f000001,11.000,15.080,"Es war spät, die Tafel ward aufgehoben." f000002,15.080,17.960,"Manfred wolte Friedrichen mit sich nehmen." f000003,17.960,32.960,"Dieser gab vor, schwach und ruhbedürftig zu seyn, und sein Zimmer suchen zu müssen; doch, setzt' er verbindlich hinzu, soll meine Tochter Ihrer Hoheit Gesellschaft leisten, so lange ich mich dessen nicht fähig fühle." f000004,32.960,40.360,"Manfred nahm das Anerbieten an, und begleitete Isabellen, zu ihrem nicht geringen Kummer, in ihr Gemach." f000005,40.360,46.240,"Matilde folgte ihrer Mutter auf den Wällen der Burg, die Kühlung des Abends zu genießen." f000006,46.240,53.800,"Sobald die Gesellschaft aus einander gegangen war, verließ Friedrich sein Zimmer, und fragte, ob Hippolite allein sey." f000007,53.800,66.760,"Einer ihrer Bedienten, der nicht bemerkt hatte, daß sie ausgegangen war, antwortete ihm: um diese Zeit pflege sie sich gewöhnlich in ihre Betcapelle zu begeben, wo er sie wahrscheinlich finden werde." f000008,66.760,72.200,"Der Markgraf hatte während des Mahls Matilden mit zunehmender Neigung betrachtet." f000009,72.200,78.080,"Er wünschte jetzt Hippoliten in der Stimmung zu finden, die ihr Gemahl ihm versprochen hatte." f000010,78.080,84.120,"Die Schreckenszeichen, die ihn beunruhigten, waren über seine Begierden vergessen." f000011,84.120,105.760,"Leise und unbemerkt stahl er sich zu Hippolitens Gemach, entschlossen, sie zur Einwilligung in die Ehescheidung aufzumuntern, weil er bemerkt hatte, daß Manfred des festen Vorsatzes sey, den Besitz Isabellens als eine unwandelbare Bedingung festzusetzen, ehe er Matilden seinen Wünschen zusagen werde." f000012,105.760,110.440,"Der Markgraf wunderte sich nicht, alles still im Gemach der Fürstin zu finden." f000013,110.440,116.680,"Er schloß, sie sey in ihrem Betzimmer, wie man ihm berichtet hatte, und ging vorwärts." f000014,116.680,121.760,"Die Thür war angelehnt; die Erleuchtung dunkel und beschattet." f000015,121.760,127.520,"Da er die Thür sanft zurückdrückte, sah er eine Person vor dem Altar knien." f000016,127.520,137.240,"Er trat näher, es war kein Frauenzimmer, sondern jemand in langem härnen Gewande, den Rücken gegen ihn gekehrt." f000017,137.240,140.280,"Er schien im Gebet versunken." f000018,140.280,150.960,"Eben wolte der Markgraf wieder gehn, als die Gestalt sich erhob, eine kurze Weile nachdenkend da stand, und sich nicht umsah." f000019,150.960,160.200,"Der Markgraf erwartete, der heilige Mann würde etwa herauskommen, und wolte sich entschuldigen, ihn vielleicht gestört zu haben." f000020,160.200,175.960,"Ehrwürdiger Vater, sprach er, ich suchte die Fürstin Hippolite Hippolite antwortete die Stimme: kamst du in diese Burg, Hippoliten zu suchen?" f000021,175.960,189.880,"Indem wandte die Gestalt sich langsam herum, und Friedrich sah die fleischlosen Kinnladen und leeren Zahnlücken eines Gerippes, in eine Mönchskutte gehüllt." f000022,189.880,191.760,"Er prallte zurück." f000023,191.760,194.720,"Engel der Gnade, beschützt mich!" f000024,194.720,199.240,"Verdiene ihren Schutz, sprach das Gespenst." f000025,199.240,206.080,"Friedrich fiel auf seine Knie, und beschwor das Schattenbild, sich seiner zu erbarmen." f000026,206.080,210.480,"Kennst du mich nicht mehr? sprach die Erscheinung." f000027,210.480,215.000,"Entsinne dich des Waldes von Joppe!" f000028,215.000,219.080,"Bist du der heilige Einsiedler? rief Friedrich