Mishnah Ta'anit
משנה תענית
Mischnajot mit deutscher Übersetzung und Erklärung. Berlin 1887-1933 [de]
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Mishnah Ta'anit
Chapter 1
Von wann an erwähnt man die Wunderkräfte des Regens ? Rabbi Eli‘ezer sagt: Vom ersten Feiertage des Hüttenfestes an; Rabbi Josua sagt: Vom letzten Feiertage des Festes an. Da sagte Rabbi Josua zu ihm: Da der Regen am Hüttenfeste nur ein Zeichen des Fluches ist, warum soll man seiner erwähnen? Worauf ihm Rabbi Eli‘ezer erwiderte: Ich sprach ja auch nicht von einer Bitte, sondern nur von einer Erwähnung: Der den Wind wehen lässt und den Regen herniedersendet zu seiner Zeit. Jener aber meinte: Wenn dem so ist, wäre die Erwähnung stets am Platze.
Man bittet um Regen erst kurz vor der Regenzeit. Rabbi Juda sagt: Tritt man vor die Lade am letzten Feiertage des Festes, so erwähnt der letzte, der erste aber erwähnt nicht; am ersten Feiertage des Pesaḥfestes erwähnt der erste, der letzte dagegen erwähnt nicht. Bis wann bittet man um Regen? Rabbi Juda sagt: Bis Pesaḥ vorüber ist; Rabbi Mêïr sagt: Bis Nisan zu Ende geht, denn es heisst: Er liess euch Regen herniederströmen, Früh- und Spätregen im Ersten.
Am dritten Marḥeschwan bittet man um Regen; Rabban Gamliel sagt: Am siebenten, fünfzehn Tage nach dem Hüttenfeste, damit inzwischen der Letzte in Israel bis zum Euphratstrome gelange.
Trat der siebzehnte Marḥeschwan ein, und es war noch kein Regen gefallen, fingen Einzelne zu fasten an und zwar drei Fasttage. Sie assen und tranken, nachdem es dunkel geworden war, und es war ihnen sowohl Arbeitsverrichtung wie auch Baden, Salben, Sandalenbeschuhung und Benutzung des Bettes gestattet.
Ist der Anfang des Monats Kislew eingetreten und immer noch kein Regen gefallen, so verhängt der Gerichtshof drei Fasttage über die Gemeinde. Man isst und trinkt, nachdem es dunkel geworden, und Arbeitsverrichtung wie auch Baden, Salben, Sandalenbeschuhung und Benutzung des Bettes sind erlaubt.
Sind diese vorübergegangen, ohne dass man Erhörung gefunden, verhängt der Gerichtshof fernere drei Fasttage über die Gemeinde. Man isst und trinkt nur, solange es noch Tag ist, Arbeitsverrichtung wie auch Baden, Salben, Sandalenbeschuhung und Benutzung des Bettes sind untersagt, und die Badehäuser werden geschlossen. Sind auch diese ohne Erhörung vorübergegangen, verhängt das Gericht noch sieben — das wären nun schon dreizehn — Fasttage über die Gemeinde. Bei diesen tritt gegenüber den früheren die Verschärfung ein, dass man an ihnen den Schofar bläst und die Kaufläden schliesst. Am zweiten Wochentage lenkt man mit der Abenddämmerung ein, am fünften ist man wegen der Ehre des Schabbats unbeschränkt.
Sind auch diese vorübergegangen, ohne dass man erhört wurde, werden Handel und Verkehr, Bauten und Pflanzungen, Trauungen und Hochzeiten sowie gegenseitige Begrüssungen eingeschränkt, wie es Leuten zukommt, die von Gott eine Rüge erhalten haben. Die Einzelnen fasten wieder bis zum Ausgange des Nîsân. Ist der Nisan zu Ende gegangen und es fällt Regen, so ist das ein Zeichen des Fluches, denn es heisst: „Es ist ja heute Weizenernte, ich werde zu Gott rufen und er wird Donner und Regen geben, damit ihr erkennet und sehet, dass die Sünde schwer ist, die ihr vor Gott begangen, da ihr euch einen König wünschtet“.
