f000001,11.000,17.400,"Manfred ging mit dem Mönch in sein Gemach, und zog die Thür hinter sich zu." f000002,17.400,23.080,"Vater, sagt' er, ich merke wohl, Isabelle hat Sie von meiner Absicht unterrichtet." f000003,23.080,26.440,"Hören Sie jetzt meinen Entschluß, und gehorchen." f000004,26.440,33.920,"Staatsgründe, dringende Gründe, meine und meines Volkes Wohlfahrt erfordern, daß ich einen Sohn erhalte." f000005,33.920,37.240,"Vergeblich erwart' ich einen Erben von Hippoliten." f000006,37.240,39.400,"Ich habe Isabellen gewählt." f000007,39.400,41.120,"Sie müssen sie zurückbringen." f000008,41.120,42.920,"Sie müssen mehr thun." f000009,42.920,47.800,"Ich kenne Ihren Einfluß auf Hippoliten, ihr Gewissen steht in Ihrer Hand." f000010,47.800,56.600,"Ich gestehe Ihnen, es ist ein Weib ohne Fehler; ihre Seele trachtet nach dem Himmel, und verschmäht die kleinliche Größe dieser Welt." f000011,56.600,58.760,"Sie können sie gänzlich davon abziehen." f000012,58.760,64.160,"Ueberreden Sie sie, in unsre Ehescheidung zu willigen, und sich in ein Kloster zu begeben." f000013,64.160,66.240,"Sie soll eines stiften, wenn sie will." f000014,66.240,72.360,"Auch soll es ihr nicht an Mitteln gebrechen, so freygebig gegen Ihren Orden zu seyn, als Sie beide wünschen können." f000015,72.360,83.120,"Auf diese Weise werden Sie das Unglück ab wenden, das über unsern Häuptern hängt, und sich das Verdienst erwerben, das Fürstenthum Otranto vom Untergange zu retten." f000016,83.120,85.280,"Sie sind ein kluger Mann." f000017,85.280,97.680,"Die Aufwallung meines Bluts verführte mich zu unschicklichen Ausdrücken, aber ich ehre Ihre Tugend, und wünsche Ihnen die Ruhe meines Lebens, und die Erhaltung meines Stammes, zu verdanken." f000018,97.680,101.760,"Des Himmels Wille geschehe! sprach der Mönch." f000019,101.760,104.920,"Ich bin nur sein unwürdiges Werkzeug." f000020,104.920,112.320,"Er bedient sich meiner Zunge, Fürst, Ihnen zu sagen, daß Ihr Vorhaben unverantwortlich sey." f000021,112.320,117.440,"Die Leiden der tugendhaften Hippolite sind vor den Thron der Gnade gedrungen." f000022,117.440,130.720,"Ich bestrafe Sie, um Ihrer ehebrecherischen Absicht willen, sie zu verstoßen; ich warne Sie, die blutschänderische Nachstellung derjenigen aufzugeben, die Ihnen als Tochter versprochen war." f000023,130.720,142.600,"Der Gott, der sie Ihrer Wuth entzog, als sein Gericht, das so kürzlich Ihr Haus betroffen hatte, Sie zu andern Gedanken auffordern sollte, wird auch fernerhin sie bewachen." f000024,142.600,149.600,"Ich selbst, ein armer verachteter Klosterbruder, bin im Stande sie vor Ihrer Gewalt zu schützen." f000025,149.600,162.960,"Ich sündiger Mensch, und lieblos von einem Fürsten geschmäht, als wär' ich der Mitschuldige solcher Liebeshändel, verachte die Bestechung, womit Sie sich einfallen lassen, meine Rechtschaffenheit zu versuchen." f000026,162.960,181.000,"Ich liebe meinen Orden, ich schätze andächtige Seelen, ich verehre die Gottesfurcht der Fürstin; aber nie werde ich das Vertrauen hintergehen, daß sie in mich setzt; oder selbst der Sache der Religion, durch schändliche und sündige Gefälligkeit dienen." f000027,181.000,187.280,"Warlich! die Wohlfahrt des Staats erfordert, daß Ihre Hoheit einen Sohn erhalten?" f000028,187.280,191.160,"Der Himmel spottet des kurzsichtigen Blickes der Menschen." f000029,191.160,196.240,"Wessen Haus war noch gestern morgen so