id,date,summary,judgement bag_1-21,21.01.2021,"21.01.2021 1/21 - Entgeltgleichheitsklage - Auskunft über das Vergleichsentgelt - Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit (Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG), begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach §§ 10 ff. EntgTranspG mitgeteilte Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) der männlichen Vergleichsperson, regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist. Die Klägerin ist bei der Beklagten als Abteilungsleiterin beschäftigt. Sie erhielt im August 2018 von der Beklagten eine Auskunft nach §§ 10 ff. EntgTranspG, aus der ua. das Vergleichsentgelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleiter hervorgeht. Angegeben wurde dieses entsprechend den Vorgaben von § 11 Abs. 3 EntgTranspG als „auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median“ des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage (Median-Entgelte). Das Vergleichsentgelt liegt sowohl beim Grundentgelt als auch bei der Zulage über dem Entgelt der Klägerin. Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – auf Zahlung der Differenz zwischen dem ihr gezahlten Grundentgelt sowie der ihr gezahlten Zulage und der ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelte für die Monate August 2018 bis Januar 2019 in Anspruch genommen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, es lägen schon keine ausreichenden Indizien iSv. § 22 AGG vor, die die Vermutung begründeten, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts erfahren habe. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Aus der von der Beklagten erteilten Auskunft ergibt sich das Vergleichsentgelt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson. Nach den Vorgaben des EntgTranspG liegt in der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält. Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichsperson eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erfahren, denn ihr Entgelt war geringer als das der Vergleichsperson gezahlte. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts begründet dieser Umstand zugleich die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, diese Vermutung den Vorgaben von § 22 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend widerlegt hat. Zugleich ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Januar 2021 – 8 AZR 488/19 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 1. August 2019 – 5 Sa 196/19 –   Die wesentlichen rechtlichen Vorgaben lauten auszugsweise: Art. 57 Abs. 1 AEUV: Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. § 3 EntgTranspG (Verbot der unmittelbaren und mittelbaren Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts): (1) Bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ist eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten. (2) Eine unmittelbare Entgeltbenachteiligung liegt vor, wenn eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter wegen des Geschlechts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ein geringeres Entgelt erhält, als eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter des jeweils anderen Geschlechts erhält, erhalten hat oder erhalten würde. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt auch im Falle eines geringeren Entgelts einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor. § 7 EntgTranspG (Entgeltgleichheitsgebot): Bei Beschäftigungsverhältnissen darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts. § 10 EntgTranspG (Individueller Auskunftsanspruch): (1) Zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes haben Beschäftigte einen Auskunftsanspruch nach Maßgabe der §§ 11 bis 16. Dazu haben die Beschäftigten in zumutbarer Weise eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit (Vergleichstätigkeit) zu benennen. Sie können Auskunft zu dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt nach § 5 Absatz 1 und zu bis zu zwei einzelnen Entgeltbestandteilen verlangen. § 11 EntgTranspG (Angabe zu Vergleichstätigkeit und Vergleichsentgelt): (3) Die Auskunftsverpflichtung in Bezug auf das Vergleichsentgelt erstreckt sich auf die Angabe des Entgelts für die Vergleichstätigkeit (Vergleichsentgelt). Das Vergleichsentgelt ist anzugeben als auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts sowie der benannten Entgeltbestandteile, jeweils bezogen auf ein Kalenderjahr, nach folgenden Vorgaben: …","Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. August 2019 – 5 Sa 196/19 – aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Leitsatz Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit (Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG), begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach §§ 10 ff. EntgTranspG mitgeteilte Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) der männlichen Vergleichsperson(en), regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist. Tatbestand 1 Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob die Beklagte wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Geschlechts verpflichtet ist, an die Klägerin für die Monate August 2018 bis Januar 2019 ein höheres monatliches Arbeitsentgelt zu zahlen. 2 Die Beklagte ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die der V-Versicherungsgruppe angehört. Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1998 beschäftigt. Aufgrund Änderungsvertrags vom 12. September 2011 war sie bis einschließlich November 2017 bei der P Lebensversicherung H tätig, die ebenfalls der V-Versicherungsgruppe angehört. Dort nahm die Klägerin ab dem 1. Oktober 2011 die Aufgaben einer Abteilungsleitung wahr und wurde zum 1. April 2012 zur Abteilungsleiterin ernannt. Durch dreiseitigen Änderungsvertrag vom 23. Oktober 2017 vereinbarten die Klägerin, die Beklagte und die P Lebensversicherung H, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin unter Anrechnung der Betriebszugehörigkeit seit dem 15. März 1998 zum 1. Dezember 2017 in vollem Umfang von der P Lebensversicherung H auf die Beklagte übergeht und dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der P Lebensversicherung H mit Ablauf des 30. November 2017 endet. Entsprechend der in og. Änderungsvertrag getroffenen weiteren Abrede wurde die Klägerin ab dem 1. Dezember 2017 zur Abteilungsleiterin der Abteilung Schaden der Regionaldirektion G der Beklagten ernannt. 3 Bis zum 31. März 2013 richtete sich die Vergütung der Klägerin nach dem Gehaltstarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe (im Folgenden Gehaltstarifvertrag). Anlässlich der bevorstehenden Ernennung zur Abteilungsleiterin hatten die Klägerin und ihr damaliger Vorgesetzter bei der P Lebensversicherung H einen Stufenplan vereinbart, wonach die Klägerin, die bislang eine Vergütung nach der Tarifgruppe VI des Gehaltstarifvertrags erhielt, mit ihrer Ernennung zur Abteilungsleiterin am 1. April 2012 nach der Tarifgruppe VIII des Gehaltstarifvertrags vergütet wurde. Zudem wurde eine Verantwortungszulage gezahlt. Seit dem 1. April 2013 wurde die Klägerin außertariflich vergütet, wobei sie neben den allgemeinen Erhöhungen des Tarifentgelts im privaten Versicherungsgewerbe, die auch an die außertariflichen Angestellten weitergegeben wurden, zum 1. April 2013 und zum 1. April 2015 weitere Entgelterhöhungen erhielt. Eine zunächst geplante Anhebung ihrer Vergütung zum 1. April 2017 wurde wegen angeblicher Mängel im Führungsverhalten der Klägerin nicht umgesetzt. Zuletzt erhielt die Klägerin bis zum 31. Januar 2019 ein Grundentgelt iHv. 5.385,40 Euro brutto zuzüglich einer übertariflichen Zulage iHv. 500,00 Euro brutto. 4 Mit Schreiben vom 2. Juli 2018 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Auskunft nach § 11 EntgTranspG. In ihrer Auskunft vom 24. Juli 2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der „Median der männlichen Abteilungsleiter in der V, die seit 2012 eine Führungsaufgabe übernommen haben“, 5.559,00 Euro brutto monatlich betrage. Den Median der übertariflichen Zulage bei männlichen Beschäftigten dieser Vergleichsgruppe gab die Beklagte mit 550,00 Euro brutto monatlich an. Mit E-Mail vom 13. August 2018 beanstandete die Klägerin diese Auskunft und wies darauf hin, dass eine Vergleichsgruppe bestehend lediglich aus den Abteilungsleitern, die seit 2012 beschäftigt seien, nicht den Vorgaben des EntgTranspG entspreche. In der daraufhin der Klägerin von der Beklagten erteilten Auskunft vom 22. August 2018 heißt es auszugsweise:          „Auskunft:          Übertarifliches Grundgehalt          Sie sind übertariflich eingruppiert und erhalten ein Grundentgelt in Höhe von 5.385,40 Euro brutto monatlich. Eine Führungsaufgabe in der V nehmen Sie seit 2012 wahr.          Gem. § 11 Abs. 3 Nr. 1 EntgTranspG ist als Vergleichsentgelt der statistische Median des durchschnittlichen Monatsentgelts der Beschäftigten des jeweiligen anderen Geschlechts anzugeben, die der gleichen Vergleichsgruppe angehören.          Der Median der männlichen Abteilungsleiter in der V (Direktion und alle Regionaldirektionen) beträgt 6.292,- Euro, wobei der ‚Mediona-AL‘ die Führungstätigkeit seit 1999 wahrnimmt.                            Übertarifliche Zulage          Sie erhalten eine übertarifliche Zulage in Höhe von 500,- Euro brutto monatlich.          Der Median der übertariflichen Zulage bei männlichen Beschäftigten der Vergleichsgruppe beträgt 600,- Euro brutto monatlich.“ 5 Ab dem 1. Februar 2019 wurden das Grundentgelt der Klägerin um 303,50 Euro brutto auf 5.688,90 Euro brutto monatlich und die Zulage um 50,00 Euro auf 550,00 Euro erhöht. 6 Die Abteilungsleiter und -leiterinnen bei der Beklagten, die eine unterschiedliche Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Beschäftigung in der Funktion der Abteilungsleitung aufweisen, waren teilweise – wie die Klägerin – zuvor bereits als Tarifbeschäftigte bei der Beklagten tätig, wobei die Beförderung zur Abteilungsleitung aus unterschiedlichen Tarifgruppen heraus erfolgte; teilweise handelt es sich bei den Abteilungsleitern und -leiterinnen um Seiteneinsteiger/innen, die zuvor bei anderen Arbeitgebern tätig waren. 7 Bei der Beklagten liegt das Durchschnittsgehalt der vergleichbar beschäftigten männlichen Abteilungsleitungen um acht Prozent höher als das der weiblichen Abteilungsleitungen. In der Gruppe der Abteilungsleitungen ist die Person mit der höchsten Vergütung eine Frau. 8 Die Klägerin hat die Beklagte mit ihrer Klage – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – auf Zahlung der Differenz zwischen dem ihr gezahlten Grundentgelt sowie der ihr gezahlten Zulage und den beiden ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelten für die Zeit von August 2018 bis Januar 2019 in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie ab Februar 2019 ein höheres Bruttoentgelt und eine höhere monatliche Zulage zu zahlen. 9 Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Auskunft der Beklagten vom 22. August 2018 begründe die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass die Beklagte ihr entgegen § 7 EntgTranspG für die gleiche Arbeit als Abteilungsleiterin wegen ihres Geschlechts weniger Entgelt zahle als dem männlichen Abteilungsleiter, der das mitgeteilte Vergleichsentgelt erhalte. Die Beklagte habe demgegenüber nicht dargetan und bewiesen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt sei. Sie habe nicht aufgezeigt, dass das Entgelt der außertariflich beschäftigten Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter sich ausschließlich nach geschlechtsneutralen Kriterien richte und diese auch geschlechtsneutral angewendet würden. Soweit die Beklagte sich insoweit auf die Dauer der Führungstätigkeit berufe, wende sie dieses Kriterium nicht geschlechtsneutral an. Die Entgeltdifferenzierung der Beklagten im außertariflichen Bereich der Abteilungsleitungen sei vielmehr undurchsichtig, in das subjektive Ermessen der jeweiligen Führungskraft gestellt und könne letztlich nur auf das Geschlecht zurückgeführt werden. Deshalb habe sie, die Klägerin, Anspruch auf die Entgeltdifferenz zwischen dem ihr gezahlten Entgelt (Grundentgelt und Zulage) und den ihr nach §§ 10 ff. EntgTranspG mitgeteilten höheren Median-Entgelten (Grundentgelt und Zulage) der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleiter. Danach stehe ihr ab dem Monat August 2018 ein monatliches Bruttoentgelt iHv. 6.292,00 Euro zuzüglich einer monatlichen Zulage iHv. 600,00 Euro zu. 10 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,          1.     die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.039,60 Euro brutto als Vergütungsdifferenz für den Zeitraum August 2018 bis Januar 2019 zu zahlen;          2.     festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab Februar 2019 ein monatliches Bruttoentgelt iHv. 6.292,00 Euro zuzüglich einer monatlichen Zulage iHv. 600,00 Euro zu zahlen. 11 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat behauptet, bei ihr richte sich die Vergütung der außertariflich beschäftigten Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter ausschließlich nach geschlechtsneutralen Kriterien. Die Unterschiede beim Entgelt seien einerseits darauf zurückzuführen, dass bereits das Einstiegsentgelt – abhängig etwa von dem letzten Tarifentgelt und ggf. abhängig von den Gehaltsverhandlungen beim Wechsel von einem anderen Arbeitgeber zu ihr – sehr unterschiedlich sei. Zum anderen wirke sich die unterschiedliche Dauer der Tätigkeit in der Abteilungsleitungsfunktion aus, die mit regelmäßigen Entgelterhöhungsrunden honoriert werde. Darüber hinaus bestimmten in diesem Bereich der Führungspositionen auch weiche und damit nicht messbare Faktoren die Entgelthöhe. Im Übrigen gebe es in der Personalabteilung für die Bemessung der Entgelte eine interne Richtlinie, deren Vorgaben eingehalten würden. Im Fall der Klägerin beruhe die Entgeltdifferenz zum Median-Entgelt auf der sehr unterschiedlichen Dauer der Tätigkeit in der Funktion der Abteilungsleitung und auf dem Umstand, dass die Klägerin aus geschlechtsunabhängigen Gründen im Jahr 2017 von einer Entgelterhöhungsrunde ausgenommen worden sei. 12 Das Arbeitsgericht hat dem auf Zahlung gerichteten Antrag zu 1. stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts – unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin – abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit der Revision ihren auf Zahlung von 6.039,60 Euro brutto gerichteten Klageantrag zu 1. weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision. Entscheidungsgründe 13 A. Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO. 14 B. Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte der auf Zahlung gerichtete Klageantrag zu 1. nicht abgewiesen werden. Aufgrund der vom Landesarbeitsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann der Senat allerdings nicht abschließend beurteilen, ob der Klageantrag zu 1. begründet ist; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten den Klageantrag zu 1. abgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO), und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 15 I. Die Revision der Klägerin ist zulässig, insbesondere wurde sie – entgegen der Auffassung der Beklagten – innerhalb der Revisionsbegründungsfrist ordnungsgemäß iSv. § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO begründet (näher zu den Maßgaben vgl. etwa BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 14 mwN, BAGE 166, 54). Die Klägerin hat sich hinreichend mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt und die Gesichtspunkte dargelegt, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Insoweit hat sie insbesondere geltend gemacht, sie habe, indem sie sich auf die von der Beklagten erteilte Auskunft vom 22. August 2018 bezogen habe, hinreichende Indizien iSv. § 22 AGG für eine geschlechtsbezogene Entgeltbenachteiligung dargetan. Dies habe das Landesarbeitsgericht verkannt. 16 II. Die Revision der Klägerin ist auch begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte der auf Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG gestützte Klageantrag zu 1. nicht abgewiesen werden. Die Klägerin hat im Zeitraum von August 2018 bis Januar 2019 eine unmittelbare Entgeltbenachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erfahren, denn die Beklagte hat ihr ein geringeres Entgelt gezahlt als den männlichen Abteilungsleitern, die das von der Beklagten mit Auskunft vom 22. August 2018 mitgeteilte Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) erhalten. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts begründet dieser Umstand die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden, ob die Klage begründet ist. Zugleich ist den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten den Klageantrag zu 1. abgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO), und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 17 1. Der Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche sowie gleichwertige Arbeit ohne Diskriminierung wegen des Geschlechts folgt sowohl aus dem direkt anwendbaren Art. 157 AEUV als auch aus § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG (vgl. zu § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG bereits BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 145/19 – Rn. 64, 98). 18 a) Nach Art. 157 Abs. 1 AEUV, der zwingenden Charakter hat und von den nationalen Gerichten direkt anwendbar ist (vgl. etwa – teilweise zu den Vorgängerbestimmungen Art. 119 EG-Vertrag bzw. Art. 141 EG – EuGH 8. Mai 2019 – C-486/18 – [Praxair MRC] Rn. 67; 13. Januar 2004 – C-256/01 – [Allonby] Rn. 45; 17. September 2002 – C-320/00 – [Lawrence ua.] Rn. 13, 17; 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 32; 8. April 1976 – 43/75 – [Defrenne II] Rn. 39 f.; vgl. auch ua. BAG 26. September 2017 – 3 AZR 733/15 – Rn. 22 mwN), gilt bei Beschäftigungsverhältnissen der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Art. 157 Abs. 1 AEUV verlangt, dass Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit das gleiche Entgelt erhalten. Die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 2006/54/EG zum Verbot der Diskriminierung beim Entgelt, darunter insbesondere deren Art. 2 Abs. 1 Buchst. e und Art. 4, werden von der unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 157 AEUV miterfasst (vgl. EuGH 8. April 1976 – 43/75 – [Defrenne II] Rn. 54 zu Vorgängerbestimmungen). Die in Art. 157 AEUV und die in der Richtlinie verwendeten Begriffe haben dieselbe Bedeutung; die Richtlinie berührt im Übrigen in keiner Weise den Inhalt oder die Tragweite des Grundsatzes, so wie er in Art. 157 AEUV definiert ist (vgl. etwa EuGH 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 29 mwN). 19 b) § 3 Abs. 1 EntgTranspG bestimmt, dass bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten ist. Zudem ist dieses Verbot in § 7 EntgTranspG niedergelegt, wonach für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden darf als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts (ebenso bereits BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 145/19 – Rn. 64, 98). § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG sind auf die Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 2006/54/EG zum Verbot der Diskriminierung beim Entgelt und zur entgeltbezogenen Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer bei gleicher oder als gleichwertig anerkannter Arbeit in das nationale Recht in Deutschland gerichtet (vgl. näher BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 145/19 – Rn. 63 ff.; vgl. auch BT-Drs. 18/11133 S. 45 sowie ebenda S. 28). § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG sind entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 2006/54/EG und im Einklang mit Art. 157 AEUV unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unionsrechtskonform auszulegen. 20 c) Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/54/EG, der im Übrigen Art. 157 Abs. 2 AEUV entspricht, bezeichnet der Ausdruck „Entgelt“ die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer mittelbar oder unmittelbar als Geld- oder Sachleistung zahlt. Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/54/EG wurde mit § 5 Abs. 1 EntgTranspG in das innerstaatliche Recht umgesetzt. Danach bezeichnet „Entgelt“ iSd. EntgTranspG alle Grund- oder Mindestarbeitsentgelte sowie alle sonstigen Vergütungen, die unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden (vgl. näher BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 145/19 – Rn. 52, 67). 21 d) Nach Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG sowie nach § 3 Abs. 1 EntgTranspG ist bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten. 22 Dabei liegt eine unmittelbare Entgeltbenachteiligung vor, wenn eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter wegen des Geschlechts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ein geringeres Entgelt erhält, als eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter des jeweils anderen Geschlechts erhält, erhalten hat oder erhalten würde, § 3 Abs. 2 EntgTranspG sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 4 der Richtlinie 2006/54/EG. Eine mittelbare Entgeltbenachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Beschäftigte wegen des Geschlechts gegenüber Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts in Bezug auf das Entgelt in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich, § 3 Abs. 3 EntgTranspG sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und Art. 4 der Richtlinie 2006/54/EG. Der Rechtsbegriff der gleichwertigen Arbeit ermöglicht es, nicht-gleiche Tätigkeiten daraufhin zu überprüfen, ob sie von gleichem Arbeitswert sind, wodurch die Feststellung struktureller und mittelbar diskriminierender Entgeltungleichheiten ermöglicht wird (vgl. Das Entgelttransparenzgesetz: Ein Leitfaden für Arbeitgeber sowie für Betriebs- und Personalräte, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2017 S. 16; vgl. auch BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 145/19 – Rn. 59). 23 Im Hinblick auf die Methode, mit der anhand eines Vergleichs der den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gewährten Vergütungen zu prüfen ist, ob der Grundsatz des gleichen Entgelts beachtet wurde, ergibt sich zudem aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass eine echte Transparenz, die eine wirksame Kontrolle erlaubt, nur gewährleistet ist, wenn dieser Grundsatz für jeden einzelnen Bestandteil des den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gezahlten Entgelts gilt und nicht nur im Wege einer Gesamtbewertung der diesen gewährten Vergütungen angewandt wird (vgl. etwa EuGH 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 35 mwN). 24 e) § 22 AGG, der auch im Rechtsstreit um gleiches Entgelt für gleiche sowie gleichwertige Arbeit unabhängig vom Geschlecht maßgebend ist, sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, hier des Geschlechts vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. zu § 22 AGG etwa BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 75/19 – Rn. 25; 25. Oktober 2018 – 8 AZR 501/14 – Rn. 51, BAGE 164, 117). 25 aa) § 22 AGG ist auch im Rechtsstreit um gleiches Entgelt für gleiche sowie gleichwertige Arbeit nach den speziellen Regelungen in § 3 Abs. 1 bzw. § 7 EntgTranspG maßgebend, mit denen die zuvor im AGG unterbliebene, zwingend erforderliche Umsetzung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. e sowie von Art. 4 der Richtlinie 2006/54/EG in das innerstaatliche Recht in Deutschland erfolgte (vgl. näher zur erforderlichen und zuvor unterbliebenen Umsetzung BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 145/19 – Rn. 50 ff.). 26 Das EntgTranspG enthält – von der in § 15 Abs. 5 EntgTranspG für den hier nicht einschlägigen speziellen Fall der Nichterfüllung der Auskunftspflicht getroffenen Bestimmung abgesehen – selbst keine Regelung zur Darlegungs- und Beweislast, sondern verweist in § 2 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG ausdrücklich auf das AGG, das danach „unberührt bleibt“. Von dieser Verweisung wird auch § 22 AGG erfasst. Andernfalls würde es im deutschen Recht – unionsrechtswidrig – für den in § 3 Abs. 1 bzw. § 7 EntgTranspG enthaltenen Grundsatz des gleichen Entgelts an einer Umsetzung von Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG fehlen, wonach dann, wenn Personen, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert halten und bei einem Gericht bzw. einer anderen zuständigen Stelle Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast findet im Übrigen nach Art. 19 Abs. 4 der Richtlinie 2006/54/EG ausdrücklich auch auf Situationen Anwendung, die von Art. 141 EG – heute Art. 157 AEUV (vgl. zu dieser Bestimmung oben Rn. 18) – erfasst werden. Dass der deutsche Gesetzgeber diesen Vorgaben nicht gerecht werden wollte, kann indes nicht angenommen werden. Im Gegenteil, durch den Verweis in § 2 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG auf das AGG hat er vorgesehen, dass auch § 22 AGG Anwendung findet und damit den Grundsatz bestätigt, dass das EntgTranspG dem AGG für entgeltbezogene Benachteiligungen wegen des Geschlechts als lex specialis (nur) dann vorgeht, wenn es eine abschließende Regelung trifft (vgl. bereits BT-Drs. 18/11133 S. 48). 27 bb) §  22 AGG ist in einem Rechtsstreit um gleiches Entgelt für gleiche sowie gleichwertige Arbeit unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit Art.  19 der Richtlinie 2006/54/EG auszulegen, der (bzw. die Vorgängerbestimmungen in der sog. Beweislastrichtlinie 97/80/EG) eine Kodifizierung der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Darlegungs- und Beweislast in Rechtsstreiten um Entgeltdiskriminierung enthält (vgl. EuGH 10. März 2005 – C-196/02 – [Nikoloudi] Rn. 69). 28 (1) Danach trifft die Beweislast für das Vorliegen einer Diskriminierung beim Entgelt aufgrund des Geschlechts grundsätzlich den Arbeitnehmer, der sich diskriminiert glaubt und deshalb gegen seinen Arbeitgeber Klage auf Beseitigung dieser Diskriminierung erhebt (vgl. etwa EuGH 28. Februar 2013 – C-427/11 – [Kenny ua.] Rn. 18; 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 52 f., 57; 27. Oktober 1993 – C-127/92 – [Enderby] Rn. 13). Es ist folglich Sache dieses Arbeitnehmers, mit allen rechtlich vorgesehenen Mitteln zu beweisen, dass sein Arbeitgeber ihm ein niedrigeres Entgelt zahlt als seinen zum Vergleich herangezogenen Kollegen und dass er die gleiche oder eine gleichwertige, mit deren Arbeit vergleichbare Arbeit verrichtet, so dass er dem ersten Anschein nach Opfer einer nur mit dem unterschiedlichen Geschlecht erklärbaren Diskriminierung ist (vgl. etwa EuGH 28. Februar 2013 – C-427/11 – [Kenny ua.] Rn. 19; 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 58; 27. Oktober 1993 – C-127/92 – [Enderby] aaO). 29 (2) Dieser Maßstab gilt für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit, soweit das Entgelt nicht vom individuellen Arbeitsergebnis jedes Arbeitnehmers abhängt. Soweit es hingegen um Entgelt geht, für das das individuelle Arbeitsergebnis jedes Arbeitnehmers ausschlaggebend ist (Leistungsbewertung), kommen modifizierte Anforderungen zum Tragen (vgl. beispielhaft EuGH 31. Mai 1995 – C-400/93 – [Royal Copenhagen] Rn. 25 ff. bei einem Stücklohnsystem). 30 (3) Darüber hinaus ist bei der Auslegung von § 22 AGG das Gebot der „praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts“ zu beachten; die Einhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts muss vor den nationalen Gerichten durchsetzbar sein (vgl. etwa EuGH 17. Oktober 1989 – 109/88 – [Danfoss] Rn. 13). In diesem Sinne kann der Arbeitnehmer seiner Beweislast für das Vorliegen einer Diskriminierung beim Entgelt aufgrund des Geschlechts unter besonderen Umständen, wenn nämlich sonst kein wirksames Mittel vorhanden ist, um die Einhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durchzusetzen, ggf. unter modifizierten Voraussetzungen genügen. Dies kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in verschiedenen Situationen in Betracht kommen, so ua. wenn einem Entgeltsystem jede Durchschaubarkeit fehlt (vgl. etwa EuGH 17. Oktober 1989 – 109/88 – [Danfoss] Rn. 16), wenn zwischen den Beschäftigten nach ihrer Arbeitszeit unterschieden wird und dies tatsächlich mehr Personen des einen oder anderen Geschlechts benachteiligt (vgl. etwa EuGH 7. Februar 1991 – C-184/89 – [Nimz] Rn. 15; 27. Juni 1990 – C-33/89 – [Kowalska] Rn. 16; 13. Mai 1986 – 170/84 – [Bilka] Rn. 31; zusammenfassend EuGH 27. Oktober 1993 – C-127/92 – [Enderby] Rn. 14) oder wenn es um die Frage der Diskriminierung bei unterschiedlicher, jedoch gleichwertiger Arbeit geht; hier kann ggf. die Darlegung aussagekräftiger statistischer Angaben ausreichend sein (vgl. etwa EuGH 27. Oktober 1993 – C-127/92 – [Enderby] Rn. 16). Um Umstände solcher Art geht es vorliegend jedoch nicht. 31 (4) Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. zur Entgeltgleichheit und zu anderen Gleichbehandlungsfragen etwa EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 85; 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociaƫia Accept] Rn. 55 mwN; 28. Februar 2013 – C-427/11 – [Kenny ua.] Rn. 20; 10. Juli 2008 – C-54/07 – [Feryn] Rn. 32; 3. Oktober 2006 – C-17/05 – [Cadman] Rn. 31; 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 60). Hierfür gilt allerdings das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt, sondern ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. zum AGG etwa BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 36 mwN, BAGE 169, 302). 32 (5) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung, hier wegen des Geschlechts vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen, hier wegen des Geschlechts vorgelegen hat, sind nur eingeschränkt revisibel. Die revisionsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Würdigung der Tatsachengerichte möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. zu den Überprüfungsgrundsätzen etwa BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 67, BAGE 169, 302; 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 48 mwN, BAGE 156, 107). 33 2. Danach durfte das Landesarbeitsgericht den auf Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG gestützten Klageantrag zu 1. nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen. Die Klägerin wurde dadurch unmittelbar iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG benachteiligt, dass die Beklagte ihr ein geringeres monatliches Grundentgelt und eine geringere monatliche übertarifliche Zulage gezahlt hat als den in der Auskunft der Beklagten vom 22. August 2018 aufgeführten männlichen Abteilungsleitern, die jeweils das von der Beklagten – ebenfalls mit Auskunft vom 22. August 2018 – mitgeteilte Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) erhalten. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts begründet dieser Umstand nach § 22 AGG – unter Berücksichtigung der unter Rn. 28 aufgeführten unionsrechtlichen Vorgaben in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union – die von der Beklagten widerlegbare Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Klägerin habe keine ausreichenden Indizien für eine Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts dargetan, insbesondere sei eine Auskunft, der zufolge – wie im Fall der Klägerin – das Gehalt des klagenden Mitarbeiters unter dem Median der Vergleichsgruppe liege, für sich genommen nicht ausreichend, um eine Beweiserleichterung auszulösen, entspricht dies nicht den Vorgaben von Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG. 34 a) Die Klägerin hat im Zeitraum von August 2018 bis Januar 2019 eine unmittelbare Entgeltbenachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erfahren, denn die Beklagte hat ihr in diesem Zeitraum sowohl ein geringeres monatliches Grundentgelt als auch eine geringere monatliche übertarifliche Zulage gezahlt als den bei ihr beschäftigten, nach § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG maßgeblichen Vergleichspersonen. Dies folgt aus der von der Beklagten unter dem 22. August 2018 erteilten Auskunft, auf die die Klägerin sich berufen hat und zur Begründung ihrer Klage auch berufen konnte. Nach dieser Auskunft sind die maßgeblichen Vergleichspersonen iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG die männlichen Abteilungsleiter, die jeweils das von der Beklagten mitgeteilte Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) beziehen. Von diesen hat der eine im Zeitraum von August 2018 bis Januar 2019 ein höheres monatliches Grundentgelt und der andere im selben Zeitraum eine höhere monatliche übertarifliche Zulage erhalten. 35 aa) Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG liegt – vgl. bereits Rn. 22 – eine unmittelbare Entgeltbenachteiligung vor, wenn eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ein geringeres Entgelt erhält, als eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter des jeweils anderen Geschlechts erhält, erhalten hat oder erhalten würde. Mit der Formulierung „erhalten würde“ hat der Gesetzgeber – ebenso wie mit der entsprechenden Formulierung in § 3 Abs. 1 AGG (vgl. dazu etwa BAG 27. August 2020 – 8 AZR 62/19 – Rn. 25; 19. Dezember 2019 – 8 AZR 2/19 – Rn. 28, BAGE 169, 217) – zum Ausdruck gebracht, dass die Vergleichsperson keine reale sein muss, sondern dass auch eine hypothetische bzw. fiktive Vergleichsperson ausreicht. Diese Bestimmung steht im Einklang mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54/EG, wonach eine Situation, in der eine Person aufgrund ihres Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, eine unmittelbare Diskriminierung darstellt (vgl. auch EuGH 18. November 2020 – C-463/19 – [Syndicat CFTC] Rn. 49). 36 bb) Die Klägerin übt die gleiche Tätigkeit aus wie die Mitarbeiter der maßgeblichen Vergleichsgruppe, nämlich die männlichen Abteilungsleiter in der V (Direktion und alle Regionaldirektionen). 37 Nach § 4 Abs. 1 EntgTranspG üben weibliche und männliche Beschäftigte eine gleiche Arbeit aus, wenn sie an verschiedenen Arbeitsplätzen oder nacheinander an demselben Arbeitsplatz eine identische oder gleichartige Tätigkeit ausführen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG üben weibliche und männliche Beschäftigte eine gleichwertige Arbeit iSd. EntgTranspG aus, wenn sie unter Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden können. Zu den zu berücksichtigenden Faktoren gehören unter anderem die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeitsbedingungen, § 4 Abs. 2 Satz 2 EntgTranspG. Es ist von den tatsächlichen, für die jeweilige Tätigkeit wesentlichen Anforderungen auszugehen, die von den ausübenden Beschäftigten und deren Leistungen unabhängig sind, § 4 Abs. 2 Satz 3 EntgTranspG. Danach werden mit dem Begriff der „gleichwertigen Arbeit“ verschiedenartige Arbeiten unter Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren darauf hin verglichen, ob sie von gleichem Wert sind. Dies kann insbesondere mit den Methoden der Arbeitsbewertung erfolgen, soweit diese selbst diskriminierungsfrei sind. Soweit § 4 Abs. 2 EntgTranspG dabei auf eine Gesamtheit von Faktoren abstellt, zu denen unter anderem die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeitsbedingungen gehören, entspricht dies der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 157 AEUV und zu den Vorgaben der Richtlinie 2006/54/EG zum Entgeltgleichheitsgebot (vgl. etwa – teilweise zu den Vorgängerbestimmungen Art. 119 EG-Vertrag bzw. Art. 141 EG und Richtlinie 75/117/EWG – EuGH 28. Februar 2013 – C-427/11 – [Kenny ua.] Rn. 27, 52 und Tenor; 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 43, 48; 11. Mai 1999 – C-309/97 – [Angestelltenbetriebsrat der Wiener Gebietskrankenkasse] Rn. 17). 38 Darüber, dass die Klägerin als Abteilungsleiterin die gleiche Tätigkeit ausübt wie die männlichen Abteilungsleiter in der V (Direktion und alle Regionaldirektionen), besteht unter den Parteien kein Streit. Dies entspricht auch der von der Beklagten unter dem 22. August 2018 erteilten Auskunft. 39 cc) Die Klägerin, die im streitgegenständlichen Zeitraum ein monatliches Grundgehalt iHv. 5.385,40 Euro brutto und eine monatliche übertarifliche Zulage iHv. 500,00 Euro brutto bezog, erhielt auch ein geringeres Entgelt als die nach § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG maßgebliche(n) Vergleichsperson(en). Ihr monatliches Grundentgelt und ihre monatliche übertarifliche Zulage waren geringer als das monatliche Grundentgelt und die monatliche übertarifliche Zulage der in der Auskunft der Beklagten vom 22. August 2018 aufgeführten männlichen Vergleichspersonen, von denen einer von der Beklagten als „Mediona-AL“ bezeichnet wurde und ein monatliches Grundgehalt iHv. 6.292,00 Euro brutto erhielt und der andere (uU derselbe) eine monatliche übertarifliche Zulage iHv. 600,00 Euro brutto bezog. In der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber liegt zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson(en), weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer bzw. fiktiver Beschäftigter des anderen Geschlechts das jeweilige Entgelt bzw. den jeweiligen Entgeltbestandteil für gleiche oder gleichwertige Tätigkeit erhält. 40 (1) Nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG haben Beschäftigte zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes einen Auskunftsanspruch nach Maßgabe der §§ 11 bis 16 EntgTranspG. Sie können Auskunft zu dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt nach § 5 Abs. 1 EntgTranspG und zu bis zu zwei einzelnen Entgeltbestandteilen verlangen. Nach § 11 Abs. 1 EntgTranspG erstreckt sich die Auskunftsverpflichtung auf die Angabe zu den Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung nach § 11 Abs. 2 EntgTranspG und auf die Angabe zum Vergleichsentgelt nach § 11 Abs. 3 EntgTranspG. Nach der Regelung in § 11 Abs. 3 Satz 1 EntgTranspG erstreckt sich die Auskunftsverpflichtung in Bezug auf das Vergleichsentgelt auf die Angabe des Entgelts für die Vergleichstätigkeit (Vergleichsentgelt); das Vergleichsentgelt ist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 EntgTranspG anzugeben als auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts sowie der benannten Entgeltbestandteile, jeweils bezogen auf ein Kalenderjahr, wobei dies nach den weiteren, in § 11 Abs. 3 Satz 2 EntgTranspG bestimmten Vorgaben zu erfolgen hat. 41 (2) Zwar ist der statistische Median iSv. § 11 Abs. 3 Satz 2 EntgTranspG zunächst nur ein Entgeltwert. Der Median – auch Zentralwert genannt – ist derjenige Entgeltwert, der in einer nach Größe geordneten Reihe von Entgeltwerten in der Mitte liegt (vgl. zur Berechnung der Mediane bzw. Median-Entgelte ua. Das Entgelttransparenzgesetz: Ein Leitfaden für Arbeitgeber sowie für Betriebs- und Personalräte, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2017 S. 49 f.). Dabei ist bei einer ungeraden Anzahl Beschäftigter in der Vergleichsgruppe (hier: der männlichen Abteilungsleiter „in der V – Direktion und alle Regionaldirektionen -“) der in der Mitte liegende Entgeltwert (Bauer/Krieger/Günther AGG/EntgTranspG 5. Aufl. § 11 EntgTranspG Rn. 68 mwN) einer realen Vergleichsperson (hier: einem konkreten männlichen Abteilungsleiter) zugeordnet. Besteht die Vergleichsgruppe hingegen aus einer geraden Anzahl an Beschäftigten, ist der Median die Hälfte der Summe der beiden in der Mitte liegenden Entgeltwerte (Bauer/Krieger/Günther aaO). Damit kann er zwar nicht einer realen Vergleichsperson (hier: einem konkreten männlichen Abteilungsleiter), jedoch einer hypothetischen bzw. fiktiven Vergleichsperson zugeordnet werden. Das reicht – wie unter Rn. 35 ausgeführt – nach den Vorgaben des § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG aus. 42 (3) Dass in der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt nach § 11 Abs. 3 EntgTranspG zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson(en) iSd. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG liegt, folgt auch aus Sinn und Zweck der Bestimmungen über das Auskunftsverlangen nach §§ 10 ff. EntgTranspG in unionsrechtskonformer Auslegung. 43 (a) Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem EntgTranspG, dessen Ziel es ist, unmittelbare und mittelbare Entgeltdiskriminierung wegen des Geschlechts effektiv zu beseitigen und zu verhindern, die Empfehlung der EU-Kommission vom 7. März 2014 zur Stärkung des Grundsatzes gleichen Entgelts für Frauen und Männer durch Transparenz aufgegriffen (BT-Drs. 18/11133 S. 2). Dabei ist der individuelle Auskunftsanspruch der Beschäftigten nach § 10 EntgTranspG und damit korrespondierend die nach §§ 11 ff. EntgTranspG zu erteilende Auskunft ein mit dem EntgTranspG eingeführtes Instrument unter mehreren, mit denen die vom Gesetzgeber für erforderlich erachtete Transparenz von Entgelten und Entgeltregelungen herbeigeführt werden soll. Entsprechend dem Zweck des EntgTranspG sind der Auskunftsanspruch und die zu erteilende Auskunft teleologisch auf die Durchsetzung des Entgeltgleichheitsanspruchs von Männern und Frauen ausgerichtet. Sie dienen ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11133 S. 22) dem Zweck, die Durchsetzung des Anspruchs auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit zu erleichtern (vgl. BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 145/19 – Rn. 98). 44 Die Einführung des Auskunftsverlangens nach §§ 10 ff. EntgTranspG war aus Sicht des Gesetzgebers geboten, da Beschäftigte kaum Zugang zu Informationen haben, die einen eventuellen Verstoß des Arbeitgebers gegen das Entgeltgleichheitsgebot belegen oder widerlegen können. Die Beschäftigten haben in der Regel keine Kenntnis über das Arbeitsentgelt der Beschäftigten des anderen Geschlechts. Der individuelle Auskunftsanspruch soll insoweit eine Unterstützung bieten, um dieses Informationsdefizit der Beschäftigten abzubauen (BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 145/19 – Rn. 98; BT-Drs. 18/11133 S. 22). Dabei sollen die Informationen allerdings nicht nur dazu beitragen, Hinweise auf potentielle Benachteiligungen in der Entgeltstruktur zu erhalten, sie sind nach Auffassung des Gesetzgebers auch deshalb grundsätzlich notwendig, um eine potentielle Klage auf gleiches Entgelt abzuwägen und gegebenenfalls erfolgreich begründen zu können, wie es an anderer Stelle der Gesetzesbegründung heißt (BT-Drs. 18/11133 S. 57). Davon, dass die Beschäftigten durch die in einem Auskunftserteilungsverfahren erlangten Informationen in die Lage versetzt werden sollen, ihrer Darlegungs- und Beweislast im Rahmen einer Entgeltgleichheitsklage nachkommen zu können, geht das Gesetz im Übrigen auch an anderer Stelle, nämlich in § 8 Abs. 2 EntgTranspG aus, wenn es dort bestimmt, dass die Nutzung der in einem Auskunftsverlangen erlangten Informationen auf die Geltendmachung von Rechten im Sinne dieses Gesetzes beschränkt ist. 45 (b) Damit hat der Gesetzgeber die beiden Anforderungen des Unionsrechts, wonach einerseits der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin mit allen rechtlich vorgesehenen Mitteln zu beweisen hat, dass der Arbeitgeber ihm/ihr bei gleicher/gleichwertiger Arbeit ein niedrigeres Entgelt zahlt als den zum Vergleich herangezogenen Kollegen (vgl. hierzu Ausführungen unter Rn. 28) und andererseits die Einhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts vor den nationalen Gerichten durchsetzbar sein muss (vgl. hierzu Ausführungen unter Rn. 30), zum Ausgleich gebracht. Er hat berücksichtigt, dass die darlegungspflichtige klagende Partei typischerweise außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen hat, während der Arbeitgeber über diese Kenntnis verfügt und unschwer Auskunft erteilen kann. 46 dd) Die im EntgTranspG enthaltenen Beschränkungen der Datennutzung stehen einer prozessualen Nutzung der mit dem Auskunftsverlangen erlangten Informationen in einem gerichtlichen Verfahren auf Entgeltgleichheit nicht entgegen. 47 Soweit es in § 8 Abs. 2 Satz 2 EntgTranspG heißt, dass die Veröffentlichung personenbezogener Gehaltsangaben und die Weitergabe an Dritte von dem Nutzungsrecht nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG (vgl. hierzu Ausführungen unter Rn. 44) nicht umfasst sind, betrifft dies gerade nicht die Offenlegung der erforderlichen Daten in einem gerichtlichen Verfahren um Entgeltgleichheit. Auch aus der in § 12 Abs. 3 EntgTranspG getroffenen Regelung, die Vorgaben zum Schutz personenbezogener Daten bei der Beantwortung eines Auskunftsverlangens enthält, folgt nichts Abweichendes. 48 ee) Die Klägerin konnte sich auch auf die Auskunft der Beklagten vom 22. August 2018 berufen. Entgegen deren Rechtsauffassung war nicht deren Auskunft vom 24. Juli 2018 maßgeblich, wonach der „Median der männlichen Abteilungsleiter in der V, die seit 2012 eine Führungsaufgabe übernommen haben“, 5.559,00 Euro brutto betrug und sich der „Median der übertariflichen Zulage bei männlichen Beschäftigten“ dieser Vergleichsgruppe auf 550,00 Euro brutto belief. 49 Abgesehen davon, dass die Beklagte der Klägerin unter dem 22. August 2018 eine neue Auskunft erteilt hat, weshalb kein Anlass besteht, auf eine nicht mehr aktuelle Fassung abzustellen, entspricht die erste Auskunft vom 24. Juli 2018 im Hinblick auf die nach § 11 EntgTranspG erforderliche Angabe der Vergleichstätigkeit nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die von der Beklagten unter dem 24. Juli 2018 erteilte Auskunft enthält mit der Angabe des Medians der männlichen Abteilungsleiter in der V, „die seit 2012 eine Führungsaufgabe übernommen haben“, eine Einschränkung, die mit den Vorgaben des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 EntgTranspG nicht vereinbar ist. Nach dieser Bestimmung kommt es für die Feststellung von gleicher oder gleichwertiger Arbeit allein auf die tatsächlichen Anforderungen der Tätigkeit an. Diese sind unabhängig von den die Tätigkeit ausübenden Beschäftigten und deren Leistungen (vgl. zur anforderungsabhängigen Grundentgeltfindung ua. Oechsler/Paul Personal und Arbeit – Einführung in das Personalmanagement 11. Auf. 2019 S. 378 ff.), wie es in § 4 Abs. 2 Satz 3 EntgTranspG für die Feststellung von gleichwertiger Arbeit ausdrücklich heißt und wie es für die Feststellung von gleicher Arbeit nach § 4 Abs. 1 EntgTranspG als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Zwar kann bei bestimmten Tätigkeiten eine zuvor erworbene Erfahrung eine „Anforderung der Tätigkeit“ sein. Um eine solche, der Tätigkeit selbst innewohnende Anforderung geht es im vorliegenden Verfahren jedoch nicht. Die Dauer der Wahrnehmung einer Führungsaufgabe ist bei der Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen vielmehr ausschließlich ein Kriterium für eine Differenzierung beim Entgelt. 50 b) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts begründet der Umstand, dass die Beklagte der Klägerin ein geringeres monatliches Grundentgelt und eine geringere monatliche übertarifliche Zulage gezahlt hat als den maßgeblichen männlichen Vergleichspersonen, die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung iSv. § 22 AGG, dass die Klägerin die unmittelbare Entgeltbenachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Aus der von der Beklagten unter dem 22. August 2018 erteilten Auskunft ergibt sich demnach nicht nur, dass die Klägerin gegenüber den maßgeblichen männlichen Vergleichspersonen im Hinblick auf ihr Entgelt unmittelbar benachteiligt wurde iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG, die Auskunft der Beklagten vom 22. August 2018 begründet zugleich die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass das Geschlecht der Klägerin (mit-)ursächlich für die unmittelbare Benachteiligung war (dazu, dass die bloße Mitursächlichkeit genügt: BAG in st. Rspr., vgl. etwa 26. Juni 2020 – 8 AZR 75/19 – Rn. 24; 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 33, BAGE 169, 302; 16. Mai 2019 – 8 AZR 315/18 – Rn. 18, BAGE 167, 1). 51 aa) Der/die Beschäftigte muss nach den unionsrechtlichen Vorgaben – wie unter Rn. 28, 45 ausgeführt – zur Begründung der Kausalitätsvermutung iSv. § 22 AGG nur darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass sein/ihr Arbeitgeber ihm/ihr ein niedrigeres Entgelt zahlt als seinen/ihren zum Vergleich herangezogenen Kollegen des anderen Geschlechts und dass er/sie die gleiche oder eine gleichwertige, mit deren Arbeit vergleichbare Arbeit verrichtet. Ist dem/der Beschäftigten dies gelungen, reicht dies – auch unter Berücksichtigung des Gebots der „praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts“ (vgl. hierzu Ausführungen unter Rn. 30) – aus, um die Vermutung iSv. § 22 AGG zu begründen, dass die Entgeltungleichbehandlung „wegen des Geschlechts“ erfolgt(e) und eine Umkehr der Beweislast herbeizuführen. Nach den unionsrechtlichen Vorgaben ist er/sie nämlich bereits dann dem ersten Anschein nach Opfer einer nur mit dem unterschiedlichen Geschlecht erklärbaren Diskriminierung. 52 bb) Dass bereits der Umstand, dass der Arbeitgeber an eine/n Beschäftigte/n ein geringeres Entgelt zahlt als an die insoweit maßgebliche(n) Vergleichsperson(en) des anderen Geschlechts, ausreicht, um die Vermutung einer unmittelbaren Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ iSv. § 22 AGG zu begründen, wird auch durch die in § 15 Abs. 5 EntgTranspG getroffene Bestimmung zum Ausdruck gebracht, die für den Sonderfall, dass der Arbeitgeber die Erfüllung seiner Auskunftspflicht unterlässt, eine gegenüber der Beweislastregel des § 22 AGG modifizierte Beweislastregel enthält. 53 (1) Unterlässt der Arbeitgeber die Erfüllung seiner Auskunftspflicht, trägt er nach § 15 Abs. 5 Satz 1 EntgTranspG im Streitfall die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot iSd. EntgTranspG vorliegt. Dies gilt nach § 15 Abs. 5 Satz 2 EntgTranspG auch, wenn der Betriebsrat aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, die Auskunft nicht erteilen konnte. Dabei ist der Begriff „Beweislast“ – auch vor dem Hintergrund des entsprechenden Verständnisses im Unionsrecht (vgl. auch EuArbRK/Mohr 3. Aufl. RL 2006/54/EG Art. 19 Rn. 2) – als Darlegungs- und Beweislast zu verstehen. 54 (2) Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11133 S. 66) orientiert sich § 15 Abs. 5 EntgTranspG an § 22 AGG. Liegt die tatbestandliche Voraussetzung des § 15 Abs. 5 Satz 1 EntgTranspG vor, dh. äußert sich der Arbeitgeber gar nicht zu einem der erfragten Entgeltbestandteile im Auskunftsverlangen, tritt hierdurch im Fall einer Entgeltgleichheitsklage eine Beweislastverlagerung zu Lasten des Arbeitgebers ein. Ein solches Verhalten ruft nämlich Zweifel an der Rechtstreue des Arbeitgebers in Bezug auf die Entgeltgleichheit hervor und wird deshalb als Indiz für eine Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts gewertet. Allerdings bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, „im Streitfall die streitige Entgeltregelung durch objektive Faktoren zu rechtfertigen, die nichts mit einer Diskriminierung wegen des Geschlechts zu tun haben“ (BT-Drs. 18/11133 S. 66), was allerdings nichts anderes bedeutet, als dass er die Vermutung der Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts widerlegen kann. Dies folgt bereits aus der in § 15 Abs. 5 Satz 1 EntgTranspG ausdrücklich getroffenen Bestimmung, wonach den Arbeitgeber im Streitfall die Beweislast dafür trifft, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot iSd. EntgTranspG vorliegt. Zudem können unmittelbare Entgeltdiskriminierungen wegen des Geschlechts nicht „gerechtfertigt“ werden. Eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts und dadurch bewirkte Diskriminierung kann grundsätzlich sachlich nicht gerechtfertigt werden (vgl. zur st. Rspr. EuGH 7. Februar 2018 – C-142/17 und C-143/17- [Maturi ua.] Rn. 38 f.; 12. September 2013 – C-614/11 – [Kuso] Rn. 50 ff. zur Vorgänger-Richtlinie 76/207/EWG; 18. November 2010 – C-356/09 – [Kleist] Rn. 41 ff. zur Vorgänger-Richtlinie 76/207/EWG; EuArbRK/Mohr 3. Aufl. RL 2006/54/EG Art. 2 Rn. 6). Ausnahmen hiervon sind nur in dem in bestimmten Rechtsvorschriften festgelegten Fällen unter den dort konkret beschriebenen Voraussetzungen möglich (vgl. etwa EuGH 6. März 2014 – C-595/12 – [Napoli] Rn. 41 mwN; vgl. auch BAG 19. Dezember 2019 – 8 AZR 2/19 – Rn. 36 mwN, BAGE 169, 217). Für unmittelbare Entgeltdiskriminierungen wegen des Geschlechts ist eine solche Ausnahme nicht vorgesehen, dementsprechend räumt das EntgTranspG dafür keine Rechtfertigungsmöglichkeit ein. 55 (3) § 15 Abs. 5 Satz 1 EntgTranspG unterscheidet sich von der in § 22 AGG getroffenen Regelung nur insoweit, als die sich diskriminiert glaubende klagende Partei – anders als nach § 22 AGG erforderlich – im Rahmen einer Entgeltgleichheitsklage nicht darlegen und im Bestreitensfall beweisen muss, dass ihr Arbeitgeber ihr ein niedrigeres Entgelt zahlt als ihren zum Vergleich herangezogenen Kollegen des anderen Geschlechts und dass sie die gleiche oder eine gleichwertige, mit deren Arbeit vergleichbare Arbeit verrichtet, sondern dass sie – um ihrer Darlegungs- und Beweislast nachzukommen – nur darlegen und im Bestreitensfall beweisen muss, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 EntgTranspG erfüllt sind, dh. dass ihr Arbeitgeber die Erfüllung seiner Auskunftspflicht unterlassen hat. So, wie nach § 22 AGG der Umstand, dass der Arbeitgeber an die klagende Partei ein geringeres Entgelt zahlt als der/n maßgeblichen Vergleichsperson(en) des anderen Geschlechts ausreicht, um die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts zu begründen, reicht im Fall des § 15 Abs. 5 EntgTranspG die Nichterfüllung der Auskunftspflicht zur Begründung der entsprechenden Kausalitätsvermutung aus. Durch die in § 15 Abs. 5 EntgTranspG getroffene Bestimmung hat der Gesetzgeber demnach nochmals die besondere Bedeutung einer erteilten Auskunft für die Beschäftigten betont. Diese sollen – wie unter Rn. 44 ausgeführt – durch die in einem Auskunftserteilungsverfahren erlangten Informationen in die Lage versetzt werden, ihrer Darlegungs- und Beweislast im Rahmen einer Entgeltgleichheitsklage nachkommen zu können. 56 cc) Soweit das Landesarbeitsgericht unter Hinweis auf Stimmen im juristischen Schrifttum angenommen hat, die Angaben zum Median-Entgelt in einer Auskunft nach §§ 11 ff. EntgTranspG seien nicht aussagekräftig, weshalb eine Auskunft, der zufolge das Gehalt des klagenden Mitarbeiters unter dem Median der Vergleichsgruppe liege, für sich genommen nicht ausreichend sei, um im Fall einer Entgeltgleichheitsklage eine Beweislastumkehr iSv. § 22 AGG auszulösen, hält dies einer revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht stand. 57 (1) Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Annahme ausgeführt, eine Auskunft nach §§ 11 ff. EntgTranspG enthalte keine Information über die Durchschnittswerte des Entgelts des eigenen oder des anderen Geschlechts. Ihr komme auch im Fall einer bedeutsamen Vergütungsdifferenz kein erhebliches Gewicht zu. Dies führe nicht zu einer Missachtung des gesetzgeberischen Ziels des Entgelttransparenzgesetzes, den Grundsatz der Entgeltgleichhalt zu fördern. Allerdings erscheine das Gesetz, soweit es eine Vermutungswirkung an das vom Arbeitgeber mitgeteilte höhere Median-Entgelt knüpfe, missglückt. Nehme man beispielsweise an, dass sieben Frauen in der Vergleichsgruppe jeweils dasselbe verdienten wie ihre sieben männlichen Kollegen, beispielsweise jeweils zwischen 1.600,00 Euro und 2.500,00 Euro und sei der Median identisch, beispielsweise betrage er 1.900,00 Euro, erhielte die in der Vergleichsgruppe mit 1.600,00 Euro am wenigsten verdienende weibliche Beschäftigte folgerichtig die Auskunft, dass der männliche Median 1.900,00 Euro betrage. Hier ein Indiz für eine Entgeltdiskriminierung anzunehmen, sei deswegen verfehlt, weil eine solche Beschäftigte sich zufällig am unteren Rand des Vergütungsniveaus befinde. 58 (2) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, eine Auskunft des Arbeitgebers, der zufolge das Gehalt des/r klagenden Beschäftigten unter dem Median der Vergleichsgruppe liege, sei für sich genommen nicht ausreichend, um im Fall einer Entgeltgleichheitsklage eine Beweislastumkehr iSv. § 22 AGG auszulösen, wird den Vorgaben der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 157 AEUV (vgl. Rn. 18, 27 ff.) und damit auch zu § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG nicht gerecht. Zugleich hat das Landesarbeitsgericht die innere Systematik des § 22 AGG verkannt. Nach dieser Bestimmung kommt es für den Eintritt der Vermutungswirkung nicht darauf an, ob eine Auskunft nach §§ 11 ff. EntgTranspG Entgeltdiskriminierung tatsächlich zuverlässig anzeigen kann. Eine solche Anforderung würde entgegen § 22 AGG (in unionsrechtskonformer Auslegung) von der klagenden Partei mehr verlangen als nur die auf die erteilte Auskunft gestützte Darlegung, dass ihr Arbeitgeber ihr ein niedrigeres Entgelt zahlt als der/n von diesem mitgeteilten maßgeblichen Vergleichsperson(en) des anderen Geschlechts und dass sie die gleiche oder eine gleichwertige, mit deren Arbeit vergleichbare Arbeit verrichtet. Nach § 22 AGG bleibt eine etwaige Auseinandersetzung mit der Aussagekraft einer erteilten Auskunft für eine Entgeltdiskriminierung wegen des Geschlechts vielmehr dem Arbeitgeber im Rahmen seiner Darlegungs- und Beweislast nach § 22 AGG überlassen, indem er darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Nur der Arbeitgeber, der die Auskunft nach §§ 11 ff. EntgTranspG erteilt hat, verfügt über die für diese Auseinandersetzung erforderlichen Kenntnisse und Daten, die klagende Partei hingegen typischerweise nicht. Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der sich ausdrücklich für das Median-Entgelt als insoweit maßgebliches Kriterium entschieden hat. Eine andere Sichtweise würde im Übrigen dem unionsrechtlichen Gebot der „praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts“ zuwiderlaufen (vgl. Ausführungen unter Rn. 30, 51) und den Zweck des EntgTranspG, die Durchsetzung des Anspruchs auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit zu erleichtern (vgl. Rn. 43), verfehlen. 59 3. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden, ob die Klage begründet ist, was für den Anspruch dem Grunde nach nur noch davon abhängt, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, die Vermutung, dass die Klägerin die unmittelbare Entgeltbenachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG aufgrund des Geschlechts erfahren hat, den Vorgaben von § 22 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend widerlegt hat. Zugleich ist den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten den Klageantrag zu 1. abgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO), und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 60 4. Für das fortgesetzte Berufungsverfahren hält der Senat die folgenden Hinweise für geboten: 61 a) Besteht – wie hier – die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts, trägt die andere Partei – hier: die Beklagte – nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. Rn. 24, 31). Hierfür gilt das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot unabhängig vom Geschlecht vorliegt, sondern dass ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. Rn. 31). 62 aa) Danach hat der Arbeitgeber zur Widerlegung der Vermutung vorzutragen und ggf. zu beweisen, dass die festgestellte unterschiedliche Vergütung durch objektive Faktoren, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, zu erklären ist und dass die Ungleichbehandlung auch tatsächlich ausschließlich auf anderen Gründen als dem unterschiedlichen Geschlecht der Arbeitnehmer, also auf einem geschlechtsunabhängigen Unterschied beruht (vgl. etwa EuGH 28. Februar 2013 – C-427/11 – [Kenny ua.] Rn. 20, 39; 3. Oktober 2006 – C-17/05 – [Cadman] Rn. 31; 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 61 f.; 17. Juni 1998 – C-243/95 – [Hill und Stapleton] Rn. 43; 27. Juni 1990 – C-33/89 – [Kowalska] Rn. 13 und 16; 17. Oktober 1989 – 109/88 – [Danfoss] Rn. 22 und 23; in diesem Sinne auch EuGH 13. Mai 1986 – 170/84 – [Bilka] Rn. 29 ff., 36 f.). Die vorgebrachte Erklärung muss auf einem legitimen Ziel beruhen. Die zu dessen Erreichung gewählten Mittel müssen hierzu geeignet und erforderlich sein (vgl. etwa EuGH 3. Oktober 2006 – C-17/05 – [Cadman] Rn. 32). Auf Kriterien und Faktoren, die im Ergebnis Frauen stärker nachteilig betreffen als Männer, kann eine Entgeltdifferenzierung nur gestützt werden, wenn sie der Art der Arbeit geschuldet sind und zu den (legitimen) Bedürfnissen und Zielen des Unternehmens in Beziehung stehen (vgl. EuGH 27. Oktober 1993 – C-127/92 – [Enderby] Rn. 25). 63 bb) Bloße allgemeine Behauptungen des Arbeitgebers genügen zur Widerlegung der Vermutung nicht (vgl. etwa EuGH 20. März 2003 – C-187/00 – [Kutz-Bauer] Rn. 58; 17. Juni 1998 – C- 243/95 – [Hill und Stapleton] Rn. 38), der Arbeitgeber muss vielmehr einen Vortrag leisten, der eine wirksame Kontrolle und Nachprüfung durch die Gerichte ermöglicht. Gelingt ihm dies nicht, so geht dies zu seinen Lasten. 64 Das Gebot der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts – hier das Erfordernis der praktischen Wirksamkeit von Art. 157 AEUV sowie der Vorgaben der Richtlinie 2006/54/EG – fordert eine wirksame Kontrolle der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (vgl. etwa EuGH 27. Mai 2004 – C-285/02 – [Elsner-Lakeberg] Rn. 15; 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 35; 6. April 2000 – C-226/98 – [Jørgensen] Rn. 27, 31; 30. März 2000 – C-236/98 -[JämO] Rn. 43; 17. Mai 1990 – C-262/88 – [Barber] Rn. 31, 34) und die Nachprüfung seitens der nationalen Gerichte (EuGH 17. Oktober 1989 – 109/88 – [Danfoss] Rn. 12 unter Hinweis auf EuGH 30. Juni 1988 – 318/86 – [Kommission/Frankreich] Rn. 27). Eine solche wirksame Kontrolle und Nachprüfung durch die Gerichte ist nur bei Gewährleistung echter Transparenz möglich (vgl. etwa EuGH 27. Mai 2004 – C-285/02 – [Elsner-Lakeberg] aaO; 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] aaO; 6. April 2000 – C-226/98 – [Jørgensen] aaO; 30. März 2000 – C-236/98 – [JämO] aaO; 17. Mai 1990 – C-262/88 – [Barber] aaO). Eine mangelnde Durchschaubarkeit – hier des Entgelts – macht jede Nachprüfung seitens der nationalen Gerichte und auch seitens der durch diskriminierende Maßnahmen beschwerten Personen unmöglich (EuGH 17. Oktober 1989 – 109/88 – [Danfoss] Rn. 12 unter Hinweis auf EuGH 30. Juni 1988 – 318/86 – [Kommission/Frankreich] Rn. 27). 65 b) Im Hinblick auf die grundlegenden Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Entgeltdifferenzierung sind aus Sicht des Senats zudem die folgenden weiterführenden Hinweise veranlasst: 66 aa) Verwendet der Arbeitgeber ein Entgeltsystem, müssen nach § 4 Abs. 4 EntgTranspG und Art. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/54/EG dieses Entgeltsystem als Ganzes und auch die einzelnen Entgeltbestandteile so ausgestaltet sein, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts ausgeschlossen ist. Als Entgeltsystem gelten ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11133 S. 52) alle Systeme, die in irgendeiner Form das Entgelt der Beschäftigten bei einem Arbeitgeber bestimmen oder beeinflussen. Dazu zählen ua. alle betrieblichen oder kollektivrechtlichen Bewertungs-, Einstufungs- oder sonstigen Entgeltsysteme sowie die Entgeltsysteme, die auf gesetzlicher Grundlage beruhen. Demnach ist unter dem Begriff „Entgeltsystem“ jede regelbasierte Entgeltgestaltung zu verstehen. Gegenüber diesem umfassenden Verständnis des Begriffs „Entgeltsystem“ ergeben sich keine unionsrechtlichen Bedenken. 67 Damit eine Benachteiligung wegen des Geschlechts ausgeschlossen ist, muss das Entgeltsystem nach § 4 Abs. 4 EntgTranspG die Art der zu verrichtenden Tätigkeit objektiv berücksichtigen (vgl. auch EuGH 1. Juli 1986 – 237/85 – [Rummler] Rn. 13, 15, 23; vgl. näher auch BT-Drs. 18/11133 S. 53) und auf für weibliche und männliche Beschäftigte gemeinsamen Kriterien beruhen (vgl. auch Art. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/54/EG; vgl. näher auch BT-Drs. 18/11133 S. 53). Die einzelnen Differenzierungskriterien müssen diskriminierungsfrei gewichtet (vgl. näher auch BT-Drs. 18/11133 S. 53) sowie insgesamt durchschaubar sein (EuGH 17. Oktober 1989 – 109/88 – [Danfoss] Rn. 12 f., 15; vgl. näher auch BT-Drs. 18/11133 S. 53). Die gleiche Arbeit oder eine Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, muss in der gleichen Weise unabhängig davon entgolten werden, ob sie von einem Mann oder von einer Frau verrichtet wird (EuGH 1. Juli 1986 – 237/85 – [Rummler] Rn. 13). 68 bb) Erforderlich ist zudem eine konsequent geschlechtsneutrale Auslegung und Anwendung der Kriterien der Entgeltdifferenzierung. Denn nach Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG soll bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, mittelbare und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen beseitigt werden. Damit geht es nicht nur darum, geschlechtsneutrale Kriterien aufzustellen; die Kriterien müssen in der betrieblichen Praxis auch geschlechtsneutral ausgelegt und auf alle männlichen wie weiblichen Beschäftigten, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten und deshalb zur maßgeblichen Vergleichsgruppe gehören (hier der Abteilungsleiter in der V – Direktion und alle Regionaldirektionen), geschlechtsneutral angewendet werden. Auch dies ist vom Arbeitgeber substantiiert darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen. 69 cc) Ein objektives Kriterium, das nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat, kann im Einzelfall die Anciennität bzw. das Dienstalter sein, mit dem die Dauer der Berufserfahrung honoriert wird. 70 (1) Es ist ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik, die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten (ua. EuGH 3. Oktober 2006 – C-17/05 – [Cadman] Rn. 34; 17. Oktober 1989 – 109/88 – [Danfoss] Rn. 24). 71 (2) In der Regel ist der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters auch geeignet, um dieses Ziel zu erreichen. Das Dienstalter geht nämlich mit der Berufserfahrung einher und diese befähigt den Arbeitnehmer im Allgemeinen, seine Arbeit besser zu verrichten (vgl. etwa EuGH 8. September 2011 – C-297/10 und C-298/10 – [Hennigs und Mai] Rn. 74; 3. Oktober 2006 – C-17/05 – [Cadman] Rn. 34). Daher steht es dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, das Dienstalter bei der Vergütung zu berücksichtigen, ohne dass er dessen Bedeutung für die Ausführung der dem Arbeitnehmer übertragenen spezifischen Aufgaben darlegen muss (EuGH 3. Oktober 2006 – C-17/05 – [Cadman] Rn. 34 ff.; 17. Oktober 1989 – 109/88 – [Danfoss] Rn. 24). 72 (3) Allerdings kann es Situationen geben, in denen der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters vom Arbeitgeber im Einzelnen erklärt und insofern sachlich gerechtfertigt werden muss. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer Anhaltspunkte liefert, die geeignet sind, ernstliche Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass im betroffenen Fall der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters zur Erreichung des genannten Ziels geeignet ist. So kann ggf. – je nach Tätigkeit unterschiedlich – ab einer bestimmten Schwelle „ein Mehr“ an Berufserfahrung womöglich keine (weitere) Steigerung der Qualität der Arbeit mehr bewirken. Soweit der Arbeitnehmer insofern Anhaltspunkte für ernstliche Zweifel liefert, ist es Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass das, was in der Regel gilt, nämlich dass das Dienstalter mit der Berufserfahrung einhergeht und dass diese den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten, auch in Bezug auf den fraglichen Arbeitsplatz zutrifft (EuGH 3. Oktober 2006 – C-17/05 – [Cadman] Rn. 37 ff.). Denn der objektive Charakter eines solchen Kriteriums hängt von allen Umständen des Einzelfalls und insbesondere davon ab, welche Beziehung zwischen der Art der ausgeübten Tätigkeit und der Erfahrung besteht, die durch die Ausübung dieser Tätigkeit nach einer bestimmten Dauer erworben worden ist (vgl. EuGH 10. März 2005 – C-196/02 – [Nikoloudi] Rn. 55, 61; 2. Oktober 1997 – C-1/95 – [Gerster] Rn. 39; 7. Februar 1991 – C-184/89 – [Nimz] Rn. 14; vgl. in diesem Sinne auch EuGH 27. Oktober 1993 – C-127/92 – [Enderby] Rn. 25). 73 (4) Von einer solchen Honorierung der Berufserfahrung zu unterscheiden ist eine Bemessung des Arbeitsentgelts nach dem Lebensalter, die allerdings nicht den Vorgaben des AGG und denen des Unionsrechts entspricht, wie sie mit dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind und durch die Richtlinie 2000/78/EG (insbesondere deren Art. 2 und 6 Abs. 1) konkretisiert wurden (vgl. etwa EuGH 8. September 2011 – C-297/10 und C-298/10 – [Hennigs und Mai] Rn. 78; BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – Rn. 13, BAGE 140, 1). 74 c) Sollte das Berufungsgericht im fortgesetzten Berufungsverfahren zu der Überzeugung gelangen, die Beklagte habe die Vermutung, die Klägerin habe die unmittelbare Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts erfahren, nicht widerlegt, wird es zu beachten haben, dass eine unmittelbare Entgeltbenachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 EntgTranspG wegen des Geschlechts und dadurch bewirkte Diskriminierung – wie unter Rn. 54 ausgeführt – nicht sachlich gerechtfertigt werden kann und wird es dem auf Zahlung gerichteten Klageantrag zu 1. stattzugeben haben. 75 Insoweit gibt das Vorbringen der Klägerin Veranlassung, darauf hinzuweisen, dass es sich bei einer auf Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 bzw. § 7 EntgTranspG gestützten Klage auf Zahlung eines höheren monatlichen Arbeitsentgelts – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht um einen Schadensersatzanspruch iSv. § 15 AGG (vgl. ähnlich bereits BAG 22. Oktober 2015 – 8 AZR 168/14 – Rn. 18 ff., 64 f. zu auf § 4 Abs. 1 TzBfG gestützten Ansprüchen auf „Anpassung nach oben“) handelt, sondern um einen Anspruch auf Zahlung gleichheitswidrig vorenthaltener Vergütung. Wird eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt und sind bislang keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung getroffen worden, können die Gerichte die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nur dadurch gewährleisten, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen, wobei diese Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt (vgl. etwa EuGH 7. Oktober 2019 – C-171/18 – [Safeway] Rn. 17, 40 jeweils mwN; 28. Januar 2015 – C-417/13 – [Starjakob] Rn. 46; 19. Juni 2014 – C-501/12 bis C-506/12 – [Specht ua.] Rn. 95; 22. Juni 2011 – C-399/09 – [Landtová] Rn. 51 mwN; 21. Juni 2007 – C-231/06 bis C-233/06 – [Jonkman ua.] Rn. 39 mwN; 28. September 1994 – C-408/92 – [Avdel Systems] Rn. 15 f.; 7. Februar 1991 – C-184/89 – [Nimz] Rn. 18 ff. mwN; 8. April 1976 – 43/75 – [Defrenne II] Rn. 15; BAG 22. Oktober 2015 – 8 AZR 168/14 – Rn. 62 mwN). Für diese Rechtsfolge bedarf es keiner weiteren gesetzlichen Regelung; sie folgt bereits aus dem Verstoß gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit (vgl. im Übrigen etwa BAG 22. Oktober 2015 – 8 AZR 168/14 – Rn. 62; 10. Dezember 1997 – 4 AZR 264/96 – Rn. 32, BAGE 87, 272).              Schlewing                  Winter                  Vogelsang                                    Wroblewski                  Lüken" bag_10-21,29.04.2021,"29.04.2021 10/21 - Benachteiligung eines schwerbehinderten Bewerbers - Einladung zu einem Vorstellungsgespräch - Mindestnote der Ausbildung Geht dem öffentlichen Arbeitgeber die Bewerbung einer schwerbehinderten oder dieser gleichgestellten Person zu, muss er diese nach § 165 Satz 3 SGB IX* zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Nach § 165 Satz 4 SGB IX* ist eine Einladung entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Dies kann anzunehmen sein, wenn der/die Bewerber/in eine in einem nach Art. 33 Abs. 2 GG zulässigen Anforderungsprofil als zwingendes Auswahlkriterium bestimmte Mindestnote des geforderten Ausbildungsabschlusses nicht erreicht hat. Daran ändert der Umstand, dass § 165 Satz 4 SGB IX als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, nichts. Dem Prinzip der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG sind auch die durch das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG geschützten Personengruppen unterworfen. Im Sommer 2018 schrieb die Beklagte für eine Beschäftigung im Bundesamt für Verfassungsschutz mehrere Stellen als Referenten/Referentinnen aus. In der Stellenausschreibung heißt es ua.: „Sie verfügen über ein wissenschaftliches Hochschulstudium … der Politik-, Geschichts- oder Verwaltungswissenschaften … mit mindestens der Note ‚gut‘.“ Der Kläger, der sein Studium der Fächer Politikwissenschaften, Philosophie und Deutsche Philologie mit der Note „befriedigend“ abgeschlossen hat, bewarb sich innerhalb der Bewerbungsfrist unter Angabe seiner Schwerbehinderung. Er wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt mit E-Mail der Beklagten vom 17. Juli 2018 die Mitteilung, dass er nicht in die engere Auswahl einbezogen worden sei. Auf seine außergerichtliche Geltendmachung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG teilte die Beklagte dem Kläger mit, er erfülle, da er sein Studium mit der Note „befriedigend“ abgeschlossen habe, nicht die formalen Kriterien der Stellenausschreibung und habe deshalb nach § 165 Satz 4 SGB IX nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen. Mit seiner Klage hat der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung weiterverfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn den Vorgaben des SGB IX und des AGG zuwider wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Dies folge daraus, dass die Beklagte ihn entgegen § 165 Satz 3 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Er sei auch fachlich für die Stelle geeignet gewesen. Die in § 165 Satz 4 SGB IX zugelassene Ausnahme von der Einladungspflicht gegenüber schwerbehinderten Stellenbe- werbern sei eng auszulegen. Damit sei es unvereinbar, die Abschlussnote eines Studiums als Ausschlusskriterium anzusehen. Die Beklagte habe dieses Kriterium auch nicht während des gesamten Auswahlverfahrens beachtet. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Zwar hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, dass die Beklagte berechtigt war, in der Stellenausschreibung für den von ihr geforderten Hochschulabschluss die Mindestnote „gut“ als zwingendes Auswahlkriterium zu bestimmen und dass dem Kläger angesichts dessen die fachliche Eignung für die ausgeschriebenen Stellen offensichtlich fehlte. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft, ob die Beklagte auch niemand anderen, der das geforderte Hochschulstudium nicht mit der Mindestnote „gut“ abgeschlossen hatte, zum Vorstellungsgespräch eingeladen bzw. eingestellt hat. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, die Anforderung eines bestimmten, mit der Mindestnote „gut“ abgeschlossenen Hochschulstudiums im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren konsequent angewendet hat. Dies führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.   Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. April 2021 – 8 AZR 279/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Februar 2020 – 12 Sa 1671/19 –   *§ 165 SGB IX Besondere Pflichten der öffentlichen Arbeitgeber 1Die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden den Agenturen für Arbeit frühzeitig nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze (§ 156). … 3Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. 4Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. …","Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2020 – 12 Sa 1671/19 – aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Leitsatz 1. Soweit sich im öffentlichen Dienst eine Stellenausschreibung insbesondere (auch) an Bewerber/innen außerhalb des öffentlichen Dienstes richtet, es also in erster Linie um eine Ersteinstellung geht, kann der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich bestimmen, dass die für die ausgeschriebene Stelle erforderliche fachliche Eignung durch eine bestimmte Mindestnote eines zulässig geforderten Ausbildungsabschlusses nachzuweisen ist. 2. Erfüllen schwerbehinderte bzw. ihnen gleichgestellte behinderte Menschen nach ihren Bewerbungsunterlagen zweifelsfrei eine zulässig bestimmte und im Anforderungsprofil ausdrücklich und eindeutig bezeichnete fachliche Eignungsanforderung – wie etwa die Absolvierung eines zulässig geforderten Ausbildungsabschlusses mit einer bestimmten Mindestnote – nicht, reicht dies allein nicht aus, um den Arbeitgeber nach § 165 Satz 4 SGB IX von der in § 165 Satz 3 SGB IX bestimmten Verpflichtung zu befreien, den/die Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Den Arbeitgeber, der in solch einem Fall – gestützt auf § 165 Satz 4 SGB IX – von einer Einladung absehen will, trifft nicht nur die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der/die Bewerber/in fachlich offensichtlich ungeeignet ist, dh., dass das fachliche Leistungsprofil des/der Bewerbers/Bewerberin „unzweifelhaft“ nicht dem (fachlichen) Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspricht. Der Arbeitgeber muss auch darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass er andere Bewerber/innen, die ebenso insoweit das Anforderungsprofil nicht erfüllten, weder zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen noch letztlich eingestellt hat. Tatbestand 1 Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der (Schwer-)Behinderung zu zahlen. 2 Der Kläger hat 1994 ein Studium der Fächer Politikwissenschaften, Philosophie und Deutsche Philologie mit der Note „befriedigend“ abgeschlossen und ist seitdem sowohl freiberuflich als auch angestellt tätig, insbesondere im Bereich Kommunikation einschließlich Onlinekommunikation und Onlinemarketing. 3 Die Beklagte schrieb im Jahr 2018 für eine Beschäftigung im Bundesamt für Verfassungsschutz unter dem Titel „Referenten/Referentinnen Politik-, Geschichts- oder Verwaltungswissenschaften“ mehrere Stellen aus. In der Ausschreibung heißt es ua.:        „Ihre Aufgaben          •        Im höheren Dienst vertreten und unterstützen Sie Ihre Referatsleitung und sind gleichzeitig Ansprechpartner/in für die Mitarbeiter/innen.          •        Außerdem beschaffen Sie Informationen und bereiten die Ergebnisse analytisch und verwertbar auf.          •        Rechtliche Grundsatzfragen klären Sie im Rahmen der Aufgabenerledigung des Referates.          …               Ihr Profil          Sie verfügen                   über ein wissenschaftliches Hochschulstudium … der Politik-, Geschichts- oder Verwaltungswissenschaften … mit mindestens der Note ‚gut‘.          Darüber hinaus erwarten wir          •        Bereitschaft und Fähigkeit, mittelfristig Aufgaben der Personalführung zu übernehmen          …                          •        eine gute Auffassungsgabe sowie Denk- und Urteilsfähigkeit          …“     4 Unter „Gehalt und Perspektive“ heißt es in der Stellenausschreibung ua.:        „unbefristete Einstellung in die Entgeltgruppe 13 TVöD Bund sowie Möglichkeit der späteren Verbeamtung“. 5 Der Kläger bewarb sich innerhalb der Bewerbungsfrist über das für das Stellenbesetzungsverfahren vorgegebene Online-Bewerbungssystem unter Angabe seiner Schwerbehinderung. Die Beklagte teilte ihm mit E-Mail vom 17. Juli 2018 mit, dass inzwischen eine Vorauswahlentscheidung getroffen worden sei und dass seine Bewerbung leider nicht in die engere Wahl habe einbezogen werden können. Mit Schreiben vom 12. September 2018, der Beklagten per Telefax am selben Tag zugegangen, machte der Kläger erfolglos die Zahlung einer Entschädigung nach dem AGG geltend. 6 Mit seiner Klage hat der Kläger diesen Anspruch weiterverfolgt. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei ihm nach § 15 Abs. 2 AGG zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung verpflichtet, weil sie ihn im Bewerbungsverfahren wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt habe. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte ihn entgegen § 165 Satz 3 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe, obwohl er mit seiner Bewerbung über seine Schwerbehinderung informiert habe und fachlich für die ausgeschriebenen Stellen geeignet gewesen sei. Die in § 165 Satz 4 SGB IX zugelassene Ausnahme von der Einladungspflicht gegenüber schwerbehinderten Stellenbewerbern sei eng auszulegen, auch im Hinblick auf unions- und völkerrechtliche Verpflichtungen. Schon deshalb sei es mit § 165 Satz 4 SGB IX nicht vereinbar, die Abschlussnote des Studiums als Ausschlusskriterium anzusehen. Die Beklagte habe dieses Kriterium im Übrigen auch nicht während des gesamten Auswahlverfahrens beachtet. 7 Der Kläger hat beantragt,        die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 11.480,00 Euro nicht unterschreiten sollte nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. September 2018. 8 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Ansicht vertreten, den Kläger nicht wegen seiner (Schwer-)Behinderung benachteiligt zu haben. Ein Verstoß gegen § 165 Satz 3 SGB IX liege nicht vor. Der Kläger erfülle die zwingend festgesetzte Anforderung der Mindestabschlussnote „gut“ nicht. Diese Anforderung sei rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere genüge der öffentliche Arbeitgeber hiermit dem Prinzip der Bestenauslese des Art. 33 Abs. 2 GG. Die Anforderung der Mindestabschlussnote „gut“ folge aus den Aufgaben, die den Referentinnen und Referenten übertragen werden sollten. Vor diesem Hintergrund sei sie nach § 165 Satz 4 SGB IX nicht verpflichtet gewesen, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Sie habe das Auswahlkriterium der Mindestabschlussnote „gut“ auch während des gesamten Auswahlverfahrens beachtet. 9 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Zahlung einer Entschädigung weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision. Entscheidungsgründe 10 Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen. Aufgrund der vom Landesarbeitsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann der Senat allerdings nicht abschließend beurteilen, ob die Klage begründet ist. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 11 A. Die auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG gerichtete Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. 12 § 15 Abs. 2 AGG räumt dem Gericht bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung einen Ermessensspielraum ein (vgl. BAG 28. Mai 2020 – 8 AZR 170/19 – Rn. 27, BAGE 170, 340), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Der Kläger hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht dabei heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angegeben (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 – 8 AZR 997/12 – Rn. 16; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 16). Der Kläger hat als aus seiner Sicht nicht zu unterschreitenden Mindestbetrag 11.480,00 Euro angegeben und zur Berechnung vorgetragen, das auf den ausgeschriebenen Stellen erzielbare Bruttomonatsgehalt betrage ca. 3.827,00 Euro. 13 B. Zwar durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung (als unbegründet) abweisen. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht bislang getroffenen Feststellungen jedoch nicht abschließend beurteilen. 14 I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der persönliche Anwendungsbereich des AGG eröffnet ist (vgl. näher ua. BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 62, BAGE 155, 149) und dass der Kläger den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt hat (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Darüber streiten die Parteien auch nicht. 15 II. Ebenso zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der Kläger eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG erfahren hat. 16 1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) verbietet. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 164 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG. 17 2. Der Kläger, der der Beklagten seine Schwerbehinderung in dem für die Bewerbung bereitgestellten Online-Bewerbungsformular ordnungsgemäß mitgeteilt hatte, wurde dadurch, dass er von der Beklagten im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren für die ausgeschriebenen Stellen als Referent im Bundesamt für Verfassungsschutz nicht berücksichtigt wurde, unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt, denn er hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Darauf, ob es überhaupt andere Bewerber/innen gegeben hat und ob von der Beklagten ausgewählte Bewerber/innen eine oder mehrere der Stellen angetreten haben, kommt es nicht an (vgl. näher BAG 19. Dezember 2019 – 8 AZR 2/19 – Rn. 28 ff., BAGE 169, 217). 18 III. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage allerdings nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen, der Kläger habe die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG nicht wegen seiner Schwerbehinderung erfahren. Insoweit hat es zu Unrecht angenommen, die Beklagte sei nach § 165 Satz 4 SGB IX von ihrer Verpflichtung aus § 165 Satz 3 SGB IX befreit gewesen, den Kläger, der sich zur Begründung des erforderlichen Kausalzusammenhangs zwischen der erfahrenen unmittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG und seiner Schwerbehinderung ausschließlich auf einen Verstoß der Beklagten gegen § 165 Satz 3 SGB IX berufen hatte, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. 19 1. Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der Benachteiligung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dasselbe gilt für das besondere Benachteiligungsverbot in § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Auch hier muss zwischen der Benachteiligung und dem Grund – hier der Schwerbehinderung – ein Kausalzusammenhang bestehen. 20 a) Soweit es – wie hier – um eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG geht, ist hierfür nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG an einen Grund iSv. § 1 AGG bzw. die (Schwer-)Behinderung anknüpft oder durch diese/n motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (vgl. BAG 23. November 2017 – 8 AZR 372/16 – Rn. 20 mwN). 21 b) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (BAG 25. Oktober 2018 – 8 AZR 501/14 – Rn. 51, BAGE 164, 117). 22 aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (BAG 25. Oktober 2018 – 8 AZR 501/14 – Rn. 52 mwN, BAGE 164, 117). 23 bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats begründet der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, mithin auch der Verstoß des Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes gegen die in § 165 Satz 3 SGB IX geregelte Pflicht, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer-)Behinderung. Diese Pflichtverletzungen sind nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. etwa BAG 27. August 2020 – 8 AZR 45/19 – Rn. 29; 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 37, BAGE 169, 302; 16. Mai 2019 – 8 AZR 315/18 – Rn. 22 mwN, BAGE 167, 1; 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 25, BAGE 156, 107; 22. Oktober 2015 – 8 AZR 384/14 – Rn. 35; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 45 mwN). 24 cc) Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Hierfür gilt allerdings das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. etwa BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 36 mwN, BAGE 169, 302; 26. Januar 2017 – 8 AZR 73/16 – Rn. 26 mwN). 25 c) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen der (Schwer-)Behinderung vermuten lassen, ist nur eingeschränkt revisibel. Die revisionsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Würdigung der Tatsachengerichte möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 67, BAGE 169, 302; 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 48 mwN, BAGE 156, 107). 26 2. Das Landesarbeitsgericht durfte nicht mit der von ihm gegebenen Begründung annehmen, der Kläger habe die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG nicht wegen seiner Schwerbehinderung erfahren, weil die Beklagte aufgrund der Regelung in § 165 Satz 4 SGB IX von ihrer Verpflichtung aus § 165 Satz 3 SGB IX, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, befreit gewesen sei. 27 a) Nach § 165 Satz 1 SGB IX melden die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze. Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder von einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, § 165 Satz 3 SGB IX. Nach § 165 Satz 4 SGB IX ist eine Einladung entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich, dh. unzweifelhaft fehlt. Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (st. Rspr. des BAG, vgl. etwa BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 48, BAGE 169, 302; 22. Oktober 2015 – 8 AZR 384/14 – Rn. 27 mwN). 28 aa) Maßstab für die fachliche Eignung eines Bewerbers bzw. einer Bewerberin ist der Aufgabenbereich des zu besetzenden Arbeitsplatzes. Ob ein schwerbehinderter Mensch für eine zu besetzende Stelle fachlich ungeeignet ist iSv. § 165 Satz 4 SGB IX, ist demnach anhand eines Vergleichs zwischen dem (fachlichen) Anforderungsprofil des zu besetzenden Arbeitsplatzes und dem (fachlichen) Leistungsprofil des Bewerbers oder der Bewerberin zu ermitteln (vgl. BAG 27. August 2020 – 8 AZR 45/19 – Rn. 36; 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 -Rn. 37, BAGE 156, 107; BVerwG 3. März 2011 – 5 C 16.10 – Rn. 20, BVerwGE 139, 135). 29 (1) Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen fest, die ein/e Bewerber/in für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. BVerwG 3. März 2011- 5 C 16.10 – Rn. 21, BVerwGE 139, 135). Damit nimmt er allerdings nicht nur einen wesentlichen Teil der Auswahlentscheidung vorweg (vgl. BVerfG 20. September 2007 – 2 BvR 1972/07 – Rn. 15 mwN; BAG 16. Februar 2012 – 8 AZR 697/10 – Rn. 38; BVerwG 3. März 2011 – 5 C 16.10 – Rn. 22 mwN, aaO). Vielmehr beeinflusst der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil zugleich den Umfang seiner – der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten – verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 165 Satz 3 und Satz 4 SGB IX. Denn schwerbehinderte Menschen und die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen, die nach ihren Bewerbungsunterlagen eine ihrerseits diskriminierungsfrei und auch im Übrigen zulässig bestimmte fachliche Eignungsvoraussetzung nicht erfüllen, die im Anforderungsprofil ausdrücklich und eindeutig bezeichnet ist, müssen ggf. nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden (vgl. BAG 16. Februar 2012 – 8 AZR 697/10 – Rn. 38; BVerwG 3. März 2011 – 5 C 16.10 – Rn. 22 mwN, aaO; vgl. auch BAG 21. Juli 2009 – 9 AZR 431/08 – Rn. 24 ff., BAGE 131, 232). 30 (2) Im Hinblick auf das fachliche Anforderungsprofil des zu besetzenden Arbeitsplatzes ist das in der Ausschreibung mitgeteilte Anforderungsprofil maßgebend, sofern es den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG hinreichend Rechnung trägt (vgl. etwa BAG 28. Januar 2020 – 9 AZR 91/19 – Rn. 29 ff.) und auch im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden ist. 31 (a) Zwar entscheidet der öffentliche Arbeitgeber aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen, wie er seine Stellen zuschneidet, welche Zuständigkeiten er diesen zuweist und welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der daraus im Einzelnen resultierenden Aufgaben für erforderlich ansieht. Dies fällt in sein Organisationsermessen, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist (vgl. etwa BAG 28. Januar 2020 – 9 AZR 91/19 – Rn. 30; 10. Februar 2015 – 9 AZR 554/13 – Rn. 16 mwN; BVerwG 26. November 2020 – 1 WB 8.20 – Rn. 23; 23. Januar 2020 – 2 VR 2.19 – Rn. 25 mwN; vgl. auch BVerfG 20. September 2007 – 2 BvR 1972/07 – Rn. 13 mwN). 32 (b) Allerdings gilt für die Stellenvergabe im öffentlichen Dienst das verfassungsrechtlich garantierte Prinzip der Bestenauslese, dh. der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat. Danach hat nur die für die zu besetzende Stelle am besten geeignete Bewerberin oder der am besten geeignete Bewerber einen Anspruch auf Einstellung oder Beförderung, sobald und solange sich der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Rahmen seiner Organisationsgewalt dafür entschieden hat, verfügbare Stellen im Wege der Bewerberauswahl zu besetzen (vgl. BVerwG 3. März 2011 – 5 C 16.10 – Rn. 20, BVerwGE 139, 135). Daraus folgt angesichts der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jeder sich bewerbenden Person auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren (vgl. etwa BAG 28. Januar 2020 – 9 AZR 91/19 – Rn. 27; 12. Dezember 2017 – 9 AZR 152/17 – Rn. 33, BAGE 161, 157). Öffentliche Ämter im Sinne dieser Vorschrift sind dabei nicht nur Beamtenstellen, sondern auch – wie im Streitfall – solche Stellen, die ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes – wie die Beklagte – mit Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen zu besetzen beabsichtigt (vgl. etwa BAG 28. Januar 2020 – 9 AZR 91/19 – Rn. 26; 17. Oktober 2017 – 9 AZR 192/17 – Rn. 20, BAGE 160, 280). 33 (c) Über die Vorgaben von Art. 33 Abs. 2 GG hinaus ist der öffentliche Arbeitgeber bei der Erstellung des Anforderungsprofils auch an (weitere) gesetzliche und ggf. tarifvertragliche Vorgaben gebunden. Er hat das Anforderungsprofil zudem ausschließlich nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Eine Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerberinnen und Bewerber um ein öffentliches Amt darf nur aufgrund sachlicher Erwägungen erfolgen (vgl. BVerfG 20. September 2007 – 2 BvR 1972/07 – Rn. 14 mwN; BVerwG 26. November 2020 – 1 WB 8.20 – Rn. 41; 3. März 2011 – 5 C 16.10 – Rn. 22 mwN, BVerwGE 139, 135). 34 (d) Als Grundlage der leistungsbezogenen Auswahl muss das Anforderungsprofil zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt werden (vgl. BAG 28. Januar 2020 – 9 AZR 91/19 – Rn. 30; 12. September 2006 – 9 AZR 807/05 – Rn. 32, BAGE 119, 262). Es bleibt für den öffentlichen Arbeitgeber zudem während des gesamten Auswahlverfahrens verbindlich (vgl. BAG 28. Januar 2020 – 9 AZR 91/19 – Rn. 30; BVerwG 3. März 2011 – 5 C 16.10 – Rn. 23 mwN, BVerwGE 139, 135). Ob der Arbeitgeber seine Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (vgl. etwa BAG 28. Januar 2020 – 9 AZR 91/19 – Rn. 30 mwN; BVerwG 26. November 2020 – 1 WB 8.20 – Rn. 23; 19. Juli 2018 – 1 WB 3.18 – Rn. 31). 35 bb) Erfüllen schwerbehinderte bzw. ihnen gleichgestellte behinderte Menschen nach ihren Bewerbungsunterlagen zweifelsfrei eine ihrerseits diskriminierungsfrei und auch im Übrigen zulässig bestimmte fachliche Eignungsanforderung nicht, die im Anforderungsprofil ausdrücklich und eindeutig bezeichnet ist, reicht dies allein allerdings nicht aus, um den Arbeitgeber nach § 165 Satz 4 SGB IX von der in § 165 Satz 3 SGB IX bestimmten Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu befreien. Der Arbeitgeber, der – gestützt auf § 165 Satz 4 SGB IX – von einer Einladung eines schwerbehinderten oder diesem gleichgestellten behinderten Bewerbers absehen will, muss, da ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass er von der Einladungsverpflichtung befreit ist (vgl. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 38, BAGE 156, 107), demnach nicht nur darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass das fachliche Leistungsprofil des Bewerbers „unzweifelhaft“ nicht dem (fachlichen) Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspricht. Der Arbeitgeber muss zudem darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass er andere Bewerber/innen, die ebenso insoweit das Anforderungsprofil nicht erfüllten, weder zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen noch letztlich eingestellt hat. Diese Anforderung folgt nicht nur aus dem Umstand, dass das vom öffentlichen Arbeitgeber formulierte Anforderungsprofil – wie unter Rn. 34 ausgeführt – für diesen während des gesamten Auswahlverfahrens verbindlich bleibt und es mit den Prinzipien von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unvereinbar wäre, wenn der Arbeitgeber sich auf das Anforderungsprofil berufen könnte, obgleich er dieses nicht konsequent gegenüber allen Bewerbern/Bewerberinnen anwendet. Ein solches Verständnis von § 165 Satz 4 SGB IX ist auch geboten, um dem Anliegen der in Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG sowie in Art. 5 Abs. 3, Art.  27 Abs.  1 und Art. 2 Unterabs. 3 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden Charta) getroffenen Bestimmungen hinreichend Rechnung zu tragen. 36 (1) Nach Art. 5 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG haben die Mitgliedstaaten angemessene Vorkehrungen zu treffen, um die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf Menschen mit Behinderung zu gewährleisten, was nach Art. 5 Satz 2 der Richtlinie 2000/78/EG bedeutet, dass der Arbeitgeber die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat, um Menschen mit Behinderung ua. nicht nur den Zugang zur Beschäftigung, sondern auch den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten (vgl. EuGH 17. Juli 2008 – C-303/06 – [Coleman] Rn. 39; dazu, dass Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG im AGG keine wortgleiche Umsetzung erfahren hat, BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – Rn. 42, BAGE 148, 158). 37 (2) Art. 5 Abs. 3 UN-BRK bestimmt, dass die Vertragsstaaten zur Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung von Diskriminierungen alle geeigneten Schritte unternehmen, um die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen zu gewährleisten. Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a UN-BRK sichern und fördern die Vertragsstaaten die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit durch geeignete Schritte, einschließlich des Erlasses von Rechtsvorschriften, um ua. „Diskriminierung aufgrund von Behinderung in allen Angelegenheiten im Zusammenhang mit einer Beschäftigung gleich welcher Art, einschließlich der Auswahl-, Einstellungs- und Beschäftigungsbedingungen, der Weiterbeschäftigung, des beruflichen Aufstiegs sowie sicherer und gesunder Arbeitsbedingungen, zu verbieten“. Zudem bestimmt Art. 2 Unterabs. 3 UN-BRK, dass von der „Diskriminierung aufgrund von Behinderung“ alle Formen der Diskriminierung erfasst sind, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen. Die Bestimmungen der UN-BRK sind Bestandteil der Unionsrechtsordnung (vgl. EuGH 11. September 2019 – C-397/18 – [Nobel Plastiques Ibérica] Rn. 39; 11. April 2013 – C-335/11 ua. – [HK Danmark, auch genannt „Ring, Skouboe Werge“] Rn. 28 ff.) und damit zugleich Bestandteil des – unionsrechtskonform auszulegenden – deutschen Rechts (BAG 4. November 2015 – 7 ABR 62/13 – Rn. 27, BAGE 153, 187; 19. Dezember 2013 – 6 AZR 190/12 – Rn. 53, BAGE 147, 60; vgl. auch BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – Rn. 42, BAGE 148, 158). Der Umstand, dass die UN-BRK seit ihrem Inkrafttreten integrierender Bestandteil der Unionsrechtsordnung ist, führt darüber hinaus dazu, dass auch die Richtlinie 2000/78/EG ihrerseits nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen auszulegen ist (vgl. EuGH 11. September 2019 – C-397/18 – [Nobel Plastiques Ibérica] Rn. 40; 11. April 2013 – C-335/11 ua. – [HK Danmark, auch genannt „Ring, Skouboe Werge“] Rn. 28 bis 32). 38 (3) Schließlich anerkennt und achtet die Europäische Union nach Art. 26 der Charta den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf ua. Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer beruflichen Eingliederung und in Art. 21 der Charta ist festgelegt, dass niemand wegen einer Behinderung diskriminiert werden darf. 39 b) Danach hat das Landesarbeitsgericht mit unzutreffender Begründung angenommen, dass die Beklagte nach § 165 Satz 4 SGB IX von der Verpflichtung aus § 165 Satz 3 SGB IX zur Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch befreit war. 40 aa) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, dass die Beklagte berechtigt war, in ihrem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil für die von ihr alternativ geforderten Hochschulabschlüsse die Mindestnote „gut“ als zwingendes Auswahlkriterium zu bestimmen, und dass dem Kläger, der sein Studium der Politikwissenschaften, Philosophie und Deutsche Philologie mit der Note „befriedigend“ abgeschlossen hatte, infolgedessen die fachliche Eignung iSv. § 165 Satz 4 SGB IX offensichtlich fehlte. 41 (1) Entgegen der Rechtsansicht des Klägers hatte die Beklagte in ihrem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil für die von ihr alternativ geforderten Hochschulabschlüsse die Mindestnote „gut“ als zwingendes Auswahlkriterium bestimmt. Dies ergibt die Auslegung der Stellenausschreibung der Beklagten aus dem Jahr 2018 nach den für typische Willenserklärungen bzw. Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen. 42 (a) Stellenanzeigen sind wie typische Willenserklärungen bzw. Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern bzw. Bewerberinnen unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Bewerbers bzw. der durchschnittlichen Bewerberin zugrunde zu legen sind (vgl. etwa BAG 23. November 2017 – 8 AZR 604/16 – Rn. 27; 26. Januar 2017 – 8 AZR 73/16 – Rn. 29; 16. Dezember 2015 – 5 AZR 567/14 – Rn. 12, BAGE 154, 8; vgl. auch BVerwG 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 – Rn. 32, BVerwGE 147, 20 zur entsprechend § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierten Auslegung von Stellenausschreibungen). 43 (b) Die Auslegung der Stellenausschreibung der Beklagten nach diesen Grundsätzen ergibt, dass die Beklagte die geforderte Note als zwingendes Auswahlkriterium bestimmt hat. 44 In der Stellenausschreibung heißt es unter der Überschrift „Ihr Profil“ insoweit ausschließlich: „Sie verfügen über ein wissenschaftliches Hochschulstudium (Master, Magister, Diplom univ.) der Politik-, Geschichts- oder Verwaltungswissenschaften (insb. Master of Public Administration) mit mindestens der Note ‚gut‘.“ Mit dieser Formulierung hat die Beklagte das geforderte Hochschulstudium untrennbar mit einer bestimmten Note verknüpft. Diese Verknüpfung konnte von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern bzw. Bewerberinnen unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte sich bewerbende Personen nur dann in die nähere Auswahl einbeziehen würde, wenn diese das geforderte wissenschaftliche Hochschulstudium – zwingend – mit mindestens der Note „gut“ abgeschlossen hatten. Soweit der Kläger demgegenüber anführt, die Mindestabschlussnote sei als „weich“ formuliertes Kriterium zu verstehen, das die Beklagte lediglich als „wünschenswert“ angesehen habe, enthält die Stellenausschreibung dafür keinen Anhaltspunkt. Ein solcher lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch weder aus einer „großen Bandbreite“ vorausgesetzter Studienfächer noch daraus ablesen, dass die Mindestabschlussnote in der Stellenausschreibung nicht unter der Überschrift „Darüber hinaus erwarten wir“ eingeordnet war. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Mit der Wendung „darüber hinaus erwarten wir“ wird nur zum Ausdruck gebracht, dass über die Anforderung, ein bestimmtes wissenschaftliches Hochschulstudium mit einer bestimmten Mindestnote absolviert zu haben, hinaus weitere Anforderungen an die Bewerber/innen gestellt werden. 45 (2) Entgegen der Rechtsansicht des Klägers war die Beklagte auch berechtigt, in ihrem in der Stellenausschreibung für eine Beschäftigung als Referent/Referentin im Bundesamt für Verfassungsschutz formulierten Anforderungsprofil für die von ihr alternativ geforderten Hochschulabschlüsse die Mindestnote „gut“ als zwingendes Auswahlkriterium zu bestimmen. Hierin liegt unter den gegebenen Umständen weder eine unzulässige Vorwegnahme der nach Art. 33 Abs. 2 GG erforderlichen Bestenauslese noch eine unzulässige Einschränkung des Bewerberfelds, sondern vielmehr eine nicht zu beanstandende Festlegung eines maßgeblichen Auswahlgesichtspunkts. 46 (a) Art. 33 Abs. 2 GG macht den Zugang zu einem öffentlichen Amt davon abhängig, dass der/die betreffende Bewerber/in über die erforderliche Qualifikation (Eignung, Befähigung und fachliche Leistung) verfügt, und beschränkt damit den Zugang zu öffentlichen Ämtern in Abhängigkeit von diesen drei Merkmalen (vgl. OVG NW 16. Juli 2020 – 1 A 438/18 – Rn. 18). Dabei erfasst „Eignung“ im engeren Sinne insbesondere Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt bzw. eine bestimmte Tätigkeit im öffentlichen Dienst von Bedeutung sind. Die „Befähigung“ zielt auf allgemein der Tätigkeit zugutekommende Fähigkeiten wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung. „Fachliche Leistung“ bedeutet Fachwissen, Fachkönnen und Bewährung im Fach (vgl. BVerfG 23. Juni 2015 – 2 BvR 161/15 – Rn. 28 mwN; 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 ua. – Rn. 59 mwN, BVerfGE 139, 19; 27. Mai 2013 – 2 BvR 462/13 – Rn. 14). 47 (b) Mit der Festlegung einer Mindestnote für einen geforderten Abschluss im Anforderungsprofil übt der Dienstherr bzw. Arbeitgeber den ihm offenstehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eignung der Bewerber/innen regelmäßig in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG in typisierender Weise aus. Dieser Festlegung liegt nämlich die grundsätzlich nicht zu beanstandende Annahme zugrunde, dass eine Benotung eines geforderten Abschlusses mit einer bestimmten Mindestnote in der Regel auf eine bessere Qualifikation hindeutet als eine Benotung, die diese Grenze nicht überschreitet, weil die erzielte Abschlussnote für die im Rahmen der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG erforderliche prognostische Beurteilung der fachlichen und persönlichen Eignung der Bewerber/innen besonders aussagekräftig ist (vgl. OVG NW 16. Juli 2020 – 1 A 438/18 – Rn. 25; 12. November 2019 – 1 A 1112/17 – Rn. 12). Die Festlegung einer Mindestabschlussnote ist im Übrigen – unabhängig von der konkreten Note bzw. einem konkreten Punktwert – immer leistungsbezogen und wird insoweit den Anforderungen von Art. 33 Abs. 2 GG gerecht. 48 (c) Danach ist – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – auch im vorliegenden Verfahren die Bestimmung der Mindestabschlussnote „gut“ als zwingendes Auswahlkriterium durch die Beklagte nicht zu beanstanden, insbesondere ergibt sich Abweichendes weder aus der Anforderung, dass die Bedeutung dienstlicher Beurteilungen als Auswahlinstrument im Rahmen der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht durch die Vorschaltung eines derartigen Anforderungsmerkmals entwertet werden darf, noch aus dem Umstand, dass das Anforderungskriterium der Mindestabschlussnote „gut“ unabhängig davon gilt, wie lange die geforderte Hochschulprüfung zurückliegt und wie umfangreich die praktischen Erfahrungen sind, die einzelne Bewerber/innen ggf. mitbringen (zu diesen Gesichtspunkten vgl. auch OVG NW 26. Januar 2021 – 6 B 922/20 – Rn. 28). Auch der Umstand, dass es sich beim Kläger um einen schwerbehinderten Menschen handelt, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. 49 (aa) Die Beklagte wollte – wie sich aus ihrer Stellenausschreibung aus dem Jahr 2018 und ihrem weiteren Vorbringen ergibt – mit der Stellenausschreibung insbesondere (auch) Bewerber/innen erreichen, die bisher noch nicht im öffentlichen Dienst tätig sind oder waren und die deshalb dienstliche Beurteilungen eines öffentlichen Arbeitgebers, die über ihre fachlichen Leistungen hätten Auskunft geben können, nicht aufzuweisen hatten. Soweit – wie hier für eine Ersteinstellung im öffentlichen Dienst – dienstliche Beurteilungen von fachlichen Leistungen nicht vorliegen können, ist indes anerkannt, dass der öffentliche Arbeitgeber grundsätzlich bestimmen kann, dass die für die konkrete Stelle erforderliche fachliche Eignung etwa durch eine bestimmte Mindestnote des geforderten Ausbildungsabschlusses, beispielsweise – wie hier – eine Mindestabschlussnote des geforderten wissenschaftlichen Hochschulstudiums, nachzuweisen ist (vgl. BVerwG 3. März 2011 – 5 C 16.10 – Rn. 22 mwN, BVerwGE 139, 135; 1. Februar 2006 – 2 PKH 3.05 – Rn. 11; vgl. auch BAG 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 – Rn. 36; 7. April 2011 – 8 AZR 679/09 – Rn. 47 f.; auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem die Richterbesoldung betreffenden Urteil vom 5. Mai 2015 – 2 BvL 17/09 ua. – die Praxis der Justizverwaltungen, für die Einstellung in den höheren Justizdienst das Erreichen einer Mindestnote in der ersten Prüfung und in der zweiten juristischen Staatsprüfung vorauszusetzen, erwähnt, ohne diese in Frage zu stellen, vgl. insbesondere Rn. 150 ff., BVerfGE 139, 64). Eine solche Mindestabschlussnote trägt der Bestenauslese in besonderer Weise Rechnung. Es begegnet grundsätzlich keinen Bedenken, wenn ein öffentlicher Arbeitgeber für zu besetzende Stellen von vornherein nur solche Bewerber/innen in den Blick nehmen will, die aufgrund ihrer dokumentierten Ausbildungsergebnisse in besonderem Maße befähigt erscheinen (BAG 7. April 2011 – 8 AZR 679/09 – Rn. 47). Auszuwählen ist die Bewerberin bzw. der Bewerber, von der/dem der Dienstherr im Rahmen einer Prognose erwarten darf, dass sie/er in der Zukunft den Anforderungen des konkret zu besetzenden Amtes bzw. der konkreten Tätigkeit am besten entspricht. Der dabei in Ausfüllung der Begriffe „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“ dem Dienstherrn eröffnete Beurteilungsspielraum (vgl. Rn. 31 und 47) unterliegt schon von Verfassungs wegen einer nur begrenzten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfG 9. August 2016 – 2 BvR 1287/16 – Rn. 77; 27. Mai 2013 – 2 BvR 462/13 – Rn. 14 mwN; 11. Mai 2011 – 2 BvR 764/11 – Rn. 10 mwN; vgl. auch BAG 17. Januar 2006 – 9 AZR 226/05 – Rn. 62). 50 (bb) Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die Beklagte von den Bewerberinnen und Bewerbern auf die ausgeschriebenen Stellen, auf denen Informationen zu beschaffen und Ergebnisse analytisch und verwertbar aufzubereiten sowie rechtliche Grundsatzfragen im Rahmen der Aufgabenerledigung des Referats zu klären sind, verlangt, dass diese das geforderte wissenschaftliche Hochschulstudium mit der Mindestnote „gut“ abgeschlossen haben. Mit der Abschlussnote wird nämlich, wie auch das Landesarbeitsgericht angenommen hat, der Erfolg dokumentiert, mit dem die Fähigkeiten und Kenntnisse im Studium erworben wurden. Auch erscheint, wie das Landesarbeitsgericht zudem ausgeführt hat, der Schluss von einem guten Erfolg beim Abschluss dieser Studiengänge auf eine besondere Befähigung zur Erledigung der auf den ausgeschriebenen Stellen anfallenden Aufgaben sachlich nachvollziehbar. Der in Ausfüllung der Begriffe „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“ dem Dienstherrn eröffnete Beurteilungsspielraum, der nur begrenzter gerichtlicher Kontrolle unterliegt (vgl. Rn. 31 und 49), ist damit jedenfalls nicht überschritten worden. 51 (cc) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers folgt – wie das Landesarbeitsgericht darüber hinaus zutreffend angenommen hat – Abweichendes nicht aus der Unterschiedlichkeit der in der Stellenausschreibung aufgeführten Studiengänge. Hieraus kann nicht auf eine nachgeordnete Bedeutung des Studienerfolgs für die Aufgabenerfüllung geschlossen werden. Die verlangten fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für eine Informationsbeschaffung und -aufbereitung werden vorliegend unabhängig von den jeweils unterschiedlichen konkreten Gegenständen in allen der in der Ausschreibung genannten Studiengängen vermittelt und eingeübt. 52 (dd) Anders als der Kläger meint, begegnet es ferner keinen rechtlichen Bedenken, dass die von der Beklagten bestimmte Mindestabschlussnote „gut“ unabhängig davon maßgeblich ist, wie lange der geforderte wissenschaftliche Hochschulabschluss zurückliegt und in welchem Umfang Bewerber/innen nach Abschluss der von der Beklagten im Anforderungsprofil geforderten wissenschaftlichen Hochschulstudien ggf. einschlägige praktische Berufserfahrungen gesammelt haben. Zum einen ändert der Umstand, dass das geforderte Studium einige und ggf. auch längere Zeit zurückliegt, bei typisierender Betrachtungsweise nichts daran, dass die Benotung des geforderten Abschlusses mit der Mindestnote „gut“ auf eine bessere Qualifikation hindeutet als eine Benotung, die diese Grenze nicht überschreitet. Zum anderen hätte darüber, ob und ggf. in welchem Umfang Bewerber/innen, die nicht die von der Beklagten geforderte Mindestabschlussnote „gut“ aufweisen konnten, aufgrund praktischer Berufserfahrungen zumindest gleich oder besser geeignet waren iSv. Art. 33 Abs. 2 GG als Bewerber/innen, die die geforderte Ausbildung mit der Mindestnote „gut“ abgeschlossen haben und ggf. zudem noch einschlägige praktische Berufserfahrung gesammelt hatten, allenfalls auf der Grundlage einer dienstlichen Beurteilung eines öffentlichen Arbeitgebers entschieden werden können. Insoweit war es zwar nicht völlig ausgeschlossen, dass einige wenige Bewerber/innen über eine solche dienstliche Beurteilung verfügten. Da sich die Stellenausschreibung der Beklagten – wie unter Rn. 49 ausgeführt – insbesondere (auch) an Bewerber/innen außerhalb des öffentlichen Dienstes richtete, lag es jedoch auf der Hand, dass diese Bewerber/innen nicht über dienstliche Beurteilungen verfügten, die über ihre Eignung für den zu besetzenden Arbeitsplatz hätten Auskunft geben können. Da die Anforderung, dass das verlangte wissenschaftliche Hochschulstudium mit der Mindestnote „gut“ abgeschlossen wurde, unabhängig davon eingreift, wann das erforderliche Studium abgeschlossen wurde und es auch sonst keine Bezüge zum Alter aufweist, bewirkt es – entgegen der Auffassung des Klägers – auch keine Ungleichbehandlung wegen des Alters. 53 (ee) Schließlich ist auch nicht deshalb eine andere Bewertung veranlasst, weil es sich beim Kläger um einen schwerbehinderten Menschen handelt. 54 Dem Prinzip der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG sind auch die durch das SGB IX sowie die durch das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG geschützten Personengruppen unterworfen. Fehlen einer Bewerberin oder einem Bewerber die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, eröffnet ihnen weder das Benachteiligungsverbot des AGG noch § 165 SGB IX einen Anspruch darauf, von bestimmten Qualifikationsmerkmalen befreit zu werden (vgl. auch BVerwG 3. März 2011 – 5 C 16.10 – Rn. 20, BVerwGE 139, 135). 55 Aus den vom Kläger angeführten unions- und völkerrechtlichen Vorgaben folgt – entgegen dessen Auffassung – nichts Abweichendes. Zwar sind diese Vorgaben – wie unter Rn. 35 ff. ausgeführt – bei der Auslegung der insoweit einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts zu berücksichtigen. Allerdings wirkt sich aus, dass mit der Richtlinie 2000/78/EG – ausweislich ihres 17. Erwägungsgrundes – unbeschadet der Verpflichtung, für Menschen mit Behinderung angemessene Vorkehrungen zu treffen, nicht die Einstellung oder ua. der berufliche Aufstieg einer Person vorgeschrieben wird, wenn diese Person für die Erfüllung der wesentlichen Funktionen des Arbeitsplatzes nicht kompetent, fähig oder verfügbar ist. Demnach besteht kein Anspruch darauf, wegen des Benachteiligungsverbots des AGG bzw. des der Richtlinie 2000/78/EG oder wegen der Bestimmung in § 165 SGB IX von bestimmten Qualifikationsmerkmalen befreit zu werden, in denen die für die betreffende Stelle erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen Ausdruck finden. Auch Art. 26 der Charta oder die Bestimmungen der UN-BRK verlangen nicht, davon entbunden zu werden, die wesentlichen Funktionen des Arbeitsplatzes zu erfüllen. So hat der Anspruch auf „angemessene Vorkehrungen“ nach Art. 2 Unterabs. 4 UN-BRK seine Grenze dort, wo die Vorkehrungen eine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen. Art. 26 der Charta verlangt zwar, dass die Union den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Integration anerkennt und achtet, allerdings muss dieser Artikel, damit er seine volle Wirksamkeit entfaltet, durch Bestimmungen des Unionsrechts oder des nationalen Rechts konkretisiert werden. Er kann für sich allein dem Einzelnen kein subjektives Recht verleihen, das als solches geltend gemacht werden kann (EuGH 22. Mai 2014 – C-356/12 – [Glatzel] Rn. 78). 56 (3) Das Landesarbeitsgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass dem Kläger die fachliche Eignung iSv. § 165 Satz 4 SGB IX für die ausgeschriebenen Stellen offensichtlich fehlte. 57 (a) Zur Beurteilung der fachlichen Eignung des/der Bewerbers/Bewerberin iSv. § 165 Satz 3 und Satz 4 SGB IX ist auf das in der veröffentlichten Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil abzustellen (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 35 mwN, BAGE 156, 107). „Offensichtlich“ fachlich nicht geeignet iSv. § 165 Satz 4 SGB IX ist, wer „unzweifelhaft“ insoweit nicht dem (fachlichen) Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspricht. Bloße Zweifel an der fachlichen Eignung rechtfertigen es nicht, von einer Einladung abzusehen, weil sich Zweifel im Vorstellungsgespräch ausräumen lassen können. Der schwerbehinderte Mensch soll nach § 165 Satz 3 SGB IX die Chance haben, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren und den öffentlichen Arbeitgeber von seiner Eignung zu überzeugen (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 36 mwN, aaO). Lassen allerdings bereits die Bewerbungsunterlagen zweifelsfrei erkennen, dass die durch das Anforderungsprofil zulässig vorgegebenen fachlichen Kriterien nicht erfüllt werden, besteht für den öffentlichen Arbeitgeber nach § 165 Satz 4 SGB IX grundsätzlich keine Verpflichtung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen (vgl. BAG 27. August 2020 – 8 AZR 45/19 – Rn. 37; 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 37 mwN, aaO). Bei § 165 Satz 4 SGB IX handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 38 mwN, aaO), der als solcher eng aufzufassen ist. Den öffentlichen Arbeitgeber trifft in einem Prozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der/die schwerbehinderte Bewerber/in offensichtlich fachlich ungeeignet ist (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 38 mwN, aaO; vgl. auch bereits Rn. 35). 58 (b) Danach fehlte dem Kläger offensichtlich die fachliche Eignung iSv. § 165 Satz 4 SGB IX. 59 (aa) Die Bewerbungsunterlagen des Klägers lassen zweifelsfrei erkennen, dass das durch das Anforderungsprofil zulässig vorgegebene fachliche Kriterium der Mindestnote „gut“ des erforderlichen Studienabschlusses nicht erfüllt wird. Der Kläger hat sein Studium der Fächer Politikwissenschaften, Philosophie und Deutsche Philologie mit der Note „befriedigend“ abgeschlossen. 60 (bb) Hiergegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, es müsse Berücksichtigung finden, dass für Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Studium erhebliche Barrieren bestünden. Das Vorbringen des Klägers rechtfertigt weder den Schluss, Menschen mit einer Schwerbehinderung hätten typischerweise schlechtere Noten bei ihren Studienabschlüssen als Menschen ohne eine Schwerbehinderung, weshalb ihnen im Rahmen eines Bewerbungs- bzw. Auswahlverfahrens im öffentlichen Dienst ein „Notenabschlag“ zugutekommen müsse, noch hat der Kläger hiermit aufgezeigt, dass er selbst wegen seiner Schwerbehinderung gehindert war, anstelle der Note „befriedigend“ die Note „gut“ zu erzielen. Im Übrigen wäre es Sache des Klägers gewesen, im Prüfungsverfahren eine etwaige Behinderung durch Barrieren geltend zu machen (vgl. auch BAG 7. April 2011 – 8 AZR 679/09 – Rn. 50). 61 bb) Zwar hat das Landesarbeitsgericht nach alledem zutreffend angenommen, dass dem Kläger wegen Unterschreitung der von der Beklagten im Anforderungsprofil zulässig geforderten Mindestabschlussnote „gut“ offensichtlich die fachliche Eignung iSv. § 165 Satz 4 SGB IX für die ausgeschriebenen Stellen fehlte; hieraus durfte das Landesarbeitsgericht aber nicht den Schluss ziehen, dass die Beklagte von der Verpflichtung nach § 165 Satz 3 SGB IX, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nach § 165 Satz 4 SGB IX befreit war. Dieser Schluss wäre im vorliegenden Verfahren nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Beklagte auf die entsprechende Rüge des Klägers dargelegt und bewiesen hätte, dass sie ohne Ausnahme auch die anderen Bewerber/innen, die das Anforderungsprofil in diesem Punkt nicht erfüllten, nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und/oder auch nicht eingestellt hat. Diese Prüfung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. 62 Wie unter Rn. 35 ff. ausgeführt, reicht es für eine auf § 165 Satz 4 SGB IX gestützte Befreiung des Arbeitgebers von seiner Verpflichtung aus § 165 Satz 3 SGB IX, schwerbehinderte Bewerber/innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht aus, dass die schwerbehinderten Bewerber/innen nach ihren Bewerbungsunterlagen zweifelsfrei eine im Anforderungsprofil ausdrücklich und eindeutig bezeichnete sowie diskriminierungsfrei und auch im Übrigen zulässig bestimmte fachliche Eignungsanforderung nicht erfüllen und sich damit als offensichtlich fachlich ungeeignet erweisen. Der Arbeitgeber, der – gestützt auf § 165 Satz 4 SGB IX – von einer Einladung eines schwerbehinderten oder diesem gleichgestellten behinderten Bewerbers absehen will, muss, da ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass er von der Einladungsverpflichtung befreit ist (vgl. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 38, BAGE 156, 107), demnach nicht nur darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass der Bewerber „unzweifelhaft“ nicht dem (fachlichen) Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspricht, also offensichtlich fachlich ungeeignet ist. Er muss zudem darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass er andere Bewerber/innen, die insoweit ebenso das Anforderungsprofil nicht erfüllten, weder zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen noch letztlich eingestellt hat. 63 IV. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Klage begründet ist. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies betrifft insbesondere die Beklagte, die Gelegenheit erhalten muss, ihr Vorbringen, das Anforderungsprofil gegenüber allen Bewerbern/Bewerberinnen im Hinblick auf das Erreichen der Mindestabschlussnote „gut“ konsequent angewandt und keine/n Bewerber/in, der/die diese Anforderung nicht erfüllte, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen oder letztlich eingestellt zu haben, zu substantiieren und entsprechenden Beweis anzutreten. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 64 C. Für das fortgesetzte Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin: 65 Sollte das Landesarbeitsgericht – ggf. nach entsprechender Beweisaufnahme – zu der Überzeugung gelangen, dass die Beklagte nicht nach § 165 Satz 4 SGB IX von ihrer Verpflichtung aus § 165 Satz 3 SGB IX, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, befreit war, weil sie das Anforderungsprofil im Hinblick auf das Erfordernis der Mindestabschlussnote „gut“ nicht konsequent angewendet hatte, würde dies die Vermutung iSv. § 22 AGG begründen, dass der Kläger die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen der Schwerbehinderung erfahren hat. Die Beklagte hätte dann die Möglichkeit, die durch den Verstoß gegen § 165 Satz 3 SGB IX begründete Vermutung zu widerlegen. Hierzu müsste sie – wie unter Rn. 24 ausgeführt – allerdings dartun und im Bestreitensfall beweisen, dass der Kläger nicht wegen seiner (Schwer-)Behinderung benachteiligt wurde. Insofern würde es der Beklagten obliegen, vorzutragen und ggf. zu beweisen, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben. Dabei muss hinzukommen, dass die Gründe nicht die fehlende fachliche Eignung des Klägers betreffen. Diese zusätzliche Anforderung folgt aus der in § 165 Satz 4 SGB IX getroffenen Bestimmung, wonach eine Einladung des schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch nur dann entbehrlich ist, wenn diesem die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Die Widerlegung der aus einem Verstoß gegen § 165 Satz 3 SGB IX folgenden Vermutung setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fehlende fachliche Eignung des Bewerbers bzw. der Bewerberin berühren (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 50, BAGE 156, 107; 20. Januar 2016 – 8 AZR 194/14 – Rn. 45).              Schlewing                  Winter                  Vogelsang                                    Schirp                  Andreas Henniger" bag_11-21,29.04.2021,"29.04.2021 11/21 - Schadensersatz - Kosten der Ermittlungen von Vertragspflichtverletzungen eines Arbeitnehmers durch eine Anwaltskanzlei - Anwendungsbereich des § 12a ArbGG Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch darüber, ob der Kläger der Beklagten zum Ersatz von Anwaltskosten iHv. 66.500,00 Euro für Ermittlungen im Zusammenhang mit Vorwürfen des Spesenbetrugs, des Abrechnungsbetrugs und von Compliance-Verstößen verpflichtet ist. Der Kläger war bei der Beklagten als Leiter des Zentralbereichs Einkauf und Mitglied einer Führungsebene zu einem Jahresbruttogehalt iHv. zuletzt ca. 450.000,00 Euro tätig. Nachdem bei der Beklagten mehrere anonyme Verdachtsmeldungen wegen eventueller Compliance-Verstöße des Klägers eingegangen waren, traf das bei dieser zuständige Gremium die Entscheidung, eine Untersuchung unter Einschaltung einer auf die Durchführung von Compliance-Ermittlungen spezialisierten Anwaltskanzlei durchzuführen. Die Kanzlei legte einen Untersuchungsbericht vor, nach dem der Kläger ua. auf Kosten der Beklagten Personen ohne dienstliche Veranlassung zum Essen eingeladen sowie gegenüber der Beklagten Reisekosten für von ihm unternommene Fahrten zu Champions-League-Spielen des FC Bayern München abgerechnet hatte. Die Tickets für die Spiele hatte der Kläger auf Anforderung von Geschäftspartnern der Beklagten erhalten. Die Anwaltskanzlei stellte der Beklagten für ihre Tätigkeit ausgehend von einem Stundenhonorar iHv. 350,00 Euro insgesamt 209.679,68 Euro in Rechnung. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis gegenüber dem Kläger daraufhin fristlos, hilfsweise ordentlich wegen Verstoßes gegen das sog. Schmiergeldverbot, Abrechnung privater Auslagen auf Kosten der Beklagten und mehrfachen Spesenbetrugs. Gegen die Kündigung hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben, die rechtskräftig abgewiesen wurde. Mit ihrer Widerklage hat die Beklagte den Kläger auf Ersatz der ihr von der Anwaltskanzlei in Rechnung gestellten Ermittlungskosten in Anspruch genommen und dies damit begründet, der Kläger habe diese Kosten nach den vom Bundesarbeitsgericht für die Erstattung von Detektivkosten aufgestellten Grundsätzen zu ersetzen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch stehe die Regelung in § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG entgegen. Zudem habe die Beklagte die Erforderlichkeit der Kosten nicht dargetan. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das arbeitsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und der Beklagten 66.500,00 Euro zugesprochen. Es hat angenommen, die Beklagte könne die Kosten ersetzt verlangen, die ihr durch die Tätigkeit der Anwaltskanzlei bis zum Ausspruch der Kündigung entstanden seien. Mit der Revision begehrt der Kläger die vollständige Abweisung der Widerklage. Die Revision des Klägers war vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolgreich. Zwar kann ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Sofern ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers vorliegt, gehören auch die zur Abwendung drohender Nachteile notwendigen Aufwendungen des Geschädigten zu dem nach § 249 BGB zu ersetzenden Schaden. Die Grenze der Ersatzpflicht richtet sich nach dem, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung oder zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich getan haben würde. Dem steht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, der als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen, sondern auch einen materiellen Kostenerstattungsanspruch ausschließt, nicht entgegen. Diese Bestimmung findet in einem solchen Fall keine Anwendung. Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, dass die von ihr geltend gemachten Kosten erforderlich waren. Es fehlt an einer substantiierten Darlegung, welche konkreten Tätigkeiten bzw. Ermittlungen wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts gegen den Kläger von der beauftragten Anwaltskanzlei ausgeführt wurden. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. April 2021 – 8 AZR 276/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Kammern Mannheim, Urteil vom 21. April 2020 – 19 Sa 46/19 –","Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 21. April 2020 – 19 Sa 46/19 – im Kostenpunkt vollständig und im Übrigen insoweit aufgehoben, als der Kläger – auf den Widerklageantrag zu 3. hin – verurteilt wurde, an die Beklagte 66.500,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Auch insoweit wird die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 27. Juni 2019 – 8 Ca 306/16 – zurückgewiesen. Von den Kosten I. Instanz zu einem Streitwert iHv. 1.186.083,05 Euro haben der Kläger 54 vH und die Beklagte 46 vH zu tragen. Von den Kosten II. Instanz zu einem Streitwert iHv. 727.117,23 Euro haben der Kläger 71 vH und die Beklagte 29 vH zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens zu einem Streitwert iHv. 66.500,00 Euro hat die Beklagte zu tragen. Leitsatz Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber grundsätzlich die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber diese anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen den Arbeitnehmer beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Tatbestand 1 Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch darüber, ob der Kläger und Widerbeklagte (im Folgenden Kläger) der Beklagten und Widerklägerin (im Folgenden Beklagte) zum Ersatz von Anwaltskosten iHv. 66.500,00 Euro verpflichtet ist. 2 Der Kläger war bei der Beklagten als Leiter des Zentralbereichs Einkauf tätig. Er war Mitglied der Führungsebene FK1 und erzielte im Jahr 2015 ein Bruttoeinkommen iHv. insgesamt ca. 450.000,00 Euro. 3 In den Jahren 2013, 2014 und 2016 lud der Kläger auf Kosten der Beklagten Personen ohne dienstliche Veranlassung zu Essen ein. Dabei gab er in der Mehrzahl der Fälle auf den Bewirtungsbelegen unzutreffende Anlässe sowie Personen an, die an den jeweiligen Essen nicht teilgenommen hatten. Der Beklagten entstand insoweit ein Schaden iHv. 1.090,10 Euro. 4 In der Zeit vom 9. April 2014 bis zum 3. Mai 2016 unternahm der Kläger sechs Reisen zu Champions-League-Spielen des FC Bayern München und rechnete gegenüber der Beklagten Reisekosten hierfür iHv. insgesamt 1.014,35 Euro ab. Die Tickets für die Spiele erhielt der Kläger auf Anforderung von Geschäftspartnern der Beklagten. Des Weiteren unternahm er gemeinsam mit seinem Sohn am 15. September 2014 eine Zugreise von Nürnberg nach München und zurück, die zulasten der Beklagten Kosten iHv. 73,00 Euro auslöste. 5 Zusammen mit seinem Stellvertreter unternahm der Kläger in der Zeit vom 30. März 2015 bis zum 2. April 2015 eine Reise nach New York. Zwischen den Parteien ist streitig, ob hierfür ein dienstlicher Anlass bestand. Dabei entstanden Kosten für Flüge, Hotelaufenthalte, den Besuch einer Theateraufführung sowie eines Basketballspiels, Taxifahrten und Restaurantbesuche iHv. insgesamt 5.950,60 Euro. Darüber hinaus errechnete die Beklagte für diesen Zeitraum ein – nach ihrer Ansicht zu Unrecht – gezahltes anteiliges Bruttoarbeitsentgelt iHv. 7.187,04 Euro. 6 Die Beklagte überließ dem Kläger im Juni 2013 eine auf seinen Namen ausgestellte Firmenkreditkarte (Corporate Meeting Card) zur Begleichung von Kosten bei Dienstreisen. Mit dieser Karte, die der Kläger unstreitig auch anderen Mitarbeitern seiner Abteilung zur Verfügung stellte, tätigte der Mitarbeiter der Beklagten J Barabhebungen iHv. (mindestens) 206.264,47 Euro. Wegen dieser Abhebungen gab der Mitarbeiter J am 26. Juli 2016 ein notarielles Schuldanerkenntnis über 297.508,00 Euro zugunsten der Beklagten ab. Im Zusammenhang mit den vom Mitarbeiter J getätigten Abhebungen streiten die Parteien darüber, ob der Kläger seine Überwachungspflichten verletzt hat. 7 Der Kläger beauftragte die Unternehmensberatung „The Bo Consulting“ (im Folgenden BC) mit der Erstellung von Unterlagen zum Thema „Procurement“, wofür der Beklagten von der BC ein Betrag iHv. insgesamt 498.907,50 Euro brutto bzw. 419.250,00 Euro netto in Rechnung gestellt wurde. Inwiefern diese Unterlagen internen Zwecken der Beklagten, ua. der „B Academy“ dienen sollten, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger verwandte die Unterlagen im Rahmen seiner Lehrtätigkeit am Stiftungslehrstuhl „Procurement“ der Universität M, an dem die Beklagte beteiligt ist. 8 Ferner beauftragte der Kläger die Unternehmensberatung „boh“ mit der Erstellung von Unterlagen zum Thema „Governance“ bzw. „Governance Framework“. Dafür wurden gegenüber der Beklagten zunächst 35.700,00 Euro brutto abgerechnet. Der Kläger gab die entsprechende Rechnung vom 17. Dezember 2015 ebenso frei wie weitere Rechnungen der Unternehmensberatung boh vom 21. Dezember 2015 und vom 23. Mai 2016 über jeweils 17.850,00 Euro brutto sowie eine Rechnung vom 15. Februar 2016 über 20.230,00 Euro brutto. Zwischen den Parteien ist streitig, ob den Rechnungen Leistungen der Unternehmensberatung boh zugunsten der Beklagten oder zugunsten der Vorlesungstätigkeit des Klägers an der Universität M oder ob ihnen überhaupt keine Leistungen zugrunde lagen. In der Zeit vom 7. Dezember 2015 bis zum 24. Juni 2016 überwies Frau Boh an den Kläger in vier Tranchen insgesamt 31.830,00 Euro, wobei streitig ist, ob dies für eine Überlassung von Unterlagen durch den Kläger an Frau Boh erfolgte oder ob es sich um sog. „Kick-Back“-Zahlungen handelte. Weitere 3.894,35 Euro wurden der Beklagten für die Übersetzung von Unterlagen der Unternehmensberatung boh in der Zeit vom 23. Februar 2016 bis zum 10. März 2016 in die englische Sprache belastet. 9 Am 22. und 24. Mai 2016 gingen bei der Beklagten anonyme Verdachtsmeldungen wegen „Compliance-Verstößen“ des „Einkaufsleiters“ im Zusammenhang mit dem Besuch von Champions-League-Spielen des FC Bayern München und wegen unangemessenen Verhaltens desselben gegenüber weiblichen Angestellten ein. Unter der Rubrik „Case Report/Beschreibung des Falles“ heißt es bei der einen Verdachtsmeldung:        „Ein anonymer Hinweisgeber berichtet davon, dass der Einkaufsleiter wiederholt von einem Externen zu Champions League Spielen eingeladen werde. Der Einkaufsleiter habe diese Einladungen auch angenommen.“ und bei der anderen Meldung:        „Der Personalvorstand informiert darüber, dass Hinweise dafür vorliegen, dass sich der Einkaufsleiter im Umgang mit Mitarbeiterinnen nicht angemessen verhält.“ 10 Bei der Beklagten ist ein sog. IAMC („lndependent Allegation Management Committee“) eingerichtet. Dieses entscheidet darüber, ob und auf welche Weise Meldungen über interne Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen oder Konzern-/Unternehmensrichtlinien nachgegangen wird. Das IAMC traf im Hinblick auf die og. anonymen Verdachtsmeldungen die Entscheidung, eine Untersuchung durch Einschaltung einer auf die Durchführung von Compliance-Ermittlungen spezialisierten externen Kanzlei durchzuführen. Zur Begründung führte es beispielsweise hinsichtlich der erstgenannten anonymen Verdachtsmeldung aus:        „Die Gesamtsituation und nächsten Schritte wurde ausführlich diskutiert. Auch auf Hinweis von C/IA betreffend der besonderen Situation (FK1 Mitarbeiter der Hauptverwaltung; enge Zusammenarbeit zw. Fachbereichen) wurde entschieden, dass die Vorwurfsfrage nicht durch C/IA, sondern extern aufgearbeitet werden soll. C/IA wird prüfen, welcher Anbieter diesbezüglich in Betracht kommt und sich hierzu mit C/CP abstimmen.“ 11 Am 2. Juni 2016 wurde die Anwaltssozietät P beauftragt, die am 12. August 2016 einen – nicht zu den Akten gereichten – umfassenden Untersuchungsbericht vorlegte. Für ihre Ermittlungen und Untersuchungen, mit denen überwiegend zwei Anwälte beschäftigt waren, stellte die Anwaltskanzlei P der Beklagten – ausgehend von einem Stundenhonorar iHv. 350,00 Euro – insgesamt 209.679,68 Euro in Rechnung. Die Vertrauensschadenversicherung der Beklagten erstattete dieser wegen der gesamten Untersuchungs- und Ermittlungskosten einen Betrag iHv. 59.501,60 Euro und trat die auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche gegen den Mitarbeiter J und alle sonstigen in Betracht kommenden Ersatzpflichtigen mit Rückabtretungserklärung vom 28. November 2016 an die Beklagte ab. 12 Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 23. Juni 2016 außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2017 mit der Begründung, der Kläger habe gegen das sog. Schmiergeldverbot verstoßen und darüber hinaus jeweils private Auslagen auf Kosten der Beklagten abgerechnet. Er habe zudem mehrfachen Spesenbetrug begangen. 13 Mit Schreiben vom 5. September 2016 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger unter anderem einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Anwaltskanzlei P geltend. Der Kläger wies die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 9. September 2016 zurück. 14 Der Kläger hat die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen. Die Beklagte hat ihn erstinstanzlich widerklagend auf Zahlung von Schadensersatz iHv. insgesamt 1.025.691,10 Euro in Anspruch genommen, und zwar iHv. 15.315,09 Euro wegen Spesenbetrugs, iHv. 206.264,47 Euro wegen des Missbrauchs der Firmenkreditkarte, iHv. 209.679,68 Euro auf Erstattung der ihr durch die Beauftragung der Anwaltskanzlei P entstandenen Kosten, iHv. 498.907,50 Euro wegen der von der BC in Rechnung gestellten Beträge, iHv. 91.630,00 Euro wegen der von der Unternehmensberatung boh in Rechnung gestellten Beträge und iHv. 3.894,35 Euro wegen der Kosten der Übersetzung der Unterlagen der Unternehmensberatung boh. 15 Die Beklagte hat – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – die Auffassung vertreten, der Kläger habe ihr die ihr von der Anwaltskanzlei P in Rechnung gestellten Kosten nach den vom Bundesarbeitsgericht für die Erstattung von Detektivkosten aufgestellten Grundsätzen zu erstatten. Insbesondere sei die Beauftragung der Anwaltskanzlei P erforderlich gewesen. 16 Sie habe eine fallbezogene Untersuchung aufgrund von konkreten Verdachtshinweisen auf Compliance-Verstöße durchgeführt und damit die Aufklärungspflicht der Unternehmensleitung wahrgenommen. Diese bestehe in der Pflicht zur unverzüglichen Sachverhaltsaufklärung, zum Abstellen der Verstöße sowie zur angemessenen Sanktionierung des festgestellten Fehlverhaltens. Diese Pflichten seien nicht disponibel, ein Verstoß hiergegen könne zur persönlichen Haftung des Vorstands wegen pflichtwidrigen Unterlassens führen. Da die Aufklärungspflicht unabhängig von dem damit verbundenen wirtschaftlichen oder sonstigen Aufwand bestehe, seien die Kosten nach § 249 BGB erstattungsfähig. Sie seien mit den Kosten für die Einschaltung eines Detektivs zur Vorbereitung einer eventuellen Kündigung wegen Pflichtverletzungen, deren ein Mitarbeiter verdächtigt wird, vergleichbar. Das sei für Organhaftungsansprüche wegen Pflichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern anerkannt. 17 Die Ermittlungen, die im Zeitraum vom 2. Juni 2016 bis zum 12. August 2016 stattgefunden hätten, seien in drei Phasen erfolgt. In der ersten Phase, die bis zum 21. Juni 2016 angedauert habe, seien mit einem Arbeitsvolumen von 180 Stunden firmeninterne Unterlagen ausgewertet und zahlreiche Mitarbeiter befragt worden. In der zweiten Phase seien mit einem Arbeitsvolumen von 30 Stunden Anhörungen des Klägers und weiterer betroffener Mitarbeiter der Einkaufsabteilung erfolgt. In der dritten Phase habe sie mit den Rechtsanwälten der Sozietät P über das weitere Vorgehen beraten und es seien zusätzliche Ermittlungen angestellt worden. 18 § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG stehe dem von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht entgegen. Sie verlange nicht den Ersatz von Verfahrens- oder Rechtsverfolgungskosten im engeren Sinne, sondern die Erstattung der Kosten, die zur Aufklärung der Pflichtverletzungen sowie zur Überprüfung des Verdachts entstanden seien, ob der Kläger überhaupt Pflichtverletzungen begangen habe. Die Aufklärungsmaßnahmen hätten in erster Linie dazu gedient, Rechtsverstöße zu unterbinden. Es sei unschädlich, dass sie spezialisierte Anwälte und keine Detektei beauftragt habe. Insofern komme es auf den Inhalt des Prüfungsauftrags an und nicht darauf, ob eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, forensische Experten oder Rechtsanwälte beauftragt würden. Das vereinbarte Stundenhonorar liege zwar über den Gebühren nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sei aber angemessen, wie sich auch aus der Bestätigung der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe vom 3. Februar 2017 ergebe. 19 Die Beklagte hat – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – zuletzt widerklagend beantragt,        den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte Schadensersatz iHv. 209.679,68 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. September 2016 zu zahlen. 20 Der Kläger hat seinen Antrag, die Widerklage abzuweisen, damit begründet, die Beklagte habe keinen Anspruch auf Erstattung der durch die Einschaltung der Anwaltskanzlei P entstandenen Kosten. Die Grundsätze, die das Bundesarbeitsgericht zur Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten aufgestellt habe, kämen vorliegend nicht zur Anwendung. Aus den Meldungen von Whistleblowern vom 22. und 24. Mai 2016 habe sich kein konkreter Verdacht eines Compliance-Verstoßes bzw. einer Straftat gegen ihn ergeben. Die von der Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchungen seien zudem lediglich Vorbereitungshandlungen gewesen. Sie hätten dem Zweck gedient, zu ermitteln, ob überhaupt ein Anspruch bestehe. Die Gewinnung solcher Informationen und deren rechtliche Würdigung erfolge ebenso wie die umfassende rechtliche Beratung der Beklagten regelmäßig durch Rechtsanwälte. Damit würden letztlich typische Anwaltskosten im Gewand eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemacht, was nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG allerdings ausgeschlossen sei. Daran ändere die Verpflichtung eines Vorstands zur unverzüglichen Sachverhaltsaufklärung, zum Abstellen von Verstößen sowie zur angemessenen Sanktionierung eines festgestellten Fehlverhaltens nichts. 21 Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage durch Teilurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers rechtskräftig zurückgewiesen. Mit Schlussurteil hat das Arbeitsgericht den Kläger auf die Widerklage der Beklagten verurteilt, an diese Schadensersatz wegen zu Unrecht abgerechneter Reisekosten und Spesen iHv. 2.703,54 Euro zu zahlen; im Übrigen hat es die Widerklage – auch wegen der begehrten Erstattung der von der Anwaltskanzlei P in Rechnung gestellten Kosten – abgewiesen. Mit der Berufung hat die Beklagte vom Kläger die Zahlung weiterer 727.117,23 Euro begehrt, wobei sie die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Kreditkartenmissbrauchs iHv. 206.264,47 Euro, auf Ersatz der Kosten für eine Bahnreise des Klägers mit seinem Sohn iHv. 73,00 Euro sowie auf Ersatz der Übersetzungskosten iHv. 3.894,35 Euro nicht mehr weiterverfolgt hat. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger auf die Berufung der Beklagten ua. teilweise, nämlich iHv. 66.500,00 Euro zur Erstattung der der Beklagten von der Anwaltskanzlei P in Rechnung gestellten Kosten verurteilt, wobei es angenommen hat, der Ersatzanspruch sei ohnehin auf die bis zum Ausspruch der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte am 23. Juni 2016 entstandenen Kosten begrenzt. Mit der Revision wendet sich der Kläger ausschließlich gegen seine Verurteilung zur Erstattung der Kosten der Anwaltskanzlei P iHv. 66.500,00 Euro. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision. Entscheidungsgründe 22 A. Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO. 23 B. Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Beklagten zu Unrecht 66.500,00 Euro zugesprochen. Die Beklagte hat gegen den Kläger – anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat -keinen (anteiligen) Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihr von der Anwaltskanzlei P für deren Tätigwerden bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch die Beklagte am 23. Juni 2016 berechnet wurden. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 StGB. Zwar kann ein Arbeitgeber grundsätzlich vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Dem steht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, der als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen, sondern auch einen materiellen Kostenerstattungsanspruch ausschließt, nicht entgegen. Diese Bestimmung findet in einem solchen Fall keine Anwendung. Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, dass die von ihr geltend gemachten Kosten notwendig waren. 24 I. Ein Arbeitgeber kann grundsätzlich vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. 25 1. Nach § 249 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht des Schädigers auch auf Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falls als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwendung drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben (BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – Rn. 22; 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 24; 17. September 1998 – 8 AZR 5/97 – zu C II 1 der Gründe, BAGE 90, 1; vgl. auch BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 111, 168). 26 2. Dies gilt auch, soweit es um Ermittlungen des Arbeitgebers im Hinblick auf die Begehung von Vertragsverstößen bzw. von unerlaubten Handlungen durch den Arbeitnehmer geht. Auch hier umfasst die Ersatzpflicht nach § 249 Abs. 1 BGB nur Aufwendungen, die der Abwehr drohender Nachteile dienen (vgl. BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – Rn. 22). Es muss demnach um die Beseitigung einer Störung bzw. eines Schadens (vgl. BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – aaO) oder um die Verhinderung eines konkret drohenden (weiteren) Schadens (vgl. BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 29; 28. Mai 2009 – 8 AZR 226/08 – Rn. 22; 17. September 1998 – 8 AZR 5/97 – zu C II 1 der Gründe, BAGE 90, 1) gehen, etwa darum, eine – drohende – Vertragsverletzung des Arbeitnehmers durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen (vgl. BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 31). 27 3. Vor dem Hintergrund, dass § 254 BGB von einem Geschädigten die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens verlangt, muss es sich zudem um Ermittlungsmaßnahmen handeln, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – Rn. 22 mwN; vgl. auch BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 111, 168). 28 Unter diesen Voraussetzungen kann auch die Beauftragung eines Detektivs oder anderer dritter Personen erforderlich sein. Soweit hierdurch Kosten entstehen, die höher sind als im Fall eigener Ermittlungen des Arbeitgebers bzw. der bei ihm beschäftigten Personen, muss der Schädiger diese aber nur dann ersetzen, wenn eigene Ermittlungen durch den Arbeitgeber (bzw. bei ihm beschäftigter Personen) nicht oder nicht in zumutbarer Weise in Betracht kommen. Dies kann auf verschiedenen Gründen beruhen, zB auf dem Umfang der Ermittlungen, so dass hierfür das erforderliche Arbeitszeitvolumen nicht zur Verfügung steht (vgl. BGH 4. Mai 2011 – VIII ZR 171/10 – Rn. 26), darauf, dass eine Überwachung durch Personen erfolgen muss, die der betroffene Arbeitnehmer (zB bei Testkäufen) nicht erkennen soll oder darauf, dass der Arbeitgeber bzw. die bei ihm beschäftigten Personen nicht über die erforderliche fachliche Qualifikation verfügen. 29 4. Der Grundsatz, dass es sich um Ermittlungsmaßnahmen handeln muss, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde, gilt allerdings nicht nur für die Art der Aufwendung, sondern auch für den Umfang des Schadensersatzes (vgl. BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 111, 168). 30 5. Weitere Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit von Ermittlungskosten ist ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Arbeitnehmers (BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 24; 28. Mai 2009 – 8 AZR 226/08 – Rn. 26; 17. September 1998 – 8 AZR 5/97 – zu C II 2 c cc der Gründe, BAGE 90, 1). Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch einer Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, dh. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die Straftat oder schwerwiegende Vertragsverletzung tatsächlich begangen hat (vgl. BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – Rn. 25 mwN). Nur in einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass der Willensentschluss des geschädigten Arbeitgebers zur Tätigung der Aufwendungen den Zurechnungszusammenhang nicht unterbricht, da er nicht frei getroffen, sondern durch das Verhalten des Schädigers veranlasst worden ist (vgl. Palandt/Grüneberg 80. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 44). Der konkrete Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Arbeitnehmers muss zudem zu dem Zeitpunkt bestehen, in dem die Ermittlungen erfolgen bzw. die Aufwendungen entstehen (vgl. BAG 17. September 1998 – 8 AZR 5/97 – zu C II 2 c cc der Gründe, BAGE 90, 1; vgl. auch BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 111, 168), wobei es nicht ausgeschlossen ist, dass die Ergebnisse der Ermittlungen ihrerseits einen (weiteren) konkreten Tatverdacht begründen, der seinerseits Anlass zu weiteren Ermittlungen gibt. 31 6. Da die Ersatzpflicht nach § 249 Abs. 1 BGB nur Aufwendungen umfasst, die der Abwehr drohender Nachteile dienen, muss der Arbeitnehmer letztlich aufgrund der Ermittlungen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung bzw. unerlaubten Handlung überführt werden (BAG 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – Rn. 24; 28. Mai 2009 – 8 AZR 226/08 – Rn. 22). 32 II. Liegen die unter Rn. 24 ff. ausgeführten Voraussetzungen vor und kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer grundsätzlich die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, steht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG dem Ersatzanspruch des Arbeitgebers nicht entgegen. Diese Bestimmung findet in einem solchen Fall keine Anwendung. 33 1. Zwar schließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung von bis zum Schluss einer eventuellen ersten Instanz entstandenen Beitreibungskosten – unabhängig von seiner Anspruchsgrundlage – und damit auch einen Anspruch auf Erstattung außer- und vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten aus (vgl. BAG 22. Oktober 2020 – 8 AZR 412/19 – Rn. 11; 28. November 2019 – 8 AZR 293/18 – Rn. 20, BAGE 169, 14; 25. September 2018 – 8 AZR 26/18 – Rn. 23 ff., BAGE 163, 309, jeweils mwN). 34 2. Es kann vorliegend offenbleiben, ob und inwieweit es sich bei den Anwaltskosten, die die Anwaltskanzlei P für ihr Tätigwerden der Beklagten in Rechnung gestellt hat, um Beitreibungs- bzw. Rechtsverfolgungskosten iSv. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG handelt, wie der Kläger (vgl. in diesem Sinne auch MüKoBGB/Oetker 8. Aufl. § 249 Rn. 185) meint. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, stünde § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einem Ersatzanspruch der Beklagten nicht entgegen. In einem solchen Fall wäre eine teleologische Reduktion von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG geboten. 35 a) Die teleologische Reduktion ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die nach ihrem Wortlaut anzuwendende Vorschrift hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für gleichwohl unanwendbar hält, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Zusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. Sie setzt voraus, dass der gesetzessprachlich erfasste, dh. der gesetzlich in bestimmter Weise geregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes nach einer anderen Entscheidung verlangt als die übrigen geregelten Fälle, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (vgl. BAG 12. Juni 2019 – 7 AZR 317/17 – Rn. 27 mwN, BAGE 167, 93). 36 b) Eine teleologische Reduktion kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn sich eine planwidrige Regelungslücke feststellen lässt. Dies setzt voraus, dass sich die betreffende Vorschrift – hier § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG – gemessen an ihrer zugrundeliegenden Regelungsabsicht, in dem Sinne als unvollständig erweisen würde, dass sie einen erforderlichen Ausnahmetatbestand nicht aufweist (vgl. BGH 14. August 2019 – IV ZR 279/17 – Rn. 10, BGHZ 223, 57; 30. September 2014 – XI ZR 168/13 – Rn. 13, BGHZ 202, 302; 18. Juli 2014 – V ZR 291/13 – Rn. 14). Ihre Anwendung müsste demnach zu zweckwidrigen Ergebnissen führen (vgl. BAG 28. November 2019 – 8 AZR 293/18 – Rn. 39 mwN, BAGE 169, 14). 37 c) Danach wäre eine teleologische Reduktion von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG geboten. 38 aa) Der Zweck von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG – sowie seiner Vorgängerregelung in § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG 1953 – besteht darin, das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Verfahren zum Schutz des in der Regel sozial schwächeren Arbeitnehmers möglichst zu verbilligen und damit das Kostenrisiko überschaubar zu halten. Arbeitnehmer sollen – wegen ihrer typischerweise bestehenden wirtschaftlichen Unterlegenheit – auch dann, wenn sie im Arbeitsgerichtsprozess unterliegen, nicht mit den in § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG genannten Kosten belastet werden. Hierdurch soll vermieden werden, dass sie in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten von einer gerichtlichen Verfolgung bestehender Ansprüche absehen. Allerdings gilt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG aus Gründen der gebotenen Parität auch für den Arbeitgeber oder eine sonstige Partei, die vor dem Arbeitsgericht unterliegt. Danach soll keine Partei damit rechnen können oder müssen, dass ihr im Fall des Obsiegens die Kosten der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten sowie die Kosten für Zeitversäumnis erstattet oder dass ihr im umgekehrten Fall des Unterliegens die Kosten des Bevollmächtigten des Gegners sowie die Kosten der Zeitversäumnis des Gegners auferlegt werden (BAG 28. November 2019 – 8 AZR 293/18 – Rn. 27 mwN, BAGE 169, 14). 39 bb) Der Schutz eines Arbeitnehmers vor einer Erstattungspflicht für Anwaltskosten, die dem Arbeitgeber zur Abwendung drohender Nachteile entstehen, die ihrerseits auf einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung oder unerlaubten Handlung des Arbeitnehmers beruhen, würde zu zweckwidrigen Ergebnissen führen und dem Rechtsgedanken des § 242 BGB zuwiderlaufen. Es wäre mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unvereinbar, wenn sich der Arbeitnehmer, der eine vorsätzliche Vertragspflichtverletzung oder vorsätzliche unerlaubte Handlung begangen hat, darauf berufen könnte, der Arbeitgeber müsse die Aufwendungen selbst tragen, die durch eben diese vorsätzliche Vertragspflichtverletzung oder vorsätzliche unerlaubte Handlung veranlasst wurden. Insoweit beschränkt sich die Bedeutung von § 242 BGB nicht auf die Leistungserbringung, vielmehr wirkt der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) rechtsbegrenzend, indem er nicht nur den Willen der Vertragsparteien, sondern auch den Anwendungsbereich einer Norm begrenzt (vgl. MüKoBGB/Schubert 8. Aufl. § 242 Rn. 2; Staudinger/Looschelders/Olzen [2019] § 242 Rn. 143; Palandt/Grüneberg 80. Aufl. § 242 Rn. 6). 40 III. Gleichwohl hat die Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der ihr von der Anwaltskanzlei P für deren Tätigkeit bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch die Beklagte am 23. Juni 2016 in Rechnung gestellten Kosten. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 Abs. 1 StGB. Die Beklagte hat entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nämlich nicht dargetan, dass die geltend gemachten Kosten erforderlich waren. Es fehlt bereits an einer substantiierten Darlegung, welche konkreten Tätigkeiten wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts gegen den Kläger von der beauftragten Anwaltskanzlei P ausgeführt wurden. 41 1. Zweifelhaft ist bereits, ab welchem Zeitpunkt ein hinreichender Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Klägers bestand, insbesondere ob ein solcher Verdacht schon zum Zeitpunkt der Beauftragung der Anwaltskanzlei P vorlag oder sich erst später im Verlauf der Ermittlungen ergeben hat. 42 a) Die Beklagte hatte ihre Ermittlungen gegen den Kläger aufgrund der am 22. und 24. Mai 2016 eingegangenen anonymen Verdachtsmeldungen wegen „Compliance-Verstößen“ des „Einkaufsleiters“ im Zusammenhang mit dem Besuch der Champions-League-Spiele des FC Bayern München und wegen unangemessenen Verhaltens desselben gegenüber weiblichen Angestellten eingeleitet. Letzteren Vorwurf, der zu Beginn der Ermittlungen noch Untersuchungsgegenstand war, hat die Beklagte später nicht weiterverfolgt. Im Hinblick auf die gemeldeten Compliance-Verstöße im Zusammenhang mit dem Besuch der Champions-League-Spiele des FC Bayern München lag zunächst lediglich ein allgemeiner anonymer Hinweis vor, der zwar aufgrund der Benennung der Funktion „Einkaufsleiter“ und des Hinweises auf die Führungsebene FK1/FK2 einen Rückschluss auf die Person des Klägers zuließ, der aber noch keine weiteren konkreten Angaben im Hinblick auf eine im Zusammenhang mit dem Besuch der Champions-League-Spiele stehende schwerwiegende Pflichtverletzung des Klägers enthielt. 43 b) Zwar ergab sich im Rahmen der Ermittlungen durch die Anwaltskanzlei P dann in deren weiteren Verlauf ein hinreichender Tatverdacht gegen den Kläger wegen dieser und anderer Vertragspflichtverletzungen, auf die die Beklagte später sowohl ihre außerordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger als auch die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche stützte. Wann im Rahmen der Ermittlungen welche Umstände bekannt wurden und inwieweit diese dann Anlass gaben, weitere Untersuchungen anzustellen, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten aber nicht. Dies könnte zwar aus den Tätigkeitsnachweisen der Anwaltskanzlei P hervorgehen; diese wurden von der Beklagten im vorliegenden Verfahren jedoch nicht vorgelegt. 44 2. Die Frage, ab welchem Zeitpunkt aufgrund welcher Umstände ein hinreichender Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Klägers bestand, kann aber dahinstehen, weil ein Anspruch der Beklagten gegen den Kläger auf Erstattung der ihr von der Anwaltskanzlei P für deren Tätigkeiten bis zum 23. Juni 2016 in Rechnung gestellten Kosten iHv. 66.500,00 Euro aus anderen Gründen ausscheidet. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die von der Anwaltskanzlei P bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung am 23. Juni 2016 durchgeführten Tätigkeiten im abgerechneten Umfang erforderlich waren. 