaub im Jahr nehmen. Der neue Tarifvertrag gilt rückwirkend ab Februar und hat eine Laufzeit von 26 Monaten bis 31. März 2026. Langfristiger Kündigungsschutz Bei einer Kernforderung kam die Deutsche Bank den Gewerkschaften entgegen: Der ursprünglich bis Ende Januar 2024 befristete Kündigungsschutz wird nun bis 31. Dezember 2027 verlängert. Damit schließt das Geldhaus betriebsbedingte Kündigungen für Tarifmitarbeiter im Bereich ihrer Privatkundenbank in Deutschland bis dahin aus. Die langfristige Absicherung der Arbeitsplätze war den Gewerkschaften wegen der geplanten Filialschließungen besonders wichtig. Die Deutsche Bank hatte angekündigt, bis Mitte 2026 bis zu 250 der 550 Postbank-Filialen zu schließen und dabei auch Personal abzubauen. Die Deutsche Bank sprach von einem "fairen Kompromiss" für beide Seiten. "Dieser Abschluss ist bereits in unseren Finanzplanungen berücksichtigt und ändert nichts an unseren Kostenzielen für dieses und das kommende Jahr", sagte ein Sprecher der Bank der Nachrichtenagentur AFP. Usprungliche Forderung lag bei 15,5 Prozent Ver.di hatte ursprünglich eine Gehaltserhöhung von 15,5 Prozent für die Beschäftigten gefordert, mindestens jedoch eine Anhebung der Monatsgehälter um 600 Euro. Der DBV hatte 14,5 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten von Postbank, Postbank Filialvertrieb, PCC Services und BCB gefordert.
/wirtschaft/unternehmen/tarifvertrag-fuer-postbankbeschaeftigte-100.html
2024-05-02
Ring von Callcenter-Betrügern zerschlagen
Europaweites Netzwerk
Es handelt es sich um den bisher größten Callcenter-Betrug in Europa: Ermittler haben ein Netzwerk von Telefonbetrügern in fünf Ländern aufgedeckt und 21 Personen festgenommen. Die Betrugsmaschen waren vielfältig.
Es handelt es sich um den bisher größten Callcenter-Betrug in Europa: Ermittler haben ein Netzwerk von Telefonbetrügern in fünf Ländern aufgedeckt und 21 Personen festgenommen. Die Betrugsmaschen waren vielfältig. Ermittler aus Deutschland und mehreren Balkanländern haben ein großes europaweites Netzwerk von Telefonbetrügern zerschlagen. Es handle sich bei dem Fall um den "wohl europaweit größten Callcenterbetrug", erklärten mehrere baden-württembergische Behörden gemeinsam in Stuttgart. Seit Dezember seien mehr als 100 Beamte im Schichtbetrieb im Einsatz gewesen, sie hätten 1,3 Millionen Telefonbetrugs-Gespräche gesichert. Mitte April habe man bei großangelegten Durchsuchungsmaßnahmen gemeinsam mit Europol in fünf Ländern, vor allem im Westbalkan, 21 Personen festgenommen. Zwölf Callcenter seien zerschlagen worden. Die Betrüger sollen das gesamte Spektrum der Betrugsvarianten abgedeckt haben. Beispielsweise sollen sie sich als nahe Verwandte, Bankangestellte, Mitarbeiter der Verbraucherzentrale oder als Polizisten ausgegeben haben, um Opfer mit Strafandrohungen, Gewinnversprechen oder Inkassoforderungen zu betrügen. Strobl: "Perfide und skrupellos" Ermittler hätten in rund 6.000 Fällen einen Schaden von insgesamt rund zehn Millionen Euro verhindert. Einsätze gab es in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, dem Kosovo und dem Libanon. Koordiniert wurden die Einsätze von einem Staatsanwalt der europäischen Polizeibehörde Europol im niederländischen Den Haag.  "Betrügerische Anrufstraftaten sind besonders perfide und skrupellos, denn sie spielen mit den Ängsten und Nöten der Menschen", erklärte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl. Gegen diese Kriminellen werde "mit aller Härte und Konsequenz" vorgegangen, fügte er hinzu.
/inland/gesellschaft/netzwerk-telefonbetrueger-100.html
2024-05-02
OECD für Reform der Schuldenbremse
Schwaches Wachstum in Deutschland
Die Industrieländer-Organisation OECD erwartet in diesem Jahr für Deutschland ein noch geringeres Wachstum. Reformen etwa der Schuldenbremse seien nötig. Optimistischer sind die Experten für 2025.