groß, so blühend als Manfreds?" f000030,196.240,198.720,"Wo ist jetzt der junge Corrado?" f000031,198.720,203.640,"Gnädiger Herr, ich ehre Ihre Thränen, ich wünsche nicht sie zu hemmen." f000032,203.640,216.600,"Geben Sie Ihnen Raum, mein Fürst, sie sprechen lauter im Himmel, für die Wohlfahrt Ihrer Unterthanen, als eine Ehe, die auf fleischliche oder ehrgeizige Begierden gegründet, nie gedeihen kann." f000033,216.600,226.160,"Der Scepter, der vom Stamm Alfonso's auf den Ihrigen kam, mag durch keine Verbindung erhalten werden, welche die Kirche nie gestatten wird." f000034,226.160,237.560,"Ist es der Wille des Allmächtigen, daß Manfreds Nahme untergehe, so ergeben Sie sich in seinen Rathschluß, gnädiger Herr, und verdienen Sie dadurch eine Krone, die nicht entwendet werden kann." f000035,237.560,254.560,"Kommen Sie, gnädiger Herr, diese Traurigkeit steht Ihnen wohl, lassen Sie uns zu der Fürstin zurück kehren; sie ist von Ihrem grausamen Vorhaben nicht unterrichtet, auch wollte ich nicht weiter gehn, als Sie besorgt machen." f000036,254.560,263.200,"Sie sahen, mit wie sanfter Geduld, mit welcher Erhabenheit der Liebe, sie hörte, sie den Umfang Ihrer Schuld zu hören verwarf." f000037,263.200,272.120,"Ich weiß, sie verlangt Ihre Hoheit in ihre Arme zu schließen, und Sie ihrer unwandelbaren Zuneigung zu versichern." f000038,272.120,277.200,"Vater, sagte der Prinz, Sie mißverstehen meine Zerknirschung." f000039,277.200,293.760,"Es ist wahr, ich ehre Hippolitens Tugenden, ich sehe auf sie als eine Heilige, und wünsche, es vertrüge sich mit dem Heil meiner Seele, das Band, das uns vereinigt, noch fester zu schlingen, aber ach! Vater, Sie kennen meine bitterste Qual noch nicht!" f000040,293.760,301.280,"Es ist schon eine Weile her, daß ich über die Gesetzmäßigkeit unsrer Verbindung Gewissenszweifel habe." f000041,301.280,304.400,"Hippolite ist mir im vierten Grade verwandt." f000042,304.400,307.280,"Wir haben zwar darüber eine Erlassung." f000043,307.280,312.720,"Ich muß aber erfahren, daß sie schon mit einem andern verlobt gewesen sey." f000044,312.720,315.240,"Dies liegt mir schwer auf dem Herzen." f000045,315.240,323.440,"Dieser widerrechtlichen Verheirathung schreib' ich die Strafe zu, womit Corrado's Tod mich heimsucht." f000046,323.440,324.000,"Befreyen" f000047,324.000,326.000,"Sie mein Gewissen von dieser Last." f000048,326.000,333.880,"Trennen Sie unsre Ehe, und vollenden Sie das gottselige Werk, daß Ihre Ermahnungen in meiner Seele begonnen haben." f000049,333.880,342.840,"Wie schneidend war die Betrübniß, die der gute Greiß empfand, als er diese Verkehrtheit des tückischen Fürsten gewahrte." f000050,342.840,365.040,"Er zitterte vor Hippoliten, deren Verderben, wie er sah, beschlossen war; und fürchtete, wenn Manfred die Hofnung verlöre, Isabellen wieder zu erhalten, so mögte sein ungeduldiges Verlangen nach einem Sohn, ihn zu einem andern Gegenstande führen, welcher der Versuchung von Manfreds Rang nicht so leicht widerstände." f000051,365.040,369.520,"Eine Zeitlang blieb der ehrwürdige Alte in Nachdenken verloren." f000052,369.520,381.800,"Endlich fing er an, sich etwas Gutes von der Verzögerung zu versprechen, und hielt es für das weiseste, wenn Manfred nicht ganz die Hofnung verlöre, Isabellen wieder zu erhalten." f000053,381.800,399.160,"Von ihr wuste der Mönch, da sie Hippoliten liebte, und ihm bezeugt hatte, wie sehr sie Manfreds