Chapter 2
Welches ist die Ordnung der Fasttage ? Man trägt die Lade auf einen freien Platz der Ortschaft und tut Asche auf die Lade, auf das Haupt des Nasi und auf das Haupt des Ab-Bêt-Dîn und jeder einzelne nimmt welche und legt sie sich selbst aufs Haupt. Der Älteste unter ihnen spricht vor ihnen eindringliche Worte: Unsere Brüder, es heisst nicht bei den Männern Ninives: Gott sah ihr Sackgewand und ihr Fasten, sondern: Und Gott sah ihre Taten, dass sie von ihrem bösen Wege umkehrten; und in einer Strafrede heisst es: Und zerreisset euer Herz und nicht eure Kleider!
Treten sie zum Gebete hin, lässt man vor die Lade einen Greis hinabsteigen, der Übung besitzt und im leeren Hause Kinder hat, damit sein Herz ganz beim Gebete sei. Dieser spricht vor ihnen vierundzwanzig Segenssprüche: die täglichen achtzehn, denen er noch sechs anfügt.
Es sind die folgenden: Erinnerungs- und Schofargebete; „Zu Gott rufe ich in meiner Not, und er antwortet mir …“; „Ich erhebe meine Augen zu den Bergen …“; „Aus den Tiefen rufe ich Dich, o Gott …“; „Gebet des Armen, wenn er verzagt …“. Rabbi Juda meint: Er brauchte keine Erinnerungs- und Schofargebete vorzutragen; er sprach vielmehr an deren Stelle: „Wenn Hungersnot im Lande sein, wenn eine Seuche auftreten sollte …“; „Wie das Wort Gottes an Jirmejahu lautete aus Anlass des Regenmangels …“. Dazu sagt er die entsprechenden Schlussformeln.
Nach dem ersten sagt er: Er, der Abraham am Berge Morija erhört hat, erhöre auch euch und vernehme die Stimme eures Flehens an diesem Tage. Gepriesen seist Du, o Gott, Erlöser Israels. Nach dem zweiten sagt er: Er, der unsere Väter am Schilfmeere erhört hat, erhöre auch euch und vernehme die Stimme eures Flehens an diesem Tage. Gepriesen seist Du, o Gott, der du eingedenk bist des Vergessenen. Nach dem dritten sagt er: Er, der Josua in Gilgal erhört hat, erhöre auch euch und vernehme die Stimme eures Flehens an diesem Tage. Gepriesen seist Du, o Gott, der du das Posaunengeschmetter vernimmst. Nach dem vierten sagt er: Er, der Samuel in Miṣpa erhört hat, erhöre auch euch und vernehme die Stimme eures Flehens an diesem Tage. Gepriesen seist du, o Gott, der du das Flehen vernimmst. Nach dem fünften sagt er: Er, der Elijahu am Berge Karmel erhört hat, erhöre auch euch und vernehme die Stimme eures Flehens an diesem Tage. Gepriesen seist du, o Gott, der du das Gebet vernimmst. Nach dem sechsten sagt er: Er, der Jona im Leibe des Fisches erhört hat, erhöre auch euch und vernehme die Stimme eures Flehens an diesem Tage. Gepriesen seist du, o Gott, der du Erhörung gewährst zur Zeit der Not. Nach dem siebenten sagt er: Er, der David und seinen Sohn Salomo in Jerusalem erhört hat, erhöre auch euch und vernehme die Stimme eures Flehens an diesem Tage. Gepriesen seist du, o Gott, der du dich des Landes erbarmst.