Die Industrieländer-Organisation OECD erwartet in diesem Jahr für Deutschland ein noch geringeres Wachstum. Reformen etwa der Schuldenbremse seien nötig. Optimistischer sind die Experten für 2025. Angesichts der Konjunkturflaute in Deutschland hat die Industriestaaten-Organisation OECD der Bundesregierung Maßnahmen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums nahegelegt. Dazu gehöre eine Reform der Schuldenbremse, um den Spielraum für Nettoinvestitionen zu erhöhen, sagte der OECD-Deutschlandexperte Robert Grundke. Die Finanzierung von geplanten Projekten im Klima- und Transformationsfonds müsse über 2024 hinaus geklärt werden, um Planungssicherheit zu schaffen. Die OECD hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland erneut nach unten korrigiert. Für das laufende Jahr erwarten die OECD-Konjunkturexperten nur noch ein Plus von 0,2 Prozent, wie aus dem heute in Paris veröffentlichten Wirtschaftsausblick hervorgeht. Bereits im Februar hatte die OECD ihre Wachstumsprognose für Deutschland gesenkt, und zwar von 0,6 Prozent auf 0,3 Prozent. Erst für das kommende Jahr rechnet die OECD dann mit mehr Schwung der deutschen Wirtschaft und einem Konjunkturplus von 1,1 Prozent. Industrieproduktion weiter beeinträchtigt Zum Vergleich: Weltweit erwartet die OECD in diesem Jahr ein Wachstum von 3,1 Prozent und 3,2 Prozent im kommenden Jahr. Im Euroraum geht sie von einem Zuwachs von 0,7 Prozent beziehungsweise 1,5 Prozent aus. "Dies liegt daran, dass die Produktion in der energieintensiven Industrie, welche ein größeres Gewicht in der deutschen Wirtschaft hat als in anderen Ländern der Euro-Zone, noch immer beeinträchtigt ist", sagte der OECD-Experte Grundke. Firmen halten sich mit Investitionen zurück Zudem bleibe die Unsicherheit für die Unternehmen und Haushalte hinsichtlich der Finanzierung von geplanten Subventionen und Infrastrukturprojekten hoch. "Dies dämpft die Investitionstätigkeit der Unternehmen und hält den Konsum der Haushalte trotz gestiegener Reallöhne zurück." Als weiteren Grund für die schwache Konjunktur nennt die Organisation die restriktive Fiskalpolitik. "Die Wiedereinsetzung der Schuldenbremse und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches die Nutzung von Sondervermögen zur Finanzierung von Ausgaben stark eingeschränkt hat, führen zu einer starken Reduzierung der öffentlichen Ausgaben 2024", sagte Grundke. Bürokratie als Hemmnis Die in Paris ansässige OECD empfiehlt zudem Bürokratieabbau. "Geringere Steuern und Sozialabgaben für untere und mittlere Einkommen sollten durch eine Streichung von verzerrenden und regressiven Steuervergünstigungen, einen effektiveren Steuervollzug und Ausgabensenkungen in anderen Bereichen finanziert werden", sagte Grundke. Außerdem mahnt die Organisation eine schnellere Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie an. Die Hälfte aller Frauen arbeite Teilzeit in Stellen, für die sie überqualifiziert seien. Die Anreize für das Arbeitsangebot von Frauen im Steuer- und Sozialleistungssystem sollten verbessert werden - etwa durch die Reform des Ehegattensplittings. 2025 stabiles Wachstum erwartet Für das kommende Jahr erwartet die OECD ein stabiles Wachstum der deutschen Exporte. Die sinkende Inflation und steigende Löhne hätten bereits zu einer erhöhten Kaufkraft und einem Anstieg des privaten Konsums geführt, was der Wirtschaft zugutekomme. Private Investitionen werden laut der OECD-Prognose allmählich wieder anziehen - auch im Zuge neuer Lieferketten, der Digitalisierung und des Ausbaus erneuerbarer Energien.
/wirtschaft/konjunktur/oecd-geringeres-wirtschaftswachstum-deutschland-100.html
2024-05-02
Alles aufgebraucht für 2024
Überlastungstag
Früher als im vergangenen Jahr hat Deutschland seine natürlichen Ressourcen für ein Jahr aufgebraucht. Was das bedeutet und wie es um Ressourcen- und Klimaschutz in Deutschland steht. Von Jan Koch.
Früher als im vergangenen Jahr hat Deutschland seine natürlichen Ressourcen für ein Jahr aufgebraucht. Was das bedeutet und wie es um Ressourcen- und Klimaschutz in Deutschland steht. Von Jan Koch, WDR Was heißt Überlastungstag? Das heißt, dass Deutschland heute seine jährlichen Ressourcen aufgebraucht hat und von heute an mehr nutzt als maximal innerhalb eines Jahres nachwachsen kann. Deutschland und seine Bürger haben also mehr Wälder und Bäume abgeholzt, mehr Rohstoffe genutzt, mehr CO2 ausgestoßen als Deutschland rechnerisch zustehen würde. Ab jetzt leben wir quasi auf Pump. Mit dem Verbrauch, den wir als deutsche Gesellschaft haben, bräuchten wir im Jahr drei Welten. Nach Berechnungen von Umwelt- und Klimawissenschaftlern ist das für Deutschland in diesem Jahr sogar früher der Fall als noch im vorigen Jahr. 2023 war der Überlastungstag für Deutschland am 4. Mai. Der symbolische Tag wird jedes Jahr vom Global Footprint Network errechnet und veröffentlicht. Für die ganze Welt gesehen liegt der Tag erst Ende Juli beziehungsweise Anfang August. Welche Rolle spielt Deutschland im Ressourcenverbrauch? Eine Welt ist nicht genug. Nach diesem Motto agieren viele Industriestaaten. Die Umweltorganisation Germanwatch macht auch den Konsum von Fleisch und anderen tierischen Produkten als einen großen Faktor für den raschen Verbrauch natürlicher Ressourcen aus. In Deutschland werden rund 60 Prozent der Agrarfläche für die Produktion von Futtermitteln verwendet, so die Organisation. "Da die einheimischen Futtermittel trotzdem nicht ausreichen, um