45 Die Beklagte hat entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts schon nicht substantiiert dargelegt, welche konkreten Tätigkeiten die Anwaltskanzlei P – in der Zeit bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung am 23. Juni 2016 – wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts ausgeführt hat, dh. welcher Stundenaufwand auf welche konkreten Ermittlungsschritte entfiel (vgl. zu diesem Erfordernis BGH 24. April 1990 – VI ZR 110/89 – zu II 3 c der Gründe, BGHZ 111, 168). Es fehlt an einer genauen Auflistung der Tätigkeiten bezogen auf die einzelnen Verdachtsmomente. Insoweit hat die Beklagte nicht nur nicht dargelegt, ab wann welcher konkrete Verdacht von Compliance-Verstößen des Klägers bestand und welche einzelnen Ermittlungstätigkeiten sich auf welche Verstöße des Klägers bezogen. Sie hat zudem ua. nicht angegeben, in welchem Umfang Ermittlungen wegen des Verdachts des unangemessenen Verhaltens gegenüber weiblichen Angestellten durchgeführt wurden, die nach der am 18. Mai 2017 von der Anwaltskanzlei P erstellten „Chronologie und Verlauf der internen Untersuchung in Sachen Dr. H“ nach der ersten Phase der Untersuchung als Gegenstand der Ermittlungen ausgeschieden wurden. Darüber hinaus ist unklar, in welchem zeitlichen Umfang die Ermittlungen auf Untersuchungen zu einer Täterschaft des Klägers, auf Untersuchungen zur Höhe des Schadens sowie auf die rechtliche Prüfung der Vorwürfe, also rechtsberatende Tätigkeiten entfielen. Nur auf der Grundlage entsprechender Angaben wäre eine Prüfung möglich gewesen, ob die Anwaltskanzlei überhaupt jeweils Tätigkeiten zur Aufklärung und Störungsbeseitigung unternommen hatte oder ob sie rechtsberatend tätig gewesen war. 46 3. Ob im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen die Beauftragung einer Anwaltskanzlei erforderlich war oder ob insoweit eigene Ermittlungen durch die Beklagte möglich gewesen wären, kann nach alledem ebenso dahinstehen wie die Frage nach der Angemessenheit des von der Beklagten mit der Anwaltskanzlei P vereinbarten Stundenhonorars iHv. 350,00 Euro.              Schlewing                  Winter                  Vogelsang                                    Schirp                  Andreas Henniger" bag_12-21,18.05.2021,"18.05.2021 12/21 - Insolvenz - Übergang Betriebsrentenansprüche - Vorfälligkeit - Schätzung - anwendbarer Zinssatz Bei der nach § 46 Satz 2 iVm. § 45 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO) vorzunehmenden Schätzung des Vorteils, der durch die Vorfälligkeit der auf den Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung nach § 9 Abs. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG), den Pensionssicherungsverein (PSV), übergegangenen Betriebsrentenansprüche aufgrund der Kapitalisierung der Ansprüche entsteht, ist der gesetzliche Zinssatz nach § 41 Abs. 2 InsO anzuwenden. Der Kläger ist der PSV. Der Beklagte ist der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter in dem am 1. Oktober 2017 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin. Diese hatte ihren Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt und gewährt. Im Insolvenzverfahren meldete der Kläger gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG auf ihn übergegangene künftige Rentenansprüche aus diesen Zusagen umgerechnet auf einen Einmalbetrag zur Insolvenztabelle an. Den maßgeblichen Betrag hat der Kläger unter Zugrundelegung eines Abzinsungszinssatzes von 3,75 vH ermittelt. Das entspricht dem bilanzrechtlich für die Berechnung von Pensionsrückstellungen maßgeblichen Zinssatz für Oktober 2017 gemäß § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB. Der Beklagte hat die angemeldete Forderung nur zum Teil anerkannt und zur Insolvenztabelle festgestellt, sie im Übrigen bestritten. Die Differenz der bestrittenen Forderung ergibt sich daraus, dass der Beklagte den gesetzlichen Zinssatz von 4 vH gemäß § 246 BGB als Abzinsungszinssatz zugrunde gelegt hat. Der Kläger verlangt die Feststellung weiterer 3.833,00 Euro – die bestrittene Differenz – zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren der ehemaligen Arbeitgeberin. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Zwar ist in § 46 Satz 2 InsO bei wiederkehrenden Leistungen von unbestimmter Dauer, aber bestimmtem Betrag – wie monatlichen Rentenleistungen – auf § 45 Satz 1 InsO verwiesen, der eine Schätzung des Einmalbetrags vorsieht. Insoweit ist jedoch – nach versicherungsmathematischen Grundsätzen – nur die Dauer der Rentenleistungen zu schätzen; im Übrigen verbleibt es bei § 46 Satz 1 InsO. Das führt für die Frage der Abzinsung zur Anwendbarkeit des gesetzlichen Zinssatzes nach § 246 BGB iHv. 4 vH. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Mai 2021 – 3 AZR 317/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juni 2020 – 15 Sa 2/20 –   § 41 InsO „Nicht fällige Forderungen“ lautet auszugsweise: (1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig. (2) Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. … § 45 InsO „Umrechnung von Forderungen“ lautet auszugsweise: Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt ist, sind mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann. … § 46 InsO „Wiederkehrende Leistungen“ lautet: Forderungen auf wiederkehrende Leistungen, deren Betrag und Dauer bestimmt sind, sind mit dem Betrag geltend zu machen, der sich ergibt, wenn die noch ausstehenden Leistungen unter Abzug des in § 41 bezeichneten Zwischenzinses zusammengerechnet werden. Ist die Dauer der Leistungen unbestimmt, so gilt § 45 Satz 1 entsprechend.","Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juni 2020 – 15 Sa 2/20 – aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 28. Januar 2020 – 7 Ca 251/19 – abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Leitsatz Bei der Kapitalisierung von Betriebsrentenansprüchen, die der Pensions-Sicherungs-Verein VVaG als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung in der Insolvenz des ehemaligen Arbeitgebers aufgrund übergegangenen Rechts geltend macht, ist der gesetzliche Zinssatz anzuwenden, um den Vorteil der sofortigen Fälligkeit auszugleichen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die Höhe des Abzinsungszinssatzes bei der Kapitalisierung von Betriebsrentenansprüchen, die der Kläger aus übergegangenem Recht im Insolvenzverfahren geltend macht. 2 Der klagende Pensions-Sicherungs-Verein VVaG ist Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung nach § 14 Abs. 1 BetrAVG. Der Beklagte ist der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter in dem am 1. Oktober 2017 beim Amtsgericht Hechingen eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH (- 10 IN 111/17 -). Diese hatte ihren Arbeitnehmern Betriebsrentenzusagen als unmittelbare Versorgungszusagen erteilt. 3 Im Insolvenzverfahren meldete der Kläger mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG auf ihn übergegangene Betriebsrentenansprüche aus diesen Zusagen an und berichtigte diese Anmeldung mit Schreiben vom 10. Januar 2018. Die Summe der angemeldeten Ansprüche bezifferte der Kläger auf der Grundlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens mit 287.886,00 Euro. Dieser Summe liegt ein Abzinsungssatz von 3,74 vH zugrunde, was dem handelsbilanzrechtlich nach § 253 Abs. 2 Satz 2 und Satz 4 HGB iVm. § 1 Satz 1 der Rückstellungsabzinsungsverordnung für die Abzinsung von Pensionsrückstellungen – optional anwendbaren – Zinssatz für Oktober 2017 entspricht. 4 Der Beklagte hat die angemeldete Forderung überwiegend anerkannt, iHv. 3.833,00 Euro allerdings bestritten. Die Differenz ergibt sich daraus, dass der Beklagte auf der Basis ebenfalls eines versicherungsmathematischen Gutachtens den gesetzlichen Zinssatz von 4 vH gemäß § 246 BGB als Abzinsungssatz zugrunde legte. 5 Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung auch des streitigen Differenzbetrags zur Tabelle begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, bei der nach § 45 InsO vorzunehmenden Schätzung des Barwerts habe der Ausgleich des Vorteils der sofortigen Fälligkeit der Betriebsrentenansprüche durch Anwendung des Zinssatzes nach § 253 Abs. 2 HGB zu erfolgen. Maßgeblich seien nämlich die Kapitalanlagemöglichkeiten. Der Zinssatz des § 253 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 HGB sei daher im Gegensatz zu dem starren gesetzlichen Zinssatz gemäß § 41 Abs. 2 InsO für die Abzinsung geeignet und angemessen. Der gesetzliche Zinssatz komme auch deshalb nicht in Betracht, weil § 46 Satz 2 InsO für die Wertberechnung bei unbestimmten Leistungen nicht auf § 41 InsO verweise. 6 Der Kläger hat beantragt,          über den bereits vom Beklagten festgestellten Betrag von 297.667,99 Euro hinaus weitere 3.833,00 Euro zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH zur laufenden Nr. 98 der Insolvenztabelle festzustellen. 7 Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, § 46 Satz 1 InsO konkretisiere die Schätzung nach § 45 InsO und verweise auf den gesetzlichen Zinssatz, also auf § 246 BGB. § 46 Satz 2 InsO erweitere diese Berechnungsart lediglich auf die wiederkehrenden Leistungen, deren Dauer unbestimmt sei. Hingegen fehle es an jedem Anhaltspunkt im Gesetz für eine Anwendung des Zinssatzes in § 253 Abs. 2 HGB. 8 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision. Entscheidungsgründe 9 Die Revision hat Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. 10 I. Die Revision ist zulässig. Sie ist entgegen der Auffassung des Klägers auch ordnungsgemäß begründet. 11 1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe (BAG 13. Oktober 2020 – 3 AZR 410/19 – Rn. 39 mwN). Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt (BAG 23. Januar 2018 – 1 AZR 550/16 – Rn. 9 mwN). Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Dazu hat der Revisionsführer darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügen hierfür nicht (BAG 13. Oktober 2020 – 3 AZR 410/19 – aaO). 12 2. Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung gerade noch. 13 a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, Wortlaut, systematischer Zusammenhang, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der auszulegenden Normen sprächen gegen den Rückgriff auf § 246 BGB, soweit es um die Schätzung des Barwerts sofort fällig gestellter Betriebsrentenansprüche in der Insolvenz nach § 45 InsO gehe. Es hat zu den einzelnen Auslegungskriterien nähere Ausführungen gemacht. 14 b) Die Revisionsbegründung setzt sich zwar nicht im Einzelnen mit allen Argumenten des Landesarbeitsgerichts auseinander. Der Beklagte wendet aber mit näherer Begründung gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ein, dessen Ansicht könne nicht gefolgt werden, da die Systematik der §§ 46, 45 und 41 Abs. 2 Satz 1 InsO an den gesetzlichen Zinssatz anknüpfe. Da die Parteien ausschließlich über die Rechtsfrage der zutreffenden Auslegung des § 46 Satz 2 InsO hinsichtlich des für die Abzinsung der streitgegenständlichen Forderung maßgeblichen Zinssatzes streiten, genügt dieser Angriff. Hätte der Beklagte mit seinem Ansatz Recht, die Systematik von § 46 InsO zwänge dazu, § 45 Satz 1 InsO allein auf die zu schätzende Dauer der Betriebsrentenverpflichtungen, nicht jedoch auf den angemessenen Abzinsungszinssatz anzuwenden, dann hätte seine Revision Erfolg. 15 II. Die Revision ist begründet. 16 1. Die Klage ist zulässig. 17 a) Der Antrag des Klägers ist darauf gerichtet, die streitige Forderung iHv. 3.833,00 Euro zur Insolvenztabelle festzustellen. Der Kläger hat damit eine Feststellungsklage nach den §§ 179, 180 InsO erhoben. 18 b) Dieser Feststellungsantrag ist zulässig, insbesondere besteht das für den Antrag iSv. §§ 38, 179 Abs. 1 InsO nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Dies ergibt sich aus § 189 InsO. Die bestrittenen Forderungen werden bei der Verteilung nur berücksichtigt, wenn der Gläubiger rechtzeitig nachweist, dass er die Feststellung betreibt (§ 189 Abs. 1 und Abs. 3 InsO; BAG 22. September 2020 – 3 AZR 304/18 – Rn. 18 mwN). 19 c) Auch die besondere Sachurteilsvoraussetzung nach § 181 InsO ist erfüllt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die vom Kläger nun noch verfolgte und zur Insolvenztabelle angemeldete mit der vom Beklagten bestrittenen Forderung übereinstimmt. Insbesondere wird nicht die Feststellung einer unangemeldeten und ungeprüften Forderung beantragt, was zur Unzulässigkeit der Klage führen würde (BAG 22. September 2020 – 3 AZR 304/18 – Rn. 19 mwN). 20 2. Die Klage ist unbegründet. Die Forderung des Klägers ist – entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts – nicht iHv. weiteren 3.833,00 Euro zur Insolvenztabelle in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH festzustellen, weil im Rahmen der erforderlichen Abzinsung dieser Insolvenzforderung gemäß § 46 Satz 2 iVm. § 46 Satz 1, § 45 Satz 1, § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO der gesetzliche Zinssatz des § 246 BGB iHv. 4 vH zugrunde zu legen ist. 21 a) Dem Kläger steht gegen den beklagten Insolvenzverwalter eine Insolvenzforderung dem Grunde und der Höhe nach im Umfang von 297.667,99 Euro gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aus übergegangenem Recht der Betriebsrentner zu. Mit dem Erwerb des Anspruchs gegen den Kläger verliert der Versorgungsberechtigte in der Insolvenz seines – ehemaligen – Arbeitgebers seinen Anspruch gegen diesen in dem Umfang, in dem der Kläger nach § 7 BetrAVG eintrittspflichtig ist. Es findet ein gesetzlicher Gläubigeraustausch statt. Dabei reicht der Forderungsübergang so weit wie die Insolvenzsicherung (vgl. BAG 22. September 2020 – 3 AZR 304/18 – Rn. 27 mwN). Dies führt zur Gläubigerstellung des Klägers im Insolvenzverfahren über das Vermögen des ehemaligen Arbeitgebers und Schuldners der Betriebsrentenansprüche (vgl. BAG 7. November 1989 – 3 AZR 48/88 – zu I der Gründe). Der hier angemeldete und anerkannte Betrag ergibt sich dabei aus einer versicherungsmathematischen Schätzung der Dauer der künftig zu zahlenden Betriebsrenten und einer Abzinsung mit dem gesetzlichen Zinssatz von 4 vH wie er in § 46 Satz 1 und § 41 Abs. 2 InsO iVm. § 246 BGB genannt ist. 22 b) Dem Kläger steht allerdings keine weitere Insolvenzforderung iHv. 3.833,00 Euro zu, da eine Abzinsung mit dem gesetzlichen Zinssatz iHv. 4 vH – wie vom Beklagten zugrunde gelegt – zu erfolgen hat. Denn dieser Zinssatz ist für die Abzinsung bei der Berechnung von Insolvenzforderungen, die sich nicht auf bereits fällige Forderungen richten, allgemein maßgeblich. Das ergibt die Auslegung der §§ 41, 45 und 46 InsO. 23 aa) Nach § 41 Abs. 1 InsO gelten nicht fällige Forderungen als fällig. Diese Fiktion der Fälligkeit gilt auch für monatlich zu zahlende Betriebsrentenforderungen. Aufgrund der sofortigen Fälligkeit ist die Höhe der für fällig erklärten Forderungen zu ermitteln, sofern es sich – wie bei Betriebsrenten aufgrund der unbestimmten Dauer – nicht um einen bestimmten Geldbetrag handelt. Für bestimmte Forderungen sieht § 41 Abs. 2 InsO – soweit sie unverzinslich sind – eine Abzinsung mit dem gesetzlichen Zinssatz auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vor. 24 bb) Für die auf den Kläger übergegangenen Forderungen – die Betriebsrentenansprüche der ehemaligen Arbeitnehmer der insolventen Schuldnerin – gilt insoweit § 46 Satz 2 InsO, da es sich um wiederkehrende Leistungen handelt. Deren monatlicher Betrag ist bestimmt, aber die Dauer der Leistungen ist unbestimmt, da nicht bekannt ist, wie lange die jeweilige Betriebsrente zu zahlen ist. Nach § 46 Satz 2 InsO ist bei wiederkehrenden Leistungen, deren Betrag bestimmt, aber deren Dauer unbestimmt ist, § 45 Satz 1 InsO entsprechend anzuwenden. Dh. es hat bei der Umrechnung der sofort fällig gestellten Forderung eine Schätzung – bezogen auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 45 Satz 1 InsO) – zu erfolgen. Für die insoweit notwendige Kapitalisierung durch Schätzung gelten – auch im Fall des Übergangs der Forderungen auf den Kläger – versicherungsmathematische Grundsätze (zur Konkursordnung: BAG 11. Oktober 1988 – 3 AZR 295/87 – zu I der Gründe, BAGE 60, 32; 16. März 1972 – 3 AZR 191/71 – zu I 5 c der Gründe, BAGE 24, 204; Karsten Schmidt/Thonfeld InsO 19. Aufl. § 45 Rn. 12; MüKoInsO/Bitter 4. Aufl. § 45 Rn. 13 und Rn. 26). 25 cc) Neben der Bewertung der ungewissen Laufzeit der jeweiligen betrieblichen Renten unter Zugrundelegung biometrischer Erfahrungswerte ist der im Rahmen der Bewertung der Forderung zum Stichtag ebenfalls erforderliche Ausgleich für den Vorteil der sofortigen Fälligstellung sämtlicher künftiger Betriebsrentenansprüche vorzunehmen (zur Konkursordnung BAG 11. Oktober 1988 – 3 AZR 295/87 – zu I der Gründe, BAGE 60, 32). Dieser Vorteil des Gläubigers – hier infolge des Forderungsübergangs gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG der des Klägers – ist durch Abzinsung im Rahmen der Bewertung der Forderung zu berücksichtigen, um den Vorteil der Fälligkeit in der Insolvenz auszugleichen (zur Konkursordnung BAG 11. Oktober 1988 – 3 AZR 295/87 – aaO). Über diesen Grundsatz bestehen zwischen den Parteien auch keine unterschiedlichen Auffassungen. 26 dd) Diese Abzinsung hat – entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts – mit dem gesetzlichen Zinsfuß von 4 vH (§ 41 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 246 BGB) zu erfolgen. 27 (1) Es ist umstritten, welcher Zinsfuß für die Abzinsung von Betriebsrentenansprüchen für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung anzuwenden ist. 28 (a) Nach der Rechtsprechung des Senats noch zur Konkursordnung muss der im Wege der Schätzung zu ermittelnde Barwert der Forderung so bemessen sein, dass sich der Gläubiger die Leistung, die er wegen des Konkurses – nun der Insolvenz – vom Schuldner nicht erhält, anderweitig beschaffen kann (vgl. BAG 11. Oktober 1988 – 3 AZR 295/87 – zu II 2 a der Gründe, BAGE 60, 32). Unter diesem Gesichtspunkt wurde eine Abzinsung mit dem damals seit fast 30 Jahren unangefochten angewendeten Zinssatz von 5,5 vH, der sich aus der steuerlichen Bewertung von Pensionsrückstellungen gemäß § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG entwickelt hat, nicht beanstandet. Dieser Zinssatz – so der Senat damals – habe sich ungeachtet der Fortschreibung des steuerrechtlich maßgeblichen Zinssatzes in jahrzehntelanger Anwendung bewährt und führe erfahrungsgemäß zu Ergebnissen, die den Vorteil des Gläubigers näherungsweise zuverlässig erfassten (BAG 11. Oktober 1988 – 3 AZR 295/87 – zu II 2 b der Gründe, aaO). Weiter hat der Senat berücksichtigt, dass sich auf dem Kapitalmarkt für langfristige Geldanlagen keine höhere Rendite erzielen ließe (BAG 11. Oktober 1988 – 3 AZR 295/87 – zu II 2 c der Gründe, aaO). 29 Allerdings hat der Senat auch erwogen, von dem gesetzlichen Zinsfuß iHv. 4 vH (§ 246 BGB) bzw. 5 vH (§ 352 Abs. 1 Satz 1 HGB) auszugehen. Der Abzinsungsregelung in § 65 Abs. 2, § 70 KO (jetzt geregelt in § 41 Abs. 2, § 46 Satz 1 InsO) könne ein allgemeiner Grundsatz zugrunde liegen, der auch im Rahmen der Schätzung nach § 69 KO – Vorläuferregelung des § 45 InsO – anzuwenden sein könne, sodass der gesetzliche Zinsfuß als Abzinsungssatz maßgeblich wäre (BAG 11. Oktober 1988 – 3 AZR 295/87 – zu II 3 b der Gründe, BAGE 60, 32). Im Ergebnis konnte der Senat die Frage offenlassen. 30 (b) Das OLG Köln ist den zuletzt genannten Erwägungen unter Geltung der Insolvenzordnung entgegengetreten und hat sich ausdrücklich gegen eine Anwendung des gesetzlichen Zinssatzes nach § 41 InsO ausgesprochen (OLG Köln 26. November 2003 – 5 U 72/03 – Rn. 16; in diesem Sinne am Rande auch OLG Stuttgart 27. September 2012 – 2 U 160/11 – Rn. 64). Es hat – in Anlehnung an die tragenden Gründe des Senats – einen „wahrscheinlich erzielbaren durchschnittlichen Anlagezins“ zugrunde gelegt, den es trotz des bereits zum Entscheidungszeitpunkt niedrigen Zinsniveaus unter Zugrundelegung einer über mehr als zehn Jahre angenommenen Zinsentwicklung mit 5 vH beziffert hat (vgl. OLG Köln 26. November 2003 – 5 U 72/03 – aaO). 31 (c) Die wohl hM im Schrifttum spricht sich – vielfach unter Verweis auf das Senatsurteil vom 11. Oktober 1988 (- 3 AZR 295/87 – BAGE 60, 32) – gegen eine Zugrundelegung des gesetzlichen Zinssatzes im Zusammenhang mit der Schätzung nach § 45 Satz 1 InsO aus, da § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO insoweit nicht anwendbar sei (vgl. etwa FK-InsO/Bornemann 9. Aufl. § 41 Rn. 12, § 45 Rn. 11; BeckOK InsO/Jungmann Stand 15. April 2021 InsO § 41 Rn. 24; Karsten Schmidt/Thonfeld InsO 19. Aufl. § 45 Rn. 12; Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 7. Aufl. vor § 7 Rn. 26; Paulsdorff Kommentar zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung 2. Aufl. § 9 Rn. 35; Brambach/Siebert ZInsO 2019, 1570, 1574; Lüder/Kutzner/Schulenburg ZInsO 2017, 1708, 1712; Ahrend/Mathießen Anm. AP KO § 69 Nr. 2; wohl auch Wortmann in Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Stand Januar 2021 Teil 16 A Rn. 193). 32 Demgegenüber hält eine im Vordringen befindliche Ansicht den gesetzlichen Zinssatz für maßgeblich – sei es als Faktor im Rahmen der Schätzung (Ganter NZI 2013, 769, 771) oder im Rahmen einer Abzinsung als eigenständigem Rechenschritt nach Vornahme der Schätzung der Dauer der Rentenleistungen (HambKomm/Lüdtke 7. Aufl. § 45 InsO Rn. 23, § 46 InsO Rn. 8; BeckOK InsO/Erdmann Stand 15. April 2021 InsO § 46 Rn. 10; MüKoInsO/Bitter 4. Aufl. § 45 Rn. 26; Uhlenbruck/Knof 15. Aufl. § 45 InsO Rn. 22, der lediglich de lege ferenda eine Abzinsung mit dem Marktzins für sachgerechter hält, § 41 InsO Rn. 10; Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2047 ff.; Cranshaw jurisPR-InsR 10/2020 Anm. 2; Daus Die insolvenzrechtliche Einordnung der betrieblichen Altersversorgung in der Insolvenz des Arbeitgebers S. 110 ff.; Henckel in Jaeger InsO 1. Aufl. § 46 Rn. 7). 33 (2) Zutreffenderweise ist der gesetzliche Zinssatz – wie in § 41 InsO aufgrund der Fiktion der Fälligkeit noch nicht fälliger Forderungen bei Insolvenzeröffnung vorgesehen – anzuwenden. 34 (a) Maßgebend für die Gesetzesauslegung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Zu dessen Ermittlung sind der Wortlaut der Norm, die Systematik, Sinn und Zweck sowie die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte heranzuziehen. Unter diesen anerkannten Methoden hat keine unbedingten Vorrang. Welche Regelungskonzeption der Gesetzgeber mit dem von ihm gefundenen Wortlaut tatsächlich verfolgt, ergibt sich uU erst aus den anderen Auslegungsgesichtspunkten. Wird daraus der Wille des Gesetzgebers klar erkennbar, ist dieser zu achten (vgl. BVerfG 6. Juni 2018 – 1 BvL 7/14 ua. – Rn. 74 f., BVerfGE 149, 126; BAG 9. September 2020 – 4 AZR 385/19 – Rn. 24 mwN). 35 (b) Bereits der Wortlaut des § 46 Satz 2 InsO – obwohl nicht eindeutig – spricht dafür, dass Ansprüche auf künftige Betriebsrentenleistungen bei Geltendmachung im Insolvenzverfahren gemäß § 46 Satz 2 iVm. Satz 1 InsO, § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO und § 246 BGB mit dem gesetzlichen Zinssatz von 4 vH abzuzinsen sind. Der Wortlaut in § 46 Satz 2 InsO („Ist die Dauer der Leistungen unbestimmt, so gilt § 45 Satz 1 entsprechend.“) erwähnt nur die Dauer der Leistungen und verweist auf eine Schätzung nach § 45 Satz 1 InsO. Das legt es nahe anzunehmen, dass es im Übrigen bei der Regelung in § 46 Satz 1 InsO verbleiben soll. Dh. die noch ausstehenden Leistungen – Betrag ist bestimmt, Dauer ist nach § 46 Satz 2, § 45 Satz 1 InsO geschätzt – werden unter Abzug des Zinses nach § 46 Satz 1, § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO – also unter Anwendung des gesetzlichen Zinssatzes (§ 246 BGB) – zusammengerechnet (vgl. Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2048; BeckOK InsO/Erdmann Stand 15. April 2021 InsO § 46 Rn. 10). Jedenfalls aber ist nach dem Gesetzeswortlaut eine Anwendung des gesetzlichen Zinssatzes nicht ausgeschlossen, sondern möglich. 36 (c) Aus der Entstehungsgeschichte ist ebenfalls nicht eindeutig abzuleiten, welcher Abzinsungszinssatz gelten soll. Auch sie deutet jedoch darauf hin, dass im Rahmen des § 46 Satz 2 iVm. § 45 Satz 1 InsO der gesetzliche Zinssatz Anwendung findet. 37 (aa) Die Gesetzesmaterialien zur Insolvenzordnung sind wenig ergiebig. Die Gesetzesbegründung zu §§ 52, 53 InsO – tatsächlich dann geregelt in §§ 45, 46 InsO – verweist darauf, dass die Vorschriften im Wesentlichen den §§ 69, 70 KO bzw. §§ 34, 35 VglO entsprechen und dem Zweck dienen, durch eine Umrechnung der Ansprüche der Insolvenzgläubiger in bestimmte, miteinander vergleichbare Geldbeträge die Voraussetzungen für eine gleichberechtigte Teilnahme der Gläubiger am Verfahren zu schaffen (BT-Drs. 12/2443 S. 124). Dazu, welcher Zinssatz insoweit angewendet werden soll, schweigt die Begründung. 38 (bb) Soweit der Kläger darauf verweist, dass eine Abzinsung wiederkehrender Leistungen mit einem bestimmten Zinsfuß im Rahmen der Kapitalisierung in den Motiven zum Entwurf einer Konkursordnung für „bedenklich“ erachtet wurde (vgl. S. 291 zu §§ 62, 63 des Entwurfs, abgedruckt bei Hahn Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen Bd. 4 Materialien zur Konkursordnung 1881 S. 268 ff.), spricht auch dies nicht zwingend gegen eine Abzinsung mit dem gesetzlichen Zinssatz. Zu beachten ist, dass in § 46 InsO der Wortlaut des § 35 VglO, wie er bereits in deren Ursprungsfassung aus dem Jahre 1935 enthalten war (RGBl. I S. 321), und nicht der des § 70 KO übernommen wurde. Zwar heißt es in der amtlichen Begründung zu § 35 VglO: „Die §§ 34, 35 VglO (Umrechnung von Forderungen, Wiederkehrende Leistungen) entsprechen den §§ 69, 70 KO“ (Deutsche Justiz – Amtliches Blatt der deutschen Rechtspflege 1935, 389, 390; die Berücksichtigung dieser Begründung ist möglich, da sie kein nationalsozialistisches Gedankengut zum Ausdruck bringt; aA Looschelders/Roth Juristische Methodik im Prozess der Rechtsanwendung S. 212 f. – keine Unterwerfung unter den Willen einer Staatsmacht, die weder demokratisch legitimiert noch auch nur in den Grundzügen rechtsstaatlich verfasst war). Tatsächlich aber entspricht der Wortlaut von § 35 VglO dem des § 70 KO nur in Satz 1, nicht hingegen in Satz 2. Nur § 35 VglO beinhaltete die Regelung, die sich auch in § 46 Satz 2 InsO wiederfindet. Diese Vorschrift wich damit auch von der Vergleichsordnung aus dem Jahr 1927 (RGBl. I S. 139) ab, die hinsichtlich der Bewertung nicht fälliger Forderungen keine eigenständige Regelung getroffen, sondern in § 2 Satz 2 die Konkursordnung in Bezug genommen hatte. 39 Dieser Unterschied ist bei der Auslegung von § 46 Satz 2 InsO zu berücksichtigen, denn es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber der Insolvenzordnung dem unterschiedlichen Wortlaut von § 35 VglO – den § 46 InsO übernommen hat – und § 70 KO keine Bedeutung beimessen wollte. Da zudem bereits in der Kommentarliteratur zu § 35 VglO die Ansicht vertreten wurde, dass nur die – unbestimmte – Dauer von Pensions- bzw. Betriebsrentenleistungen nach § 34 VglO zu schätzen und sodann der gesetzliche Zins gemäß § 35 Satz 1, § 30 VglO anzuwenden sei (vgl. Bley/Mohrbutter VerglO 4. Aufl. § 35 Rn. 1; die Abzinsungsproblematik ist nicht gesondert behandelt bei Böhle-Stamschräder/Kilger VerglO 11. Aufl. § 35 Rn. 3 und der dort in Bezug genommenen Kommentierung zu § 34, insbesondere Rn. 6 aE), spricht dies für den Willen des Gesetzgebers der Insolvenzordnung, dass bei der Abzinsung zwecks Vorteilsausgleich der gesetzliche Zinssatz anzuwenden ist. Anderenfalls hätte es einer Klarstellung für die Übernahme des Wortlauts von § 35 VglO anstelle von § 70 KO bedurft bzw. zumindest einer Begründung für die Bedeutung von § 46 Satz 2 InsO. 40 (cc) Soweit das Landesarbeitsgericht darauf verweist, dass der Senat in seinem Urteil vom 11. Oktober 1988 (- 3 AZR 295/87 – BAGE 60, 32) eine Abzinsung mit dem Zinsfuß des § 6a Abs. 3 EStG abgelehnt, aber mit einem Zinsfuß von 5,5 vH nicht beanstandet und im Übrigen eine Anwendung des gesetzlichen Zinsfußes erwogen hat (BAG 11. Oktober 1988 – 3 AZR 295/87 – zu II 3 der Gründe, aaO), so ist der Rückschluss, der Gesetzgeber hätte dieses Urteil, wenn er tatsächlich den gesetzlichen Zinssatz für maßgeblich erachtete, zum Anlass für eine Klarstellung bei Abfassung der Insolvenzordnung genutzt, keineswegs zwingend. Das Schweigen des Gesetzgebers spricht iVm. dem Umstand, dass der Wortlaut von § 35 VglO übernommen wurde, eher für eine stillschweigende Zustimmung zu den Erwägungen des Senats zur Anwendbarkeit des gesetzlichen Zinssatzes. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung hätte es nur bedurft, wenn die Legislative der angedeuteten Linie des Senats hätte entgegensteuern wollen (Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2048). 41 (dd) Dass die Kommission für Insolvenzrecht im Zusammenhang mit der Bewertung von Versorgungsrechten und den Regelungen zum Insolvenzplan die Festlegung eines abweichenden Zinsfußes von 5 vH oder 5,5 vH vorgeschlagen hat (Bundesministerium der Justiz Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985 S. 245), spricht schließlich entgegen der Ansicht des Klägers jedenfalls nicht gegen die Annahme eines solchen allgemeinen Grundsatzes, der in § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO seinen Ausdruck gefunden hätte. Der Vorschlag wurde vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen, er kann deshalb keine Anhaltspunkte für den im Rahmen des § 46 Satz 2 InsO maßgeblichen Zinsfuß liefern (Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2049). Umgekehrt kann hieraus genauso geschlossen werden, dass der Gesetzgeber den gesetzlichen fixen Zinssatz nach § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 246 BGB bzw. § 352 HGB als angemessen empfand und die Aufnahme eines weiteren gesetzlichen Zinssatzes in der Insolvenzordnung für überflüssig hielt. 42 (d) Die innere Regelungssystematik des § 46 InsO ebenso wie der Gesamtzusammenhang der §§ 41, 45 und 46 InsO sprechen für eine Anwendung des gesetzlichen Zinssatzes nach § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO. 43 (aa) Die §§ 41, 45 und 46 InsO befinden sich in demselben Regelungsabschnitt der Insolvenzordnung („Zweiter Abschnitt Insolvenzmasse. Einteilung der Gläubiger“). 44 Der gesetzliche Zinsfuß iHv. 4 vH bzw. 5 vH (§ 246 BGB, § 352 HGB) gilt nach § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO – allgemein formuliert – für noch nicht fällige Forderungen, die nach § 41 Abs. 1 InsO mit der Insolvenz des Schuldners für fällig erklärt werden. Für Forderungen auf wiederkehrende Leistungen gilt § 46 InsO. Sind deren Betrag und Dauer bestimmt, wird in § 46 Satz 1 InsO auf den Zinssatz in § 41 InsO verwiesen. § 46 Satz 2 InsO erfasst ergänzend zu Satz 1 dieser Vorschrift den Spezialfall wiederkehrender Leistungen, deren Dauer nicht bestimmt ist, und verweist, um diese Unbestimmtheit zu überwinden, auf die Schätzung nach § 45 Satz 1 InsO. § 46 Satz 2 InsO steht aber auch in unmittelbarem Zusammenhang mit § 46 Satz 1 InsO: beide regeln das Vorgehen bei wiederkehrenden Leistungen in den gesetzlich genannten Fällen. Dabei bietet der Regelungszusammenhang – wie der Wortlaut – keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich die Schätzung auf mehr als auf die Dauer der Leistungen beziehen sollte (vgl. Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2048). 45 Das zeigt sich auch daran, dass § 46 Satz 2 InsO nur dann Sinn ergibt, wenn sich die Verweisung auf die Dauer der Leistung beschränkt und im Übrigen § 46 Satz 1 InsO anzuwenden ist. Gäbe es diese Regelung nicht, so wäre § 45 Satz 1 InsO ohnehin anwendbar und es ließe sich argumentieren, dass – ebenso wie es der Senat in seinem Urteil vom 11. Oktober 1988 (- 3 AZR 295/87 – BAGE 60, 32) im Grundsatz für die Konkursordnung, die keine vergleichbare Regelung enthielt, für möglich gehalten hat – die Abzinsung nach dem zu erwartenden Anlagezinssatz zu erfolgen habe. Die Verbindung beider Regelungen durch § 46 Satz 2 InsO spricht jedoch dagegen. 46 Das Zusammenspiel der Normen zeigt sich ferner an § 45 Satz 2 InsO, der die Umrechnung von Forderungen ausländischer Währung regelt. Handelt es sich dabei um wiederkehrende Forderungen, gilt wiederum § 46 InsO. Außerdem ist für die Währungsumrechnung ausdrücklich geregelt, dass der aktuelle, im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung geltende Kurswert anzuwenden ist. Eine ausdrückliche entsprechende Regelung – dh. die Vorgabe der Anwendung eines aktuellen Anlagewerts für den Fall der Abzinsung des Vorteils sofort fällig gestellter wiederkehrender Leistungen von unbestimmter Dauer – fehlt hingegen. 47 (bb) Dieser Gesamtzusammenhang der §§ 41 ff. InsO und das Zusammenspiel der Normen legen es nahe, die Regelungen von § 41 Abs. 2 Satz 1, § 46 Satz 1 InsO als einen allgemein anzuwendenden Grundsatz zu werten, wonach der gesetzliche Zinssatz in allen Fällen – dh. auch bei der Schätzung nach § 45 Satz 1 InsO und auch bei wiederkehrenden Forderungen – als Abzinsungszinssatz maßgebend ist, in denen der Vorteil der vorzeitigen Fälligkeit auszugleichen ist (vgl. Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2049). 48 (cc) Schließlich ist zu beachten, dass im vorliegenden Zusammenhang lediglich § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO einen gesetzlich benannten Zinssatz beinhaltet. Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung hat offenbar den dort geregelten Zinssatz insgesamt als sachgerecht empfunden. Dieser erscheint auch sachnäher als ein anderer Zinssatz (vgl. Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2049). Es ist kein Grund erkennbar, diesen nicht als allgemein für die Insolvenzordnung gültigen Zins zu werten, soweit es um den Ausgleich des Vorteils der vorzeitigen Fälligkeit von Forderungen geht. Ebenso ist kein rechtfertigender Grund ersichtlich, wiederkehrende Leistungen mit bestimmtem Betrag von unbestimmter Dauer hinsichtlich der Abzinsung anders zu behandeln als solche von bestimmter Dauer (so auch BeckOK InsO/Erdmann Stand 15. April 2021 InsO § 45 Rn. 27; Uhlenbruck/Knof 15. Aufl. § 45 InsO Rn. 22; Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2049; Ganter NZI 2013, 769, 771). 49 (dd) Die Annahme eines allgemein geltenden Grundsatzes führt außerdem dazu, Wertungswidersprüche im Fall von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung zu vermeiden, für die § 45 Satz 1 InsO aufgrund gesetzlicher Verweisung gilt (§ 9 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG). 50 (e) Sinn und Zweck bestätigen die Annahme, dass in § 41 Abs. 2 Satz 1 InsO ein allgemein geltender Grundsatz zum Ausdruck kommt, wonach bei Geltendmachung noch nicht fälliger und durch § 41 Abs. 1 InsO fingierter Fälligkeit Insolvenzforderungen im Rahmen der Bewertung zum Stichtag der Insolvenzeröffnung eine Abzinsung anhand des gesetzlichen Zinssatzes zu erfolgen hat. 51 (aa) Die §§ 41, 45, 46 InsO dienen nach der Gesetzesbegründung zu – im Entwurf noch – §§ 52, 53 InsO (jetzt §§ 45, 46 InsO) – dem Zweck, durch eine Umrechnung der Ansprüche der Insolvenzgläubiger in bestimmte, miteinander vergleichbare Geldbeträge die Voraussetzungen für eine gleichberechtigte Teilnahme der Gläubiger am Verfahren zu schaffen (BT-Drs. 12/2443 S. 124). Sämtliche Insolvenzforderungen sollen zum Stichtag der Verfahrenseröffnung (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2, § 45 Satz 1 InsO) beziffert werden, um sie für die gleichberechtigte Teilnahme aller Gläubiger am Insolvenzverfahren vergleichbar zu machen (vgl. BeckOK InsO/Erdmann Stand 15. April 2021 InsO § 46 Rn. 1; MüKoInsO/Bitter 4. Aufl. § 45 Rn. 1, § 46 Rn. 1; Braun/Bäuerle InsO 8. Aufl. § 45 Rn. 1; Karsten Schmidt/Thonfeld InsO 19. Aufl. § 41 Rn. 15, § 45 Rn. 1 und § 46 Rn. 1; Uhlenbruck/Knof 15. Aufl. § 41 InsO Rn. 1). Das entspricht dem allgemein in der Insolvenzordnung angelegten Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung bzw. der Gleichbehandlung der Gläubiger (BT-Drs. 12/2443 S. 75). Eine gleichberechtigte Teilnahme erfordert aber die Anwendung eines einheitlichen Abzinsungsfaktors zum Ausgleich des Vorteils der sofortigen Fälligstellung der Forderungen. Die Anwendung eines anderen Zinssatzes im Rahmen von § 45 Satz 1 InsO bzw. § 46 Satz 2 iVm. § 45 Satz 1 InsO als im Fall von § 46 Satz 1 InsO würde der gleichberechtigten Teilnahme hingegen zuwiderlaufen. 52 Hätte der Gesetzgeber dagegen bei der Formulierung des § 46 Satz 2 InsO das gesetzgeberische Ziel die Erzielung von Einzelfallgerechtigkeit durch Heranziehung eines marktgerechten Zinssatzes verfolgt, so hätte diese Zielsetzung konsequenterweise auch in § 41 Abs. 2 InsO verfolgt werden müssen. Das ist gerade nicht erfolgt. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber für eine der Erleichterung der Verfahrensabwicklung dienende Pauschalierung entschieden (vgl. Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2050; BeckOK InsO/Erdmann Stand 15. April 2021 InsO § 45 Rn. 27). 53 (bb) Die Anwendung des gesetzlichen Zinssatzes schafft auch Rechtssicherheit, worum es dem Gesetzgeber als weitere Zielsetzung ebenfalls ging. 54 (aaa) Der Grundsatz der Abzinsung beruht auf der Erwägung, dass der Vorteil des Gläubigers einer erst künftig fälligen Forderung, den dieser durch die vorzeitige Erfüllung der Forderung erlangt, auszugleichen ist, um eine Gleichstellung mit den Gläubigern verzinslicher Forderungen und eine Gläubigergleichbehandlung zu erreichen (vgl. BGH 12. Januar 2017 – IX ZR 130/16 – Rn. 6; MüKoInsO/Bitter 4. Aufl. § 41 Rn. 17; Leithaus in Andres/Leithaus InsO 4. Aufl. § 41 Rn. 1; Karsten Schmidt/Thonfeld InsO 19. Aufl. § 41 Rn. 1). Das Gesetz verzichtet beim Zinsfuß aber darauf, den Wiederbeschaffungswert konkret und einzelfallbezogen zu ermitteln, was nur unter Zugrundelegung des voraussichtlich erzielbaren Anlagezinses möglich wäre. Stattdessen gilt für die Abzinsung unverzinslicher, nicht fälliger Forderungen gemäß § 41 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 InsO ausdrücklich – ebenso wie bei Forderungen auf wiederkehrende Leistungen von bestimmter Dauer nach § 46 Satz 1 InsO – der fixe gesetzliche Zinssatz. Daraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber die Rechtssicherheit für wichtiger erachtet hat als die Einzelfallgerechtigkeit. 55 (bbb) Entsprechend führt die Gesetzesbegründung zu § 58 KO – tatsächlich dann geregelt in § 65 KO und jetzt im wortlautidentischen § 41 InsO – aus: „Der Zinsfuß muß der gesetzliche sein, zur Annahme eines niedrigeren, etwa von vier Prozent wie nach §§ 49, 15 des Anhaltischen Gesetzes, liegt ein durchgreifender Grund nicht vor. Die jeweiligen Diskontosätze im kaufmännischen Verkehr sind zu einseitig und zu schwankend“ (Motive S. 278 zu § 58 des Entwurfs, abgedruckt bei Hahn Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen Bd. 4 Materialien zur Konkursordnung 1881 S. 258). 56 Der Gesetzesbegründung zu – im Entwurf noch – § 48 InsO (jetzt § 41 InsO) – ist der Aspekt der Rechtssicherheit ebenfalls zu entnehmen. Hier heißt es: „Daß nicht fällige Forderungen fällig gestellt und dabei gegebenenfalls abgezinst werden, entspricht § 65 KO und § 30 VerglO. Die Regelung dient dazu, eine klare Grundlage für die Stellung der Gläubiger im Verfahren zu schaffen, insbesondere für ihr Stimmrecht in der Gläubigerversammlung, für die Berechnung einer anteiligen Kürzung ihrer Forderungen durch einen Insolvenzplan und für ihre Berücksichtigung bei Verteilungen“ (BT-Drs. 12/2443 S. 124). Eine klare Grundlage erreicht man, wenn in allen Fällen der Abzinsung der gesetzliche Zinssatz zur Anwendung gelangt. 57 (ccc) Die Anwendung eines gesetzlich fixierten Zinssatzes auch im Rahmen der Schätzung führt dazu, diese zu objektivieren und das Ergebnis transparenter zu machen (in diese Richtung auch BeckOK InsO/Erdmann Stand 15. April 2021 InsO § 45 Rn. 27). Wenn der Gesetzgeber bei den inhaltlich bestimmten Forderungen der Rechtssicherheit den Vorzug vor der Einzelfallgerechtigkeit gegeben hat, so ist zu erwarten, dass dies im Rahmen des Möglichen erst recht für die Schätzung gelten sollte, die aufgrund der verbleibenden Bewertungsspielräume in besonderem Maße mit Rechtsunsicherheiten verbunden ist. 58 (ddd) Zugleich wird ein möglicher Streit darüber vermieden, welcher Zins der „richtige“ Anlagezins bei Berücksichtigung von Anlagemöglichkeiten des Gläubigers am Markt ist (ähnlich BeckOK InsO/Erdmann Stand 15. April 2021 InsO § 45 Rn. 27). Denn die – von den Vorinstanzen und von dem Kläger favorisierte – Anwendung des Zinssatzes nach § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB ist nur eine Option. Bei Erstellung der Handelsbilanz können Rückstellungen auch nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB bewertet werden. Dh. selbst innerhalb von § 253 Abs. 2 HGB sind unterschiedliche Maßstäbe für die Rückstellungsberechnung in Form unterschiedlicher Zinssätze für die Abzinsung gegeben. Zudem könnten im Rahmen einer Schätzung statt der Regelungen in § 253 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 2 HGB auch andere Zinssätze zur Anwendung gelangen (so zB OLG Köln 26. November 2003 – 5 U 72/03 – zu II der Gründe, das ausführt, den Abzinsungssatz „nach dem für die voraussichtliche Dauer der Rentenzahlung wahrscheinlich erzielbaren durchschnittlichen Anlagezins zu bestimmen. Hierbei ist zwar zu berücksichtigen, dass derzeit bei mittelfristigen Geldanlagen nur ein geringes Zinsniveau herrscht. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Zinsen bei mittel- oder längerfristigen Anlagen auch noch in über 10 Jahren deutlich unter 5% liegen werden. Dem Senat erscheint daher eine Abzinsung von 5% angemessen.“; vgl. auch Karsten Schmidt/Thonfeld InsO 19. Aufl. § 45 Rn. 12, der auf den „voraussichtlich erzielbaren Anlagezinssatz für mittel- bis langfristige Anlagen“ verweist; Braun/Bäuerle InsO 8. Aufl. § 45 Rn. 10 f., der weiter die Ansicht der Anwendung eines Abzinsungszinssatzes iHv. 5,5 vH vertritt). 59 ee) Diesem Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, dass der Wert einer Versorgungsanwartschaft bei externer Teilung im Versorgungsausgleich unter Zugrundelegung eines anderen Zinsfußes abgezinst wird. Die spezifische Rechtslage sowie die Interessenlage der Beteiligten im Insolvenzverfahren sind mit dieser Konstellation nicht vergleichbar. 60 (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bewertung von Versorgungsanwartschaften im Scheidungsfall ist bei Vornahme eines Versorgungsausgleichs bei einer externen Teilung (§ 14 VersAusglG) der Wert eines Anrechts auf betriebliche Altersversorgung nach § 45 VersAusglG zu ermitteln. Bewertungsstichtag für jenen Wert ist das Ende der Ehezeit (§ 45 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG). Die Wahl des Rechnungszinses für die erforderliche Abzinsung hat der Gesetzgeber im Gegensatz zum Insolvenzverfahren an keiner Stelle geregelt, sondern den Versorgungsträgern überlassen, die aber einen möglichst realistischen und für das jeweilige Anrecht spezifischen Zins verwenden sollen (BGH 9. März 2016 – XII ZB 540/14 – Rn. 16, BGHZ 209, 218). Die Gesetzesmaterialien zum VersAusglG legen die Anwendung des handelsbilanziellen Zinssatzes des § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB nahe (Gesetzentwurf BT-Drs. 16/10144 S. 85; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags BT-Drs. 16/11903 S. 56). Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Familiengerichte nicht verpflichtet sind, die Bewertung eines Anrechts durch einen Versorgungsträger zu korrigieren, nur weil dieser die Abzinsung unter Zugrundelegung des Zinssatzes gemäß § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB vorgenommen hat. Er hat die Anwendung des handelsbilanziellen Zinssatzes unbeanstandet gelassen, ua. weil beim Versorgungsträger ein Gleichlauf mit den Handelsbüchern gewährleistet werde (BGH 9. März 2016 – XII ZB 540/14 – Rn. 43 ff., BGHZ 209, 218). 61 (2) Damit aber stellt sich die Rechtslage beim Versorgungsausgleich bereits im Ausgangspunkt anders dar als im Insolvenzverfahren, wo zum einen ein Zinsfuß ausdrücklich geregelt und zum anderen die Interessenlage bei der Bewertung der Forderungen eine gänzlich andere ist. Bei der Scheidung geht es darum, im Verhältnis der Ehegatten untereinander die Anrechte unter Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes möglichst gerecht aufzuteilen, ohne die Rechte des Versorgungsträgers zu schmälern. Das legt die Anwendung des bilanziellen Zinssatzes nahe. Im Insolvenzverfahren hingegen ist das Ziel der Bewertung die Ermittlung vergleichbarer Werte für alle Insolvenzforderungen, um die Voraussetzung für eine gerechte Aufteilung des Schuldnervermögens in der Insolvenz zu schaffen. Diese unterschiedlichen Ausgangspositionen rechtfertigen es, die Abzinsung nach unterschiedlichen Maßgaben vorzunehmen (ebenso Bitter/Wosch ZIP 2020, 2044, 2050). 62 ff) Der maßgebende gesetzliche Zinssatz beträgt somit gemäß § 246 BGB 4 vH. Die ausschließlich für beiderseitige Handelsgeschäfte geltende Sonderregelung des § 352 Abs. 1 HGB, der einen höheren Zinssatz von 5 vH vorsieht, findet keine Anwendung, da die Versorgungszusage für die Versorgungsberechtigten nicht zum Betrieb eines Handelsgewerbes gehört (vgl. § 343 Abs. 1 HGB) und die vom Kläger im Insolvenzverfahren geltend gemachten Leistungsansprüche keine Schuld aus einem solchen beiderseitigen Handelsgeschäft darstellen. 63 Nachdem der zur Tabelle festgestellte klägerische Anspruch unstreitig unter Anwendung des Zinssatzes von 4 vH bei der Abzinsung berechnet wurde, ist kein weiter gehender Forderungsbetrag zur Insolvenztabelle festzustellen. 64 III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.              Zwanziger                  Spinner                  Günther-Gräff                                    Knüttel                  S. Hopfner" bag_13-21,15.06.2021,"15.06.2021 13/21 - Abmahnung eines Redakteurs - Anzeigepflicht Nebentätigkeit   Eine tarifliche Regelung, nach der ein angestellter Zeitschriftenredakteur dem Verlag die anderweitige Verwertung einer während seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit bekannt gewordenen Nachricht anzuzeigen hat, soll dem Verlag regelmäßig die Prüfung ermöglichen, ob seine berechtigten Interessen durch die beabsichtigte Veröffentlichung beeinträchtigt werden. Verstößt der Arbeitnehmer gegen die Anzeigepflicht, kann dies eine Abmahnung rechtfertigen. Der Kläger ist bei der Beklagten als Redakteur der Zeitschrift „W.“ beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Redakteurinnen/Redakteure an Zeitschriften idF vom 4. November 2011 (MTV) Anwendung. Nach § 13 Ziffer 3 MTV bedarf eine Redakteurin bzw. ein Redakteur zur anderweitigen Verarbeitung, Verwertung und Weitergabe der ihr/ihm bei ihrer/seiner Tätigkeit für den Verlag bekannt gewordenen Nachricht der schriftlichen Einwilligung des Verlags. Der Arbeitsvertrag der Parteien verlangt anstelle der schriftlichen Einwilligung des Verlags die der Chefredaktion. Im September 2017 nahm der Kläger im Rahmen einer Dienstreise in die USA an der Standorteröffnung eines deutschen Unternehmens teil, um darüber für die Beklagte zu berichten. Der Artikel des Klägers enthielt ua. die Schilderung eines Vorfalls, der sich während der Eröffnungsveranstaltung am abendlichen Buffet zwischen dem Kläger und der ausrichtenden Unternehmerin im Beisein von Redakteuren anderer Zeitschriften zugetragen hatte. Auf die Erklärung des Klägers, er esse nichts, da er „zu viel Speck über‘m Gürtel“ habe, kniff die Unternehmerin dem Kläger in die Hüfte. Diese Passage wurde von der Redaktion der Zeitschrift „W.“ gestrichen. Im Dezember 2017 fragte der Kläger seinen Chefredakteur, ob der Vorfall nicht doch noch im Rahmen der „#MeToo-Debatte“ veröffentlicht werden könne. Dies lehnte der Chefredakteur ab. Der Ankündigung des Klägers, den Beitrag anderweitig zu publizieren, begegnete der Chefredakteur mit einem Hinweis auf das Konkurrenzverbot im Arbeitsvertrag. Im März 2018 erschien – ohne vorherige Unterrichtung der Beklagten – in der T.-Zeitung ein Beitrag des Klägers mit dem Titel „Ran an den Speck“. Die Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin eine Abmahnung, weil er es unterlassen hatte, die schriftliche Einwilligung der Chefredaktion einzuholen. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Er hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, der Erlaubnisvorbehalt in § 13 Ziffer 3 MTV verletze ihn als Redakteur in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit sowie in den weiteren Grundrechten auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, außerdem in dem Recht aus Art. 10 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Es sei nicht erforderlich gewesen, die Einwilligung der Chefredaktion einzuholen, weil die Beklagte eine Veröffentlichung endgültig abgelehnt habe, um die Unternehmerin zu schützen. Die Klage wurde in den Vorinstanzen abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte war berechtigt, den Kläger wegen Verletzung seiner Anzeigepflicht aus § 13 Ziffer 3 MTV abzumahnen. Die Verpflichtung eines Redakteurs, den Verlag vor der anderweitigen Veröffentlichung einer ihm während seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit bekannt gewordenen Nachricht um Erlaubnis zu ersuchen, verstößt weder gegen Verfassungs- noch gegen Konventionsrecht. Im Rahmen der Abwägung der kollidierenden Grundrechtspositionen von Redakteur und Verlag ist zu berücksichtigen, dass Letzterer erst durch die Anzeige der beabsichtigten Nebentätigkeit in die Lage versetzt wird zu überprüfen, ob seine berechtigten Interessen durch die beabsichtigte Veröffentlichung beeinträchtigt werden. Dahinter muss das Interesse des Arbeitnehmers, die Nachricht ohne vorherige Einbindung des Verlags zu veröffentlichen, regelmäßig zurücktreten. Das Landesarbeitsgericht hat vorliegend ohne Rechtsfehler angenommen, der Kläger sei unter den gegebenen Umständen verpflichtet gewesen, vor der Veröffentlichung des Artikels in der T.-Zeitung die Einwilligung der Chefredaktion einzuholen. Die Beklagte hatte ein berechtigtes Interesse an der Unterrichtung, um die Verwertung der Nachricht durch einen Wettbewerber gegebenenfalls verhindern zu können, während die Belange des Klägers dadurch nur unwesentlich beeinträchtigt worden wären. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Juni 2021 – 9 AZR 413/19 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 26. Juni 2019 – 4 Sa 970/18 –","Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2019 – 4 Sa 970/18 – wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. 2 Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. April 1987 als Redakteur für die Zeitschrift „W“ beschäftigt. Vom 11. bis zum 19. September 2017 nahm er im Rahmen einer Dienstreise in die USA an der Standorteröffnung eines deutschen Unternehmens teil, um darüber für die Beklagte zu berichten. In seinem Artikel beschrieb der Kläger einen Vorfall, der sich während der Eröffnungsveranstaltung am abendlichen Buffet zwischen ihm und der ausrichtenden Unternehmerin im Beisein von Redakteuren anderer Zeitschriften zugetragen hatte. Auf seine Bemerkung, er verzichte darauf, etwas zu essen, da er „zu viel Speck überm Gürtel“ habe, kniff die Unternehmerin dem Kläger in die Hüfte. Die Online-Redaktion strich diese Passage aus dem Bericht des Klägers, den die Beklagte in der gekürzten Fassung am 13. September 2017 veröffentlichte. 3 Im Dezember 2017 fragte der Kläger den Chefredakteur, ob der Vorfall nicht doch noch im Rahmen der „#MeToo-Debatte“ veröffentlicht werden könne. Dies lehnte der Chefredakteur ab. Der Ankündigung des Klägers, den Beitrag anderweitig zu publizieren, begegnete der Chefredakteur mit einem Hinweis auf das Konkurrenzverbot im Arbeitsvertrag der Parteien; der Kläger möge Rücksprache beim Leiter Personal und Recht nehmen. 4 Im März 2018 erschien – ohne vorherige Unterrichtung der Beklagten – in der „T“ („t“) ein Beitrag des Klägers mit dem Titel „Ran an den Speck“. Darin schilderte der Kläger den Vorfall am Buffet, ohne Ort und Zeit des Geschehens sowie den Namen der Unternehmerin zu nennen. Der Artikel war mit dem Hinweis versehen, dass der Kläger regelmäßig als Journalist über Wirtschaftsthemen berichte. 5 Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 14. März 2018 eine Abmahnung, weil er es unterlassen hatte, vor der Veröffentlichung die schriftliche Einwilligung der Chefredaktion einzuholen, und kündigte an, der Kläger müsse mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen, sollte sich das von ihr gerügte Verhalten wiederholen oder der Kläger „in ähnlicher Art und Weise gegen … arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen …“. 6 Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für Redakteurinnen/Redakteure an Zeitschriften idF vom 4. November 2011 (iF MTV) Anwendung. Darin heißt es ua.:          „§ 12           Urheberrecht          1.     Umfang der Urheberrechtsübertragung                   Die/der Redakteurin/Redakteur räumt dem Verlag das ausschließliche, zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Recht ein, Urheberrechte und verwandte Schutzrechte im Sinne des Urheberrechtsgesetzes, die sie/er in der Erfüllung ihrer/seiner vertraglichen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis erworben hat, vom Zeitpunkt der Rechtsentstehung an zu nutzen. …                                     …                                   5.     Rückrufsrecht                   Übt der Verlag das Recht gem. Ziff. 1, 3 nicht oder nur unzureichend aus, so kann die/der Redakteurin/Redakteur das Nutzungsrecht frühestens zwölf Monate nach Ablieferung des Beitrags zurückrufen. …                   Der Rückruf kann erst erklärt werden, nachdem die/der Redakteurin/Redakteur dem Verlag unter Ankündigung des Rückrufs eine angemessene Frist, die nicht mehr als drei Monate zu betragen braucht, zur Ausübung der Rechte gem. Ziff. 1, 3 bestimmt hat.                   Der Bestimmung der Frist bedarf es nicht, wenn die Ausübung der Rechte gem. Ziff. 1, 3 dem Verlag unmöglich ist oder von ihm verweigert wird, oder wenn durch die Gewährung einer Frist überwiegende Interessen der/des Redakteurin/Redakteurs gefährdet werden.                   Die/der Redakteur darf nach erfolgtem Rückruf ihre/seine Rechte nur verwerten, wenn dies den berechtigten Interessen des Verlags nicht abträglich ist.          …                                   § 13                      Nebentätigkeit          1.     Die/der Redakteurin/Redakteur darf eine Nebentätigkeit nur ausüben, wenn sie den berechtigten Interessen des Verlages nicht abträglich ist.          2.     Eine journalistische oder redaktionelle oder schriftstellerische oder sonstige publizistische Nebentätigkeit ist, abgesehen von gelegentlichen Einzelfällen, dem Verlag unverzüglich mitzuteilen. Die regelmäßige Ausübung einer solchen Nebentätigkeit bedarf der schriftlichen Einwilligung des Verlages.          3.     Die/der Redakteurin/Redakteur bedarf zur anderweitigen Verarbeitung, Verwertung und Weitergabe der ihr/ihm bei ihrer/seiner Tätigkeit für den Verlag bekannt gewordenen Nachrichten und Unterlagen der schriftlichen Einwilligung des Verlages.“ 7 Nr. 10 Abs. 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags vom 5. Januar 1987 (iF Arbeitsvertrag) verlangt anstelle der schriftlichen Einwilligung des Verlags die Einwilligung der Chefredaktion. Darüber hinaus lautet der Arbeitsvertrag auszugsweise:          „2              VERPFLICHTUNG DES REDAKTEURS          …                 Der Redakteur ist zur Einhaltung der von dem Verlag festgelegten Grundsätze, Aufgaben oder Zielsetzungen der Zeitschrift verpflichtet.“ 8 In den vom Verlag für die W gesetzten „Regelungen zur Wahrung der publizistischen Unabhängigkeit“ (iF Unabhängigkeitsregelungen) heißt es einleitend ua.:          „Die nachfolgenden Regelungen zur Wahrung der publizistischen Unabhängigkeit in der Redaktion ‚W‘ sind Leitlinien für professionelles und ethisch einwandfreies Verhalten bei der Arbeit in einem Medienunternehmen. Sie sichern durch das Streben nach hoher Qualität und hohem intellektuellen Standard, nach Objektivität, Wahrhaftigkeit und Fairness in der Berichterstattung die vom Verleger nach außen garantierte Unabhängigkeit der Redaktion von Interessen und Einflüssen Dritter, beispielweise politischer Parteien.          Von existenzieller Bedeutung ist das Vertrauen der LeserInnen und der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit und Integrität des Objekts ‚W‘. Dies setzt insbesondere voraus, dass          –        …                 –        veröffentlichte Analysen auf der bestmöglichen unabhängigen Beurteilung der Fakten und nicht auf Vorlieben der sie verfassenden JournalistInnen oder den Präferenzen von Informationsquellen und Anzeigenkunden beruhen;          –        …                 –        sich hinter der journalistischen Arbeit keine verdeckten Absichten oder Gefälligkeiten verbergen.“ 9 Ziff. 5 der Unabhängigkeitsregelungen bestimmen:          „Einladungsreisen auf Kosten von Unternehmen, Parteien oder Institutionen bedürfen der vorherigen Zustimmung (Einwilligung) der Chefredaktion. Entscheidend für die Einwilligung sind der Nachrichtenwert für die W, der nach dem Programm und der Teilnehmerliste abgeschätzt wird, die Gewährleistung der Unabhängigkeit und Objektivität der Berichterstattung sowie der kritischen Analyse und Kommentierung.“ 10 Mit der Klage begehrt der Kläger die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte. Er hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, der Erlaubnisvorbehalt in § 13 Ziff. 3 MTV verletze ihn als Redakteur in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit sowie in den weiteren Grundrechten auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, außerdem in seinen Rechten aus Art. 10 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Es sei nicht erforderlich gewesen, die Einwilligung der Chefredaktion einzuholen, nachdem die Beklagte eine Veröffentlichung endgültig abgelehnt habe. Zudem sei es ihm aus zeitlichen Gründen nicht zumutbar gewesen, die Einwilligung erforderlichenfalls gerichtlich einzuklagen. Die Veröffentlichung der Nachricht stehe mit den von der Beklagten selbst gesetzten „Regelungen zur Wahrung der publizistischen Unabhängigkeit“ in Einklang. Die Abmahnung sei jedenfalls angesichts der langjährigen störungsfreien Vertragsdauer unverhältnismäßig. 11 Der Kläger hat beantragt,          die ihm mit Schreiben vom 14. März 2018 erteilte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. 12 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die Abmahnung sei gerechtfertigt, weil der Kläger seine Pflichten aus § 13 Ziff. 3 MTV bewusst verletzt und gegen das Konkurrenzverbot verstoßen habe. Aus der persönlichen Betroffenheit des Klägers und dessen Wunsch nach einer Verbreitung der Nachricht resultiere kein überwiegendes Interesse, die Nachricht zu verwerten. 13 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Entscheidungsgründe 14 Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist nicht begründet. 15 A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Abmahnung vom 14. März 2018 sei gerechtfertigt, weil der Kläger es entgegen § 13 Ziff. 3 MTV iVm. § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags unterlassen habe, für die Veröffentlichung des Artikels in der „T“ („t“) die Einwilligung der Chefredaktion einzuholen. Der tarifliche Einwilligungsvorbehalt verletze ihn nicht in seinen Grundrechten. Die Einholung der Einwilligung sei nicht entbehrlich gewesen, denn der Kläger habe die Beklagte vor der Veröffentlichung über Ort, Zeit und inhaltliche Gestaltung des Artikels nicht unterrichtet. Die Abmahnung sei verhältnismäßig, weil der Kläger sich bewusst über seine Vertragspflichten hinweggesetzt habe, indem er die Nachricht trotz der vorangegangenen Hinweise des Chefredakteurs verwertet habe. 16 B. Diese Begründung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. 17 I. Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt (st. Rspr., zB BAG 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330/16 – Rn. 83, BAGE 160, 296; 20. Januar 2015 – 9 AZR 860/13 – Rn. 31; 19. Juli 2012 – 2 AZR 782/11 – Rn. 13 mwN, BAGE 142, 331). 18 II. Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 14. März 2018 aus seiner Personalakte. Diese ist, wie die Vorinstanzen zu Recht erkannt haben, formell und materiell nicht zu beanstanden. 19 1. Die Abmahnung ist hinreichend bestimmt. Sie bezeichnet das beanstandete Verhalten des Klägers, das als solches außer Streit steht, konkret und enthält keine nur pauschalen Vorwürfe (vgl. BAG 27. November 2008 – 2 AZR 675/07 – Rn. 17). 20 2. Der Kläger hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, indem er es entgegen § 13 Ziff. 3 MTV unterlassen hat, vor der Veröffentlichung seines Gastbeitrags in der t die Einwilligung der Chefredaktion einzuholen. Die Beklagte war deshalb berechtigt, ihn mit der Abmahnung auf seine Pflichtverletzung hinzuweisen, ihn für die Zukunft zu einem vertragsgetreuen Verhalten aufzufordern und ihm für den Wiederholungsfall individualrechtliche Konsequenzen anzukündigen (zur Rüge-, Dokumentations- und Warnfunktion einer Abmahnung vgl. BAG 19. Juli 2012 – 2 AZR 782/11 – Rn. 20, BAGE 142, 331). 21 a) Der MTV findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (§ 4 Abs. 1 TVG). 22 b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des in § 13 Ziff. 3 MTV geregelten tariflichen Einwilligungsvorbehalts erfüllt sind. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung von § 13 Ziff. 3 MTV, die einer uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (st. Rspr., vgl. hierzu im Einzelnen BAG 1. Dezember 2020 – 9 AZR 104/20 – Rn. 24; 11. November 2020 – 4 AZR 210/20 – Rn. 20 f.), und die auf dieser Grundlage vorgenommene Subsumtion des vorliegenden Sachverhalts unter die Tarifnorm, ist frei von Rechtsfehlern. 23 aa) Der Kläger verwertete mit dem in der t veröffentlichten Artikel eine ihm bei seiner Tätigkeit für den Verlag bekannt gewordenen Nachricht. 24 (1) Mit der Schilderung des Vorfalls in seinem Gastbeitrag hat der Kläger einen Sachverhalt mitgeteilt und damit eine „Nachricht“ iSv. § 13 Ziff. 3 MTV. Dem Nachrichtencharakter der Schilderung steht nicht entgegen, dass der Kläger Teil des Geschehens war. Ob der Sachverhalt von einem unbeteiligten Beobachter oder von einer selbst beteiligten Person mitgeteilt wird, ist für die Einordnung als „Nachricht“ iSv. § 13 Nr. 3 MTV unerheblich. Es muss sich nicht, wie der Kläger meint, um ein Geschehen handeln, das Dritte erlebt oder dem Redakteur mitgeteilt haben. 25 (2) Die Nachricht ist dem Kläger „bei … seiner Tätigkeit für den Verlag bekannt geworden“, auch wenn sie nur ein Randgeschehen betrifft. Die Abendveranstaltung war Teil der Standorteröffnung, über die der Kläger im Auftrag der Beklagten berichten sollte. 26 (3) Der Kläger hat die Nachricht unter seinem Namen im Rahmen seines in der t erschienenen Artikels anderweitig verwertet. Er hat damit keinen allgemeinen Debattenbeitrag geleistet, der auf ein fiktives Geschehen Bezug nimmt, sondern den Vorfall konkret geschildert, als Aufhänger benutzt und dabei auf die Prominenz der Hauptakteurin abgestellt. Der Artikel schildert den Anlass und die Umstände des Firmenevents verbunden mit Angaben zum einladenden Unternehmen und schließt mit dem Hinweis, dass der Kläger regelmäßig als Journalist über Wirtschaftsthemen berichtet. Der Beitrag kann, obwohl Ort und Zeit des Geschehens sowie der Name der Unternehmerin nicht genannt sind, von Interessierten – wie der Kläger selbst einräumt – durch eine Recherche im Internet unter Zuhilfenahme der Berichterstattung in der W dem konkreten Vorfall zugeordnet werden. 27 bb) Soweit Nr. 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags die Ausübung des Einwilligungsvorbehalts der Chefredaktion überträgt, handelt es sich um eine innerorganisatorische Aufgabenzuweisung, die von den tariflichen Vorgaben nicht abweicht. 28 cc) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Rückfall eines Nutzungsrechts nach § 12 Ziff. 5 MTV zu einer Einschränkung des in § 13 Ziff. 3 MTV geregelten Erlaubnisvorbehalts führen kann. Ausgehend von den mit der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, an die der Senat gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist, sind die Voraussetzungen von § 12 Ziff. 5 MTV nicht erfüllt. Der Kläger hat der Beklagten keinen Beitrag iSv. § 12 Ziff. 1 MTV abgeliefert, auf den sich ein Rückruf beziehen könnte. Sähe man einen solchen in dem Bericht, den der Kläger ursprünglich über die Veranstaltung verfasste und an die Online-Redaktion der W übersandte, wären die Voraussetzungen von § 12 Ziff. 5 MTV ebenfalls nicht erfüllt. Die für den Rückruf maßgebliche Frist von zwölf Monaten nach Ablieferung des Beitrags war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Gastbeitrags nicht abgelaufen. Zudem hat der Kläger gegenüber der Beklagten keinen Rückruf erklärt. 29 c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten aus § 13 Ziff. 3 MTV verletzt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger war nach der tariflichen Regelung verpflichtet, dem Verlag durch Einholung der schriftlichen Einwilligung die beabsichtigte Verwertung der Nachricht in seinem Gastbeitrag anzuzeigen. Diese Anzeigepflicht hat der Kläger nicht erfüllt. Keiner Entscheidung bedarf es, ob der Verlag – eine den tariflichen Anforderungen entsprechende Anzeige der beabsichtigten Verwertung vorausgesetzt – berechtigt gewesen wäre, die Einwilligung zu versagen. 30 aa) § 13 Ziff. 3 MTV begründet mit dem Einwilligungsvorbehalt eine Anzeigepflicht des Redakteurs, denn die Einholung der schriftlichen Einwilligung des Verlags setzt notwendigerweise dessen Unterrichtung über die beabsichtigte Verwertung der Nachricht voraus. Zum anderen räumt die tarifliche Bestimmung dem Verlag das Recht ein, die Verwertung zu untersagen, indem er die Einwilligung nicht erteilt. Die mit § 13 Ziff. 3 MTV begründeten Pflichten des Redakteurs und die Rechte des Verlags werden jedoch durch § 13 Ziff. 1 Halbs. 2 MTV begrenzt. Sie setzen ein berechtigtes Interesse des Verlags voraus und entfallen, wenn überwiegend schutzwürdige Interessen des Redakteurs und/oder der Öffentlichkeit an der unmittelbaren Verwertung der Nachricht bestehen. 31 (1) Für diese Auslegung der Tarifbestimmung spricht bereits die Systematik der tariflichen Regelung (zu den Grundsätzen der Auslegung von Tarifverträgen vgl. BAG 1. Dezember 2020 – 9 AZR 104/20 – Rn. 29 mwN). Denn § 13 Abs. 3 MTV legt selbst nicht fest, unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung durch den Verlag zu erteilen ist bzw. versagt werden kann. Die Bedingungen hierfür ergeben sich erst aus der Grundregelung des § 13 Ziff. 1 MTV, die für alle Nebentätigkeiten gilt und nur zurücktritt, wenn § 13 Ziff. 2 und Ziff. 3 MTV als speziellere Regelungen von ihr abweichen. 32 (2) Dieses Verständnis wird durch eine gesetzeskonforme Auslegung des § 13 Ziff. 3 MTV bestätigt. Tarifnormen sind möglichst so auszulegen, dass sie nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht stehen und damit Bestand haben (st. Rspr., vgl. BAG 1. Dezember 2020 – 9 AZR 104/20 – Rn. 29 mwN). Eine rechtfertigungslose Beschränkung oder Untersagung des Rechts, eine Nebentätigkeit – wie vorliegend in Gestalt der anderweitigen Verwertung einer Nachricht iSv. § 13 Ziff. 3 MTV im Rahmen einer journalistischen und publizistischen Nebentätigkeit – auszuüben, wäre mit den Grundrechten eines Redakteurs nicht zu vereinbaren. 33 (a) Die Tarifvertragsparteien als Normgeber sind bei der tariflichen Normsetzung zwar nicht unmittelbar, jedoch mittelbar grundrechtsgebunden. Die Grundrechte wirken nicht nur als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat, sondern verpflichten in ihrer Schutzfunktion den Staat dazu, die Rechtsordnung in einer Weise zu gestalten, dass die einzelnen grundrechtlichen Gewährleistungen auch im Zivilrecht wirksam werden können (st. Rspr., ausführlich BAG 19. Dezember 2019 – 6 AZR 563/18 – Rn. 19 ff., BAGE 169, 163; vgl. auch BAG 19. November 2020 – 6 AZR 449/19 – Rn. 21 mwN; 2. September 2020 – 5 AZR 168/19 – Rn. 21 mwN; 19. Juni 2018 – 9 AZR 564/17 – Rn. 28). 34 (b) Die Gerichte sind verpflichtet, bei der Auslegung und Anwendung von Rechtsnormen kollidierende Grundrechtspositionen unterschiedlicher Grundrechtsträger in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. für die st. Rspr. BVerfG 9. Juli 2020 – 1 BvR 719/19 ua. – Rn. 9; 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 – Rn. 76; BVerfGE 152, 152; 11. April 2018 – 1 BvR 3080/09 – Rn. 32 mwN, BVerfGE 148, 267; vgl. auch BAG 19. Dezember 2019 – 6 AZR 563/18 – Rn. 22, BAGE 169, 163; 27. Juni 2018 – 10 AZR 290/17 – Rn. 34 mwN, BAGE 163, 144). Zwar steht den Tarifvertragsparteien als selbstständigen Grundrechtsträgern bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu, über den Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien nicht in gleichem Maß verfügen. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Sie verfügen über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung und sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (vgl. BAG 2. September 2020 – 5 AZR 168/19 – Rn. 22; 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 39 ff. mwN; 19. Dezember 2019 – 6 AZR 563/18 – Rn. 26 mwN, aaO). Die objektive Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Gerichte aber dazu, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheitswidrigen Differenzierungen führen oder eine unangemessene Beschränkung eines grundrechtlichen Freiheitsrechts zur Folge haben (vgl. BAG 26. April 2017 – 10 AZR 856/15 – Rn. 29; 17. Juni 2009 – 7 AZR 112/08 (A) – Rn. 31, BAGE 131, 113; 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – zu B II 2 c der Gründe, BAGE 111, 8). Die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaften können sich durch ihren Beitritt zur Gewerkschaft weder einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung noch jeder Einschränkung ihrer Freiheitsrechte in Tarifnormen unterwerfen (vgl. BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – Rn. 30). 35 (c) § 13 Ziff. 3 MTV gewährleistet in der gefundenen Auslegung einen Ausgleich der kollidierenden Grundrechtspositionen von Verlag und Redakteur nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz. 36 (aa) Die Verpflichtung des angestellten Redakteurs, seinen Verlag vor der Verwertung einer Nachricht iSv. § 13 Ziff. 3 MTV im Rahmen eines Gastbeitrags in einer anderen Zeitschrift zu unterrichten, und ihn aufzufordern, die Einwilligung zur Verwertung zu erteilen, berührt die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit des Redakteurs. Dieses Grundrecht schützt die Freiheit der Auswahl und der Ausübung von erwerbsbezogenen Tätigkeiten in allen denkbaren Formen als Teilhabe am Wettbewerb (vgl. BAG 19. Dezember 2019 – 6 AZR 23/19 – Rn. 20 ff., BAGE 169, 180; ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Art. 12 Rn. 9). Zugleich schränkt der tarifliche Einwilligungsvorbehalt die Meinungs- und Pressefreiheit des Redakteurs ein. Die Verbreitung von Berichten über Vorgänge des öffentlichen Lebens unterfällt der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG; sie schützt die Verbreitung von Meinungen und Tatsachen ohne Rücksicht auf Form und Kommunikationsmittel (BGH 10. November 2020 – VI ZR 62/17 – Rn. 23). Mit der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, die als subjektives Recht sowohl dem Verleger als auch dem Redakteur zusteht (vgl. BVerfG 25. Januar 1984 – 1 BvR 272/81 – zu C II 3 a der Gründe, BVerfGE 66, 116; Maunz/Dürig/Grabenwarter GG Stand Januar 2018 Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 308), wird die Presse über die Meinungsäußerungsfreiheit hinaus in ihrer institutionellen Eigenständigkeit geschützt. Sie reicht von der Beschaffung der Informationen bis zu deren Verbreitung (BVerfG 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 – Rn. 93, 111, BVerfGE 152, 152). 37 (bb) Im Verhältnis zwischen Verlag und Redakteur ist die Schutzfunktion der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG iSd. Ausstrahlungswirkung zu beachten (vgl. BAG 19. Dezember 2019 – 6 AZR 563/18 – Rn. 22, BAGE 169, 163; 3. Juli 2019 – 10 AZR 300/18 – Rn. 18; 27. Juni 2018 – 10 AZR 290/17 – Rn. 34 mwN, BAGE 163, 144; 5. Dezember 2019 – 2 AZR 240/19 – Rn. 83). Die Verpflichtung des Redakteurs zur Anzeige der Verwertung bedarf aus diesen Gründen, wie auch die Untersagung der Verwertung, einer Rechtfertigung (vgl. BAG 19. Dezember 2019 – 6 AZR 23/19 – Rn. 19, 21 ff., BAGE 169, 180). Diese kann sich insbesondere aus den Rechten des Verlags aus Art. 12 Abs. 1 GG und dem Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) ergeben, an das der Redakteur aufgrund der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Verlag gebunden ist. Denn die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 GG sind nicht schrankenlos gewährleistet, sondern können durch die allgemeinen Gesetze beschränkt werden (vgl. zu Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG BAG 5. Dezember 2019 – 2 AZR 240/19 – Rn. 95). Presseunternehmen arbeiten nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen und in privatrechtlichen Organisationsformen; sie stehen miteinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz (BVerfG 25. Januar 1984 – 1 BvR 272/81 – zu C II 3 a der Gründe, BVerfGE 66, 116). Ein Redakteur, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten entfaltet, verstößt gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Verlags aus § 241 Abs. 2 BGB. Es handelt sich in der Regel um eine erhebliche Pflichtverletzung, die „an sich“ geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (BAG 23. Oktober 2014 – 2 AZR 644/13 – Rn. 27, BAGE 149, 367; 28. Januar 2010 – 2 AZR 1008/08 – Rn. 20). Außerhalb der Arbeitszeit steht dem Redakteur die Verwendung seiner Arbeitskraft zwar grundsätzlich frei, er hat jedoch jede Nebentätigkeit zu unterlassen, die gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstößt (vgl. hierzu im Einzelnen BAG 23. Oktober 2014 – 2 AZR 644/13 – Rn. 27 ff.; 16. Januar 2013 – 10 AZR 560/11 – Rn. 14 ff.; vgl. auch BAG 13. Mai 2015 – 2 ABR 38/14 – Rn. 21, BAGE 151, 317 mwN). Dabei ist dem Redakteur aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Es ist ihm ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Verlags zu unterstützen (st. Rspr. BAG 29. Juni 2017 – 2 AZR 597/16 – Rn. 15, BAGE 159, 278). 38 (cc) Das Interesse des Verlags, die Unterstützung einer anderen Zeitschrift durch einen Gastbeitrag des angestellten Redakteurs zu vermeiden, überwiegt daher, wenn in dem Beitrag Nachrichten verwertet werden, die dem Redakteur bei seiner Tätigkeit für den Verlag bekannt geworden sind, regelmäßig das Interesse des Redakteurs an der unmittelbaren Verwertung der Nachricht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verlag bei objektiver Betrachtung ein berechtigtes Interesse daran hat, seine Einwilligung zu versagen oder der Redakteur eine Erklärung iSv. § 13 Ziff. 3 MTV verlangen kann. Denn erst durch die Anzeige wird der Verlag in die Lage versetzt zu prüfen, ob die beabsichtigte Verwertung der Nachricht seine Interessen iSv. § 13 Ziff. 1 MTV beeinträchtigen könnte (vgl. BAG 13. Mai 2015 – 2 ABR 38/14 – Rn. 43, BAGE 151, 317) und er ggf. eine Verwertung – wenn erforderlich, unter Ausschöpfung seiner rechtlichen Möglichkeiten – verhindern möchte. Dahinter muss das Interesse des Redakteurs, die Nachricht ohne vorherige Einbindung des Verlags zu veröffentlichen, regelmäßig zurücktreten. 39 (dd) Zu einem anderen Abwägungsergebnis kann es führen, wenn bei einer objektiven Betrachtung und unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise ein besonders gesteigertes Interesse des Redakteurs oder der Öffentlichkeit an der Verwertung der Nachricht besteht. Geht es bei der Nachricht um einen Vorfall, der den Redakteur selbst betrifft und dessen Persönlichkeitsrecht tangiert, ist das Interesse des Redakteurs unter Beachtung des Gewichts, das der Beeinträchtigung bei einer objektiven Betrachtung beizumessen ist, zu würdigen. Auch das Interesse der Öffentlichkeit ist unter Berücksichtigung der Intensität des Eingriffs zu beurteilen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob es sich bei dem Verursacher des Eingriffs um eine Person des öffentlichen Lebens handelt (vgl. BGH 10. November 2020 – VI ZR 62/17 – Rn. 23 ff.). 40 (d) Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vermittelt einem Redakteur keinen Schutz, der – als Ergebnis einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung der Grundrechte – zu einer einschränkenden Auslegung oder der Nichtanwendung von § 13 Ziff. 3 iVm. § 13 Ziff. 1 MTV führen könnte. 41 (aa) Die EMRK steht zwar innerstaatlich im Rang eines Bundesgesetzes und damit unter dem Grundgesetz. Sie ist jedoch unter Beachtung der Interpretation, die sie durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erfahren hat, bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes heranzuziehen. Diese Bedeutung beruht auf der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes und seiner inhaltlichen Ausrichtung auf die Menschenrechte. Eine Heranziehung als Auslegungshilfe verlangt keine vollständige Harmonisierung der Aussagen des Grundgesetzes mit denen der Europäischen Menschenrechtskonvention, sondern ein Aufnehmen ihrer Wertungen (vgl. BVerfG 12. Juni 2018 – 2 BvR 1738/12 – Rn. 126 ff., BVerfGE 148, 296; vgl. auch BVerfG 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 – Rn. 57, 58, 62; BVerfGE 152, 152). Die völkerrechtsfreundliche Auslegung darf nicht zu einer Beschränkung des durch das Grundgesetz gewährleisteten Grundrechtsschutzes führen. Das schließt auch Art. 53 EMRK aus (BVerfG 4. Mai 2011 – 2 BvR 2333/08 ua. – [Sicherungsverwahrung] Rn. 93 f. mwN, BVerfGE 128, 326; BAG 20. November 2012 – 1 AZR 611/11 – Rn. 69, BAGE 144, 1). 42 (bb) Der Schutzbereich von Art. 10 EMRK erfasst auch Arbeitsverhältnisse zwischen Privaten (EGMR 16. Februar 2021 – 23922/19 -). Die Bestimmung dient ua. dem Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit von Redakteuren im Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber, gewährleistet beides aber nicht schrankenlos. Bei der Schrankenbestimmung sind nach Art. 10 Abs. 2 EMRK die (Grund)Rechte des Redakteurs und seines Arbeitgebers gegeneinander abzuwägen. Wegen der Aufgabe von Journalisten, für die öffentliche Meinungsbildung Informationen und Ideen zu verbreiten, dürfen Verschwiegenheits- oder Vertraulichkeitsverpflichtungen – wie sie für den angestellten Redakteur aus § 13 Ziff. 3 MTV resultieren können – nicht bedingungslos angewendet werden. Sie müssen gegen die öffentliche Funktion und Unabhängigkeit der Presse abgewogen werden. Dabei ist ua. zu berücksichtigen, ob eine Veröffentlichung (erst) nach einer vorangegangenen internen Thematisierung erfolgt ist (vgl. EGMR 21. Oktober 2014 – 73571/10 – Rn. 34). Die Verpflichtung des Redakteurs, dem Verlag die beabsichtigte Verwertung entsprechend den Anforderungen von § 13 Ziff. 3 MTV anzuzeigen und ihn aufzufordern, die Einwilligung zu erteilen, steht danach im Einklang mit Art. 10 EMRK, denn sie entfällt unter Beachtung von § 13 Ziff. 1 Halbs. 2 MTV, wenn ein überwiegendes Interesse des Redakteurs oder der Öffentlichkeit an einer unmittelbaren Verwertung der Nachricht besteht. 43 bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, indem er entgegen § 13 Ziff. 3 MTV die Veröffentlichung des Vorfalls, der sich bei der Abendveranstaltung zugetragen hat, nicht angezeigt hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. 44 (1) Dem Berufungsgericht kommt bei der nach § 13 Ziff. 3 iVm. § 13 Ziff. 1 MTV vorzunehmenden Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Seine entsprechende tatrichterliche Würdigung ist in der Revisionsinstanz lediglich daraufhin zu überprüfen, ob es den Rechtsbegriff der „Beeinträchtigung berechtigter Interessen“ selbst verkannt, bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. April 2018 – 5 AZR 25/17 – Rn. 37, BAGE 162, 340; 9. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14 – Rn. 36, BAGE 153, 378) und die Revision zulässige und begründete Verfahrensrügen erhoben hat (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO; BAG 26. Oktober 2016 – 7 AZR 535/14 – Rn. 26; 24. September 2015 – 2 AZR 562/14 – Rn. 48 f., BAGE 152, 345). 45 (2) Dieser Überprüfung hält die angefochtene Entscheidung stand. 46 (a) Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Würdigung den unbestimmten Rechtsbegriff der „Beeinträchtigung berechtigter Interessen“ nicht verkannt und bei der vorzunehmenden Interessenabwägung seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Es hat alle im Streitfall wesentlichen Umstände berücksichtigt, widerspruchsfrei gewürdigt und bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze nicht verletzt. 47 (b) Die tatrichterliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Einwilligungsvorbehalt aus § 13 Ziff. 3 MTV bedürfe unter den hier gegebenen Umständen im Lichte der Grundrechte des Klägers keiner Einschränkung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beklagte ein berechtigtes Interesse an der Einholung der Einwilligung hatte, weil der Kläger die Nachricht in einem Gastbeitrag für ein Konkurrenzunternehmen verwertete. Die Pflicht, der Beklagten die beabsichtigte Verwertung entsprechend den Anforderungen von § 13 Ziff. 3 MTV anzuzeigen und sie aufzufordern, die Einwilligung zu erteilen, belastete den Kläger nur geringfügig. Sie ist nach den rechtsfehlerfreien und nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts weder unter Beachtung des Ausmaßes der mit ihr verbundenen Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) des Klägers und des Gewichts seiner persönlichen Betroffenheit durch den Vorfall auf der Abendveranstaltung noch wegen eines besonderen Interesses der Öffentlichkeit an dessen Veröffentlichung entfallen. 48 (c) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte sich – für den Kläger erkennbar – nicht ihrer Rechte aus § 13 Ziff. 3 MTV begeben hat, indem sie auf eine Veröffentlichung des Vorfalls in ihren eigenen Medien verzichtete, denn der Chefredakteur hatte den Kläger aufgefordert, er möge vor einer anderweitigen Veröffentlichung ggf. Rücksprache beim Leiter Personal und Recht nehmen. 49 (d) Nach den zutreffenden Erwägungen des Landesarbeitsgerichts war die Anzeige der beabsichtigten Verwertung – obwohl der Kläger eine anderweitige Veröffentlichung angekündigt hatte – nicht als „bloße Förmelei“ entbehrlich. Der Kläger hat die Beklagte vor der Veröffentlichung des Gastbeitrags über Ort, Zeit und inhaltliche Gestaltung der Veröffentlichung nicht unterrichtet. Erst auf Grundlage dieser Unterrichtung wäre es der Beklagten möglich gewesen, eine Prognose vorzunehmen, inwieweit ihre berechtigten wirtschaftlichen Interessen durch die Veröffentlichung berührt oder beeinträchtigt würden, und zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Versagung der Einwilligung erfüllt sind. 50 (e) Eine abweichende Bewertung durch das Landesarbeitsgericht war auch nicht mit Blick auf die „innere“ Pressefreiheit des Klägers geboten. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen der angestellte Redakteur abgeleitet aus einer „positiven inneren Pressefreiheit“ die Einwilligung des Verlags zur Verwertung einer Nachricht iSv. § 13 Ziff. 3 MTV beanspruchen kann. Die Pflicht des Klägers, vor der Veröffentlichung des Gastbeitrags die Beklagte über die beabsichtigte Verwertung der Nachricht entsprechend den Anforderungen von § 13 Ziff. 3 MTV zu unterrichten, stellte aufgrund der geringen Belastungen des Klägers, die damit verbunden gewesen wären, das Mindestmaß seiner nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gewährleistenden grundrechtlichen Freiheit (vgl. hierzu ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Art. 5 Rn. 50; Maunz/Dürig/Grabenwarter GG Stand Januar 2018 Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 309 ff. jeweils mwN zum Meinungsstand) nicht in Frage. 51 (3) Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die von der Beklagten für die Zeitung W aufgestellten Unabhängigkeitsregelungen für die Frage, ob der Kläger verpflichtet war, der Beklagten den beabsichtigten Gastbeitrag anzuzeigen, keine Bedeutung zukommt. 52 (a) Derartige Regelungen legen die Tendenz des Presseerzeugnisses fest. Sie können, wenn sie – wie im Streitfall – arbeitsvertraglich in Bezug genommen sind, zu einer Selbstbindung des Verlags führen (vgl. hierzu BAG 19. Juni 2001 – 1 AZR 463/00 – zu II 2 a der Gründe, BAGE 98, 76; ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Art. 5 Rn. 73 ff.). Weisungen, die im Widerspruch zu der festgelegten Tendenz stehen, muss ein Redakteur nicht befolgen, weil sie den vertraglichen Rahmen überschreiten (ErfK/Schmidt aaO Rn. 75 ff.; Löffler/Dörner/Grund Presserecht 6. Aufl. BT ArbR Rn. 90). 53 (b) Die Unabhängigkeitsregelungen der W dienen der Wahrung der publizistischen Unabhängigkeit ihrer Redaktion. Sie sollen – soweit vorliegend von Bedeutung – die Unabhängigkeit der Redaktion von Interessen und Einflüssen Dritter sowie die Objektivität der Berichterstattung der Zeitschrift garantieren. Die Frage, ob der Kläger verpflichtet war, vor der Verwertung der hier in Rede stehenden Nachricht in einem Gastbeitrag für eine andere Zeitung die Beklagte zu unterrichten und deren Einwilligung einzuholen, berühren die Unabhängigkeitsregelungen nicht. Sie können deshalb insoweit auch keine Bindungswirkungen entfalten. 54 (4) Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es die von ihm benannten Zeugen B und M nicht zu der Frage vernommen habe, welchen Einfluss die Unternehmerin über den Unternehmenssprecher auf das Unterlassen der Veröffentlichung des Vorfalls durch die Beklagte genommen habe, ist unzulässig. 55 (a) Eine Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO muss die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Rüge stützen will. Dazu muss regelmäßig auch die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Berufungsurteils dargelegt werden (BAG 3. Dezember 2019 – 3 AZM 19/19 – Rn. 15; 24. Oktober 2019 – 8 AZN 589/19 – Rn. 23 jeweils mwN). 56 (b) Der Kläger zeigt nicht auf, inwieweit die Motive der Beklagten, den Vorfall selbst nicht zu veröffentlichen, für die Pflicht des Klägers, die beabsichtigte Verwertung der Nachricht anzuzeigen, von Bedeutung wären und ausgehend von der Argumentationslinie des Landesarbeitsgerichts möglicherweise zu einem abweichenden Ergebnis der Interessenabwägung hätten führen können. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist – worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend abstellt – nicht, ob der Kläger einen Anspruch darauf gehabt hätte, dass die Beklagte die Nachricht in ihren eigenen Medien veröffentlicht, oder ob sie verpflichtet gewesen wäre, die Einwilligung zu seinem Gastbeitrag zu erteilen. Entscheidungserheblich ist vorliegend allein, ob die Erfüllung der Anzeigepflicht aus § 13 Ziff. 3 MTV von vornherein entbehrlich war. Dies ist hier nicht der Fall. 57 3. Die Abmahnung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. 58 a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte ausgehend von der Rüge-, Dokumentations- und Warnfunktion einer Abmahnung (vgl. BAG 19. Juli 2012 – 2 AZR 782/11 – Rn. 20, BAGE 142, 331) berechtigt war, den Kläger abzumahnen und auf diese Weise deutlich zu machen, dass sie gleichartige Pflichtverletzungen künftig nicht hinnehmen werde. Das Landesarbeitsgericht hat mit der Bewertung, die Abmahnung – und damit auch die darin enthaltene Kündigungsandrohung – sei verhältnismäßig, weil der Chefredakteur den Kläger zuvor auf seine Vertragspflichten hingewiesen und er sich dennoch bewusst über seine Pflichten aus § 13 Ziff. 3 MTV hinweggesetzt habe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die dieser Bewertung zugrunde liegen, hat der Kläger keine gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO zulässige Verfahrensrüge erhoben. 59 b) Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, weil es bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Abmahnung seine langjährige Betriebszugehörigkeit nicht berücksichtigt habe, ist unzulässig (zu den Anforderungen an eine zulässige Gehörsrüge vgl. BAG 3. Dezember 2019 – 3 AZM 19/19 – Rn. 15; 24. Oktober 2019 – 8 AZN 589/19 – Rn. 23 jeweils mwN). 60 aa) Die Gerichte sind verpflichtet, bei der Entscheidung das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei brauchen sie jedoch nicht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu behandeln (BAG 22. März 2005 – 1 ABN 1/05 – zu II 3 a der Gründe, BAGE 114, 157). Geht das Gericht jedoch auf einen erkennbar wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht ein, lässt dies jedenfalls dann auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, wenn dieser vom Rechtsstandpunkt des Gerichts aus nicht unerheblich oder offensichtlich unsubstanziiert war oder aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht berücksichtigt wurde (BVerfG 19. Oktober 2004 – 2 BvR 779/04 – zu B I 1 der Gründe; 19. Mai 1992 – 1 BvR 986/91 – zu C III 2 a der Gründe, BVerfGE 86, 133). 61 bb) Der Kläger hat entgegen den Anforderungen von § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO (vgl. hierzu statt vieler BAG 25. Oktober 2017 – 7 AZR 712/15 – Rn. 23 f.; 21. Oktober 2014 – 3 AZR 1027/12 – Rn. 42; 28. August 2013 – 10 AZR 323/12 – Rn. 19) die Entscheidungserheblichkeit seines Vortrags nicht aufgezeigt. Das Landesarbeitsgericht hat sich in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit dem Einwand des Klägers, die Abmahnung sei unverhältnismäßig, eingehend auseinandergesetzt. Es hat entscheidend darauf abgestellt, dass sich der Kläger bewusst über seine Pflichten hinweggesetzt habe, und die Abmahnung mit dieser Begründung als verhältnismäßig bewertet. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich erwähnt, dass der Kläger „bei der Beklagten langjährig als Redakteur … beschäftigt“ ist. Dies belegt, dass es die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers bei der Prüfung, ob die Abmahnung des Klägers gerechtfertigt war, in den Blick genommen hat. Die Nichterwähnung in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils lässt vor diesem Hintergrund allein darauf schließen, dass das Landesarbeitsgericht der Dauer der Vertragsbeziehungen der Parteien für die Frage der Berechtigung der Abmahnung und deren Verhältnismäßigkeit keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat, nicht aber, dass es den diesbezüglichen Vortrag des Klägers übergangen hätte. 62 C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.              Kiel                  Suckow                  Weber                                    Heilmann                  Neumann-Redlin" bag_14-21,16.06.2021,"16.06.2021 14/21 - Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD (VKA) - Bereichsausnahme in § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG - Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2008/104/EG Leiharbeit Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Klägers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung dauerhaft im Wege der Personalgestellung bei einem Drittunternehmen zu erbringen, nachdem sein Aufgabenbereich zu diesem verlagert worden ist. Der Kläger ist bei der beklagten GmbH seit April 2000 beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus, deren Trägerin und einzige Gesellschafterin eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist. Sie besitzt keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für kommunale Arbeitgeber geltenden Fassung Anwendung. Im Juni 2018 gliederte die Beklagte verschiedene Aufgabenbereiche, zu denen auch der Arbeitsplatz des Klägers gehört, auf eine neu gegründete Service GmbH aus. Die Ausgliederung führte zu einem Betriebsteilübergang. Der Kläger widersprach nach § 613a Abs. 6 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Service GmbH. Seit Juni 2018 erbringt er allerdings auf Verlangen der Beklagten seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung im Wege der Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD bei dieser GmbH. Sein dortiger Arbeitseinsatz ist auf Dauer angelegt. Das zwischen ihm und der Beklagten vereinbarte Arbeitsverhältnis besteht jedoch mit dem bisherigen Inhalt fort. Der Service GmbH obliegt nur das fachliche und organisatorische Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Inhaltsgleiche Regelungen bestehen in den Tarifverträgen für die Tarifbereiche des Bundes und der Länder. Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, sein Einsatz bei der Service GmbH verstoße gegen Unionsrecht. Bei der Personalgestellung iSv. § 4 Abs. 3 TVöD handele es sich um eine dauerhafte und damit nach der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit rechtswidrige Arbeitnehmerüberlassung. Die Beklagte hat demgegenüber gemeint, die Personalgestellung sei bereits aufgrund der Bereichsausnahme in § 1 Abs. 3 Nr. 2b Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) keine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Beschluss vom heutigen Tag den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV um die Beantwortung zweier Fragen zur Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG ersucht.* Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob die Personalgestellung iSv. § 4 Abs. 3 TVöD unter den Schutzzweck und damit in den Anwendungsbereich der Leiharbeitsrichtlinie fällt. Wenn dies zuträfe, käme es für die Entscheidung darauf an, ob die Leiharbeitsrichtlinie eine Bereichsausnahme wie die in § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG geregelte zulässt. Die Beantwortung dieser Fragen betrifft die Auslegung des Unionsrechts, die in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16. Juni 2021 – 6 AZR 390/20 (A) – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Juli 2020 – 7 Sa 19/20 –   *Der genaue Wortlaut der Fragen kann unter www.bundesarbeitsgericht.de unter dem Menüpunkt „Sitzungsergebnisse“ eingesehen werden.","Tenor I. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um Vorabentscheidung über folgende Fragen ersucht: 1. Findet Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit Anwendung, wenn – wie in § 4 Abs. 3 TVöD bestimmt – Aufgaben eines Arbeitnehmers zu einem Dritten verlagert werden und dieser Arbeitnehmer bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis zu seinem bisherigen Arbeitgeber auf dessen Verlangen die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung dauerhaft bei dem Dritten erbringen muss und dabei dem fachlichen und organisatorischen Weisungsrecht des Dritten unterliegt? 2. Sofern die Frage zu 1. bejaht wird: Ist es mit dem Schutzzweck der Richtlinie 2008/104/EG vereinbar, wenn wie durch § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG die Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD aus dem Anwendungsbereich der nationalen Schutzvorschriften bei Arbeitnehmerüberlassung herausgenommen wird, sodass diese Schutzvorschriften auf die Fälle der Personalgestellung nicht anzuwenden sind? II. Das Revisionsverfahren wird bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt. Leitsatz Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts ersucht den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV, ob die Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit fällt. Bejahendenfalls soll durch die Anfrage beim EuGH geklärt werden, ob die Leiharbeitsrichtlinie eine Bereichsausnahme wie die in § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG geregelte zulässt. Entscheidungsgründe 1 A. Gegenstand des Ausgangsverfahrens 2 Die Parteien streiten über die tarifvertragliche Verpflichtung des Klägers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung dauerhaft bei einem Dritten zu erbringen, nachdem sein Aufgabenbereich zu diesem Dritten verlagert worden ist. 3 Der Kläger ist bei der Beklagten seit April 2000 beschäftigt. Die privatrechtlich organisierte Beklagte betreibt ein Krankenhaus. Ihr Träger und einziger Gesellschafter ist der Landkreis G, eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Die Beklagte besitzt keine nach dem nationalen Recht zur Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für kommunale Arbeitgeber (VKA) geltenden Fassung Anwendung. 4 Im Juni 2018 gliederte die Beklagte die Bereiche Poststelle, Archiv und Bibliothek, zu denen auch der Arbeitsplatz des Klägers gehört, auf die neu gegründete A Service GmbH aus. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Beklagten. Die Ausgliederung führte zu einem Betriebsteilübergang. Der Kläger machte von dem in § 613a Abs. 6 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vorgesehenen Widerspruchsrecht Gebrauch, sodass sein Arbeitsverhältnis nicht auf die A Service GmbH überging. Dieses Widerspruchsrecht trägt der verfassungsrechtlichen Wertung des Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) Rechnung, der dem Arbeitnehmer die freie Wahl des Arbeitsplatzes und damit auch die freie Wahl des Vertragspartners garantiert. Der Arbeitnehmer soll nicht verpflichtet werden, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (Bundestagsdrucksache 14/7760 Seite 20). 5 Aufgrund des Widerspruchs besteht das zwischen dem Kläger und der Beklagten vereinbarte Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Inhalt fort. Seit Juni 2018 erbringt der Kläger seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung jedoch bei der A Service GmbH, die das fachliche und organisatorische Weisungsrecht gegenüber dem Kläger hat. Rechtsgrundlage dafür ist eine Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD. Der Arbeitseinsatz des Klägers bei der A Service GmbH ist auf Dauer angelegt. 6 Der Kläger hat im Ausgangsverfahren geltend gemacht, sein Einsatz bei der A Service GmbH verstoße gegen Unionsrecht. Bei der Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD handele es sich um eine dauerhafte und damit nach der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit rechtswidrige Arbeitnehmerüberlassung. 7 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. 8 B. Rechtlicher Rahmen 9 I. Die maßgeblichen Tarifvertragsbestimmungen 10 Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) – Allgemeiner Teil – vom 13. September 2005 bestimmt zur Personalgestellung, wobei die Arbeitnehmer als Beschäftigte bezeichnet werden, Folgendes:          „§ 4             Versetzung, Abordnung, Zuweisung, Personalgestellung          …                          (3)      1Werden Aufgaben der Beschäftigten zu einem Dritten verlagert, ist auf Verlangen des Arbeitgebers bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung bei dem Dritten zu erbringen (Personalgestellung). 2§ 613a BGB sowie gesetzliche Kündigungsrechte bleiben unberührt.                   Protokollerklärung zu Absatz 3:                   1Personalgestellung ist – unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses – die auf Dauer angelegte Beschäftigung bei einem Dritten. …“ 11 Die Protokollerklärung ist als eigenständige Definition der Tatbestandsvoraussetzungen einer Personalgestellung durch die Tarifvertragsparteien nach nationalem Verständnis materieller Bestandteil des Tarifvertrags und hat damit Regelungscharakter. § 613a BGB regelt die Folgen eines Betriebsübergangs. 12 Inhaltsgleiche Regelungen zur Personalgestellung enthalten auch die Tarifverträge zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei den Bundesländern und der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer. 13 II. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz 14 Das Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – AÜG) vom 7. August 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 158), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. März 2020 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 493), dient der Umsetzung der am 19. November 2008 geschlossenen Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Leiharbeit (Richtlinie 2008/104/EG). Das Gesetz lautet auszugsweise:          „§ 1             Arbeitnehmerüberlassung, Erlaubnispflicht          (1) 1Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis. 2Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen. … 4Die Überlassung von Arbeitnehmern ist vorübergehend bis zu einer Überlassungshöchstdauer nach Absatz 1b zulässig. …          …                 (1b) 1Der Verleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen. …          …                 (3) Dieses Gesetz ist … nicht anzuwenden auf die Arbeitnehmerüberlassung          …                 2b.      zwischen Arbeitgebern, wenn Aufgaben eines Arbeitnehmers von dem bisherigen zu dem anderen Arbeitgeber verlagert werden und auf Grund eines Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes                   a)     das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber weiter besteht und                   b)     die Arbeitsleistung zukünftig bei dem anderen Arbeitgeber erbracht wird,          …                 § 9               Unwirksamkeit          (1) Unwirksam sind          …                 1b.      Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,          …                          (2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer … 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn          1.     der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,          2.     die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und          3.     die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.          (3) 1Eine vor Beginn der Frist nach Absatz 1 Nummer … 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. 2Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer … 1b. 3Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. …          § 10             Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit          (1) 1Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; … 3Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. 4Im Übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. 5Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.          …“     15 III. Einschlägige Vorschriften des Unionsrechts 16 Maßgeblich sind aus Sicht des vorlegenden Senats die Bestimmungen in Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 Buchst. a bis e der Richtlinie 2008/104/EG. 17 C. Erforderlichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs 18 Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er nicht verpflichtet ist, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung im Rahmen einer Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD bei der A Service GmbH zu erbringen. 19 Nach nationalem Recht ist eine solche Personalgestellung zulässig. Sie ist gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG aus dem Anwendungsbereich des die Richtlinie 2008/104/EG umsetzenden Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes herausgenommen. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt deshalb maßgeblich davon ab, ob eine Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD überhaupt den Tatbestand einer Arbeitnehmerüberlassung im Sinne der Richtlinie 2008/104/EG erfüllt und wenn der Gerichtshof dies bejahen sollte, ob die Bereichsausnahme in § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG mit Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 2 der Richtlinie vereinbar ist. 20 D. Erläuterung der Vorlagefragen 21 I. Zur ersten Frage 22 Für den Senat stellt sich zunächst die Frage, ob eine Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD den Tatbestand einer Arbeitnehmerüberlassung im Sinne der Richtlinie 2008/104/EG erfüllt und damit deren Anwendungsbereich eröffnet ist. 23 1. Nach Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 gilt die Richtlinie 2008/104/EG für Arbeitnehmer, die mit einem (privaten oder öffentlichen) Leiharbeitsunternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen haben oder ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen sind und entleihenden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, um vorübergehend unter deren Aufsicht und Leitung zu arbeiten. Das Leiharbeitsunternehmen und das entleihende Unternehmen müssen – ohne Erwerbszwecke zu verfolgen – eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/104/EG definiert Leiharbeitsunternehmen als natürliche oder juristische Personen, die mit Leiharbeitnehmern Arbeitsverträge schließen oder Beschäftigungsverhältnisse eingehen, um diese entleihenden Unternehmen zu überlassen. Entsprechend bezeichnet Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2008/104/EG Leiharbeitnehmer als Arbeitnehmer, die mit einem solchen Leiharbeitsunternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen haben oder ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen sind, um einem entleihenden Unternehmen überlassen zu werden. 24 2. Nach diesen Vorgaben der Richtlinie 2008/104/EG könnte die Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD zwar begrifflich eine Arbeitnehmerüberlassung im allgemeinen Sinn darstellen. Auch bei der Personalgestellung besteht ein Arbeitsverhältnis mit dem vertraglichen Arbeitgeber. Zugleich ist der gestellte Arbeitnehmer in den Betrieb des Dritten eingegliedert und dessen fachlichen und organisatorischen Weisungen unterworfen. Der Arbeitnehmer wird – allerdings nur in den Grenzen der aus dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung – also im Sinne der Richtlinie 2008/104/EG „im Auftrag“ des Dritten und unter dessen „Aufsicht und Leitung“ tätig. Das könnte dafür sprechen, auch im Fall der Gestellung ein „doppeltes Arbeitsverhältnis“ anzunehmen, wie es der Gerichtshof bei der Arbeitnehmerüberlassung getan hat (vgl. EuGH 11. April 2013 – C-290/12 – [Della Rocca] Rn. 37, 40). 25 3. Der Senat hält es aber für denkbar, dass die Personalgestellung aufgrund ihrer Besonderheiten und dem mit ihr verfolgten Ziel, Inhalt und Bestand des Arbeitsverhältnisses des von einer dauerhaften Aufgabenverlagerung betroffenen Arbeitnehmers einschließlich der bestehenden arbeits- und tarifvertraglichen Regelungen zu sichern, so maßgeblich von dem der Richtlinie 2008/104/EG zugrunde liegenden Leitbild der Leiharbeit abweicht, dass sie nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst wird. 26 a) Der eng gefasste Tatbestand des § 4 Abs. 3 TVöD setzt den Wegfall der Aufgaben des Arbeitnehmers bei seinem Arbeitgeber voraus, weil diese Aufgaben dauerhaft zu einem Dritten verlagert worden sind. Dies kann im Wege einer bloßen Funktionsnachfolge oder – wie im Ausgangsverfahren – aufgrund eines Betriebs(teil)übergangs erfolgen. In beiden Fällen kann der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber nicht mehr auf seinem bisherigen Arbeitsplatz beschäftigt werden. Ein Betriebs(teil)übergang löst nach § 613a BGB zwar zwingend den Übergang des Arbeitsverhältnisses des betroffenen Arbeitnehmers auf den Dritten als neuen Rechtsträger aus, ohne dass dies zum Beispiel über ein Gestellungsmodell umgangen werden kann (BAG 20. März 2014 – 8 AZR 1/13 – Rn. 24 mwN). Der Arbeitnehmer hat aber, wie in Rn. 4 ausgeführt, nach nationalem Recht die Möglichkeit, zu widersprechen und dadurch den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Dritten zu verhindern. Macht ein Arbeitnehmer wie der Kläger im Ausgangsverfahren von diesem Recht Gebrauch, setzt er sich dem Risiko einer betriebsbedingten (Änderungs-)Kündigung aus, weil sein Arbeitsplatz bei seinem bisherigen Arbeitgeber weggefallen ist. Gleiches gilt, wenn kein Betriebsübergang vorliegt und der Arbeitnehmer auch kein Übernahmeangebot erhält. In diesen Fällen eröffnet das Instrument der Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis mit seinem vertraglichen Arbeitgeber mit dem bisherigen Vertragsinhalt und zu den bisherigen Beschäftigungsbedingungen fortzusetzen. 27 Die Personalgestellung im Sinne des § 4 Abs. 3 TVöD betrifft damit ausschließlich Arbeitnehmer in festen Arbeitsverhältnissen, deren Aufgaben auf einen Dritten übergehen, und dient der Sicherung des dauerhaften Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses sowie der Absicherung ihrer Arbeitsbedingungen. Der vertragliche Arbeitgeber schuldet das bisherige Entgelt mit der Perspektive auf dessen Steigerung durch den Aufstieg in dem nach Entgeltstufen gegliederten Entgeltsystem des TVöD sowie regelmäßige Entgeltanpassungen (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 4 Stand Mai 2015 Rn. 61, 69). Ferner behält der Arbeitnehmer etwaige Besitzstandssicherungen, wie sie im öffentlichen Dienst verbreitet sind. Außerdem wird die Zusatzversorgung, das heißt die betriebliche Altersversorgung des öffentlichen Dienstes, fortgeführt. Ein bereits erreichter tariflicher Ausschluss der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses, der neben einem bestimmten Lebensalter eine bestimmte Dauer der Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst erfordert, bleibt erhalten. Damit ist der soziale Schutz des Arbeitnehmers sichergestellt. 28 b) Gegen die Anwendbarkeit der Richtlinie 2008/104/EG auf Personalgestellungen nach § 4 Abs. 3 TVöD könnte aus Sicht des vorlegenden Senats auch sprechen, dass die von einer Personalgestellung betroffenen Arbeitnehmer ursprünglich zur Erledigung eigener Aufgaben des Arbeitgebers eingestellt worden sind und diese – wie der Fall des Klägers zeigt – gegebenenfalls auch jahrelang wahrgenommen haben. Das Arbeitsverhältnis ist also gerade nicht, wie es Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2008/104/EG in ihrer deutschen Sprachfassung mit der Formulierung „um“ vorsieht, zu dem Zweck eingegangen worden, den Arbeitnehmer einem entleihenden Unternehmen zu überlassen. 29 c) Auch könnte gegen die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2008/104/EG auf die Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD sprechen, dass sie nur möglich ist, wenn eigene Aufgaben des Arbeitgebers, für die der Arbeitnehmer gerade eingestellt worden ist, dauerhaft zu einem Dritten verlagert worden sind. Damit ist die Personalgestellung bereits ihrem Charakter nach auf Dauer angelegt. Dies könnte die Gefahr einer Umgehung der Richtlinie durch aufeinanderfolgende Überlassungen und damit einen Missbrauch ausschließen. 30 aa) Der Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 14. Oktober 2020 (- C-681/18 – Rn. 60 f. und Rn. 70) festgestellt, dass die Überlassung eines Arbeitnehmers an ein entleihendes Unternehmen im Sinne der Richtlinie 2008/104/EG seiner Natur nach vorübergehend ist und die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, dafür zu sorgen, Leiharbeit bei demselben entleihenden Unternehmen nicht zu einer Dauersituation für den Leiharbeitnehmer werden zu lassen. Er hat weiter ausgeführt, dass aufeinanderfolgende Überlassungen desselben Leiharbeitnehmers an dasselbe entleihende Unternehmen den Wesensgehalt der Richtlinie 2008/104/EG umgehen und einem Missbrauch dieser Beschäftigungsform gleichkommen, weil sie den durch die Richtlinie hergestellten Ausgleich zwischen der Flexibilität für die Arbeitgeber und der Sicherheit für die Arbeitnehmer beeinträchtige, indem sie dem Schutz der Arbeitnehmer entgegenwirken. 31 bb) Zweck der Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD ist – wie bereits in Rn. 27 dargelegt – aber gerade, dem vom dauerhaften Wegfall seines Aufgabenbereichs bei seinem vertraglichen Arbeitgeber betroffenen Arbeitnehmer Schutz und Sicherheit zu gewähren, indem das Risiko eines Arbeitsplatzverlusts oder eines Arbeitgeberwechsels und der damit verbundenen möglichen Nachteile vermieden wird. Insoweit könnte die Begrenzung der Dauer der Personalgestellung anders als bei der Leiharbeit im Sinne der Richtlinie 2008/104/EG nicht notwendig sein, um missbräuchlichem Handeln des Arbeitgebers zulasten des gestellten Arbeitnehmers entgegenzuwirken. Sie würde den mit der Personalgestellung bezweckten Schutz vielmehr entwerten. 32 d) Schließlich ist nicht klar, ob die Personalgestellung gemäß § 4 Abs. 3 TVöD das von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG vorausgesetzte Merkmal der „wirtschaftlichen Tätigkeit“ des vertraglichen Arbeitgebers erfüllt. 33 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (EuGH 17. November 2016 – C-216/15 – [Betriebsrat der Ruhrlandklinik] Rn. 44; 23. Februar 2016 – C-179/14 – [Kommission/Ungarn] Rn. 149; 1. Juli 2008 – C-49/07 – [MOTOE] Rn. 22). Nach dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG steht zwar die fehlende Verfolgung eines Erwerbszwecks durch das überlassende Unternehmen der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht entgegen, was für die Erstreckung der Richtlinie 2008/104/EG auch auf die Personalgestellung sprechen könnte. Zudem wird im Rahmen der Personalgestellung vom Dritten regelmäßig ein Entgelt gezahlt, das jedenfalls die Personal- und die Verwaltungskosten umfasst (zu diesem Merkmal EuGH 17. November 2016 – C-216/15 – [Betriebsrat der Ruhrlandklinik] Rn. 45). Es ist aber nicht eindeutig, ob die Personalgestellung, die das Arbeitsverhältnis bei einer Aufgabenverlagerung absichert, eine Tätigkeit des vertraglichen Arbeitgebers darstellt, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (BAG 14. Oktober 2020 – 7 AZR 286/18 – Rn. 58). 34 II. Zur zweiten Frage 35 Für den Fall, dass der Gerichtshof die erste Vorlagefrage bejaht und die Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/104/EG fällt, bedarf es der Klärung, ob die mit § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG erfolgte Herausnahme der Personalgestellung aus dem Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (Bereichsausnahme) vor dem Hintergrund des mit ihr verfolgten Ziels der Arbeitsplatz- und Beschäftigungssicherung mit dem Schutzzweck der Richtlinie im Einklang steht. 36 1. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG ist das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht anzuwenden auf die Arbeitnehmerüberlassung durch Arbeitgeber, wenn die Aufgaben eines Arbeitnehmers von dem bisherigen Arbeitgeber zu einem Dritten verlagert werden, das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber aufgrund eines Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes weiter fortbesteht und die Arbeitsleistung zukünftig bei dem entleihenden Arbeitgeber erbracht wird. Das erfasst den Tatbestand der Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD. Mit dieser Bereichsausnahme – deren Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind – soll nach den Vorstellungen des nationalen Gesetzgebers dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Personalgestellung funktional als eine besondere Form der Aufgabenverlagerung anzusehen ist und im Bestandsschutzinteresse der von der Aufgabenverlagerung betroffenen Arbeitnehmer erfolgt (Bundestagsdrucksache 18/9232 Seite 22). Der nationale Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass es bei Gestellungen keines Schutzes der Arbeitnehmer durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bedarf, weil die bisherigen Arbeitsbedingungen weiter gelten und auch die typischen Risiken der Arbeitnehmerüberlassung, insbesondere hohe Arbeitsplatzunsicherheit und der Einsatz an ständig wechselnden Orten, nicht gegeben sind, sondern der gestellte Arbeitnehmer seinen bisherigen Arbeitgeber behält (Bundesratsdrucksache 745/13). 37 2. Der Anwendung von § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG steht im Ausgangsverfahren nicht entgegen, dass die Beklagte als privatrechtliche Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) organisiert ist. § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG ist nicht auf die Personalgestellung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts beschränkt. Die Bereichsausnahme erfasst auch solche privatrechtlich organisierten Arbeitgeber, die – wie die Beklagte, deren alleiniger Träger der Landkreis G als Körperschaft öffentlichen Rechts ist – im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, soweit diese an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebunden sind (BAG 14. Oktober 2020 – 7 AZR 286/18 – Rn. 63 ff.). 38 3. Aus Sicht des vorlegenden Senats ist jedoch nicht eindeutig, ob das Erreichen des mit der Richtlinie 2008/104/EG verfolgten Schutzzwecks durch die Bereichsausnahme des § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG in Frage gestellt wird. Würde der von der Richtlinie angestrebte Schutz der Arbeitnehmer bereits durch die Gestellung verwirklicht, könnte die Bereichsausnahme wirksam sein. 39 a) Nach dem Erwägungsgrund 12 der Richtlinie 2008/104/EG soll ein diskriminierungsfreier, transparenter und verhältnismäßiger Rahmen zum Schutz der Leiharbeitnehmer festgelegt und gleichzeitig die Vielfalt der Arbeitsmärkte und der Arbeitsbeziehungen gewahrt werden. Ziel der Richtlinie ist es, für den Schutz der Leiharbeitnehmer zu sorgen und die Qualität der Leiharbeit zu verbessern, indem die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern gesichert wird und die Leiharbeitsunternehmen als Arbeitgeber anerkannt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein angemessener Rahmen für den Einsatz von Leiharbeit festgelegt werden muss, um wirksam zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Entwicklung flexibler Arbeitsformen beizutragen (EuGH 14. Oktober 2020 – C-681/18 – Rn. 40). 40 b) Nach diesem Schutzzweck könnte es mit den Vorgaben der Richtlinie 2008/104/EG vereinbar sein, Arbeitnehmer in (auch privatrechtlich organisierten) Unternehmen der öffentlichen Hand, die unter den Voraussetzungen und mit den Rechtsfolgen des § 4 Abs. 3 TVöD an einen Dritten gestellt werden, von den Schutzbestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auszunehmen, weil diese Form der Personalüberlassung schon selbst dem Schutz und der Sicherheit von Arbeitsverhältnissen sowie deren Bedingungen dient und die strengen Tatbestandsvoraussetzungen der Gefahr eines Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer entgegenwirken. 41 c) Zudem könnte für die Bereichsausnahme sprechen, dass sich die den jeweiligen Schutzzwecken von § 4 Abs. 3 TVöD und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz beziehungsweise der Richtlinie 2008/104/EG zugrunde liegenden Interessen der betroffenen Arbeitnehmer nicht decken. 42 aa) Die Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer bei Überlassung sollen neben der Flexibilisierung des Personaleinsatzes Rahmenbedingungen für die Leiharbeit schaffen, durch die der soziale Schutz der Leiharbeitnehmer unabhängig von deren vertraglichen Vereinbarungen gewährleistet wird. Das besondere Schutzbedürfnis von Leiharbeitnehmern entspringt dem oftmals schwierigen Charakter ihrer Arbeitsverhältnisse. Die wechselnden, häufig nur wenige Wochen andauernden Einsätze erfordern eine große Anpassungsfähigkeit an neue betriebliche Gegebenheiten sowie ein hohes Maß an örtlicher Mobilität. Arbeitgeberspezifische Qualifikationen werden schwerer erworben, was zu geringeren Karrierechancen führen kann. Darum soll jedenfalls verhindert werden, dass die Leiharbeitnehmer das Lohnrisiko sowie die Gefahr eines geringeren Bestandsschutzes ihrer Arbeitsverhältnisse selbst tragen, weil etwa durch eine Synchronisierung des Zeitarbeitsverhältnisses zu ihrem Vertragsarbeitgeber mit der Einsatzdauer beim Entleiher das Risiko eines verminderten Arbeitsanfalls nicht – wie in anderen Arbeitsverhältnissen – vom Arbeitgeber, sondern allein vom Arbeitnehmer getragen wird (Thüsing in Thüsing AÜG 4. Aufl. Einführung Rn. 6; Fieberg NZA 2014, 187). Dieser Schutzzweck erklärt die vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorgesehenen Rechtsfolgen zum Schutz der Leiharbeitnehmer vor dem missbräuchlichen Einsatz von Leiharbeit, insbesondere den gewerberechtlichen Erlaubnisvorbehalt mit nicht nur ordnungswidrigkeitenrechtlichen, sondern auch arbeitsrechtlichen Sanktionen wie beispielsweise die Fingierung eines Arbeitsverhältnisses zu dem Entleiher und dem Gebot zum Mindestentgelt sowie dem Anspruch auf Entgeltgleichheit (equal pay) (Fieberg NZA 2014, 187, 189). 43 bb) Die Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD bezweckt dagegen, wie bereits in Rn. 27 ausgeführt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit seinem Vertragsarbeitgeber zu den bisherigen tariflichen Bedingungen unter gleichzeitiger Fortsetzung seiner Tätigkeit im vertrauten Aufgabengebiet zu erhalten. Daher kommt sie abgesehen von Fällen einer reinen Funktionsnachfolge gerade dann zum Tragen, wenn der Arbeitnehmer – wie der Kläger im Ausgangsverfahren – mit dem Übertritt zum neuen Aufgabenträger infolge eines Betriebs(teil)übergangs, zum Beispiel wegen befürchteter Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen oder wegen möglicher Auswirkungen auf die Sicherheit des Arbeitsverhältnisses, nicht einverstanden ist. So kann der Dritte als potentiell neuer Arbeitgeber aus Sicht des Arbeitnehmers von Insolvenz bedroht sein oder so wenige Arbeitnehmer beschäftigen, dass das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet. Die von § 4 Abs. 3 TVöD eröffnete Möglichkeit der Personalgestellung wirkt in einem solchen Fall der Gefahr entgegen, dass dem Arbeitnehmer wegen des Wegfalls der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei seinem vertraglichen Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt wird. Sie ist damit ein Instrument zur Absicherung der von Aufgabenverlagerungen betroffenen Arbeitnehmer, die nicht in ein Arbeitsverhältnis beim Übernehmer übertreten wollen oder können (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 4 Stand Mai 2015/November 2017 Rn. 60 ff.). Macht der vertragliche Arbeitgeber von der Möglichkeit zur Personalgestellung Gebrauch, sind die betroffenen Arbeitnehmer davor geschützt, dass durch die Verlagerung von Aufgaben Einsparungen zu ihren Lasten erfolgen. 44 cc) Die Einordnung der Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD unter die Schutznormen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes könnte deshalb den Interessen der im Rahmen einer solchen Gestellung überlassenen Arbeitnehmer entgegenstehen. Deren Schutzbedürfnis bei der Verlagerung ihrer Arbeitsaufgaben ergibt sich gerade nicht aus einem prekären Arbeitsverhältnis, sondern aus der Gefährdung ihres Arbeitsverhältnisses zum vertraglichen Arbeitgeber. Dieser Gefahr will § 4 Abs. 3 TVöD mit der Erweiterung des Direktionsrechts des vertraglichen Arbeitgebers auf eine Personalgestellung entgegentreten, die den dauerhaften Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und seiner Inhalte sichert. Die Rechtsfolgen bei einem Eingreifen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, insbesondere das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zum neuen Aufgabenträger nach § 9 Abs. 1 Nr. 1b, § 10 Abs. 1 AÜG, wirkten diesem Schutzbedürfnis entgegen. Zudem wären diese Rechtsfolgen, jedenfalls im Fall eines Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber aufgrund eines Betriebs(teil)übergangs vom gestellten Arbeitnehmer nicht erwünscht. Durch die in § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG vorgesehene, den strengen Anforderungen nach § 9 Abs. 2 und Abs. 3 AÜG unterliegende, fristgebundene Erklärung, an dem Arbeitsverhältnis zum Verleiher festhalten zu wollen (Festhaltenserklärung), kann kein mit § 4 Abs. 3 TVöD vergleichbarer Schutz bewirkt werden. Zwar kann der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher zunächst verhindern. Das ändert aber nichts daran, dass seine Aufgaben beim vertraglichen Arbeitgeber entfallen sind und das Arbeitsverhältnis damit in seinem Bestand gefährdet ist. 45 E. Die Entscheidung über die Aussetzung des Rechtsstreits beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 148 ZPO.              Spelge                  Heinkel                  Wemheuer                                    C. Klar                  Wollensak" bag_15-21,22.06.2021,"22.06.2021 15/21 - Keine Tariffähigkeit der DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden, dass die DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV) nicht tariffähig ist. Tarifverträge kann nur eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung schließen. Das setzt voraus, dass die Vereinigung über eine Durchsetzungskraft gegenüber der Arbeitgeberseite und eine hinreichende organisatorische Leistungsfähigkeit in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs verfügt. Diese soziale Mächtigkeit wird regelmäßig durch die Zahl der organisierten Arbeitnehmer vermittelt. Die im Jahr 1950 als Gewerkschaft der Kaufmannsgehilfen neu gegründete DHV verstand sich nach ihrer 1972 geltenden Satzung als eine Gewerkschaft der Angestellten im Handel, in der Industrie und dem privaten und öffentlichen Dienstleistungsbereich; seit 2002 als eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer in Bereichen, die durch kaufmännische und verwaltende Berufe geprägt sind. Nach mehreren weiteren Änderungen des Organisationsbereichs erstreckt sich ihre Tarifzuständigkeit auf der Grundlage einer im November 2014 beschlossenen Satzung nunmehr auf Arbeitnehmer in unterschiedlichsten Bereichen, so ua. private Banken und Bausparkassen, Versicherungsgewerbe, Einzel- und Binnengroßhandel, Krankenhäuser in privatrechtlicher Rechtsform, Rettungsdienste, Deutsches Rotes Kreuz, Fleischwarenindustrie, Reiseveranstalter, Textilreinigung, Einrichtungen der privaten Alten- und Behindertenpflege sowie IT-Dienstleistungsunternehmen für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte. Die DHV verfügt – nach eigenem Bekunden – über 66.826 Mitglieder, die in ihrem satzungsmäßigen Zuständigkeitsbereich beschäftigt sind. Dieser erfasst nach Angaben der DHV um die 6,3 Mio. Arbeitnehmer, was einem Gesamtorganisationsgrad von etwa einem Prozent entspricht. In den einzelnen Zuständigkeitsbereichen schwankt ihr Organisationsgrad zwischen ungefähr 0,3 % (kaufmännische und verwaltende Berufe bei kommunalen Arbeitgebern) und 2,4 % (Versicherungsgewerbe). In einem ua. von den Gewerkschaften IG Metall, ver.di und NGG eingeleiteten Beschlussverfahren haben diese die – zuletzt auf die Zeit ab dem 21. April 2015 bezogene – Feststellung begehrt, dass die DHV nicht tariffähig ist. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat ihn abgewiesen. Nach Aufhebung dieser Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 26. Juni 2018 und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (siehe Pressemitteilung Nr. 35/18) hat dieses festgestellt, dass die DHV auf der Grundlage ihrer letzten Satzung seit dem 21. April 2015 nicht tariffähig ist. Die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde der DHV hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Wie die gebotene Gesamtwürdigung ergibt, kann selbst bei Zugrundelegung der Angaben der DHV nicht prognostiziert werden, dass diese in ihrem eigenständig bestimmten Zuständigkeitsbereich über die notwendige mitgliedervermittelte Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den sozialen Gegenspielern verfügt. Die DHV kann ihre soziale Mächtigkeit auch nicht aus ihrer Teilnahme am Tarifgeschehen auf der Grundlage ihrer aktuellen Satzung herleiten. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22. Juni 2021 – 1 ABR 28/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 22. Mai 2020 – 5 TaBV 15/18 –","Tenor Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 5. und 11. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Mai 2020 – 5 TaBV 15/18 – werden zurückgewiesen. Leitsatz Die DHV – Die Berufsgewerkschaft e. V. ist seit dem 21. April 2015 nicht tariffähig. Entscheidungsgründe 1 A. Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der am Verfahren zu 5. beteiligten DHV – Die Berufsgewerkschaft e. V. (DHV). 2 Die DHV wurde 1893 als Handlungsgehilfenverband gegründet und nach ihrer Neugründung am 1. Oktober 1950 als „Deutscher Handlungsgehilfen-Verband e. V., Gewerkschaft der Kaufmannsgehilfen“ am 20. Dezember 1950 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Hamburg eingetragen. 1956 benannte sie sich in die bis Oktober 2006 beibehaltene Bezeichnung „DHV – Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband e. V.“ um. Entsprechend ihrer am 28./29. Oktober 2006 beschlossenen Satzung heißt sie seitdem „DHV – Die Berufsgewerkschaft e. V.“. Ihr Organisationsbereich erstreckt sich über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. 3 Nach den Regelungen ihrer am 8. Juni 1952 und 19. Juni 1954 beschlossenen Satzungen organisierte die DHV die Berufsgruppen der Kaufmannsgehilfen sowie – nach Satzungsänderung am 14. Januar 1956 – auch der im öffentlichen Dienst tätigen Verwaltungsangestellten. Nach ihrer am 8./9. Oktober 1966 beschlossenen Satzung richtete sie sich an die Angestellten in den Handels-, Industrie- und Verkehrsunternehmen sowie die Verwaltungsangestellten. Auch laut ihrer am 28./29. Oktober 1972 beschlossenen Satzung (Satzung 1972) verstand sie sich als Gewerkschaft der Angestellten im Handel, in der Industrie und dem privaten und öffentlichen Dienstleistungsbereich. Durch Beschluss vom 8./9. Juni 2002 wurde § 2 Nr. 1 der Satzung (Satzung 2002) dahin geändert, dass die DHV „eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen“ ist, „die in der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst tätig sind“. In § 3 Nr. 2 der Satzung 2002 war geregelt, dass „[z]ur Wahrung gewerkschaftlicher Belange … der Hauptvorstand auch Arbeitnehmer aus anderen Berufsgruppen aufnehmen und deren Interessen wahrnehmen“ kann. Nach ihrer am 28./29. Oktober 2006 beschlossenen und am 12. März 2007 in das Vereinsregister eingetragenen Satzung (Satzung 2006) war die DHV eine „Gewerkschaft der Arbeitnehmer insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen“ (§ 2 Nr. 1 der Satzung 2006). Entsprechend konnten nach § 3 Nr. 1 der Satzung 2006 „insbesondere Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen“ die Mitgliedschaft erwerben; die in § 3 Nr. 2 der Satzung 2002 enthaltene Bestimmung wurde im Übrigen beibehalten. Nach § 17 der Satzung 2006 sollten die genannten Änderungen rückwirkend zum 1. Januar 2000 in Kraft treten. Aufgrund eines Beschlusses vom 9. Mai 2009 sah die Satzung der DHV (Satzung 2009) seit dem 12. Juni 2009 – neben der § 2 Nr. 1 der Satzung 2006 entsprechenden Regelung – vor, dass andere Arbeitnehmergruppen in Tarifverträge einbezogen werden können, wenn sie in einer Branche oder in Unternehmen beschäftigt sind, die entweder durch kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten geprägt sind (§ 2 Nr. 1 Abs. 2 der Satzung 2009), in denen die DHV Tarifpartner ist oder in denen sie über eine hinreichende Repräsentativität verfügt (§ 2 Nr. 1 Abs. 3 der Satzung 2009). Zudem erstreckte sich ihre Tarifzuständigkeit auf Arbeitnehmer, die in die hiervon erfassten Branchen bzw. Unternehmen im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes überlassen wurden (§ 2 Nr. 1 Abs. 4 der Satzung 2009). Im Anhang zu § 2 der Satzung 2009 waren neben „Private[n] Kliniken und Krankenhäuser[n], Reha-Einrichtungen …“ ua. die „Michelin Reifenwerke AG & Co. KGaA“, das „Cockpitpersonal der LTU International Airlines (derzeit in Air Berlin)“, die „European Aeronautic Defence and Space Company EADS N.V., Betriebsstätten in Deutschland“ und die „Stena Line Scandinavia AB/Betriebsstätten der Stena Line Scandinavia AB in Deutschland“ aufgeführt. Die genannten Satzungsinhalte waren in der ab dem 23. Februar 2011 geltenden Satzung wortgleich enthalten. Nach § 2 der am 16./17. November 2012 beschlossenen und am 9. Januar 2013 in das Vereinsregister eingetragenen Satzung (Satzung 2012) war die DHV für Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen (§ 2 Nr. 2 der Satzung 2012) sowie alle Arbeitnehmer – einschließlich der dorthin überlassenen Leiharbeitnehmer – in den Bereichen Banken, Sparkassen, Bausparkassen, Einzelhandel, Groß- und Außenhandel, Handel mit Kraftfahrzeugen, gesetzliche Sozialversicherung, Lagerei und Warenlogistik, Versicherungswirtschaft, Einrichtungen der Kranken- und Altenpflege, Private Kliniken und Krankenhäuser, Rettungsdienste, Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Chemische Reinigung und Textilreinigungsdienstleistungen sowie Fleischwarenindustrie tarifzuständig (§ 2 Nr. 1 und Nr. 3 der Satzung 2012). Auf ihrem Bundesgewerkschaftstag am 7./8. November 2014 beschloss die DHV die am 25. Februar 2015 in das Vereinsregister eingetragene Satzung (Satzung 2014). Deren § 2 lautet:          „1.      Die DHV ist tarifzuständig für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den nachfolgenden Bereichen und schließt für diese Tarifverträge ab:                   ●        private Banken und Bausparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, Landes-/Förderbanken, Spezialinstitute, Sparkassen                   ●        Einzelhandelsgeschäfte, Waren- und Kaufhäuser, Verbrauchermärkte, Filialbetriebe im Einzelhandel, Versandhandel, Drogerien, Zentrallager, Tankstellen, zuzüglich der handelsunterstützenden, stationären und straßengebundenen Warenlogistik                   ●        Binnengroßhandel, Cash- und Carrymärkte, Handelsunternehmen und Auslieferungslager aller Industrien, Ein- und Ausfuhrhandel, genossenschaftlicher Großhandel, zuzüglich der handelsunterstützenden, stationären und straßengebundenen Warenlogistik                   ●        Gesetzliche Krankenkassen                   ●        Privates und öffentlich-rechtliches Versicherungsgewerbe                   ●        Einrichtungen der privaten Alten- und Behindertenpflege sowie der Jugendhilfe                   ●        Kliniken und Krankenhäuser in privatrechtlicher Rechtsform                   ●        Rettungsdienste                   ●        Arbeiterwohlfahrt und Tochtergesellschaften                   ●        Deutsches Rotes Kreuz und Tochtergesellschaften                   ●        Textilreinigung und Textilreinigungsdienstleistungen                   ●        Fleischwarenindustrie                   ●        IT Dienstleistungsunternehmen für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte                   ●        Reiseveranstalter          sowie Nebenbetriebe, die Dienstleistungen für diese erbringen, jedoch rechtlich ausgegliedert und selbständig sind.          2.     Die DHV ist auch tarifzuständig für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen bei kommunalen Arbeitgebern und bei Körperschaften des öffentlichen Rechts auf kommunaler Ebene.“ 4 Die Tariffähigkeit der DHV war in der Vergangenheit mehrfach Gegenstand von Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen. Das Arbeitsgericht Hamburg stellte mit rechtskräftigem Beschluss vom 10. Dezember 1956 (- 2 BV 366/1956 -) fest, „daß der Beteiligte zu 4)“ (DHV – Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband e. V.) „eine tariffähige Gewerkschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 TVG ist“. Mit Beschluss vom 7. Februar 1980 wies das Arbeitsgericht Hamburg (- 1 Bv 15/78 -) einen Antrag der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen auf Feststellung der Tarifunfähigkeit der DHV als unbegründet ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg (29. Oktober 1980 – 5 TaBv 1/80 -) ohne Erfolg. Es hielt den Antrag für unzulässig, da „die Rechtskraft des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 1956 … auch heute noch in diesem Verfahren zu beachten“ sei. Das Arbeitsgericht Hamburg wies einen Antrag des Landes Hessen auf Feststellung, dass die DHV keine tariffähige Gewerkschaft ist, am 11. August 1992 (- 1 Bv 8/92 -) als unzulässig ab. Ein – ebenfalls auf das Fehlen der Tariffähigkeit der DHV gerichteter – Antrag der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) wurde vom Landesarbeitsgericht Hamburg am 18. Februar 1997 (- 2 TaBV 9/95 -) als unzulässig angesehen, weil ihm die Rechtskraft des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. August 1992 entgegenstehe; die Verhältnisse hätten sich seit dieser Entscheidung nicht wesentlich geändert. Die im Zeitpunkt dieser Entscheidung geltende Satzung der DHV vom 12./13. November 1994 entsprach im Wesentlichen der Satzung 1972. 5 Außerdem war die Tarifzuständigkeit der DHV auf der Grundlage ihrer Satzungen 2006, 2009, 2011 und 2012 Gegenstand von Verfahren und Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (10. Februar 2009 – 1 ABR 36/08 – BAGE 129, 322; 17. April 2012 – 1 ABR 5/11 – BAGE 141, 110; 11. Juni 2013 – 1 ABR 32/12 – BAGE 145, 211). 6 Die DHV hat nach eigenen Angaben seit ihrer Neugründung im Jahr 1950 ca. 24.000 Tarifverträge geschlossen, zu Warnstreiks aufgerufen und Tarifverhandlungen ggf. auch abgebrochen. Sie gliedert sich bundesweit in neun Landesverbände, unterhält nach ihren Darlegungen an elf verschiedenen Standorten Büroräume und verfügt über 13 hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre, 18 Büro- und Verwaltungskräfte, neun Mitarbeiter der kaufmännischen Bildungseinrichtungen sowie – je nach Arbeitsanfall – bis zu zwölf Honorarkräfte. 7 Der Organisationsbereich der DHV nach der Satzung 2012 bezog sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf etwa 15 Millionen Beschäftigungsverhältnisse. Ihr Organisationsbereich nach der Satzung 2014 erfasst nach Vortrag der DHV insgesamt etwa 6,294 Millionen, nach den Ausführungen der Antragsteller ca. 11,127 Millionen Beschäftigungsverhältnisse. Die Zahl ihrer Mitglieder gibt die DHV zum 31. Dezember 2014 mit 75.065, zum 19. Januar 2016 mit 73.451 und zum 19. Februar 2020 mit 71.829 Mitgliedern an, wobei von letzteren 66.826 Mitglieder in ihren nach der Satzung 2014 reklamierten Zuständigkeitsbereich fallen und weitere 5.003 Mitglieder Rentner, Arbeitslose, Studenten oder außerhalb ihres Organisationsbereichs tätig sind. 8 Mit einer der DHV am 16. Dezember 2013 zugestellten Antragsschrift haben die zu 1. beteiligte IG Metall, die zu 2. beteiligte ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die zu 3. beteiligte Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und die zu 4. beteiligte Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin das vorliegende Verfahren eingeleitet. Das zu 10. beteiligte Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich mit Schriftsatz vom 13. Februar 2014 diesem Antrag angeschlossen sowie diesen – nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts – auch selbst gestellt. An dem Verfahren weiter beteiligt sind zu 6. der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB), dem die DHV angehört, zu 7. die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. (BDA), zu 8. der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und zu 9. das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Beteiligter zu 11. ist der Arbeitgeberverband Wohlfahrts- und Gesundheitsdienste e. V., welcher nach seinen Angaben Tarifverträge mit der DHV geschlossen hat. 9 Die Antragsteller haben – ebenso wie der zu 8. beteiligte DGB – die Auffassung vertreten, bei der DHV handele es sich mit Blick auf den von ihr beanspruchten Organisationsbereich um keine Gewerkschaft. Sie verfüge insbesondere nicht über die erforderliche hinreichende Durchsetzungskraft und organisatorische Leistungsfähigkeit. Der DHV gehörten höchstens 10.000 Mitglieder an. 10 Die Antragsteller haben beantragt          festzustellen, dass die DHV nicht tariffähig ist. 11 Die DHV und der zu 11. beteiligte Arbeitgeberverband haben beantragt, den Antrag abzuweisen. 12 Die DHV hat die Auffassung vertreten, der Antrag sei unzulässig; ihm stehe die Rechtskraft der Entscheidungen in den vorangegangenen Verfahren zu ihrer Tariffähigkeit entgegen. Das Verfahren sei zudem missbräuchlich eingeleitet und dadurch motiviert, sie als Konkurrenzgewerkschaft aus dem gewerkschaftlichen Wettbewerb zu verdrängen. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung seien verfassungs- und unionsrechtswidrig. Die Beurteilung der Durchsetzungsmacht dürfe nicht lediglich organisationsbereichs- und mitgliederbezogen erfolgen; auch ihre Tarifabschlüsse seit 1950, jedenfalls aber seit Inkrafttreten ihrer Satzung 2014 seien ein zwingend und maßgeblich zu berücksichtigendes Indiz für ihre Tariffähigkeit. Darüber hinaus sei sie auch in einem nicht unbedeutenden Teilbereich ihrer Zuständigkeit – insbesondere in ihren „Markenkernbereichen“ (Banken, Einzel- und Großhandel, gesetzliche Krankenkassen, Versicherungsgewerbe, Alten- und Behindertenpflege, Krankenhäuser in privatrechtlicher Rechtsform und Deutsches Rotes Kreuz) – mit einem hohen Organisationsgrad vertreten. Im Bereich Banken verfüge sie – ausgehend von etwa 540.000 dort beschäftigten Arbeitnehmern – über ca. 6.780 Mitglieder und somit eine Organisationsstärke von 1,256 vH. Im Einzelhandel seien etwa 2,26 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer tätig; hiervon organisiere sie mit 22.742 Mitgliedern ca. 1,01 vH. Im Großhandel belaufe sich der Anteil ihrer Mitglieder (14.506) an den in diesem Bereich insgesamt ungefähr 1,16 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf etwa 1,25 vH. Bei den gesetzlichen Krankenkassen seien (aufgerundet) 136.000 Arbeitnehmer tätig, von denen 2.748 und damit 2,024 vH bei ihr organisiert seien. Im Versicherungsgewerbe seien – von den dort etwa 166.800 Arbeitnehmern – ca. 2,39 vH (3.985) bei ihr Mitglied. In der privaten Alten- und Krankenpflege habe sie – bei dort insgesamt etwa 644.700 Arbeitnehmern und 4.348 Mitgliedern – einen Organisationsgrad von 0,674 vH, in den Kliniken mit privatrechtlicher Rechtsform – bei dort ca. 453.400 Beschäftigten und 5.644 Mitgliedern – von 1,245 vH und bei den Rettungsdiensten – bei dort ungefähr 62.400 Arbeitnehmern und 276 Mitgliedern – von ca. 0,44 vH. Bei der Arbeiterwohlfahrt und ihren Tochtergesellschaften verfüge sie mit 1.531 Mitgliedern bei ca. 231.000 Beschäftigten über eine Organisationsstärke von 0,663 vH und beim Deutschen Roten Kreuz (177.000 Arbeitnehmer, 2.461 Mitglieder) über eine von 1,39 vH. Im Bereich der Textilreinigung habe sie 195 Mitglieder; dies entspreche bei etwa 23.500 dort Beschäftigten einem Prozentsatz von etwa 0,83. In der Fleischwarenindustrie organisiere sie 317 und damit 1,223 vH der dort ca. 26.000 tätigen Arbeitnehmer, bei den IT-Dienstleistungsunternehmen 124 und somit ca. 0,33 vH der dort ungefähr 37.800 Beschäftigten sowie bei den Reiseveranstaltern 236 und dementsprechend ca. 0,42 vH der dort ungefähr 56.000 Tätigen. Die Anzahl der Arbeitnehmer, für die sie nach § 2 Nr. 2 der Satzung 2014 zuständig sei, belaufe sich aufgerundet auf 323.500, von denen 935 und damit 0,29 vH bei ihr Mitglied seien. Auch ihre finanzielle Ausstattung sei ausreichend. Der durchschnittliche monatliche Mitgliedsbetrag betrage 11,66 Euro; sie verfüge zudem über eine Streikrücklage iHv. ca. 800.000 Euro und eine zweckungebundene Rücklage iHv. 2,4 Millionen Euro. 13 Der zu 6. beteiligte CGB hat ua. die Auffassung vertreten, die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Gewerkschaftseigenschaft einer Arbeitnehmerkoalition seien nicht verfassungs- und unionsrechtskonform; insoweit hat er die Aussetzung des Verfahrens und Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG angeregt. Der zu 11. beteiligte Arbeitgeberverband hat ein Vorabentscheidungsverfahren zum Gerichtshof der Europäischen Union begehrt. 14 Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Auf die Beschwerden der DHV und des zu 11. beteiligten Arbeitgeberverbands hat das Landesarbeitsgericht durch Beschluss vom 4. Mai 2016 (- 5 TaBV 8/15 -) den Antrag abgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1. bis 4., 8. und 10. hat das Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 26. Juni 2018 (- 1 ABR 37/16 -) den landesarbeitsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Durch Beschluss vom 22. Mai 2020 hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerden der DHV und des Beteiligten zu 11. gegen den arbeitsgerichtlichen Beschluss „mit der Maßgabe zurückgewiesen“, dass festgestellt wird, dass die Beteiligte zu 5. „seit dem 21. April 2015 nicht tariffähig ist“. Mit ihren Rechtsbeschwerden erstreben die DHV und der zu 11. beteiligte Verband die Abweisung des Antrags; der Beteiligte zu 11. begehrt hilfsweise die Feststellung einer Tarifunfähigkeit der DHV erst „mit Rechtskraft der Entscheidung“. 15 B. Die Rechtsbeschwerden sind erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die DHV seit dem 21. April 2015 nicht tariffähig ist. Der mit diesem Inhalt im Rechtsbeschwerdeverfahren noch gegenständliche Antrag ist zulässig und begründet. 16 I. Am Verfahren sind – neben den Antragstellern (IG Metall, ver.di, NGG, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin sowie das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen) – die DHV als Arbeitnehmervereinigung, über deren Tariffähigkeit gestritten wird, der CGB, der DGB und die BDA als Spitzenorganisationen sowie der – im Rechtsbeschwerdeverfahren vorrangig an seinem Begehren einer Antragsabweisung festhaltende – Arbeitgeberverband Wohlfahrts- und Gesundheitsdienste e. V. beteiligt (vgl. ausf. dazu BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 18 bis 21, BAGE 163, 108). Da sich die beanspruchte Zuständigkeit der DHV auf das Gebiet mehrerer Bundesländer erstreckt, ist auch das BMAS als oberste Arbeitsbehörde des Bundes im Verfahren zu hören. 17 II. Rechtsbeschwerderechtlicher Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Tariffähigkeit der DHV ab dem Zeitpunkt des 21. April 2015. 18 1. Zwar sind nach allgemeinem und – ausgehend vom Normzweck des § 97 Abs. 1 ArbGG – gebotenem Verständnis mit einem gegenwartsbezogenen Feststellungsantrag die in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG genannten Eigenschaften in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Antragsschrift bis zu dem der letzten Anhörung zur gerichtlichen Entscheidung gestellt (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 16 mwN, BAGE 163, 108). Allerdings hatte bereits das Arbeitsgericht seine dem Antrag stattgebende Entscheidung vom 19. Juni 2015 in zeitlicher Hinsicht allein mit dem „zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Anhörung“ (21. April 2015) „geltenden satzungsmäßigen Zuständigkeitsbereich“ begründet und damit über die Tariffähigkeit der DHV im Zeitraum ab Zustellung der verfahrenseinleitenden Antragsschrift bis zum Inkrafttreten der Satzung 2014 am 25. Februar 2015 nicht befunden. Nachdem sich die erstinstanzlich obsiegenden Antragsteller mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde dieses Antragsverständnis zu eigen gemacht hatten, beschränkte sich der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens im Rahmen des ersten Rechtsbeschwerdeverfahrens und auch nach Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht auf die Feststellung, dass die DHV ab Inkrafttreten der Satzung 2014 und damit gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 17 der Satzung 2014 ab dem 25. Februar 2015 nicht tariffähig ist (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 15 ff., 23, aaO). 19 2. Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung angenommen, das Begehren der Antragsteller erfasse nur noch die Feststellung der Tarifunfähigkeit der DHV für die Zeit ab dem 21. April 2015. Zwar hat es mit diesem Antragsverständnis nicht gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen, da es nicht etwas anderes, sondern nur weniger zuerkannt hat. Denn das mit einem Antrag iSd. § 97 Abs. 1 ArbGG verfolgte Begehren, das Fehlen der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung ab einem bestimmten, vor der gerichtlichen Anhörung liegenden Zeitpunkt feststellen zu lassen, ist in zeitlicher Hinsicht regelmäßig teilbar. Die darin dennoch liegende, rechtsfehlerhafte teilweise Nichtbescheidung des verfahrensgegenständlichen Verlangens hätte allerdings von den – insoweit allein beschwerten – Antragstellern durch eine angesichts der subjektiv beschränkten Zulassung der Rechtsbeschwerde allein statthafte Anschlussrechtsbeschwerde geltend gemacht werden müssen (vgl. BGH 5. März 2019 – VIII ZR 190/18 – Rn. 20 mwN). Ein solche Anschließung ist nicht – auch nicht konkludent – erfolgt. Damit beschränkt sich der rechtsbeschwerderechtliche Gegenstand des vorliegenden Verfahrens auf die Tariffähigkeit der DHV ab dem Zeitpunkt des 21. April 2015. 20 III. Der im Wege einer zulässigen subjektiven Antragshäufung (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 24, BAGE 163, 108) angebrachte Antrag ist auch in seiner jetzigen Fassung zulässig. 21 1. Er ist hinreichend bestimmt im Sinne des im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Nach seinem zuletzt in der Rechtsbeschwerdeinstanz angefallenen Inhalt soll mit ihm gegenwarts- und zukunftsbezogen geklärt werden, ob die DHV ab dem 21. April 2015 Tarifvertragspartei iSd. § 2 Abs. 1 TVG sein kann. 22 2. Die Antragsteller sind – auch zum Zeitpunkt der letzten Anhörung vor dem Senat – antragsberechtigt (siehe ausf. dazu BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 26 bis 30, BAGE 163, 108) und verfügen damit über ein ihrer Antragsbefugnis nach § 97 Abs. 1 ArbGG und der Erga-omnes-Wirkung eines Verfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG immanentes Rechtsschutzinteresse für den – von keinem der Antragsteller missbräuchlich – gestellten Antrag (siehe ausf. dazu BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 31 bis 34, aaO). Für die zu 1. bis 3. antragstellenden Gewerkschaften ist nach deren satzungsmäßig jeweils beanspruchten Organisationsbereichen die erforderliche Zuständigkeitskonkurrenz gegenüber dem von der DHV reklamierten Organisationsbereich gegeben. 23 3. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht der Einwand der Rechtskraft iSd. § 322 Abs. 1 ZPO entgegen. Da sich die für die Beurteilung der Tariffähigkeit der DHV maßgebende Tatsachengrundlage nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. Februar 1997 erheblich geändert hat, hindert die Rechtskraft der in den vorangegangenen Verfahren zur Tariffähigkeit der DHV ergangenen Beschlüsse eine Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren nicht. Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 26. Juni 2018 (- 1 ABR 37/16 – Rn. 35 bis 48, BAGE 163, 108) bereits entschieden und ausführlich begründet. 24 IV. Der Antrag ist begründet. Die DHV ist seit dem 21. April 2015 nicht tariffähig. 25 1. Weder das Grundgesetz noch das Tarifvertragsgesetz regeln ausdrücklich, wann eine Arbeitnehmerkoalition als tariffähig und damit als Gewerkschaft anzusehen ist. § 2 Abs. 1 TVG bestimmt den Begriff der tariffähigen Arbeitnehmerkoalition (Gewerkschaft) nicht, sondern setzt ihn voraus. Auch die Regelung in A III 2 des Gemeinsamen Protokolls über Leitsätze zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990, die nahezu wortgleich den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen entspricht, stellt keine gesetzliche Normierung der an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellenden Voraussetzungen dar. Sie hat zwar durch das Zustimmungsgesetz vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518) Aufnahme in den Willen des Gesetzgebers gefunden. Materielles Gesetz ist sie dadurch aber nicht geworden. Solange der Gesetzgeber auf die Normierung der Voraussetzungen für die Gewerkschaftseigenschaft und die Tariffähigkeit im Einzelnen verzichtet, ist es daher Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, im Rahmen der an sie herangetragenen Streitigkeit den unbestimmten Rechtsbegriff durch Auslegung im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG auszufüllen (vgl. BVerfG 13. September 2019 – 1 BvR 1/16 – Rn. 8; BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 51 mwN, BAGE 163, 108) und dabei die im Zustimmungsgesetz vom 25. Juni 1990 zum Ausdruck gekommene Willensbekundung der Gesetzgebungsorgane der Bundesrepublik Deutschland zu beachten (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – aaO; 28. März 2006 – 1 ABR 58/04 – Rn. 36, BAGE 117, 308). 26 2. Nach der Rechtsprechung des Senats muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um tariffähig zu sein. 27 a) Die Koalition muss sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge zu schließen. Sie muss zudem frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Darüber hinaus muss sie über Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und über eine leistungsfähige Organisation verfügen (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 53 f., BAGE 163, 108; 5. Oktober 2010 – 1 ABR 88/09 – Rn. 29 f., BAGE 136, 1). 28 aa) Das Erfordernis der Gegnerunabhängigkeit ist nicht im formalen, sondern im materiellen Sinne zu verstehen. Es soll sicherstellen, dass die Vereinigung durch ihre koalitionsmäßige Betätigung zu einer sinnvollen Ordnung des Arbeitslebens beitragen kann. Die erforderliche Gegnerunabhängigkeit fehlt, wenn die Abhängigkeit vom sozialen Gegenspieler in der Struktur der Arbeitnehmervereinigung angelegt und verstetigt und die eigenständige Interessenwahrnehmung der Tarifvertragspartei durch personelle Verflechtungen, auf organisatorischem Weg oder durch wesentliche finanzielle Zuwendungen ernsthaft gefährdet ist (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 55, BAGE 163, 108; 5. Oktober 2010 – 1 ABR 88/09 – Rn. 31, BAGE 136, 1). 29 bb) Eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung muss sozial mächtig und von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben einer Tarifvertragspartei zu erfüllen (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 56, BAGE 163, 108; 5. Oktober 2010 – 1 ABR 88/09 – Rn. 32, BAGE 136, 1). 30 (1) Nur diejenige Vereinigung, die ein Mindestmaß an Verhandlungsgewicht und damit eine gewisse Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler aufweist, ist tariffähig. Davon geht auch das Bundesverfassungsgericht aus (11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – Rn. 164, BVerfGE 146, 71). Der einer Arbeitnehmerkoalition obliegenden Mitwirkung am Zustandekommen eines angemessenen, sozial befriedenden Interessenausgleichs kann diese nur sachgerecht nachkommen, wenn sie auf die Arbeitgeberseite zumindest so viel Druck ausüben kann, dass diese sich veranlasst sieht, sich ernsthaft auf Verhandlungen über tarifvertraglich regelbare Arbeitsbedingungen einzulassen (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 57 mwN, BAGE 163, 108; 5. Oktober 2010 – 1 ABR 88/09 – Rn. 32 mwN, BAGE 136, 1). 31 (2) Von ihrem organisatorischen Aufbau her muss eine Gewerkschaft in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben in ihrem selbst gewählten Zuständigkeitsbereich zu erfüllen. Maßgebend sind auch insoweit die Umstände des Einzelfalls (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 58, BAGE 163, 108; 28. März 2006 – 1 ABR 58/04 – Rn. 53 mwN, BAGE 117, 308). 32 (3) Dafür genügt, dass die Arbeitnehmervereinigung Durchsetzungskraft und organisatorische Leistungsfähigkeit in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs besitzt. Es gibt keine partielle, auf bestimmte Regionen, Berufskreise oder Branchen beschränkte Tariffähigkeit. Die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerorganisation für den beanspruchten Zuständigkeitsbereich ist einheitlich und unteilbar (ausf. BAG 28. März 2006 – 1 ABR 58/04 – Rn. 56 ff., BAGE 117, 308). Danach kann einer Arbeitnehmerkoalition einerseits die Tariffähigkeit insgesamt nicht versagt werden, wenn die Durchsetzungskraft oder die organisatorische Leistungsfähigkeit in irgendeinem Teilbereich fehlt, während sie andererseits nicht festgestellt werden kann, wenn sie nur in irgendeinem Teilbereich ihrer Tarifzuständigkeit über eine Durchsetzungskraft verfügt (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 59, BAGE 163, 108; 14. Dezember 2010 – 1 ABR 19/10 – Rn. 81 mwN, BAGE 136, 302). 33 (4) Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO festzustellende hinreichende Durchsetzungskraft und Leistungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung wird regelmäßig durch die Zahl ihrer Mitglieder vermittelt (ausf. BAG 5. Oktober 2010 – 1 ABR 88/09 – Rn. 38 ff., BAGE 136, 1; 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – zu B II 1 der Gründe, BAGE 95, 36). Dabei ist die Organisationsstärke im Verhältnis zu dem von der Arbeitnehmerkoalition selbst gewählten räumlichen, fachlichen und ggf. persönlichen Organisationsbereich zu bewerten. In diesem muss sie sich gegenüber der Arbeitgeberseite – vermittelt durch ihre Mitgliederstärke – durchsetzen können. Bei einer nur kleinen Zahl von Mitgliedern kann sich die Möglichkeit einer Arbeitnehmervereinigung, empfindlichen Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben, daraus ergeben, dass es sich bei den organisierten Arbeitnehmern um solche in Schlüsselstellungen handelt, die von der Arbeitgeberseite im Falle eines Arbeitskampfs kurzfristig überhaupt nicht oder nur schwer ersetzt werden können (vgl. BAG 28. März 2006 – 1 ABR 58/04 – Rn. 64 f., BAGE 117, 308). Verbleiben danach Zweifel, können die Durchsetzungsfähigkeit und organisatorische Leistungsfähigkeit ausnahmsweise bei einer langjährig am Tarifgeschehen teilnehmenden Arbeitnehmervereinigung indiziert sein, wenn diese bereits in nennenswertem Umfang Tarifverträge innerhalb ihrer weitgehend gleichbleibenden satzungsmäßigen Zuständigkeit abgeschlossen hat (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 60 mwN, BAGE 163, 108). 34 b) An dem Erfordernis einer Durchsetzungs- und Leistungsfähigkeit als Voraussetzung der Teilnahme an der tarifvertraglichen Regelung von Arbeitsbedingungen haben weder das Gesetz zur Tarifeinheit (Tarifeinheitsgesetz) vom 3. Juli 2015 (BGBl. I S. 1130) noch das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG) vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348) in der zuletzt durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 modifizierten Fassung (BGBl. I S. 1657) etwas geändert (vgl. BVerfG 13. September 2019 – 1 BvR 1/16 – Rn. 10 mwN; ausf. dazu BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 65 bis 70 mwN, BAGE 163, 108). Das Bedürfnis, zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie Mindestanforderungen an die Durchsetzungsfähigkeit von Gewerkschaften zu stellen, ist dadurch nicht entfallen. Der neue § 4a TVG gestaltet nicht das Verhältnis der sozialen Gegenspieler als Tarifvertragsparteien zueinander, sondern das der tariffähigen Arbeitnehmervereinigungen untereinander. Auch unter der neuen Rechtslage bleiben zudem Tarifpluralitäten im Betrieb möglich. Der gesetzliche Mindestlohn zielt im Unterschied zum Tarifvertrag ebenfalls nicht darauf ab, einen umfassenden Schutz der Beschäftigten sicherzustellen (vgl. BVerfG 13. September 2019 – 1 BvR 1/16 – Rn. 10 mwN). 35 3. Die Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition sichern die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie und sind gemessen an diesem Regelungsziel verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (ausf. schon BAG 5. Oktober 2010 – 1 ABR 88/09 – Rn. 33 bis 37, BAGE 136, 1; 28. März 2006 – 1 ABR 58/04 – Rn. 37 bis 54, BAGE 117, 308). Das gilt insbesondere für das Erfordernis der Durchsetzungs- und Leistungsfähigkeit. 