Es ereignete sich in den Tagen des Rabbi Ḥalafta und des Rabbi Hananja ben T’adjon, dass einer vor die Lade trat und den ganzen Segensspruch vollendete, ohne dass man nach ihm mit Amen einstimmte. „Blaset, ihr Priester!“ Sie bliesen. „Er, der unsern Vater Abraham auf dem Berge Morija erhört hat, erhöre auch euch und vernehme die Stimme eures Flehens an diesem Tage“. „Schmettert, ihr Söhne Aharons! Sie schmetterten. „Er, der unsere Väter am Schilfmeere erhört hat, erhöre auch euch und vernehme die Stimme eures Flehens an diesem Tage“. Als die Nachricht zu den Weisen gelangte, sprachen sie: Wir hatten diesen Brauch nur am Osttore und nur auf dem Tempelberge.
An den ersten drei Fasttagen fasteten die Männer der Wochenabteilung, aber nicht bis zu Ende, während, die Männer des Tagesdienstes überhaupt nicht fasteten; an den nächsten drei fasteten die Männer der Wochenabteilung bis zu Ende, die Männer des Tagesdienstes aber fasteten zwar, jedoch nicht bis zu Ende; an den sieben letzten fasteten diese wie jene bis zu Ende. Dies die Worte des Rabbi Josua. Die Weisen sagen: An den ersten drei Fasttagen fasteten die einen wie die anderen überhaupt nicht; an den drei folgenden fasteten die Männer der Wochenabteilung, aber nicht bis zu Ende, während die Männer des Tagesdienstes überhaupt nicht fasteten; an den sieben letzten fasteten die Männer der Wochenabteilung bis zu Ende, während die Männer des Tagesdienstes zwar fasteten, jedoch nicht bis zu Ende.
Die Männer der Wochenabteilung dürfen des Nachts Wein trinken, aber nicht am Tage, die Männer des Tagesdienstes weder am Tage noch in der Nacht. Den Männern der Wochenabteilung und den Männern des Beistandes ist Haarschneiden und Kleiderwaschen verboten; am fünften [Wochentage] ist es ihnen dem Schabbat zu Ehren gestattet.
So oft es in der Fastenrolle heisst: „Keine Trauerfeier!“, ist diese auch vorher verboten, aber nachher erlaubt, nach der Ansicht des Rabbi Jose vorher und nachher verboten; „Keine Kasteiung!“, ist sie vorher wie nachher gestattet, nach der Ansicht des Rabbi Jose vorher verboten und nur nachher erlaubt.
Man setzt für die Gemeinde kein Fasten zum ersten Male auf den fünften [Wochentag] fest, um die Märkte nicht zu erschüttern; vielmehr seien die ersten drei Fasttage der zweite, der fünfte und wieder der zweite [Wochentag], die folgenden drei der fünfte, der zweite und wieder der fünfte. Rabbi Jose meint: Wie die ersten nicht am fünften [Wochentage beginnen sollen], so auch nicht die zweiten und auch nicht die letzten.
Man legt keinen Gemeindefasttag auf die Neumondstage, das Weihefest und das Purimfest; hat man aber schon begonnen, so unterbricht man nicht. So die Worte des Rabban Gamliel. Rabbi Meïr erklärte: Wenn auch Rabban Gamliel gesagt hat, dass man nicht unterbricht, gibt er doch zu, dass man nicht bis zu Ende fastet. Dasselbe gilt vom „Neunten Ab“, wenn er auf den Rüsttag zum Schabbat trifft.
Chapter 3
Die Ordnung dieser Fasttage, wie sie oben angeführt ist, gilt nur für die erste Regenzeit; wenn aber die Saaten entarten, wird ihretwegen sofort in die Posaune gestossen. Desgleichen wird, wenn die Niederschläge zwischen einem Regenfall und dem andern vierzig Tage aussetzen, aus solchem Anlass sofort in die Posaune gestossen, denn dieser Schlag bedeutet Hungersnot.
Fiel er den Saaten zum Gedeihen, aber nicht der Baumfrucht, der Baumfrucht, aber nicht den Saaten, diesen wie jener, aber nicht hinreichend für Zisternen, Gruben und Höhlen, wird ihretwegen sofort in die Posaune gestossen.