Bewerbung verabscheue, er könne sie vermögen, seine Absichten zu unterstützen, bis man Zeit gewönne, den Kirchenbann gegen eine Ehescheidung schleudern zu lassen." f000054,399.160,404.760,"In diesem Vorhaben sprach er endlich, als hätten des Fürsten Gewissenszweifel Eindruck auf ihn gemacht:" f000055,404.760,410.400,"Gnädiger Herr, ich habe Ihrer Hoheit Reden erwogen." f000056,410.400,421.440,"Ist wirklich ein zartes Gewissen der Bewegungsgrund, der Sie Ihrer tugendhaften Gemahlin entfremdet, so sey es fern von mir, daß ich unternehmen sollte, Ich Herz zu verhärten." f000057,421.440,425.640,"Die Kirche ist eine nachsichtige Mutter." f000058,425.640,428.680,"Schütten Sie Ihren Kummer in ihren Schoos." f000059,428.680,443.440,"Nur sie kann Ihrer Seele Trost ertheilen, indem sie entweder Ihr Gewissen beruhigt, oder wenn sie Ihre Zweifel erheblich findet, Sie in Freyheit setzt, und Ihnen rechtmäßige Mittel verstattet, Ihren Stamm fortzupflanzen." f000060,443.440,472.120,"Giebt im letztern Falle Fräulein Isabelle ihre Einwilligung Manfred hielt dafür, er habe entweder den guten alten Mann überlistet, oder seine erste Aufwallung sey ein bloßer Zoll, den er dem Schein bezahlen müssen: daher war er mit dieser unvorbereiteten Wendung überaus vergnügt, und wiederholte die prächtigsten Versicherungen, falls es ihm durch des Mönchs Vermittelung gelingen sollte." f000061,472.120,482.000,"Der wohlmeinende Geistliche ließ ihn sich selbst betrügen, fest entschlossen, seine Absichten zu vereiteln, anstatt sie zu unterstützen." f000062,482.000,489.760,"Da wir nun einander verstehn, Vater, hub der Fürst an, so erwarte ich, Sie werden mich über einen Punkt befriedigen." f000063,489.760,492.920,"Wer ist der junge Bursche, den ich im Kreutzgange fand?" f000064,492.920,497.000,"Er muß Theil an Isabellen Flucht genommen haben." f000065,497.000,503.440,"Sagen Sie mir die Wahrheit: ist er ihr Liebhaber? oder ist er der Abgesandte einer fremden Leidenschaft?" f000066,503.440,507.680,"Oft hab' ich geargwohnt, Isabelle sey unempfindlich gegen meinen Sohn." f000067,507.680,512.120,"Mir schweben tausend Umstände vor, die diesen Argwohn vermehren." f000068,512.120,523.760,"Sie war sich dessen selbst so wohl bewust, daß sie, da ich mit ihr in der Gallerie sprach, meinem Verdacht zuvorkam, und mir versicherte, sie sey nie kalt gegen Corrado gewesen." f000069,523.760,544.840,"Der Mönch, dem von dem jungen Menschen nichts bekannt war, außer was er gelegentlich von der Prinzessin erfahren hatte, der ausserdem nicht wuste, was aus ihm geworden sey, und Manfreds heisses Blut nicht genugsam in Betrachtung zog, ließ sich einfallen: es mögte vielleicht nicht übel seyn, den Saamen der Eifersucht in seiner Seele auszustreuen." f000070,544.840,566.880,"Der könne nachher zu einigem Nutzen heranreifen; entweder um den Fürsten gegen Isabellen einzunehmen, wenn er auf dieser Verbindung bestände; oder doch, um seine Aufmerksamkeit eine unrechte Fährte zu leiten, und dadurch, daß man seine Gedanken mit einem erträumten Handel beschäftige, ihn von irgend einer neuen Unternehmung abzubringen." f000071,566.880,579.800,"Diese unglückliche Weltklugheit bewog ihn, auf eine Weise zu antworten, die Manfred in dem Glauben bestärkte, als sey zwischen Isabellen und dem Jüngling eine Verbindung." f000072,579.800,590.960,"Der Fürst, dessen Leidenschaft nur wenig Zunder bedurfte, um in eine Flamme