36 a) Es ist mit dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit vereinbar, lediglich solche Koalitionen an der Tarifautonomie teilnehmen zu lassen, die in der Lage sind, den von der staatlichen Rechtsordnung freigelassenen Raum des Arbeitslebens durch Tarifverträge sinnvoll zu gestalten, um so die Gemeinschaft sozial zu befrieden (BVerfG 9. Juli 2020 – 1 BvR 719/19 ua. – Rn. 23; 13. September 2019 – 1 BvR 1/16 – Rn. 9 mwN). Die von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie ist nur funktionsfähig, solange zwischen den Tarifvertragsparteien ein ungefähres Kräftegleichgewicht besteht (vgl. BVerfG 11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – Rn. 146 mwN, BVerfGE 146, 71). Parität zwischen den Tarifvertragsparteien als Funktionsbedingung für die Tarifautonomie setzt Durchsetzungskraft der Arbeitnehmerkoalition gegenüber dem sozialen Gegenspieler voraus (vgl. auch BVerfG 24. Februar 1999 – 1 BvR 123/93 – zu B II 2 b bb der Gründe, BVerfGE 100, 214). Die zur Gewährleistung einer annähernd gleichen Verhandlungsstärke erforderliche Durchsetzungskraft stellt sicher, dass ein fairer und ausgewogener Ausgleich gegensätzlicher Arbeitsvertragsinteressen im Wege kollektiver Verhandlungen erzielt werden kann (vgl. auch BVerfG 9. Juli 2020 – 1 BvR 719/19 ua. – Rn. 14). Nur unter diesen Voraussetzungen greift die Vermutung der Angemessenheit des zwischen den Tarifvertragsparteien Ausgehandelten (vgl. BVerfG 11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – Rn. 146, aaO). Angesichts der arbeitsrechtlich strukturellen Überlegenheit der Arbeitgeberseite ist die soziale Mächtigkeit einer Gewerkschaft eine Voraussetzung dafür, dass ein Verhandlungsgleichgewicht überhaupt erst entstehen kann (vgl. BVerfG 9. Juli 2020 – 1 BvR 719/19 ua. – Rn. 10, 24). 37 b) Zudem ist die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie dort, wo der Gesetzgeber seine normativen Regelungskompetenzen zur Gestaltung von Arbeitsbedingungen wahrnimmt, eine notwendige Bedingung, um den Tarifvertragsparteien durch – im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG ggf. sogar gebotene (vgl. BVerfG 29. Dezember 2004 – 1 BvR 2283/03 ua. – zu C II 3 b bb (2) (d) der Gründe) – Tariföffnungsklauseln Regelungsbefugnisse einzuräumen, die aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes den Arbeitsvertragsparteien versagt sind. Zwingende Arbeitsschutzgesetze enthalten häufig Bestimmungen, die es den Tarifvertragsparteien gestatten, von der gesetzlichen Regelung zulasten der Arbeitnehmer abzuweichen (vgl. etwa § 8 Abs. 4 Satz 3 und Satz 4, § 9a Abs. 6, § 12 Abs. 6, § 13 Abs. 4, § 14 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 TzBfG; § 4 Abs. 4 EFZG; § 13 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BUrlG; § 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG; § 1 Abs. 1b Satz 3 und Satz 4, § 8 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, Abs. 4 Satz 1 bis Satz 3 AÜG; vgl. auch § 622 Abs. 4 BGB). Selbst wenn die Arbeitnehmer nicht der tarifvertragschließenden Gewerkschaft angehören und die Tarifnormen deshalb für sie nicht unmittelbar und zwingend gelten, wird die Möglichkeit eröffnet, die für die Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Regelung arbeitsvertraglich durch eine ungünstigere tarifvertragliche Regelung zu ersetzen. Diese kann sich daher auch zum Nachteil nicht tarifgebundener Arbeitnehmer auswirken. Im Übrigen bestehen ua. nach §§ 7, 12 ArbZG weitreichende Möglichkeiten für Tarifvertragsparteien, von gesetzlichen Standards zur Flexibilisierung und Anpassung an die Bedürfnisse vor Ort abzuweichen. Die entsprechenden tariflichen Regelungen sind, auch wenn sie nur arbeitsvertraglich in Bezug genommen werden, nach § 310 Abs. 4 BGB einer inhaltlichen Angemessenheitskontrolle durch die Gerichte entzogen. Diese gesetzlichen Konzeptionen beruhen auf der Annahme, dass Tarifverträgen eine materielle Angemessenheitsgewähr zukommt. Eine solche ist nur gerechtfertigt, wenn zwischen den Tarifvertragsparteien ein Verhandlungsgleichgewicht besteht. Nur dann ist gewährleistet, dass vereinbarte tarifliche Regelungen den Bedürfnissen beider Seiten gerecht werden und die widerstreitenden Interessen angemessen ausgleichen. Grundlage der den Tarifvertragsparteien mit der gesetzlich eröffneten Abweichung von zwingenden Arbeitsschutzgesetzen zugewiesenen Ordnungs- und Schutzfunktion (vgl. Richardi RdA 2007, 117, 119 f.) bildet die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Diese wird durch das Erfordernis einer Durchsetzungsfähigkeit und organisatorischen Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmervereinigung sichergestellt. Eine Arbeitnehmerkoalition ohne hinreichende soziale Mächtigkeit ist außerstande, die strukturelle Unterlegenheit der Arbeitnehmerseite in Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite im Wege kollektiver Verhandlungen zu kompensieren. 38 c) Bei der Beurteilung der sozialen Mächtigkeit einer Arbeitnehmervereinigung maßgeblich auf die Anzahl und Zusammensetzung ihrer Mitglieder abzustellen, unterliegt gleichfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG 13. September 2019 – 1 BvR 1/16 – Rn. 12). Die Mitgliederstärke ist für die Durchsetzungskraft wesentlich (vgl. BVerfG 11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – Rn. 198, BVerfGE 146, 71). Ohne eine gewisse Geschlossenheit der Organisation und Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler wäre eine Arbeitnehmervereinigung vom guten Willen der Arbeitgeberseite abhängig und könnte den Aufgaben der Tarifautonomie nicht gerecht werden (vgl. BVerfG 13. September 2019 – 1 BvR 1/16 – aaO; 24. Februar 1999 – 1 BvR 123/93 – zu B II 2 b bb der Gründe, BVerfGE 100, 214; 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233). Von der Mitgliederzahl einer Koalition hängt ihre Verhandlungsstärke ab (BVerfG 13. September 2019 – 1 BvR 1/16 – aaO; 14. November 1995 – 1 BvR 601/92 – zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 93, 352). Vor allem gibt die Mitgliederzahl im selbst gewählten fachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereich Aufschluss darüber, ob eine Arbeitnehmervereinigung hinreichenden Druck auf den sozialen Gegenspieler aufbauen kann, um Verhandlungen über den Abschluss eines Tarifvertrags ggf. auch gegen dessen Willen zu erzwingen und zu Ergebnissen zu gelangen, die den Belangen ihrer Mitglieder genügen und die sie diesen gegenüber verantwortet. Zudem bestimmt die Zahl der organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die finanzielle Ausstattung einer Koalition und deren organisatorische Leistungsfähigkeit; sie ist somit auch entscheidend dafür, ob sie in der Lage ist, die mit dem Abschluss von Tarifverträgen verbundenen finanziellen und personellen Lasten zu tragen (vgl. BVerfG 13. September 2019 – 1 BvR 1/16 – aaO). 39 d) Die von der DHV und dem CGB erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Rechtsprechung des Senats zu den Mindestvoraussetzungen einer tariffähigen Arbeitnehmervereinigung greifen nicht durch. 40 aa) Die Annahme, die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie diene ausschließlich der individuellen Koalitionsfreiheit und vermöge daher das Erfordernis einer sozialen Mächtigkeit von Arbeitnehmerkoalitionen nicht zu rechtfertigen, verkennt, dass Art. 9 Abs. 3 GG alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen schützt und damit – gleichermaßen und selbständig neben der individuellen Koalitionsfreiheit – auch die Tarifautonomie gewährleistet. Diese steht im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke (vgl. BVerfG 11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – Rn. 131 mwN, BVerfGE 146, 71; 11. Juli 2006 – 1 BvL 4/00 – Rn. 70 f., BVerfGE 116, 202; 27. April 1999 – 1 BvR 2203/93 ua. – zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 100, 271; vgl. auch BVerfG 14. Januar 2015 – 1 BvR 931/12 – Rn. 62, BVerfGE 138, 261 [„Grundrecht der Tarifautonomie aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG“]) und gewährt ihnen einen Freiraum, in dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihre Interessengegensätze in eigener Verantwortung austragen können (BVerfG 2. März 1993 – 1 BvR 1213/85 – zu C II der Gründe, BVerfGE 88, 103). Hierzu gehört das Aushandeln von Tarifverträgen, das einen wesentlichen Zweck der Koalitionen bildet (vgl. etwa BVerfG 11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – aaO). Schon vor diesem Hintergrund stellen weder eine erweiterte Inhaltskontrolle von Tarifverträgen noch eine – wie auch immer geartete – „Bagatellkontrolle“ ein milderes Mittel gegenüber der für die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie unerlässlichen sozialen Mächtigkeit einer Arbeitnehmervereinigung als Voraussetzung für deren Tariffähigkeit dar. Eine über die bloße Rechtskontrolle hinausgehende inhaltliche Bewertung von Tarifverträgen wäre mit der grundrechtlich verbürgten Tarifautonomie nicht vereinbar. 41 bb) Auch ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 2 und Abs. 3 sowie Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG liegt nicht vor. 42 (1) Es ist unschädlich, dass die Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung nicht auf einer formalgesetzlichen Grundlage beruhen. Die Gerichte für Arbeitssachen sind nicht nur befugt, sondern sogar gehalten, wenn und solange der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Gewerkschaftseigenschaft und damit die Tariffähigkeit nicht regelt, diese im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG näher zu umschreiben (vgl. BVerfG 13. September 2019 – 1 BvR 1/16 – Rn. 8). Die Wesentlichkeitstheorie, nach welcher der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss (vgl. etwa BVerfG 8. August 1978 – 2 BvL 8/77 – zu B II 1 b der Gründe, BVerfGE 49, 89), gilt lediglich für das Verhältnis von Staat und Bürger. Die Feststellung der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerorganisation betrifft hingegen das Verhältnis gleichgeordneter Grundrechtsträger. In diesem Bereich müssen die Gerichte bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten, die für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblich sind (BVerfG 16. September 1991 – 1 BvR 453/90 – zu 1 der Gründe; vgl. auch BVerfG 26. Juni 1991 – 1 BvR 779/85 – C I 2 a der Gründe, BVerfGE 84, 212). 43 (2) Eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Grenzen einer solchen etwa BVerfG 5. Juli 2019 – 2 BvR 167/18 – Rn. 41 mwN) liegt schon deshalb nicht vor, weil die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung verfassungsrechtlich (Art. 9 Abs. 3 GG) determiniert sind und die sich hieraus ergebenden Grenzen beachten. Dass sich der Gesetzgeber im Interesse einer besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit des Tarifvertragsgesetzes dafür entschieden hat, dort keine eigene Definition für den Gewerkschaftsbegriff aufzunehmen (vgl. BAG 14. Dezember 2010 – 1 ABR 19/10 – Rn. 64 mwN, BAGE 136, 302), bedeutet nicht, dass an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung keine Anforderungen zu stellen sind. Im Übrigen hat das Erfordernis der „Mächtigkeit“ bzw. „Durchsetzungsfähigkeit“ einer Arbeitnehmerkoalition mit dem Zustimmungsgesetz vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518) zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 und dem Gemeinsamen Protokoll über Leitsätze Aufnahme in den Willen des Gesetzgebers gefunden. 44 (3) Auch unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit begegnet die Rechtsprechung zum Erfordernis der sozialen Mächtigkeit einer Arbeitnehmerorganisation keinen Bedenken (vgl. schon BVerfG 16. September 1991 – 1 BvR 453/90 – zu 1 der Gründe). Das Bestimmtheitsgebot verlangt nicht, dass höchstrichterliche Rechtssätze einen Tatbestand stets mit genau erfassbaren Merkmalen umschreiben müssen, um „subsumtionsfähig“ zu sein (vgl. BVerfG 17. November 1992 – 1 BvL 8/87 – zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 87, 234). Ob die Durchsetzungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung gegeben ist, muss – auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233) – bei jeder Koalition nach ihrer konkreten Situation im Einzelfall beurteilt werden. Damit scheiden schon von Verfassungs wegen strikte schematische Vorgaben, etwa im Sinne eines Mindestprozentsatzes des Organisationsgrads (vgl. etwa Rieble FS Wiedemann 2002, 519, 537, der einen Nettoorganisationsgrad in Parallele zum Wahlrecht von 5 vH erwägt) oder (wie vom Landesarbeitsgericht angenommen) eines „Schwellenwert[s] von 1,6 %“, für die Annahme einer hinreichenden Durchsetzungskraft aus. Die notwendige einzelfallbezogene Würdigung verletzt – anders als die Rechtsbeschwerden meinen – nicht die Koalitionsfreiheit kleinerer oder neugegründeter Gewerkschaften. Nimmt eine solche Arbeitnehmervereinigung am Tarifgeschehen teil, kann erwartet werden, dass sie sich Klarheit über ihre Fähigkeit verschafft, über ihre Mitglieder einen Verhandlungsdruck auf die Gegenseite aufzubauen. Soweit die Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerorganisation dieser in tatsächlicher Hinsicht erschweren sollte, Mitglieder zu gewinnen, wäre eine damit einhergehende Beeinträchtigung ihrer Koalitionsbetätigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG jedenfalls durch das Erfordernis der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie gerechtfertigt. 45 (4) Das in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG normierte Verbot eines Einzelfallgesetzes bildet – entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerden – schon deswegen keinen Maßstab für die Verfassungsmäßigkeit höchstrichterlicher Rechtsprechung, weil es sich an den Gesetzgeber richtet. Diesem ist es untersagt, aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Sonderregel zu machen (vgl. BVerfG 6. Dezember 2016 – 1 BvR 2821/11 ua. – Rn. 394 mwN, BVerfGE 143, 246). Ungeachtet dessen läge – hieran gemessen – auch keine unzulässige „Einzelfallrechtsprechung“ vor. Die insoweit maßgebenden Voraussetzungen für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition gelten nicht nur für die DHV, sondern für alle Arbeitnehmerorganisationen gleichermaßen. 46 4. Den Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung – und insbesondere dem Erfordernis ihrer hinreichenden Durchsetzungs- und Leistungsfähigkeit – stehen weder unions- noch völkerrechtliche Vorgaben entgegen (ausf. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 71 bis 73 mwN, BAGE 163, 108). Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) ist nicht anwendbar, da der Geltungsbereich des Unionsrechts nicht eröffnet ist. Die Europäische Union hat gemäß Art. 153 Abs. 5 AEUV keine Kompetenz zur Regelung des Koalitionsrechts, Streikrechts sowie des Aussperrungsrechts (ausf. BAG 20. November 2012 – 1 AZR 611/11 – Rn. 64 bis 67, BAGE 144, 1). Ungeachtet dessen handelte es sich allenfalls um unionsrechtlich nicht vollständig determiniertes innerstaatliches Recht, dessen Prüfung allein am Maßstab der deutschen Grundrechte zu erfolgen hätte (vgl. BVerfG 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 – Rn. 42 ff., BVerfGE 152, 152). Konkrete und hinreichende Anhaltspunkte, dass das Schutzniveau des Art. 28 GRC dadurch nicht gewahrt sein könnte, bestehen nicht. Auch der mit Blick auf die Garantie der Koalitionsfreiheit aus Art. 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und ihrer Zusatzprotokolle erwachsende Schutz reicht nicht über das nach Art. 9 Abs. 3 GG Garantierte hinaus (vgl. BVerfG 11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – Rn. 207 ff., BVerfGE 146, 71). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine Beschränkung des Rechts auf Kollektivverhandlungen auf repräsentative Gewerkschaften im Interesse der Vertretung der Arbeitnehmer durch mächtige („powerful“) Arbeitnehmerkoalitionen ausdrücklich gebilligt, solange mit diesen Vorgaben keine anderen Ziele verfolgt werden und die Methoden zur Ermittlung der repräsentierten Arbeitnehmer nicht unangemessen sind (EGMR 4. April 2017 – 35009/05 – Rn. 40 ff.; vgl. EuArbRK/Schubert 3. Aufl. EMRK Art. 11 Rn. 68). Weitergehende Anforderungen lassen sich auch nicht aus der Europäischen Sozialcharta, Art. 22 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte oder den Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ableiten (ausf. BVerfG 11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – Rn. 206, 208, aaO). Gleiches gilt für die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer vom 9. Dezember 1989 (SozGRCh). Ihr Titel I Nr. 11 entspricht Art. 9 Abs. 3 GG. Soweit Titel I Nr. 12 SozGRCh den Arbeitgebern und Arbeitgebervereinigungen einerseits und den Arbeitnehmervereinigungen andererseits das Recht garantiert, Tarifverträge auszuhandeln und zu schließen, steht dies ausdrücklich unter den Bedingungen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten (vgl. auch EuGH 18. Dezember 2007 – C-341/05 – [Laval un Partneri] Rn. 90 f.; 11. Dezember 2007 – C-438/05 – [Viking] Rn. 40 f.). 47 5. Gemessen hieran ist die DHV seit dem 21. April 2015 nicht tariffähig. Zwar hat sie sich nach § 3 ihrer Satzung 2014 ua. die Aufgabe gestellt, die Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer wahrzunehmen. Auch ist sie willens, Tarifverträge zu schließen. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass sie frei und auf überbetrieblicher Grundlage gebildet ist, das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennt sowie eigenständig und gegnerunabhängig ist (vgl. dazu BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 75, BAGE 163, 108). Allerdings besitzt die DHV bezogen auf den von ihr mit der Satzung 2014 beanspruchten Organisationsbereich nicht die erforderliche Durchsetzungsfähigkeit. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. 48 a) Unter Zugrundelegung der von der ihr genannten Mitgliederzahlen und der Verteilung ihrer Mitglieder auf die einzelnen Zuständigkeitsbereiche nach der Satzung 2014 verfügt die DHV nicht über eine durch eine ausreichende Organisationsstärke vermittelte, hinreichende soziale Mächtigkeit in einem zumindest nicht unerheblichen Teil ihres beanspruchten Zuständigkeitsbereichs. Dies ergibt die gebotene Gesamtwürdigung. 49 aa) Da die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung für den beanspruchten Zuständigkeitsbereich einheitlich und unteilbar ist, genügt es für die Annahme einer Durchsetzungskraft, dass die Arbeitnehmervereinigung diese in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs besitzt (vgl. BAG 28. März 2006 – 1 ABR 58/04 – Rn. 56, BAGE 117, 308). Dies lässt im Normalfall erwarten, dass sich die Arbeitnehmerkoalition auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehlt, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite unterwirft. Zugleich steht dies von vornherein einer Annahme entgegen, die Arbeitgeberseite ließe sich dort nur auf Tarifverhandlungen und -abschlüsse mit der Arbeitnehmervereinigung ein, um auf diesem Weg gesetzliche Tarifvorbehalte oder -öffnungen zu ihren Gunsten nutzen, die geltenden Regelungen einer weiteren Angemessenheitskontrolle entziehen (vgl. § 310 Abs. 4 BGB) und die Arbeitsbedingungen auch der nichtorganisierten Arbeitnehmer durch entsprechende Verweise regeln zu können. Welche relative Größe der (Teil-)Bereich einer mitgliedervermittelten Durchsetzungsfähigkeit im Verhältnis zum Gesamtzuständigkeitsbereich haben muss, ist dabei nicht generalisierend vorgegeben. Dies bedarf einer auf die voneinander abgegrenzten und abgrenzbaren Zuständigkeitsbereiche – die ihrerseits in ihrem Verhältnis zueinander zu bewerten sind – bezogenen Betrachtung. Organisiert sich eine Arbeitnehmerkoalition branchendivers, muss dieser Bereich eine gewisse Signifikanz aufweisen, die es rechtfertigt, die Durchsetzungsfähigkeit in einem oder mehreren Bereichen auch auf solche zu erstrecken, die durch völlig andere Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gekennzeichnet sind. Weil die Versagung der Tariffähigkeit einen erheblichen Eingriff in die Koalitionsfreiheit darstellt, ist hierbei eine grundrechtsfreundliche, eher großzügige Bewertung geboten (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 92 mwN, BAGE 163, 108). 50 (1) Für die Beurteilung, ob der Mitgliederbestand einer Arbeitnehmerkoalition deren Durchsetzungsfähigkeit indiziert, kommt es auf ihre Organisationsstärke in dem von der Vereinigung selbst gewählten räumlichen, fachlichen und ggf. persönlichen (Teil-)Organisationsbereich an. Anders als von der DHV und dem CGB angenommen, kann die soziale Mächtigkeit einer Arbeitnehmervereinigung nicht anhand des Verhältnisses ihrer Mitgliederzahlen zu den insgesamt in ihrem Zuständigkeitsbereich gewerkschaftlich Organisierten beurteilt werden. Auch Art. 9 Abs. 3 GG gebietet dies nicht. Mit dem Erfordernis der Durchsetzungskraft soll die Gegen- und Gleichgewichtigkeit der Tarifvertragspartner zum Zwecke der Gewährleistung angemessener Tarifvertragsregelungen sichergestellt werden. Dies erfordert eine soziale Mächtigkeit gegenüber den antagonistischen Gegenspielern, nicht im Verhältnis zu einer etwaigen gewerkschaftlichen Konkurrenz. Im Übrigen hätte eine solche Sichtweise zur Folge, dass eine Arbeitnehmervereinigung auch dann als sozial mächtig anzusehen wäre, wenn sie bei einem verschwindend geringen Anteil insgesamt gewerkschaftlich organisierter Arbeitnehmer in einem nicht unerheblichen Teil ihres Zuständigkeitsbereichs dort über nur wenige Mitglieder verfügt. Die Annahme, auch eine nur sehr geringe Organisationsstärke eröffne einer Arbeitnehmerkoalition die Möglichkeit, empfindlichen Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben, kann jedoch allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn es sich bei den Mitgliedern um Spezialisten in Schlüsselstellungen handelt, die – im Fall eines Arbeitskampfs – von Seiten der Arbeitgeber kurzfristig nicht oder nur schwerlich ersetzt werden können. Auch eine auf die Relation zur normativen Tarifbindung von Arbeitnehmern im von der Arbeitnehmervereinigung reklamierten Zuständigkeits(teil)bereich abstellende Bewertung lässt keinen Schluss auf deren mitgliedervermittelte Organisationsstärke zu. Dies verkennt, dass angesichts der Möglichkeit des Abschlusses von Firmentarifverträgen (vgl. § 2 Abs. 1 TVG), aber vor allem wegen des Erfordernisses einer kongruenten Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) die bloße Mitgliedschaft in einer Arbeitnehmerkoalition nicht zur Folge hat, dass für die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer auch stets ein Tarifvertrag unmittelbar und zwingend gilt. Zudem hinge damit die Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmervereinigung mittelbar von der Mitgliederstärke ihrer verbandlichen Gegenspieler ab. Darüber hinaus kann auch eine junge Arbeitnehmerkoalition, die ihre Aktivität auf einen räumlich, fachlich und ggf. persönlich eng begrenzten Bereich beschränkt, bereits frühzeitig – und ohne, dass es zu einem Abschluss flächendeckender Tarifverträge gekommen sein muss – schon eine hinreichende Durchsetzungskraft haben, wenn sie mangels ausreichenden Organisationsgrads über eine Mitgliederstruktur verfügt, die sich zwar aus einer vergleichsweise kleinen Berufsgruppe zusammensetzt, deren Angehörige aber wegen ihrer besonderen Stellung im Arbeitsprozess bei einem Arbeitskampf in der Lage sind, die Arbeitgeberseite gleichwohl unter einen erheblichen wirtschaftlichen Druck zu setzen, weil auch ihr kurzzeitiger Ausfall zu beträchtlichen finanziellen Einbußen führen würde. In einem solchen Fall kann daher die Annahme gerechtfertigt sein, dass – trotz ggf. anfänglich noch fehlender oder geringer normativer Tarifbindung in diesem Bereich – die Koalition eine ausreichende Mächtigkeit besitzt, um die Arbeitgeberseite zu ernsthaften Verhandlungen zu zwingen. 51 (2) Bei der Beurteilung der Durchsetzungsfähigkeit ist die von der Arbeitnehmervereinigung selbst gewählte Organisationszuständigkeit in räumlicher, fachlicher und ggf. personeller Hinsicht zugrunde zu legen. Anders als die DHV meint, kommt es nicht darauf an, in welchem Bereich die Arbeitnehmerkoalition, deren Tariffähigkeit umstritten ist, tatsächlich Tarifverhandlungen führt oder -abschlüsse tätigt. Nicht das konkrete tarifliche Wollen, sondern das beanspruchte rechtliche Können ist entscheidend. Die Tariffähigkeit ist die rechtliche Fähigkeit, im selbst beanspruchten Organisationsbereich wirksame Tarifverträge mit dem sozialen Gegenspieler abzuschließen. Diese Fähigkeit ist einheitlich und unteilbar. Daher ist diejenige satzungsgemäße Zuständigkeit maßgebend, die eine Arbeitnehmervereinigung sich selbst gegeben hat. Der autonom von ihr in der Satzung festgelegte Organisationsbereich bestimmt nicht nur für die eigenen Mitglieder und Verbandsorgane, sondern auch für den sozialen Gegenspieler die – selbst gezogene – Grenze wirksamen Handelns der Vereinigung (vgl. BAG 10. Februar 2009 – 1 ABR 36/08 – Rn. 27, BAGE 129, 322). Ebenso wie ein bloßes Tätigwerden außerhalb des satzungsgemäßen Organisationsbereichs diesen nicht erweitern und eine nach der Satzung fehlende Tarifzuständigkeit nicht begründen kann (vgl. BAG 17. April 2012 – 1 ABR 5/11 – Rn. 55 mwN, BAGE 141, 110), vermögen dahinter zurückbleibende Aktivitäten diese nicht einzuschränken. Aus Art. 9 Abs. 3 GG folgt nichts Gegenteiliges. Mit der Ausgestaltung ihres Organisationsbereichs legt die Arbeitnehmerkoalition ihre Tarifzuständigkeit fest. Die Selbstbestimmung über ihre innere Ordnung ist wesentlicher Teil der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit. Damit hat die jeweilige Vereinigung es selbst in der Hand, über den Umfang ihrer reklamierten Zuständigkeit zu entscheiden und diesen nach Branchen, Fachbereichen oder Berufsgruppen abzugrenzen. Gerade weil das Grundgesetz „Koalitionen in ihrer Mannigfaltigkeit“ schützt, wäre die Vorgabe eines bestimmten Profils unzulässig (vgl. BVerfG 11. Juli 2017 – 1 BvR 1571/15 ua. – Rn. 133 mwN, BVerfGE 146, 71). 52 (3) Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem sozialen Gegenspieler bedeutet nicht, dass die Arbeitnehmervereinigung in einem – für ihre Tariffähigkeit als Ganzes ausschlaggebenden – nicht unbedeutenden Teilbereich ihrer satzungsmäßigen Gesamtzuständigkeit über eine Organisationsstärke verfügen muss, die ihr die Chance des „vollständigen Sieges“ gegenüber der Arbeitgeberseite vermittelt. Ausreichend ist es, wenn erwartet werden kann, dass sie vom Gegner ernst genommen wird und die Regelung der Arbeitsbedingungen damit nicht dessen „Diktat“ entspringt, sondern ausgehandelt wird (vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Gegenstand der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Gewährleistungen auf sich wandelnde wirtschaftliche und soziale Bedingungen bezogen ist, die – mehr als bei anderen Freiheitsrechten – die Möglichkeit zu Modifikationen und Fortentwicklungen lassen müssen (vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – zu B I 1 der Gründe, aaO; 1. März 1979 – 1 BvR 532/77 ua. – zu C IV 1 der Gründe, BVerfGE 50, 290). Dieser Umstand gebietet es, bei den Voraussetzungen der Tariffähigkeit von Arbeitnehmerkoalitionen auch – sich ggf. wandelnde – gesellschaftliche Wirklichkeiten in den Blick zu nehmen, damit diese überhaupt ihre Aufgabe erfüllen können (vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – aaO; 1. März 1979 – 1 BvR 532/77 ua. – aaO). Bei der Würdigung, ob eine Vereinigung von Arbeitnehmern die notwendige Autorität gegenüber ihren Gegenspielern bzw. deren Mitgliedern besitzt, dürfen daher auch allgemeine Organisationsgrade nicht außer Acht gelassen werden. Dies stellt sicher, dass keine Anforderungen an die Tariffähigkeit gestellt werden, die erheblich auf die Bildung und Betätigung einer Koalition zurückwirken, diese unverhältnismäßig einschränken und so zur Aushöhlung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gesicherten freien Koalitionsbildung und -betätigung führen. 53 (4) Der Einwand des Beteiligten zu 11., angesichts von normativen Rahmenvorgaben sowie vor dem Hintergrund der gestiegenen Bedeutung sozialer Medien komme es für die soziale Mächtigkeit einer Arbeitnehmervereinigung nur noch begrenzt auf einen Mitgliederbezug an, übersieht, dass die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nur bei einer realen Durchsetzungsfähigkeit und Geschlossenheit einer Arbeitnehmervereinigung gegeben ist. Dies erfordert, dass die Arbeitnehmerorganisation über ein hinreichendes mitgliederbegründetes Druckpotential gegenüber dem sozialen Gegenspieler verfügt. Die Entkoppelung der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition von einer ausreichenden Mitgliederbasis liefe auf die Begründung einer virtuell-imaginären Tarifmacht hinaus (Greiner NZA 2011, 825, 827). Damit bestünde die Gefahr, dass sog. „Phantomgewerkschaften“ Vorschub geleistet wird, also solchen Vereinigungen, denen keine oder nur eine zu vernachlässigende Zahl von Arbeitnehmern – deren Arbeitsbedingungen zu regeln sind – angehört, und auf deren Verhandlungsangebot die Arbeitgeberseite letztlich deswegen eingeht, um die Arbeitsbedingungen der nichtorganisierten Arbeitnehmer durch Gleichstellungsabreden regeln und damit einer AGB-Kontrolle entziehen zu können (vgl. BAG 5. Oktober 2010 – 1 ABR 88/09 – Rn. 47, BAGE 136, 1). Das für eine funktionierende Tarifautonomie erforderliche (ungefähre) Kräftegleichgewicht zwischen den sozialen Gegenspielern und die hieran anknüpfende Vermutung der Angemessenheit tariflich ausgehandelter Arbeitsbedingungen im Sinne eines fairen Ausgleichs sind – auch in Zeiten sinkender Organisationsgrade – nur dann gegeben, wenn ein Mindestmaß an mitgliedervermittelter sozialer Mächtigkeit vorhanden ist. Je geringer die Organisationsstärke der Arbeitnehmervereinigung in einem nicht unbeachtlichen Teilbereich ihrer selbst gewählten Zuständigkeit ist, desto weniger kann die Annahme gerechtfertigt sein, die Arbeitgeberseite lasse sich auch in den Bereichen, in denen es an einer Durchsetzungskraft fehlt, auf den Abschluss von Tarifverträgen ein, die den von Art. 9 Abs. 3 GG beabsichtigten Schutz gewährleisten. 54 bb) Hiervon ausgehend rechtfertigen – auch bei Zugrundelegung eines großzügigen Bewertungsmaßstabs – die von der DHV vorgebrachten Mitgliederzahlen nicht die Annahme, dass sie zumindest in einem hinreichend beachtlichen Teil ihres Zuständigkeitsbereichs über eine Durchsetzungsmacht verfügt, die ausreichen würde, um sich in dem für eine sinnvolle Ordnung und Befriedung des Arbeitslebens erforderlichen Mindestumfang gegenüber dem sozialen Gegenspieler durchsetzen zu können. 55 (1) Obwohl das Landesarbeitsgericht weder Feststellungen zur Anzahl und Verteilung der Mitglieder der DHV auf ihre nach der Satzung 2014 reklamierten Zuständigkeitsbereiche noch zur Höhe der sich daraus ergebenden Organisationsgrade getroffen hat, ist dem Senat die notwendige Würdigung, ob der Mitgliederbestand der DHV in einem zumindest nicht unbeachtlichen Teil ihres Zuständigkeitsbereichs deren Durchsetzungsfähigkeit indiziert, nicht verwehrt. Das Gericht kann diese Beurteilung auf der Grundlage der von der DHV in das Verfahren eingeführten amtlichen Statistiken – bei denen es sich um öffentlich zugängliche Erkenntnisquellen handelt und die als allgemeinkundige Tatsachen iSd. § 291 ZPO keines Beweises bedürfen (vgl. BGH 6. Mai 1993 – I ZR 84/91 – zu II 3 der Gründe; vgl. auch BVerfG 3. November 1959 – 1 BvR 13/59 – zu B 3 der Gründe, BVerfGE 10, 177; BGH 7. Mai 2020 – IX ZB 84/19 – Rn. 15) – unter Heranziehung der von der DHV behaupteten und vorliegend zu ihren Gunsten als wahr unterstellten Mitgliederzahlen und deren Verteilung auf die einzelnen Teilbereiche ihrer Gesamtzuständigkeit selbst vornehmen. 56 (2) Danach lässt allein der von der DHV angegebene Organisationsgrad von nur wenig mehr als einem Prozent in dem von ihr insgesamt reklamierten Organisationsbereich nicht ohne Weiteres darauf schließen, sie verfüge über eine ausreichende mitgliedervermittelte Durchsetzungsfähigkeit. Die DHV beansprucht mit der Satzung 2014 eine Zuständigkeit für zahlreiche, gänzlich verschiedene Wirtschaftszweige, Branchen und Berufe. Nicht nur die wirtschaftlichen Verhältnisse in den einzelnen in § 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Satzung 2014 aufgeführten Branchen und Bereichen, sondern auch die konkrete Beschäftigungssituation und die Arbeitsbedingungen der dort tätigen Arbeitnehmer unterscheiden sich grundlegend. Zudem steht der DHV – bezogen auf die beanspruchte Gesamtzuständigkeit – eine große Anzahl erheblich heterogen zusammengesetzter sozialer Gegenspieler gegenüber, deren jeweilige ökonomische Situation durch wesentlich unterschiedliche rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen bestimmt ist. Etwaige synergetische Effekte, die sich aus wirtschaftlichen oder rechtlichen Berührungspunkten der Akteure in den einzelnen Teilbereichen der von der DHV reklamierten disparaten Zuständigkeiten ergeben, sind – wenn überhaupt – nur in geringem Maße vorhanden. Angesichts der hieraus resultierenden Inhomogenität des von der DHV insgesamt in Anspruch genommenen Zuständigkeitsbereichs genügt eine mitgliedervermittelte Präsenz von kaum mehr als einem Prozent für sich genommen nicht, um – bezogen auf den gesamten Organisationsbereich, in dem (nach Angaben der DHV) ungefähr 6,3 Millionen Arbeitnehmer tätig sind – eine für die Annahme der Tariffähigkeit erforderliche soziale Mächtigkeit zu begründen. Eine derartig geringe Organisationsstärke in einem sich räumlich auf alle Bundesländer und fachlich auf etliche divergierende Bereiche erstreckenden Gebiet bietet keine ausreichende Gewähr dafür, dass die DHV über ein Druckpotential verfügt, welches sie in hinreichendem Maße in die Lage versetzt, tarifliche Regelungen auszuhandeln, die den Interessen beider Seiten angemessen gerecht werden. 57 (3) Unabhängig davon liegt der Gesamtorganisationsgrad der DHV – ausgehend von ihren in der Satzung 2014 reklamierten Zuständigkeiten – tatsächlich auch unterhalb von einem Prozent. 58 (a) Die Zahlenangaben der DHV für den Bereich Einzel- und Großhandel (§ 2 Nr. 1 Punkt 2 und 3 der Satzung 2014) lassen außer Acht, dass in diesen Bereichen nicht nur sozialversicherungspflichtig, sondern auch geringfügig Beschäftigte iSv. § 8 Abs. 1 SGB IV tätig sind. Im Einzelhandel entfällt ein nicht unbedeutender Anteil der dort insgesamt Beschäftigten auf diese (größtenteils weibliche) Personengruppe. Ausweislich der amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit („Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen (WZ 2008)“ – Stand 30. Juni 2019) beläuft sich die Anzahl der (ausschließlich) geringfügig Beschäftigten im Einzel- und Großhandel auf eine Größenordnung von um die 700.000. Die Ansicht der DHV, diese Personengruppe müsse bei der Bewertung ihrer Durchsetzungskraft außer Betracht bleiben, verfängt nicht. Die betroffenen Personen sind ungeachtet der sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten ihrer Arbeitsverhältnisse Arbeitnehmer und fallen in den von der DHV reklamierten Organisationsbereich. Ob und inwieweit sie bei einem Arbeitskampf mobilisiert werden können oder ob sie in einem solchen Fall ohne Weiteres ersetzbar sind, ist – entgegen der Ansicht der DHV – insoweit nicht bedeutsam. Unerheblich ist auch, ob diese Personengruppe im Einzelfall aus dem Geltungsbereich tariflicher Regelungen herausgenommen wird. Ohnehin ist angesichts der gesetzlichen Vorgaben für Teilzeitbeschäftigte (vgl. etwa § 4 Abs. 1 TzBfG) und des Verbots einer mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts (vgl. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG; Art. 157 AEUV) ihr Ausschluss aus dem Anwendungsbereich eines Tarifvertrags nur dann zulässig, wenn hierfür ausnahmsweise sachliche Gründe bestehen. Der Umstand einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung iSv. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV an sich genügt hierfür typischerweise nicht. Vor diesem Hintergrund verfängt auch nicht der Einwand der DHV, die Arbeitsbedingungen – insbesondere die Vergütungshöhe – dieser Arbeitnehmer seien angesichts der monatlichen finanziellen Begrenzung einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung nur beschränkt durch Arbeitskampfmaßnahmen erzwingbar. 59 (b) Bei dem von der DHV angegebenen Organisationsgrad unberücksichtigt ist zudem, dass sich ihre Zuständigkeit auch auf den Versand- und damit den Onlinehandel erstreckt (§ 2 Nr. 1 Punkt 2 der Satzung 2014). Die dort beschäftigten Arbeitnehmer müssen bei der Bewertung ihrer mitgliederbezogenen Präsenz ebenfalls einfließen. Auf der Grundlage der in der amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesenen Daten kann davon ausgegangen werden, dass in diesem Wirtschaftszweig eine weitere nicht völlig unerhebliche Anzahl von Arbeitnehmern tätig ist. Nach den sich aus dieser Statistik („Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen (WZ 2008)“ – Stand 30. Juni 2019) ergebenden Werten beläuft sich die Zahl der dort sozialversicherungspflichtig und (ausschließlich) geringfügig Beschäftigten – allerdings einschließlich des Wirtschaftszweigs Haustür- und Automatenverkauf, der nicht in den von der DHV reklamierten Zuständigkeitsbereich fällt – auf eine Größenordnung von um die 175.000. 60 (c) Auch die Anzahl der Arbeitnehmer, die die DHV für ihren in § 2 Nr. 1 Punkt 7 der Satzung 2014 („Kliniken und Krankenhäuser in privatrechtlicher Rechtsform“) reklamierten Organisationsbereich zugrunde legt, ist zu niedrig angesetzt. Die Zuständigkeit der DHV beschränkt sich nicht, wie noch nach der Satzung 2012, auf „Private Kliniken und Krankenhäuser“, also Einrichtungen, die sich in privater Trägerschaft befinden (vgl. zur Unterscheidung zwischen öffentlicher, freigemeinnütziger und privater Trägerschaft etwa Quaas/Zuck/Clemens/Quaas Medizinrecht 4. Aufl. § 25 Rn. 76). Vielmehr erfasst ihr selbst gewählter Organisationsbereich alle Kliniken und Krankenhäuser – unabhängig von der Trägerschaft – in privatrechtlicher Rechtsform. Dass auch die DHV hiervon ausgeht, zeigt der Umstand, dass sie bei der Ermittlung der durch diese Zuständigkeit erfassten Arbeitnehmer diejenigen in Abzug bringt, die in einem vom Deutschen Roten Kreuz getragenen, jedoch privatrechtlich verfassten Krankenhaus tätig sind. Unter Zugrundelegung der – auch von der DHV herangezogenen – Daten des Statistischen Bundesamts (Fachserie 12 Reihe 6.1.1 Grunddaten der Krankenhäuser 2017 S. 8), nach denen sich etwa 37 vH der Krankenhäuser in privater und ungefähr 29 vH in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft befinden, von denen ungefähr 60 vH in privatrechtlicher Rechtsform geführt werden, ist davon auszugehen, dass dieser Teilbereich bei dort ausweislich der Statistik der Bundesagentur für Arbeit insgesamt etwa 1,5 Millionen beschäftigten Arbeitnehmern („Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen (WZ 2008)“ – Stand 30. Juni 2019) eine Größenordnung von nicht weniger als 800.000 Beschäftigten (anstatt der von der DHV behaupteten 453.400) umfasst. Dabei bleibt noch unberücksichtigt, dass nicht nur das von der DHV angeführte Deutsche Rote Kreuz, sondern auch andere freigemeinnützige Träger Krankenhäuser in privatrechtlicher Rechtsform unterhalten. 61 (d) Höher als von der DHV angegeben dürfte auch die Anzahl der Arbeitnehmer sein, die in ihre nach § 2 Nr. 2 der Satzung 2014 reklamierte Zuständigkeit fallen. Die DHV legt hier lediglich die sich aus den Daten des Statistischen Bundesamts (Fachserie 14 Reihe 6 Personal des öffentlichen Dienstes 2019 S. 66) ergebende Anzahl von Arbeitnehmern zugrunde, die – von insgesamt im kommunalen Bereich etwa 1,37 Millionen Beschäftigten – für die „Zentrale Verwaltung“ ausgewiesen ist. Dies verkennt, dass in den anderen in der Statistik aufgeführten Bereichen („Schule und Kultur“, „Soziales und Jugend“, „Gesundheit und Sport“ sowie „Gestaltung der Umwelt“) durchaus auch Arbeitnehmer in verwaltenden Berufen tätig sind. 62 (4) Eine ausreichende Durchsetzungsmacht wird der DHV auch nicht dadurch verliehen, dass sie in einem hinreichend beachtlichen Teil ihres Zuständigkeitsbereichs eine mitgliederbezogene Präsenz besitzt, die ausreichen würde, um sich in dem für eine angemessene Ordnung und Befriedung des Arbeitslebens erforderlichen Mindestumfang gegenüber dem sozialen Gegenspieler durchsetzen zu können. 63 (a) Die DHV verfügt – nach ihrem Bekunden – in den beiden Organisationsteilbereichen „Gesetzliche Krankenkassen“ (§ 2 Nr. 1 Punkt 4 der Satzung 2014) und „Privates und öffentlich-rechtliches Versicherungsgewerbe“ (§ 2 Nr. 1 Punkt 5 der Satzung 2014) über die höchsten Organisationsgrade von um die zwei Prozent bis etwa 2,3 vH. Selbst bei einer einheitlichen Betrachtung dieser beiden Teilbereiche sind dort allerdings nur weniger als 1/20 aller in die gewählte Gesamtzuständigkeit der DHV fallenden Arbeitnehmer beschäftigt. Hinzu kommt, dass es sich um fachlich eng umrissene Branchen mit einer überschaubaren Anzahl an sozialen Gegenspielern handelt. Damit bilden diese beiden Bereiche keinen ausreichend signifikanten Teil des insgesamt von der DHV beanspruchten Organisationsbereichs. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die DHV – nach ihren Angaben – dort etwa ein Drittel der normativ tarifgebundenen Arbeitnehmer organisiert. Der Anzahl der bei den gesetzlichen Krankenkassen und im Versicherungsgewerbe Beschäftigten kommt im Verhältnis zur Zahl der Arbeitnehmer, für die die DHV mit ihrer Satzung 2014 insgesamt eine Zuständigkeit reklamiert, nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Selbst wenn die DHV in diesen Branchen über eine soziale Mächtigkeit verfügen sollte, spricht nichts dafür, dass sich diese auch auf die gänzlich anderen in § 2 der Satzung 2014 genannten Wirtschaftszweige und Bereiche, die durch völlig abweichende Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen und damit Interessen einer Vielzahl anderer sozialer Gegenspieler gekennzeichnet sind, erstrecken könnte. 64 (b) Die höchste Mitgliederzahl (22.742) weist die DHV im Zuständigkeitsbereich Einzelhandel (§ 2 Nr. 1 Punkt 2 der Satzung 2014) aus. Nach ihren Mitteilungen hat sie bei insgesamt um die 2,26 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dort eine Mitgliederpräsenz von ungefähr einem Prozent. Unter Berücksichtigung nicht nur der sozialversicherungspflichtig, sondern auch der (ausschließlich) geringfügig Beschäftigten (etwa 600.000) beläuft sich die Zahl der in diesem Bereich tätigen Arbeitnehmer – auch ohne Berücksichtigung des Versand- und damit des Onlinehandels – auf um die 2,8 Millionen. Damit ergibt sich bei zutreffender Lesart des statistischen Zahlenmaterials eine Organisationsstärke der DHV in diesem Wirtschaftszweig von weniger als einem Prozent (etwa 0,8 vH). Auch wenn im Einzelhandel der Anteil derjenigen Arbeitnehmer, die einer Gewerkschaft angehören, nicht besonders hoch ist – die DHV gibt diesen selbst mit insgesamt 8 vH an – lässt die Zahl der bei ihr mitgliedschaftlich organisierten Beschäftigten vor dem Hintergrund der zahlreichen sozialen Gegenspieler im gesamten Einzelhandel nicht erkennen, dass die DHV damit im gesamten Teilbereich über eine soziale Mächtigkeit verfügen würde, die ihr bezogen auf die übrigen, völlig andersartigen Zuständigkeitsbereiche eine Tariffähigkeit vermittelt. Anhaltspunkte dafür, dass ihre Mitglieder in diesem Bereich ganz überwiegend Berufsgruppen angehören, die in wirtschaftlichen Schlüsselpositionen tätig und daher im Fall eines Arbeitskampfs nicht kurzfristig ersetzbar sind oder zumindest bei einem Ausfall einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden erzeugen würden, sind weder vorgebracht noch ersichtlich. 65 (c) Entsprechendes gilt für den – ebenfalls in § 2 Nr. 1 Punkt 3 der Satzung 2014 abgegrenzten und im Verhältnis zu den anderen reklamierten Zuständigkeiten abgrenzbaren – Teilbereich Großhandel. Nach Behauptung der DHV liegt ihr Organisationsgrad dort (ohne Berücksichtigung ausschließlich geringfügig Beschäftigter) bei um die 1,25 vH; von den (aufgerundet) 1,16 Millionen Arbeitnehmern, die in diesem Bereich arbeiten, sind ca. 14.500 bei ihr Mitglied. Unter Einbeziehung der (ausschließlich) geringfügig Beschäftigten (etwa 103.000) ergibt sich eine mitgliederbezogene Präsenz der DHV im Großhandel von etwa 1,15 vH. Selbst wenn in Betracht gezogen wird, dass im Großhandel nur ein geringer Prozentsatz der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert ist (nach Angaben der DHV beläuft er sich auf etwa 7 vH), vermag die niedrige Organisationsstärke der DHV in diesem Teilbereich ihre soziale Mächtigkeit nicht zu indizieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bereich Großhandel nur ca. 1/6 der Gesamtzuständigkeit der DHV ausmacht und damit – im Verhältnis zu ihrer insgesamt beanspruchten Zuständigkeit – keinen besonders bedeutsamen Teilbereich darstellt. Hinzu kommt, dass er sich durch eine größere Anzahl und Diversifikation der sozialen Gegenspieler auszeichnet. Angesichts dieser Umstände gewährleistet die mitgliedervermittelte Präsenz der DHV in diesem Bereich nicht, dass sie über eine Mächtigkeit verfügt, die es ihr ermöglicht, die Arbeitgeberseite unter ausreichenden Druck zu setzen. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Mitglieder der DHV in diesem Bereich in Funktionen tätig sind, deren Ausfall dem sozialen Gegenspieler im Fall eines Arbeitskampfs wegen ihrer jedenfalls kurzfristigen Unersetzbarkeit empfindliche wirtschaftliche Einbußen zufügen könnte. 66 (d) Eine auf den Bereich „Handel“ als Ganzes bezogene Würdigung führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar nimmt diese Branche einen erheblichen Teil der von der DHV insgesamt beanspruchten Zuständigkeit ein. Jedoch beliefe sich auch in einem derart zugeschnittenen Teil ihres Organisationsbereichs der Anteil der dort von ihr organisierten Arbeitnehmer – nach Bekunden der DHV – auf etwa ein Prozent; unter Berücksichtigung auch der (ausschließlich) geringfügig Beschäftigten sowie des Versandhandels beträgt er weniger als ein Prozent. Eine solch geringe mitgliedervermittelte Präsenz in diesem sich durch zahlreiche unterschiedliche Sozialpartner und verschiedenartige Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen auszeichnenden Bereich stellt kein ausreichendes Indiz dafür dar, dass die DHV dort in der Lage ist, hinreichend Druck auf die sozialen Gegenspieler auszuüben, um – ggf. auch gegen deren Willen – tarifliche Regelungen zu erzwingen, die den Interessen beider Seiten angemessen gerecht werden können. Entgegen der Ansicht der DHV kann einem derart konturierten Teilbereich „Handel“ auch nicht die von ihr reklamierte Zuständigkeit für die Fleischwarenindustrie (§ 2 Nr. 1 Punkt 12 der Satzung 2014) zugeordnet werden. Dieser Wirtschaftszweig ist maßgebend durch die industrielle Herstellung von – erst später veräußerten – Fleischwaren geprägt. Damit unterscheiden sich die wirtschaftliche Situation und die rechtlichen Rahmenbedingungen der produzierenden Unternehmen und damit auch die tatsächlichen Arbeitsbedingungen der dort tätigen Arbeitnehmer grundlegend von denjenigen des Handels. Aber selbst eine diesen Wirtschaftszweig integrierende Betrachtung ergäbe keine andere Bewertung. Die DHV hätte in diesem Bereich bei insgesamt etwa 4,1 Millionen dort tätigen Arbeitnehmern – ohne den Versandhandel – (aufgerundet) 38.000 Mitglieder und damit einen Organisationsgrad von unter einem Prozent. Angesichts der Diversität dieses Bereichs und der hohen Anzahl unterschiedlichster Sozialpartner, die dort agieren, ließe das auf keine hierauf bezogene hinreichende Organisationsstärke schließen. 67 (e) Die anderen in § 2 Nr. 1 der Satzung 2014 angeführten Branchen und Bereiche, die zum Teil von der DHV als „Leuchttürme“ ihrer Tarifarbeit bezeichnet werden, sind – ungeachtet der dort teilweise ohnehin nur geringen mitgliederbezogenen Präsenz der DHV – angesichts ihrer in Relation zum gesamten Organisationsbereich geringen Größe ebenfalls nicht geeignet, deren Tariffähigkeit zu indizieren. Dies gilt insbesondere für das Bankengewerbe (§ 2 Nr. 1 Punkt 1 der Satzung 2014), das – selbst bei Zugrundelegung der von der DHV vorgebrachten Größenangaben – nur ungefähr 1/12 der insgesamt von ihr beanspruchten Satzungszuständigkeit darstellt. Die DHV verfügt auch bei großzügiger Betrachtung in keinem hinreichend bedeutenden Zuständigkeitsbereich über eine Organisationsstärke, die signifikant genug wäre, um ihr für ihre jeweils im Übrigen beanspruchten Zuständigkeiten und damit insgesamt eine Tariffähigkeit zu vermitteln. 68 (f) Entgegen der Ansicht der DHV lassen ihre Mitgliederzahlen in den von ihr so genannten „Markenkernbereichen“ – zu denen sie die Banken, den Einzel- und Großhandel, die gesetzlichen Krankenkassen, das Versicherungsgewerbe, die Alten- und Behindertenpflege, die Krankenhäuser in privatrechtlicher Rechtsform und das Deutsche Rote Kreuz zählt – keinen Schluss auf eine dadurch vermittelte Durchsetzungsfähigkeit zu. Das Prinzip der Einheitlichkeit und Unteilbarkeit der Tariffähigkeit beruht auf der Erwartung, eine Arbeitnehmervereinigung, die in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs über eine Mächtigkeit verfügt, unterwerfe sich auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehlt, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite und sei daher insgesamt durchsetzungsfähig. Eine solche Annahme erfordert, dass der die Durchsetzungsmacht vermittelnde Teilbereich über eine hinreichende innere Kohärenz verfügt, die sich regelmäßig dadurch auszeichnet, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und damit auch die Arbeitsbedingungen in diesem Bereich vergleichbar sind. Bei einer auf verschiedene Branchen bezogenen Arbeitnehmerkoalition kann sich dies etwa daraus ergeben, dass sie in einer der von ihr beanspruchten Branchen – deren Größe gemessen an ihrem reklamierten Gesamtzuständigkeitsgebiet nicht unerheblich sein darf – über eine signifikante Repräsentanz verfügt. Beschränkt die Arbeitnehmerkoalition ihre Zuständigkeit auf einen bestimmten Wirtschafts- oder Berufszweig, kann sich ihre soziale Mächtigkeit auch daraus ableiten, dass sie in einem bestimmten räumlichen oder regionalen Teil desselben über eine Durchsetzungskraft verfügt. Der Zuschnitt des ggf. eine Tariffähigkeit vermittelnden Teilbereichs kann hingegen nicht beliebig konturiert werden; stets bedarf es eines inneren Zusammenhangs. Dies gilt vor allem dann, wenn sich – wie vorliegend – der Kreis der Arbeitgeber(verbände) als sozialer Gegenspieler wegen der Diversität der beanspruchten Zuständigkeiten erheblich heterogen zusammensetzt. Eine solche, alle Gebiete umfassende Kohärenz lassen die von der DHV angeführten „Markenkernbereiche“ nicht erkennen. Der bloße Umstand, dass dort – wie in einem Großteil aller Branchen und Wirtschaftszweige – auch Arbeitnehmer beschäftigt sind, die verwaltende oder kaufmännische Berufe ausüben, genügt hierfür nicht. 69 (g) Entsprechendes gilt, soweit die DHV eine Zuständigkeit für den – von ihr so bezeichneten – Bereich „Finanzdienstleistung“ (Banken, privates und öffentlich-rechtliches Versicherungsgewerbe und IT-Dienstleistungsunternehmen für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte) reklamiert. Die den einzelnen Branchen angehörenden Unternehmen und Institute agieren in einem grundlegend unterschiedlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeld. Die damit zum Teil erheblich anders gearteten Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen stehen einer Zusammenfassung entgegen. Gleiches gölte für einen – von der DHV angeführten – Zuständigkeitsbereich „Gesundheit“, zu dem sie die in § 2 Nr. 1 Punkt 4 („Gesetzliche Krankenkassen“), Punkt 6 („Einrichtungen der privaten Alten- und Behindertenpflege sowie der Jugendhilfe“), Punkt 7 („Kliniken und Krankenhäuser in privatrechtlicher Rechtsform“), Punkt 8 („Rettungsdienste“), Punkt 9 („Arbeiterwohlfahrt und Tochtergesellschaften“) und Punkt 10 („Deutsches Rotes Kreuz und Tochtergesellschaften“) der Satzung 2014 genannten Wirtschaftszweige und Arbeitgeber zählt. Ungeachtet dessen verfügte die DHV in keinem dieser derart zugeschnittenen Bereiche über eine Mitgliederstärke, die den Schluss darauf zulassen könnte, dass sie bezogen auf ihre insgesamt beanspruchte, inhomogene Zuständigkeit eine ausreichende mitgliedervermittelte Durchsetzungsfähigkeit hätte. 70 (5) Soweit der DHV noch weitere Mitglieder angehören, die entweder keiner Erwerbstätigkeit (mehr) oder einer außerhalb der – mit § 2 der Satzung 2014 beanspruchten – Zuständigkeit liegenden nachgehen, kommt dem bei einer Würdigung ihrer Durchsetzungsmacht keine maßgebliche Bedeutung zu. Zwar trägt auch diese Personengruppe ggf. durch ihre Sachkenntnis zur Unterstützung, jedenfalls aber durch ihre Mitgliedsbeiträge zur finanziellen Ausstattung der Arbeitnehmervereinigung bei, die wiederum über deren organisatorische Leistungsfähigkeit und auch darüber entscheidet, ob die Vereinigung in der Lage ist, die mit dem Abschluss von Tarifverträgen verbundenen finanziellen und personellen Lasten zu tragen (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 79, BAGE 163, 108; 5. Oktober 2010 – 1 ABR 88/09 – Rn. 39 mwN, BAGE 136, 1). Allerdings kommt es für die Frage, ob eine Arbeitnehmervereinigung überhaupt in der Lage ist, hinreichenden Druck auf den sozialen Gegenspieler aufzubauen, um Tarifverträge auszuhandeln, die den Interessen beider Seiten gerecht werden, entscheidend auf solche Mitglieder an, die – innerhalb der reklamierten Zuständigkeit der Vereinigung – im Arbeitsleben stehen. Ihre Anzahl oder Stellung bestimmt, ob eine Arbeitnehmerkoalition auf ihre jeweilige Gegenseite fühlbaren Druck ausüben kann. Die Gegen- und Gleichgewichtigkeit der Sozialpartner verlangt ein gegenseitiges Spiel der Kräfte, zu dem ein Druckpotential auf beiden Seiten gehört (vgl. BAG 14. März 1978 – 1 ABR 2/76 – zu III 2 der Gründe). Nur dieser „Druck- und Gegendruckfaktor“ gewährleistet die Herbeiführung eines Tarifvertrags, dem eine Angemessenheitsvermutung zukommen kann. 71 b) Auch den von der DHV geschlossenen Tarifverträgen vermag keine ausschlaggebende Indizwirkung für ihre mit der Satzung 2014 beanspruchte Tariffähigkeit zuzukommen. 72 aa) Hat das Gericht Zweifel an der hinreichenden, mitgliedervermittelten Durchsetzungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung, kann diese ausnahmsweise auch durch deren langjährige Teilnahme am Tarifgeschehen indiziert sein. Die eigene aktive und dauerhafte Beteiligung am Prozess der tariflichen Regelung von Arbeitsbedingungen im beanspruchten Zuständigkeitsbereich – oder in einem relevanten Teil davon – ist ein gewichtiger Beleg dafür, dass die Koalition von der Arbeitgeberseite wahr- und ernst genommen wird. Eine solche privilegierte Berücksichtigung der indiziellen Wirkung bereits geschlossener Tarifverträge kommt in typisierender Weise aber nur bei einer Arbeitnehmervereinigung in Betracht, die sich trotz eines marginalen Organisationsgrads langjährig am Tarifgeschehen beteiligt und hierdurch unter Beweis gestellt hat, dass sie von der Arbeitgeberseite dennoch nicht ignoriert werden konnte. Eine Indizwirkung für die soziale Mächtigkeit einer Arbeitnehmervereinigung allein und ausschließlich aufgrund der Anzahl der von ihr in der Vergangenheit geschlossenen Tarifverträge – ohne jegliche Berücksichtigung von Mitgliederzahlen – scheidet aus. Eine solche Sichtweise verbietet sich, weil aus dem Umstand des Abschlusses von Tarifverträgen – für sich gesehen – nur bedingt Schlüsse für die Tariffähigkeit als Abschlussvoraussetzung gezogen werden können (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 79 f. mwN, BAGE 163, 108). 73 bb) Die Annahme, dass bei einer langjährig am Tarifgeschehen beteiligten Arbeitnehmervereinigung deren Durchsetzungskraft gegenwarts- und zukunftsbezogen belegt ist, setzt voraus, dass es sich bei den in der Vergangenheit geschlossenen Tarifverträgen in nennenswerter Zahl um solche in einem von der Arbeitnehmerkoalition – jedenfalls im Wesentlichen – damals und nach wie vor beanspruchten Zuständigkeitsbereich handelt. Weil die Tariffähigkeit einheitlich und unteilbar ist, ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die bisherigen Tarifabschlüsse einen für den gegenwärtig beanspruchten Organisationsbereich relevanten Teil betreffen. Nur insoweit kann davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmervereinigung ein hinreichendes Gewicht besitzt, die Arbeitgeberseite zu Tarifvertragsverhandlungen und -abschlüssen zu veranlassen. Beansprucht eine langjährig in einem bestimmten Bereich am Tarifgeschehen beteiligte Arbeitnehmervereinigung nunmehr Zuständigkeiten in einem erheblich geänderten personellen, räumlichen und/oder fachlichen Zuständigkeitsbereich, der seinerseits für die Beurteilung ihrer Durchsetzungskraft und organisatorischen Leistungsfähigkeit von Bedeutung ist, ist die Zahl der im vormals anders gefassten Zuständigkeitsbereich geschlossenen Tarifverträge nicht maßgebend. Der durch die Anzahl geschlossener Tarifverträge belegten Wahrnehmung der Koalition durch den sozialen Gegenspieler kommt dann auch im Hinblick auf eine im neuen Bereich ganz wesentlich anders zusammengesetzte Arbeitgeberseite von vornherein kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Noch weniger vermittelt eine zuständigkeitsübersteigende Beteiligung am Prozess der tariflichen Regelung von Arbeitsbedingungen eine hinreichende Durchsetzungsmacht (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 81, BAGE 163, 108). 74 cc) Die Relativierung der Indizwirkung der bisherigen Teilnahme einer Arbeitnehmervereinigung am Tarifgeschehen im Fall einer erheblichen Änderung ihrer satzungsmäßigen Zuständigkeit beeinträchtigt nicht unverhältnismäßig deren durch Art. 9 Abs. 3 GG geschütztes Recht zur eigenverantwortlichen Festlegung desjenigen Bereichs, für den sie künftig bereit sein will, mit der Arbeitgeberseite die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu regeln. Erstreckt sie ihre bisherige Tarifzuständigkeit in einem erheblichen Maß auf Bereiche, in denen sie bisher – kraft eigenbestimmter Zuständigkeit – keine Arbeitnehmer organisieren konnte, liegt es an ihr, sich die Fähigkeit zu bewahren, auch für den erheblich geänderten Gesamtbereich in der Lage zu sein, tarifliche Regelungen auszuhandeln, die den Interessen beider Seiten gerecht werden (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 82, BAGE 163, 108). 75 dd) Danach kann den seit 1950 bis zum Inkrafttreten der Satzung 2014 von der DHV geschlossenen Tarifverträgen, die ihre langjährige Beteiligung am Tarifgeschehen bekunden, keine ausschlaggebende Indizwirkung für ihre seitdem beanspruchte Tariffähigkeit zukommen. Dies hat der Senat im Beschluss vom 26. Juni 2018 (- 1 ABR 37/16 – Rn. 83 bis 87, BAGE 163, 108) bereits ausführlich dargelegt. Die DHV hat Tarifverträge in wechselnden Zuständigkeiten und zudem signifikant außerhalb ihres Organisationsbereichs geschlossen. Nach ihrer Satzungshistorie fehlt es der DHV an der erforderlichen Homogenität und Kontinuität des selbst gewählten Tarifzuständigkeitsbereichs, die es rechtfertigen würden, in den im Zeitraum von 1950 bis zum Inkrafttreten der Satzung 2014 geschlossenen Tarifverträgen ein erheblich tragfähiges Zeugnis ihrer gegenwärtigen sozialen Mächtigkeit zu sehen (vgl. ausf. dazu BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 84 ff., aaO). Der hiergegen ua. von der DHV erhobene Einwand, bei den Tarifverträgen habe es sich überwiegend um solche in den von ihr damals und heute beanspruchten Zuständigkeiten für die Bereiche Banken, Handel, gesetzliche Krankenkassen und Versicherungen sowie für Arbeitnehmer in kaufmännisch-verwaltenden Berufen – ihrem „Markenkern“ – gehandelt, greift nicht durch. Er übersieht, dass sich die DHV in Folge ihrer fortlaufenden Satzungsänderungen sukzessive von einer strikt berufsgruppenbezogenen und damit branchenunabhängigen Arbeitnehmervereinigung zu einer Organisation gewandelt hat, die – wie das statistisch untermauerte Zahlenwerk zeigt – den ganz überwiegenden Schwerpunkt ihres selbst gewählten Zuständigkeitsbereichs nunmehr berufsgruppenunabhängig auf unterschiedlichste Wirtschaftszweige oder ausgewählte Teile davon erstreckt. Der jetzige Organisationsbereich der DHV nach ihrer Satzung 2014 ist erheblich disparat zusammengesetzt und zeichnet sich durch eine Vielzahl verschiedenster Bereiche aus. Eine derartige Entwicklung von einer ausschließlich berufsgruppenbezogen ausgerichteten Zuständigkeit zu einer diverse Wirtschaftszweige oder Teile davon umfassenden schließt die Annahme aus, die früheren Tarifvertragsabschlüsse der DHV betrafen einen für den gegenwärtig beanspruchten Organisationsbereich relevanten Teil. Eine solche Relevanz kann nur gegeben sein, wenn sich die langjährig in der Vergangenheit erfolgte Teilnahme einer Arbeitnehmerorganisation am Tarifgeschehen ganz überwiegend auf die von ihr damals wie heute weitgehend identisch beanspruchte – fachliche und persönliche – Zuständigkeit bezieht. 76 ee) Die seit Inkrafttreten der Satzung 2014 von der DHV erzielten Tarifabschlüsse vermögen ihre Tariffähigkeit für die Zeit ab dem 21. April 2015 ebenfalls nicht zu belegen. Nach Angaben der DHV handelt es sich hierbei neben einigen Zuordnungstarifverträgen iSd. § 3 Abs. 1 BetrVG – denen eine relevante indizielle Bedeutung für die Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmervereinigung bereits deshalb kaum zukommt, weil sie gleichermaßen im Interesse des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer liegen können (vgl. schon BAG 14. Dezember 2004 – 1 ABR 51/03 – zu B III 2 e bb (2) der Gründe, BAGE 113, 82; 6. Juni 2000 – 1 ABR 10/99 – zu B II 2 b aa (2) der Gründe, BAGE 95, 36) – und lediglich schuldrechtlich wirkenden Verhandlungsverpflichtungen um ungefähr 580 tarifliche Vereinbarungen (einschließlich der hierzu jeweils am selben Tag mit demselben sozialen Gegenspieler geschlossenen und daher indiziell nicht gesondert zu berücksichtigenden Anlagen bzw. deren Änderungen), die bis Ende 2020 getroffen wurden. 77 (1) Diese Tarifabschlüsse vermögen – trotz ihrer Anzahl – die soziale Mächtigkeit der DHV schon deshalb nicht zu indizieren, weil eine mitgliedervermittelte Durchsetzungsmacht bezogen auf ihre insgesamt oder in relevanten Teilbereichen nach der Satzung 2014 beanspruchte Zuständigkeit nicht ersichtlich ist. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie ist nur dann gewährleistet, wenn nicht bloß die Arbeitgeber-, sondern auch die Arbeitnehmerseite in der Lage ist, einen hinreichenden Druck auszuüben. Fehlt es hieran, weil die Arbeitnehmervereinigung in einem relevanten Teilbereich ihrer Zuständigkeit nicht über eine mitgliederbezogene Durchsetzungskraft verfügt, können auch die mit dem sozialen Gegenspieler geschlossenen Vereinbarungen nicht den Beleg dafür erbringen, dass sie die notwendige soziale Mächtigkeit besitzt. Ohne ausreichendes Druckpotential besteht das Risiko, dass die Arbeitgeberseite auf das Verhandlungsangebot einer Arbeitnehmervereinigung bloß deshalb eingeht, um die Arbeitsbedingungen der nichtorganisierten Arbeitnehmer durch vertragliche Bezugnahmeklausel auf die tariflichen Bestimmungen zu regeln und sie damit nach § 310 Abs. 4 BGB einer Angemessenheitskontrolle zu entziehen. 78 (2) Im Übrigen verschließen sich die von der DHV seit Februar 2015 geschlossenen Tarifverträge einer Belegwirkung für deren soziale Mächtigkeit für die Zeit ab dem 21. April 2015 auch deshalb, weil sie erst nach Inkrafttreten der Satzung 2014 zustande gekommen sind und sich demnach auf einen zeitlich überschaubaren Zeitraum beziehen. Grundsätzlich kann die Durchsetzungskraft einer Arbeitnehmerorganisation gegenwarts- und zukunftsbezogen nur ausnahmsweise durch eine dauerhafte, über mehrere Jahrzehnte in der Vergangenheit erfolgte Beteiligung am Prozess der tariflichen Regelung von Arbeitsbedingungen indiziert werden. Eine Tariffähigkeit entsteht nicht durch den Abschluss von Tarifverträgen, sondern ist für deren Wirksamkeit Voraussetzung (vgl. auch BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 80, BAGE 163, 108). Aus der Vereinbarung von Tarifverträgen kann daher für sich genommen nicht der Schluss gezogen werden, dass die Arbeitnehmerkoalition zu diesem Zeitpunkt auch tariffähig ist; dazu bedarf es vielmehr einer erheblichen zeitlichen Kontinuität, die ausschließt, dass die Arbeitnehmervereinigung nur um den Abschluss eines Tarifvertrags zu erwirken, sich dem Willen der Arbeitgeberseite unterwirft. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den genannten Tarifverträgen um solche handelt, die nach Einleitung des Verfahrens zur Feststellung der Tariffähigkeit iSv. § 97 ArbGG geschlossen wurden. Derartigen Tarifabschlüssen kann bei einer Arbeitnehmervereinigung, die – wie vorliegend die DHV – über eine nicht hinreichende, mitgliedervermittelte Organisationsstärke verfügt, keine ausschlaggebende Indizwirkung für deren soziale Mächtigkeit zukommen. Mit der grundrechtlichen Garantie der Tarifautonomie wird den Tarifpartnern ein Freiraum eingeräumt, in dem sie ihre Interessengegensätze in eigener Verantwortung austragen können und die Möglichkeit haben – im Sinne der Tarifverträgen zukommenden Angemessenheitsvermutung – sinnvolle Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Ziel des damit verbürgten kollektiven Vertragssystems ist es, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer zu überwinden. Die ausschlaggebende Berücksichtigung auch solcher Tarifverträge, die eine in ihrem beanspruchten Organisationsbereich nicht ausreichend repräsentierte Arbeitnehmervereinigung während eines laufenden Verfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG schließt, birgt typischerweise die Gefahr, dass diese sich auf deren Abschluss bereits deswegen einlässt, weil sie sich hiervon eine indizielle Bedeutung für den Ausgang des Tariffähigkeitsverfahrens verspricht. Käme solchen Tarifabschlüssen entscheidende Indizwirkung für eine soziale Mächtigkeit der Arbeitnehmerkoalition zu, könnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie beeinträchtigt würde. 79 c) Entgegen der Ansicht der DHV ist auch ihr sonstiges Vorbringen nicht geeignet, ihre soziale Mächtigkeit zu belegen. 80 aa) Im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung können die von ihr angeführten, bei Betriebsrats-, Personalrats- und Aufsichtsratswahlen errungenen Mandate nicht berücksichtigt werden. Denn diese besagen nichts über die Verbandsmacht der DHV (vgl. für Betriebsratsmandate BAG 14. März 1978 – 1 ABR 2/76 – zu IV 6 der Gründe), welche sich nicht betriebs- oder dienststellenbezogen bemisst und angesichts der Satzung 2014 auch nicht unternehmensbezogen determiniert ist (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 97, BAGE 163, 108). 81 bb) Auch die Berufung von Mitgliedern der DHV zu ehrenamtlichen Richtern in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit lässt keine Rückschlüsse auf ihre Tariffähigkeit zu. Dies folgt schon daraus, dass hierfür nach § 20 Abs. 2 ArbGG, § 14 Abs. 1 Satz 2 SGG neben Gewerkschaften auch selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung vorschlagsberechtigt sind (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 97, BAGE 163, 108). 82 cc) Die Mitgliedschaften der DHV in der europäischen Organisation CESI („Confédération Européenne des Syndicats Indépendants“ – Europäische Union der Unabhängigen Gewerkschaften) und der Weltorganisation der Arbeitnehmer (WOW – „World Organization of Workers“) geben für die nach nationalem Recht zu entscheidende Frage, ob sie eine tariffähige Arbeitnehmerkoalition ist, ebenfalls nichts her (vgl. BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 97, BAGE 163, 108). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Mitgliedschaften die DHV befähigen würden, bei Tarifverhandlungen in der Bundesrepublik Deutschland einen ausreichenden Druck ausüben zu können (vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 – 1 BvR 404/78 – zu B I 3 f der Gründe, BVerfGE 58, 233). 83 dd) Keine Aussagekraft über die Durchsetzungsmächtigkeit hat zudem die von der DHV vorgebrachte Anerkennung ihrer Gewerkschaftseigenschaft durch Vertreter oder Repräsentanten von Regierungen und Parteien. Die Tariffähigkeit muss tatsächlich vorliegen. Subjektive Einschätzungen oder politische Anerkennungen sind ohne Bedeutung (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 97, BAGE 163, 108). 84 ee) Kein Beleg für die soziale Mächtigkeit der DHV sind schließlich die von ihr angeführten Betriebs- und Bundesfachgruppen, die unterschiedlichen von ihr herausgegebenen Informationsmaterialien sowie ihre sonstigen – zum Teil für bestimmte Bereiche bzw. einzelne Arbeitgeber ausführlich dargelegten – „gewerkschaftlichen“ Aktivitäten. Auch diese ermöglichen – ebenso wie ihre ehrenamtlichen Funktionsträger und Multiplikatoren – keine Rückschlüsse auf eine hinreichende Durchsetzungsfähigkeit der DHV im Sinne einer Verbandsmacht gegenüber den tariflichen Gegenspielern. 85 6. Soweit der Beteiligte zu 11. – wie sein Verfahrensbevollmächtigter in der Anhörung vor dem Senat klargestellt hat – mit seinem Verlangen, die fehlende Tariffähigkeit der DHV erst mit Rechtskraft der Entscheidung des Senats festzustellen, eine Gewährung von Vertrauensschutz für seine Mitglieder erstrebt, blieb dies erfolglos. Zwar handelte es sich bei diesem erstmals in der Rechtsbeschwerde hilfsweise angebrachten Begehren nicht um eine unzulässige Erweiterung des Verfahrensgegenstands. Denn der auf die Feststellung der Tarifunfähigkeit ab einem bestimmten – vor dem Schluss der letzten mündlichen Anhörung vor Gericht liegenden – Zeitpunkt gerichtete Antrag umfasst als Weniger immer die Prüfung, ob die Tariffähigkeit ggf. erst ab einem späteren Zeitpunkt und damit spätestens mit Rechtskraft der letztinstanzlichen Entscheidung fehlt. Die Gewährung von Vertrauensschutz für eine Tariffähigkeit der DHV vom 21. April 2015 bis zur zweiten Anhörung vor dem Senat am 22. Juni 2021 schied aber schon deshalb aus, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Ein Vertrauenstatbestand kann allenfalls durch eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung begründet werden (vgl. ausf. dazu BAG 12. Juni 2019 – 7 AZR 477/17 – Rn. 33). Hieran fehlt es. Zudem wäre ein etwaiges Vertrauen in die Tariffähigkeit der DHV bis zur Entscheidung des Senats nicht schutzwürdig, da das vorliegende Verfahren bereits seit 2013 rechtshängig war. 86 V. Das Verfahren war nicht im Hinblick auf die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 GG oder die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV auszusetzen. 87 1. Die Voraussetzungen eines Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG liegen weder in Bezug auf die höchstrichterlichen Grundsätze zu den Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung noch hinsichtlich § 97 iVm. § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG vor. Dies hat der Senat in seinem das vorliegende Verfahren betreffenden Beschluss vom 26. Juni 2018 (- 1 ABR 37/16 – Rn. 99 bis 104, BAGE 163, 108) bereits ausführlich begründet. Die Rechtsbeschwerdeführer bzw. der Beteiligte zu 6. haben nach der Zurückverweisung des Verfahrens an das Beschwerdegericht keine neuen Erwägungen vorgebracht, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. 88 2. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (Gerichtshof) nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist ebenfalls nicht geboten (siehe dazu auch schon BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 105 bis 108, BAGE 163, 108). 89 a) Eine Vorlagepflicht des Senats als national letztinstanzlichem Gericht besteht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV, wenn sich in dem Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, diese entscheidungserheblich ist und nicht bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war („acte éclairé“) oder die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt („acte clair“) (vgl. EuGH 15. September 2005 – C-495/03 – [Intermodal Transports] Rn. 33). Unterfällt ein Sachverhalt nicht dem Unionsrecht und geht es auch nicht um die Anwendung nationaler Regelungen, mit denen Unionsrecht durchgeführt wird, ist der Gerichtshof nicht zuständig (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – Rn. 106 mwN, BAGE 163, 108). Dessen Zuständigkeit beschränkt sich auf die Prüfung der Bestimmungen des Unionsrechts (EuGH 1. März 2011 – C-457/09 – [Chartry] Rn. 21 ff.). Als Anknüpfungspunkt kommt grundsätzlich das gesamte unionsrechtliche Primär- und Sekundärrecht in Betracht (BAG 26. Juni 2018 – 1 ABR 37/16 – aaO). 90 b) Danach fehlt es vorliegend an einem unionsrechtlichen Anknüpfungspunkt. Das Verfahren wirft keine entscheidungserhebliche unionsrechtliche Rechtsfrage auf. Sofern das insoweit vom Beteiligten zu 11. angeregte Vorabentscheidungsersuchen sich auch auf Art. 28 GRC beziehen sollte, findet diese unionsrechtliche Vorgabe – wie bereits ausgeführt – keine Anwendung. 91 VI. Die von den Rechtsbeschwerdeführern erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. 92 1. Die Voraussetzungen des nach § 93 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG auch im Beschlussverfahren anwendbaren absoluten „Revisions“grunds nach § 547 Nr. 6 ZPO liegen nicht vor. Entgegen der Ansicht der DHV stellt der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts keine Entscheidung ohne Gründe dar. Eine Entscheidung ist iSd. § 547 Nr. 6 ZPO nur dann „nicht mit Gründen versehen“, wenn aus ihr nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren oder auf welchen Überlegungen diese beruht (vgl. etwa BAG 21. Oktober 2014 – 1 ABR 10/13 – Rn. 11 mwN). Das ist vorliegend nicht der Fall. 93 2. Die vom Beteiligten zu 11. erhobene Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen Zustellung der von der DHV eingereichten Rechtsbeschwerdebegründung erst am Tag des Fristablaufs zur Begründung der von ihm eingelegten Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Ungeachtet dessen, dass sich der Beteiligte zu 11. den Inhalt der Rechtsbeschwerdebegründung der DHV ausdrücklich zu eigen gemacht hat, war es ihm nicht verwehrt, hierzu noch nach Fristablauf Stellung zu nehmen. 94 3. Auf die übrigen von der DHV erhobenen Verfahrensrügen gegen die angefochtene Entscheidung kam es nach alledem nicht mehr an.              Schmidt                  K. Schmidt                  Ahrendt                                    Hayen                  Dr. Ronny Schimmer" bag_16-21,24.06.2021,"24.06.2021 16/21 - Gesetzlicher Mindestlohn für entsandte ausländische Betreuungskräfte in Privathaushalten Nach Deutschland in einen Privathaushalt entsandte ausländische Betreuungskräfte haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für geleistete Arbeitsstunden. Dazu gehört auch Bereitschaftsdienst. Ein solcher kann darin bestehen, dass die Betreuungskraft im Haushalt der zu betreuenden Person wohnen muss und grundsätzlich verpflichtet ist, zu allen Tag- und Nachtstunden bei Bedarf Arbeit zu leisten. Die Klägerin ist bulgarische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Bulgarien. Sie war seit April 2015 bei der Beklagten, einem Unternehmen mit Sitz in Bulgarien, als Sozialassistentin beschäftigt. In dem in bulgarischer Sprache abgefassten Arbeitsvertrag ist eine Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich vereinbart, wobei Samstag und Sonntag arbeitsfrei sein sollten. Die Klägerin wurde nach Berlin entsandt und arbeitete gegen eine Nettovergütung von 950,00 Euro monatlich im Haushalt der über 90-jährigen zu betreuenden Person, bei der sie auch ein Zimmer bewohnte. Ihre Aufgaben umfassten neben Haushaltstätigkeiten (wie Einkaufen, Kochen, Putzen etc.) eine „Grundversorgung“ (wie Hilfe bei der Hygiene, beim Ankleiden etc.) und soziale Aufgaben (zB Gesellschaft leisten, Ansprache, gemeinsame Interessenverfolgung). Der Einsatz der Klägerin erfolgte auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrags, in dem sich die Beklagte gegenüber der zu betreuenden Person verpflichtete, die aufgeführten Betreuungsleistungen durch ihre Mitarbeiter in deren Haushalt zu erbringen. Mit ihrer im August 2018 erhobenen Klage hat die Klägerin unter Berufung auf das Mindestlohngesetz (MiLoG) weitere Vergütung verlangt. Sie hat geltend gemacht, bei der Betreuung nicht nur 30 Wochenstunden, sondern rund um die Uhr gearbeitet zu haben oder in Bereitschaft gewesen zu sein. Selbst nachts habe die Tür zu ihrem Zimmer offenbleiben müssen, damit sie auf Rufen der zu betreuenden Person dieser – etwa zum Gang auf die Toilette – Hilfe habe leisten können. Für den Zeitraum Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015 hat die Klägerin zuletzt die Zahlung von 42.636,00 Euro brutto abzüglich erhaltener 6.680,00 Euro netto nebst Prozesszinsen begehrt. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, sie schulde den gesetzlichen Mindestlohn nur für die arbeitsvertraglich vereinbarten 30 Wochenstunden. In dieser Zeit hätten die der Klägerin obliegenden Aufgaben ohne Weiteres erledigt werden können. Bereitschaftsdienst sei nicht vereinbart gewesen. Sollte die Klägerin tatsächlich mehr gearbeitet haben, sei dies nicht auf Veranlassung der Beklagten erfolgt. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage überwiegend entsprochen und ist im Wege einer Schätzung von einer Arbeitszeit von 21 Stunden kalendertäglich ausgegangen. Hiergegen richten sich die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin mit Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass die Verpflichtung zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns nach § 20 iVm. § 1 MiLoG auch ausländische Arbeitgeber trifft, wenn sie Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden. Hierbei handelt es sich um Eingriffsnormen iSv. Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO, die unabhängig davon gelten, ob ansonsten auf das Arbeitsverhältnis deutsches oder ausländisches Recht Anwendung findet. Die Revision der Beklagten rügt jedoch mit Erfolg, das Berufungsgericht habe ihren Vortrag zum Umfang der geleisteten Arbeit nicht ausreichend gewürdigt und deshalb unzutreffend angenommen, die tägliche Arbeitszeit der Klägerin habe unter Einschluss von Zeiten des Bereitschaftsdienstes 21 Stunden betragen. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht in den Blick genommen, dass aufgrund des zwischen der Beklagten und der zu betreuenden Person geschlossenen Dienstleistungsvertrags eine 24-Stunden-Betreuung durch die Klägerin vorgesehen war. Es hat jedoch rechtsfehlerhaft bei der nach § 286 ZPO gebotenen Würdigung des gesamten Parteivortrags den Hinweis der Beklagten auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 30 Stunden/Woche nicht berücksichtigt, sondern hierin ein rechtsmissbräuchliches widersprüchliches Verhalten gesehen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils. Auch die Anschlussrevision der Klägerin ist begründet. Für die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe geschätzt täglich drei Stunden Freizeit gehabt, fehlt es bislang an ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten, so dass auch aus diesem Grund das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben ist. Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um insoweit den Sachverhalt weiter aufzuklären, den Vortrag der Parteien umfassend zu würdigen und festzustellen, in welchem Umfang die Klägerin Vollarbeit oder Bereitschaftsdienst leisten musste und wie viele Stunden Freizeit sie hatte. Dass die Klägerin mehr als die im Arbeitsvertrag angegebenen 30 Stunden/Woche zu arbeiten hatte, dürfte – nach Aktenlage – nicht fernliegend sein. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Juni 2021 – 5 AZR 505/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. August 2020 – 21 Sa 1900/19 –","Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. August 2020 – 21 Sa 1900/19 – aufgehoben. 2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Leitsatz Nach Deutschland in einen Privathaushalt entsandte ausländische Betreuungskräfte haben, soweit nicht der Anwendungsbereich der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche eröffnet ist, Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Bereitschaftsdienst. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über Differenzvergütung nach dem Mindestlohngesetz für den Zeitraum Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015. 2 Die Klägerin ist bulgarische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Bulgarien. Sie schloss mit der Beklagten, einem Unternehmen mit Sitz in Bulgarien, unter dem 8. April 2015 einen in bulgarischer Sprache abgefassten Arbeitsvertrag, der in deutscher Übersetzung auszugsweise lautet:        „Ab 15.04.2015:                   1.     Das Unternehmen beauftragt den Arbeitnehmer mit der Aufgabe, in P, K, Wohnanlage I, Block, Eingang A, Beschäftigungsort: K, Wohnanlage I, Block, Eingang A, Dienstposten – Sozialassistent auszuführen, Code nach dem Nationalen Klassifikator der Dienstposten: 53221003, Arbeitskategorie – drei, mit Probezeit von 6 Monaten, Teilarbeitszeit – 6 Stunden, pro Woche – 30 Stunden bei den Bedingungen der summierten Abrechnung der Arbeitszeit.                                     Grundstundenbelohnung – 16.62 BGN für jede von dem Arbeitnehmer abgediente Stunde.                                     …                          Die Vergütung wird jeden Monat mit einer Frist bis zum letzten Arbeitstag des Monats, der den Monat, für welche sie gezahlt wird, ausbezahlt.                   Charakter der Arbeit – laut Dienstcharakteristik, die unzertrennlicher Teil des Arbeitsvertrages ist.                            2.     Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, mit der Arbeit am 15.04.2015 zu beginnen.                            3.     Die Kündigungsfrist bei Beendigen des Arbeitsvertrages wird auf 30 Tage festgelegt und ist gleich für die beiden Vertragsseiten.                            4.     Höhe des bezahlten Jahresurlaub – 20 Arbeitstage                            5.     Sonstige Bedingungen des Arbeitsvertrages:                                     –        Die Probezeit ist zu Gunsten des Arbeitgebers,                                     –        Dem Arbeitnehmer wird für Teilzeitarbeit je 16,62 BGN pro Stunde bezahlt, wobei jeden Tag die Teilzeitbeschäftigung abgerechnet, auf Grundlage welcher die Monatsvergütung bestimmt wird.                            6.     Für die in diesem Vertrag unerledigten Fragen werden die Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches, der normativen Akten zu seiner Anwendung, der kollektiven Arbeitsvertrag, der Hausordnung des Unternehmens, der Dienstcharakteristik und der Firmenregel für die Arbeitsvergütung angewendet.“          3 Unter dem 15. April 2015 unterschrieb die Klägerin eine „Erklärung“, wonach sie ua. zur Kenntnis genommen habe, dass ihre „Netto-Endvergütung“ für einen vollen Monat 950,00 Euro betrage. Des Weiteren unterzeichnete sie am selben Tag eine „Vereinbarung“, die übersetzt auszugsweise lautet:        „VEREINBARUNG ZUSTIMMUNG          bezüglich der Entsendung von          D                 1. Ich bin damit einverstanden, in der Republik Deutschland an einem 6-Stunden-Arbeitstag mit einer täglichen Ruhezeit von 60 Minuten und einer wöchentlichen Ruhezeit von 2 Arbeitstagen – Samstag und Sonntag – zu arbeiten.          …                 4. Ich bin mit der Bedingung einverstanden, keine Überstunden zu machen.“ 4 Die Klägerin wurde nach Berlin entsandt und arbeitete im Haushalt der über 90-jährigen zu betreuenden Person, bei der sie auch ein Zimmer bewohnte. Ihre Aufgaben umfassten neben Haushaltstätigkeiten (wie Einkaufen, Kochen, Putzen etc.) eine „Grundversorgung“ (wie Hilfe bei der Hygiene, beim Ankleiden ua.) und soziale Aufgaben (zB Gesellschaft leisten, Ansprache, gemeinsame Interessenverfolgung). Dem zugrunde lag ein auf Vermittlung der Deutschen S, einer in Deutschland ansässigen Agentur, zwischen der Beklagten und der zu betreuenden Person – für diese handelnd deren Sohn – geschlossener Dienstleistungsvertrag, der auszugsweise folgende Regelungen enthält:        „§ 1 Allgemeine Bestimmungen          …                 (2) Der Leistungsgeber sorgt dafür, dass seine entsendeten Arbeitnehmer pünktlich und gewissenhaft ihren Dienst versehen, sowie über die Anforderungen des Leistungsnehmers/Leistungsempfängers informiert sind.                   …                                   (5) Der Leistungsnehmer versichert, keine Weisungen zur Art und Weise der zu erledigenden Aufgaben des entsandten Mitarbeiters auszuüben. Dieses darf nur der Leistungsgeber. Änderungen können nur nach Absprache mit dem Leistungsgeber erfolgen. Die Nichtbeachtung kann dazu führen, dass der Mitarbeiter als Arbeitnehmer/-in des Leistungsnehmers bzw. Leistungsempfängers angesehen wird.                   …                                   § 2 Leistungsbeschreibung                   Der Leistungsgeber verpflichtet sich, durch seine Mitarbeiter für die oben bestimmte Zeit und nach der konkreten Bedarfserhebung (Grundlage ist der durch den Leistungsnehmer beim Vermittler ‚Deutsche S‘ eingereichte Erhebungs-/Fragebogen, welcher von diesem an den Leistungsgeber weitergeleitet wurde) Dienstleistungen für den Leistungsnehmer im oben genannten Haushalt zu erbringen. Der Leistungsumfang bezieht sich auch auf nachfolgende Tätigkeiten:                   –        Hilfe bei der Ausübung der alltäglichen Aktivitäten                   –        Haushaltstätigkeiten wie Aufräumen, Waschen, Nahrungszubereitung etc.                   –        Mit der Betreuung und der Ernährung verbundene Einkäufe                   –        Terminvereinbarung mit Ärzten und Begleitung zu Arztterminen (falls die Sprachkenntnisse hierfür ausreichend sind)                   –        Hilfe beim Verlassen der Wohnräume (Spaziergänge, Termine etc.)                   –        Soziale Aufgaben (Gesellschaft leisten, Ansprache, Kommunikation, gemeinsame Interessenverfolgung etc.)                   –        Grundversorgung (Hilfe bei der Hygiene, beim Ankleiden etc.) solange es sich hierbei nicht um den überwiegenden Teil der Leistungserbringung handelt.                   –        Sowie weitere Tätigkeiten, die nach der Anerkennung, Qualifikation und Erfahrung des Personals für die Sicherung der ordentlichen Betreuung des Auftraggebers notwendig sind.                   Ausdrücklich ausgenommen von den Leistungen sind schwere Garten- und Feldarbeiten, medizinische Dienstleistungen und professionelle pflegerische Tätigkeiten der Behandlungspflege, die eine Fachausbildung erfordern, wie zum Beispiel Injektionen oder Verbandswechsel.                   § 3 Unterbringung / Verpflegung / Zutrittsrecht / Freizeitregelung                   (1) Der Leistungsnehmer stellt dem Mitarbeiter ein Zimmer zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. …                   (2) Der Leistungsnehmer sorgt für angemessene Verpflegung in normal üblicher Qualität und ausreichender Quantität. Die Verpflegungs- und Unterkunftskosten werden nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern wurden bei Verhandlungen und Vereinbarung der Vergütung berücksichtigt und einkalkuliert.                   …                                   (4) Die Freizeit-/Pausenregelung erfolgt nach gegenseitiger Absprache bzw. entsprechend den Vereinbarungen im Fragebogen, sowie unter Berücksichtigung der Betreuungssituation vor Ort.“          5 In dem in § 2 Dienstleistungsvertrag erwähnten Erhebungs-/Fragebogen ist auszugsweise Folgendes angegeben:        „Angedachter Einsatz:          –        24 Stunden Betreuung/Pflege                   …                                   Folgende Tätigkeiten sind für die betreuungsbed./pflegebed. Person zu leisten:                   –        Körperpflege im Bett, Zubereitung von Frühstück, Mittag, Vesper, Abendessen                   Hilfestellung beim Essen und Trinken                            Windelkontrolle und Wechsel                            Wäsche Waschen                            Einkaufen                            Andere Aufgabenbereiche:                   –        Einkaufen                   –        Kochen                   –        Putzen                   –        Waschen                   –        Bügeln                   Weitere Angaben zur pflegebedürftigen Person:                   –        leidet an Altersschwäche                   –        Pflegestufe: 2                   Wie kann der Zustand der pflegebedürftigen Person beschrieben werden:                   –        geistig und körperlich krank                   –        Altersdemenz: Nein                   –        Nachtwachen notwendig: Ja                   Umfang: Nach Bedarf                   –        Inkontinent: Nein                   –        Kommt ambul. Pflegedienst: Ja                   Aufgaben: med. Betreuung“          6 Vom 15. bis zum 30. April 2015 und vom 1. bis zum 30. September 2015 hielt sich die Klägerin in Absprache mit der Beklagten in Bulgarien auf und erhielt für diese Zeit weder Vergütung noch Urlaubsentgelt. Während ihrer Abwesenheit im September 2015 wurde sie bei der zu betreuenden Person von einer ebenfalls aus Bulgarien entsandten Arbeitnehmerin der Beklagten, die zu dieser Zeit mit einem Deputat von 35 Wochenstunden beschäftigt war, vertreten. Für geleistete Arbeit in den Monaten Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015 erhielt die Klägerin eine Vergütung von 950,00 Euro netto monatlich sowie weitere 30,00 Euro netto für zwei Feiertage im Dezember 2015, insgesamt 6.680,00 Euro netto. 7 Auf eine Nachfrage des Sohns der zu betreuenden Person teilte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 6. Juli 2016 mit, „der Arbeitnehmer verfügt über einen freien Tag in der Woche“, wobei dies „ein ganzer Tag“ oder „stundenweise durch die ganze Woche verteilt“ sein könne, je nach Kundenbedarf und gegenseitiger Absprache mit dem Assistenten. 8 Nachdem das Arbeitsverhältnis der Parteien Ende September 2016 endete, hat die Klägerin mit gewerkschaftlicher Hilfe im Oktober 2016 gegenüber der Beklagten, der Deutschen S und dem Sohn der zu betreuenden Person erfolglos weitere Vergütung nach dem Mindestlohngesetz geltend gemacht. 9 Mit ihrer im August 2018 anhängig gemachten und der Beklagten am 20. November 2018 zugestellten Klage hat die Klägerin Urlaubsentgelt für die Zeit vom 15. bis zum 30. April 2015 und Vergütung für geleistete Arbeit für den Zeitraum 1. Mai bis zum 31. August 2015 und 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2015 auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns von – damals – 8,50 Euro brutto verlangt. Sie hat vorgetragen, nicht nur 30 Wochenstunden, sondern rund um die Uhr gearbeitet zu haben oder in Bereitschaft gewesen zu sein. Sie habe die zu betreuende Person an sieben Tagen pro Woche gegen 6:30 Uhr geweckt und sei dann bis zur Nachtruhe zwischen 22:00 und 23:00 Uhr tätig gewesen. So habe sie der zu betreuenden Person beim Anziehen sowie der Morgen- und Abendpflege geholfen, die Mahlzeiten zubereitet, Einkäufe erledigt und den Haushalt versorgt. Des Weiteren habe sie die zu betreuende Person beim Spazierengehen begleitet und ihr auch sonst Gesellschaft geleistet. Nachts habe die Türe ihres Zimmers offen bleiben müssen, damit sie auf Zuruf der zu betreuenden Person habe Hilfe leisten können. Die Klägerin hat gemeint, abzüglich der im Streitzeitraum erhaltenen 6.680,00 Euro netto stehe ihr der gesetzliche Mindestlohn für 24 Stunden je Arbeitstag für – unter Einschluss eines Erholungsurlaubs vom 15. bis zum 30. April 2015 – insgesamt 231 Kalendertage zu. 10 Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,        die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 47.124,00 Euro brutto abzüglich 6.680,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen. 11 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, sie schulde den gesetzlichen Mindestlohn nur für die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden. In dieser Zeit hätten die der Klägerin obliegenden Aufgaben ohne Weiteres erledigt werden können. Bereitschaftsdienst sei nicht vereinbart gewesen. Sollte die Klägerin tatsächlich mehr gearbeitet haben, sei dies nicht auf Veranlassung der Beklagten erfolgt. Die Klägerin habe sie auch nicht davon unterrichtet, dass sie entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mehr als 30 Wochenstunden arbeite. 12 Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Urlaubsentgelt abgewiesen und der Klägerin für geleistete Arbeit ausgehend von einer Arbeitszeit von 24 Stunden arbeitstäglich und 209 Arbeitstagen insgesamt 42.636,00 Euro brutto abzüglich erhaltener 6.680,00 Euro netto nebst Prozesszinsen zugesprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Ersturteil teilweise abgeändert und der Klage – ausgehend von einer geschätzten Arbeitszeit von 21 Stunden arbeitstäglich und 215 Arbeitstagen – in Höhe von 38.377,50 Euro brutto abzüglich 6.680,00 Euro netto nebst Prozesszinsen entsprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter, während die Klägerin mit ihrer Anschlussrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt. Entscheidungsgründe 13 Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin sind begründet und führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 14 I. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist schon insoweit rechtsfehlerhaft, als es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen hat. Dies ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (st. Rspr., BAG 18. September 2019 – 5 AZR 240/18 – Rn. 11, BAGE 168, 25) und betrifft Differenzvergütung für sechs in der Berufungsinstanz nicht mehr streitgegenständliche Tage in Höhe von 1.071,00 Euro brutto nebst Zinsen. 15 1. Die Klägerin hat erstinstanzlich Differenzvergütung für geleistete Arbeit für die 215 Kalendertage des ursprünglichen Streitzeitraums (1. Mai bis 31. August 2015 und 1. Oktober bis 31. Dezember 2015) beantragt. Das Arbeitsgericht hat dem indes nur für 209 Arbeitstage entsprochen und offenbar – ohne dies näher auszuführen – sechs vermeintlich freie Tage von der Klageforderung abgezogen. 16 2. Gegen die teilweise Abweisung der Klage hat die Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt und das Ersturteil insoweit rechtskräftig werden lassen. Sie hat in der Begründung ihrer Anschlussrevision ausdrücklich klargestellt, dass sie die fehlerhafte Anrechnung der nach ihrem schon erstinstanzlichen Vorbringen erst im Jahr 2016 gewährten freien Tage durch das Arbeitsgericht akzeptiert hat und somit Vergütung für den 20. und 30. Juli 2015 sowie den 2., 9., 24. und 31. August 2015 nicht mehr streitgegenständlich sei. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin indes auch für diese Tage – in der Annahme eines „nicht näher nachvollziehbaren Rechenfehlers“ des Arbeitsgerichts – Vergütung zugesprochen, indem es bei seiner Berechnung der zugesprochenen Differenzvergütung von 215 Arbeitstagen ausgegangen ist. 17 II. Die Revision der Beklagten ist begründet. Unbeschadet einer Korrektur des Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO tragen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Höhe der zugesprochenen Klageforderung nicht. 18 1. Für die Klage sind die deutschen Gerichte für Arbeitssachen gemäß § 15 Satz 1 AEntG international zuständig. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Insoweit hat die Revision auch keine Angriffe erhoben. 19 a) Nach § 15 Satz 1 AEntG können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in den Geltungsbereich dieses Gesetzes entsandt sind oder waren, eine auf den Zeitraum der Entsendung bezogene Klage auf Erfüllung der Verpflichtungen nach § 2 AEntG vor einem deutschen Gericht für Arbeitssachen erheben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin war im Streitzeitraum von der in Bulgarien ansässigen Beklagten nach Berlin, also in den Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, zur vorübergehenden Arbeitsleistung entsandt. Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klage bezieht sich auf die Erfüllung der Verpflichtung der Beklagten nach § 2 Nr. 1 AEntG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (AEntG aF). Danach finden die in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften enthaltenen Regelungen über die Mindestentgeltsätze einschließlich der Überstundensätze auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zwingend Anwendung. Zu den Mindestentgeltsätzen iSd. § 2 Nr. 1 AEntG aF gehörte seit dem 1. Januar 2015 auch der gesetzliche Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (so ausdrücklich Regierungsbegründung zu § 20 MiLoG, BT-Drs. 18/1558 S. 42; allgA, vgl. nur ErfK/Franzen 21. Aufl. MiLoG § 20 Rn. 1; HWK/Tillmanns 9. Aufl. § 2 AEntG Rn. 5; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 20 Rn. 4; Thüsing in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 2 AEntG Rn. 7 – jeweils mwN). 20 b) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit in derartigen Fällen ist gegeben. Art. 6 Richtlinie 96/71/EG (Entsende-Richtlinie) sieht ausdrücklich vor, dass Klagen wie die vorliegende (auch) in dem Mitgliedstaat erhoben werden können, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt ist oder war (zu dem in Art. 2 Abs. 1 Richtlinie 96/71/EG definierten unionsrechtlichen Begriff der Entsendung vgl. etwa EuGH 1. Dezember 2020 – C-815/18 – [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 43 ff. mwN). Dahinstehen kann deshalb, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, ob sich die Zuständigkeit deutscher Gerichte auch aus Art. 21 Abs. 1 Buchst. b Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-Verordnung) ergäbe, weil die Klägerin während der gesamten Dauer ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten ihre Arbeit gewöhnlich in Berlin verrichtet hat. 21 2. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin verlangt zuletzt für den Zeitraum Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015 für geleistete Vollarbeit und Bereitschaft für jeden Kalendertag mit Ausnahme des 20. und 30. Juli 2015 sowie des 2., 9., 24. und 31. August 2015 für jeweils 24 Stunden den gesetzlichen Mindestlohn von – damals – 8,50 Euro brutto unter Abzug der von der Beklagten in dieser Zeit erhaltenen Nettovergütung. 22 3. Die Klage ist dem Grunde nach begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach § 1 Abs. 1 iVm. § 20 MiLoG für die von ihr im Inland geleistete Arbeit Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. 23 a) Der Anspruch der Klägerin aus § 1 Abs. 1 MiLoG und die korrespondierende Verpflichtung der Beklagten nach § 20 MiLoG bestehen unabhängig davon, ob auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ansonsten nach der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-VO) aufgrund Rechtswahl im Rahmen des Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO oder anhand objektiver Anknüpfung iSd. Art. 8 Abs. 2 bis Abs. 4 Rom I-VO bulgarisches Recht Anwendung findet. Durch die ausdrückliche Verpflichtung auch von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland zur Zahlung des Mindestlohns hat § 20 MiLoG international zwingende Wirkung (Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 20 Rn. 4) und ist jedenfalls eine Eingriffsnorm iSv. Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO, die unabhängig davon gilt, ob im Übrigen deutsches Recht auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet (ganz hM, vgl. nur Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 20 Rn. 5; Bayreuther in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 67; HK-MiLoG/Schubert 2. Aufl. § 20 Rn. 2; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 18. Aufl. § 66 Rn. 21; ErfK/Franzen 21. Aufl. MiLoG § 20 Rn. 1; HWK/Sittard 9. Aufl. § 20 MiLoG Rn. 2; MüKoBGB/Müller-Glöge 8. Aufl. § 20 MiLoG Rn. 1; MHdB ArbR/Krause 5. Aufl. § 61 Rn. 10; FG Berlin-Brandenburg 16. Januar 2019 – 1 K 1161/17 – Rn. 36). 24 aa) Eingriffsnormen sind zwingende Vorschriften, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrnehmung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie auf alle in Betracht kommenden Sachverhalte angewendet werden müssen. Erforderlich ist, dass die Vorschrift nicht nur auf den Schutz von Individualinteressen der Arbeitnehmer gerichtet ist, sondern mit ihr zumindest auch öffentliche Gemeinwohlinteressen verfolgt werden (BAG 21. März 2017 – 7 AZR 207/15 – Rn. 67, BAGE 158, 266; 18. April 2012 – 10 AZR 200/11 – Rn. 14 mwN, BAGE 141, 129; Deinert Internationales Arbeitsrecht § 10 Rn. 19 ff. – jeweils noch zu Art. 34 EGBGB aF; EuArbRK/Krebber 3. Aufl. VO 593/2008/EG Art. 9 Rn. 11; MHdB ArbR/Oetker 5. Aufl. § 13 Rn. 70; ErfK/Schlachter 21. Aufl. Rom I-VO Art. 9 Rn. 21; HWK/Tillmanns 9. Aufl. Art. 9 Rom I-VO Rn. 35). Das ist beim Mindestlohngesetz der Fall. Mit ihm verfolgt der Gesetzgeber nicht nur Individual-, sondern auch Gemeinwohlinteressen, indem umfassend alle abhängig Beschäftigten vor den Folgen einer unangemessen niedrigen Vergütung geschützt werden. Durch die Normierung eines angemessenen Verhältnisses von Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt sollen die Existenzsicherung durch Arbeitseinkommen als Ausdruck der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) für alle im Inland tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleistet und damit zugleich die sozialen Sicherungssysteme entlastet werden (vgl. BT-Drs. 18/1558 S. 28; BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – Rn. 29 f., BAGE 155, 202; zu den Funktionen des gesetzlichen Mindestlohns sh. auch Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. Einführung Rn. 67 ff.). 25 bb) Ein solches Verständnis des § 20 MiLoG gebietet zudem Art. 3 Abs. 1 RL 96/71/EG. Dieser sieht vor, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass entsandte Arbeitnehmer unabhängig von dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Recht hinsichtlich der in dieser Vorschrift aufgeführten Aspekte die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen garantiert erhalten, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung erbracht wird, festgelegt sind (vgl. EuGH 12. Februar 2015 – C-396/13 – [Sähköalojen ammattiliitto] Rn. 29; HWK/Sittard 9. Aufl. § 20 MiLoG Rn. 2). 26 b) Der gesetzliche Vergütungsanspruch der Klägerin nach dem Mindestlohngesetz und die entsprechende Verpflichtung der Beklagten werden nicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 MiLoG durch die im Streitzeitraum geltende Zweite Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (2. PflegeArbbV) verdrängt (zum Verhältnis der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassenen 2. PflegeArbbV zum Mindestlohngesetz im Einzelnen BAG 24. Juni 2020 – 5 AZR 93/19 – Rn. 26 ff.). Der Sachvortrag der Parteien bietet keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, der Geltungsbereich der 2. PflegeArbbV sei eröffnet. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die in Bulgarien ansässige Beklagte im Streitzeitraum neben der Rekrutierung und Entsendung einheimischer Betreuungskräfte nach Deutschland überhaupt einen Pflegebetrieb iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 2. PflegeArbbV, also einen solchen, der überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen oder Krankenpflegeleistungen für Pflegebedürftige erbringt, unterhalten hätte. 27 c) Die Klage ist entgegen der Auffassung der Revision nicht unschlüssig. 28 aa) Macht der Arbeitnehmer geltend, die vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Vergütung erreiche den gesetzlichen Mindestlohn nicht, begründet dies von Gesetzes wegen einen Anspruch auf Differenzvergütung, wenn der Arbeitnehmer in der Abrechnungsperiode, die längstens einen Kalendermonat betragen darf, für die geleisteten Arbeitsstunden im Ergebnis nicht mindestens den in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG vorgesehenen Bruttolohn erhält. Für die schlüssige Begründung einer auf Zahlung der Differenzvergütung zum gesetzlichen Mindestlohn gerichteten Klage ist es deshalb erforderlich, für jeden Kalendermonat ein konkret beziffertes Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns darzulegen (BAG 24. Juni 2020 – 5 AZR 93/19 – Rn. 24). 29 bb) Diesem Erfordernis genügt der Sachvortrag der Klägerin. 30 (1) Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die von der Beklagten gezahlte monatliche (Netto-)Vergütung allenfalls den gesetzlichen (Brutto-)Mindestlohn für die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden erfüllen könnte. Die Sachleistungen in Gestalt von Kost und Logis bleiben insoweit unberücksichtigt. Dem Ziel des Mindestlohngesetzes entsprechend, jedem Arbeitnehmer ein existenzsicherndes Monatseinkommen zu gewährleisten, fordern §§ 1 und 2 MiLoG mit dem Begriff der „Zahlung“ und der Nennung eines Eurobetrags in „brutto“ eine Entgeltleistung in Form von Geld (BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – Rn. 29, BAGE 155, 202 sowie im Anschluss daran BayObLG 26. November 2020 – 201 ObOWi 1381/20 – Rn. 7; ebenso Lembke NZA 2015, 70, 75; MüKoBGB/Müller-Glöge 8. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 20; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 82; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 18. Aufl. § 66 Rn. 33; Sittard RdA 2015, 99, 105; Sura BB 2018, 437, 441; Bayreuther in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 127; aA HK-MiLoG/Düwell 2. Aufl. § 1 Rn. 96; ErfK/Franzen 21. Aufl. MiLoG § 1 Rn. 6). Hat die Klägerin tatsächlich in jedem Kalendermonat des Streitzeitraums – wie sie behauptet – mehr gearbeitet, ist zwingend ein Anspruch auf Differenzvergütung entstanden. Dessen Höhe lässt sich, ausgehend von der Berechnung der Klägerin, anhand der feststehenden Anzahl der Tage der jeweiligen im Streit befindlichen Monate multipliziert mit 24 Stunden und dem damaligen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto abzüglich der unstreitig erhaltenen Nettovergütung für jeden Kalendermonat unschwer ermitteln. 31 (2) An der Schlüssigkeit der Klage mangelt es entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deshalb, weil – so die Beklagte – die Klägerin die Klage anhand eines Stundendurchschnitts begründet hätte (zu einer solchen Fallgestaltung BAG 29. Juni 2016 – 5 AZR 716/15 – Rn. 13, BAGE 155, 318). Denn die Klägerin hat ihre Forderung nicht „nur pauschal ermittelt“, sondern für einen konkreten Streitzeitraum behauptet, jeden Arbeitstag 24 Stunden tatsächlich Arbeitsleistung erbracht zu haben, sei es Vollarbeit, sei es in Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst. 32 d) In welchem Umfang tatsächlich geleistete Arbeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten ist, richtet sich entgegen der Auffassung der Revision auch bei entsandten Arbeitnehmern nicht nur nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, sondern primär nach den Vorgaben des Mindestlohngesetzes. Denn der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt (BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – Rn. 22, BAGE 155, 202, seither st. Rspr.). Weil § 20 MiLoG den Arbeitgeber mit Sitz im Ausland gegenüber seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern nach denselben Grundsätzen zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet, wie sie für einen Arbeitgeber mit Sitz im Inland gelten, wären arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die den inländischen gesetzlichen Mindestlohnanspruch unterschritten oder vereitelten, nach § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam, unabhängig davon, welchem Recht der Arbeitsvertrag ansonsten unterliegt. Desgleichen verdrängt § 20 MiLoG als Eingriffsnorm etwa abweichendes bulgarisches Recht. 33 e) Dem steht § 2 Nr. 1 AEntG aF mit der Formulierung „Mindestentgeltsätze“ nicht entgegen. Mit diesem Begriff, der durch das Gesetz zur Umsetzung der RL (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1657) durch den Begriff Entlohnung ersetzt wurde, ist – anders als die Revision annimmt – nicht nur die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns gemeint. Er umfasst vielmehr auch die Modalitäten, nach denen der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen ist. Das gebietet schon eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 2 Nr. 1 AEntG aF. In seiner im Streitzeitraum geltenden Fassung sprach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c Richtlinie 96/71/EG zwar von „Mindestlohnsätzen“, während es nunmehr nach der Änderung der RL 96/71/EG durch die RL (EU) 2018/957 „Entlohnung“ heißt. Doch hat der Gerichtshof der Europäischen Union schon seit längerem geklärt, dass der Begriff „Mindestlohnsätze“ weit auszulegen ist und zumindest den im Recht des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Mindestlohn umfasst (vgl. EuGH 8. Dezember 2020 – C-620/18 – [Ungarn/Parlament und Rat] Rn. 144; 12. Februar 2015 – C-396/13 – [Sähköalojen ammattiliitto] Rn. 32 ff.). Der Gerichtshof hat ferner darauf hingewiesen, dass sich nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 96/71/EG der Begriff der Mindestlohnsätze ausdrücklich nach den Rechtsvorschriften und/oder Praktiken des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt wird, bestimmt. 34 f) Nach deutschem Mindestlohnrecht schuldet der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Der Mindestlohn ist für alle Stunden, während derer der Arbeitnehmer die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeit erbringt, zu zahlen (BAG 29. Juni 2016 – 5 AZR 716/15 – Rn. 24, BAGE 155, 318). 35 aa) Mit dem Mindestlohn zu vergütende Arbeit ist nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Bereitschaft (BAG 11. Oktober 2017 – 5 AZR 591/16 – Rn. 13; 29. Juni 2016 – 5 AZR 716/15 – Rn. 27 ff., BAGE 155, 318). Der Arbeitnehmer kann während des Bereitschaftsdienstes nicht frei über die Nutzung dieses Zeitraums bestimmen, sondern muss sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit von sich aus (Arbeitsbereitschaft) oder „auf Anforderung“ (Bereitschaftsdienst) aufzunehmen. Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst sind nicht nur arbeitsschutzrechtlich Arbeitszeit (zu unionsrechtlichen Vorgaben hierzu EuGH 9. März 2021 – C-580/19 – Rn. 26 ff. und – C-344/19 – Rn. 25 ff. – jeweils mwN), sondern nach inländischem Recht vergütungspflichtige Arbeit (BAG 29. Juni 2016 – 5 AZR 716/15 – Rn. 28, aaO). Denn zu dieser zählt auch die vom Arbeitgeber veranlasste Untätigkeit, während derer der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann, er also weder eine Pause (§ 4 ArbZG) noch Freizeit hat (BAG 20. April 2011 – 5 AZR 200/10 – Rn. 21, BAGE 137, 366; 19. November 2014 – 5 AZR 1101/12 – Rn. 16, BAGE 150, 82; 18. November 2015 – 5 AZR 761/13 – Rn. 13, BAGE 153, 248; 17. April 2019 – 5 AZR 250/18 – Rn. 21; 24. Juni 2020 – 5 AZR 93/19 – Rn. 27). 36 bb) Der gesetzliche Mindestlohn ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG „je Zeitstunde“ festgelegt. Damit knüpft die Norm an die „vergütungspflichtige Arbeitszeit“ an (BAG 24. Juni 2020 – 5 AZR 93/19 – Rn. 31 mwN; ebenso zu dem „je Stunde“ festgelegten Mindestentgelt nach der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche vom 15. Juli 2010 BAG 18. November 2015 – 5 AZR 761/13 – Rn. 17, BAGE 153, 248), ohne diese abweichend von dem von der Rechtsprechung entwickelten Verständnis dieses Begriffs zu definieren. Die gesetzliche Vergütungspflicht des Mindestlohngesetzes differenziert nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme und gibt damit auch für Bereitschaft einen ungeschmälerten Anspruch auf den Mindestlohn (BAG 29. Juni 2016 – 5 AZR 716/15 – Rn. 29, BAGE 155, 318; 11. Oktober 2017 – 5 AZR 591/16 – Rn. 14; 24. Juni 2020 – 5 AZR 93/19 – Rn. 27; ebenso die herrschende Meinung im Schrifttum, sh. etwa ErfK/Franzen 21. Aufl. MiLoG § 1 Rn. 4; HWK/Sittard 9. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 7; MHdBArbR/Krause 5. Aufl. § 61 Rn. 15; MüKoBGB/Müller-Glöge 8. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 17; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 18. Aufl. § 66 Rn. 23; Bayreuther in Thüsing MiLoG/AEntG 2. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 43; HK-MiLoG/Düwell 2. Aufl. § 1 Rn. 40). 37 cc) Soweit demgegenüber angenommen wird, nur Vollarbeit sei mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten (zB Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 60 ff., die zwischen „Bereitschaftsruhezeiten“ und Vollarbeit in der Bereitschaft differenzieren; Wank Anm. zu BAG AP MiLoG § 1 Nr. 2, der auf eine fehlende gesetzliche Festlegung, dass Zeiten des Bereitschaftsdienstes Arbeitszeit iSd. Mindestlohngesetzes sind, verweist; krit. auch Thüsing/Beden/Denzer/Bleckmann/Pöschke NZS 2021, 321, 329 ff., die einen „neuen, besseren Rechtsrahmen für die Pflege in häuslicher Gemeinschaft“ durch den Gesetzgeber anmahnen), wird außer Acht gelassen, dass es hierfür weder im Wortlaut des Mindestlohngesetzes noch in der Gesetzesbegründung hinreichend konkrete Anhaltspunkte gibt. Der Gesetzgeber hat im Mindestlohngesetz auch keine Fakturierung der Zeiten des Bereitschaftsdienstes vorgenommen, wie sie – als Reaktion auf die Rechtsprechung, das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV sei auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen (BAG 19. November 2014 – 5 AZR 1101/12 – BAGE 150, 82; zur Entwicklung BAG 24. Juni 2020 – 5 AZR 93/19 – Rn. 33) – ab dem 1. Januar 2015 für Zeiten des Bereitschaftsdienstes in der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassenen Zweiten und Dritten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche enthalten war. 38 dd) Ohne eine im Gesetz selbst niedergelegte Staffelung fehlt es an einer Legitimation, geleistete Arbeit mit weniger als dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten (so schon BAG 29. Juni 2016 – 5 AZR 716/15 – Rn. 29, BAGE 155, 318). Zwar geht das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass für Sonderformen der Arbeit wie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit vorgesehen werden kann (zB BAG 17. April 2019 – 5 AZR 250/18 – Rn. 21 mwN). Es ist jedoch allein Sache des Gesetzgebers und nicht der Gerichte (zu den Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung vgl. BVerfG 6. Juni 2018 – 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 – Rn. 72 ff., BVerfGE 149,126), zu entscheiden, ob Zeiten des Bereitschaftsdienstes generell oder jedenfalls im Bereich der häuslichen Pflege aus der Mindestlohnpflicht gänzlich herausgenommen oder mit einem geringeren als dem Mindestlohn für Vollarbeit vergütet werden sollen (zu einem Vorschlag für eine normative Regelung sh. Thüsing/Beden/Denzer/Bleckmann/Pöschke NZS 2021, 321, 330). Die im Schrifttum angeführten rechtspolitischen Probleme („Jede Form von [dauerhaften] Branchen- und Tätigkeitsdifferenzierungen war in der Koalition nicht konsensfähig, da damit eine Aufweichung des Konzepts eines allgemeinen und damit eben branchenübergreifenden und nicht tätigkeitsspezifischen Mindestlohns einhergegangen wäre“, Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 63) beschreiben allein das politische Unvermögen, in diesem Bereich, in dem seit langem Reformbedarf angemahnt wird (dazu pars pro toto zuletzt Thüsing/Beden/Denzer/Bleckmann/Pöschke NZS 2021, 321, 324 ff.; siehe dazu auch die Gesamtdarstellung der Problematik bei Bucher Rechtliche Ausgestaltung der 24-h-Betreuung durch ausländische Pflegekräfte in deutschen Privathaushalten 2018 – jeweils mwN), eine gesetzliche Regelung zu treffen und hierfür die politische Verantwortung zu übernehmen. Hieraus resultiert aber entgegen der im Schrifttum geäußerten Auffassung keine rechtliche Unmöglichkeit, derartige gesetzliche Regelungen zu treffen (so aber Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 63). Auf der Grundlage des geltenden Mindestlohngesetzes ist der Rechtsprechung jedenfalls eine Rechtsfortbildung im Sinne einer Einschränkung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn für geleistete Bereitschaftsdienste nicht möglich. 39 4. Das Landesarbeitsgericht hat, wie die Beklagte zu Recht rügt, mit seiner Annahme, die Klägerin habe arbeitstäglich 21 Stunden Arbeitsleistung erbracht, § 286 Abs. 1 ZPO verletzt. In welcher Höhe die Klage auf Differenzvergütung begründet ist, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht selbst entscheiden. 40 a) Nach § 286 Abs. 1 ZPO haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht. 41 aa) Gegenstand der Würdigung ist der gesamte Tatsachenstoff, von dem der Tatrichter im Laufe des Verfahrens in prozessordnungsgemäßer Weise Kenntnis erlangt hat (PG/Laumen ZPO 13. Aufl. § 286 Rn. 6; MüKoZPO/Prütting 6. Aufl. § 286 Rn. 7). Das Gericht kann oder muss dabei gegebenenfalls zwecks (informeller) Anhörung einer Partei auch das persönliche Erscheinen der Partei anordnen (§§ 141, 137 Abs. 4 ZPO), wenn eine Partei einen von ihr zu führenden Beweis oder Gegenbeweis nur mit ihrer eigenen Aussage – wie zum Beispiel hinsichtlich eines Vier-Augen-Gesprächs – erbringen könnte, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Parteivernehmung (ua. § 448 ZPO) aber nicht vorliegen (BVerfG 1. August 2017 – 2 BvR 3068/14 – Rn. 58 mwN). Der Tatrichter kann im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses den Behauptungen und Angaben einer Partei (vgl. §§ 141, 137 Abs. 4 ZPO) unter Umständen auch dann glauben, wenn diese ihre Richtigkeit sonst nicht – auch nicht mittels Parteivernehmung, weil es an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit fehlt – beweisen kann (BGH 27. September 2017 – XII ZR 48/17 – Rn. 12 mwN). Bei seiner Entscheidung hat er sich mit den Angaben der Parteien auseinanderzusetzen und darzulegen und zu begründen, dass und weshalb er sie für wahr oder nicht wahr hält (Nassall jurisPR-BGHZivilR 5/2018 Anm. 3). 42 bb) Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises (BGH 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Rn. 40). Der Tatrichter darf und muss sich vielmehr mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH 1. Dezember 2016 – I ZR 128/15 – Rn. 27; 6. Mai 2015 – VIII ZR 161/14 – Rn. 11; BAG 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – Rn. 44, BAGE 155, 202). 43 cc) Revisionsrechtlich ist zu überprüfen, ob sich das Berufungsgericht mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Rn. 32; 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – Rn. 44, BAGE 155, 202). 44 b) Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht § 286 Abs. 1 ZPO rechtsfehlerhaft angewendet. Die Revision rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Beklagten zum Umfang der von der Klägerin geschuldeten und geleisteten Arbeit nicht ausreichend gewürdigt, insbesondere den Hinweis der Beklagten auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden nicht berücksichtigt. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte könne sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte zeitliche Begrenzung der Arbeitszeit berufen. Hierdurch hat es den durch Art. 103 Abs. 1 GG geschützten Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt. Diese hat hiernach Anspruch darauf, dass das Gericht ihren Tatsachenvortrag zur Kenntnis nimmt und im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO würdigt. Gesetzliche Verwertungsverbote bestehen im Streitfall nicht. Die angeführten Rechtspositionen der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG; Art. 31 Abs. 1 GRC) begründen derartige Verbote nicht. Diese Grundrechtspositionen sind vielmehr im Rahmen der nach § 286 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden Würdigung des Tatsachenstoffs zu berücksichtigen. 45 c) Die Verletzung von § 286 Abs. 1 ZPO führt gemäß § 562 Abs. 1 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Würdigung des Parteivortrags und der angebotenen Beweise ist grundsätzlich Aufgabe der Tatsachengerichte. Der Sachverhalt ist auch nicht vollständig aufgeklärt. Im erneuten Berufungsverfahren wird sich das Landesarbeitsgericht – gegebenenfalls nach weiterem Sachvortrag der Parteien und Erhebung der schon bislang angebotenen Beweise – unter umfassender Würdigung des beiderseitigen Tatsachenvortrags die tatrichterliche Überzeugung bilden müssen, in welchem zeitlichen Umfang die Klägerin Vollarbeit oder Bereitschaftsdienst auf Veranlassung der Beklagten geleistet hat. 46 d) Für das fortgesetzte Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe mehr als die im Arbeitsvertrag angegebenen 30 Wochenstunden arbeiten müssen, nach Aktenlage nicht fernliegend ist. 47 aa) Das Landesarbeitsgericht wird im Rahmen der Würdigung des Tatsachenvortrags und der gegebenenfalls noch zu erhebenden Beweise nach § 286 Abs. 1 ZPO festzustellen haben, ob die arbeitsvertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit von 30 Stunden ernsthaft gewollt war oder tatsächliche Umstände dafür sprechen, dass ein anderes Arbeitszeitvolumen dem wirklichen Willen der Parteien entsprochen hat. 48 (1) Hierbei wird es ua. die Zusatzvereinbarung vom 15. April 2015 in den Blick zu nehmen haben. Darin ist bestimmt, dass die Klägerin in Deutschland an einem 6-Stunden-Arbeitstag mit einer täglichen Ruhezeit von 60 Minuten und einer wöchentlichen Ruhezeit von zwei Arbeitstagen – Sonnabend und Sonntag – zu arbeiten hatte. Welche Bedeutung einer täglichen Ruhezeit von 60 Minuten bei einem 6-Stunden-Arbeitstag zukommen soll, erschließt sich nicht ohne Weiteres. In diesem Zusammenhang wird das Landesarbeitsgericht auch die Antwort der Beklagten auf eine Nachfrage des Sohns der zu pflegenden Person zu berücksichtigen haben, wonach der Klägerin nur ein freier Tag pro Woche zustehe, der auch stundenweise gewährt werden könne. Dies steht im Widerspruch zu der getroffenen vertraglichen Vereinbarung, wonach Sonnabend und Sonntag arbeitsfrei sein sollten. Dass im Streitzeitraum, also im Jahr 2015, während des Einsatzes der Klägerin bei der zu betreuenden Person die Sonnabende und Sonntage arbeitsfrei gewesen wären oder die Klägerin auch nur einen Tag wöchentlich frei gehabt hätte, hat die Beklagte nicht einmal behauptet. 49 (2) Des Weiteren wird das Berufungsgericht die zwischen der Beklagten und der zu betreuenden Person geschlossenen Verträge, die eine 24-Stunden-Betreuung vorsehen, zu würdigen haben. Die Beklagte hat sich in dem auf Vermittlung der Deutschen S mit der zu betreuenden Person geschlossenen Dienstleistungsvertrag zu umfangreichen Haushalts- und Betreuungsleistungen verpflichtet. Zu diesen gehörten – bei der laut Fragebogen zur Leistungsbeschreibung „angedachten 24 Stunden Betreuung/Pflege“ – auch umfangreiche „soziale Aufgaben“ (wie Gesellschaft leisten, Ansprache und gemeinsame Interessenverfolgung) und Nachtwachen, die von der Beklagten durch ihre Mitarbeiter im Haushalt der zu betreuenden Person zu erbringen waren. Zu diesem Zweck hat die Beklagte die Klägerin nach Berlin entsandt und in der Wohnung der zu betreuenden Person ein Zimmer beziehen lassen. Dabei könnte bei gebotener lebenspraktischer Betrachtungsweise allen Beteiligten klar gewesen sein, dass angesichts des Alters der zu betreuenden Person und des mit ihr vereinbarten Leistungsumfangs für die der Klägerin obliegenden Arbeiten eine Arbeitszeit von 30 Wochenstunden objektiv nicht ausreichend war. Dementsprechend hat die Beklagte im bisherigen Verfahren nicht substantiiert dargelegt, dass und in welcher Weise es angesichts der mit der zu betreuenden Person vereinbarten Leistungen der Klägerin möglich gewesen wäre, die ihr zugewiesenen Aufgaben innerhalb einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden zu erledigen und es ihr gestattet war, nach sechs Arbeitsstunden, zur Nachtzeit und an den Wochenenden die zu betreuende Person sich selbst zu überlassen. Es spricht deshalb einiges dafür, dass die vertraglichen Vereinbarungen zur Arbeitszeit lediglich der kostengünstigen Gestaltung des von der Deutschen S so genannten „Entsendemodells“ geschuldet waren. 50 bb) Das Landesarbeitsgericht wird weiter zu prüfen haben, ob die Beklagte mit der Entsendung der Klägerin in den Haushalt der zu betreuenden Person zur Erledigung der der Beklagten dieser gegenüber obliegenden Betreuungsleistungen „Mehrarbeit“ der Klägerin veranlasst (vgl. allgemein zu dem Erfordernis der Veranlassung von Mehrarbeit durch den Arbeitgeber BAG 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 14 ff. mwN) und, soweit nicht Vollarbeit zu leisten war, zumindest konkludent Bereitschaftsdienst angeordnet hat. Auch hierfür dürfte einiges sprechen. Anderenfalls hätte es ihr angesichts des Betreuungsumfangs und des Umstands, dass die Klägerin als „Sozialassistentin“ bei der zu betreuenden Person Wohnung nehmen musste, oblegen, konkret vorzugeben, an welchen Tagen die Klägerin von wann bis wann zur Arbeit zur Verfügung stehen musste und von wann bis wann sie sich zurückziehen und frei über die Nutzung ihrer Zeit bestimmen durfte, ohne auf mögliche Bedürfnisse der zu betreuenden Person Rücksicht nehmen zu müssen. Dies hat die Beklagte bisher unterlassen. Weder dem Arbeitsvertrag noch dem Dienstleistungsvertrag mit der zu betreuenden Person ist zu entnehmen, dass die Klägerin nur zu bestimmten Zeiten, nicht aber jederzeit der zu betreuenden Person zur Verfügung stehen musste. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht auch den Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe sich ihre Arbeitszeit im Rahmen der vereinbarten Vertrauensarbeitszeit einteilen können, einzuordnen und zu würdigen haben. Hierzu wird es in Betracht zu ziehen haben, ob es gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien diese und ihre gesetzlichen Vertreter persönlich anhört, die angebotenen Zeugenbeweise erhebt und/oder die geforderte Parteivernehmung der Klägerin vornimmt. 51 cc) Unter der Voraussetzung des § 287 Abs. 2 ZPO wird das Landesarbeitsgericht eine Schätzung der Arbeitszeit in Betracht ziehen können, wenn aufgrund unstreitigen Sachvortrags oder nach § 286 Abs. 1 ZPO für wahr erachteten Sachvortrags der Klägerin feststeht, dass diese über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus Vollarbeit oder Bereitschaft geleistet hat, aber nicht jede einzelne „Mehrstunde“ belegen kann (vgl. – zu Überstunden – BAG 25. März 2015 – 5 AZR 602/13 – Rn. 21, BAGE 151, 180). 52 III. Die Anschlussrevision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat § 287 Abs. 2 ZPO rechtsfehlerhaft angewendet. 53 1. Im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügt für eine Schätzung eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt dabei, ob das Tatsachengericht alle wesentlichen Bemessungsfaktoren berücksichtigt oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. BAG 31. März 2021 – 5 AZR 148/20 – Rn. 34; 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16 – Rn. 37, BAGE 157, 116; BGH 12. Juli 2016 – KZR 25/14 – Rn. 49, BGHZ 211, 146). 54 2. Daran gemessen hängt die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung völlig „in der Luft“. Das Landesarbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil keinerlei belastbare Anknüpfungstatsachen für seine Schätzung dargetan. Es mag nach der allgemeinen Lebenserfahrung wenig glaubhaft erscheinen, dass die Klägerin über Wochen hinweg täglich 24 Stunden Arbeitsleistung – und sei es teilweise in Form von Bereitschaft – erbracht hat. Das Landesarbeitsgericht legt aber nicht offen, aufgrund welcher festgestellten Tatsachen oder konkreten Anhaltspunkte es annimmt, die Klägerin habe sich täglich für eine Stunde innerhalb der Wohnung der zu betreuenden Person der jederzeitigen Arbeitsaufnahme entziehen und täglich zwei Stunden die Wohnung ohne die zu betreuende Person zum Zwecke der Freizeit verlassen können. Soweit es ausführt, es gehe um die Möglichkeit der Klägerin, sich sowohl innerhalb der Wohnung beispielsweise für ein ausgiebiges Bad oder Telefongespräche der jederzeitigen Arbeitsaufnahme zu entziehen oder auch die Wohnung für eine beschränkte Zeit zu verlassen, etwa um sich mit Bekannten oder Freunden zu treffen oder einen Spaziergang zu machen, gibt es hierfür im Sachvortrag der Parteien keinerlei Tatsachengrundlage. Die Schätzung hängt damit völlig „in der Luft“. Eine nicht fernliegende Anhörung der Klägerin hierzu (§§ 141, 137 Abs. 4 ZPO) ist nicht erfolgt. 55 3. Das Berufungsurteil ist wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers auch im Umfang der Beschwer der Klägerin aufzuheben und die Sache auch insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Aufgrund fehlender Feststellungen ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung nicht möglich (§ 563 Abs. 3 ZPO). 56 IV. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.              Linck                  Volk                  Biebl                                    S. Teichfuß                  Zimmer" bag_17-21,01.07.2021,"01.07.2021 17/21 - Mitteilung zum Verfahren - 8 AZR 297/20 - (Entschädigung (AGG) - Einladung zu einem Vorstellungsgespräch) Der Senat sieht von einer Pressemitteilung zu dem heute entschiedenen Verfahren ab. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. Juli 2021 – 8 AZR 297/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. Januar 2020 – 5 Sa 95/19 –","Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Januar 2020 – 5 Sa 95/19 – wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Leitsatz Der Umstand, dass eine schriftliche Einladung zu einem Vorstellungsgespräch der sich bewerbenden schwerbehinderten oder gleichgestellten Person nicht entsprechend § 130 BGB zugegangen ist, kann die Kausalitätsvermutung nach § 22 AGG nur dann begründen, wenn der Arbeitgeber nicht alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um einen ordnungsgemäßen und fristgerechten Zugang der Einladung zu bewirken. Tatbestand 1 Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Stadt (im Folgenden Beklagte) verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung zu zahlen. 2 Im Januar 2018 schrieb die Beklagte die Stelle einer Kämmerin/eines Kämmerers nach der Entgeltgruppe 11 TVöD/VKA aus. 3 Der Kläger, der die Prüfung für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei abgelegt, hierdurch den akademischen Grad „Diplom-Verwaltungswirt (FH)“ erworben, später an der Universität Kassel – Fachbereich Wirtschaftswissenschaften – den Studienabschluss Master of Public Administration erworben und anschließend verschiedene Tätigkeiten ausgeübt hatte, bewarb sich auf diese Stelle mit einem per E-Mail übersandten Schreiben vom 31. Januar 2018, in dem es im letzten Absatz ua. heißt:          „Den von Ihnen dargestellten Aufgaben bin ich gewachsen und würde mich freuen, sie bewältigen zu dürfen. Meine Gleichstellung mit Schwerbehinderten hat keinen Einfluss auf meine Arbeitsleistung bei dieser Stelle. Auf eine persönliche Vorstellung freue ich mich sehr …“ 4 In seiner Bewerbung teilte der Kläger keine Wohnanschrift mit, sondern gab eine Postfachadresse an. 5 Die Vorstellungsgespräche bei der Beklagten fanden am 21. Februar 2018 statt. Mit Schreiben vom 14. März 2018 übersandte die Beklagte die Bewerbungsunterlagen des Klägers an die angegebene Postfachanschrift und teilte ihm mit, sich für eine andere Person entschieden zu haben. 6 Unter dem 2. Mai 2018 forderte der Kläger die Beklagte auf, an ihn wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung eine Entschädigung zu zahlen. Die Beklagte lehnte die Forderung des Klägers mit Schreiben des Kommunalen Schadenausgleichs der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (im folgenden KSA) vom 18. Mai 2018 ab. 7 Mit seiner Klage hat der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung weiterverfolgt. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihm nach § 15 Abs. 2 AGG zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet, da sie ihn im Bewerbungsverfahren wegen seiner Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen und damit wegen der (Schwer)Behinderung benachteiligt habe. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte ihn entgegen § 165 Satz 3 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe, obwohl er sowohl im Bewerbungsanschreiben als auch im Anlagenverzeichnis über seine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen informiert habe. Er sei auch fachlich für die Stelle geeignet gewesen. 8 Soweit die Beklagte behaupte, ihn schriftlich zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu haben, bestreite er dies mit Nichtwissen. Eine Einladung habe er nicht erhalten. Es komme insoweit allein auf den Zugang des Einladungsschreibens an, für den die Beklagte als Arbeitgeber beweispflichtig sei. Im Übrigen weise das von der Beklagten im Verfahren vorgelegte angebliche Einladungsschreiben vom 6. Februar 2018 im Schriftbild auffällige Unterschiede im Vergleich zu dem Absageschreiben vom 14. März 2018 auf. Widersprüchlich sei auch, dass die Beklagte sich weder in diesem Absageschreiben noch in dem Schreiben der KSA vom 18. Mai 2018 darauf berufen habe, dass er nicht zum Vorstellungsgespräch erschienen sei. Auch habe die Beklagte anlässlich seines Ausbleibens beim Vorstellungstermin nicht versucht, ihn telefonisch zu erreichen. Jedenfalls habe die Beklagte es bereits pflichtwidrig versäumt, ihm das angebliche Einladungsschreiben auf einem sicheren Zugangsweg, beispielsweise per Einschreiben mit Rückschein zukommen zu lassen. 9 Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,          die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. März 2018 zu zahlen. 10 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klage sei unbegründet. Sie habe den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Der Bürgermeister habe den Kläger in Abstimmung mit dem Amtsleiter Zentrale Dienste und einem Mitglied der Personalvertretung für ein Vorstellungsgespräch ausgewählt. Sie – die Beklagte – habe den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 6. Februar 2018, unterzeichnet vom Bürgermeister, unter der angegebenen Postfachanschrift zu einem Vorstellungsgespräch am 21. Februar 2018 um 10:30 Uhr ins Rathaus, Zimmer des Bürgermeisters, eingeladen. Die Sekretärin des Bürgermeisters habe das Schreiben zur Post gegeben. Ein eventueller Verlust des Einladungsschreibens auf dem Postweg begründe jedenfalls keine Vermutung für eine Benachteiligung wegen der Gleichstellung des Klägers mit einem schwerbehinderten Menschen und damit wegen der (Schwer)Behinderung. Als der Kläger zum Vorstellungstermin am 21. Februar 2018 nicht erschienen sei, habe die Sekretärin des Bürgermeisters mehrfach erfolglos versucht, den Kläger telefonisch zu erreichen. Die vom Kläger angeführten Unterschiede in den Briefköpfen der Einladungs- und Absageschreiben seien ausschließlich darauf zurückzuführen, dass verschiedene Computer mit unterschiedlichen Dokumentenvorlagen verwendet worden seien. Das Absageschreiben enthalte schon deshalb keinen Hinweis auf das Ausbleiben des Klägers zum Vorstellungsgespräch, weil bei allen erfolglosen Bewerbungen ein gleichlautender Standardtext verwandt worden sei. 11 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung gerichtetes Begehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision. Entscheidungsgründe 12 A. Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO. 13 B. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, hat die Beklagte den Kläger nicht wegen der (Schwer)Behinderung bzw. seiner Gleichstellung benachteiligt. 14 I. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) verbietet. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Diese Bestimmung findet – ebenso wie alle anderen Bestimmungen des Teils 3 des SGB IX – nach § 151 Abs. 1 SGB IX auch auf gleichgestellte behinderte Menschen Anwendung. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 164 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG. 15 II. Zwar wurde der Kläger dadurch unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt, dass er von der Beklagten im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren für die ausgeschriebene Stelle als „Kämmerin/Kämmerer“ nicht berücksichtigt wurde, denn er hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Darauf, ob es überhaupt andere Bewerber/innen gegeben hat, ob deren Bewerbungen Erfolg hatten und ob ein/e von der Beklagten ausgewählte/r Bewerber/in die Stelle angetreten hat, kommt es nicht an (vgl. näher BAG 19. Dezember 2019 – 8 AZR 2/19 – Rn. 28 ff., BAGE 169, 217). 16 III. Der Kläger hat die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG jedoch – entgegen seiner Rechtsauffassung – nicht wegen der (Schwer)Behinderung bzw. wegen seiner Gleichstellung erfahren. 17 1. Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der Benachteiligung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dasselbe gilt für das besondere Benachteiligungsverbot in § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Auch hier muss zwischen der Benachteiligung und dem Grund – hier der Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung – ein Kausalzusammenhang bestehen. 18 a) Soweit es – wie hier – um eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG geht, ist hierfür nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG 23. November 2017 – 8 AZR 372/16 – Rn. 20 mwN). 19 b) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. etwa BAG 17. Dezember 2020 – 8 AZR 171/20 – Rn. 25 mwN). 20 aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (BAG 17. Dezember 2020 – 8 AZR 171/20 – Rn. 26 mwN). 21 bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats begründet der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, mithin auch der Verstoß des öffentlichen Arbeitgebers gegen die in § 165 Satz 3 SGB IX geregelte Pflicht, eine/n schwerbehinderte/n oder diesen gleichgestellte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung. Diese Pflichtverletzungen sind nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. etwa BAG 17. Dezember 2020 – 8 AZR 171/20 – Rn. 27; 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 37, BAGE 169, 302; 16. Mai 2019 – 8 AZR 315/18 – Rn. 22 mwN, BAGE 167, 1; 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 25 mwN, BAGE 156, 107). 22 cc) Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Hierfür gilt das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. etwa BAG 17. Dezember 2020 – 8 AZR 171/20 – Rn. 28 mwN; 26. Januar 2017 – 8 AZR 73/16 – Rn. 26 mwN). 23 c) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem/einer Bewerber/in vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermuten lassen, ist nur eingeschränkt revisibel. Die revisionsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Würdigung der Tatsachengerichte möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. etwa BAG 17. Dezember 2020 – 8 AZR 171/20 – Rn. 29; 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 67, BAGE 169, 302; 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 48 mwN, BAGE 156, 107). 24 2. Danach hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, dass der Kläger nicht wegen der (Schwer)Behinderung bzw. wegen seiner Gleichstellung benachteiligt wurde. Weder der Umstand, dass der Kläger kein Einladungsschreiben der Beklagten zu einem Vorstellungsgespräch erhalten hat noch sonstige Umstände begründen die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass zwischen der Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG und der (Schwer)Behinderung bzw. der Gleichstellung des Klägers der erforderliche Kausalzusammenhang besteht. 25 a) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers begründet der Umstand, dass er kein Einladungsschreiben der Beklagten zu einem Vorstellungsgespräch erhalten hat, nicht die Vermutung iSv. von § 22 AGG, dass er die Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung bzw. Gleichstellung erfahren hat. 26 aa) Nach § 165 Satz 1 SGB IX melden die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze. Haben schwerbehinderte – bzw. gleichgestellte – Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder von einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, § 165 Satz 3 SGB IX. Nach § 165 Satz 4 SGB IX ist eine Einladung entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich, dh. unzweifelhaft fehlt. 27 bb) Zwar war die Beklagte nach § 165 Satz 3 SGB IX verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. 28 Der Kläger hatte die Beklagte dadurch, dass er im Bewerbungsschreiben ausgeführt hatte, seine Gleichstellung mit Schwerbehinderten habe keinen Einfluss auf seine Arbeitsleistung auf der ausgeschriebenen Stelle, hinreichend über seine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen informiert (vgl. zu den Erfordernissen einer hinreichenden Mitteilung etwa BAG 17. Dezember 2020 – 8 AZR 171/20 – Rn. 33 ff. mwN). Der Angabe des GdB – oder etwa der Vorlage einer Kopie eines Gleichstellungsbescheids – bedurfte es nicht (zur Frage, ob eine Kopie der ersten Seite des Schwerbehindertenausweises vorzulegen ist, vgl. BAG 26. November 2020 – 8 AZR 59/20 – Rn. 37). Dem Kläger fehlte zudem nicht offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle iSv. § 165 Satz 4 SGB IX; darüber streiten die Parteien auch nicht. 29 cc) Auch müssen verkörperte Einladungen eines öffentlichen Arbeitgebers zu einem Vorstellungsgespräch dem/der schwerbehinderten bzw. gleichgestellten Bewerber/in grundsätzlich in entsprechender Anwendung von § 130 BGB zugehen. Die verkörperte Einladung muss demnach in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Bewerbers/der Bewerberin gelangen, so dass unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von der Einladung Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 18, BAGE 169, 302). Nur so wird dem Anliegen des Gesetzes hinreichend Rechnung getragen. Schwerbehinderte Bewerber/innen sollen durch das in § 165 Satz 3 SGB IX genannte Vorstellungsgespräch ihre Chancen im Auswahlverfahren verbessern können. Sie sollen die Möglichkeit haben, den Arbeitgeber von ihrer Eignung im weitesten Sinne zu überzeugen und damit einen nach den bisherigen Umständen ggf. aufgrund der schriftlichen Unterlagen bestehenden Vorsprung anderer Bewerber/innen durch einen persönlichen Eindruck auszugleichen. Darüber hinaus stellt das Vorstellungsgespräch auch ein geeignetes Mittel dar, um eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen (vgl. BAG 25. Juni 2020 – 8 AZR 75/19 – Rn. 38). 30 dd) Gleichwohl begründet der Umstand, dass der Kläger ein Einladungsschreiben der Beklagten zu einem Vorstellungsgespräch nicht erhalten hat, nicht die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass er die ungünstigere Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen der (Schwer)Behinderung bzw. Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen erfahren hat. Denn die Beklagte hatte alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen, um einen ordnungsgemäßen und fristgerechten Zugang des Einladungsschreibens beim Kläger zu bewirken. Für sein gegenteiliges Vorbringen ist der Kläger, den im Hinblick auf die die Kausalitätsvermutung begründenden Indizien iSv. § 22 AGG die Darlegungs- und Beweislast traf, beweisfällig geblieben. 31 (1) Zwar begründet – wie unter Rn. 21 ausgeführt – der Verstoß des öffentlichen Arbeitgebers gegen die in § 165 Satz 3 SGB IX geregelte Pflicht, eine/n schwerbehinderte/n oder gleichgestellte/n, nicht offensichtlich fachlich ungeeignete/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung iSv. § 22 AGG. Allerdings lässt allein der Umstand, dass eine schriftliche Einladung zu einem Vorstellungsgespräch der sich bewerbenden schwerbehinderten oder gleichgestellten Person nicht zugegangen ist, nicht mit der für die Annahme der Kausalitätsvermutung erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass zwischen der Benachteiligung und der (Schwer)Behinderung bzw. der Gleichstellung der erforderliche Kausalzusammenhang besteht. Insoweit wirkt sich nämlich aus, dass der mangelnde Zugang eines Einladungsschreibens auf den unterschiedlichsten Gründen – auch solchen außerhalb der Risikosphäre des Arbeitgebers – beruhen kann und damit keinen Rückschluss auf die Einstellung des Arbeitgebers gegenüber (schwer)behinderten Menschen zulässt. Deshalb ist allein der Umstand, dass eine schriftliche Einladung zu einem Vorstellungsgespräch der sich bewerbenden schwerbehinderten oder gleichgestellten Person nicht zugegangen ist iSv. § 130 BGB, nicht geeignet, die Kausalitätsvermutung iSv. § 22 AGG zu begründen. Anders verhält es sich indes, wenn der Zugang aufgrund von Umständen unterblieben ist, die in der Risikosphäre des Arbeitgebers liegen, weil dieser nicht alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um einen ordnungsgemäßen und fristgerechten Zugang einer Einladung bei dem/der schwerbehinderten bzw. gleichgestellten Bewerber/in zu bewirken. Ein solches Verhalten ist geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Einstellung schwerbehinderter oder gleichgestellter Bewerber/innen uninteressiert zu sein. 32 (2) Vorliegend hatte die Beklagte alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen, um einen ordnungsgemäßen und fristgerechten Zugang des Einladungsschreibens zu bewirken. Insoweit hat die Beklagte vorgetragen, der Bürgermeister habe den Kläger in Abstimmung mit dem Amtsleiter Zentrale Dienste und einem Mitglied der Personalvertretung für ein Vorstellungsgespräch ausgewählt. Sie – die Beklagte – habe den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 6. Februar 2018, unterzeichnet vom Bürgermeister, unter der angegebenen Postfachanschrift zu einem Vorstellungsgespräch am 21. Februar 2018 um 10:30 Uhr ins Rathaus, Zimmer des Bürgermeisters, eingeladen. Die Sekretärin des Bürgermeisters habe das Schreiben zur Post gegeben. Zwar ist der Kläger diesem Vorbringen der Beklagten entgegengetreten; für sein gegenteiliges Vorbringen ist der Kläger, den im Hinblick auf die die Kausalitätsvermutung begründenden Indizien iSv. § 22 AGG die Darlegungs- und Beweislast traf, allerdings beweisfällig geblieben. Anders als der Kläger meint, war die Beklagte auch nicht verpflichtet, dem Kläger das Einladungsschreiben per Einschreiben mit Rückschein zukommen zu lassen. 33 (a) Dem Kläger oblag es – wie unter Rn. 19 ausgeführt -, Indizien darzulegen und zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Danach hätte der Kläger beweisen müssen, dass die Beklagte nicht alles Mögliche und Zumutbare getan hatte, um einen ordnungsgemäßen und fristgerechten Zugang einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu bewirken. 34 Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers traf ihn als Anspruchsteller und nicht die Beklagte als Anspruchsgegnerin die Darlegungs- und Beweislast, insbesondere war es nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast gekommen. § 22 AGG sieht in Übereinstimmung mit Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 85; 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociaƫia Accept] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 – C-54/07 – [Feryn] Rn. 30 f.) eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast – wie unter Rn. 19 ausgeführt – erst für den Fall vor, dass die Vermutung einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes besteht (BAG 16. Mai 2019 – 8 AZR 315/18 – Rn. 26, BAGE 167, 1). 35 (b) Allerdings kann eine sich bewerbende Person in einer Situation wie hier aus eigener Kenntnis regelmäßig keine Angaben dazu machen, ob der Arbeitgeber alles Notwendige unternommen hat, um einen ordnungsgemäßen und fristgerechten Zugang einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu bewirken. Insoweit handelt es sich nämlich um tatsächliche Verhältnisse in der Sphäre des Prozessgegners, in die ein/e externe/r Bewerber/in regelmäßig keinen Einblick hat. Dies führt dazu, dass den Arbeitgeber insoweit eine sekundäre Darlegungslast trifft. Diese besteht für den bestreitenden Prozessgegner, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. etwa BAG 16. September 2020 – 10 AZR 56/19 – Rn. 53; 27. Mai 2020 – 5 AZR 387/19 – Rn. 27 mwN, BAGE 170, 327). Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung der Partei, dem Prozessgegner alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (vgl. BAG 27. Mai 2020 – 5 AZR 387/19 – aaO). 36 (c) Die Beklagte ist der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nachgekommen. 37 (aa) Die Beklagte hat substantiiert dazu vorgetragen, dass ein Einladungsschreiben an den Kläger verfasst wurde und wie mit diesem Schreiben zum Zwecke einer postalischen Übermittlung an den Kläger verfahren wurde. Insoweit hat die Beklagte die internen Abläufe näher dargestellt und mit hinreichenden Zeitangaben versehen. Die Beklagte hat zudem dargelegt, welche Personen zu den Einzelheiten der Abfassung des Einladungsschreibens und zu seiner Aufgabe zur Post nähere Angaben machen konnten und hat insoweit den Bürgermeister T, den Amtsleiter Zentrale Dienste S, das Mitglied der Personalvertretung F sowie die Vorzimmerbeschäftigte L benannt. Dass diese Personen über die Beklagte hätten geladen werden können, ergibt sich ohne Weiteres aus ihrer jeweiligen Funktion. 38 (bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist das Vorbringen der Beklagten nicht wegen eines Widerspruchs zu ihrem vorprozessualen Vortrag als von vornherein unbeachtlich zu behandeln, mit der Folge, dass der Vortrag des Klägers, ein Einladungsschreiben an ihn sei nicht abgesandt worden, als unbestritten anzusehen wäre. 39 (aaa) Insoweit verkennt der Kläger bereits, dass vorprozessuale Äußerungen einer Partei generell nicht geeignet sind, ihrem Prozessvortrag die Beachtlichkeit zu nehmen (BGH 8. November 1995 – VIII ZR 227/94 – zu III der Gründe) und dass eine etwaige Widersprüchlichkeit des Parteivortrags nur im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden kann (vgl. etwa BGH 21. Juni 2018 – IX ZR 129/17 – Rn. 21; 12. Dezember 2017 – KZR 50/15 – Rn. 26 mwN; 13. März 2012 – II ZR 50/09 – Rn. 16 mwN). 40 (bbb) Abgesehen davon fehlt es hier bereits an einem widersprüchlichen Vorbringen der Beklagten. 41 Der Kläger kann insoweit nicht mit Erfolg geltend machen, die Beklagte habe sich weder in ihrem Schreiben vom 14. März 2018 noch in dem Schreiben des KSA vom 18. Mai 2018 darauf berufen, dass er trotz Einladung nicht zum Vorstellungsgespräch erschienen sei. Hierin liegt schon kein widersprüchlicher Vortrag gegenüber dem Prozessvorbringen der Beklagten, denn diese hatte damit nicht erklärt, eine Einladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch nicht abgesandt zu haben. 42 Soweit der Kläger sich auf ein unterschiedliches Erscheinungsbild des im arbeitsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Einladungsschreibens vom 6. Februar 2018 und des Schreibens vom 14. März 2018 bezieht, mit dem die Beklagte ihm die Bewerbungsunterlagen zurücksandte, folgt daraus nichts Abweichendes. Die vom Kläger angeführten Unterschiede lassen schon im Ansatz keinen Rückschluss darauf zu, dass das Einladungsschreiben nicht verfasst bzw. erst im Nachhinein erstellt wurde. Darüber hinaus hat die Beklagte – unwidersprochen – dargetan, dass die bemängelten Unterschiede allein auf die Verwendung verschiedener Computer mit unterschiedlichen Dokumentenvorlagen zurückzuführen seien. 43 (d) Der Kläger ist für seine Behauptung, die Beklagte habe nicht alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen, um einen ordnungsgemäßen und fristgerechten Zugang eines Einladungsschreibens an ihn zu bewirken, beweisfällig geblieben. 44 Dem Kläger waren aufgrund des Vorbringens der Beklagten hinreichend Personen bekannt, die zu der Frage, ob die Beklagte alles Mögliche und Zumutbare unternommen hatte, um ihm eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu übermitteln, etwas hätten aussagen können. Danach wäre es dem Kläger ohne Weiteres möglich gewesen, für seine Behauptung, die Beklagte habe ihm gegenüber keine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch ausgesprochen, Beweis durch die Benennung dieser – offensichtlich über die Beklagte zu ladenden – Personen als Zeugen oder Partei anzutreten. Dies hat der Kläger unterlassen. 45 (e) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, ihm das Einladungsschreiben per Einschreiben mit Rückschein zukommen zu lassen oder es ihm gar förmlich zuzustellen. § 165 Satz 3 SGB IX sieht für die Einladung zum Vorstellungsgespräch weder eine bestimmte Form noch eine bestimmte Art der Übermittlung vor. 46 b) Auch die sonstigen vom Kläger angeführten Umstände begründen nicht die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger im Stellenbesetzungs-/Auswahlverfahren wegen der (Schwer)Behinderung bzw. seiner Gleichstellung benachteiligt wurde. Soweit der Kläger sich darauf beruft, die Beklagte habe, nachdem er nicht zum Vorstellungstermin erschienen sei, nicht versucht, ihn telefonisch zu erreichen, ist dieser Umstand schon nicht geeignet, ein Indiz iSv. § 22 AGG für eine Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung zu begründen. Selbst wenn ein Arbeitgeber nicht versucht, eine/n zum Vorstellungsgespräch geladene/n Bewerber/in bei Nichterscheinen telefonisch zu erreichen, steht dieser Umstand – für sich betrachtet – in keinem Zusammenhang mit einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung, weshalb allein aus diesem Umstand nicht mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit – vgl. Rn. 20 – darauf geschlossen werden kann, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist.              Winter                  Vogelsang                  Berger                                    Kothe-Woywode                  Volz" bag_19-21,13.07.2021,"13.07.2021 19/21 - Invaliditätsrente - voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit - befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente Die nur befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung steht einem Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversorgung nicht entgegen, wenn die Versorgungszusage vorsieht, dass „bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ eine monatliche Invalidenrente gezahlt wird. Die Beklagte erteilte dem Kläger im Jahr 2000 eine Versorgungszusage, die ua. Leistungen der betrieblichen Invaliditätsversorgung „bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ vorsieht. Der Kläger bezieht seit dem 1. Juni 2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese war zunächst auf die Dauer von drei Jahren bis zum 31. Mai 2020 befristet bewilligt worden. Die Deutsche Rentenversicherung begründete in ihrem Rentenbescheid die Befristung mit den medizinischen Untersuchungsbefunden, nach denen es nicht unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Der Kläger hat zuletzt eine betriebliche Invaliditätsversorgung für die Zeit vom 1. Juni 2017 bis zum 30. April 2020 iHv. insgesamt 1.433,25 Euro zzgl. Verzugszinsen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Versorgungszusage seien erfüllt. Dass die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung nur befristet bewilligt worden sei, sei unschädlich. Er sei gleichwohl seit dem 1. Juni 2017 voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Versorgungszusage lägen nicht vor; der Kläger sei nicht „voraussichtlich dauernd“ erwerbsunfähig, sondern nur für die Dauer von drei Jahren. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr entsprochen. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Versorgungszusage verlangt für den Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversorgung eine voraussichtlich dauernde völlige Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Damit bezieht sie sich auf § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der bei der Erteilung der Versorgungszusage geltenden Fassung und nunmehr auf § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, also die Regelungen über die Voraussetzungen einer an die Invalidität anknüpfenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Frage der voraussichtlich dauerhaften völligen Erwerbsunfähigkeit bzw. vollständigen Erwerbsminderung ist die nach §§ 99 ff. SGB VI vorgesehene befristete Gewährung der Invaliditätsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Bedeutung. Dabei handelt es sich lediglich um Verfahrensvorschriften, die nicht den Begriff der dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts definieren, den die Versorgungszusage in Bezug nimmt. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Juli 2021 – 3 AZR 445/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. Juli 2020 – 4 Sa 123/20 –","Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 30. Juli 2020 – 4 Sa 123/20 – wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf betriebliche Invaliditätsversorgung. 2 Der Kläger war vom 2. Januar 1995 bis zum 31. Juli 2017 bei der Beklagten beschäftigt. Diese erteilte ihm unter dem 2. Januar 2000 eine Versorgungszusage. In dieser heißt es ua.:                            „Als Anerkennung für Ihre bisher geleisteten Dienste geben wir Ihnen als sinnvolle Ergänzung zur Sozialversicherung folgende Versorgungszusage:                            Altersversorgung                            Wenn Sie in den Diensten unserer Firma das 65. Lebensjahr vollenden und in den Ruhestand treten, so gewähren wir Ihnen eine lebenslängliche monatliche Altersrente von                                     150,00 DM.                                     Invaliditätsversorgung                            Bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts erhalten Sie lebenslänglich, längstens jedoch für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit eine monatliche Invalidenrente.“ 3 In den der Versorgungszusage beigefügten „Versorgungsrichtlinien“ heißt es ua.:                            „Beginn der Rentenzahlungen Die Rentenzahlungen beginnen an dem auf den Eintritt des Versorgungsfalles folgenden Monatsersten.                            …                                            Eintritt des Versorgungsfalles Die Zahlung der Versorgungsleistungen kann von der Beibringung bestimmter Unterlagen, wie z. B. Geburts-, Sterbeurkunde, ärztliches Zeugnis usw. abhängig gemacht werden.“ 4 Mit Bescheid vom 7. Juni 2018 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Nord dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Juni 2017 befristet bis zum 31. Mai 2020 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Befristung der Rente erfolgte ausweislich des Rentenbescheids, weil es nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Mit einem weiteren Rentenbescheid vom 16. März 2020 wurde die Rente wegen voller Erwerbsminderung als Dauerrente weiter gewährt. 5 Mit seiner Klage hat der Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis einschließlich 30. April 2020 eine monatliche betriebliche Invalidenrente iHv. 40,95 Euro brutto, mithin insgesamt 1.433,25 Euro brutto, nebst Zinsen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, mit dem Rentenbescheid vom 7. Juni 2018 seien die Voraussetzungen für eine Invalidenrente nach der Versorgungszusage erfüllt. Dem stehe die zunächst nur befristet erfolgte Bewilligung der Rente wegen vollständiger Erwerbsminderung nicht entgegen. 6 Der Kläger hat zuletzt – sinngemäß – beantragt,                            1.     die Beklagte zu verurteilen, ihm ausstehende betriebliche Invaliditätsversorgungsansprüche für den Zeitraum 1. Juni 2017 bis 31. Oktober 2019 iHv. 1.187,55 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,                            2.     die Beklagte zu verurteilen, ihm ausstehende betriebliche Invaliditätsversorgungsansprüche für den Zeitraum 1. November 2019 bis 31. Dezember 2019 iHv. 81,90 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1. Januar 2020 zu zahlen,                            3.     die Beklagte zu verurteilen, ihm ausstehende betriebliche Invaliditätsversorgungsansprüche für den Zeitraum 1. Januar 2020 bis 30. April 2020 iHv. 163,80 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. 7 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Invaliditätsrente nach der Versorgungszusage lägen nicht vor. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung sei nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI nur befristet bewilligt worden. Dieser Befristung liege die Annahme zugrunde, dass Maßnahmen der Therapie bzw. der Rehabilitation erfolgreich sein könnten und eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit zur Folge habe. Deshalb sei nicht von einer „voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ auszugehen. Der Bescheid vom 16. März 2020 ändere daran nichts. Jedenfalls für die Monate Juni und Juli 2017 stehe dem Kläger keine betriebliche Invalidenrente zu, denn das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf des 31. Juli 2017 geendet. 8 Das Arbeitsgericht hat die Klage mit den bei ihm ausschließlich anhängigen Anträgen zu 1. und zu 2. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der um den Antrag zu 3. erweiterten Klage insgesamt stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision. Entscheidungsgründe 9 Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht entsprochen. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis zum 30. April 2020 Anspruch auf eine monatliche Invalidenrente iHv. 40,95 Euro brutto. 10 I. Die Revision hat nicht deshalb teilweise Erfolg, weil die Erweiterung der Klage um den Antrag zu 3. im Berufungsverfahren unzulässig gewesen wäre. Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der geänderten Antragsformulierung im Berufungsverfahren stillschweigend bejaht. In der Revisionsinstanz ist in entsprechender Anwendung von § 268 ZPO nicht mehr zu überprüfen, ob eine Klageänderung vorliegt und diese ggf. die Voraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt (vgl. BAG 1. Dezember 2020 – 9 AZR 102/20 – Rn. 25 mwN). 11 II. Die Revision ist insgesamt unbegründet. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat im Streitzeitraum vom 1. Juni 2017 bis zum 30. April 2020 Anspruch auf eine monatliche Invalidenrente iHv. 40,95 Euro brutto. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invalidenrente nach der Versorgungszusage vom 2. Januar 2000. Seit dem 1. Juni 2017 liegen die Voraussetzungen des Versorgungsfalls einer „voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ vor. 12 1. Der Kläger erfüllt im Streitzeitraum die Voraussetzungen der Versorgungszusage. Der vom Kläger der Beklagten vorgelegte Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Nord vom 7. Juni 2018 über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung belegt, dass beim Kläger seit dem 1. Juni 2017 eine voraussichtlich dauernde völlige Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts vorlag. Damit sind die Voraussetzungen der Versorgungszusage erfüllt. Dies ergibt deren Auslegung nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Regelungen. 13 a) Die Versorgungszusage ist nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Regeln auszulegen. 14 aa) Sie enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB. Hierfür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. Juli 2016 – 3 AZR 141/15 – Rn. 15; 20. März 2019 – 7 AZR 98/17 – Rn. 21; 18. Oktober 2018 – 6 AZR 246/17 – Rn. 12; 27. Januar 2016 – 5 AZR 278/14 – Rn. 16 mwN). Die Überschrift „Urkunde K Buch- und Verlagsdruckerei“ sowie die Formulierung als einseitige Zusage lassen erkennen, dass die Beklagte die Bedingungen einseitig formuliert hat. Die Tatsache, dass die Urkunde erkennbar ein Formular ist, das lediglich durch die den Kläger betreffenden Daten ergänzt wurde, sowie die Beifügung allgemeiner „Versorgungsrichtlinien“ lassen auf eine Vorformulierung zur mehrfachen Verwendung schließen. 15 bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von rechtsunkundigen, verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (st. Rspr., zB BAG 23. März 2021 – 3 AZR 99/20 – Rn. 15 mwN). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (BAG 4. August 2015 – 3 AZR 137/13 – Rn. 31 mwN, BAGE 152, 164). 16 b) Danach besteht ein Anspruch auf die betriebliche Invalidenrente nach der Versorgungszusage vom 2. Januar 2000, wenn der Versorgungsberechtigte voll erwerbsgemindert iSd. § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ist und deshalb eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält. 17 aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist bei der Auslegung der Begriffe der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit in Versorgungsbestimmungen regelmäßig von einer Kopplung an das Sozialversicherungsrecht auszugehen (BAG 19. Mai 2016 – 3 AZR 794/14 – Rn. 41, BAGE 155, 125; 11. Oktober 2011 – 3 AZR 795/09 – Rn. 25; 20. Februar 2001 – 3 AZR 21/00 – zu I 1 der Gründe; 14. Dezember 1999 – 3 AZR 742/98 – zu I 1 der Gründe; 24. Juni 1998 – 3 AZR 288/97 – zu B II 1 der Gründe, BAGE 89, 180; 19. April 1983 – 3 AZR 4/81 – zu I 1 b (2) der Gründe). Der Arbeitgeber ist zwar nicht verpflichtet, sich am gesetzlichen Rentenversicherungsrecht zu orientieren (vgl. BAG 20. Oktober 1987 – 3 AZR 208/86 -). Sieht er aber davon ab, die Begriffe der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit selbst zu definieren und den Eintritt des Versorgungsfalls eigenständig festzulegen, will er damit in der Regel die sozialversicherungsrechtlichen Gegebenheiten übernehmen (BAG 19. Mai 2016 – 3 AZR 794/14 – aaO; 11. Oktober 2011 – 3 AZR 795/09 – aaO). 18 bb) Die Versorgungszusage vom 2. Januar 2000 bezieht sich mit der Wendung „völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ darüber hinaus sogar ausdrücklich auf die sozialversicherungsrechtlichen Begrifflichkeiten. Es handelt sich um eine dynamische Bezugnahme auf das jeweils geltende Sozialversicherungsrecht. 19 (1) Statische Verweisungen und die damit verbundene Festschreibung bestimmter Regelungen sind die Ausnahme und müssen deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Senats deutlich zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BAG 19. Mai 2016 – 3 AZR 794/14 – Rn. 43, BAGE 155, 125; 9. Oktober 2012 – 3 AZR 539/10 – Rn. 32; 19. April 2011 – 3 AZR 272/09 – Rn. 26; 19. Januar 2011 – 3 AZR 83/09 – Rn. 26, BAGE 136, 374; 16. Dezember 2009 – 5 AZR 888/08 – Rn. 14; zustimmend Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 7. Aufl. Anh. § 1 Rn. 174; Höfer/Höfer Bd. I Stand Januar 2021 Kap. 7 Rn. 87). Anhaltspunkte für einen dahingehenden Willen der Parteien sind vorliegend nicht ersichtlich. 20 (2) Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) am 1. Januar 2001 ist an die Stelle der Rente wegen Berufsunfähigkeit und der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die Rente wegen Erwerbsminderung getreten. Nach § 43 Abs. 1 SGB VI nF erhalten Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, erhalten nach § 43 Abs. 2 SGB VI nF eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (BAG 19. Mai 2016 – 3 AZR 794/14 – Rn. 46, BAGE 155, 125; 9. Oktober 2012 – 3 AZR 539/10 – Rn. 27; 28. Juni 2011 – 3 AZR 385/09 – Rn. 33, BAGE 138, 184; 19. Januar 2011 – 3 AZR 83/09 – Rn. 27, BAGE 136, 374). 21 Die Rente wegen voller Erwerbsminderung entspricht nach Voraussetzungen und Inhalt der früheren Erwerbsunfähigkeitsrente. Nach § 44 SGB VI aF war erwerbsunfähig der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande war, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder ausreichendes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen. Auch am Rentenartfaktor, der sich nach § 67 SGB VI aF bei Renten wegen Erwerbsunfähigkeit auf 1,0 belief, hat sich durch das SGB VI nF nichts geändert. Bei Renten wegen voller Erwerbsminderung beläuft sich dieser Faktor nach § 67 SGB VI nF unverändert auf 1,0 (BAG 19. Mai 2016 – 3 AZR 794/14 – Rn. 47, BAGE 155, 125; 28. Juni 2011 – 3 AZR 385/09 – Rn. 34, BAGE 138, 184; 19. April 2011 – 3 AZR 272/09 – Rn. 29; 19. Januar 2011 – 3 AZR 83/09 – Rn. 28, BAGE 136, 374). 22 cc) Beide Definitionen setzen für den Versicherungsfall im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung voraus, dass der Versicherte „wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande“ sein muss, in näher bestimmtem Umfang erwerbstätig zu sein. Damit setzt das SGB VI in beiden Fassungen voraus, dass der Versicherte „auf nicht absehbare Zeit“ und damit letztlich „voraussichtlich dauernd“ erwerbsunfähig bzw. völlig erwerbsgemindert ist. Dies entspricht auch dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach „dauernd“ „für längere Zeit in gleich bleibender Weise vorhanden, wirkend, geltend“ meint (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort „dauernd“), nicht jedoch endgültig. 23 Für die Definition des Versorgungsfalls nach der vorliegenden Versorgungszusage („voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“), kommt es damit nicht auf die Frage an, ob die Rente von der gesetzlichen Rentenversicherung als befristete Rente oder als unbefristete Dauerrente bewilligt wird. Diese Formulierung in der Versorgungszusage nimmt lediglich die genannten Regelungen nach § 44 SGB VI aF bzw. § 43 Abs. 2 SGB VI nF in Bezug, also die Vorschriften über die materiellen Voraussetzungen einer an die Invalidität anknüpfenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Nicht in Bezug genommen sind dagegen die in §§ 99 ff. SGB VI seit jeher geregelten Fragen der befristeten oder unbefristeten Bewilligung einer Rente ua. wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. nunmehr wegen Erwerbsminderung. Dabei handelt es sich lediglich um Verfahrensvorschriften, die nicht den Begriff der dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts festlegen, den die Versorgungszusage aufgreift. 24 c) Durch die Vorlage des Bescheids der Deutschen Rentenversicherung Nord vom 7. Juni 2018 hat der Kläger diese Voraussetzung für die betriebliche Invaliditätsrente auch ausreichend nachgewiesen. Die Beibringung anderer Unterlagen nach den Versorgungsrichtlinien hat die Beklagte nicht verlangt. 25 2. Dem Kläger steht auch für die Monate Juni und Juli 2017 die Invalidenrente zu, obschon sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten erst mit Ablauf des 31. Juli 2017 geendet hat. Die vorliegende Versorgungszusage setzt für die Gewährung der Invalidenrente nicht die vorherige Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus. 26 3. Die Höhe der monatlichen Invalidenrente ist zwischen den Parteien nicht umstritten; der Anspruch auf Zinsen ergibt sich aus § 286 Abs. 1 Satz 2, § 288 Abs. 1, § 291 BGB. 27 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.              Zwanziger                  Spinner                  Günther-Gräff                                    Xaver Aschenbrenner                  Kemper" bag_2-21,26.01.2021,"26.01.2021 2/21 - Haftung des Betriebserwerbers in der Insolvenz Der Erwerber eines Betriebs(teils) in der Insolvenz haftet nach § 613a Abs. 1 BGB für Ansprüche der übergegangenen Arbeitnehmer auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur zeitanteilig für die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgelegte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Für die Leistungen, die auf Zeiten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhen, haftet er auch dann nicht, wenn für diesen Teil der Betriebsrente nach dem Betriebsrentengesetz der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) – der gesetzlich bestimmte Träger der Insolvenzsicherung – nicht vollständig eintritt. Den beiden Klägern sind Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden. Nach der Versorgungsordnung berechnet sich ihre Betriebsrente nach der Anzahl der Dienstjahre und dem – zu einem bestimmten Stichtag vor dem Ausscheiden – erzielten Gehalt. Über das Vermögen ihrer Arbeitgeberin wurde am 1. März 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im April 2009 ging der Betrieb nach § 613a Abs. 1 BGB auf die Beklagte über. Einer der Kläger erhält seit August 2015 von der Beklagten eine Betriebsrente iHv. ca. 145,00 Euro und vom PSV eine Altersrente iHv. ca. 817,00 Euro. Bei der Berechnung legte die Beklagte zwar die Versorgungsordnung einschließlich des zum maßgeblichen Stichtag vor dem Versorgungsfall bezogenen höheren Gehalts zugrunde, ließ aber den Anteil an der Betriebsrente, der vor der Insolvenz erdient war, außer Betracht. Der PSV setzte dagegen – wie im Betriebsrentengesetz vorgesehen – das zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgebliche niedrigere Gehalt des Klägers an. Der Kläger hält die Beklagte für verpflichtet, ihm eine höhere Betriebsrente zu gewähren. Diese müsse sich nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung auf der Basis des höheren Gehalts unter bloßem Abzug des Betrags errechnen, den er vom PSV erhalte. Der andere Kläger verfügte bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht über eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft. Daher steht ihm bei Eintritt eines Versorgungsfalls nach dem Betriebsrentengesetz kein Anspruch gegen den PSV zu. Er hält die Beklagte für verpflichtet, ihm künftig eine Betriebsrente in voller Höhe zu gewähren. Die Vorinstanzen haben die Klagen abgewiesen. Die Revisionen der Kläger hatten vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Nach der – im Hinblick auf die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts einschränkenden – Auslegung von § 613a Abs. 1 BGB durch die deutschen Arbeitsgerichte können die Kläger mit ihren Klagebegehren nicht durchdringen. Danach haftet ein Betriebserwerber in der Insolvenz nicht für Betriebsrentenanwartschaften, die im Sinne von § 108 Abs. 3 Insolvenzordnung für die Zeit vor Insolvenzeröffnung entstanden sind. Diese Rechtsprechung ist – wie der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden hat (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction])– mit Unionsrecht vereinbar. Sie rechtfertigt sich nach der allgemeinen Regelung des Art. 3 Abs. 4 Richtlinie 2001/23/EG, der auch neben den nur in der Insolvenz geltenden Bestimmungen in deren Art. 5 anwendbar bleibt. Voraussetzung ist, dass ein Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG entsprechender Mindestschutz gewährt wird. Dieser unionsrechtlich gebotene Mindestschutz wird in der Bundesrepublik Deutschland durch einen unmittelbar aus dem Unionsrecht folgenden und gegen den PSV gerichteten Anspruch gewährleistet. Eine Haftung des Erwerbers scheidet deshalb aus. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Januar 2021 – 3 AZR 139/17 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 20. Januar 2017 – 6 Sa 582/16 –   Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Januar 2021 – 3 AZR 878/16 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. November 2016 – 1 Sa 120/16 –   Der Senat hat in 20 weiteren – im Wesentlichen gleich gelagerten – Rechtsstreiten die Klageabweisungen der Vorinstanzen bestätigt. Art. 3 Richtlinie 2001/23/EG lautet auszugsweise: „1. Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis gehen aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über. … 3. Nach dem Übergang erhält der Erwerber die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder zum Ablauf des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Maße aufrecht, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräußerer vorgesehen waren. Die Mitgliedstaaten können den Zeitraum der Aufrechterhaltung der Arbeitsbedingungen begrenzen, allerdings darf dieser nicht weniger als ein Jahr betragen. 4. a) Sofern die Mitgliedstaaten nicht anderes vorsehen, gelten die Absätze 1 und 3 nicht für die Rechte der Arbeitnehmer auf Leistungen bei Alter, Invalidität oder für Hinterbliebene aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten. b) Die Mitgliedstaaten treffen auch dann, wenn sie gemäß Buchstabe a) nicht vorsehen, dass die Absätze 1 und 3 für die unter Buchstabe a) genannten Rechte gelten, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer sowie der Personen, die zum Zeitpunkt des Übergangs bereits aus dem Betrieb des Veräußerers ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer Rechte oder Anwartschaftsrechte auf Leistungen bei Alter, einschließlich Leistungen für Hinterbliebene, aus den unter Buchstabe a) genannten Zusatzversorgungseinrichtungen.“","Tenor Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Januar 2017 – 6 Sa 582/16 – werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger 19/20 und die Beklagte 1/20 zu tragen. Leitsatz 1. Die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts gehen § 613a BGB als Spezialregelungen für bereits entstandene Ansprüche oder Anwartschaften vor, so dass der Erwerber nicht für eine aufgrund des Endgehaltsbezugs einer Versorgungsordnung bei Insolvenzeröffnung bereits vom Arbeitnehmer erdiente Dynamik einstehen muss. Insoweit scheidet auch eine Eintrittspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV) aus. Die wertmäßige Differenz kann der Arbeitnehmer als aufschiebend bedingte Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden. 2. Arbeitnehmern muss als Mindestschutz ihrer Forderungen auf betriebliche Altersversorgung ein Anspruch nach Art. 3 Abs. 4 Buchst. b Richtlinie 2001/23/EG iVm. Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG gewährt werden. Das begründet in Deutschland einen unmittelbar aus dem Unionsrecht folgenden Anspruch gegen den PSV. Tatbestand 1 Die Parteien streiten darüber, in welchem Umfang die Beklagte dem Kläger nach einem Betriebsübergang in der Insolvenz eine Altersrente zu gewähren hat. 2 Der im März 1950 geborene Kläger war seit dem 1. Oktober 1968 bei der T GmbH beschäftigt. Bei dieser galt die Gesamtbetriebsvereinbarung „Pensionsordnung für Betriebsangehörige der Firma T GmbH, Leverkusen“ vom 28. September 1979 (im Folgenden PO 1979). Diese bestimmt ua.:          „§ 1             Kreis der Pensionsberechtigten          1.     Die Firma gewährt ihren Betriebsangehörigen, sofern die nachstehenden Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind, bei Eintritt des Versorgungsfalles Pensionsleistungen. …                            § 2               Arten der Pensionsleistungen          1.     Die Leistungen nach dieser Pensionsordnung bestehen in der Zahlung von laufenden Pensionen. Sie werden gewährt als Altersrenten, als Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrenten, als Witwenrenten und Waisenrenten.          …                                   § 3               Voraussetzungen für die Pensionsleistungen          1.     Der Anspruch auf Pensionsleistungen entsteht nach Eintritt des Versorgungsfalles, wenn bis zu diesem Zeitpunkt von dem Betriebsangehörigen das 30. Lebensjahr vollendet und eine Wartezeit von 5 (fünf) anrechenbaren Dienstjahren erfüllt ist.          …                          § 4               Höhe der Pensionsleistungen          1.     Die Pensionen an die Betriebsangehörigen (Altersrenten, Invalidenrenten) ergeben sich aus den Steigerungsbeträgen nach Dienstjahren und bei vorzeitigen Versorgungsfällen evtl. aus Zurechnungszeiten. Für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr beträgt der Steigerungssatz 0,5 % der ruhegeldfähigen Bezüge. Der Höchstsatz der Rente wird auf 22,5 % festgelegt; dieser wird nach 45 Dienstjahren erreicht. …          …                          § 5               Anrechnungsfähige Dienstjahre          1.     Als anrechnungsfähige Dienstjahre gelten alle von dem Betriebsangehörigen nach Vollendung des 20. Lebensjahres ohne Unterbrechung in den Diensten der Firma verbrachten vollen Jahre. Angefangene Dienstjahre von mehr als 6 Monaten gelten als volles anrechnungsfähiges Dienstjahr.          …                          § 6               Berechnungsgrundlage der betriebl. Altersversorgung          1.     Für die Errechnung der Pensionsleistungen wegen Erreichen der Altersgrenze ist der ein Jahr vor dem Ausscheiden zum nächstliegenden Stichtag – 1. Januar / 1. Juli – gültige Brutto-Monatsbezug maßgebend; …          …                          § 7               Bestimmungen über den Eintritt des Versorgungsfalles          1.     Als Eintritt des Versorgungsfalles gilt für die Altersrente das Erreichen der Altersgrenze. Als feste Altersgrenze wird die Vollendung des 65. Lebensjahres festgelegt. Die Zahlung der Altersrente erfolgt nach dem Ausscheiden des Berechtigten aus den Diensten der Firma.                   Betriebsangehörige, die das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen und aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis beenden, erhalten die vorgezogene Altersrente. In diesen Fällen wird die nach § 4 erreichbare Rente wegen des vorgezogenen Rentenbeginns für jeden Monat des vorzeitigen Beginns um 0,5 % ihres Betrages gekürzt.“ 3 Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand seit September 1998 mit der B GmbH fort. Diese firmierte im Jahr 2000 in T F GmbH (im Folgenden T F) um. Sie kündigte die PO 1979 zum 31. März 2003. 4 Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 1. März 2009 (- 74 IN 338/08 -) wurde über das Vermögen der T F das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Zustimmung des Insolvenzverwalters wurde deren Geschäftsbetrieb fortgesetzt. Die Betriebe der T F gingen am 22. April 2009 nach § 613a Abs. 1 BGB auf die F O GmbH über, die ab Juni 2009 erneut als T F GmbH firmierte. Zum 1. Januar 2010 erfolgte „im Rahmen einer internen Umstrukturierung“ eine Überführung des Arbeitsverhältnisses auf die T E GmbH, die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits. 5 Der Pensions-Sicherungs-Verein (im Folgenden PSV) erteilte dem Kläger einen Anwartschaftsausweis, aus dem sich eine insolvenzgesicherte Anwartschaft auf eine betriebliche Altersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres iHv. 816,99 Euro monatlich ergibt. Bei der Berechnung legte der PSV den zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. März 2009 maßgeblichen Bruttomonatsbezug des Klägers zugrunde. 6 Der Kläger schied mit Ablauf des 31. Juli 2015 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus. Seit dem 1. August 2015 gewähren ihm die Beklagte eine betriebliche Altersrente auf der Grundlage der PO 1979 iHv. 145,03 Euro monatlich und der PSV iHv. 816,99 Euro monatlich. 7 Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte müsse ihm eine höhere Betriebsrente zahlen. Sie dürfe von der sich nach der PO 1979 zu berechnenden Altersrente nur die vom PSV erbrachte Leistung in Abzug bringen. Durch die PO 1979 sei eine endgehaltsbezogene Versorgung zugesagt worden. Die Beschränkung des § 613a BGB bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz habe nicht zur Folge, dass der Erwerber hinsichtlich der vor dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung liegenden anrechnungsfähigen Dienstjahre nicht für die sich aus dem Endgehaltsbezug ergebende Gehaltsdynamik hafte. Aus § 7 Abs. 2 BetrAVG (jetzt § 7 Abs. 2 und Abs. 2a BetrAVG nF) folge nichts anderes. Danach beschränke sich die Haftung des PSV wegen des Festschreibeeffektes und der Veränderungssperre nach § 7 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG (jetzt § 7 Abs. 2a Satz 4 BetrAVG nF) zwar nur auf den Teil der Altersrente, der unter Berücksichtigung des bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgebenden Gehalts anteilig erdient worden sei. Die Vorschrift regle jedoch nur den Umfang der Eintrittspflicht des PSV. Auch der Anspruchsübergang in § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG erfasse lediglich den Teil der Anwartschaft, für den der PSV einzutreten habe. Auf der Grundlage der PO 1979 ergebe sich nach 45 anrechnungsfähigen Dienstjahren bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen und einem versorgungsfähigen Brutto-Monatsbezug iHv. 4.940,00 Euro eine monatliche betriebliche Altersrente von 1.111,50 Euro brutto. Nach Abzug des vom PSV geleisteten Betrags schulde die Beklagte eine um 149,48 Euro brutto monatlich höhere Rente. 8 Der Kläger hat beantragt,          1.     die Beklagte zu verurteilen, an ihn 747,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.          2.     festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn monatlich ab dem 1. Januar 2016 neben den mit Schreiben vom 30. Juli 2015 zugesagten 145,03 Euro weitere 149,48 Euro als betriebliche Altersversorgung zu zahlen. 9 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz hafte der Erwerber nicht für die vor der Insolvenz erdienten Anwartschaften, sondern entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG nur zeitanteilig für den Teil der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Betriebszugehörigkeitszeit. Die vor der Insolvenzeröffnung erworbenen unverfallbaren Anwartschaften unterlägen den insolvenzrechtlichen Verteilungsgrundsätzen und den Vorschriften der Insolvenzsicherung durch den PSV. 10 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers, mit der dieser den Zahlungsantrag auf 1.195,84 Euro nebst Zinsen ab dem 13. August 2016, dem Tag nach der Zustellung der Berufungsbegründung, erweitert hat, das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. August 2015 bis zum 31. März 2016 iHv. 58,08 Euro nebst Zinsen seit dem 13. August 2016 zu zahlen und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger monatlich ab dem 1. April 2016 neben den mit Schreiben vom 30. Juli 2015 zugesagten 145,03 Euro weitere 7,26 Euro Altersrente zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine darüberhinausgehenden Klageanträge weiter. Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. 11 Mit Beschluss vom 16. Oktober 2018 (- 3 AZR 139/17 [A] – BAGE 164, 1), berichtigt durch Beschluss vom 11. Dezember 2018, hat der Senat das Revisionsverfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV um die Beantwortung folgender Fragen ersucht:          „1.      Erlaubt Art. 3 Absatz 4 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen bei einem Betriebsübergang nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betriebsveräußerers im nationalen Recht, welches grundsätzlich die Anwendung von Art. 3 Absatz 1 und Absatz 3 der Richtlinie 2001/23/EG auch für die Rechte der Arbeitnehmer auf Leistungen bei Alter, Invalidität oder für Hinterbliebene aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen bei einem Betriebsübergang anordnet, eine Einschränkung dahingehend, dass der Erwerber nicht für Anwartschaften haftet, die auf Beschäftigungszeiten vor der Insolvenzeröffnung beruhen?          2.     Falls die erste Vorlagefrage bejaht wird:                   Richten sich die nach Art. 3 Absatz 4 Buchstabe b der Richtlinie 2001/23/EG notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Rechte oder Anwartschaftsrechte auf Leistungen bei Alter aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen bei einem Betriebsübergang nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betriebsveräußerers nach dem von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers geforderten Schutzniveau?          3.     Falls die zweite Vorlagefrage verneint wird:                   Ist Art. 3 Absatz 4 Buchstabe b der Richtlinie 2001/23/EG dahin auszulegen, dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Rechte oder Anwartschaftsrechte auf Leistungen bei Alter aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen getroffen sind, wenn das nationale Recht vorsieht, dass                   –        die Verpflichtung, dem vom Betriebsübergang in der Insolvenz erfassten Arbeitnehmer aus der betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtung künftig eine Leistung bei Alter zu gewähren, grundsätzlich auf den Betriebserwerber übergeht,                   –        der Betriebserwerber für Versorgungsanwartschaften, deren Höhe sich unter anderem nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und des Arbeitsentgelts bei Eintritt des Versorgungsfalls bestimmt, in dem Umfang haftet, in dem diese auf die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachten Zeiten der Betriebszugehörigkeit beruhen,                   –        der nach nationalem Recht bestimmte Träger der Insolvenzsicherung in diesem Fall für den vor der Insolvenzeröffnung erworbenen Teil der Versorgungsanwartschaft insoweit einzutreten hat, als dessen Höhe sich nach dem zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vom Arbeitnehmer bezogenen Arbeitsentgelt errechnet, und                   –        weder der Erwerber noch der Träger der Insolvenzsicherung für die Steigerungen der Versorgungsanwartschaft haften, die durch zwar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattfindende Erhöhungen des Arbeitsentgelts, aber für vor diesem Zeitpunkt erbrachte Zeiten der Betriebszugehörigkeit erfolgen,                   –        der Arbeitnehmer diese wertmäßige Differenz seiner Anwartschaft aber im Insolvenzverfahren des Veräußerers geltend machen kann?          4.     Ist, wenn das nationale Recht die Anwendung von Art. 3 und Art. 4 der Richtlinie 2001/23/EG im Fall eines Betriebsübergangs auch während eines Insolvenzverfahrens anordnet, Art. 5 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2001/23/EG auf Versorgungsanwartschaften der Arbeitnehmer aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen anwendbar, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar bereits entstanden sind, jedoch erst bei Eintritt des Versorgungsfalls und damit erst zu einem späteren Zeitpunkt zu Leistungsansprüchen der Arbeitnehmer führen?          5.     Falls die zweite oder die vierte Vorlagefrage bejaht werden:                   Erfasst das nach Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers von den Mitgliedstaaten zu gewährende Mindestschutzniveau auch den Teil der zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung erworbenen Versorgungsanwartschaft, der nur deshalb entsteht, weil das Arbeitsverhältnis nicht im Zusammenhang mit der Insolvenz beendet wird?          6.     Falls die fünfte Vorlagefrage bejaht wird:                   Unter welchen Umständen können die durch die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers erlittenen Verluste des ehemaligen Arbeitnehmers bei den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung als offensichtlich unverhältnismäßig angesehen werden und damit die Mitgliedstaaten verpflichten, hiergegen einen Mindestschutz nach Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG zu gewährleisten, obwohl der ehemalige Arbeitnehmer mindestens die Hälfte der Leistungen erhält, die sich aus seinen erworbenen Rentenansprüchen ergeben?          7.     Falls die fünfte Vorlagefrage bejaht wird:                   Wird ein nach Art. 3 Absatz 4 Buchstabe b der Richtlinie 2001/23/EG oder Art. 5 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2001/23/EG erforderlicher – Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG gleichwertiger – Schutz für Versorgungsanwartschaften der Arbeitnehmer auch dann gewährt, wenn sich dieser nicht aus dem nationalen Recht, sondern nur aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG ergibt?          8.     Falls die siebte Vorlagefrage bejaht wird:                   Entfaltet Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG auch dann unmittelbare Wirkung, sodass er von einem einzelnen Arbeitnehmer vor dem nationalen Gericht geltend gemacht werden kann, wenn dieser zwar mindestens die Hälfte der Leistungen erhält, die sich aus seinen erworbenen Rentenansprüchen ergeben, seine durch die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers erlittenen Verluste aber dennoch als unverhältnismäßig anzusehen sind?          9.     Falls die achte Vorlagefrage bejaht wird:                   Ist eine privatrechtlich organisierte Einrichtung, die von dem Mitgliedstaat – für die Arbeitgeber verpflichtend – als Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung bestimmt ist, der staatlichen Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegt sowie die für die Insolvenzsicherung erforderlichen Beiträge kraft öffentlichen Rechts von den Arbeitgebern erhebt und wie eine Behörde die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung durch Verwaltungsakt herstellen kann, eine öffentliche Stelle des Mitgliedstaates?“ 12 Mit Urteil vom 9. September 2020 (- C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction]) hat der Gerichtshof der Europäischen Union wie folgt erkannt:          „1.      Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist, insbesondere unter Berücksichtigung ihres Art. 3 Abs. 1 und 4 sowie ihres Art. 5 Abs. 2 Buchst. a, dahin auszulegen, dass sie beim Übergang eines von einem Insolvenzverfahren betroffenen Betriebs, der von dessen Insolvenzverwalter durchgeführt wurde, einer nationalen Regelung in ihrer Auslegung durch die nationale Rechtsprechung, wonach der Erwerber nicht für Anwartschaften eines Arbeitnehmers auf eine Altersrente aus einer betrieblichen Zusatzversorgungseinrichtung, die auf Beschäftigungszeiten vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhen, haftet, wenn der Versorgungsfall nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt, nicht entgegensteht, sofern hinsichtlich des Teils des Betrags, für den der Erwerber nicht haftet, die zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer getroffenen Maßnahmen ein Schutzniveau bieten, das dem von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers geforderten zumindest gleichwertig ist.          2.     Art. 3 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2001/23 in Verbindung mit Art. 8 der Richtlinie 2008/94 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung in ihrer Auslegung durch die nationale Rechtsprechung entgegensteht, die bei Eintritt des Versorgungsfalls für Rechte auf Leistungen bei Alter aus einer betrieblichen Zusatzversorgungseinrichtung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, während dessen der Betrieb übergegangen ist, und hinsichtlich des Teils der Leistungen, der nicht vom Erwerber zu tragen ist, vorsieht, dass zum einen der nach nationalem Recht bestimmte Träger der Insolvenzsicherung nicht eintreten muss, wenn die Anwartschaften auf Leistungen bei Alter zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht unverfallbar waren, und dass zum anderen der Betrag des Teils der Leistungen, für den der Träger der Insolvenzsicherung haftet, auf der Grundlage der monatlichen Bruttovergütung des betreffenden Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechnet wird, wenn sich daraus ergibt, dass den Arbeitnehmern der durch diese Bestimmung gewährte Mindestschutz verwehrt wird, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.          3.     Art. 8 der Richtlinie 2008/94 kann, soweit er einen Mindestschutz der erworbenen Rechte oder Anwartschaftsrechte der Arbeitnehmer auf Leistungen bei Alter vorsieht, unmittelbare Wirkung entfalten, so dass er gegenüber einer privatrechtlich organisierten Einrichtung, die vom betreffenden Mitgliedstaat als Träger der Arbeitgeberinsolvenzsicherung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bestimmt worden ist, geltend gemacht werden kann, sofern zum einen diese Einrichtung in Anbetracht der Aufgabe der Sicherung, mit der sie betraut ist, und der Bedingungen, unter denen sie sie erfüllt, dem Staat gleichgestellt werden kann und zum anderen sich diese Aufgabe tatsächlich auf die Arten von Leistungen bei Alter erstreckt, für die der in Art. 8 dieser Richtlinie vorgesehene Mindestschutz verlangt wird, was vom vorlegenden Gericht festzustellen ist.“ Entscheidungsgründe 13 Die Revisionen haben – auch unter Beachtung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Urteil vom 9. September 2020 (- C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction]) – keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden. 14 I. Die Revision des Klägers ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – zulässig, soweit sie sich gegen die Ablehnung eines Anspruchs aus § 613a Abs. 1 BGB iVm. der PO 1979 richtet. Sie ist jedoch unzulässig, soweit der Kläger seinen Anspruch auf eine gesonderte Zusage der Beklagten stützt. 15 1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Dazu hat der Revisionsführer darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügen hierfür nicht (BAG 7. Juni 2017 – 1 AZR 608/16 – Rn. 9 mwN). Betrifft die angefochtene Entscheidung mehrere Streitgegenstände iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (statt vieler BAG 21. August 2019 – 7 AZR 563/17 – Rn. 17 mwN; 10. Februar 2015 – 3 AZR 65/14 – Rn. 15 mwN). 16 2. Danach genügt die Revisionsbegründung des Klägers den gesetzlichen Anforderungen, soweit er sich auf einen Anspruch aus § 613a Abs. 1 BGB iVm. der PO 1979 beruft. 17 a) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit angenommen, die Beklagte sei nicht verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2015 eine nach der PO 1979 ermittelte Altersrente zu zahlen, von der lediglich die ihm vom PSV gewährte Leistung in Abzug zu bringen ist. Die mit dieser Berechnung begehrte Ausfallhaftung ergebe sich nicht aus § 613a Abs. 1 BGB iVm. der PO 1979. Die Beklagte hafte nicht für den bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erdienten Teil der Altersrente. Dies betreffe auch die hierauf entfallende Dynamik. Die endgehaltsabhängige Dynamik sei zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits erdient gewesen. Der Kläger habe – anders als von ihm angenommen – auch die Möglichkeit gehabt, diesen wegen des Endgehaltsbezugs der PO 1979 bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht feststehenden Teils seiner späteren Betriebsrente im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderung geltend zu machen. Da die künftige Gehaltsentwicklung unbekannt sei, handele es sich um eine unbestimmte Geldforderung, deren Wert zu schätzen sei. Die Höhe der von der Beklagten zu zahlenden Altersrente berechne sich daher zeitratierlich. Auch das Unionsrecht gebiete kein anderes Ergebnis. 18 b) Dem tritt die Revision des Klägers entgegen und führt ua. aus, der Erwerber müsse in der Insolvenz vollumfänglich für die erdiente Dynamik einstehen. Es handele sich um ein auch nach dem Betriebsübergang fortbestehendes Versorgungsverhältnis und damit einen einheitlichen Betriebsrentenanspruch; nur der nach § 7 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrAVG (jetzt § 7 Abs. 2 und Abs. 2a Satz 2 BetrAVG nF) iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zu ermittelnde zeitratierlich errechnete Teilanspruch, für den der PSV hafte, könne den Übernehmer entlasten. Der vorliegend streitbefangene Teil des Anspruchs beziehe sich auf den Zeitraum nach der Insolvenzeröffnung. Auch die vom Landesarbeitsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts trage seine Entscheidung nicht. Eine zeitratierliche Berechnung analog § 2 Abs. 1 BetrAVG scheide aus, da es an den Voraussetzungen einer Analogie fehle. Lediglich für den vom PSV zu tragenden Anteil sei eine solche Berechnung in § 7 Abs. 2 BetrAVG (jetzt § 7 Abs. 2 und Abs. 2a BetrAVG nF) angeordnet. Der vom Landesarbeitsgericht erfolgte Verweis der Arbeitnehmer auf die Anmeldung ihrer Forderung zur Tabelle führe bei endgehaltsbezogenen Zusagen zu einer übermäßigen Beanspruchung der Insolvenzmasse. Auch der Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung gebiete kein anderes Ergebnis. Bei dem bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht feststehenden Teil der späteren Betriebsrente handele es sich nicht um eine Insolvenzforderung. Wegen des Endgehaltsbezugs der PO 1979 entstehe der Anspruch insoweit erst durch die nach der Insolvenzeröffnung liegenden Gehaltssteigerungen. 19 Damit setzt sich die Revision des Klägers insoweit mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinander. Ob ihre Angriffe durchgreifen und eine andere Entscheidung bedingen, ist eine Frage der Begründetheit der Revision. 20 3. Die Revision des Klägers ist jedoch unzulässig, soweit er sich gegen die Ablehnung einer über die gesetzliche Haftung hinausgehenden Zusage der Beklagten beruft. 21 a) Der Kläger hat gegen das Berufungsurteil umfassend Revision eingelegt. Er hat sein Klagebegehren zumindest in der Berufungsinstanz zuletzt auch darauf gestützt, dass die Beklagte den Arbeitnehmern eine (eigenständige/zusätzliche) Zusage gegeben habe, die Betriebsrente wie vom ihm begehrt zu berechnen. Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen Streitgegenstand iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Diesen hat das Landesarbeitsgericht ausführlich geprüft und einen Anspruch des Klägers insoweit verneint. 22 b) Die Revisionsbegründung des Klägers verweist hinsichtlich dieses Streitgegenstands nur auf seine erstinstanzliche Replik und seinen Schriftsatz an das Berufungsgericht vom 7. November 2016. Auf die vom Landesarbeitsgericht angeführten Argumente geht er dabei nicht ein. Das stellt keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil dar. 23 II. Die Revisionen haben keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die zulässige Berufung des Klägers zu Recht nur teilweise entsprochen. Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. 24 1. Die Revision des Klägers ist nicht schon deshalb erfolglos, weil seine Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil unzulässig war. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. 25 a) Die Zulässigkeit der Berufung ist eine vom Senat von Amts wegen zu prüfende Prozessfortsetzungsbedingung. Fehlt sie, ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Ob das Landesarbeitsgericht die Berufung für zulässig gehalten hat, ist insoweit unerheblich (vgl. BAG 23. Februar 2016 – 3 AZR 230/14 – Rn. 9 mwN). 26 b) Die vorab per Fax übermittelte Berufungsbegründung des Klägers vom 8. August 2016 ist unvollständig beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Seitenränder sind teilweise nicht übermittelt worden. Allerdings sind sowohl die auf Seite 1 der Berufungsbegründung enthaltenen Berufungsanträge als auch die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten auf Seite 12 der Berufungsbegründung vollständig übermittelt. Auf den Seiten 2 bis 12 der Berufungsbegründung fehlen auf dem Ausdruck am rechten Rand jeweils Textteile. Dies führt aber nicht zur Unverständlichkeit der Berufungsbegründung. Aus dem übermittelten Text wird hinreichend deutlich, mit welchen Argumenten sich der Kläger gegen das arbeitsgerichtliche Urteil wendet. Dies ist ausreichend, um von einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung innerhalb der bis zum 8. August 2016 laufenden Frist zur Begründung der Berufung auszugehen. 27 2. Die Klage ist zulässig, das gilt auch für den Feststellungsantrag. 28 a) Der Antrag richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auch – wie vorliegend – auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (statt vieler BAG 31. Juli 2018 – 3 AZR 731/16 – Rn. 19, BAGE 163, 192; 21. Januar 2014 – 3 AZR 362/11 – Rn. 25 mwN). Der Feststellungsantrag betrifft die Höhe der Altersrente des Klägers. Damit geht es um die Klärung des Umfangs der Leistungspflicht der Beklagten. 29 b) Der Vorrang der Leistungsklage steht nicht entgegen. Die Feststellungsklage ermöglicht vorliegend eine sachgemäße und einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte, weshalb prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 20. Februar 2018 – 3 AZR 252/17 – Rn. 17 mwN, BAGE 162, 46). 30 3. Die Klage ist nur in dem vom Landesarbeitsgericht erkannten Umfang begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger eine Betriebsrente zu gewähren, deren Höhe sich nach den Bestimmungen der PO 1979 unter bloßem Abzug des Zahlbetrags, den der Kläger aufgrund der Insolvenz seiner früheren Arbeitgeberin vom PSV erhält, errechnet. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 613a Abs. 1 BGB iVm. der PO 1979. 31 a) Die Pflicht der Beklagten, dem Kläger eine Betriebsrente auf der Grundlage der PO 1979 zu gewähren, bestimmt sich nach § 613a BGB. Geht – wie vorliegend – ein Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 BGB von einem Betriebsveräußerer auf einen Betriebserwerber über, sind die Rechte der Arbeitnehmer auf der Grundlage dieser Vorschrift zu beurteilen. Danach richtet sich, ob das Arbeitsverhältnis übergeht und der Erwerber in vor dem Übergang entstandene Verpflichtungen des Veräußerers einzutreten hat. Dass sich aus der Betriebsverfassung die normative Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen nach dem Betriebsübergang ergeben kann (dazu BAG 25. Februar 2020 – 1 ABR 39/18 – Rn. 34 ff.), ändert daran nichts. Dies hat nur Bedeutung hinsichtlich der Frage, welche Rechtsnormen das Arbeitsverhältnis, nachdem es aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangen ist, unmittelbar und zwingend (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) ausgestalten. Die normative Weitergeltung beschränkt sich zudem nicht auf übernommene Arbeitnehmer, sondern wirkt auch für nach dem Übergang in den Betrieb eingetretene Arbeitnehmer. Für die Beantwortung der Frage, für welche schon entstandenen Verbindlichkeiten, auch solche aus Betriebsvereinbarungen, für die § 77 Abs. 4 BetrVG gilt, der Erwerber haftet, ist im Individualrechtsverhältnis § 613a BGB maßgeblich, nicht die Stellung des Erwerbers als Arbeitgeber im Sinne der Betriebsverfassung. Diese und nicht § 613a BGB ist dagegen entscheidend für die Pflicht des Erwerbers, bestehende materiell-rechtliche Verbindlichkeiten aus der Betriebsverfassung zu übernehmen, wie solche aus der Pflicht des Arbeitgebers nach § 40 BetrVG, die Kosten der Betriebsratsarbeit zu tragen (dazu BAG 20. August 2014 – 7 ABR 60/12 – Rn. 23 ff., 29). 32 b) Die Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 BGB sind erfüllt. 33 aa) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie – wenn die Betriebsvereinbarung nicht ohnehin kollektiv-rechtlich weitergilt – nach § 613a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB grundsätzlich Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer. Das gilt auch bei einem Betriebsübergang in der Insolvenz. 34 bb) Nach § 613a Abs. 1 BGB tritt der Erwerber eines Betriebs auch in die durch Betriebsvereinbarung begründeten Versorgungsversprechen der übernommenen Arbeitnehmer ein (st. Rspr. seit BAG 24. März 1977 – 3 AZR 649/76 – zu 1 der Gründe, BAGE 29, 94). Er wird Schuldner des Versorgungsversprechens und der sich daraus ergebenden Verpflichtungen auf Gewährung einer Betriebsrente bei Eintritt eines Versorgungsfalls (vgl. nur BAG 8. November 1988 – 3 AZR 85/87 – zu II der Gründe, BAGE 60, 118). Die von den übernommenen Arbeitnehmern beim Veräußerer bereits erbrachten Zeiten der Betriebszugehörigkeit sind hierbei mit zu berücksichtigen (vgl. EuGH 6. April 2017 – C-336/15 – [Unionen] Rn. 21; BAG 6. März 1980 – 3 AZR 375/78 – zu B II 2 der Gründe). Er wird also auch Schuldner der Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, die bereits bei Übergang des Arbeitsverhältnisses begründet waren. 35 cc) Die Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 BGB sind erfüllt. Am 22. April 2009 ging die T F in der Insolvenz auf die F O GmbH über; in der Folge gingen auch die Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf diese über. Auf diese Gesellschaft sind daher nach § 613a Abs. 1 BGB die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung übergegangen. Auch die Rechte und Pflichten aus der PO 1979 bestanden weiter. Die Betriebsrente ist danach unter Beachtung der bereits erbrachten Zeiten der Betriebszugehörigkeit zu berechnen. 36 c) Diese Grundsätze gelten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch nicht einschränkungslos für Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung, wenn der Betriebsübergang im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfolgt. 37 aa) Bereits unter der Geltung der Konkursordnung war anerkannt, dass der konkursrechtliche Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung eine Haftung des Erwerbers ausschließt, soweit Ansprüche der Arbeitnehmer oder Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung betroffen sind, die bereits vor der Konkurseröffnung entstanden sind (st. Rspr. seit BAG 17. Januar 1980 – 3 AZR 160/79 – zu II der Gründe, BAGE 32, 326). Maßgebend hierfür war, dass die konkursrechtlichen Haftungsregeln Vorrang beanspruchten. Nach dem Grundsatz der „par conditio creditorum“, der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung, waren alle vermögenswerten Rechte, die bei der Konkurseröffnung vorhanden waren, allein nach den Vorschriften der Konkursordnung zu befriedigen. Wenn die bei der Veräußerung eines Betriebs übernommene Belegschaft einen neuen zahlungskräftigen Haftungsschuldner für bereits entstandene Ansprüche erhielte, wäre sie jedoch im Vergleich zu anderen Gläubigern und vor allem auch gegenüber den ausgeschiedenen Arbeitnehmern unangemessen bevorzugt. Dieser Vorteil hätte von den übrigen Gläubigern insoweit finanziert werden müssen, als der Betriebserwerber den Kaufpreis mit Rücksicht auf die übernommene Haftung hätte mindern können. Eine so ungleiche Verteilung der Lasten war mit dem Konkursrecht nicht vereinbar. Deshalb beanspruchte § 613a BGB nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einer Betriebsveräußerung im Konkurs insoweit keine Geltung, als bei Konkurseröffnung bereits entstandene Ansprüche oder Versorgungsanwartschaften betroffen waren (vgl. etwa BAG 13. Juli 1994 – 7 ABR 50/93 – zu B II 2 a der Gründe, BAGE 77, 218; 13. November 1986 – 2 AZR 771/85 – zu II 2 a der Gründe; 17. Januar 1980 – 3 AZR 160/79 – zu II 3 c der Gründe, aaO). Diese Einschränkung galt bei Versorgungsanwartschaften unabhängig davon, ob der PSV als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung für diese einzustehen hatte (vgl. BAG 19. Mai 2005 – 3 AZR 649/03 – zu B I 2 d aa der Gründe, BAGE 114, 349; 29. Oktober 1985 – 3 AZR 485/83 – zu B II 3 b der Gründe, BAGE 50, 62). 38 bb) Diese zum Konkursverfahren entwickelten Grundsätze gelten auch für die Insolvenzordnung (vgl. etwa BAG 30. Oktober 2008 – 8 AZR 54/07 – Rn. 26 ff., BAGE 128, 229; 19. Dezember 2006 – 9 AZR 230/06 – Rn. 23; 19. Oktober 2004 – 9 AZR 645/03 – zu I 1 der Gründe; 20. Juni 2002 – 8 AZR 459/01 -). Für die Abwicklung der Ansprüche, die zur Zeit der Insolvenzeröffnung bereits entstanden sind, sieht die Insolvenzordnung – wie früher schon die Konkursordnung – ein Verfahren vor, das von dem Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung beherrscht ist (§ 1 InsO). Die besonderen Schutzbedürfnisse der Arbeitnehmer werden demgegenüber durch Sonderregelungen – wie etwa das Insolvenzgeld nach §§ 165 ff. SGB III und den Insolvenzschutz für die betriebliche Altersversorgung nach §§ 7 ff. BetrAVG – berücksichtigt. Daher gilt § 613a BGB auch bei einer Betriebsveräußerung in der Insolvenz nur eingeschränkt. Soweit die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts für bereits entstandene Ansprüche oder Anwartschaften eingreifen, gehen diese § 613a BGB als Spezialregelungen vor (vgl. BAG 19. Oktober 2004 – 9 AZR 645/03 – zu I 1 der Gründe). 39 Die rechtssystematischen Grundlagen der unter der Konkursordnung entwickelten Einschränkungen bestehen daher auch unter der Insolvenzordnung fort. Hinsichtlich der gesetzlichen Konzeption der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung besteht kein Unterschied zwischen der Insolvenz- und der Konkursordnung. Nach der gesetzgeberischen Zielsetzung bei Schaffung der Insolvenzordnung sollten die Arbeitnehmerrechte in diese Konzeption eingebunden werden (BT-Drs. 12/2443 S. 96). Die Entscheidung des Gesetzgebers, § 613a BGB im Insolvenzverfahren – anders als vorübergehend in der vormaligen DDR – anwendbar zu lassen, bezog sich allein auf den durch diese Vorschrift gewährten Bestandsschutz für das Arbeitsverhältnis (BT-Drs. 12/2443 S. 97). Auch die Regelung in § 128 InsO betrifft allein diese Thematik (dazu auch BT-Drs. 12/2443 S. 149). Der Bestandsschutz ist nicht berührt. 40 Für die Einschränkungen spricht zudem, dass dadurch Betriebsübergänge erleichtert werden. Das dient dem sozialstaatlichen Ziel, Arbeitsplätze zu erhalten. 41 cc) Besondere Verteilungsgrundsätze bestehen im Insolvenzverfahren nur hinsichtlich der Forderungen, die ein Gläubiger als Insolvenzgläubiger geltend zu machen hat (§§ 38, 174 ff. InsO). Forderungen, die sich als Masseverbindlichkeiten gegen die Insolvenzmasse richten, sind dagegen – sieht man von Fällen der Masseunzulänglichkeit (§§ 208 ff. InsO) ab – aus dieser ohne irgendwelche Beschränkungen vorweg zu berichtigen (§ 53 InsO). Für diese haftet deshalb der Betriebserwerber auch im Fall einer Betriebsübernahme in der Insolvenz. Die insolvenzrechtliche Beschränkung der Haftung des Erwerbes nach § 613a Abs. 1 BGB ergreift also lediglich Insolvenzforderungen, nicht jedoch Masseverbindlichkeiten (vgl. BAG 19. Dezember 2006 – 9 AZR 230/06 – Rn. 23; 19. Mai 2005 – 3 AZR 649/03 – zu B I 2 d der Gründe, BAGE 114, 349; 19. Oktober 2004 – 9 AZR 645/03 – zu I 1 der Gründe; 19. Oktober 2004 – 9 AZR 647/03 – zu II 1 der Gründe, BAGE 112, 214). Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis sind nach § 108 Abs. 3 InsO Insolvenzforderungen, wenn es sich um solche „für“ die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens handelt. Die Abgrenzung der Forderungen erfolgt danach, wann die Arbeitsleistung, die den Ansprüchen zugrunde liegt, erbracht wurde (BAG 19. Oktober 2004 – 9 AZR 647/03 – zu II 3 der Gründe, aaO). Kommen der Masse die Arbeitsleistungen nicht zugute, weil sie vor der Insolvenzeröffnung erbracht wurden, handelt es sich um einfache Insolvenzforderungen iSv. § 108 Abs. 3 InsO. Unerheblich ist, ob die Ansprüche aufschiebend bedingt sind (vgl. BAG 21. Februar 2013 – 6 AZR 406/11 – Rn. 42). 42 dd) Die vom Arbeitgeber zu erbringende betriebliche Altersversorgung ist typischerweise die Gegenleistung für die gesamte bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erbrachte Betriebszugehörigkeit des Arbeitsnehmers (vgl. BAG 19. Juli 2011 – 3 AZR 434/09 – Rn. 43 f., BAGE 138, 346). Die Abgrenzung, inwieweit der dem Arbeitnehmer künftig zustehende Anspruch auf Zahlung einer Betriebsrente eine Insolvenzforderung oder eine Masseverbindlichkeit darstellt, bestimmt sich daher danach, in welchem Umfang dieser Anspruch auf Zeiten der Betriebszugehörigkeit vor oder nach dem Eintritt der Insolvenzeröffnung beruht. Der Betriebserwerber haftet nur für den Teil der betrieblichen Altersversorgung, der in der Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erdient wurde. Für die Berechnung des Umfangs der dem Arbeitnehmer vom Betriebserwerber zu zahlenden Betriebsrente ist dieser daher zunächst bei Eintritt des Versorgungsfalls nach den dann maßgebenden Bestimmungen der Versorgungsordnung zu ermitteln und – in einem zweiten Schritt – zeitanteilig aufzuteilen auf die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses vor und nach der Insolvenzeröffnung erbrachte Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers (vgl. in diesem Sinne schon BAG 11. Februar 1992 – 3 AZR 117/91 – zu III 3 b der Gründe; wohl auch 6. März 1980 – 3 AZR 375/78 – zu B III 4 b der Gründe). Soweit der Senat in der Vergangenheit angenommen hat, bei der Berechnung des vom Betriebserwerber zu tragenden Umfangs der Betriebsrente komme es auf die vom Arbeitnehmer bei Erreichen der Regelaltersgrenze bzw. der in der Versorgungsordnung vorgesehenen festen Altersgrenze fiktiven Vollleistung an (in diesem Sinne BAG 19. Mai 2005 – 3 AZR 649/03 – zu B I 3 der Gründe, BAGE 114, 349), hält er hieran nicht weiter fest. Entscheidend sind allein die tatsächlichen Verhältnisse beim Eintritt des Versorgungsfalls. 43 ee) Die danach begrenzte Haftung des Erwerbers erfasst, anders als vom Kläger angenommen, nicht eine sich aufgrund des Endgehaltsbezugs der Versorgungsordnung bei Insolvenzeröffnung bereits vom Arbeitnehmer erdiente Dynamik; der Erwerber haftet also auch dann nicht für diese Dynamik, wenn sich das Gehalt erst nach dem Übergang erhöht hat. Bei endgehaltsbezogenen Zusagen – wie vorliegend die PO 1979 – ergibt sich der vom Arbeitnehmer erworbene Zuwachs seiner Anwartschaft dienstzeitunabhängig aus dem variablen Berechnungsfaktor „Endgehalt“. Typischerweise erhöht sich dieses noch bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. bis zum Eintritt des Versorgungsfalls. Der Wertzuwachs der Anwartschaft folgt damit allein der künftigen Entwicklung dieses variablen Berechnungsfaktors. Eine solche dienstzeitunabhängige Steigerung der Anwartschaft (Dynamik) ist auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits im Umfang der bis dahin geleisteten Betriebszugehörigkeit anteilig erdient, denn insoweit hat der Arbeitnehmer die von ihm geforderte Gegenleistung bereits erbracht (für den Fall der Ablösung st. Rspr. seit BAG 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – zu B II 3 c (2) der Gründe, BAGE 49, 57). 44 d) Der Haftungseinschränkung steht auch nicht entgegen, dass der PSV als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung nach § 7 Abs. 2 BetrAVG für die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesetzlich unverfallbare Versorgungsanwartschaft des Klägers nur nach Maßgabe von § 7 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG (jetzt § 7 Abs. 2a Satz 4 BetrAVG nF) und damit unter Berücksichtigung des Festschreibeeffekts und der Veränderungssperre einzutreten hat. 45 aa) Nach § 7 Abs. 2 BetrAVG haben Personen, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund einer Direktzusage eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft erworben haben, bei Eintritt des Versorgungsfalls gegen den PSV einen Anspruch auf Gewährung der erworbenen Versorgungsleistung. Bei der Berechnung der Höhe dieses Anspruchs sind nach § 7 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG (jetzt § 7 Abs. 2a Satz 4 BetrAVG nF) Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen, die nach dem Eintritt des Sicherungsfalls eintreten, nicht zu berücksichtigen. Damit hat der PSV im Fall einer endgehaltsbezogenen Versorgungszusage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgende Steigerungen des Gehalts bei der Berechnung der den Arbeitnehmern bei Eintritt des Versorgungsfalls zu gewährenden Leistungen außer Betracht zu lassen. Bei dem Endgehalt handelt es sich um einen dynamischen Berechnungsfaktor iSd. § 7 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG (jetzt § 7 Abs. 2a Satz 4 BetrAVG nF). 46 bb) Damit ist es bei endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen möglich, dass sich eine wertmäßige Differenz zwischen der bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Arbeitnehmer aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit bereits erdienten und der vom PSV nach § 7 Abs. 2 BetrAVG (jetzt § 7 Abs. 2 und Abs. 2a BetrAVG nF) insolvenzgesicherten Anwartschaft ergibt. Diese beläuft sich für den im Ruhestand befindlichen Kläger letztlich auf monatlich 142,22 Euro (149,48 Euro – 7,26 Euro). Der Kläger hätte diese Forderung im Rahmen des Insolvenzverfahrens der T F zur Insolvenztabelle anmelden können. 47 (1) Nach § 9 Abs. 2 BetrAVG gehen die Ansprüche und Anwartschaften der Versorgungsberechtigten gegen den Arbeitgeber auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die den Anspruch gegen den Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung begründen, bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes auf den PSV über. Mit dem Erwerb des Anspruchs gegen den Träger verliert der Versorgungsberechtigte damit seinen Anspruch gegen den Schuldner in dem Umfang, in dem der PSV nach § 7 BetrAVG eintrittspflichtig ist (vgl. BAG 20. September 2016 – 3 AZR 77/15 – Rn. 95 mwN). Damit gehen die gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften der Arbeitnehmer bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch nur in dem Umfang auf den PSV über, in dem dieser nach den Vorgaben des § 7 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG (jetzt § 7 Abs. 2a Satz 4 BetrAVG nF) für diese einzutreten hat (BAG 22. September 2020 – 3 AZR 303/18 – Rn. 44, 83). 48 (2) Die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits erdienten, nicht durch den PSV insolvenzgeschützten Anwartschaften verbleiben hingegen beim Arbeitnehmer. Dieser kann die wertmäßige Differenz zwischen einer bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits erdienten und der vom PSV abgesicherten Anwartschaft als aufschiebend bedingte Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden. 49 (a) Eine solche wertmäßige Differenz ist als aufschiebend bedingte Insolvenzforderung anzumelden. Nach § 191 Abs. 1, § 198 InsO hat dies zur Folge, dass der auf die aufschiebend bedingte Forderung entfallende Anteil nicht auszuzahlen, sondern zu hinterlegen ist. Die Auszahlung hat erst mit Eintritt des Versorgungsfalls an den Arbeitnehmer zu erfolgen. Soweit der Senat in der Vergangenheit angenommen hat, eine Versorgungsanwartschaft verwandele sich im Konkursfall in einen fälligen Zahlungsanspruch (vgl. BAG 16. März 1972 – 3 AZR 191/71 – zu I 5 der Gründe, BAGE 24, 204; 8. Dezember 1997 – 3 AZR 324/76 – zu 1 c der Gründe) ist hieran außerhalb des Anwendungsbereichs von § 9 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG nicht festzuhalten. 50 (aa) In der Entscheidung des Senats vom 16. März 1972 (- 3 AZR 191/71 – zu I 5 der Gründe, BAGE 24, 204) hat dieser angenommen, dass im Konkursfall, falls das Arbeitsverhältnis beendet wird, eine Aufrechterhaltung der Versorgungsanwartschaft als durch den Eintritt des Versorgungsfalls aufschiebend bedingter Rentenanspruch nicht in Betracht komme. Vielmehr müsse der Rentenanspruch nach § 70 KO kapitalisiert werden. Dabei müsse angenommen werden, dass sich der aufschiebend bedingte Rentenanspruch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen Abfindungsanspruch, dh. einen unbedingten Zahlungsanspruch, verwandele. Zur Begründung hat er ausgeführt, eine Aufrechterhaltung als aufschiebend bedingter Anspruch auf Auszahlung des kapitalisierten Betrags, der nach § 67 KO nur zu einer Sicherung berechtige, sei nicht praktikabel. Damit würde nicht nur die Abwicklung des Konkurses aufgehalten, sondern auch die Versorgungsanwartschaft mit Verwaltungskosten belastet. Daher erscheine es geboten, den Betrag als Zahlungsanspruch anzuerkennen. 51 (bb) Im Urteil vom 8. Dezember 1977 (- 3 AZR 324/76 – zu 1 c der Gründe) hat der Senat diese Grundsätze auf ein nicht beendetes Arbeitsverhältnis übertragen. Er hat auch für diesen Fall angenommen, eine Versorgungsanwartschaft verwandle sich im Konkursfall in einen fälligen Zahlungsanspruch, dessen Wert sich nach dem Wert richte, den die Versorgungsanwartschaft bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erreicht habe. Dies gelte jedenfalls dann, wenn – wie im dortigen Fall – der Arbeitgeber eine juristische Person sei, die aus Anlass des Konkurses liquidiert werde. In diesem Fall sei es dem Versorgungsberechtigten nicht zumutbar, über die Liquidation hinaus auf den Eintritt des Versorgungsfalls zu warten. Der Arbeitnehmer habe stattdessen nach Treu und Glauben einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe des Wertes der Anwartschaft. 52 (cc) Auch im Urteil vom 7. November 1989 (- 3 AZR 48/88 – zu III 1 der Gründe) hat der Senat an dieser Rechtsprechung festgehalten. Er hat angenommen, dass wenn der Versorgungsschuldner in Konkurs fällt und das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Konkursverwalter fortgesetzt wird, eine Aufrechterhaltung der Versorgungsanwartschaft nicht mehr in Betracht komme. Sämtliche Versorgungsansprüche müssten kapitalisiert und nach versicherungsmathematischen Grundsätzen geschätzt werden. Zwar berechtigten aufschiebend bedingte Ansprüche nach § 67 KO grundsätzlich nur zur Sicherung. Die Anerkennung eines gleichwohl fälligen Zahlungsanspruchs beruhe jedoch auf der Eigenart von Versorgungsrechten. Der Berechtigte müsse hinnehmen, dass sein Anspruch mit einem Kapitalbetrag abgefunden werde. Eine bloße Sicherstellung wäre nicht praktikabel. Die Abwicklung des Konkurses könnte erschwert und verzögert werden und die Anwartschaft müsste verwaltet werden. Hieraus könnten zusätzliche Kosten und rechtliche Streitfragen entstehen. Dies rechtfertige es, den geschätzten Wert der Anwartschaft im Konkurs des Versorgungsschuldners als fälligen Zahlungsanspruch zu behandeln. 53 (dd) Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10. Januar 1991 (- IX ZR 247/90 – zu II 1 der Gründe, BGHZ 113, 207) ausgeführt, Forderungen unter aufschiebender Bedingung berechtigten nach § 67 KO nur zu einer Sicherung. Die auf den bedingten Anspruch entfallende Konkursdividende werde bei der Verteilung zurückbehalten und anschließend hinterlegt (§ 168 Nr. 2, § 169 KO). Falle die Bedingung später aus, sei der Betrag nach Maßgabe des § 166 KO zur nachträglichen Verteilung zu bringen. Aus der Anwendung des § 69 KO auf Versorgungsanwartschaften ergebe sich nicht, dass eine aufschiebend bedingte Altersrente bereits mit der Konkurseröffnung endgültig in einen fälligen Kapitalanspruch umgewandelt werde. Die allein aus Praktikabilitätsgründen erfolgende Behandlung der Versorgungsanwartschaft nach § 69 KO liefere keinen einsichtigen Grund, den Inhalt des Rechts schon mit der Konkurseröffnung zu ändern und dem Konkursverwalter die Möglichkeit zu nehmen, sich auf den nachträglichen Ausfall der Bedingung zu berufen. Kläger dieses Rechtsstreits war der PSV. 54 (ee) Als Reaktion auf dieses Urteil des Bundesgerichtshofs hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 1999 den Satz 3 in § 9 Abs. 2 BetrAVG eingeführt. Danach können die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den PSV übergegangenen Anwartschaften im Insolvenzverfahren als unbedingte Forderungen nach § 45 InsO geltend gemacht werden. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/3803 S. 112) heißt es hierzu:          „Der neue Satz 3 des Absatzes 2 überträgt die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Behandlung von mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Träger der Insolvenzsicherung übergegangenen Versorgungsanwartschaften in das Gesetz. Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Versorgungsanwartschaft trotz ihres Charakters als aufschiebend bedingte Forderung aus Gründen der Praktikabilität nicht nach § 67 Konkursordnung, sondern nach § 69 Konkursordnung zu behandeln ist (vgl. BAG DB 1972, 2116, 2118; BAG DB 1978, 941, 942; BAG ZIP 1990, 400, 401). Auch nach der Insolvenzordnung sollen die auf den Träger der Insolvenzsicherung übergegangenen Versorgungsanwartschaften nach Umrechnung (§ 52 Entwurf der Insolvenzordnung) und Feststellung zur Insolvenztabelle bei der Verteilung der Insolvenzmasse berücksichtigt werden können, ohne daß die Umwandlung der Versorgungsanwartschaft in einen Versorgungsanspruch abgewartet werden muß. Die Regelung beseitigt eine durch ein obiter dictum des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1991, 1111) entstandene Unsicherheit. Die Ergänzung dient der Rechtsklarheit.“ 55 (ff) Im Hinblick auf die Einfügung von § 9 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass § 9 Abs. 2 BetrAVG den Träger der Insolvenzsicherung begünstige, soweit Versorgungsanwartschaften auf diesen übergingen. Darin liege eine hinreichend gesetzliche Grundlage für einen Ausschluss des § 67 KO hinsichtlich der kraft Gesetzes insolvenzgeschützten Anwartschaften. Für diesen Bereich hat sich der Bundesgerichtshof daher der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen (BGH 10. Juli 1997 – IX ZR 161/96 – zu II 2 b der Gründe, BGHZ 136, 220). 56 (gg) Das ist jedoch auf Versorgungsrechte, die beim Versorgungsberechtigten verblieben sind, nicht zu übertragen. 57 Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung lassen erkennen, dass sich die vom Gesetzgeber beabsichtigte Klarstellung der Rechtslage nur auf den Teil der Anwartschaften bezieht, der auf den PSV übergegangen ist. Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 9 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG fehlt es hingegen an einer hinreichenden rechtlichen Grundlage für eine Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben der Insolvenzordnung. 58 Bereits der Umstand, dass der Gesetzgeber nicht die Insolvenzordnung, sondern nur das Betriebsrentengesetz geändert hat, zeigt, dass er an der rein insolvenzrechtlichen Ausgangslage nichts ändern wollte. Danach ist der auf gemäß § 191 Abs. 1, § 198 InsO aufschiebend bedingte Forderungen entfallende Anteil nicht auszuzahlen, sondern zu hinterlegen (vgl. BGH 10. Juli 1997 – IX ZR 161/96 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 136, 220). Die Insolvenzordnung enthält ausdrücklich Regelungen, wie im Fall einer Forderung, die unter einer aufschiebenden Bedingung steht, mit dieser zu verfahren ist. Eine Abweichung von dieser auch für die Arbeitnehmer geltenden Rechtslage bedarf einer rechtlichen Grundlage. Die bloße „Eigenart von Versorgungsrechten“ rechtfertigt noch nicht ihre bevorzugte Behandlung im Insolvenzverfahren. Auch wenn der Versorgungsberechtigte hinnehmen muss, dass sein künftiger Rentenanspruch mit einem – nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechneten – Kapitalbetrag abgefunden wird, vermag das noch nicht zu begründen, dass dieser Anspruch schon vor Eintritt des Versorgungsfalls und damit vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung fällig sein soll. 59 Soweit der Senat bislang auf die mangelnde Praktikabilität einer Hinterlegung verweist, kann dies ebenfalls nicht zu einem von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Ergebnis führen. Zum einen ist durch § 9 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG sichergestellt, dass die große Masse der Anwartschaften in der Insolvenz verfahrensmäßig zügig abgewickelt werden kann. Zum anderen können bloße praktische Erwägungen keine Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben der Insolvenzordnung rechtfertigen. Soweit infolge der Hinterlegung unvermeidbare Kosten für die Arbeitnehmer entstehen sollten, sind diese bei der Schätzung des zu hinterlegenden Betrags gemäß § 45 InsO als Ausgleich für anfallende Zinsen zu berücksichtigen (vgl. BGH 10. Juli 1997 – IX ZR 161/96 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 136, 220). 60 Einer „Auszahlung“ von Anwartschaften im laufenden Arbeitsverhältnis stünden zwar keine betriebsrentenrechtlichen Wertungen entgegen. § 3 BetrAVG untersagt die Abfindung von Anwartschaften lediglich in Zusammenhang mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Einen rechtlichen Anspruch auf die Gewährung einer Betriebsrente erwirbt der Arbeitnehmer auch im Rahmen des Betriebsrentengesetzes jedoch nur bei Eintritt des Versorgungsfalls. Damit legt das Gesetz das Risiko, das sich die Anwartschaft in einen Zahlungsanspruch verwandelt, dem einzelnen Anwartschaftsberechtigten auf. Die Rechtsprechung, nach der die Versorgungsanwartschaften bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig werden, begünstigt die versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und nimmt stattdessen den ungesicherten Konkursgläubigern die Chance, dass die aufschiebende Bedingung nicht eintritt. Eine solche Abweichung vom Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung bedürfte einer gesetzlichen Grundlage (ebenso BGH 10. Juli 1997 – IX ZR 161/96 – zu II 2 c der Gründe, BGHZ 136, 220). 61 (b) Der Anmeldung der wertmäßigen Differenz der Anwartschaft zur Tabelle steht auch nicht entgegen, dass deren genaue Höhe wegen der unsicheren Entwicklung des Endgehalts des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht feststeht. Nach § 45 Satz 1 InsO sind Forderungen, deren Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann. Dabei sind die Sterbetafeln zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zugrunde zu legen (vgl. BGH 10. Januar 1991 – IX ZR 247/90 – zu II 3 d der Gründe, BGHZ 113, 207). Auch die künftige Gehaltsentwicklung bis zum Eintritt des Versorgungsfalls ist danach zu schätzen. Grundlage für eine solche Schätzung ist ua. die in der Vergangenheit erfolgte Steigerung der Gehälter in der einschlägigen Branche oder im Unternehmen. 62 e) Damit ist die Beklagte nach nationalem Recht nicht verpflichtet, dem Kläger eine Betriebsrente zu zahlen, deren Höhe sich nach den Bestimmungen der PO 1979 unter bloßem Abzug des Betrags, den der Kläger aufgrund der Insolvenz seiner früheren Arbeitgeberin vom PSV erhält, errechnet. Vielmehr ist die dem Kläger ab Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ am 31. Juli 2015 nach der PO 1979 zustehende Betriebsrente zu ermitteln und anteilig im Verhältnis der vor und nach der Insolvenzeröffnung am 1. März 2009 vom Kläger erbrachten Betriebszugehörigkeitszeiten aufzuteilen. Die Beklagte haftet nur für den Teil des künftigen Betriebsrentenanspruchs, der auf der nach dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung erbrachten Betriebszugehörigkeit des Klägers beruht. Entgegen der Ansicht des Klägers hätte die Beklagte damit nicht anteilig für die wegen des Endgehaltsbezugs der PO 1979 bei Insolvenzeröffnung bereits erdiente Dynamik einzustehen. 63 f) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger sein Klagebegehren jedenfalls seit der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hilfsweise auch darauf stützt, dass die Beklagte selbst unter Zugrundelegung der insolvenzrechtlichen Einschränkung von § 613a BGB den auf sie entfallenden Anteil seiner sich nach der PO 1979 ergebenden Betriebsrente unzutreffend berechnet hat. Auch wenn es sich hierbei um einen eigenständigen Streitgegenstand handeln sollte, wäre dieser daher Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. 64 Der Kläger hat sich die vom Landesarbeitsgericht im gerichtlichen Hinweis vom 13. Januar 2017 geäußerte Rechtsauffassung ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2017 zu eigen gemacht. Über den damit ggf. erweiterten Klageantrag hat das Landesarbeitsgericht in der Sache entschieden, weshalb in entsprechender Anwendung von § 268 ZPO vom Senat nicht mehr zu überprüfen ist, ob die in § 533 ZPO geregelten Voraussetzungen für die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz vorlagen (BAG 17. April 2012 – 3 AZR 803/09 – Rn. 19; 19. Januar 2011 – 3 AZR 111/09 – Rn. 22). 65 4. Grundsätzlich darf die rechtssystematisch begründete einschränkende Auslegung des § 613a Abs. 1 BGB zwar nicht in Widerspruch zu höherrangigem Recht treten. Insbesondere unionsrechtliche Bedenken stehen der Annahme des Senats aber nicht entgegen, wie das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2020 (- C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction]) ergibt. Der dem Kläger nach Art. 3 Abs. 4 Buchst. b Richtlinie 2001/23/EG iVm. Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG gewährte Mindestschutz ist durch einen unionsrechtlich begründeten unmittelbaren Anspruch gegen den PSV sichergestellt unabhängig davon, ob dessen Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind. Der einschränkenden Auslegung des § 613a BGB für Betriebsübergänge in der Insolvenz steht Unionsrecht daher nicht entgegen. 66 a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im Urteil vom 9. September 2020 (- C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction]) darauf hingewiesen, dass die Richtlinie 2001/23/EG – die nach dem amtlichen Titel die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen regelt – nach ihrem Art. 3, der im Licht ihres dritten Erwägungsgrunds zu lesen ist, die Arbeitnehmer schützen soll, indem sie die Wahrung ihrer Ansprüche beim Inhaberwechsel dadurch gewährleistet, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu denselben Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren. Die Richtlinie soll (soweit wie möglich) die Fortsetzung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses mit dem Erwerber in unveränderter Form gewährleisten, um eine Verschlechterung der Lage der betroffenen Arbeitnehmer allein aufgrund des Übergangs zu verhindern (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 48). Der Gerichtshof weist jedoch auch darauf hin, dass die Richtlinie ausweislich ihrer Erwägungsgründe 4 und 6 in Anbetracht der zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf den Umfang des Arbeitnehmerschutzes die auf diesem Gebiet bestehenden Unterschiede durch eine Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften verringern wolle, ohne aber eine vollständige Harmonisierung auf dem Gebiet des Unternehmensübergangs vorzusehen (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 49). 67 Außerdem könnten die Interessen des Erwerbers nicht unberücksichtigt bleiben. Die Richtlinie diene daher nicht nur dem Schutz der Arbeitnehmerinteressen, sondern solle auch einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitnehmer einerseits und denen des Erwerbers andererseits gewährleisten (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 50). 68 b) Darüber hinaus führt der Gerichtshof aus, dass die in Art. 5 Richtlinie 2001/23/EG speziell für die Insolvenz vorgesehenen Ausnahmen vom Anwendungsbereich nicht vorlägen, da das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin nicht mit dem Ziel der Auflösung ihres Vermögens eröffnet worden sei (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 62, 65 mwN). In Anwendung dieser Rechtsprechung vermag diese Bestimmung die einschränkende Anwendung von § 613a BGB mithin nicht zu rechtfertigen. 69 Die weiteren Regelungen in Art. 3 Abs. 4 Richtlinie 2001/23/EG hat der Gerichtshof zunächst dahingehend ausgelegt, dass die Vorschriften des Mitgliedstaates in ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung zwar vorsehen können, dass die Rechte aus dem Arbeitsverhältnis nur teilweise auf den Erwerber übergehen. Er hat dann allerdings Art. 3 Abs. 4 Buchst. b Richtlinie 2001/23/EG auch für den Schutz desjenigen Teils der Rechte der Arbeitnehmer auf eine Altersrente aus einer betrieblichen Zusatzversorgungseinrichtung herangezogen, für die der Erwerber nicht eintreten muss (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 68, 70). Daraus hat der Gerichtshof abgeleitet, ein Mitgliedstaat könne in Ausübung seines Wertungsspielraums vorsehen, dass auch dann, wenn der Erwerber in die Rechte und Pflichten aus den zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis eintritt, dieser nur für Anwartschaften eines Arbeitnehmers auf eine Altersrente aus einer betrieblichen Altersversorgung haftet, die auf Beschäftigungszeiten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhen, sofern dieser Mitgliedstaat gemäß Art. 3 Abs. 4 Buchst. b Richtlinie 2001/23/EG die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer trifft (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 71). Eine solche Auslegung ermöglicht es nach der Auffassung des Gerichtshofs grundsätzlich, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und denen der Erwerber im Falle eines Betriebsübergangs nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sicherzustellen, da sie gewährleistet, dass den Arbeitnehmern ihre Rechte auf eine Altersrente aus einer betrieblichen Zusatzversorgungseinrichtung erhalten bleiben, und zugleich eine Beschränkung der Haftung der Erwerber vorsieht, die den Übergang von Unternehmen erleichtern kann, die Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sind (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 72). 70 Die entsprechende Annahme des Senats im Vorlagebeschluss (BAG 16. Oktober 2018 – 3 AZR 139/17 (A) – Rn. 31, BAGE 164, 1) beruht daher nicht auf einem Miss- oder Fehlverständnis der Systematik der Richtlinie 2001/23/EG (aA Schlussanträge des Generalanwalts Tanchev vom 5. März 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 47). 71 c) Der Gerichtshof weist darüber hinaus darauf hin, dass der Wortlaut von Art. 3 Abs. 4 Buchst. b Richtlinie 2001/23/EG im Wesentlichen den Wortlaut von Art. 8 Richtlinie 80/987/EWG übernimmt, der mit Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG, mit der die Richtlinie 80/987/EWG kodifiziert wurde, identisch ist. Diese Richtlinien regeln nach ihren Titeln den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Außerdem verlange Art. 5 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2001/23/EG ausdrücklich einen Schutz, der dem der Richtlinie 80/987/EWG zumindest gleichwertig ist. Folglich seien die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer nach Art. 3 Abs. 4 Buchst. b Richtlinie 2001/23/EG so zu verstehen, dass sie jedenfalls die in der Richtlinie 2008/94/EG vorgesehenen Maßnahmen umfassten, mit denen die Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers ausgeglichen werden solle (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 73). Hinsichtlich des Teils des Betrags, für den der Erwerber nicht haftet, müssten die zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer getroffenen Maßnahmen also ein Schutzniveau bieten, das dem von Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG zumindest gleichwertig ist (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 75). 72 d) Im Rahmen der Umsetzung von Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG verfügen die Mitgliedstaaten bei der Festlegung sowohl des Mechanismus als auch des Umfangs des Schutzes der von den Arbeitnehmern erworbenen Rechte auf Leistungen bei Alter aus Zusatzversorgungseinrichtungen nach dem Gerichtshof über einen weiten Wertungsspielraum. Da diese Vorschrift nicht dahin ausgelegt werden könne, dass sie eine vollständige Absicherung dieser Rechte verlange, hindere sie die Mitgliedstaaten nicht daran, unter Verfolgung legitimer wirtschaftlicher und sozialer Ziele die erworbenen Rechte der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers zu kürzen, sofern sie insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Folglich seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, Arbeitnehmern den nach Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG geforderten Mindestschutz zu garantieren (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 78; 19. Dezember 2019 – C-168/18 – [Pensions-Sicherungs-Verein] Rn. 38 ff.). 73 Dieser Mindestschutz besteht in zwei Richtungen. Ein ehemaliger Arbeitnehmer muss bei der Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers mindestens die Hälfte der Leistungen bei Alter erhalten, die sich aus den im Rahmen einer betrieblichen Zusatzversorgungseinrichtung erworbenen Rentenansprüchen ergeben. Der Mitgliedstaat muss jedem ehemaligen Arbeitnehmer im Fall der Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers eine Entschädigung garantieren, die mindestens der Hälfte seiner in einer betrieblichen Zusatzversorgungseinrichtung erworbenen Ansprüche entspricht (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 79; 19. Dezember 2019 – C-168/18 – [Pensions-Sicherungs-Verein] Rn. 41, 51 f.). Außerdem steht dieser Mindestschutz einer offensichtlich unverhältnismäßigen Kürzung der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eines Arbeitnehmers entgegen, die die Fähigkeit des Betroffenen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, schwerwiegend beeinträchtigt. Dies wäre bei einer Kürzung der Leistungen bei Alter für einen ehemaligen Arbeitnehmer der Fall, der wegen dieser Kürzung bereits unterhalb der vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) für den betreffenden Mitgliedstaat ermittelten Armutsgefährdungsschwelle lebt oder künftig leben müsste (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 80). Dieser Mindestschutz verlangt, dass ein Mitgliedstaat einem ehemaligen Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe eines Betrags garantiert, der zwar nicht notwendig den gesamten erlittenen Verlust abdeckt, aber doch geeignet ist, dessen offensichtlicher Unverhältnismäßigkeit abzuhelfen (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 80; 19. Dezember 2019 – C-168/18 – [Pensions-Sicherungs-Verein] Rn. 44 f.). Es sei dann Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob gegen die Verpflichtung aus Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG verstoßen wurde, dem Arbeitnehmer einen Mindestschutz zu gewähren. 74 e) Den Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union lässt sich Folgendes entnehmen: 75 aa) Er verlangt nicht, dass der Schutz aufgrund Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG durch eine konkrete gesetzliche Bestimmung gewährleistet wird (aA Schminke AuR 2021, 31, 35). Es genügt, dass der Mitgliedstaat eine Absicherung gewährt, die ein dem Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG gleichwertiges Schutzniveau bietet (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 77). Woraus sich dieses Schutzniveau ergibt, ist nicht von Belang. Es kann auch aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG gegenüber einer dem Mitgliedstaat zuzurechnenden Schutzeinrichtung folgen. 76 (1) Dem Gerichtshof geht es darum, dass der Arbeitnehmer gewisse Leistungen vom Mitgliedstaat erhält (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 78). Dass der Gerichtshof einen solchen Anspruch gegen den PSV aufgrund unmittelbarer Anwendung von Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG genügen lässt, ist daran abzulesen, dass er die achte (bedingte) Vorlagefrage des Senats nach der unmittelbaren Anwendung von Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG gegenüber zuständigen Institutionen des Mitgliedstaates beantwortet und bejaht und gleichzeitig angenommen hat, der PSV sei eine solche Institution. Diese Frage war aber nur für den Fall gestellt, dass die siebte Vorlagefrage, ob nämlich ein gleichwertiger Schutz auch dadurch gewährleistet sei, dass Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG unmittelbar Anwendung finde, zu bejahen ist. Er hat somit die siebte Vorlagefrage inzident dahin beantwortet, dass dieser Schutz aufgrund der unmittelbaren Wirkung der Norm ausreicht (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 94 ff. unter ausdrücklicher Bezugnahme auf sein Urteil vom 19. Dezember 2019 – C-168/18 – [Pensions-Sicherungs-Verein] Rn. 52 ff.). 77 (2) Dem entspricht auch der Entscheidungsausspruch (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction]). 78 (a) Im Ausspruch zu 1. (gleichlautend EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 75), verlangt der Gerichtshof, hinsichtlich des Teils des Betrags, für den der Erwerber nicht haftet, dass „die zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer getroffenen Maßnahmen ein Schutzniveau bieten, das dem … geforderten zumindest gleichwertig ist“. Dass diese Maßnahmen durch ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen werden müssen, ist nicht verlangt. Auch eine sich aus der Rechtsprechung ergebende unmittelbare Anwendung von Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG ist eine solche Maßnahme, die zudem voraussetzt, dass es eine vom Mitgliedstaat geschaffene und dem Staat gleichzusetzende Einrichtung gibt, gegen die sich unmittelbare Ansprüche nach der Vorschrift richten können. 79 (b) Im Ausspruch zu 2. wird die hier in Frage stehende einschränkende Auslegung nur dann für mit Art. 3 Abs. 4 Buchst. b Richtlinie 2001/23/EG iVm. Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG unvereinbar gehalten, „wenn sich daraus ergibt, dass den Arbeitnehmern der durch diese Bestimmung gewährte Mindestschutz verwehrt wird, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat“. Eine solche Rechtsfolge ist aber ausgeschlossen, wenn eine Prüfung durch den Senat als vorlegendes Gericht ergibt, dass Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG unmittelbare Anwendung findet. 80 (3) Weitere Ausführungen des Gerichtshofs stehen dem nicht entgegen. Soweit es heißt, dass „der betreffende Mitgliedstaat … ein Schutzniveau bieten muss, das dem von Art. 8 Richtlinie 2008/94 geforderten zumindest gleichwertig ist“ (EuGH 9. September 2020 – C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction] Rn. 77) bedeutet dies nicht, dass der Mitgliedstaat dieses Schutzniveau durch ausdrückliche gesetzliche Regelung bieten muss. Der Mitgliedstaat bietet einen entsprechenden Schutz auch, wenn er eine dem Staat gleichzustellende Stelle schafft, die geeignet ist, Gegner unmittelbarer Ansprüche aufgrund der unionsrechtlichen Vorschrift zu sein. Die entsprechende Bedingung wird auch auf diese Weise erfüllt. 81 bb) Es bestehen damit keine Bedenken, den vom Gerichtshof geforderten Mindestschutz durch einen unionsrechtlich geprägten Anspruch gegen den PSV bzw. einen Anspruch aufgrund unmittelbarer Wirkung des Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG gegen den PSV als hinreichend gesichert anzusehen. Ein solcher Schutz besteht. Der PSV ist als dem Staat gleichgestellt iSv. Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG anzusehen. Seine Aufgaben erstrecken sich tatsächlich und rechtlich auf die Insolvenzsicherung von unmittelbaren Versorgungszusagen der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Soweit seine Haftung beschränkt ist, liegt darin eine materiell-rechtliche Einschränkung von Ansprüchen, keine Einschränkung seiner Zuständigkeit (zu diesem Maßstab BAG 21. Juli 2020 – 3 AZR 142/16 – Rn. 74, 77, 80, 84, 89). Bei der Anwendung des Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG handelt es sich nicht um eine Form der Staatshaftung oder der sekundären Haftung, die nur in dem Fall greift, dass vom Erwerber infolge eines Betriebsübergangs keine Absicherungen mehr erhalten werden. Die Vorschrift gewährt vielmehr einen Erfüllungsanspruch. Diese grundsätzliche Zuständigkeit des PSV für den Insolvenzschutz von Versorgungszusagen führt dazu, dass Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG unter den von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgestellten Voraussetzungen der Mindestsicherung in der Lage ist, Ansprüche zu gewähren ohne die Voraussetzungen und ohne Berücksichtigung der Grenzen des § 7 BetrAVG. Insoweit gilt aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG der Anwendungsvorrang des Unionsrechts, der entgegenstehende Regelungen des nationalen Rechts verdrängt. 82 cc) Die einschränkende Auslegung von § 613a BGB entspricht daher den Voraussetzungen, die Art. 3 Abs. 4 Richtlinie 2001/23/EG aufstellt. Denn es ist in jeder Konstellation sichergestellt, dass trotz der einschränkenden Auslegung von § 613a BGB für den Insolvenzfall bei einer Direktzusage – wie sie hier in Frage steht – der nach Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG geforderte Mindestschutz gewährleistet ist, wie auch immer er im Einzelfall abzugrenzen ist. 83 f) Die Inanspruchnahme des PSV kann allerdings erst dann erfolgen, wenn die Mindestschutzbedingungen des Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG eingreifen. Dies wird sich in der Regel erst nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens und nach dem Eintritt des Versorgungsfalls feststellen lassen. Denn erst zu diesem Zeitpunkt wird feststehen, ob dem Versorgungsberechtigten mehr als 50 vH der Versorgungsansprüche infolge des Betriebsübergangs in der Insolvenz entzogen wurden oder ob eine relevante Armutsgefährdung vorliegt (vgl. BAG 21. Juli 2020 – 3 AZR 142/16 – Rn. 91 ff.). Zu oder ab diesem Zeitpunkt wird auch erst der hinterlegte Vermögensbestandteil aus der Insolvenzmasse an den Versorgungsberechtigten ausgeschüttet. 84 g) Dieser Auslegung kann auch Art. 5 Abs. 4 Richtlinie 2001/23/EG nicht entgegengehalten werden. Zwar verlangt Art. 5 Abs. 4 Richtlinie 2001/23/EG, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit Insolvenzverfahren nicht in missbräuchlicher Weise in Anspruch genommen werden, um den Arbeitnehmern die in der Richtlinie vorgesehenen Rechte vorzuenthalten. Im deutschen Recht sind allerdings die danach erforderlichen Maßnahmen getroffen. 85 aa) So ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass der Eröffnungsantrag eines Schuldners ernsthaft auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichtet sein muss (BGH 7. Mai 2020 – IX ZB 84/19 – Rn. 7). Der Eröffnungsantrag darf keinen sachfremden Zwecken dienen (BGH 7. Mai 2020 – IX ZB 84/19 – Rn. 7 mwN). Maßstab sind die in § 1 InsO genannten Verfahrensziele. Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 Satz 1 und Satz 2 InsO). An diesem Verfahrensziel muss sich jeder Insolvenzantrag messen lassen (BGH 7. Mai 2020 – IX ZB 84/19 – Rn. 7). Das Rechtsschutzinteresse für einen Eröffnungsantrag fehlt folglich etwa dann, wenn der Antragsteller nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens anstrebt, sondern sich nur der Wirkung des Eröffnungsverfahrens in rechtlich zu missbilligender Weise bedienen will (vgl. BT-Drs. 12/2443 S. 113). Gleiches gilt für einen Eröffnungsantrag, der unabhängig von den Vermögensverhältnissen des Schuldners und etwa bestehenden Ansprüchen gegen die Gesellschafter, Geschäftsführer und Anfechtungsgegner ausschließlich auf eine Abweisung des Antrags mangels einer die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse (§ 26 InsO) gerichtet ist. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO hat das Insolvenzgericht von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Konkreten Anhaltspunkten dafür, dass ein Antrag missbräuchlich gestellt wird, hat das Insolvenzgericht nachzugehen (BGH 7. Mai 2020 – IX ZB 84/19 – Rn. 13). 86 bb) Weiterhin bestehen mithilfe der §§ 242, 826 BGB gesetzliche Möglichkeiten, um einem etwaigen Missbrauch der Insolvenz zulasten der Arbeitnehmer und Betriebsrentner im Rahmen eines eröffneten Insolvenzverfahrens zu begegnen. Für die Anwendung dieser Grundsätze gibt es anerkannte Anwendungsfälle. So kann der Versorgungsschuldner, der durch Übertragung seines operativen Geschäfts auf andere Unternehmen desselben Konzerns zur Rentnergesellschaft wird, im Wege des Schadensersatzes nach § 826 BGB zur Anpassung der Betriebsrenten verpflichtet sein, ohne dass insoweit seine eigene wirtschaftliche Lage entgegensteht (BAG 15. September 2015 – 3 AZR 839/13 – Rn. 46, BAGE 152, 285). Zudem kommt ein Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage eines anderen Unternehmens auch im Rahmen der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG in Betracht, wenn es zu einem existenzvernichtenden Eingriff kommt, also der ungerechtfertigte und kompensationslose Eingriff zu einer Vertiefung oder zur Insolvenz der Gesellschaft führt (BAG 15. September 2015 – 3 AZR 839/13 – aaO). Diese Fallgestaltungen sind nicht abschließend. 87 cc) Vor diesem Hintergrund ist den Anforderungen des Art. 5 Abs. 4 Richtlinie 2001/23/EG Genüge getan. Denn ein Insolvenzeröffnungsantrag, der nur das Ziel hätte, ohne dass die übrigen Voraussetzungen des § 1 InsO vorlägen, die Betriebsrentenansprüche der Beschäftigten zu verkürzen oder aufzuheben, wäre missbräuchlich und damit keiner im Sinne des § 1 InsO. Diese Kontrolle ist im Insolvenzverfahren auch ausreichend ausgestaltet und sichergestellt. Dem Kläger stünden zudem der Missbrauchseinwand nach § 242 BGB und etwaige Durchgriffsansprüche nach § 826 BGB – ebenfalls als Ausformung mitgliedsstaatlicher Schutzbestimmungen – zu. 88 dd) Einer ausdrücklichen oder besonderen gesetzlichen Bestimmung bedarf es hier nicht, wie der Gerichtshof der Europäischen Union bereits in anderen Zusammenhängen zu erforderlichen Maßnahmen gegen Missbrauch entschieden hat (vgl. EuGH 14. Oktober 2020 – C-681/18 – Rn. 44). Die Mitgliedstaaten können insoweit auch auf bestehende gleichwertige gesetzliche Maßnahmen zurückgreifen (vgl. EuGH 25. Oktober 2018 – C-331/17 – [Sciotto] Rn. 33). 89 h) Eine erneutes Vorabentscheidungsverfahren zum Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Die Rechtslage ist durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2020 (- C-674/18 und C-675/18 – [TMD Friction]) geklärt und, soweit sich das Urteil zu den maßgeblichen unionsrechtlichen Vorgaben nicht verhält, hinreichend klar (zu den Vorlagevoraussetzungen EuGH 4. Oktober 2018 – C-416/17 – [Kommission/Frankreich] Rn. 110; 6. Oktober 1982 – C-283/81 – [C.I.L.F.I.T.]). 90 5. Das Landesarbeitsgericht hat die von der Beklagten zu zahlende betriebliche Altersrente auch zutreffend berechnet. Bei der Berechnung ist es zu Recht von einer zugrunde zu legenden Betriebszugehörigkeit des Klägers vom 1. Oktober 1968 bis zum 31. Juli 2015 ausgegangen. 91 a) Für die Berechnung des Umfangs der dem Arbeitnehmer vom Betriebserwerber zu zahlenden Betriebsrente ist zunächst bei Eintritt des Versorgungsfalls nach den dann maßgebenden Bestimmungen der Versorgungsordnung der Gesamtanspruch zu ermitteln und dieser – in einem zweiten Schritt – zeitanteilig aufzuteilen auf die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses vor und nach der Insolvenzeröffnung erbrachte Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers (vgl. oben Rn. 42; in diesem Sinne schon BAG 11. Februar 1992 – 3 AZR 117/91 – zu III 3 der Gründe; wohl auch 6. März 1980 – 3 AZR 375/78 – zu B III 4 b der Gründe). 92 Dabei ist – unabhängig von den etwaig begrenzenden Regelungen einer Versorgungsordnung – stets auf die tatsächliche Betriebszugehörigkeit abzustellen. Denn es geht – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht um die originäre Berechnung des Versorgungsanspruchs, sondern um die Aufteilung dieses Anspruchs auf die Beschäftigungszeiten vor und nach der Insolvenzeröffnung. Dass der Kläger die maximal erreichbare Dienstzeit von 45 anrechnungsfähigen Dienstjahren bereits am 31. März 2015 nach § 4 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 PO 1979 erreicht hat, ist insoweit unerheblich. Der Anspruch gegen die Beklagte erhöht sich hierdurch nicht als Ganzes, sondern nur anteilig. Das gilt auch und gerade für Arbeitnehmer, die über eine Altersgrenze hinaus beschäftigt werden. Die Berechnung des jeweiligen Anteils der Betriebszugehörigkeit auch aufgrund Insolvenz erfolgt nämlich nach der tatsächlichen Beschäftigungszeit (BAG 19. Mai 2005 – 3 AZR 649/03 – zu B I 3 der Gründe, BAGE 114, 349; vgl. grds. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 7. Aufl. § 2 Rn. 48). 93 Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht bei seiner Berechnung eine Betriebszugehörigkeit von 562 Monaten und nicht lediglich von 558 Monaten zugrunde gelegt. Die in der PO 1979 vorgesehene Altersgrenze der „Vollendung des 65. Lebensjahres“ meint die jeweils maßgebliche Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar bezieht sich die PO 1979 ausdrücklich nur auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs. Bei der Berechnung der Altersrente des Klägers nach der PO 1979 ist die stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz jedoch einzubeziehen mit der Folge, dass die in der Versorgungsordnung genannte Altersgrenze 65 schrittweise nach § 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ansteigt. Das ergibt die Auslegung dieser für die Rentenentwicklung ab dem maßgeblichen Stichtag zugrunde zu legenden Vorschriften (vgl. BAG 25. April 2017 – 3 AZR 540/15 – Rn. 34; ausführlich 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 47 ff., BAGE 141, 259). 94 b) Die von der Beklagten geschuldete betriebliche Altersrente beläuft sich – wie vom Landesarbeitsgericht zutreffend berechnet – auf 152,29 Euro brutto monatlich, weshalb der Kläger weitere 7,26 Euro brutto monatlich von der Beklagten verlangen kann. 95 aa) Die Altersrente des Klägers beträgt unter Berücksichtigung der Vorgaben der PO 1979 bei Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ 1.111,50 Euro. Der Kläger hat bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 31. Juli 2015 den nach § 4 Abs. 1 PO 1979 erreichbaren Höchstversorgungssatz von 22,5 vH erzielt. Er hat von der Vollendung seines 20. Lebensjahrs im März 1970 bis zu seinem Eintritt in den Altersruhestand entsprechend § 5 Abs. 1 PO 1979 insgesamt 45 Dienstjahre erbracht. Sein anrechnungsfähiges Gehalt nach § 6 Abs. 1 PO 1979 beträgt 4.940,00 Euro. Daraus errechnet sich eine monatliche Betriebsrente des Klägers iHv. 1.111,50 Euro (4.940,00 Euro x 22,50 vH). Es ist vorliegend unerheblich, dass die in der Versorgungsordnung vorgesehene Altersgrenze der Vollendung des 65. Lebensjahres entsprechend den Regelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung ansteigt. Der Kläger – der erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI von 65 Jahren und vier Monaten aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist – war bis zum Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ betriebszugehörig und hatte zudem bereits bei Vollendung seines 65. Lebensjahrs im März 2015 insgesamt 45 anrechnungsfähige Dienstjahre erreicht. 96 bb) Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der ursprünglichen Arbeitgeberin, das in der Folgezeit durch Betriebsübergänge ununterbrochen auf die Beklagte übergangen ist, begann am 1. Oktober 1968 und endete am 31. Juli 2015. Auf diese Zeitspanne entfallen insgesamt 562 Monate. Auf die Zeit seit der Insolvenzeröffnung am 1. März 2009 bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 31. Juli 2015 entfallen 77 Monate. 97 cc) Der auf die Beklagte entfallende Anteil der nach der PO 1979 erdienten Betriebsrente des Klägers iHv. 1.111,50 Euro entspricht dem Verhältnis der 77 Monate zu den 562 Monaten und beläuft sich damit auf 152,29 Euro (1.111,50 Euro x 77 Monate / 562 Monate). Da die Beklagte lediglich einen monatlichen Betrag iHv. 145,03 Euro an den Kläger zahlt, kann dieser noch weitere 7,26 Euro monatlich verlangen. 98 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht dem Verhältnis des wechselseitigen Obsiegens.              Zwanziger                  Spinner                  Roloff                                    Bindl                  Siebels" bag_21-21,27.07.2021,"27.07.2021 21/21 - Urlaubsentgelt - variable Vergütung Der Kläger begehrt im Wege der Stufenklage Auskunft über die Höhe seiner variablen Vergütung und Zahlung weiteren Urlaubsentgelts für Urlaub, den ihm die Beklagte in den Jahren 2015 bis 2019 gewährte. Die Parteien streiten im Kern darüber, wie der vertraglich vereinbarte variable Gehaltsbestandteil bei der Bemessung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen ist. Die Vorinstanzen haben die Klage insgesamt abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat nicht beachtet, dass einer Sachentscheidung prozessuale Gründe entgegenstehen. Der Kläger wurde hierauf von den Vorinstanzen nicht hingewiesen. Die Sache war deshalb an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Juli 2021 – 9 AZR 376/20 – Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Juni 2020 – 14 Sa 1335/19 –","Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Juni 2020 – 14 Sa 1335/19 – aufgehoben. 2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt im Wege der Stufenklage Auskunft und Zahlung weiteren Urlaubsentgelts für Urlaub, den ihm die Beklagte in den Jahren 2015 bis 2019 gewährte. Die Parteien streiten im Kern darüber, wie der vertraglich vereinbarte variable Gehaltsbestandteil bei der Bemessung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen ist. 2 Der Kläger ist seit dem 1. Juli 2000 bei der Beklagten als Vertriebsbeauftragter beschäftigt. Er betreut zusammen mit einem Außendienstmitarbeiter einen festgelegten Kundenstamm. Am gesamten Verkaufsprozess sind bis zu 90 Mitarbeiter beteiligt. Das Jahreszielgehalt des Klägers setzt sich gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags vom 9./29. Juni 2000 zu 60 % aus einem Festgehalt und zu 40 % aus einem nach der jeweils gültigen Provisionsregelung zu berechnenden, als „Provision“ bezeichneten variablen Gehaltsbestandteil zusammen. 3 Die Höhe des variablen Gehaltsbestandteils ist von der Erreichung bestimmter Zielvorgaben abhängig, die von der Beklagten für den Kläger individuell anhand historischer Umsätze und prognostizierter Umsatzpotentiale seines Kundenstamms für den jeweiligen Abrechnungszeitraum festgelegt werden. Um eine Zielerreichung von 100 % auch dann zu ermöglichen, wenn der Kläger seinen Jahresurlaub in Anspruch nahm, berücksichtigte die Beklagte sämtliche Umsätze im Kundenstamm des Klägers, unabhängig davon, ob diesen Direktbestellungen der Kunden zugrunde lagen oder sie von ihren Vertriebspartnern, dem Urlaubsvertreter des Klägers oder anderen Mitarbeitern generiert wurden. Der Kläger konnte eine Zielerreichung von mehr als 100 % und eine entsprechend höhere Vergütung erreichen. Abhängig von der Höhe des erzielten Umsatzes kamen zudem Sondereffekte zum Tragen. So führte zB die Erreichung bestimmter Ziele in einer bestimmten Zeitspanne aufgrund sogenannter „Kicker-Regelungen“ zu einer nochmaligen Erhöhung der variablen Vergütung. Die Beklagte zahlte an den Kläger monatlich einen Abschlag iHv. 75 % auf den variablen Gehaltsbestandteil. Im Monat nach Ablauf des Abrechnungszeitraums, der zunächst ein Quartal und seit 2017 ein Halbjahr umfasste, rechnete sie auf Basis der im gesamten Abrechnungszeitraum erzielten Umsätze und des Grads der Zielerreichung ab und zahlte sich ggf. ergebende Differenzbeträge an den Kläger aus. 4 Die Beklagte gewährte dem Kläger in den Jahren 2015 bis 2019 Urlaub. Während des Urlaubs wurde er von einem anderen Mitarbeiter vertreten. Die Beklagte zahlte an den Kläger Urlaubsentgelt in Höhe des Festgehalts zuzüglich des Abschlags von 75 % auf den variablen Gehaltsbestandteil. Bei der späteren Abrechnung des variablen Gehaltsbestandteils berücksichtigte sie die während der Urlaubsabwesenheit des Klägers fakturierten Umsätze in gleicher Weise wie außerhalb seines Urlaubs. Eine taggenaue Übersicht über den erzielten variablen Gehaltsbestandteil und den Grad der Zielerreichung erhielt der Kläger nicht. In den von der Beklagten erteilten Abrechnungen wird nicht zwischen Entgelt für geleistete Arbeit und Urlaubsentgelt unterschieden. 5 Im Betrieb der Beklagten trat am 3. August 2015 rückwirkend die Betriebsvereinbarung „Variable – Vergütung“ vom 19. Oktober 2015 in Kraft (iF BV 2015), die auszugsweise lautet:          „§ 5 Regelmäßige Betrachtung der Ergebnisse/Auszahlungen          Es wird vereinbart, dass die Geschäftsleitung, bzw. die Bereichsleitung spätestens 10 Tage nach Beendigung der jeweiligen Abrechnungszeiträume die Zielerreichungsgrade der Arbeitnehmer auswertet und auf Anfrage kommuniziert bzw. die Einsehbarkeit ermöglicht. Um die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse durch den Arbeitnehmer zu gewährleisten, kann die Kommunikation in Form einer Excel Datei (z. B. individueller Auszug aus dem ‚Generalisierten Report‘) erfolgen. …“ 6 Die Behandlung von Urlaubszeiten der Arbeitnehmer regelte die BV 2015 nicht. 7 Seit dem 3. Februar 2018 galt aufgrund eines Einigungsstellenspruchs vom 29. Juni 2018 eine Betriebsvereinbarung (iF BV 2018), mit der die BV 2015 abgelöst wurde. Die BV 2018 regelt ua.:          „4. Variable Vergütung in besonderen Situationen          …                          c)     Urlaub                   Die in der Zeit des Urlaubs fakturierten/gelieferten Aufträge werden der Provisionsberechnung weiterhin zugrunde gelegt. Während des Urlaubs erhält der Mitarbeiter jedoch mindestens das Urlaubsentgelt gemäß § 11 BUrlG. Als Referenzzeitraum werden abweichend von § 11 BUrlG die letzten Abrechnungszeiträume des Mitarbeiters, die in der Summe ein Jahr ergeben, zugrunde gelegt.          …                 5. Entstehen, Fälligkeit und Auszahlung der Provision          …                          c)     Die Auszahlung der Provisionen als laufender Arbeitslohn erfolgt in dem auf den Abrechnungszeitraum folgenden Monat, wobei die Mitarbeiter eine Aufstellung der für die Abrechnung relevanten Umsätze und jeweiligen Zielerreichungen entsprechend der in Anlage 2 zu dieser Vereinbarung beigefügten Vorlage erhalten.          d)     Übersteigt die Provision eines Mitarbeiters in dem jeweiligen Abrechnungszeitraum 300 %, wird die Auszahlung der Provision auf 300 % begrenzt. …“ 8 Seit Inkrafttreten der BV 2018 ermittelte die Beklagte das Urlaubsentgelt nach einer Vergleichsberechnung: War der auf Basis der Umsätze im Kundenstamm ermittelte variable Gehaltsbestandteil des Klägers im Referenzzeitraum eines Jahrs vor Urlaubsantritt höher als derjenige, der sich aus den Umsätzen während seines Urlaubs ergab, berechnete sie das Urlaubsentgelt auf Basis des letzten Jahrs. War der erzielte variable Gehaltsbestandteil im Referenzzeitraum niedriger, erfolgte keine weitere Zahlung von Urlaubsentgelt. Für die Ermittlung des variablen Gehaltsbestandteils in dem Abrechnungszeitraum, in dem der Kläger Urlaub in Anspruch nahm, berücksichtigte die Beklagte die in der Zeit des Urlaubs fakturierten Umsätze. 9 Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der in den 13 Wochen vor Urlaubsantritt bzw. im Referenzzeitraum nach Nr. 4 Buchst. c Satz 3 BV 2018 verdiente variable Gehaltsbestandteil sei nach den Vorgaben des Unionsrechts bei der Berechnung des Urlaubsentgelts zwingend zu berücksichtigen. Er habe die während seines Urlaubs mit seinem Kundenstamm abgeschlossenen Geschäfte ausnahmslos vorbereitet und koordiniert. Die generierten Umsätze hätten sich infolge seiner Urlaubsabwesenheit verringert, weil seine Arbeitsleistung durch die seines Urlaubsvertreters nicht vollständig ausgeglichen worden sei. Die bereits geleisteten Urlaubsentgeltzahlungen lasse er sich anrechnen. 10 Der Kläger hat zuletzt beantragt,          1.     die Beklagte zu verurteilen, Auskunft über die ihm für die Zeiträume                   2. Oktober 2014 bis zum 31. Dezember 2014,                   3. Dezember 2014 bis zum 3. März 2015,                   14. April 2015 bis zum 14. Juli 2015,                   21. April 2015 bis zum 21. Juli 2015,                   17. Mai 2015 bis zum 18. August 2015,                   8. Juni 2018 (gemeint wohl: 2015) bis zum 7. September 2015,                   27. August 2015 bis zum 26. November 2015,                   20. September 2015 bis zum 20. Dezember 2015,                   3. Dezember 2015 bis zum 3. März 2016,                   14. April 2016 bis zum 14. Juli 2016,                   21. April 2016 bis zum 21. Juli 2016,                   27. April 2016 bis zum 27. Juli 2016,                   25. August 2016 bis zum 24. November 2016,                   26. September 2016 bis zum 26. Dezember 2016,                   31. Dezember 2016 bis zum 2. April 2017,                   30. März 2017 bis zum 29. Juni 2017,                   15. Mai 2017 bis zum 14. August 2017,                   31. August 2017 bis zum 30. November 2017,                   20. September 2017 bis zum 20. Dezember 2017,                   26. September 2017 bis zum 26. Dezember 2017                   auszuzahlenden Provisionen entsprechend der jeweils gültigen Provisionsregelung gemäß § 3 des Arbeitsvertrags vom 29. Juni 2000 zu erteilen;          2.     die Beklagte nach Auskunftserteilung zu verurteilen, das ihm gemäß § 11 Abs. 1 BUrIG zustehende Urlaubsentgelt in Höhe des sich dem unter Ziffer 1 ergebenden durchschnittlichen Arbeitsverdiensts für die Zeiträume                   2. Januar 2015 bis zum 9. Januar 2015,                   4. März 2015,                   15. Juli 2015,                   22. Juli 2015,                   17. August 2015 bis zum 5. September 2015,                   8. September 2015,                   26. November 2015,                   21. Dezember 2015 bis zum 8. Januar 2016,                   4. März 2016,                   15. Juli 2016,                   23. Juli 2016,                   28. Juli 2016 bis zum 18. August 2016,                   25. November 2016,                   2. Dezember 2016,                   27. Dezember 2016 bis zum 6. Januar 2017,                   3. April 2017 bis zum 7. April 2017,                   31. Juni 2017 bis zum 14. Juli 2017,                   15. August 2017,                   1. Dezember 2017,                   21. Dezember 2017,                   27. Dezember 2017 bis zum 5. Januar 2018                   soweit noch nicht geschehen auszuzahlen und über die ausgezahlten Beträge entsprechende Abrechnungen gemäß § 108 Abs. 1 GewO zu erteilen;          3.     die Beklagte zu verurteilen, Auskunft über die ihm für die Zeiträume                   26. Februar 2017 bis zum 25. Februar 2018,                   26. April 2017 bis zum 25. April 2018,                   25. Mai 2017 bis zum 24. Mai 2018,                   1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2018,                   7. August 2017 bis zum 6. August 2018,                   14. September 2017 bis zum 13. September 2018,                   8. Oktober 2018 (gemeint wohl: 2017) bis zum 7. Oktober 2018,                   1. Dezember 2017 bis zum 30. November 2018,                   24. Dezember 2017 bis zum 23. Dezember 2018,                   7. Januar 2018 bis zum 6. Januar 2019                   auszuzahlenden Provisionen entsprechend der jeweils gültigen Provisionsregelung gemäß § 3 des Arbeitsvertrags vom 29. Juni 2000 zu erteilen;          4.     die Beklagte nach Auskunftserteilung zu verurteilen, das ihm gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG zustehende Urlaubsentgelt in Höhe des sich dem unter Ziffer 3 ergebenden durchschnittlichen Arbeitsverdiensts für die Zeiträume                   2. Januar 2018 bis zum 12. Januar 2018,                   26. April 2018,                   25. Mai 2018,                   2. Juli 2018 bis zum 20. Juli 2018,                   7. August 2018,                   14. September 2018,                   8. Oktober 2018 bis zum 12. Oktober 2018,                   30. November 2018,                   24. Dezember 2018 bis zum 31. Dezember 2018,                   7. Januar 2019 bis zum 11. Januar 2019                   soweit noch nicht geschehen auszuzahlen und über die ausgezahlten Beträge entsprechende Abrechnungen gemäß § 108 Abs. 1 GewO zu erteilen. 11 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Bemessung des Urlaubsentgelts sei der in den jeweiligen Referenzzeiträumen erzielte variable Gehaltsbestandteil nicht zu berücksichtigen, weil mit diesem die Gesamtleistung des Klägers in dem mit der Zielvorgabe festgelegten Zeitraum abgegolten werde, und dem Kläger auch Umsätze als zielrelevant zugerechnet worden seien, zu denen er keinen Beitrag geleistet habe. Der Urlaub sei bei der Festlegung des Jahreszielgehalts bereits berücksichtigt worden. Die Einbeziehung des variablen Gehaltsbestandteils in die Berechnung des Urlaubsentgelts führe für sie zu einer Doppelbelastung, weil sich dadurch die Zielvergütung automatisch erhöhe. Auch stehe nicht fest, dass der Kläger bei einem Verzicht auf Urlaub höhere Umsätze hätte erzielen können. Etwaige Zahlungsansprüche aus dem Jahr 2015 seien verjährt. 12 Das Arbeitsgericht hat die Stufenklage insgesamt als unbegründet abgewiesen, weil es für den geltend gemachten Zahlungsanspruch an einer materiell-rechtlichen Grundlage fehle. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Entscheidungsgründe 13 Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht. 14 A. Die Stufenklage ist nur teilweise zulässig. 15 I. Sie genügt nicht in jeder Hinsicht den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen. 16 1. Eine Klage auf Auskunft über den gewöhnlichen Arbeitsverdienst, die zur Durchsetzung des Anspruchs auf Urlaubsentgelt erhoben wird, muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend klar erkennen lassen, auf welche Urlaubstage als Klagegrund sich der Antrag bezieht, worüber der Beklagte Auskunft erteilen soll und für welchen Referenzzeitraum der Auskunftsanspruch geltend gemacht wird. Das Gesetz lässt mit § 254 ZPO zwar in Abweichung von dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO den Vorbehalt zu, die herauszugebende Leistung nach Rechnungslegung zu bestimmen (vgl. BGH 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – Rn. 8, BGHZ 189, 79; 2. März 2000 – III ZR 65/99 – zu 1 a der Gründe). Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Erhebung einer hinreichend bestimmten Auskunftsklage entbehrlich wäre. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO müssen die Auskunftsanträge so deutlich gefasst und der Klagegrund so klar festgelegt sein, dass bei einer den Klageanträgen stattgebenden Verurteilung, wie bei einer sie abweisenden Entscheidung, die Reichweite des Urteilsausspruchs und der Umfang der Rechtskraft der Entscheidung feststehen (BGH 22. November 2007 – I ZR 12/05 – Rn. 21). Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden (st. Rspr. vgl. BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 78/19 – Rn. 10 mwN, BAGE 169, 26). Dies ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (BAG 30. Oktober 2019 – 10 AZR 177/18 – Rn. 15, BAGE 168, 290; 26. Januar 2017 – 8 AZR 848/13 – Rn. 29). 17 2. Die vom Kläger erhobene Auskunftsklage wird entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts diesen Anforderungen nicht gerecht. 18 a) Der Kläger begehrt mit der Stufenklage in der ersten Stufe (Klageanträge zu 1. und 3.), die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die Höhe des variablen erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteils zu erteilen, den ihm die Beklagte gemäß § 3 des Arbeitsvertrags iVm. der jeweils gültigen Provisionsregelung in dem in § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG festgelegten Referenzzeitraum bzw. im Referenzzeitraum eines Jahrs vor Urlaubsantritt schuldet, um ihm auf Grundlage der Auskunft die Berechnung des ihm zustehenden Urlaubsentgelts und die Bezifferung der mit der zweiten Stufe (Klageanträge zu 2. und 4.) erhobenen Klage auf Zahlung von Urlaubsentgelt zu ermöglichen. 19 b) Das Auskunftsbegehren ist aufgrund der Widersprüche zwischen den zur Entscheidung gestellten Anträgen und der Klagebegründung nicht hinreichend individualisiert. Der Kläger hat zur Begründung der Klage auf die zur Akte gereichten Urlaubsübersichten für die Jahre 2015 bis 2018, auf die das Berufungsurteil verweist, Bezug genommen. Mit den darin genannten Urlaubstagen stimmen die Urlaubstage und Urlaubszeiträume, die in den Klageanträgen zu 2. und zu 4. genannt sind, nur zum Teil überein. Auch entsprechen die in den Anträgen zu 1. und 3. genannten Zeiträume zum Teil nicht den Referenzzeiträumen, die ausweislich der Klagebegründung für die in den Zahlungsanträgen zu 2. und 4. genannten Urlaubstage maßgeblich sein sollen. Bei einem den Anträgen entsprechenden Urteilsausspruch würden diese Unklarheiten ins Vollstreckungsverfahren verlagert, weil sie sich auch durch eine gebotene rechtsschutzgewährende Auslegung (vgl. hierzu BAG 17. März 2015 – 9 AZR 702/13 – Rn. 13 mwN; BGH 2. Dezember 2015 – IV ZR 28/15 – Rn. 10) nicht beseitigen lassen. 20 II. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden und die Klage als unzulässig abweisen. Der Kläger ist weder vom Arbeitsgericht noch vom Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 3 ZPO auf Bedenken gegen die Bestimmtheit der Auskunftsklage hingewiesen worden. Auch die Beklagte hat sich hierauf nicht gestützt. Die Sache ist deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag zu ergänzen und sein Auskunftsbegehren den Anforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügend zu präzisieren (vgl. BAG 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 – Rn. 14, BAGE 161, 33). 21 B. Sollte der Vortrag des Klägers zur Bestimmtheit der Auskunftsanträge führen, wäre im weiteren Verfahren Folgendes zu beachten: 22 I. Die vom Kläger verlangten Auskünfte können, wovon die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen sind, zulässiger Gegenstand der ersten Stufe einer Stufenklage nach § 254 ZPO sein. 23 1. Die Stufenklage ist zulässig, wenn die mit ihrer ersten Stufe verlangte Auskunft für die Erhebung eines bestimmten Antrags erforderlich ist (BAG 22. Februar 2012 – 4 AZR 527/10 – Rn. 53; 26. Mai 2009 – 3 AZR 816/07 – Rn. 11). Die Auskunft muss dem Zweck dienen, einen bestimmten Leistungsantrag im Klagewege zu verfolgen, und zur Bezifferung des Leistungsantrags herangezogen werden können. In diesem Fall werden entgegen dem Gesetzeswortlaut von § 254 ZPO Informationsansprüche jeglicher Art erfasst (vgl. BAG 28. August 2019 – 5 AZR 425/18 – Rn. 18 ff. mwN, BAGE 167, 349). 24 2. Der Kläger benötigt die verlangten Auskünfte über den von der Beklagten geschuldeten variablen erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteil, weil ihm nur auf dieser Grundlage die Berechnung der von ihm geltend gemachten Ansprüche auf Urlaubsentgelt möglich ist. Da ihm taggenaue Übersichten über den Grad der Zielerreichung und den variablen Gehaltsbestandteil in den Abrechnungszeiträumen nicht zur Verfügung stehen, kann er nicht feststellen, ob die Beklagte den Anspruch vollständig erfüllt hat (§ 362 BGB). Ob bei der Bemessung des Urlaubsentgelts der variable Gehaltsbestandteil, so wie vom Kläger begehrt, zu berücksichtigen ist und ggf. dabei die nach seiner Ansicht maßgeblichen Referenzzeiträume zugrunde zu legen sind, betrifft nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Stufenklage (vgl. BAG 26. Mai 2009 – 3 AZR 816/07 – Rn. 11). 25 II. Die Berufung des Klägers gegen das die Stufenklage insgesamt abweisende Urteil des Arbeitsgerichts kann, soweit sie auf die Durchsetzung von Ansprüchen auf Urlaubsentgelt für den bis zum 2. Februar 2018 vom Kläger in Anspruch genommenen Urlaub gerichtet ist, nicht mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung, zurückgewiesen werden. 26 1. Eine einheitliche Entscheidung über die in der Stufenklage verbundenen Anträge auf Auskunft und Zahlung durch klageabweisendes Endurteil kommt nur in Betracht, wenn sich bereits bei der Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass die Auskunftsklage unbegründet ist, weil dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (vgl. BAG 26. August 2020 – 7 AZR 345/18 – Rn. 45; 28. Juni 2011 – 3 AZR 385/09 – Rn. 16, BAGE 138, 184; BGH 28. November 2001 – VIII ZR 37/01 – zu II 4 der Gründe). 27 2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Auskunftsanspruch des Klägers nicht mit der Begründung verneint werden, dem Hauptanspruch fehle bereits die materiell-rechtliche Grundlage. 28 a) Eine Auskunftspflicht kann als vertragliche Nebenpflicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestehen, wenn ein Leistungsanspruch des Auskunftsfordernden gegen den Anspruchsgegner zumindest wahrscheinlich ist, der Auskunftsfordernde entschuldbar über das Bestehen und den Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist, weil es ihm nicht möglich ist, sich die notwendigen Informationen durch zumutbare Anstrengungen selbst zu beschaffen, dem Anspruchsgegner die Auskunftserteilung zumutbar ist und durch die Zuerkennung des Auskunftsanspruchs nicht die allgemeinen Beweisgrundsätze unterlaufen und die Darlegungs- und Beweissituation im Prozess unzulässig verändert werden (vgl. BAG 27. Mai 2020 – 5 AZR 387/19 – Rn. 29, BAGE 170, 327; 2. August 2017 – 9 AZB 39/17 – Rn. 6, BAGE 160, 37). 29 b) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist bei der Bemessung des Urlaubsentgelts – unabhängig davon, ob der Kläger gesetzlichen Mindesturlaub oder vertraglichen Mehrurlaub in Anspruch genommen hat – der variable erfolgsabhängige Gehaltsbestandteil nach §§ 1, 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG als Teil seines gewöhnlichen Arbeitsentgelts, zu berücksichtigen. Eine Nichtberücksichtigung verstieße gegen § 1 BUrlG. 30 aa) Das Bundesurlaubsgesetz begründet mit § 1 BUrlG nicht nur einen Freistellungsanspruch, sondern auch einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Bezahlung. Die mit der Freistellung verknüpfte Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubsvergütung ist integraler Bestandteil des Anspruchs auf bezahlten Urlaub (BAG 16. Februar 2021 – 9 AS 1/21 – Rn. 13; 20. August 2019 – 9 AZR 468/18 – Rn. 11). § 1 BUrlG erhält für die Dauer des gesetzlichen Mindesturlaubs den Anspruch auf Vergütung der infolge des Urlaubs ausfallenden Arbeitszeit aufrecht, sog. Zeitfaktor (st. Rspr. vgl. BAG 20. November 2018 – 9 AZR 349/18 – Rn. 31; 20. September 2016 – 9 AZR 429/15 – Rn. 23). Wie die infolge Urlaubs ausfallende Arbeitszeit zu vergüten ist (sog. Geldfaktor), bestimmt sich nach dem in § 11 Abs. 1 BUrlG geregelten Referenzprinzip. Der Geldfaktor, dh. die Höhe der Vergütung, die je Zeiteinheit zu zahlen ist, bemisst sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdiensts, sofern nicht eine andere Berechnung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sowie nach § 13 BUrlG zulässiger kollektivrechtlicher oder vertraglicher Vereinbarungen zu erfolgen hat (st. Rspr. BAG 22. Oktober 2019 – 9 AZR 98/19 – Rn. 29; 21. September 2010 – 9 AZR 510/09 – Rn. 16 mwN, BAGE 135, 301). 31 bb) § 1 BUrlG entspricht insoweit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG. 32 (1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bedeutet der in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG enthaltene Begriff des „bezahlten“ Jahresurlaubs, dass das Arbeitsentgelt für die Dauer des Jahresurlaubs weiter zu gewähren ist. Der Arbeitnehmer muss für diese Ruhezeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten (EuGH 22. Mai 2014 – C-539/12 – [Lock] Rn. 16; 15. September 2011 – C-155/10 – [Williams ua.] Rn. 19; 16. März 2006 – C-131/04 ua. – [Robinson-Steele ua.] Rn. 50). Die Richtlinie behandelt den Anspruch auf Jahresurlaub und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Durch das Erfordernis der Zahlung des Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (EuGH 13. Dezember 2018 – C-385/17 – [Hein] Rn. 32 ff.; 29. November 2017 – C-214/16 – [King] Rn. 35 mwN; 22. Mai 2014 – C-539/12 – [Lock] Rn. 17 mwN; 16. März 2006 – C-131/04 ua. – [Robinson-Steele ua.] Rn. 58; vgl. hierzu auch BAG 17. Juni 2020 – 10 AZR 210/19 (A) – Rn. 49 ff., BAGE 171, 114; 20. September 2016 – 9 AZR 429/15 – Rn. 19 mwN). Dabei muss jede Unannehmlichkeit, die untrennbar mit der Erfüllung der dem Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben verbunden ist und durch einen in die Berechnung seines Gesamtentgelts eingehenden Geldbetrag abgegolten wird, zwingend Teil des Betrags sein, auf den der Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs Anspruch hat (EuGH 22. Mai 2014 – C-539/12 – [Lock] Rn. 29). Fortzuzahlen sind auch diejenigen Bestandteile des Gesamtentgelts, die an die persönliche und berufliche Stellung des Arbeitnehmers anknüpfen (vgl. EuGH 22. Mai 2014 – C-539/12 – [Lock] Rn. 30; 15. September 2011 – C-155/10 – [Williams ua.] Rn. 27). Maßgeblich ist, ob ein innerer Zusammenhang zwischen dem Entgeltbestandteil und der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Aufgaben besteht (EuGH 22. Mai 2014 – C-539/12 – [Lock] Rn. 32). 33 (2) In richtlinienkonformer Auslegung von § 1 BUrlG sind erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile – unabhängig vom vereinbarten Abrechnungsmodus – Teil des gewöhnlichen Arbeitsverdiensts, wenn sie vom Arbeitgeber für bestimmte Zeitabschnitte als Gegenleistung iSv. § 611 Abs. 2 bzw. seit 1. April 2017 § 611a Abs. 2 BGB zu zahlen sind (vgl. BAG 21. September 2010 – 9 AZR 442/09 – Rn. 23), ihre Höhe zumindest auch von der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung abhängig ist (vgl. ErfK/Gallner 21. Aufl. BUrlG § 11 Rn. 11) und durch die Freistellung des Arbeitnehmers von der Pflicht zur Arbeitsleistung während des Urlaubs beeinflusst werden kann. Unter den genannten Voraussetzungen sind erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile unmittelbar mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers verbunden. 34 cc) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der in den jeweiligen Referenzzeiträumen verdiente variable Gehaltsbestandteil stelle keinen Arbeitsverdienst im Sinne von § 11 Abs. 1 BUrlG dar, weil er unabhängig von seiner regelmäßigen tatsächlichen Anwesenheit am Arbeitsplatz geleistet werde und nicht auf die tägliche, wöchentliche oder monatliche Tätigkeit des Klägers bezogen sei, trifft nicht zu. 35 (1) Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen wird mit dem erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteil die Gesamtverantwortung des Klägers und seine Gesamtleistung im Abrechnungszeitraum honoriert. Dieser knüpft an seine persönliche und berufliche Stellung an und wird für die Wahrnehmung seiner verantwortlichen Position als Vertriebsbeauftragter gezahlt. Der Grad der Zielerreichung und damit die Höhe seines Arbeitsverdiensts sind von der Qualität seiner Arbeitsleistung abhängig. Ob der Kläger seine Ziele im Abrechnungszeitraum erreicht, hängt davon ab, wie er seinen Kundenkreis betreut, seine Webshops führt, mit den ihm zugeordneten Außendienstmitarbeitern und Drittanbietern konstruktiv zusammenarbeitet und wie engagiert diese wiederum ihre Aufgaben erfüllen. Ließe man den variablen Gehaltsbestandteil bei der Bemessung des Urlaubsentgelts außer Betracht oder berücksichtigte diesen nicht in voller Höhe, würde der Kläger während des Urlaubs nicht in die Lage versetzt, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist. 36 (2) Die quartals- bzw. halbjahresbezogene Festlegung der Zielvorgaben und Abrechnung des variablen Gehaltsbestandteils lässt – ebenso wie die Bezeichnung der variablen Vergütung im Arbeitsvertrag – keine Rückschlüsse auf die Rechtsnatur der Leistung zu. 37 dd) Die bisherigen Feststellungen rechtfertigen auch nicht die Annahme der Vorinstanzen, die Berücksichtigung des variablen Gehaltsbestandteils führe zu einer Doppelbelastung der Beklagten. Diese resultiert nicht daraus, dass die Beklagte das Festgehalt und den Abschlag auf den variablen Gehaltsbestandteil auch in den Monaten, in denen der Kläger Urlaub in Anspruch nahm, fortzahlte und bei der späteren Abrechnung des variablen Gehaltsbestandteils die während der Urlaubsabwesenheit des Klägers fakturierten Umsätze in gleicher Weise berücksichtigte wie außerhalb des Urlaubszeitraums. Die von der Beklagten für die streitgegenständlichen Urlaubstage bereits als Urlaubsentgelt geleisteten Zahlungen lässt sich der Kläger anrechnen. Mit der Stufenklage verfolgt er allein das Ziel, weitergehende Urlaubsentgeltansprüche durchzusetzen. 38 ee) Der Einwand der Beklagten, bei der Festlegung der Zielvorgaben seien Urlaubszeiten bereits berücksichtigt, denn die Ziele seien so festgelegt, dass eine Zielerreichung in Höhe von 100 %, auch bei Inanspruchnahme von Urlaub möglich sei, rechtfertigt es nicht, den individuellen variablen Gehaltsbestandteil außer Betracht zu lassen. Diese von der Beklagten nicht näher erläuterte Berücksichtigung der Urlaubszeiten des Klägers bei der Bemessung der Jahresziele löst die Bemessung des Urlaubsentgelts bei variabler Vergütung unzulässig von der in § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG vorgesehenen Methode, die auf den individuellen durchschnittlichen Arbeitsverdienst abstellt, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. 39 ff) Der variable Gehaltsbestandteil ist auch bei der Bemessung des Urlaubsentgelts für Tage einzubeziehen, an denen der Kläger seinen vertraglichen Mehrurlaub in Anspruch genommen hat. Die Parteien haben die Berechnung des Urlaubsentgelts nicht abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt. § 4 des Arbeitsvertrags bestimmt einen über den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) hinausgehenden Umfang des Urlaubsanspruchs des Klägers, nicht aber die Modalitäten der Berechnung des Urlaubsentgelts. Es gelten deshalb gleichlaufend mit dem Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub für den vertraglichen Mehrurlaub die gesetzlichen Bestimmungen (vgl. zu den Voraussetzungen eines Gleichlaufs BAG 19. Februar 2019 – 9 AZR 321/16 – Rn. 51 f. mwN; zu tarifvertraglichen Regelungen BAG 29. September 2020 – 9 AZR 364/19 – Rn. 21; 29. September 2020 – 9 AZR 113/19 – Rn. 12). 40 c) Etwaige Ansprüche des Klägers sind nicht nach § 9 Abs. 1 des Arbeitsvertrags erloschen. Die Regelung ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. 41 aa) Der Arbeitsvertrag weist keine individuellen Besonderheiten auf. Das begründet, wie auch das äußere Erscheinungsbild des Vertrags, eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt (vgl. BAG 11. Dezember 2018 – 9 AZR 383/18 – Rn. 15, BAGE 164, 316; 18. September 2018 – 9 AZR 162/18 – Rn. 30, BAGE 163, 282). Es liegt ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB vor, denn die Beklagte hat nicht behauptet, dass der Kläger auf den Inhalt des Arbeitsvertrags Einfluss nehmen konnte (vgl. BAG 18. September 2018 – 9 AZR 162/18 – aaO). 42 bb) Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen sollen, wenn sie nicht binnen einer Frist von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Partei des Arbeitsvertrags schriftlich geltend gemacht worden sind, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Maßstäbe sind zeitlich anwendbar, obwohl der Arbeitsvertrag vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 geschlossen wurde (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB; vgl. dazu BAG 21. Februar 2017 – 3 AZR 297/15 – Rn. 18, BAGE 158, 154). Die Frist für die erstmalige Geltendmachung von weniger als drei Monaten ist unangemessen kurz und benachteiligt den Kläger unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben (BAG 14. Juni 2016 – 9 AZR 181/15 – Rn. 31, BAGE 155, 257; 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – Rn. 28 ff., BAGE 116, 66). Eine geltungserhaltende Reduktion, mit der eine einheitliche und damit auch einer einheitlichen AGB-Kontrolle unterliegende Klausel durch das Gericht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil getrennt und in ihrem rechtlich nicht zu beanstandenden Teil aufrechterhalten wird (vgl. BAG 26. Januar 2017 – 6 AZR 671/15 – Rn. 34 f., BAGE 158, 81), ist im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen (vgl. zu Altverträgen BAG 28. November 2007 – 5 AZR 992/06 – Rn. 28; zu Neuverträgen BAG 24. August 2017 – 8 AZR 378/16 – Rn. 32). Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus (vgl. hierzu bei „Altverträgen“ im Einzelnen BAG 24. September 2019 – 9 AZR 273/18 – Rn. 30 ff. mwN, BAGE 168, 54). 43 d) Den mit der Stufenklage verfolgten Ansprüchen auf Urlaubsentgelt für Urlaub, der dem Kläger im Jahr 2015 gewährt wurde, steht nach den getroffenen Feststellungen nicht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Mangels Eingreifens der besonderen Tatbestände der §§ 196, 197 BGB unterliegen die Ansprüche auf Auskunft und Zahlung von Urlaubsentgelt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Diese Frist hätte der Kläger gewahrt, wenn die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Einreichung der Stufenklage beim Arbeitsgericht am 28. Dezember 2018 gehemmt würde. Voraussetzung hierfür wäre, dass der Kläger die Klage bis zu einer Entscheidung im Berufungsverfahren hinreichend iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO individualisiert (vgl. BGH 2. Mai 2017 – VI ZR 85/16 – Rn. 15 mwN; 6. Mai 2014 – II ZR 217/13 – Rn. 17 mwN). In diesem Fall würde die Hemmung für den Auskunfts- und Zahlungsanspruch bereits mit Eingang der Klage eingetreten sein. Die Zustellung der Stufenklage an die Beklagte erfolgte am 17. Januar 2019 und damit demnächst iSv. § 167 ZPO. Die Stufenklage hätte die Verjährung auch hinsichtlich der Zahlung des Urlaubsentgelts gehemmt. Werden Auskunftsansprüche zusammen mit dem unbezifferten Hauptanspruch in einer Stufenklage erhoben, so wird der Hauptanspruch rechtshängig (vgl. BAG 26. August 2020 – 7 AZR 345/18 – Rn. 45). Die Beklagte wäre unter diesen Voraussetzungen nicht berechtigt, die Leistung nach § 214 Abs. 1 BGB zu verweigern. 44 3. Die weiteren Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs sind erfüllt. Der Kläger ist in entschuldbarer Weise über die Höhe seines Urlaubsentgeltanspruchs im Ungewissen, weil ihm mangels taggenauer Übersichten über den Grad der Zielerreichung im Referenzzeitraum die Höhe seines variablen erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteils im Referenzzeitraum nicht bekannt ist und er sich die erforderlichen Informationen auch nicht selbst beschaffen kann. Der Beklagten ist die Erfüllung des Auskunftsanspruchs zumutbar, denn sie war nach § 5 BV 2015 verpflichtet, die Zielerreichungsgrade der Arbeitnehmer auszuwerten und die Nachvollziehbarkeit des ermittelten erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteils zu gewährleisten. Durch die Gewährung des vom Kläger verfolgten Auskunftsanspruchs wird die Darlegungs- und Beweissituation im Prozess nicht unzulässig verändert. In der Regelung des § 254 ZPO ist angelegt, dass der Prozessgegner dem Anspruchsteller Informationen zur Verfügung zu stellen hat (vgl. BAG 28. August 2019 – 5 AZR 425/18 – Rn. 32, BAGE 167, 349). Die Berechnung der Höhe des Urlaubsentgeltanspruchs bleibt Aufgabe des Klägers. 45 III. Die Vorinstanzen haben allerdings im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Kläger die Wahrscheinlichkeit des von ihm geltend gemachten Zahlungsanspruchs für den Zeitraum ab dem 3. Februar 2018 nicht schlüssig dargelegt hat. Die mit dem Klageantrag zu 3. begehrten Auskünfte sind auf die Durchsetzung eines weiteren Anspruchs auf Urlaubsentgelt nach Nr. 4 Buchst. c BV 2018 gerichtet. Die Klage ist insoweit unschlüssig, weil sich der Auskunftsantrag nicht auf den Referenzzeitraum bezieht, der nach Nr. 4 Buchst. c Satz 3 BV 2018 im Rahmen einer Vergleichsberechnung für die Bestimmung der Höhe des Urlaubsentgelts heranzuziehen ist. Dies ergibt die Auslegung der Regelung (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. zB BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 730/19 – Rn. 53 f., BAGE 171, 1; 13. Oktober 2015 – 1 AZR 853/13 – Rn. 22, BAGE 153, 46). 46 1. Nr. 4 Buchst. c BV 2018 sieht für die Berücksichtigung des variablen Gehaltsbestandteils bei der Bemessung des Urlaubsentgelts eine Vergleichsberechnung vor, die den erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteil wie folgt berücksichtigt: Zunächst ist nach Satz 1 der Betrag zu ermitteln, der sich auf Basis der während des Urlaubs des Arbeitnehmers fakturierten/gelieferten Aufträge ergibt. Diesem Betrag ist nach Satz 3 der Betrag gegenüberzustellen, der sich ausgehend von den Umsätzen im Kundenstamm des Arbeitnehmers ergibt, wenn als Referenzzeitraum „die letzten Abrechnungszeiträume des Mitarbeiters, die in der Summe ein Jahr ergeben, zugrunde gelegt“ werden. Ist der im Referenzzeitraum ermittelte erfolgsabhängige Gehaltsbestandteil höher als derjenige, der sich aus den Umsätzen während des Urlaubs des Arbeitnehmers ergibt, ist das Urlaubsentgelt auf Basis des im Referenzzeitraum ermittelten variablen Gehaltsbestandteils zu berechnen und zu zahlen. Ist er niedriger, schuldet der Arbeitgeber keine weitere Zahlung von Urlaubsentgelt. Der Abrechnungszeitraum für den variablen Gehaltsbestandteil betrug bei der Beklagten seit 2017 ein Halbjahr, so dass von den letzten beiden Abrechnungszeiträumen vor Urlaubsantritt auszugehen ist. Soweit nach Nr. 4 Buchst. c Satz 2 BV 2018 der Arbeitnehmer während des Urlaubs „mindestens das Urlaubsentgelt gemäß § 11 BUrlG“ erhalten soll, bezieht sich dies allein auf die nach der gesetzlichen Regelung vorgesehenen Bestandteile des regelmäßigen Arbeitsverdiensts, denn hinsichtlich des Referenzzeitraums weicht die Regelung in Satz 3 ausdrücklich von der gesetzlichen Regelung ab. 47 2. Danach ist nach Nr. 4 Buchst. c Satz 3 BV 2018, entgegen dem Auskunftsantrag des Klägers und der Abrechnungspraxis der Beklagten, nicht der Referenzzeitraum eines Jahrs vor dem jeweiligen Urlaubsantritt zugrunde zu legen. Keiner Erörterung bedarf es, ob der Einigungsstellenspruch wirksam ist, soweit er Nr. 4 Buchst. c BV 2018 betrifft. Wäre die Regelung unwirksam, könnte sich ein Anspruch des Klägers nur aus §§ 1, 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ergeben. Diesen Anspruch macht der Kläger jedoch mit der Stufenklage für Urlaub, den er ab dem 3. Februar 2018 genommen hat, nicht geltend.              Kiel                  Suckow                  Weber                                    Pielenz                  Sucher" bag_22-21,04.08.2021,"04.08.2021 22/21 - Aussetzung wegen eines anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens Ein Rechtsstreit kann in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO ausgesetzt werden, wenn entscheidungserheblich ist, wie Unionsrecht auszulegen ist, und zu dieser Frage bereits ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängig ist. Die Beklagte ist ein Unternehmen der Süßwarenindustrie. Der Kläger versieht bei ihr Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit. Die Parteien sind an den Bundesmanteltarifvertrag für die Angestellten, gewerblichen Arbeitnehmer und Auszubildenden der Süßwarenindustrie vom 14. Mai 2007 (BMTV) gebunden. Der BMTV bestimmt, dass für Nachtarbeit in Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit, die in die Nachtzeit von 22:00 bis 06:00 Uhr fällt, ein Zuschlag von 15 % je Stunde zu zahlen ist. Für Nachtarbeit in Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit, die regelmäßig länger als 14 Tage überwiegend in die Nachtzeit von 22:00 bis 06:00 Uhr fällt, ist ein Zuschlag von 20 % je Stunde geschuldet. Sonstige Nachtarbeit ist mit zusätzlich 60 % je Stunde zu vergüten. Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten für die von ihm in der Nachtzeit erbrachten Arbeitsstunden eine höhere als die bereits geleistete Vergütung. Er ist der Auffassung, die Regelungen im BMTV zu den Zuschlägen für Nachtarbeit in Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 GG und den unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Arbeit zur Nachtzeit werde in unterschiedlicher Höhe vergütet. Andere Umstände als der Gesundheitsschutz könnten höhere Zuschläge nicht rechtfertigen. Er habe deshalb Anspruch auf die Zuschläge von 60 % je Stunde für sonstige Nachtarbeit. Die Beklagte ist der Ansicht, die tarifvertraglichen Bestimmungen seien wirksam. Die allenfalls mittelbar an die Grundrechte gebundenen Tarifvertragsparteien hätten den ihnen nach Art. 9 Abs. 3 GG zukommenden weiten Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eingehalten. Der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit solle nicht nur die Erschwernis für die Arbeit in der Nacht ausgleichen, sondern diene auch dem Schutz der Freizeit der Arbeitnehmer. Eine sog. Anpassung nach oben erweitere den Kostenrahmen der Beklagten in unzumutbarem Umfang. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts setzt den Rechtsstreit in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO aus, bis der Gerichtshof der Europäischen Union über die Vorabentscheidungsersuchen – C-257/21 – und – C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland ua.] entschieden hat. Diese beiden Vorabentscheidungsersuchen sind in zwei von fast 400 vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts anhängigen Revisionsverfahren ergangen, in denen es um die Höhe tariflicher Zuschläge für Arbeitsstunden geht, die in Nachtschichten geleistet werden. Entscheidungserheblich sind Fragen der Auslegung von Unionsrecht. Der Senat hat den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über diese Fra-gen ersucht (BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 332/20 (A) – und – 10 AZR 333/20 (A)  -, vor dem Gerichtshof anhängig unter – C-257/21 – und – C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland ua.]). Sie stellen sich in gleicher Weise in dem geführten Rechtsstreit. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. Juli 2021 – 10 AZR 397/20 (A) – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 22. Juli 2020 – 7 Sa 5/20 –","Tenor Das Revisionsverfahren wird bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die Vorabentscheidungsersuchen – C-257/21 – und – C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland ua.] ausgesetzt. Leitsatz Ein Rechtsstreit kann in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO ausgesetzt werden, wenn entscheidungserheblich ist, wie Unionsrecht auszulegen ist, und zu dieser Frage bereits ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängig ist. Entscheidungsgründe 1 I. Die Parteien streiten über die Höhe der tariflichen Zuschläge für Arbeitsstunden, die in Nachtschichten geleistet werden. 2 Der Kläger versieht Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit bei der Beklagten, einem Unternehmen der Süßwarenindustrie. Er erzielt eine Stundenvergütung von 13,30 Euro brutto. Die Parteien sind an den Bundesmanteltarifvertrag für die Angestellten, gewerblichen Arbeitnehmer und Auszubildenden der Süßwarenindustrie vom 14. Mai 2007 (BMTV) gebunden, weil sie den tarifschließenden Organisationen angehören. 3 Der BMTV definiert in § 4 Abschn. I Nr. 1 die Begriffe der Schicht- und der Wechselschichtarbeit. Schichtarbeit ist demnach die regelmäßige tägliche vereinbarte Arbeitszeit, unabhängig von der zeitlichen Lage. Wechselschicht ist gegeben, wenn der Schichtbeginn und damit die zeitliche Lage der Schicht regelmäßig wechseln und der Rhythmus zusammenhängend mindestens eine Arbeitswoche dauert. 4 § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 1 Satz 1 BMTV schreibt vor, dass Nachtarbeit nach Möglichkeit zu vermeiden ist. Sie ist nach § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 1 Satz 2 BMTV außer bei üblicher Schichtarbeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen nur vorübergehend in Fällen einer dringenden betrieblichen Notwendigkeit möglich und setzt das Einverständnis des Betriebsrats voraus. § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 2 BMTV regelt, dass die im Rahmen der tariflichen Bestimmungen festgelegte Nachtarbeit zu leisten ist, soweit ihr nicht berechtigte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen. 5 § 4 Abschn. II Nr. 1 Buchst. b Abs. 1 BMTV bestimmt, dass für Nachtarbeit in Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit, die in die Nachtzeit von 22:00 bis 06:00 Uhr fällt, ein Zuschlag von 15 % je Stunde zu zahlen ist. Für Nachtarbeit in Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit, die regelmäßig länger als 14 Tage überwiegend in die Nachtzeit von 22:00 bis 06:00 Uhr fällt, ist nach § 4 Abschn. II Nr. 1 Buchst. b Abs. 2 BMTV ein Zuschlag von 20 % je Stunde geschuldet. Sonstige Nachtarbeit ist nach § 4 Abschn. II Nr. 1 Buchst. b Abs. 3 BMTV mit zusätzlich 60 % je Stunde zu vergüten. 6 Der BMTV sieht einen Zuschlag von 25 % je Mehrarbeitsstunde in der Zeit von 06:00 bis 22:00 Uhr vor (§ 4 Abschn. II Nr. 1 Buchst. a Abs. 1 BMTV). Er begründet weitere Ansprüche für Arbeitnehmer, die in Wechselschicht arbeiten. Für Wechselschichtarbeit sind ab 40, 80, 120, 160 und 200 Schichten gestaffelte Freischichten in unterschiedlichem Umfang bei zweischichtigem und dreischichtigem Wechsel zu gewähren (§ 4 Abschn. III Nr. 1 BMTV). Unter Beachtung der Mitbestimmung des Betriebsrats kann statt der Freizeiten für Wechselschichtarbeit von 22:00 bis 06:00 Uhr (Nachtschicht) ein Zuschlag von 5 % gezahlt werden (§ 4 Abschn. III Nr. 2 BMTV). 7 Der Kläger arbeitete im Zeitraum zwischen 22:00 und 06:00 Uhr im September 2018 32,65 Stunden, im Oktober 2018 23 Stunden, im November 2018 35,5 Stunden, im Dezember 2018 78,7 Stunden, im Januar 2019 22,5 Stunden, im Februar 2019 30,1 Stunden und im März 2019 31 Stunden. Die Beklagte vergütete die Stunden mit Zuschlägen in unterschiedlicher Höhe von 15 %, 25 %, 40 %, 50 % oder 60 % jeweils im Folgemonat. 8 Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die gegenüber den Ansprüchen auf Zuschläge von 60 % für sonstige Nachtarbeit sehr viel geringeren Ansprüche auf Zuschläge für Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit von 15 % oder 20 % seien gleichheitswidrig. Die Unterscheidung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und den unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei Nachtarbeit könnten andere Umstände als der Gesundheitsschutz höhere Zuschläge nicht rechtfertigen. Das tradierte Bild der „verstellbaren biologischen Uhr“ sei durch die aktuellen und gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnisse überholt. Die regelmäßige Nachtarbeit leistenden Arbeitnehmer seien erheblich höheren Gesundheitsgefährdungen und Störungen ihres sozialen Umfelds ausgesetzt als Arbeitnehmer, die außerhalb von Schichtsystemen und deshalb seltener nachts arbeiteten. Rechtsfolge der gleichheitswidrigen Behandlung durch § 4 Abschn. II Nr. 1 Buchst. b Abs. 1 und 2 BMTV könne nur eine sog. Anpassung der zu geringen Vergütung nach oben auf der Grundlage von § 4 Abschn. II Nr. 1 Buchst. b Abs. 3 BMTV sein. 9 Der Kläger hat beantragt,          die Beklagte zu verurteilen, an ihn Differenzen in Bruttobeträgen für den (Auszahlungs-)Monat Oktober 2018 von 166,62 Euro, für November 2018 von 121,69 Euro, für Dezember 2018 von 275,31 Euro, für Januar 2019 von 471,02 Euro, für Februar 2019 von 274,31 Euro, für März 2019 von 140,12 Euro und für April 2019 von 144,30 Euro – jeweils mit Zinsen – zu zahlen. 10 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Tarifvertragsparteien seien allenfalls mittelbar an das allgemeine Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Sie hätten den ihnen nach Art. 9 Abs. 3 GG zukommenden weiten Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eingehalten. Zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit bestehe ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, weil unregelmäßige Nachtarbeit in sehr viel geringerem Umfang anfalle. Der Zuschlag von 60 % für unregelmäßige Nachtarbeit betreffe typischerweise Mehrarbeit und enthalte den Mehrarbeitszuschlag. Die Zuschlagsdifferenz – das „Delta“ – sei schon deshalb geringer als 45 % oder 40 %, weil für geleistete Nachtschichten Freischichten zu gewähren seien oder an ihrer Stelle ein Zuschlag von 5 % zu leisten sei. Der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit solle nicht nur die Erschwernis für die Arbeit in der Nacht ausgleichen. Er solle den Arbeitgeber auch davon abhalten, in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer einzugreifen. Bei der unregelmäßigen und spontanen Anordnung von Nachtarbeit sei die Teilhabe am sozialen Leben, etwa die Kinderbetreuung, die Pflege von Familienangehörigen oder auch Freizeitaktivitäten, wesentlich schwieriger zu organisieren als bei einer im Voraus planbaren Nachtarbeitssituation. Eine sog. Anpassung nach oben erweitere den Kostenrahmen der Beklagten wegen des Ausnahmecharakters der unregelmäßigen Nachtarbeit in unzumutbarem Umfang. 11 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision hinsichtlich der Auszahlungsmonate November 2018, Dezember 2018, Januar 2019, Februar 2019, März 2019 und April 2019 zugelassen. Mit der vom Landesarbeitsgericht beschränkt zugelassenen Revision hält der Kläger an diesem Teil der von ihm erhobenen Zahlungsansprüche fest. 12 Vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts sind fast 400 Revisionen anhängig, in denen es um die Höhe tariflicher Zuschläge für Arbeitsstunden geht, die in Nachtschichten geleistet werden. Der Senat hat zwei dieser Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über zwei Fragen nach der Auslegung von Unionsrecht ersucht (BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 332/20 (A) – und – 10 AZR 333/20 (A) -, vor dem Gerichtshof anhängig unter – C-257/21 – und – C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland ua.]). 13 Der Senat hat die Parteien darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, den Rechtsstreit im Hinblick auf die bei dem Gerichtshof anhängigen Vorabentscheidungsverfahren – C-257/21 – und – C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland ua.] auszusetzen. Der Kläger ist der Ansicht, die in diesen Verfahren aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen seien im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Die maßgeblichen tariflichen Bestimmungen des BMTV verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisteten, würden durch die Bestimmungen des BMTV ungleichbehandelt. Ein rechtfertigender Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Der BMTV unterscheide nicht zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit, sondern zwischen Nachtarbeit in (Wechsel-)Schichtarbeit und sonstiger Nachtarbeit. Im Unterschied zu den tariflichen Bestimmungen, die den bereits vorgelegten Rechtsstreitigkeiten zugrunde lägen, sehe der BMTV keine Mindestfristen für die Ankündigung von (Wechsel-)Schichtarbeit vor. Zudem dürften Arbeitnehmer nach § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 2 BMTV die nächtliche Arbeit ablehnen, wenn ihre berechtigten Interessen der Nachtarbeit entgegenstünden. Damit lasse sich dem BMTV nicht der Zweck entnehmen, Belastungen wegen der schlechteren Planbarkeit von sonstiger Nachtarbeit auszugleichen. 14 II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Erledigung der Vorabentscheidungsverfahren – C-257/21 – und – C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland ua.] vor dem Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 555 ZPO und einer entsprechenden Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO). 15 1. Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder zum Teil davon ab, dass ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, kann das Gericht nach § 148 Abs. 1 ZPO anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei. 16 a) Die Aussetzung der Verhandlung nach § 148 Abs. 1 ZPO setzt damit voraus, dass die in dem anderen Rechtsstreit zu treffende Entscheidung vorgreiflich ist. Das ist nur der Fall, wenn in dem anderen Verfahren über ein Rechtsverhältnis zu entscheiden ist, dessen Bestehen oder Nichtbestehen für den anhängigen Rechtsstreit zumindest teilweise präjudizielle Bedeutung hat (BAG 26. Oktober 2009 – 3 AZB 24/09 – Rn. 7; BGH 30. März 2005 – X ZB 26/04 – zu II 2 a der Gründe mwN, BGHZ 162, 373). Vorgreiflich ist die Entscheidung in einem anderen Rechtsstreit insbesondere, wenn sie für das auszusetzende Verfahren materielle Rechtskraft entfaltet oder Gestaltungs- oder Interventionswirkung erzeugt (BGH 27. Juni 2019 – IX ZB 5/19 – Rn. 7 mwN). 17 b) Es genügt nicht, wenn ein rein tatsächlicher Einfluss in Betracht kommt, den Vorgänge in einem anderen Rechtsstreit, wie etwa eine Beweisaufnahme, oder die Entscheidung des anderen Verfahrens auf die Entscheidung in dem zweiten Verfahren ausüben könnten. § 148 Abs. 1 ZPO stellt nicht auf sachliche oder tatsächliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Verfahren, sondern auf die Abhängigkeit von einem bestehenden oder nicht bestehenden Rechtsverhältnis ab. Allein die tatsächliche Möglichkeit eines Einflusses genügt dieser gesetzlichen Voraussetzung nicht und wäre ein konturloses Kriterium, das das aus dem Justizgewährleistungsanspruch folgende grundsätzliche Recht der Prozessparteien auf Entscheidung ihres Rechtsstreits in seinem Kern beeinträchtigte (BGH 13. September 2012 – III ZB 3/12 – Rn. 13; 30. März 2005 – X ZB 26/04 – zu II 2 a der Gründe, BGHZ 162, 373). Auch der Umstand, dass in dem anderen Verfahren über eine Rechtsfrage zu befinden ist, von deren Beantwortung die Entscheidung des geführten Rechtsstreits ganz oder teilweise abhängt, rechtfertigt die Aussetzung der Verhandlung nicht. Eine Aussetzung allein aus Zweckmäßigkeitsgründen sieht das Gesetz nicht vor (BGH 27. Juni 2019 – IX ZB 5/19 – Rn. 7 mwN). Maßgeblich für die Aussetzung ist nicht allein, ob das in dem anderen Rechtsstreit zur Entscheidung stehende streitbefangene „Rechtsverhältnis“ präjudiziell ist, sondern auch, ob die in dem anderen Rechtsstreit zu erwartende Entscheidung zumindest teilweise rechtlich präjudiziell ist (BAG 26. Oktober 2009 – 3 AZB 24/09 – Rn. 7). Daher reicht jeder rechtliche Einfluss des anderen Verfahrens auf den auszusetzenden Rechtsstreit aus (BLHAG/Bünnigmann 79. Aufl. § 148 Rn. 4). 18 c) Der Begriff des Rechtsverhältnisses in § 148 Abs. 1 ZPO entspricht dem in § 256 Abs. 1 ZPO. Ein Rechtsverhältnis ist die aus einem konkreten Lebenssachverhalt folgende Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache, die ein subjektives Recht enthält oder aus der ein solches Recht entspringen kann (BAG 19. November 2019 – 1 ABR 2/18 – Rn. 30; Zöller/Greger 33. Aufl. § 148 Rn. 5, § 256 Rn. 3). 19 d) Ob ein Gesetz oder eine gerichtliche Entscheidung verfassungsgemäß ist, ist bereits kein Rechtsverhältnis iSd. § 148 ZPO, sondern eine Rechtsfrage (BGH 5. Juli 2018 – IX ZR 264/17 – Rn. 13 mwN). Gleiches gilt, wenn unklar ist, wie Unionsrecht auszulegen oder ob es gültig ist. Daher kann eine Aussetzung nach § 148 Abs. 1 ZPO in unmittelbarer Anwendung nicht darauf gestützt werden, dass sich eine solche Rechtsfrage in einem anderen Verfahren stellt und zu erwarten ist, dass sie geklärt werden wird. Ist eine Aussetzungsmöglichkeit in solchen Fällen nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, kann § 148 Abs. 1 ZPO jedoch in entsprechender Anwendung herangezogen werden, um einen Rechtsstreit auszusetzen, wenn sich eine Rechtsfrage in einem bereits anhängigen anderen Verfahren stellt. 20 aa) Nach Art. 100 Abs. 1 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des zuständigen Verfassungsgerichts einzuholen, wenn es eine Norm für verfassungswidrig hält. Für das fachgerichtliche Verfahren enthält Art. 100 Abs. 1 GG ein zwingendes Verfahrenshindernis besonderer Art. Von dem Augenblick an, in dem das Gericht zu der Überzeugung kommt, dass eine für sein Verfahren erhebliche nachkonstitutionelle gesetzliche Vorschrift mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, kann es sein Verfahren nur noch in einer Weise fördern, indem es sein Verfahren aussetzt und einen Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht richtet (BVerfG 27. Februar 1973 – 2 BvL 8/72 ua. – zu B 1 der Gründe, BVerfGE 34, 320). Die Aussetzung des Rechtsstreits erfolgt in diesem Fall allerdings unmittelbar auf der Grundlage von Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG. Die allgemeine Aussetzungsregelung nach § 148 Abs. 1 ZPO wird verdrängt (Stein/Jonas/Roth 23. Aufl. § 148 Rn. 5 zu 7; Musielak/Voit/Stadler 18. Aufl. ZPO § 148 Rn. 3). 21 bb) Eine Aussetzung wird auch dann für zulässig gehalten, wenn sich die Frage, ob ein entscheidungserhebliches Gesetz verfassungsgemäß ist, bereits in einer anhängigen Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG oder einer konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG stellt. 22 (1) Aus prozessökonomischen Gründen kann der Rechtsstreit in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO ausgesetzt werden, ohne dass sich das erkennende Gericht gleichzeitig mit einer eigenen Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG an das Bundesverfassungsgericht wendet, solange sich das erkennende Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des entscheidungserheblichen Gesetzes überzeugt hat. Begründet wird dies mit der Wirkung einer Entscheidung, mit der das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz für nichtig erklärt. Eine solche Entscheidung hat nach § 31 Abs. 2 BVerfGG Gesetzeskraft und bindet nach § 31 Abs. 1 BVerfGG die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Damit beeinflusst eine solche Entscheidung notwendigerweise das ausgesetzte Verfahren rechtlich (vgl. BGH 5. Juli 2018 – IX ZR 264/17 – Rn. 13; 30. März 2005 – X ZB 26/04 – zu II 2 b bb der Gründe, BGHZ 162, 373). 23 (2) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Gedanke der Prozessökonomie ein zulässiges Argument dafür, einen Rechtsstreit auszusetzen, wenn das Bundesverfassungsgericht schon mit einem vergleichbaren Verfahren befasst ist. Die Aussetzung eines fachgerichtlichen Verfahrens jeweils in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO, § 94 VwGO, § 74 FGO oder § 114 SGG, wenn vor dem Bundesverfassungsgericht ein Parallelfall anhängig ist, dient dem Grundsatz des wirkungsvollen Rechtsschutzes in doppelter Hinsicht: Zum einen ist das Fachgericht davon befreit, die erhebliche Fragestellung selbst zu prüfen. Zum anderen wird das Bundesverfassungsgericht von weiteren Vorlageverfahren freigehalten. Dadurch erhöht sich die Geschäftslast des Gerichts nicht. Zudem brauchen die Parallelverfahren später nicht förmlich beschieden zu werden. Durch dieses Vorgehen ist am besten sichergestellt, dass sich das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht nicht weiter verlängert (vgl. zu Art. 100 Abs. 2 GG BVerfG 8. Oktober 2003 – 2 BvR 1309/03 – zu II 2 der Gründe mwN; aA Maunz/Dürig/Dederer Stand Januar 2021 Art. 100 Rn. 208; Zöller/Greger 33. Aufl. § 148 Rn. 3a mwN, die von einer Pflicht zur Aussetzung und Vorlage ausgehen; vgl. zur Aussetzung wegen einer anhängigen Urteilsverfassungsbeschwerde BAG 10. September 2020 – 6 AZR 136/19 (A) – Rn. 42 ff.). 