zitternd." f000029,219.080,223.080,"Was kann ich thun für die Ruhe deiner Seele?" f000030,223.080,232.600,"Wardst du darum aus der Sclaverey befreyt, fragte ihn das Gespenst, um Fleischeslüsten nachzugehn?" f000031,232.600,239.920,"Bist du des vergrabenen Schwerdts, und seiner himmlischen Inschrift nicht mehr eingedenk?" f000032,239.920,247.920,"Das bin ich noch, sprach Friedrich, aber sage mir, seliger Geist, was ist dein Auftrag an mich?" f000033,247.920,250.760,"Was soll ich weiter thun?" f000034,250.760,258.520,"Matilden vergessen! antwortete die Erscheinung, und verschwand." f000035,258.520,262.040,"Friedrichs Blut erstarrte in seinen Adern." f000036,262.040,265.520,"Einige Minuten lang blieb er ohne Bewegung." f000037,265.520,274.240,"Dann sank er nieder Antlitz vor dem Altar, und rief die Vermittelung jedes Heiligen an, ihm Verzeihung zu erwerben." f000038,274.240,278.240,"Dieser Angst folgte ein Strom von Zähren." f000039,278.240,289.520,"Aber wider seinen Willen drang sich das Bildniß der schönen Matilde vor seine Seele, und während er am Boden lag, stritten Buße und Leidenschaft um sein Herz." f000040,289.520,299.280,"Noch dauerte die Beängstigung seiner Sinnen, als die Fürstin Hippolite, allein, eine Kerze in der Hand, in das Betgemach trat." f000041,299.280,306.280,"Sie schrie auf vor Schrecken, einen Mann ohne Bewegung hingestreckt zu sehen, den sie für todt hielt." f000042,306.280,309.840,"Ihre Furcht brachte Friedrichen wieder zu sich." f000043,309.840,328.560,"Er richtete schnell sich auf, das Angesicht naß von Thränen, und wolte ihrer Gegenwart entrinnen; aber Hippolite hielt ihn zurück, und bat ihn mit klagender Stimme, die Ursache seiner Verwirrung zu erklären, und durch welch einen sonderbaren Zufall sie ihn dort, in der Lage, finden müssen?" f000044,328.560,337.080,"Tugendhafte Fürstin! sprach der Markgraf von Gram übernommen, und schwieg." f000045,337.080,343.960,"Um des Himmels willen! mein Fürst, sagte Hippolite, enthüllen Sie mir die Ursach dieser Betrübniß." f000046,343.960,349.360,"Wozu diese Trauertöne, dieser unruhvolle Ausruf meines Nahmens?" f000047,349.360,355.240,"Welchen neuen Kummer bereitet das Schicksal der unglücklichen Hippolite?" f000048,355.240,357.000,"Sie schweigen noch?" f000049,357.000,368.880,"Bey den Engeln des Erbarmens, beschwör' ich Sie, edler Fürst, fuhr sie fort, und warf sich zu seinen Füßen, mir das zu entdecken, was Sie in Ihrem Herzen verschließen." f000050,368.880,370.840,"Ich sehe Sie fühlen für mich." f000051,370.840,374.240,"Sie fühlen die bittre Wunde, die Sie verursachen." f000052,374.240,375.720,"Reden Sie aus Mitleid!" f000053,375.720,377.800,"Wissen Sie etwas, das mein Kind betrift?" f000054,377.800,387.280,"O Matilde! rief Friedrich, ich kann nicht reden! und riß sich los." f000055,387.280,391.280,"So schnell verließ er die Fürstin, und eilte in sein Gemach." f000056,391.280,406.760,"An der Thür desselben traf er Manfreden, der, von Liebe und Wein begeistert, gekommen war, ihn aufzusuchen, und ihm vorzuschlagen, ob er nicht noch einige Stunden der Nacht mit Saitenklang und Schwärmen verbringen wolle?" f000057,406.760,421.800,"Eine Einladung dieser Art stimmte so übel zu Friedrichs Gefühlen, daß sie ihn beleidigte; er stieß seinen Wirth unhöflich bey Seite, ging in sein Zimmer, schlug die Thür heftig zu, und schob den Riegel vor." f000058,421.800,433.600,"Der stolze Manfred