aufzulodern, ward wüthend bey dem Wink, welchen der Mönch ihm zu geben schien." f000073,590.960,605.000,"Ich will diesen Schleicher bis auf den Grund kennen! rief er, verließ Geronimo plötzlich, gebot ihm seiner Rückkehr zu warten, eilte in die große Halle der Burg, und befahl den Landmann vorzuführen." f000074,605.000,614.200,"Verstockter junger Betrüger! rief der Fürst dem Jüngling entgegen, sobald er ihn sah; wie besteht jetzt die Wahrhaftigkeit, mit der du dich brüstest?" f000075,614.200,619.320,"Waren es Vorsehung und Mondschein, die das Schloß der Fallthür dir offenbarten?" f000076,619.320,631.120,"Sage mir, verwegner Junge, wer bist du? wie lange bist du mit der Prinzessin bekannt? und hüte dich, nicht so zweydeutig zu antworten, als diese Nacht, oder die Marterbank soll dich Wahrheit reden lehren." f000077,631.120,644.040,"Der Jüngling merkte, daß sein Antheil an der Flucht der Prinzessin entdeckt sey, und urtheilte, was er auch jetzt sage, könne ihr nicht mehr zum Vortheil oder zum Schaden gereichen." f000078,644.040,651.160,"Er antwortete also: Gnädiger Herr, ich bin kein Betrüger, und verdiene keine Schmachreden." f000079,651.160,664.680,"Jede Frage, die mir Ihre Hoheit diese Nacht vorlegten, habe ich so wahrhaftig beantwortet, als ich jetzt thun werde, und zwar nicht aus Furcht vor Martern, sondern weil meine Seele jede Falschheit verabscheut." f000080,664.680,671.640,"Ich bitte Ihre Hoheit, Ihre Fragen zu wiederholen; ich bin bereit Ihnen genug zu thun, so viel in meiner Macht steht." f000081,671.640,678.080,"Du weißt meine Fragen, versetzte der Prinz, und suchst nur Zeit für Ausflüchte zu gewinnen." f000082,678.080,683.280,"Sprich grade heraus: wer bist du? und wie lange kennt dich die Prinzessin?" f000083,683.280,689.200,"Ich bin ein Feldarbeiter vom nächsten Dorf, antwortete der Jüngling; mein Nahme ist Theodor." f000084,689.200,694.920,"Die Prinzessin fand mich verwichene Nacht im Kreuzgange: nie war ich zuvor in ihrer Gegenwart." f000085,694.920,704.800,"Davon mag ich glauben, so viel mir beliebt, sprach Manfred; aber ich will deine Geschichte zu Ende hören, bevor ich ihre Wahrheit untersuche." f000086,704.800,709.840,"Sprich weiter: welche Ursache führte die Prinzessin an, warum sie entfliehe?" f000087,709.840,713.160,"Dein Leben hängt von der Antwort ab." f000088,713.160,724.880,"Sie sagte mir, erwiederte Theodor, sie stehe am Rande des Verderbens, und schwebe in Gefahr, in wenig Augenblicken auf ewig unglücklich zu werden, wenn sie nicht aus der Burg entrinnen könne." f000089,724.880,734.600,"Und auf diesen schwachen Grund hin, auf die Aussage eines albernen Mädchens, sprach Manfred, wagtest du mir zu mißfallen?" f000090,734.600,741.640,"Ich fürchte niemandes Mißfallen, versetzte Theodor, wenn ein unglückliches Frauenzimmer sich meinen Schutz begiebt." f000091,741.640,747.400,"Während dieses Verhörs ging Matilde in Hippolitens Gemach." f000092,747.400,756.000,"An dem obern Ende der Halle, wo Manfred saß, war eine bedeckte Gallerie mit Gitterfenstern, durch welche Matilde und Bianca gehen musten." f000093,756.000,763.880,"Da sie ihres Vaters Stimme vernahm, und seine Diener um ihn versammelt sah, stand sie still, zu erfahren was es gäbe." f000094,763.880,767.920,"Bald zog der Gefangene ihre Aufmerksamkeit an sich." f000095,767.920,780.080,"Die feste und gesetzte Art, womit er antwortete, und der Edelmuth seiner