24 cc) § 148 Abs. 1 ZPO wird entsprechend auch dann angewandt, wenn ein nationales Gericht den Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV anruft. 25 (1) Eine ausdrückliche Pflicht, den Rechtsstreit vor dem nationalen Gericht auszusetzen, in dem sich die Frage nach der Auslegung oder der Gültigkeit von Unionsrecht stellt, besteht nicht. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH-Satzung) legt zugrunde, dass das nationale Gericht, das das Vorabentscheidungsersuchen anstrengt, auch das nationale Verfahren aussetzt. Die EuGH-Satzung ist nach Art. 51 EUV Bestandteil der Verträge. Ihr kommt damit der Rang von Primärrecht der Union zu (EuArbRK/Höpfner 3. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 67 mwN). 26 (2) Allgemein wird angenommen, dass der vor dem nationalen Gericht geführte Rechtsstreit im Fall eines Vorabentscheidungsersuchens nach § 148 Abs. 1 ZPO oder der vergleichbaren Vorschriften des maßgeblichen Prozessrechts in entsprechender Anwendung ausgesetzt werden kann (vgl. nur Stein/Jonas/Roth 23. Aufl. § 148 Rn. 5 zu 8, Rn. 16; EuArbRK/Höpfner 3. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 75 mwN, der sich für eine Pflicht zur Aussetzung ausspricht; Pechstein EU-Prozessrecht 4. Aufl. Rn. 878 mwN; Preis/Sagan/Roloff EuArbR 2. Aufl. Rn. 2.86; Latzel/Streinz NJOZ 2013, 97, 100; gegen eine Pflicht zur Aussetzung, aber für ein eröffnetes Ermessen Füßer/Höher EuR 2001, 784, 789). Dieses Vorgehen entspricht der gängigen Praxis der deutschen Gerichte (vgl. zB BVerfG 14. Januar 2014 – 2 BvE 13/13 ua. – Rn. 104, BVerfGE 134, 366; BAG 16. Dezember 2020 – 5 AZR 143/19 (A) – Rn. 45; 9. Dezember 2020 – 10 AZR 332/20 (A) – Rn. 136; 9. Dezember 2020 – 10 AZR 333/20 (A) – Rn. 136; 11. November 2020 – 10 AZR 185/20 (A) – Rn. 83; BGH 11. Februar 2021 – I ZR 241/19 – Rn. 5; 17. Dezember 2020 – IX ZB 72/19 – Rn. 4; BVerwG 18. Dezember 2019 – 1 C 2.19 – Rn. 7; 12. April 2018 – 3 C 20.16 – Rn. 9; 24. Februar 2010 – 6 A 7.08 – Rn. 17; BFH 23. September 2020 – XI R 22/18 – Rn. 64, BFHE 270, 562; 2. August 2018 – V R 33/17 – Rn. 42, BFHE 262, 279; BSG 23. Oktober 2018 – B 11 AL 9/17 R – Rn. 11). 27 dd) Ein nationaler Rechtsstreit kann auf der Grundlage von § 148 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung auch dann ausgesetzt werden, wenn die Entscheidung des bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreits davon abhängt, ob ein Beschluss der Europäischen Kommission gültig ist. Die Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass das nationale Gericht, um nicht eine dem Beschluss der Kommission zuwiderlaufende Entscheidung zu erlassen, das Verfahren aussetzen sollte, bis die Unionsgerichte eine endgültige Entscheidung über die Nichtigkeitsklage erlassen haben. Anderes gilt, wenn es das nationale Gericht unter den gegebenen Umständen für gerechtfertigt hält, dem Gerichtshof eine Vorabentscheidungsfrage nach der Gültigkeit des Beschlusses der Kommission vorzulegen (EuGH 25. Juli 2018 – C-135/16 – [Georgsmarienhütte ua.] Rn. 24 mit Bezug auf EuGH 14. Dezember 2000 – C-344/98 – [Masterfoods und HB] Rn. 57; BGH 19. September 2019 – I ZB 6/19 – Rn. 20; vgl. auch Foerster EuZW 2011, 901, 903, der von einer bloßen Sachverhaltsidentität ausgeht). 28 ee) In entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO kann ein Rechtsstreit auch dann ausgesetzt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage bereits Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist (vgl. BAG 20. Mai 2010 – 6 AZR 481/09 (A) – Rn. 4 ff., BAGE 134, 307; 6. November 2002 – 5 AZR 279/01 (A) -; 5. Juni 1984 – 3 AZR 168/81 – zu II der Gründe; BGH 24. Januar 2012 – VIII ZR 236/10 – Rn. 4 ff.; BVerwG 27. November 2018 – 9 A 10.17 – Rn. 7; 15. März 2007 – 6 C 20.06 – Rn. 1, 4; 10. November 2000 – 3 C 3.00 – zu 3 der Gründe, BVerwGE 112, 166; BFH 12. Januar 2012 – V R 7/11 – Rn. 8; 29. November 2005 – I B 196/04 – Rn. 7; BSG 26. August 2003 – B 3 KR 35/02 R -; GMP/Schleusener 9. Aufl. § 55 Rn. 27; GK-ArbGG/Schütz Stand November 2020 § 55 Rn. 50; Schwab/Weth/Korinth 5. Aufl. ArbGG § 55 Rn. 44; BLHAG/Bünnigmann 79. Aufl. § 148 Rn. 16; BeckOK ZPO/Wendtland Stand 1. Juli 2021 § 148 Rn. 5; Musielak/Voit/Stadler 18. Aufl. § 148 Rn. 4; Zöller/Greger 33. Aufl. § 148 Rn. 3b). 29 (1) § 148 Abs. 1 ZPO ist in zweifacher Hinsicht entsprechend anzuwenden. Bei einer dem Gerichtshof vorgelegten Frage nach der Auslegung und Gültigkeit von Unionsrecht handelt es sich nicht um ein Rechtsverhältnis. Zudem hängt ein nationaler Rechtsstreit, in dem sich eine solche Frage stellt, die bereits Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens ist, nicht unmittelbar von der Entscheidung des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren ab. 30 (2) Bei den Fragen, in welcher Weise Unionsrecht auszulegen oder ob es gültig ist, geht es nicht darum, ob ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht. Gegenstand ist vielmehr die Beantwortung einer Rechtsfrage. Mit Blick auf die Zielsetzung des § 148 Abs. 1 ZPO kann die Vorschrift auch die Grundlage dafür bieten, einen Rechtsstreit auszusetzen, weil ein anderweitiges Verfahren anhängig ist, in dem eine präjudizielle Rechtsfrage geklärt wird. 31 (a) Mit der Möglichkeit, einen Rechtsstreit nach § 148 ZPO auszusetzen, verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, dass sich die Gerichte nicht doppelt mit dem zumindest teilweise identischen Streitstoff befassen müssen. Das dient der Prozesswirtschaftlichkeit und der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen. Wegen dieser Vorteile nimmt das Gesetz den zeitweiligen Stillstand und die hierdurch bewirkte Verzögerung des Verfahrens in Kauf (vgl. BVerfG 5. August 2013 – 1 BvR 2965/10 – Rn. 20; BAG 20. Mai 2010 – 6 AZR 481/09 (A) – Rn. 9, BAGE 134, 307; zu dem Zweck der Prozessökonomie BGH 5. Juli 2018 – IX ZR 264/17 – Rn. 13; 30. März 2005 – X ZB 26/04 – zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 162, 373; zu der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen BGH 8. Januar 2004 – III ZR 401/02 – zu II 4 der Gründe; vgl. insgesamt BeckOK ZPO/Wendtland Stand 1. Juli 2021 § 148 Rn. 1; MüKoZPO/Fritsche 6. Aufl. § 148 Rn. 1). 32 (b) Der Zweck der Prozessökonomie und die damit verbundene Beschleunigung der Verfahren können auch in einem Rechtsstreit zu beachten sein, in dem eine Rechtsfrage vorgreiflich ist. Die entsprechende Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO ist deshalb durch eine gleichartige Interessenlage gerechtfertigt. 33 (aa) Ist zu erwarten, dass eine Rechtsfrage in einem anderen anhängigen Verfahren geklärt werden wird, kann die Antwort in dem geführten Rechtsstreit, in dem sich die identische Rechtsfrage stellt, genutzt und zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden. Allerdings verlangen die Ansprüche auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Charta), aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG und aus Art. 6 Abs. 1 EMRK, dass ein Rechtsstreit in angemessener Zeit zu einem Abschluss gebracht wird (vgl. EuGH 27. September 2017 – C-73/16 – [Puškár] Rn. 74; BVerfG 22. August 2013 – 1 BvR 1067/12 – Rn. 30 mwN; EGMR 24. Januar 2019 – 16741/16 – [Johanna Fröhlich gegen Deutschland] Rn. 38 ff.). Daher kann nicht jede Rechtsfrage, die sich in gleicher Weise in einem anderen Verfahren stellt, herangezogen werden, um einen Rechtsstreit auszusetzen (vgl. BGH 27. Juni 2019 – IX ZB 5/19 – Rn. 7). Ist das zur Entscheidung berufene Gericht in der Lage, den Rechtsstreit dadurch zu beenden, dass es die aufgeworfene Rechtsfrage selbst klärt, ist es mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz regelmäßig nicht vereinbar, den Prozess zum Stillstand zu bringen. Abweichendes gilt ua. in den Fällen, in denen dem befassten Gericht eine abschließende Entscheidung verwehrt ist, weil eine Rechtsfrage in die ausschließliche Kompetenz eines anderen Gerichts oder einer Behörde fällt. Das ist beispielweise der Fall, wenn die Auslegung von Unionsrecht oder dessen Gültigkeit zu klären ist oder wenn ein nachkonstitutionelles Gesetz verfassungswidrig sein kann. Diese Entscheidungen sind nach Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union und nach Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. 34 (bb) Deshalb hat es das Bundesverfassungsgericht zugelassen, § 148 ZPO in einem weiteren Zivilprozess entsprechend heranzuziehen, wenn ein vergleichbares Verfahren bei ihm anhängig ist (vgl. BVerfG 8. Oktober 2003 – 2 BvR 1309/03 – zu II 2 der Gründe mwN). Mit Blick darauf und auf die primärrechtliche Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der EuGH-Satzung rechtfertigt auch das Unionsrecht, § 148 Abs. 1 ZPO entsprechend auf eine Rechtsfrage anzuwenden. 35 (3) Der Entscheidung des Gerichtshofs über ein anderes anhängiges Vorabentscheidungsersuchen kommt präjudizielle Bedeutung zu. Beantwortet der Gerichtshof die Frage nach Art. 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV, wie Unionsrecht auszulegen ist, hat eine solche Entscheidung unmittelbare Wirkung grundsätzlich nur für die am Ausgangsverfahren beteiligten Gerichte und Parteien. Allerdings ergibt sich aus dem in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, dass der Entscheidung des Gerichtshofs präjudizielle Bedeutung für weitere Rechtsstreitigkeiten zukommt, in denen sich die identische unionsrechtliche Frage stellt. 36 (a) Nur das vorlegende Gericht und die mit demselben Verfahrensgegenstand befassten Gerichte sind grundsätzlich an Entscheidungen des Gerichtshofs zur Auslegung von Unionsrecht gebunden (st. Rspr., zB EuGH 5. Juli 2016 – C-614/14 – [Ognyanov] Rn. 33 ff.; 5. April 2016 – C-689/13 – [PFE] Rn. 38 ff.; 16. Juni 2015 – C-62/14 – [Gauweiler ua.] Rn. 16; 14. Dezember 2000 – C-446/98 – [Fazenda Pública] Rn. 49). Art. 267 AEUV spricht dem Gerichtshof im Verhältnis zu den Gerichten der Mitgliedstaaten die abschließende Entscheidungsbefugnis über die Auslegung der Verträge sowie über die Gültigkeit und die Auslegung der dort genannten abgeleiteten Akte der Union zu. Die nach Maßgabe des Art. 267 AEUV ergangenen Urteile des Gerichtshofs sind für alle mit demselben Ausgangsverfahren befassten mitgliedstaatlichen Gerichte bindend. Diese Kompetenzzuweisung ist auf ein Zusammenwirken zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten und dem Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet. Sie dient im Interesse des Vertragsziels der Integration, der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit einer möglichst einheitlichen Auslegung und Anwendung des Unionsrechts durch alle Gerichte im Anwendungsbereich der Verträge (vgl. BVerfG 8. April 1987 – 2 BvR 687/85 – zu B 2 a der Gründe, BVerfGE 75, 223). 37 (b) Ein Vorabentscheidungsurteil erläutert, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite eine Unionsvorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre (Grabitz/Hilf/Nettesheim/Karpenstein Stand Februar 2021 AEUV Art. 267 Rn. 104). Der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit aus Art. 4 Abs. 3 EUV verpflichtet alle Träger öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch die Gerichte, alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, um die volle Wirkung unionsrechtlicher Bestimmungen herzustellen (EuGH 15. April 2008 – C-268/06 – [Impact] Rn. 41 ff.). Ergibt sich aus einer Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV, dass nationale Rechtsvorschriften unvereinbar mit dem Unionsrecht sind, sind die Behörden des Mitgliedstaats verpflichtet, die allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Beachtung des Unionsrechts in ihrem Hoheitsgebiet zu sichern (vgl. EuGH 21. Juni 2007 – C-231/06 – [Jonkman ua.] Rn. 38 mwN). Auch Gerichte sind verpflichtet, die Auslegung durch den Gerichtshof zu berücksichtigen (BVerfG 30. Juni 2009 – 2 BvE 2/08 ua. – Rn. 333, BVerfGE 123, 267). Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschriften in der durch den Gerichtshof vorgenommenen Auslegung auch auf andere Rechtsverhältnisse und Rechtsstreitigkeiten anwenden müssen (Grabitz/Hilf/Nettesheim/Karpenstein aaO). Nur so lässt sich begründen, dass mit der Klärung einer Auslegungsfrage durch den Gerichtshof die Pflicht eines letztinstanzlichen nationalen Gerichts zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV entfällt, wenn es um eine Frage geht, die mit der vom Gerichtshof beantworteten übereinstimmt, auch wenn sie nicht vollkommen identisch ist. Die Pflicht zur Vorlage besteht nur dann fort, wenn das nationale Gericht beabsichtigt, von der Rechtsprechung des Gerichtshofs abzuweichen (EuGH 6. Oktober 1982 – C-283/81 – [C.I.L.F.I.T. ua.] Rn. 14 f., 21; ErfK/Schlachter 21. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 45; EuArbRK/Höpfner 3. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 94; Calliess/Ruffert/Wegener EUV/AEUV 5. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 51; Pechstein EU-Prozessrecht 4. Aufl. Rn. 864; Streinz/Ehricke EUV/AEUV 3. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 69, 72). Zudem ergibt sich aus Art. 47 der Charta, der das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz garantiert, dass die nationalen Gerichte verpflichtet sind, für die volle Wirksamkeit unionsrechtlicher Bestimmungen zu sorgen (EuGH 29. Juli 2019 – C-556/17 – [Torubarov] Rn. 56, 73; 17. April 2018 – C-414/16 – [Egenberger] Rn. 78 f.). Auslegungsurteilen des Gerichtshofs kommt damit eine Präjudizwirkung zu. Auch wenn ihnen keine unmittelbar verbindliche Wirkung außerhalb des Ausgangsrechtsstreits zukommt, haben sie tatsächlich rechtsbildende Kraft (von der Groeben/Schwarze/Hatje/Gaitanides Europäisches Unionsrecht 7. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 93 mwN). 38 (4) Die Aussetzung des Rechtsstreits ist bei Anhängigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens mit derselben oder einer weitgehend gleichen Rechtsfrage aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und Prozessökonomie gerechtfertigt. Dem Gerichtshof ist es dadurch möglich, das bereits anhängige Verfahren zeitnah abzuschließen, ohne durch weitere Vorabentscheidungsverfahren aufgehalten zu werden (vgl. BGH 24. Januar 2012 – VIII ZR 236/10 – Rn. 8). Für die Beteiligten des anderen Verfahrens entfällt der Aufwand im Zusammenhang mit einer eigenen Vorlage. 39 (a) Dies setzt allerdings voraus, dass ein weiteres Vorabentscheidungsersuchen nicht dazu führte, dem Gerichtshof eine breitere Entscheidungsgrundlage zu verschaffen (vgl. BAG 20. Mai 2010 – 6 AZR 481/09 (A) – Rn. 10, BAGE 134, 307). Bestehen Besonderheiten in der Fallkonstellation, die entscheidungserheblich und dem Gerichtshof aufzuzeigen sind, oder bringen die Parteien dieses Verfahrens neue Argumente vor, die in dem bereits anhängigen Vorabentscheidungsverfahren noch nicht angeführt wurden, ist es regelmäßig erforderlich, den Gerichtshof in einem weiteren Verfahren anzurufen. Die Gesichtspunkte der Verfahrensbeschleunigung und der Prozessökonomie müssen dann zurücktreten. 40 (b) Entgegen einer im Schrifttum geäußerten Auffassung kann eine Verfahrensverzögerung durch weitere dem Gerichtshof vorgelegte Verfahren nicht dadurch vermieden werden, dass der Gerichtshof von der Möglichkeit nach Art. 54 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs (EuGHVfO) Gebrauch macht, gleichartige Rechtssachen zur gemeinsamen Behandlung und Entscheidung zu verbinden (aA Foerster EuZW 2011, 901, 904 f.). Nach Art. 54 Abs. 2 Satz 1 EuGHVfO sind Berichterstatter, Generalanwalt und ggf. die Parteien anzuhören. Die Prüfung, ob eine Rechtssache gleichartig ist, und die Gewährung rechtlichen Gehörs nehmen Zeit in Anspruch und binden Arbeitskraft des Gerichtshofs zB durch eingereichte Stellungnahmen. Vor allem in Verfahren, in denen sich die aufgeworfene Rechtsfrage kontinuierlich wiederholt, wird eine Entscheidung des Gerichtshofs erheblich erschwert. Bei Vergütungsbestandteilen, die – wie im Streitfall – grundsätzlich monatlich anfallen können, ist dies gegeben. Entsprechendes gilt, wenn es sich – wie hier – um sog. Massenverfahren handelt, dh. um Verfahren, in denen sich eine oder mehrere Rechtsfragen in identischer Weise in einer Vielzahl paralleler Streitigkeiten stellen. In beiden Konstellationen werden zahlreiche Entscheidungen des Gerichtshofs erforderlich, um die einzelnen Verfahren zu verbinden. Dem kann mit einer Aussetzung der weiteren Verfahren durch die nationalen Gerichte entgegengewirkt werden. Damit ist zu erreichen, dass sich die Geschäftslast des Gerichtshofs nicht erhöht (vgl. zu Art. 100 Abs. 2 GG BVerfG 8. Oktober 2003 – 2 BvR 1309/03 – zu II 2 der Gründe). 41 (c) Ebenso wenig kann eine Verfahrensbeschleunigung und eine Entlastung des Gerichtshofs dadurch erreicht werden, dass der Gerichtshof, nachdem er über ein Vorabentscheidungsersuchen entschieden hatte, bei dem im Parallelverfahren vorlegenden Gericht anfragen kann, ob das weitere Ersuchen aufrechterhalten bleibt (so der Vorschlag von Foerster EuZW 2011, 901, 905 mit Bezug auf EuGH 13. Juni 2006 – C-173/03 – [Traghetti del Mediterraneo] Rn. 21 ff.). Auch in diesem Fall muss sich der Gerichtshof mit der Sache befassen. Im Schrifttum wird darin der Vorteil gesehen, dass auf diese Weise auch ein späteres Vorabentscheidungsersuchen mittelbar einer Erkenntnis durch den Gerichtshof zugeführt werde. Vorteilhaft kann das allerdings nur sein, wenn das weitere Verfahren Besonderheiten aufweist, die eine weitere Konkretisierung der Rechtsfrage ermöglichen. Dazu kommt es auch, wenn das nationale Gericht mit einem weiteren Vorabentscheidungsersuchen aus seiner Sicht noch ungeklärte oder zu konkretisierende Rechtsfragen benennt. Auf diese Weise kann zudem erreicht werden, dass sich die Parteien und das nationale Gericht in dem weiteren Verfahren mit der Entscheidung des Gerichtshofs auseinandersetzen und Argumente für ein weiteres Verfahren vorbringen oder prüfen können. 42 (5) Verfahrensgrundrechte der Parteien in den weiteren Verfahren werden durch eine Aussetzung ihrer Rechtsstreitigkeiten nicht beeinträchtigt. 43 (a) Eine Aussetzung weiterer Rechtsstreitigkeiten, in denen sich die identische Rechtsfrage des Unionsrechts stellt, die dem Gerichtshof bereits vorliegt, kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn durch weitere Vorabentscheidungsersuchen kein Erkenntnisgewinn zu erwarten ist. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn sich die Rechtsfrage trotz zum Teil abweichender Sachverhalte in gleicher Weise stellt. Die Parteien werden zu einer im Hinblick auf ein anderes Vorabentscheidungsersuchen beabsichtigten Aussetzung des Rechtsstreits angehört. Sie haben daher Gelegenheit, die aus ihrer Sicht in ihrem Streitfall gegebenen Besonderheiten zu benennen. So kann das nationale Gericht prüfen, ob dem Gerichtshof mit einem weiteren Vorabentscheidungsersuchen zusätzliche Argumente zur Kenntnis gebracht werden können. Da der Gerichtshof kein Rechtsmittelgericht für alle mitgliedstaatlichen Verfahren ist, genügt es, wenn dort über eine klärungsbedürftige Rechtsfrage lediglich in einem Verfahren verhandelt und entschieden wird (vgl. BGH 24. Januar 2012 – VIII ZR 236/10 – Rn. 8). 44 (b) Einer Aussetzung steht damit nicht entgegen, dass das Vorabentscheidungsersuchen auch dem Individualrechtsschutz der Parteien des Ausgangsrechtsstreits dient. Weder der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 47 Abs. 2 der Charta, Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK noch die Gewährleistung effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nach Art. 47 Abs. 2 der Charta, Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK sind durch die Aussetzung beeinträchtigt. 45 (aa) Nach Art. 23 Abs. 2 der EuGH-Satzung haben ua. die Parteien des Ausgangsverfahrens die Möglichkeit, sich im Verfahren vor dem Gerichtshof schriftlich zu äußern. Dem Verfahren nach Art. 267 AEUV kommt damit neben den vorrangigen objektiven Funktionen, die einheitliche Auslegung des Unionsrechts zu gewährleisten und das Recht richterlich fortzubilden, die Aufgabe des Individualrechtsschutzes zu (von der Groeben/Schwarze/Hatje/Gaitanides Europäisches Unionsrecht 7. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 6 ff.; Calliess/Ruffert/Wegener EUV/AEUV 5. Aufl. AEUV Art. 267 Rn. 1; von Danwitz NJW 1993, 1108, 1110 f.). Im Schrifttum wird deshalb vertreten, bei der Aussetzung eines nationalen Rechtsstreits im Hinblick auf ein bereits anhängiges Vorabentscheidungsverfahren zu der identischen Rechtsfrage werde es den Parteien des ausgesetzten Verfahrens verwehrt, ihren Rechtsstandpunkt gegenüber dem Gerichtshof darzulegen (Foerster EuZW 2011, 901, 904). Die Parteien können sich jedoch – wie ausgeführt – in einer Stellungnahme zu der beabsichtigten Aussetzung gegenüber dem nationalen Gericht äußern und ihre Rechtsansichten darlegen. Das nationale Gericht kann auf dieser Grundlage prüfen, ob es ein weiteres Verfahren zu der identischen Rechtsfrage einleitet, noch bevor der Gerichtshof über das bereits anhängige Vorabentscheidungsersuchen entschieden hat. Daneben kommt in Betracht, den Ausgang des bereits anhängigen Verfahrens abzuwarten und danach ein weiteres Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu richten. Durch eine Aussetzung wird es den Parteien dieses Rechtsstreits damit nicht unmöglich gemacht, ihre Rechtsansicht gegenüber dem Gerichtshof zu äußern. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Rechtsfrage durch den Gerichtshof nicht vollständig geklärt erscheint. Gerade in Massenverfahren ist es außerdem nicht möglich, alle Verfahren gleichzeitig zu prüfen und einer Vorabentscheidung zuzuführen. Die nationalen Gerichte müssen zwangsläufig die Auswahl treffen, welcher Fall dem Gerichtshof zuerst vorzulegen ist. 46 (bb) Durch die Anhörung und die Möglichkeit eines weiteren Vorabentscheidungsersuchens wird ein effektiver Individualrechtsschutz gewährleistet. 47 (aaa) Die Parteien des ausgesetzten Rechtsstreits werden nicht endgültig daran gehindert, ihren Rechtsstandpunkt darzulegen. Ein Vorabentscheidungsersuchen bleibt auch in einem zunächst ausgesetzten Verfahren möglich. Letztinstanzliche nationale Gerichte verstoßen damit nicht gegen ihre Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV. Sofern in dem ausgesetzten Verfahren Besonderheiten bestehen, die eine weitere Klärung durch den Gerichtshof erforderlich machen, kommt eine Vorlage nach Art. 267 AEUV zu jeder Zeit in Betracht. Nach § 150 Satz 1 ZPO kann das Gericht die von ihm erlassene, eine Aussetzung betreffende Anordnung wieder aufheben. Die Aufhebung der Aussetzung steht im Ermessen des Gerichts (BGH 19. September 2019 – I ZB 6/19 – Rn. 11). 48 (bbb) Wird das Vorabentscheidungsverfahren auf die aus Sicht des nationalen Gerichts entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Fragen und die dazu vertretenen Rechtsauffassungen konzentriert, kann mit einer schnelleren Entscheidung durch den Gerichtshof gerechnet werden. Das kommt auch den Parteien des ausgesetzten Rechtsstreits zugute. 49 2. Die Entscheidung des Streitfalls hängt von den Rechtsfragen ab, die der Senat dem Gerichtshof in den Verfahren – 10 AZR 332/20 (A) – und – 10 AZR 333/20 (A) – bereits zur Vorabentscheidung vorgelegt hat (EuGH verbundene Rechtssachen – C-257/21 – und – C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland ua.]). 50 a) In den beiden Ausgangsverfahren geht es um Ansprüche auf tarifvertragliche Zuschläge für Arbeitsstunden, die nachts in Schichtarbeit geleistet werden. Die maßgeblichen tarifvertraglichen Bestimmungen sehen Zuschläge für Nachtarbeit in unterschiedlicher Höhe vor. Die Höhe hängt davon ab, ob es sich um regelmäßige oder unregelmäßige Nachtarbeit handelt. Aus Sicht des Senats werden damit zwei Gruppen von Arbeitnehmern, die nachts arbeiten, ungleichbehandelt. Für den Senat stellt sich die Frage, ob diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann. Ob als Prüfungsmaßstab das Unionsrecht, Art. 20 der Charta, anzulegen ist, hängt davon ab, ob die tariflichen Bestimmungen die Nacht- und Schichtarbeitsvorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG iSv. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta durchführen. Der Senat hat dem Gerichtshof deshalb die Frage gestellt:          „Wird mit einer tarifvertraglichen Regelung die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG iSv. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union durchgeführt, wenn die tarifvertragliche Regelung für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Ausgleich vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit?“ 51 Sofern diese Frage bejaht wird und die Ungleichbehandlung am Maßstab von Art. 20 der Charta zu messen ist, stellt sich zudem die Frage, ob und – wenn ja – wie eine solche Ungleichbehandlung zu rechtfertigen ist. Daher hat der Senat die weitere Frage an den Gerichtshof gerichtet:          „Ist eine tarifvertragliche Regelung mit Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Ausgleich vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit, wenn damit neben den gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Nachtarbeit auch Belastungen wegen der schlechteren Planbarkeit von unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen?“ 52 b) Diese Fragen stellen sich auch im Streitfall. 53 aa) Wie in den dem Gerichtshof vorgelegten Rechtsstreitigkeiten sehen die in dieser Sache maßgeblichen tariflichen Bestimmungen Zuschläge in unterschiedlicher Höhe für Arbeitnehmer vor, die nachts arbeiten. Für Nachtarbeit, die Arbeitnehmer in Schicht und Wechselschicht verrichten, erhalten sie Zuschläge in geringerer Höhe als für sonstige Nachtarbeit. Die jeweiligen Zuschlagstatbestände knüpfen übereinstimmend an die Arbeitsleistung in der tarifvertraglich definierten Nachtzeit an, die sich von der Arbeit zu anderen Zeiten unterscheidet. Der BMTV sieht in § 4 Abschn. II Nr. 1 Buchst. b unterschiedlich hohe Zuschläge für Nachtarbeit vor, die in Schicht- und Wechselschichtarbeit oder als sonstige Nachtarbeit erbracht wird. Damit enthält der BMTV zwar nicht die Begriffe der regelmäßigen und unregelmäßigen Nachtarbeit. Ausgehend vom Begriff der Schichtarbeit in § 4 Abschn. I Nr. 1 BMTV und dessen allgemeiner arbeitsrechtlicher Bedeutung setzen Schicht- und Wechselschichtarbeit jedoch eine Regelhaftigkeit voraus, die bei sonstiger Nachtarbeit nicht gegeben ist. Wesentlich für die Arbeit in Schichten ist, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die wirkliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus anfällt und von mehreren Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit erbracht wird. Die Arbeit muss nach einem Schichtplan erfolgen, wobei nicht erforderlich ist, dass er vom Arbeitgeber vorgegeben ist (BAG 12. Dezember 2012 – 10 AZR 354/11 – Rn. 10). Dieser Befund wird bestätigt durch § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 1 Satz 2 BMTV. Dort wird zwischen Nachtarbeit bei üblicher Schichtarbeit und Nachtarbeit bei dringender betrieblicher Notwendigkeit differenziert. Die in unterschiedlicher Höhe geregelten Zuschläge für Nachtarbeit führen damit dazu, dass zwei Gruppen von Arbeitnehmern, die nachts arbeiten, ungleichbehandelt werden. Das gilt selbst dann, wenn sich die „Lücke“ dadurch verringert, dass die in § 4 Abschn. III Nr. 1 BMTV vorgesehenen Freischichten zu berücksichtigen sind. 54 bb) Der Senat muss deshalb prüfen, ob diese schlechtere Behandlung gerechtfertigt werden kann. Auch im Streitfall stellt sich die Frage, welcher Prüfungsmaßstab anzulegen ist. Das hängt – wie in den ausgesetzten Revisionsverfahren – davon ab, ob die tariflichen Bestimmungen des BMTV die Nacht- und Schichtarbeitsvorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG iSv. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta durchführen. 55 cc) Sollte das der Fall sein, schließt sich die Frage an, ob mit den tariflichen Bestimmungen der zusätzliche Zweck verfolgt wird, die schlechtere Planbarkeit von sonstiger, nicht in Schichten versehener Nachtarbeit auszugleichen. Das könnte rechtfertigen, dass Arbeitnehmer, die Nachtarbeit in Schichten leisten, durch die geringeren Nachtarbeitszuschläge schlechter behandelt werden. Aus Sicht des Senats lässt sich dem BMTV entnehmen, dass mit den höheren Zuschlägen für sonstige Nachtarbeit auch bezweckt ist, deren mangelnde Planbarkeit auszugleichen. 56 (1) Der Kläger weist darauf hin, dass der BMTV keine Frist enthält, die bei der Einteilung der Schichten zu beachten ist. Eine ausdrückliche Ankündigungsfrist für die Planung der Schichten enthält der BMTV tatsächlich nicht. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien eine entsprechende Planung zugrunde gelegt. Dies kommt ua. in der Definition des Begriffs „Wechselschicht“ in § 4 Abschn. I Nr. 1 Unterabs. 2 BMTV zum Ausdruck. Danach erfordert ein Einsatz in Wechselschicht, dass der Schichtrhythmus zusammenhängend mindestens eine volle Arbeitswoche dauert. Das lässt den Schluss auf eine entsprechende Planung im Voraus zu. 57 (2) Die Regelung in § 4 Abschn. I Nr. 6 Unterabs. 2 BMTV steht dem Zweck, die mangelnde Planbarkeit sonstiger Nachtarbeit auszugleichen, jedenfalls nicht entgegen. Im Unterschied zu der tariflichen Regelung, die den Entscheidungen in den Revisionsverfahren – 10 AZR 334/20 – und – 10 AZR 335/20 – zugrunde lag, schreibt der BMTV nicht vor, dass der Arbeitgeber bei der Anordnung von Nachtarbeit in seinem billigen Ermessen eingeschränkt ist (BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20 – und – 10 AZR 335/20 – Rn. 78). Der Arbeitgeber kann in den Grenzen des § 106 GewO Nachtarbeit anordnen. Allerdings braucht ein Arbeitnehmer einer entsprechenden Weisung nicht Folge zu leisten, wenn seine berechtigten Interessen entgegenstehen. Damit kann der Arbeitnehmer die mit der sonstigen Nachtarbeit verbundenen Belastungen durch die schlechtere Planbarkeit auf sich nehmen und dafür einen Ausgleich in Form eines höheren Zuschlags für Nachtarbeit in Anspruch nehmen. Der erkennbare Zweck liegt so im Schwerpunkt im Ausgleich von Belastungen. 58 3. Die Entscheidung ergeht außerhalb mündlicher Verhandlung durch die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats. 59 a) Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, der über § 72 Abs. 6 ArbGG grundsätzlich auch im Revisionsverfahren gilt, erlässt die Beschlüsse, die nicht aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergehen, der Vorsitzende allein. An die Stelle des Vorsitzenden treten im Revisionsverfahren die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats (BAG 10. Dezember 1992 – 8 AZB 6/92 – zu II der Gründe, BAGE 72, 84; BeckOK ArbR/Klose Stand 1. Juni 2021 ArbGG § 72 Rn. 25; Helml/Pessinger/Pessinger ArbGG 5. Aufl. § 72 Rn. 70). 60 b) Davon abweichend entscheidet stets der gesamte Spruchkörper, dh. die berufsrichterlichen und die ehrenamtlichen Mitglieder, wenn der Rechtsstreit nur deshalb ausgesetzt wird, um eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV oder an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG zu ermöglichen. In beiden Fällen ist Gegenstand der Entscheidung nicht allein die Aussetzung des Rechtsstreits, sondern auch und vorrangig die Frage, wie Unionsrecht auszulegen ist, ob es gültig ist, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist oder ob eine Norm des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist. Erst durch die Entscheidung über die Vorlage werden die Voraussetzungen geschaffen, den Rechtsstreit auszusetzen. Diese Vorlageentscheidungen trifft der gesamte Spruchkörper mit berufsrichterlichen und ehrenamtlichen Mitgliedern (Düwell/Lipke/Kloppenburg 5. Aufl. § 55 Rn. 24; ErfK/Koch 21. Aufl. ArbGG § 55 Rn. 5; GMP/Schleusener 9. Aufl. § 55 Rn. 26; GK-ArbGG/Schütz Stand November 2020 § 55 Rn. 43; Helml/Pessinger/Helml ArbGG 5. Aufl. § 55 Rn. 26; HWK/Ziemann 9. Aufl. ArbGG § 55 Rn. 18). 61 c) Im Streitfall ergeht eine isolierte Entscheidung über die Aussetzung. Die Voraussetzungen, um den Rechtsstreit aussetzen zu können, sind erfüllt. Die Vorabentscheidungsersuchen, die im Streitfall vorgreiflich sind, sind bereits vor dem Gerichtshof anhängig (EuGH – C-257/21 – und – C-258/21 – [Coca-Cola European Partners Deutschland ua.]). Damit sind außerhalb der mündlichen Verhandlung allein die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats zur Entscheidung berufen.              Gallner                  Pulz                  Pessinger" bag_25-21,08.09.2021,"08.09.2021 25/21 - Erschütterung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst. Die Klägerin war bei der Beklagten seit Ende August 2018 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Am 8. Februar 2019 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 22. Februar 2019 und legte der Beklagten eine auf den 8. Februar 2019 datierte, als Erstbescheinigung gekennzeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Die Beklagte verweigerte die Entgeltfortzahlung. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erschüttert, weil diese genau die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses nach der Eigenkündigung der Klägerin abdecke. Die Klägerin hat demgegenüber geltend gemacht, sie sei ordnungsgemäß krankgeschrieben gewesen und habe vor einem Burn-Out gestanden. Die Vorinstanzen haben der auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 gerichteten Zahlungsklage stattgegeben. Die vom Senat nachträglich zugelassene Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Klägerin hat die von ihr behauptete Arbeitsunfähigkeit im Streitzeitraum zunächst mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen. Diese ist das gesetzlich vorgesehene Beweismittel. Dessen Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und ggf. beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelingt das dem Arbeitgeber, muss der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig war. Der Beweis kann insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen. Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Die Koinzidenz zwischen der Kündigung vom 8. Februar zum 22. Februar 2019 und der am 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründet einen ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Die Klägerin ist im Prozess ihrer Darlegungslast zum Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit – auch nach Hinweis des Senats – nicht hinreichend konkret nachgekommen. Die Klage war daher abzuweisen. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. September 2021 – 5 AZR 149/21 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 13. Oktober 2020 – 10 Sa 619/19 –","Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. Oktober 2020 – 10 Sa 619/19 – im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen die Verurteilung nach dem Klageantrag zu 2. zurückgewiesen hat. 2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 24. Juli 2019 – 3 Ca 95/19 – weitergehend abgeändert: Die Klage wird auch hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen. 3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Leitsatz Wird ein Arbeitnehmer, der sein Arbeitsverhältnis kündigt, am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst. Tatbestand 1 Die Parteien streiten in der Revision noch über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 8. bis zum 22. Februar 2019. 2 Die Klägerin war bei der Beklagten, die eine Personalvermittlung betreibt, als kaufmännische Angestellte vom 28. August 2018 bis zum 22. Februar 2019 mit einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien eine Vergütung von 11,83 Euro brutto pro Stunde sowie ein monatliches Fahrgeld iHv. 185,00 Euro. 3 Am 8. Februar 2019 teilte die Klägerin gegenüber einem Mitarbeiter ihres Einsatzbetriebes mit, dass sie nicht zur Arbeit erscheinen werde. Zugleich mit ihrer Kündigung vom 8. Februar 2019 zum 22. Februar 2019 reichte die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter bei der Beklagten eine auf den 8. Februar 2019 datierte ärztliche Erstbescheinigung über eine voraussichtlich vom 8. bis zum 22. Februar 2019 bestehende Arbeitsunfähigkeit ein. Die Beklagte rechnete für die Zeit vom 1. bis zum 7. Februar 2019 Vergütung einschließlich Fahrgeld ab und zahlte an die Klägerin 591,57 Euro netto. Für den Zeitraum vom 8. bis zum 22. Februar 2019 erbrachte die Beklagte keine Zahlungen. 4 Mit ihrer Klage hat die Klägerin – soweit für die Revision von Bedeutung – für die Zeit ab dem 8. Februar 2019 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verlangt. Ihre Arbeitsunfähigkeit habe sie durch die der Beklagten vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen. 5 Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Interesse, zuletzt sinngemäß beantragt,          die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.334,54 Euro brutto zuzüglich 145,36 Euro Fahrgeld abzüglich bereits gezahlter 591,57 Euro netto nebst Zinsen zu zahlen. 6 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, der Beweiswert der für die Zeit ab dem 8. Februar 2019 vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erschüttert. Die Klägerin sei der sie treffenden Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit im streitigen Zeitraum nicht ausreichend nachgekommen. 7 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat – soweit für die Revision von Bedeutung – die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat nachträglich zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren, die Klage abzuweisen, weiter. Entscheidungsgründe 8 Die Revision der Beklagten ist begründet, weil die Klage – soweit noch entscheidungserheblich – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unbegründet ist. 9 I. Die Klägerin hat für die Zeit vom 8. bis zum 22. Februar 2019 keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. 10 1. Ein Arbeitnehmer hat nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft. 11 a) Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG (BAG 11. Dezember 2019 – 5 AZR 505/18 – Rn. 16, BAGE 169, 117). 12 aa) Der Beweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird in der Regel durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung iSd. § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG geführt. Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist das gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweismittel für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG reicht die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung iSd. § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG aus, um dem Arbeitgeber das Recht zur Leistungsverweigerung zu entziehen. Diese gesetzgeberische Wertentscheidung strahlt auch auf die beweisrechtliche Würdigung aus (Staudinger/Oetker [2019] § 616 Rn. 540). Der ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt daher aufgrund der normativen Vorgaben im Entgeltfortzahlungsgesetz ein hoher Beweiswert zu. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als erbracht ansehen, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt (so die st. Rspr. vgl. BAG 26. Oktober 2016 – 5 AZR 167/16 – Rn. 17, BAGE 157, 102; 15. Juli 1992 – 5 AZR 312/91 – zu II 1 der Gründe, BAGE 71, 9; ebenso MHdB ArbR/Greiner 5. Aufl. Bd. 1 § 82 Rn. 28; MüKoBGB/Müller-Glöge 8. Aufl. EFZG § 3 Rn. 79; Reinecke DB 1989, 2069 (unter 5.1.2); ErfK/Reinhard 21. Aufl. EFZG § 5 Rn. 14; Schmitt/Küfner-Schmitt in Schmitt EFZG 8. Aufl. § 5 EFZG Rn. 111; NK-GA/Sievers EFZG § 5 Rn. 66 f., jeweils mwN). 13 bb) Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründet jedoch keine gesetzliche Vermutung einer tatsächlich bestehenden Arbeitsunfähigkeit iSd. § 292 ZPO mit der Folge, dass nur der Beweis des Gegenteils zulässig wäre (st. Rspr. BAG 11. August 1976 – 5 AZR 422/75 – zu 2 c der Gründe, BAGE 28, 144; 11. Oktober 2006 – 5 AZR 755/05 – Rn. 35; BGH 16. Oktober 2001 – VI ZR 408/00 – zu II der Gründe, BGHZ 149, 63; zust. MHdB ArbR/Greiner 5. Aufl. Bd. 1 § 82 Rn. 28; MüKoBGB/Müller-Glöge 8. Aufl. EFZG § 3 Rn. 79; ErfK/Reinhard 21. Aufl. EFZG § 5 Rn. 14; Schmitt/Küfner-Schmitt in Schmitt EFZG 8. Aufl. § 5 EFZG Rn. 111). Aufgrund des normativ vorgegebenen hohen Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt jedoch ein „bloßes Bestreiten“ der Arbeitsunfähigkeit mit Nichtwissen durch den Arbeitgeber nicht, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit mit einer ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen hat. Vielmehr kann der Arbeitgeber den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur dadurch erschüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und im Bestreitensfall beweist, die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben mit der Folge, dass der ärztlichen Bescheinigung kein Beweiswert mehr zukommt. Der Arbeitgeber ist dabei nicht auf die in § 275 Abs. 1a SGB V aufgeführten Regelbeispiele ernsthafter Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit beschränkt (MHdB ArbR/Greiner aaO Rn. 30; Staudinger/Oetker [2019] § 616 Rn. 367; ErfK/Reinhard aaO Rn. 17; Schmitt/Küfner-Schmitt in Schmitt aaO Rn. 124). Hierfür gibt es weder nach Wortlaut, Systematik und Zweck der Regelung, der in der Bekämpfung eines Missbrauchs der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall liegt (vgl. BT-Drs. 12/5263 S. 10), hinreichende Anhaltspunkte. Diese Bestimmung gibt ihm lediglich ein zusätzliches Instrument zur Erschütterung des Beweiswerts an die Hand, um einem missbräuchlichen Verhalten des Arbeitnehmers begegnen zu können. Den Beweiswert erschütternde Tatsachen können sich auch aus dem eigenen Sachvortrag des Arbeitnehmers (dazu bspw. BAG 26. Oktober 2016 – 5 AZR 167/16 – Rn. 18, BAGE 157, 102) oder aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst ergeben. 14 cc) Bei der näheren Bestimmung der Anforderungen an die wechselseitige Darlegungslast der Parteien ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber in aller Regel keine Kenntnis von den Krankheitsursachen hat und nur in eingeschränktem Maß in der Lage ist, Indiztatsachen zur Erschütterung des Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzutragen. In Anbetracht dieser Schwierigkeiten hat das Bundesarbeitsgericht bereits erkannt, dass dem Arbeitgeber, der sich auf eine Fortsetzungserkrankung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG beruft, hinsichtlich der ihn insoweit treffenden Darlegungs- und Beweislast Erleichterungen zuzubilligen sind (vgl. BAG 13. Juli 2005 – 5 AZR 389/04 – zu I 6 der Gründe, BAGE 115, 206; im Anschluss hieran BAG 10. September 2014 – 10 AZR 651/12 – Rn. 27, BAGE 149, 101). Ebenso hat es entschieden, dass in Bezug auf die vom Arbeitgeber im Rahmen von § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG vorzutragenden Indizien für das Vorliegen eines einheitlichen Verhinderungsfalls der Unkenntnis des Arbeitgebers von den Krankheitsursachen angemessen Rechnung zu tragen ist (vgl. BAG 11. Dezember 2019 – 5 AZR 505/18 – Rn. 20, BAGE 169, 117). Da die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keine gesetzliche Vermutung oder eine Beweislastumkehr auslöst, dürfen an den Vortrag des Arbeitsgebers, der ihren Beweiswert erschüttern will, keine – unter Berücksichtigung seiner eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten – überhöhten Anforderungen gestellt werden. Der Arbeitgeber muss gerade nicht, wie bei einer gesetzlichen Vermutung, Tatsachen darlegen, die dem Beweis des Gegenteils zugänglich sind. 15 b) Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, so tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage der Bescheinigung bestand. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung zulassen. Hierzu ist substantiierter Vortrag zB dazu erforderlich, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben und welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente ärztlich verordnet wurden (vgl. BAG 17. Juni 2003 – 2 AZR 123/02 – Rn. 30; 26. August 1993 – 2 AZR 154/93 – BAGE 74, 127). Der Arbeitnehmer muss also zumindest laienhaft bezogen auf den gesamten Entgeltfortzahlungszeitraum schildern, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden haben. Soweit er sich für die Behauptung, aufgrund dieser Einschränkungen arbeitsunfähig gewesen zu sein, auf das Zeugnis der behandelnden Ärzte beruft, ist dieser Beweisantritt nur ausreichend, wenn er die Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbindet. Ob dies konkludent, zB durch die Benennung als Zeuge, geschehen kann, erscheint mit Blick auf die höchstpersönliche Natur des Schutzinteresses des Arztgeheimnisses nicht frei von Zweifeln (vgl. MüKoZPO/Damrau/Weinland 6. Aufl. § 385 Rn. 13; aA BAG 8. Mai 2014 – 2 AZR 75/13 – Rn. 40, BAGE 148, 129; Musielak/Voit/Huber ZPO 18. Aufl. § 385 Rn. 8). 16 2. Ausgehend hiervon hat die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung für die streitgegenständliche Zeit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG nicht dargetan. 17 a) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin sei im maßgeblichen Klagezeitraum infolge Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert gewesen, beruht auf einer fehlerhaften Würdigung des Beweiswerts der von der Klägerin vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. 18 aa) Grundsätzlich ist die Würdigung der Beweise gem. § 286 ZPO dem Tatrichter vorbehalten. Revisionsrechtlich ist nur zu überprüfen, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt ist, ob sie rechtlich möglich ist und ob das Berufungsgericht alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (vgl. BAG 11. Dezember 2019 – 5 AZR 505/18 – Rn. 25, BAGE 169, 117). 19 bb) Dieser Überprüfung hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand. Es ist hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 8. Februar 2019 davon ausgegangen, dass sich ernsthafte Zweifel an deren Richtigkeit nicht daraus ergäben, dass sie auf der Diagnose „Sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen“ beruhe und sich über einen Zeitraum von zwei Wochen und damit bis zum Kündigungstermin erstrecke. Die Beklagte habe keine konkreten Umstände aufgezeigt, weshalb eine solche Diagnose generell oder jedenfalls vorliegend die Krankschreibung auch mit der konkreten Dauer nicht rechtfertigen könne. Sie habe lediglich „ins Blaue“ hinein behauptet, eine medizinisch begründbare Prognose für eine vierzehntägige Arbeitsunfähigkeit könne nicht vorgelegen haben. Abgesehen davon, dass sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf einen Zeitraum von 15 Tagen erstreckte, hat das Landesarbeitsgericht damit die Anforderungen an den arbeitgeberseitigen Vortrag zur Erschütterung des Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung überspannt und zugleich einen von der Beklagten eingewandten und sich bereits aus der Bescheinigung selbst ergebenden wesentlichen Umstand nicht ausreichend berücksichtigt. Das Landesarbeitsgericht hat nicht genügend gewürdigt, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 8. Februar 2019, die zugleich mit der Kündigung vom 8. Februar 2019 bei der Arbeitgeberin eingereicht wurde, passgenau die nach dieser Kündigung noch verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses bis zum 22. Februar 2019 abdeckte. Das Landesarbeitsgericht hat sich zwar mit der Diagnose befasst, die dem Arbeitgeber üblicherweise gar nicht bekannt sein wird, die zeitliche Koinzidenz aber außer Acht gelassen. 20 cc) Das Berufungsurteil unterliegt deshalb der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht. Da die maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind und ergänzender Sachvortrag hierzu nicht zu erwarten ist, kann der Senat selbst entscheiden. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts ist davon auszugehen, dass der Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist. Aufgrund der zeitlichen Koinzidenz zwischen bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie Beginn und Ende der Kündigungsfrist bestehen ernsthafte Zweifel am Bestehen der Arbeitsunfähigkeit. 21 b) In der Folge trägt die Klägerin (wieder) die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung eines Entgeltfortzahlungsanspruchs nach § 3 Abs. 1 EFZG. Es wäre an ihr gewesen, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Schluss auf eine in der streitgegenständlichen Zeit bestehende Erkrankung zulassen. Hierzu reicht ihr vom Landesarbeitsgericht festgestellter Vortrag nicht aus. Die Klägerin hat lediglich pauschal ausgeführt, es habe ein „psychosomatischer Hintergrund“ bestanden. Sie sei im Einsatzbetrieb einem massiven Mobbing ausgesetzt gewesen, das zu Schlafstörungen und weiteren psychisch-körperlichen Beeinträchtigungen geführt habe und in absehbarer Zeit wahrscheinlich in ein Burn-Out eingemündet wäre. Sie hat aber keine näheren Angaben zur Intensität der von ihr geschilderten Schlafstörungen oder zur Art und vor allem Schwere der weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen gemacht und auch nicht vorgetragen, dass die Beschwerden im gesamten Klagezeitraum anhielten. Es fehlte damit an substantiiertem Vortrag zu den während des streitgegenständlichen Zeitraums konkret bestehenden gesundheitlichen Beschwerden und Einschränkungen, deren Intensität und ihren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Klägerin für die geschuldete Tätigkeit. Die Klägerin ist damit ihrer primären Darlegungslast zu einer im Klagezeitraum objektiv bestehenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht nachgekommen. 22 II. Das Landesarbeitsgericht hat die Klägerin zwar – folgerichtig – nicht auf die Erschütterung des Beweiswerts der von ihr vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und die sich daraus ergebenden Anforderungen an ihren Sachvortrag hingewiesen. Der Senat kann dennoch nach § 563 Abs. 3 ZPO abschließend entscheiden, weil die Klägerin – trotz entsprechender Hinweise während des Revisionsverfahrens – keine ordnungsgemäß begründete verfahrensrechtliche Gegenrüge erhoben hat. Ein Verstoß des Landesarbeitsgerichts gegen die Hinweispflicht aus § 139 Abs. 3 ZPO kann deshalb in der Revision nicht berücksichtigt werden, § 557 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO (BAG 23. März 2016 – 5 AZR 758/13 – Rn. 39, BAGE 154, 337). 23 1. Die Klägerin war als Revisionsbeklagte nicht gehindert, wegen einer Verletzung der Hinweispflicht durch das Landesarbeitsgericht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht eine auf § 139 Abs. 3 ZPO gestützte Verfahrensrüge („Gegenrüge“) zu erheben (vgl. BAG 23. März 2016 – 5 AZR 758/13 – Rn. 39 mwN, BAGE 154, 337). 24 2. Sie hat jedoch – trotz entsprechenden Hinweises des Senats – keine ausreichend begründete verfahrensrechtliche Gegenrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhoben. 25 a) Besteht ein Verfahrensmangel darin, dass das Landesarbeitsgericht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat, weil es der Hinweispflicht aus § 139 Abs. 3 ZPO nicht nachgekommen ist, muss konkret dargelegt werden, welchen Hinweis das Gericht hätte geben müssen und welche Reaktion auf einen entsprechenden Hinweis erfolgt wäre (BAG 18. September 2014 – 6 AZR 145/13 – Rn. 34). Wer die Verletzung des § 139 ZPO durch das Berufungsgericht rügt, muss im Einzelnen vortragen, was er auf einen entsprechenden Hinweis vorgebracht hätte. Der zunächst unterbliebene Vortrag muss vollständig nachgeholt und über die Rüge aus § 139 ZPO schlüssig gemacht werden. Hierzu ist vorzutragen, welcher tatsächliche Vortrag gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen gemacht worden wären (vgl. BAG 16. Dezember 2010 – 2 AZR 770/09 – Rn. 10; 16. Oktober 2013 – 10 AZR 9/13 – Rn. 46). Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung für das Urteil kausal war (BAG 24. März 2009 – 9 AZR 983/07 – Rn. 32, BAGE 130, 119; 19. Oktober 2010 – 6 AZR 120/10 – Rn. 24). 26 b) Derartiger Vortrag der Klägerin ist – auch auf entsprechenden Hinweis – nicht erfolgt. Sie hat sich im Wesentlichen lediglich auf ihren zuvor erfolgten, nicht ausreichenden Vortrag berufen. Konkreten Vortrag zu den während des Zeitraums, für den Entgeltfortzahlung verlangt wird, im Einzelnen bestehenden gesundheitlichen Beschwerden und Einschränkungen, deren Intensität und ihren Auswirkungen auf ihre Arbeitsfähigkeit hat sie weiterhin nicht gehalten. 27 III. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Bindungswirkung von in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union von der dort zuständigen Stelle (vgl. Art. 27 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 iVm. Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, vormals Art. 18 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 iVm. Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71) getroffenen ärztlichen Feststellungen über den Eintritt und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit (EuGH 3. Juni 1992 – C-45/90 -; 2. Mai 1996 – C-206/94 -) und die sich daraus ergebenden Folgen für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Entgeltfortzahlungsprozess (vgl. dazu BAG 19. Februar 1997 – 5 AZR 747/93 – BAGE 85, 140) zwingen nicht zu einer Änderung der Grundsätze der Überprüfung inländischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Liegen von der im EU-Ausland ansässigen zuständigen Stelle getroffene ärztliche Feststellungen zur Arbeitsunfähigkeit vor, trägt der Arbeitgeber nach Auffassung des Gerichtshofs die Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer entgegen diesen Feststellungen nicht arbeitsunfähig krank war. Es reicht dann – anders als bei im Inland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – nicht aus, dass der Arbeitgeber Umstände beweist, die nur zu ernsthaften Zweifeln an der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit Anlass geben. 28 Hierin liegt im Verhältnis zu den oben angewandten Grundsätzen, wie sie für im Inland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gelten, keine mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbare Ungleichbehandlung. Eine Bescheinigung nach Art. 27 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 (vormals Art. 18 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72) enthält Feststellungen, die aufgrund einer von der im EU-Ausland zuständigen Stelle angeordneten oder durchgeführten ärztlichen Kontrolluntersuchung getroffen wurden. Dieser Unterschied zu einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung iSv. § 5 Abs. 1 EFZG rechtfertigt die unterschiedliche beweisrechtliche Behandlung der Bescheinigungen (ebenso MüKoBGB/Müller-Glöge 8. Aufl. EFZG § 3 Rn. 84; Staudinger/Oetker [2019] § 616 Rn. 550; Schmitt/Küfner-Schmitt in Schmitt EFZG 8. Aufl. § 5 EFZG Rn. 128; aA Wedde/Kunz EFZG 4. Aufl. § 5 EFZG Rn. 47). 29 Darüber hinaus erscheint es fraglich, ob überhaupt eine grundrechtlich relevante Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte angenommen werden kann. Denn auch ein im Inland arbeitender EU-Ausländer, der im Inland erkrankt, wird bei Vorlage einer inländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung behandelt wie ein Inländer mit einer entsprechenden Bescheinigung. Ebenso erfährt ein Inländer, wenn er – zB im Urlaub – im in der Europäischen Union gelegenen Ausland erkrankt, die gleiche Behandlung wie ein im Inland arbeitender EU-Ausländer, wenn er eine Bescheinigung nach Art. 27 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 vorlegt. Die besonderen Beweisschwierigkeiten des anspruchsberechtigten Arbeitnehmers, mit denen der Gerichtshof der Europäischen Union die Bindung des Arbeitgebers an die vom Träger des Wohn- oder Aufenthaltsorts getroffenen ärztlichen Feststellungen begründet, hängen mit der Erkrankung im Ausland zusammen. Diese Sachverhalte sind mit Fällen einer Erkrankung im Inland und dort ausgestellter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vergleichbar. 30 IV. Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Zinsen. 31 V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.              Linck                  Biebl                  Bubach                                    Zorn                  Ilgenfritz-Donné" bag_26-21,21.09.2021,"21.09.2021 26/21 - Anspruch auf betriebliche Altersversorgung - Wirksamkeit einer Altersklausel in einer Versorgungsordnung Eine Versorgungsregelung kann wirksam Beschäftigte von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ausschließen, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben. Diese Höchstaltersgrenze stellt weder eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters noch eine solche wegen des weiblichen Geschlechts dar. Die im Juni 1961 geborene Klägerin ist seit dem 18. Juli 2016 bei der Beklagten tätig. Die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung richten sich nach den Versorgungsregelungen einer Unterstützungskasse. Danach ist Voraussetzung für eine Versorgung, dass der oder die Beschäftigte bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Diese Regelung hält die Klägerin für unwirksam. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die in der Versorgungsregelung vorgesehene Altersgrenze ist nicht als unzulässige Altersdiskriminierung nach § 7 Abs. 1 AGG unwirksam. Vielmehr ist sie nach § 10 AGG ge-rechtfertigt und zwar auch unter Berücksichtigung der Anhebung der Regelaltersgrenze auf die Vollendung des 67. Lebensjahres nach § 35 Satz 2 SGB VI. Mit der Altersgrenze wird ein legitimes Ziel verfolgt, sie ist angemessen und erforderlich. Die gewählte Altersgrenze führt auch nicht zu einer unzulässigen mittelbaren Benachteiligung von Frauen wegen ihres Geschlechts, so dass daraus ebenfalls keine Unangemessenheit abgeleitet werden kann. Ein durchschnittliches Erwerbsleben dauert ungefähr 40 Jahre und der durch die Altersgrenze betroffene Teil eines solchen Erwerbslebens darf nicht unangemessen lang sein. Nach den Statistiken der Deutschen Rentenversicherung lagen im Jahr 2019 den Versicherungsrenten in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich 39,0 Versicherungsjahre zugrunde. Bei den Frauen belief sich diese Zahl auf 36,5, bei den Männern auf 41,9 Versicherungsjahre. Dieser Unterschied ist nicht so groß, dass Frauen durch die Auswirkungen der Altersgrenze unangemessen benachteiligt sind. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. September 2021 – 3 AZR 147/21 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 13. Januar 2021 – 12 Sa 453/20 –","Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. Januar 2021 – 12 Sa 453/20 – wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf betriebliche Altersversorgung. 2 Die im Juni 1961 geborene Klägerin war seit dem 18. Juli 2016 bei der beklagten Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zunächst befristet und ist seit dem 14. November 2016 unbefristet beschäftigt. 3 Bei der Beklagten gilt eine „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuregelung der Zusagen auf betriebliche Altersversorgung in ver.di“ (im Folgenden GBV Zusage). Diese lautet auszugsweise:          „§ 1    Geltungsbereich          Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt für alle Beschäftigten der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), soweit sie nicht ausdrücklich darin ausgenommen sind. Sie gilt ebenfalls nicht für die Wahlangestellten.                            § 2      Widerruf und Ablösung          (1)      Zum Stichtag 28.02.2007 werden die bis dahin geltenden Versorgungszusagen gegenüber den Beschäftigten aus der ehemaligen ÖTV nach den Unterstützungs-Richtlinien 1988 und 1983 (UR88 und UR83) widerrufen und unter Bezugnahme auf die §§ 26 dieser Richtlinien mit Wirkung ab dem 01.03.2007 auf die Versorgungsordnung 1995 (VO95) der Unterstützungskasse des DGB e.V. (im Weiteren Unterstützungskasse genannt) überführt.          …                          § 4      Beschäftigte ohne Versorgungszusage sowie neu eingestellte Beschäftigte          (1)      Beschäftigte, denen bisher innerhalb der Gründungsorganisationen oder von ver.di keine Versorgungszusage gegeben worden ist, werden mit Wirkung ab dem 01.03.2007 auf der Grundlage der VO95 bei der Unterstützungskasse neu angemeldet.          (2)      Ab dem 01.03.2007 neu eingestellte Beschäftigte erhalten eine Versorgungszusage nach der VO95.          (3)      Ab dem 01.07.2016 neu eingestellte Beschäftigte erhalten eine Versorgungszusage nach der VO95 Tarif R13 (Anlage 3 der VO95).“ 4 Die Versorgungsordnung 1995 (im Folgenden VO 95) lautet auszugsweise wie folgt:          „Versorgungsordnung 1995 (VO 95)          Die Mitgliederversammlung der Unterstützungskasse des DGB e.V. hat am 6. Juni 1995 die folgende Versorgungsordnung 1995 beschlossen und diese zuletzt am 25.11.2016 mit Wirkung zum 01.01.2016 geändert:                            § 1      Geltungsbereich          (1)      Diese Versorgungsordnung gilt für die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten und früheren Beschäftigten der Gewerkschaften, des DGB und der gewerkschaftlichen Einrichtungen (Kassenmitglieder), soweit die betriebliche Altersversorgung von der Unterstützungskasse des DGB e.V. durchgeführt wird und soweit nicht die Unterstützungs-Richtlinien 1988 oder die Unterstützungs-Richtlinien 1983 gelten.          (2)      Diese Versorgungsordnung gilt für die Beschäftigten und früheren Beschäftigten der Kassenmitglieder nur dann, wenn ihr Kassenmitglied gegenüber der Unterstützungskasse die schriftliche Erklärung abgegeben hat, dass es dieser Versorgungsordnung beitritt.          (3)      Durch den Beitritt eines Kassenmitgliedes werden für dessen Beschäftigte Anmeldungsverhältnisse begründet, sofern die Beschäftigten die persönlichen Voraussetzungen dazu erfüllen. Anmeldungsverhältnisse nach dieser Versorgungsordnung können frühestens ab dem 1. Januar 1983 begründet werden.                                     § 2      Begünstigte          (1)      Beschäftigte eines Kassenmitgliedes werden als Begünstigte bei der Unterstützungskasse angemeldet, wenn sie folgende persönliche Voraussetzungen erfüllen:                   1.     Es besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis                   …                                 4.     Die/der Beschäftigte darf bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.          …                        (3)      Ein Kassenmitglied kann aus sachlichen Gründen auch Beschäftigte in einem befristeten Arbeitsverhältnis anmelden. Ein sachlicher Grund ist anzunehmen, wenn das befristete Arbeitsverhältnis auf mindestens zwei Jahre abgeschlossen ist und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erwartet werden kann. Eine rückwirkende Anmeldung für einen Zeitraum vor dem laufenden Geschäftsjahr ist ausgeschlossen.          (4)      Die Anmeldung bei der Unterstützungskasse erfolgt für die Dauer der Beschäftigung gegen Entgelt (versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, § 7 SGB IV). Die Anmeldung bleibt erhalten, solange der/dem Begünstigten Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung gezahlt wird oder Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung besteht.          …                          § 3      Anmeldungsverhältnis          (1)      Die Anmeldung bei der Unterstützungskasse begründet das Anmeldungsverhältnis. Es verpflichtet das Kassenmitglied, Zuwendungen in Höhe der laufenden Prämien für die gemäß § 10 abgeschlossene Rückdeckungsversicherung zu leisten. Das Nähere bestimmt der Kassenvorstand.“ 5 Die Beklagte lehnte eine Anmeldung der Klägerin bei der Unterstützungskasse des DGB e.V. mit der Begründung ab, dass sie bei Beschäftigungsbeginn ihr 55. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Sie hat die Auffassung vertreten, die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 bewirke eine ungerechtfertigte Diskriminierung wegen des Alters sowie eine unzulässige mittelbare Benachteiligung von weiblichen Beschäftigten. Die Höchstaltersklausel sei daher nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Es sei zu berücksichtigen, dass Frauen typischerweise aufgrund von Erziehungszeiten weniger Zeiten zur Verfügung stünden, um eine angemessene Altersversorgung aufzubauen. Die Klägerin verweist hierzu auf Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund, wonach Frauen in den alten Bundesländern in der gesetzlichen Rentenversicherung durchschnittlich nur 28 Versicherungsjahre erreichten, Männer hingegen über 40 Versicherungsjahre. Dass sie – ausgehend von dem für sie maßgeblichen Renteneintrittsalter gemäß § 235 Abs. 2 Satz 2 SGV VI von 66 Jahren und sechs Monaten – mehr als 11 Jahre lang keine Versorgungsanwartschaften erwerben könne, betreffe demnach einen erheblichen Teil des typischen Erwerbslebens einer Frau. Die Altersgrenze sei deshalb nicht mehr angemessen. 6 Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,          die Beklagte zu verurteilen, sie zum 18. Juli 2016, hilfsweise zum 14. November 2016 bei der betrieblichen Altersvorsorge Unterstützungskasse des DGB e.V. anzumelden und Beiträge gemäß der Versorgungsordnung 1995 (VO 95) idF vom 25. November 2016 zu entrichten;          hilfsweise, für den Fall der Unzulässigkeit des Leistungsantrags, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr Versorgungsleistungen zu verschaffen, welche sie erhalten würde, wenn sie vom 18. Juli 2016, hilfsweise vom 14. November 2016 bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten mit ihrer Tätigkeit bei der Unterstützungskasse des DGB e.V. angemeldet und aufgenommen gewesen wäre. 7 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. 8 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Entscheidungsgründe 9 Die zulässige Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist, soweit sie dem Senat zur Entscheidung anfällt, unbegründet. 10 I. Die Klage ist mit dem Antrag zu 1., der jedoch der Auslegung bedarf (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 27. Juni 2017 – 9 AZR 120/16 – Rn. 11), als Leistungsantrag zwar nur teilweise zulässig. Soweit er als Leistungsantrag unzulässig ist, ist er in einen Feststellungsantrag umzudeuten und als solcher zulässig. 11 1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht den ersten Antragsteil – die Beklagte zu verurteilen, sie zum 18. Juli 2016, hilfsweise zum 14. November 2016 bei der betrieblichen Altersvorsorge Unterstützungskasse des DGB e.V. anzumelden – als zulässigen und einheitlichen Leistungsantrag erachtet. Der Antrag ist insoweit insbesondere hinreichend bestimmt. 12 a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Dazu hat sie den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Sowohl bei einer der Klage stattgebenden als auch bei einer sie abweisenden Sachentscheidung muss zuverlässig feststellbar sein, worüber das Gericht entschieden hat (BAG 24. September 2014 – 5 AZR 593/12 – Rn. 18, BAGE 149, 169). Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber worin diese besteht (BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 78/19 – Rn. 10, BAGE 169, 26; 15. April 2009 – 3 AZB 93/08 – Rn. 16, BAGE 130, 195). Diese Anforderung ist auch erfüllt, wenn der Antrag durch Auslegung, insbesondere unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens der klagenden Partei, hinreichend bestimmt ist (BAG 27. Mai 2015 – 5 AZR 88/14 – Rn. 44, BAGE 152, 1; 13. Juni 2006 – 9 AZR 229/05 – Rn. 14, BAGE 118, 252). 13 b) Danach ist der erste Antragsteil hinreichend bestimmt. Die Klägerin verfolgt mit ihrem Antrag zu 1. nicht lediglich die Verschaffung einer Altersversorgung – dies ist Gegenstand des Hilfsantrags -, sondern die Durchführung der begehrten Versorgung über die Unterstützungskasse des DGB e.V. Der Klageantrag zu 1. zielt bei gebotener Auslegung auf die Vornahme aller Handlungen, die seitens der Beklagten erforderlich sind, um diese Durchführung zu ermöglichen. Die Handlung „anzumelden“ bezeichnet demnach die Vornahme aller derjenigen Handlungen, die erforderlich sind, um das Anmeldungsverhältnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VO 95 zu begründen. Angesichts der bereits bestehenden Mitgliedschaft der Beklagten bei der Unterstützungskasse ist damit die geschuldete Handlung eindeutig bezeichnet. Ob eine rückwirkende Anmeldung bei der Unterstützungskasse möglich ist, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags. Die „hilfsweise“ begehrte Anmeldung zum 14. November 2016 ist als ein „Weniger“ bereits im Antrag auf Anmeldung zum 18. Juli 2016 enthalten. 14 2. Der zweite Antragsteil – die Beiträge gemäß der Versorgungsordnung 1995 (VO 95) idF vom 25. November 2016 zu entrichten – ist nur als Feststellungsantrag zulässig. 15 a) Ein Zahlungsantrag ist, auch soweit er eine künftige Leistung betrifft, grundsätzlich nur hinreichend bestimmt, wenn er beziffert ist (vgl. BGH 15. Oktober 1993 – V ZR 19/92 – zu I 1 c der Gründe). Anderes gilt nur, wenn die Berechnung aus allgemein kundigen Daten ohne Weiteres möglich oder der Klagepartei aus besonderen Gründen unzumutbar ist (vgl. Zöller/Greger ZPO 33. Aufl. § 253 Rn. 13a mwN). Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Die fehlende Bezifferung der zu entrichtenden Beiträge führt insoweit zur Unzulässigkeit des Leistungsantrags. 16 b) Indes ist dieser Antragsteil als Feststellungsantrag zu verstehen und als solcher zulässig. 17 aa) In einem unzulässigen oder unbegründeten Leistungsantrag kann unter Berücksichtigung von Inhalt und Ziel der Klage ein Feststellungsantrag als ein „Weniger“ enthalten sein. Die Bindung der Gerichte an den Klageantrag nach § 308 Abs. 1 ZPO steht einer in diesem Sinne möglichen Umdeutung des Klagebegehrens nicht entgegen (vgl. BAG 21. Januar 2020 – 3 AZR 225/19 – Rn. 21; 25. Juni 2019 – 3 AZR 456/17 – Rn. 44; BGH 11. Juli 2012 – IV ZR 122/11 – Rn. 19 mwN). 18 bb) Die Klage zielt ausweislich ihrer Begründung nicht ausschließlich darauf, einen vollstreckbaren Titel zu erlangen. Vielmehr will die Klägerin – zumindest durch gerichtliche Feststellung – die Ungewissheit über eine Leistungspflicht der Beklagten beseitigt wissen (vgl. BAG 21. Januar 2020 – 3 AZR 225/19 – Rn. 21; 25. Juni 2019 – 3 AZR 456/17 – Rn. 45), wobei auch insoweit die auf den 14. November 2016 gerichtete Antragstellung in dem auf den 18. Juli 2016 bezogenen Antrag als „Weniger“ enthalten ist. Die Voraussetzungen von § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Eine allgemeine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen beschränken (BAG 31. Juli 2018 – 3 AZR 731/16 – Rn. 19 mwN, BAGE 163, 192). Durch die Entscheidung über einen darauf bezogenen Feststellungsantrag kann der Streit der Parteien über die Verpflichtung der Beklagten, eine betriebliche Altersversorgung zugunsten der Klägerin über die Unterstützungskasse des DGB e.V. durchzuführen, beseitigt werden. Da die Beklagte die von der Klägerin geltend gemachte Verpflichtung leugnet, steht der Klägerin auch ein Feststellungsinteresse zur Seite. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 13. Juli 2021 – 3 AZR 363/20 – Rn. 20 mwN). 19 II. Der Antrag zu 1., den die Klägerin im Revisionsverfahren ausschließlich auf die Unwirksamkeit der in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 geregelten Altersgrenze und nicht mehr auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützt, ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Anmeldung zur Unterstützungskasse des DGB e.V. Sie ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung wirksam ausgeschlossen. Ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten hat erst nach der Vollendung ihres 55. Lebensjahres begonnen, auch wenn man auf den 18. Juli 2016 abstellt. Die Höchstaltersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 ist nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Sie führt weder zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung wegen des Alters nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 AGG noch bewirkt sie eine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts. 20 1. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist anwendbar. Es gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentenrecht nicht vorrangige Sonderregelungen enthält (st. Rspr., BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 226/19 – Rn. 20 mwN, BAGE 170, 353). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. 21 2. § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 bewirkt zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, diese ist indes nach § 10 AGG gerechtfertigt. 22 a) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters und des Geschlechts, benachteiligt werden. Unzulässig sind nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam (BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 226/19 – Rn. 24 mwN, BAGE 170, 353). 23 b) § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 bewirkt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Die Regelung knüpft direkt an die Vollendung des 55. Lebensjahres an und führt dazu, dass Beschäftigte, die bei Beginn ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben, keine Versorgungszusage mehr erhalten. Damit erfahren solche Beschäftigte wegen ihres Alters eine ungünstigere Behandlung als Beschäftigte, die zu diesem Zeitpunkt das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (vgl. BAG 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 18, BAGE 147, 279). 24 c) Die durch § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 bewirkte Ungleichbehandlung ist jedoch nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt. 25 aa) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Anspruch auf Leistungen aus den dort aufgeführten betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit grundsätzlich objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze allerdings iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein (st. Rspr., vgl. etwa BAG 19. Februar 2019 – 3 AZR 215/18 – Rn. 31 mwN, BAGE 165, 357). Soweit die Voraussetzungen von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG erfüllt sind, ist eine unterschiedliche Behandlung danach zwar grundsätzlich, aber nicht immer zulässig (BAG 19. Februar 2019 – 3 AZR 215/18 – aaO; 14. November 2017 – 3 AZR 781/16 – Rn. 26, BAGE 161, 56). 26 Unerheblich ist, dass ein solches Verständnis der gesetzlichen Regelung zur Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit unionsrechtlich im Hinblick auf die in Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG für Altersgrenzen als Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit geregelte Ausnahme vom Verbot der unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters nicht geboten ist. Das vorliegende Verständnis der Regelungen in § 10 AGG ergibt sich vielmehr aus nationalem Recht. Sowohl der Wortlaut als auch die Systematik und die Entstehungsgeschichte zeigen, dass der Gesetzgeber an die von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG erfassten Ungleichbehandlungen weitergehende Anforderungen stellen wollte (ausführlich dazu BAG 26. September 2017 – 3 AZR 72/16 – Rn. 42 ff., BAGE 160, 255). Soweit das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz damit in seinen Anforderungen an die Zulässigkeit von Altersgrenzen in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit über das nach Unionsrecht Erforderliche hinausgeht, ist dies unionsrechtlich zulässig. Nach Art. 8 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG dürfen die Mitgliedstaaten Vorschriften einführen oder beibehalten, die im Hinblick auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes günstiger als die in der Richtlinie 2000/78/EG vorgesehenen Vorschriften sind (BAG 17. Oktober 2017 – 3 AZR 199/16 – Rn. 18). 27 bb) Der Altersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 liegt ein legitimes Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG zugrunde. 28 (1) Legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG sind wegen der in Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG genannten Beispielsfälle „Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung“ nicht nur solche aus dem Bereich Arbeits- und Sozialpolitik (vgl. EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 81 mwN; vgl. auch BVerfG 24. Oktober 2011 – 1 BvR 1103/11 – Rn. 15). Auch Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, die ein Arbeitgeber mit einer im Arbeitsvertrag vorgesehenen betrieblichen Altersversorgung anstrebt, können legitime Ziele im Sinne der europäischen Vorgaben sein (vgl. EuGH 26. September 2013 – C-476/11 – [HK Danmark] Rn. 60 ff.). Dementsprechend sind Ziele, die im Rahmen von Anliegen der Beschäftigungspolitik und des Sozialschutzes einen Ausgleich zwischen verschiedenen beteiligten Interessen schaffen sollen, um damit der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu dienen, als legitim iSv. § 10 Satz 1 AGG anzusehen. Dazu gehört auch, den unternehmerischen Belangen einer begrenz- und kalkulierbaren Belastung Rechnung zu tragen (vgl. EuGH 13. Juli 2017 – C-354/16 – [Kleinsteuber] Rn. 62 ff.). Indem § 10 AGG erlaubt, in Versorgungsordnungen die Leistungspflichten des Versorgungsschuldners zu begrenzen und damit für diesen eine verlässliche und überschaubare Kalkulationsgrundlage zu schaffen, verfolgt die gesetzliche Bestimmung das Ziel, die betriebliche Altersversorgung zu verbreiten. Es hält sich demnach im Rahmen dieses legitimen Ziels, wenn in einer Versorgungsordnung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird (BAG 19. Februar 2019 – 3 AZR 198/18 – Rn. 30). 29 Das mit der Regelung verfolgte Ziel muss dabei nicht ausdrücklich benannt werden. Auch aus dem allgemeinen Kontext der Regelung können sich Anhaltspunkte ergeben, die es ermöglichen, den Zweck der Regelung festzustellen und dadurch Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Bestimmung zu überprüfen (vgl. BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 226/19 – Rn. 35, BAGE 170, 353; 19. Februar 2019 – 3 AZR 198/18 – Rn. 31). 30 (2) Danach ist der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 durch ein legitimes Ziel gedeckt. Die Festlegung einer Altersgrenze als Zugangsvoraussetzung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung bewirkt, dass der Arbeitgeber den aus der Versorgungszusage resultierenden Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren und seine wirtschaftlichen Belastungen besser einschätzen und begrenzen kann (vgl. BAG 17. Oktober 2017 – 3 AZR 199/16 – Rn. 22). Das vom nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel der Förderung der betrieblichen Altersversorgung ist ein legitimes Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG. Um dieses Ziel zu fördern, hat der Gesetzgeber mit § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG zur Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung in Versorgungsordnungen das Mittel der Festsetzung von Altersgrenzen für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrenten zur Verfügung gestellt. Von dieser Möglichkeit kann grundsätzlich auch der einzelne Arbeitgeber bei der Schaffung von Versorgungsregelungen Gebrauch machen (BAG 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 24, BAGE 147, 279; 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – Rn. 26; 17. September 2013 – 3 AZR 686/11 – Rn. 22; 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 30, BAGE 144, 231). 31 cc) Die Altersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 ist auch angemessen und erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG. 32 (1) Dem Arbeitgeber steht bei freiwilligen zusätzlichen Leistungen wie der betrieblichen Altersversorgung ein von den Gerichten zu respektierender Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu. Dies ist seiner Bereitschaft geschuldet, sich freiwillig zu einer von ihm zu finanzierenden betrieblichen Zusatzversorgung zu verpflichten (vgl. etwa BAG 8. Dezember 2020 – 3 AZR 437/18 – Rn. 32; 26. April 2018 – 3 AZR 19/17 – Rn. 39). Diese Gestaltungsfreiheit eröffnet dem Arbeitgeber grundsätzlich auch die Möglichkeit, eine Höchstaltersgrenze für die Aufnahme in den von der Versorgungsordnung begünstigten Personenkreis festzulegen (statt vieler BAG 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 26, BAGE 147, 279). Dabei dürfen jedoch die berechtigten Belange der betroffenen Arbeitnehmer nicht außer Acht gelassen werden (BAG 26. April 2018 – 3 AZR 19/17 – Rn. 39 mwN). 33 (2) Die Festlegung eines Höchstalters für die Erteilung einer Versorgungszusage ist angemessen, wenn mit dieser Begrenzung das verfolgte Ziel erreicht wird, ohne die legitimen Interessen der hiervon nachteilig betroffenen Arbeitnehmer übermäßig zu beeinträchtigen (vgl. etwa EuGH 26. Februar 2015 – C-515/13 – [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25). 34 Erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG ist die Festlegung eines Höchstalters, wenn diese Regelung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. BAG 19. Februar 2019 – 3 AZR 198/18 – Rn. 35; 22. Januar 2019 – 3 AZR 293/17 – Rn. 44; 11. Dezember 2018 – 9 AZR 161/18 – Rn. 35; 26. April 2018 – 3 AZR 19/17 – Rn. 41; 17. Oktober 2017 – 3 AZR 199/16 – Rn. 25; EuGH 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist] Rn. 59). 35 (3) Danach ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht den Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 als angemessen erachtet hat. Der Ausschluss von Beschäftigten von Versorgungsleistungen, wenn diese bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben, beeinträchtigt deren legitimes Interesse daran, sich im Lauf des Erwerbslebens eine angemessene Altersversorgung aufzubauen, nicht übermäßig. 36 (a) Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung sind diese gegenläufigen Interessen gegeneinander abzuwägen (Ahrendt RdA 2016, 129, 130; dies. in Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Stand August 2021 Teil 7 D Rn. 78). Diese tatrichterliche Interessenabwägung ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht bei der Unterordnung des Sachverhalts unter Rechtsnormen, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle wesentlichen Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat. Eine eigene Abwägung durch das Revisionsgericht ist dann möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und sämtliche relevanten Tatsachen feststehen (BAG 26. April 2018 – 3 AZR 586/16 – Rn. 13, BAGE 162, 354; 30. August 2017 – 7 AZR 864/15 -Rn. 41 mwN, BAGE 160, 133). 37 (b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass die betriebliche Altersversorgung nicht nur Versorgungs-, sondern auch Entgeltcharakter hat und eine Höchstaltersgrenze dazu führt, dass die hiervon betroffenen Arbeitnehmer für die gesamte von ihnen geleistete Betriebszugehörigkeit keine betriebliche Altersversorgung erhalten (BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 32, BAGE 144, 231). Eine Regelung, die zur Folge hat, dass während eines beträchtlichen Teils eines typischen Erwerbslebens keine Versorgungsanwartschaften erworben werden können, ist damit – wie ausgeführt – nicht zu vereinbaren (vgl. etwa BAG 26. April 2018 – 3 AZR 19/17 – Rn. 40; 17. Oktober 2017 – 3 AZR 199/16 – Rn. 25; 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 26, BAGE 147, 279; 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – Rn. 28; 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – aaO). Dem steht das legitime Interesse des Arbeitgebers gegenüber, den Versorgungsaufwand überschaubar und kalkulierbar zu halten und nur solchen Arbeitnehmern eine betriebliche Altersversorgung zuzusagen, welche noch eine längerfristige Betriebszugehörigkeit erbringen können (BAG 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 27, BAGE 147, 279). 38 Dabei geht der Senat von einem typischen Erwerbsleben von mindestens 40 Jahren als Bezugsgröße aus (BAG 17. Oktober 2017 – 3 AZR 199/16 – Rn. 28; 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 27, BAGE 147, 279; 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – Rn. 29; 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 33, BAGE 144, 231; 11. Dezember 2012 – 3 AZR 634/10 – Rn. 23). Auf dieser Grundlage hat der Senat eine Höchstaltersgrenze für den Zugang zu einer betrieblichen Altersversorgung von 50 Jahren als „gerade noch hinnehmbar“ angesehen (BAG 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – Rn. 29 f.). Das Bundesverfassungsgericht hat die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 23. Juli 2019 – 1 BvR 684/14 -). Weiter hat der Senat die Zugangsvoraussetzung einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als „noch hinnehmbar“ erachtet (BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 33 f., BAGE 144, 231). Nicht mehr angemessen ist demgegenüber eine Höchstaltersgrenze der Vollendung des 55. Lebensjahres nach Ablauf einer zehnjährigen Wartezeit, weil damit faktisch eine Altersgrenze der Vollendung des 45. Lebensjahres bestand, der Ausschluss also bei typisierender Betrachtung das halbe Erwerbsleben betraf (BAG 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 27, BAGE 147, 279). 39 (c) Unter Zugrundelegung eines typischen Erwerbslebens von mindestens 40 Jahren ist die Altersgrenze Vollendung des 55. Lebensjahres unter Zugrundelegung dieses Maßstabs sachlich gerechtfertigt, weil – ausgehend von einem Renteneintrittsalter von 65 Jahren – die betroffenen Beschäftigten zuvor mindestens 30 Jahre, also während drei Vierteln der zur Verfügung stehenden Zeit, die Gelegenheit hatten, eine ausreichende Altersversorgung aufzubauen. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass aufgrund des typisierenden Maßstabs die konkrete Höhe einer der Klägerin nach den Regeln der VO 95 fiktiv zustehenden Versorgungsleistung insoweit keine Rolle spielt. 40 (d) Die durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) erfolgte schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze auf die Vollendung des 67. Lebensjahres nach § 35 Satz 2 SGB VI führt zu keinem anderen Ergebnis. 41 Die Anhebung des Renteneintrittsalters für die Regelaltersrente verlängert letztlich die Dauer eines typischen Erwerbslebens. Sie führt regelmäßig zu längerer Erwerbstätigkeit und nicht zu einem späteren Berufseinstieg. Diese Prognose war eine wesentliche Erwägung des Gesetzgebers bei der Neufassung des § 35 SGB VI (vgl. BT-Drs. 16/3794 S. 27). Dies hat zur Folge, dass die schrittweise Anhebung des Regelrentenalters nach § 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI abhängig vom Geburtsjahrgang der betroffenen Beschäftigten im Rahmen der typisierten Betrachtung grundsätzlich zu berücksichtigen ist (in diese Richtung auch Natzel RdA 2014, 365, 369; Rengier NZA 2006, 1251, 1254 f.). 42 Das führt aber nicht dazu, dass die Rechtsprechung des Senats zu ändern wäre. Die typische Zeit des Erwerbslebens betrüge aufgrund der Änderung mindestens 42 Jahre. Geht man von der vom Senat gerade noch gebilligten zulässigen Altersgrenze für die Aufnahme in eine Versorgungsregelung der Vollendung des 50. Lebensjahres aus, so entfielen für den Aufbau einer Versorgung 17 Jahre. Während einer Zeit von 25 Jahren bliebe dagegen der Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung möglich. Dies ist weiterhin als äußerste Grenze noch hinnehmbar. 43 Für die Klägerin ergibt sich sogar aufgrund der für sie geltenden Regelaltersgrenze nach § 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI von 66 Jahren und sechs Monaten (Jahrgang 1961) ein typisches Erwerbsleben von mindestens 41 Jahren und sechs Monaten, wovon aufgrund der streitgegenständlichen Höchstaltersgrenze der Vollendung des 55. Lebensjahres 11 Jahre und sechs Monate für den Aufbau einer angemessenen Altersversorgung nicht zur Verfügung stehen. Umgekehrt verbliebe ein Zeitraum von 30 Jahren für den Aufbau einer Versorgung. Dies entspricht einem Anteil von etwa 7/10. Hierdurch werden ihre Interessen nicht unangemessen beeinträchtigt. 44 (4) Die Unangemessenheit der in der VO 95 bestimmten Altersgrenze ergibt sich auch nicht aus einer unzulässigen mittelbaren Benachteiligung von Frauen wegen ihres Geschlechts. Die diesbezügliche Wertung des Landesarbeitsgerichts ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. 45 (a) Ausweislich der Entstehungsgeschichte des § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG darf nach dem Willen des Gesetzgebers die Festsetzung von Altersgrenzen nicht zu einer Benachteiligung wegen des Geschlechts oder wegen eines anderen in § 1 AGG genannten Grundes führen (BT-Drs. 16/1780 S. 36). Dies ergibt sich auch daraus, dass eine Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts führt, nicht iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen sein kann (BAG 18. März 2014 – 3 AZR 69/12 – Rn. 23, BAGE 147, 279; 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 29, 32, BAGE 144, 231). Auch § 4 AGG, wonach eine unterschiedliche Behandlung wegen mehrerer in § 1 AGG genannter Gründe hinsichtlich jeder dieser Gründe der Rechtfertigung bedarf, ist dieses Ergebnis zu entnehmen (Ahrendt RdA 2016, 129, 130; Mohr Anm. AP AGG § 10 Nr. 6; MüKoBGB/Thüsing 9. Aufl. AGG § 10 Rn. 56; ErfK/Schlachter 21. Aufl. AGG § 10 Rn. 10). Deshalb ist bei einer solchen Regelung darauf Bedacht zu nehmen, dass Frauen häufig nach einer familiär bedingten Unterbrechung der Berufstätigkeit zur Kinderbetreuung und -erziehung in das Erwerbsleben zurückkehren und ihnen auch in der Folgezeit grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet werden soll, noch Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung zu erwerben (BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 32, aaO; Ahrendt aaO). 46 (b) Eine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG von Frauen wegen ihres Geschlechts folgt insbesondere nicht daraus, dass diese häufiger als Männer von der streitgegenständlichen Altersgrenze des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 betroffen wären. Bei typisierender Betrachtung ist mit dem Wiedereintritt in das Berufsleben nach Zeiten der Kindererziehung bereits vor der Vollendung des 55. Lebensjahres zu rechnen (vgl. – bezogen bereits auf das 50. Lebensjahr – BAG 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – Rn. 31; 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 34, BAGE 144, 231; BVerfG 23. Juli 2019 – 1 BvR 684/14 – Rn. 7). Auch die Klägerin behauptet nicht, dass mehr Frauen als Männer nach der Vollendung des 55. Lebensjahres in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten treten. Das Recht auf selbstbestimmte Gestaltung des Familienlebens wird durch die Altersgrenze folglich nicht rechtswidrig beeinträchtigt (vgl. BVerfG 23. Juli 2019 – 1 BvR 684/14 – Rn. 8). 47 (c) Es kann dahinstehen, ob sich ggf. eine mittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 AGG aus einer zwar nicht zahlenmäßig häufigeren, aber hinsichtlich der Auswirkungen stärkeren nachteiligen Betroffenheit von Frauen im Gegensatz zu Männern durch die Altersgrenze ergeben kann oder ob zur Vermeidung einer mittelbaren Diskriminierung im Rahmen der Angemessenheitsprüfung die zu berücksichtigende Dauer eines typischen Erwerbslebens für männliche und weibliche Beschäftigte jeweils geschlechtsspezifisch zu ermitteln ist. Eine deutlich stärkere nachteilige Betroffenheit von Frauen liegt auch dann nicht vor, wenn man dies zugunsten der Klägerin annimmt. Die vorliegende Altersgrenze erweist sich gleichwohl als angemessen. 48 (aa) Dabei können insoweit nicht die von der Klägerin vorgelegten Zahlen zugrunde gelegt werden. 49 Die Klägerin beruft sich insoweit auf statistische Daten der Deutschen Rentenversicherung Bund. Diese entstammen der Broschüre „Rentenversicherung in Zahlen“, die über die Website der Deutschen Rentenversicherung öffentlich zugänglich ist. Danach beläuft sich die Summe an berücksichtigten Beitrags- und beitragsfreien Zeiten im Rentenbestand am 31. Dezember 2019 bei Männern auf durchschnittlich 40,71 Jahre, bei Frauen auf durchschnittlich 28,65 Jahre (Deutsche Rentenversicherung Bund [Hrsg.] Rentenversicherung in Zahlen 2020 S. 40 und 42). 50 Diese Daten beziehen sich aber ausschließlich auf die alten Bundesländer. Für eine solche gebietsbezogene Differenzierung innerhalb der Bundesrepublik besteht keine sachliche Rechtfertigung. Dass die Deutsche Rentenversicherung Bund in ihrer Statistik insoweit differenziert, ist rein im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. So gelten nach dem durch das Renten-Überleitungsgesetz vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606) eingefügten § 228a SGB VI für das Beitrittsgebiet Besonderheiten, nach § 254b SGB VI ist die Rentenformel für das Beitrittsgebiet bis 30. Juni 2024 abweichend geregelt. Diese Besonderheiten betreffen also rein die Berechnung der gesetzlichen Rente. Sie bieten hingegen keinen rechtlichen Anknüpfungspunkt dafür, bei der Beurteilung einer mittelbaren Benachteiligung die Dauer eines typischen Erwerbslebens innerhalb des Bundesgebietes unterschiedlich zu ermitteln. Es ist auch von der Klägerin nicht behauptet oder sonst ersichtlich, dass die Beklagte ausschließlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den alten Bundesländern beschäftigt. Vielmehr gilt die VO 95 bundesweit. 51 (bb) Ausgehend von den Daten für die gesamte Bundesrepublik lagen im Jahr 2019 bei allen Renten der Deutschen Rentenversicherung 36,5 Versicherungsjahre bei Frauen und 41,9 Versicherungsjahre bei Männern zugrunde. Bezogen auf alle (Männer und Frauen) ergeben sich 39,0 Versicherungsjahre (Deutsche Rentenversicherung Bund [Hrsg.] Rentenversicherung in Zeitreihen DRV- Schriften Band 22 Ausgabe 2020 S. 125 ff.). 52 Diese Daten kann der Senat seiner Entscheidung zugrunde legen. Es handelt sich um offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO (vgl. BAG 27. Februar 2020 – 8 AZR 215/19 – Rn. 95 [zu Daten auf der Website des Bundeskartellamts], BAGE 170, 98; 10. März 2015 – 3 AZR 56/14 – Rn. 61 [zu im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüssen]; 18. Oktober 2000 – 2 AZR 380/99 – zu II 2 b der Gründe, BAGE 96, 123 [zur offenkundigen Schwerbehinderung]; 9. Dezember 1997 – 1 AZR 319/97 – zu II 1 c der Gründe, BAGE 87, 234 [zur Gemeindezugehörigkeit eines Gebietes]; 7. Juli 1993 – 5 AZR 609/92 – zu 3 der Gründe [frei zugängliche statistische Erhebungen]; 26. Februar 1992 – 5 AZR 225/91 – zu II 3 a der Gründe; 9. Oktober 1991 – 5 AZR 598/90 – zu II 3 a der Gründe, BAGE 68, 320 [jeweils zu den Statistischen Jahrbüchern des Statistischen Bundesamts]; ebenso BGH 6. Mai 1993 – I ZR 84/91 – zu II 3 der Gründe; ihre frühere gegenteilige Rechtsprechung haben der Zweite und der Fünfte Senat nicht fortgeführt, zu dieser älteren Rechtsprechung vgl. BAG 30. September 1976 – 2 AZR 402/75 – zu 4 der Gründe, BAGE 28, 196; 16. März 1972 – 5 AZR 435/71 – zu 3 der Gründe). 53 Im Übrigen wurden die Parteien mit Verfügung des Vorsitzenden vom 25. August 2021 darauf hingewiesen, dass der Senat bei der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits beabsichtigt, diese offenkundigen Daten zu berücksichtigen. 54 (cc) Nach diesen Daten ergibt sich keine signifikant höhere Betroffenheit von Frauen, weshalb eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts nicht angenommen werden kann. Zwar beträgt der Unterschied zwischen Männern und Frauen bei den den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde liegenden Versicherungsjahren etwas über fünf Jahre. Dies ist aber kein derart großer Unterschied, dass von einer deutlich stärkeren Betroffenheit von Frauen ausgegangen werden kann. Außerdem ist insoweit zu berücksichtigen, dass Frauen, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind – jedenfalls unter den Voraussetzungen einer 15-jährigen Wartezeit und zehn Pflichtbeitragsjahren nach der Vollendung des 40. Lebensjahres – nach § 237a Abs. 1 SGB VI eine Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung bereits mit der Vollendung des 60. Lebensjahres beziehen konnten und dies auch tun. Dieser Umstand führt zu einem tendenziell kürzeren Erwerbsleben von Frauen, soweit es um die Versicherungsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung geht. Dies ist aber eine – freiwillige – Verkürzung am Ende des Arbeitslebens, also während eines Zeitraums, der nach dem Erreichen der in Frage stehenden Altersgrenze liegt. Die unterschiedliche starke Betroffenheit von Frauen wäre aber allenfalls dann erheblich, wenn die kürzere Lebensarbeitszeit aus familiären Gründen typischerweise Auswirkungen auf den Aufbau betrieblicher Altersversorgung vor dieser Grenze hätte. 55 Dafür, dass bei der Beklagten wesentlich häufiger als in der Gesamtbevölkerung Frauen arbeiten, die wegen der Kindererziehung längere Ausfallzeiten im Erwerbsleben haben, gibt es keine Anhaltspunkte. 56 (5) Der Zulässigkeit der Festlegung einer Höchstaltersgrenze der Vollendung des 55. Lebensjahres für die Aufnahme in den von einer Versorgungsregelung begünstigten Personenkreis stehen die kürzeren Unverfallbarkeitsfristen des § 1b Abs. 1 BetrAVG – ggf. iVm. § 30f BetrAVG – nicht entgegen (vgl. BAG 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – Rn. 33; 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 37 mwN, BAGE 144, 231). Eine Arbeitnehmerin, die aufgrund der privatautonom festgelegten Anspruchsvoraussetzungen – wie vorliegend des Höchsteintrittsalters vor Vollendung des 55. Lebensjahres – nie darauf vertrauen durfte, dass sie einen Versorgungsanspruch erwerben würde, erwirbt auch dann keine unverfallbaren Versorgungsanwartschaften, wenn die Voraussetzungen des § 1b Abs. 1 BetrAVG erfüllt sind (vgl. BAG 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – aaO; 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – aaO). 57 dd) Der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 ist auch erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG. Die Begrenzung der Leistungspflicht des Arbeitgebers lässt sich mit gleichwirksamer Genauigkeit nicht durch ein milderes Mittel erreichen (vgl. BAG 17. Oktober 2017 – 3 AZR 199/16 – Rn. 30). 58 ee) Der Senat kann in der Sache entscheiden. Die Durchführung eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten. Die Auslegung des den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zugrunde liegenden unionsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters ist durch den Gerichtshof der Europäischen Union geklärt, so dass eine Vorlagepflicht entfällt (vgl. BAG 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – Rn. 37 mwN). Einer Vorabentscheidung zur Auslegung von Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG bedarf es ebenfalls nicht, weil die Altersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 entsprechend den Anforderungen des insoweit nicht unionsrechtlich geprägten § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG angemessen und verhältnismäßig ist. Ob eine Diskriminierung wegen des Alters iSd. Art. 6 Richtlinie 2000/78/EG sachlich gerechtfertigt ist, ist von den nationalen Gerichten zu prüfen (vgl. BAG 12. November 2013 – 3 AZR 356/12 – aaO). Nicht entscheidungserheblich ist, ob sich eine mittelbare Betroffenheit iSd. Antidiskriminierungsrechts auch dann ergeben kann, wenn zwar keine zahlenmäßig häufigere Betroffenheit durch eine Regelung vorliegt, wohl aber stärkere Auswirkungen auf die tatsächlich von der Regelung betroffenen Personen, die durch das Antidiskriminierungsrecht geschützt sind. 59 III. Der Antrag zu 2. (Hilfsantrag) fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Die Klägerin hat diesen ausdrücklich nur für den Fall gestellt, dass der Antrag zu 1. unzulässig ist. Aus der Begründung ergibt sich aber mit der gebotenen Deutlichkeit, dass der Antrag zu 2. für den Fall gestellt sein soll, dass der Antrag zu 1. daran scheitert, dass eine Durchführung über die Unterstützungskasse aus rechtlichen Gründen ganz oder teilweise nicht möglich ist und deshalb allenfalls der mit dem Hilfsantrag verfolgte Verschaffungsanspruch Erfolg haben könnte. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten, denn der Hauptantrag hat keinen Erfolg, weil der Klägerin kein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zusteht. 60 IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.              Zwanziger                  Spinner                  Günther-Gräff                                    Holler                  Kemper" bag_27-21,22.09.2021,"22.09.2021 27/21 - Mitteilung zu dem Rechtsbeschwerdeverfahren - 7 ABR 13/20 - In dem Verfahren – 7 ABR 13/20 – war die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin aus prozessualen Gründen nicht erfolgreich. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22. September 2021 – 7 ABR 13/20 – Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 14. Januar 2020 – 4 TaBV 5/19 –","Tenor Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Januar 2020 – 4 TaBV 5/19 – wird zurückgewiesen. Entscheidungsgründe 1 A. Die Beteiligten streiten über das Vorliegen von Versetzungen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. 2 Die antragstellende Arbeitgeberin erbringt IT-Dienstleistungen. Bis zum 30. Mai 2018 firmierte sie als C GmbH. Der Beteiligte zu 2. ist der auf der Grundlage einer mit dem Gesamtbetriebsrat geschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung über die Errichtung einer neuen Betriebsratsstruktur gebildete Regionalbetriebsrat Baden-Württemberg. In ihm sind die bis dahin bestehenden Betriebsräte R, S, M und St aufgegangen. 3 Die Arbeitgeberin unterhielt bis Ende Dezember 2016 bzw. Ende März 2017 in Baden-Württemberg Betriebsstätten in M, I, B und St, in denen die Fachvorgesetzten der von der Arbeitgeberin eingesetzten Arbeitnehmer ansässig waren. In St befand sich zugleich die Betriebsleitung. Auf der Grundlage eines mit dem Gesamtbetriebsrat unter dem 17. Februar 2017 geschlossenen Interessenausgleichs wurden ua. die Betriebsstätten M, I und B geschlossen und in der Betriebsstätte St zusammengeführt. In St sollte sich der neue „Standort Hub“ für die Branche/Industrie „Manufacturing“ befinden. In dem Interessenausgleich vom 17. Februar 2017 ist dazu auszugsweise geregelt:          „III.  Umsetzung der Maßnahmen          1.     Maßnahme gem. II. 1.          Mit der Maßnahme gem. II. 1. sind Versetzungen der insgesamt 459 betroffenen Mitarbeiter mit Wirkung zum 1. April 2017 bzw. 1. Januar 2018 verbunden. Die Versetzungen werden wie folgt durchgeführt:                   –        212 (210+2) Versetzungen an die fachspezifischen Hubs mit dem Angebot eines Home Office gemäß Anlage 2 (…). Die erneute Versetzung aus dem Home Office kann seitens des Arbeitgebers ausschließlich mit einer Ankündigungsfrist entsprechend der individuellen Kündigungsfrist (mindestens jedoch 3 Monate), berechnet frühestens ab dem 1. Januar 2018, erfolgen.                   –        210 (177+33) Versetzungen an neue Dienstorte (teilweise mit Interim Home Office bis zur Fertigstellung der Räumlichkeiten am neuen Dienstort) gemäß Anlage 3 (…).                            Die Rechte der jeweils zuständigen Betriebsräte, insbesondere nach §§ 99 ff. BetrVG bleiben unberührt. Die Anhörungen der lokalen Betriebsräte zu den Versetzungen und zu den Einstellungen werden gemäß Anlage 2 und Anlage 3 gebündelt nach Abschluss dieses Interessenausgleichs vorgenommen. Der GBR wird sich gegenüber den jeweils zuständigen lokalen Betriebsräten dafür einsetzen, dass die Zustimmung zu den Versetzungen einschließlich der Einstellung am neuen Dienstort erteilt wird. …                   Die Betriebspartner vereinbaren eine GBV Home Office, die für Mitarbeiter mit einer Interim Home Office Regelung (Mitarbeiter an den Schließungsstandorten), befristet bis zur Fertigstellung der Räumlichkeiten am neuen Dienstort gilt. Die GBV Home Office gilt außerdem für Mitarbeiter, die einen neuen Dienstsitz zugewiesen bekommen, aber gleichzeitig das Angebot für ein Home Office annehmen.“ 4 Die Fachvorgesetzten wechselten darauf unter Beibehaltung der Überordnungsverhältnisse zunächst in die Betriebsstätte St. 34 Arbeitnehmer, die in den bisherigen Betriebsstätten M, I und B beschäftigt waren, wechselten gemäß Ziff. III. 1. des Interessenausgleichs ins Home Office. Zum 1. November 2017 wurde der „Standort Hub“ von St nach Bö verlegt. Dort finden seitdem Personalgespräche, Betriebsversammlungen und Unterredungen mit dem Betriebsrat statt. 5 Nachdem die Arbeitgeberin im Jahr 2017 zwei bei den Arbeitsgerichten Mannheim und Frankfurt am Main anhängig gemachte Zustimmungsersetzungsverfahren zurückgenommen hatte, unterrichtete sie den Betriebsrat mit Schreiben vom 10. April 2018, dem Betriebsrat zugegangen am 20. April 2018, über die beabsichtigte „Versetzung“ der 34 Arbeitnehmer. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:          „wie Ihnen bekannt ist, hat C gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat am 17. Februar 2017 einen Interessenausgleich über die Neuausrichtung ihres Geschäfts in Deutschland abgeschlossen, der eine Vielzahl an Betriebsschließungen regelt. Im Nachgang zu diesen Schließungen findet eine Neuzuordnung der Mitarbeiter zum regional zuständigen Betriebsstandort statt. Nachdem nun auch die Betriebsräumlichkeiten St aufgegeben und diese in die Sstr. Bö verlegt wurden (gesonderter Interessenausgleich ist abgeschlossen), ist Bö nunmehr der maßgebliche Standort für die Mitarbeiter der Region, weshalb eine Zuordnung hierhin stattfindet, zum Teil, wie in dieser Anhörung, mit dem Angebot eines dauerhaften Home Office zur Vermeidung unbilliger Härten hinsichtlich der Arbeitswege.          Versetzungen nach Bö, jeweils mit Zuweisung eines dauerhaften Home Office          Folgende Mitarbeiter werden von ihren bisherigen Dienstorten B, I und M an den neuen Dienstort Bö versetzt, jedoch mit dem Angebot eines dauerhaften Home Office entsprechend der Konditionen aus der Vereinbarung im Interessenausgleich vom 17. Februar 2017, soweit sie noch in einem aktiven Arbeitsverhältnis mit der C stehen, d.h. freigestellte Mitarbeiter erhalten keine Home-Office bezogenen Zahlungen. Bereits geleistete Zahlungen werden angerechnet.          Die Versetzungen erfolgen zum 1. Mai 2018.          Die Mitarbeiter befinden sich bereits im Home Office.          …                 Mit weiteren Änderungen ist die Versetzung der genannten Mitarbeiter nicht verbunden, insbesondere bleibt das Aufgabengebiet unverändert.          Alle hier genannten Versetzungen erfolgen mit dem Angebot eines dauerhaften Home Office, sodass die betroffenen Mitarbeiter in der Regel nicht physisch am Dienstort anwesend sein werden.          …                 Wir bitten hiermit um Ihre Zustimmung zur Versetzung.“ 6 Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zu den beantragten Versetzungen. 7 Die Arbeitgeberin hat daraufhin das vorliegende Verfahren eingeleitet und die Auffassung vertreten, der Betriebsrat habe seine Zustimmung zu den Versetzungen unberechtigt verweigert. Hilfsweise hat sie geltend gemacht, bei den streitgegenständlichen Neuzuordnungen der Arbeitnehmer handele es sich nicht um Versetzungen iSd. BetrVG. 8 Die Arbeitgeberin hat beantragt,          1.     die verweigerte Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur Versetzung von                   a. D G, D Gu, A K, G F, C S, D B, H M, D R, K B, I H, R M, A M, C F, P H, G S, M S, H V, A B, R G, K K und R Z vom Dienstort M an den Dienstort Bö, jeweils mit Zuweisung eines dauerhaften Home Office im Sinne der Vereinbarung im Interessenausgleich vom 17. Februar 2017;                   b. G D, M D, T E, H M, P K, G K, M W, S U und D K vom Dienstort I an den Dienstort Bö, mit Zuweisung eines dauerhaften Home Office im Sinne der Vereinbarung im Interessenausgleich vom 17. Februar 2017;                   c. R S, N C, R O und M We vom Dienstort B an den Dienstort Bö, mit Zuweisung eines dauerhaften Home Office im Sinne der Vereinbarung im Interessenausgleich vom 17. Februar 2017                   auf der Grundlage des Zustimmungsersuchens vom 20. April 2018 zu ersetzen;          2.     festzustellen, dass die vorläufigen Versetzungen der im Antrag zu 1. genannten Mitarbeiter aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist;          3.     hilfsweise festzustellen, dass es sich bei den unter Ziffer 1 a) bis c) genannten Zuordnungen der Mitarbeiter an neue Dienstorte nicht um zustimmungsbedürftige Versetzungen im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG handelt. 9 Der Betriebsrat hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, Ziel der Arbeitgeberin sei es, die Maßnahmen des Interessenausgleichs umzusetzen. Dabei handele es sich um Versetzungen, weil die Mitarbeiter in das Home Office versetzt worden seien. Im Übrigen sei auch die Zuordnung zu einem anderen Standort eine Versetzung. Die Arbeitnehmer könnten ohne Begründung wieder aus dem Home Office an den Standort versetzt werden. Dann müssten die zu versetzenden Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung in Bö tatsächlich erbringen. Unabhängig davon müssten die Arbeitnehmer für Personalgespräche, Betriebsversammlungen und Termine mit dem Betriebsrat zum Dienstort reisen. Für alle Arbeitnehmer sei dies eine erheblich größere Entfernung als bis zu ihrem bisherigen Standort. Die Umstände der Arbeitsleistung würden sich dadurch erheblich ändern. Sie würden durch die Maßnahme Nachteile erleiden. 10 Das Arbeitsgericht hat die Anträge der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmungen und Feststellung der Erforderlichkeit der vorläufigen Maßnahmen als unzulässig abgewiesen und auf den Hilfsantrag der Arbeitgeberin festgestellt, dass es sich bei den Zuordnungen der Mitarbeiter an neue Dienstorte nicht um zustimmungspflichtige Versetzungen iSd. § 95 Abs. 3 BetrVG handelt. Auf die nur vom Betriebsrat eingelegte Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und auch den Feststellungsantrag abgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Feststellungsantrag weiter. Der Betriebsrat beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. 11 B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Beschluss des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und den Feststellungsantrag abgewiesen. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist der allein noch streitgegenständliche Feststellungsantrag bereits unzulässig. Der Antrag erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO. 12 I. Nach dem auch im Beschlussverfahren anwendbaren (vgl. BAG 23. Oktober 2018 – 1 ABR 18/17 – Rn. 14) § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller an der alsbaldigen Feststellung ein rechtliches Interesse hat. 13 II. Nach seinem Wortlaut hat der Antrag kein nach § 256 Abs. 1 ZPO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zum Gegenstand. 14 1. Ein Rechtsverhältnis ist jede durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Der Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO muss sich dabei nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Er kann sich auch auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Rechtspflicht beschränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses können jedoch ebenso wie abstrakte Rechtsfragen nicht Gegenstand eines Feststellungsantrags sein. Das liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus, was den Gerichten verwehrt ist (BAG 19. November 2019 – 1 ABR 2/18 – Rn. 30; 18. Mai 2016 – 7 ABR 41/14 – Rn. 13; 22. Juli 2014 – 1 ABR 9/13 – Rn. 19; 17. September 2013 – 1 ABR 24/12 – Rn. 16). 15 2. Der Antrag ist bei einem wortlautgetreuen Verständnis nicht auf das Nichtbestehen einer rechtlichen Beziehung zwischen den Betriebsparteien gerichtet. Es soll auf der Grundlage der in § 95 Abs. 3 BetrVG enthaltenen Definition allein das Nichtvorliegen einer Versetzung festgestellt werden. Dies käme der Erstellung eines abstrakten Rechtsgutachtens gleich. 16 III. Der Antrag genügt auch dann nicht den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO, wenn man ihn zu Gunsten der Arbeitgeberin dahin auslegt (vgl. zur Antragsauslegung: BAG 26. Februar 2020 – 7 ABR 20/18 – Rn. 16; 19. November 2015 – 6 AZR 559/14 – Rn. 16, BAGE 153, 271 jew. mwN), festzustellen, dass dem Betriebsrat bei den unter Ziffer 1 a) bis c) des ursprünglichen Hauptantrags genannten Zuordnungen der Mitarbeiter an neue Dienstorte kein Mitbestimmungsrecht nach § 99 iVm. § 95 Abs. 3 BetrVG zusteht. Für den so verstandenen Antrag fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. 17 1. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere rechtliche Interesse an der Feststellung fehlt regelmäßig, wenn der Antragsteller sein Recht im Wege eines Leistungs- oder Gestaltungsantrags verfolgen kann und nicht Gründe der Prozessökonomie einen Feststellungsantrag ausnahmsweise als sachdienlich erscheinen lassen (vgl. BAG 22. März 2016 – 1 ABR 19/14 – Rn. 14; 15. April 2008 – 1 ABR 14/07 – Rn. 17 mwN). Es ist auch dann nicht gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag ein zwischen den Parteien bestehender Streit nicht insgesamt bereinigt wird (vgl. BAG 20. Februar 2018 – 1 AZR 361/16 – Rn. 9; zur sog. Elementenfeststellungsklage: BAG 28. April 2021 – 4 AZR 230/20 – Rn. 24; 14. Oktober 2020 – 7 AZR 286/18 – Rn. 98 jew. mwN). Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, einem Beteiligten zu bescheinigen, dass er im Recht war, oder eine die Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage gutachterlich zu klären (vgl. BAG 22. März 2016 – 1 ABR 19/14 – aaO). 18 2. Danach fehlt für den Antrag der Arbeitgeberin das erforderliche Feststellungsinteresse. 19 a) Das gilt allerdings nicht schon deshalb, weil die Arbeitgeberin unabhängig vom Vorliegen einer Versetzung iSd. § 95 Abs. 3 BetrVG aufgrund der Regelungen im Interessenausgleich vom 17. Februar 2017 zur Durchführung des Verfahrens nach § 99 BetrVG verpflichtet war. Die Arbeitgeberin geht zwar ausweislich ihrer Begründung der Rechtsbeschwerde davon aus, den Betriebsrat unabhängig davon beteiligen zu müssen, ob es sich bei der Neuzuordnung der Arbeitnehmer um Versetzungen handelt. Diese Annahme ist jedoch unzutreffend. Aus dem Interessenausgleich ergibt sich keine entsprechende Verpflichtung der Arbeitgeberin. Nach Ziff. III. 1. des Interessenausgleichs bleiben die Rechte der jeweils zuständigen Betriebsräte „insbesondere nach §§ 99 ff. BetrVG“ „unberührt“. Ferner wurde vereinbart, dass die Anhörung der lokalen Betriebsräte „zu den Versetzungen und zu den Einstellungen … gemäß Anlage 2 und Anlage 3“ gebündelt nach Abschluss des Interessenausgleichs vorgenommen werden sollen. Danach kann – ohne dass es insoweit auf weitere Erwägungen ankäme – nicht angenommen werden, dass der Anwendungsbereich des § 99 BetrVG verändert werden sollte; er sollte vielmehr ausdrücklich unberührt bleiben. Zwar spricht die Regelung dafür, dass die Parteien der Gesamtbetriebsvereinbarung angenommen haben, dass es sich bei den in Ziff. III. 1. beschriebenen Maßnahmen um Versetzungen iSd. § 95 Abs. 3 BetrVG handelt. Hierfür spricht auch der erste Satz, nach dem mit der Maßnahme gemäß Ziff. II. 1. Versetzungen der insgesamt 459 betroffenen Mitarbeiter mit Wirkung zum 1. April 2017 bzw. 1. Januar 2018 verbunden seien. Bei diesen Angaben im Interessenausgleich handelt es sich jedoch lediglich um unverbindliche Rechtsansichten. 20 b) Der Arbeitgeberin ist das Bestehen eines Feststellungsinteresses auch nicht deshalb abzusprechen, weil sie die Möglichkeit hat, entweder das Verfahren nach § 99 BetrVG durchzuführen oder davon abzusehen und abzuwarten, ob der Betriebsrat ein Verfahren nach § 101 BetrVG einleitet. Zwar hat ein Betriebsrat im Hinblick auf seine Möglichkeit, nach § 101 BetrVG vorzugehen, grundsätzlich kein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an einer gerichtlichen Feststellung, ihm habe bei einer bereits endgültig durchgeführten personellen Einzelmaßnahme ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zugestanden (BAG 22. März 2016 – 1 ABR 19/14 – Rn. 15 mwN). Die prozessuale Situation der Arbeitgeberin unterscheidet sich jedoch insofern von der des Betriebsrats. Sie hat zwar die Möglichkeit, die Zustimmung des Betriebsrats zu einer Versetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG gerichtlich ersetzen zu lassen, wenn sie die geplante Maßnahme für zustimmungsbedürftig hält. Ist sie jedoch der Auffassung, dass die beabsichtigte Maßnahme nicht der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bedarf, sieht das BetrVG kein entsprechendes Verfahren vor. Zwar erscheint es denkbar, dass die Arbeitgeberin das Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG vorsorglich betreibt, und die Auffassung vertritt, einer Zustimmungsersetzung bedürfe es nach ihrer Rechtsansicht nicht, da es sich nicht um eine zustimmungsbedürftige Maßnahme handele. Dies setzt jedoch zugleich voraus, dass die Arbeitgeberin zunächst nach § 99 Abs. 1 BetrVG den Betriebsrat unterrichtet und seine Zustimmung beantragt, obwohl sie die Maßnahme nicht für zustimmungsbedürftig hält. Dies kann von ihr nicht verlangt werden. Zugleich kann von der Arbeitgeberin nicht erwartet werden, untätig abzuwarten, ob der Betriebsrat die Aufhebung der Maßnahme nach § 101 BetrVG bei Gericht beantragt. Der Justizgewährungsanspruch (vgl. dazu BAG 10. Dezember 2020 – 2 AZN 82/20 – Rn. 5) gebietet, dass der Arbeitgeberin eine Möglichkeit offensteht, gerichtlich klären zu lassen, ob sie durch die Durchführung der Maßnahme, ohne die Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG einzuholen, einen betriebsverfassungswidrigen Zustand herbeiführt oder nicht. 21 c) Das erforderliche Interesse an der begehrten Feststellung fehlt jedoch, weil der zwischen den Beteiligten bestehende Streit über die Zustimmungsbedürftigkeit der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Maßnahme durch die Feststellung nicht abschließend geklärt würde. Das Feststellungsinteresse kann nur dann angenommen werden, wenn die Arbeitgeberin mit ihrem negativen Feststellungsantrag die Mitbestimmungsbedürftigkeit der gesamten beabsichtigten Maßnahme zum Gegenstand des Feststellungsantrags macht. Durch die von der Arbeitgeberin begehrte Feststellung würde der Streit der Parteien über die Zustimmungsbedürftigkeit der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Maßnahmen nur dann insgesamt beseitigt, wenn die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Maßnahme sich tatsächlich in der „bloßen“ Neuzuordnung der Arbeitnehmer an einen anderen Dienstort erschöpfte. Das ist jedoch nicht der Fall. 22 Nach der – von der Arbeitgeberin unwidersprochen gebliebenen – Annahme des Arbeitsgerichts ist Gegenstand des Feststellungsantrags allein die Frage der Zuweisung an einen anderen Dienstort. Ausweislich des Anhörungsschreibens beschränkt sich die beabsichtigte Maßnahme der Arbeitgeberin nicht allein auf die Neuzuordnung zu einem anderen Dienstort. Das Arbeitsgericht hat bereits in Bezug auf den Zustimmungsersetzungsantrag darauf hingewiesen, dass sich die Unterrichtung der Arbeitgeberin auf „die Zuweisung eines dauerhaften Home Office im Sinne der Vereinbarung im Interessenausgleich vom 17. Februar 2017“ beziehe. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren die betroffenen 34 Arbeitnehmer früher in den bisherigen Betriebsstätten M, I und B beschäftigt. Die Arbeitgeberin hat zwei in Bezug auf die von der beabsichtigten Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer zuvor anhängig gemachte Zustimmungsersetzungsverfahren zurückgenommen. Danach ist davon auszugehen, dass Gegenstand der Maßnahme nicht allein die Zuweisung eines neuen Dienstorts ist, sondern dass auch die (dauerhafte) Zuweisung eines Home Office Arbeitsplatzes noch Teil der Maßnahme ist, der der Betriebsrat bisher nicht zugestimmt hat. 23 Jedenfalls ist auch die erstmalige Zuordnung der Arbeitnehmer zum neuen zentralen Hub Teil der beabsichtigten Maßnahme. Insofern ist zu beachten, dass sich die Unterrichtung des Betriebsrats vom 10. April 2018 nicht darauf beschränkte, den Betriebsrat um Zustimmung zur Neuzuordnung der Arbeitnehmer von St nach Bö zu bitten. Vielmehr hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat dahingehend unterrichtet, dass die im Schreiben benannten Arbeitnehmer von ihren bisherigen Dienstorten B, I und M an den neuen Dienstort Bö versetzt werden, jedoch mit dem Angebot eines dauerhaften Home Office entsprechend der Konditionen aus der Vereinbarung im Interessenausgleich vom 17. Februar 2017, soweit sie noch in einem aktiven Arbeitsverhältnis mit der C stehen. Es geht weder um die Zustimmung des Betriebsrats zur Zuordnung der Arbeitnehmer zum Standort in St – diese Maßnahme hat sich zwischenzeitlich durch den Umzug erledigt -, noch um Zustimmung zu der Zuordnung nach Bö statt nach St. Da die zunächst von der Arbeitgeberin eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahren im Hinblick auf die Zuordnung nach St nicht mehr abgeschlossen werden konnten, ist Teil der beabsichtigten Maßnahme weiterhin auch die Umsetzung des Interessenausgleichs vom 17. Februar 2017, die sich nicht in der bloßen Neuzuordnung von bereits im dauerhaften Home Office befindlichen Arbeitnehmern an einen anderen Dienstort erschöpft. Selbst im Falle einer rechtskräftigen Stattgabe des Antrags der Arbeitgeberin besteht die Gefahr, dass sich der Betriebsrat aus anderen Gründen des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts an der beabsichtigten Maßnahme nach § 99 Abs. 1, § 95 Abs. 3 BetrVG berühmt.              Klose                  M. Rennpferdt                  Waskow                                    Mertz                  J. Glatt-Eipert" bag_3-21,23.02.2021,"23.02.2021 3/21 - Ruhegeld nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz Nach der Härtefallklausel in § 28 Hamburgisches Zusatzversorgungsgesetz (HmbZVG) kann die zuständige Behörde Unbilligkeiten und Härten ausgleichen, die sich im Einzelfall aus der Anwendung des Gesetzes ergeben. Eine solche Härte kann entstehen, wenn infolge eines Systemwechsels in der zugesagten Gesamtversorgung die Anrechnung einer fiktiven gesetzlichen Rente bei einer von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreiten Arbeitnehmerin zu unbilligen Ergebnissen führt. Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung. Die 1953 geborene Klägerin war seit dem 1. November 1973 bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt. Sie wurde mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Die Beklagte gewährte ihr zu einer privaten Lebensversicherung einen monatlichen Zuschuss. Seit dem 1. September 2018 bezieht die Klägerin eine Betriebsrente nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz, die sich aufgrund der Übergangsbestimmungen für rentenferne Rentengeldberechtigte (§§ 31, 30 HmbZVG) bis zum 31. Juli 2003 nach dem 1. Hamburger Ruhegeldgesetz (1. RGG) und für die Zeit danach nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz berechnet. Für die Berechnung des Grundruhegelds unterscheidet das Gesetz zwischen rentennahen Beschäftigten, welche vor dem 1. August 1948 geboren sind, und rentenfernen Beschäftigten, die danach geboren sind. Die Klägerin gehört zu den rentenfernen Beschäftigten. Für diese ist ergänzend auf § 18 Abs. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) verwiesen. Die Parteien streiten über die Anrechnung einer fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund Näherungsverfahrens nach § 31 Abs. 2 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f BetrAVG. Die Klägerin hält sie für gänzlich unberechtigt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Anrechnung einer fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 31 Abs. 2 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f BetrAVG für unzulässig erklärt. Die Revision der Beklagten war insoweit teilweise erfolglos. Die Beklagte ist nicht berechtigt, eine fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund Näherungsverfahrens nach § 31 Abs. 2 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. f BetrAVG anzurechnen. Allerdings muss sich die Klägerin – insoweit war die Revision der Beklagten erfolgreich – nach § 26 Abs. 8 des 1. RGG die Zuschussbeträge der Beklagten zu ihrer privaten Lebensversicherung anrechnen lassen. Bis zu ihrer der Übergangsbestimmung zugrundeliegenden Ablösung sah diese Vorschrift – für die Klägerin günstiger – eine Anrechnungsmöglichkeit der doppelten Summe der monatlichen Zuschussbeträge zu einer privaten Lebensversicherung mit dem Faktor 1,25 vH vor. Es spricht viel dafür, dass das Vertrauen der Klägerin in diese Regelung schutzwürdig ist und keine ausreichenden Gründe für eine Verschlechterung vorliegen. Jedenfalls ist eine Anwendung der Härtefallklausel nach § 28 HmbZVG im Einzelfall geboten. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin aufgrund ihres Status als koreanische Arbeitsmigrantin im Jahre 1973 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit werden konnte. Dem lag die Überlegung zugrunde, dass sie wieder nach Korea zurückkehren würde, ohne Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben. Diese der Anwerbepolitik zugrundeliegende Überlegung hat sich nicht verwirklicht. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Februar 2021 – 3 AZR 53/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 9. Januar 2020 – 8 Sa 31/18 –   Hamburgisches Zusatzversorgungsgesetz (HmbZVG) in Auszügen § 28 Härteausgleich 1Die zuständige Behörde kann etwaige Unbilligkeiten und Härten ausgleichen, die sich im Einzelfall aus der Anwendung des Gesetzes ergeben. ²Sie entscheidet in den Fällen des Satzes 1 nach pflichtgemäßem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der oder des Versorgten. …. … § 30 Übergangsvorschriften für rentennahe Beschäftigte unter dem Ersten Ruhegeldgesetz (1) Beschäftigte im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2, die vor dem 1. August 1948 geboren sind, erhalten im Versorgungsfall ein Ruhegeld, das sich abweichend von § 6 Absatz 1 Satz 1 aus einem Grundruhegeld für die bis zum Stichtag einschließlich geleistete Beschäftigungszeit und einem Zusatzruhegeld für die danach geleistete Beschäftigungszeit zusammensetzt. (2) 1Die Höhe des Grundruhegeldes wird abweichend von § 6 Absätze 1 und 2, §§ 7 und 8 mit folgenden Maßgaben nach dem am Stichtag geltenden Recht ermittelt. ²An die Stelle des Tages des Beginns der Ruhegeldzahlung in § 10 Absatz 6 1. RGG tritt der Stichtag nach dem vorliegenden Gesetz. ³Lohnersatzleistungen oder Verwendungseinkommen nach § 26a beziehungsweise § 27 Absatz 6 1. RGG sind nicht mitzuzählen. … § 31 Übergangsvorschriften für rentenferne Beschäftigte unter dem Ersten Ruhegeldgesetz (1) Für Beschäftigte im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2, die nach dem 31. Juli 1948 geboren sind, gilt § 30 Absätze 1 bis 3 entsprechend. (2)1Abweichend von § 30 Absatz 2 wird die Höhe des Grundruhegeldes jedoch nach § 18 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) in der am Stichtag geltenden Fassung ermittelt. ²In § 8 Absatz 3 Nummer 2 Satz 1 1. RGG treten an die Stelle eines Sechzigstels und fünf Kalenderjahren ein Achtundvierzigstel und vier Kalenderjahre. ³§ 8 Absatz 9 Satz 1 1. RGG findet keine Anwendung. … Erstes Ruhegeldgesetz (1. RGG) in Auszügen § 26 Mitzählende Renten und ähnliche Leistungen … (8) Haben Arbeitnehmer von der Freien und Hansestadt Hamburg einen Zuschuß zu den Prämien einer Lebensversicherung erhalten, zählen bei der Bemessung der Versorgung jeweils von der doppelten Summe der Zuschußbeträge monatlich mit: 1. bei Ruhegeldempfängern 1,25 vom Hundert, …","Tenor Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird – unter Zurückweisung ihrer Revisionen im Übrigen – das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. Januar 2020 – 8 Sa 31/18 – teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst: Auf die Berufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung ihrer Berufung im Übrigen – das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Mai 2018 – 9 Ca 17/18 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass die der Klägerin in Zeiten der Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit in den Kalenderjahren 2013 bis 2017 geleisteten Zulagen nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG berücksichtigungsfähig sind, sofern sie bei geleisteter Arbeit nach dieser Bestimmung berücksichtigungsfähig gewesen wären. Es wird festgestellt, dass die Beklagte bei der Berechnung der Betriebsrente der Klägerin nicht berechtigt ist, eine „fiktiv mitzählende Rente“ in Abzug zu bringen, soweit der Abzug den nach § 26 Abs. 8 des 1. RGG zu berechnenden Betrag übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 30 vH und die Beklagte 70 vH zu tragen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin nach Maßgabe des Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetzes (HmbZVG) und des Gesetzes über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Erstes Ruhegeldgesetz – 1. RGG). 2 Die im Januar 1953 in Korea geborene Klägerin war zunächst aufgrund befristeten Arbeitsvertrags ab dem 1. November 1973 und ab 1978 unbefristet bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt. Sie wurde auf ihren Antrag durch Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 9. September 1974 nach Art. 2 § 1 Abs. 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) mit Wirkung zum 1. November 1973 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Dafür nahm sie bei der I Lebensversicherungs-AG an einer Gruppenlebensversicherung teil. Die Beklagte zahlte der Klägerin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Arbeitgeberzuschuss zu den Versicherungsbeiträgen. 3 Am 7. März 2017 und am 17. Mai 2017 erteilte die Beklagte der Klägerin Auskunft über ihre Versorgung. Bei der Berechnung des Grundruhegelds für die Zeit bis zum 1. August 2003 nach dem Ersten Ruhegeldgesetz ging die Beklagte von einer berücksichtigungsfähigen Zulage nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 des 1. RGG iHv. 905,73 Euro aus (Zulagen 1999 – 2002: 58.616,40 Euro/48 Monate, gedeckelt auf 35 vH nebst Erhöhung um 4 vH) und gelangte zu einem Nettoversorgungsanspruch iHv. 2.035,62 Euro. Hiervon zog sie eine „mitzählende Rente“ iHv. 1.525,96 Euro ab, die sie auf 45 Jahre nach der folgenden, dem steuerlichen Näherungsverfahren entlehnten Formel berechnete: Bruttomonatseinkommen x Versicherungsjahre x Steigerungssatz x Zugangsfaktor x Korrekturfaktor / 12. Dies führte anteilig zu einer Altersrente nach dem Ersten Ruhegeldgesetz iHv. 332,56 Euro. 4 Für die ab dem 1. August 2003 zu berechnende Versorgung nach dem HmbZVG berücksichtigte die Beklagte Zulagen in den Jahren 2013 bis 2016 iHv. 50.727,23 Euro geteilt durch 48 und um 4 vH erhöht. Ausgehend hiervon berechnete sie einen Versorgungssatz von 7,5 vH auf 4.556,82 Euro und damit einen Versorgungsbetrag iHv. 341,76 Euro. Sie teilte der Klägerin zudem mit, die Berechnung der Zulagen nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz sei vorläufig, da das Jahr 2017 noch nicht abgeschlossen sei. In einem Schreiben vom 5. Oktober 2017 wies sie darauf hin, dass Aufschläge für Entgeltfortzahlung sowie Aufwandsentschädigungen nicht zu den zu berücksichtigenden Zulagen nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG gehörten. Seit dem 1. September 2018 bezieht die Klägerin eine entsprechende Versorgung. 5 Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe die ruhegeldfähigen Bezüge zur Bemessung des Zusatzruhegelds nach dem HmbZVG unzutreffend berechnet. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis einschließlich 31. Dezember 2016 seien insgesamt 58.250,18 Euro an „unständigen“ ruhegeldfähigen Zulagen zu berücksichtigen und nicht lediglich 50.727,23 Euro. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG seien auch „Aufschläge der Entgeltfortzahlung“ einzubeziehen. Dabei handele es sich um die Fortzahlung der im Fall der Arbeitsunfähigkeit entfallenden Zulagen als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ein Grund, warum es darauf ankommen solle, ob einem Mitarbeiter die Zulage als solche oder nur aufgrund des Entgeltfortzahlungsgesetzes gezahlt werde, sei nicht ersichtlich. Dies mache § 7 Abs. 2 Satz 2 HmbZVG besonders deutlich. Der Begriff „Entgelt für geleistete Arbeit“ in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG sei im Zusammenhang zu lesen. Aus dem Zusammenhang mit den in Nr. 1 geregelten Zulagen ergebe sich, dass nur Zahlungen außer Betracht bleiben sollten, die unabhängig von geleisteter Arbeit erfolgten. Die Höhe der Zulagen sei aber vom Umfang der Arbeitsleistung abhängig, die ohne die Arbeitsunfähigkeit zu erbringen sei. 6 Bei der Berechnung des Grundruhegelds sei keine fiktiv „mitzählende Rente“ aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen. Insoweit fehle es an einer Rechtsgrundlage. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG regele nur die Frage, wie eine Grundversorgung und nicht ob eine Grundversorgung anzurechnen sei. Die zu erwartende Lebensversicherungsrente liege deutlich unter der anzurechnenden gesetzlichen Rente. Eine Anrechnungsbefugnis ergebe sich auch nicht aus § 26 Abs. 8 des 1. RGG. Die Beklagte sei jedenfalls verpflichtet, die in § 28 HmbZVG enthaltene Härtefallregelung anzuwenden. 7 Die Zulagen aus den Jahren 1998 bis 2002 seien bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Einkommens zu Unrecht begrenzt worden. § 8 Abs. 3 Nr. 2 des 1. RGG verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Eine unangemessen hohe Zusatzversorgung infolge der Häufung von Mehrarbeit gegen Ende des Berufslebens werde bereits dadurch ausgeschlossen, dass Zuschläge und Zulagen aus den letzten 60 Monaten als Bezugsgröße berücksichtigt würden. Eine Kürzung ihres bereits erdienten Grundruhegelds auf 98,16 vH sei nur beim Vorliegen eines besonderen Sachgrunds zulässig. Ein solcher sei nicht gegeben. 8 Die Klägerin hat beantragt          1.     festzustellen, dass bei der Berechnung ihrer Betriebsrente sämtliche unständigen Zulagen einschließlich der Aufschläge Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen sind, so dass für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2016 unständige Zulagen in Höhe von 58.250,18 Euro zu berücksichtigen sind;          2.     festzustellen, dass bei der Berechnung ihrer Betriebsrente keine „fiktiv mitzählende Rente“ in Abzug zu bringen ist;          3.     festzustellen, dass bei der Berechnung ihrer unständigen Bezüge 1998 bis 2002 keine Kappungsgrenze zu berücksichtigen ist;          4.     festzustellen, dass beim Grundruhegeld die ruhegeldfähigen Bezüge nicht auf 98,16 vH abzusenken sind. 9 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, für eine Berücksichtigung der sog. Aufschläge der Entgeltfortzahlung fehle eine gesetzliche Grundlage; § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG biete hierfür keine Grundlage. Dem Gesetz sei auch nicht zu entnehmen, dass ein Gleichlauf zwischen den Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes und des Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetzes bestehen müsse. Der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 HmbZVG sei als Ausnahmeregelung zu entnehmen, dass Zeiten einer durch Krankheit oder Unfall verursachten Arbeitsunfähigkeit keinen Eingang in die Berechnung der ruhegeldfähigen Bezüge fänden. Auch § 10 HmbZVG verlange, zwischen den Begriffen „Arbeitsentgelt“ bzw. „Entgelt für geleistete Arbeit und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall“ zu unterscheiden. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Erkrankungen innerhalb des Entgeltfortzahlungszeitraums wirkten sich grundsätzlich nur geringfügig auf die Höhe der Zusatzversorgung aus, da es in der Regel nur um kurze Zeiträume gehe. 10 Durch den Verweis in § 31 Abs. 2 Satz 1 HmbZVG auf § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG bestimme sich die Anrechnung nach dem pauschalen Näherungsverfahren. Wegen § 31 Abs. 1 HmbZVG fänden auch bei rentenfernen Personen die Vorschriften des Ersten Ruhegeldgesetzes hinsichtlich der Berechnung des Grundruhegelds weiterhin Anwendung. § 26 Abs. 8 des 1. RGG regele das „Ob“ der Anrechnung der Leistungen aus einer privaten Lebensversicherung. Im Unterschied zu älteren Beschäftigten werde die Höhe der anzurechnenden Bezüge aus der privaten Lebensversicherung nicht nach den individuellen Verhältnissen berechnet. Dies entspreche den Regelungen zur Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 18 BetrAVG sei davon auszugehen, dass die Betriebsrente im öffentlichen Dienst auf einer Gesamtversorgung beruhe. Es bestehe ein anzuerkennendes Bedürfnis, Versorgungsbezüge aus einer befreienden Lebensversicherung pauschaliert und einheitlich zu bestimmen und dabei auf den einheitlichen Maßstab der gesetzlichen Rentenversicherung zurückzugreifen. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 28 HmbZVG seien nicht gegeben. Es handele sich nicht um einen unvorhergesehenen Einzelfall. Vielmehr sei die Anrechnung der fiktiv mitzählenden Rente bewusst abweichend geregelt. 11 Die Begrenzung der sonstigen Zulagen auf 35 vH der ruhegeldfähigen Bezüge gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 des 1. RGG sei rechtmäßig. Die Regelung solle verhindern, dass zufällig zum Ende des Berufslebens gehäufte Zulagen und Zuschläge ein unrealistisches Abbild des üblichen Einkommens ergäben. Ohne die Höchstgrenze würden Mitarbeiter bevorzugt, die allein wegen der in den letzten vier bzw. fünf Jahren geleisteten Überstunden, Mehrarbeit uä. einen Vorteil erhielten. Die von der Klägerin kritisierten Härten gingen mit der Gruppenbildung einher und seien bei typisierender Abschätzung wirtschaftlicher Nachteile und deren pauschalierendem Ausgleich unvermeidbar. Der Gesetzgeber sei insoweit nicht gehalten, die jeweiligen Nachteile individuell zu prognostizieren und auszugleichen. 12 Die Kürzung der ruhegeldfähigen Bezüge auf 98,16 vH gemäß § 8 Abs. 9a des 1. RGG begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der darin liegende Eingriff in die Versorgungsbezüge sei sachlich gerechtfertigt, da die Beklagte ansonsten unverhältnismäßig hohen Versorgungslasten ausgesetzt worden wäre. Ziel der Regelungen sei es, einem entstehenden Finanzierungsdefizit der Beklagten entgegenzuwirken und das Versorgungssystem insgesamt zu stabilisieren. Die gesetzliche Maßnahme sei auch nicht unverhältnismäßig, weil sich die monatliche Versorgung des einzelnen Beschäftigten hierdurch nur geringfügig reduziere. 13 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag zu 2. stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des die Klage insgesamt abweisenden arbeitsgerichtlichen Urteils. Beide Parteien begehren die Zurückweisung der gegnerischen Revision. Entscheidungsgründe 14 Die Revisionen der Parteien sind teilweise erfolgreich. Das Berufungsgericht hat den Antrag zu 1. der Klägerin zu Unrecht abgewiesen – er ist im ausgelegten Umfang begründet. Zu Recht hat es dem Antrag zu 2. dem Grunde nach stattgegeben, er ist indes nur teilweise begründet. Die Anträge zu 3. und 4. sind unbegründet. 15 A. Die Klage ist in ihren Feststellungsanträgen insgesamt zulässig. Die Klageanträge sind auf die Feststellung von Rechtsverhältnissen gerichtet und von dem erforderlichen Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO getragen. Der Antrag zu 1. bedarf der Auslegung. 16 I. Die vier Anträge der Klägerin sind auf die Feststellung von Rechtsverhältnissen bei der Berechnung der der Klägerin zustehenden betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten gerichtet. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die Klägerin ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Die Klägerin kann daher auch die Feststellung der für die Berechnung ihrer Betriebsrente maßgeblichen Werte verlangen (vgl. BAG 15. April 2014 – 3 AZR 288/12 – Rn. 32). 17 II. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da durch die Entscheidung über die vier Feststellungsanträge der bestehende Streit der Parteien insgesamt über die Berechnung der Betriebsrente beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 19. Februar 2019 – 3 AZR 219/18 – Rn. 15; 15. April 2014 – 3 AZR 288/12 – Rn. 33). 18 III. Der Antrag zu 1. ist nach seiner Auslegung hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er ist dahin auszulegen, dass die Klägerin die Berücksichtigung der in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und während der Entgeltfortzahlung geleisteten Zulagen in den Kalenderjahren 2013 bis 2017 verlangt, die bei geleisteter Arbeit nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG berücksichtigungsfähig gewesen wären. Der Zusatz „so dass“ und die folgenden Ausführungen sowie der Zeitraum sind lediglich exemplarisch und als Erläuterung des Hintergrunds des Streits der Parteien, und nicht als bestimmender integraler Bestandteil des Antrags zu verstehen. Der Klägerin geht es für die Beklagte erkennbar darum, dass die in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und der Entgeltfortzahlung von der Beklagten geleisteten Zulagen in den Jahren 2013 bis einschließlich 2017 von der Beklagten bei der Berechnung der Zusatzversorgung Eingang in die Berechnung ihres Versorgungsanspruchs finden, denn für diese Zeit wären sie nach dem Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz berücksichtigungsfähig. 19 B. Der Antrag zu 1. ist begründet. Der Antrag zu 2. ist teilweise begründet. Die Anträge zu 3. und 4. sind unbegründet. 20 I. Die Klägerin verlangt mit ihrem Antrag zu 1. zu Recht festzustellen, dass die in den Kalenderjahren 2013 bis 2017 in Zeiten der Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit geleisteten Zulagen nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG berücksichtigungsfähig sind, sofern sie bei geleisteter Arbeit nach dieser Bestimmung berücksichtigungsfähig gewesen wären. 21 1. Nach § 31 Abs. 1 HmbZVG gilt für die sog. rentenfernen Beschäftigten iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 HmbZVG, die – wie die Klägerin – nach dem 31. Juli 1948 geboren sind und am 31. Juli 2003 (Stichtag) unter das 1. RGG fielen, § 30 Abs. 1 bis 3 HmbZVG entsprechend. Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 HmbZVG wird die Höhe des Zusatzruhegelds ab dem Stichtag nach dem HmbZVG und damit für die Frage der ruhegeldfähigen Bezüge nach § 7 HmbZVG berechnet. 22 2. § 7 HmbZVG über ruhegeldfähige Bezüge hat auszugsweise folgenden Inhalt:          „(1) Ruhegeldfähige Bezüge der Beschäftigten sind          1. das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe, das zuletzt der Berechnung des Entgelts zugrunde gelegen hat,          …                 (2) 1Zu den ruhegeldfähigen Bezügen der Beschäftigten rechnen ferner          …                 2. ein Sechzigstel der Summe der in fünf Kalenderjahren vor dem Ausscheiden bezogenen sonstigen Zulagen und Zuschläge, die der oder dem Beschäftigten als Entgelt für geleistete Arbeit gewährt wurden, der Leistungsentgelte sowie der Entgelte für Überstunden, Mehrarbeit, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft. Der sich danach ergebende Betrag bleibt – mit Ausnahme der Leistungsentgelte – unberücksichtigt, wenn er 2,5 vom Hundert der ruhegeldfähigen Bezüge nach Absatz 1 unterschreitet oder soweit er diese um mehr als 35 vom Hundert überschreitet. Der verbleibende Betrag erhöht sich um 4 vom Hundert,          …                 2Haben Beschäftigte infolge einer durch Krankheit oder Unfall verursachten Arbeitsunfähigkeit nicht während der ganzen fünf Kalenderjahre vor dem Ausscheiden Entgelt bezogen, wird der zusätzliche Betrag statt nach Satz 1 Nummer 2 wie folgt errechnet: Die Summe der in fünf Kalenderjahren vor dem Ausscheiden gezahlten Zulagen und Zuschläge sowie der Entgelte im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 wird geteilt durch die Anzahl der vollen Kalendermonate, für die während dieser Jahre Entgelt gezahlt wurde.“ 23 3. Die Auslegung der Vorschrift ergibt, dass die der Klägerin in Zeiten der Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit geleisteten Zulagen nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG berücksichtigungsfähig sind, sofern sie bei geleisteter Arbeit nach dieser Bestimmung berücksichtigungsfähig gewesen wären. 24 a) Der Wortlaut des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG spricht bereits dafür, dass es nicht allein auf das Entgelt oder Zulagen für tatsächlich geleistete Arbeit ankommt und deshalb in Zeiten der Entgeltfortzahlung geleistete Zulagen außer Betracht bleiben müssen. Vielmehr spricht die Norm von Zuschlägen und Zulagen, die der Beschäftigten „als Entgelt für geleistete Arbeit“ gewährt wurden. Die Regelung stellt auf das gewährte Entgelt als Berechnungsgrundlage ab und rückt dabei den Rechtscharakter der Leistung und nicht die konkrete Zahlung in den Mittelpunkt. Zwar spricht die Regelung von der „geleisteten Arbeit“. Allerdings verlangt die Regelung keine „tatsächlich geleistete Arbeit“. Aus der Formulierung „als Entgelt für“ wird weiter deutlich, dass es auf den Entgeltcharakter der gewährten Leistung und nicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung ankommt. Darauf deuten auch die weiteren Beispiele der Entgelte für Überstunden, Mehrarbeit, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft hin. Sie haben ebenfalls Entgeltcharakter, werden aber teilweise zusätzlich oder unabhängig von der tatsächlichen Arbeitsleistung und ihrer Einordnung als Arbeitszeit vergütet – wie etwa das Entgelt für Rufbereitschaft. 25 b) Maßgeblich ist insbesondere auf die Systematik der Regelung in Abs. 2 Satz 1 und 2 abzustellen. Wenn der Gesetzgeber in Abs. 2 Satz 2 zugunsten des Versorgungsberechtigten Monate für die Berechnung berücksichtigungsfähiger Zulagen herausnimmt, in denen aufgrund Arbeitsunfähigkeit kein Entgelt bezogen wurde, ist es im Gegenschluss geboten, in Zeiten der Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit die in dieser Zeit tatsächlich gezahlten Zulagen mit Entgeltcharakter auch als Entgelt für geleistete Arbeit im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG zu berücksichtigen. Die Anwendung des Satzes 2 würde sonst Langzeiterkrankte gegenüber Kurzzeiterkrankten ohne erkennbaren oder sachlichen Grund bevorzugen. 26 c) Für dieses Verständnis spricht auch die vom Gesetzgeber in Satz 2 wegen der Bezugnahme auf Krankheitszeiten ohne Entgeltfortzahlung vorausgesetzte Regelung in § 4 Abs. 1, 1a EFZG, die den Arbeitgeber – mit Ausnahme von Aufwendungen – zur Fortzahlung des dem Arbeitnehmer zustehenden Arbeitsentgelts bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit einschließlich Zulagen und Zuschlägen verpflichtet (vgl. BAG 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 – Rn. 45, BAGE 161, 33; ErfK/Reinhard 21. Aufl. EFZG § 4 Rn. 12). Dabei ist besonders zu beachten, dass § 4 Abs. 1 EFZG vom Entgeltausfallprinzip geprägt ist (BAG 21. Oktober 1998 – 5 AZR 155/98 -). Das Entgelt – und damit auch die Zulagen – werden hier zwar nicht für tatsächlich geleistete, aber für tatsächlich zu leistende Arbeit gezahlt, die allein wegen der Arbeitsunfähigkeit nicht geleistet werden kann, § 3 Abs. 1 EFZG. Soweit die Entgeltfortzahlung daher auf dem Entgeltfortzahlungsgesetz beruht, ändert sich deshalb am Rechtscharakter einer Leistung nicht deshalb etwas, weil sie auch bei Krankheit weiter erbracht wird. 27 d) Dieses Verständnis entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Regelung, für die Berechnung des Zusatzruhegelds auf solche Zulagen abzustellen, die Entgeltcharakter haben, um die Arbeitsleistung zu honorieren und der Betriebsrentnerin die Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards im Alter aufgrund eines ermittelten Gesamtversorgungsbedarfs zu ermöglichen (vgl. BAG 8. Dezember 2020 – 3 AZR 437/18 – Rn. 56). Diesen Entgeltcharakter haben auch die Entgeltbestandteile, die in Zeiten der Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit geleistet werden. Der Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbZVG geht es – auch in Fällen der Entgeltfortzahlung – darum, Zulagen und Zuschläge zu berücksichtigen, die als Entgelt für zu leistende Arbeit und nicht aus sonstigen Zwecken geleistet werden. Zulagen und Zuschläge, die dem Arbeitnehmer als Entgelt für die Arbeitsleistung zufließen, finden damit grundsätzlich – auch während der Arbeitsunfähigkeit – Berücksichtigung. 28 e) Soweit die Beklagte auf § 10 HmbZVG abstellt, übersieht sie, dass die Norm in einem komplett anderen gesetzlichen Zusammenhang Beginn und Ende der Zahlung des Ruhegelds regelt. Das Anknüpfen an das Ende von Zahlungen des Arbeitsentgelts, der Entgeltfortzahlung bei Urlaub oder im Krankheitsfall soll allein das Entstehen von Doppelansprüchen ausschließen und hat nichts mit der Berücksichtigungsfähigkeit von Zulagen für geleistete Arbeit zu tun. 29 II. Der Antrag zu 2. ist dem Grunde nach begründet. Allerdings muss sich die Klägerin nach § 26 Abs. 8 des 1. RGG, der wegen der Härtefallklausel in § 28 HmbZVG im Einzelfall anzuwenden ist, die Leistungen der Beklagten zur Lebensversicherung anrechnen lassen. 30 1. Die Beklagte ist grundsätzlich nach § 31 Abs. 2 Satz 1 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG berechtigt, fiktive Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung in Abzug zu bringen. 31 a) § 31 Abs. 2 HmbZVG regelt im Zusammenspiel mit § 30 Abs. 2 HmbZVG einerseits und § 18 Abs. 2 BetrAVG in der am 31. Juli 2003 geltenden Fassung andererseits die Ermittlung der Höhe des Grundruhegelds abweichend von der für „rentennahe Beschäftigte“ im Sinne des § 30 HmbZVG geltenden Bestimmung in § 30 Abs. 2 HmbZVG im Ergebnis wie folgt: Für die Ermittlung des Grundruhegelds ist das am 31. Juli 2003 maßgebliche Recht zugrunde zu legen – das Erste Ruhegeldgesetz. Abweichungen gelten nach § 31 Abs. 2 Satz 2 HmbZVG. Auf der Basis dieses Rechts wird das Grundruhegeld nach den Regeln des § 18 Abs. 2 BetrAVG in der am 31. Juli 2003 geltenden Fassung ermittelt. Das ist die grundsätzliche Neufassung dieser Regelung durch Art. 1 Nr. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 21. Dezember 2000 (BGBl I S. 1914). Sie knüpft durch die Verweisung im Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetz an das Erste Ruhegeldgesetz mit den genannten Abweichungen an und bestimmt dadurch, wie aus diesem Gesetz das Grundruhegeld zu ermitteln ist. 32 b) Durch den Verweis in § 31 Abs. 2 Satz 1 HmbZVG auf § 18 Abs. 2 BetrAVG ist ausdrücklich geregelt, dass eine von § 26 Abs. 8 des 1. RGG abweichende Anrechnungspraxis gesetzlich vorgegeben ist. Dagegen spricht nicht, dass § 31 Abs. 2 Satz 2 HmbZVG für § 8 des 1. RGG ausdrücklich abweichende Regelungen vorsieht und in Satz 3 § 8 Abs. 9 Satz 1 des 1. RGG für nicht anwendbar erklärt. Diese Regelungen betreffen nur Ausnahmen der zugrunde zu legenden Vorschriften des Ersten Ruhegeldgesetzes und legen damit lediglich fest, in welcher Fassung dieses Gesetz bei der Anwendung von § 18 Abs. 2 BetrAVG heranzuziehen ist. 33 c) Die Anwendung des § 18 Abs. 2 BetrAVG in dieser Systematik entspricht auch dem gesetzgeberischen Willen. Der bis zum Stichtag erworbene Anspruch werde nach § 31 Abs. 2 HmbZVG abweichend von § 30 HmbZVG nicht nach Maßgabe individueller Gegebenheiten, sondern pauschaliert nach § 18 Abs. 2 BetrAVG festgestellt (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drs. 17/1659 S. 19). Damit werde der Umstand berücksichtigt, dass mit der zeitlichen Entfernung zum späteren Versorgungsbeginn der Grad der Unschärfe zunehme. Eine genaue und realitätsnahe Berechnung im Sinne von § 30 HmbZVG werde sich auf rentenferne Beschäftigte nicht mehr übertragen lassen. Die Verlässlichkeit der Berechnungen nehme stetig ab, so dass der Rückgriff auf § 18 Abs. 2 BetrAVG ein zulässiges Verfahren darstelle, einen pauschalierten Gesamtversorgungsanspruch zum Stichtag zu ermitteln. § 18 Abs. 2 BetrAVG ermögliche es darüber hinaus, Berechnungen des Grundruhegelds unter Zuhilfenahme der vorhandenen Abrechnungsdaten vorzunehmen. Für mehr als 15.000 Beschäftigte würden dabei die ruhegeldfähigen Bezüge zum 31. Dezember 2002 zugrunde gelegt. Dies trage auch dem Gedanken Rechnung, die gesetzlichen Regelungen im Sinne der Beschäftigten und der betroffenen Verwaltungsbereiche schnell, ökonomisch und effizient umzusetzen (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drs. 17/1659 S. 20). 34 d) Auch die Berechnung im öffentlichen Dienst nach § 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS spricht für die Anwendung des § 18 Abs. 2 BetrAVG. Wie § 79 Abs. 1 oder Abs. 1a VBLS verweist auch § 31 Abs. 2 Satz 1 HmbZVG auf die pauschalierte Berechnung nach § 18 Abs. 2 BetrAVG. 35 e) Das führt im Ergebnis dazu, dass nach § 31 Abs. 2 Satz 1 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG und § 26 Abs. 8 des 1. RGG eine nach dem dort vorgesehenen Verfahren, das letztlich das steuerrechtliche Näherungsverfahren meint, errechnete fiktive gesetzliche Rente als „mitzählende Rente“ iSv. § 26 des 1. RGG zu berücksichtigen ist. 36 Dass Leistungen der Beklagten als Zuschüsse zu den Prämien einer Lebensversicherung auch fiktiv anzurechnen sind, folgte bereits nach altem Recht aus § 26 Abs. 8 des 1. RGG. Nach § 30 Abs. 1, § 6 Abs. 1 iVm. § 26 Abs. 8 des 1. RGG wurde das Ruhegeld um bestimmte Beträge verringert, wenn der Arbeitgeber einen Zuschuss zu den Prämien einer Lebensversicherung geleistet hatte. Die konkret geleisteten Zuschussbeträge der Beklagten zur Lebensversicherung zählten bei der Bemessung der Versorgung mit der doppelten Summe der Beiträge monatlich mit 1,25 vH und waren in dieser Höhe auf den Versorgungsanspruch zum Stichtag anzurechnen. Eine solche Lebensversicherung stellt im Rahmen einer Gesamtversorgung eine Grundversorgung iSv. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG dar, weil die Gesamtversorgung nur zusätzlich zur und unter Anrechnung der Lebensversicherung gezahlt wird. Daher tritt nach dieser Bestimmung an die Stelle des Anrechnungsverfahrens nach dem Ersten Ruhegeldgesetz das für die Berechnung einer fiktiven gesetzlichen Rente nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG maßgebliche Näherungsverfahren. 37 2. Die Anwendung des § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG auf die Klägerin mit dem sog. Näherungsverfahren begegnet jedoch wegen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG 20. Februar 2020 – 1 BvR 2071/18 ua. -). Die Leistungen der nach § 26 Abs. 8 des 1. RGG grundsätzlich anzurechnenden privaten Lebensversicherung der Klägerin und die aufgrund der Beiträge der Beklagten zur Lebensversicherung nach dieser Regelung anrechenbare Beträge bleiben deutlich hinter den im Wege des § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG anzurechnenden fiktiven Leistungen zurück. Als die Änderung des 1. RGG zum 31. Juli 2003 in Kraft trat, hatte die zu diesem Zeitpunkt bereits seit knapp 30 Jahren bei der Beklagten beschäftigte Klägerin berechtigt auf die Anwendung des § 26 Abs. 8 des 1. RGG und die dort verankerte Berechnungsmethode für die Anrechnung ihrer Lebensversicherung vertraut. Die Anrechnung einer fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem deutlich höheren Betrag, den die Klägerin nicht erreichen konnte, da sie sich nicht mehr in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern konnte (zur Wirkung der Befreiung BSG 11. April 1984 – 12 RK 68/82 -), begründet einen erheblichen Eingriff in bereits erdiente Rechte der Klägerin (vgl. BAG 15. Januar 2013 – 3 AZR 169/10 – Rn. 51, BAGE 144, 160). 38 Zwingende Gründe für einen solchen Eingriff ergeben sich insbesondere nicht aus der Gesetzesbegründung (vgl. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drs. 17/1659 S. 19). Der Beklagten geht es um eine Verwaltungsvereinfachung, die bei einer weiteren Anwendung des § 26 Abs. 8 des 1. RGG nicht zwingend erforderlich wäre. Denn auch diese Vorschrift sieht einen einfachen Berechnungsweg vor, hinsichtlich dessen alle notwendigen Daten der Beklagten ohnehin vorliegen. Dass die gesetzlich vorgesehene Pauschalierung so unvertretbar günstig war, dass die Klägerin auf die Beibehaltung der Vorschrift nicht vertrauen durfte, ist nicht ersichtlich. 39 3. Die Frage, ob die (konkrete) Anrechnung der fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege des Näherungsverfahrens nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG auch im Fall der Klägerin verfassungsrechtlich zulässig ist, kann allerdings dahinstehen, da die Klägerin einen Anspruch nach der Härtefallklausel in § 28 Satz 1 und Satz 2 HmbZVG hat, dass § 26 Abs. 8 des 1. RGG weiterhin auf sie mit seiner ursprünglichen Anrechnungsregel zur Anwendung kommt. Nur die so berechneten Leistungen können vom Ruhegeld der Klägerin in Abzug gebracht werden. 40 a) Die zuständige Behörde kann nach der Härtefallklausel in § 28 HmbZVG etwaige Unbilligkeiten und Härten ausgleichen, die sich im Einzelfall aus der Anwendung des Gesetzes ergeben. Sie entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der oder des Versorgten. 41 b) Härtefallklauseln in Versorgungsregelungen sollen verhindern, dass die Anwendung der Ruhegeldregelungen in besonders gelagerten und nicht vorhersehbaren Einzelfällen – gerade auch bei Systemwechseln – zu Ergebnissen führt, die unangemessen erscheinen und nicht dem Sinn der Regelung entsprechen (BAG 15. Oktober 2013 – 3 AZR 294/11 – Rn. 49 mwN, BAGE 146, 200). Dabei geht es stets nur um die Abmilderung der Rechtsfolgen in Grenzfällen. Härtefallklauseln sind nicht dazu bestimmt, eine generelle Korrektur der Versorgungsgrundsätze oder gar eine Änderung des Regelungszwecks zu ermöglichen. Ihnen kann entnommen werden, dass es in erster Linie um die Modifikation der Anspruchshöhe geht, nicht jedoch um den Anspruch selbst (BAG 21. November 2006 – 3 AZR 672/05 – Rn. 33, BAGE 120, 222). 42 c) Danach kommt ein Härtefall in Betracht, wenn jemand über das angestrebte Regelungsziel hinaus erheblich nachteilig von einer beschränkenden Regelung betroffen wird (BAG 15. Oktober 2013 – 3 AZR 294/11 – Rn. 49 mwN, BAGE 146, 200). Ob von der in einer Härtefallklausel vorgesehenen Möglichkeit zur Ausnahmeentscheidung Gebrauch gemacht wird, steht nicht im freien Belieben des Verpflichteten, sondern unterliegt als Ermessensentscheidung einer Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB (BAG 14. November 2017 – 3 AZR 781/16 – Rn. 43 f., BAGE 161, 56; 15. Oktober 2013 – 3 AZR 294/11 – Rn. 49 mwN, aaO). 43 e) Diese Billigkeitsentscheidung obliegt grundsätzlich dem nach der Regelung Verpflichteten. Nach § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB wird die Bestimmung aber durch Urteil getroffen, wenn die Bestimmung vom Verpflichteten verzögert wird (vgl. BAG 3. August 2016 – 10 AZR 710/14 – Rn. 34, BAGE 156, 38). 44 aa) Das war hier der Fall. Auch nach der Aufforderung der Klägerin und der Geltendmachung im Verfahren hat sich die Beklagte wiederholt darauf berufen, wegen der gesetzlichen Vorgaben keine Billigkeitsentscheidung treffen zu müssen. Sie hat damit trotz der inzwischen eingetretenen Fälligkeit des Anspruchs der Klägerin auf Versorgung eine Entscheidung verweigert und damit verzögert. 45 bb) Da die Tatsachen für die zu treffende Billigkeitsentscheidung aufgrund der geleisteten Beiträge und Zuschüsse zur Lebensversicherung sowie aufgrund der ursprünglich bestehenden Regelung in § 26 Abs. 8 des 1. RGG feststehen, bestehen keine Bedenken, dass das Revisionsgericht diese Entscheidung anstelle der Beklagten trifft (vgl. BAG 23. Juni 2015 – 9 AZR 125/14 – Rn. 26; 21. Juli 2009 – 9 AZR 471/08 – Rn. 24). 