ergrimmte über ein so unerklärliches Betragen, und begab sich von dort in einem Zustande des Gemüths, der den verderblichsten Ausbruch möglich machte." f000059,433.600,445.280,"Als er über den Hof ging, stieß er auf den Bedienten, den er in der Nähe des Klosters gelassen hatte, Geronimo und Theodoren nachzuspühren." f000060,445.280,458.760,"Dieser hatte sich ganz außer Athem gelaufen, und erzählte seinem Herrn, Theodor und eine Dame aus der Burg hielten in diesem Augenblick eine geheime Unterredung an Alfonso's Grabe, in der Kirche San Nicola." f000061,458.760,469.800,"Theodoren hatte er bis dahin nachgespürt, aber die Dunkelheit der Nacht verhinderte ihn, zu entdecken, wer das Frauenzimmer war." f000062,469.800,470.280,"Manfreds" f000063,470.280,471.600,"Seele war entbrannt." f000064,471.600,485.280,"Isabelle hatte ihn entfernt, da er ihr seine Leidenschaft mit zu wenigem Rückhalt aufdrang; er zweifelte nicht, sie deswegen so unruhig gefunden zu haben, weil sie ungeduldig gewesen sey, mit Theodoren zusammen zu kommen." f000065,485.280,494.400,"Aufgebracht durch diese Vermuthung, wüthend gemacht durch ihren Vater, ging er heimlich und eilends zum Dom." f000066,494.400,497.720,"Leise schlich er sich durch die Bänke." f000067,497.720,511.840,"Ein schwacher Mondesschimmer warf sein undeutliches Licht durch bemahlte Fensterscheiben: aber das unverständliche Zischeln der Personen, die er suchte, führte ihn endlich zum Grabmal Alfonso's." f000068,511.840,514.400,"Nun verstand er einige Worte." f000069,514.400,518.160,"Das hängt von mir nicht ab." f000070,518.160,521.920,"Manfred willigt nie in unsre Verbindung." f000071,521.920,531.200,"Nein! dies verhindert sie auf ewig! rief der Tyrann, zog seinen Dolch, und stieß ihn über die Schulter dem sprechenden Mädchen in die Brust." f000072,531.200,533.920,"Weh mir!" f000073,533.920,537.120,"Ich sterbe! rief Matilde sinkend." f000074,537.120,540.920,"Gott nimm meinen Geist auf!" f000075,540.920,542.840,"Ungeheuer! was hast du gethan?" f000076,542.840,551.400,"rief Theodor, rannte auf Manfred zu, und entriß ihm den Dolch O halt ein! seufzte Matilde." f000077,551.400,554.280,"Es ist mein Vater!" f000078,554.280,564.800,"Manfred erwachte wie aus einer Vergeisterung, schlug an seine Brust, raufte sich das Haar, und versuchte, Theodoren den Dolch zu entwinden, um sich selbst ein Ende zu machen." f000079,564.800,572.400,"Theodor war nicht viel weniger außer sich, und bekämpfte nur die Heftigkeit seines Schmerzes, um Matilden beyzustehn." f000080,572.400,576.160,"Sein Geschrey zog mehrere Mönche herbey." f000081,576.160,589.480,"Ein Theil von ihnen versuchte mit dem betrübten Theodor, das Blut der sterbenden Prinzessin zurückzuhalten: die übrigen verhinderten Manfreden, gewaltsame Hand an sich selbst zu legen." f000082,589.480,596.600,"Matilde ergab sich geduldig in ihr Schicksal, und erkannte Theodors Eifer mit Blicken liebenden Dankes." f000083,596.600,604.040,"So oft aber ihre Schwachheit ihr zu sprechen erlaubte, bat sie die Umstehenden, ihren Vater zu trösten." f000084,604.040,611.520,"Um diese Zeit hatte Geronimo die Trauerbotschaft vernommen, und trat in die Kirche." f000085,611.520,615.320,"Seine Blicke machten Theodoren Vorwürfe." f000086,615.320,618.480,"Zu Manfred sprach er:" f000087,618.480,623.720,"Nun Tyrann, sind die Flüche auf dein ruchloses geweihtes Haupt erfüllt." f000088,623.720,636.680,"Alfonso's