letzten Erklärung, deren Worte das erste waren, was sie deutlich verstand, nahmen sie zu seinem Vortheil ein." f000096,780.080,789.200,"Sein Wuchs war edel, schön, und selbst in dieser Lage ansehnlich, aber bald fiel ihr nichts so sehr auf, als sein Gesicht." f000097,789.200,791.000,"Himmel!" f000098,791.000,800.880,"Bianca! träum' ich? sprach die Prinzessin leise, oder ist dieser Jüngling das wahre Ebenbild von dem Gemälde Alfonso's in der Gallerie?" f000099,800.880,805.640,"Sie konnte nicht weiter reden, denn ihres Vaters Stimme ward lauter bey jedem Wort." f000100,805.640,812.160,"Diese Prahlerey sprach er, geht noch weiter als alle deine vorige Unverschämtheit." f000101,812.160,815.560,"Du sollst den Zorn empfinden, dessen du zu spotten wagst." f000102,815.560,819.480,"Greift ihn, fuhr Manfred fort, und bindet ihn." f000103,819.480,825.600,"Die erste Neuigkeit, welche die Prinzessin erfährt, sey, daß er ihrentwegen den Kopf verloren habe!" f000104,825.600,839.360,"Die Ungerechtigkeit, die Sie sich gegen mich zu Schulden kommen lassen, erwiederte Theodor, überzeugt mich, daß ich eine gute That verrichtete, da ich die Prinzessin von Ihrer Tyranney befreyte." f000105,839.360,842.200,"Möge sie glücklich seyn, was auch aus mir wird!" f000106,842.200,845.760,"Dies ist ein Liebhaber! rief Manfred wüthend." f000107,845.760,850.160,"Solche Empfindungen hegt kein Bauer, wenn er dem Tode ins Gesicht sieht." f000108,850.160,854.920,"Entdecke mir, rascher Knabe, wer du bist, oder die Folter soll dir das Geheimniß entreissen!" f000109,854.920,862.240,"Sie haben mich schon mit dem Tode bedroht, antwortete der Jüngling, weil ich Ihnen die Wahrheit sagte." f000110,862.240,871.080,"Findet meine Aufrichtigkeit keine andre Ermunterung, so versucht mich das nicht, eitle Neugier weiter zu befriedigen." f000111,871.080,873.920,"Du willst also nicht sprechen? fragte Manfred." f000112,873.920,875.920,"Nein, erwiederte er." f000113,875.920,879.880,"Führt ihn auf den Hofplatz, sprach Manfred." f000114,879.880,881.800,"Man soll ihm sogleich das Haupt abschlagen." f000115,881.800,885.200,"Matilde fiel bey diesen Worten in Ohnmacht." f000116,885.200,889.520,"Bianca schrie: zu Hülfe! zu Hülfe! die Prinzessin stirbt!" f000117,889.520,895.000,"Manfred fuhr bey diesem Aufruf zusammen, und fragte, was es gäbe?" f000118,895.000,901.240,"Der junge Landmann hörte ihn auch, ward mit Grausen erfüllt, und fragte eifrig eben das." f000119,901.240,912.520,"Aber Manfred befahl, ihn schleunigst in den Hof hinabzuführen, und dort alles zu seiner Hinrichtung bereit zu halten, bis er die Ursache von Bianca's Geschrey erfahren haben werde." f000120,912.520,928.760,"Als er hörte, was es bedeute, nannte er es eine Anwandlung weibischen Schreckens, befahl, Matilden in ihr Gemach zu bringen, eilte auf den Hof, rief einen von seiner Wache, und gebot Theodoren nieder zu knien, daß er den Todesstreich empfänge." f000121,928.760,937.040,"Der unerschrockene Jüngling hörte dies Urtheil, mit einer Ergebung, die jedes Herz rührte, außer Manfreds." f000122,937.040,948.600,"Er wünschte sehnlichst zu wissen, was die Worte bedeuteten, womit man der Prinzessin erwähnte; aber er gab es auf, aus Besorgniß, den Tyrannen noch mehr gegen sie aufzubringen." f000123,948.600,957.720,"Nur eine Gnade, ließ er sich herab, zu erbitten, daß man ihm einen Beichtiger erlauben möge, um sich mit dem Himmel versöhnen