den hiesigen Bedarf für die Tiere zu decken, werden zusätzlich massiv Flächen im Ausland in Anspruch genommen", erklärt Konstantinos Tsilimekis, Experte für Welternährung und Landnutzung bei Germanwatch. Es würden "Millionen Tonnen Soja für die Verfütterung nach Deutschland importiert. Der Anbau solcher Futtermittel ist seit Jahrzehnten ein zentraler Treiber für die Vernichtung von Wäldern und den Verlust von Biodiversität." Wie sieht es in anderen Ländern aus? Der weltweite Überlastungstag liegt Ende Juli/Anfang August. Vor 25 Jahren lag er noch im Oktober. Deutschland ist wie viele andere Industriestaaten relativ früh schon am Ressourcenlimit angekommen. Parallel zu uns liegt der symbolische Tag in Frankreich auch Anfang Mai. In Katar oder auch in Luxemburg ist er bereits Mitte Februar erreicht, in den USA Mitte März. China hat noch Zeit bis Anfang Juni. Ein Staat wie Indonesien kommt mit seinen Ressourcen fast genau aus. Dort wird der Überlastungstag in diesem Jahr wohl erst Ende November erreicht. Was können wir ändern? Neben dem Fleischkonsum nennen Klimawissenschaftler auch immer wieder den zu hohen Energieverbrauch. Hier sehen viele Lenkungsmöglichkeiten. Die Investition in erneuerbare Energien wird immer wieder als zentraler Punkt genannt. Das müsse aber konsequent passieren, betonen Klimaforschende. Und da gebe es einen Faktor aus dem vergangenen Jahr, der bedenklich stimmen müsse, so Manfred Fischedick, Leiter des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. "Die deutschen Treibhausgasemissionen sind im vergangenen Jahr zwar um mehr als zehn Prozent gegenüber 2022 gesunken. Das klingt erst einmal nach einem großen Erfolg", sagt Fischedick. "Aber es lag nur zu einem kleineren Teil an strukturellen Maßnahmen wie dem weiter dynamisch fortschreitenden Ausbau erneuerbarer Energien. Maßgeblich waren vielmehr der milde Winter, der verstärkte Import von Strom aus den Nachbarländern und vor allem der energiepreisbedingt starke Rückgang der industriellen Produktion." Was bedeutet ein hoher Ressourcenverbrauch für die Umwelt? Ein hoher Ressourcenverbrauch bringt nicht nur das Klima und die Umwelt, sondern auch die Biodiversität ins Ungleichgewicht. Eine neue Modellstudie renommierter Klimaforschender, an der auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung beteiligt war, kommt zu dem Schluss, dass der Klimawandel bis zur Mitte des Jahrhunderts zum Hauptgrund werden könnte, was den Verlust biologischer Vielfalt angeht. In allen Szenarien führten die Auswirkungen des Landnutzungswandels und des Klimawandels kombiniert zu einem Verlust der biologischen Vielfalt in allen Weltregionen, so das Potsdam-Institut. "Die derzeitigen politischen Maßnahmen reichen nicht aus, um die internationalen Ziele für die biologische Vielfalt zu erreichen", sagt Alexander Popp, Professor für nachhaltige Landnutzung und Klimaschutz an der Universität Kassel und Mitautor der Studie. "Es sind viel stärkere Anstrengungen nötig, um den vom Menschen verursachten Verlust der Biodiversität, eines der größten Probleme der Welt, einzudämmen." Welche Projekte gibt es? Geht es um den Holzverbrauch, dann sind Projekte sinnvoll, die Wälder schonen und Abholzung weltweit reduzieren. Da aber Holz weiterhin ein wichtiger Rohstoff ist auch als nachhaltige Alternative im Häuserbau, gibt es immer wieder Initiativen, Holz nachhaltiger anzubauen. Wegrow, ein deutsches Unternehmen aus Tönisvorst in Nordrhein-Westfalen, baut zum Beispiel einen rasant wachsenden Baum, den Kiri-Baum, systematisch auf Agrarflächen an. Dazu werden die kleinen Bäume in wenigen Wochen im Labor gezüchtet, dann im Gewächshaus gepflegt und nach wenigen Monaten verpflanzt. Innerhalb weniger Jahre sind diese Bäume schon mehrere Meter hoch, so hoch wie Eichen oder Birken erst nach Jahrzehnten. "Dieses Holz kann nachhaltig angebaut und dann genutzt werden, so schonen wir Holzressourcen und Wälder auf der ganzen Welt", so das Unternehmen. Ihren eigenen CO2-Fußabdruck, der vor allem durch den Transport größer wird, versuchten sie durch effizienten Transport und die Nutzung regenerativer Energien wie Solarkraft so schmal wie möglich zu halten. Es ist nur eines von vielen Projekten, die versuchen, klima- und ressourcenfreundlich zu sein. Was ist die Kritik am Überlastungstag? Immer wieder werden die Berechnungen des Global Footprint Networks kritisiert. Sie seien zu einfach, Fakten würden miteinander verrechnet, die manchen Experten zufolge nicht in Relation gebracht werden können. Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft kritisiert die Berechnungen seit Jahren. "Für den Index werden nachwachsende Ressourcen, nicht-nachwachsende Ressourcen und Emissionen zusammengefasst, obwohl sie sich schlecht vergleichen lassen", schreibt Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Insituts bereits 2021. "Der diagnostizierte Überverbrauch von Ressourcen ist vor allem auf die CO2-Emissionen zurückzuführen, nicht auf die Ressourcennutzung. Wir verbrauchen nicht mehrere Erden. Wir haben auch nicht im Frühjahr alle Ressourcen verbraucht, die uns in einem Jahr zur Verfügung stehen. Aber die Welt produziert zu viel CO2. Das sollte man auch so benennen."
/wissen/forschung/ueberlastungstag-2024-100.html
2024-05-02
Hilfe für die Menschen in der Ukraine
Spenden
Wenn Sie für die Menschen in der Ukraine und Geflüchtete aus der Ukraine spenden wollen, finden Sie hier Hilfsorganisationen und Bankverbindungen.