Blut schrie zum Himmel um Rache, und der Himmel hat seinen Altar durch Meuchelmord beflecken lassen, damit du dein eignes Blut am Fuß des fürstlichen Grabes vergößest!" f000089,636.680,642.840,"Wer kann meines Vaters Gram vermehren wollen? rief Matilde." f000090,642.840,649.400,"Gott segne Sie, mein Vater, und vergebe Ihnen, wie ich." f000091,649.400,654.880,"Mein Vater, mein Fürst, vergeben Sie Ihrem Kinde auch?" f000092,654.880,660.160,"Gott ist mein Zeuge, ich kam nicht hieher, Theodoren zu treffen!" f000093,660.160,667.920,"Ich fand ihn betend an diesem Grabmal, zu dem meine Mutter mich sandte, für Sie den Himmel anzurufen, und für sich." f000094,667.920,674.600,"Segnen Sie mich, mein Vater, und verzeihn Sie mir." f000095,674.600,677.320,"Ich dir? sprach Manfred." f000096,677.320,679.240,"Hat ein Mörder Segen?" f000097,679.240,685.080,"Ich hielt dich für Isabellen; und der Himmel leitete meine blutige Faust in die Brust meines Kindes." f000098,685.080,688.800,"O Matilde! kannst du meiner blinden Wuth verzeihn?" f000099,688.800,697.400,"Ich kann, ich will, ich thu' es von ganzem Herzen, rief Matilde." f000100,697.400,699.200,"Aber, o meine Mutter!" f000101,699.200,707.160,"Trösten Sie die, mein Vater, verstoßen Sie die nicht, sie liebt Sie, wie ich." f000102,707.160,708.040,"Ich bin schwach." f000103,708.040,710.280,"Tragt mich in die Burg!" f000104,710.280,712.240,"Laßt mich sie noch einmal sehn!" f000105,712.240,724.360,"Theodor und die Mönche baten sie dringend, sich ins Kloster tragen zu lassen, aber sie jammerte so sehr nach der Burg, daß man sie auf eine Bahre legte, und dorthin trug." f000106,724.360,735.560,"Theodor stützte ihr Haupt mit seiner Hand, hing über ihr mit der Angst verzweifelnder Liebe, und suchte noch ihr Hofnungen des Lebens zuzuflüstern." f000107,735.560,749.120,"Geronimo sprach ihr auf der andern Seite Trost des Himmels ein, hielt ein Crucifix hin, das sie mit unschuldigen Thränen benetzte, und bereitete sie zum Hingange in die Unsterblichkeit." f000108,749.120,755.440,"Manfred, schmerzversunken, folgte der Bahre in dumpfer Verzweiflung." f000109,755.440,776.160,"Ehe sie die Burg erreichten, hatte Hippolite die schreckliche Begebenheit schon vernommen, und floh ihrer gemordeten Tochter entgegen; als sie aber den Trauerzug erblickte, übernahm die Gewalt des Schmerzes ihre Sinne, sie stürzte ohnmächtig und leblos zu Boden." f000110,776.160,783.760,"Isabelle und Friedrich, die ihr zu Hülfe eilten, waren beynahe nicht minder von Gram übernommen." f000111,783.760,793.600,"Nur Matilde selbst schien ihren Zustand nicht fühlen, jeder ihrer Gedanken verlor sich in kindliche Zärtlichkeit." f000112,793.600,795.160,"Sie ließ die Bahre stillhalten." f000113,795.160,800.400,"Sobald Hippolite zu sich gekommen war, fragte sie nach ihrem Vater." f000114,800.400,804.720,"Er trat sprachlos herzu." f000115,804.720,812.880,"Matilde ergrif seine Hand und die Hand ihrer Mutter, schloß sie in die ihrige zusammen, und drückte sie dann an ihr Herz." f000116,812.880,818.640,"Dieser Ausdruck kindlicher Liebe war mehr als Manfred ertragen konnte." f000117,818.640,824.960,"Er warf sich wüthend zur Erde, und verfluchte den Tag seiner Geburt." f000118,824.960,837.800,"Isabelle besorgte, der Kampf dieser Gefühle werde Matilden zu sehr erschüttern, und nahm es auf sich, ihn in sein Gemach tragen zu lassen, während man Matilden ins