zu können." f000124,957.720,966.080,"Manfred hofte durch den Beichtvater, die Geschichte des Jünglings zu erfahren, und bewilligte diese Forderung gern." f000125,966.080,974.800,"Aus Ueberzeugung, daß Vater Geronimo es jetzt mit ihm halte, befahl er ihn zu rufen, daß er des Gefangenen Beichte höre." f000126,974.800,990.120,"Der ehrwürdige Mann, der nichts weniger vorhergesehen hatte, als daß seine Unvorsichtigkeit zu einem solchen Ausgange führen würde, fiel dem Fürsten zu Füssen, und beschwor ihn auf die feyerlichste Weise, unschuldiges Blut nicht zu vergiessen." f000127,990.120,1000.800,"Er klagte sich mit den bittersten Ausdrücken der Unbedachtsamkeit an, versuchte den Jüngling zu entschuldigen, und ließ nichts unerprobt, die Wuth des Tyrannen zu mildern." f000128,1000.800,1021.040,"Manfred vielmehr aufgebracht, als zufrieden gesprochen, durch Geronimo's Vermittelung, dessen Widerruf ihn jetzt argwöhnen ließ, daß er von beyden hintergangen sey, befahl dem Mönch, seine Schuldigkeit zu thun, und setzte hinzu, er wolle dem Gefangenen nicht viele Minuten Zeit lassen, seine Sünden zu bekennen." f000129,1021.040,1027.240,"Auch bedarf ich dazu nicht vieler, gnädiger Herr, sagte der unglückliche junge Mann." f000130,1027.240,1035.040,"Die Zahl meiner Sünden, ist, Dank dem Himmel! nicht ansehnlich, noch sind sie schwerer, als man bey meinen Jahren erwarten kann." f000131,1035.040,1039.720,"Trocknen Sie Ihre Zähren, guter Vater, und lassen Sie uns eilen." f000132,1039.720,1044.960,"Dies ist eine böse Welt, und ich habe keine Ursach, sie ungern zu verlassen." f000133,1044.960,1051.840,"Armer Jüngling! sprach Geronimo: wie kannst du meinen Anblick geduldig ertragen?" f000134,1051.840,1053.280,"Ich bin dein Mörder." f000135,1053.280,1056.840,"Ich habe diese Stunde des Verderbens über dich gebracht!" f000136,1056.840,1064.760,"Ich vergebe Ihnen von Herzen, sagte der Jüngling, wie ich hoffe, daß mein himmlischer Vater mir vergeben wird." f000137,1064.760,1068.680,"Hören Sie meine Beichte, Vater, und geben Sie mir Ihren Seegen." f000138,1068.680,1076.560,"Wie kann ich dich, sprach Geronimo, meiner Pflicht gemäß, zu diesem Uebergange vorbereiten?" f000139,1076.560,1084.120,"Du kannst nicht selig werden, wenn du deinen Feinden nicht vergiebst: kannst du dem grausamen Fürsten dort vergeben?" f000140,1084.120,1089.680,"Ich kann es, antwortete Theodor, ich vergeb' ihm." f000141,1089.680,1096.640,"Erweicht dies Ihrer Hoheit Strenge nicht? fragte Geronimo." f000142,1096.640,1102.000,"Ich sandte dich, ihn Beichte zu hören, sprach Manfred unerschüttert, nicht seinen Anwald zu machen." f000143,1102.000,1106.400,"Du hast mich zuerst gegen ihn aufgehetzt, sein Blut komm' über dich!" f000144,1106.400,1113.120,"Das wird es, das wird es, sprach der Geistliche, der vor Schmerz beynahe versank." f000145,1113.120,1119.480,"Sie und ich dürfen niemals hoffen, dahin zu gehen, wohin dieser gesegnete Jüngling geht." f000146,1119.480,1125.000,"Eile! befahl ihm Manfred, Pfaffenthränen rühren mich so wenig, als Weibergeschrey." f000147,1125.000,1134.920,"Ist es möglich? sagte der Jüngling, ist das Schicksal ganz so unbarmherzig, als ich vernehme? ist die Prinzessin wieder in Ihrer Gewalt?" f000148,1134.920,1138.440,"Du weckst meinen Zorn, sprach Manfred." f000149,1138.440,1140.920,"Bereite dich, dies ist dein letzter Augenblick!" f000150,1140.920,1160.840,"Der Jüngling fühlte