Wenn Sie für die Menschen in der Ukraine und Geflüchtete aus der Ukraine spenden wollen, finden Sie hier Hilfsorganisationen und Bankverbindungen. "Bündnis Entwicklung Hilft" und "Aktion Deutschland Hilft" rufen mit folgendem Konto gemeinsam zu Spenden auf:BEH und ADHIBAN: DE53 200 400 600 200 400 600BIC: COBADEFFXXXCommerzbankStichwort: ARD/ Nothilfe Ukrainewww.spendenkonto-nothilfe.de "Bündnis Entwicklung Hilft" ist ein Zusammenschluss von Brot für die Welt, Christoffel-Blindenmission, DAHW, German Doctors, Kindernothilfe, medico international, Misereor, Plan International, terre des hommes, Welthungerhilfe sowie das assoziierte Mitglied Oxfam leisten als Bündnis Entwicklung Hilft akute und langfristige Hilfe bei Katastrophen und in Krisengebieten.www.entwicklung-hilft.de "Aktion Deutschland Hilft" ist ein Zusammenschluss von 23 deutschen Hilfsorganisationen, darunter action medeor, ADRA, Arbeiter-Samariter-Bund, AWO International, CARE Deutschland, Habitat for Humanity, HELP - Hilfe zur Selbsthilfe, Johanniter-Unfall-Hilfe, Malteser Hilfsdienst, World Vision Deutschland, Der Paritätische (darüber aktiv: arche Nova, Bundesverband Rettungshunde, Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners, Hammer Forum, Handicap International, Help Age Deutschland, Kinderverband Global-Care, LandsAid, SODI und Terra Tech)www.aktion-deutschland-hilft.de Außerdem rufen zu Spenden auf: Ärzte der Welt e.V.IBAN: DE06 1203 0000 1004 3336 60BIC: BYLADEM1001Deutsche KreditbankStichwort: Ukrainewww.aerztederwelt.org DRK e.V.IBAN: DE63 3702 0500 0005 0233 07BIC: BFSWDE33XXXBank für SozialwirtschaftStichwort: Nothilfe Ukrainewww.drk.de Die Heilsarmee in DeutschlandIBAN: DE82 3702 0500 0004 0777 00BIC: BFSWDE33XXXBank für Sozialwirtschaft Stichwort: Ukrainehilfe www.heilsarmee.de Franziskaner Helfen IBAN: DE83 3705 0198 0025 0014 47 BIC: COLSDE33XXX Sparkasse KölnBonn Stichwort: Nothilfe Ukrainewww.franziskaner-helfen.de HumedicaIBAN: DE35 7345 0000 0000 0047 47 BIC: BYLADEM1KFB Sparkasse Kaufbeuren Stichwort: Ukrainewww.humedica.org KOLPING INTERNATIONAL Cooperation e.V.IBAN: DE74 4006 0265 0001 3135 00BIC: GENODEM1DKMDKM Darlehnskasse Münster eGStichwort: Ukraine-Hilfewww.kolping.net Save the Children e.V.IBAN: DE92 1002 0500 0003 292912BIC: BFSWDE33BERBank für SozialwirtschaftStichwort: Nothilfe Kinder Ukrainewww.savethechildren.de SOS-Kinderdörfer weltweitIBAN: DE22 4306 0967 2222 2000 00BIC: GENODEM1GLSGLS GemeinschaftsbankStichwort: Humanitäre Hilfe Ukrainewww.sos-kinderdoerfer.de UNICEFIBAN: DE57 3702 0500 0000 3000 00BIC: BFSWDE33XXXBank für SozialwirtschaftStichwort: Ukrainewww.unicef.de UNO-Flüchtlingshilfe e.V.IBAN: DE78 3705 0198 0020 0088 50BIC: COLSDE33Sparkasse KölnBonnStichwort: Nothilfe Ukrainewww.uno-fluechtlingshilfe.de/
/spendenkonten/spendenkonten-133.html
2024-05-02
Weniger Hochzeiten in Deutschland
Statistisches Bundesamt
In Deutschland werden deutlich weniger Ehen geschlossen. 2023 trauten sich 361.000 Paare - das ist der zweitniedrigste Wert seit 1950. Ostdeutschland ist vom Rückgang deutlich stärker betroffen. Auch bei der Geburtenrate geht die Kurve nach unten.
In Deutschland werden deutlich weniger Ehen geschlossen. 2023 trauten sich 361.000 Paare - das ist der zweitniedrigste Wert. Ostdeutschland ist vom Rückgang deutlich stärker betroffen. Auch bei der Geburtenrate geht die Kurve nach unten. Die Zahl der Eheschließungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr auf den zweitniedrigsten Wert gesunken. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, lag die Zahl mit 361.000 Trauungen nur etwas höher als im Corona-Jahr 2021. In Ostdeutschland war der Rückgang demnach stärker als in Westdeutschland. Im Jahresvergleich sank die Zahl deutschlandweit um 7,6 Prozent. Nur 2021 war die Zahl mit knapp 358.000 Eheschließungen noch etwas niedriger gewesen. Damals hatten Corona-Regeln die Hochzeiten aber auch deutlich eingeschränkt, wie die Statistiker erklärten. In Ostdeutschland sank der Wert um 9,0 Prozent auf rund 51.800 Eheschließungen, in Westdeutschland um 7,4 Prozent auf 297.700 Hochzeiten. Von allen Eheschließungen wurde der überwiegende Großteil zwischen Mann und Frau geschlossen, während 9.200 Menschen einen Partner bzw. eine Partnerin des gleichen Geschlechts heirateten.  Zahl der Geburten auf niedrigstem Stand seit 2013 Das Statistische Bundesamt teilte weiter mit, dass im vergangenen Jahr so wenige Kinder in Deutschland auf die Welt kamen wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Die Zahl sank 2023 um 6,2 Prozent auf etwa 693.000 Kinder. Die Marke von 700.000 Kindern wurde demnach zuletzt 2013 unterschritten. In Ostdeutschland sank die Geburtenzahl nach Angaben der Statistiker mit 9,2 Prozent stärker als in Westdeutschland mit 5,9 Prozent. Beim Großteil der Geburten handelte es sich um die ersten Kinder (46,5 Prozent), es folgten Zweitgeburten (34,8 Prozent). Langfristig jedoch sank der Anteil der ersten Kinder zwischen 2013 und 2023, während der Anteil der dritten Kinder und mehr zunahm. Dieser stieg im vergangenen Jahr mit 18,7 Prozent auf den höchsten Wert seit 2009. Einfluss darauf hatten den Statistikern zufolge Mütter mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Bei ihnen war der Anteil der dritten oder weiteren Kinder mit 26,4 Prozent deutlich höher als bei Müttern mit deutschem Pass (15,8 Prozent). Der Rückgang der Geburten im Jahresvergleich war im vergangenen Jahr etwas schwächer als ein Jahr zuvor.