nächste Zimmer brachte." f000119,837.800,844.680,"Hippolite hatte wenig Leben mehr als ihre Tochter, und achtete auf nichts als auf sie." f000120,844.680,853.960,"Als aber der zärtlichen Isabelle Sorgfalt auch sie entfernen wolte, während die Wundärzte Matildens Wunde untersuchten, rief sie:" f000121,853.960,856.520,"Nein! nein! ich bleibe!" f000122,856.520,860.040,"Ich lebte nur in meiner Tochter, mit ihr will ich sterben." f000123,860.040,866.800,"Matilde schlug vor der mütterlichen Stimme die Augen auf, und schloß sie wieder ohne Worte." f000124,866.800,875.040,"Ihr Pulsschlag sank, ihre Hand ward kalt und feucht, alle Hofnung der Genesung entfloh." f000125,875.040,886.960,"Theodor folgte den Aerzten in ein äußeres Zimmer, sie sprachen das Urtheil des Todes, seine Wuth stieg zum Wahnsinn empor." f000126,886.960,893.240,"Sie kann nicht für mich leben, rief er, wenigstens sey sie mein im Tode!" f000127,893.240,897.560,"Geronimo! mein Vater! wollen Sie unsre Hände nicht zusammen geben?" f000128,897.560,902.120,"Der Mönch und der Markgraf hatten die Wundärzte begleitet." f000129,902.120,906.280,"Was soll dieser wilde Unsinn? sprach Geronimo." f000130,906.280,908.600,"Ist dies eine hochzeitliche Stunde?" f000131,908.600,914.720,"Sie ist es allerdings, antwortete Theodor, es giebt leider keine andre." f000132,914.720,919.080,"Lassen Sie sich rathen, junger Mann, sagte Friedrich." f000133,919.080,923.800,"Können wir in dieser schrecklichen Zeit auf die Schwärmereyen der Liebe achten?" f000134,923.800,927.200,"Was für Ansprüche haben Sie auf die Prinzessin?" f000135,927.200,930.360,"FürstenAnsprüche, sprach Theodor." f000136,930.360,932.400,"Ich bin Herr von Otranto." f000137,932.400,937.120,"Dieser ehrwürdige Geistliche, mein Vater, hat mich gelehrt, wer ich bin." f000138,937.120,951.040,"Sie sind nicht gescheut, erwiederte der Markgraf, es giebt keinen Fürsten von Otranto, als mich; denn Manfred hat durch Mord, durch Kirchen entweihenden Mord, seine Rechte verlohren." f000139,951.040,958.400,"Gnädiger Herr, sprach Geronimo mit stolzem Blick, er sagt Ihnen die Wahrheit." f000140,958.400,967.000,"Es war meine Absicht nicht, das Geheimniß so früh zu offenbaren, aber das Schicksal stürmt zur Vollendung seines Werks." f000141,967.000,972.240,"Was seine entbrannte Leidenschaft offenbarte, bestätigt meine Zunge." f000142,972.240,982.040,"Wissen Sie, gnädiger Herr, als Alfonso dem gelobten Lande zusegelte Ist dies eine Zeit für Erzählungen? fragte Theodor." f000143,982.040,987.040,"Eilen Sie, mein Vater, mich mit der Prinzessin zu verbinden; sie soll mein seyn." f000144,987.040,990.400,"In jedem andern Stück will ich Ihnen pflichtschuldigst gehorchen!" f000145,990.400,997.400,"Mein Leben! meine angebetete Matilde! rief Theodor, und rannte in das innere Zimmer zurück." f000146,997.400,999.800,"Wollen Sie nicht mir gehören?" f000147,999.800,1001.760,"Wollen Sie mich nicht segnen?" f000148,1001.760,1009.120,"Isabelle winkte ihm zu schweigen; sie fürchtete, die Prinzessin sey ihrem Ende nahe." f000149,1009.120,1010.880,"Ist sie todt? rief Theodor." f000150,1010.880,1011.960,"Muß sie sterben?" f000151,1011.960,1015.760,"Sein lautes Geschrey brachte Matilden wieder zu sich." f000152,1015.760,1019.960,"Sie schlug ihre Augen auf, und sah sich nach ihrer Mutter um." f000153,1019.960,1024.640,"Leben meiner Seele! ich bin hier, sprach