46 e) Danach ist die Entscheidung der Beklagten, nicht gemäß § 28 HmbZVG von den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 HmbZVG iVm. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f BetrAVG zugunsten der Klägerin abzuweichen, nicht iSv. § 315 BGB zu billigen. Es besteht ein Härtefall im Sinne dieser Bestimmung, der zur Anwendung des vormaligen Rechts und damit einer Anrechnung nach § 26 Abs. 8 des 1. RGG führt. 47 aa) Die Berechnung der anzurechnenden gesetzlichen fiktiven Altersrente nach dem Näherungsverfahren berücksichtigt nicht ausreichend, dass die Klägerin zwar die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung nach Art. 2 § 1 AnVNG beantragt und erhalten hat, dies für sie im Einzelfall aber wegen der Neuregelung zum Stichtag zu erheblichen Härten führt. Anders als die Anrechnung nach § 26 Abs. 8 des 1. RGG führt die Anrechnung der fiktiven Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 18 BetrAVG zu einer deutlich höheren Minderung ihres Ruhegeldanspruchs nach dem Ersten Ruhegeldgesetz. 48 bb) Die Möglichkeit der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht beruhte im Fall der Klägerin auf Art. 2 § 1 Abs. 2 AnVNG. Der Gesetzgeber hatte sie geschaffen, um Angestellten, die im Dezember 1967 oder später aus dem Ausland in die Bundesrepublik zurückkehrten und nach dem bis dahin geltenden Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) versicherungsfrei oder nicht versicherungspflichtig waren, auf Antrag die Möglichkeit zu geben, durch den Abschluss einer befreienden Lebensversicherung weiter nicht der gesetzlichen Rentenversicherung zu unterliegen (zu BT-Drs. V/4474 S. 6, 7 und 17). Diese Möglichkeit wurde durch die Verwaltungspraxis auch auf angestellte Ausländer angewandt, die erstmals eine Arbeit in der Bundesrepublik aufnahmen (eindrücklich BSG 11. April 1984 – 12 RK 68/82 – den Fall einer koreanischen Krankenschwester betreffend). Für diesen Personenkreis war die Befreiung jedoch lediglich dann sinnvoll, wenn sie – ohne in Deutschland ein längeres Arbeitsleben zu verbringen – wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren oder weiter migrieren würden. Denn in diesen Fällen war der Zugriff auf eine Lebensversicherung möglich, wohingegen Anrechte auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausschieden, soweit die maßgebliche Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erreicht wurde. Die Wartezeit nach dem während der Anwerbephase anzuwendenden AVG betrug für die Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente jeweils 60 Monate (zuletzt § 24 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a und § 23 Abs. 3 AVG). Für das Altersruhegeld bei Erreichen des 65. Lebensjahres galt bis zum 31. Dezember 1983 eine Wartezeit von 180 Monaten, danach ebenfalls von 60 Monaten (die Wartezeit von 180 Monaten beruhte zunächst auf § 25 Abs. 4 AVG idF von Art. 1 AnVNG vom 23. Februar 1957, BGBl. I S. 88 und zuletzt auf § 25 Abs. 7 Satz 2 AVG in der durch Art. 1 § 2 Nr. 7 des Rentenreformgesetzes vom 16. Oktober 1972, BGBl. I S. 1965, geschaffenen Fassung; die Wartezeit wurde auf 60 Monate verkürzt durch Art. 2 Nr. 11 Buchst. c des Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983, BGBl. I S. 1532, in Kraft getreten nach seinem Art. 39 Abs. 1 am 1. Januar 1984; nunmehr gilt eine allgemeine Wartezeit von fünf Jahren, also 60 Monaten, nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Dauerte die Tätigkeit in Deutschland länger, wirkte sich die Befreiung negativ aus, weil sie nicht mehr rückgängig zu machen war, sobald sich dies abzeichnete (zur Wirkung der Befreiung BSG 11. April 1984 – 12 RK 68/82 -). 49 Dem entsprach es, dass – was ebenso wie die nachfolgend geschilderten Vorgänge allgemeinkundig ist – die Anwerbung koreanischer Krankenschwestern offiziell mit der Begründung, es werde Entwicklungshilfe geleistet, auf eine vorübergehende Tätigkeit ausgerichtet war (vgl. zu koreanischen Krankenschwestern die Schilderung bei Yoo Koreanische Immigranten in Deutschland – Interessenvertretung und Selbstorganisation – Diss. 1996 S. 25 f., die darauf hinweist, dass das Ausbildungsniveau koreanischer Krankenschwestern höher war als das der deutschen, weshalb die Tätigkeit in Deutschland bei einer Rückkehr nach Korea nicht förderlich bei der Arbeitssuche war, S. 26 und 29). Allerdings galt dies letztlich nur bedingt. In Wirklichkeit war die Dauer der Beschäftigung an der Verhinderung des Aufbaus von Ansprüchen in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgerichtet. 50 Der Einsatz koreanischer Krankenschwestern, auch der der Klägerin, die ihre Tätigkeit im Jahre 1973 aufnahm, erfolgte im Rahmen des „Programm(s) zur Beschäftigung examinierter koreanischer Krankenschwestern und Krankenpflegehelferinnen in deutschen Krankenhäusern“ für die Jahre 1971 bis 1974 (abgedruckt bei Hyun Die koreanischen Arbeitsmigranten in Deutschland – Diss. 2018 S. 367 ff.). Grundlage dafür war eine am 25. Juni 1970 in Seoul zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Korea Overseas Development Corporation unterzeichnete und im Juli 1970 vom Ministerrat der Koreanischen Regierung gebilligte „Note of Understanding“. Bei der Durchführung des Programms wurden die koreanische Regierung von der Korea Overseas Development Corporation und die deutschen Krankenhäuser von der Deutschen Krankenhausgesellschaft vertreten. Art. 11 Abs. 2 dieses Programms lautete:          „Der Arbeitsvertrag wird nach dem Eintreffen der von den deutschen Krankenhäusern zur Beschäftigung angenommenen koreanischen Krankenschwestern und/oder Krankenpflegehelferinnen in Deutschland mit Wirkung vom Tag des Eintreffens am Beschäftigungsort an für die Dauer von drei Jahren abgeschlossen. Er kann bis zu einer Gesamtdauer von 59 Monaten, in besonderen, vor allem in jenen Fällen, in denen sich die koreanischen Krankenpflegekräfte von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach deutschem Recht befreien lassen können, auch darüber hinaus verlängert werden.“ 51 Daraus ergibt sich, dass durch die Höchstbefristung von bis zu 59 Monaten ein Aufbau jeglicher Art von Rechten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen war, weil nicht einmal die Wartezeit von 60 Monaten, wie sie für die Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente galt, erreicht werden konnte. Eine Verlängerung des Aufenthalts war dann aber nicht etwa für Fälle vorgesehen, in denen eine Versicherungspflicht bestand und der weitere Einsatz zu Rechten in der gesetzlichen Rentenversicherung hätte führen können, sondern gerade dann, wenn dies wegen der Befreiung von der Versicherungspflicht nicht der Fall war. Insgesamt war der Einsatz koreanischer Krankenschwestern also so geregelt, dass er nicht auf eine gesetzliche Rente angelegt war. 52 Das führte nach dem Ersten Ruhegeldgesetz auch dann nicht zu Härten, wenn wegen des Ablaufs der zehnjährigen Wartezeit nach § 4 Abs. 1 des 1. RGG Versorgungsrechte nach dem Gesetz entstanden. Denn die zur Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht notwendige befreiende Lebensversicherung wurde in Anwendung der Vorschrift des § 26 Abs. 8 des 1. RGG nur in einer Form auf die Gesamtversorgung angerechnet, die auf die Bewertung gerade solcher Lebensversicherungen angelegt war. Durch die aus Anlass der Ablösung des Ersten Ruhegeldgesetzes erfolgende Ersetzung der auf die befreiende Lebensversicherung hin ausgelegten Anrechnungsregel durch die Anrechnung einer nach dem Näherungsverfahren berechneten fiktiven gesetzlichen Rente entstanden jedoch unbillige Härten iSv. § 28 Satz 1 HmbZVG: Es wird ein Personenkreis, nämlich die koreanischen Krankenschwestern, die nach der Grundlage ihres Einsatzes keine Rechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben konnten, so behandelt, als wäre er gesetzlich rentenversichert. Das ist – unabhängig davon, ob auf andere Migrantengruppen ähnliche Überlegungen zutreffen – eine einzelne Fallgruppe und nicht generell in der Ablösungsentscheidung des hamburgischen Gesetzgebers und der Anwendbarkeit von § 18 Abs. 2 BetrAVG angelegt. 53 cc) Die Anwendung des § 26 Abs. 8 des 1. RGG ist eine angemessene und billige, vom Gesetzgeber vorgegebene und damit passende Einzelfalllösung, die eher der auch von der Klägerin erhaltenen Leistung aus der Lebensversicherung entspräche. Auf diese Regelung konnte die Klägerin auch während des gesamten Arbeitsverhältnisses vertrauen und sich einstellen, also ihre Vorsorge entsprechend ausrichten. Die Anwendung der Regelung ist der Beklagten so zumutbar, wie ihre Anwendung bis zum Stichtag für die betroffenen Beschäftigten zumutbar war. Dass diese Regelung grundsätzlich angemessen ist, stellen die Parteien nicht in Zweifel. Die Berücksichtigung der Beiträge zur Lebensversicherung erfordert von der Beklagten keine zusätzlichen oder ihr unbekannte Berechnungen. Sie lässt sich genauso schnell, ökonomisch und effizient umsetzen wie die Anwendung des § 18 BetrAVG. 54 dd) Insoweit scheint es billig und angemessen, zum Stichtag § 26 Abs. 8 Satz 1 des 1. RGG auf die Klägerin anzuwenden. 55 III. Der Antrag zu 3. ist unbegründet. Die Begrenzung der Zulagen aus den für die Berechnung des anteiligen Ruhegelds nach dem Ersten Ruhegeldgesetz auf 35 vH aufgrund § 8 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 des 1. RGG iVm. § 31 Abs. 2 Satz 2 HmbZVG ist zulässig. Die Begrenzung verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Für einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bestehen keine Anhaltspunkte, jedenfalls besteht ein etwaig erforderlicher sachlicher Grund. 56 1. § 8 Abs. 3 des 1. RGG hat in Auszügen folgenden Wortlaut:          „Zu den ruhegeldfähigen Bezügen der Arbeitnehmer rechnen ferner          …                 2. ein Sechzigstel der Summe der in den fünf Kalenderjahren vor dem Ausscheiden bezogenen sonstigen Zulagen und Zuschläge, die dem Arbeitnehmer als Entgelt für geleistete Arbeit gewährt wurden, der Leistungsprämien sowie der Vergütungen und Löhne für Überstunden, Mehrarbeit, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft. Der sich danach ergebende Betrag bleibt – mit Ausnahme der Leistungsprämien – unberücksichtigt, wenn er 2,5 vom Hundert der ruhegeldfähigen Bezüge nach den Absätzen 1 und 2 unterschreitet oder soweit er diese um mehr als 35 vom Hundert überschreitet. Er erhöht sich um 4 vom Hundert,          …“     57 2. § 31 Abs. 2 Satz 2 HmbZVG modifiziert den Zeitraum des § 8 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 des 1. RGG bereits dahingehend, dass an die Stelle eines Sechzigstels und fünf Kalenderjahren ein Achtundvierzigstel und vier Kalenderjahre treten. Diese Begrenzung übersieht die Klägerin in ihrem Antrag, ohne sich aber konkret dagegen zu wenden. 58 3. Die Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Zulagen und Zuschläge für geleistete Arbeit in den vier letzten Kalenderjahren vor dem Stichtag auf 35 vH der ruhegeldfähigen Bezüge ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. 59 a) Die betriebliche Altersversorgung wird vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst (BVerfG 20. Februar 2020 – 1 BvR 2071/18 ua. – Rn. 4). Nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung schließt der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz des Art. 14 GG für Renten- und Rentenanwartschaftsrechte aufgrund des ausgeprägten sozialen Bezugs eine Umgestaltung, Kürzung und Beschränkung nicht schlechthin aus. Soweit daraus Nachteile für die Versicherten entstehen, ist dies am rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu messen. Dieser Grundsatz hat in Art. 14 Abs. 1 GG für vermögenswerte Güter eine eigene Ausprägung erfahren. Wenn gerügt wird, das Vertrauen auf den Fortbestand einer günstigeren Rechtslage sei verletzt worden, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht Art. 14 GG der Prüfungsmaßstab; dahinter tritt die verfassungsrechtliche Prüfung zur unechten Rückwirkung zurück. Ist insofern schützenswertes Vertrauen begründet, kann eine Änderung bisheriger Regeln nur gerechtfertigt sein, wenn die Neuregelung einem Gemeinwohlzweck dient und den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügt (BVerfG 20. Februar 2020 – 1 BvR 2071/18 ua. – Rn. 6). 60 b) Diesen Anforderungen genügt die Kappungsregelung für Zulagen und Zuschläge auf 35 vH. Sie wurde durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Ruhegeldgesetzes vom 5. Dezember 1984 (HmbGVBl. I S. 255) eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt konnten sich die Klägerin und andere Arbeitnehmer noch hinreichend auf diese Änderung einstellen, da sie nur die letzten fünf bzw. vier Jahre ihres Arbeitsverhältnisses betraf. Die Verkürzung durch § 31 Abs. 2 Satz 2 HmbZVG hat diese Begrenzung nicht verstärkt, sondern nur den Bemessungszeitraum verkürzt. Hiergegen hat die Klägerin nichts einzuwenden. Die Betrachtung über einen Zeitraum von vier bzw. fünf Jahren führt zudem durch den langen Berechnungszeitraum zu einer erheblichen, die Arbeitnehmer schützenden Nivellierung. Anreize für Überstunden und Mehrarbeit vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Altersgründen sollen wegfallen. 61 Eine ähnliche Nivellierung bestand zudem bereits zuvor bezogen auf Mehrarbeit und Überstunden. Die Verlängerung des Bezugszeitraums von ursprünglich 12 Monaten auf 60 Monate durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Ruhegeldgesetzes vom 25. Oktober 1976 (GVBl. I S. 207) sollte ausschließen, dass mit dem Ziel der Verbesserung der zu erwartenden Versorgung im letzten Kalenderjahr „in einem nicht zu vertretenden Ausmaß“ Überstunden und Mehrarbeit geleistet würden (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drs. 8/1886 S. 3). Damit dient die gesetzliche Regelung dem Überforderungs- und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Dieses Anliegen ist ein legitimes sozialpolitisches Ziel, das auch für die Kappungsregelung gilt. Der Versorgungsgeber ist zudem grundsätzlich frei, bei der Zusage der Versorgung zu bestimmen, welche Gehaltsbestandteile in welchem Umfang in die Bemessungsgrundlage des Ruhegelds einfließen. Dies gilt auch, wenn zu einem Stichtag die bisherige Versorgungsberechnung eingefroren werden soll. 62 c) Wie der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts bereits zu der Regelung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 des 1. RGG ausgeführt hat, können die Zuschläge bei der Bemessung des Ruhegelds in zulässiger Weise nur in beschränkter Höhe berücksichtigt werden. Die Regelungen enthalten keinen verfassungswidrigen Eingriff in die durch Art. 14 GG geschützten Eigentumsrechte, sondern eine nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Inhaltsbestimmung. Unständige Entgeltbestandteile sollen mit Ausnahme der Leistungsprämien nicht in so weitgehendem Umfang den für die Zusatzversorgung maßgebenden Lebensstandard prägen. Dies ist eine dem Gesetzgeber zustehende sozialpolitische Entscheidung (vgl. BAG 12. März 1996 – 3 AZR 963/94 – zu II 4 b der Gründe). Dabei sind 35 vH der Grundvergütung der zu berücksichtigenden Zulagen und Zuschläge bei einem Zeitraum von vier bzw. fünf Jahren ein zumutbarer Betrag, auf den sich Arbeitnehmer einrichten können. Zwar verliert die Klägerin konkret 1/3 des Umfangs ihrer grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Zulagen, bezogen auf den insgesamt für die Versorgung zu berücksichtigenden Betrag geht es allerdings lediglich um einen Anteil von 9,44 vH. Diese Typisierung kann der Gesetzgeber vornehmen. 63 4. Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei wegen der Zulagen mit anderen Tarifgruppen vergleichbar und werde diesen gegenüber entgegen Art. 3 Abs. 1 GG schlechter behandelt, ergibt sich dies nicht aus dem Ersten Ruhegeldgesetz. Die Unterscheidung der Tabellenentgelte und der Tarifgruppen folgt allein aus dem Tarifvertrag. Anhaltspunkte, diese Gruppenbildung verstieße – in dem hier maßgeblichen Punkt – gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sind nicht dargetan. Jedenfalls liegt auch insoweit wegen der zulässigen sozialpolitischen Entscheidung des Gesetzgebers ein sachlicher Grund vor. 64 IV. Der Antrag zu 4. ist – wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat – unbegründet. Mit diesem Antrag wendet sich die Klägerin ohne Erfolg gegen eine „Absenkung ihrer ruhegeldfähigen Bezüge auf 98,16 vH“ auf der Grundlage von § 8 Abs. 9a des 1. RGG. 65 1. § 8 Abs. 9a des 1. RGG findet auf die Klägerin auf der Grundlage von § 31 Abs. 1, § 30 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HmbZVG für die Berechnung des bis zum Stichtag maßgeblichen Grundruhegelds Anwendung. 66 2. § 8 Abs. 9a des 1. RGG hat folgenden Inhalt:          „1Den für die Ermittlung der ruhegeldfähigen Bezüge nach den Absätzen 1 bis 9 maßgebenden Beträgen sind als Basis die Lohn- und Vergütungstarifverträge nach dem Stand 1. April 1999 zu Grunde zu legen. 2Diese Beträge werden jeweils zu demselben Zeitpunkt um einen entsprechenden Vomhundertsatz erhöht oder vermindert, um den die Vergütungen und Löhne der hamburgischen Arbeitnehmer, soweit diese auf der Grundlage eines Vergütungstarifvertrages zum Bundes-Angestelltentarifvertrag oder eines Hamburger Monatslohntarifvertrages berechnet sind, infolge von Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse allgemein erhöht oder vermindert werden. 3Die Höhe der Anpassung bemißt sich nach dem Vomhundertsatz der jeweiligen Tarifanpassung, für die Jahre 2000 und 2001 jedoch höchstens nach dem Vomhundertsatz, um den sich die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung verändern. 4Der sich nach Satz 3 jeweils ergebende maßgebende Bemessungsfaktor für die Berechnung der ruhegeldfähigen Bezüge im Sinne der Sätze 1 und 2 wird jeweils von der zuständigen Behörde festgesetzt. 5Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für in festen Beträgen ausgewiesene Zulagen.“ 67 3. Der danach für die Klägerin maßgebliche Berechnungsfaktor von 98,16 vH ihres letzten maßgeblichen Grundgehalts iSv. § 8 des 1. RGG kann als Eingriff in von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechte gerechtfertigt werden. 68 a) Neben den bereits dargestellten verfassungsrechtlichen Erwägungen ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass jedem Gesetz oder Tarifvertrag ein Änderungsvorbehalt immanent ist. Der Gesetzgeber darf auch Ansprüche zur Alterssicherung umgestalten und unter bestimmten Voraussetzungen auch kürzen und beschränken. Grundsätzlich müssen Anspruchsberechtigte zudem mit Änderungen einer Anwartschaft bis zum Zeitpunkt ihres Erstarkens zum Vollrecht rechnen. Sogar bei Versicherungsleistungen mit nicht unerheblichen Eigenleistungen gehört weder die konkrete Beitragshöhe noch die konkrete Leistung zu dem von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Inhalt einer Anwartschaft (BVerfG 20. Februar 2020 – 1 BvR 2071/18 ua. – Rn. 12). 69 b) Selbst wenn davon auszugehen ist, dass ein schützenswertes Vertrauen begründet und enttäuscht worden wäre, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn dies durch Gründe des Allgemeinwohls für gerechtfertigt erachtet wird. Dagegen spricht nicht, wenn die anwendbare Regelung zur betrieblichen Altersversorgung anders als die gesetzliche Rente nicht große Teile der Allgemeinheit betrifft, sondern allein Beschäftigte eines bestimmten Bereichs, wenn hinter der Änderung ein entsprechend gemeinwohlorientiertes Ziel steht (vgl. BVerfG 20. Februar 2020 – 1 BvR 2071/18 ua. – Rn. 13). 70 c) Es steht mit verfassungsrechtlichen Maßgaben in Einklang, wenn zur Anpassung an veränderte gesellschaftliche und wirtschaftliche Verhältnisse auch versicherungsrechtliche Positionen angleich- und austauschbar gestaltet werden (BVerfG 20. Februar 2020 – 1 BvR 2071/18 ua. – Rn. 15). Bei der Zumutbarkeit ist zu berücksichtigen, dass in Anwartschaften die Möglichkeit der Änderung bereits in gewissen Grenzen angelegt ist. Auch das Grundrecht auf Eigentum schützt zwar unverfallbare Anwartschaften, jedoch ebenfalls nicht in einer konkreten Höhe. Eine verfassungsrechtlich anders zu beurteilende sprunghafte und willkürliche Veränderung bisheriger Regeln liegt nicht vor (BVerfG 20. Februar 2020 – 1 BvR 2071/18 ua. – Rn. 17). 71 d) Nach diesen Grundsätzen ist die Regelung in § 8 Abs. 9a des 1. RGG bezogen auf die Anwartschaftsberechtigten – wie die Klägerin – verhältnismäßig. 72 aa) In der Mitteilung des Senats zur Begründung des Abs. 9a (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drs. 16/3734 S. 2 f.) geht der Hamburgische Gesetzgeber davon aus, dass durch Art. 22 des Haushaltssanierungsgesetzes (HSanG) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2534, 2542) im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Änderungen im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommen worden sind. Durch diese Änderungen werde der aktuelle Rentenwert anlässlich der nächsten Anpassungszeitpunkte, das sind der 1. Juli 2000 und der 1. Juli 2001, nicht – wie im SGB VI generell vorgesehen – entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts erhöht, sondern jeweils in dem Verhältnis, in dem der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet des jeweils vergangenen Kalenderjahres von dem Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet im jeweils vorvergangenen Kalenderjahr abweicht. Damit sollten sowohl die bereits vorhandenen als auch die künftigen Rentnerinnen und Rentner an der solidarischen Anstrengung der ganzen Gesellschaft beteiligt werden, zu sparen und insbesondere die Altersvorsorge langfristig zu sichern. 73 Die Rentenanpassung werde im Jahr 2000 voraussichtlich 0,7 vH und im Jahr 2001 voraussichtlich 1,6 vH betragen, was eine Absenkung des Rentenniveaus von 70 auf 67 vH bedeuten würde. Die endgültigen Anpassungssätze würden jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres auf der Grundlage der Daten des Statistischen Bundesamtes durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates mit Wirkung zum 1. Juli jeden Jahres festgesetzt. Die unveränderte Beibehaltung des geltenden Gesamtversorgungssystems des Ersten Ruhegeldgesetzes würde dazu führen, dass die – abgesenkte – Rente durch das Ruhegeld aufgefüllt werden würde. Dies solle mit dem Gesetz vermieden werden. Da eine rückwirkende Verringerung der Leistungen nach den Zusatzversorgungsregelungen rechtlich nicht zulässig sei, müssten die Ruhegeldgesetze vor dem und spätestens mit Wirkung vom 1. April 2000 geändert werden. Andernfalls müsse damit gerechnet werden, dass die Bezüge sowohl der vorhandenen als auch der künftigen Versorgungsberechtigten infolge der zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich in Kraft tretenden Tarifanpassung aufgrund der Ergebnisse der Tarifrunde 2000 bereits um einen unverhältnismäßig höheren Prozentsatz angehoben würden als die Renten aufgrund der zum 1. Juli 2000 in Kraft tretenden Rentenanpassung (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drs. 16/3734 S. 4). 74 Für vorhandene (aktive) Beschäftigte, dh. für künftige Versorgungsberechtigte, seien ohne weitere Änderung des 1. RGG ruhegeldfähige Bezüge grundsätzlich die Bezüge, die sie zuletzt bezogen haben. Sie nähmen demgemäß als Beschäftigte an den jeweiligen künftigen Tarifanpassungen teil und träten auch mit diesen Bezügen in den Ruhestand über. Diese Bezüge seien dann Grundlage für die Berechnung des Gesamtbetrags. Es stehe also dem aufgrund der Tarifanpassungen erhöhten Gesamtbetrag die durch die Rentenanpassungen in den Jahren 2000 und 2001 im Niveau abgesenkte – weil nur um den Inflationsausgleich erhöhte – Rente gegenüber. Das bedeute, auch bei künftigen Versorgungsfällen gliche das Ruhegeld nach dem 1. RGG das Renten„opfer“ aus. Dem Problem solle begegnet werden, indem die ruhegeldfähigen Bezüge anders definiert würden. Diese sollten nicht mehr – wie derzeit grundsätzlich – die letzten (aktuellen) Bezüge sein, sondern die entsprechenden Bezüge vom Stand 1. April 1999 (letzte Tarifanpassung), die in den Jahren 2000 und 2001 nicht um die Vomhundertsätze der Tarifanpassung, sondern nur um die Vomhundertsätze der Anpassung der gesetzlichen Renten in den Jahren 2000 und 2001 erhöht würden. Von 2002 an würden wieder die zwischen den Tarifparteien jeweils ausgehandelten Vomhundertsätze gelten. Die Änderung bedeute, dass für die nach der Gesetzesänderung in den Ruhestand übertretenden Beschäftigten ein Bemessungsfaktor für die Berechnung der ruhegeldfähigen Bezüge festgesetzt werde, der sich nach dem Verhältnis der Tarifanpassungen zu den Rentenanpassungen 2000 und 2001 ergebe (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drs. 16/3734 S. 3). Ohne die vorgeschlagene Änderung der Ruhegeldgesetze entstünden Mehrkosten in Höhe von rd. 225.000,00 DM jährlich pro 0,1 %-Punkt Differenz zwischen Rentenanpassung und Tarifanpassung. Bei einer Differenz von zum Beispiel 1%-Punkt wären das 2.250.000,00 DM jährlich (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drs. 16/3734 S. 4). 75 bb) Vor diesem gesetzgeberischen Hintergrund ist die gesetzliche Regelung durch ein legitimes Ziel getragen und den Beschäftigten zumutbar. Die zusätzlichen Kosten, die sich aus der Änderung des gesetzlichen Rentenrechts ergeben, auf die die Beklagte keinen Einfluss hat, rechtfertigen den begrenzten Eingriff. 76 Es ist nachvollziehbar und legitim, dass der eine Gesamtversorgung zusagende öffentliche Arbeitgeber auf gesetzliche Veränderungen bei der anzurechnenden Sozialversicherungsrente reagiert und das Risiko nicht vorhergesehener Verschlechterungen der gesetzlichen Rente nicht in vollem Umfang übernehmen möchte. In Anbetracht der erheblichen Kosten, die ein Auseinanderfallen des Rentenanpassungsfaktors und der Tarifentwicklung für die Beklagte bedeuten würde, ist die Maßnahme auch angemessen und zumutbar. Zudem hat der Hamburger Senat die Gewerkschaften im Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Er nimmt auch nicht mehr Einschnitte vor als erforderlich, sondern begrenzt sich genau auf die Veränderungen der gesetzlichen Rente. 77 Der Eingriff ist auch maßvoll. Da den Beschäftigten nach den Jahren 2000 und 2001 wieder eine Dynamik nach der tarifvertraglichen Entwicklung gesetzlich zugesagt ist bzw. fortbesteht, entwickelt sich ihr Versorgungsanspruch nach dieser Zeit entsprechend weiter. Zwar wird das Tarifgehalt zum 1. April 1999 festgesetzt, allerdings nimmt es nach 2001 wieder an der Tarifentwicklung teil. Zudem erhalten die Arbeitnehmer in den Jahren 2000 und 2001 jedenfalls die positive prozentuale Entwicklung der gesetzlichen Renten. Im Grunde wird den Beschäftigten allein die Tariferhöhung der Tarifgehälter in den Jahren 2000 und 2001 verwehrt, aber durch die prozentuale Entwicklung der gesetzlichen Rente eine ausreichende Dynamik abgesichert. 78 Die behördliche Festsetzung des Versorgungsgrads nach Satz 4 ist unproblematisch. Sie ist offenkundig nicht konstitutiv, sondern wirkt nur deklaratorisch und dient der Transparenz der gesetzlichen Regelung bei der Berechnung der Altersrente. Die Bedenken der Klägerin an der schweren Verständlichkeit der Regelung – was offenbar auch ihrer Verzahnung mit der gesetzlichen Rentenversicherung geschuldet ist – wird hierdurch erheblich abgemildert. Die Arbeitnehmer können sich damit auf einen bestimmten Versorgungsgrad einstellen. 79 Das Bundesverfassungsgericht hat seinerseits die Regelungen des HSanG, die zur Begrenzung der Entwicklung der gesetzlichen Rente geführt haben, gebilligt. Gesetzliche Maßnahmen, die der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung dienen, seien von einem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen und verhältnismäßig (BVerfG 26. Juli 2007 – 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07 – Rn. 51 – 55). Auch auf diese Wertung kann sich der Hamburgische Gesetzgeber stützen. 80 C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.              Zwanziger                  Roloff                  Günther-Gräff                                    C. Reiter                  Böning" bag_31-21,13.10.2021,"13.10.2021 31/21 - Betriebsrisiko und Lockdown Muss der Arbeitgeber seinen Betrieb aufgrund eines staatlich verfügten allgemeinen „Lockdowns“ zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorübergehend schließen, trägt er nicht das Risiko des Arbeitsausfalls und ist nicht verpflichtet, den Beschäftigten Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu zahlen. Die Beklagte betreibt einen Handel mit Nähmaschinen und Zubehör und unterhält in Bremen eine Filiale. Dort ist die Klägerin seit Oktober 2019 als geringfügig Beschäftigte gegen eine monatliche Vergütung von 432,00 Euro im Verkauf tätig. Im April 2020 war das Ladengeschäft aufgrund der „Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen, Zusammenkünften und der Öffnung bestimmter Betriebe zur Eindämmung des Coronavirus“ der Freien Hansestadt Bremen vom 23. März 2020 geschlossen. Deshalb konnte die Klägerin nicht arbeiten und erhielt auch keine Vergütung. Mit ihrer Klage hat sie die Zahlung ihres Entgelts für den Monat April 2020 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs begehrt. Sie hat gemeint, die Schließung des Betriebs aufgrund behördlicher Anordnung sei ein Fall des von der Beklagten als Arbeitgeberin zu tragenden Betriebsrisikos. Dagegen hat die Beklagte Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die von der Freien Hansestadt Bremen zur Pandemiebekämpfung angeordneten Maßnahmen beträfen das allgemeine Lebensrisiko, das nicht beherrschbar und von allen gleichermaßen zu tragen sei. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Klägerin hat für den Monat April 2020, in dem ihre Arbeitsleistung und deren Annahme durch die Beklagte aufgrund der behördlich angeordneten Betriebsschließung unmöglich war, keinen Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Der Arbeitgeber trägt auch nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn – wie hier – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiert sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Es ist Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile – wie es zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgt ist – zu sorgen. Soweit ein solcher – wie bei der Klägerin als geringfügig Beschäftigter – nicht gewährleistet ist, beruht dies auf Lücken in dem sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Aus dem Fehlen nachgelagerter Ansprüche lässt sich jedoch keine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers herleiten. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2021 – 5 AZR 211/21 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 23. März 2021 – 11 Sa 1062/20 –","Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 23. März 2021 – 11 Sa 1062/20 – aufgehoben. 2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Verden vom 29. September 2020 – 1 Ca 391/20 – abgeändert und die Klage abgewiesen. 3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Leitsatz Die im Rahmen eines allgemeinen „Lockdowns“ zur Bekämpfung der Corona-Pandemie staatlich verfügte vorübergehende Betriebsschließung ist kein Fall des vom Arbeitgeber nach § 615 Satz 3 BGB zu tragenden Betriebsrisikos. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über Vergütung für den Monat April 2020. 2 Die Beklagte betreibt einen Handel mit Nähmaschinen und Zubehör mit einem Hauptgeschäft in V und einer Filiale in Bremen. In letzterer ist die Klägerin im Rahmen ihrer Elternzeit seit Oktober 2019 als geringfügig Beschäftigte gegen eine monatliche Vergütung von 432,00 Euro im Verkauf tätig. 3 Die Filiale war im April 2020 aufgrund Ziff. 1 Buchst. d der „Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen, Zusammenkünften und der Öffnung bestimmter Betriebe zur Eindämmung des Coronavirus der Freien Hansestadt Bremen“ vom 23. März 2020 (iF Allgemeinverfügung) geschlossen. In der Allgemeinverfügung heißt es auszugsweise:          „Die Voraussetzungen für das gegenständliche Verbot ergeben sich aus § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 IfSG und sind vorliegend gegeben. (…)          Bei SARS-Cov-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG. Daneben wurden im Bremen bereits mehrere erkrankte, krankheitsverdächtige und krankheitsgefährdete Personen im Sinne des § 2 Nr. 4, 5 und 7 IfSG identifiziert.          Die in Ziffer 1 enthaltenen Regelungen sind zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich. Sie orientieren sich eng an den Empfehlungen des Kabinettsausschusses der Bundesregierung vom 16. März 2020 und an den Ergebnissen der gestrigen Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten/Bürgermeistern der Bundesländer zum einheitlichen Vorgehen zur weiteren Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Bereich.          Die in Ziffer 1 benannten Betriebe, Tätigkeiten und Zusammenkünfte weisen ein besonderes Infektionsrisiko für teilnehmende Personen oder Gäste auf. Sie zeichnen sich insgesamt durch ein enges Beisammensein oder besondere Voraussetzungen für die Übertragung des Virus aus. Sie sind deshalb auf das absolut notwendige Mindestmaß zu reduzieren. (…)          Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet. Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen sind angesichts der ernsten Lage inakzeptabel und unzulässig. (…) In der Öffentlichkeit ist, wo immer möglich, zu anderen als den vorgenannten Personen ein Mindestabstand von mindestens 1,5 Metern einzuhalten. (…)          Ziel der Allgemeinverfügung ist es, die Übertragungswege von SARS-CoV-2 zu unterbrechen, das Risiko von Infektionen einzudämmen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens aufrechtzuerhalten. Um dies sicherzustellen, ist das hier verfügte Verbot erforderlich und geboten. Mildere, gleichwirksame Mittel zur Erreichung dieses Zwecks sind nicht ersichtlich. Die bisher verfügten individuellen Maßnahmen sind nicht ausreichend, um der weiteren Verbreitung des Virus entgegenzuwirken. (…)          Die Allgemeinverfügung ist auch angemessen, da die hiermit vorgenommenen notwendigen Grundrechtsbeschränkungen vorliegend nicht außer Verhältnis zu dem in der Allgemeinverfügung angestrebten Schutz von Leben, Leib und Gesundheit der Bevölkerung stehen.“ 4 Die Beklagte zahlte der Klägerin für den Monat April 2020 keine Vergütung. Ohne die staatlich verfügte Schließung des Ladenlokals der Beklagten hätte die Klägerin in diesem Monat gearbeitet und 432,00 Euro verdient. 5 Nachdem vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen scheiterten, hat die Klägerin am 19. August 2020 Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs erhoben. Sie hat im Wesentlichen gemeint, die Schließung des Betriebs aufgrund behördlicher Anordnung sei nach der Betriebsrisikolehre ein Fall des von der Beklagten als Arbeitgeberin gemäß § 615 Satz 3 BGB zu tragenden Betriebsrisikos. Dies gelte auch dann, wenn die Maßnahme im Rahmen der Bekämpfung der Corona-Pandemie erfolge. 6 Die Klägerin hat beantragt          die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 432,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2020 zu zahlen. 7 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und im Wesentlichen gemeint, es entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, dass der Arbeitgeber im Rahmen des § 615 Satz 3 BGB jedwedes Risiko zu tragen habe. Die behördlich angeordnete flächendeckende Schließung von Verkaufsstellen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie betreffe das allgemeine Lebensrisiko, das nicht beherrschbar und von allen gleichermaßen zu tragen sei. 8 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt. Entscheidungsgründe 9 Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben, sie ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung für den Monat April 2020. 10 I. Ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung wegen Annahmeverzugs aus § 615 Satz 1, § 611a Abs. 2 BGB besteht nicht. Danach kann der Arbeitnehmer im Falle des Annahmeverzugs des Arbeitgebers die vereinbarte Vergütung (§ 611a Abs. 2 BGB) für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. 11 1. Die Beklagte befand sich allerdings im Annahmeverzug (§§ 293 ff. BGB), weil sie die Klägerin im April 2020 nicht beschäftigt hat. 12 a) Dass die Klägerin im Streitzeitraum leistungsfähig und leistungswillig (§ 297 BGB) war, steht zwischen den Parteien außer Streit. Ihrer Leistungsfähigkeit steht insbesondere die Allgemeinverfügung nicht entgegen. Diese enthält kein an die Klägerin oder generell an die in den betroffenen Betrieben Beschäftigten gerichtetes Beschäftigungsverbot (zu den Voraussetzungen eines zur Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers führenden behördlichen Beschäftigungsverbots sh. BAG 21. Oktober 2015 – 5 AZR 843/14 – Rn. 31 mwN, BAGE 153, 85; aA für Fälle wie dem vorliegenden Wolf FS Preis 2021 S. 1531, 1533, der annimmt, eine staatliche Schließungsverfügung richte sich auch an die Belegschaft). Dementsprechend stellt die Allgemeinverfügung ausdrücklich klar, dass der Aufenthalt an der Arbeitsstätte nicht unter den Veranstaltungsbegriff fällt und der Weg zur Arbeit „selbstverständlich weiter möglich“ sei. 13 b) Nicht entscheidungserheblich ist, ob die Klägerin – was die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht erkennen lassen – die von ihr zu bewirkende Leistung tatsächlich oder wörtlich angeboten hat. Denn ein Angebot der Arbeitsleistung war entbehrlich, weil aufgrund der Allgemeinverfügung offenkundig war, dass die Beklagte die geschuldete Leistung nicht annehmen konnte (vgl. allgemein zur Entbehrlichkeit des Angebots BAG 18. September 2019 – 5 AZR 240/18 – Rn. 19 mwN, BAGE 168, 25; speziell zur Entbehrlichkeit eines Angebots bei einem behördlichen Beschäftigungsverbot Schaub ArbR-HdB/ Linck 19. Aufl. § 101 Rn. 6; HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 121; ähnlich MHdB ArbR/Tillmanns 5. Aufl. § 76 Rn. 82; ein Angebot der Arbeitsleistung in den Betriebsrisikofällen generell nicht für erforderlich haltend ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 122; Staudinger/Richardi/Fischinger [2019] BGB § 615 Rn. 226). 14 2. § 615 Satz 1 BGB erfasst zunächst die Fälle, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen will („Annahmeunwilligkeit“). Für einen solchen Sachverhalt bestehen indes im Streitfall keine Anhaltspunkte. Zwar hat das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Prüfung von § 615 Satz 3 BGB ausgeführt, die Allgemeinverfügung habe nur die Öffnung von Einzelhandelsgeschäften für den Publikumsverkehr verboten, so dass es „durchaus möglich gewesen (wäre), die Klägerin mit den ohnehin nur wenigen Stunden mit anderen zumutbaren Aufgaben im Geschäft zu beschäftigen – Näheres über den vertraglichen Aufgabenbereich ist nicht vorgetragen“. Diesen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ist gemäß § 559 Abs. 1 ZPO in tatsächlicher Hinsicht nur zu entnehmen, dass das Berufungsgericht zum „vertraglichen Aufgabenbereich“ der Klägerin in Ermangelung eines Parteivortrags keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat. Ungeachtet dieses Befundes hat das Landesarbeitsgericht jedoch die Rechtsauffassung vertreten, die Beklagte habe „die Klägerin mit den ohnehin nur wenigen Stunden mit anderen zumutbaren Aufgaben im Geschäft beschäftigen (können)“. Diese rechtliche Beurteilung unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung. Dieser hält sie schon deshalb nicht stand, weil die Zumutbarkeit einer anderen Tätigkeit nur beurteilt werden kann, wenn die vertraglich geschuldete Tätigkeit bekannt ist, denn diese ist Grundlage des Weisungsrechts des Arbeitgebers nach § 106 GewO. Da das Landesarbeitsgericht den Inhalt der Arbeitspflicht nicht festgestellt hat, ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Klägerin mit anderen zumutbaren Aufgaben im Geschäft beschäftigen können, rechtsfehlerhaft. Zudem würde die Möglichkeit, die Klägerin mit einer anderen als der gemäß § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung zu beschäftigen, nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht Annahmeverzug begründen, in Betracht käme allenfalls ein Anspruch auf Vergütung als Schadenersatz, bei dem es sich prozessual um einen anderen Streitgegenstand handelt (vgl. BAG 14. Oktober 2020 – 5 AZR 649/19 – Rn. 10 mwN, 27, 41). 15 3. Im Arbeitsverhältnis erfasst § 615 Satz 1 BGB unmittelbar nicht die Fälle, in denen der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers annehmen möchte, aber nicht annehmen kann („Annahmeunmöglichkeit“). 16 a) Allerdings verlangt der Wortlaut des § 615 Satz 1 BGB für die Aufrechterhaltung des Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers nur, dass der Arbeitgeber die vom leistungswilligen und leistungsfähigen Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Aus welchen Grund dies geschieht und ob der Arbeitgeber dies verschuldet hat, ist ohne Bedeutung (vgl. Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559), weil der Gläubigerverzug nach § 293 BGB Verschulden des Gläubigers nicht voraussetzt (BGH 22. Juli 2010 – VII ZR 117/08 – Rn. 10; ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 56; MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. § 615 Rn. 40). Vielmehr reicht nach Auffassung des historischen Gesetzgebers für die Begründung des Annahmeverzugs die „nackte Tatsache der Nichtannahme der angebotenen Leistung“, „aus irgendeinem aufseiten des Gläubigers liegenden Grund“ (Motive zum BGB 1888 Bd. 2 S. 68 f.; Mugdan Die gesammten Materialien zum BGB 1899 Bd. 2 S. 38; zur Entstehungsgeschichte des § 615 BGB Huber Handbuch des Schuldrechts Leistungsstörungen Bd. 1 1999 § 10 V 4 mwN). 17 b) Nach dieser ursprünglichen Konzeption der Norm weist § 615 Satz 1 BGB dem Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung die Substratsgefahr zu, also die Gefahr, die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung wegen einer Störung des Arbeitssubstrats nicht annehmen zu können, gleichwohl aber die vereinbarte Vergütung zahlen zu müssen (Canaris FS Prölss 2009 S. 21, 34; Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559, 560; MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. § 615 Rn. 107; HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 9; Schaub ArbR-HdB/Linck 19. Aufl. § 101 Rn. 4; Staudinger/Richardi/Fischinger [2019] BGB § 615 Rn. 19 ff.; MHdB ArbR/Tillmanns 5. Aufl. § 76 Rn. 4, 81; Picker JZ 1979, 285, 292; ders. JZ 1985, 693, 698 ff.; auf das entsprechende Schrifttum hinweisend, aber ohne eigene Stellungnahme BAG 18. Mai 1999 – 9 AZR 13/98 – zu I 2 c der Gründe). § 615 Satz 1 BGB übernahm damit einen seit der Antike durch die Jahrhunderte (sh. dazu im Einzelnen Picker FS U. Huber 2006 S. 497, 500 ff.) anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach der Gläubiger die Gegenleistungsgefahr trägt, wenn der leistungsbereite und leistungswillige Schuldner seine Leistungen nicht erbringen kann, weil der vom Gläubiger dem Schuldner zur Verfügung gestellte Gegenstand oder die Mittel, an oder mit denen die Arbeit erbracht werden soll, versagen (Picker FS Kissel 1994 S. 813, 852; ders. FS U. Huber 2006 S. 497, 532 f.; ebenso Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559, 560). 18 c) Davon abweichend hat die Rechtsprechung schon früh (RG 6. Februar 1923 – III 93/22 – RGZ 106, 272; RAG 20. Juni 1928 – RAG 72/28 – ARS 3, 116; daran anknüpfend BAG 8. Februar 1957 – 1 AZR 338/55 – BAGE 3, 346; 30. Mai 1963 – 5 AZR 282/62 -) angenommen, im Falle einer weder durch den Arbeitnehmer noch durch den Arbeitgeber verschuldeten Unmöglichkeit der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung regele sich die Frage der Entgeltfortzahlung nicht – jedenfalls „nicht ausschließlich und nicht in erster Linie“ (so die Formulierung in RAG 27. März 1935 – RAG 235/34 – ARS 23, 219) – nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften des § 323 BGB (aF, jetzt § 326 Abs. 1 BGB) und § 615 BGB. Zur Schließung einer – vermeintlichen – Regelungslücke hat sie die Betriebsrisikolehre entwickelt (näher Kalb Rechtsgrundlage und Reichweite der Betriebsrisikolehre 1977 S. 22 ff.; Picker FS U. Huber 2006 S. 497, 527 ff. mwN). 19 d) Ob dies, wie die herrschende Meinung im neueren Schrifttum mit guten Gründen annimmt, verfehlt war (vgl. die Nachw. oben Rn. 17), bedarf keiner abschließenden Bewertung des Senats. Denn der Gesetzgeber hat im Rahmen der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 § 615 Satz 3 BGB eingefügt. Danach gelten die Sätze 1 und 2 des § 615 BGB entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Mit dieser gesetzlich angeordneten Analogie (BAG 28. September 2016 – 5 AZR 224/16 – Rn. 21, BAGE 157, 34) sollte das von der Rechtsprechung entwickelte Betriebsrisiko gleichsam kodifiziert und seine Konkretisierung wie bisher der Rechtsprechung überlassen bleiben (vgl. BT-Drs. 14/6857 S. 48; sh. dazu auch MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. § 615 Rn. 97; HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 10, 113; Picker FS U. Huber 2006 S. 497, 535). Damit hat der neuere Gesetzgeber klargestellt, dass in Fällen, in denen dem Arbeitgeber die Annahme der Arbeitsleistung wegen einer Störung des Arbeitssubstrats nicht möglich ist, er aber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt, der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers (§ 611a Abs. 2 BGB) nicht bereits unmittelbar nach § 615 Satz 1 BGB, sondern über dessen in § 615 Satz 3 BGB angeordnete entsprechende Anwendung aufrechterhalten bleibt (ähnlich HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 10, 113; im Ergebnis auch Staudinger/Schwarze [2020] BGB § 326 Rn. C 44 ff.). Trotz aller – nicht gänzlich unberechtigter – Kritik im Schrifttum an dieser Regelungstechnik (vgl. – pars pro toto – Staudinger/Richardi/Fischinger [2019] BGB § 615 Rn. 6 und – sehr pointiert – Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559, 560: eine „inhaltsleere, überflüssige Regelung, eingefügt von einem geschichtsblinden Gesetzgeber“; Picker FS U. Huber 2006, S. 497, 535: „Die Beweggründe für ein derart inhaltsleeres Gesetz schaffen Rätsel“), haben jedenfalls die Gerichte diesen aus den Gesetzesmaterialien klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers zu respektieren und Kriterien herauszuarbeiten, die eine Risikotragung des Arbeitgebers rechtfertigen (HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 10; Schneider FS Preis 2021, 1199, 1202; allgemein zur Bedeutung der historischen Auslegung BVerfG 6. Juni 2018 – 1 BvL 7/14 -, – 1 BvR 1375/14 – Rn. 73, BVerfGE 149, 126; Rüthers/Fischer/Birk Rechtstheorie 11. Aufl. Rn. 788). 20 II. Ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Monat April 2020 kommt nur aus § 615 Satz 3 BGB iVm. § 615 Satz 1 BGB iVm. § 611a Abs. 2 BGB in Betracht. Nach der Rechtsgrundverweisung des § 615 Satz 3 BGB (zutr. BeckOGK/Bieder Stand 1. Februar 2020 BGB § 615 Rn. 121; MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. § 615 Rn. 97; HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 121; Schaub ArbR-HdB/Linck 19. Aufl. § 101 Rn. 6; MHdB ArbR/Tillmanns 5. Aufl. § 76 Rn. 82; aA ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 122) bleibt dem arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitnehmer im Falle der Annahmeunmöglichkeit der Vergütungsanspruch aufrechterhalten, wenn der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. An Letzterem mangelt es im Streitfall. 21 1. § 615 Satz 3 BGB regelt – wie bereits dargelegt (Rn. 19) – selbst nicht, in welchen Fällen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Die Norm meint – wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt (BT-Drs. 14/6857 S. 48) – das von der Rechtsprechung entwickelte Betriebsrisiko (BAG 23. September 2015 – 5 AZR 146/14 – Rn. 22, BAGE 152, 327; 28. September 2016 – 5 AZR 224/16 – Rn. 20, BAGE 157, 34; ganz hM, vgl. nur NK-GA/Boemke § 615 BGB Rn. 136; BeckOK ArbR/Joussen Stand 1. September 2021 BGB § 615 Rn. 88; MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. § 615 Rn. 97; HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 113; Schaub ArbR-HdB/Linck 19. Aufl. § 101 Rn. 5; ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 122), also das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb betreiben zu können. 22 a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, weil er den Betrieb leitet, die betrieblichen Abläufe organisiert, die Verantwortung trägt und die Erträge bezieht (BAG 8. Februar 1957 – 1 AZR 338/55 – BAGE 3, 346). Deshalb muss er dafür einstehen, dass die Arbeitsleistung aus Gründen unmöglich wird, die in seinem Einflussbereich liegen, wie etwa der Ausfall von Maschinen, Betriebsstoffen oder anderer für den Betriebsablauf notwendiger Betriebsmittel (vgl. BAG 23. September 2015 – 5 AZR 146/14 – Rn. 22, BAGE 152, 327; 18. November 2015 – 5 AZR 814/14 – Rn. 52; sh. auch die Übersichten bei ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 130 f.; Staudinger/Richardi/Fischinger [2019] BGB § 615 Rn. 232 ff.). Über diese „internen Betriebsstörungen“ hinaus trägt der Arbeitgeber grundsätzlich auch das Risiko für von außen auf das Unternehmen einwirkende Umstände (BAG 30. Mai 1963 – 5 AZR 282/62 – zu 2 b der Gründe), die sich als höhere Gewalt darstellen, wie zB die Überschwemmung eines Fabrikgebäudes aufgrund einer Naturkatastrophe (vgl. BAG 23. September 2015 – 5 AZR 146/14 – Rn. 22, BAGE 152, 327), die Zerstörung der Betriebseinrichtungen durch Brand (BAG 28. September 1972 – 2 AZR 506/71 – BAGE 24, 446), den Ausfall einer Ölheizung im Betrieb wegen eines plötzlichen Kälteeinbruchs (BAG 9. März 1983 – 4 AZR 301/80 – BAGE 42, 94) oder den Stromausfall infolge einer Störung im Elektrizitätswerk (BAG 30. Januar 1991 – 4 AZR 338/90 – BAGE 67, 118). Dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber aufgrund äußerer Einflüsse Entscheidungen trifft, die zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung führen, etwa wenn ein Zement- und Baustoffhandel aufgrund der Witterung seinen Betrieb vorübergehend einschränkt oder stilllegt (BAG 9. Juli 2008 – 5 AZR 810/07 – Rn. 24, BAGE 127, 119) oder er den Betrieb für eine vorgeschriebene Inventur kurzzeitig schließt (BAG 7. Dezember 1962 – 1 AZR 134/61 – zu 3 der Gründe; ebenso schon RAG 12. Oktober 1929 – RAG 200/29 – ARS 7, 137, 141). 23 b) In älteren Entscheidungen hat die Rechtsprechung auch ein behördliches Verbot von „öffentlichen Lustbarkeiten“ dem Betriebsrisiko zugerechnet. So wurde der Betreiber eines Tanz- und Unterhaltungslokals zur Entgeltzahlung an den Leiter einer Tanz- und Schaukapelle verurteilt, obwohl diese wegen des Verbots öffentlicher Tanzveranstaltungen infolge eines großen Brandunglücks in Nürnberg nicht auftreten konnte. Das Bundesarbeitsgericht stützte dies darauf, dass zu den mit der Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers im Zusammenhang stehenden und die Führung des Betriebs betreffenden Ereignissen auch solche gehörten, die zwar nicht öfter, aber doch gelegentlich vorzukommen pflegen und vom Arbeitgeber in Rechnung gestellt werden können und müssen; begebe sich der Arbeitgeber – anders als andere Unternehmen – mit seinem Betrieb in eine besondere Risikosphäre, müsse er ein Risiko tragen, das durch die besondere Art des Betriebs bedingt sei (BAG 30. Mai 1963 – 5 AZR 282/62 – zu 2 b der Gründe; im Ergebnis ebenso schon RAG 27. März 1935 – RAG 235/34 – ARS 23, 219 zur Lohnzahlung an Musiker, die wegen der Landestrauer anlässlich des Todes von Hindenburg nicht auftreten konnten: zum Betriebsrisiko zählten Ereignisse, „die den Weiterbestand des Betriebes nicht in Frage stellen, sondern nur die regelmäßige Fortführung vorübergehend beeinträchtigen, die im Einzelfall vielleicht nicht vermeidbar waren, mit denen aber doch der Unternehmer im allgemeinen rechnen und deren wirtschaftliche Nachteile er in seine Kostenrechnung einstellen kann“). 24 c) Als Grenze für das Tragen des Betriebsrisikos galt der Rechtsprechung in der Vergangenheit die Gefährdung der Existenz des Betriebs „bei Zahlung der vollen Löhne“ (zuletzt BAG 23. Juni 1994 – 6 AZR 853/93 – zu 1 der Gründe, BAGE 77, 123; 9. März 1983 – 4 AZR 301/80 – BAGE 42, 94; zust. MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. § 615 Rn. 105 – der ein von ihm so genanntes Existenzvernichtungsverbot in § 242 BGB verankert sieht; abl. ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 126; HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 120; Staudinger/Richardi/Fischinger [2019] BGB § 615 Rn. 231 – jeweils mwN). In neueren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zum Betriebsrisiko findet diese „Opfergrenze“ keine Erwähnung mehr. Ob daran festzuhalten wäre (für pandemiebedingte Betriebsschließungen davon ausgehend Fuhlrott/Fischer NZA 2020, 345, 348; Kleinebrink DB 2020, 1457, 1459; abl. Schneider FS Preis 2021 S. 1199, 1209; Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559, 564, denen es aber nicht ausgeschlossen erscheint, dass der „Existenzsicherungsausnahme“ in der Pandemie erstmals zur praktischen Bedeutung verholfen wird), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Im Streitfall bestehen keinerlei Anhaltspunkte für eine entsprechende Existenzgefährdung der Beklagten, diese hat derartiges – worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat – auch nicht geltend gemacht. 25 2. Ob zu dem vom Arbeitgeber nach § 615 Satz 3 BGB zu tragenden Betriebsrisiko auch eine im Rahmen der Bekämpfung einer Pandemie – wie derjenigen der Corona-Pandemie – behördlich angeordnete (vorübergehende) Betriebsschließung gehört, ist im Schrifttum umstritten. 26 a) Während Fischinger/Hengstberger (NZA 2020, 559) ausgehend vom Prinzip der Substratsgefahrtragung (sh. oben Rn. 17) bei pandemiebedingten behördlichen Betriebsschließungen einen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs bereits aus § 615 Satz 1 BGB herleiten, weil der Arbeitgeber stets das Lohnrisiko zu tragen habe, verneint Wolf (FS Preis 2021 S. 1531, 1533 f.) bereits Annahmeverzug. Der Arbeitnehmer sei de facto zum Angebot seiner Arbeitsleistung nicht in der Lage, weil sich die staatliche Schließungsverfügung auch an ihn richte (zu Recht gegen diese Annahme Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559, 561 f.). Im Übrigen meint er – sich auf „Grundgedanken der Substratsgefahr“ berufend – bei einer allgemeinen Schließungsverfügung oder -verordnung verwirkliche sich eine allgemeine Gefahrensituation, die sowohl die Pflicht zur Leistungserbringung als auch die Pflicht zur Vergütung entfallen lasse. 27 b) Ein Teil des Schrifttums ist unter Berufung auf die vom Bundesarbeitsgericht (weiter-)entwickelten Grundsätze zum Betriebsrisiko der Auffassung, die staatlich/behördlich angeordnete Schließung des Betriebs aufgrund einer Pandemie sei generell ein vom Arbeitgeber nach § 615 Satz 3 BGB zu tragendes Risiko (etwa HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 116; MHdB ArbR/Tillmanns 5. Aufl. § 76 Rn. 83; einschränkend Hohenstatt/Krois NZA 2020, 413, die im Anschluss an Canaris FS Prölss 2009 S. 21, 38 f. maßgeblich darauf abstellen wollen, ob der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarten Dienste noch anderswo erbringen könnte). Dabei wird zum Teil ergänzend angeführt, die Zuweisung des Betriebsrisikos an den Arbeitgeber auch bei flächendeckenden Betriebsschließungen entspreche allgemeinen Prinzipien der Arbeitsrechtsordnung (ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 132a ff., 132j; grundsätzlich auch Preis/Mazurek/Schmid NZA 2020, 1137, 1142 f., allerdings mit der Einschränkung, „diese Bewertung (könne) sich ändern, wenn staatliche Eingriffe gegen die Gesamtwirtschaft gerichtet werden und sich dann lediglich das allgemeine Risiko der Pandemie verwirklicht“; vgl. auch, der angefochtenen Entscheidung zust., Mazurek EWiR 2021, 504, 505; Schneider FS Preis 2021 S. 1199, 1203 ff. [1208], die maßgeblich darauf abstellt, dass es in der Hand des Arbeitgebers liege, dem Risiko des Arbeitsausfalls zu begegnen). 28 c) Andere Autoren differenzieren: Werde einem individuellen Arbeitgeber zu Zwecken des Gesundheitsschutzes behördlich die Schließung seines Betriebs aufgegeben, trage er das Betriebsrisiko, wenn die Schließung durch die besondere Eigenart des Betriebs bedingt sei, wie zB die Schließung schadstoffausstoßender Betriebe bei Smog. Richte sich das Verbot jedoch gegen ein Infektionsrisiko, das flächendeckend praktisch alle Betriebe treffe, reagierten die staatlichen Maßnahmen nicht auf ein dem zu schließenden Betrieb anhaftendes Risiko, sondern auf das allgemeine Infektionsrisiko, das Arbeitgeber nicht einmal abstrakt beherrschen könnten (Sagan/Brockfeld NJW 2020, 1112, 1116; ähnlich Bonanni ArbRB 2020, 110, 115 f.; Kleinebrink DB 2020, 1457, 1459; Schaub ArbR-HdB/Linck 19. Aufl. § 101 Rn. 11; Sievers jurisPR-ArbR 13/2021 Anm. 4; auf „publikumsaffine Betriebe“ abstellend Grimm DB 2020, 1177, 1181 f.). 29 3. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Betriebsrisiko, die durch § 615 Satz 3 BGB gleichsam dynamisch festgeschrieben werden sollte, um den Besonderheiten denkbarer Fallgestaltungen Rechnung zu tragen (vgl. BT-Drs. 14/6857 S. 48), bedarf die Beantwortung der Frage, ob der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls bei einer durch die Corona-Pandemie bedingten Betriebsschließung trägt, der Differenzierung. 30 a) Nimmt der Arbeitgeber die Pandemie zum Anlass, aus eigener Entscheidung den Betrieb (vorübergehend) zu schließen – etwa, weil ein Teil der Belegschaft in Quarantäne ist, es infolge der Pandemie an erforderlichen Materialien oder Rohstoffen fehlt, der Absatz stark zurückgeht oder die Kunden ausbleiben – trifft ihn, sofern nicht bereits ein Fall des vom Arbeitgeber stets zu tragenden Wirtschaftsrisikos vorliegt (zum Begriff sh. – statt vieler – BAG 7. Dezember 2005 – 5 AZR 535/04 – zu B III 5 a der Gründe mwN, BAGE 116, 267; MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. § 615 Rn. 98; HWK/Krause 9. Aufl. § 615 BGB Rn. 112; ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 120 f.), grundsätzlich das Betriebsrisiko, denn es ist seine autonome Entscheidung, die zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung führt (vgl. BAG 9. Juli 2008 – 5 AZR 810/07 – Rn. 24, BAGE 127, 119). 31 b) Muss der Arbeitgeber aufgrund einer behördlichen Anordnung im Rahmen und zur Bekämpfung der Pandemie seinen Betrieb (vorübergehend) schließen, lässt sich die Annahme, der Arbeitgeber trage in diesem Fall stets das Risiko des Arbeitsausfalls nach § 615 Satz 3 BGB, nicht mit „höherer Gewalt“ begründen (aA unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur Betriebsbeeinträchtigung durch Naturereignisse und -katastrophen Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559, 560). Als solche stellen sich allenfalls die Pandemie bzw. der sie auslösende Krankheitserreger dar, die jedoch nicht zwingend eine Betriebsschließung bedingen, etwa, wenn durch Hygienekonzepte und entsprechende Schutzmaßnahmen der Ansteckungsgefahr ausreichend begegnet werden kann. Die Ursache der „Betriebsstörung“ liegt vielmehr in einer hoheitlichen Maßnahme, die die zuständigen staatlichen Stellen zur Bekämpfung der Pandemie für erforderlich halten (im Ergebnis ebenso ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 132 f.). 32 c) Ob der Arbeitgeber das Entgeltrisiko bei einer öffentlich-rechtlich verfügten Betriebsschließung trägt, kann sich nur nach dem Zweck der Maßnahme richten. 33 aa) Zielt eine behördliche Maßnahme darauf, einem im Betrieb des Arbeitgebers angelegten besonderen Risiko zu begegnen, etwa, weil die vom Arbeitgeber gewählten Produktionsmethoden oder -bedingungen oder von ihm zu verantwortende Arbeitsbedingungen (wie zB in Teilen der Fleischwirtschaft und bei Saisonkräften in der Landwirtschaft) eine besonders hohe Ansteckungsgefahr innerhalb der Belegschaft in sich bergen, trifft ihn das Risiko des Arbeitsausfalls und ist er nach § 615 Satz 3 iVm. Satz 1 und § 611a Abs. 2 BGB zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung für die von ihm gewählten und organisierten betrieblichen Abläufe und hat dafür einzustehen, dass seine Arbeitnehmer durch diese nicht im Vergleich zur Allgemeinheit zusätzlichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt werden. 34 bb) Dagegen trägt der Arbeitgeber nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn die behördlich verfügte Betriebsschließung im Rahmen allgemeiner Maßnahmen staatlicher Stellen zur Pandemiebekämpfung erfolgt und – betriebsübergreifend – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiert sich gerade nicht ein in einem bestimmten Betrieb aufgrund seiner konkreten Produktions- und Arbeitsbedingungen – dem Betriebssubstrat – angelegtes Risiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage, die der einzelne Arbeitgeber nicht – auch nicht im weitesten Sinne – verursacht und zu verantworten hat. Dieses „allgemeine Risiko“, das Folge letztlich politischer Entscheidungen zur Eindämmung des die Allgemeinheit insgesamt treffenden Infektionsrisikos ist, muss der Arbeitgeber – bei gebotener wertender Betrachtung – nicht tragen. Für die Zurechnung des Betriebsrisikos in diesen Fällen genügt eine bloße „(besondere) Eigenart“ des Betriebs oder seine „Publikumsaffinität“ nicht ohne weiteres (so aber ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 132g; Preis/Mazurek/Schmid NZA 2020, 1137, 1142 f.; wie hier im Ergebnis Sievers jurPR-ArbR 13/2021 Anm. 4). Hinzukommen muss vielmehr eine objektive Verantwortung für die die Verbreitung des die Pandemie auslösenden Krankheitserregers in besonderer Weise begünstigenden Arbeits- und Produktionsbedingungen in dem betroffenen Betrieb. Nur in diesem Fall handelt es sich auch um einen Grund „auf Seiten“ des Gläubigers (Motive zum BGB 1888 Bd. 2 S. 68), der es rechtfertigt, dem Arbeitgeber das Entgeltrisiko zuzuweisen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist es Sache des Staates, gegebenenfalls für einen angemessenen Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile zu sorgen (zutr. Wolf FS Preis 2021 S. 1531, 1541). 35 cc) Dass der Staat für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte die finanziellen Folgen seiner Maßnahmen durch den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld abgemildert hat, steht dieser Einordnung des „Pandemierisikos“ nicht entgegen (im Ergebnis ebenso Wolf FS Preis 2021 S. 1531, 1541; aA Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559, 562 f., die darin eine „klare gesetzgeberische Wertung“ dahingehend sehen, der Arbeitgeber solle in dieser Situation das Lohnrisiko tragen). Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) wirksam Kurzarbeit, werden die gegenseitigen Hauptleistungspflichten gerade im Umfang der Kurzarbeit aufgehoben. Mangels bestehender Arbeitspflicht kann Annahmeverzug nicht eintreten (BAG 22. April 2009 – 5 AZR 310/08 – Rn. 12 mwN, BAGE 130, 331; MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. § 615 Rn. 86; ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 14). Eine Entgeltzahlungspflicht nach § 615 Satz 3 iVm. Satz 1 und § 611a Abs. 2 BGB besteht in diesen Fällen nicht. Dementsprechend setzt der Anspruch auf Kurzarbeitergeld voraus, dass ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt (§ 95 Satz 1 Nr. 1 SGB III). 36 dd) Liegen die Voraussetzungen für Kurzarbeit vor und können dadurch die durch die staatlich verfügte Betriebsschließung entstehenden finanziellen Nachteile für die Arbeitnehmer abgemildert werden, dürfte der Arbeitgeber – vorbehaltlich der Umstände des Einzelfalls – aufgrund seiner Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet sein, von diesem Instrument Gebrauch zu machen und seinen Beschäftigten den Bezug von Kurzarbeitergeld zu ermöglichen. Anderenfalls könnte er sich in Höhe des entgangenen Kurzarbeitergelds gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern (§ 95 SBG III) nach § 280 Abs. 1 BGB schadenersatzpflichtig machen (in diese Richtung auch ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 132k). Wie weit die Handlungspflichten des Arbeitgebers im Einzelnen reichen, bedarf vorliegend keiner näheren Erörterung. 37 ee) Für die Einordnung eines Risikos als Betriebsrisiko kommt es auf – mögliche – nachgelagerte Ansprüche nicht an. Diese haben auf das Bestehen bürgerlich-rechtlicher Ansprüche aus § 615 Satz 3 iVm. Satz 1, § 611a Abs. 2 BGB keinen Einfluss. 38 (1) Unerheblich ist, ob der Staat für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch seinen hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile tatsächlich gesorgt hat. Dass für geringfügig Beschäftigte – wie die Klägerin – ein Zugang zum Kurzarbeitergeld nicht gewährleistet ist, beruht auf Lücken in dem sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Hieraus ergeben sich indes keine Rückschlüsse auf eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers nach § 615 Satz 3 iVm. Satz 1, § 611a Abs. 2 BGB. 39 (2) Ohne Belang ist ferner, ob das Risiko, den Betrieb aufgrund hoheitlicher Maßnahmen schließen zu müssen, versicherbar ist (aA ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 132a; Schneider FS Preis 2021 S. 1199, 1208; vgl. auch BAG 28. September 1972 – 2 AZR 506/71 – zu 2 der Gründe, BAGE 24, 446). Unabhängig davon, ob dies im Einzelfall möglich (gewesen) wäre (pars pro toto ablehnend OLG Dresden 5. Oktober 2021 – 4 U 633/21 -; OLG Köln 7. September 2021 – I 9 U 14/21 -; OLG Celle 1. Juli 2021 – 8 U 5/21 -; bejahend OLG Karlsruhe 5. Oktober 2021 – 12 U 107/21 -, jeweils mwN), bietet die Versicherbarkeit keinen dogmatischen Ansatz dafür, dem Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls iSd. § 615 Satz 3 BGB zuzurechnen. Eine Versicherung kann lediglich die finanziellen Folgen der hoheitlich verfügten Betriebsschließung für den versicherten Arbeitgeber ausgleichen oder mildern, besagt aber nichts darüber, ob solche überhaupt entstehen, insbesondere der Arbeitgeber den Beschäftigten trotz Nichtarbeit zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist. 40 (3) Die Zuordnung des Entgeltrisikos bei einem Arbeitsausfall aufgrund behördlich angeordneter Betriebsschließung an den Arbeitgeber lässt sich nicht mit den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Arbeitnehmerhaftung rechtfertigen (aA ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 132j). Der Begriff Betriebsrisiko wird dort verwendet, um ein Abwägungsmerkmal bei der Verteilung des Haftungsrisikos zu kennzeichnen, nicht aber in der ihm sonst zukommenden Bedeutung als Lohnzahlungsrisiko bei Unmöglichkeit der Arbeitsleistung (so ausdrücklich BAG 27. September 1994 – GS 1/89 (A) – zu C II 2 der Gründe, BAGE 78, 56). Ein solches „Betriebsrisiko“ bzw. eine Risikodeckung durch eine Versicherung betrifft nicht den Haftungsgrund, sondern die Schadensteilung im Rahmen des § 254 BGB. Auch bei der Arbeitnehmerhaftung soll der Arbeitgeber jedoch nicht mit dem allgemeinen Lebensrisiko des Arbeitnehmers belastet werden (BAG 22. März 2018 – 8 AZR 779/16 – Rn. 49, 61 mwN, BAGE 162, 275). 41 (4) Für die Risikoverteilung unerheblich ist ferner, ob der Arbeitgeber das Betriebsrisiko „abmildern“ könnte, etwa durch den Abbau von Überstunden und Gleitzeitguthaben oder die Gewährung von Urlaub (anders Schneider FS Preis 2021 S. 1199, 1208). Sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer derartiges – ohne Rücksicht darauf, ob es rechtlich überhaupt möglich ist – einvernehmlich verabreden, betrifft dies nur die Auswirkungen einer behördlich angeordneten Betriebsschließung, besagt aber nichts darüber, wer das Risiko des Arbeitsausfalls zu tragen hat. Dasselbe gilt für das Instrument der betriebsbedingten Kündigung. Die Annahme, der Arbeitgeber könne sein Zahlungsrisiko durch ordentliche betriebsbedingte Kündigungen begrenzen (so ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 615 Rn. 132k; Preis/Mazurek/Schmid NZA 2020, 1137, 1143), dürfte bei einer vorübergehenden Betriebsschließung aufgrund behördlicher Anordnung mit dem Ultima-Ratio-Prinzip (vgl. dazu ausführlich APS/Preis 6. Aufl. Grundlage H. Rn. 55 ff.) nur schwerlich zu vereinbaren sein, jedenfalls solange der Arbeitgeber die behördliche Anordnung nicht zum Anlass nimmt, seinen Betrieb endgültig stillzulegen (vgl. auch – zur Abgrenzung von Betriebsstilllegung und Betriebspause – BAG 21. Juni 2001 – 2 AZR 137/00 – zu II 1 a der Gründe). 42 ff) Schließlich lässt Art. 240 § 1 Abs. 2 und Abs. 4 Nr. 2 EGBGB nicht den – zumindest nicht den zwingenden – Rückschluss zu, der Gesetzgeber habe „in der gegenwärtigen Situation dem Arbeitgeber das primäre Lohnrisiko auferlegen wollen“ (so aber Fischinger/Hengstberger NZA 2020, 559, 563 f.). Die Herausnahme arbeitsrechtlicher Ansprüche aus dem in Art. 240 § 1 Abs. 2 EGBGB unter bestimmten Voraussetzungen für Kleinstunternehmen vorgesehenen Zahlungsmoratorium (Art. 240 § 1 Abs. 4 Nr. 2 EGBGB) bedeutet lediglich, dass Ansprüche auf Vergütung wegen geleisteter Arbeit oder Vergütung wegen Annahmeverzugs von den Arbeitnehmern auch im Kleinstunternehmen nicht gestundet werden müssen. Sie besagt aber nichts darüber, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen bei einer im Rahmen der Bekämpfung der Corona-Pandemie behördlich verfügten Betriebsschließung ein Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs entsteht bzw. entstehen kann. 43 4. Nach diesen Grundsätzen muss im Streitfall die Beklagte nicht das Risiko des Arbeitsausfalls durch die Schließung ihrer Filiale in Bremen aufgrund der Allgemeinverfügung der Freien Hansestadt Bremen vom 23. März 2020 tragen. Infolgedessen hat die Klägerin für den Monat April 2020 keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 615 Satz 3 iVm. Satz 1, § 611a Abs. 2 BGB. 44 a) Die genannte Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, dessen Tatbestandswirkung zur Folge hat, dass die Gerichte aller Rechtszweige an sein Bestehen und seinen Inhalt gebunden sind und ihn, sofern er nicht nichtig ist, ihren Entscheidungen als gegeben zugrunde zu legen haben (sh. im Einzelnen BAG 22. Juli 2021 – 2 AZR 193/21 – Rn. 15 mwN). Anhaltspunkte für die Nichtigkeit der Allgemeinverfügung sind weder ersichtlich noch von den Parteien vorgebracht worden. 45 b) Nach der Allgemeinverfügung richtete sich die von der Freien Hansestadt Bremen verfügte Betriebsschließung nicht speziell gegen die Beklagte und nicht gegen ein gerade in deren Betrieb angelegtes besonderes Gesundheitsrisiko. 46 aa) Die weitgehende Schließung aller Verkaufsstellen des Einzelhandels im Bundesland Bremen – mit Ausnahme nur der für die Versorgung der Bevölkerung als notwendig angesehenen Einrichtungen – war eingebettet in ein ganzes Bündel von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor weiteren SARS-CoV-2-Infektionen und dem damit verbundenen Risiko schwerer und tödlicher Krankheitsverläufe, insbesondere auch des Verbots von Veranstaltungen, Feiern und ähnlichen Zusammenkünften sowie der Beschränkung des Aufenthalts im öffentlichen Raum. Sie orientierte sich eng an den Empfehlungen des Kabinettsausschusses der Bundesregierung vom 16. März 2020 und an den Ergebnissen der Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer vom 22. März 2020 zum einheitlichen Vorgehen zur weiteren Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Raum. 47 bb) Ausweislich ihrer Begründung war es Ziel der Allgemeinverfügung, die Übertragungswege von SARS-CoV-2 zu unterbrechen, das Risiko von Infektionen einzudämmen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens aufrechtzuerhalten. Die hoheitlichen Eingriffe dienten damit allgemeinen epidemiologischen und gesundheitspolitischen Zielen. Sie erfassten in ihrer Breite die Gesamtbevölkerung des Bundeslandes Bremen (und letztlich mit vergleichbaren Maßnahmen aller anderen Bundesländer die Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik) und beschränkten sich nicht auf die Abwehr besonderer, von einzelnen Betrieben ausgehenden Gefahren, sondern sollten eine die Gesellschaft insgesamt treffende Gefahrenlage bekämpfen. Infolgedessen differenzieren die in der Allgemeinverfügung angeordneten Schließungen nicht danach, wie stark der Publikumsverkehr einer Einrichtung ist und ob das Infektionsrisiko dort durch Hygienemaßnahmen und Hygienekonzepte beherrschbar wäre oder nicht. Vielmehr sollten pauschal durch die Schließung aller nicht „lebensnotwendigen“ Einrichtungen, dem Verbot von Veranstaltungen, Festen und ähnlichen Zusammenkünften sowie der Beschränkung des Aufenthalts im öffentlichen Raum generell infektionsträchtige Situationen unterbunden werden, indem die Menschen – innerhalb ihres Hausstands – für sich bleiben, Kontakte mit haushaltsfremden Personen vermeiden und sich möglichst nicht in den öffentlichen Raum begeben. 48 III. Die Klägerin hat nach § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.              Linck                  Bubach                  Biebl                                    Jungbluth                  Zorn" bag_33-21,14.10.2021,"14.10.2021 33/21 - Pfändbares Arbeitseinkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO - Entgeltumwandlung nach Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Die Parteien streiten darüber, ob die monatlich von der Beklagten aufgrund einer mit der Streitverkündeten vereinbarten Entgeltumwandlung zu zahlende Versicherungsprämie in eine von der Beklagten zugunsten der Streitverkündeten abgeschlossene Lebensversicherung (Direktversicherung) zum pfändbaren Einkommen der Streitverkündeten iSv. § 850 Abs. 2 ZPO gehören. Der Kläger ist der geschiedene Ehemann der Streitverkündeten. Die Beklagte ist deren Arbeitgeberin. Im Rahmen der Scheidung des Klägers und der Streitverkündeten war es zu einer Vereinbarung über die Aufteilung von Schulden aus einem laufenden Bauprozess gekommen. In diesem Zusammenhang wurde die Streitverkündete im Wege eines familiengerichtlichen Versäumnisbeschlusses zur Zahlung von 22.679,60 Euro nebst Zinsen an den Kläger verpflichtet. Aufgrund dieses Versäumnisbeschlusses erwirkte der Kläger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über das gegenwärtige und zukünftige Arbeitseinkommen der Streitverkündeten. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten im November 2015 zugestellt. Im Mai 2016 schlossen die Streitverkündete und die Beklagte eine Entgeltumwandlungsvereinbarung. Diese hatte eine betriebliche Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung zum Gegenstand. Nach dem Versicherungsvertrag ist Versicherungsnehmerin die Beklagte, Begünstigte ist die Streitverkündete. Der von der Beklagten monatlich in die Direktversicherung einzuzahlende Beitrag beträgt 248,00 Euro. In der Folgezeit leistete die Beklagte aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Zahlungen an den Kläger, wobei sie bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens der Streitverkündeten den monatlichen Versicherungsbeitrag iHv. 248,00 Euro unberücksichtigt ließ. Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten höhere Zahlungen. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Entgeltumwandlung das pfändbare Einkommen der Streitverkündeten nicht reduziere. Diese habe mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Verwertungszuständigkeit über ihre Forderung verloren. Im Übrigen gelte der Rechtsgedanke des § 850h ZPO. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Revision der Beklagten war vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolgreich. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitgeber für den/die Arbeit-nehmer/in eine Direktversicherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin durch Entgeltumwandlung für seine/ihre betriebliche Altersversorgung verwendet werden, liegt insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor. Daran ändert der Umstand, dass die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses getroffen wurde, jedenfalls vorliegend deshalb nichts, weil die Streitverkündete mit der mit der Beklagten getroffenen Entgeltumwandlungsvereinbarung von ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG* auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht hat und der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Betrag nicht überschritten wurde. Bei einer an § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG orientierten normativen Betrachtung stellt die von der Streitverkündeten mit der Beklagten getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung keine den Kläger als Gläubiger benachteiligende Verfügung iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar. In einem solchen Fall scheidet zudem ein Rückgriff auf § 850h ZPO aus. Ob eine andere Bewertung dann geboten ist, wenn – anders als hier – ein höherer Betrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene umgewandelt wird, musste der Senat nicht entscheiden. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Oktober 2021 – 8 AZR 96/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 14. August 2019 – 11 Sa 26/19 – *§ 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG: Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden.","Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14. August 2019 – 11 Sa 26/19 – teilweise aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 18. Dezember 2018 – 40 Ca 6119/18 – wird insgesamt zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen. Leitsatz 1. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin in eine wertgleiche Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt wird (Entgeltumwandlung), die im Wege der Direktversicherung durchgeführt wird, entstehen insoweit keine pfändbaren Ansprüche auf Arbeitseinkommen (§ 850 Abs. 2 ZPO) mehr. 2. Das gilt auch dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst nach Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses über das Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin getroffen haben, sofern der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin von seinem/ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG Gebrauch gemacht hat und der umgewandelte Entgeltbetrag den in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehenen Betrag nicht überschreitet. In einem solchen Fall liegt in der Entgeltumwandlungsvereinbarung auch keine den Gläubiger benachteiligende Verfügung iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Tatbestand 1 Die Parteien streiten im Wege der Drittschuldnerklage darüber, ob die monatlich von der Beklagten aufgrund einer mit der Streitverkündeten vereinbarten Entgeltumwandlung zu zahlende Versicherungsprämie in eine von der Beklagten zugunsten der Streitverkündeten abgeschlossene Lebensversicherung (Direktversicherung) zum pfändbaren Einkommen der Streitverkündeten gehört. 2 Der Kläger ist der geschiedene Ehemann der Streitverkündeten. Die Beklagte ist deren Arbeitgeberin. Die monatliche Bruttovergütung der Streitverkündeten bei der Beklagten belief sich im Jahr 2016 auf 3.020,00 Euro. 3 Im Rahmen der Scheidung des Klägers und der Streitverkündeten war es zu einer Vereinbarung über die Aufteilung von Schulden aus einem Baudarlehen gekommen. In diesem Zusammenhang wurde die Streitverkündete durch Versäumnisbeschluss des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck – Abteilung für Familiensachen – vom 3. Juni 2015 zur Zahlung von 22.679,60 Euro nebst Zinsen an den Kläger verpflichtet. Der Kläger erwirkte aufgrund dieses Versäumnisbeschlusses beim Amtsgericht München am 24. November 2015 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über das gegenwärtige und zukünftige Arbeitseinkommen der Streitverkündeten bei der Beklagten. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten als Drittschuldnerin Ende des Jahres 2015 zugestellt. Ab Dezember 2015 leistete die Beklagte aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses monatliche Zahlungen an den Kläger. 4 Im Mai 2016 schlossen die Streitverkündete und die Beklagte eine Entgeltumwandlungsvereinbarung. Diese hatte eine betriebliche Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung zum Gegenstand. Nach dem Versicherungsvertrag ist Versicherungsnehmerin die Beklagte, Begünstigte ist die Streitverkündete. Der von der Beklagten monatlich in die Direktversicherung einzuzahlende Beitrag beträgt 248,00 Euro. Auch in der Folgezeit leistete die Beklagte aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses monatliche Zahlungen an den Kläger, allerdings ließ sie bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens der Streitverkündeten den monatlichen Versicherungsbeitrag iHv. 248,00 Euro unberücksichtigt. 5 Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten um 248,00 Euro höhere monatliche Zahlungen begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Entgeltumwandlung das pfändbare Einkommen der Streitverkündeten nicht reduziere. Diese habe mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Verwertungszuständigkeit über ihre Forderung verloren. Ferner gelte der Rechtsgedanke der dem Gläubigerschutz dienenden Bestimmung des § 850h ZPO entsprechend, wonach verhindert werden solle, dass das Schuldnereinkommen dem Gläubigerzugriff durch unlautere Manipulationen entzogen werde. Im Übrigen sei von einem sittenwidrigen Verhalten der Streitverkündeten auszugehen. Diese habe bis dahin keine Altersvorsorge betrieben und sich ersichtlich erst in Anbetracht der Pfändung ihres Arbeitseinkommens zur Entgeltumwandlung entschlossen, um sich so auf seine Kosten einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Letztlich sei zu berücksichtigen, dass es sich um einen familienrechtlichen Anspruch handle und dass der umgewandelte Betrag über acht Prozent des monatlichen Bruttoentgelts der Streitverkündeten ausmache und damit in einem auffälligen Missverhältnis zu ihrem Arbeitseinkommen stehe. 6 Der Kläger hat zuletzt beantragt,          1.     die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.646,00 Euro nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten seit 1. August 2018 zu zahlen;          2.     die Beklagte zu verurteilen, künftig mit Wirkung ab August 2018 für die Dauer der Beschäftigung der Streitverkündeten bei der Beklagten die pfändbaren Beträge des Einkommens der Streitverkündeten an den Kläger zu zahlen bis zum vollständigen Ausgleich des Betrags von 20.382,35 Euro nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. August 2018 mit der Maßgabe, dass die Beträge an die Direktversicherung beim V, Vers.Nr. , das pfändbare Einkommen der Streitverkündeten nicht reduzieren;          3.     hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte im Rahmen der Pfändung des Einkommens der Streitverkündeten, AZ des AG München: 1531 M 55848/15 verpflichtet ist, die Beiträge an die Direktversicherung beim V nicht dem unpfändbaren Einkommen der Streitverkündeten hinzuzurechnen. 7 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. 8 Sie hat die Ansicht vertreten, die zwischen ihr und der Streitverkündeten vereinbarte Entgeltumwandlung, bei der die betriebliche Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung durchgeführt werde, bewirke eine zulässige Verringerung des pfändbaren Einkommens. Aufgrund der familiären Situation der Streitverkündeten sei es zudem als treuwidrig anzusehen, wenn man ihr diese Möglichkeit der Altersversorgung verweigere. 9 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger rückständige 1.648,00 Euro für die Zeit von Mai 2016 bis Juli 2018 nebst Zinsen zu zahlen. Ferner hat es die Beklagte verurteilt, ab August 2018 für die Dauer der Beschäftigung der Streitverkündeten bei ihr die pfändbaren Beträge des Einkommens der Streitverkündeten an den Kläger zu zahlen bis zum vollständigen Ausgleich von 20.382,35 Euro nebst Zinsen, mit der Maßgabe, dass die Beiträge an die Direktversicherung das pfändbare Einkommen der Streitverkündeten nicht reduzieren, sondern dem Bruttoeinkommen hinzuzurechnen sind. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision. Entscheidungsgründe 10 Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die monatlich von der Beklagten aufgrund der mit der Streitverkündeten vereinbarten Entgeltumwandlung zu zahlende Versicherungsprämie in die von der Beklagten zugunsten der Streitverkündeten abgeschlossene Lebensversicherung (Direktversicherung) gehört nicht zum pfändbaren Einkommen der Streitverkündeten iSv. § 850 Abs. 2 ZPO. Abweichendes folgt nicht aus dem Umstand, dass die Streitverkündete und die Beklagte die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst getroffen haben, nachdem der Beklagten der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 24. November 2015 zugestellt worden war. 11 A. Die Klage ist zulässig. Das gilt in der gebotenen Auslegung auch für den Klageantrag zu 2. Danach fällt der Klageantrag zu 3. nicht mehr zur Entscheidung an. 12 I. Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des Bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind prozessuale Willenserklärungen so auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 25. März 2021 – 8 AZR 120/20 – Rn. 43 mwN). 13 II. Soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2. künftige Leistungen begehrt, ist der Antrag unzulässig, weil er den Anforderungen des § 259 ZPO nicht entspricht. 14 1. Nach § 259 ZPO kann Klage auf künftige Leistung außer in den Fällen der §§ 257 und 258 ZPO, die hier nicht in Betracht kommen, nur erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. 15 2. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Es besteht vorliegend nicht die Besorgnis, dass die Beklagte, die aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses stets Zahlungen an den Kläger erbracht hatte, sich im Fall einer vollständigen oder teilweisen Stattgabe des auf Zahlung rückständiger Beträge gerichteten Klageantrags zu 1. einer weitergehenden Leistung entziehen würde. Allein das Bestreiten der vom Kläger geltend gemachten Forderung durch die Beklagte reicht hierfür nicht aus (vgl. BAG 22. Oktober 2014 – 5 AZR 731/12 – Rn. 43 mwN, BAGE 149, 343). Weitere Anhaltspunkte, die die Besorgnis der Leistungsverweigerung durch die Beklagte zum Fälligkeitstermin begründen könnten, hat der Kläger nicht dargelegt. 16 III. Der nach § 259 ZPO unzulässige Klageantrag zu 2. auf Zahlung künftiger Leistungen ist – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt hat – dahin zu verstehen, dass er zwar in der Hauptsache auf künftige Leistung, aber hilfsweise auf entsprechende Feststellung gerichtet ist. 17 Eine solche Auslegung ist schon deshalb geboten, weil der Kläger mit seinem hilfsweise gestellten Klageantrag zu 3. deutlich macht, dass er wegen der Berechnung des pfändbaren Einkommens der Streitverkündeten hilfsweise Feststellung begehrt. Dabei gibt der Klageantrag zu 3. das Rechtsschutzziel des Klägers allerdings nur unvollständig wieder. Es fehlt das eigentliche Begehren des Klägers auf Zahlung der jeweils pfändbaren Beträge sowie der Hinweis, dass Zahlung nur für die Dauer der Beschäftigung der Streitverkündeten bei der Beklagten und zudem nur bis zum vollständigen Ausgleich des Betrags von 20.382,35 Euro zuzüglich Zinsen begehrt wird. Bei verständiger Auslegung der Klageanträge zu 2. und zu 3. ist daher davon auszugehen, dass der Kläger mit dem Antrag zu 2. hilfsweise Feststellung nach Maßgabe des Hauptantrags zu 2. begehrt. 18 IV. Das für den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Es ist auch nicht insoweit entfallen, als die nach August 2018 entstandenen Ansprüche im Lauf des Rechtsstreits fällig und bezifferbar geworden sind und daher eine Leistungsklage möglich wäre. Die im Laufe des Rechtsstreits nachträglich eingetretene Möglichkeit einer Leistungsklage lässt das ursprünglich bestehende Feststellungsinteresse nicht entfallen (BAG 12. Dezember 2012 – 4 AZR 327/11 – Rn. 16; 18. März 1997 – 9 AZR 84/96 – zu I 1 der Gründe, BAGE 85, 306). Einer Aufspaltung in einen Leistungsantrag für die bereits fälligen und einen Feststellungsantrag für die noch nicht fälligen Ansprüche bedarf es in einem solchen Fall nicht (vgl. etwa BAG 12. Dezember 2006 – 3 AZR 57/06 – Rn. 17 mwN). 19 B. Die Klage ist unbegründet. 20 I. Die monatlich von der Beklagten aufgrund der mit der Streitverkündeten vereinbarten Entgeltumwandlung zu zahlende Versicherungsprämie in die von der Beklagten zugunsten der Streitverkündeten abgeschlossene Lebensversicherung (Direktversicherung) gehört nicht zum pfändbaren Einkommen der Streitverkündeten iSv. § 850 Abs. 2 ZPO. 21 1. § 850 Abs. 2 ZPO bestimmt, was Arbeitseinkommen im Sinne der Pfändungsschutzvorschriften ist. Dazu gehört insbesondere das laufende Arbeitsentgelt. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien allerdings, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Direktversicherung abschließt und dass ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet wird, liegt insoweit kein pfändbares Arbeitseinkommen mehr vor (BAG 17. Februar 1998 – 3 AZR 611/97 – zu 2 der Gründe, BAGE 88, 28). Bei einer solchen Vereinbarung entstehen in Höhe der Belastungen des Arbeitgebers, der zur Erfüllung seines Versorgungsversprechens einen Versicherungsvertrag schließt und als Versicherungsnehmer die mit dem Versicherer vereinbarten Prämien zu zahlen hat, keine Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Arbeitseinkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO mehr, die der Pfändung unterliegen könnten (BAG 30. Juli 2008 – 10 AZR 459/07 – Rn. 16 mwN). 22 2. Der Arbeitgeber, der zur Erfüllung seines Versorgungsversprechens eine Verbindlichkeit gegenüber einem Versicherungsunternehmen eingeht, will in Höhe der Belastungen den Anspruch des Arbeitnehmers auf die laufende Vergütung endgültig beseitigen. Der Arbeitnehmer, der anstelle der Barvergütung eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung will, ist damit einverstanden, dass in Zukunft in dieser Höhe kein Anspruch mehr auf Barvergütung entsteht. Deshalb handelt es sich um mehr als um eine Lohnverwendungsabrede. Diese Vereinbarung über die Entgeltumwandlung ist Bestandteil des Arbeitsvertrags. Die neue Vergütungsvereinbarung tritt an die Stelle der alten (BAG 30. Juli 2008 – 10 AZR 459/07 – Rn. 16; 17. Februar 1998 – 3 AZR 611/97 – zu 2 der Gründe, BAGE 88, 28). 23 II. Abweichendes folgt nicht aus dem Umstand, dass die Streitverkündete und die Beklagte die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst getroffen haben, nachdem der Beklagten der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 24. November 2015 zugestellt worden war. 24 1. Die von der Streitverkündeten mit der Beklagten getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO nach §§ 135, 136 BGB im Verhältnis zum Kläger als Gläubiger der Streitverkündeten unwirksam. 25 Allerdings sind gegen das Verbot des § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO verstoßende Verfügungen des Pfändungsschuldners dem Pfändungsgläubiger gegenüber nach §§ 135, 136 BGB relativ unwirksam, soweit sie ihn rechtlich oder tatsächlich beeinträchtigen (vgl. etwa BGH 19. November 2020 – IX ZR 210/19 – Rn. 15 mwN). Es kann vorliegend dahinstehen, wie die Entgeltumwandlung, die zum endgültigen Untergang des Anspruchs auf Barauszahlung und zu dessen Ersetzung durch eine Versorgungsanwartschaft führt, rechtsdogmatisch einzuordnen ist (offengelassen auch von BAG 15. September 2009 – 3 AZR 17/09 – Rn. 19, BAGE 132, 100) und ob es sich hierbei um eine „Verfügung“ iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO handelt (so zu § 81 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 InsO BAG 30. Juli 2008 – 10 AZR 459/07 – Rn. 17; zu § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO Bengelsdorf SAE 2009, 196, 203). Jedenfalls stellt die von der Streitverkündeten mit der Beklagten getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung bei einer an § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG orientierten normativen Betrachtung (vgl. hierzu BAG 10. Februar 2004 – 9 AZR 401/02 – zu A IV 3 der Gründe, BAGE 109, 294) keine den Kläger benachteiligende Verfügung iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar, da die Streitverkündete mit der Entgeltumwandlungsvereinbarung von ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht hat und mit dem monatlichen Versicherungsbeitrag iHv. 248,00 Euro der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Betrag von vier vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht überschritten wurde. Ob eine andere Bewertung dann geboten ist, wenn – anders als hier – ein höherer Betrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene umgewandelt wird, musste der Senat nicht entscheiden. 26 a) Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu vier vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. 27 b) Die sozialpolitische Funktion der betrieblichen Altersversorgung erfasst nicht nur generelle sozialpolitische Aspekte wie das staatliche Interesse, dass ein Arbeitnehmer im Alter nicht der Allgemeinheit zur Last fällt. Sie dient auch der notwendigen Ergänzung der durch die Sozialversicherung gewährten Sicherung der Arbeitnehmer im Alter (BT-Drs. 7/1281 S. 19). Mit ihrer Hilfe soll, da das beständig sinkende Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Versorgungslücken führt, auch der Lebensstandard des Arbeitnehmers oder gegebenenfalls seiner Hinterbliebenen nach Ausscheiden aus dem Berufs- bzw. Erwerbsleben zumindest teilweise gesichert werden (vgl. BAG 26. April 2018 – 3 AZR 586/16 – Rn. 16 mwN, BAGE 162, 354). 28 c) Mit der Einführung eines gesetzlichen Anspruchs auf Entgeltumwandlung in § 1a BetrAVG hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er dieses Interesse fördern will. Die Regelung steht im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung der Bevölkerungsstruktur und der daran geknüpften Senkung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Gesetzgeber wollte den eigenverantwortlichen Aufbau auch einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung begünstigen, den er zur Schließung drohender Versorgungslücken im Alter als unerlässlich ansah (BAG 26. April 2018 – 3 AZR 586/16 – Rn. 17 mwN, BAGE 162, 354). 29 d) Der gesetzgeberische Wille, Arbeitnehmern den Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung im Interesse der damit verbundenen Sicherungsfunktion zu ermöglichen, wird ergänzt durch die dem Betriebsrentengesetz zugrundeliegende Intention, Betriebsrentenanwartschaften angesichts ihrer zunehmenden Bedeutung für die spätere Alterssicherung der Arbeitnehmer möglichst lückenlos bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zu sichern und zu erhalten (vgl. auch BT-Drs. 15/2150 S. 52; BT-Drs. 7/1281 S. 26). Es soll verhindert werden, dass unverfallbare Anwartschaften vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgezahlt und für die Vermögensbildung, den Konsum, aber auch den Ausgleich von Schulden statt für die vorgesehene Versorgung verwendet werden (BAG 26. April 2018 – 3 AZR 586/16 – Rn. 18, BAGE 162, 354). 30 e) Diese, mit der Schaffung eines Anspruchs auf Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG umgesetzte gesetzgeberische Grundentscheidung, zur Schließung andernfalls drohender Versorgungslücken im Alter auch den eigenverantwortlichen Aufbau einer gesicherten kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung zu fördern, würde indes missachtet, wenn eine nach Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Arbeitgeber als Drittschuldner zwischen diesem und dem Arbeitnehmer getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung als eine den Gläubiger benachteiligende Verfügung iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO qualifiziert würde. Ob eine andere Bewertung dann geboten ist, wenn ein höherer Betrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene umgewandelt wird, musste der Senat nicht entscheiden. 31 2. Eine Pfändbarkeit des in die Direktversicherung einzuzahlenden Beitrags iHv. 248,00 Euro monatlich folgt nicht aus einer unmittelbaren oder einer entsprechenden Anwendung von § 850h Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. 32 a) Diese Bestimmungen sind nicht unmittelbar anwendbar. 33 aa) Nach § 850h Abs. 1 Satz 1 ZPO kann der Anspruch des Drittberechtigten insoweit aufgrund des Schuldtitels gegen den Schuldner gepfändet werden, wie wenn der Anspruch dem Schuldner zustände, als sich der Empfänger der vom Schuldner geleisteten Arbeiten oder Dienste verpflichtet hat, Leistungen an einen Dritten zu bewirken, die nach Lage der Verhältnisse ganz oder teilweise eine Vergütung für die Leistung des Schuldners darstellen. Eine solche „Lohnverschiebung“ liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Dies folgt bereits daraus, dass die Entgeltumwandlung zum endgültigen Untergang des Anspruchs auf Barauszahlung und zu dessen Ersetzung durch eine Versorgungsanwartschaft führt. Demzufolge kann die Zahlung des Beitrags iHv. monatlich 248,00 Euro durch die Beklagte in die zugunsten der Streitverkündeten abgeschlossene Lebensversicherung beim V keine Auskehrung eines Vergütungsanteils an einen Dritten sein (Hanau in Hanau/Arteaga/Rieble/Veit Entgeltumwandlung 3. Aufl. Teil F Rn. 15). 34 bb) Nach § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO gilt im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- oder Dienstleistung eine angemessene Vergütung als geschuldet, wenn der Schuldner einem Dritten unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder Dienste leistet, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unverhältnismäßig geringen Vergütung bestehen im vorliegenden Fall nicht, und zwar auch dann nicht, wenn man annähme, das Entgelt der Streitverkündeten sei um 248,00 Euro monatlich verringert worden. Zudem bewirkt die Entgeltumwandlung keine Verringerung der für die Arbeitsleistung gewährten Gegenleistung, sondern lediglich, dass an die Stelle des Entgeltanspruchs des Arbeitnehmers eine Versorgungsanwartschaft tritt. 35 b) Auch eine analoge Anwendung von § 850h Abs. 1 Satz 1 sowie § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO scheidet vorliegend aus (anders wohl Hanau in Hanau/Arteaga/Rieble/Veit Entgeltumwandlung 3. Aufl. Teil F Rn. 17; LAG Niedersachsen 19. August 2010 – 4 Sa 970/09 B – zu II 1 b bb der Gründe). 36 Unabhängig davon, ob überhaupt eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, ist der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht nicht so weit mit den vom Gesetzgeber geregelten Tatbeständen vergleichbar, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Normen, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. zu dieser Anforderung etwa BAG 25. Januar 2018 – 8 AZR 309/16 – Rn. 64 mwN, BAGE 161, 378). Zweck der Regelungen in § 850h Abs. 1 Satz 1 und § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO ist es zu verhindern, dass dem Gläubiger durch unlautere Machenschaften des Schuldners in Form einer Lohnverschiebung bzw. einer Lohnverschleierung der Zugriff auf die gepfändete Forderung entzogen wird (Zöller/Herget ZPO 33. Aufl. § 850h Rn. 1). Unter Berücksichtigung des in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Anliegens kann in der Vereinbarung einer Entgeltumwandlung jedenfalls dann keine unlautere Machenschaft liegen, wenn – wie hier – der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Betrag von vier vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht überschritten wurde. 37 3. Schließlich ist die Entgeltumwandlungsvereinbarung entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. 38 a) Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Voraussetzung hierfür ist, dass das Rechtsgeschäft nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (vgl. etwa BAG 21. April 2016 – 8 AZR 474/14 – Rn. 31 mwN). 39 b) In Anbetracht des in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Anliegens kann allein in der Realisierung des Anspruchs auf Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG durch einen Arbeitnehmer kein Sittenverstoß liegen. Eine andere Bewertung könnte zwar dann geboten sein, wenn sich der/die Schuldner/in durch die Entgeltumwandlung vorsätzlich einer Unterhaltspflicht gegenüber seinen/ihren Kindern entziehen würde (vgl. BAG 17. Februar 1998 – 3 AZR 611/97 – zu 2 der Gründe, BAGE 88, 28). Dafür, dass dies bei der Streitverkündeten der Fall ist, fehlt es an jeglichem Vorbringen des Klägers. Im Übrigen wirkt sich aus, dass dem Kläger durch die zwischen der Streitverkündeten und der Beklagten vereinbarte Entgeltumwandlung kein Vermögensbestandteil, auf den er im Wege der Zwangsvollstreckung grundsätzlich zurückgreifen kann, auf Dauer entzogen wurde. Dem Kläger stehen die der Streitverkündeten mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags zugewendeten Vorteile spätestens dann – im Rahmen der Pfändbarkeit – zur Verfügung, wenn er deren Ansprüche auf die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus der Direktversicherung pfänden und sich zur Einziehung überweisen lässt (vgl. BAG 17. Februar 1998 – 3 AZR 611/97 – aaO).              Schlewing                  Winter                  Vogelsang                                    R. Kandler                  M. Felderhoff" bag_34-21,15.10.2021,"15.10.2021 34/21 - Keine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten durch die Regelung von Mehrarbeit und Überstunden im TVöD-K Die für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände maßgebliche Fassung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD-K) enthält für den Freizeitausgleich und die Vergütung von Stunden, die Teilzeitbeschäftigte ungeplant über ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus erbringen, eigenständige Regelungen, die sich so sehr von den Regelungen zum Entstehen, dem Ausgleich und der Vergütung von Überstunden bei Vollbeschäftigten unterscheiden, dass keine Vergleichbarkeit mehr gegeben ist. Mit dieser Differenzierung haben die Tarifvertragsparteien ihren durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Deshalb diskriminieren die für Teilzeitbeschäftigte geltenden Regelungen diese nicht und sind wirksam. Die sowohl für Voll- als auch Teilzeitbeschäftigte maßgebliche Sonderregelung in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K zur Entstehung von Überstunden bei Beschäftigten, die Wechselschicht- oder Schichtarbeit leisten, verstößt jedoch gegen das Gebot der Normklarheit und ist deshalb unwirksam. Die Klägerin ist seit 1999 bei der beklagten Klinikbetreiberin als Pflegekraft in Teilzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden beschäftigt. Sie leistet Wechselschicht- bzw. Schichtarbeit, die nach einem für den Monat geltenden Dienstplan erbracht wird. Aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gelten die Regelungen eines Haustarifvertrages vom 19. Januar 2017, der seinerseits für die Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit den TVöD-K in seiner zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung in Bezug nimmt. Die Klägerin leistete im Zeitraum Januar bis Juni 2017 sowohl über ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus im Dienstplan vorgesehene (geplante) Arbeitsstunden, als auch im Dienstplan nicht vorgesehene (ungeplante) Arbeitsstunden, ohne dabei jedoch die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollbeschäftigten zu überschreiten. Die Beklagte vergütete diese Arbeitsstunden mit dem anteiligen tariflichen Tabellenentgelt. Die Klägerin beansprucht darüber hinaus Überstundenzuschläge auf der Grundlage der § 7 Abs. 8 Buchst. c, § 8 Abs. 1 Sätze 1, 2 Buchst. a TVöD-K. Sie meint, diese stünden ihr hinsichtlich der ungeplanten Arbeitsstunden auch dann zu, wenn sie ihre vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit nicht überschreite. Bei den geplanten Arbeitsstunden komme es auf eine Überschreitung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten nicht an. Andernfalls werde sie als Teilzeitbeschäftigte nach nationalem Recht und nach Unionsrecht gegenüber Vollbeschäftigten diskriminiert. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Wegen der Unwirksamkeit des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K ist für sie allein die Regelung zur Mehrarbeit in § 7 Abs. 6 TVöD-K maßgeblich. Diese Bestimmung sieht keine Zahlung von Überstundenzuschlägen für die von der Klägerin zusätzlich geleisteten Stunden, mit der sie ihre vertragliche Arbeitszeit, aber noch nicht die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollbeschäftigen überschritt, vor. Anspruch auf den in § 7 Abs. 7 iVm. § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 TVöD-K vorgesehenen Überstundenzuschlag hat sie deshalb nicht. Diese Differenzierung zwischen den Gruppen der Voll- und der Teilzeitbeschäftigten ist wirksam, weil für sie völlig unterschiedliche Regelungssysteme des TVöD-K in Bezug auf das Entstehen und den Ausgleich von Mehrarbeit und Überstunden gelten. Der Senat hält an seiner bisherigen, ausschließlich auf den nicht gezahlten Überstundenzuschlag gerichteten Rechtsprechung (BAG 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 -) ebenso wenig fest wie an dem in dieser Entscheidung sowie in der Entscheidung vom 25. April 2013 (- 6 AZR 800/11 -) gefundenen Auslegungsergebnis des Überstundenbegriffs des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit. Die danach erforderliche Differenzierung zwischen geplanten und ungeplanten Überstunden weicht von der nach § 7 Abs. 7 TVöD-K geltenden Grundregel, nach der nur ungeplante zusätzliche Stunden Überstunden werden können, ab, ohne dass ein solcher Regelungswille der Tarifvertragsparteien im Normtext ausreichend Niederschlag gefunden hat. § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K kann auch kein anderer objektiver Normbefehl entnommen werden. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Oktober 2021 – 6 AZR 253/19 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 3. Mai 2019 – 8 Sa 340/18 – Hinweis: Der Senat hat am gleichen Tag in zwei ähnlich gelagerten Verfahren, die allerdings keinen Fall von Wechselschicht- bzw. Schichtarbeit betrafen, die Revisionen der Klägerinnen ebenfalls zurückgewiesen (- 6 AZR 254/19 -, – 6 AZR 332/19 -). § 6 TVöD-K lautet auszugsweise: (1) 1Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen für a) … b) die Beschäftigten im Tarifgebiet West durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich, im Tarifgebiet Ost durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich. … (2) 1Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. 2Abweichend von Satz 1 kann bei Beschäftigten, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden. … (5) Die Beschäftigten sind im Rahmen begründeter betrieblicher/dienstlicher Notwendigkeiten … – bei Teilzeitbeschäftigten aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung oder mit ihrer Zustimmung – zu … Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet. § 7 TVöD-K lautet auszugsweise: … (6) Mehrarbeit sind die Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 1.1 Satz 1) leisten. (7) Überstunden sind die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden. (8) Abweichend von Absatz 7 sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die … c) im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden einschließlich der im Schichtplan vorgesehenen Arbeitsstunden, die bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden, angeordnet worden sind.","Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 3. Mai 2019 – 8 Sa 340/18 – wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen. Leitsatz 1. Die Überstundenregelung für Wechselschicht- und Schichtarbeit in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K verstößt gegen das Gebot der Normenklarheit und ist unwirksam. Das Vorliegen von Überstunden richtet sich auch bei dieser Beschäftigtengruppe darum allein nach § 7 Abs. 7 TVöD-K. 2. Leisten Teilzeitbeschäftigte Mehrarbeit iSd. § 7 Abs. 6 TVöD-K, sind diese Arbeitsstunden nicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a TVöD-K zuschlagspflichtig. Dies stellt weder eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG noch eine Diskriminierung wegen der Teilzeit oder des Geschlechts dar. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über einen Anspruch der teilzeitbeschäftigten Klägerin auf Zahlung von Überstundenzuschlägen. 2 Die Klägerin ist seit 1999 bei der beklagten Klinikbetreiberin als Pflegekraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden beschäftigt. Sie leistet Wechselschicht- bzw. Schichtarbeit, die nach einem monatlich erstellten Dienstplan erbracht wird. Aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gelten die Regelungen eines Haustarifvertrags vom 19. Januar 2017. Dieser nimmt in § 2 Abs. 2 ua. hinsichtlich der Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit die zu diesem Zeitpunkt für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände maßgebliche durchgeschriebene Fassung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD-K) in Bezug. 3 Diese lautet auszugsweise:          „§ 6             Regelmäßige Arbeitszeit          (1) 1Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen für          …                 b) die Beschäftigten im Tarifgebiet West durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich …                                                                (2) 1Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. 2Abweichend von Satz 1 kann bei Beschäftigten, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.          …                 (5) Die Beschäftigten sind im Rahmen begründeter betrieblicher/dienstlicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht-, Schichtarbeit sowie – bei Teilzeitbeschäftigung aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung oder mit ihrer Zustimmung – zu Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet.          …                 § 7               Sonderformen der Arbeit          …                 (6) Mehrarbeit sind die Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 1.1 Satz 1) leisten.          (7) Überstunden sind die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden.          (8) Abweichend von Absatz 7 sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die          …               c) im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden einschließlich der im Schichtplan vorgesehenen Arbeitsstunden, die bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden,          angeordnet worden sind.                                                                                  …                 § 8               Ausgleich für Sonderformen der Arbeit          (1) 1Der/Die Beschäftigte erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. 2Die Zeitzuschläge betragen – auch bei Teilzeitbeschäftigten – je Stunde          a)     für Überstunden                            in den Entgeltgruppen 1 bis 9b 30 v.H.,                            in den Entgeltgruppen 9c bis 15 15 v.H.,                   …                                            des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe. … 4Auf Wunsch der/des Beschäftigten können, soweit ein Arbeitszeitkonto (§ 10) eingerichtet ist und die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse es zulassen, die nach Satz 2 zu zahlenden Zeitzuschläge entsprechend dem jeweiligen Vomhundertsatz einer Stunde in Zeit umgewandelt und ausgeglichen werden. 5Dies gilt entsprechend für Überstunden als solche.                   Protokollerklärung zu Absatz 1 Satz 1:                   Bei Überstunden richtet sich das Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung nach der jeweiligen Entgeltgruppe und der individuellen Stufe, höchstens jedoch nach der Stufe 4.                   …                          (2) Für Arbeitsstunden, die keine Überstunden sind und die aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht innerhalb des nach § 6 Abs. 2 Satz 1 oder 2 festgelegten Zeitraums mit Freizeit ausgeglichen werden, erhält die/der Beschäftigte je Stunde 100 v.H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe.                   …                          § 10                      Arbeitszeitkonto                   (1) 1Durch Betriebs-/Dienstvereinbarung kann ein Arbeitszeitkonto eingerichtet werden. …                                                                                                    (3) 1Auf das Arbeitszeitkonto können Zeiten, die bei Anwendung des nach § 6 Abs. 2 festgelegten Zeitraums als Zeitguthaben oder als Zeitschuld bestehen bleiben, nicht durch Freizeit ausgeglichene Zeiten nach § 8 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 2 sowie in Zeit umgewandelte Zuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 4 gebucht werden. … 3Die/Der Beschäftigte entscheidet für einen in der Betriebs-/Dienstvereinbarung festgelegten Zeitraum, welche der in Satz 1 genannten Zeiten auf das Arbeitszeitkonto gebucht werden.                   …“              4 Der Ausgleichszeitraum des § 6 Abs. 2 Satz 2 TVöD-K im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit ist bei der Beklagten durch einen Einigungsstellenspruch auf ein Jahr festgelegt. 5 Die Klägerin leistete – soweit noch Gegenstand der Revision – über ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus im Dienstplan vorgesehene (geplante) 21,94 Arbeitsstunden in den Monaten Januar und April 2017, ferner am 10. und 14. Februar 2017 im Dienstplan nicht vorgesehene (ungeplante) 1,58 Arbeitsstunden. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollbeschäftigten überschritt sie in keinem der Streitzeiträume. 6 Die Beklagte vergütete diese Arbeitsstunden mit dem anteiligen tariflichen Tabellenentgelt. Die Klägerin beansprucht mit ihrer Klage darüber hinaus Überstundenzuschläge auf der Grundlage des Haustarifvertrags iVm. § 7 Abs. 8 Buchst. c, § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a TVöD-K. 7 Die Klägerin ist der Ansicht, diese Zuschläge stünden ihr hinsichtlich der ungeplanten Arbeitsstunden auch dann zu, wenn sie ihre vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit nicht überschreite. Bei den geplanten Arbeitsstunden komme es auf eine Überschreitung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten im Schichtplanturnus nicht an. Andernfalls werde sie, weil der Überstundenzuschlag keine besondere Belastung ausgleichen solle, sondern den Schutz des Freizeitbereichs bezwecke, als Teilzeitbeschäftigte nach nationalem Recht und nach Unionsrecht gegenüber Vollbeschäftigten diskriminiert. 8 Die Klägerin hat – soweit für die Revision noch relevant – zuletzt beantragt,          die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 127,37 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen. 9 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. 10 Sie hat die Ansicht vertreten, das Vorliegen von Überstunden setze bei den ungeplanten Arbeitsstunden ua. voraus, dass die sog. Vollzeitquote – bzw. bei Teilzeitbeschäftigten wie der Klägerin die sog. Teilzeitquote – überschritten werde, was im Februar 2017 nicht der Fall gewesen sei. 11 Hinsichtlich der geplanten Arbeitsstunden setze § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K auch bei Teilzeitbeschäftigten eine im Schichtplanturnus nicht ausgeglichene Überschreitung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten voraus. Eine unzulässige Benachteiligung sei darin nicht zu sehen. Es liege bereits keine Ungleichbehandlung vor. Jedenfalls sei eine solche durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, weil § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 2 TVöD-K den Zweck habe, besondere Belastungen auszugleichen, die bei Überschreitung der tariflich vorgegebenen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit entstünden. 12 Das Arbeitsgericht hat der Klägerin Überstundenzuschläge für 10,08 ungeplante Arbeitsstunden, darunter die in der Revision noch streitgegenständlichen 1,58 Stunden aus Februar 2017, zugesprochen und im Übrigen die Klage ua. hinsichtlich der in der Revision noch streitgegenständlichen 21,94 geplanten Arbeitsstunden abgewiesen. 13 Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil der Vorinstanz teilweise abgeändert und die Klage auch hinsichtlich der 1,58 ungeplanten Arbeitsstunden aus Februar 2017 abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten sowie die bezüglich der nicht zuerkannten Überstundenzuschläge für die geplanten Arbeitsstunden erhobene Berufung der Klägerin zurückgewiesen. 14 Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel hinsichtlich der 1,58 ungeplanten Arbeitsstunden aus Februar 2017 sowie der 21,94 geplanten Arbeitsstunden aus Januar und April 2017 weiter. Erstmals in der Revisionsinstanz hat sie einen Verstoß gegen das Verbot der unzulässigen Benachteiligung wegen des Geschlechts behauptet. Entscheidungsgründe 15 Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Sonderregelung für das Entstehen von Überstunden bei Wechselschicht- oder Schichtarbeit in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K verstößt gegen das Gebot der Normenklarheit und ist deshalb unwirksam (Rn. 24 ff.). Die Klägerin hat lediglich nicht zuschlagspflichtige Mehrarbeit iSv. § 7 Abs. 6 TVöD-K erbracht. Sie kann daher weder für die von ihr geleisteten 1,58 ungeplanten Arbeitsstunden aus Februar 2017 noch für die 21,94 geplanten Arbeitsstunden aus Januar und April 2017 Überstundenzuschläge beanspruchen. Dies hat keine Diskriminierung der Klägerin als Teilzeitbeschäftigte zur Folge (Rn. 33 ff.). 16 I. § 7 Abs. 7 TVöD-K definiert den Grundfall für das Entstehen von zuschlagspflichtigen Überstunden. Dafür ist erforderlich, dass Beschäftigte nicht im Dienstplan vorgesehene, dh. ungeplante Arbeitsstunden leisten. Im Dienstplan eingeplante Arbeitsstunden können hingegen nicht zu Überstunden werden. Weiterhin müssen die ungeplanten Arbeitsstunden über die regelmäßige Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K) hinausgehen. Weitere – vorliegend nicht streitbefangene – Voraussetzungen sind die Anordnung durch den Arbeitgeber sowie der nicht erfolgte Ausgleich der Stunden im Ausgleichszeitraum des § 7 Abs. 7 TVöD-K. 17 1. In den Dienstplan eingeplante Überstunden sieht dieser Grundfall nicht vor. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags (vgl. zu den Grundsätzen der Tarifauslegung BAG 7. Februar 2019 – 6 AZR 44/18 – Rn. 27 mwN). 18 a) Bereits nach dem Tarifwortlaut setzt § 7 Abs. 7 TVöD-K voraus, dass die von den Beschäftigten geleisteten Arbeitsstunden über die dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen. Eine dienstplanmäßige Überplanung kann somit keine Überstunde im Sinne des Tarifvertrags nach sich ziehen. Überstunden iSd. § 7 Abs. 7 TVöD-K und damit zuschlagspflichtig sind – vorbehaltlich der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen – stets nur ungeplante, nicht aber geplante, dh. im Dienstplan vorgesehene Arbeitsstunden (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Teil B 1 § 6 Stand November 2015 Rn. 83.2; BeckOK TVöD/Goodson TVöD-AT § 7 Stand 1. Juni 2008 Rn. 35; Spengler in Hahn/Pfeiffer/Schubert Arbeitszeitrecht 2. Aufl. § 7 TVöD Rn. 30). 19 b) Dieses Verständnis entspricht auch der Tarifsystematik. § 6 Abs. 1 TVöD-K gibt keine fixe, sondern nur eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit vor, die im Ausgleichszeitraum des § 6 Abs. 2 TVöD-K erreicht werden muss. Innerhalb dieses Ausgleichszeitraums ist es dem Arbeitgeber möglich, den Beschäftigten flexibel einzuplanen. Er kann ihn bspw. in einer Woche geplant über die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K hinaus einsetzen, solange dieses Mehr durch ein Weniger an Arbeitsstunden in einer anderen Woche des Ausgleichszeitraums auf die durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit des § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K zurückgeführt wird (vgl. BAG 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 – Rn. 59, BAGE 158, 360). § 6 Abs. 2 TVöD-K liefe leer, wenn für solche Arbeitsstunden § 7 Abs. 7 TVöD-K anwendbar und damit der dort festgelegte Ausgleichszeitraum maßgeblich wäre. 20 c) Das vorstehend dargelegte Tarifverständnis entspricht schließlich dem erklärten Ziel der Tarifvertragsparteien des TVöD-K zur zuschlagsfreien Flexibilisierung des Einsatzes der Beschäftigten (vgl. dazu BAG 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 31, 28 mwN). 21 2. Zusätzlich setzt § 7 Abs. 7 TVöD-K voraus, dass die im jeweiligen Tarifgebiet maßgebliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten überschritten wird (vgl. BAG 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 17, 25; 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 – Rn. 59, BAGE 158, 360). Wird die regelmäßige Arbeitszeit des § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K in der Woche dagegen unterschritten, können keine Überstunden entstehen. 22 a) Dieses Normverständnis gibt der Wortlaut des § 7 Abs. 7 TVöD-K vor. Er verlangt ein Überschreiten der „im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1) für die Woche“ dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden. 23 b) Darüber hinaus steht nur dieses Verständnis mit der unmissverständlichen, nicht auslegungsfähigen Regelung in § 7 Abs. 6 TVöD-K im Einklang. Dem systematischen Zusammenspiel dieser beiden Normen ist eindeutig die Vorstellung der Tarifvertragsparteien zu entnehmen, dass Mehrarbeit und Überstunden in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander stehen. Danach kann jede Arbeitsstunde von Teilzeitbeschäftigten ausschließlich im zeitlichen Bereich oberhalb der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten – vorbehaltlich der sonstigen Voraussetzungen – zu einer Überstunde im Tarifsinn werden (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 7 Stand Juni 2021 Rn. 54). Dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bei Vollbeschäftigten bereits eine die Arbeitszeit des § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K unterschreitende Arbeitsleistung zu Überstunden führen können soll, ist nicht ersichtlich (aA wohl Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Teil B 1 § 7 Stand Oktober 2019 Rn. 79 f.; ähnliches Beispiel bei Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil II/1 § 7 Stand April 2018 Rn. 49; vgl. zu dem nach Wortlaut und Systematik grundlegend verschiedenen § 19 MTB II: BAG 4. September 1985 – 7 AZR 240/83 – zu II der Gründe; 30. April 1992 – 6 AZR 18/91 – zu II 1 der Gründe). 24 II. Für die in Wechselschicht- bzw. Schichtarbeit tätigen Beschäftigten haben die Tarifvertragsparteien eine vom Grundfall des § 7 Abs. 7 TVöD-K abweichende Überstundenregelung in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K getroffen. Diese Regelung genügt allerdings nicht dem auch für tarifvertragliche Normen geltenden Bestimmtheitsgebot. An dem vom Senat in den Entscheidungen vom 25. April 2013 (- 6 AZR 800/11 -) sowie vom 23. März 2017 (- 6 AZR 161/16 – BAGE 158, 360) gefundenen Auslegungsergebnis des Überstundenbegriffs des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K hält er angesichts des dargestellten Verständnisses der Grundnorm des § 7 Abs. 7 TVöD-K nicht fest. Der Überstundenregelung des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K lässt sich auch kein anderer objektiver Normbefehl entnehmen. Der Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit führt zur Unwirksamkeit dieser Regelung. Damit beantwortet sich die Frage, ob zuschlagspflichtige Überstunden vorliegen, auch im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit allein nach § 7 Abs. 7 TVöD-K. 25 1. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit verlangt vom Normgeber, die von ihm erlassenen Regelungen so bestimmt zu fassen, dass die Rechtsunterworfenen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge vorliegen (st. Rspr. des BVerfG zum für gesetzliche Grundrechtsbeschränkungen entwickelten Klarheits- und Bestimmtheitsgebot, zB: BVerfG 24. Januar 2012 – 1 BvR 1299/05 – Rn. 168 f., BVerfGE 130, 151; 11. März 2008 – 1 BvR 2074/05 ua. – Rn. 93 ff., BVerfGE 120, 378, jeweils mwN). Dies gilt grundsätzlich auch für tarifvertragliche Regelungen, was insbesondere im Schriftformgebot des § 1 Abs. 2 TVG seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat. Der Normadressat muss erkennen können, ob er von der Tarifnorm erfasst ist und welchen Regelungsgehalt diese hat. Dabei dürfen Tarifvertragsparteien in den von ihnen gefundenen Normen, die auf eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen Anwendung finden, ebenso wie der Gesetzgeber auch unbestimmte Rechtsbegriffe und auslegungsbedürftige Formulierungen verwenden. Sie sind jedoch gehalten, Tarifnormen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfG 24. April 2013 – 1 BvR 1215/07 – Rn. 181, BVerfGE 133, 277). Das Bestimmtheitsgebot ist verletzt, wenn sich Tarifnormen auch durch eine Auslegung nach den Regeln der juristischen Methodenlehre nicht hinreichend konkretisieren lassen und ihre Anwendung daher nicht mehr vorhersehbar und justiziabel ist. Dabei ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Unwirksamkeitsfolge die gesamte Bestimmung oder nur einen Teil erfasst (vgl. BAG 26. Februar 2020 – 4 AZR 48/19 – Rn. 38 mwN, BAGE 170, 56). 26 2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze genügt § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K nicht dem Gebot der Normenklarheit. 27 a) Der Senat hat § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K in seinen Entscheidungen vom 25. April 2013 und 23. März 2017 dahingehend ausgelegt, dass er sinnvoll nur in der folgenden Lesart sei (vgl. BAG 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 – Rn. 16, BAGE 158, 360; 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 19; kritisch hierzu: Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil II/1 § 7 Stand Mai 2014/April 2018 Rn. 62 ff.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 7 Stand Oktober 2019 Rn. 68b; Burger in HK-TVöD/TV-L 4. Aufl. § 7 Rn. 107 ff.):          „Abweichend von Absatz 7 sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden hinaus angeordnet worden sind, und/oder die im Schichtplan vorgesehenen (festgesetzten) Arbeitsstunden, die – bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (iSv. § 6 Abs. 1 TVöD-K) – im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden.“ 28 In dieser Lesart trenne das Begriffspaar „und/oder“ zwei Alternativen von Überstundenkonstellationen. Die erste Alternative betreffe den Sachverhalt, in dem zu den im Schichtplan festgesetzten „täglichen“ Arbeitsstunden zusätzliche, nicht im Schichtplan ausgewiesene Stunden angeordnet werden. Solchen „ungeplanten“ Überstunden stünden die Fälle der zweiten Alternative gegenüber, in denen die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bereits durch die im Schichtplan angeordneten Stunden überschritten werde (sog. eingeplante Überstunden, vgl. BAG 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 – Rn. 17, BAGE 158, 360; 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 24). 29 b) An diesem auch von der betrieblichen Praxis als nicht überzeugend empfundenen Normverständnis (zu dessen praktischen Problemen Burger in HK-TVöD/TV-L 4. Aufl. § 7 Rn. 107; vgl. auch die Empfehlungen der VKA im Rundschreiben vom 4. September 2013 – R 204/2013 -, abgedruckt bei Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil II/1 § 7 Stand April 2018 Rn. 65a) hält der Senat vor dem Hintergrund der Gesamtsystematik der Überstundenregelungen des TVöD-K nicht mehr fest. 30 aa) Nach dem nun erstmals in den Blick genommenen Verständnis des Überstundengrundfalls des § 7 Abs. 7 TVöD-K sind nur solche Arbeitsstunden Überstunden und damit zuschlagspflichtig nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K, die planwidrig und über die regelmäßige Arbeitszeit des § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K hinaus in der Woche geleistet und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen worden sind. Aus „geplanten“ Arbeitsstunden können nach der Tarifsystematik nie zuschlagspflichtige Überstunden iSd. § 7 Abs. 7 TVöD-K entstehen (dazu vorstehend Rn. 17 ff.). Solche Arbeitsstunden können allenfalls § 8 Abs. 2 TVöD-K unterfallen. Darum ist es nicht unsinnig (so aber noch BAG 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 20 f.), sondern steht gerade im Einklang mit diesem Grundverständnis, wenn auch in den Fällen der Wechselschicht- oder Schichtarbeit allein ungeplante Arbeitsstunden zu Überstunden werden können. Mit der Formulierung „Abweichend … sind nur“ haben die Tarifvertragsparteien im Einleitungssatz des § 7 Abs. 8 TVöD-K deutlich gemacht, dass sie diese für Wechselschicht- und Schichtarbeit geltende Sonderregelung als Einschränkung gegenüber dem Grundtatbestand des § 7 Abs. 7 TVöD-K verstehen. Die bisherige Annahme des Senats, dass im Falle der Wechselschicht- oder Schichtarbeit auch geplante Arbeitsstunden zu Überstunden und damit zuschlagspflichtig werden können, begründet dagegen einen neuen Überstundentatbestand und führt zu einem Systembruch. Ein solcher Regelungswille der Tarifvertragsparteien könnte nur angenommen werden, wenn er sich aus dem Wortlaut der Tarifnorm unzweifelhaft ergäbe. Das ist aber schon angesichts des komplizierten Wortlauts der Norm nicht der Fall. 31 bb) Darüber hinaus kann vor dem Hintergrund des Überstundenbegriffs des § 7 Abs. 7 TVöD-K nicht mehr angenommen werden, der Begriff „einschließlich“ in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K sei abweichend von seiner allgemeinen Sprachbedeutung nicht als „mitsamt“ oder „einbegriffen“, sondern ausnahmsweise als „und“ iSv. „und/oder“ zu verstehen, weil damit die Alternativen der geplanten bzw. ungeplanten Stunden voneinander abgegrenzt werden sollten (dazu BAG 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 – Rn. 24 ff. mit Nachw. zur Gegenansicht, BAGE 158, 360; 25. April 2013 – 6 AZR 800/11 – Rn. 22 f.). 32 c) Dem § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K lässt sich bei Berücksichtigung der Tarifsystematik auch kein anderer objektiver Normbefehl entnehmen. Soweit mit der Norm lediglich der Ausgleichszeitraum der folgenden Kalenderwoche durch den Schichtplanturnus ersetzt werden sollte (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 7 Stand November 2017 Rn. 68), spricht dagegen, dass es dafür genügt hätte, in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K zu formulieren „Abweichend von § 7 Abs. 7 ist Ausgleichszeitraum der Schichtpanturnus“ oder eine derartige Passage als Satz 2 in § 7 Abs. 7 TVöD-K einzufügen. Zudem bestünde für ungeplant in der letzten Woche des Schichtplanturnus geleistete Arbeitsstunden ein kürzerer Ausgleichszeitraum als im Grundfall des § 7 Abs. 7 TVöD-K (Burger in HK-TVöD/TV-L 4. Aufl. § 7 Rn. 111). Dies ist mit der von § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K angesichts seines Einleitungssatzes („nur“) angestrebten Einschränkung des Entstehens von Überstunden bei Wechselschicht- oder Schichtarbeit nicht vereinbar. Letztlich lassen sich in ein solches Normverständnis auch die Begrifflichkeiten der „festgelegten“ und „vorgesehenen“ Arbeitsstunden nicht widerspruchsfrei einordnen. 33 III. Für Teilzeitbeschäftigte haben die Tarifvertragsparteien in § 7 Abs. 6 TVöD-K eine ebenfalls vom Grundfall des § 7 Abs. 7 TVöD-K abweichende, eigenständige Regelung getroffen. Danach stellen über die für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinaus geleistete Arbeitsstunden auch bei Teilzeitbeschäftigten erst dann Überstunden iSd. § 7 Abs. 7 TVöD-K dar, wenn durch sie zugleich auch die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten überschritten wird und kein Ausgleich bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche erfolgt. Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit (sog. Teilzeitquote) hinaus leisten, ohne zugleich die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 TVöD-K zu erfüllen, unterfallen nach dieser unmissverständlichen, nicht auslegungsfähigen Regelung (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 7 Stand April 2021 Rn. 54) als Mehrarbeit der Regelung des § 8 Abs. 2 TVöD-K, sind aber nicht zuschlagspflichtig iSd. § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a TVöD-K. Diese Regelung verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und führt auch nicht zu einer Diskriminierung iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 TzBfG oder zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts iSv. §§ 1, 3 Abs. 2, § 7 AGG. 34 1. Aufgrund des Arbeitszeit- und Entgeltsystems des TVöD-K ist eine Ungleichbehandlung der in Teilzeit Beschäftigten im Vergleich zu den Vollbeschäftigten überhaupt nur hinsichtlich der Stunden denkbar, die ungeplant und zudem über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinaus erbracht werden. Bei den übrigen in Betracht kommenden Konstellationen stellt der TVöD-K die Gleichbehandlung beider Personengruppen sicher. 35 a) Geplante, über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunden sind nach dem Tarifsystem des TVöD-K keine Überstunden. Erbringen Beschäftigte solche zusätzlichen Arbeitsstunden, erhalten sie dafür keinen Zuschlag nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a TVöD-K. Diese Stunden sind vielmehr innerhalb des nach § 6 Abs. 2 TVöD-K festgelegten Zeitraums in Freizeit auszugleichen oder, sofern dies aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht möglich ist, sowohl bei Teilzeit- als auch bei Vollbeschäftigten gemäß § 8 Abs. 2 TVöD-K mit 100 % des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der dem jeweiligen Beschäftigen zustehenden Entgeltgruppe und Stufe zu vergüten. In diesem Fall entspricht die Vergütung also sowohl bei Teilzeit- als auch bei Vollbeschäftigten dem individuell geschuldeten Entgelt. 36 b) Wird durch geplante oder ungeplante (zusätzliche) Arbeit das vertraglich geschuldete Arbeitszeitsoll nicht erreicht, greifen die Regelungen zur Vergütung und zum freizeitrechtlichen Ausgleich von Mehrarbeit und Überstunden weder bei Teilzeit- noch bei Vollbeschäftigten ein. 37 2. Ein Gleichheitsverstoß iSv. Art. 3 Abs. 1 GG hinsichtlich der Behandlung von Teilzeit- und Vollbeschäftigten bei der Erbringung ungeplanter, über die jeweilige vertragliche Arbeitszeit hinausgehender Arbeitsleistungen scheidet aus. Die Tarifvertragsparteien haben den nach ihrer Einschätzung bezüglich des Entstehens und des Ausgleichs von Mehrarbeit und Überstunden bestehenden unterschiedlichen Interessenlagen dieser beiden Gruppen durch diese Interessen berücksichtigende unterschiedliche Regelungen Rechnung getragen. Danach befinden sich die Gruppen der Teilzeitbeschäftigten und die der Vollbeschäftigten bezogen auf das Erbringen über die jeweilige vertragliche Arbeitszeit hinausgehender, ungeplanter Arbeitsleistungen im Tarifsystem des TVöD-K nicht mehr in einer vergleichbaren Situation. Diese Differenzierung ist vom Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien, der Teil der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie (hierzu zuletzt BAG 22. Juni 2021 – 1 ABR 28/20 – Rn. 40 mwN) ist, gedeckt und damit verfassungskonform. 38 a) Verfassungsrechtlich relevant ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen die Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (zuletzt BAG 19. November 2020 – 6 AZR 449/19 – Rn. 27). Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und der betroffenen Interessen eine weitreichende Einschätzungsprärogative zu, die ihnen aufgrund ihrer Sachnähe auch Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, die dem Gesetzgeber verschlossen sind (BAG 2. August 2018 – 6 AZR 437/17 – Rn. 38, BAGE 163, 205). Die Tarifautonomie gewährt den Koalitionen einen Freiraum, in dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihre Interessengegensätze zum Beispiel durch Aushandeln von Tarifverträgen in eigener Verantwortung austragen können (BAG 22. Juni 2021 – 1 ABR 28/20 – Rn. 40 mwN). 39 b) Die Tarifvertragsparteien haben den Arbeitgebern gegenüber Teilzeitbeschäftigten anders als gegenüber Vollbeschäftigten nicht die Möglichkeit eröffnet, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung im Rahmen des Direktionsrechts allein durch bloße Überplanung flexibel abzurufen. Sie haben vielmehr sowohl die Verpflichtung zur Leistung von Mehrarbeit als auch von Überstunden durch § 6 Abs. 5 TVöD-K an das – generell im Arbeitsvertrag oder für den konkreten Einzelfall erklärte – Einverständnis der Teilzeitbeschäftigten geknüpft und diese so davor geschützt, ungeplant mehr als vertraglich geschuldet arbeiten zu müssen. Dass die öffentlichen Arbeitgeber in ihren Vertragsmustern ein solches Einverständnis vorsehen (dazu Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 7 Stand April 2021 Rn. 53) und faktische Zwänge ein Einverständnis im konkreten Fall bedingen können, ändert an der tariflichen Konzeption nichts. Das gilt umso mehr, als die Tarifvertragsparteien mit der Möglichkeit, das arbeitsvertragliche Einverständnis in einer Nebenabrede zu erklären, die unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 2 TVöD-K gesondert kündbar ist, Teilzeitbeschäftigten ein Mittel an die Hand gegeben haben, bei Änderung ihrer persönlichen Situation ein einmal erklärtes Einverständnis wieder rückgängig zu machen, ohne das Arbeitsverhältnis als solches zu gefährden. Mit der Vereinbarung des Einverständnisses in einer solchen gesondert kündbaren Nebenabrede wird daher der Intention der Tarifvertragsparteien Rechnung getragen. 40 c) Die Tarifvertragsparteien haben für die Vergütung von Überstunden iSv. § 7 Abs. 7 TVöD-K sowie von Mehrarbeit iSv. § 7 Abs. 6 TVöD-K in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 TVöD-K eigenständige Regelungen geschaffen, die Teilzeitbeschäftigte zum Teil sogar begünstigen. 41 aa) Leisten Beschäftigte Überstunden iSv. § 7 Abs. 7 TVöD-K, erhalten sie dafür zum einen das Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung. Dieses Entgelt wird gemäß der Protokollerklärung zu § 8 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K zwar grundsätzlich aus der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe berechnet, ist jedoch auf die Stufe 4 der individuellen Entgeltgruppe gedeckelt. Zum anderen erhalten die Beschäftigten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 TVöD-K einen Zeitzuschlag je Überstunde in Höhe von 30 % (Entgeltgruppen 1 bis 9b) bzw. 15 % (Entgeltgruppen 9c bis 15). Dieser Zuschlag wird für alle Beschäftigten unabhängig von ihrer tatsächlichen Stufenzuordnung aus der Stufe 3 ihrer individuellen Entgeltgruppe berechnet, also pauschalisiert. 42 bb) Erbringen Teilzeitbeschäftigte vergütungspflichtige Mehrarbeit, erhalten sie je Mehrarbeitsstunde den auf eine Stunde entfallenden Anteil des Tabellenentgelts, das aus ihrer jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe ermittelt wird, also dasselbe Tabellenentgelt, das ihnen auch für ihre reguläre Arbeitsleistung gezahlt wird. Dies hat zur Konsequenz, dass bei Beschäftigten der Entgeltgruppen 9c bis 15 in den Stufen 5 und 6 die Mehrarbeitsvergütung regelhaft höher ist als das auf die Stufe 4 gedeckelte Überstundenentgelt zuzüglich des auf die Stufe 3 pauschalisierten Überstundenzuschlags. Teilzeitbeschäftigte erhalten also in solchen Fällen für Mehrarbeit iSv. § 7 Abs. 6 TVöD-K eine höhere Vergütung als Vollbeschäftigte für die von ihnen geleisteten Überstunden, obwohl sie keinen Anspruch auf einen Zuschlag haben. Aufgrund der Deckelung der Überstundenvergütung und der Pauschalisierung des Zuschlags erhalten nämlich die Beschäftigten der Entgeltgruppen 9c bis 15, die den Stufen 5 und 6 zugeordnet sind – wie dargestellt – selbst unter Berücksichtigung des Zuschlags für eine Überstunde regelhaft nicht einmal ihr individuelles Stundenentgelt. 43 d) Die Tarifvertragsparteien haben schließlich für die Teilzeitbeschäftigten für den Ausgleich von Mehrarbeit ein eigenständiges Freizeitregime geschaffen, das sich von dem für den Ausgleich von Überstunden deutlich unterscheidet, den Ausgleich von Mehrarbeit durch Freizeit statt durch Vergütung in den Vordergrund stellt und diesen Ausgleich nicht von der Zustimmung durch den Arbeitgeber abhängig macht. Erbringen Teilzeitarbeitnehmer Mehrarbeit iSd. § 7 Abs. 6 TVöD-K, geht § 8 Abs. 2 TVöD-K davon aus, dass diese Mehrarbeit innerhalb des im Vergleich zu § 7 Abs. 7 TVöD-K typischerweise längeren Ausgleichszeitraums des § 6 Abs. 2 TVöD-K vorrangig mit Freizeit auszugleichen ist. Erst, wenn das aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht möglich ist, sieht § 8 Abs. 2 TVöD-K die Vergütung der Mehrarbeit mit dem individuellen Regelentgelt, dh. ohne die in § 8 Abs. 1 Satz 2 TVöD-K und der Protokollerklärung zu § 8 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K vorgesehene Deckelung bzw. Pauschalisierung, vor. Besteht ein Arbeitszeitkonto iSv. § 10 TVöD-K, können darauf gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 TVöD-K die nicht durch Freizeit ausgeglichenen Mehrarbeitsstunden verbucht werden. Dies kann der Arbeitgeber auch bei bestehenden Personalengpässen nicht verhindern, weil § 8 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 TVöD-K nur für die Buchung von Überstunden und von dafür zu zahlenden Zuschlägen die Vereinbarkeit mit den betrieblichen bzw. dienstlichen Verhältnissen verlangt (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 10 Stand Juni 2006 Rn. 15). 44 Demgegenüber sind bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche nicht ausgeglichene Arbeitsstunden als Überstunden iSd. § 7 Abs. 7 TVöD-K einschließlich des Zeitzuschlags nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-K grundsätzlich finanziell abzugelten und nur, sofern die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse dies zulassen, in Zeit umzuwandeln und durch Freizeit auszugleichen (§ 8 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 TVöD-K). Einen Vorrang des Freizeitausgleichs von Überstunden, wie ihn § 17 Abs. 5 BAT vorsah und § 43 Abs. 1 TVöD-BT-V (= § 8 Abs. 1.1 TVöD-V) immer noch vorsieht, regelt der TVöD-K nicht. 45 e) In der Gesamtschau dieser äußerst ausdifferenzierten tariflichen Regelungen haben die Tarifvertragsparteien des TVöD-K damit für das Entstehen und den Ausgleich von Mehrarbeit Regelungen gefunden, die sich von denen für das Entstehen und den Ausgleich von Überstunden grundlegend unterscheiden. Diese Unterschiedlichkeit führt dazu, dass es sich nicht mehr um vergleichbare Sachverhalte iSv. Art. 3 Abs. 1 GG handelt. Mit ihrer Einschätzung, es bestehe eine heterogene Interessenlage der Gruppen der Teilzeit- und der Vollbeschäftigten, die unterschiedliche Regelungen für Mehrarbeit und Überstunden bedinge, haben die Tarifvertragsparteien ihren verfassungsrechtlich gewährleisteten Gestaltungsspielraum nicht überschritten. 46 3. Teilzeitbeschäftigte werden durch die Ausgestaltung der Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit im TVöD-K auch nicht wegen ihrer Teilzeitarbeit iSv. § 4 TzBfG diskriminiert. 47 a) Der Pro-rata-temporis-Grundsatz des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist aufgrund der dargestellten völlig unterschiedlichen Ausgestaltung der Mehrarbeits- und der Überstundenvergütung im Entgeltsystem des TVöD-K, die dazu führt, dass die Überstundenvergütung auch einschließlich des Überstundenzuschlags nicht zwangsläufig ein höheres Entgelt als die Mehrarbeitsvergütung ist, von vornherein nicht geeignet, eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollbeschäftigten bei der Erbringung ungeplanter, über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinausgehender Leistungen abzubilden (weitergehend BAG 5. November 2003 – 5 AZR 8/03 – zu II 1 c und II 2 a der Gründe: Pro-rata-temporis-Grundsatz erfasst nur das für die regelmäßige Arbeitszeit gezahlte Entgelt und damit nicht das Entgelt für Überstunden). Bei einem solchen differenzierten und differenzierenden Entgeltsystem kann, anders als der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen hat (BAG 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 – Rn. 49 ff., BAGE 158, 360), die Frage, ob Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollbeschäftigten ungleich behandelt werden, daher nicht durch den bloßen Blick auf den den Teilzeitbeschäftigten nicht gezahlten Überstundenzuschlag beantwortet werden. Er hält deshalb für derartige Entgeltsysteme an dieser Rechtsprechung nicht fest. 48 b) Teilzeitbeschäftigte werden durch die Regelungen zur Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit im TVöD-K aus den in Rn. 39 ff. genannten Gründen auch nicht wegen ihrer Teilzeittätigkeit schlechter behandelt als vergleichbare Vollbeschäftigte, so dass auch das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG nicht verletzt ist. 49 4. Schließlich liegt aus den in Rn. 39 ff. genannten Gründen weder eine Geschlechtsdiskriminierung iSv §§ 1, 3 Abs. 2, § 7 AGG noch eine Verletzung des speziellen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG vor. 50 5. Die Regelungen zum Entstehen und zum Ausgleich von Mehrarbeit bzw. Überstunden und zu ihrer Vergütung im TVöD-K unterscheiden sich grundlegend von Vergütungssystemen, in denen das Überstundenentgelt sowie der -zuschlag aus dem Entgelt für die Regelarbeitsleistung berechnet werden und deshalb Beschäftigte in Vollzeit, die eine Überstunde leisten, immer gegenüber Teilzeitbeschäftigten, die lediglich Mehrarbeit leisten und dafür nur ihr Regelentgelt, aber keinen Zuschlag erhalten, finanziell begünstigt werden. Darum stellt sich im streitgegenständlichen Regelungssystem nicht die Frage, ob für die Feststellung einer Benachteiligung von Teilzeit- gegenüber Vollbeschäftigten auf die Gesamtvergütung oder isoliert auf den Überstundenzuschlag abzustellen ist und ob eine solche Benachteiligung gerechtfertigt sein kann, wenn mit der zusätzlichen Vergütung für Überstunden eine besondere Arbeitsbelastung ausgeglichen werden soll (dazu BAG 11. November 2020 – 10 AZR 185/20 (A) -). Gleiches gilt für die Frage, ob eine Geschlechtsdiskriminierung vorliegend bereits deshalb ausscheidet, weil bei der Beklagten rund 93 % der im Wechselschicht- und Schichtdienst Beschäftigten Frauen sind, wovon rund 2/3 in Teilzeit arbeiten, was zur Folge hat, dass der Anteil von Frauen auch bei den Vollbeschäftigten überwiegt. Ebenso wenig kommt es darauf an, welche tariflichen Regelungsziele eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollbeschäftigten überhaupt rechtfertigen können. 51 IV. Ausgehend von diesem Tarifverständnis kann die Klägerin weder für die von ihr geleisteten 21,94 geplanten Arbeitsstunden aus Januar und April 2017 noch für die 1,58 ungeplanten Arbeitsstunden aus Februar 2017 Überstundenzuschläge gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a TVöD-K beanspruchen. Der auch im Falle der Wechselschicht- bzw. Schichtarbeit leistenden Klägerin aufgrund der Unwirksamkeit des § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K allein anwendbare § 7 Abs. 7 TVöD-K setzt, wie dargestellt (Rn. 17 ff.), voraus, dass die dienstplanmäßig festgesetzten Arbeitsstunden überschritten und damit ungeplant Arbeitsstunden geleistet werden. Geplante Arbeitsstunden können in keinem Fall zuschlagspflichtig werden. Mit den 1,58 ungeplanten Arbeitsstunden hat die Klägerin die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K) nicht überschritten, was aber nach § 7 Abs. 7 TVöD-K iVm. § 7 Abs. 6 TVöD-K Voraussetzung für eine Zuschlagspflicht ist. 52 V. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).              Spelge                  Wemheuer                  Heinkel                                    Stein                  Uwe Zabel" bag_35-21,28.10.2021,"28.10.2021 35/21 - Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten beim Entgelt? Die Parteien streiten in der Revision über einen Anspruch der Klägerin auf eine Gutschrift auf ihrem Arbeitszeitkonto sowie über die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG**. Der Beklagte ist ein bundesweit tätiger ambulanter Dialyseanbieter. Die Klägerin ist für den Beklagten in B. als Pflegekraft in Teilzeit mit einer Arbeitszeit von 40 Prozent der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft beschäftigt. Nach § 10 Ziffer 7 Satz 2 des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen, zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Beklagten geschlossenen Manteltarifvertrags (MTV) sind zuschlagspflichtig mit einem Zuschlag von 30 Prozent Überstunden, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat der Arbeitsleistung nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können. Alternativ zu einer Auszahlung des Zuschlags ist eine Honorierung durch entsprechende Zeitgutschriften im Arbeitszeitkonto vorgesehen. Das für die Klägerin geführte Arbeitszeitkonto wies zum Ende des Monats März 2018 ein Arbeitszeitguthaben von 129 Stunden und 24 Minuten aus. Hierbei handelt es sich um die von der Klägerin über die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleisteten Stunden. Der Beklagte hat der Klägerin für diese Stunden weder Überstundenzuschläge gezahlt, noch hat er im Arbeitszeitkonto der Klägerin eine den Zuschlägen entsprechende Zeitgutschrift vorgenommen. Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Beklagten ua. auf eine den Zuschlägen entsprechende Zeitgutschrift in ihrem Arbeitszeitkonto von 38 Stunden und 49 Minuten sowie auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie werde durch die Anwendung der tarifvertraglichen Regelung in § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV unzulässig als Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteiligt. Zugleich werde sie als Teilzeitbeschäftigte mittelbar wegen des Geschlechts benachteiligt, denn der Beklagte beschäftige überwiegend Frauen in Teilzeit. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das arbeitsgerichtliche Urteil auf die Berufung der Klägerin teilweise abgeändert und den Beklagten verurteilt, dem Arbeitszeitkonto der Klägerin die geforderten Stunden gutzuschreiben. Die weitergehende Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision und im Wege der Anschlussrevision, die Klage insgesamt abzuweisen. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts ersucht den Gerichtshof der Europäischen Union, ua.* die folgenden Fragen nach der Auslegung von Unionsrecht zu beantworten, und zwar: Sind Art. 157 AEUV*** sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b**** und Art. 4 Satz 1***** der Richtlinie 2006/54/EG so auszulegen, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält? Ist Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG****** so auszulegen, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält? Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. Oktober 2021 – 8 AZR 370/20 (A) – Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2019 – 5 Sa 436/19 – *Der genaue Wortlaut der für den Fall, dass der Gerichtshof der Europäischen Union die zuvor aufgeführten Fragen bejaht, darüber hinaus gestellten Fragen kann auf der Seite www.bundesarbeitsgericht.de unter dem Menüpunkt „Sitzungsergebnisse“ eingesehen werden. **§ 15 Abs. 2 AGG Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. ***Art. 157 Abs. 1 AEUV Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. ****Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2006/54/EG Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „mittelbare Diskriminierung“ eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. *****Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG Bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, wird mittelbare und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen beseitigt. ******Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt.","Tenor I. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über die Fragen ersucht: 1. Sind Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG so auszulegen, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält? 2. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Frage zu 1. bejahen sollte: a) Sind Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG so auszulegen, dass es in einem solchen Fall für die Feststellung, dass die Ungleichbehandlung erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, nicht ausreicht, dass unter den Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer sind, sondern dass hinzukommen muss, dass unter den Vollzeitbeschäftigten erheblich mehr Männer sind bzw. ein signifikant höherer Anteil von Männern ist? b) Oder ergibt sich auch für Art. 157 AEUV und die Richtlinie 2006/54/EG etwas anderes aus den Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil vom 26. Januar 2021 – C-16/19, EU:C:2021:64 – [Szpital Kliniczny im. dra J. Babińskiego Samodzielny Publiczny Zakład Opieki Zdrowotnej w Krakowie] unter Rn. 25 bis 36, wonach auch eine innerhalb einer Gruppe von an einer Behinderung leidenden Personen vorliegende Ungleichbehandlung unter den „Begriff ‚Diskriminierung‘“ nach Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG fallen kann? 3. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Frage zu 1. bejahen und die Fragen zu 2a) und 2b) so beantworten sollte, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens festgestellt werden könnte, dass die Ungleichbehandlung beim Entgelt erheblich mehr Frauen als Männer betrifft: Sind Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG dahin auszulegen, dass es ein rechtmäßiges Ziel sein kann, wenn Tarifvertragsparteien mit einer Regelung – wie der in der Frage zu 1. aufgeführten – zwar auf der einen Seite das Ziel verfolgen, den Arbeitgeber von der Anordnung von Überstunden abzuhalten und eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer über das vereinbarte Maß hinaus mit einem Überstundenzuschlag zu honorieren, auf der anderen Seite allerdings auch das Ziel verfolgen, eine ungünstigere Behandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten zu verhindern und deshalb regeln, dass Zuschläge nur für Überstunden geschuldet sind, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden? 4. Ist Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG so auszulegen, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält? 5. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Frage zu 4. bejahen sollte: Ist Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG so auszulegen, dass es ein sachlicher Grund sein kann, wenn Tarifvertragsparteien mit einer Regelung – wie der in der Frage zu 4. aufgeführten – zwar auf der einen Seite das Ziel verfolgen, den Arbeitgeber von der Anordnung von Überstunden abzuhalten und eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer über das vereinbarte Maß hinaus mit einem Überstundenzuschlag zu honorieren, auf der anderen Seite allerdings auch das Ziel verfolgen, eine ungünstigere Behandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten zu verhindern und deshalb regeln, dass Zuschläge nur für Überstunden geschuldet sind, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden? II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt. Leitsatz Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über die Fragen ersucht: 1. Sind Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG so auszulegen, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält? 2. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Frage zu 1. bejahen sollte: a) Sind Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG so auszulegen, dass es in einem solchen Fall für die Feststellung, dass die Ungleichbehandlung erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, nicht ausreicht, dass unter den Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer sind, sondern dass hinzukommen muss, dass unter den Vollzeitbeschäftigten erheblich mehr Männer sind bzw. ein signifikant höherer Anteil von Männern ist? b) Oder ergibt sich auch für Art. 157 AEUV und die Richtlinie 2006/54/EG etwas anderes aus den Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil vom 26. Januar 2021 – C-16/19, EU:C:2021:64 – [Szpital Kliniczny im. dra J. Babińskiego Samodzielny Publiczny Zakład Opieki Zdrowotnej w Krakowie] unter Rn. 25 bis 36, wonach auch eine innerhalb einer Gruppe von an einer Behinderung leidenden Personen vorliegende Ungleichbehandlung unter den „Begriff „Diskriminierung'“ nach Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG fallen kann? 3. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Frage zu 1. bejahen und die Fragen zu 2a) und 2b) so beantworten sollte, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens festgestellt werden könnte, dass die Ungleichbehandlung beim Entgelt erheblich mehr Frauen als Männer betrifft: Sind Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG dahin auszulegen, dass es ein rechtmäßiges Ziel sein kann, wenn Tarifvertragsparteien mit einer Regelung – wie der in der Frage zu 1. aufgeführten – zwar auf der einen Seite das Ziel verfolgen, den Arbeitgeber von der Anordnung von Überstunden abzuhalten und eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer über das vereinbarte Maß hinaus mit einem Überstundenzuschlag zu honorieren, auf der anderen Seite allerdings auch das Ziel verfolgen, eine ungünstigere Behandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten zu verhindern und deshalb regeln, dass Zuschläge nur für Überstunden geschuldet sind, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden? 4. Ist Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG so auszulegen, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält? 5. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Frage zu 4. bejahen sollte: Ist Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG so auszulegen, dass es ein sachlicher Grund sein kann, wenn Tarifvertragsparteien mit einer Regelung – wie der in der Frage zu 4. aufgeführten – zwar auf der einen Seite das Ziel verfolgen, den Arbeitgeber von der Anordnung von Überstunden abzuhalten und eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer über das vereinbarte Maß hinaus mit einem Überstundenzuschlag zu honorieren, auf der anderen Seite allerdings auch das Ziel verfolgen, eine ungünstigere Behandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten zu verhindern und deshalb regeln, dass Zuschläge nur für Überstunden geschuldet sind, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden? Entscheidungsgründe 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 157 AEUV, Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG sowie die Auslegung von Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG. 2 Das Vorabentscheidungsersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber (im Folgenden Beklagter). Die Parteien streiten – soweit für dieses Vorabentscheidungsersuchen von Bedeutung – darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, der teilzeitbeschäftigten Klägerin Überstundenzuschläge bereits dann zu zahlen bzw. ihr entsprechenden Freizeitausgleich als Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto zu gewähren, wenn sie mehr Stunden arbeitet als mit ihr individualvertraglich als regelmäßige Arbeitszeit vereinbart worden ist und nicht erst – wie bisher – nach Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit eines/einer Vollzeitbeschäftigten. Zudem streiten sie darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin eine Entschädigung wegen einer verbotenen Benachteiligung wegen des Geschlechts zu zahlen. A. Rechtlicher Rahmen I. Unionsrecht 3 Art. 157 Abs. 1 AEUV lautet:          „Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.“ 4 Nach Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b Richtlinie 2006/54/EG bezeichnet der Ausdruck „mittelbare Diskriminierung“:          „eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.“ 5 Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG bestimmt:          „Bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, wird mittelbare und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen beseitigt.