seinen Unwillen empor streben, aber ihn jammerte des Kummers, den er über alle Umstehende, wie über den Klosterbruder verbreitet sah, darum unterdrückte er diese Aufwallung, zog seine Weste aus, öfnete seinen Hemdekragen, und kniete nieder zum Gebet." f000151,1160.840,1169.000,"Da er sich bückte, glitt ihm das Hemd die Schulter herab, und enthüllte das Mahl eines blutigen Pfeils." f000152,1169.000,1178.320,"Gütiger Himmel! rief der ehrwürdige Alte mit Entsetzen, was seh' ich? es ist mein Sohn! mein Theodor!" f000153,1178.320,1183.680,"Den Eindruck welchen dies machte, muß man fühlen." f000154,1183.680,1185.720,"Wer kann ihn beschreiben?" f000155,1185.720,1193.600,"Die Thränen derer, die dabey standen, waren mehr durch Verwunderung aufgehalten, als durch Freude erstickt." f000156,1193.600,1198.560,"Es schien, als forschten sie in den Augen ihres Herrn, was sie fühlen sollten." f000157,1198.560,1205.280,"Ueberraschung, Zweifel, Zärtlichkeit und Ehrfurcht, wechselten in des Jünglings Antlitz." f000158,1205.280,1211.400,"Mit bescheidener Demuth nahm er die Ergießung der Zähren und Umarmungen des Alten auf." f000159,1211.400,1215.680,"Doch scheute er sich, der Hofnung den Zügel schießen zu lassen." f000160,1215.680,1221.120,"Was vorgegangen war, ließ ihn argwöhnen, Manfreds Stimmung wäre nicht zu beugen." f000161,1221.120,1228.360,"Er warf einen fragenden Blick auf den Prinzen: bleibst du bey diesem Auftritt unbewegt?" f000162,1228.360,1233.000,"Manfreds Herz war fähig gerührt zu werden." f000163,1233.000,1239.440,"Sein Zorn wich dem Erstaunen, aber sein Stolz verbot ihm, diese Empfindungen zu gestehn." f000164,1239.440,1247.000,"Es fiel ihm sogar ein, die Erkennung sey vielleicht nur eine List, deren der Mönch sich bediene, den Jüngling zu retten." f000165,1247.000,1249.880,"Was soll das bedeuten? fragt' er." f000166,1249.880,1251.960,"Wie kann er Ihr Sohn seyn?" f000167,1251.960,1260.160,"Besteht es mit Ihrem Amt, und dem Geruch Ihrer Heiligkeit, den Sohn eines Bauren für die Frucht Ihrer zügellosen Liebe zu erkennen?" f000168,1260.160,1266.560,"O Gott! erwiederte der Alte, zweifelt Ihre Hoheit, ob er mir angehört?" f000169,1266.560,1271.320,"Könnte ich die Beklemmung empfinden, die ich fühle, wenn ich nicht sein Vater wäre?" f000170,1271.320,1274.760,"Schonen Sie seiner, guter Fürst, schonen Sie seiner." f000171,1274.760,1277.280,"Setzen Sie mich so tief herab, wie Sie wollen." f000172,1277.280,1285.960,"Schonen Sie seiner, schonen Sie seiner, gnädiger Herr, riefen die Umstehenden, um des guten alten Mannes willen!" f000173,1285.960,1292.680,"Schweigt! sprach Manfred störrig, ich muß mehr wissen, bevor ich geneigt werde zu vergeben." f000174,1292.680,1295.760,"Eines Heiligen Bankert mag kein Heiliger seyn!" f000175,1295.760,1301.680,"Gnädiger Herr, sprach Theodor, häufen Sie nicht Beleidigung mit Grausamkeit." f000176,1301.680,1309.120,"Bin ich der Sohn dieses ehrwürdigen Mannes, so fließt edles Blut in meinen Adern, wenn gleich kein Fürstenblut." f000177,1309.120,1318.240,"Ja, es ist edles Blut, unterbrach ihn der Mönch, er ist nicht der Verworfne, Gnädiger Herr, für den Sie ihn halten." f000178,1318.240,1326.560,"Er ist aus rechtmäßiger Ehe von mir erzeugt, und Sicilien kennt wenig ältere Geschlechter, wie das Haus Falconara." f000179,1326.560,1331.080,"Aber ach! gnädiger Herr, was ist Blut, was ist Adel?" f000180,1331.080,1335.080,"Wir