Hippolite." f000154,1024.640,1027.080,"Fürchte nicht, daß ich dich verlasse!" f000155,1027.080,1037.720,"Sie sind zu gut, Mutter, sagte Matilde; aber weinen Sie nicht um mich: wo ich hingehe, fließen keine Thränen." f000156,1037.720,1047.480,"Isabelle, du hast mich geliebt, du wirst statt meiner diese Mutter pflegen? ich bin schwach!" f000157,1047.480,1054.760,"O mein Kind, mein Kind, jammerte Hippolite in einer Thränenfluth, kann ich dich keinen Augenblick aufhalten?" f000158,1054.760,1059.040,"Es ist nicht möglich, sprach Matilde." f000159,1059.040,1061.280,"Beten Sie für mich." f000160,1061.280,1063.280,"Wo ist mein Vater?" f000161,1063.280,1068.560,"Vergeben Sie ihm, theure Mutter, vergeben Sie ihm meinen Tod." f000162,1068.560,1070.520,"Er war hintergangen." f000163,1070.520,1084.040,"Ich vergaß Liebe Mutter, ich gelobte, Theodoren nicht wieder zu sehn: vielleicht hat meine Unterredung mit ihm mich in dies Unglück gestürzt, aber ich suchte sie nicht." f000164,1084.040,1085.760,"Können Sie mir verzeihn?" f000165,1085.760,1091.640,"Beuge mich nicht noch tiefer, sprach Hippolite, du hast mich nie beleidigt." f000166,1091.640,1096.000,"Sie stirbt! helft! helft!" f000167,1096.000,1101.760,"Ich wolte noch etwas sagen, sprach Matilde im Todeskampf, aber ich kann nicht." f000168,1101.760,1106.560,"Isabelle Theodor um meinent willen O!" f000169,1106.560,1111.000,"Sie verstummte." f000170,1111.000,1120.840,"Isabelle und die Dienerinnen entrissen Hippolite dem Leichnam, aber Theodor drohte den zu tödten, der versuchen würde, ihn zu entfernen." f000171,1120.840,1126.840,"Er drückte tausend Küsse auf ihre eiskalten Hände, und sprach Worte verzweifelnder Liebe." f000172,1126.840,1133.080,"Unterdessen begleitete Isabelle die betrübte Hippolite in ihr Gemach." f000173,1133.080,1144.040,"Auf der Mitte des Hofraums begegnete ihnen Manfred, zerrissen von seinen Gefühlen, ängstlich seine Tochter noch einmal zu erblicken, und dem Zimmer zueilend wo sie lag." f000174,1144.040,1153.960,"Der Mond, in seiner glanzreichesten Höhe, zeigte ihm auf den Gesichtern dieser unglücklichen Gesellschaft, den Ausgang den er scheute." f000175,1153.960,1157.880,"Ist sie todt? rief er in wilder Verstörung." f000176,1157.880,1168.800,"Ein Donnerschlag erschütterte die Burg in ihren Grundfesten, die Erde erbebte, und ein Laut überirrdischer Waffen stieg empor." f000177,1168.800,1173.280,"Friedrich und Geronimo dachten, es nahe der jüngste Tag." f000178,1173.280,1178.080,"Auch sie stürzten in den Hof, und rissen Theodoren mit sich fort." f000179,1178.080,1194.760,"In dem Augenblick, da Theodor dazu trat, wurden die Mauern der Burg hinter Manfred mit mächtiger Gewalt danieder geworfen, und Alfonso's Gestalt zu unermeßlicher Größe ausgedehnt, stand auf der Mitte der Trümmer." f000180,1194.760,1201.080,"Theodor ist der wahre Erbe Alfonso's! sprach das Gesicht." f000181,1201.080,1207.600,"Ein Donnerschlag folgte der Rede, und feyerlich schwebt' es zum Himmel empor." f000182,1207.600,1210.040,"Die Wolken theilten sich." f000183,1210.040,1214.520,"Des heiligen Niklas Gestalt umarmte Alfonso's Schatten." f000184,1214.520,1219.760,"Die Ausstrahlung ihrer Glorie entriß sie sterblichen Augen." f000185,1219.760,1227.360,"Die das sahen, warfen sich mit dem Antlitz zur Erde, und erkannten den Willen des Himmels." f000186,1227.360,1231.600,"Hippolite brach die Stille zuerst." f000187,1231.600,1241.960,"O mein