“ 6 Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG lautet:          „Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt.“ II. Die nationalen Regelungen 7 1. In dem zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Beklagten geschlossenen Manteltarifvertrag (im Folgenden MTV) heißt es auszugsweise:          „§ 10 Arbeitszeit                            1.     Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt ausschließlich der Pausen im Durchschnitt 38,5 Stunden.                            …                                   Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt für einen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer 7 Stunden 42 Minuten. …                            …                          …                                   6.     Erfordert der Arbeitsanfall Überstunden, so sind diese grundsätzlich anzuordnen. … Überstunden sind auf dringende Fälle zu beschränken und möglichst gleichmäßig auf alle Arbeitnehmer zu verteilen.                   7.     Überstunden sind auf Anordnung geleistete Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit nach Ziff. 1, Satz 1 und 3 hinausgehend dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich geleistet werden. Zuschlagspflichtig gemäß § 13 Ziff. 1 sind Überstunden, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat der Arbeitsleistung nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können. …                   …                          § 13 Überstundenvergütung, Zuschläge und Ausgleich für Dienste zu ungünstigen Zeiten                              1.     Die Abgeltung von Überstunden gemäß § 10, Ziff. 7 MTV beträgt je Überstunde 1/167 des monatlichen Tarifgehalts. Überstundenzuschläge für Überstunden gemäß § 10, Ziff. 7 Satz 2 betragen 30 %.“ 8 2. Die einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) lauten:          „§ 1 Ziel des Gesetzes          Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.          …                 § 7 Benachteiligungsverbot          (1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; …          …                 § 15 Entschädigung und Schadensersatz          (1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. …          (2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. …“ 9 3. In den maßgebenden Vorschriften des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) heißt es:          „§ 3 Verbot der unmittelbaren und mittelbaren Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts          (1) Bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ist eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten.          …                 § 7 Entgeltgleichheitsgebot          Bei Beschäftigungsverhältnissen darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts.“ 10 4. Die einschlägige Bestimmung des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG) lautet:          „§ 4 Verbot der Diskriminierung          (1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.          …“     B. Das Ausgangsverfahren 11 Der Beklagte ist ein bundesweit an verschiedenen Standorten tätiger ambulanter Dialyseanbieter mit ärztlichen und nicht-ärztlichen Beschäftigten. Der MTV findet an allen Standorten des Beklagten Anwendung und ist im Arbeitsvertrag der Klägerin in Bezug genommen worden. Die Klägerin ist für den Beklagten am Standort in B. als Pflegekraft in Teilzeit mit einer Arbeitszeit von 40 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft beschäftigt. 12 Nach den Angaben des Beklagten sind unter seinen insgesamt über 5.000 Beschäftigten 76,96 % Frauen. Von allen Beschäftigten sind nach seinen Angaben 52,78 % teilzeitbeschäftigt, darunter 84,74 % weibliche und 15,26 % männliche Beschäftigte. In der Gruppe der Vollzeitbeschäftigten sind nach Angaben des Beklagten 68,20 % weiblich und 31,80 % männlich. 13 Für die Klägerin wird ein Arbeitszeitkonto geführt. Dieses wies zum Ende des Monats März 2018 ein Arbeitszeitguthaben von 129 Stunden und 24 Minuten aus. Hierbei handelt es sich um die von der Klägerin über die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleisteten Stunden. Der Beklagte hat der Klägerin für diese Stunden weder Überstundenzuschläge nach § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV gezahlt, noch hat er im Arbeitszeitkonto der Klägerin eine den Zuschlägen entsprechende Zeitgutschrift vorgenommen. 14 Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Beklagten ua. auf Erteilung einer den Zuschlägen entsprechenden Zeitgutschrift in Anspruch genommen. Zudem hat sie vom Beklagten die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe sie dadurch, dass er weder Überstundenzuschläge gezahlt noch eine entsprechende Zeitgutschrift in ihrem Arbeitszeitkonto vorgenommen habe, unzulässig als Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteiligt. Zugleich sei sie als Teilzeitbeschäftigte mittelbar wegen des Geschlechts benachteiligt worden, denn der Beklagte beschäftige überwiegend Frauen in Teilzeit. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Regelung in § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV bewirke weder eine unzulässige Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit noch eine solche wegen des Geschlechts. C. Zu den Vorlagefragen 15 Die ersten drei Fragen betreffen den Vorwurf der Benachteiligung wegen des Geschlechts, die vierte und fünfte Frage betreffen den Vorwurf der Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit. Für die Entscheidung des Senats über den Rechtsstreit sind sowohl die Frage nach einer Benachteiligung wegen des Geschlechts als auch die Frage nach einer Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit entscheidungserheblich. Eine Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union zu nur einem dieser Fragenkomplexe würde nicht ausreichen. 16 Die Fragen zur Benachteiligung wegen des Geschlechts (die erste bis dritte Frage) sind für die Revision der Klägerin, mit der diese ihr – vom Landesarbeitsgericht abgewiesenes – Begehren auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiterverfolgt, entscheidungserheblich. Insoweit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Klägerin entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen eines Grundes iSv. § 1 AGG benachteiligt wird. Zu den Gründen iSv. § 1 AGG gehört zwar ua. das Geschlecht, nicht aber die Teilzeitarbeit. 17 Die Fragen zur Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit (die vierte und fünfte Frage) sind für die Anschlussrevision des Beklagten, mit der dieser sich gegen seine Verurteilung wendet, im Arbeitszeitkonto der Klägerin eine den Überstundenzuschlägen entsprechende Zeitgutschrift vorzunehmen, entscheidungserheblich. Insoweit hatte das Landesarbeitsgericht angenommen, die Klägerin sei wegen der Teilzeitarbeit benachteiligt worden, weshalb der Senat zu überprüfen hat, ob eine solche Benachteiligung vorliegt. Ob im Hinblick auf die vierte – und gegebenenfalls fünfte – Frage eine zukünftige Antwort des Gerichtshofs auf das Vorabentscheidungsersuchen des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 11. November 2020 (- 10 AZR 185/20 (A), DE:BAG:2020:111120.B.10AZR185.20A.0 – = – C-660/20 – [Lufthansa CityLine]) ausreichend sein wird, kann derzeit nicht beurteilt werden. I. Zur ersten Frage 18 Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte der Senat wissen, ob Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG so auszulegen sind, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung wie die vorliegende, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält. 19 1. In der Anwendung der tarifvertraglichen Regelung in § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV liegt keine unmittelbare Diskriminierung beim Entgelt wegen des Geschlechts iSv. Art. 157 AEUV, Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG bzw. im Sinne der entsprechenden nationalen Bestimmungen (ua. § 7 Abs. 1 AGG, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG). Weder knüpft § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV ausdrücklich an das Geschlecht an, noch besteht eine untrennbare Verknüpfung zwischen Geschlecht und Teilzeitarbeit. 20 2. Zu prüfen ist eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts iSv. Art. 157 AEUV, Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG bzw. im Sinne der entsprechenden, unter Rn. 19 genannten nationalen Bestimmungen. Insofern bezeichnet der Ausdruck „mittelbare Diskriminierung“ nach Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b Richtlinie 2006/54/EG eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts – hier beim Entgelt – benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. 21 a) Der Senat geht davon aus, dass wesentliche Maßgaben zur Beantwortung der ersten Vorlagefrage den Urteilen des Gerichtshofs in Sachen Helmig ua. (EuGH 15. Dezember 1994 – C-399/92 ua., EU:C:1994:415 – Rn. 23, 26 ff.), Elsner-Lakeberg (EuGH 27. Mai 2004 – C-285/02, EU:C:2004:320 – Rn. 15, 17) und Voß (EuGH 6. Dezember 2007 – C-300/06, EU:C:2007:757 – Rn. 27, 30 ff.) zu entnehmen sind. 22 aa) Danach ist in einem ersten Schritt festzustellen, ob die betreffende Regelung des MTV eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten bewirkt bzw. enthält. 23 bb) Im Hinblick auf die Methode, mit der anhand eines Vergleichs der den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gewährten Vergütungen zu prüfen ist, ob der Grundsatz des gleichen Entgelts beachtet wurde, ist der Senat der Auffassung, dass der Gerichtshof in allen drei genannten Urteilen einheitlich davon ausgegangen ist, dass eine echte Transparenz, die eine wirksame Kontrolle erlaubt, nur gewährleistet ist, wenn dieser Grundsatz für jeden einzelnen Bestandteil des den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gezahlten Entgelts gilt und nicht nur im Wege einer Gesamtbewertung der diesen gewährten Vergütungen angewandt wird (vgl. etwa EuGH 27. Mai 2004 – C-285/02, EU:C:2004:320 – [Elsner-Lakeberg] Rn. 15; 26. Juni 2001 – C-381/99, EU:C:2001:358 – [Brunnhofer] Rn. 35 mwN). Dabei wird nach Auffassung des Senats insbesondere auch im Urteil Helmig ua. (EuGH 15. Dezember 1994 – C-399/92 ua., EU:C:1994:415 – Rn. 26 ff.) keine abweichende Methode des Vergleichs des Entgelts verwendet. Soweit in Deutschland teilweise aus dem in diesem Urteil verwendeten Wort „Gesamtvergütung“ ein anderer Schluss gezogen worden ist, schließt sich der Senat dem nicht an. Der Sache nach werden auch im Urteil Helmig ua. die Grundvergütung und die Überstundenzuschläge jeweils gesondert betrachtet, insbesondere erfolgt weder eine „Verrechnung“ noch eine „Gesamtbewertung“ der Entgeltbestandteile. 24 cc) Vor diesem Hintergrund neigt der Senat zu der Auffassung, dass in Anbetracht des Urteils Helmig ua. (EuGH 15. Dezember 1994 – C-399/92 ua., EU:C:1994:415 – Rn. 31) in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens keine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten vorliegt, soweit § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV die Zahlung von Entgeltzuschlägen für Überstunden nur bei Überschreiten der tarifvertraglich festgelegten Regelarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten vorsieht, nicht aber bei Überschreiten der individuellen Arbeitszeit eines/einer jeden Beschäftigten. Denn unter diesen Umständen erhalten die Teilzeitbeschäftigten und die Vollzeitbeschäftigten pro Arbeitsstunde – und auch für die gleiche Anzahl geleisteter Arbeitsstunden – das gleiche Entgelt. Sie erhalten nämlich das gleiche Entgelt sowohl dann, wenn die tarifvertraglich festgesetzte Regelarbeitszeit nicht überschritten wird, als auch dann, wenn über diese Regelarbeitszeit hinaus Stunden geleistet werden, da die Überstundenzuschläge im letztgenannten Fall beiden Arbeitnehmergruppen zugutekommen. 25 dd) Weiter neigt der Senat zu der Auffassung, dass sich aus den Urteilen Elsner-Lakeberg (EuGH 27. Mai 2004 – C-285/02, EU:C:2004:320 – Rn. 15, 17) und Voß (EuGH 6. Dezember 2007 – C-300/06, EU:C:2007:757 – Rn. 30 ff.) nichts Anderes ergibt und dass diese – anders als in Deutschland teilweise angenommen worden ist – keine Zäsur im Verständnis der Vergleichsmethode beinhalten. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass diesen Urteilen dieselbe Vergleichsmethode zugrunde liegt wie dem Urteil Helmig ua. und dass es die Unterschiede in den jeweiligen tatsächlichen Situationen waren, die zu unterschiedlichen rechtlichen Schlussfolgerungen geführt haben. 26 b) Allerdings kann der Senat vor dem Hintergrund des Vorabentscheidungsersuchens des Bundesarbeitsgerichts vom 11. November 2020 (- 10 AZR 185/20 (A), DE:BAG:2020:111120.B.10AZR185.20A.0 – = – C-660/20 – [Lufthansa CityLine]) und der darin in den Rn. 29 ff. wiedergegebenen Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit beurteilen, ob die Anwendung einer Regelung wie der des § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV eine Ungleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten iSv. Art. 157 AEUV, Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG – bzw. im Sinne der entsprechenden, unter Rn. 19 genannten nationalen Bestimmungen – bewirkt. So kann der Senat es nicht ausschließen, dass eine bloße Orientierung am pro Arbeitsstunde erhaltenen Entgelt zu einer (unzulässigen) Ungleichbehandlung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen führt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es nach Art. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG Ziel dieser Richtlinie ist, die Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sicherzustellen und dass dazu nach Art. 1 Satz 2 Buchstabe b der Richtlinie 2006/54/EG die Arbeitsbedingungen insgesamt gehören, nicht allein das Arbeitsentgelt. Danach könnte für die Antwort auf die Frage, ob § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV eine Ungleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten bewirkt, von Bedeutung sein, dass nicht nur Vollzeitbeschäftigte, sondern auch Teilzeitbeschäftigte – ausgehend von ihrer individuell vertraglich vereinbarten Arbeitszeit – mit Überstunden mehr Arbeit leisten, als sie nach ihrem Arbeitsvertrag schulden und dass dieser Umstand als nachteilige Auswirkung auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu berücksichtigen ist. II. Zur zweiten Frage 27 Für den Fall, dass der Gerichtshof die erste Frage bejaht, also eine Regelung wie § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV eine Ungleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten iSv. Art. 157 AEUV, Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG bewirkt, hängt die Entscheidung über die Revision der Klägerin entsprechend den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aus den unter Rn. 21 genannten Urteilen Helmig ua., Elsner-Lakeberg und Voß davon ab, ob die Ungleichbehandlung erheblich mehr Frauen als Männer betrifft. Für eine Situation wie die des Ausgangsverfahrens hat der Senat danach zu klären, nach welchen Kriterien im Einzelnen dies zu beurteilen ist. 28 1. Mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht der Senat davon aus, dass es nach Art. 157 AEUV, Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG für eine Antwort auf die Frage, ob von einer Ungleichbehandlung durch eine Regelung erheblich mehr Frauen als Männer betroffen sind, auf den Personenkreis ankommt, auf den die Regelung Anwendung findet (vgl. etwa EuGH 13. Januar 2004 – C-256/01, EU:C:2004:18 – [Allonby] Rn. 73 ff.). Dabei ist die Gesamtheit der Beschäftigten zu berücksichtigen, für die die Regelung gilt, auf der die Ungleichbehandlung beruht (vgl. etwa EuGH 3. Oktober 2019 – C-274/18, EU:C:2019:828 – [Schuch-Ghannadan] Rn. 47, 52; 6. Dezember 2007 – C-300/06, EU:C:2007:757 – [Voß] Rn. 40). Bei diesen Beschäftigten ist zu vergleichen, wie hoch bei den männlichen und bei den weiblichen Beschäftigten – also in jeder Gruppe – jeweils der Anteil der Personen ist, die von der betreffenden Regelung betroffen sind (vgl. etwa EuGH 3. Oktober 2019 – C-274/18, EU:C:2019:828 – [Schuch-Ghannadan] aaO mwN). 29 a) Im Ausgangsverfahren findet der MTV an allen Standorten des Beklagten Anwendung. Er gilt laut seinem § 1 für alle Arbeitnehmer/innen des Beklagten. Ausgenommen vom „Geltungsbereich“ des MTV sind nach § 2 Ziffer 1 MTV lediglich „Arbeitnehmer, deren Gehalt die Endstufe der höchsten Tarifgruppe übersteigt, … leitende Angestellte und Ärzte“. Zudem bestimmt § 2 Ziffer 2 MTV, dass, soweit für Auszubildende andere tarifliche Regelungen bestehen, diese gelten. Sofern es nach der Antwort des Gerichtshofs für die Entscheidung im Ausgangsverfahren erforderlich sein sollte festzustellen, ob und gegebenenfalls wie sich die Ausnahmen vom Geltungsbereich des MTV auf die Anteile der Männer und Frauen unter den Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten auswirken, wird die hierzu erforderliche Tatsachenfeststellung dem Landesarbeitsgericht obliegen. 30 b) Zur Beantwortung der Frage, ob die Ungleichbehandlung erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, ist – wie unter Rn. 28 ausgeführt – sodann zu vergleichen, wie hoch bei den männlichen und bei den weiblichen Beschäftigten jeweils der Anteil der Personen ist, die von § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV nachteilig betroffen sind. Im Ausgangsverfahren sind die prozentualen Anteile zwar noch nicht abschließend festgestellt. Ersichtlich ist jedoch, dass die Gruppe der Frauen sowohl unter den Teilzeitbeschäftigten als auch unter den Vollzeitbeschäftigten stark vertreten ist. Ersichtlich ist auch, dass die Gruppe der Männer unter den Vollzeitbeschäftigten stärker vertreten ist als unter den Teilzeitbeschäftigten. Vor diesem Hintergrund stellt sich für den Senat die Frage, ob Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG so auszulegen sind, dass es in einem solchen Fall für die Feststellung, dass die Ungleichbehandlung erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, ausreicht, dass unter den Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer sind, oder ob hinzukommen muss, dass unter den Vollzeitbeschäftigten erheblich mehr Männer sind bzw. ein signifikant höherer Anteil von Männern ist. Letzteres wäre im Ausgangsverfahren nicht der Fall. Zwar sind – soweit derzeit ersichtlich – von allen Beschäftigten 52,78 % teilzeitbeschäftigt, darunter 84,74 % weibliche und 15,26 % männliche Beschäftigte. Jedoch sind in der Gruppe der Vollzeitbeschäftigten – soweit derzeit ersichtlich – 68,20 % weiblich und nur 31,80 % männlich. Bei dem Beklagten sind demnach erheblich mehr Frauen sowohl in der Gruppe der Teilzeitbeschäftigten als auch in der Gruppe der Vollzeitbeschäftigten vertreten. Der Senat kann nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit beurteilen, wie für eine solche Situation festzustellen ist, ob eine Ungleichbehandlung „erheblich mehr Frauen als Männer“ betrifft. 31 2. Allerdings könnte im Ausgangsverfahren der Umstand, dass bei dem Beklagten überwiegend Frauen – 76,96 % – beschäftigt sind und dass – wie unter Rn. 12 ausgeführt – in der Gruppe der Vollzeitbeschäftigten – soweit derzeit ersichtlich – 68,20 % der Beschäftigten weiblich und nur 31,80 % männlich sind, die Frage aufwerfen, ob die Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil vom 26. Januar 2021 (- C-16/19, EU:C:2021:64 – [Szpital Kliniczny im. dra J. Babińskiego Samodzielny Publiczny Zakład Opieki Zdrowotnej w Krakowie]) unter Rn. 25 bis 36 auch für Art. 157 AEUV und die Richtlinie 2006/54/EG Bedeutung haben. Nach diesen Ausführungen fällt auch eine Ungleichbehandlung innerhalb einer Gruppe von an einer Behinderung leidenden Personen unter den Begriff der Diskriminierung nach Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG. Konkret stellt sich für den Senat insoweit die Frage, ob in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens eine Ungleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten innerhalb einer Gruppe von Frauen unter den „Begriff ‚Diskriminierung‘“ wegen des Geschlechts fällt. III. Zur dritten Frage 32 Für den Fall, dass der Gerichtshof die erste Frage bejahen und die zweite Frage (Fragen zu 2a sowie 2b) so beantworten sollte, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens festgestellt werden könnte, dass eine Regelung wie die in § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV eine Ungleichbehandlung beim Entgelt bewirkt und diese Ungleichbehandlung erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, stellt sich die Frage nach der Rechtfertigung einer solchen Ungleichbehandlung. Dies hängt unter den Umständen des Ausgangsverfahrens davon ab, ob Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG dahin auszulegen sind, dass es ein rechtmäßiges Ziel sein kann, wenn Tarifvertragsparteien mit einer Regelung – wie der in der ersten Frage aufgeführten – zwar auf der einen Seite das Ziel verfolgen, den Arbeitgeber von der Anordnung von Überstunden abzuhalten und eine Inanspruchnahme der Beschäftigten über das vereinbarte Maß hinaus mit einem Überstundenzuschlag zu honorieren, auf der anderen Seite allerdings auch das Ziel verfolgen, eine ungünstigere Behandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten zu verhindern und deshalb regeln, dass Zuschläge nur für Überstunden geschuldet sind, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden. 33 Dem MTV kann im Wege der Auslegung entnommen werden, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV mehrere Ziele verfolgen: 34 Die Tarifvertragsparteien verfolgen mit § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV grundsätzlich das Ziel, eine monatliche Inanspruchnahme der Beschäftigten über das arbeitsvertraglich vereinbarte Maß hinaus mit einer zusätzlichen Vergütung zu honorieren. In § 10 Ziffer 6 Satz 3 MTV ist bestimmt, dass Überstunden möglichst gleichmäßig auf alle Arbeitnehmer zu verteilen sind. Hieraus ergibt sich, dass Überstunden iSv. § 10 Ziffer 7 Satz 1 MTV nicht nur die Arbeitsstunden sind, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines/einer Vollzeitbeschäftigten hinausgehen, sondern auch die, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines/einer Teilzeitbeschäftigten hinaus geleistet werden. Wenn es in § 10 Ziffer 6 Satz 3 MTV zudem heißt, dass Überstunden auf dringende Fälle zu beschränken sind und § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV bestimmt, dass zuschlagspflichtig Überstunden sind, wenn sie im jeweiligen Kalendermonat der Arbeitsleistung nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können, dann lässt dies nur den Schluss zu, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV grundsätzlich das Ziel verfolgen, eine monatliche Inanspruchnahme der Beschäftigten über das arbeitsvertraglich vereinbarte Maß hinaus mit einem Entgeltzuschlag, also einer zusätzlichen Vergütung zu honorieren. Dies führt für den Arbeitgeber letztlich zu einer höheren Kostenbelastung. Dieser Umstand ist geeignet, ihn von der Anordnung von Überstunden abzuhalten. 35 Allerdings haben die Tarifvertragsparteien sodann als Schwelle für die Gewährung des Entgeltzuschlags nicht die individuell vereinbarte monatliche Arbeitszeit der Beschäftigten bestimmt, sondern nach § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV die „kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers“. Damit wollten sie eine Entgeltbenachteiligung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten verhindern. Mit der Regelung in § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV haben die Tarifvertragsparteien ersichtlich die Rechtsprechung des Gerichtshofs im Urteil Helmig ua. (EuGH 15. Dezember 1994 – C-399/92 ua., EU:C:1994:415 – Rn. 26 ff.) sowie die damit im Einklang ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. zu Letzterer näher BAG 11. November 2020 – 10 AZR 185/20 (A), DE:BAG:2020:111120.B.10AZR185.20A.0 – = – C-660/20 – [Lufthansa CityLine] Rn. 30) berücksichtigt. Sie wollten mit der Bestimmung in § 10 Ziffer 7 Satz 2 MTV bewirken, dass die gleiche bzw. eine gleichwertige Arbeit gleich vergütet wird, unabhängig davon, ob sie von einem/einer Vollzeitbeschäftigten oder einem/einer Teilzeitbeschäftigten verrichtet wird. Dabei sind sie erkennbar der Auffassung gewesen, dass eine tatsächliche Ungleichheit erst entstünde, wenn bei der gleichen Anzahl von Arbeitsstunden bestimmte Beschäftigte pro Arbeitsstunde den Überstundenzuschlag erhielten und andere nicht (vgl. zu vergleichbaren Überlegungen Generalanwalt Darmon in den Schlussanträgen vom 19. April 1994 – C-399/92 ua., EU:C:1994:156 – [Helmig ua.] Rn. 22 f., 29). IV. Zur vierten Frage 36 Mit seiner vierten Vorlagefrage möchte der Senat wissen, ob Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG so auszulegen ist, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält. 37 Fraglich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, ob auch insoweit wesentliche Maßgaben zur Beantwortung der Vorlagefrage den unter Rn. 21 genannten Urteilen des Gerichtshofs Helmig ua., Elsner-Lakeberg und Voß zu entnehmen sind oder ob für Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung andere – gegebenenfalls welche – Maßgaben gelten. 38 Wie bereits unter Rn. 17 ausgeführt, ist diese Frage für die Anschlussrevision des Beklagten entscheidungserheblich, da die Vorinstanz eine solche Benachteiligung bejaht hatte und der Senat dies zu überprüfen hat. Ob insoweit eine zukünftige Antwort des Gerichtshofs auf das Vorabentscheidungsersuchen des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 11. November 2020 (- 10 AZR 185/20 (A), DE:BAG:2020:111120.B.10AZR185.20A.0 – = – C-660/20 – [Lufthansa CityLine]) auch für den vorliegenden Rechtsstreit ausreichend sein wird, kann derzeit nicht beurteilt werden. V. Zur fünften Frage 39 Für den Fall, dass der Gerichtshof die vierte Frage bejahen sollte, kommt es für die Entscheidung des Senats darauf an, ob Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG so auszulegen ist, dass es ein objektiver/sachlicher Grund sein kann, wenn Tarifvertragsparteien mit einer Regelung – wie der in der vierten Frage (Rn. 36) aufgeführten – zwar auf der einen Seite das Ziel verfolgen, den Arbeitgeber von der Anordnung von Überstunden abzuhalten und eine Inanspruchnahme der Beschäftigten über das vereinbarte Maß hinaus mit einem Überstundenzuschlag zu honorieren, auf der anderen Seite allerdings auch das Ziel verfolgen, eine ungünstigere Behandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten zu verhindern und deshalb regeln, dass Zuschläge nur für Überstunden geschuldet sind, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden. Zur näheren Erläuterung weist der Senat insoweit auf seine Ausführungen unter Rn. 33 ff. zur Auslegung des MTV hin.              Schlewing                  Winter                  Der Richter am BundesarbeitsgerichtDr. Vogelsangist an der Unterschriftsleistung verhindert.Schlewing                           F. Avenarius                  C. Gothe" bag_38-21,10.11.2021,"10.11.2021 38/21 - Arbeitgeber muss Fahrradlieferanten Fahrrad und Mobiltelefon als notwendige Arbeitsmittel zur Verfügung stellen Fahrradlieferanten (sogenannte „Rider“), die Speisen und Getränke ausliefern und ihre Aufträge über eine Smartphone-App erhalten, haben Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihnen die für die Ausübung ihrer Tätigkeit essentiellen Arbeitsmittel zur Verfügung stellt. Dazu gehören ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein geeignetes internetfähiges Mobiltelefon. Von diesem Grundsatz können vertraglich Abweichungen vereinbart werden. Geschieht dies in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers, sind diese nur dann wirksam, wenn dem Arbeitnehmer für die Nutzung des eigenen Fahrrads und Mobiltelefons eine angemessene finanzielle Kompensationsleistung zusagt wird. Der Kläger ist bei der Beklagten als Fahrradlieferant beschäftigt. Er liefert Speisen und Getränke aus, die Kunden über das Internet bei verschiedenen Restaurants bestellen. Er benutzt für seine Lieferfahrten sein eigenes Fahrrad und sein eigenes Mobiltelefon. Die Verpflichtung hierzu ergibt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, bei denen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Die Beklagte gewährt den bei ihr tätigen Fahrradlieferanten eine Reparaturgutschrift von 0,25 Euro pro gearbeiteter Stunde, die ausschließlich bei einem von ihr bestimmten Unternehmen eingelöst werden kann. Mit seiner Klage hat der Kläger verlangt, dass die Beklagte ihm ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein geeignetes Mobiltelefon für seine vertraglich vereinbarte Tätigkeit zur Verfügung stellt. Er hat gemeint, die Beklagte sei hierzu verpflichtet, weil es in den Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers falle, die notwendigen Arbeitsmittel bereitzustellen. Dieser Grundsatz sei vertraglich nicht wirksam abbedungen worden. Dagegen hat die Beklagte Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die vertragliche Regelung sei wirksam. Da die bei ihr als Fahrradlieferanten beschäftigten Arbeitnehmer ohnehin über ein Fahrrad und ein internetfähiges Mobiltelefon verfügten, würden sie durch die Verwendung ihrer eigenen Geräte nicht bzw. nicht erheblich belastet. Darüber hinaus seien etwaige Nachteile durch die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, Aufwendungsersatz geltend machen zu können, und – bezüglich des Fahrrads – durch das von ihr gewährte Reparaturbudget ausgeglichen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die von ihm zugelassene Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Nutzung des eigenen Fahrrads und Mobiltelefons benachteiligt den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 iVm Abs. 1 Satz 1 BGB und ist daher unwirksam. Die Beklagte wird durch diese Regelung von entsprechenden Anschaffungs- und Betriebskosten entlastet und trägt nicht das Risiko, für Verschleiß, Wertverfall, Verlust oder Beschädigung der essentiellen Arbeitsmittel einstehen zu müssen. Dieses liegt vielmehr beim Kläger. Das widerspricht dem gesetzlichen Grundgedanken des Arbeitsverhältnisses, wonach der Arbeitgeber die für die Ausübung der vereinbarten Tätigkeit wesentlichen Arbeitsmittel zu stellen und für deren Funktionsfähigkeit zu sorgen hat. Eine ausreichende Kompensation dieses Nachteils ist nicht erfolgt. Die von Gesetzes wegen bestehende Möglichkeit, über § 670 BGB Aufwendungsersatz verlangen zu können, stellt keine angemessene Kompensation dar. Es fehlt insoweit an einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung. Zudem würde auch eine Klausel, die nur die ohnehin geltende Rechtslage wiederholt, keinen angemessenen Ausgleich schaffen. Die Höhe des dem Kläger zur Verfügung gestellten Reparaturbudgets orientiert sich nicht an der Fahrleistung, sondern an der damit nur mittelbar zusammenhängenden Arbeitszeit. Der Kläger kann über das Budget auch nicht frei verfügen, sondern es nur bei einem vom Arbeitgeber bestimmten Unternehmen einlösen. In der Wahl der Werkstatt ist er nicht frei. Für die Nutzung des Mobiltelefons ist überhaupt kein finanzieller Ausgleich vorgesehen. Der Kläger kann deshalb von der Beklagten nach § 611a Abs. 1 BGB verlangen, dass diese ihm die für die vereinbarte Tätigkeit als „Rider“ notwendigen essentiellen Arbeitsmittel – ein geeignetes verkehrstüchtiges Fahrrad und ein geeignetes Mobiltelefon, auf das die Lieferaufträge und -adressen mit der hierfür verwendeten App übermittelt werden – bereitstellt. Er kann nicht auf nachgelagerte Ansprüche wie Aufwendungsersatz oder Annahmeverzugslohn verwiesen werden. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. November 2021 – 5 AZR 334/21 – Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 12. März 2021 – 14 Sa 306/20 – Hinweis: Weitere Parallelsache Urteil vom 10. November 2021 – 5 AZR 335/21 –","Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. März 2021 – 14 Sa 306/20 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte nicht verurteilt wird, dem Kläger zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant ein internetfähiges Mobilfunkgerät mit einem Datennutzungsvertrag mit 2 GB Datenvolumen monatlich zur Verfügung zu stellen, sondern dass diese Verpflichtung festgestellt wird. 2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Leitsatz Ein als Fahrradlieferant („Rider“) beschäftigter Arbeitnehmer hat aus § 611a Abs. 1 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag gegenüber seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf Bereitstellung eines geeigneten Fahrrads und Mobilfunkgeräts als essentielle, geeignete Arbeitsmittel. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger für die Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant ein internetfähiges Mobiltelefon mit Datennutzungsmöglichkeit und ein Fahrrad bereitzustellen. 2 Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit dem 13. Dezember 2016 als Fahrradlieferant, sog. „Rider“, beschäftigt. Er liefert mit dem Fahrrad Speisen und Getränke aus, die Kunden über das Internet bei verschiedenen Restaurants bestellen. Die Einsatzpläne und die Adressen der Restaurants und Kunden erhält der Kläger über die Software-Applikation Scoober („Scoober App“), die er auf seinem internetfähigen Mobiltelefon installiert hat. Laut Beschreibung der App im Google Play Store verbraucht diese üblicherweise bis zu zwei GB Datenvolumen pro Monat. Für die Lieferfahrten benutzt der Kläger seit Beginn des Arbeitsverhältnisses sein eigenes Fahrrad und sein eigenes Mobiltelefon. 3 Die Beklagte gewährt den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern für den Einsatz ihrer Fahrräder eine Reparaturgutschrift von 0,25 Euro je gearbeiteter Stunde. Diese Gutschrift kann ausschließlich bei einem von der Beklagten bestimmten Unternehmen eingelöst werden. Für die Nutzung des Mobiltelefons erbringt sie keine gesonderte Zahlung. Die Beklagte hat dem Kläger im Mai 2021 – nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz – als Vorsitzendem des Frankfurter Betriebsrats ein internetfähiges Mobiltelefon überlassen. Während des Revisionsverfahrens hat sie erklärt, dass er dieses auch nutzen könne, wenn er – was zuletzt nicht der Fall war – zusätzlich zu seinen Betriebsratsaufgaben als „Rider“ tätig werden sollte. 4 Der Kläger hat mit seiner am 3. September 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage – soweit diese in die Revision gelangt ist – von der Beklagten verlangt, ihm ein internetfähiges Mobiltelefon (Smartphone) und ein verkehrstüchtiges Fahrrad zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant zu überlassen. Die sich aus allgemeinen Geschäftsbedingungen ergebende Vereinbarung, nach der er bei der Arbeit sein eigenes Fahrrad und sein eigenes Smartphone zu benutzen habe, sei nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da hierfür keine bzw. keine angemessene Ausgleichsregelung vorgesehen sei. 5 Der Kläger hat in der Revision zuletzt beantragt,          festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant ein internetfähiges Mobilfunkgerät mit einem Datennutzungsvertrag mit 2 GB Datenvolumen monatlich zur Verfügung zu stellen;          die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant ein verkehrstüchtiges Fahrrad zur Verfügung zu stellen. 6 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die Vereinbarung zur Nutzung des eigenen Fahrrads und des eigenen Mobiltelefons sei wirksam, da sie den Kläger nicht unangemessen benachteilige. Dem typischen Vertragspartner, von dem im Rahmen der AGB-Kontrolle auszugehen sei, entstünden bereits keine erheblichen Nachteile, weil er – wie der Kläger – ohnehin über ein Smartphone mit Datenflatrate und über ein Fahrrad verfüge. Jedenfalls sei ein etwaiger Nachteil durch die Möglichkeit, nach § 670 BGB analog Aufwendungsersatz geltend machen zu können, kompensiert. Hinsichtlich des Fahrrads ergebe sich ein Ausgleich darüber hinaus aus der Möglichkeit, das Reparaturguthaben bei dem von ihr bestimmten Unternehmen abzurufen. 7 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers seinen zuletzt gestellten Anträgen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt. Entscheidungsgründe 8 Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht abgeändert. Der Kläger hat aus § 611a Abs. 1 BGB einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm die Arbeitsmittel bereitstellt, die für die vereinbarte Tätigkeit als Fahrradlieferant („Rider“) essentiell erforderlich sind, wobei die bereitgestellten Arbeitsmittel für die auszuübende Tätigkeit geeignet sein müssen. Ein verkehrstüchtiges Fahrrad und ein internetfähiges Mobiltelefon, für das nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mindestens ein Datenvolumen von monatlich zwei GB zur Verfügung stehen muss, sind vorliegend solche notwendigen und geeigneten Arbeitsmittel. Die vertragliche Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, nach der der Kläger sein eigenes Fahrrad und sein eigenes Mobiltelefon verwenden muss, hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand und ist daher unwirksam. 9 I. Die zuletzt gestellten Anträge sind zulässig. 10 1. Dies gilt zunächst für den Antrag, mit dem der Kläger die Verpflichtung der Beklagten, ihm zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant ein internetfähiges Mobilfunkgerät mit einem Datennutzungsvertrag mit zwei GB Datenvolumen monatlich zur Verfügung zu stellen, festgestellt wissen will. 11 a) Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgte Antragsänderung auf einen Feststellungsantrag ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger im zweiten Rechtszug einen Leistungsantrag gestellt hat. Zwar sind Klage- und Antragsänderungen in der Revisionsinstanz wegen § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht mehr möglich. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht (BAG 7. Dezember 2005 – 5 AZR 535/04 – Rn. 11, BAGE 116, 267; 27. Januar 2004 – 1 AZR 105/03 – zu III der Gründe). Die Erweiterung oder Beschränkung des Antrags und insbesondere der Wechsel vom Leistungs- zum Feststellungsantrag bei unverändertem Sachverhalt stellen aber gemäß § 264 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung dar. Eine Antragsbeschränkung ist in der Revisionsinstanz noch zulässig (BAG 9. Dezember 2015 – 10 AZR 156/15 – Rn. 14 f.; 28. Juni 2005 – 1 ABR 25/04 – zu B I 2 a der Gründe, BAGE 115, 165). Der Kläger konnte deshalb in der Revisionsinstanz von dem zunächst erhobenen Leistungsantrag zu einem Feststellungsantrag übergehen. 12 b) Der Feststellungsantrag ist in der gebotenen rechtsschutzgewährenden Auslegung hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. zu den Anforderungen BAG 18. März 2020 – 5 AZR 25/19 – Rn. 14). Gegenstand des Antrags ist nicht etwa die Überlassung eines Mobiltelefons mit Vertragsunterlagen. Ausgehend vom Anlassfall geht es dem Kläger vielmehr darum, dass er von der Beklagten für seine Tätigkeit als Fahrradlieferant ein internetfähiges Mobiltelefon mit freigeschalteter SIM-Karte erhält, mit dem er mobile Daten nutzen kann, um während seiner Lieferfahrten die Scoober App zu verwenden. Die Eingrenzung „zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant“ verdeutlicht, dass mit der Formulierung „zur Verfügung stellen“ keine Überlassung eines Mobiltelefons zum dauerhaften Verbleib gemeint ist, sondern eine auf die Arbeitszeit begrenzte Verfügungsmöglichkeit über ein solches. Die im Antrag vorgenommene nähere Konkretisierung des erforderlichen Datenvolumens ist an sich entbehrlich, weil dem Arbeitgeber bei der Auswahl der geeigneten Arbeitsmittel grundsätzlich ein Spielraum zukommt. Die Erforderlichkeit des konkret angegebenen Datenvolumens ist eine Frage der Begründetheit des Antrags. 13 c) Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO). Er kann nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verwiesen werden. Ein entsprechender Leistungsantrag wäre mit Blick darauf, dass die Beklagte ihm nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz in seiner Funktion als Betriebsratsvorsitzendem ein internetfähiges Mobiltelefon überlassen hat, jedenfalls derzeit unbegründet. Zugleich hat die Beklagte aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass der Kläger das Mobiltelefon nur so lange behalten und ggf. für seine Tätigkeit als „Rider“ nutzen kann, wie der eigentliche Grund für die Überlassung – die Ausübung des Amts des Betriebsratsvorsitzenden – andauert. Die rechtliche Streitfrage der Parteien besteht also weiter, und sie kann durch ein feststellendes Urteil einer umfassenden Lösung zugeführt werden (vgl. zu den Anforderungen BAG 7. Dezember 2005 – 5 AZR 535/04 – Rn. 15, BAGE 116, 267). 14 2. Auch der Leistungsantrag, mit dem der Kläger von der Beklagten verlangt, ihm zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant ein verkehrstüchtiges Fahrrad zur Verfügung zu stellen, ist in der gebotenen Auslegung zulässig. Mit dem Begriff „verkehrstüchtiges Fahrrad“ ist erkennbar ein funktionsfähiges Fahrrad gemeint, das über sämtliche nach der StVZO erforderlichen Ausstattungsmerkmale verfügt (vgl. §§ 63 ff. StVZO), damit verkehrssicher iSd. dortigen Regelungen ist und mit dem die Tätigkeit eines Fahrradlieferanten ausgeübt werden kann. Die Einschränkung „zur Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant“ stellt klar, dass die Überlassung ausschließlich für dienstliche Zwecke und somit lediglich – wie arbeitsvertraglich für das sonstige vom Arbeitgeber gestellte „Equipment“ geregelt – zur Nutzung während der Arbeitszeit verlangt wird. Ausgehend von dem Anlassfall bezieht sich der Streit der Parteien nur auf die Überlassung eines Fahrrads während dieser Zeit. Die Beklagte stellt nach eigenen Angaben für andere Mitarbeiter Dienst-Fahrräder über sog. „Hubs“ (Abholstationen in den Liefergebieten) bereit. Auf eine entsprechende Überlassung zur und während der Ausübung der Tätigkeit als Fahrradlieferant zielt der Antrag mit der Formulierung ab, dem Kläger hierfür ein Fahrrad zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Inhalt ist der Antrag einer Zwangsvollstreckung zugänglich und damit hinreichend bestimmt (vgl. zu diesem Erfordernis BAG 17. März 2010 – 5 AZR 301/09 – Rn. 11, BAGE 133, 332). 15 II. Die zulässigen Anträge sind auch begründet. 16 1. Der Anspruch auf Bereitstellung geeigneter essentieller Arbeitsmittel ergibt sich in einem Fall wie dem vorliegenden aus § 611a Abs. 1 BGB. Er bezieht sich jedenfalls auf die Arbeitsmittel, ohne die die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht erbracht werden kann. 17 a) Dem erst seit dem 1. April 2017 gesetzlich ausdrücklich in § 611a BGB geregelten Arbeitsvertrag liegt als Vertragstyp die Grundannahme zugrunde, dass der Arbeitnehmer (nur) die Arbeitsleistung schuldet und der Arbeitgeber das Substrat zur Verfügung stellt, an bzw. mit dem die Arbeitsleistung erbracht wird. 18 aa) Diese Pflichten- und Verantwortungszuweisung ist historisch gewachsen. Sie findet sich im Schrifttum bereits Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Herausbildung des Arbeitsrechts als besonderer Rechtsdisziplin und seiner Anerkennung als selbständigem Sonderrecht. Den Arbeitsvertrag zeichnet es nach dieser historischen Sichtweise aus, dass der Arbeitnehmer nichts „einbringen“ muss außer seiner Arbeitskraft (vgl. Lotmar Der Arbeitsvertrag 2. Aufl. [Original 1902/1908] S. 42; Sinzheimer Grundzüge des Arbeitsrechts 2. Aufl. [1927] S. 8; zur historischen Einordnung vgl. BeckOGK/Maties Stand 1. August 2021 BGB § 611a Rn. 1942 ff.). 19 bb) Auch das aktuelle arbeitsrechtliche Schrifttum geht – soweit die Frage der Bereitstellung der Arbeitsmittel thematisiert wird – davon aus, dass der Arbeitgeber diese zur Verfügung zu stellen hat (zB BeckOK ArbR/Joussen Stand 1. September 2021 BGB § 611a Rn. 281; BeckOGK/Maties Stand 1. August 2021 BGB § 611a Rn. 1570; ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 611a Rn. 559; Schaub ArbR-HdB/Koch 19. Aufl. § 82 Rn. 5). Entsprechend versteht auch die ganz hM den Einsatz von dem Arbeitnehmer gehörenden IT-Geräten wie zB Mobiltelefonen oder Laptops im Arbeitsverhältnis, der unter das Kürzel „BYOD“ („Bring your own device“) gefasst wird, als Abweichung von dem Grundsatz, dass der Arbeitgeber die notwendigen Arbeitsmittel zu stellen hat (zB Däubler/Deinert/Walser/Däubler 5. Aufl. Anhang Rn. 132 ff.; Kramer IT-ArbR/Hoppe 2. Aufl. B Rn. 683; Seel MDR 2014, 69, 70; Wisskirchen/Schiller DB 2015, 1163, 1166; Zöll/Kielkowski BB 2012, 2625, 2626). 20 cc) Die Rechtsprechung geht ebenfalls von dieser Grundannahme aus. Durch den Arbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit (zum Arbeitnehmerbegriff iSv. § 611a BGB vgl. BAG 1. Dezember 2020 – 9 AZR 102/20 – Rn. 29 ff. mwN). Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und die ihm zugewiesenen vertragsgemäßen Arbeiten auszuführen. Der Arbeitgeber leitet den Betrieb und organisiert die betrieblichen Abläufe, er trägt die Verantwortung und bezieht die Erträge (vgl. schon BAG 8. Februar 1957 – 1 AZR 338/55 – BAGE 3, 346). Auch in § 618 BGB zeigt sich dieses Grundverständnis, soweit dort die Rede ist von „Räumen, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die der Dienstberechtigte zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat“. Vor diesem Hintergrund hat der Senat die Kosten für nach den Unfallverhütungsvorschriften erforderliche Schutzausrüstung als „Teil der allgemeinen Betriebskosten, die dem Arbeitgeber in seiner Stellung als Betriebsinhaber zur Last fallen, auch wenn hierüber keine Vereinbarung getroffen ist“, bezeichnet (vgl. BAG 10. März 1976 – 5 AZR 34/75 – zu 2 der Gründe). 21 Die neuere Rechtsprechung behandelt die Frage der Bereitstellung der Arbeitsmittel vor allem im Zusammenhang mit Aufwendungsersatzansprüchen des Arbeitnehmers. Gemäß § 670 BGB ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet, wenn der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen macht, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf. § 670 BGB kann auf Arbeitsverhältnisse entsprechend angewendet werden. Macht der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers Aufwendungen, die nicht durch die Vergütung abgegolten sind, ist der Arbeitgeber deshalb zum Ersatz dieser Aufwendungen verpflichtet (st. Rspr., vgl. BAG 12. März 2013 – 9 AZR 455/11 – Rn. 8 mwN; weiterführend BeckOGK/Maties Stand 1. August 2021 BGB § 611a Rn. 1565 ff.; HWK/Thüsing 9. Aufl. § 611a BGB Rn. 426 ff.; jeweils mwN). Hierbei hat der Neunte Senat ausdrücklich festgehalten, dass grundsätzlich der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Betriebsmittel, die für die Erbringung der Arbeitsleistung notwendig sind, zur Verfügung zu stellen hat (BAG 12. April 2011 – 9 AZR 14/10 – Rn. 27; 16. Oktober 2007 – 9 AZR 170/07 – Rn. 23, BAGE 124, 210 sowie 14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – zu IV 2 c der Gründe: nach dem herkömmlichen Verständnis des Arbeitsrechts hat der Arbeitgeber auch die betrieblichen Räume als Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen). 22 b) Ausgehend hiervon ist Grundlage des Anspruchs auf Bereitstellung geeigneter essentieller Arbeitsmittel § 611a Abs. 1 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag. Eines Rückgriffs auf den Beschäftigungsanspruch bedarf es – anders als das Landesarbeitsgericht gemeint hat – nicht, denn dieser ergibt sich seinerseits unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen aus dem Arbeitsvertrag (vgl. BAG 27. Februar 1985 – GS 1/84 – zu C I 2 der Gründe, BAGE 48, 122; 10. November 1955 – 2 AZR 591/54 – zu II der Gründe, BAGE 2, 221). Der Arbeitnehmer kann deshalb anstelle eines gegen den Arbeitgeber bestehenden Anspruchs auf Bereitstellung der notwendigen Arbeitsmittel nicht ohne weiteres verpflichtet werden, diese selbst mitzubringen und im Übrigen auf jeweils gesondert geltend zu machende nachgelagerte Aufwendungsersatzansprüche verwiesen werden (ebenso bereits Hueck/Nipperdey 7. Aufl. [1963] § 47 S. 389). Dementsprechend hat er auch im Bereich des Arbeitsschutzrechts bei Nichterfüllung von Schutzpflichten nicht nur die Möglichkeit, seine Arbeitsleistung zurückzubehalten, sondern auch einen einklagbaren Anspruch auf deren Einhaltung (sog. Doppelwirkung, vgl. MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. § 618 Rn. 9; HWK/Krause 9. Aufl. § 618 BGB Rn. 28). 23 2. Bei den vom Kläger beanspruchten Gegenständen handelt es sich um für die vereinbarte Tätigkeit als „Rider“ essentielle Arbeitsmittel, deren Bereitstellung er von der Beklagten nach § 611a Abs. 1 BGB verlangen kann. 24 a) Dies gilt zunächst für das vom Kläger im Rahmen des Leistungsantrags beanspruchte verkehrstüchtige Fahrrad. Ohne ein solches kann die geschuldete Tätigkeit als Fahrradlieferant nicht erbracht werden. Hiervon geht auch die Beklagte aus. 25 b) Ebenso ist ein internetfähiges Mobiltelefon, das Gegenstand des zuletzt gestellten Feststellungsantrags ist, ein für die vereinbarte Tätigkeit des Klägers notwendiges Arbeitsmittel. Unstreitig kann die Tätigkeit als „Rider“ nur unter Verwendung der Scoober App ausgeübt werden, über die die Fahrradlieferanten ihre Einsatzpläne und die Aufträge nebst Adressen erhalten. Erforderlich für die vereinbarte Tätigkeit ist also ein internetfähiges Mobiltelefon, auf dem diese App betrieben werden kann und auf dem das hierfür notwendige Datenvolumen zur Verfügung steht. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass die Scoober App üblicherweise bis zu zwei GB Datenvolumen pro Monat verbraucht. Diese tatsächliche Feststellung ist für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Beklagte hat sie nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen (§ 320 ZPO). Soweit sie rügt, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass nach ihrem vorinstanzlichen Vortrag ein Datenvolumen von zwei GB nicht erforderlich sei, steht dies mit den getroffenen Feststellungen nicht in Einklang. Eine zulässige Verfahrensrüge kann darin nicht erkannt werden. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen. 26 3. Den arbeitsvertraglichen Anspruch auf Bereitstellung geeigneter essentieller Arbeitsmittel haben die Parteien nicht wirksam vertraglich abbedungen. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass zwischen den Parteien in Form einer von der Beklagten gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung vereinbart wurde, dass der Kläger sein eigenes Fahrrad und sein eigenes Mobiltelefon für die vertraglich vorgesehene Tätigkeit nutzt. Dies ergibt sich – auch dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt – aus dem insoweit maßgeblichen zuletzt vereinbarten Arbeitsvertrag vom 10. Dezember 2018/11. Januar 2019 iVm. dem dort in Bezug genommenen Pfandvertrag vom 11. März 2017. Diese Vereinbarung hält einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand. Sie ist unangemessen und damit unwirksam. 27 a) Die Regelung, nach der ein Arbeitnehmer notwendige Arbeitsmittel selbst zu stellen hat, ist eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, die der uneingeschränkten Inhaltskontrolle unterliegt. 28 aa) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Allgemeine Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, dh. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (st. Rspr., vgl. BAG 18. Januar 2012 – 10 AZR 612/10 – Rn. 20, BAGE 140, 231; 11. Oktober 2006 – 5 AZR 721/05 – Rn. 18; BGH 14. Oktober 1997 – XI ZR 167/96 – zu I 2 a der Gründe, BGHZ 137, 27; 10. Dezember 1992 – I ZR 186/90 – zu II 6 b der Gründe, BGHZ 121, 13; ebenso BeckOGK/Eckelt Stand 15. Juli 2021 BGB § 307 Rn. 140 ff.; Däubler/Deinert/Walser/Däubler 5. Aufl. § 307 Rn. 254 f.; MüKoBGB/Wurmnest 8. Aufl. § 307 Rn. 70; kritisch Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 12. Aufl. § 307 BGB Rn. 212). 29 bb) Nach § 611a BGB ist der Arbeitnehmer nur verpflichtet, seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Die essentiell erforderlichen Arbeitsmittel hat der Arbeitgeber bereitzustellen (vgl. Rn. 16 ff.). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten weichen von diesem ungeschriebenen Rechtsgrundsatz, auf dem § 611a BGB beruht, ab. Der Kläger muss zur Ausübung seiner Tätigkeit als „Rider“ – von Beginn des Arbeitsverhältnisses an – ein Fahrrad und ein internetfähiges Mobiltelefon mit dem erforderlichen Datenvolumen mitbringen. Fahrrad und Mobiltelefon sind in dem bestehenden Arbeitsverhältnis notwendige Arbeitsmittel, ohne die die vereinbarte Tätigkeit nicht ausgeübt werden kann (vgl. Rn. 23 ff.). Die Regelung über die Bereitstellung dieser Arbeitsmittel durch den Kläger unterliegt daher der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. 30 b) Der in § 611a Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommende Grundgedanke des Arbeitsvertrags, dass der Arbeitgeber die essentiell erforderlichen Arbeitsmittel bereitzustellen hat und der Arbeitnehmer nur verpflichtet ist, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, ist zugleich gesetzliches Leitbild iSd. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Denn dieser dispositive Grundgedanke beruht nicht auf reinen Zweckmäßigkeitserwägungen, sondern auf die Interessen beider Parteien berücksichtigenden Gerechtigkeitserwägungen (zur Definition des Leitbilds vgl. BGH 23. November 2018 – V ZR 33/18 – Rn. 15; BAG 25. April 2007 – 5 AZR 627/06 – Rn. 19, BAGE 122, 182; kritisch hierzu Stoffels AGB-Recht 4. Aufl. Rn. 503; Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer 7. Aufl. § 307 Rn. 117, ohne allerdings in der Sache zu anderen Ergebnissen zu kommen; ebenso Palandt/Grüneberg 80. Aufl. § 307 Rn. 30). Der Arbeitnehmer hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der Arbeitgeber die für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Arbeitsmittel bereitstellt, weil der Arbeitgeber die Arbeitsabläufe organisiert und dem Arbeitnehmer die auszuübenden Arbeiten im Wege des Weisungsrechts (§ 106 GewO) zuweist. Der Arbeitgeber ist deshalb auch dafür verantwortlich, dass der Arbeitnehmer über die Arbeitsmittel verfügt, die er zur Erledigung der zugewiesenen Arbeiten benötigt. Von diesem Leitbild weichen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ab, indem hierdurch der Kläger verpflichtet wird, die zur Ausübung der vereinbarten Tätigkeit essentiellen Arbeitsmittel Mobiltelefon und Fahrrad bereitzustellen. 31 c) Die Abweichung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. 32 aa) Die Feststellung der Unvereinbarkeit ist das Ergebnis eines wertenden Vergleichs der durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen herbeigeführten Pflichtenverteilung mit der durch das Gesetz vorgegebenen. Im Rahmen der Prüfung der Unvereinbarkeit hat deshalb eine Interessenabwägung stattzufinden, bei der die Abweichungsinteressen des Verwenders mit den gesetzlich geschützten Interessen des Vertragspartners abzuwägen sind (Stoffels AGB-Recht 4. Aufl. Rn. 518; Staudinger/Wendland [2019] § 307 Rn. 253). Dementsprechend geht der Bundesgerichtshof zu Recht davon aus, dass die in § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB angeordnete Rechtsfolge der unangemessenen Benachteiligung und damit Unwirksamkeit der Klausel nur dann nicht eintritt, wenn die betreffende Klausel auf Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung in ihrer Gesamtheit den Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen benachteiligt (BGH 21. April 2015 – XI ZR 200/14 – Rn. 17, BGHZ 205, 83). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild sachlich gerechtfertigt und der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist (BGH 14. Januar 2014 – XI ZR 355/12 – Rn. 45, BGHZ 199, 355; 7. März 2013 – VII ZR 162/12 – Rn. 26). 33 bb) Im Rahmen der erforderlichen Abwägung der Interessen und der Prüfung, ob der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist, ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners am Wegfall der Klausel und deren Ersetzung durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen abzuwägen (vgl. BGH 2. Oktober 2019 – XII ZR 8/19 – Rn. 21, BGHZ 223, 225; BAG 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 – zu I 5 b dd (1) der Gründe, BAGE 115, 372; BeckOGK/Eckelt Stand 15. Juli 2021 BGB § 307 Rn. 80; MüKoBGB/Wurmnest 8. Aufl. § 307 Rn. 35; Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer 7. Aufl. § 307 Rn. 158; jeweils mwN). Dazu sind zunächst die in Betracht zu ziehenden Interessen zu ermitteln (vgl. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 12. Aufl. § 307 BGB Rn. 103). Zu prüfen ist, welches Interesse der Arbeitgeber als Verwender an der Aufrechterhaltung der Geschäftsbedingung hat und welches die Gründe sind, die umgekehrt aus Sicht des Arbeitnehmers für den Wegfall der Klausel und deren Ersetzung durch die nach § 306 Abs. 2 BGB maßgebliche Regelung bestehen. Für die Bewertung der Angemessenheit einer Klausel kommt es unter Berücksichtigung eines generell-typisierenden Maßstabs auf die Anschauungen der Verkehrskreise an, die regelmäßig an dem Abschluss von Verträgen des streitigen Typs beteiligt sind (CKK/Klumpp 2. Aufl. § 307 BGB Rn. 45; MüKoBGB/Wurmnest aaO Rn. 35, 40; Schaub ArbR-HdB/Linck 19. Aufl. § 35 Rn. 44; Fuchs aaO; Pfeiffer aaO Rn. 82 f.). Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände einzubeziehen (vgl. BAG 10. Januar 2007 – 5 AZR 84/06 – Rn. 19; ErfK/Preis 21. Aufl. BGB §§ 305-310 Rn. 42; HWK/Roloff 9. Aufl. § 310 BGB Rn. 6; MüKoBGB/Basedow aaO § 310 Rn. 114). Schließlich ist zu prüfen, ob der dem gesetzlichen Leitbild zugrundeliegende Schutzzweck in anderer Weise vertraglich gesichert ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die aus der Abweichung von wesentlichen Grundgedanken resultierende Benachteiligung des Vertragspartners auch durch anderweitige Regelungen ausgeglichen werden kann (Erman/Roloff/Looschelders BGB 16. Aufl. § 307 Rn. 26; Staudinger/Wendland [2019] § 307 Rn. 258). Die Kompensationswirkung kann jedoch nur eintreten, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch die vorteilhafte Regelung im Ergebnis aufgehoben wird (Pfeiffer aaO Rn. 127). 34 cc) Nach diesen Grundsätzen ist die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Abweichung vom gesetzlichen Leitbild nicht sachlich gerechtfertigt und der gesetzliche Schutzzweck auch nicht auf andere Weise sichergestellt. 35 (1) Die Beklagte hat als Verwenderin der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ersichtlich das Interesse, von Anschaffungs- und Betriebskosten für Mobiltelefone und Fahrräder entlastet zu werden. Sie trägt aufgrund der getroffenen Vereinbarung auch nicht das Risiko für Verschleiß, Wertverfall, Verlust und Beschädigung dieser Arbeitsmittel. Demgegenüber hat der Kläger als Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse daran, dass ihm die Beklagte als Arbeitgeberin die für die Ausübung seiner Tätigkeit essentiellen Arbeitsmittel zur Verfügung stellt und er diese nicht auf eigene Kosten bereitstellen muss. Ansonsten müsste er die Risiken tragen, von denen sich der Arbeitgeber gerade entlasten möchte. Da die Arbeitsleistung als Fahrradlieferant ganzjährig und wetterunabhängig zu erbringen ist, muss der Arbeitnehmer zudem sein Fahrrad und sein Mobiltelefon auch bei Regen und Nässe einsetzen und damit Witterungsverhältnissen aussetzen, die er ansonsten hätte meiden können. Weiter mag er ein Interesse daran haben, zB aus Datenschutzerwägungen selbst zu entscheiden, welche Softwareanwendungen (Apps) er auf seinem privaten Mobiltelefon installiert und betreibt. Konkret-individuelle Umstände, die an dieser Bewertung etwas ändern könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 36 (2) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der von der Beklagten vorgebrachte Hinweis, dass die typischerweise beteiligten Vertragspartner – wie auch der Kläger – ohnehin im Besitz eines internetfähigen Mobiltelefons und eines Fahrrads seien. Dies mag zutreffen, ändert aber nichts daran, dass diese privaten Gegenstände der Beschäftigten einerseits einer erhöhten Abnutzung und dem Risiko von Verlust und Beschädigung bei Ausübung der Tätigkeit unterliegen und andererseits die Beklagte hierdurch einen nicht unerheblichen finanziellen Vorteil erlangt. 37 (3) Die benachteiligende Wirkung der von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichenden und mit diesen nicht zu vereinbarenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird nicht durch dem Kläger gewährte anderweitige Vorteile kompensiert. 38 (a) Die Wirkung einer für sich genommen unangemessen benachteiligenden Klausel kann durch die Gewährung eines anderweitigen Vorteils ausgeglichen und so die Vereinbarung in ihrer Gesamtbilanz als wirksam angesehen werden (BGH 21. September 2016 – VIII ZR 27/16 – Rn. 19; grundlegend 25. Juni 1991 – XI ZR 257/90 – BGHZ 115, 38; BAG 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 – zu I 5 b dd (1) der Gründe, BAGE 115, 372; BeckOGK/Eckelt Stand 15. Juli 2021 BGB § 307 Rn. 89; Bieder Kompensatorische Vertragsgestaltung im Arbeits- und Wirtschaftsrecht 2015, S. 61 ff.; CKK/Klumpp 2. Aufl. § 307 BGB Rn. 53 ff.; Däubler/Deinert/Walser/Walser 5. Aufl. § 307 Rn. 226, 227; HWK/Roloff 9. Aufl. § 307 BGB Rn. 16; MüKoBGB/Wurmnest 8. Aufl. § 307 Rn. 35, 38; Staudinger/Wendland [2019] § 307 Rn. 125; Stoffels AGB-Recht 4. Aufl. Rn. 487; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 12. Aufl. § 307 BGB Rn. 144 ff.; Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer 7. Aufl. § 307 Rn. 215 ff.). Dabei besteht – mit Differenzierungen im Detail und in der Formulierung – in Rechtsprechung und Literatur Übereinstimmung, dass nicht jede vorteilhafte Regelung als Ausgleich herangezogen werden kann. Eine solche Kompensation ist vielmehr nur in engen Grenzen zulässig. Zwischen der benachteiligenden Klausel und dem zugestandenen Vorteil muss ein sachlicher Zusammenhang bestehen (BGH 21. September 2016 – VIII ZR 27/16 – Rn. 20; 29. November 2002 – V ZR 105/02 – Rn. 20, BGHZ 153, 93; BAG 23. August 2012 – 8 AZR 804/11 – Rn. 45, BAGE 143, 62; Stoffels aaO; Pfeiffer aaO Rn. 212) und der anderweitige Vorteil muss auch vom Gewicht her geeignet sein, einen angemessenen Ausgleich zu bieten (BAG 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 – Rn. 18, BAGE 153, 1; MüKoBGB/Wurmnest aaO; Staudinger/Wendland aaO Rn. 124, 125 mwN; Stoffels aaO; Fuchs aaO Rn. 151). Im Rahmen der Interessenabwägung ist „der gesamte Vertragsinhalt einschließlich seiner Individualteile zu würdigen“ (BGH 5. April 2006 – VIII ZR 163/05 – Rn. 16; 2. Dezember 1992 – VIII ARZ 5/92 -; Staudinger/Wendland aaO). Demnach sind – soweit das Erfordernis des sachlichen Zusammenhangs erfüllt ist – auch Individualvereinbarungen in die Abwägung einzubeziehen (Staudinger/Wendland aaO Rn. 114, 124; Pfeiffer aaO Rn. 88 (im Individualprozess), 212; aA wegen des generellen Charakters von AGB Erman/Roloff/Looschelders BGB 16. Aufl. § 307 Rn. 11). 39 (b) Ein angemessener Ausgleich im oben dargestellten Sinn ist vorliegend nicht vereinbart oder anderweitig gegeben. 40 (aa) Dies gilt zunächst, soweit die Beklagte auf im Einzelnen vom Kläger darzulegende und zu beweisende Aufwendungsersatzansprüche in analoger Anwendung von § 670 BGB verweist. Dem steht entgegen, dass eine ausreichende Kompensation für die nachteilige Regelung nur durch einen gewichtigen Vorteil herbeigeführt werden kann. Ein solcher ist hier schon deshalb nicht erkennbar, weil eine Regelung zum Aufwendungsersatz nicht vereinbart wurde. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen wurden lediglich vertraglich nicht ausgeschlossen. Es fehlt also bereits an einer vertraglichen Regelung des in Betracht kommenden Ausgleichsanspruchs. Zudem steht einer Kompensation der benachteiligenden Wirkung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entgegen, dass Aufwendungsersatzansprüche ohnehin der geltenden Rechtslage entsprechen und dem Kläger keinen weitergehenden Vorteil bringen (dazu Staudinger/Wendland [2019] § 307 Rn. 127; vgl. auch BAG 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 – Rn. 23, BAGE 153, 1). Schließlich stehen der erfolgreichen Durchsetzung von Aufwendungsersatzansprüchen durch den Kläger wegen der neben der beruflichen Nutzung bestehenden privaten Nutzung des Mobiltelefons und Fahrrads erhebliche praktische Hindernisse entgegen. Die absehbaren Schwierigkeiten, Ersatzansprüche konkret zu beziffern und aufzuschlüsseln, sprechen ebenfalls dagegen, diese ohne gesonderte vertragliche Regelungen als angemessenen Ausgleich für den Kläger konkret belastende Allgemeine Geschäftsbedingungen ausreichen zu lassen. 41 (bb) Aus der Gewährung eines Reparaturguthabens iHv. 0,25 Euro pro geleisteter Arbeitsstunde ergibt sich kein angemessener Ausgleich, der die konstatierte Benachteiligung durch die Verpflichtung zur Verwendung des eigenen Fahrrads kompensieren könnte. Die Möglichkeit, Reparaturguthaben anzusparen und abzurufen ist allerdings bei der nach obigen Grundsätzen (vgl. Rn. 38) anzustellenden Betrachtung des gesamten Vertragsinhalts einschließlich seiner Individualteile zu berücksichtigen. Auf die rechtliche Grundlage kommt es vorliegend nicht an. Auch wenn der Anspruch auf Gewährung eines Reparaturguthabens auf einer Gesamtzusage beruhen sollte, stünde er – anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen – nicht außerhalb des zu beurteilenden Vertragswerks. Bei einer Gesamtzusage wird nach der ihr zugrundeliegenden vertraglichen Konstruktion das in der Zusage liegende Angebot des Arbeitgebers gemäß § 151 Satz 1 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags (vgl. BAG 30. Januar 2019 – 5 AZR 450/17 – Rn. 46, BAGE 165, 168; 22. März 2017 – 5 AZR 424/16 – Rn. 13). Auch eine – unterstellte – Änderungsmöglichkeit wäre unbeachtlich. Sollte die Kompensationsleistung entfallen, hätte dies keine verstärkte Belastung des Arbeitnehmers zur Folge, weil es dann bei der Unwirksamkeit der unangemessenen Regelung bliebe. 42 Das gewährte Reparaturguthaben iHv. 0,25 Euro pro geleisteter Arbeitsstunde stellt jedoch schon deshalb keinen angemessenen Ausgleich dar, weil der Kläger über das Geld nicht frei verfügen kann. Er ist auf das Leistungsspektrum, die Angebote und die Preise des von der Beklagten bestimmten Unternehmens festgelegt und in der Wahl der Werkstatt nicht frei. Er hat damit nicht die Möglichkeit, eine „Werkstatt seines Vertrauens“ aufzusuchen, die seinen Vorstellungen von Service und Preisen entspricht. Ebenso wenig kann er Ersatzteile auf dem freien Markt erwerben und selbst montieren. Zudem ist keine Nutzungsentschädigung vorgesehen und die Höhe des Reparaturbudgets orientiert sich nicht an der Fahrleistung, die für den Verschleiß maßgeblich ist, sondern an der damit nur mittelbar zusammenhängenden Arbeitszeit. Welcher Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Fahrleistung besteht, hat die Beklagte nicht dargelegt. 43 4. Die weiteren Einwände der Revision führen zu keiner anderen Beurteilung. 44 a) Die von der Beklagten herangezogenen Entscheidungen des Neunten Senats zum Einsatz von Privatmitteln des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis sind nicht einschlägig. Die Entscheidung vom 14. Oktober 2003 (- 9 AZR 657/02 -) hat Aufwendungsersatzansprüche für ein häusliches Arbeitszimmer aus dem Zeitraum von 1999 bis 2000 zum Gegenstand, hinsichtlich derer sich Fragen einer AGB-Kontrolle und des damit verbundenen strengeren Prüfungsmaßstabs nicht stellten. Ob bestimmte Regelungen individualvertraglich wirksam vereinbart werden könnten, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Soweit der Neunte Senat in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, es sei üblich und löse keine Erstattungsansprüche aus, wenn zB im Außendienst in geringem Umfang auch zu Hause gearbeitet und dafür Wohnfläche genutzt werde (BAG 14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – zu IV 2 c der Gründe), bezieht sich dies darüber hinaus auf Zusammenhangstätigkeiten in zeitlich eingeschränktem Umfang und nicht auf eine dauerhafte Nutzung, um die im Kern geschuldete Tätigkeit überhaupt erbringen zu können. Das ergänzend angeführte Kriterium der wesentlichen Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit für eigene private Zwecke ist zum einen im Zusammenhang mit der bei § 670 BGB relevanten Frage des Vermögensopfers zu sehen und zum anderen spezifisch auf die Nutzung von Wohnraum bezogen, die einen besonderen Beurteilungsmaßstab erfordert (weiterführend hierzu BeckOGK/Maties Stand 1. August 2021 BGB § 611a Rn. 1571). Die ebenfalls Aufwendungsersatz für ein häusliches Arbeitszimmer betreffende Entscheidung vom 12. April 2011 (- 9 AZR 14/10 -) ist schon deshalb nicht vergleichbar, weil insoweit offensichtlich ein erhebliches Eigeninteresse des Arbeitnehmers an der Nutzung seines häuslichen Arbeitszimmers bestand. Es war ihm nämlich freigestellt, stattdessen Räumlichkeiten des Arbeitgebers zu nutzen, was er nicht wollte (BAG 12. April 2011 – 9 AZR 14/10 – Rn. 28). Auch soweit der Neunte Senat entschieden hat, dass ein Lkw-Fahrer die Kosten der Fahrerkarte für die elektronische Lenkzeiterfassung selbst zu tragen hat (BAG 16. Oktober 2007 – 9 AZR 170/07 – Rn. 22 ff., BAGE 124, 210), fehlt die Vergleichbarkeit mit dem vorliegenden Sachverhalt, weil die Fahrerkarte kein Arbeitsmittel darstellt (BAG 16. Oktober 2007 – 9 AZR 170/07 – Rn. 35 f., aaO). 45 b) Die von der Revision erhobenen Bedenken gegen eine Überdehnung des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs als Anspruch auf Einrichtung des Arbeitsplatzes greifen nicht durch. Sie betreffen die – ungewollte – Unmöglichkeit der Beschäftigung, die während des Bestands des Arbeitsverhältnisses aufgrund äußerer Umstände eintritt (zB Nichtbeschäftigung eines Maschinenbedieners bei einem Defekt der Produktionsmaschine; vgl. zur Unmöglichkeit der Beschäftigung und den Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers BAG 5. Februar 2020 – 10 AZB 31/19 – Rn. 16 ff.), nicht aber die vorliegend maßgebliche Frage, ob dem Arbeitnehmer – von Beginn des Arbeitsverhältnisses an – die essentiell erforderlichen, vorhandenen oder jedenfalls beschaffbaren Arbeitsmittel bereitzustellen sind. Hierauf besteht, soweit keine wirksame anderweitige Vereinbarung getroffen wurde, grundsätzlich ein Anspruch aus § 611a Abs. 1 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag. 46 III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.              Linck                  Biebl                  Bubach                                    Eberhard                  Rosenberg" bag_39-21,25.11.2021,"25.11.2021 39/21 - Insolvenzrechtlicher Rang des Urlaubsabgeltungsanspruchs bei Inanspruchnahme der Arbeitsleistung durch den starken vorläufigen Insolvenzverwalter In der Insolvenz des Arbeitgebers ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung vollständig als Masseverbindlichkeit zu berichtigen, falls der vorläufige Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter) die Arbeitsleistung zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch in Anspruch genommen hat. Der Kläger wurde von der Beklagten als damalige starke vorläufige Insolvenzverwalterin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Arbeit herangezogen. Mit seiner Klage hat er für die zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht genommenen Urlaubstage die Zahlung einer Abgeltung in Höhe von 3.391,30 Euro brutto als Masseverbindlichkeit verlangt. Die Beklagte hat dies als nunmehrige Insolvenzverwalterin abgelehnt, weil es sich nur um eine zur Insolvenztabelle anzumeldende Insolvenzforderung handle. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die streitbefangene Urlaubsabgeltung ist in voller Höhe als Masseverbindlichkeit zu berichtigen. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO sieht die Begründung von Masseverbindlichkeiten vor, „soweit“ der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. Entscheidet sich der starke vorläufige Insolvenzverwalter für die Inanspruchnahme der Arbeitskraft eines Arbeitnehmers, hat er alle Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis als Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Hiervon umfasst sind nicht nur Ansprüche, welche unmittelbar auf einer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung beruhen, sondern auch solche, denen keine unmittelbare Wertschöpfung für die Masse gegenübersteht (vgl. bereits BAG 10. September 2020 6 AZR 94/19 (A) ). Der vollen Berichtigung als Masseverbindlichkeit steht nicht entgegen, dass der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts bzgl. der vergleichbaren Regelung in § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO von einer nur anteiligen Zuordnung der „geldwerten Urlaubsansprüche“ ausging (vgl. BAG 21. November 2006 9 AZR 97/06 ). Auf Anfrage des erkennenden Senats hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts erklärt, an dieser Auffassung nicht festzuhalten (BAG 16. Februar 2021 9 AS 1/21 ). Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. November 2021 – 6 AZR 94/19 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Oktober 2018 – 23 Sa 505/18 –","Tenor I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Oktober 2018 – 23 Sa 505/18 – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klage auf Zahlung von Urlaubsabgeltung zurückgewiesen hat. II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 6. März 2018 – 3 Ca 1881/17 – im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als es die Klage auf Zahlung von Urlaubsabgeltung abgewiesen hat. Es wird unter Berücksichtigung des Teilurteils des Bundesarbeitsgerichts vom 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – insgesamt klarstellend wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.391,30 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2017 zu zahlen. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger 40 % zu tragen, die Beklagte 60 %. Im Übrigen trägt der Kläger 30 % und die Beklagte 70 % der Kosten. Leitsatz Nimmt ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Arbeitgebers die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch in Anspruch, hat er einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung in voller Höhe als Masseverbindlichkeit zu berichtigen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten noch über einen Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung. 2 Der Kläger war seit 2003 bei der g AG (im Folgenden Schuldnerin) bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt worden war, wurde die Beklagte mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 6. September 2017 zur sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalterin mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Der Schuldnerin wurde ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO). 3 Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete durch dessen außerordentliche Kündigung zum 29. September 2017 (vgl. BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – Rn. 17 ff.). Bis dahin hatte er seine Arbeitsleistung erbracht und noch Anspruch auf 20 Tage Erholungsurlaub. 4 Am 1. November 2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und die Beklagte zur Insolvenzverwalterin bestellt. 5 Mit seiner Zahlungsklage hat der Kläger für die zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht genommenen Urlaubstage eine Abgeltung in Höhe von 3.391,30 Euro brutto verlangt. Die Beklagte schulde die Urlaubsabgeltung als Masseverbindlichkeit, weil sie seine Arbeitsleistung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als starke vorläufige Insolvenzverwalterin in Anspruch genommen habe. 6 Der Kläger hat beantragt,          die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 3.391,30 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2017 zu zahlen. 7 Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch handle es sich nur um eine Insolvenzforderung. Das Arbeitsverhältnis sei vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet worden. Die bis dahin erfolgte Inanspruchnahme der Arbeitsleistung des Klägers begründe hinsichtlich der Urlaubsabgeltung keine Masseverbindlichkeit. Der Urlaubsabgeltungsanspruch beruhe nicht auf der Arbeitsleistung, welche im Zeitraum der mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis betriebenen vorläufigen Insolvenzverwaltung erbracht wurde. 8 Im erstinstanzlichen Verfahren hatte der Kläger neben der Urlaubsabgeltung noch Vergütung für Oktober 2017 in Höhe von 2.204,41 Euro brutto gefordert, weil er von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst zum 11. Oktober 2017 ausging. Im Berufungsverfahren hat er diese Forderung auf 1.418,18 Euro brutto reduziert. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Der Senat hat mit Beschluss vom 14. März 2019 die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter. Mit Teilurteil vom 10. September 2020 (- 6 AZR 94/19 (A) -) hat der Senat die Revision zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Zahlung von Entgelt für den Monat Oktober 2017 gerichtet hat. Entscheidungsgründe 9 Die Revision ist bezogen auf den noch streitgegenständlichen Urlaubsabgeltungsanspruch begründet. 10 I. Der Kläger hat Anspruch auf die Urlaubsabgeltung. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Die Voraussetzung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist hier erfüllt, denn das Arbeitsverhältnis endete am 29. September 2017. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass dem Kläger zu diesem Zeitpunkt noch ein Anspruch auf Erholungsurlaub im Umfang von 20 Arbeitstagen zustand. Er kann für diese Tage eine Urlaubsabgeltung in Höhe von jedenfalls 3.391,30 Euro brutto verlangen. Die Forderung ist der Höhe nach unstreitig. Gleiches gilt für die beantragte Verzinsung wegen Verzugs. 11 II. Der Abgeltungsanspruch ist eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 Satz 2 iVm. Satz 1 InsO. 12 1. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO sieht die Begründung von Masseverbindlichkeiten vor, „soweit“ der starke vorläufige Insolvenzverwalter die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. Der Begriff „soweit“ bedingt bezogen auf Arbeitsverhältnisse keine Einschränkung in dem Sinne, dass nur Ansprüche des Arbeitnehmers erfasst werden sollen, welche unmittelbar auf einer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung beruhen. Entscheidet sich der starke vorläufige Insolvenzverwalter für die Inanspruchnahme der Arbeitskraft eines Arbeitnehmers, hat er alle Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis als Masseverbindlichkeiten zu erfüllen („Gesamtpaket“). Hiervon umfasst sind auch Ansprüche, denen keine Wertschöpfung für die Masse gegenübersteht (zB Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Erholungsurlaub). Die Insolvenzordnung sieht insoweit keine Einschränkung der Arbeitgeberpflichten zugunsten der Masse vor (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – Rn. 42). Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist mangels insolvenzrechtlicher Sonderregelung somit ebenfalls eine nach § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO in voller Höhe zu erfüllende Masseverbindlichkeit, falls der starke vorläufige Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch in Anspruch genommen hat (vgl. BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – Rn. 43 ff.). 13 2. Die frühere Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts zu § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO steht dem nicht entgegen. 14 a) Gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO gelten bei Masseunzulänglichkeit als vorrangig zu befriedigende Neumasseverbindlichkeiten iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. Insoweit besteht ein Gleichlauf zu § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO(vgl. BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – Rn. 54; 16. Februar 2021 – 9 AS 1/21 – Rn. 8; kritisch Klinck Anm. AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 116 unter II). 15 b) Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte bezogen auf § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO angenommen, Ansprüche auf Urlaubsabgeltung könnten nicht in voller Höhe als Neumasseverbindlichkeit berichtigt werden, weil dadurch die Masse nicht angereichert werde. Vielmehr sei nur der auf die Dauer der tatsächlich entgegengenommenen Arbeitsleistung entfallende „anteilige“ Geldwert des Urlaubs als Neumasseverbindlichkeit zu berichtigen (BAG 21. November 2006 – 9 AZR 97/06 – Rn. 25 ff., BAGE 120, 232). 16 c) Auf Anfrage des erkennenden Senats nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – Rn. 55 ff.) hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts mit Beschluss vom 16. Februar 2021 (- 9 AS 1/21 -) erklärt, dass er an dieser Auffassung nicht festhalte und sich der Ansicht des erkennenden Senats bzgl. der insolvenzrechtlichen Einordnung von Urlaubsabgeltungsansprüchen auch in Bezug auf § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO anschließe (BAG 16. Februar 2021 – 9 AS 1/21 – Rn. 7 ff. mwN). 17 3. Die hiergegen von der Beklagten und Teilen des Schrifttums geäußerten Bedenken greifen nicht durch. 18 a) Der Hinweis auf den Ausnahmecharakter von § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO im Verhältnis zum Regelfall des § 108 Abs. 3 InsO, welcher dem Schutz der Masse dient (vgl. Berner/Werner ZInsO 2021, 950, 954; Ries EWiR 2021, 49, 50; Krings NZA 2021, 399, 401), führt nicht zu einem Verständnis des Begriffs „soweit“ in § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO in dem Sinne, dass nur Ansprüche der Arbeitnehmer als Masseverbindlichkeit zu befriedigen wären, die unmittelbar der Vergütung einer der Masse zugutekommenden Arbeitsleistung dienen. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt den Ausnahmecharakter der Begründung von Masseverbindlichkeiten vor dem Hintergrund der mit § 1 Satz 1 InsO bezweckten gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger nicht in Frage (vgl. BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – Rn. 41; 25. Januar 2018 – 6 AZR 8/17 – Rn. 18, BAGE 161, 368). Der Begriff „soweit“ in § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO ist aber dahingehend zu verstehen, dass er nur die Entscheidung des vorläufigen Insolvenzverwalters zur Inanspruchnahme des Arbeitnehmers von der zu dessen Freistellung abgrenzt. Dies folgt aus einer Auslegung des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO unter Berücksichtigung seines systematischen Zusammenhangs mit § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – Rn. 42 ff.). Der Verweis auf den Rechtscharakter der Insolvenzordnung als besonderes Vollstreckungsrecht (vgl. Ganter Anm. NZI 2021, 446, 451) ist in diesem Zusammenhang unbehelflich. Die angeführte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich bzgl. der insolvenzrechtlichen Rangordnung auf die Regelungen der Insolvenzordnung selbst. In der vorliegenden Konstellation beschränkt die Insolvenzordnung nicht die Durchsetzbarkeit materiell-rechtlicher Ansprüche, sondern privilegiert im Gegenteil Ansprüche von Vertragspartnern des Schuldners bzgl. ihres insolvenzrechtlichen Rangs, wenn diese – im Fall des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens – ihre vertraglich geschuldete Leistung zugunsten der Masse erbringen. Dies entspricht der gesetzgeberischen Zielsetzung. § 55 Abs. 2 InsO will nicht die Masse, sondern den Vertragspartner schützen, um mit dessen Leistungen die Fortführung des Unternehmens zu ermöglichen (BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) – Rn. 45). Dieser Regelungszweck gebietet keine unterschiedliche Behandlung von Ansprüchen im Sinne einer „Aufwertung“ von Entgelt als Gegenleistung nur für die tatsächliche Arbeitsleistung (idS aber Klinck Anm. AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 116 unter III). Er steht einer solchen Differenzierung vielmehr entgegen. Ein Vertragspartner, dessen Ansprüche nicht vollständig aus der Masse befriedigt werden, wird eher in Betracht ziehen, das Vertragsverhältnis zu beenden, um keine Leistung zugunsten der Masse mehr erbringen zu müssen. 19 b) Die bzgl. des Urlaubsabgeltungsanspruchs vertretene Ansicht, dieser sei ein bloßer Geldanspruch, der nicht länger „in dem Kontext der Arbeitsleistung stehe und damit auch nicht als ‚Gegenleistung‘ iRd. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO berücksichtigt werden könne“ (so Krings NZA 2021, 399, 402), ist folglich unzutreffend. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO setzt nur die grundsätzliche Inanspruchnahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers für die Einordnung als Masseverbindlichkeit voraus. Ist dies der Fall, differenziert die Insolvenzordnung nicht weiter danach, welche vertraglichen, tarifvertraglichen oder gesetzlichen Ansprüche des Arbeitnehmers noch „in dem Kontext“ der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung stehen oder hiervon losgelöst entstehen können. 20 c) Der von Stimmen im Schrifttum geforderten zeitanteiligen Aufteilung des Urlaubsabgeltungsanspruchs (vgl. Breitenbücher EWiR 2021, 371, 372; Ganter Anm. NZI 2021, 446, 452; Klinck Anm. AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 116 unter III; Ries EWiR 2021, 49, 50) steht schon entgegen, dass dieser Anspruch – im Gegensatz zum Anspruch auf Entgelt für Arbeitsleistung – keinem insolvenzrechtlichen Zeitraum zuordenbar ist (BAG 16. Februar 2021 – 9 AS 1/21 – Rn. 19). Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts steht damit nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bzgl. zeitabschnittsbezogen teilbarer Ansprüche aus anderen Dauerschuldverhältnissen (vgl. zum Mietverhältnis BGH 11. März 2021 – IX ZR 152/20 – Rn. 3). Eine rechnerische Aufteilung des Urlaubsabgeltungsanspruchs gibt § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO bezogen auf die insolvenzrechtliche Einordnung wie ausgeführt nicht vor, so dass sich nicht die Frage stellt, ob eine solche Aufteilung unionsrechtlich überhaupt zulässig wäre oder ob die insolvenzrechtliche Regelung wegen des Vorrangs des Unionsrechts insoweit unangewendet bleiben müsste (vgl. zum Unionsrecht BAG 16. Februar 2021 – 9 AS 1/21 – Rn. 14 f.; zur fehlenden Absicherung der Urlaubsabgeltung durch das Insolvenzgeld BAG 6. September 2018 – 6 AZR 367/17 – Rn. 31, BAGE 163, 271). 21 d) Soweit der Senat in Randnummer 42 seines Teilurteils vom 10. September 2020 (- 6 AZR 94/19 (A) -) unter Verweis auf MüKoInsO/Hefermehl (4. Aufl. § 55 Rn. 229) angeführt hat, dass über die Fiktion des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO die Ansprüche des zur Arbeitsleistung herangezogenen Arbeitnehmers so behandelt werden, als ob der starke vorläufige Verwalter das Arbeitsverhältnis selbst durch Neuabschluss begründet hätte, kann daraus entgegen der Auffassung der Beklagten nicht geschlossen werden, dass eine Masseverbindlichkeit allenfalls im Umfang eines Anspruchs auf Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 BUrlG entstehen könne. Die Aussage des Senats bezieht sich erkennbar nicht auf Ansprüche aus bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen, sondern auf die Folgen der Entscheidung des vorläufigen Insolvenzverwalters, die Arbeitsleistung in Anspruch zu nehmen. Diese Entscheidung weist im Verhältnis zur Masse dieselbe Qualität wie die einer Neueinstellung auf. Eine die Durchsetzbarkeit arbeitsvertraglicher Ansprüche aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis einschränkende fiktive „Rückstellung“ auf Ansprüche aus einem neu begründeten Arbeitsverhältnisses sieht § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO aber nicht vor. 22 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.              Spelge                  Heinkel                  Krumbiegel                                    Steinbrück                  A. Hermann" bag_40-21,25.11.2021,"25.11.2021 40/21 - Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG - Vermutung der Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung Der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, begründet regelmäßig die Vermutung iSv. § 22 AGG*, dass der/die erfolglose schwerbehinderte Bewerber/in im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen der Schwerbehinderung nicht berücksichtigt und damit wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde. Zu diesen Vorschriften gehört § 165 Satz 1 SGB IX**, wonach die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze melden. Um dieser Bestimmung zu genügen, reicht allein die Veröffentlichung des Stellenangebots über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit nicht aus. Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Landkreis verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG*** wegen einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung zu zahlen. Im November 2017 veröffentlichte der beklagte Landkreis über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit ein Stellenangebot. Danach sollte zum 1. Februar 2018 ein „Arbeitsplatz als Führungskraft“, nämlich die Stelle als „Amtsleiter/in Rechts- und Kommunalamt (Jurist/in)“ besetzt werden. In der Stellenausschreibung hieß es ua., dass das Aufgabengebiet die Leitung des Rechts- u. Kommunalamts mit seinerzeit ca. 20 Bediensteten umfasse und dass ein abgeschlossenes weiterführendes wissenschaftliches Hochschulstudium (Master oder gleichwertiger Abschluss) in der Fachrichtung Rechtswissenschaften bzw. 2. juristisches Staatsexamen (Volljurist/in) sowie mehrjährige einschlägige Berufserfahrung und mehrjährige einschlägige Führungserfahrung vorzugsweise in einer vergleichbaren Führungsposition hinsichtlich der Führungsspanne und des Aufgabenbereichs im kommunalen Bereich erwartet würden. Der mit einem GdB von 50 schwerbehinderte Kläger bewarb sich im November 2017 unter Angabe seiner Schwerbehinderung ohne Erfolg auf die ausgeschriebene Stelle. Zu einem Vorstellungsgespräch wurde er nicht eingeladen. Mit Schreiben vom 11. April 2018 wurde ihm mitgeteilt, dass sich der beklagte Landkreis für einen anderen Bewerber entschieden habe. Daraufhin wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 14. April 2018 unter dem Betreff „Beschwerde nach § 13 AGG und Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG“ an den beklagten Landkreis. Mit der Beschwerde beanstandete er, als schwerbehinderter Bewerber bereits im Vorverfahren des Bewerbungsverfahrens nicht berücksichtigt worden zu sein. Zudem machte der Kläger mit diesem Schreiben – erfolglos – einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend. Der Kläger erhielt auf die Beschwerde vom beklagten Landkreis keine Antwort. Mit seiner Klage verfolgt der Kläger gegenüber dem beklagten Landkreis einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter. Er hat die Auffassung vertreten, der beklagte Landkreis habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Dies folge ua. daraus, dass der beklagte Landkreis den freien Arbeitsplatz nicht den Vorgaben von § 165 Satz 1 SGB IX entsprechend der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet habe und dass er ihn, den Kläger, entgegen § 165 Satz 3 SGB IX** nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe, obwohl ihm – entgegen der Annahme des beklagten Landkreises – die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt habe. Zudem begründe die unterlassene Beantwortung seiner Beschwerde nach § 13 Abs. 1 AGG**** die Vermutung, dass er wegen der Schwerbehinderung nicht berücksichtigt worden sei. Der beklagte Landkreis hat Klageabweisung beantragt. Er schulde dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der beklagte Landkreis den Kläger wegen der Schwerbehinderung benachteiligt und schuldet ihm deshalb die Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Der beklagte Landkreis hatte es entgegen § 165 Satz 1 SGB IX unterlassen, den ausgeschriebenen, mit schwerbehinderten Menschen besetzbaren Arbeitsplatz der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden. Die Veröffentlichung des Stellenangebots über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit stellt keine Meldung iSv. § 165 Satz 1 SGB IX dar. Der Umstand der unterlassenen Meldung begründet die Vermutung, dass der Kläger im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen der Schwerbehinderung nicht berücksichtigt und damit wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde. Danach kam es nicht mehr darauf an, ob weitere Verstöße gegen die zugunsten schwerbehinderter Menschen getroffenen Verfahrens- und/oder Förderpflichten vorlagen. Ebenso dahinstehen konnte, ob die unterbliebene Beantwortung der Beschwerde des Klägers durch den beklagten Landkreis ein Indiz nach § 22 AGG für eine Benachteiligung des Klägers wegen der Schwerbehinderung sein konnte. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. November 2021 – 8 AZR 313/20 – Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 11. März 2020 – 5 Sa 414/18 – *§ 22 AGG Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. ** § 165 SGB IX 1 Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden den Agenturen für Arbeit frühzeitig nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze (§ 156). … 3Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. 4Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. … ***§ 15 Abs. 2 AGG Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. ****§ 13 Abs. 1 AGG Die Beschäftigten haben das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs, des Unternehmens oder der Dienststelle zu beschweren, wenn sie sich im Zusammenhang mit ihrem Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber, von Vorgesetzten, anderen Beschäftigten oder Dritten wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt fühlen. Die Beschwerde ist zu prüfen und das Ergebnis der oder dem beschwerdeführenden Beschäftigten mitzuteilen.","Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11. März 2020 – 5 Sa 414/18 – aufgehoben. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 28. November 2018 – 1 Ca 1034/18 – abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. 6.864,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. April 2018 zu zahlen. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Leitsatz 1. Nach § 165 Satz 1 SGB IX melden die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze. Der Verstoß des öffentlichen Arbeitgebers gegen diese Verpflichtung ist grundsätzlich geeignet, die Vermutung iSd. § 22 AGG zu begründen, dass der/die erfolglose schwerbehinderte Bewerber/in wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde. 2. Eine ordnungsgemäße Meldung iSv. § 165 Satz 1 SGB IX setzt die Erteilung eines Vermittlungsauftrags an die nach § 187 Abs. 4 SGB IX bei der Agentur für Arbeit eingerichteten besonderen Stellen zur Durchführung der der Agentur für Arbeit zur Teilhabe behinderter und schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben gesetzlich übertragenen Aufgaben unter Angabe der Daten voraus, die für einen qualifizierten Vermittlungsvorschlag erforderlich sind. Tatbestand 1 Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Landkreis (im Folgenden Beklagter) verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung zu zahlen. 2 Im November 2017 veröffentlichte der Beklagte über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit eine Stellenausschreibung, nach der im Rechts- und Kommunalamt des Beklagten zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Stelle eines/einer Amtsleiters/in zu besetzen war. Von dem/der Bewerber/in erwartet wurden ein „abgeschlossenes weiterführendes wissenschaftliches Hochschulstudium (Master oder gleichwertiger Abschluss) in der Fachrichtung Rechtswissenschaften bzw. 2. juristisches Staatsexamen (Volljurist/in)“ sowie „mehrjährige einschlägige Berufserfahrung“ und „mehrjährige einschlägige Führungserfahrung vorzugsweise in einer vergleichbaren Führungsposition hinsichtlich der Führungsspanne und des Aufgabenbereiches im kommunalen Bereich“. 3 Der mit einem GdB von 50 schwerbehinderte Kläger bewarb sich im November 2017 unter Angabe seiner Schwerbehinderung auf die ausgeschriebene Stelle. Mit Schreiben vom 11. April 2018 teilte ihm der Beklagte mit, dass er sich für einen anderen Bewerber entschieden habe. Zu einem Vorstellungsgespräch war der Kläger nicht eingeladen worden. 4 Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 14. April 2018 unter dem Betreff „Beschwerde nach § 13 AGG und Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG“ an den Beklagten und beanstandete, als schwerbehinderter Bewerber bereits im Vorverfahren des Bewerbungsverfahrens nicht berücksichtigt worden zu sein. Zudem machte er mit diesem Schreiben erfolglos einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend. Der Kläger erhielt auf die Beschwerde vom Beklagten außer einer Eingangsbestätigung keine Antwort. 5 Mit seiner Klage verfolgt der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter. Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Dies folge ua. daraus, dass der Beklagte den freien Arbeitsplatz nicht den Vorgaben von § 82 Satz 1 SGB IX (in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung, im Folgenden SGB IX aF) bzw. § 165 Satz 1 SGB IX (in der ab dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung, im Folgenden SGB IX nF) entsprechend der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet habe, dass er entgegen § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nF die Schwerbehindertenvertretung nicht unmittelbar nach Eingang über seine, des Klägers Bewerbung unterrichtet habe und daraus, dass er ihn, den Kläger, den Bestimmungen des § 82 Satz 2 SGB IX aF bzw. des § 165 Satz 3 SGB IX nF zuwider nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe, obwohl er fachlich für die Stelle geeignet gewesen sei. Zudem begründe die unterlassene Beantwortung seiner Beschwerde nach § 13 Abs. 1 AGG die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung nicht berücksichtigt worden sei. 6 Der Kläger hat zuletzt beantragt,          den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, jedoch mindestens 4.575,67 Euro, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. April 2018 zu zahlen. 7 Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu schulden. Der freie Arbeitsplatz sei über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit gemeldet worden. Das sei nach § 82 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 1 SGB IX nF ausreichend. Auch sei die Schwerbehindertenvertretung den Anforderungen des § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX aF bzw. des § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nF entsprechend über die Bewerbung des Klägers unterrichtet worden. Die Personalsachbearbeiterin K, die unstreitig die Aufgabe hatte, in einer Tabelle die Daten der 24 Stellenbewerber/innen zu erfassen, habe diese Tabelle, die zudem in einer gesonderten Spalte jeweils den internen Link zu den jeweiligen digitalisierten Bewerbungsunterlagen der Bewerber/innen enthalte habe, sowohl an den Personalrat als auch an die Schwerbehindertenvertretung weitergeleitet. Zwar habe die Mitarbeiterin K bei der Erstellung der tabellarischen Übersicht der Bewerbungen für den Kläger in der Rubrik „Behinderung (schwerbehindert oder gleichgestellt)“ anstelle des Wortes „ja“ das Wort „nein“ eingetragen. Hierbei handele es sich jedoch um ein bloßes Versehen. Entgegen der Ansicht des Klägers habe keine Verpflichtung bestanden, diesen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Der Kläger habe nach seinen Bewerbungsunterlagen die Anforderungen der Stellenausschreibung einer mehrjährigen einschlägigen Berufserfahrung und einer mehrjährigen einschlägigen Führungserfahrung offensichtlich nicht erfüllt. Da dem Kläger insoweit die fachliche Eignung offensichtlich gefehlt habe, sei er, der Beklagte von der in § 82 Satz 2 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 3 SGB IX nF bestimmten Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch befreit gewesen. 8 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision. Entscheidungsgründe 9 A. Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO. 10 B. Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts schuldet der Beklagte dem Kläger nach § 15 Abs. 2 AGG die Zahlung einer angemessenen Entschädigung. Der Senat hält unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Entschädigung iHv. 6.864,00 Euro für angemessen. 11 I. Die Revision des Klägers ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der Revisionsbegründungsfrist ordnungsgemäß iSv. § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO begründet. Die Revisionsbegründung des Klägers enthält eine konkrete Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils unter genauer Darlegung der Gesichtspunkte, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (zu den Anforderungen vgl. etwa BAG 24. Oktober 2019 – 8 AZR 528/18 – Rn. 9 mwN). 12 II. Die Revision des Klägers ist auch begründet. 13 1. Die auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG gerichtete Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. 14 § 15 Abs. 2 AGG räumt dem Gericht bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung einen Ermessensspielraum ein (vgl. BAG 28. Mai 2020 – 8 AZR 170/19 – Rn. 27, BAGE 170, 340), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Der Kläger hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht dabei heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angegeben (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 – 8 AZR 997/12 – Rn. 16; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 16). Der Kläger hat als nicht zu unterschreitenden Mindestbetrag ein auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbares Bruttomonatsentgelt iHv. 4.575,67 Euro angegeben. 15 2. Die Klage ist auch begründet. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Der Senat hält unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Entschädigung iHv. 6.864,00 Euro für angemessen. 16 a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff (vgl. näher ua. BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 62, BAGE 155, 149). Der Beklagte ist Arbeitgeber iSv. § 6 Abs. 2 AGG. 17 b) Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Darüber streiten die Parteien auch nicht. 18 c) Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. 19 aa) Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) verbietet. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG, das einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz der aus den Antidiskriminierungsrichtlinien des Unionsrechts hergeleiteten Rechte – hier die der Richtlinie 2000/78/EG – zu gewährleisten hat, untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nF schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 2 Satz 2 SGB IX nF die Regelungen des AGG. 20 bb) Der Kläger, der dem Beklagten seine Schwerbehinderung im Bewerbungsschreiben ordnungsgemäß mitgeteilt hatte, wurde dadurch, dass er von dem Beklagten im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren für die ausgeschriebene Stelle nicht berücksichtigt wurde, unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt, denn er hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Darauf, ob es überhaupt andere Bewerber/innen gegeben hat und ob der/die von dem Beklagten ausgewählte Bewerber/in die Stelle angetreten hat, kommt es nicht an (vgl. näher BAG 19. Dezember 2019 – 8 AZR 2/19 – Rn. 28 ff., BAGE 169, 217). 21 cc) Anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, hat der Kläger die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen seiner Schwerbehinderung erfahren. 22 (1) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Das spezielle Benachteiligungsverbot des § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nF verbietet eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung. Zwischen der Benachteiligung und einem in § 1 AGG genannten Grund bzw. zwischen der Benachteiligung und der Schwerbehinderung muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. 23 (a) Soweit es – wie hier – um eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG geht, ist hierfür nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG an einen Grund iSv. § 1 AGG bzw. an die (Schwer)Behinderung anknüpft oder durch diese/n motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (vgl. BAG 23. November 2017 – 8 AZR 372/16 – Rn. 20 mwN). 24 (b) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (BAG 25. Oktober 2018 – 8 AZR 501/14 – Rn. 51, BAGE 164, 117). 25 (aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (BAG 25. Oktober 2018 – 8 AZR 501/14 – Rn. 52 mwN, BAGE 164, 117). 26 (bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats begründet der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung. Diese Pflichtverletzungen sind nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. etwa BAG 27. August 2020 – 8 AZR 45/19 – Rn. 29; 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 37, BAGE 169, 302; 16. Mai 2019 – 8 AZR 315/18 – Rn. 22 mwN, BAGE 167, 1; 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 25, BAGE 156, 107; 22. Oktober 2015 – 8 AZR 384/14 – Rn. 35; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 45 mwN). 27 (cc) Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Hierfür gilt allerdings das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. etwa BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 36 mwN, BAGE 169, 302; 26. Januar 2017 – 8 AZR 73/16 – Rn. 26 mwN). 28 (dd) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung vermuten lassen, ist nur eingeschränkt revisibel. Die revisionsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Würdigung der Tatsachengerichte möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 67, BAGE 169, 302; 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 48 mwN, BAGE 156, 107). 29 (2) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen seiner Schwerbehinderung erfahren. 30 (a) Dabei kann offenbleiben, ob dies bereits daraus folgt, dass der Beklagte die Schwerbehindertenvertretung und den Personalrat nicht den Anforderungen des § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX aF bzw. des § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nF entsprechend unterrichtet hat. 31 (aa) Nach § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nF haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 93 SGB IX aF bzw. § 176 SGB IX nF genannten Vertretungen über die Vermittlungsvorschläge der Bundesagentur für Arbeit oder eines Integrationsfachdienstes und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Dabei bedeutet „unmittelbar nach Eingang“ in § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nF, dass die Unterrichtung umgehend bzw. sofort zu erfolgen hat. Die Unterrichtungspflicht setzt demnach ein, sobald der Arbeitgeber erkennt – beispielsweise anhand der Bewerbungsunterlagen – bzw. erkennen muss, dass es sich um eine/n schwerbehinderte/n oder gleichgestellte/n Bewerber/in handelt. Insbesondere darf der Arbeitgeber nicht zunächst die eingegangenen Bewerbungen sammeln und später gebündelt die Schwerbehindertenvertretung und die in § 93 SGB IX aF bzw. § 176 SGB IX nF genannten Vertretungen unterrichten, da dies nicht „unmittelbar nach Eingang“ wäre (vgl. ebenso Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 164 Rn. 147). Darüber hinaus bedeutet „Unterrichtung“ iSv. § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nF mehr als nur das Einräumen eines Zugangs zu Bewerbungsunterlagen. Erforderlich ist eine gezielte Unterrichtung, mit der auf die Schwerbehinderung des/der einzelnen Bewerbers/Bewerberin hingewiesen wird (vgl. auch Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 27. November 2019 – 15 Sa 949/19 – Rn. 36; Düwell aaO Rn. 150 mwN). 32 (bb) Zwar kann der Senat nach den vom Landesarbeitsgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob der Beklagte die Schwerbehindertenvertretung und den Personalrat – den Vorgaben von § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nF entsprechend – „unmittelbar nach Eingang“ der Bewerbung des Klägers unterrichtet hat. Insoweit ist bislang nicht geklärt, ob der Beklagte die eingegangenen Bewerbungen zunächst gesammelt und später gebündelt die Schwerbehindertenvertretung und die in § 93 SGB IX aF bzw. § 176 SGB IX nF genannten Vertretungen unterrichtet hat oder ob er den Vertretungen unmittelbar nach Eingang einer jeden Bewerbung jeweils eine aktualisierte Fassung der von der Personalsachbearbeiterin K erstellten Übersicht hat zukommen lassen. 33 (cc) Der Beklagte hat die Schwerbehindertenvertretung und den Personalrat aber deshalb nicht den Vorgaben von § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nF entsprechend unterrichtet, weil es an einem gezielten Hinweis auf die Schwerbehinderung des Klägers fehlt. Die Personalsachbearbeiterin K hatte bei der Erstellung der tabellarischen Übersicht der Bewerbungen für den Kläger in der Rubrik „Behinderung (schwerbehindert oder gleichgestellt)“ nämlich anstelle des Wortes „ja“ das Wort „nein“ eingetragen. Dass die Tabelle in einer gesonderten Spalte den internen Link zu den jeweiligen digitalisierten Bewerbungsunterlagen der Bewerber/innen enthielt, führt – wie unter Rn. 31 ausgeführt – insoweit nicht zu einer anderen Bewertung. 34 (dd) Allerdings könnte fraglich sein, ob dieser objektive Verstoß des Beklagten gegen § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX aF bzw. § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nF (zur objektiven Zurechnung des Unterlassens der vom Arbeitgeber eingesetzten Personen vgl. etwa BAG 16. September 2008 – 9 AZR 791/07 – Rn. 34 ff., BAGE 127, 367; vgl. im Ergebnis zudem BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 76, BAGE 169, 302) im vorliegenden Verfahren ausnahmsweise nicht die Vermutung iSv. § 22 AGG begründet, dass der Kläger die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen seiner Schwerbehinderung erfahren hat. Insoweit hat der Beklagte nämlich unwidersprochen vorgetragen, dass die Personalsachbearbeiterin K die fehlerhafte Eintragung versehentlich vorgenommen habe. Ob und ggf. unter welchen weiteren Voraussetzungen sich dieser Umstand dahin auswirken kann, dass für die Annahme, die Schwerbehinderung des Klägers sei Bestandteil eines Motivbündels gewesen, das die Entscheidung des Beklagten (mit)beeinflusst habe (zum Motivbündel vgl. BAG 18. September 2014 – 8 AZR 753/13 – Rn. 22), kein Raum bleibt, und welche Bedeutung in diesem Zusammenhang ggf. einem etwaigen Organisationsverschulden des Beklagten (vgl. zu Anforderungen an die Organisation etwa BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – aaO) zukäme, kann allerdings dahinstehen. 35 (b) Jedenfalls hat der Beklagte – anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat – die zu besetzende Stelle nicht den Vorgaben des § 82 Satz 1 SGB IX aF bzw. des § 165 Satz 1 SGB IX nF entsprechend der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet. Dieser Umstand begründet die Vermutung, dass der Kläger die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen seiner Schwerbehinderung erfahren hat. Danach kann nicht nur offenbleiben, ob ggf. noch weitere Verstöße des Beklagten gegen die zugunsten schwerbehinderter Menschen getroffenen Verfahrens- und/oder Förderbestimmungen vorlagen. Ebenso dahinstehen kann, ob die unterbliebene Beantwortung der Beschwerde des Klägers nach § 13 AGG durch den Beklagten ein Indiz nach § 22 AGG für eine Benachteiligung des Klägers wegen der Schwerbehinderung sein kann. 36 (aa) Nach § 82 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 1 SGB IX nF melden die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Arbeitgeber von der Agentur für Arbeit Kenntnis über geeignete schwerbehinderte Bewerber und Bewerberinnen für die freie Stelle erhält. Möglichst vielen geeigneten schwerbehinderten Menschen soll die Möglichkeit gegeben werden, Arbeit zu finden. Es handelt sich um ein gesetzlich vorgesehenes Instrument zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Arbeitsleben, das gleichzeitig „Vorkehrung“ iSv. Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG ist. Damit soll die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf Menschen mit Behinderung gewährleistet werden (vgl. BAG 12. September 2006 – 9 AZR 807/05 – Rn. 21 mwN, BAGE 119, 262). Die Nichteinschaltung der Agentur für Arbeit bzw. die nicht ordnungsgemäße Einschaltung der Agentur für Arbeit ist grundsätzlich geeignet, die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung zu begründen, da der objektiv gesetzeswidrig handelnde Arbeitgeber den Anschein erweckt, nicht nur an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein, sondern auch möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen (vgl. BAG 12. September 2006 – 9 AZR 807/05 – Rn. 22, aaO). 37 Eine ordnungsgemäße Meldung iSv. § 82 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 1 SGB IX nF setzt die Erteilung eines Vermittlungsauftrags (vgl. auch Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 165 Rn. 5 mwN) an die nach § 104 Abs. 4 SGB IX aF bzw. § 187 Abs. 4 SGB IX nF bei der Agentur für Arbeit eingerichteten besonderen Stellen zur Durchführung der der Agentur für Arbeit zur Teilhabe behinderter und schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben gesetzlich übertragenen Aufgaben unter Angabe der Daten, die für einen qualifizierten Vermittlungsvorschlag erforderlich sind, voraus (vgl. Düwell aaO § 164 Rn. 142 mwN). Denn nur durch den Vermittlungsauftrag wird bewirkt, dass die Agentur für Arbeit den Vorgaben des § 35 Abs. 1 SGB III entsprechend Arbeitsuchenden und Arbeitgebern Arbeitsvermittlung (Vermittlung) anbietet, die alle Tätigkeiten umfasst, die darauf gerichtet sind, Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. 38 (bb) Danach hat der Beklagte die zu besetzende Stelle entgegen § 82 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 1 SGB IX nF nicht der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet. Der Beklagte hat sich insoweit ausschließlich darauf berufen, das Stellenangebot über die Jobbörse der Agentur für Arbeit veröffentlicht zu haben. Dies reicht jedoch – anders als der Beklagte und das Landesarbeitsgericht angenommen haben – für eine Meldung iSv. § 82 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 1 SGB IX nF nicht aus. Die Veröffentlichung eines Stellenangebots über die Jobbörse der Agentur für Arbeit löst nicht den Vermittlungsservice der Agentur für Arbeit aus, insbesondere wird damit der Agentur für Arbeit nicht die Suche nach geeigneten schwerbehinderten Personen übertragen. Dieser Umstand begründet die Vermutung, dass der Kläger die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen seiner Schwerbehinderung erfahren hat. 39 (aaa) Dem kann der Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sich nur derjenige/diejenige erfolglose schwerbehinderte Bewerber/in auf eine unterlassene bzw. nicht ordnungsgemäße Meldung des öffentlichen Arbeitgebers an die Agentur für Arbeit berufen könne, der/die deshalb von der Stellenausschreibung („zunächst“) nichts wusste. Verstößt der öffentliche Arbeitgeber gegen die zugunsten schwerbehinderter Menschen in § 82 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 1 SGB IX nF getroffene Bestimmung, ist Grund für die Vermutung, dass der/die erfolglose Bewerber/in die unmittelbare Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung erfahren hat, dass der Arbeitgeber mit diesem Verstoß den Eindruck erweckt, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein und auch möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen (vgl. unter Rn. 26 und 36). Danach kommt es auf den Kenntnisstand des einzelnen Bewerbers bzw. der einzelnen Bewerberin nicht an. 40 (bbb) Etwas Anderes würde sich auch dann nicht ergeben, wenn dem Kläger für die ausgeschriebene Stelle – wie der Beklagte und das Landesarbeitsgericht gemeint haben – die fachliche Eignung (offensichtlich) fehlen würde. Die offensichtlich fehlende fachliche Eignung des Klägers hätte den Beklagten nur gemäß § 82 Satz 3 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 4 SGB IX nF von seiner Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 3 SGB IX nF befreit, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Für die in § 82 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 1 SGB IX nF bestimmte Meldeverpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers ist die Eignung bzw. Nichteignung eines/einer schwerbehinderten Bewerbers/Bewerberin hingegen ohne Belang. 41 (c) Da der Verstoß des Beklagten gegen seine Verpflichtung aus § 82 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 1 SGB IX nF, die zu besetzende Stelle der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden, die Vermutung begründet, dass der Kläger die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen seiner Schwerbehinderung erfahren hat, kann nicht nur dahinstehen, ob der Beklagte zudem gegen seine Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX aF bzw. § 165 Satz 3 SGB IX nF verstoßen hat, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Ebenso offenbleiben kann, ob die unterbliebene Beantwortung der Beschwerde des Klägers durch den Beklagten geeignet ist, die Kausalitätsvermutung iSv. § 22 AGG zu begründen. 42 dd) Da der Beklagte die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen der Schwerbehinderung nicht widerlegt hat und diese auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig ist, kann der Kläger vom Beklagten die Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen. 43 d) Der Senat, der abschließend über die Höhe der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG entscheiden kann, hält unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Entschädigung iHv. 1,5 auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbaren Bruttomonatsverdiensten nach der Entgeltgruppe E 15 Stufe 1 TVöD/VKA, mithin eine Entschädigung iHv. 6.864,00 Euro für angemessen. 44 aa) Im Fall einer Nichteinstellung ist für die Bemessung der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG an das Bruttomonatsentgelt anzuknüpfen, das der/die erfolglose Bewerber/in erzielt bzw. ungefähr erzielt hätte, wenn er/sie die ausgeschriebene Stelle erhalten hätte. Dies folgt aus der in § 15 Abs. 2 AGG getroffenen Bestimmung, wonach die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre (vgl. etwa BAG 28. Mai 2020 – 8 AZR 170/19 – Rn. 24, BAGE 170, 340). Aus dem Umstand, dass das infolge der Nichteinstellung entgangene Arbeitsentgelt ein möglicher Schadensposten im Rahmen eines auf den Ausgleich materieller Schäden nach § 15 Abs. 1 AGG gerichteten Schadensersatzanspruchs sein kann, während mit der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht der materielle, sondern der immaterielle Schaden ausgeglichen wird, folgt nichts Abweichendes (vgl. etwa BAG 28. Mai 2020 – 8 AZR 170/19 – Rn. 25 f. mwN, aaO). Im Übrigen ist das Gericht im Rahmen des ihm bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung eröffneten Ermessensspielraums – der kein „Beurteilungsspielraum“ ist (vgl. BAG 28. Mai 2020 – 8 AZR 170/19 – Rn. 27 mwN, aaO; missverstehend insoweit Junker ZFA 2021, 502, 522) – nicht gehalten, stets die „exakte“ Höhe des auf der ausgeschriebenen Stelle zu erwartenden Bruttomonatsentgelts zu ermitteln, vielmehr reicht – insbesondere wenn die Parteien über die zutreffende Vergütung streiten – eine Anknüpfung an das auf der ausgeschriebenen Stelle ungefähr erzielbare Bruttomonatsentgelt aus. Andernfalls würde die Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Fällen, in denen das auf der ausgeschriebenen Stelle zu erwartende Bruttomonatsentgelt nicht „exakt“ feststeht, entgegen den unionsrechtlichen Vorgaben mit einem – inzidenten – Eingruppierungsprozess oder vergleichbaren Rechtsstreit belastet. Nach dem Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts dürfen nationale Vorschriften die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nämlich nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (vgl. etwa EuGH 6. Oktober 2021 – C-561/19 – [Consorzio Italian Management e Catania Multiservizi] Rn. 63; 15. März 2017 – C-3/16 – [Aquino] Rn. 48 mwN; 20. Oktober 2016 – C-429/15 – [Danqua] Rn. 29 f.; 28. Januar 2015 – C-417/13 – [Starjakob] Rn. 61 mwN; 8. Juli 2010 – C-246/09 – [Bulicke] Rn. 22 und 25 mwN). 45 bb) Durch eine Entschädigung iHv. 1,5 auf der Stelle erzielbaren Bruttomonatsverdiensten wird der Kläger angemessen für den durch die unzulässige Diskriminierung – ausschließlich – wegen der (Schwer)Behinderung erlittenen immateriellen Schaden entschädigt; dieser Betrag ist zudem erforderlich, aber auch ausreichend, um die notwendige abschreckende Wirkung zu erzielen. Da es auf ein Verschulden nicht ankommt, können Gesichtspunkte, die mit einer etwaigen Abwesenheit oder einem geringen Grad von Verschulden zusammenhängen, nicht mindernd bei der Bemessung der Entschädigung berücksichtigt werden (vgl. etwa BAG 28. Mai 2020 – 8 AZR 170/19 – Rn. 20 f., BAGE 170, 340). Auf der anderen Seite sind im vorliegenden Verfahren aber auch keine Umstände erkennbar, die einen höheren Grad von Verschulden des Beklagten belegen, weshalb auch keine Veranlassung besteht, die Entschädigung höher festzusetzen. Auf die Frage, ob die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG die Kappungsgrenze von drei Monatsgehältern nicht übersteigen durfte, weil der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre (dazu etwa BAG 23. Januar 2020 – 8 AZR 484/18 – Rn. 82 ff. mwN, BAGE 169, 302), kommt es nach alledem nicht an.              Schlewing                  Winter                  Berger                                    Volz                  Andreas Henniger" bag_41-21,30.11.2021,"30.11.2021 41/21 - Urlaubsberechnung bei Kurzarbeit Fallen aufgrund von Kurzarbeit einzelne Arbeitstage vollständig aus, ist dies bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen. Die Klägerin ist bei der Beklagten drei Tage wöchentlich als Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten beschäftigt. Bei einer Sechstagewoche hätte ihr nach dem Arbeitsvertrag ein jährlicher Erholungsurlaub von 28 Werktagen zugestanden. Dies entsprach bei einer vereinbarten Dreitagewoche einem Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen. Aufgrund Arbeitsausfalls durch die Corona-Pandemie führte die Beklagte Kurzarbeit ein. Dazu trafen die Parteien Kurzarbeitsvereinbarungen, auf deren Grundlage die Klägerin ua. in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig von der Arbeitspflicht befreit war und in den Monaten November und Dezember 2020 insgesamt nur an fünf Tagen arbeitete. Aus Anlass der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nahm die Beklagte eine Neuberechnung des Urlaubs vor. Sie bezifferte den Jahresurlaub der Klägerin für das Jahr 2020 auf 11,5 Arbeitstage. Dagegen hat sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage gewandt. Sie hat den Standpunkt eingenommen, kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage müssten urlaubsrechtlich wie Arbeitstage gewertet werden. Die Beklagte sei daher nicht berechtigt gewesen, den Urlaub zu kürzen. Für das Jahr 2020 stünden ihr weitere 2,5 Urlaubstage zu. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte beim Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitere 2,5 Arbeitstage Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2020. Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).* Dies gilt entsprechend für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien – wie im vorliegenden Fall – für die Berechnung des Urlaubsanspruchs keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben. Bei der vertraglichen Dreitagewoche der Klägerin errechnete sich zunächst ein Jahresurlaub von 14 Arbeitstagen (28 Werktage x 156 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage rechtfertigte eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Der Urlaubsanspruch der Klägerin aus dem Kalenderjahr 2020 übersteigt deshalb nicht die von der Beklagten berechneten 11,5 Arbeitstage. Allein bei Zugrundelegung der drei Monate, in denen die Arbeit vollständig ausgefallen ist, hätte die Klägerin lediglich einen Urlaubsanspruch von 10,5 Arbeitstagen (28 Werktage x 117 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. November 2021 – 9 AZR 225/21 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2021 – 6 Sa 824/20 – * Rechtsprechung des Senats vgl. BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – (Sonderurlaub); vgl. 24. September 2019 – 9 AZR 481/18 – (Altersteilzeit). In einer weiteren Sache hat der Neunte Senat erkannt, dass diese Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn die Kurzarbeit wirksam aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeführt worden ist. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. November 2021 – 9 AZR 234/21 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg – Kammern Freiburg -, Urteil vom 3. Mai 2021 – 9 Sa 1/21 –","Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. März 2021 – 6 Sa 824/20 – wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen. Leitsatz Arbeitstage, die aufgrund der kurzarbeitsbedingten Neuverteilung der Arbeitszeit ausfallen, sind bei einer unterjährigen Neuberechnung des Jahresurlaubs nicht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten darüber, wie sich die kurzarbeitsbedingte Aufhebung der Arbeitspflicht an ganzen Arbeitstagen auf die Berechnung des Urlaubsanspruchs der Klägerin aus dem Jahr 2020 auswirkt. 2 Die Klägerin ist seit dem 1. März 2011 bei der Beklagten als „Verkaufshilfe mit Backtätigkeit“ beschäftigt. Bei einer Sechstagewoche stand ihr nach dem Arbeitsvertrag ein jährlicher Erholungsurlaub von 28 Werktagen zu. Dies entspricht bei einer vereinbarten Dreitagewoche einem Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen im Jahr. Aufgrund Arbeitsausfalls durch die Corona-Pandemie führte die Beklagte auf einzelvertraglicher Grundlage Kurzarbeit ein. Die Klägerin war aufgrund von Kurzarbeit in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 durchgehend von der Arbeitspflicht befreit und arbeitete in den Monaten November und Dezember 2020 nur an fünf Tagen. Aus Anlass der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nahm die Beklagte eine Neuberechnung des Urlaubs vor. Sie bezifferte den Jahresurlaub der Klägerin für das Jahr 2020 auf 11,5 Arbeitstage. 3 Die Klägerin hat sich mit ihrer Klage gegen die Neuberechnung ihres Urlaubsanspruchs gerichtet. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den Urlaub zu kürzen. Aufgrund von Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage seien bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs wie Tage mit Arbeitspflicht zu behandeln. Für das Jahr 2020 stünden ihr deshalb weitere 2,5 Urlaubstage zu. 4 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,          festzustellen, dass ihr aus dem Jahr 2020 ein restlicher Urlaubsanspruch von 2,5 Urlaubstagen (entsprechend 5 Werktagen) zusteht. 5 Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass der Urlaubsanspruch der Klägerin wegen der Kurzarbeit gemindert sei. 6 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Entscheidungsgründe 7 Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitere 2,5 Arbeitstage Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2020. Der Umfang des Urlaubsanspruchs war unter Berücksichtigung der kurzarbeitsbedingten Aufhebung der Arbeitspflicht an ganzen Arbeitstagen zu berechnen. Dies folgt aus §§ 1, 3 Abs. 1, § 4 BUrlG. 8 I. Nach den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG setzt der gesetzliche Urlaubsanspruch – dem Grunde nach – allein das Bestehen des Arbeitsverhältnisses voraus. Er steht nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hat. Gemäß § 4 BUrlG entsteht nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses der volle Urlaubsanspruch jeweils am 1. Januar eines Kalenderjahres. Der Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruchs ist nach § 3 Abs. 1 BUrlG zu berechnen (vgl. BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 21 f., BAGE 166, 176). Die nach dieser Bestimmung geltenden Berechnungsgrundsätze sind auch dann anzuwenden, wenn für den Arbeitnehmer aufgrund von Kurzarbeit an ganzen Arbeitstagen keine Arbeitspflicht besteht. 9 1. § 3 Abs. 1 BUrlG bestimmt die Zahl der Urlaubstage ausgehend vom Erholungszweck des gesetzlichen Mindesturlaubs in Abhängigkeit von der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht. 10 a) Die Vorschrift unterstellt eine an sechs Tagen der Kalenderwoche bestehende Arbeitspflicht und gewährleistet unter dieser Voraussetzung einen gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen im Kalenderjahr. Ist die Arbeitspflicht nicht, wie in § 3 Abs. 1 BUrlG vorausgesetzt, auf sechs Tage der Kalenderwoche, sondern auf weniger oder mehr Wochentage verteilt, vermindert oder erhöht sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten, ist die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung der für das Urlaubsjahr maßgeblichen Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage zu ermitteln. Maßgeblich ist grundsätzlich die im Arbeitsvertrag vorgesehene – regelmäßige – Verteilung der Arbeitszeit (BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 23 ff. mwN, BAGE 166, 176). 11 b) Bei einer – in der Regel aufgrund einzelvertraglicher Absprachen oder kollektivrechtlicher Bestimmungen – eintretenden Änderung der Arbeitstage mit Arbeitspflicht ist der gesetzliche Urlaubsanspruch unter Berücksichtigung der einzelnen Zeiträume der Beschäftigung und der auf sie entfallenden Wochentage mit Arbeitspflicht umzurechnen. Dieses Verständnis einer zeitabschnittsbezogenen Berechnung anhand der arbeitsvertraglich zu leistenden Arbeit hat in § 3 Abs. 1 BUrlG seinen Ausdruck gefunden und wird durch § 208 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX (früher § 125 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX bzw. zuvor § 47 Satz 1 SchwbG) bestätigt (vgl. hierzu im Einzelnen BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 26 ff. mwN, BAGE 166, 176). Die Umrechnung erfolgt, indem die in § 3 Abs. 1 BUrlG genannten 24 Werktage durch die Zahl der Arbeitstage im Jahr bei einer Sechstagewoche geteilt und mit der Zahl der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage im Jahr multipliziert werden (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht: 312 Werktage; vgl. BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 28 ff., aaO). Unter Umständen muss die Urlaubsdauer im Kalenderjahr mehrfach berechnet werden (BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 27, aaO). 12 c) Eine andere Berechnung kann durch gesetzliche Bestimmungen sowie durch nach § 13 BUrlG zulässige kollektivrechtliche oder vertragliche Vereinbarungen veranlasst sein. So bestimmt § 24 Satz 1 MuSchG, dass Ausfallzeiten wegen eines Beschäftigungsverbots für die Berechnung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub als Beschäftigungszeiten gelten. Mit § 17 BEEG hat der Gesetzgeber eine abschließende Sonderregelung für die mit der Elternzeit im Zusammenhang stehenden Urlaubsansprüche geschaffen, die – zugunsten des Arbeitnehmers – die Anpassung des Urlaubsanspruchs an die allgemeinen Berechnungsgrundsätze von einer durch den Arbeitgeber im noch bestehenden Arbeitsverhältnis auszusprechenden Kürzungserklärung abhängig macht (vgl. BAG 19. März 2019 – 9 AZR 495/17 – Rn. 16, 32 ff., BAGE 166, 189). Darüber hinaus gelten Besonderheiten für Urlaubsansprüche, die von Kürzungsregelungen wie in § 4 ArbPlSchG oder § 4 Abs. 4 PflegeZG erfasst werden (BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 36 f., BAGE 166, 176). § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG sowie § 6 Abs. 1 BUrlG tragen der besonderen Situation des Arbeitnehmers bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Verlauf des Urlaubsjahres Rechnung (vgl. BAG 19. März 2019 – 9 AZR 495/17 – Rn. 27 f., aaO). 13 d) Von der auf einer einzel- oder kollektivvertraglichen Vereinbarung beruhenden Änderung des regelmäßigen Arbeitsrhythmus sind Arbeitsausfälle abzugrenzen, die bei der Ausfüllung der Formel als Tage mit Arbeitspflicht zählen. Dies betrifft Ausfallzeiten aufgrund gesetzlicher Feiertage, deren rechtliche Behandlung gesondert in §§ 9 bis 13 ArbZG und in § 2 EFZG geregelt ist. An Feiertagen, an denen der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, kann die Arbeitspflicht nicht nochmals suspendiert werden. Feiertage stehen damit für die Urlaubsgewährung nicht mehr zur Verfügung und haben deshalb nicht für die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs, sondern lediglich für dessen Erfüllung Bedeutung (st. Rspr., vgl. BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 32 mwN, BAGE 166, 176). Gleiches gilt für Arbeitsausfall im Verlauf des Kalenderjahres zB durch Freistellungen für Bildungsveranstaltungen, vorübergehende Verhinderung nach § 616 BGB, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nach § 1 EFZG oder Suspendierungen nach §§ 2, 3 PflegeZG. Dies folgt zudem unmittelbar aus § 3 Abs. 1 BUrlG. Die Bestimmung gewährt den gesetzlichen Mindesturlaub bei einer Sechstagewoche unabhängig vom Arbeitsausfall im Verlauf eines Kalenderjahres (BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – aaO). Die – auf punktuellen Umständen beruhenden – Arbeitsausfälle haben keinen prägenden Einfluss auf die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche – regelmäßige – Verteilung der Arbeitszeit. Der arbeitsvertragliche Arbeitsrhythmus wird dadurch nicht berührt. 14 2. Die Umrechnung des nach § 3 Abs. 1 BUrlG in Werktagen bemessenen gesetzlichen Urlaubsanspruchs in Arbeitstage ist auch dann vorzunehmen, wenn die Arbeitspflicht infolge einer wirksam eingeführten Kurzarbeit an ganzen Arbeitstagen entfällt (ebenso Bayreuther DB 2012, 2748, 2749 f.; NK-GA/Düwell § 3 BUrlG Rn. 31; ErfK/Gallner 22. Aufl. BUrlG § 3 Rn. 23; Jacobs/Münder RdA 2019, 332, 347; Klasen/Haag BB 2020, 2228, 2232 ff.; MHdB ArbR/Klose 5. Aufl. § 86 Rn. 65; Schaub ArbR-HdB/Linck 19. Aufl. § 104 Rn. 48; Mehrens/Witschen EuZA 2019, 326, 339; Rech ZfA 2021, 578, 587; Rudkowski NZA 2012, 74, 77; HWK/Schinz 9. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 39, 41a; aA Engelmann AuA 2021, 306, 309 f.; Kohte/Hinrichs jurisPR-ArbR 43/2021 Anm. 5; Hk-BUrlG/Oppermann 3. Aufl. § 11 BUrlG Rn. 63). Aus der Einführung von Kurzarbeit ergibt sich eine neue, die vertragliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers bestimmende Verteilung der Arbeitszeit, die eine Neuberechnung der Urlaubstage nach sich zieht. Die Regelung in § 3 Abs. 1 BUrlG ist nicht dahingehend auszulegen, dass Arbeitstage, die aufgrund der kurzarbeitsbedingten Neuverteilung der Arbeitszeit ausgefallen sind, bei der Berechnung des Urlaubsumfangs Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen sind. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. 15 a) Der Wortlaut der Vorschrift gibt keinen eindeutigen Aufschluss über die Behandlung aufgrund von Kurzarbeit ausgefallener Arbeitstage bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs. Er differenziert nicht danach, aus welchen Gründen die Arbeitspflicht entfällt, und bietet damit keine Anhaltspunkte dafür, dass die kurzarbeitsbedingte Neuverteilung der Arbeitszeit nicht den allgemeinen Berechnungsgrundsätzen unterliegen soll. 16 b) Für eine Anpassung des Urlaubsanspruchs an die kurzarbeitsbedingte Aufhebung der Arbeitspflicht an ganzen Arbeitstagen spricht die Gesetzessystematik. 17 aa) Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG sieht – allein – für den Entgeltfaktor des Urlaubsentgelts (vgl. BAG 27. Februar 2018 – 9 AZR 238/17 – Rn. 15; 21. September 2010 – 9 AZR 510/09 – Rn. 16 mwN, BAGE 135, 301) vor, dass Verdienstkürzungen, die im dreizehnwöchigen Berechnungszeitraum ua. infolge von Kurzarbeit eintreten, für dessen Berechnung außer Betracht zu bleiben haben. Der Gesetzgeber hat somit das Spannungsverhältnis zwischen dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub und Kurzarbeit erkannt und in diesem Zusammenhang eine Sonderregelung zur Berechnung des Urlaubsentgelts geschaffen. Von einer § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG entsprechenden Regelung in § 3 Abs. 1 BUrlG zur Berechnung der Urlaubstage bei Kurzarbeit hat er demgegenüber abgesehen und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Urlaubstage bei einem Ausfall ganzer Arbeitstage aufgrund von Kurzarbeit nach den allgemeinen Grundsätzen zu berechnen sind (vgl. Klasen/Haag BB 2020, 2228, 2232; Rudkowski NZA 2012, 74 f.). 18 bb) Soweit § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB III das Verhältnis von Urlaub und Kurzarbeit dahingehend regelt, dass ein Arbeitsausfall grundsätzlich als vermeidbar gilt, wenn er durch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, lässt dies keinen Rückschluss auf die (Neu-)Berechnung des Umfangs des Urlaubsanspruchs zu. Der in der sozialversichungsrechtlichen Vorschrift angeordnete Vorrang der Gewährung von Erholungsurlaub unterstellt das Vorliegen eines – nicht näher bezeichneten – Urlaubsanspruchs, regelt jedoch nicht dessen Umfang. Dieser ergibt sich aus dem Bundesurlaubsgesetz. 19 c) Das Auslegungsergebnis entspricht dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub und steht im Einklang mit den Zielen der Kurzarbeit. 20 aa) Der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach § 1 BUrlG sowie der durch Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG unionsrechtlich gewährleistete Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub soll es dem Arbeitnehmer ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum der Erholung, Entspannung und Freizeit zu verfügen. Dieser durch die Richtlinie 2003/88/EG vorgesehene Zweck beruht auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer im Laufe des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet hat (vgl. EuGH 4. Oktober 2018 – C-12/17 – [Dicu] Rn. 27 f.; BAG 19. März 2019 – 9 AZR 495/17 – Rn. 20, BAGE 166, 189). Fallen ganze Urlaubstage aufgrund von Kurzarbeit aus, verringert sich die durch die Erbringung der Arbeitsleistung bedingte Belastung. In diesem Fall steht es im Einklang mit dem Urlaubszweck, den Urlaubsumfang bei der Umrechnung von Werktagen in Arbeitstage an die herabgesetzte Arbeitspflicht des Arbeitnehmers anzupassen. 21 bb) Im Gegensatz zur Gewährung von Urlaub ist es für dessen Berechnung nicht entscheidend, ob es sich bei den Arbeitstagen, die aufgrund von Kurzarbeit ausfallen, um eine für den Arbeitnehmer im Voraus planbare und frei gestaltbare Freistellung handelt oder er damit rechnen muss, gegebenenfalls kurzfristig aus der Kurzarbeit wieder herausgenommen zu werden. Die „normale“ berufliche Inaktivität während eines Zeitabschnitts, in dem der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, ist von einer urlaubsbedingten Ruhepause zu unterscheiden (vgl. EuGH 13. Juni 2013 – C-415/12 – [Brandes] Rn. 41; aA Kohte/Hinrichs jurisPR-ArbR 43/2021 Anm. 5). Dementsprechend reduziert sich der Jahresurlaub auch nicht etwa um die Anzahl der Tage, an denen sich ein Arbeitnehmer in Kurzarbeit befindet. Ganze Arbeitstage, die wegen Kurzarbeit ausfallen, werden vielmehr bei der Berechnung des Jahresurlaubs behandelt wie Tage, an denen ein in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer nicht arbeiten muss. 22 (1) Der Urlaubsumfang ist nicht deshalb an die durch Kurzarbeit herabgesetzte Arbeitspflicht anzupassen, weil der Arbeitnehmer durch die arbeitsfreien Tage eine Kompensation für die Minderung des Urlaubs in Form einer zusätzlichen im Voraus frei plan- und gestaltbaren Freizeit erhält, sondern allein deshalb, weil sein Erholungsbedürfnis in Anbetracht der ausgefallenen Arbeit geringer ist als ohne Kurzarbeit. Das in Arbeitstagen Urlaub ausgedrückte Erholungsbedürfnis steht in einem inneren Zusammenhang mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung (vgl. BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 33/19 – Rn. 26; vgl. auch Bayreuther DB 2012, 2748, 2749; Klasen/Haag BB 2020, 2228, 2232; Schinz jM 2020, 148, 154). 23 (2) Die in einer einzel- oder kollektivrechtlichen Kurzarbeitsvereinbarung regelbare Möglichkeit, den Arbeitnehmer unter Einhaltung einer festgelegten Ankündigungsfrist wieder zur Rückkehr zur ursprünglich geschuldeten Arbeitszeit aufzufordern, kann zwar zu Einschränkungen in seiner Freizeitgestaltung und -planung führen. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich bei aufgrund von Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstagen um Freizeit handelt, die er frei gestalten und sich eigenen Interessen widmen kann. An diesen Tagen kann er sich um persönliche und familiäre Angelegenheiten kümmern, an sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen teilnehmen, sich mit Freunden treffen etc., ohne sich zur Arbeitsleistung bereit halten zu müssen. Gemessen daran ist Kurzarbeit mit einer Teilzeitbeschäftigung vergleichbar. 24 cc) Aufgrund von Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage sind auch nicht deshalb bei der Berechnung der Urlaubsdauer mit Tagen tatsächlich geleisteter Arbeit gleichzusetzen, weil der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit versicherungsrechtliche Mitwirkungsobliegenheiten gegenüber der Agentur für Arbeit zu erfüllen hat. Diese sind nicht mit Zeiten tatsächlicher, im Interesse des Arbeitgebers liegender Arbeitsleistung vergleichbar. 25 (1) § 98 Abs. 4 Satz 1 SGB III ermächtigt die Agentur für Arbeit, von Kurzarbeit Betroffene in einer die Besonderheiten der Kurzarbeit berücksichtigenden Weise zur Mitwirkung an Vermittlungstätigkeiten anzuhalten (vgl. Müller-Grune in Schlegel/Voelzk jurisPK-SGB III 2. Aufl. § 98 SGB III Rn. 62 ff.), und begründet eine entsprechende Mitwirkungsobliegenheit des Beziehers von Kurzarbeitergeld. Nach § 38 SGB III sind die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen (Estelmann in Eicher/Schlegel SGB III Stand August 2021 § 98 Rn. 105; Petzold in Hauck/Noftz SGB III Stand Dezember 2016 § 98 Rn. 22). Anderenfalls sind die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld nicht erfüllt. Darüber hinausgehende Verpflichtungen, insbesondere die für Arbeitslose nach § 138 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 SGB III maßgebliche aktive Beschäftigungssuche (Lüdtke/Guldan in LPG-SGB III 3. Aufl. § 98 Rn. 12) und die nach § 138 Abs. 5 SGB III zu stellenden Anforderungen an die Verfügbarkeit, bestehen angesichts des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses und dessen bezweckter Absicherung nicht (Gagel/Bieback SGB II/SGB III Stand 1. Juni 2021 § 98 SGB III Rn. 56). Diese versicherungsrechtlichen Handlungsobliegenheiten gegenüber der Agentur für Arbeit sind dem persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen (vgl. BAG 25. August 2020 – 9 AZR 612/19 – Rn. 29). Sie schränken Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, in der Disposition über ihre Zeit nicht in einer mit bestehender Arbeitspflicht vergleichbaren Weise ein. 26 (2) Es liegt auch keine sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von in Kurzarbeit befindlichen Personen gegenüber Beziehern von Arbeitslosengeld vor, weil Letztere unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (EAO) vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685; ANBA 1998, 1100) idF vom 26. September 2008 (ANBA 2008, Nr. 12 S. 5), für bis zu drei Wochen von ihren sozialversicherungsrechtlichen Handlungsobliegenheiten befreit werden und „Urlaub machen“ können. Ungeachtet dessen, dass von Kurzarbeit betroffene Personen weiterhin in einem Arbeitsverhältnis stehen und bereits deshalb nicht ohne weiteres mit Arbeitslosen vergleichbar sind, können sie während des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses für Tage mit Arbeitspflicht ihren Anspruch auf Erholungsurlaub ausüben. Fallen aufgrund von Kurzarbeit nur einzelne Tage in der Woche vollständig aus, stehen die Anforderungen des § 138 Abs. 5 SGB III einer urlaubsbedingten Abwesenheit nicht entgegen, weil diese auf die Fälle konjunktureller Kurzarbeit keine Anwendung finden (vgl. Rn. 25). Möchte der Arbeitnehmer während eines längeren, ununterbrochenen Zeitraums mit Kurzarbeit „Null“ Erholungserlaub nehmen, ist dies allerdings nur möglich, wenn die Kurzarbeit einvernehmlich unterbrochen wird. Nach Einführung von Kurzarbeit „Null“ kann der mit der Festlegung des Urlaubs bezweckte Leistungserfolg, die bezahlte Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht, nicht mehr eintreten. Die Arbeitspflicht ist aufgrund der Kurzarbeit „Null“ aufgehoben (BAG 16. Dezember 2008 – 9 AZR 164/08 – Rn. 32, BAGE 129, 46). 27 dd) Eine Gleichsetzung der aufgrund von Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstage mit Tagen mit Arbeitspflicht kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber ohne die Vereinbarung von Kurzarbeit an sich zur Zahlung von Annahmeverzugsvergütung (§ 615 Satz 1 BGB) verpflichtet gewesen wäre oder das Wirtschafts- bzw. Betriebsrisiko (§ 615 Satz 3 BGB) zu tragen gehabt hätte. Bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs können zwar Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung, für die der Arbeitgeber das Entgeltrisiko trägt, einem Zeitraum mit tatsächlicher Arbeitsleistung gleichzustellen sein (vgl. zur rechtswidrigen Kündigung EuGH 25. Juni 2020 – C-762/18 und C-37/19 – [Varhoven kasatsionen sad na Republika Bulgaria] Rn. 69). Dies gilt jedoch nicht für aufgrund von Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage. Mit der wirksamen Einführung von Kurzarbeit wird das grundsätzlich vom Arbeitgeber zu tragende Risiko des Arbeitsausfalls umverteilt. 28 (1) Kurzarbeit ist die vorübergehende Kürzung des Volumens der regelmäßig geschuldeten Arbeitszeit bei anschließender Rückkehr zum vereinbarten Zeitumfang. Während der Kurzarbeit ist der Arbeitgeber nicht zur Zahlung der vollen Vergütung verpflichtet, obwohl er den Arbeitnehmer nicht beschäftigt bzw. nicht beschäftigen kann. Der Arbeitgeber ist allerdings nicht berechtigt, sie einseitig durch Ausübung des Direktionsrecht einzuführen. Es bedarf vielmehr stets einer besonderen einzelvertraglichen oder kollektivrechtlichen Grundlage, um die vertragliche Arbeits- und Vergütungspflicht einzuschränken (BAG 18. November 2015 – 5 AZR 491/14 – Rn. 15, BAGE 153, 256; 16. Dezember 2008 – 9 AZR 164/08 – Rn. 27 mwN, BAGE 129, 46). 29 (2) Bei Einführung von Kurzarbeit wird dem Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen der §§ 95 ff. SGB III bei vorübergehendem Arbeitsausfall Kurzarbeitergeld gewährt. Diese Regelungen, die der Verfolgung arbeitsmarktpolitischer Ziele dienen, führen dazu, dass dem Arbeitgeber das Entgeltrisiko in besonderen Fallgestaltungen durch die Bundesagentur für Arbeit abgenommen wird (BAG 22. Dezember 1980 – 1 ABR 2/79 – zu C I 1 b der Gründe, BAGE 34, 331; vgl. auch BAG 11. Juli 1990 – 5 AZR 557/89 – zu I 2 der Gründe, BAGE 65, 260). 30 ee) Eine Anpassung der Berechnungsformel zur Feststellung des Urlaubsanspruchs durch die Gleichsetzung von Kurzarbeit mit Zeiten tatsächlicher Arbeitsleistung ist nicht unter dem Gesichtspunkt eines überwiegenden Arbeitgeberinteresses an der Kurzarbeit veranlasst. Ein solches besteht nicht. Der Hauptzweck der Kurzarbeit bzw. des Kurzarbeitergeldes ist – wie sich bereits aus dem Titel des sechsten Abschnitts des SGB III ergibt – der „Verbleib in Beschäftigung“ (vgl. BSG 14. März 2012 – B 14 AS 18/11 R – Rn. 17). Die Gewährung von Kurzarbeitergeld soll bei konjunkturell bedingten Arbeitsausfällen der Verhinderung von Arbeitslosigkeit und der Stabilisierung bestehender Beschäftigungsverhältnisse dienen. Den Arbeitnehmern sollen die Arbeitsplätze und den Betrieben die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten bleiben (Müller-Grune in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB III 2. Aufl. § 95 SGB III Rn. 31). Die Vermeidung von Entlassungen liegt somit im übereinstimmenden Interesse von Arbeitnehmern, Betrieben und Beitragszahlern (BT-Drs. 13/4941 S. 183). 31 ff) Die aufgrund von Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstage sind bei der Urlaubsberechnung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung mit in vergleichbarer Situation befindlichen Arbeitnehmern, die ihren Urlaub bereits vor Einführung der Kurzarbeit ungekürzt erhalten haben, als Tage mit Arbeitspflicht zu berücksichtigen. 32 (1) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (st. Rspr. des BVerfG, vgl. BVerfG 21. März 2015 – 1 BvR 2031/12 – Rn. 6 mwN; 18. Juli 2012 – 1 BvL 16/11 – Rn. 30 mwN, BVerfGE 132, 179). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG 21. März 2015 – 1 BvR 2031/12 – Rn. 6 mwN zur st. Rspr.). 33 (2) Die unterjährige Urlaubsberechnung führt nicht zu einer sachwidrigen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, deren Urlaub im Zeitpunkt der Neuberechnung noch nicht erfüllt ist, gegenüber Arbeitnehmern, die ihren Urlaub bereits genommen haben. Die auf das Kalenderjahr bezogene und damit zeitabschnittsweise Berechnung des Urlaubsumfangs stellt für alle Arbeitnehmer eine – an ihre Arbeitspflicht angepasste – gleichwertige Urlaubsdauer sicher (vgl. BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 23, 27, BAGE 166, 176). Da dem Arbeitnehmer nach Erfüllung der Wartezeit gemäß §§ 1, 3 Abs. 1, § 4 BUrlG bereits am 1. Januar des Urlaubsjahres der volle Jahresurlaub zusteht (BAG 19. März 2019 – 9 AZR 495/17 – Rn. 25, BAGE 166, 189), sind allerdings zur Berechnung des Urlaubsanspruchs im Zeitpunkt der Urlaubsgewährung rückblickend die bisherigen Arbeitstage mit Arbeitspflicht heranzuziehen und eine Prognose über das voraussichtliche künftige Arbeitszeitregime anzustellen. Dies kann im Einzelfall zu einer Zuvielgewährung von Urlaub führen, wenn bei Urlaubsbewilligung noch nicht vorhersehbar war, dass sich das Arbeitszeitregime ändern wird. Arbeitnehmer, bei denen aufgrund späterer Urlaubsgewährung die Änderung des Arbeitsrhythmus bei der Urlaubsberechnung berücksichtigt wurde, bleibt dieser „Vorteil“ versagt. Diese sachbezogene Ungleichbehandlung ist angesichts der – bei einer typisierenden Betrachtung – herbeizuführenden Gleichwertigkeit des Urlaubsanspruchs bezogen auf den gesamten Bezugszeitraum gerechtfertigt. Auf diese Weise lässt sich das Spannungsverhältnis von sofortiger Fälligkeit und kalenderjahresbezogener Berechnung des Urlaubsanspruchs sachgerecht auflösen. 34 3. Die Anwendung dieser Grundsätze zur Berechnung des Urlaubsanspruchs auf durch Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage steht mit Unionsrecht im Einklang. Weder Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG noch Art. 31 Abs. 2 GRC verlangen es, den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub unter Einbeziehung der vollständig aufgrund von Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstage zu berechnen und diese damit einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung gleichzustellen (vgl. EuGH 4. Oktober 2018 – C-12/17 – [Dicu] Rn. 28). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit der Entscheidung vom 13. Dezember 2018 (- C-385/17 – [Hein] Rn. 28) unter Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. EuGH 8. November 2012 – C-229/11 und C-230/11 – [Heimann und Toltschin] Rn. 32 ff.) ausdrücklich festgestellt, dass Kurzarbeitszeiten, in denen das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fortbesteht, der Arbeitnehmer aber keine tatsächliche Arbeitsleistung für die Belange seines Arbeitgebers erbringt, bei der Berechnung des Mindesturlaubsanspruchs keine Berücksichtigung finden. Der Anwendbarkeit des Pro-rata-temporis-Grundsatzes steht dabei nicht entgegen, dass die exakte Dauer der Kurzarbeit für den Arbeitnehmer nicht stets vorhersehbar ist (zB weil sich der Arbeitgeber vorbehalten hat, ihn mit einer näher bestimmten Ankündigungsfrist aus der Kurzarbeit zurückzurufen). 35 aa) Unter Berücksichtigung des Urlaubszwecks hat der Gerichtshof der Europäischen Union erkannt, dass der unionsrechtlich gewährleistete Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auf der Prämisse beruht, dass der Arbeitnehmer im Laufe des Referenzzeitraums tatsächlich gearbeitet hat, und deshalb grundsätzlich anhand der Zeiträume der auf der Grundlage des Arbeitsvertrags tatsächlich geleisteten Arbeit zu berechnen ist (EuGH 13. Dezember 2018 – C-385/17 – [Hein] Rn. 27; 4. Oktober 2018 – C-12/17 – [Dicu] Rn. 28). Ein Arbeitnehmer kann danach einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nur für Zeiträume erwerben, in denen er tatsächlich gearbeitet hat (vgl. EuGH 13. Dezember 2018 – C-385/17 – [Hein] Rn. 27, 29). Tage, an denen wegen Kurzarbeit keine Arbeitspflicht besteht, wirken sich somit auch nach dem Unionsrecht anspruchsmindernd auf die Berechnung des Urlaubsumfangs aus. 36 bb) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat außerdem klargestellt, dass sich der betroffene Arbeitnehmer während der Kurzarbeit ausruhen oder Freizeittätigkeiten nachgehen kann (EuGH 8. November 2012 – C-229/11 und C-230/11 – [Heimann und Toltschin] Rn. 29). Dies trifft nicht nur auf strukturelle Kurzarbeit bei Übertritt in eine Transfergesellschaft (so aber Engelmann AuR 2021, 306, 310), sondern auch auf die – hier vorliegende – konjunkturelle Kurzarbeit zu (vgl. Rn. 19 ff.). 37 cc) Der Kurzarbeiter befindet sich nicht in einer mit arbeitsunfähig erkrankten Personen vergleichbaren Situation (vgl. EuGH 8. November 2012 – C-229/11 und C-230/11 – [Heimann und Toltschin] Rn. 29). Der Gerichtshof hält die Lage eines in Kurzarbeit befindlichen Arbeitnehmers stattdessen mit der eines Teilzeitbeschäftigten für vergleichbar („vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer“) und folgerichtig die Anwendung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes bei der Berechnung dessen Urlaubsanspruchs für sachlich gerechtfertigt (vgl. EuGH 8. November 2012 – C-229/11 und C-230/11 – [Heimann und Toltschin] Rn. 31 f.). 38 II. Die vorstehenden Berechnungsgrundsätze gelten auch für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für die Berechnung des Urlaubsanspruchs während der Kurzarbeit keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben. Während der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub arbeitsvertraglichen Dispositionen entzogen ist, die sich zuungunsten des Arbeitnehmers auswirken (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG), können die Arbeitsvertragsparteien Urlaubsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Für einen Regelungswillen der Arbeitsvertragsparteien, dem zufolge der vertragliche Mehrurlaub abweichend von den für den gesetzlichen Mindesturlaub geltenden gesetzlichen Vorgaben berechnet werden soll, müssen allerdings deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen solche, ist von einem diesbezüglichen Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf den vertraglichen Mehrurlaub auszugehen (BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 33/19 – Rn. 38; vgl. zu Tarifverträgen BAG 29. September 2020 – 9 AZR 113/19 – Rn. 12 mwN). 39 III. Ausgehend von diesen Grundsätzen stehen der Klägerin keine weiteren 2,5 Arbeitstage Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2020 zu. 40 1. Der gesamte Urlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2020 war nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 4 BUrlG zu bestimmen. Dies führt zu einer Anpassung des Umfangs seines Urlaubsanspruchs an die kurzarbeitsbedingte Aufhebung der Arbeitspflicht an ganzen Arbeitstagen. Eine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Regelung zur Berechnung des Urlaubsanspruchs, der zufolge Tage, an denen aufgrund von Kurzarbeit keine Arbeitspflicht bestand, Zeiten tatsächlich geleisteter Arbeit gleichzusetzen sind, haben die Parteien nicht getroffen. 41 2. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind für die Klägerin im Kalenderjahr 2020 allein in drei Kalendermonaten sämtliche Arbeitstage aufgrund von Kurzarbeit vollständig ausgefallen. Bei einem auf einer Dreitagewoche beruhenden Urlaubsanspruch von jährlich 14 Arbeitstagen übersteigt der Urlaubsanspruch der Klägerin im Jahr 2020 deshalb nicht die von der Beklagten berechneten 11,5 Arbeitstage. 42 a) Ist die Arbeitszeit im gesamten Kalenderjahr gleichmäßig auf weniger oder mehr als sechs Wochentage verteilt, erfolgt die Umrechnung, indem die in § 3 Abs. 1 BUrlG genannten 24 Werktage durch die Zahl 6 geteilt und mit der Anzahl der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage einer Woche multipliziert werden (BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 28 mwN, BAGE 166, 176). 43 b) Ist die Arbeitszeit nicht das gesamte Kalenderjahr über gleichmäßig auf weniger oder mehr als sechs Wochentage verteilt, ist für die Umrechnung der Zeitabschnitt heranzuziehen, in dem die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt erreicht wird. Eine kalenderjahresbezogene Berechnung ist vorzunehmen, wenn sich nur so eine Gleichwertigkeit der Urlaubsdauer sicherstellen lässt. Dementsprechend wird bei einer über das Kalenderjahr ungleichmäßigen Verteilung der Arbeitszeit jahresbezogen die für den Arbeitnehmer maßgebliche Anzahl der Arbeitstage mit der Anzahl der Werktage ins Verhältnis gesetzt. Auch bei einer unterjährigen Änderung der Arbeitszeitregelung ist eine jahresbezogene Betrachtung anzustellen, die die Anzahl der in den einzelnen Zeitabschnitten vorgesehenen Arbeitstage berücksichtigt (BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 29 mwN, BAGE 166, 176). 44 aa) Dabei geht das Bundesarbeitsgericht für die Sechstagewoche von 312 und für die Fünftagewoche von 260 möglichen Arbeitstagen im Jahr aus. Das beruht darauf, dass sich bei sechs Werktagen in 52 Wochen eine Zahl von 312 Werktagen ergibt. Diese Formel vernachlässigt bewusst, dass das Kalenderjahr nicht nur 364 Tage – ausgehend von 52 Wochen zu je sieben Tagen – hat, sondern nach § 191 BGB mit 365 Tagen zu rechnen ist. Der 365. Tag bleibt außer Betracht, weil die Berechnungsvorschrift in § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG auf 13 Wochen für ein Vierteljahr abstellt. Die Umrechnung erfolgt, indem die in § 3 Abs. 1 BUrlG genannten 24 Werktage durch die Anzahl der Arbeitstage im Jahr bei einer Sechstagewoche geteilt und mit der Anzahl der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage im Jahr multipliziert werden (BAG 19. März 2019 – 9 AZR 406/17 – Rn. 30 mwN, BAGE 166, 176). 45 bb) Die danach maßgebliche Umrechnungsformel für den gesamten Urlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2020 lautet vorliegend, wenn man lediglich die drei Monate ohne jedwede Arbeitspflicht (13 Wochen iSv. § 11 Abs. 1 Satz 1 BurlG x 3 Arbeitstage pro Woche = 39 Arbeitstage) berücksichtigt und die weiteren kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nicht einbezieht, wie folgt:                            28 Werktage Urlaub x 117 Tage mit Arbeitspflicht (156 abzgl. 39)          312 Werktage 46 cc) Den so errechneten Urlaubsanspruch im Umfang von 10,5 Arbeitstagen stellt die Beklagte nicht in Abrede. Sie hat gegenüber der Klägerin sogar 11,5 Arbeitstage Urlaub streitlos gestellt. 47 IV. Der Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.              