/inland/gesellschaft/ehen-geburten-statistik-100.html
2024-05-02
Ganz anders als Merz
Laumann soll CDU-Vize werden
Vor dem Parteitag der CDU in Berlin haben die Strategen die personellen Weichen gestellt. Der Chef des Arbeitnehmerflügels und NRW-Sozialminister Laumann dürfte neuer Bundesvize werden. Er steht für völlig andere Themen als CDU-Chef Merz. Von J. Trum.
Vor dem Parteitag der CDU in Berlin haben die Strategen die personellen Weichen gestellt. Der Chef des Arbeitnehmerflügels und NRW-Sozialminister Laumann dürfte neuer Bundesvize werden. Er steht für völlig andere Themen als CDU-Chef Merz. Von Jochen Trum Friedrich Merz und Karl-Josef Laumann stammen beide aus Westfalen, sind katholisch, Christdemokraten und gehören der gleichen Generation an. Merz wird in diesem Jahr 69, Laumann 67. Doch ansonsten könnten zwei Unionspolitiker kaum unterschiedlicher sein. Während Merz mit seiner berühmten Steuererklärung in Kurzform gezeigt hat, dass Bierdeckel auch für die Theorie taugen, steht bei Laumann die praktische Seite des Pappuntersetzers im Vordergrund. In der Corona-Pandemie sorgte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister und bekennende Schützenfest-Fan für viel Heiterkeit, als er den Menschen riet, bei privaten Feiern etwas kürzer zu treten. Gegen Bier, so befand er, sei nichts einzuwenden. "Man kann ja mit dem Schnaps mal etwas vorsichtiger sein." Damit hatte er in ernsten Zeiten die Lacher auf seiner Seite. Ein typischer Laumann, gerade heraus und unorthodox.    Auch wenn sie in derselben Partei sind, stehen der Sauerländer Merz und der Münsterländer Laumann für denkbar andere Themen: Merz, der Jurist und Wirtschaftsmann, Laumann, der Maschinenschlosser und Sozialpolitiker. Mittelstandsunion (MIT) gegen Christdemokratische Arbeitnehmerschaft (CDA). Blackrock gegen IG Metall. Hier scharfe Rhetorik, dort eine bodenständige Originalität, wie sie in der deutschen Politik nur noch selten zu finden ist. Laumann als soziales Gewissen der Union Seit Merz Parteichef ist und Carsten Linnemann Generalsekretär, auch er aus Westfalen und Mitglied des Wirtschaftsflügels, reifen in der CDU Pläne, den Sozialpolitiker Laumann ganz vorn in die Parteispitze zu hieven. Aus dem Arbeitnehmerflügel ist zu hören, dass nur so die Breite der Union als Volkspartei sichtbar werde. Laumann soll das soziale Gewissen der Partei verkörpern. Anders als Merz traut man ihm zu, im Wahlkampf die sozialpolitische Flanke zu schließen. Die Union habe drei Wurzeln, ist immer wieder zu hören: die konservative, die liberale und die christlich-soziale. Letztere droht nach Auffassung mancher in der Partei zu verkümmern. Das soll Laumann jetzt richten. "Poltern für die soziale Sache", hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung seinen Politikstil einmal beschrieben. Auf dem Sozialflügel, wo ohnehin eine gewisse Merz-Skepsis vorhanden ist, traut man Laumann zu, dass er dort punktet, wo Merz sich erkennbar schwertut.   Auch bei den Gewerkschaften genießt Laumann hohes Ansehen. "Er ist ein verlässlicher und loyaler Gewerkschafter", sagt Anja Weber, DGB-Vorsitzende in Nordrhein-Westfalen, über ihn. Regelmäßig sei man mit ihm in Kontakt. "Es gibt wenige von seinem Schlag in der CDU." Sie attestiert ihm ein gutes Gespür für Sozialthemen und ist sicher, dass Laumann sich nicht nur als Feigenblatt für Soziales im CDU-Vorstand verstehen wird. Mit ihm "bekommen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der CDU die Bedeutung, die ihnen zusteht". Der Weg für Laumann ist frei Vor dem Parteitag stellt sich Sozialpolitiker Laumann ganz in den Dienst der Sache: "Merz ist jemand, der einen Plan für Deutschland hat", sagt er. Aber Laumann weiß auch, dass in der Partei offen über die Defizite des Vorsitzenden geredet wird. "Es geht darum, auch Wechselwähler für die Union zu gewinnen," sagt er selbstbewusst über seine künftige Rolle. "Eine gute Sozialpolitik gibt den Leuten Sicherheit, das muss eine CDU verkörpern." Dass er sich damit meint, versteht sich von selbst. Der Weg für Laumann, auf dem Bundesparteitag zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt zu werden, ist frei. Ein Gedrängel um die Vize-Posten, nach dem es vorübergehend aussah, ist von den Strategen abgeräumt worden. Ines Claus, Fraktionsvorsitzende der CDU im hessischen Landtag, verzichtet auf eine Kandidatur. Auch Gitta Connemann aus Niedersachsen, die Bundesvorsitzende der Mittelstandsunion, tritt nicht an. Wider die Dominanz der Mittelstandsunion Auf die fünf Stellvertreter-Positionen werden sich neben Laumann die bisherigen Vizes und Bundestagsabgeordneten Silvia Breher (Niedersachsen) und Andreas Jung (Baden-Württemberg) bewerben, außerdem Ministerpräsident Michael Kretschmer (Sachsen) und Landesministerin Karin Prien (Schleswig-Holstein). Laumann wäre der einzige im Bundesvorstand, der dem Arbeitnehmerflügel angehört, alle anderen "zahlen ihre Beiträge bei der MIT", wie ein CDA-Mann sagt.     