Gemahl, sprach sie zu Manfred, dessen große Seele endlich erlag, so eitel ist die Hoheit der Menschen!" f000188,1241.960,1243.880,"Corrado verloren!" f000189,1243.880,1248.560,"Matilde dahin! und Theodor Otranto's rechtmäßiger Besitzer!" f000190,1248.560,1255.600,"Durch welches Wunder er es ist, weiß ich nicht, aber unser Urtheil ward gesprochen!" f000191,1255.600,1266.880,"Wir haben nichts zu thun, wenn unserm kläglichen Leben noch einige Augenblicke übrig bleiben, als Gott zu bitten, daß er seinen Zorn nicht ferner walten lasse." f000192,1266.880,1273.760,"Der Himmel treibt uns von hier, jene heilige Klause beut uns eine Zuflucht." f000193,1273.760,1285.240,"Du bist schuldlos und unglücklich, erwiederte Manfred, dein Unglück büßt fremde Vergehungen, und erst jetzt hab' ich ein Herz für deinen Zuspruch." f000194,1285.240,1287.760,"Ihr steht und staunt?" f000195,1287.760,1292.080,"Ich will mir selbst Gerechtigkeit wiederfahren lassen." f000196,1292.080,1299.040,"Schmach über mein Haupt zu bringen, ist alle Genugthuung, die ich dem beleidigten Himmel anbieten kann." f000197,1299.040,1304.960,"Seine Gerichte fallen auf mich, mein Bekenntniß mag ihn versöhnen." f000198,1304.960,1315.680,"Aber wer versöhnt mich mit mir selbst, daß ich mein Kind ermordete? daß eine heilige Stäte der heiligsten Unschuld keine Zuflucht gab?" f000199,1315.680,1321.320,"Hört mich an, und lernt für euch selbst, und für die Zukunft." f000200,1321.320,1326.600,"Ihr alle wißt, Alfonso starb im gelobten Lande." f000201,1326.600,1331.600,"Wißt ihr auch, daß er durch die Hand eines Verräthers fiel?" f000202,1331.600,1338.760,"Daß er es ist, dessentwegen ich diesen bittern Kelch bis auf die Hefen leeren muß?" f000203,1338.760,1340.600,"Hinweg mit dem Schleyer!" f000204,1340.600,1345.000,"Riccardo, mein Großvater, war sein Kämmerling." f000205,1345.000,1347.760,"Alfonso starb an Gift." f000206,1347.760,1353.120,"Ein untergeschobener letzter Wille erklärte Riccardo für seinen Erben." f000207,1353.120,1356.760,"Seine Sünde lag schwer auf ihm." f000208,1356.760,1363.480,"Doch verlor er keinen Corrado, keine Matilde; ich muß für alles bezahlen!" f000209,1363.480,1366.480,"Ein Sturm überfiel ihn." f000210,1366.480,1376.080,"Seine Schuld schwebt' ihm immer vor Augen; er gelobte dem heiligen Niklas eine Kirche und zwey Klöster, wenn er leben würde Otranto zu erreichen." f000211,1376.080,1398.360,"Sein Opfer ward angenommen, der Heilige erschien ihm im Traum, und versprach ihm: Riccardo's Nachkommenschaft solle Otranto beherrschen, bis der rechtmäßige Eigenthümer zu groß geworden sey, die Burg zu bewohnen, und so lange Riccardo männliche Erben haben werde, sie zu besitzen." f000212,1398.360,1405.680,"Jetzt lebt, von seinem unglücklichen Geschlecht, weder Mann noch Weib, außer mir." f000213,1405.680,1411.080,"Der Jammer dieser drey letzten Tage vollendet meine Erzählung." f000214,1411.080,1417.800,"Wie dieser Jüngling Alfonso's Erbe seyn kann, weiß ich nicht, und bezweifle ich nicht." f000215,1417.800,1421.640,"Sein ist dieses Reich, ich entsag' ihm." f000216,1421.640,1426.240,"Ich habe zwar nie von einem Erben Alfonso's gehört." f000217,1426.240,1428.480,"Des Herrn Wille geschehe!" f000218,1428.480,1437.280,"Armuth und Gebet sind fortan mein kümmerlich Loos, bis Manfred zu Riccardo versammelt wird." f000219,1437.280,1442.240,"Ich kann alles erklären, sprach Geronimo." f000220,1442.240,1449.920,"Als