Kiel                   Suckow                  Zimmermann                                    Wullhorst                   Matth. Dipper" bag_5-21,23.03.2021,"23.03.2021 5/21 - Höhe einer betrieblichen Altersversorgung - Auswirkung von Teilzeitbeschäftigung Eine Versorgungsregelung kann wirksam vorsehen, dass bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Dienstzeiten im Rahmen der Berechnung des Altersruhegelds die Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung lediglich anteilig berücksichtigt werden. Ebenso kann eine Versorgungsregelung vorsehen, dass eine Höchstgrenze eines Altersruhegelds bei in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern entsprechend dem Teilzeitgrad während des Arbeitsverhältnisses gekürzt wird. Diese Regelungen stellen keine unzulässige Diskriminierung wegen der Teilzeitarbeit iSv. § 4 Abs. 1 TzBfG dar. Die Klägerin war annähernd 40 Jahre bei der Beklagten überwiegend in Teilzeit beschäftigt. Seit dem 1. Mai 2017 bezieht sie auf Grundlage der im Betrieb der Beklagten geltenden Konzernbetriebsvereinbarung („Leistungsordnung“) ein betriebliches Altersruhegeld. Dessen Höhe hängt von dem zum Ende des Arbeitsverhältnisses erreichten versorgungsfähigen Einkommen und den zurückgelegten anrechnungsfähigen Dienstjahren ab. Soweit das maßgebende Einkommen ein Entgelt für Teilzeitarbeit ist, wird das Einkommen zugrunde gelegt, das der Mitarbeiter in Vollzeit erzielt hätte. Die Leistungsordnung enthält ferner eine Regelung, wonach Dienstzeiten in Teilzeitarbeit nur anteilig angerechnet werden. Die anrechnungsfähige Dienstzeit ist auf höchstens 35 Jahre begrenzt. Wird dieser Zeitraum überschritten, werden die Jahre mit dem für den Arbeitnehmer günstigsten Verhältnis berücksichtigt. Nach der Leistungsordnung gilt für das Altersruhegeld eine absolute Höchstgrenze von 1.375,00 Euro im Monat, wenn das Einkommen bei Eintritt des Versorgungsfalls die maßgebende Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung übersteigt. Bei der Klägerin sieht die Leistungsordnung einen Teilzeitfaktor von 0,9053 vor, obwohl sie in ihrem annähernd 40 Jahre bestehenden Arbeitsverhältnis insgesamt 34,4 Vollzeitarbeitsjahre gearbeitet hat. Gegen die Berücksichtigung des Teilzeitfaktors hat sich die Klägerin mit ihrer auf die Zahlung der Differenz zum höchstmöglichen Altersruhegeld gerichteten Klage gewandt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte im Gegensatz zur Anschlussrevision der Klägerin vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die insgesamt klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts wurde wiederhergestellt. Die in der Leistungsordnung vorgesehene Berechnung des Altersruhegelds unter Berücksichtigung eines Teilzeitgrads ist wirksam. Die Klägerin wird nicht iSv. § 4 Abs. 1 TzBfG wegen ihrer Teilzeitarbeit benachteiligt, weil ihre über annähernd 40 Jahre erbrachte Arbeitsleistung nicht in 34,4 Vollzeitarbeitsjahre umgerechnet wurde. Mit einem Arbeitnehmer, der 34,4 Jahre in Vollzeit gearbeitet und dann in den Altersruhestand getreten ist, ist sie nicht vergleichbar. Auch kann sie nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie wegen ihrer Teilzeitarbeit benachteiligt wird, weil der nach der Leistungsordnung ermittelte Teilzeitfaktor auch auf die Versorgungshöchstgrenze angewandt wird. Sie erhält vielmehr ein Altersruhegeld in dem Umfang, der ihrer erbrachten Arbeitsleistung im Verhältnis zur Arbeitsleistung eines gleich lange im Unternehmen der Beklagten in Vollzeit tätigen Arbeitnehmers entspricht. Das ist zulässig. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. März 2021 – 3 AZR 24/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 19. August 2019 – 8 Sa 56/18 –","Tenor Auf die Revision der Beklagten wird – unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin – das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 19. August 2019 – 8 Sa 56/18 – aufgehoben, soweit es der Berufung der Klägerin stattgegeben hat. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. Juli 2018 – 25 Ca 6/18 – wird insgesamt zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und des Revisionsverfahrens zu tragen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die Höhe des betrieblichen Altersruhegeldes der Klägerin. 2 Die im November 1951 geborene Klägerin war vom 1. September 1978 bis zum 30. April 2017 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin – beide dem B AG-Konzern zugehörig – beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war von einer Versorgungszusage nach der auch bei der Beklagten geltenden Konzernbetriebsvereinbarung „T/Leistungsordnung“ vom 22. Dezember 1988 zuletzt idF des Nachtrags vom 21. August 2009 (im Folgenden Leistungsordnung) unterlegt. Diese bestimmt auszugsweise:          „Leistungsordnung          für die betriebliche Altersversorgung der Mitarbeiter von B          1.     Allgemeine Bestimmungen          …                          2.     Anrechnungsfähige Dienstzeit          1.     Als anrechnungsfähige Dienstzeit gilt die Zeit, die ein versorgungsberechtigter Mitarbeiter nach seinem letzten Eintritt in das Unternehmen bis zum Eintritt des Versorgungsfalles als Versorgungsberechtigter verbracht hat. …          2.     Als anrechnungsfähige Dienstzeit gelten nur volle Dienstjahre.          …                 4.     Leistungsarten          Die Leistungen bestehen aus:          –        Altersruhegeld          …                 5.     Einkommensermittlung          1.     Als ruhegeldfähiges Einkommen gilt der Durchschnitt des vertraglich oder tarifvertraglich vereinbarten monatlichen Bruttogehaltes oder Bruttoentgeltes, das der Mitarbeiter vom Unternehmen in den letzten 36 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles bzw. vor seinem vorzeitigen Ausscheiden bezogen hat. …          …                 6.     Teilarbeitszeit          Hat ein Mitarbeiter während seiner Betriebszugehörigkeit teilweise, aber insgesamt mindestens 1 Jahr Teilzeitarbeit, ausgenommen Kurzarbeit, geleistet, so werden die Dienstzeiten der Teilzeitarbeit bei der Bemessung der Leistungen nur im entsprechenden Verhältnis angerechnet. Ergeben sich bei Eintritt des Versorgungsfalles insgesamt mehr als 35 anrechnungsfähige Dienstjahre, so werden die Jahre mit dem für den Mitarbeiter günstigsten Verhältnis berücksichtigt. Soweit das nach Ziffer 5 maßgebende Einkommen ein Entgelt für Teilzeitarbeit ist, wird das Einkommen zugrunde gelegt, das der Mitarbeiter bei ganztägiger Arbeit erzielt hätte. Bei Mitarbeitern, die ausschließlich Teilzeitarbeit in unverändertem Umfang geleistet haben, wird deren Entgelt für Teilzeitarbeit, die Dienstjahre jedoch in vollem Umfang, zugrundegelegt.                            7.     Altersruhegeld          1.     Mitarbeiter erhalten ein Altersruhegeld, wenn sie nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten ausscheiden.          …                                                     9.     Berechnung des Alters- und Invalidenruhegeldes          1.     Als monatliches Altersruhegeld, vorgezogenes Altersruhegeld, Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit erhält der Mitarbeiter für den Teil des ruhegeldfähigen Einkommens gemäß Ziffer 5, der den Durchschnitt der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) der letzten 36 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalles nicht übersteigt,                            für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr 0,4 v. H.,                   höchstens jedoch 14 v. H. dieses Teils des ruhegeldfähigen Einkommens nach 35 Jahren.          2.     Für den Teil des ruhegeldfähigen Einkommens, der den Durchschnitt der BBG der letzten 36 Monate bei Eintritt des Versorgungsfalles übersteigt, erhält der Mitarbeiter                            für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr 1,3 v. H.,                   höchstens jedoch 45,5 v. H. dieses Teils des ruhegeldfähigen Einkommens nach 35 anrechnungsfähigen Dienstjahren.          3.     …               4.     Die zugesagten Rentenleistungen dürfen eine Höchstgrenze nicht überschreiten. Diese Höchstgrenze beträgt für Mitarbeiter mit einem ruhegeldfähigen Einkommen bei Eintritt des Versorgungsfalles bis zu der bei Eintritt des Versorgungsfalles maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) € 13.500,– jährlich.                   Für Mitarbeiter, deren ruhegeldfähiges Einkommen bei Eintritt des Versorgungsfalles die maßgebliche BBG übersteigt, beträgt diese Höchstgrenze € 16.500,– jährlich. Die maßgebliche BBG errechnet sich als Durchschnitt der BBG der letzten 36 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles.“ 3 Unter dem 15. Dezember 2011 vereinbarten die B AG und der bei ihr errichtete Konzernbetriebsrat eine „Protokollnotiz zu Kapitel 9 Ziffer 4 der Konzernbetriebsvereinbarung T/Leistungsordnung BV-4/KBR vom 22.12.1988 in der Fassung vom 21.08.2009“. Diese lautet:          „Die Betriebsparteien sind sich einig, dass grundsätzliches Ziel bei der Konzeption der Leistungsordnung eine Gleichbehandlung aller Mitarbeitergruppen war und eine Besserstellung einer Mitarbeitergruppe nicht ohne besonderen sachlichen Grund erfolgen sollte.          Vor diesem Hintergrund ist Kapitel 9 Ziffer 4 der Leistungsordnung – entsprechend der seit Inkrafttreten der Leistungsordnung gängigen Anwendungspraxis – so auszulegen, dass die bei der Berechnung des Alters- und Invalidenruhegeldes heranzuziehende Höchstgrenze sich auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis bezieht. Bei einer Teilzeitarbeit nach Kapitel 6 der Leistungsordnung ist diese Höchstgrenze im entsprechenden Verhältnis zeitanteilig zu kürzen.“ 4 Während des insgesamt 464 Monate dauernden Arbeitsverhältnisses arbeitete die Klägerin in zeitlich unterschiedlichem Umfang. Gerechnet mit der Teilzeitgewichtung nach Kap. 6 Leistungsordnung und unter Berücksichtigung der 35 Jahre (420 Monate) der Betriebszugehörigkeit mit dem höchsten Teilzeitfaktor ergeben sich 380,2305 (Vollzeit)Monate und mithin ein zugunsten der Klägerin gekappter Teilzeitfaktor von 0,9053 (380,2305 Monate: 420 Monate). In Anwendung der Regelungen der Leistungsordnung errechnete die Beklagte ein monatliches Altersruhegeld iHv. 1.244,80 Euro brutto. 5 Mit ihrer Klage hat die Klägerin ein monatliches Altersruhegeld iHv. insgesamt 1.375,00 Euro brutto (16.500,00 Euro/Jahr : 12 Monate/Jahr) geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kürzung des maximalen Altersruhegeldes um den Teilzeitfaktor verstoße gegen § 4 Abs. 1 TzBfG. Die Addition sämtlicher von ihr geleisteter Arbeitsjahre unter Berücksichtigung der jeweiligen Teilzeitfaktoren entspreche einem Vollzeitäquivalent von 34,4 Jahren. Aus den Berechnungsbeispielen der Protokollnotiz vom 15. Dezember 2011 ergebe sich zudem, dass diese sich ausschließlich auf Teilzeitarbeitnehmer iSd. Kap. 6 Satz 4 Leistungsordnung beziehen würde, mithin ausschließlich Teilzeitarbeit in unverändertem Umfang. Ansonsten würde der Teilzeitfaktor bei der Berechnung doppelt angewandt werden. 6 Die Klägerin hat – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – beantragt,          1.     die Beklagte zu verurteilen, an sie 911,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 130,20 Euro seit dem 1. Juni, 1. Juli, 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November und 1. Dezember 2012 zu zahlen;          2.     die Beklagte zu verurteilen, an sie monatlich über den Betrag von 1.244,80 Euro monatlich hinaus weitere 130,20 Euro zu zahlen. 7 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. 8 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr in Höhe eines monatlichen Differenzbetrags von 106,69 Euro brutto entsprochen. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Anschlussrevision ihre ursprünglichen Anträge weiter, soweit das Landesarbeitsgericht diesen nicht entsprochen hat. Entscheidungsgründe 9 Die Revision der Beklagten ist begründet, die Anschlussrevision der Klägerin hingegen unbegründet. Die zulässige Klage hat insgesamt keinen Erfolg. Die Beklagte ist – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts – nicht verpflichtet, der Klägerin ein höheres Altersruhegeld zu gewähren, ohne Berücksichtigung der Begrenzung auf 35 anrechnungsfähige Dienstjahre nach Kap. 9 Ziff. 1 und Ziff. 2 Leistungsordnung. Diese Regelungen verstoßen nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG. Ebenso sind die Höchstgrenzen für Versorgungsleistungen nach Kap. 9 Ziff. 4 Abs. 1 und Abs. 2 Leistungsordnung unter Berücksichtigung des Teilzeitfaktors nach Kap. 6 Leistungsordnung wirksam und die Höchstversorgung dementsprechend bei Teilzeitbeschäftigten nach dem jeweiligen Teilzeitfaktor anteilig zu kürzen. 10 I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ein höheres Altersruhegeld ab dem 1. Mai 2017, weil die in Kap. 9 Ziff. 1 und Ziff. 2 Leistungsordnung vorgesehene Begrenzung auf 35 anrechnungsfähige Dienstjahre gegen § 4 Abs. 1 TzBfG verstieße, soweit sie Fälle erfasst, in denen Teilzeitarbeitnehmer eine über 35 Jahre hinausgehende Betriebszugehörigkeit erreicht haben. Diese Regelungen sind im Lichte von § 4 Abs. 1 TzBfG nicht zu beanstanden, wodurch auch ein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 BetrVG ausscheidet. 11 1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Diese Regelung beruht auf dem allgemeinen Prinzip, dass die Höhe des Entgelts bei Teilzeitbeschäftigten quantitativ vom Umfang der Beschäftigung abhängt (BAG 28. Mai 2013 – 3 AZR 266/11 – Rn. 23 mwN). Teilzeitarbeit unterscheidet sich von der Vollzeitarbeit nur in quantitativer, nicht in qualitativer Hinsicht. Eine geringere Arbeitszeit darf daher grundsätzlich auch nur quantitativ, nicht aber qualitativ anders abgegolten werden als Vollzeitarbeit (BVerfG 27. November 1997 – 1 BvL 12/91 – zu B II 2 a aa der Gründe, BVerfGE 97, 35; BAG 28. Mai 2013 – 3 AZR 266/11 – aaO). Eine Ungleichbehandlung wegen Teilzeitarbeit liegt vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen anknüpft (BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 480/18 – Rn. 37; 22. Oktober 2019 – 9 AZR 71/19 – Rn. 24; 26. Januar 2017 – 6 AZR 450/15 – Rn. 29). Das gilt auch, wenn sich dies lediglich mittelbar ergibt (vgl. etwa BAG 10. Februar 2015 – 9 AZR 53/14 (F) – Rn. 17 mwN, BAGE 150, 345). 12 Der Pro-rata-temporis-Grundsatz, also die Gewährung von Arbeitgeberleistungen entsprechend dem Arbeitszeitanteil eines Teilzeitarbeitnehmers, erlaubt eine unterschiedliche Abgeltung von Teilzeit- und Vollzeitarbeit in quantitativer Hinsicht, indem er dem Arbeitgeber gestattet, das Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung für Teilzeitkräfte entsprechend ihrer gegenüber vergleichbaren Vollzeitkräften verringerten Arbeitsleistung anteilig zu kürzen. Ein Arbeitnehmer, der Teilzeitarbeit leistet, kann nicht die gleiche Vergütung verlangen wie ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer (BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 480/18 – Rn. 38; 19. April 2016 – 3 AZR 526/14 – Rn. 24 mwN; 28. Mai 2013 – 3 AZR 266/11 – Rn. 23 mwN). 13 2. Diese Grundsätze gelten auch für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus einer Leistungsordnung. Teilzeitkräfte können keine gleich hohen Leistungen aus einer Leistungsordnung bzw. keine gleich hohe betriebliche Altersversorgung fordern wie Vollzeitkräfte. Vielmehr ist es zulässig, solche Leistungen anteilig nach dem Beschäftigungsumfang im Vergleich zu einem Vollzeitarbeitnehmer mit gleicher Dauer der Betriebszugehörigkeit zu erbringen (vgl. BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 480/18 – Rn. 39; 21. Januar 2020 – 3 AZR 565/18 – Rn. 28; 19. April 2016 – 3 AZR 526/14 – Rn. 25 mwN). 14 Eine Berechnung der Altersversorgung nach dem Pro-rata-temporis-Grundsatz ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vor dem Hintergrund von § 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG (im Folgenden Rahmenvereinbarung) auch unionsrechtskonform. Die Berücksichtigung des Umfangs der von einem Teilzeitbeschäftigten während seines Berufslebens tatsächlich geleisteten Arbeit im Vergleich zum Umfang der Arbeitsleistung eines Beschäftigten, der während seines gesamten Berufslebens in Vollzeit gearbeitet hat, stellt ein objektives Kriterium dar, das eine proportionale Kürzung der Altersversorgung des Teilzeitbeschäftigten zulässt (vgl. EuGH 13. Juli 2017 – C-354/16 – [Kleinsteuber] Rn. 30 mwN). 15 3. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG regelt hiernach – entsprechend § 4 Nr. 1 Rahmenvereinbarung – kein absolutes Benachteiligungsverbot. Eine proportionale Kürzung von Leistungen aus einer Leistungsordnung bzw. der Altersversorgung des Teilzeitarbeitnehmers ist grundsätzlich zulässig (vgl. BAG 21. Januar 2020 – 3 AZR 565/18 – Rn. 28; 28. Mai 2013 – 3 AZR 266/11 – Rn. 23 f.). Die Vorschrift verbietet eine Abweichung vom Pro-rata-temporis-Grundsatz zum Nachteil von Teilzeitkräften, wenn dafür kein sachlicher Grund besteht. Eine Schlechterstellung von Teilzeitarbeitnehmern kann sachlich gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung hat sich am Zweck der Leistung zu orientieren (vgl. BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 480/18 – Rn. 41 mwN). 16 Bei der betrieblichen Altersversorgung und entsprechend gestalteten Leistungen ist dabei zu berücksichtigen, dass das Versorgungsniveau nicht durch bestimmte Dienstjahre erdient ist, sondern durch die Betriebszugehörigkeit im gesamten Arbeitsverhältnis. Dies erlaubt es, Kürzungen des erreichbaren Versorgungsniveaus nach den Verhältnissen während der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen (vgl. BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 480/18 – Rn. 42 mwN; 19. April 2016 – 3 AZR 526/14 – Rn. 41). Eine solche Regelung verstößt nicht gegen das Verbot der Benachteiligung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer in § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG (BAG 19. Mai 2015 – 3 AZR 770/13 – Rn. 27). 17 4. Daran gemessen sind die Regelungen in Kap. 9 Ziff. 1 und Ziff. 2 Leistungsordnung mit § 4 Abs. 1 TzBfG vereinbar. Es liegt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit vor. 18 a) Es ist danach nicht zu beanstanden, dass die Zahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre auf 35 volle Dienstjahre begrenzt wird. Diese Begrenzung gilt unabhängig vom zeitlichen Umfang der Beschäftigung und somit für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftige gleichermaßen. Die Regelung bewirkt daher keine unmittelbare Diskriminierung wegen der Teilzeitbeschäftigung (vgl. BAG 28. Mai 2013 – 3 AZR 266/11 – Rn. 30). 19 b) Die Regelungen in Kap. 9 Ziff. 1 und Ziff. 2 Leistungsordnung führen aber – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts – auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten durch die einheitliche Obergrenze für anrechnungsfähige Dienstjahre, indem ihnen die Möglichkeit genommen wird, durch eine über 35 Jahre hinausgehende Betriebszugehörigkeit ihre betriebliche Altersversorgung bis hin zur „Maximalversorgung aufzufüllen“. Die Klägerin wird gegenüber Vollzeitbeschäftigten mit geringerer Betriebszugehörigkeit nicht dadurch benachteiligt, dass sie im gesamten, 38 Jahre und acht Monate dauernden Arbeitsverhältnis eine Arbeitsleistung erbracht hat, die umgerechnet auf eine Vollzeitbeschäftigung 34,4 Dienstjahren entspricht. 20 aa) Der Pro-rata-temporis-Grundsatz gebietet nur die (relative) Gleichbehandlung mit einem vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten. Vergleichbar in diesem Sinne sind im Hinblick auf die Berechnung des Altersruhegeldes nach Kap. 6 und Kap. 9 Ziff. 1 und Ziff. 2 Leistungsordnung nur Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte mit einer gleich langen Beschäftigungszeit. Deshalb ist die Klägerin nur mit einem Vollzeitbeschäftigten vergleichbar, der – ebenso wie sie – eine Beschäftigungszeit von 38 Jahren und acht Monaten aufweist (vgl. BAG 19. April 2016 – 3 AZR 526/14 – Rn. 26; 28. Mai 2013 – 3 AZR 266/11 – Rn. 26). 21 Vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer iSd. § 4 Abs. 1 TzBfG sind nach § 2 Abs. 1 Satz 3 TzBfG Arbeitnehmer „mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses und der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit“. Maßgeblich ist somit vor allem die Vergleichbarkeit der Tätigkeit. Diese funktionale Sichtweise ist allerdings dann nicht maßgeblich, wenn der Arbeitgeber bei der Leistungserbringung nicht auf die Tätigkeit, sondern auf andere Faktoren – etwa die Betriebszugehörigkeit – abstellt, wenn also die Funktion bzw. die Art und der Inhalt der Tätigkeit für die Leistungserbringung nicht maßgeblich sind. Entscheidend für die Vergleichbarkeit ist dann vielmehr, wie der Arbeitgeber selbst die Gruppenbildung vorgenommen hat oder an welche Gesichtspunkte er für die Erbringung der Leistung anknüpft (BAG 19. April 2016 – 3 AZR 526/14 – Rn. 26; 28. Mai 2013 – 3 AZR 266/11 – Rn. 27 mwN). 22 bb) Für die Vergleichsgruppenbildung ist vorliegend entscheidend, dass das nach der Leistungsordnung zu gewährende Altersruhegeld (auch) die Honorierung der Betriebszugehörigkeit bezweckt und deshalb auch an die Dauer der Betriebszugehörigkeit anknüpft, etwa bei der Wartezeitregelung in Kap. 1 Ziff. 4 und bei der Höhe des Altersruhegeldes nach Kap. 9 Ziff. 1 und Ziff. 2 Leistungsordnung. Die Betriebsrente ist kein reines Äquivalent für die geleistete Arbeitszeit. Dies zeigen ua. die Höchstbegrenzungen in Kap. 9 Leistungsordnung. 23 Die Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin werde durch die einheitliche Obergrenze für Vollzeit- und Teilzeitkräfte benachteiligt, fußt indes auf einem Vergleich der Klägerin mit einem Vollzeitbeschäftigten mit einer Betriebszugehörigkeit von nicht mehr als 35 Jahren. Nur bei einem solchen Vergleich ergibt sich aus der Nichtberücksichtigung der darüber hinausgehenden Betriebszugehörigkeit der Klägerin eine Benachteiligung. Unter Zugrundelegung der zutreffenden Referenzgruppe der Vollzeitbeschäftigten mit einer Betriebszugehörigkeit von ebenfalls 38 Jahren und acht Monaten ergibt sich demgegenüber keine Ungleichbehandlung, weil sich für alle Beschäftigten in dieser Gruppe die Betriebszugehörigkeit von mehr als 35 Jahren nicht ruhegeldsteigernd auswirkt. Der Pro-rata-temporis-Grundsatz verlangt aber gerade nicht, dass Teilzeitbeschäftigte die für Vollzeitbeschäftigte vorgesehene Maximalversorgungsleistung erreichen können. 24 cc) Den vom Landesarbeitsgericht angezogenen Urteilen des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG 23. März 2017 – 6 AZR 161/16 – BAGE 158, 360) und des Zehnten Senats (BAG 19. Dezember 2018 – 10 AZR 231/18 – BAGE 165, 1) zum Anspruch teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer auf tarifliche Überstundenzuschläge ist nichts anderes zu entnehmen. Die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte sind mit dem vorliegenden Fall bereits deshalb nicht vergleichbar, weil sie sich auf die Zahlung reinen Arbeitsentgelts beziehen, nicht jedoch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die nicht ausschließlich im unmittelbaren Leistungs- und Gegenleistungsverhältnis stehen. 25 dd) Im Falle von Teilzeitbeschäftigten mit wechselnder Arbeitszeit – wie der Klägerin – wäre eine Benachteiligung durch die in Kap. 9 Ziff. 1 und Ziff. 2 Leistungsordnung bestimmte Obergrenze der anrechnungsfähigen Dienstjahre insoweit denkbar, als Jahre mit verhältnismäßig geringer vereinbarter Arbeitszeit gegenüber Jahren mit höherer Arbeitszeit bei der Berechnung des Altersruhegeldes überproportional berücksichtigt würden (vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 7. Aufl. Anhang zu § 1 Rn. 57). Eine solche Benachteiligung schließt die Regelung in Kap. 6 Satz 2 Leistungsordnung aber aus, da bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 35 Jahren nur die Jahre mit dem für den jeweiligen Mitarbeiter günstigsten Verhältnis berücksichtigt werden. 26 c) Die Begrenzung auf 35 anrechnungsfähigen Dienstjahre in der Leistungsordnung ist auch nicht unwirksam, weil sie in anderer Weise gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG verstößt. 27 aa) Eine Gleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter entsprechend dem Pro-rata-temporis-Grundsatz des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG schließt eine sonstige Benachteiligung iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG nicht aus (vgl. BAG 14. Dezember 2011 – 5 AZR 457/10 – Rn. 28, BAGE 140, 148). Eine schlechtere Behandlung iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG kann auch darin liegen, dass aufgrund unterschiedlicher Vertragsgestaltung der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer Nachteile erleidet, die ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht hat (BAG 14. Dezember 2011 – 5 AZR 457/10 – aaO). Das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG betrifft nach dem Wortlaut dieser Bestimmung zwar das Verhältnis von teilzeit- zu vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern. Das Verbot gilt jedoch auch, wenn teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer untereinander unterschiedlich behandelt werden, sofern eine Gruppe der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer wie vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, die andere Gruppe der Teilzeitbeschäftigten hingegen von einzelnen Leistungen ausgeschlossen wird (BAG 28. Mai 2013 – 3 AZR 266/11 – Rn. 37; 22. September 2009 – 1 AZR 316/08 – Rn. 26, BAGE 132, 132; 25. April 2007 – 6 AZR 746/06 – Rn. 22 mwN, BAGE 122, 215). 28 bb) Eine solche Benachteiligung ist vorliegend weder von der Klägerin behauptet noch sonst ersichtlich. 29 II. Die Klage ist aber auch nicht begründet, soweit die Klägerin sich gegen die Anwendung des Teilzeitfaktors auf die Höchstgrenzen für Versorgungsleistungen in Kap. 9 Ziff. 4 Abs. 1 und Abs. 2 Leistungsordnung wendet. Die Auslegung der Leistungsordnung ergibt – schon ohne Berücksichtigung der späteren Protokollnotiz vom 15. Dezember 2011 -, dass die Höchstgrenzen bei Teilzeitbeschäftigten anteilig nach ihrem nach Kap. 6 Leistungsordnung ermittelten Teilzeitfaktor zu kürzen sind. 30 1. Betriebsvereinbarungen – wie die Leistungsordnung – sind nach den für Gesetze und für Tarifverträge geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. statt vieler BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 730/19 – Rn. 54). 31 2. Danach ergibt sich bereits unmittelbar aus den Regelungen der Leistungsordnung selbst, dass die in Kap. 9 Ziff. 4 Abs. 1 und Abs. 2 Leistungsordnung bestimmten Höchstgrenzen bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern um den nach Kap. 6 Leistungsordnung ermittelten Teilzeitfaktor zu kürzen sind. 32 a) Die Anwendung des Teilzeitfaktors auf die Höchstgrenzen in Kap. 9 Ziff. 4 Abs. 1 und Abs. 2 Leistungsordnung folgt allerdings nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Regelungen in Kap. 9 Leistungsordnung. Die zugesagten Rentenleistungen dürfen die in Kap. 9 Ziff. 4 Abs. 1 und Abs. 2 Leistungsordnung festgelegten Höchstgrenzen nicht übersteigen. Diese Regelungen unterscheiden lediglich danach, ob das ruhegeldfähige Einkommen beim Eintritt des Versorgungsfalls bis zur maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung reicht (Kap. 9 Ziff. 4 Abs. 1 Satz 2 Leistungsordnung) oder ob es diese Grenze übersteigt (Kap. 9 Ziff. 4 Abs. 2 Leistungsordnung). Die Berücksichtigung von Teilzeit ist nicht erwähnt. 33 b) Der Gesamtzusammenhang und die Systematik der Leistungsordnung sprechen allerdings für die Anwendung des nach Kap. 6 Leistungsordnung ermittelten Teilzeitfaktors auf die Höchstgrenzen. Kap. 9 Ziff. 1 Leistungsordnung nimmt hinsichtlich des ruhegeldfähigen Einkommens ausschließlich auf „Ziffer 5“ (gemeint: Kap. 5) Leistungsordnung Bezug und damit auf die insoweit geltenden allgemeinen Regelungen. Kap. 6 Satz 1 Leistungsordnung bestimmt dann für Mitarbeiter, die während ihrer Betriebszugehörigkeit mindestens ein Jahr Teilzeitarbeit geleistet haben, dass die Dienstzeiten der Teilzeitarbeit bei der Bemessung der Leistungen nur im entsprechenden Umfang angerechnet werden. Die damit gemeinten Leistungen wiederum sind ua. das in Kap. 7 Leistungsordnung geregelte Altersruhegeld, dessen Berechnung sich wiederum aus Kap. 9 Leistungsordnung ergibt. Dies zeigt, dass die Regelungen zur Teilzeitarbeit allgemein im Rahmen der Leistungsordnung Geltung beanspruchen und damit auch im Rahmen von Kap. 9 Leistungsordnung. Damit kommt in den Regelungen des Kap. 6 Leistungsordnung der Wille der Betriebsparteien zum Ausdruck, dass Teilzeitbeschäftigen eine ihrer jeweiligen Teilzeitquote entsprechende anteilige Versorgung zu gewähren ist. Die Betriebsparteien wollten die Regelungen zur Teilzeitarbeit bei den Leistungen nach der Leistungsordnung berücksichtigt wissen und nicht zum Ausdruck bringen, Teilzeitbeschäftigte wie Vollzeitbeschäftigte zu behandeln. Für eine bewusste Bevorzugung der Teilzeitbeschäftigten bzw. eine Abweichung vom Pro-rata-temporis-Grundsatz müssten zudem konkrete Anhaltspunkte bestehen. 34 c) Auf die Protokollnotiz vom 15. Dezember 2011 und die dieser beigefügten Berechnungsbeispiele kommt es mithin nicht entscheidend an. 35 3. Die Anwendung des Teilzeitfaktors bei den Höchstgrenzen nach Kap. 9 Ziff. 4 Abs. 1 und Abs. 2 Leistungsordnung führt – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht zu einer Diskriminierung wegen der Teilzeitarbeit nach § 4 Abs. 1 TzBfG, insbesondere wird die Teilzeit nicht doppelt anspruchsmindernd berücksichtigt. Daher scheidet auch insoweit ein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 BetrVG aus. 36 Die Leistungsordnung weist zwei unabhängig voneinander bestehende Begrenzungen auf. Bei der Berechnung des Altersruhegeldes nach Kap. 9 Ziff. 1 und Ziff. 2 Leistungsordnung wird die Regelung zur Teilzeit (Teilzeitfaktor) nach Kap. 6 Leistungsordnung bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Dienstjahre berücksichtigt. Dies führt dazu, dass nach der „normalen“ Berechnung des Ruhegeldes die Teilzeit sich anspruchsmindernd auf die Berechnung des nach der Leistungsordnung höchstens zu erreichenden Ruhegeldes auswirkt. Unabhängig davon sind jedoch die in Kap. 9 Ziff. 4 Leistungsordnung bestimmten absoluten Höchstbegrenzungen des Ruhegeldes zu sehen. Diese Grenzen wirken wiederum auf alle Ruhegelder und sind die von den Betriebsparteien geschaffenen absoluten Höchstgrenzen. Diese Höchstbegrenzungen wirken bei allen Versorgungsberechtigten, jedoch in unterschiedlichem Umfang. Es ist nicht zu beanstanden, wenn eine solche absolute Höchstgrenze ebenfalls bei Teilzeitbeschäftigten mit dem Teilzeitfaktor multipliziert wird. Da die Leistungsordnung zwei voneinander unabhängige Begrenzungen des Ruhegeldes aufweist, kann bei beiden jeweils der Teilzeitfaktor ohne Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG berücksichtigt werden. Es findet bei jeder – unabhängig voneinander bestehenden – Begrenzung nur einmal eine Berücksichtigung des Teilzeitfaktors statt. 37 Die Leistungsordnung berücksichtigt die Teilzeit also nicht doppelt, sondern jeweils einfach. Das ist keine Diskriminierung iSv. § 4 Abs. 1 TzBfG. Denn die Klägerin erhält entsprechend ihrem Teilzeitfaktor die Betriebsrente, die ein in Vollzeit tätiger Arbeitnehmer mit ihrer Betriebszugehörigkeit erhalten würde. 38 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.              Zwanziger                  Spinner                  Roloff                                    Schultz                   Völpel-Haus" bag_6-21,25.03.2021,"25.03.2021 6/21 - Vergütungsrechtliche Einordnung von ärztlichem Hintergrunddienst als Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst Ob ärztlicher Hintergrunddienst nach § 9 des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte/TdL) zu vergütende Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst ist, hängt davon ab, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch eine Vorgabe insbesondere hinsichtlich der Zeit zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit zwingt, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten und damit eine faktische Aufenthaltsbeschränkung vorgibt. Das gilt auch, wenn der ärztliche Hintergrunddienst mit einer Telefonbereitschaft verbunden ist. Der als Oberarzt beschäftigte Kläger leistet im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, auf das der TV-Ärzte/TdL Anwendung findet, außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit sog. Hintergrunddienste. Während dieser Zeit ist er verpflichtet, telefonisch erreichbar zu sein. Weitere ausdrückliche Vorgaben hinsichtlich des Aufenthaltsortes oder der Zeitspanne, innerhalb derer er die Arbeit im Klinikum aufzunehmen hat, macht die Beklagte nicht. Im Rahmen des Hintergrunddienstes kann es sowohl zu Einsätzen des Klägers im Klinikum der Beklagten als auch zu rein telefonischen Inanspruchnahmen kommen, wobei letztere überwiegen. Dabei hat der Kläger auch mögliche Organtransplantationsangebote der Stiftung Eurotransplant zu bearbeiten. Hierzu hat er nach dem telefonischen Angebot aufgrund einer Vorgabe der Stiftung Eurotransplant innerhalb von 30 Minuten die mitgeteilten Daten bezüglich Spender, Organ, Patient und Dialysearzt zu prüfen, den in Frage kommenden Patienten sowie den zuständigen Dialysearzt telefonisch zu kontaktieren sowie gegenüber Eurotransplant zu erklären, ob das Organspendeangebot angenommen wird. Die dafür erforderlichen Informationen entnimmt der Kläger einem mitzuführenden Aktenordner. Die Beklagte vergütet die Hintergrunddienste gemäß § 9 Abs. 1 TV-Ärzte/TdL als Rufbereitschaft iSd. § 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL. Der Kläger meint, die Hintergrunddienste seien aufgrund der mit ihnen verbundenen Beschränkungen sowie der Anzahl und des zeitlichen Umfangs der tatsächlichen Inanspruchnahmen Bereitschaftsdienst und als solcher zu vergüten. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger für den Zeitraum August 2017 bis Juni 2018 eine Vergütungsdifferenz von knapp 40.000,00 Euro brutto zugesprochen. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Bei dem vom Kläger geleisteten Hintergrunddienst handelt es sich um Rufbereitschaft. Ob ein vom Arbeitgeber im Anwendungsbereich des TV-Ärzte/TdL angeordneter (Hintergrund-)Dienst im vergütungsrechtlichen Sinn Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft ist, richtet sich ausschließlich nach nationalem Recht und nicht nach der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst unterscheiden sich nach den tariflichen Definitionen in § 7 Abs. 4 Satz 1 bzw. Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL dadurch, dass der Arbeitnehmer sich nach den Vorgaben des Arbeitgebers nicht an einem bestimmten Ort aufhalten muss, sondern seinen Aufenthaltsort frei wählen kann. Maßgeblich ist also der Umfang der vom Arbeitgeber angeordneten Aufenthaltsbeschränkung. Dabei ist der Arbeitnehmer allerdings auch bei der Rufbereitschaft in der Wahl seines Aufenthaltsortes nicht völlig frei. Er darf sich entsprechend dem Zweck der Rufbereitschaft nur so weit von dem Arbeitsort entfernt aufhalten, dass er die Arbeit dort alsbald aufnehmen kann. Das ist bei dem von der Beklagten angeordneten Hintergrunddienst noch der Fall. Mit der Verpflichtung, einen dienstlichen Telefonanruf anzunehmen und damit die Arbeit unverzüglich aufzunehmen, ist keine räumliche Aufenthaltsbeschränkung verbunden. Zeitvorgaben für die Aufnahme der Arbeit im Übrigen bestehen nicht. Dass uU nach einem Anruf zeitnah die Arbeit in der Klinik fortgesetzt werden muss, steht im Einklang mit dem Wesen der Rufbereitschaft. Allerdings untersagt § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL dem Arbeitgeber die Anordnung von Rufbereitschaft, wenn erfahrungsgemäß nicht lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. Das trifft vorliegend zu. Der Kläger wird in etwa der Hälfte der Hintergrunddienste zur Arbeit herangezogen und leistet zu 4 % aller Rufbereitschaftsstunden tatsächliche Arbeit. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur auf die Arbeitseinsätze an, die in der Klinik fortzusetzen sind, was in mehr als einem Viertel der Rufbereitschaften vorkommt. In der Gesamtschau dieser Umstände hätte sie die vom Kläger geleisteten Hintergrunddienste daher nicht anordnen dürfen. Gleichwohl führt dies nicht zu der vom Kläger begehrten höheren Vergütung. Ein bestimmter Arbeitsleistungsanteil ist nach dem Tarifvertrag weder dem Bereitschaftsdienst noch der Rufbereitschaft begriffsimmanent. Die Tarifvertragsparteien haben damit bewusst für den Fall einer tarifwidrigen Anordnung von Rufbereitschaft keinen höheren Vergütungsanspruch vorgesehen. Diesen Willen hat der Senat respektiert. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. März 2021 – 6 AZR 264/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 4. März 2020 – 3 Sa 218/19 –","Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. März 2020 – 3 Sa 218/19 – insoweit aufgehoben, als es auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 11. März 2019 – 1 Ca 1885/18 – abgeändert und der Klage stattgegeben hat. 2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 11. März 2019 – 1 Ca 1885/18 – wird vollumfänglich zurückgewiesen. 3. Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen. 4. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen. Leitsatz 1. Einzige tarifliche Tatbestandsvoraussetzung und entscheidendes Unterscheidungskriterium von Bereitschaftsdienst iSd. § 7 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/TdL und Rufbereitschaft iSd. § 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL ist, ob der Arbeitgeber nach Maßgabe der von ihm getroffenen Anordnungen den Aufenthaltsort des Arbeitnehmers bestimmt oder ob der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort im Rahmen der durch den Zweck der Rufbereitschaft vorgegebenen Grenzen frei wählen kann. Im ersten Fall handelt es sich um Bereitschaftsdienst, im zweiten Fall um Rufbereitschaft. 2. Die Befugnis, diese Sonderformen der Arbeit gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL nur anzuordnen, wenn erfahrungsgemäß Arbeit lediglich in einem tariflich näher umschriebenen Umfang anfällt, ist hingegen kein Tatbestandsmerkmal. Darum wandelt sich tarifwidrig angeordnete Rufbereitschaft nicht automatisch in Bereitschaftsdienst mit der Folge weitergehender Vergütungsansprüche um. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die Vergütung ärztlicher Hintergrunddienste. 2 Der Kläger ist beim beklagten Universitätsklinikum als Oberarzt in der Nephrologie beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war im Streitzeitraum Juli 2017 bis Juni 2018 der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte/TdL) vom 30. Juni 2006 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 6 vom 12. April 2017 anzuwenden. Er enthielt zu Sonderformen der Arbeit ua. folgende Regelungen:          „§ 7 Sonderformen der Arbeit          …                 (4) 1Die Ärzte sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). 2Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. …          (6) 1Die Ärztin/Der Arzt hat sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (Rufbereitschaft). 2Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. 3Rufbereitschaft wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass Ärzte vom Arbeitgeber mit einem Mobiltelefon oder einem vergleichbaren technischen Hilfsmittel ausgestattet sind.          …                 § 9 Ausgleich für Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst          (1) 1Für die Rufbereitschaft wird eine tägliche Pauschale je Entgeltgruppe gezahlt. …. 5Hinsichtlich der Arbeitsleistung wird jede einzelne Inanspruchnahme innerhalb der Rufbereitschaft mit einem Einsatz im Krankenhaus einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten auf eine volle Stunde gerundet. 6Für die Inanspruchnahme wird das Entgelt für Überstunden sowie etwaiger Zeitzuschläge bezahlt. 7Für die Zeit der Rufbereitschaft werden Zeitzuschläge nicht gezahlt.          …                 (2) 1Zur Berechnung des Entgelts wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit in zwei Stufen als Arbeitszeit gewertet. 2Ausschlaggebend sind die Arbeitsleistungen, die während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallen:          Bereitschaftsdienststufe Arbeitsleitung innerhalb des Bereitschaftsdienstes Bewertung als Arbeitszeit          I        0 bis zu 25 v.H. 60 v.H.          II     Mehr als 25 v.H. bis 49 v.H. 95 v.H.                            …                 4Für die Zeit des Bereitschaftsdienstes, die als Arbeitszeit gewertet wird, wird das tarifliche Stundenentgelt der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt. … 7Die Zuweisung zu den Stufen des Bereitschaftsdienstes erfolgt durch schriftliche Nebenabrede zum Arbeitsvertrag. 8Die Nebenabrede ist abweichend von § 2 Absatz 3 mit einer Frist von drei Monaten jeweils zum Ende eines Kalenderhalbjahres kündbar.          …“     3 Der Kläger leistete außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit ärztliche Hintergrunddienste, die das beklagte Universitätsklinikum als Rufbereitschaft anordnete. Diese dauerten jeweils 16 Stunden, an Wochenendtagen 24 Stunden. Während dieser Zeit war der Kläger verpflichtet, telefonisch erreichbar zu sein. Weitere ausdrückliche Vorgaben hinsichtlich des Aufenthaltsortes oder der Zeitspanne, innerhalb derer der Kläger die Arbeit im Klinikum aufzunehmen hatte, machte das beklagte Universitätsklinikum nicht. Im Rahmen des Hintergrunddienstes konnte es sowohl zu Einsätzen des Klägers im Klinikum nach einem telefonischen Abruf als auch zu rein telefonischen Inanspruchnahmen kommen. Der Kläger hatte zudem Organtransplantationsangebote der Stiftung Eurotransplant zu bearbeiten. Sofern diese im beschleunigten Vermittlungsverfahren (sog. Extended-Allocation-Modus) erfolgten, hatte er nach dem telefonischen Angebot entsprechend einer Vorgabe der Stiftung Eurotransplant innerhalb von 30 Minuten die mitgeteilten Daten bezüglich Spender, Organ sowie Patient und Dialysearzt zu prüfen, den in Betracht kommenden Patienten und den zuständigen Dialysearzt telefonisch zu kontaktieren sowie gegenüber Eurotransplant zu erklären, ob das Organtransplantationsangebot angenommen werde. Die dafür erforderlichen Informationen entnahm der Kläger einem von ihm während des Hintergrunddienstes mitzuführenden Aktenordner. Im Falle der Angebotsannahme begab sich der Kläger unverzüglich in das Klinikum. Im beklagten Universitätsklinikum erfolgten 20 von insgesamt 80 Organtransplantationsangeboten im Jahr 2018 im sog. Extended-Allocation-Modus. 4 Nach Feststellung des Landesarbeitsgerichts ergab eine Erhebung des beklagten Universitätsklinikums mit Stand Juni 2018, dass in 4,18 % der Rufbereitschaftsstunden tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht wurden. In 21,1 % der Rufbereitschaften erfolgte eine rein telefonische Inanspruchnahme am jeweiligen Aufenthaltsort des diensthabenden Arztes. In weiteren 26,3 % der Rufbereitschaften war die telefonische Inanspruchnahme auch mit einem Einsatz im Klinikum verbunden. 5 Das beklagte Universitätsklinikum vergütete die Hintergrunddienste als Rufbereitschaft. Der Kläger begehrt für den Zeitraum von Juli 2017 bis Juni 2018 weitergehend den Differenzbetrag zu der Vergütung, die zu zahlen wäre, wenn es sich bei den Hintergrunddiensten um zu 60 % als Arbeitszeit zu wertende Bereitschaftsdienste der Stufe I gehandelt hätte. 6 Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Hintergrunddienste seien tatsächlich Bereitschaftsdienst. Das ergebe sich aus dem Erfordernis, gegebenenfalls kurzfristig im Klinikum erscheinen zu müssen, aber auch aus der Notwendigkeit, (telefonische) Arbeiten andernorts unter Verwendung des mitzuführenden Ordners sowie der mobilen Arbeitsgeräte und unter Beachtung der Wahrung der Vertraulichkeit sofort aufzunehmen. Er sei dadurch faktisch ortsgebunden gewesen. Zudem sei erfahrungsgemäß nicht nur im Ausnahmefall Arbeit angefallen. Zu berücksichtigen seien dabei entgegen der Annahme des beklagten Universitätsklinikums auch die rein telefonischen Inanspruchnahmen. Selbst wenn man dies anders sehe, könne angesichts einer Heranziehung in mehr als einem Viertel aller Hintergrunddienste nicht mehr von einem Ausnahmefall gesprochen werden. 7 Der Kläger hat zuletzt noch beantragt,          das beklagte Universitätsklinikum zu verurteilen, an ihn 40.032,76 Euro brutto nebst Zinsen in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen. 8 Das beklagte Universitätsklinikum hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Ansicht vertreten, bei den Hintergrunddiensten habe es sich um Rufbereitschaft gehandelt. Dem stünden die vom Kläger genannten faktischen Einschränkungen nicht entgegen, da sie lediglich deren zwangsläufige und übliche Folge seien. Irrelevant sei, ob nicht nur im Ausnahmefall Arbeit angefallen sei. Tarifwidrig angeordnete Rufbereitschaft sei nicht anders zu vergüten als tarifkonform angeordnete Rufbereitschaft. 9 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und der Zahlungsklage für den Zeitraum August 2017 bis Juni 2018 stattgegeben. Bezogen auf die Differenzvergütung für Juli 2017 hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision strebt das beklagte Universitätsklinikum die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Klageabweisung an. Mit seiner Anschlussrevision möchte der Kläger die Verurteilung des beklagten Universitätsklinikums auch hinsichtlich des Monats Juli 2017 erreichen. Entscheidungsgründe 10 Die Revision ist begründet, die Anschlussrevision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung der Hintergrunddienste mit dem Bereitschaftsdienstentgelt. Die Hintergrunddienste erfüllten den tariflichen Tatbestand einer Rufbereitschaft iSd. § 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL. Daher begründet ihre § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL widersprechende, dh. tarifwidrige Anordnung keinen höheren Entgeltanspruch. Dementsprechend sind die dem Kläger für die von ihm geleisteten Dienste zustehenden Vergütungsansprüche erfüllt. 11 I. Die vom Kläger im Zeitraum zwischen Juli 2017 und Juni 2018 außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit auf Anordnung des beklagten Universitätsklinikums geleisteten Hintergrunddienste stellten vergütungsrechtlich keinen Bereitschaftsdienst iSd. § 7 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/TdL, sondern Rufbereitschaft iSd. § 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL dar. 12 1. Die Verpflichtung der Ärzte, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, stellt Bereitschaftsdienst dar (§ 7 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/TdL). Haben sich die Ärzte demgegenüber auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit lediglich an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen, handelt es sich um Rufbereitschaft (§ 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL). Damit definieren die genannten Tarifnormen die Begriffe des Bereitschaftsdienstes und der Rufbereitschaft für ihre vergütungsrechtliche Einordnung abschließend (vgl. BAG 4. August 1988 – 6 AZR 48/86 – zu II 1 der Gründe; 27. Februar 1985 – 7 AZR 552/82 – zu II 2 a der Gründe). Einzige tarifliche Tatbestandsvoraussetzung für die vergütungsrechtliche Einordnung als Rufbereitschaft ist demnach, dass die Ärzte in dieser Zeit nach der Anordnung des Arbeitgebers ihren Aufenthaltsort in den Grenzen, die der Zweck der Rufbereitschaft vorgibt, frei wählen können. 13 a) Seinem Wesen nach ist der Bereitschaftsdienst eine Aufenthaltsbeschränkung verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf sofort tätig zu werden (vgl. BAG 31. Mai 2001 – 6 AZR 171/00 – zu II 1 a der Gründe; 4. August 1988 – 6 AZR 48/86 – zu II 1 a der Gründe; 27. Februar 1985 – 7 AZR 552/82 – zu II 2 a der Gründe). Rufbereitschaft setzt hingegen voraus, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit haben muss, sich in dieser Zeit auch um persönliche und familiäre Angelegenheiten zu kümmern, an sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen oder sich mit Freunden zu treffen (BAG 31. Januar 2002 – 6 AZR 214/00 – zu B I 2 der Gründe). Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst unterscheiden sich demnach dadurch, dass der Arbeitgeber beim Bereitschaftsdienst den Aufenthaltsort des Arbeitnehmers bestimmt, wohingegen dieser vom Arbeitnehmer bei der Rufbereitschaft grundsätzlich selbst gewählt werden kann (vgl. BAG 31. Januar 2002 – 6 AZR 214/00 – zu B I 2 der Gründe; 31. Mai 2001 – 6 AZR 171/00 – zu II 1 a der Gründe). 14 b) Allerdings ist der Arbeitnehmer auch während der Rufbereitschaft in der Wahl seines Aufenthaltsortes nicht völlig frei. Der Zweck der Rufbereitschaft besteht gerade darin, dass der Arbeitnehmer in der Lage sein muss, die Arbeit innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf Abruf aufnehmen zu können (vgl. BAG 22. Juni 2011 – 8 AZR 102/10 – Rn. 31). Kennzeichnend für Rufbereitschaft ist daher, dass zwischen dem Abruf und der Arbeitsaufnahme nur eine solche Zeitspanne liegen darf, deren Dauer den Einsatz nicht gefährdet und die Arbeitsaufnahme im Bedarfsfall gewährleistet. Der Arbeitnehmer darf sich nicht in einer Entfernung vom Arbeitsort aufhalten, die dem Zweck der Rufbereitschaft zuwiderläuft (vgl. BAG 31. Januar 2002 – 6 AZR 214/00 – zu B I 2 der Gründe; 31. Mai 2001 – 6 AZR 171/00 – zu II 1 b der Gründe). Mithin stehen mittelbare Einschränkungen des Aufenthaltsortes dem Vorliegen von Rufbereitschaft nicht zwangsläufig entgegen. Vielmehr ist die Eingrenzung der freien Wahl des Aufenthaltsortes und damit einhergehend der Möglichkeiten zur Gestaltung der Zeit der Rufbereitschaft gerade ein Wesensmerkmal dieses Dienstes. 15 c) Entscheidend für die Frage, ob vergütungsrechtlich Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft im Sinne des TV-Ärzte/TdL vorliegt, ist danach nicht das Ausmaß der anfallenden Arbeitsleistung, sondern allein der Umfang der vom Arbeitgeber angeordneten Aufenthaltsbeschränkungen. Diese können allerdings auch konkludent erfolgen. Das ist beispielsweise anzunehmen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dadurch in der freien Wahl des Aufenthaltsortes beschränkt, dass er die Zeit zwischen Abruf und Arbeitsaufnahme genau vorgibt und die Zeitspanne dabei so kurz bemisst, dass sie einer Aufenthaltsbeschränkung gleichkommt (vgl. BAG 31. Mai 2001 – 6 AZR 171/00 – zu II 1 der Gründe; 4. August 1988 – 6 AZR 48/86 – zu II 2 b, 3 b der Gründe; 4. Dezember 1986 – 6 AZR 123/84 – zu II 4 a der Gründe). In einem solchen Fall ersetzt der Arbeitgeber die örtlichen Beschränkungen lediglich durch den Faktor Zeit (vgl. BAG 22. Januar 2004 – 6 AZR 543/02 – zu II 2 c der Gründe; 19. Dezember 1991 – 6 AZR 592/89 – zu II 1 der Gründe) und ordnet dadurch konkludent Bereitschaftsdienst an. Wann die (mittelbaren) Einschränkungen hinsichtlich der freien Wahl des Aufenthaltsortes so stark sind, dass sie faktisch einer Bestimmung des Aufenthaltsortes durch den Arbeitgeber iSv. § 7 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/TdL gleichkommen und damit eine Anordnung von Bereitschaftsdienst darstellen, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls (bei einer Zeitvorgabe von 10 bzw. 20 Minuten bis zur Arbeitsaufnahme bejaht: BAG 19. Dezember 1991 – 6 AZR 592/89 – zu II 1, 2 der Gründe; 31. Januar 2002 – 6 AZR 214/00 – zu B I 2 der Gründe; bei einer Zeitvorgabe von 25 bis 30 Minuten verneint BAG 31. Januar 2002 – 6 AZR 214/00 – zu B I 2 der Gründe). Unerheblich ist es hingegen, wenn sich der Arbeitnehmer abweichend von den Vorgaben des Arbeitgebers und damit überobligatorisch selbst in der Wahl seines Aufenthaltsortes beschränkt (vgl. BAG 31. Mai 2001 – 6 AZR 171/00 – zu II 1 a der Gründe). 16 d) Dem Vorliegen von Rufbereitschaft steht es auch nicht entgegen, wenn der Arbeitnehmer sich nach Abruf nicht vom Aufenthalts- zum Arbeitsort begeben muss, sondern seine Arbeitsleistung telefonisch sofort bei Abruf erbringt. Dadurch wird der Arbeitnehmer in der Wahl seines Aufenthaltsortes beschränkt, weil er sich in Hörweite des mobilen Telefons und innerhalb eines funktionsfähigen Netzes aufhalten muss. § 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL setzt nicht voraus, dass zwischen Abruf und Arbeitsaufnahme eine zeitliche Verzögerung oder eine Ortsveränderung liegen muss (vgl. BAG 23. September 2010 – 6 AZR 330/09 – Rn. 15; 29. Juni 2000 – 6 AZR 900/98 – zu II der Gründe, BAGE 95, 210). Das haben die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 7 Abs. 6 Satz 3 TV-Ärzte/TdL deutlich gemacht. 17 2. Nach diesen Maßgaben handelte es sich bei den von dem beklagten Universitätsklinikum angeordneten Hintergrunddiensten vergütungsrechtlich um Rufbereitschaft iSd. § 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL. Die mit ihrer Anordnung verbundenen Einschränkungen erreichten kein Ausmaß, das einer Aufenthaltsbeschränkung gleichkam und damit Bereitschaftsdienst iSd. § 7 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/TdL darstellte. 18 a) Mit der Verpflichtung, einen dienstlichen Telefonanruf anzunehmen und damit die Arbeit unverzüglich aufzunehmen, war keine räumliche Aufenthaltsbeschränkung verbunden, die über die sich bereits aus dem Wesen der telefonischen Rufbereitschaft ergebende Beschränkung (vorstehend Rn. 16) hinausging. Die Einschränkungen, die sich daraus ergaben, dass der Kläger ein Mobiltelefon einsatzbereit bei sich führen musste, liegen im Wesen dieser Art der Rufbereitschaft, sofern sie außerhalb der eigenen Wohnung erbracht wird. Sie stehen deren Vorliegen, wie ausgeführt, nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht entgegen. Sie führten auch nicht dazu, dass sich der Kläger lediglich im engeren Umkreis des Klinikums aufhalten konnte. Vielmehr war es ihm grundsätzlich möglich, sich frei zu bewegen. Hierbei konnte er sich auch um persönliche und familiäre Angelegenheiten kümmern und an sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen teilnehmen, solange seine Erreichbarkeit und die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme im Klinikum sichergestellt waren. 19 Dass der Kläger zusätzlich einen Ordner mit sensiblen Daten mit sich führen musste, schränkte ihn jedenfalls nicht in einem solchen Maße zusätzlich ein, dass dies einer Qualifikation als Rufbereitschaft entgegenstünde. Sah sich der Kläger während der Rufbereitschaft an einem Theater- oder Kinobesuch gehindert, dürfte dies weniger an der Notwendigkeit gelegen haben, Unterlagen bei sich führen zu müssen, als vielmehr daran, dass er in der Lage sein musste, jederzeit ein Telefonat entgegenzunehmen und in Fällen, in denen eine rein telefonische Klärung nicht möglich oder unzureichend war, die Arbeit im Klinikum zeitnah fortsetzen musste. Gerade dies liegt aber im Wesen der tarifvertraglich vorgesehenen Rufbereitschaft, die es erfordert, die Arbeit innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf Abruf aufnehmen zu können. 20 b) Soweit der Kläger nach einem telefonischen Organtransplantationsangebot der Stiftung Eurotransplant im sog. Extended-Allocation-Modus entsprechend deren Vorgabe innerhalb einer Zeitspanne von 30 Minuten die Annahme eines solchen Angebots zu erklären hatte, ändert dies an dem Vorliegen von Rufbereitschaft auch dann nichts, wenn unterstellt wird, dass sich das beklagte Universitätsklinikum diese Vorgabe zu eigen gemacht hatte. Auch in diesen Fällen war der Kläger zunächst lediglich verpflichtet, durch die Annahme des Telefonanrufs seine Arbeit unverzüglich aufzunehmen. Erst danach begab er sich in das Klinikum. Eine mit dem Wesen der Rufbereitschaft nicht mehr zu vereinbarende räumliche Aufenthaltsbeschränkung war damit, wie dargelegt, jedoch nicht verbunden. 21 c) Weitere Vorgaben hinsichtlich des Aufenthaltsortes oder der Zeitspanne, innerhalb derer der Kläger die Arbeit aufzunehmen hatte, machte das beklagte Universitätsklinikum nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht. 22 II. Allerdings hätte das beklagte Universitätsklinikum gemäß § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL die Hintergrunddienste nicht als Rufbereitschaft anordnen dürfen. Dies führt gleichwohl nicht zu der vom Kläger begehrten Vergütung. Tarifwidrig angeordnete Rufbereitschaft wandelt sich nicht automatisch in Bereitschaftsdienst um. 23 1. Gemäß § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL darf der Arbeitgeber Rufbereitschaft nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. In Ermangelung einer tarifvertraglichen Definition ist der Begriff des Ausnahmefalls nach dem herkömmlichen Sprachgebrauch zu bestimmen, wonach es sich um eine Abweichung von der geltenden Regel handelt. Rufbereitschaft kann danach angeordnet werden, wenn Arbeit zwar gelegentlich anfällt, die Zeiten ohne Arbeitsanfall aber die Regel sind. Dabei kann nicht allein auf einen bestimmten Prozentsatz von Arbeitsanfall (Anteil der tatsächlichen Arbeitsleistung innerhalb der einzelnen Rufbereitschaft, sog. Arbeitsleistungsanteil) abgestellt werden. Auch der Anteil von Rufbereitschaften mit tatsächlichen Inanspruchnahmen in Relation zur Gesamtzahl der Rufbereitschaften sowie die Häufigkeit und Dauer der einzelnen Arbeitseinsätze während der jeweiligen Rufbereitschaften ist von Bedeutung, ohne dass sich eine absolute Grenze ziehen lässt (vgl. BAG 4. August 1988 – 6 AZR 48/86 – zu II 2 a der Gründe; 4. Dezember 1986 – 6 AZR 123/84 – zu II 3 a der Gründe; LAG Frankfurt 28. Juli 1988 – 9 Sa 977/87 – ZTR 1989, 74; anders KGH.EKD 8. Dezember 2008 – I-0124/P16-08 – zu II 3 c der Gründe). Anhand der genannten Kriterien ist in einer wertenden Gesamtschau zu bestimmen, ob die zu beurteilenden Dienste allenfalls ausnahmsweise von Einsätzen unterbrochen sind oder ob nach den bisherigen Erfahrungen voraussichtlich mit dem Anfall von nicht nur gelegentlicher Arbeit zu rechnen ist. 24 2. Beruft sich der Arbeitgeber auf die ihm tarifvertraglich eingeräumte Befugnis, Rufbereitschaft anzuordnen, hat er die Voraussetzungen des § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL im Einzelnen darzulegen. Dabei kann er, wie der Wortlaut der Tarifnorm zeigt, auf Erfahrungswerte abstellen, die er beispielsweise durch Arbeitsaufzeichnungen über einen repräsentativen Zeitraum gewonnen hat. Sofern solche nicht vorliegen, ist vom Arbeitgeber eine Prognose zur Schätzung des Arbeitsanfalls während der Rufbereitschaften für den jeweiligen Arbeitsbereich abzugeben (vgl. KGH.EKD 8. Dezember 2008 – I-0124/P16-08 – zu II 3 c der Gründe). Der Zeitrahmen, aus dem der Arbeitgeber seine Erfahrungswerte herleitet bzw. auf den sich seine Prognose bezieht, muss der Lage und Länge nach so beschaffen sein, dass er die betrieblichen Gegebenheiten repräsentativ abbildet und bereits absehbare Intensitätsschwankungen hinsichtlich des Arbeitsanfalls berücksichtigt. Erfolgt der Einsatz auf der Grundlage eines Schichtplans, muss der Zeitrahmen wenigstens den jeweiligen Schichtplanturnus abbilden (vgl. zum Vorliegen von Bereitschaftszeiten iSd. § 9 Abs. 3, Abs. 1 TV-L BAG 6. September 2018 – 6 AZR 204/17 – Rn. 40). 25 3. Bei Beachtung dieser tarifvertraglichen Vorgaben hätte das beklagte Universitätsklinikum die Hintergrunddienste nicht als Rufbereitschaft anordnen dürfen. Es fiel nicht lediglich im Ausnahmefall Arbeit an. 26 a) Nach den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen belief sich der Arbeitsleistungsanteil während der Rufbereitschaften zwar nur auf ca. 4 %. Allerdings erfolgte nahezu in jedem zweiten Rufbereitschaftsdienst mindestens eine tatsächliche telefonische Inanspruchnahme. Entgegen der Ansicht des beklagten Universitätsklinikums ist für die Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers nicht allein auf die Arbeitseinsätze abzustellen, die nach einem telefonischen Abruf mit einem Tätigwerden im Klinikum verbunden waren, was nur in etwa einem Viertel der Rufbereitschaften vorkam. Neben diesen sind auch die Abrufe zu berücksichtigen, die keine Ortsveränderung zur Folge hatten, sondern sich in einem reinen Telefonat erschöpften. Aus der Entscheidung des Senats vom 23. September 2010 (- 6 AZR 330/09 -) zur Auslegung der Bestimmungen zur Vergütung der Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft im TV-Ärzte/VKA, die § 9 Abs. 1 Satz 5 und Satz 6 TV-Ärzte/TdL entsprechen, folgt nichts Anderes. In dieser Entscheidung hat der Senat ua. darauf abgestellt, der Aufbau der tariflichen Vorschrift könne sich daraus erklären, dass die Tarifvertragsparteien die Aufnahme der Arbeit im Krankenhaus bei der Rufbereitschaft eines Krankenhausarztes als Regelfall vorausgesetzt und darum zunächst festgelegt hätten, welche Zeiten zu vergüten seien, und erst danach angeordnet hätten, welches Entgelt für diese Zeiten zu zahlen sei (BAG 23. September 2010 – 6 AZR 330/09 – Rn. 18 f.). Daraus können aber entgegen der Annahme des beklagten Universitätsklinikums keine Rückschlüsse auf den Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen werden, bei der Befugnis zur Anordnung von Rufbereitschaft nur Einsätze im Klinikum zu berücksichtigen. Ein derartiger Wille hat im Wortlaut des § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL keinen Anklang gefunden. 27 b) In der Gesamtschau dieser Umstände – Arbeitsanfall in nahezu der Hälfte aller Rufbereitschaften, dabei in mehr als einem Viertel aller Rufbereitschaften Inanspruchnahme im Klinikum, Arbeitsleistungsanteil insgesamt 4 % – ist während der Hintergrunddienste des Klägers erfahrungsgemäß nicht lediglich im Ausnahmefall Arbeit angefallen. 28 4. Gleichwohl folgt aus der fehlenden Befugnis des beklagten Universitätsklinikums, die Hintergrunddienste als Rufbereitschaften anzuordnen, kein Anspruch des Klägers auf Vergütung dieser Dienste als Bereitschaftsdienst. Die in § 7 Abs. 4 Satz 2 und § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL geregelte Anordnungsbefugnis ist nach dem Willen der Tarifvertragsparteien kein Tatbestandsmerkmal für die vergütungsrechtliche Einordnung eines Dienstes als Rufbereitschaft oder als Bereitschaftsdienst. 29 a) Ein bestimmter Arbeitsleistungsanteil ist weder der tariflichen Definition des Bereitschaftsdienstes in § 7 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/TdL noch der der Rufbereitschaft in § 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL begriffsimmanent. § 7 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL betreffen nur die Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers und bestätigen das Wortlautverständnis, dass weder der tatsächliche noch der zu erwartende Arbeitsleistungsanteil über das Vorliegen von Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft entscheidet. Daher wandelt sich tarifwidrig angeordnete Rufbereitschaft nicht automatisch in Bereitschaftsdienst um (vgl. BAG 31. Mai 2001 – 6 AZR 171/00 – zu II 1 b der Gründe; 4. August 1988 – 6 AZR 48/86 – zu II 2 b, 3 der Gründe; 4. Dezember 1986 – 6 AZR 123/84 – zu II 4 a der Gründe; 27. Februar 1985 – 7 AZR 552/82 – zu II 2 b, 3 a der Gründe). Auch tarifwidrig angeordnete Rufbereitschaft ist nach § 9 Abs. 1 TV-Ärzte/TdL lediglich als solche zu vergüten. Daher fehlt es entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht an einer Vergütungsregelung, so dass für die Anwendung von § 612 Abs. 1, Abs. 2 BGB kein Raum ist (vgl. dazu auch BAG 28. Januar 2004 – 5 AZR 530/02 – zu IV 3 der Gründe, BAGE 109, 254). 30 b) An dieser Rechtsprechung, die zu den Sonderregelungen Nr. 6 Abschn. B SR 2a und Nr. 8 SR 2c zum BAT ergangen ist, hält der Senat fest. Ihr liegt die Erkenntnis zugrunde, dass sich die Tarifvertragsparteien des BAT bewusst entschieden hatten, für den Fall einer tarifwidrigen Anordnung von Rufbereitschaft keine Vergütungsregelung zu treffen und insbesondere diesen Dienst dann nicht als Bereitschaftsdienst zu bewerten, weil sie keinen vergütungsrechtlichen Anreiz zur Ableistung unzulässig angeordneter Rufbereitschaft schaffen wollten (vgl. BAG 4. August 1988 – 6 AZR 48/86 – zu II 2 c und d der Gründe; 27. Februar 1985 – 7 AZR 552/82 – zu II 2 b bb und cc der Gründe). Die Tarifvertragsparteien des TV-Ärzte/TdL haben in Kenntnis dieser Rechtsprechung mit § 7 Abs. 4, Abs. 6 bzw. § 9 TV-Ärzte/TdL Tarifnormen geschaffen, die mit ihren Vorläuferbestimmungen inhaltlich übereinstimmen. Damit liegt nach wie vor eine bewusste Tariflücke hinsichtlich der Vergütung von tarifwidrig angeordneten Rufbereitschaften vor. Die Schließung einer solchen Lücke ist den Arbeitsgerichten versagt. Sie sind nicht befugt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien tarifliche Regelungen zu ergänzen. Eine derartige „Vertragshilfe“ wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. BAG 18. November 2015 – 4 ABR 24/14 – Rn. 32). 31 c) Der betroffene Arbeitnehmer wird hierdurch gleichwohl nicht rechtsschutzlos gestellt. Er kann individualrechtlich die Ableistung tarifwidrig angeordneter Rufbereitschaften verweigern. Kollektivrechtlich ist es die Aufgabe des Betriebsrats, im Rahmen der ihm zustehenden Mitbestimmungsrechte auf die Einhaltung der anzuwendenden Tarifverträge zu achten. 32 III. Ansprüche des Klägers auf eine höhere Vergütung folgen schließlich nicht aus dem Arbeitszeitgesetz oder der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Unabhängig davon, wie die vom Kläger geleisteten Hintergrunddienste arbeitszeitrechtlich einzuordnen wären, folgen aus einem etwaigen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz oder die Arbeitszeitrichtlinie keine Vergütungsansprüche (BAG 24. März 2011 – 6 AZR 684/09 – Rn. 28; 28. Januar 2004 – 5 AZR 530/02 – zu IV der Gründe, BAGE 109, 254; vgl. zum Nachtarbeitszuschlag BAG 15. Juli 2020 – 10 AZR 123/19 – Rn. 50 ff.). Unionsrechtliche Regelungen oder Vorgaben zu der Höhe von Rufbereitschafts- oder Bereitschaftsdienstentgelten bestehen weder im Primärrecht des Art. 31 GRC noch im Sekundärrecht der Arbeitszeitrichtlinie. Die Höhe des finanziellen Ausgleichs ist jedenfalls außerhalb möglicher Diskriminierungskonstellationen (dazu die Vorlage BAG 9. Dezember 2020 – 10 AZR 332/20 (A) -) nicht unionsrechtlich überformt. Art. 31 GRC und die Arbeitszeitrichtlinie regeln mit Ausnahme des hier nicht vorliegenden besonderen Falls des bezahlten Jahresurlaubs keine Fragen der Vergütung, weil die Europäische Union hierfür nach Art. 153 Abs. 5 AEUV nicht zuständig ist (vgl. für die Richtlinie 2003/88/EG EuGH 9. März 2021 – C-344/19 – [Radiotelevizija Slovenija] Rn. 57 ff.; 9. März 2021 – C-580/19 – [Stadt Offenbach am Main] Rn. 56 ff.; 20. November 2018 – C-147/17 – [Sindicatul Familia Constanţa ua.] Rn. 35; 21. Februar 2018 – C-518/15 – [Matzak] Rn. 49; 11. Januar 2007 – C-437/05 – [Vorel] Rn. 32 ff. mwN). 33 IV. Es kann dahinstehen, ob nichttarifliche Vergütungsansprüche unter dem Gesichtspunkt in Betracht kommen können, dass während der Rufbereitschaftszeiten eine volle Arbeitsleistung erbracht worden ist oder jedenfalls ein krasses Missverhältnis iSd. § 138 BGB zwischen der Arbeitsleistung während der Rufbereitschaft und der hierfür gezahlten Vergütung vorliegt (vgl. dazu BAG 24. März 2011 – 6 AZR 796/09 – Rn. 40; 4. August 1988 – 6 AZR 48/86 – zu II 5 a der Gründe; 27. Februar 1985 – 7 AZR 552/82 – zu II 4 a der Gründe). Solche Ansprüche scheiden jedenfalls vorliegend ersichtlich aus. Ein Arbeitsleistungsanteil von ca. 4 % stellt keine volle Arbeitsleistung dar. Ein krasses Missverhältnis iSd. § 138 BGB kommt im Falle der Rufbereitschaft von vornherein nicht in Betracht, da gemäß § 9 Abs. 1 Satz 6 TV-Ärzte/TdL die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme unabhängig davon, ob sie im Krankenhaus zu erbringen sind (vgl. BAG 23. September 2010 – 6 AZR 330/09), mit dem Entgelt für Überstunden sowie etwaiger Zeitzuschläge zu vergüten sind. Das hat das beklagte Universitätsklinikum unstreitig getan. 34 V. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten seiner erfolglosen Anschlussrevision zu tragen.              Spelge                  Wemheuer                  Heinkel                                    Stein                  Uwe Zabel" bag_7-21,31.03.2021,"31.03.2021 7/21 - Vergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten eines Wachpolizisten Das An- und Ablegen einer auf Weisung des Arbeitgebers während der Tätigkeit als Wachpolizist zu tragenden Uniform und persönlichen Schutzausrüstung nebst Dienstwaffe ist keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer die dienstlich zur Verfügung gestellten Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeiten nicht nutzt, sondern sich im privaten Bereich umkleidet und rüstet. Die beiden Kläger, die beim beklagten Land als angestellte Wachpolizisten im Zentralen Objektschutz tätig sind, fordern die Feststellung der Vergütungspflicht von Umkleide-, Rüst- und damit in Zusammenhang stehenden Wegezeiten. Auf Weisung des beklagten Landes müssen die Wachpolizisten ihren Dienst in angelegter Uniform mit dem Aufdruck POLIZEI sowie mit den persönlichen Ausrüstungsgegenständen und streifenfertiger Dienstwaffe antreten. Es ist ihnen freigestellt, ob sie den Weg zur und von der Arbeit in Uniform zurücklegen und ob sie das in einer Dienststelle zur Verfügung gestellte Waffenschließfach nutzen. Sie haben die Möglichkeit, die Zurverfügungstellung eines Spinds zu beantragen. Einer der Kläger bewahrt die Dienstwaffe bei sich zu Hause auf und nimmt dort auch das Umkleiden und Rüsten vor. Der andere Kläger nutzt das dienstliche Waffenschließfach, was beim Zurücklegen des Wegs von seiner Wohnung zum Einsatzort und zurück einen Umweg bedingt. Das Landesarbeitsgericht hatte den Klagen zum Teil stattgegeben und Vergütung für die Umkleidezeiten zugesprochen. Die auf vollständige Vergütung der Wegezeiten gerichteten Klagen wurden dagegen im Wesentlichen abgewiesen. Nur soweit der eine Kläger einen Umweg zurückzulegen hatte, stellte das Landesarbeitsgericht die Vergütungspflicht fest. Die Revisionen der Kläger hatten vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen, die Revisionen des beklagen Landes nur zum Teil Erfolg. Das Umkleiden und Rüsten mit einer besonders auffälligen Dienstkleidung, persönlichen Schutzausrüstung und Dienstwaffe ist keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer eine dienstlich zur Verfügung gestellte Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeit nicht nutzt, sondern für die Verrichtung dieser Tätigkeiten seinen privaten Wohnbereich wählt. Ebenfalls nicht vergütungspflichtig ist die für das Zurücklegen des Wegs zur Arbeit von der Wohnung zum Einsatzort und zurück aufgewandte Zeit, denn der Arbeitsweg zählt zur privaten Lebensführung. Da-gegen ist die für einen Umweg zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs erforderliche Zeit zu vergüten, es handelt sich um eine fremdnützige Zusammenhangstätigkeit. Der vom Landesarbeitsgericht geschätzte zeitliche Aufwand hierfür ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. März 2021 – 5 AZR 292/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Mai 2020 – 10 Sa 1570/19 – Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. März 2021 – 5 AZR 148/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. November 2019 – 7 Sa 620/19 – Hinweis: Beim Fünften Senat sind weitere Parallelverfahren anhängig.","Tenor 1. Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. November 2019 – 7 Sa 620/19 – werden zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu 70 % und das beklagte Land zu 30 % zu tragen. Leitsatz Das Zurücklegen des Weges von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück stellt in der Regel keine zu vergütende Arbeitszeit dar. Vergütungspflichtig sind dagegen die Umwegezeiten, die ein angestellter Wachpolizist, der auf Weisung des Arbeitgebers den Dienst mit streifenfertiger Dienstwaffe anzutreten hat, zum Aufsuchen eines dienstlichen Waffenschließfachs außerhalb seines Dienstortes aufwendet. Dabei handelt es sich um eine vergütungspflichtige Zusammenhangstätigkeit. Tatbestand 1 Die Parteien streiten in der Revision über die Verpflichtung des beklagten Landes, Rüst-, Wege- und Umwegezeiten zu vergüten. 2 Der Kläger ist beim beklagten Land als Wachpolizist im Zentralen Objektschutz (iF ZOS) tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TV-L Anwendung. Der Kläger wurde zunächst als Springer an wechselnden Schutzobjekten und jedenfalls seit dem 29. Januar 2017 als Stammkraft zur Bewachung der Botschaft in B eingesetzt. 3 Die Wachpolizisten müssen den Dienst in angelegter Uniform nebst persönlicher Schutzausrüstung (iF PSA) und streifenfertiger Dienstwaffe antreten. Auf der dunklen Oberbekleidung der Uniform ist in weißer Schrift der Schriftzug „POLIZEI“ aufgebracht. Es ist den Wachpolizisten freigestellt, ob sie den Weg zum und vom Dienst in Uniform zurücklegen. An den Schutzobjekten finden sich nur teilweise Umkleidemöglichkeiten. Es besteht die Möglichkeit, einen Spind zu beantragen. Die Dienstwaffe ist nach einer Geschäftsanweisung des beklagten Landes über den Umgang mit Faustfeuerwaffen im streifenfertigen Zustand zu führen. Jeder Wachpolizist verfügt über ein Waffenschließfach in der Dienststelle des ZOS oder einem Polizeiabschnitt. Ein bestimmter Weg zwischen Wohnort und dem Ort des Waffenschließfachs wird vom beklagten Land nicht vorgegeben. Wachpolizisten ist es gestattet, die Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen, sofern dort eine geeignete Aufbewahrungsmöglichkeit besteht. Auf dem Weg zum und vom Dienst ist es den Wachpolizisten freigestellt, die Dienstwaffe mit oder ohne Dienstkleidung zu tragen. 4 Das beklagte Land stellte dem Kläger auf seinen Antrag vom 9. März 2017 ab dem 5. März 2018 einen Spind am Schutzobjekt zur Verfügung. Ob der Kläger die Dienstwaffe zu Hause und wo er die Uniform nebst PSA anlegt, ist zwischen den Parteien streitig. Mit Schreiben vom 13. Februar 2017 forderte der Kläger vom beklagten Land – soweit für die Revision von Bedeutung – die Vergütung von Rüst-, Wege- und Umwegezeiten. 5 Mit seiner Klage hat der Kläger – soweit diese in die Revision gelangt ist – die Feststellung der Vergütungspflicht für die von ihm aufgewandten Wegezeiten von seiner jeweiligen Wohnanschrift zu dem dienstlichen Waffenschließfach und den jeweils zugewiesenen Schutzobjekten sowie der Zeit des Entnehmens, Ladens und Entladens und An- und Ablegens der Dienstwaffe verlangt. Er hat gemeint, die Wegezeiten, die von ihm in auffälliger Dienstkleidung unter Mitführen der Dienstwaffe zurückgelegt werden, seien zu vergütende Arbeitszeit. 6 Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,          1.     festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger in der Zeit vom 25. Juni 2015 bis zum 19. Januar 2017 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit in näher bestimmtem Umfang an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet und das dienstliche Waffenschließfach genutzt hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung zwischen seiner Wohnung in der Hstraße, B und dem ihm jeweils zugewiesenen Einsatzort mit dem Umweg über das Waffenschließfach in der B Allee, B zu vergüten,          2.     festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger in der Zeit vom 23. Januar 2017 bis zum 5. März 2018 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit in näher bestimmtem Umfang an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet und das dienstliche Waffenschließfach genutzt hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung zwischen seiner Wohnung in der Hstraße, B und dem Dienstantrittsort in der Astraße, B mit dem Umweg über das Waffenschließfach in der B Allee, B zu vergüten,                                     3.     festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger seit dem 23. Januar 2017 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit im Umfang von acht Minuten je einfacher Wegstrecke an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten vom Dienstantrittsort in der Astraße, B zum Schutzobjekt Botschaft in der Pallee, B zu vergüten,          4.     festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger in der Zeit vom 6. März 2018 bis zum 27. September 2018 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit im Umfang von 23 Minuten je einfacher Wegstrecke (13 Minuten für den Umweg zum Waffenschließfach sowie zehn Minuten, um das Waffenschließfach aufzusuchen, die Waffe zu entnehmen/verstauen, laden/entladen und an-/abzulegen) an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet und das dienstliche Waffenschließfach genutzt hat, durch Zurücklegen der Umwegezeiten zwischen seiner Wohnung in der Hstraße, B und dem Dienstantrittsort in der Astraße, B sowie durch das Aufsuchen des Waffenschließfachs, das Laden und Entladen sowie das Anlegen und Ablegen der Dienstwaffe, zu vergüten,          5.     festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger seit dem 28. September 2018 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit im Umfang von 26 Minuten je einfacher Wegstrecke (16 Minuten für den Umweg zum Waffenschließfach und zehn Minuten, um das Waffenschließfach aufzusuchen, die Waffe zu entnehmen/verstauen, laden/entladen und an-/abzulegen) an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet und das dienstliche Waffenschließfach genutzt hat, durch Zurücklegen der Umwegezeiten zwischen seiner Wohnung A, H und dem Dienstantrittsort in der Astraße, B sowie durch das Aufsuchen des Waffenschließfachs, das Laden und Entladen sowie das Anlegen und Ablegen der Dienstwaffe, zu vergüten. 7 Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hat die Auffassung vertreten, Wegezeiten seien unabhängig davon, wo sich der Kläger umziehe und rüste, nicht zu vergüten. Dies gelte auch, wenn der Kläger in Uniform den Arbeitsweg zurücklege. 8 Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land zu einer Zeitgutschrift auf dem für den Kläger geführten Arbeitszeitkonto verurteilt, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Soweit für die Revision von Bedeutung, hat das Landesarbeitsgericht auf die Berufung des Klägers – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – eine Vergütungspflicht des beklagten Landes von Umwegezeiten zum dienstlichen Waffenschließfach und für Zeiten des Aufsuchens des Waffenschließfachs, des Ladens und Entladens sowie An- und Ablegens der Dienstwaffe seit dem 1. Mai 2017 für die Tage, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, festgestellt. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision die Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten zwischen Wohnsitz und Einsatzort bzw. Dienstantrittsort und Schutzobjekt weiter. Das beklagte Land begehrt mit seiner Revision weiterhin die Abweisung der Klage. Entscheidungsgründe 9 Die Revisionen beider Parteien sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht eine Vergütungspflicht des beklagten Landes für die vom Kläger zusätzlich erbrachte Arbeitszeit durch Zurücklegen von Umwegen zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs und dem dortigen Rüsten mit der Dienstwaffe festgestellt. Weitergehende Vergütungspflichten von Wegezeiten bestehen nicht. Das Berufungsgericht konnte den Umfang der vergütungspflichtigen Zeiten zulässigerweise schätzen. 10 A. Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. 11 I. Die Revision des Klägers ist nur teilweise zulässig. Soweit er die Feststellung einer Vergütungspflicht vor dem 1. Juli 2016 begehrt, ist die Revision unzulässig, weil sich die Revisionsbegründung nicht mit dem vom Landesarbeitsgericht angenommenen Verfall von Ansprüchen gemäß § 37 Abs. 1 TV-L für die Zeit vor dem 1. Juli 2016 auseinandersetzt. 12 1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsführer muss darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält (vgl. BAG 24. Juni 2020 – 5 AZR 93/19 – Rn. 12). Hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung beide Erwägungen angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel insoweit insgesamt unzulässig (st. Rspr., zuletzt BAG 12. Januar 2021 – 4 AZR 271/20 – Rn. 10). 13 2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung des Klägers nicht gerecht, soweit das Landesarbeitsgericht seine klageabweisende Entscheidung für Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. Juli 2016 auf zwei – jeweils für sich tragende – Begründungen stützt. Zunächst bewertet es die Wegezeiten von der Wohnung des Klägers zu den jeweiligen Einsatzorten – soweit es nicht Umwegezeiten zum Waffenschließfach betrifft – nicht als zu vergütende Arbeitszeit. Sodann folgt eine eigenständige weitere Begründung für die Zurückweisung der Berufung in Bezug auf diese Wegezeiten: Etwaige Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. Juli 2016 seien aufgrund der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Mit dieser zweiten Begründung setzt sich die Revisionsbegründung nicht auseinander. 14 II. Soweit die Revision des Klägers zulässig ist, ist sie jedoch unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat frei von Rechtsfehlern die begehrte Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort bzw. Dienstantrittsort und Schutzobjekt abgelehnt. 15 1. Die Feststellungsanträge des Klägers sind in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sie kann sich vielmehr auch, wie im vorliegenden Fall, auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (st. Rspr., zB BAG 23. September 2020 – 5 AZR 193/19 – Rn. 13). Das erforderliche Feststellungsinteresse besteht, weil das beklagte Land eine Vergütungspflicht von Wegezeiten sowie deren zeitlichen Umfang in Abrede stellt. Die Feststellungsanträge sind geeignet, diese Streitpunkte zu klären. Der zeitliche Umfang wird vom Kläger konkret angegeben und das beklagte Land hat Kenntnis davon, an welchen Tagen der Kläger an welchem Objekt eingesetzt war. Welche Dienste der Kläger absolviert hat, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Gleichermaßen ist der nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Gegenwartsbezug gegeben. Das gilt auch, soweit sich die Feststellungsanträge auf bereits vergangene Zeiträume beziehen. Insoweit erstrebt der Kläger rechtliche Vorteile in Form weiterer Vergütung aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum (vgl. BAG 18. November 2020 – 5 AZR 21/20 – Rn. 18 mwN). 16 2. Die Anträge auf Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten ab dem 1. Juli 2016 sind, soweit diese über die Umwegezeiten zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs hinausgehen, unbegründet. Die Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort bzw. zwischen Dienstantrittsort und Schutzobjekt sind keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten iSv. § 611 Abs. 1 BGB bzw. seit dem 1. April 2017 iSv. § 611a Abs. 2 BGB. 17 a) Zu den versprochenen Diensten iSd. § 611 BGB bzw. zu der im Dienste eines anderen erbrachten Arbeitsleistung iSv. § 611a Abs. 1 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung aller Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. „Arbeit“ im Sinne dieser Bestimmungen ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. März 2020 – 5 AZR 25/19 – Rn. 17). 18 b) Mit dem eigennützigen Zurücklegen des Weges von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück erbringt der Arbeitnehmer regelmäßig keine Arbeit für den Arbeitgeber (BAG 22. April 2009 – 5 AZR 292/08 – Rn. 15). Die Wegezeiten zählen zur privaten Lebensführung und werden nicht im alleinigen Interesse des Arbeitgebers erbracht (vgl. ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 611a Rn. 513; Schaub ArbR-HdB/Linck 18. Aufl. § 45 Rn. 54). Anders kann es jedoch sein, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb des Betriebs zu erbringen hat. Ist das wirtschaftliche Ziel der Gesamttätigkeit darauf gerichtet, verschiedene Kunden aufzusuchen – sei es, um dort Dienstleistungen zu erbringen, sei es, um Geschäfte für den Arbeitgeber zu vermitteln oder abzuschließen – gehört das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten (vgl. BAG 18. März 2020 – 5 AZR 25/19 – Rn. 18 mwN). 19 c) Danach sind die Wegezeiten des Klägers von seiner Wohnung zum Einsatzort sowie vom Dienstantrittsort zum Schutzobjekt keine vergütungspflichtige Arbeitszeit. 20 aa) In Abgrenzung zu einem Außendienstmitarbeiter oder Monteur, bei dem Teil der geschuldeten Tätigkeit die Fahrt zum Kunden ist, stellt sich beim Kläger das Zurücklegen des Weges zum Schutzobjekt nicht als notwendiger Bestandteil der Bewachungstätigkeit dar. In Bezug auf den Arbeitsweg hat der Arbeitgeber auch kein Direktionsrecht (vgl. MHdB ArbR/Krause 4. Aufl. § 60 Rn. 18). Der Weg von zu Hause zur Arbeitsstelle ist eigennützig, weil der Kläger seine Arbeitsleistung am Ort der geschuldeten Leistung anbieten muss. Im Streitfall ist das der Ort, an dem das Schutzobjekt liegt. Dies gilt auch, soweit der Kläger geltend macht, er habe die Wegstrecken in besonders auffälliger Dienstuniform nebst PSA zurückgelegt. Der Weg zur Arbeit bleibt dennoch privat. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass das beklagte Land die Arbeit so organisiert, dass von einem Arbeitsantritt in der Polizeidienststelle in der Astraße auszugehen ist. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger habe nicht aufgezeigt, dass er aufgrund einer Weisung des beklagten Landes in dieser Polizeidienststelle zu erscheinen habe, um dort erste Informationen und Anweisungen zu erhalten und gemeinsam mit Kollegen in einem Dienstfahrzeug zum Schutzobjekt zu fahren. Die Revision hat insoweit keine begründeten Rügen erhoben. 21 bb) Auch während seines Einsatzes als Springer zur Bewachung verschiedener Schutzobjekte kann der Kläger in Bezug auf den Arbeitsweg nicht mit einem Außendienstmitarbeiter verglichen werden. Das wirtschaftliche Ziel der von ihm in dieser Zeit ausgeübten Gesamttätigkeit ist nicht darauf gerichtet gewesen, verschiedene Einsatzobjekte aufzusuchen. Die Anfahrt diente allein dem Erreichen des Schutzobjekts und zählte nicht zur geschuldeten Tätigkeit eines Wachpolizisten. Diese beinhaltet allein die Bewachung von Schutzobjekten. 22 d) Gleichermaßen nicht vergütungspflichtig ist der Teil der Wegezeit, der nach dem Umweg über das dienstliche Waffenschließfach für das Zurücklegen des Weges von diesem zum Schutzobjekt benötigt wird. Der nicht vergütungspflichtige Arbeitsweg wird durch den Umweg nur unterbrochen. Bei dem anschließenden Weg handelt es sich nicht um einen innerbetrieblichen, sondern es bleibt der Arbeitsweg zum Arbeitsplatz des Klägers. Diesen Teil des Arbeitsweges hätte der Kläger ohnehin zurücklegen müssen, sodass es sich nicht um eine allein fremdnützige Zusammenhangstätigkeit handelt. 23 B. Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei eine Vergütungspflicht von Umwegezeiten zum dienstlichen Waffenschließfach und für Zeiten des Aufsuchens des Waffenschließfachs, des Ladens und Entladens sowie An- und Ablegens der Dienstwaffe seit dem 1. Mai 2017 festgestellt und deren Umfang geschätzt. 24 I. Die Feststellungsanträge des Klägers sind zulässig (vgl. Rn. 15). Ob aufgrund der Umstellung der Anträge eine Klageänderung im Berufungsverfahren vorgelegen hat und die Voraussetzungen des § 533 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG erfüllt waren, ist vom Revisionsgericht analog § 268 ZPO nicht zu überprüfen. Das Landesarbeitsgericht hat über die Streitgegenstände sachlich entschieden (vgl. BAG 27. Mai 2015 – 5 AZR 88/14 – Rn. 24, BAGE 152, 1). 25 II. Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht von Umwegezeiten zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs seit 1. Mai 2017 ist begründet. Diese Zeiten sind entgegen der Auffassung des beklagten Landes als Arbeitszeit nach § 611a Abs. 2 BGB vergütungspflichtig. 26 1. Der Arbeitnehmer ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen grundsätzlich nicht verpflichtet, Arbeitsmittel, die er in der dienstfreien Zeit nicht nutzt, nach Beendigung seiner Arbeitszeit für den Arbeitgeber in seiner Wohnung zu verwahren (vgl. BAG 12. November 2013 – 1 ABR 59/12 – Rn. 60, BAGE 146, 271). Eine derartige Nebenpflicht besteht jedenfalls in Bezug auf Schusswaffen, die ausschließlich dienstlich genutzt werden dürfen und für deren Aufbewahrung besondere Sicherheitsanforderungen erfüllt werden müssen, nicht. Für deren sachgerechte Verwahrung hat regelmäßig der Arbeitgeber Sorge zu tragen. Verwahrt der Arbeitgeber die Schusswaffen eines bei ihm beschäftigten Wachpolizisten in einem Waffenschließfach, das sich nicht an dem Ort befindet, an dem der Arbeitnehmer die Arbeit anzutreten hat, und weist er ihn an, seinen Dienst mit einer streifenfertigen Schusswaffe anzutreten, steht das Zurücklegen des Weges zu dem Waffenschließfach im unmittelbaren Zusammenhang mit der geschuldeten Arbeitsleistung des Wachpolizisten. Es handelt sich um eine Zusammenhangstätigkeit (vgl. zur Vergütungspflicht von Wegezeiten zu einer vom Arbeitgeber angewiesenen innerbetrieblichen Umkleidestelle BAG 13. Dezember 2016 – 9 AZR 574/15 – Rn. 23; 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16 – Rn. 12, BAGE 157, 116). Diese ist ausschließlich fremdnützig. Der Arbeitnehmer legt die Schusswaffen an dem Ort des Waffenschließfachs aufgrund einer Weisung des Arbeitgebers an, weil dies aufgrund der von diesem vorgenommenen Organisation der Arbeitsabläufe so zu erfolgen hat. 27 2. Die für das Aufsuchen des Waffenschließfachs aufgewendete Zeit ist allerdings nicht insgesamt vergütungspflichtig. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Weg zur Arbeit nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehört (BAG 18. März 2020 – 5 AZR 25/19 – Rn. 18 mwN). Zu vergüten ist daher nur die Zeit, um die sich der direkte Weg zum Arbeitsort verlängert. Der Vergütungspflicht dieser Umwegezeit steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer freigestellt hat, die Waffe zu Hause aufzubewahren und anzulegen. Denn der Arbeitnehmer ist – vorbehaltlich einer gesonderten Vereinbarung – nicht verpflichtet, die ihm zugeteilte Dienstwaffe zu Hause zu verwahren. Nutzt der Arbeitnehmer die Option, die Waffe zu Hause anzulegen, nicht, bleibt das Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs eine allein fremdnützige und damit zu vergütende Zusammenhangstätigkeit. 28 3. Danach handelt es sich bei den vom Kläger zurückgelegten Umwegezeiten zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs um vergütungspflichtige Arbeitszeit. 29 a) Das beklagte Land hat den Kläger angewiesen, den Dienst am Schutzobjekt ua. mit angelegter Dienstwaffe im streifenfertigen Zustand anzutreten. Der Kläger war nicht verpflichtet, die Waffe zu Hause aufzubewahren. Das Aufsuchen des Waffenschließfachs war daher ausschließlich fremdnützig. Vergütungspflichtig ist jedoch nur die Umwegezeit, die der Kläger benötigt, um das dienstliche Waffenschließfach aufzusuchen. 30 b) Der Senat kann seiner Entscheidung zugrunde legen, dass der Kläger das dienstliche Waffenschließfach genutzt hat. Das beklagte Land hat zwar gerügt, das Berufungsgericht habe sein Bestreiten der Nutzung des dienstlichen Waffenschließfachs von Seiten des Klägers als unbeachtlich bewertet. Allerdings konnte sich das beklagte Land nicht auf ein bloßes Bestreiten beschränken. Da sich das dienstliche Waffenschließfach in den von diesem zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten befindet, hätte sich das beklagte Land zur tatsächlichen Nutzung des dienstlichen Waffenschließfachs durch den Kläger einlassen können und müssen. Dies hat es jedoch nicht getan. Das Landesarbeitsgericht hat ersichtlich den Vortrag des beklagten Landes zur Kenntnis genommen und zutreffend gewürdigt. 31 III. Das Landesarbeitsgericht hat den zeitlichen Umfang der vergütungspflichtigen Umwegezeiten zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs zutreffend unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt. Die Angriffe der Revision des beklagten Landes veranlassen keine andere Bewertung. 32 1. Vergütungspflichtig ist die Zeit, die für das Zurücklegen der Umwege erforderlich ist. Zur Ermittlung der Zeitspanne ist ein modifizierter subjektiver Maßstab anzulegen, denn der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht frei selbst bestimmen, sondern muss unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. „Erforderlich“ ist nur die Zeit, die der einzelne Arbeitnehmer für den Umweg zum und vom Waffenschließfach im Rahmen der objektiven Gegebenheiten unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit benötigt. Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umwegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren (vgl. zu innerbetrieblichen Wegezeiten BAG 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16 – Rn. 28 ff. mwN, BAGE 157, 116). 33 2. Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umwegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umwegezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen. 34 a) § 287 ZPO dehnt das richterliche Ermessen für die Feststellung der Forderungshöhe über die Schranken des § 286 ZPO aus. Zudem reicht bei der Entscheidung über die Höhe einer Forderung – im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO – eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus (vgl. BAG 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16 – Rn. 31 mwN, BAGE 157, 116). Eine Schätzung hat nur zu unterbleiben, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre (BAG 13. Dezember 2016 – 9 AZR 574/15 – Rn. 53). Die für eine Schätzung unabdingbaren Anknüpfungstatsachen muss derjenige, der den Erfüllungsanspruch geltend macht, darlegen und beweisen (vgl. BAG 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16 – Rn. 34, aaO). Nach § 287 Abs. 2 ZPO gelten die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten entsprechend. Die Vorschrift erlaubt damit auch die Schätzung des Umfangs von Erfüllungsansprüchen, wenn unter den Parteien die Höhe der Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen, verbunden oder unmöglich ist (vgl. BAG 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16 – Rn. 32, aaO). Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmende Schätzung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Ob das Tatsachengericht das Mindestmaß der erforderlichen Umwegezeiten zutreffend geschätzt hat, ist nur auf Ermessensüberschreitung dahingehend zu überprüfen, ob das Tatsachengericht wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. BAG 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16 – Rn. 37, aaO; BGH 12. Juli 2016 – KZR 25/14 – Rn. 49, BGHZ 211, 146). 35 b) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu Recht bejaht. 36 aa) Der Umweg, der sich aus der jeweiligen Wohnanschrift des Klägers, dem Ort des dienstlichen Waffenschließfachs und dem Ort des jeweils zugewiesenen Schutzobjekts ergibt, ist als die für eine Schätzung unerlässliche Anknüpfungstatsache festgestellt und steht als solcher außer Streit. Die Parteien streiten allein über die hierfür erforderliche Fahrzeit, die sich nachträglich nicht genau belegen lässt. 37 bb) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung der Umwegezeiten auf jeweils 1,5 Minuten vor Dienstantritt und nach Dienstende ausgehend von der Wohnanschrift des Klägers in der Hstraße, B sowie von jeweils 3,5 Minuten vor Dienstantritt und nach Dienstende bezogen auf die Anschrift A, H ist frei von Rechtsfehlern. Die Schätzung beruht auf den Angaben eines elektronischen Fahrtroutenplaners ohne Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage. Die Revision zeigt keine Umstände auf, die die Schätzung als willkürlich gegriffen erscheinen ließe. Soweit das beklagte Land rügt, aufgrund unterschiedlicher Verkehrslagen, Tageszeiten, Witterungsbedingungen oder weiterer Umstände wie Baustellen, sei die Fahrtzeit einer Schätzung nicht zugänglich, übersieht es, dass die vollständige Aufklärung der einzelnen Fahrtzeiten mit den Schwierigkeiten verbunden wäre, die gerade Voraussetzung einer Schätzung nach § 287 ZPO sind. 38 3. Der Kläger hat die Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 TV-L für die erhobenen Ansprüche auf Vergütung der Umwegezeiten ab dem 1. Mai 2017 gewahrt. 39 a) Die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L ist aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar. Die Klausel ist wirksam einbezogen. Die Bezugnahmeklausel genügt insbesondere dem Transparenzgebot iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar (vgl. BAG 18. September 2019 – 5 AZR 240/18 – Rn. 32, BAGE 168, 25). 40 b) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Nach Satz 2 der Regelung reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus. Der Anspruch auf weitere Vergütung ist ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis. 41 c) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass nach dem 1. Mai 2017 entstandene Ansprüche des Klägers auf Vergütung der Umwegezeiten nicht verfallen sind. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) hat der Kläger diese mit der am 22. Dezember 2017 zugestellten Klageschrift geltend gemacht. 42 aa) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und seine Höhe sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein. Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne Weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht. Dies ist bei Entgeltklagen regelmäßig der Fall; hier ist der Arbeitgeber aufgrund seiner besonderen Sachkenntnis zur genauen Bezifferung regelmäßig eher in der Lage als der Arbeitnehmer (vgl. BAG 16. Januar 2013 – 10 AZR 863/11 – Rn. 24, BAGE 144, 210). 43 bb) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht eine rechtzeitige Geltendmachung angenommen. Die Umwegezeiten sind in den zunächst insgesamt geltend gemachten Wegezeiten als Minus enthalten. Der Kläger hat mit der Klageschrift Vergütung für alle Wegezeiten begehrt, die er in der Dienstuniform zurückgelegt hat, mithin auch für den Umweg über das dienstliche Waffenschließfach. Ebenso wie bei einem Klageantrag erfasst die Geltendmachung eines Anspruchs auch einen Anspruch, der als ein „Weniger“ in ihm enthalten ist (vgl. zur gerichtlichen Geltendmachung BAG 18. September 2018 – 9 AZR 199/18 – Rn. 33). Die Wegezeiten waren in diesem Umfang hinreichend spezifiziert. Der Kläger hat die Wegstrecke von seiner Wohnadresse zum dienstlichen Waffenschließfach und die weitere Wegstrecke zwischen dem Waffenschließfach und dem Polizeiabschnitt in der Astraße in B sowohl in Bezug auf die Entfernung als auch im Hinblick auf die Wegezeit konkretisiert. 44 IV. Die Revision des beklagten Landes ist schließlich auch unbegründet, soweit sie sich gegen die erfolgte Feststellung der Vergütungspflicht der Zeit zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs im Gebäude der Polizeidienststelle sowie zum An- und Ablegen sowie Laden und Entladen der Dienstwaffe seit dem 1. Mai 2017 richtet. Diese Zeiten sind – wie das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat – als Arbeitszeit nach § 611a Abs. 2 BGB vergütungspflichtig. 45 1. Zur Arbeit eines Wachpolizisten gehört auch das An- und Ablegen sowie das Laden und Entladen der Dienstwaffe, wenn diese Handlungen auf der Weisung des Arbeitgebers beruhen, den Dienst mit streifenfertiger Dienstwaffe anzutreten. Nutzt der Arbeitnehmer zur Aufbewahrung der Dienstwaffe die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Möglichkeit eines dienstlichen Waffenschließfachs, zählen zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit auch die innerbetrieblichen Wege, die dadurch veranlasst sind, dass der Arbeitgeber das Aufnehmen bzw. Ablegen der Dienstwaffe zu Dienstbeginn und -ende nicht am Schutzobjekt ermöglicht, sondern dafür ein von diesem Arbeitsplatz getrenntes Waffenschließfach bereitstellt (vgl. zu einer vom Arbeitsplatz getrennten Umkleidestelle BAG 19. September 2012 – 5 AZR 678/11 – Rn. 23, BAGE 143, 107). 46 2. Danach handelt es sich bei der vom Kläger aufgewandten Zeit zum An- und Ablegen sowie zum Laden und Entladen der Dienstwaffe und den erforderlichen innerbetrieblichen Wegezeiten zum Aufsuchen des Waffenschließfachs im Gebäude der Polizeidienststelle um vergütungspflichtige Arbeitszeit. 47 a) Das beklagte Land hat den Kläger angewiesen, den Dienst am Schutzobjekt ua. mit angelegter Dienstwaffe im streifenfertigen Zustand anzutreten. Die damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten in den vom Kläger genutzten betrieblichen Räumlichkeiten sind fremdnützig. Die Fremdnützigkeit entfällt nicht deshalb, weil das beklagte Land es dem Kläger freigestellt hat, ein dienstliches oder privates Waffenschließfach zu nutzen (vgl. Rn. 27). Der Senat kann seiner Entscheidung zugrunde legen, dass der Kläger das dienstliche Waffenschließfach genutzt hat (vgl. Rn. 30). 48 b) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Schätzung des zeitlichen Umfangs der vergütungspflichtigen Zeiten zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs im Gebäude der Polizeidienststelle und zum An- und Ablegen sowie zum Laden und Entladen der Dienstwaffe unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Prüfung noch stand. 49 aa) Bei der Schätzung der innerbetrieblichen Wegezeiten zum Waffenschließfach hat das Landesarbeitsgericht berücksichtigt, dass der Kläger das Gebäude aufzusuchen und einen kurzen Flur zu durchlaufen hat. Grundsätzlich ist diese Wegezeit einer Schätzung zugänglich, soweit eine ausreichende Schätzungsgrundlage besteht, die die Länge der Wegstrecke sowie die weiteren Umstände, wie etwa das Erfordernis der Nutzung einer Treppe oÄ umfasst. Die Angaben des Klägers hierzu sind vage, aber noch ausreichend. Das beklagte Land hat sie nicht ausreichend bestritten, sondern nur abstrakt ausgeführt, dass es einen Unterschied mache, ob sich das Waffenschließfach im Erdgeschoss in der Nähe zum Gebäudeeingang oder in einem Seitenflügel des fünften Obergeschosses befinde. Dieser Vortrag ist zwar abstrakt richtig, lässt aber nicht erkennen, warum unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gegebenheiten die Zeitangaben des Klägers falsch waren und damit die Schätzung des Berufungsgerichts willkürlich wäre. Damit hält sich das Landesarbeitsgericht im Ergebnis noch in den rechtlichen Grenzen des § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO. 50 bb) Zutreffend berücksichtigt das Landesarbeitsgericht bei seiner Schätzung der Zeitdauer für das An- und Ablegen sowie das Laden und Entladen der Dienstwaffe, dass diese aus dem Waffenschließfach zu entnehmen ist, sowie geladen und angelegt werden muss. Dies entspricht den Vorgaben der Geschäftsanweisung des beklagten Landes, Waffe und Munition getrennt voneinander aufzubewahren sowie beim Laden und Entladen besondere Sicherheitsvorschriften zu beachten. Das beklagte Land rügt, der Kläger habe die Arbeitsschritte zum Laden und Entladen der Dienstwaffe nicht dargelegt, zeigt jedoch nicht auf, dass die der Schätzung des Tatsachengerichts zugrunde gelegten Anhaltspunkte unzutreffend sind, mithin die Schätzung willkürlich gegriffen wäre. Soweit das beklagte Land nunmehr im Rahmen seiner Revision eine deutlich kürzere Zeitdauer des Vorgangs als in der Tatsacheninstanz vorträgt – nur zwischen 20 und 40 Sekunden statt der zunächst behaupteten ein bis zwei Minuten -, handelt es sich um widersprüchlichen und überdies neuen Vortrag, der im Rahmen des Revisionsverfahrens nicht berücksichtigt werden kann (§ 559 ZPO). 51 cc) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung der innerbetrieblichen Wegezeiten zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs in der Polizeidienststelle im Umfang von jeweils zwei Minuten und zum An- und Ablegen sowie Laden und Entladen der Dienstwaffe von jeweils zwei Minuten, beides vor Dienstantritt sowie nach Dienstende, ist daher im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. 52 3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die vom Kläger erhobenen Vergütungsansprüche für das An- und Ablegen sowie das Laden und Entladen der Dienstwaffe für die Zeit ab dem 1. Mai 2017 nicht nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen sind. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) hat der Kläger diese mit der am 22. Dezember 2017 zugestellten Klageschrift geltend gemacht. Er hat den Zeitaufwand für das Aufsuchen des Waffenschließfachs, das An- und Ablegen sowie das Laden und Entladen der Dienstwaffe mit ca. zehn Minuten angegeben. Einer weiteren Spezifikation bedurfte es für die Geltendmachung im Sinne der Ausschlussfrist nicht (vgl. Rn. 42 f.). 53 V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.              Linck                  Berger                  Volk                                    Jungbluth                  Barbara Grieb" bag_8-21,27.04.2021,"27.04.2021 8/21 - Erteilung einer „Datenkopie“ nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO Ein Klageantrag auf Überlassung einer Kopie von E-Mails ist nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn die E-Mails, von denen eine Kopie zur Verfügung gestellt werden soll, nicht so genau bezeichnet sind, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft ist, auf welche E-Mails sich die Verurteilung bezieht. Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. bis 31. Januar 2019 als Wirtschaftsjurist beschäftigt. Mit seiner Klage hat er ua. Auskunft über seine von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie die Überlassung einer Kopie dieser Daten gemäß Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO) verlangt. Nachdem die Beklagte dem Kläger Auskunft erteilt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. Die Klage auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten des Klägers hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise entsprochen und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat angenommen, der Kläger habe zwar einen Anspruch auf Erteilung einer Kopie seiner personenbezogenen Daten, die Gegenstand der von der Beklagten Auskunft waren, nicht aber auf die darüber hinaus verlangten Kopien seines E-Mail-Verkehrs sowie der E-Mails, die ihn namentlich erwähnen. Die gegen die teilweise Abweisung seiner Klage gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der Senat konnte offenlassen, ob das Recht auf Überlassung einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO die Erteilung einer Kopie von E-Mails umfassen kann. Jedenfalls muss ein solcher zugunsten des Klägers unterstellter Anspruch entweder mit einem iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmten Klagebegehren oder, sollte dies nicht möglich sein, im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO gerichtlich geltend gemacht werden. Daran fehlte es hier. Bei einer Verurteilung der Beklagten, eine Kopie des E-Mail-Verkehrs des Klägers zur Verfügung zu stellen sowie von E-Mails, die ihn namentlich erwähnen, bliebe unklar, Kopien welcher E-Mails die Beklagte zu überlassen hätte. Gegenstand der Verurteilung wäre die Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung iSv. § 888 ZPO, für die im Zwangsvollstreckungsrecht nicht vorgesehen ist, dass der Schuldner an Eides statt zu versichern hätte, sie vollständig erbracht zu haben. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. April 2021 – 2 AZR 342/20 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 9. Juni 2020 – 9 Sa 608/19 –","Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 9. Juni 2020 – 9 Sa 608/19 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Leitsatz Ein Klageantrag auf Überlassung einer Kopie von E-Mails ist nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn die E-Mails, von denen eine Kopie zur Verfügung gestellt werden soll, nicht so genau bezeichnet sind, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft ist, auf welche E-Mails sich die Verurteilung bezieht. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die Erteilung einer Datenkopie. 2 Der Kläger war bei der Beklagten im Januar 2019 als Wirtschaftsjurist beschäftigt. Mit seiner Klage hat er ua. Auskunft über seine von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie die Überlassung einer Kopie dieser Daten gem. Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO) verlangt. Nachdem die Beklagte ihm am 21. Mai 2019 Auskunft erteilte, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. 3 Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, beantragt,          die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Kopie seiner personenbezogenen Daten, die Gegenstand der von ihr vorgenommenen Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen. 4 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise entsprochen und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Kopie seiner personenbezogenen Daten zu erteilen, die Gegenstand der am 21. Mai 2019 erteilten Auskunft waren. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Entscheidungsgründe 5 Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das seine Klage auf Erteilung einer Datenkopie abweisende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht teilweise zurückgewiesen. 6 I. Der Umfang der vom Kläger eingelegten Revision entspricht dem Umfang ihrer Zulassung. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision für den Kläger zugelassen, soweit er die Erteilung einer Kopie seines E-Mail-Verkehrs begehrt hat sowie der E-Mails, die ihn namentlich erwähnen. Die Beschränkung der Revisionszulassung auf den abgewiesenen Teil der Klage war zulässig. 7 1. Der Umfang, in dem das Berufungsurteil mit der Revision angefochten ist, bestimmt sich nach dem Begehren des Revisionsklägers, das entsprechend § 133 BGB (vgl. BAG 18. Februar 2016 – 8 AZR 426/14 – Rn. 15) unter Berücksichtigung seines Revisionsantrags und der innerhalb der Frist zur Begründung der Revision eingegangenen Revisionsbegründung (vgl. § 551 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) auszulegen ist, wenn ein Revisionsantrag – wie hier – erstmals mit der Revisionsbegründung formuliert wird (vgl. BAG 25. August 2010 – 4 AZR 14/09 – Rn. 12). 8 2. Danach erstrebt die Revision die Aufhebung des Berufungsurteils nur insoweit, wie das Landesarbeitsgericht die Berufung gegen die die Klage auf Erteilung einer Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen hat. 9 a) Der Revisionsantrag ist auf eine Aufhebung des Berufungsurteils „im Umfang der zugelassenen Revision“ gerichtet, allerdings verbunden mit einem gegenüber dem Berufungsverfahren unveränderten Sachantrag. Die Revisionsbegründung führt hierzu aus, dass der Klageantrag nur insoweit Gegenstand der Revision sei, wie das Berufungsgericht die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht abgeändert habe. Das Landesarbeitsgericht habe die Beklagte „eingeschränkt“ verurteilt und die Revision nur „teilweise zugelassen“. Der Kläger hat den stattgebenden Teil des Entscheidungsausspruchs zwar für unklar gehalten, er hat innerhalb der Frist zur Begründung der Revision aber nicht geltend gemacht, auch insoweit rechtsmittelbefugt zu sein. 10 b) Eine bezogen auf den ursprünglichen Sachantrag unbeschränkte Revisionszulassung folgt nicht daraus, dass die Beschränkung auf den abgewiesenen Teil der Klage unzulässig gewesen wäre. 11 aa) Das Landesarbeitsgericht hat das vom Kläger mit dem Antrag auf Überlassung einer Datenkopie verfolgte Begehren dahin ausgelegt, dass es zum einen auf die Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten gerichtet war, die Gegenstand der von der Beklagten am 21. Mai 2019 erteilten Auskunft waren, zum anderen auf die Erteilung einer Kopie des E-Mail-Verkehrs des Klägers und der E-Mails, die ihn namentlich erwähnen. Mit der Verurteilung der Beklagten zu ersterem und der Zurückweisung der Berufung im Übrigen hat es den Klageantrag als erschöpfend beschieden erachtet. 12 bb) Dieses Verständnis des Klagebegehrens lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Es entspricht der Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2020 vor dem Landesarbeitsgericht. Danach ist es dem Kläger mit der Klage auf Überlassung einer Kopie seiner personenbezogenen Daten einerseits um die Daten gegangen, über die bereits Auskunft erteilt worden war, andererseits um den E-Mail-Verkehr wie im Schriftsatz vom 9. Oktober 2019 ausgeführt. 13 cc) Der demnach verfolgte Klageanspruch war teilbar. Er war auf die Überlassung einer Kopie verschiedener Daten bzw. E-Mails gerichtet. Mit der Entscheidung über den von der beschränkten Zulassung erfassten Teil des Streitstoffs konnte kein Widerspruch zum unanfechtbaren Teil auftreten. Das Landesarbeitsgericht hatte nach der Erläuterung des mit dem Antrag verfolgten Begehrens in der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2020 keine Veranlassung zur Annahme, der Kläger verlange ausschließlich eine „unteilbare“ Kopie sowohl der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der von der Beklagten am 21. Mai 2019 erteilten Auskunft waren, als auch der fraglichen E-Mails. Es musste dies auch nicht daraus schließen, dass der Kläger den Anspruch auf Art. 15 Abs. 3 DSGVO gestützt hat. Nach dessen Satz 1 hat der Verantwortliche zwar „eine Kopie“ zur Verfügung zu stellen, aber bezogen auf ggf. mehrere verarbeitete „personenbezogene Daten“. 14 II. Die Revision ist unbegründet. Der Klageantrag ist, soweit er Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, unzulässig. Ihm fehlt die hinreichende Bestimmtheit iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. 15 1. Der den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende Teil des Klageantrags ist einer weiter konkretisierenden Auslegung zugänglich. 16 a) Der Kläger begehrt demnach die Überlassung einer Kopie sämtlicher E-Mails, die Gegenstand der Verarbeitung bei der Beklagten sind und die an seine oder von seiner dienstlichen E-Mail-Adresse gesendet wurden oder die ihn namentlich, dh. mit zumindest seinem Vor- oder Zunamen, erwähnen. Die Einschränkung, dass es nur um eine Kopie der E-Mails geht, die Gegenstand der Verarbeitung bei der Beklagten sind, ergibt sich aus dem ursprünglichen Antragswortlaut und der Bezugnahme auf Art. 15 Abs. 3 DSGVO in der Antragsbegründung. Aus der Erklärung seines Prozessbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht folgt, dass mit dem E-Mail-Verkehr des Klägers die E-Mails an seine und von seiner dienstlichen E-Mail-Adresse gemeint sind. 17 b) Das Begehren, eine „Kopie“ zur Verfügung gestellt zu bekommen, ist mangels näherer Bestimmung dahin zu verstehen, dass die Beklagte dem Kläger nach ihrer Wahl entweder einen Papierausdruck oder eine elektronische Datenkopie zu überlassen habe. 18 2. Selbst in dieser weiter konkretisierten Auslegung ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt. Die E-Mails, von denen eine Kopie zur Verfügung gestellt werden soll, sind nicht in einer Weise bezeichnet, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft wäre, auf welche elektronischen Nachrichten sich die Verurteilung konkret bezieht. 19 a) Ein Klageantrag ist hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch durch Bezifferung oder gegenständliche Beschreibung so konkret bezeichnet, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) klar abgegrenzt ist, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennbar sind, das Risiko des eventuell teilweisen Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt und eine etwaige Zwangsvollstreckung nicht mit einer Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren belastet wird (BGH 21. November 2017 – II ZR 180/15 – Rn. 8; 28. November 2002 – I ZR 168/00 – zu II 2 b (1) der Gründe, BGHZ 153, 69; vgl. BAG 16. November 2010 – 9 AZR 573/09 – Rn. 11, BAGE 136, 156). Es genügt nicht, sich auf gesetzliche Vorschriften zu berufen, die den erhobenen Anspruch vorsehen, vielmehr müssen die sich aus den Normen ergebenden Konsequenzen im Einzelfall von der klagenden Partei bei der Formulierung ihres Klageantrags berücksichtigt werden (vgl. BAG 25. April 2001 – 5 AZR 395/99 – zu II der Gründe). 20 b) Danach erfüllt eine bloß abstrakte Nennung der Kategorien von E-Mails, von denen eine Kopie überlassen werden soll, zB – wie hier – solcher von oder an die dienstliche E-Mail-Adresse des Klägers sowie solcher, in welchen er namentlich erwähnt ist, nicht die Voraussetzungen eines iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmten Klageantrags. Bei einer Verurteilung wäre unklar, auf welche E-Mails sich die Verurteilung zur Überlassung einer Kopie konkret bezöge und damit, ob mit einer Überlassung von in diese Kategorien fallenden E-Mails der Anspruch erfüllt wäre. Damit würde der Streit der Parteien in vermeidbarer Weise in die Vollstreckung verlagert werden. Um dies zu vermeiden ist der Kläger – soweit er selbst zu einer genaueren Bezeichnung außer Stande ist – gehalten, sein Begehren mittels einer Stufenklage (§ 254 ZPO) durchzusetzen. Diese ist zunächst auf Erteilung einer Auskunft zu richten, welche E-Mails der fraglichen Kategorien die Beklagte verarbeitet, auf der zweiten Stufe ggf. auf Versicherung an Eides statt, dass die Auskunft zutreffend und vollständig ist, und schließlich auf Überlassung einer Kopie der sich aus der Auskunft ergebenden E-Mails. 21 c) Fehl geht der Einwand der Revision, erst durch die Auslegung des Klagebegehrens durch das Landesarbeitsgericht sei aus einem vormals bestimmten Klageantrag ein zum Teil unbestimmtes Antragsbegehren geworden. Der Klageantrag in der ursprünglichen Formulierung war vielmehr seinerseits unbestimmt. Die bloße Wiederholung des Wortlauts von Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO lässt nicht erkennen, von welchen personenbezogenen Daten eine Kopie verlangt wird, zumal dann, wenn – wie hier – streitig ist, welches die von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten des Klägers sind. Eine daraufhin ergehende Verurteilung wäre nicht vollstreckbar (ebenso Schulte/Welge NZA 2019, 1110, 1112). Dies gilt erst recht, wenn die Beklagte dem Kläger bereits eine Kopie der ihres Erachtens von ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten erteilt hat. Auch die Verpflichtung des Verantwortlichen zum Führen eines Verarbeitungsverzeichnisses nach Art. 30 DSGVO ändert nichts an der Unbestimmtheit des Antrags (aA, ohne nähere Begründung, König CR 2019, 295, 296). Ein Verarbeitungsverzeichnis nach Art. 30 DSGVO enthält keine Auflistung der konkret verarbeiteten personenbezogenen Daten, sondern nur eine Beschreibung der entsprechenden Kategorien (Art. 30 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c DSGVO). Der Inhalt des Verarbeitungsverzeichnisses ist zudem aus einem lediglich den Wortlaut von Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO wiederholenden Antrag nicht ersichtlich. 22 III. Eines auf die Auslegung oder Gültigkeit von Unionsrecht iSv. Art. 267 AEUV gerichteten Vorabentscheidungsersuchens bedarf es nicht. 23 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es mangels einschlägiger unionsrechtlicher Vorschriften nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu regeln, wobei die betreffenden Anforderungen jedoch nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige, dem innerstaatlichen Recht unterliegende Sachverhalte regeln (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz) (EuGH 6. Oktober 2020 – C-511/18 ua.- [La Quadrature du Net ua.] Rn. 223; 19. Dezember 2019 – C-752/18 – [Deutsche Umwelthilfe] Rn. 33; 24. Oktober 2018 – C-234/17 – [XC ua.] Rn. 21 f. mwN; 6. Oktober 2015 – C-69/14 – [Târşia] Rn. 26 f.). 24 2. Art. 79 Abs. 1 DSGVO sieht vor, dass jede betroffene Person das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf hat, wenn sie der Ansicht ist, dass die ihr aufgrund der DSGVO zustehenden Rechte infolge einer nicht mit ihr im Einklang stehenden Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten verletzt wurden. Darüber hinaus enthält die DSGVO keine Bestimmung, in der die Voraussetzungen für die Einlegung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs näher ausgestaltet werden. 25 3. Der Äquivalenzgrundsatz ist durch die vorstehende Auslegung des nationalen Verfahrensrechts nicht verletzt. Das Erfordernis einer hinreichenden Bestimmtheit des Klageantrags gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sowie ersatzweise die Möglichkeit einer Stufenklage gem. § 254 ZPO entsprechen den Anforderungen, die im deutschen Zivilprozessrecht für einen vollstreckbaren Leistungsantrag gelten. Die als Ausnahme vom Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO mögliche Stufenklage gem. § 254 ZPO ist dabei ebenso für andere Sachverhalte vorgesehen, bei denen ohne die vorgeschaltete Auskunftsklage kein vollstreckbarer Leistungsantrag gestellt werden kann (vgl. MüKoZPO/Becker-Eberhard 6. Aufl. § 254 Rn. 1). 26 4. Dem Effektivitätsgrundsatz ist ebenfalls Rechnung getragen. Zugunsten des Klägers kann für die Prüfung der Zulässigkeit seines Klageantrags unterstellt werden, das Recht einer betroffenen Person nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO umfasse es, dass ihr (ehemaliger) Arbeitgeber ihr eine Kopie sämtlicher E-Mails zur Verfügung stellen muss, die an ihre oder von ihrer dienstlichen E-Mail-Adresse gesendet wurden oder die sie namentlich erwähnen. Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union zur Richtlinie 95/46/EG entschieden, dass zwischen personenbezogenen Daten einerseits und Dokumenten oder Dateien, in denen personenbezogene Daten enthalten sind, andererseits, zu unterscheiden sein kann (EuGH 17. Juli 2014 – C-141/12 ua. – [Y.S.] Rn. 38 ff.). Personenbezogene Daten iSv. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG seien nur Informationen „über“ die in Rede stehende Person (EuGH 20. Dezember 2017 – C-434/16 – [Nowak] Rn. 34), was nicht ohne Weiteres auch für E-Mails zutreffen muss, die personenbezogene Daten der betroffenen Person enthalten. Es bedarf jedoch vorliegend keiner Entscheidung, wie dies, zumal unter Geltung der DSGVO und der in ihrem Art. 4 Nr. 1 im Wortlaut von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG abweichenden Begriffsbestimmung für „personenbezogene Daten“, zu beurteilen ist. Selbst wenn sich das Recht nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO darauf erstreckte, eine Kopie sämtlicher vom Verantwortlichen verarbeiteten E-Mails zur Verfügung gestellt zu bekommen, die an die oder von der dienstlichen E-Mail-Adresse der betroffenen Person gesendet wurden oder die die betroffene Person namentlich erwähnen, nähme der Verweis auf die Möglichkeit einer Stufenklage gem. § 254 ZPO dem unionsrechtlichen Anspruch nicht die praktische Wirksamkeit, sondern sicherte diese vielmehr. Ohne nähere Bestimmung, von welchen E-Mails konkret die Überlassung einer Kopie verlangt wird, wäre ein erwirkter Titel nicht vollstreckbar und daher ungeeignet, den Anspruch zu befriedigen. Es wäre nicht möglich zu beurteilen, mit einer Kopie welcher E-Mails die Forderung erfüllt wäre. Der Gläubiger könnte im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO auch nicht verlangen, dass der Schuldner an Eides statt versichert, die titulierte Handlung vollständig erbracht zu haben. Dagegen stünde dem Kläger im Rahmen einer Stufenklage nach § 254 ZPO bereits im Erkenntnisverfahren sowohl die Möglichkeit offen, vom Beklagten eine Versicherung an Eides statt über die Richtigkeit und Vollständigkeit der verlangten Auskunft zu erwirken, als auch einen entsprechend der erteilten Auskunft hinreichend bestimmten Leistungsantrag zu stellen. 27 IV. Der Senat kann gem. § 563 Abs. 3 ZPO selbst abschließend über die Unzulässigkeit des Klageantrags entscheiden, soweit er Gegenstand des Revisionsverfahrens ist. Einer Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) bedarf es nicht. Der Senat hat vor der mündlichen Verhandlung auf eine mögliche Unbestimmtheit des Klageantrags hingewiesen. Der Kläger hat sich auf Rechtsausführungen zu den Hinweisen beschränkt. Eine sachdienliche Konkretisierung des Antrags ist danach auch in einem fortgesetzten Berufungsverfahren nicht zu erwarten. 28 V. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.              Koch                  Schlünder                  Rachor                                    Söller                  Nielebock" bag_9-21,27.04.2021,"27.04.2021 9/21 - Abberufung eines Beauftragten für Datenschutz Zur Klärung der Frage, ob die Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) an die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten im Einklang mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stehen, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet. Der Kläger ist der von der Arbeit teilweise freigestellte Vorsitzende des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Mit Wirkung zum 1. Juni 2015 wurde er zusätzlich zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten der Beklagten und – parallel dazu – drei weiterer Konzernunternehmen bestellt. Die Beklagte berief den Kläger (ebenso wie die drei weiteren Konzernunternehmen) mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 und – nach Inkrafttreten der DSGVO – mit weiterem Schreiben vom 25. Mai 2018 als Datenschutzbeauftragten ab. Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, seine Rechtsstellung als Datenschutzbeauftragter bestehe unverändert fort. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es drohten Interessenkonflikte, wenn der Kläger zugleich Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender sei. Dies führe zu einer Unvereinbarkeit beider Ämter, die einen wichtigen Grund zur Abberufung des Klägers darstelle. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Für die Entscheidung, ob die Beklagte den Kläger wirksam von seinem Amt als betrieblicher Datenschutzbeauftragter abberufen hat, kommt es auf die Auslegung von Unionsrecht an, die dem Gerichtshof der Europäischen Union vorbehalten ist. Das nationale Datenschutzrecht regelt in § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG, dass für die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB vorliegen muss. Damit knüpft es die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten an strengere Voraussetzungen als das Unionsrecht, nach dessen Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO die Abberufung lediglich dann nicht gestattet ist, wenn sie wegen der Aufgabenerfüllung des Datenschutzbeauftragten vorgenommen wird. Einen wichtigen Grund zur Abberufung verlangt das europäische Recht nicht. Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hält unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung vorliegend keinen wichtigen Abberufungsgrund für gegeben. Deshalb hat er sich nach Art. 267 AEUV mit der Frage an den Gerichtshof gewandt, ob neben der Regelung in Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO mitgliedstaatliche Normen anwendbar sind, die – wie § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG – die Möglichkeit der Abberufung eines Datenschutzbeauftragten gegenüber den unionsrechtlichen Regelungen einschränken. Sollte der Gerichtshof die Anforderungen des BDSG an eine Abberufung für unionsrechtskonform erachten, hält der Senat es zudem für klärungsbedürftig, ob die Ämter des Betriebsratsvorsitzenden und des Datenschutzbeauftragten in einem Betrieb in Personalunion ausgeübt werden dürfen oder ob dies zu einem Interessenkonflikt iSv. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO führt. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 27. April 2021 – 9 AZR 383/19 (A) – Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19. August 2019 – 9 Sa 268/18 – Der Senat hat mit weiterem Beschluss vom 27. April 2021 den Gerichtshof in der Sache – 9 AZR 621/19 (A) – mit teilweise gleichgelagerten Fragen um Vorabentscheidung ersucht.","Tenor I. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um die Beantwortung folgender Fragen ersucht: 1. Ist Art. 38 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO) dahin auszulegen, dass er einer Bestimmung des nationalen Rechts, wie hier § 38 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), entgegensteht, die die Abberufung des Datenschutzbeauftragten durch den Verantwortlichen, der sein Arbeitgeber ist, an die dort genannten Voraussetzungen knüpft, unabhängig davon, ob sie im Wege der Erfüllung seiner Aufgaben erfolgt? Falls die erste Frage bejaht wird: 2. Steht Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO einer solchen Bestimmung des nationalen Rechts auch dann entgegen, wenn die Benennung des Datenschutzbeauftragten nicht nach Art. 37 Abs. 1 DSGVO verpflichtend ist, sondern nur nach dem Recht des Mitgliedstaats? Falls die erste Frage bejaht wird: 3. Beruht Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage, insbesondere soweit er Datenschutzbeauftragte erfasst, die in einem Arbeitsverhältnis zum Verantwortlichen stehen? Falls die erste Frage verneint wird: 4. Liegt ein Interessenkonflikt iSv. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO vor, wenn der Datenschutzbeauftragte zugleich das Amt des Vorsitzenden des in der verantwortlichen Stelle gebildeten Betriebsrats innehat? Bedarf es für die Annahme eines solchen Interessenkonflikts einer besonderen Aufgabenzuweisung innerhalb des Betriebsrats? II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt. Leitsatz Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um die Beantwortung folgender Fragen ersucht: 1. Ist Art. 38 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO) dahin auszulegen, dass er einer Bestimmung des nationalen Rechts, wie hier § 38 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), entgegensteht, die die Abberufung des Datenschutzbeauftragten durch den Verantwortlichen, der sein Arbeitgeber ist, an die dort genannten Voraussetzungen knüpft, unabhängig davon, ob sie im Wege der Erfüllung seiner Aufgaben erfolgt? Falls die erste Frage bejaht wird: 2. Steht Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO einer solchen Bestimmung des nationalen Rechts auch dann entgegen, wenn die Benennung des Datenschutzbeauftragten nicht nach Art. 37 Abs. 1 DSGVO verpflichtend ist, sondern nur nach dem Recht des Mitgliedstaats? Falls die erste Frage bejaht wird: 3. Beruht Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage, insbesondere soweit er Datenschutzbeauftragte erfasst, die in einem Arbeitsverhältnis zum Verantwortlichen stehen? Falls die erste Frage verneint wird: 4. Liegt ein Interessenkonflikt iSv. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO vor, wenn der Datenschutzbeauftragte zugleich das Amt des Vorsitzenden des in der verantwortlichen Stelle gebildeten Betriebsrats innehat? Bedarf es für die Annahme eines solchen Interessenkonflikts einer besonderen Aufgabenzuweisung innerhalb des Betriebsrats? Entscheidungsgründe 1 A. Gegenstand des Ausgangsverfahrens 2 Die Parteien streiten über die Abberufung des Klägers als Beauftragter für den Datenschutz. 3 Der Kläger steht unter Anrechnung von Zeiten vormaliger Betriebszugehörigkeit seit dem 1. November 1993 in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten. Er ist zur Wahrnehmung seiner Aufgaben als Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats teilweise von der Arbeit freigestellt. Zudem übt er das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden des „Gesamtbetriebsrats“, der für drei in Deutschland ansässige Konzernunternehmen gebildet wurde. 4 Mit Wirkung zum 1. Juni 2015 wurde der Kläger von der Beklagten und ihrer Muttergesellschaft sowie von deren weiteren in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaften jeweils gesondert zum Datenschutzbeauftragten bestellt. Mit der parallelen Bestellung des Klägers zum Datenschutzbeauftragten aller in Deutschland ansässigen Konzernunternehmen wurde das Ziel verfolgt, einen konzerneinheitlichen Datenschutzstandard zu erreichen. 5 Auf Veranlassung des für die Muttergesellschaft der Beklagten zuständigen Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit widerriefen die Beklagten und die drei weiteren in Deutschland ansässigen Konzernunternehmen jeweils mit getrennten Schreiben vom 1. Dezember 2017 die Bestellung des Klägers zum Datenschutzbeauftragten mit sofortiger Wirkung. Nach Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2016/679 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie (RL) 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO; ABl. L 119 vom 4. Mai 2016 S. 1) beriefen die Beklagte und die drei weiteren Konzernunternehmen mit getrennten Schreiben vom 25. Mai 2018 den Kläger vorsorglich auch gemäß Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO unter Hinweis auf betriebsbedingte Gründe als Datenschutzbeauftragten ab. 6 Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, seine Rechtsstellung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter bestehe unverändert fort. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es drohten Interessenkonflikte, wenn der Kläger zugleich Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender sei. Dies führe zu einer Unvereinbarkeit beider Ämter, so dass ein wichtiger Grund zur Abberufung des Klägers gegeben sei. 7 Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Klageabweisung. 8 B. Das einschlägige nationale Recht 9 I. Bundesdatenschutzgesetz in der vom 25. Mai 2018 bis 25. November 2019 geltenden Fassung (BGBl. 2017 I S. 2097):          „§ 6             Stellung          …                 (4) Die Abberufung der oder des Datenschutzbeauftragten ist nur in entsprechender Anwendung des § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässig. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche die öffentliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Nach dem Ende der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte oder als Datenschutzbeauftragter ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Jahres unzulässig, es sei denn, dass die öffentliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist.          …                 § 38             Datenschutzbeauftragte nichtöffentlicher Stellen          (1) Ergänzend zu Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 benennen der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten, soweit sie in der Regel mindestens zehn Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigen. Nehmen der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter Verarbeitungen vor, die einer Datenschutz-Folgenabschätzung nach Artikel 35 der Verordnung (EU) 2016/679 unterliegen, oder verarbeiten sie personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung, der anonymisierten Übermittlung oder für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung, haben sie unabhängig von der Anzahl der mit der Verarbeitung beschäftigten Personen eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten zu benennen.          (2) § 6 Absatz 4, 5 Satz 2 und Absatz 6 finden Anwendung, § 6 Absatz 4 jedoch nur, wenn die Benennung einer oder eines Datenschutzbeauftragten verpflichtend ist.“ 10 In § 38 Abs. 1 Satz 1 BDSG in der seit 26. November 2019 geltenden Fassung ist die Beschäftigtenzahl von „zehn“ auf „20“ erhöht worden. 11 II. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, berichtigt S. 2909 und BGBl. 2003 I S. 738):          „§ 626          Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund          (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.          (2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. …“ 12 III. Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in der seit dem 25. September 2001 geltenden Fassung (BGBl. I S. 2518):          „§ 26           Vorsitzender          …                 (2) Der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter vertritt den Betriebsrat im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse. …          § 27             Betriebsausschuss          …                 (3) Betriebsräte mit weniger als neun Mitgliedern können die laufenden Geschäfte auf den Vorsitzenden des Betriebsrats oder andere Betriebsratsmitglieder übertragen.“ 13 C. Einschlägige Vorschriften des Unionsrechts 14 Verordnung (EU) 2016/679 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie (RL) 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung; im Folgenden DSGVO; ABl. L 119 vom 4. Mai 2016 S. 1):          „Artikel 37          Benennung eines Datenschutzbeauftragten          …                 (4) In anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen können der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter oder Verbände und andere Vereinigungen, die Kategorien von Verantwortlichen oder Auftragsverarbeitern vertreten, einen Datenschutzbeauftragten benennen; falls dies nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten vorgeschrieben ist, müssen sie einen solchen benennen. …          Artikel 38          Stellung des Datenschutzbeauftragten          …                 (3) Der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter stellen sicher, dass der Datenschutzbeauftragte bei der Erfüllung seiner Aufgaben keine Anweisungen bezüglich der Ausübung dieser Aufgaben erhält. Der Datenschutzbeauftragte darf von dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden. …          (6) Der Datenschutzbeauftragte kann andere Aufgaben und Pflichten wahrnehmen. Der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter stellt sicher, dass derartige Aufgaben und Pflichten nicht zu einem Interessenkonflikt führen.          …                 Artikel 88          Datenverarbeitung im Beschäftigtenkontext          (1) Die Mitgliedstaaten können durch Rechtsvorschriften oder durch Kollektivvereinbarungen spezifischere Vorschriften zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext, insbesondere für Zwecke der Einstellung, der Erfüllung des Arbeitsvertrags einschließlich der Erfüllung von durch Rechtsvorschriften oder durch Kollektivvereinbarungen festgelegten Pflichten, des Managements, der Planung und der Organisation der Arbeit, der Gleichheit und Diversität am Arbeitsplatz, der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, des Schutzes des Eigentums der Arbeitgeber oder der Kunden sowie für Zwecke der Inanspruchnahme der mit der Beschäftigung zusammenhängenden individuellen oder kollektiven Rechte und Leistungen und für Zwecke der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vorsehen. …“ 15 D. Erforderlichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs und Erörterung der Vorlagefragen 16 I. Erforderlichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs 17 Der Erfolg der von der Beklagten eingelegten Revision hängt von der Auslegung des Unionsrechts ab. Nach § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG ist die Abberufung des Datenschutzbeauftragten nur in entsprechender Anwendung des § 626 BGB und damit aus wichtigem Grund zulässig. Die Bestimmungen des BDSG knüpfen damit die Abberufung des Datenschutzbeauftragten an strengere Voraussetzungen als das Unionsrecht, das in Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO vorsieht, dass der Datenschutzbeauftragte von den Verantwortlichen wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden darf. 18 Nach nationalem Recht wäre die Abberufung des Klägers vom 1. Dezember 2017 gemäß § 4f BDSG in der bis zum 24. Mai 2018 gültigen Fassung unzulässig, weil für sie kein wichtiger Grund vorgelegen hat. Ob die Abberufung vom 25. Mai 2018 wegen Verstoßes gegen § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG unwirksam ist, hängt zunächst davon ab, ob nach Unionsrecht, und insbesondere nach Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO, eine mitgliedstaatliche Regelung zulässig ist, durch die eine Abberufung des Datenschutzbeauftragten an strengere Voraussetzungen als nach dem Unionsrecht geknüpft ist. Hierüber kann der Senat nicht ohne Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV befinden. Müssten § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 BDSG wegen des Anwendungsvorrangs von Unionsrecht unangewendet bleiben, wäre die Revision der Beklagten erfolgreich. Auf einen weiteren die Unzulässigkeit seiner Abberufung bedingenden Grund hat sich der Kläger nicht berufen. Sollte der Gerichtshof der Europäischen Union die Anforderungen des BDSG an eine Abberufung für unionsrechtskonform erachten, hält es der Senat zudem für klärungsbedürftig, ob die Ämter des Betriebsratsvorsitzenden und des Datenschutzbeauftragten in einem Betrieb in Personalunion ausgeübt werden dürfen oder ob dies zu einem Interessenkonflikt iSv. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO führt. Bestände nach dem Unionsrecht ein Interessenkonflikt, wirkte sich dies auf die Beurteilung aus, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung des Klägers vorgelegen hat. 19 II. Erläuterung der ersten Vorlagefrage 20 Der Senat kann nicht darüber befinden, ob neben der Regelung in Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO mitgliedstaatliche Normen wie § 38 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 BDSG anwendbar sind, die die Möglichkeit der Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten gegenüber den unionsrechtlichen Regelungen einschränken. 21 1. Das nationale Recht sieht im Vergleich zum Unionsrecht einen stärkeren Schutz vor einer Abberufung vor. Nach Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO darf der Datenschutzbeauftragte von dem Verantwortlichen wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden. Demgegenüber bestimmt § 38 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 BDSG, dass ein verpflichtend benannter Datenschutzbeauftragter nur aus wichtigem Grund (vgl. § 626 BGB) abberufen werden kann, auch wenn die Abberufung – wie vorliegend – nicht mit der Erfüllung seiner Aufgaben in einem Zusammenhang stehen. 22 2. Die DSGVO ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (Art. 99 Abs. 2 DSGVO iVm. Art. 288 Abs. 2 AEUV). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bewirken gemäß dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts die Bestimmungen des AEU-Vertrags und die unmittelbar geltenden Rechtsakte der Organe in ihrem Verhältnis zum innerstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten, dass allein durch ihr Inkrafttreten jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts ohne Weiteres unanwendbar wird (EuGH 4. Februar 2016 – C-336/14 – Rn. 52; 14. Juni 2012, – C-606/10 – Rn. 73). Die DSGVO will – wie schon die durch sie aufgehobene Richtlinie 95/46/EG vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23. November 1995 S. 31) – durch Harmonisierung der nationalen Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten den freien Verkehr dieser Daten zwischen Mitgliedstaaten sicherstellen (vgl. Erwägungsgründe 9 ff. DSGVO; EuGH 20. Mai 2003 – C-465/00 ua. – Rn. 39). Wegen der von der Richtlinie 95/46/EG bewirkten Vollharmonisierung könnten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch verschärfende nationale Regelungen unzulässig sein (EuGH 24. November 2011 – C-468/10 und C-469/10 – Rn. 29 ff.). 23 3. Im nationalen Schrifttum wird unterschiedlich beurteilt, ob die DSGVO es den Mitgliedstaaten gestattet, die Abberufung des Datenschutzbeauftragten an zusätzliche Voraussetzungen zu knüpfen. 24 a) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, bei dem Abberufungsschutz in § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG handele es sich um materiell-arbeitsrechtliche Regelungen, weil bei internen Datenschutzbeauftragten mit der Abberufung regelmäßig eine Änderung des Arbeitsvertrags dergestalt einhergehe, dass die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten nicht mehr zur geschuldeten Tätigkeit gehörten (Jaspers/Reif in Schwartemann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DS-GVO/BDSG 2. Aufl. Art. 38 Rn. 19; BeckOK DatenschutzR/Moos Stand 1. November 2019 DS-GVO Art. 38 Rn. 18; vgl. BAG 23. März 2011 – 10 AZR 562/09 – Rn. 30; Greiner/Senk NZA 2020, 201, 206). Für materiell-arbeitsrechtliche Regelungen bestehe gemäß Art. 153 AEUV keine Gesetzgebungskompetenz der Union, weshalb eine Kollision mit Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO ausscheide. Außerdem könne sich der nationale Gesetzgeber bei einer Lückenfüllung auf die arbeitsrechtliche Öffnungsklausel des Art. 88 DSGVO stützen (vgl. Däubler in Däubler/Wedde/Weichert/Sommer EU-DSGVO und BDSG 2. Aufl. § 6 BDSG Rn. 6; EuArbRK/Franzen 3. Aufl. VO 2016/679/EU Art. 38 Rn. 1; Jaspers/Reif RDV 2016, 61, 63). Nach den Materialien zur Neufassung des BDSG ist auch der deutsche Gesetzgeber davon ausgegangen, bei § 6 Abs. 4 BDSG handele es sich um eine arbeitsrechtliche Regelung, die ergänzend zu den Vorgaben der DSGVO entsprechend der bis zum 24. Mai 2018 geltenden nationalen Rechtslage beibehalten werden könne (vgl. BT-Drs. 18/11325 S. 82). 25 b) Die Gegenansicht nimmt an, der nach nationalem Recht erhöhte Abberufungsschutz sei im Bereich der nicht-öffentlichen Stellen unionsrechtswidrig, jedenfalls soweit nach Art. 37 Abs. 1 DSGVO verpflichtend zu benennende Datenschutzbeauftragte betroffen seien (vgl. Bergt/Schnebbe in Kühling/Buchner DS-GVO/BDSG 3. Aufl. § 6 BDSG Rn. 11; von dem Bussche in Plath DSGVO/BDSG 3. Aufl. § 6 BDSG Rn. 2, 20). Der Abberufungsschutz sei nicht arbeitsrechtlicher Natur, sondern datenschutzrechtlich motiviert (Drewes in Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht Art. 37 DSGVO Rn. 58). 26 III. Erläuterung der zweiten Vorlagefrage 27 Für den Fall, dass die erste Vorlagefrage bejaht wird, möchte der Senat wissen, ob das Unionsrecht, insbesondere Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO, dem weitergehenden nationalen Abberufungsschutz auch dann entgegensteht, wenn die Benennung des Datenschutzbeauftragten nicht nach Art. 37 Abs. 1 DSGVO verpflichtend ist, sondern nur nach dem Recht des Mitgliedstaats. 28 1. Das Unionsrecht könnte dahingehend auszulegen sein, dass ein etwaiger Anwendungsvorrang des Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO lediglich für nach Unionsrecht verpflichtend benannte Datenschutzbeauftragte besteht, weil die Regelung nur insoweit als abschließend zu betrachten sein könnte. Da die Voraussetzungen, unter denen ein Datenschutzbeauftragter verpflichtend zu benennen ist, in Art. 37 Abs. 1 DSGVO und in § 38 Abs. 1 BDSG unterschiedlich geregelt sind, könnte Abberufungsschutz des § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG für ausschließlich nach dem nationalen Recht verpflichtend benannte Datenschutzbeauftragte neben der Vorschrift des Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO anwendbar bleiben. Im Ausgangsverfahren hat die Vorinstanz bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger nach § 38 Abs. 1 BDSG verpflichtend als Datenschutzbeauftragter benannt wurde oder ob eine solche Verpflichtung auch nach Art. 37 Abs. 1 DSGVO bestand. Dies bedürfte gegebenenfalls weiterer Feststellungen. 29 2. Außerdem bedarf es einer Klärung, wie in diesem Zusammenhang Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 DSGVO zu verstehen ist. Der Wortlaut der Norm ließe die Auslegung zu, dass ein nach dem Recht eines Mitgliedstaats verpflichtend benannter Datenschutzbeauftragter auch iSd. DSGVO verpflichtend benannt ist. Nach der unionsrechtlichen Regelung „müssen“ (englische Sprachfassung: „shall“) die Verantwortlichen einen Datenschutzbeauftragten benennen, falls ihnen dies nach dem Recht des Mitgliedstaats vorgeschrieben ist. Sollte Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 DSGVO so auszulegen sein, wäre – sofern die erste Vorlagefrage bejaht wird – ein nach nationalem Recht bestehender Abberufungsschutz unzulässig, selbst wenn die Benennung des Datenschutzbeauftragten nicht nach Art. 37 Abs. 1 DSGVO verpflichtend ist, sondern nur nach nationalem Recht (vgl. BAG 30. Juli 2020 – 2 AZR 225/20 (A) – Rn. 26). 30 IV. Erläuterung der dritten Vorlagefrage 31 Für den Fall der Bejahung der ersten Vorlagefrage möchte der Senat wissen, ob Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage beruht, insbesondere soweit er Datenschutzbeauftragte erfasst, die in einem Arbeitsverhältnis zum Verantwortlichen stehen, oder ob seiner Wirksamkeit mangels einer solchen Ermächtigungsgrundlage Hinderungsgründe entgegenstehen. 32 1. Für die Europäische Union gilt gemäß Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 EUV der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung. Er wird konkretisiert durch Art. 2 ff. AEUV. Die Union wird danach nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. 33 a) Der Erlass der DSGVO wird insbesondere auf Art. 16 AEUV gestützt (vgl. Eingangsformel und Erwägungsgrund 12 DSGVO). Unionsrechtliche Regelungen über die Datenverarbeitung durch Privatpersonen könnten nach dem Verständnis des Senats lediglich auf der Basis des Terminus „freier Datenverkehr“ in Art. 16 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz AEUV ergehen. Allerdings wird der Wortlaut von Art. 16 Abs. 2 Satz 1 AEUV im nationalen Schrifttum teilweise so verstanden, dass sich die vertraglich eingeräumte Rechtssetzungsbefugnis der Union lediglich auf den Datenschutz bei der Datenverarbeitung der Unionsorgane, die Datenverarbeitung der öffentlichen Stellen bei der Umsetzung des Unionsrechts und auf die grenzüberschreitende Datenverarbeitung beschränkt (vgl. Giesen CR 2012, 550, 554). Die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Richtlinie 95/46/EG und Art. 100a EGV ist nicht von einem so engen Verständnis ausgegangen (vgl. EuGH 20. Mai 2003 – C-465/00 ua. – Rn. 39 ff.). 34 b) Andererseits könnte die Ermächtigungsgrundlage zur Rechtsangleichung im Binnenmarkt gemäß Art. 114 Abs. 1 AEUV maßgeblich sein (zu Richtlinie 95/46/EG und Art. 100a EGV EuGH 20. Mai 2003 – C-465/00 ua. – Rn. 39 ff.). Einem Rückgriff auf Art. 114 Abs. 1 AEUV als Kompetenzgrundlage könnte aber in Bezug auf Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO die Regelung in Art. 114 Abs. 2 AEUV entgegenstehen, wonach Absatz 1 ua. nicht für Bestimmungen über die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer gilt. Dies wäre dann kein Hindernis, wenn die DSGVO keine spezifische Zielrichtung in Bezug auf Arbeitnehmerrechte enthielte, sondern nur die Regelung einer Querschnittsmaterie mit bloßen Reflexen auch auf die Rechtsstellung von Beschäftigten (vgl. EuArbRK/Franzen 3. Aufl. AEUV Art. 16 Rn. 3). 35 2. Wenngleich der Senat die im nationalen Schrifttum geäußerten und nachfolgend dargestellten Bedenken in Bezug auf die Gültigkeit der DSGVO nicht teilt, bittet er den Gerichtshof der Europäischen Union, zur Klärung der unionsrechtlichen Rechtslage und aus Gründen der Rechtsklarheit auf diese einzugehen. 36 a) Teilweise wird vom Schrifttum ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 1 EUV) angenommen (ausführliche Darstellung bei Morasch Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext S. 38 ff.). In Übereinstimmung mit dieser Sichtweise hat der Deutsche Bundesrat mit Beschluss vom 30. März 2012 (BR-Drs. 52/12 [Beschluss]) eine Subsidiaritätsrüge nach Art. 12 Buchst. b EUV iVm. Art. 6 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vom 13. Dezember 2007 (ABl. C 306 vom 17. Dezember 2007 S. 150) gegen den ursprünglichen Vorschlag der DSGVO erhoben. 37 b) Schließlich wird die DSGVO vereinzelt im nationalen Schrifttum wegen eines Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip des Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 EUV für unwirksam gehalten (vgl. Giesen NVwZ 2019, 1711, 1712). 38 V. Erläuterung der vierten Vorlagefrage 39 Für den Fall der Verneinung der ersten Frage möchte der Senat wissen, ob ein Interessenkonflikt iSv. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO vorliegt, wenn der Datenschutzbeauftragte zugleich das Amt des Vorsitzenden des in der verantwortlichen Stelle gebildeten Betriebsrats innehat. Bestände nach dem Unionsrecht eine Inkompatibilität zwischen der Funktion des Datenschutzbeauftragten und dem Amt des Betriebsratsvorsitzenden, läge zugleich ein zur Abberufung des Datenschutzbeauftragten berechtigender wichtiger Grund iSv. § 38 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG vor. 40 1. Nach Art. 37 Abs. 5 DSGVO wird der Datenschutzbeauftragte aufgrund seiner beruflichen Qualifikation und insbesondere seines Fachwissens auf dem Gebiet des Datenschutzrechts und der Datenschutzpraxis sowie seiner Fähigkeit, die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten zu erfüllen, benannt. Nach Art. 38 Abs. 6 DSGVO ist es grundsätzlich möglich, dass der Datenschutzbeauftragte auch andere Aufgaben übernehmen kann. Dabei muss allerdings zwingend sichergestellt werden, dass es nicht zu Interessenkonflikten kommt. Interessenkonflikte sind insbesondere dann anzunehmen, wenn der Datenschutzbeauftragte sich selbst (im Rahmen seiner anderweitigen Tätigkeit) kontrollieren müsste oder die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten gefährdet wäre (vgl. BAG 5. Dezember 2019 – 2 AZR 223/19 – Rn. 25, BAGE 169, 59; 23. März 2011 – 10 AZR 562/09 – Rn. 24; 22. März 1994 – 1 ABR 51/93 – zu B IV der Gründe, BAGE 76, 184). 41 2. Die Frage, ob das Amt des Datenschutzbeauftragen mit dem eines Betriebsratsmitglieds bzw. -vorsitzenden vereinbar ist, ist im nationalen Recht umstritten. 42 a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum BDSG aF steht die bloße Mitgliedschaft im Betriebsrat einer (zusätzlichen) Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz nicht entgegen. 43 aa) Das Bundesarbeitsgericht hat bisher angenommen, zwischen beiden Ämtern bestehe keine grundsätzliche Inkompatibilität. Dass der betriebliche Datenschutzbeauftragte Kontroll- und Überwachungsbefugnisse gegenüber dem Arbeitgeber habe, mache ein Betriebsratsmitglied nicht generell für diesen Aufgabenbereich ungeeignet. Die Rechtsstellung des Arbeitgebers werde nicht dadurch unzulässig beeinträchtigt, dass er einem Datenschutzbeauftragten gegenüberstehe, der zugleich die Rechte des Betriebsrats aus dem BetrVG wahrnehme. Auch als Mitglied des Betriebsrats könne ein Datenschutzbeauftragter diese Rechte ordnungsgemäß wahrnehmen, ebenso wie er sie als Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber wahrzunehmen habe. Eine Interessenkollision zwischen beiden Ämtern sei nicht ersichtlich (BAG 23. März 2011 – 10 AZR 562/09 – Rn. 25). 44 bb) Hielte der Senat an dieser Auffassung fest, dürfte sich die Beurteilung nicht dadurch ändern, dass der Datenschutzbeauftragte nicht nur ein „einfaches“ Betriebsratsmitglied, sondern Betriebsratsvorsitzender ist. Der Betriebsratsvorsitzende ist in erster Linie – wie die anderen Gremiumsmitglieder – Betriebsratsmitglied. In dieser Funktion übt er weder als Bevollmächtigter noch als gesetzlicher Vertreter die gesetzlich zugewiesenen Befugnisse, Pflichten und Zuständigkeiten des Betriebsrats an dessen Stelle aus (Fitting BetrVG 30. Aufl. § 26 Rn. 21 f.). Die ihm durch § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG eingeräumte Vertretungsbefugnis besteht nur im Rahmen der vom Betriebsrat gefassten Beschlüsse. Der Betriebsratsvorsitzende ist somit nicht Vertreter im Willen, sondern Vertreter in der Erklärung (BAG 19. März 2003 – 7 ABR 15/02 – zu II 2 b der Gründe, BAGE 105, 311). Auch die ihm – neben der Berechtigung zur Entgegennahme von dem Betriebsrat gegenüber abzugebenden Erklärungen (§ 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG) – zugewiesenen weiteren Aufgaben weisen keinen besonderen Bezug zu datenschutzrechtlichen Fragestellungen auf. Dies gilt auch, wenn in einem Betriebsrat mit weniger als neun Mitgliedern nach § 27 Abs. 3 BetrVG die laufenden Geschäfte auf den Vorsitzenden übertragen worden sind. Hierbei handelt es sich regelmäßig um interne, verwaltungsmäßige, organisatorische und ggf. wiederkehrende Aufgaben des Betriebsrats wie etwa die Erledigung des Schriftverkehrs, Entgegennahme von Anträgen von Arbeitnehmern, die Einholung von Auskünften, die Vorbereitung von Betriebsratssitzungen sowie von Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlungen (BAG 15. August 2012 – 7 ABR 16/11 – Rn. 19). Das Amt des Betriebsratsvorsitzenden dürfte danach über kein gegenüber „einfachen“ Betriebsratsmitgliedern erhöhtes Potential für einen Interessenkonflikt verfügen. 45 b) Nach einer im Schrifttum vertretenen Gegenmeinung führt die Wahrnehmung beider Ämter in Personalunion zu Interessenkonflikten. 46 aa) Es bestehe die abstrakte Gefahr, dass das Betriebsratsmitglied infolge seiner Doppelstellung zu Kompromissen im Datenschutz bereit sei, um andere Ziele durchzusetzen (vgl. Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 4 f. Rn. 108; Wybitul/v. Gierke BB 2017, 181, 183), oder es sich zu sehr auf den Aspekt des Arbeitnehmerdatenschutzes konzentriere und deshalb andere Tätigkeiten eines Datenschutzbeauftragten vernachlässige (vgl. Höppner jurisPR-ITR 7/2012 Anm. 3). 47 bb) Zudem wird angeführt, ein Interessenkonflikt könne daraus resultieren, dass der Datenschutzbeauftragte seine Beaufsichtigungs- und Kontrollbefugnisse auch gegenüber dem Betriebsrat auszuüben habe und damit zum „Richter in eigener Sache“ werde (vgl. Drewes in Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht Art. 38 DSGVO Rn. 55; HWK/Lembke 9. Aufl. Art. 39 DSGVO Rn. 12). Diese Annahme setzt jedoch voraus, dass der Betriebsrat nicht selbst Verantwortlicher iSv. Art. 4 Nr. 7 DSGVO (so aber zB Maschmann NZA 2020, 1207, 1209 ff.; Kurzböck/Weinbeck BB 2018, 1652, 1655; Kleinebrink DB 2018, 2566 f.; Wybitul NZA 2017, 413 f.), sondern lediglich Teil der verantwortlichen Stelle ist (so zB Bonanni/Niklas ArbRB 2018, 371 f.; Pötters in Gola DS-GVO 2. Aufl. Art. 88 Rn. 38; zur Datenschutzrechtslage nach dem BDSG aF vgl. BAG 7. Februar 2012 – 1 ABR 46/10 – Rn. 43 mwN, BAGE 140, 350) und dass dem dort bestellten Datenschutzbeauftragten Beaufsichtigungs- und Kontrollbefugnisse gegenüber dem Betriebsrat zukommen (ablehnend: BAG 11. November 1997 – 1 ABR 21/97 – zu B III 2 c und B III 2 c bb der Gründe, BAGE 87, 64; Fitting BetrVG 30. Aufl. § 83 Rn. 27 unter Hinweis auf die im BetrVG angeordnete Unabhängigkeit des Betriebsrats und das Erfordernis einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung; dafür Kleinebrink DB 2018, 2566, 2570 f.; Lücke NZA 2019, 658, 667). 48 cc) Ständen dem Datenschutzbeauftragten Beaufsichtigungs- und Kontrollbefugnisse gegenüber dem Betriebsrat grundsätzlich zu, wäre ungeklärt, ob dieser Umstand bereits per se zu einem der Doppelfunktion entgegenstehenden Interessenkonflikt führt. Der Senat geht davon aus, dass nicht jedweder Umgang mit personenbezogenen Daten im Rahmen der sonstigen Tätigkeit der Ausübung des Amts als Datenschutzbeauftragter entgegensteht, sondern dass ein Interessenkonflikt eine gesteigerte Verantwortlichkeit für Datenverarbeitungsvorgänge voraussetzt (vgl. Bergt in Kühling/Buchner DS-GVO/BDSG 3. Aufl. Art. 38 DS-GVO Rn. 40 ff.; Drewes in Simitis/Hornung/Spiecker Datenschutzrecht Art. 38 DSGVO Rn. 55). Der Datenschutzbeauftragte darf innerhalb einer Einrichtung keine Position innehaben, die die Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat (Art.-29-Datenschutzgruppe WP 243 rev. 01 S. 19). Der Senat bittet den Gerichtshof der Europäischen Union um Klärung, ob diese Wertung auf die Betriebsratstätigkeit übertragbar ist und danach nicht bereits das bloße Betriebsratsmandat und die damit verbundene Befassung mit personenbezogenen Daten, deren Zweck das BetrVG bestimmt, ausreicht, um einen der Bestellung als Datenschutzbeauftragter entgegenstehenden Interessenkonflikt annehmen zu können, sondern der betreffenden Person innerhalb des Betriebsrats eine bestimmte Funktion übertragen worden sein muss. So könnte es bspw. mit der Stellung und Funktion des Datenschutzbeauftragten erst dann nicht zu vereinbaren sein, wenn der Datenschutzbeauftragte als Betriebsratsmitglied für die EDV des Betriebsrats zuständig wäre und sich insoweit selbst kontrollieren müsste (vgl. Bergt in Kühling/Buchner DS-GVO/BDSG 3. Aufl. Art. 38 DS-GVO Rn. 45; Greiner/Senk NZA 2020, 201, 207; Jaspers/Reif in Schwartemann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann DS-GVO/BDSG 2. Aufl. Art. 38 Rn. 29). 49 E. Das Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen auszusetzen.              Kiel                   Suckow                  Zimmermann                                    Lohbeck                   A. Gell"