Bislang hat die CDU stets Wert darauf gelegt, dass die führenden Köpfe auch aus möglichst vielen Ecken der Republik kommen. Man sei eine "föderale Partei". Derzeit herrscht aber ein personelles Überangebot aus Nordrhein-Westfalen: Merz, Linnemann, Jens Spahn und Ina Scharrenbach, Kabinettskollegin von Laumann in Düsseldorf, sind Mitglieder im Präsidium, der Düsseldorfer Ministerpräsident Hendrik Wüst ist als beratendes Mitglied auch Teil der Parteispitze. Instinktpolitiker mit schnörkellosem Stil Trotzdem kann Laumann mit einem guten Ergebnis rechnen. Das dürfte auch daran liegen, dass der kantige Münsterländer als durchsetzungsstark gilt. Öffentlichkeitswirksam bietet er etwa Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Stirn, wenn es um die zwischen Bund und Ländern umstrittene Krankenhausreform geht. Seiner eigenen Partei hat er vor Jahren den Mindestlohn schmackhaft gemacht, auch hat er am neuen Grundsatzprogramm mitgewirkt. "Laumann ist ein Instinktpolitiker", sagt ein führender Christdemokrat. Eines der auffälligsten Merkmale ist sicherlich seine schnörkellose Sprache. Klar, direkt, auch mal deftig. Staatstragende Reden sind ihm fremd. Dass die Menschen ihn verstehen, ist ihm dabei wichtiger als fehlerfreie Grammatik. Manchmal kann Laumann mit seiner Art Freund und Gegner gleichermaßen amüsieren. Kurz vor Weihnachten trat er im Düsseldorfer Landtag ans Rednerpult und wünschte dem versammelten Plenum ein frohes Fest. Um dann mit spitzbübischer Freude hinzuzufügen: "Ich freue mich richtig darüber, dass Jesus Christus geboren ist. Denn wenn er nicht geboren wäre, gäb's keine CDU." Da musste auch die SPD lachen.
/inland/innenpolitik/laumann-cdu-100.html
2024-05-02
15-Jähriger wegen Mordes an Sechsjährigem verurteilt
Fast acht Jahre Jugendstrafe
Im Prozess um den Tod eines Sechsjährigen aus Pragsdorf in Mecklenburg-Vorpommern hat das Landgericht Neubrandenburg das Urteil verkündet. Der 15-jährige Angeklagte wurde zu sieben Jahren und neun Monaten wegen Mordes verurteilt.
Im Prozess um den Tod eines sechsjährigen Jungen aus Pragsdorf hat das Landgericht Neubrandenburg heute das Urteil verkündet. Der 15-jährige Angeklagte wurde zu sieben Jahren und neun Monaten wegen Mordes verurteilt. Im September vergangenen Jahres hatte der 15-Jährige den sechsjährigen Jungen in der Nähe eines Bolzplatzes in Pragsdorf geschlagen und dann mit mehreren Messerstichen getötet. Das habe der Angeklagte am letzten Prozesstag auch weitgehend so gestanden, so ein Gerichtssprecher. Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Tat soll aus Spiel heraus geschehen sein Die Eltern des Opfers gaben nach dem Prozesstag vor einer Woche an, dass der 15-Jährige vor Gericht den genauen Tathergang schilderte und auch gestand, dass es, anders als zuvor von ihm angegeben, keinen weiteren Beteiligten gab. Demnach sei die Tat aus einer Art Spiel heraus entstanden. Gemeinsam mit dem Sechsjährigen habe er Luftanhalten gespielt, wodurch sein Spielkamerad ohnmächtig geworden sei. Dann sei der Junge wieder zu sich gekommen, woraufhin der Angeklagte die Kontrolle verloren und den Jungen mehrfach gewürgt und auf ihn eingestochen habe. Dieses Thema im Programm:NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 02.05.2024 | 07:00 Uhr
/inland/regional/mecklenburgvorpommern/getoeteter-sechsjaehriger-aus-pragsdorf-urteil-erwartet-100.html
2024-05-02
Demonstranten bedrängen Bundestagsvizepräsidentin
Göring-Eckardt in Brandenburg
Nach einer Veranstaltung der Grünen in Brandenburg haben laut Medienberichten Demonstranten das Auto der Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt eine Dreiviertelstunde lang blockiert. Die Polizei ermittelt wegen Nötigung.