So auch wenn über einer Stadt kein Regen fällt (wie es heisst: Ich werde über eine Stadt Regen senden und über eine andere Stadt werde ich keinen senden, ein Gebiet wird Regen erhalten und ein anderes, das keinen erhält, wird verdorren); diese Stadt fastet und stösst in die Posaune, und alle ihre Umwohner fasten, ohne in die Posaune zu stossen. Rabbi ‘Aḳiba meint: Sie stossen in die Posaune, fasten aber nicht.
Ebenso wenn in einer Stadt Pest oder Häusereinsturz herrscht; diese Stadt fastet und stösst in die Posaune, und alle ihre Umwohner fasten, ohne in die Posaune zu stossen. Rabbi ‘Akiba sagt: Sie stossen in die Posaune, fasten aber nicht. Wann ist es eine Pest? Wenn in einer Stadt, die fünfhundert Krieger stellt, drei Leichen an drei aufeinander folgenden Tagen hinausgetragen werden, so ist es eine Pest. Sind es weniger, ist es keine Pest.
Wegen der folgenden Dinge wird allerorten in die Posaune gestossen: Wegen Brand und Gelbsucht, Heuschrecke und Feldgrille, wilder Tiere und bewaffneter Horden. Man stösst ihretwegen in die Posaune, weil sie eine wandernde Plage sind.
Es ist vorgekommen, dass Älteste aus Jerusalem nach ihren Wohnorten hinabzogen und ein Fasten anordneten, weil in Askalon Kornbrand von der Grösse eines Ofenlochs bemerkt wurde. Ferner wurde ein Fasten angeordnet, weil Wölfe zwei Kinder jenseits des Jardên gefressen hatten. Rabbi Jose berichtet: Nicht weil sie sie gefressen, sondern weil sie sich bloss gezeigt hatten.
Wegen der folgenden Dinge wird selbst am Schabbat in die Posaune gestossen: Wegen einer Stadt, die von Heiden oder von einem Strome eingeschlossen wurde, und wegen eines Schiffes, das mit der Brandung kämpft. Rabbi Jose meint: Als Hilferuf, aber nicht als Notschrei. Simon Hattêmani behauptete: Auch wegen der Pest; aber die Weisen stimmten ihm nicht zu.
Wegen jeder Notlage — möge die Gemeinde von keiner betroffen werden — stösst man in die Posaune mit Ausnahme eines Übermasses an Regen. Es ereignete sich, dass man zu Ḥonni, dem Zirkler sagte: Bete, dass Regen falle. Da sprach er zu ihnen: Gehet und schaffet die Pesaḥöfen hinein, damit sie nicht erweichen. Darauf betete er, allein es kam kein Regen. Was tat er nun? Er zog einen Kreis, stellte sich hinein und sprach vor Ihm: Herr der Welt! Deine Kinder haben ihre Augen auf mich gerichtet, als wäre ich wie ein Haussohn vor dir; ich schwöre bei deinem grossen Namen, dass ich mich hier nicht wegrühre, ehe du dich deiner Kinder erbarmt hast. Da begann der Regen zu tröpfeln. Er aber sprach: Nicht so habe ich es verlangt, sondern Regengüsse für Zisternen, Gruben und Höhlen. Da begann es stürmisch zu regnen. Und wiederum sprach er: Nicht so habe ich es verlangt, sondern Regengüsse des Wohlwollens, des Segens und der Milde. Nun regnete es gehörig, bis die Israeliten sich vor dem Regen aus Jerusalem auf den Tempelberg hinaufflüchten mussten. Jetzt kamen sie zu ihm und sprachen: Wie du gebetet hast, dass er niederfalle, bete jetzt, dass er sich verziehe. Da sagte er zu ihnen: Gehet hin und schauet nach, ob sich der Stein der Irrenden schon aufgelöst hat. Darauf liess ihn Simon ben Scheṭaḥ wissen: Wärest du nicht Ḥonni, ich verhängte den Bann über dich; doch was kann ich dir anhaben? Du benimmst dich zudringlich vor dem Allgegenwärtigen, und er tut dir deinen Willen, gleich einem Kinde, dass sich gegen den Vater zudringlich beträgt, der ihm dennoch seinen Willen erfüllt. Von dir sagt die Schrift: Es freue sich dein Vater und deine Mutter, es juble, die dich geboren hat.