Alfonso dem gelobten Lande zusegelte, warf ihn ein Sturm an die Küste Siciliens." f000221,1449.920,1457.200,"Das andre Schif, welches Riccardo und sein Gefolge trug, wie Ihre Hoheit wissen werden, ward von ihm getrennt." f000222,1457.200,1465.080,"Das ist wahr, erwiederte Manfred, aber der Titel, den Sie mir geben, kommt einem Verbannten nicht zu." f000223,1465.080,1465.920,"Weiter!" f000224,1465.920,1470.400,"Geronimo erröthete und fuhr fort:" f000225,1470.400,1471.400,"Drey" f000226,1471.400,1475.320,"Monathe hielten widrige Winde Alfonso in Sicilien zurück." f000227,1475.320,1480.360,"Hier verliebte er sich in ein schönes Fräulein, mit Nahmen Victoria." f000228,1480.360,1485.320,"Er war zu gottselig, sie zu verbotner Lust zu verführen." f000229,1485.320,1487.680,"Sie wurden verheyrathet." f000230,1487.680,1506.960,"Doch fürchtete er, man mögte diese Liebe dem heiligen Gelübde der Kreuzfahrer, das ihn band, nicht angemessen glauben, und beschloß daher, seine Vermählung bis zu seiner Rückkunft zu verheimlichen, wo er Victorien als seine rechtmäßige Gattin aufsuchen, und anerkennen wolte." f000231,1506.960,1509.440,"Er verließ sie schwanger." f000232,1509.440,1513.480,"Sie gebar in seiner Abwesenheit eine Tochter." f000233,1513.480,1525.200,"Aber kaum hatte sie die Schmerzen der Mutter überstanden, als sie die traurige Nachricht von dem Tode ihres Gemahls erhielt, und daß Riccardo sein Nachfolger sey." f000234,1525.200,1529.920,"Was konnte ein freundloses hülfloses Weib beginnen?" f000235,1529.920,1531.880,"Was galt ihr Zeugniß?" f000236,1531.880,1535.800,"Freylich, gnädiger Herr, hab' ich alles unter Brief und Siegel." f000237,1535.800,1545.560,"Die Greuel dieser Tage, versetzte Manfred, die wir eben erblickten, sprechen lauter als tausend Urkunden." f000238,1545.560,1549.280,"Matilde ist ja gemordet, und ich verbannt." f000239,1549.280,1553.200,"Fassen Sie sich, mein Gemahl, sprach Hippolite." f000240,1553.200,1556.880,"Dieser ehrwürdige Mann wolte Ihren Gram nicht erneuern." f000241,1556.880,1559.240,"Geronimo fuhr fort." f000242,1559.240,1564.160,"Ich will nichts erzählen, was nicht zur Sache gehört." f000243,1564.160,1570.320,"Als Victoriens Tochter herangewachsen war, ward sie mir zur Gattin gegeben." f000244,1570.320,1575.680,"Victoria starb, ihr Geheimniß verschloß ich in meiner Brust." f000245,1575.680,1579.920,"Theodors Geschichte hat Ihnen das übrige erläutert." f000246,1579.920,1583.400,"Der Klosterbruder schwieg." f000247,1583.400,1589.280,"Die trostlose Gesellschaft begab sich in den Theil der Burg, der stehen geblieben war." f000248,1589.280,1602.440,"Am Morgen darauf unterschrieb Manfred, mit Hippolitens Zustimmung, seine Entsagung des Fürstenthums, und jedes von ihnen erwählte eine Ordenskleidung der nahgelegenen Klöster." f000249,1602.440,1606.720,"Friedrich bot seine Tochter dem neuen Fürsten an;" f000250,1606.720,1612.000,"Hippolitens Zärtlichkeit gegen Isabellen beförderte diesen Entschluß." f000251,1612.000,1637.640,"Aber noch war Theodors Gram zu frisch, dem Gedanken an eine andre Liebe Raum zu geben: und erst nachdem er oft mit Isabellen über seine unvergeßliche Matilde gesprochen, überredete er sich, es gebe kein ander Gluck für ihn, als die Gesellschaft, worin er einer Schwermuth nachhängen dürfe, die sich seiner Seele auf immer bemeistert hatte." f000252,1637.640,1642.520,"End von Teil Elf."