Nach einer Veranstaltung der Grünen in Brandenburg haben laut Medienberichten Demonstranten das Auto der Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt eine Dreiviertelstunde lang blockiert. Die Polizei ermittelt wegen Nötigung. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die gewaltsame Blockade des Dienstwagens von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) nach einer Diskussionsveranstaltung im Barnim scharf kritisiert. "Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun", schrieb Faeser am Donnerstag im Online-Netzwerk X. "Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen", forderte Faeser. Zwei 19- und 26-jährige Männer sollen Polizeiangaben zufolge am Samstagabend die Abfahrt der Grünen-Politikerin nach der Veranstaltung im ostbrandenburgischen Lunow-Stolzenhagen verhindert haben, indem sie sich vor und hinter das Auto gesetzt haben. Die Polizei ermittelt wegen Nötigung. Der 26-Jährige habe angegeben, von dem Auto touchiert worden zu sein. Verletzungen waren laut Polizei aber nicht ersichtlich, eine Behandlung durch Rettungskräfte habe er abgelehnt. Göring-Eckardt auf dem Weg zu ihrem Dienstwagen "bedrängt" Insgesamt seien bei der Veranstaltung rund 100 Menschen im Saal gewesen, teilte das Büro Göring-Eckardts im Bundestag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin mit. Vor dem Saal hätten sich zu Beginn "schätzungsweise etwa 40 bis 50 Demonstranten" versammelt. Nach der Veranstaltung sei Göring-Eckardt auf dem Weg zu ihrem Dienstwagen "bedrängt" worden, mehrere Menschen hätten "dabei in aggressiver Stimmung auf das Fahrzeug" geschlagen, in dem Göring-Eckardt und ihr Fahrer saßen. Dienstwagen eine Dreiviertelstunde blockiert Erst als die Polizei Verstärkung gerufen habe, habe das Auto "nach etwa 45 Minuten" anfahren können. "Wir waren überrascht, wie sorglos die Polizei offenbar Hinweise in Nachrichtengruppen zum Aufruf von Gegenprotest, von denen uns berichtet wurde, bewertet hatte." Kurz vor Veranstaltungsbeginn sei ein Polizeieinsatzleiter nur "mit einer Handvoll Kolleginnen und Kollegen vor Ort" gewesen, zum Ende seien noch zwei Einsatzkräfte anwesend gewesen. 28 Frauen und 60 Männer sitzen im neu gewählten Brandenburger Landtag. Das neue Parité-Gesetz soll ein solches Ungleichgewicht künftig verhindern. Bei dieser Wahl fehlte es vor allem an ausgewogenen Kandidatenlisten.mehr Göring-Eckardt plädiert für mehr Schutz für Veranstaltungen in ländlichen Regionen Als Reaktion plädierte die Grünen-Politikerin für mehr Schutz für politische Veranstaltungen in ländlichen Regionen. "Die Landespolizeien müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie politische Veranstaltungen auf dem Land absichern, und sich auf einheitliche Kriterien verständigen, welche Standards sie dabei eigentlich anwenden", sagte Göring-Eckardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Das kann unser Rechtsstaat nicht hinnehmen." Bei der Polizei müsse "jetzt ein anderes Bewusstsein her", forderte sie. "Demonstrations- und Meinungsfreiheit sind genauso zu gewährleisten wie die ordnungsgemäße Durchführung politischer Veranstaltungen und der Schutz von politisch Engagierten. Wir können die ländlichen Räume nicht einem Mob überlassen." CDU solidarisiert sich mit Göring-Eckardt Auch die Union forderte ein entschiedeneres Handeln der Behörden und solidarisierte sich mit Göring-Eckardt. "Um das Fundament unserer Demokratie zu schützen, muss sich der Rechtsstaat auch an dieser Stelle wehrhaft zeigen", forderte Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU). Das Demonstrationsrecht in Deutschland sei ein hohes Gut, "aber die Bundestagsvizepräsidentin zu bedrohen und einzuschüchtern, ist absolut inakzeptabel." In Brandenburg finden am 9. Juni zeitgleich mit der Europawahl auch Kommunalwahlen statt. Im September wird in dem Bundesland ein neuer Landtag gewählt. Sendung: rbb24 Inforadio, 02.05.2024, 6:00 Uhr
/inland/regional/brandenburg/brandenburg-demonstranten-bedraengen-bundestagsvizepraesidentin-goering-eckardt-100.html
2024-05-02
Mindestens zehn Tote bei Unwettern in Brasilien
Nach schweren Regenfällen
Heftige Regenfälle haben im Süden Brasiliens Überschwemmungen ausgelöst. Mindestens zehn Menschen starben, viele weitere verloren ihre Häuser. Eine Entwarnung gibt es noch nicht, die Regenfälle sollen bis Freitag andauern.