Fasteten sie, und es fiel Regen hernieder, so fasten sie, wenn es vor Sonnenaufgang geschah, nicht weiter, wenn aber nach Sonnenaufgang, bis zu Ende. Rabbi Eli‘ezer sagt: Wenn vor Mittag, fasten sie nicht weiter, wenn nach Mittag, fasten sie bis zu Ende. Es ereignete sich, dass sie in Lod ein Fasten beschlossen hatten und der Regen vor Mittag niederfiel, worauf Rabbi Ṭarfon zu ihnen sagte: Gehet heim, esset und trinket und feiert einen Festtag. Sie gingen auch heim, assen und tranken und feierten einen Festtag. Nachmittags kamen sie wieder und lasen das grosse Hallel.
Chapter 4
Zu drei Zeiten im Jahre erheben die Priester viermal des Tages, nämlich beim Frühgebet, zu Musaf, zu Minḥa und bei Toresschluss, ihre Hände: an den Fasttagen, in den Beiständen und am Versöhnungstage.
Was bedeuten die Beistände? Da es heißt: Befiehl den Kindern Israels und sprich zu ihnen: „Mein Opfer, mein Brot für mein Feuer, den Duft meiner Befriedigung sollt ihr in acht nehmen zu seiner Zeit mir darzubringen“ — wie soll denn aber das Opfer eines Menschen dargebracht werden, wenn er nicht dabei steht? — so richteten die ersten Propheten vierundzwanzig Abteilungen ein, zu denen für jede einzelne Abteilung ein Beistand in Jerusalem gehörte, aus Priestern, Leviten und Israeliten gebildet. Kam für eine Abteilung die Zeit hinaufzuziehen, begaben sich ihre Priester und Leviten nach Jerusalem hinauf, während die Israeliten dieser Abteilung in ihren Städten zusammenkamen, um den Schöpfungsbericht zu lesen. (Und die Männer des Beistandes fasteten vier Tage in der Woche, vom zweiten bis zum fünften Tage. Sie fasteten nicht am Rüsttage zum Schabbat, wegen der Ehre des Schabbat, auch nicht am ersten Wochentage, damit sie nicht, von Ruhe und Behagen zu Mühsal und Fasten übergehend, in Todesgefahr geraten.)
Am ersten Tage: „Im Anfange“ und „Es werde eine Veste“, am zweiten: „Es werde eine Veste“ und „Es sammle sich das Wasser“, am dritten: „Es sammle sich das Wasser“ und „Es werden Lichter“, am vierten: „Es werden Lichter“ und „Es wimmle das Wasser“, am fünften: „Es wimmle das Wasser“ und „Die Erde bringe hervor“, am sechsten: „Die Erde bringe hervor“ und „Es wurden vollendet die Himmel“ Einen grössern Abschnitt liest man mit Zweien; einen kleinern mit einem Einzigen. So beim Morgen- und beim Musafgebete. Zum Nachmittagsgebete aber versammelten sie sich und lasen auswendig, wie man das Sch’ma liest. Am Rüsttage zum Schabbat versammelten sie sich nachmittags nicht, wegen der Ehre des Schabbats.
An jedem Tage, an welchem das Hallel angesetzt ist, versammelt sich der Beistand nicht des Morgens; an welchem ein Musaf dargebracht wird, nicht zum Schlussgebete; an welchem Holz geopfert wird, nicht nachmittags. Dies die Worte des Rabbi ‘Aḳiba. Ben ‘Azzai aber sagte ihm, Rabbi Josua hätte so gelehrt: Wird ein Musaf dargebracht, versammelt er sich nicht nachmittags; wird Holz geopfert, nicht zum Schlussgebete. Worauf Rabbi ‘Akiba zurücktrat, um fortan wie Ben Azzai zu lehren.