alle sind kriechende, elende, sündenvolle Geschöpfe." f000181,1335.080,1344.080,"Nur Gottesfurcht allein vermag uns über den Staub empor zu heben, aus dem wir genommen wurden, und zu dem wir zurückkehren müssen." f000182,1344.080,1352.680,"Schenken Sie mir die Predigt, sprach Manfred, Sie vergessen, daß Sie nicht länger Bruder Geronimo sind, sondern Graf Falconara." f000183,1352.680,1355.440,"Lassen Sie mich Ihre Geschichte erfahren." f000184,1355.440,1363.440,"Himmlische Weisheit können Sie in der Folge genug anbringen, wenn es Ihnen etwa nicht gelingt, diesem hartnäckigen Verbrecher Gnade auszuwürken." f000185,1363.440,1374.600,"Heilige Mutter! sagte der Mönch, würden Ihre Hoheit einem Vater das Leben seines einzigen, seines lange verlohrnen Sohnes abschlagen?" f000186,1374.600,1383.600,"Treten Sie mich mit Füssen, gnädiger Herr, verachten Sie mich, verschmähen Sie mich, nehmen Sie mein Leben für das seinige, nur verschonen Sie meinen Sohn." f000187,1383.600,1390.040,"Können Sie also fühlen, fragte Manfred, wie es thut, wenn man seinen einzigen Sohn verliert?" f000188,1390.040,1395.080,"Noch vor einer Stunde predigten Sie mir vor, dem meinigen zu entsagen." f000189,1395.080,1412.000,"Mein Haus darf untergehn, wenn es dem Schicksal so gefällt, aber das Gräfliche Falconara Ach, gnädiger Herr! antwortete Geronimo, ich gestehe, ich habe Ihre Hoheit beleidigt; aber erschweren Sie nicht die Leiden eines alten Mannes." f000190,1412.000,1420.480,"Ich rühme mich meines Geschlechtes nicht, über solche Eitelkeiten bin ich hinaus, aber die Natur spricht in mir, für diesen Jüngling." f000191,1420.480,1427.360,"Für ihn spricht das Gedächtniß des theuren Weibes, das ihn gebahr sage mir Theodor, lebt sie noch?" f000192,1427.360,1431.600,"Ihre Seele ist lange bey den Auserwählten, erwiederte Theodor." f000193,1431.600,1440.560,"O wie ist sie gestorben? rief Geronimo, erzähle mir aber nein! sie ist wohl daran, und du bist in Lebensgefahr." f000194,1440.560,1450.160,"Gnädiger Herr, mein gebietender Fürst, wollen mir, wollen mir Ihre Hoheit das Leben meines armen Jungen schenken?" f000195,1450.160,1452.160,"Gehn" f000196,1452.160,1462.920,"Sie in Ihr Kloster, antwortete Manfred, führen Sie mir die Prinzessin zu, befolgen Sie den andern Auftrag, den ich Ihnen gab, und ich verspreche Ihnen das Leben Ihres Sohnes." f000197,1462.920,1470.840,"O! gnädiger Herr, sprach Geronimo, soll ich meine Rechtschaffenheit ihm zum Lösegeld weggeben?" f000198,1470.840,1474.320,"Mir zum Lösegeld! rief Theodor." f000199,1474.320,1478.800,"Lassen Sie mich tausendmal sterben, ehe Sie Ihr Gewissen beflecken?" f000200,1478.800,1480.960,"Was verlangt der Tyrann?" f000201,1480.960,1483.040,"Ist die Prinzessin noch vor ihm bewahrt?" f000202,1483.040,1487.720,"Schützen Sie die mein Vater, und das ganze Gewicht seines Zorns treffe mich!" f000203,1487.720,1502.280,"Geronimo versuchte, der Heftigkeit des Jünglings einzuhalten, und ehe Manfred etwas erwiedern konnte, hörte man Rosse stampfen, und eine eherne Drommete, die ausserhalb des Schloßthores hing, ertönte zugleich." f000204,1502.280,1517.640,"In dem nemlichen Augenblick bewegten sich die schwarzen Federn des bezauberten Helms, der immer noch am andern Ende des Hofes lag, wie im Sturm, und nickten dreymal, als habe sie ein unsichtbarer Träger erschüttert." f000205,1517.640,1524.920,"Ein von Teil vier gelesen von AugusKupus."