Heftige Regenfälle haben im Süden Brasiliens Überschwemmungen ausgelöst. Mindestens zehn Menschen starben, viele weitere verloren ihre Häuser. Eine Entwarnung gibt es noch nicht, die Regenfälle sollen bis Freitag andauern. Durch starke Regenfälle kommt es im Bundesstaat Rio Grande do Sul im Süden Brasiliens zu Überschwemmungen. Seit Beginn der Regenfälle am Montag sind laut Behördenangaben mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 1.000 Menschen wurden dem Zivilschutz zufolge obdachlos, mehr als 20 Menschen werden noch vermisst. Die Behörden berichteten von zahlreichen überschwemmten Straßen, Erdrutschen und eingestürzten Brücken. Auch die Strom- und Wasserversorgung sei teilweise ausgefallen. Der Gouverneur von Rio Grande do Sul, Eduardo Leite, rief am Mittwochabend (Ortszeit) die Bewohner mehrerer Regionen auf, sich in Sicherheit zu bringen. Er sprach von einer kriegsähnlichen Situation. Steigende Pegelstände erwartet Auch das Militär beteiligte sich am Rettungseinsatz, unter anderem mit fünf Hubschraubern. Betroffen ist insbesondere das Taquari-Tal. Die Region ist in Deutschland auch wegen ihrer Migrationsgeschichte bekannt. Im 19. Jahrhundert wanderten Deutsche in die Gegend aus, bis heute wird dort von einer Minderheit der Dialekt Riograndenser Hunsrückisch gesprochen. Die Region war bereits im vergangenen September von Unwettern und Überschwemmungen betroffen. Damals starben mindestens 42 Menschen. "Leider wird die Situation in diesem Jahr wahrscheinlich schlimmer sein als 2023", sagte Gouverneur Leite. Die Pegelstände der Flüsse stiegen weiter, es bestehe auch die Gefahr von Erdrutschen. Präsident kündigt Besuch im Katastrophengebiet an Angesichts der Katastrophe kam das Krisenkabinett des Bundesstaats zusammen. "Besonders besorgniserregend ist die Situation bei den Dämmen, die sich in Alarmbereitschaft befinden und bei denen die Gefahr des Kollapses und der Überschwemmung aufgrund der sehr hohen Pegelstände besteht", sagte Vizegouverneur Gabriel Souza. Gouverneur Leite bat auf dem Online-Nachrichtendienst X Brasiliens Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva um Hilfe. Der Präsident kündigte ebenfalls auf X an, heute persönlich in die betroffenen Gebiete zu reisen. Nach Behördenangaben sollen die Regenfälle noch bis Freitag andauern. Erst im März gab es im Südosten Brasiliens schwere Unwetter mit mindestens 25 Toten. Präsident da Silva nannte damals den Klimawandel als eine der Ursachen. Social-Media-Beitrag auf X von Lula: "Hoje conversei novamente com o governador @EduardoLeite_, do Rio Grande do Sul, para saber da situação das fortes chuvas no estado. Amanhã vou pessoalmente ao Sul para verificarmos a situação e o trabalho conjunto dos ministros com o governo do estado. pic.twitter.com/wWORHknv14"
/ausland/amerika/ueberflutung-brasilien-100.html
2024-05-02
Weniger ausländische Investitionen in Deutschland
Beliebtheit des Wirtschaftsstandorts
Ausländische Investoren zieht es innerhalb Europas vor allem nach Frankreich. Deutschland fällt zurück, wie eine Studie der Beratungsfirma EY zeigt. Die Experten warnen vor einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit.
Ausländische Investoren zieht es innerhalb Europas vor allem nach Frankreich. Deutschland fällt zurück, wie eine Studie der Beratungsfirma EY zeigt. Die Experten warnen vor einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Europa und seine größte Volkswirtschaft Deutschland ziehen einer Studie zufolge weniger ausländische Investitionen an. Im vergangenen Jahr sank die Anzahl der Neuansiedlungen und Erweiterungen auf dem Kontinent um vier Prozent - auf insgesamt 5.694 Projekte, wie das Beratungsunternehmen EY heute mitteilte. Das im Jahr 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie erreichte Niveau werde damit um elf Prozent unterboten. Frankreich beliebtester Standort Attraktivster Standort blieb demnach Frankreich, trotz eines Rückgangs um fünf Prozent auf 1194 Neuansiedlungen und Erweiterungen. In Deutschland fiel das Minus mit zwölf Prozent auf 733 Projekte wesentlich größer aus. Bezogen auf Deutschland schrieb EY: "Industrielle Investoren wurden durch das rezessive Umfeld, die hohen Energiepreise und die Sorge um die Sicherheit der Energieversorgung abgeschreckt." Komplexe Bürokratie und hohe Arbeitskosten schränkten auch weiterhin die Fähigkeiten Deutschlands ein, mehr ausländische Unternehmen anzuziehen. London führend als Investitionsregion Der zweite Rang ging deshalb an das Vereinigte Königreich verloren, das gegen den Trend einen Anstieg von sechs Prozent auf 985 Projekte verzeichnete. London etablierte sich als Europas führende Investitionsregion - gefolgt von Paris. Besonders ausländische Software- und IT-Anbieter zogen es in die britische Hauptstadt. Frankreich als Brexit-Profiteur Auch der Blick auf den langfristigen Trend zeigt, dass Deutschland offensichtlich für ausländische Investoren an Attraktivität verloren hat: Seit 2017 ging die Zahl der Investitionsprojekte um 35 Prozent zurück. In Großbritannien betrug das Minus in dem Zeitraum 18 Prozent. Frankreich dagegen legte um 20 Prozent zu. "Frankreich ist der große Brexit-Gewinner. Deutschland hingegen hat sogar noch mehr Investitionen verloren als Großbritannien", sagte Henrik Ahlers, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung. "Weckruf für den gesamten Kontinent" EY-Expertin Julie Linn Teigland betonte: "Europa braucht dringend ausländische Investitionen und diese Studie sollte ein Weckruf für den gesamten Kontinent sein." Investitionen stärkten die europäische Wirtschaft, indem sie Arbeitsplätze schafften, Innovationen förderten und die Exporte ankurbelten. "Es müssen jetzt dringend Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass Europa angesichts der immer schärferen Konkurrenz aus den USA und China wettbewerbsfähig bleibt", sagte Teigland.
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