Ein Holzfest der Priester und des Volkes gab es neunmal: Am ersten Nisan das der Familie Araḥ vom Stamme Juda; am zwanzigsten Tammuz das der Familie Dawid vom Stamme Juda; am fünften Ab das der Familie Par‘osch vom Stamme Juda; am siebenten das der Familie Jonadab ben Rechab; am zehnten das der Familie S’na’a vom Stamme Binjamin; am fünfzehnten das der Familie Zattu vom Stamme Juda und gleichzeitig der Priester und Lewiten und aller, die über ihren Stamm in Ungewissheit waren, wie auch der Familien der Stösseltäuscher und der Feigenstampfer; am zwanzigsten das der Famlie Paḥat Moab vom Stamme Juda; am zwanzigsten Elul das der Familie Adîn vom Stamme Juda; am ersten Ṭebet kam die Familie Par‘osch zum zweiten Male an die Reihe. Am ersten Tebet trat der Beistand nicht zusammen, weil da Hallel, Musafopfer und Holzopfer vereinigt waren.
Fünf Dinge trafen unsere Väter am siebzehnten Tammuz und fünf am neunten Ab. Am siebzehnten Tammuz wurden die Tafeln zerbrochen, hörte das tägliche Opfer auf, wurde die Stadt erstürmt, verbrannte Apostomos die Tora, wurde ein Götzenbild im Hêchâl aufgestellt. Am neunten Ab wurde über unsere Väter verhängt, dass sie nicht ins Land einziehen, wurde der Tempel das erste Mal und das zweite Mal zerstört, Bêt Tor erobert und die Stadt gepflügt. Mit dem Eintritt des Ab soll man die Fröhlichkeit herabstimmen.
In der Woche, in welche der neunte Ab fällt, ist Haarschneiden und Kleiderwaschen verboten. Am fünften Tage aber ist es dem Schabbat zu Ehren gestattet. Am Vorabend des neunten Ab esse man nicht zwei Gerichte, geniesse man kein Fleisch und trinke keinen Wein. Rabban Simon ben Gamliel sagt: Man mache eine Abänderung. Rabbi Juda verpflichtet zum Umwenden des Ruhebettes; aber die Weisen stimmten ihm nicht zu.
Rabban Simon ben Gamliel berichtete: Es hat in Israel keine fröhlicheren Tage gegeben als den fünfzehnten Ab und den Versöhnungstag. An ihnen zogen die Töchter Jerusalems in weissen Kleidern hinaus, und zwar in geborgten, um diejenigen, die keine besassen, nicht zu beschämen, weshalb auch alle Kleider ein Reinigungsbad erforderten. Die Töchter Jerusalems zogen also hinaus und führten in den Weingärten Reigentänze auf. Und was sangen sie dabei? „Jüngling, erhebe die Augen und betrachte, was du dir wählst. Richte deinen Blick nicht auf Schönheit, richte deinen Blick auf Familie. Trügerisch ist Anmut und eitel ist Schönheit; eine gottesfürchtige Frau, nur sie ist Lobes wert. Und es heisst auch: Gebet ihr von der Frucht ihrer Hände, es rühmen sie in den Toren ihrer Werke“. — In gleichem Sinne sagt die Schrift: Gehet hin, ihr Töchter Zions, und betrachtet den König Salomo in dem Kranze, den seine Mutter ihm gewunden am Tage seiner Hochzeit und am Tage seiner Herzensfreude. „Am Tage seiner Hochzeit“ — das ist das Geschenk der Tora; „Am Tage seiner Herzensfreude“ — das ist die Errichtung des heiligen Hauses. Möge es bald, in unseren Tagen noch, wieder erbaut werden! Amen.